Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 26. Apr. 2017 - 12 B 45/16

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2017:0426.12B45.16.0A
bei uns veröffentlicht am26.04.2017

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auf 12.815,25 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin ist Beamtin im Rang einer Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10). Sie steht im Dienst der Bundespolizeidirektion .... (BPOLD ...). Mit Verfügung des Präsidenten der BPOLD ... vom 13. Juli 2010 wurde die Antragstellerin mit Wirkung vom 01. Oktober 2010 als Suchtberaterin für die Dienststellen der BPOLD ... zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu 100% von ihren dienstlichen Tätigkeiten freigestellt. Bis dahin hatte sie die Funktion einer Gruppenleiterin inne, die seinerzeit nach der Besoldungsgruppe A 9g - A11 BBesO bewertet wurde. In der letzten Regelbeurteilung vor ihrer Freistellung wurde der Antragstellerin zum Stichtag 01. Oktober 2010 die Gesamtnote „6“ zuerkannt.

2

Mit Schreiben vom 21. August 2012 übersandte der Präsident der BPOLD ... der Antragstellerin einen aktuellen Leistungsnachweis zum Stichtag 01. Oktober 2011. Danach sei ihre Laufbahnentwicklung im Zeitraum vom 01. Oktober 2010 bis zum 30. September 2011 auf der Grundlage eines Querschnitts vergleichbarer Polizeivollzugsbeamter nachzuzeichnen. Die Vergleichsgruppe sei aufgrund vergleichbarer Parameter (Verleihung des ersten Amtes, Ernennung zur/zum POK’in/POK, vergleichbare Beurteilungen) gebildet worden. Zu dem genannten Stichtag würden die Leistungen der Antragstellerin fiktiv mit der Note „7“ nach den Notenstufen der Beurteilungsrichtlinien der Bundespolizei (BeurtRL BPOL) bewertet. Unter dem 10. Oktober 2013 teilte der Präsident der BPOLD ... der Antragstellerin mit, dass für sie eine fiktive Bewertung ihrer Leistungen zum Stichtag 01. Oktober 2012 mit der Note „7“ festgelegt werde. Aus Anlass einer Leistungsaktualisierung zum Stichtag 01. Oktober 2013 wurden die Leistungen der Antragstellerin fiktiv mit der Note „8“ bewertet. Unter dem 18. August 2015 teilte der Präsident der BPOLD ... der Antragstellerin mit, dass zum Stichtag 01. Oktober 2014 die fiktive Bewertung ihrer Leistungen ebenfalls mit der Note „8“ festgelegt werde. In einem unter dem 12. April 2016 erstellten aktuellen Leistungsnachweis erkannte der Präsident der BPOLD ... der Antragstellerin zum Stichtag 01. Oktober 2015 erneut die Note „8“ zu. Dieser Leistungsnachweis wurde der Antragstellerin bislang nicht ausgehändigt.

3

Die den fiktiven Laufbahnnachzeichnungen zugrunde liegende Vergleichsgruppe bestand zunächst aus insgesamt sechs Beamtinnen/Beamten, die zwischen dem 30. Mai 2007 und dem 21. Dezember 2010 zu Polizeioberkommissarinnen/-kommissaren ernannt worden waren und die in den Regelbeurteilungen 2008 jeweils die Note „6“ und in den Regelbeurteilungen 2010 die Note „7“ bzw. in einem Fall die Note „6“ erhalten hatten. Der Antragstellerin war in den beiden - vor ihrer Freistellung erstellten - Regelbeurteilungen 2008 und 2010 jeweils die Note „6“ zuerkannt worden. Zum Beurteilungsstichtag 01. Oktober 2012 waren drei der sechs Beamten der Vergleichsgruppe bereits zu Polizeihauptkommissarinnen/-kommissaren befördert worden. Für die für die Antragstellerin vorzunehmenden Laufbahnnachzeichnungen zu den Stichtagen 01. Oktober 2012 und 01. Oktober 2014 legte der Präsident der BPOLD ... jeweils die Note zugrunde, die die drei Beamten in der letzten Leistungsbewertung im niedrigeren Statusamt erzielt hatten. Zum Stichtag 01. Oktober 2015 tauschte die Antragsgegnerin die drei bereits beförderten Beamten der Vergleichsgruppe aus und ersetzte sie durch drei andere Beamte. Den drei neuen Beamten waren in den Regelbeurteilungen zu den Stichtagen 01. Oktober 2010, 01. Oktober 2012 und 01. Oktober 2014 dieselben Noten wie der Antragstellerin zuerkannt worden. Zum Stichtag 01. Oktober 2015 wurden die Leistungen der drei Beamten jeweils mit der (Höchst-)Note „9“ bewertet.

4

Im September 2016 führte die BPOLD ... eine Beförderungsaktion durch, bei der insgesamt sechs Polizeioberkommissarinnen/-kommissare der Besoldungsgruppe A 10 zu Polizeihauptkommissarinnen/-kommissaren (Besoldungsgruppe A 11) befördert werden sollten. Als Mindestvoraussetzung sollten die Bewerber folgende letzte dienstliche Beurteilungen aufweisen:

5

- Aktueller Leistungsnachweis zum Stichtag 01.10.2015: Note „9“,

6

- Regelbeurteilung zum Stichtag 01.10.2014: Note „8“ und

7

- Regelbeurteilung zum Stichtag 01.10.2012: Note „7“.

8

Da insgesamt 14 Beamtinnen und Beamte die vorgesehenen Beurteilungsnoten aufwiesen, nahm die BPOLD ... eine weitere Differenzierung nach der erreichten Rangpunktzahl vor, die auf den Verwendungszeiten in der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes und der letzten Ernennung beruhte. Die Antragstellerin belegte in der Beförderungsrangfolgeliste den Rangplatz 25 mit einer Gesamtpunktzahl von 146,5. Der Beigeladene erreichte den Ranglistenplatz sechs mit 136 Rangpunkten. Die Bewerber auf den Ranglistenplätzen eins bis fünf wurden zwischenzeitlich zu Polizeihauptkommissaren ernannt. Der Beigeladene wurde noch nicht befördert.

9

Die Information darüber, mit welchen Beurteilungsnoten und mit welcher Gesamtpunktzahl Beförderungen erfolgen sollten, war unter dem 23. August 2016 im Intranet der BPOLD ... veröffentlicht. In der Veröffentlichung heißt es, dass Bewerberinnen und Bewerber, die nicht die Voraussetzungen für eine Beförderung erfüllten, nicht gesondert benachrichtigt würden; Anfragen zur Beförderungsrangfolge könnten per E-Mail gestellt werden.

10

Mit Schreiben vom 27. September 2016 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung ein mit der Begründung: Sie habe wegen der Freistellung schon seit Jahren weder aktuelle Leistungsnachweise noch Regelbeurteilungen oder Beurteilungen aus sonstigen Anlässen erhalten. Stattdessen sei ihr eine Laufbahnnachzeichnung zu den jeweils einschlägigen Stichtagen unterbreitet worden, allerdings bisher noch nicht zum Stichtag 01. Oktober 2014 oder später. Da ihr lediglich Ergebnisse von Nachzeichnungsvorgängen ohne jede Begründung mitgeteilt worden seien, sei es ihr nicht möglich, die „Ersatz-Beurteilungen“ nachzuvollziehen. Sie habe sich gegen jede Nachzeichnung gewendet und sich vergeblich bemüht, deren Inhalt zu erfassen. Von Seiten der Behörde habe es nie eine Reaktion gegeben. Am 30. August 2016 sei die Mitteilung vom 23. August 2016 allgemein bekannt gemacht worden. Am 23. September 2016 habe sie durch den Personalrat erfahren, dass das Auswahlverfahren inzwischen abgeschlossen sei und die Beförderung der ausgewählten Kandidaten noch in dieser Woche bewirkt werden solle. Sie gehe davon aus, dass sie nicht zu den ausgewählten Bewerbern gehöre. An dem Auswahlverfahren sei zu rügen, dass es für sie keine aktuelle dienstliche Beurteilung gebe, keine der für sie erstellten nachgezeichneten Beurteilungen vorgelegt werden könnten und man Personen aus ihrer Vergleichsgruppe herausgenommen habe, die während ihrer Freistellung befördert worden seien. Es gebe keinerlei Transparenz der Vorgänge und Entscheidungen zum Nachzeichnen.

11

Am 27. September 2016 hat die Antragstellerin beim hiesigen Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung trägt sie, ergänzend zu ihren Ausführungen im Widerspruch, im Wesentlichen vor:

12

Auf der Beförderungsrangliste zum Stand März 2016 solle sie lediglich den Platz 36 erreicht haben, obwohl sie auf einer zwei Jahre vorher erstellten Rangfolgenliste bereits den Rangplatz 1 erreicht habe. Es sei unklar, wie genau die Rangpunkte ermittelt worden seien. Sie habe eine höhere Rangpunktzahl als der Beigeladene vorzuweisen. Bei den Stehzeiten handele es sich um leistungsferne Kriterien, die für eine Auswahlentscheidung erst dann maßgeblich sein dürften, wenn alle vorrangigen leistungsnahen Hilfskriterien zum Leistungsvergleich herangezogen worden seien und einen Gleichstand unter zwei Bewerbern ergeben hätten. Die Rangfolgenliste stütze sich jedoch nur auf die Gesamtnoten der zwei zurückliegenden Regelbeurteilungen und ggf. auf den aktuellsten Leistungsnachweis.

13

Seit sie bei der Antragsgegnerin im Personalüberhang geführt werde, habe sie keinerlei Chance mehr, bei Beförderungen berücksichtigt zu werden. Durch die Vorgehensweise der Antragsgegnerin zum Nachzeichnen habe sie unmöglich an eine vordere Stelle mit hoher Punktzahl in ihre Vergleichsgruppe hineinkommen können. Es seien veraltete Punktzahlen für bereits beförderte Gruppenmitglieder verwendet worden. Zuletzt seien neue Gruppenmitglieder ohne Rücksicht darauf hineingenommen worden, dass sie längst in der Vergleichsgruppe hätte vorrücken müssen, weil 50% ihrer Mitglieder bereits infolge von Beförderungen herausgenommen worden seien, jedes Mal bei gleichzeitiger Bildung von Durchschnittswerten aus den für die einzelnen Gruppenmitglieder in die Tabelle eingesetzten Noten. Das Datum von Freistellung und letzter Regelbeurteilung, der 01. Oktober 2010, müsse Ausgangspunkt für die Bildung der Vergleichsgruppe sein. Für die Bildung der Vergleichsgruppe komme es auf gleiche Besoldungsgruppe, gleiche Beurteilungsnoten und gleiche Funktion als Vergleichskriterien an (OVG Schleswig, Urteil vom 04.10.2016 - 2 LB 31/15 - ). Die von der Antragsgegnerin zunächst gebildete Vergleichsgruppe habe nicht den vom OVG genannten Anforderungen genügt. Bei der zum 01. Oktober 2015 gebildeten Vergleichsgruppe seien die am besten beurteilten und deshalb beförderten Personen der ursprünglichen Vergleichsgruppe ausgewechselt und durch irgendwelche andere Personen ersetzt worden, die bei weitem weniger leistungsstark seien als die ausgeschiedenen Personen. Auch sei die wahrgenommene Funktion nicht mit einbezogen worden. Grundproblem sei, dass ein Vergleichsmann konstant schlecht beurteilt werde, wodurch ihre Benachteiligung in alle Zukunft fortgeschrieben werde.
 Der Dienstherr sei zur Dokumentation verpflichtet, und zwar sowohl im Hinblick auf die Bildung der Vergleichsgruppe als auch im Hinblick auf jede darauf gestützte Nachzeichnung. Es sei unzureichend, schlicht Ergebnisse mitzuteilen. Verschiedene Vermerke des Präsidenten der BPOLD ... in ihrer Personalakte, betr. das Nachzeichnen ihrer Laufbahnentwicklung, seien ihr bisher nicht bekannt gewesen. Der Dienstherr habe die Auswahl der Vergleichspersonen schriftlich zu begründen.
 Bei der letzten Regelbeurteilung zum Stichtag 01. Oktober 2010 sei unberücksichtigt geblieben, dass sie nur fünf Wochen vor dem Stichtag befördert worden sei, was zu einer Herabsetzung der Note geführt habe. Sie habe schon vor Wegfall ihrer laufbahnrechtlichen Probezeit höherwertige Aufgaben verrichtet. Dies sei bei den Nachzeichnungen nicht berücksichtigt worden. Die Mitteilungen seien ohne jede Aussagekraft, nicht nachvollziehbar und einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Sie habe sich ohne Erfolg darum bemüht zu erfahren, auf welcher Grundlage die Ergebnisse zustande gekommen seien.

14

Es lägen Zweifel daran vor, ob der Beigeladene körperlich hinreichend geeignet sei, allen Anforderungen zur Verwendung als Polizeivollzugsbeamter gerade mit Blick auf die von ihm bekleidete Planstelle als Gruppenleiter zu genügen. Der Beigeladene habe sich bei einem Dienstunfall eine Verletzung des Meniskus zugezogen und leide nach wie vor an nicht unerheblichen Kniebeschwerden.

15

Die Antragstellerin beantragt,

16

der Antragsgegnerin vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu untersagen, den zur Beförderung ausgeschriebenen Dienstposten zum Polizeihauptkommissar (A 11) mit dem Beigeladenen zu besetzen und die zugrundeliegende Auswahlentscheidung zu vollziehen, ohne auch sie zu berücksichtigen.

17

Die Antragsgegnerin beantragt,

18

den Antrag der Antragstellerin abzulehnen.

19

Sie erwidert im Wesentlichen:

20

Es fehle am Anordnungsgrund, da auch ohne Erlass der begehrten Anordnung nicht zu befürchten sei, dass ein Recht oder rechtlich geschütztes Interesse der Antragstellerin vereitelt oder unzumutbar erschwert werden würde. Da ein weiterer Polizeihauptkommissar der Besoldungsgruppe A 11 in den Ruhestand trete, stehe eine weitere Planstelle dieser Wertigkeit zur Verfügung. Die Antragstellerin könnte daher ebenfalls zur Polizeihauptkommissarin ernannt werden, wenn sich herausstellen sollte, dass sie im Rahmen der Beförderungsauswahlentscheidung zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sei.
 Jedenfalls fehle es dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch am Anordnungsanspruch, da die Beförderungsauswahlentscheidung rechtmäßig sei und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten auf ermessensfehlerfreie Entscheidung verletze. Die Antragstellerin sei im Hinblick auf ihre Freistellung vom Dienst zwar in den Personalüberhang überführt worden, jedoch hinsichtlich der Reihung in der Beförderungsrangliste weiterhin so gestellt worden, als hätte sie einen Dienstposten entsprechend der Wertigkeit inne. Im Hinblick auf die angestrebte Beförderung seien ihr somit keine Nachteile entstanden. Die zu den jeweiligen Beurteilungsstichtagen im Wege der Nachzeichnung festgelegten Beurteilungsnoten seien der Antragstellerin auch bekannt. Diese seien ihr jeweils postalisch ausgehändigt worden. Gespräche vor der Beurteilung bzw. Personalführungsgespräche seien mit der Antragstellerin nicht zu führen, da sich die Aufgabenwahrnehmung als Suchtberaterin einer dienstlichen Bewertung durch die zuständigen Erst- und Zweitbeurteiler entziehe. Zutreffend sei allerdings, dass der Antragstellerin die Nachzeichnung des aktuellen Leistungsnachweises zum Stichtag 01. Oktober 2015 bisher nicht habe ausgehändigt werden können, da die Antragstellerin vor Aushändigung auf einem Gespräch mit dem damaligen Präsidenten der BPOLD ... bestanden habe, zu dem es jedoch nicht mehr gekommen sei, weil er durch Eintritt in den Ruhestand aus dem Dienst ausgeschieden sei. Gleichwohl sei der aktuelle Leistungsnachweis in die Beförderungsauswahlentscheidung einbezogen worden. Dass der Antragstellerin die Nachzeichnung nicht ausgehändigt worden sei, sei unschädlich. Es obliege nicht der Antragstellerin, die Dienstfähigkeit eines Kollegen zu beurteilen. Dies sei Aufgabe der personalverwaltenden Dienststelle, die sich zur Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit eines Polizeivollzugsbeamten auf Begutachtungen durch die hierfür zuständigen Bundespolizeiärzte stütze. Für eine polizeiärztliche Begutachtung des Beigeladenen gebe es jedoch keinen Anlass. Der Beigeladene verrichte seinen Dienst in vollem Umfang und ohne jede Einschränkung.

21

Der durch Beschluss vom 02. März 2017 beigeladene Polizeioberkommissar F. hat keinen Antrag gestellt.

II.

22

Der zulässige Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nicht begründet.

23

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung dafür ist, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch sowie einen Anordnungsgrund, das heißt die Eilbedürftigkeit seines Rechtsschutzbegehrens, glaubhaft machen kann (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verb. mit § 920 Abs. 2 ZPO).

24

Zwar dürfte vorliegend ein Anordnungsgrund gegeben sein. Denn ohne den Erlass der begehrten Anordnung würde der Beigeladene voraussichtlich zum Polizeihauptkommissar befördert werden. Die Aussage der Antragsgegnerin, da ein weiterer Polizeihauptkommissar der Besoldungsgruppe A 11 in den Ruhestand trete, stehe eine weitere Planstelle dieser Wertigkeit zur Verfügung, versteht die Kammer nicht so, dass diese Plansteller für die Antragstellerin bis zu einer abschließenden Entscheidung über ihren Bewerbungsverfahrensanspruch freigehalten wird.

25

Es fehlt jedoch an dem erforderlichen Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie durch die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin zugunsten des Beigeladenen in ihren Rechten verletzt wird. Für die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs genügt es zwar grundsätzlich, die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung glaubhaft zu machen. Die Anforderungen würden überspannt, wenn für den Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt würde, dass der Antragsteller die realistische, nicht nur entfernte Möglichkeit glaubhaft macht, dass er bei Vermeidung des Fehlers dem Mitbewerber vorgezogen wird. Bei Vorliegen einer fehlerhaften Auswahlentscheidung kann der unterlegene Beamte eine erneute Entscheidung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d.h., wenn seine Auswahl möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 - zitiert nach juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 21.08.2003 - 2 C 14/02 - zitiert nach juris Rn. 16).

26

Die Entscheidung der Antragsgegnerin, nicht die Antragstellerin, sondern den Beigeladenen zu befördern, ist nicht fehlerhaft und verletzt nicht das in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte grundrechtsgleiche Recht der Antragstellerin auf fehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, BVerfG, Beschluss vom 20.09.2016 - 2 BvR 2453/15 - zitiert nach juris Rn. 18; BVerwG, Beschluss vom 21.12.2016 - 2 VR 1/16 - zitiert nach juris Rn. 21). Ein Beamter hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Beförderung, ihm steht jedoch ein Anspruch auf beurteilungs- und ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung zu. Soll ein Beförderungsamt besetzt werden, ist der Dienstherr verpflichtet, über die Bewerbungen unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) zu entscheiden und bei der Besetzung des Beförderungsamtes keinen Bewerber zu übergehen, der im Vergleich mit anderen Bewerbern die vom Dienstherrn aufgestellten Kriterien am besten erfüllt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2003 - 2 A 1/02 - zitiert nach juris Rn. 11). Dem bei der Beförderung zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückgreifen. Regelmäßig sind dies die aktuellen Beurteilungen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Leistungsstand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1/13 - zitiert nach juris Rn. 21). Maßgebend ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil (Gesamtnote), das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, Beschluss vom 27.09.2011 - 2 VR 3/11 - zitiert nach juris Rn. 23; VGH München, Beschluss vom 18.06.2012 - 3 CE 12.675 - zitiert nach juris Rn. 109).

27

Die Antragsgegnerin stellte bei der Auswahl der zu befördernden Beamten vorrangig auf Leistungskriterien ab, nämlich auf die Noten, die die Bewerber in den Regelbeurteilungen zu den Stichtagen 01. Oktober 2012 bzw. 01. Oktober 2014 und in dem zum Stichtag 01. Oktober 2015 erstellten aktuellen Leistungsnachweis erhalten hatten. Danach konnte die Antragstellerin nicht auf einen der ersten sechs Plätze, die für eine Beförderung zur Verfügung standen, gelangen. Zwar hatte sie in den fiktiven Nachzeichnungen ihrer Laufbahnentwicklung zu den Stichtagen 01. Oktober 2012 und 01. Oktober 2014, die für sie als vom Dienst freigestellte Suchtberaterin erstellt worden waren, dieselben Noten wie die sechs erfolgreichen Bewerber erhalten, nämlich die Noten „7“ bzw. „8“. In der Leistungsaktualisierung zum Stichtag 01. Oktober 2015 war ihr allerdings nur die Note „8“ zuerkannt worden, während sämtliche erfolgreichen Bewerber die Note „9“ erhalten hatten. Aus diesem Grund erreichte die Antragstellerin keinen der ersten sechs Plätze auf der Rangfolgeliste. Da die Antragstellerin nicht die gleichen Gesamtnoten wie ihre erfolgreichen Mitbewerber vorweisen konnte, bestand für die Antragsgegnerin auch kein Anlass, aktuelle dienstliche Beurteilungen weiter auszuschöpfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.2015 - 2 BvR 1958/13 - zitiert nach juris Rn. 58ff), was bei einer Nachzeichnung, die lediglich ein Gesamturteil im Sinne einer Gesamtnote fortschreibt (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 04.10.2016 - 2 LB 31/15 - zitiert nach juris Rn. 54), auch nicht möglich ist. Auf die von der Antragsgegnerin als Hilfskriterium für jeden Bewerber ermittelte Rangpunktzahl, die auf den Verwendungszeiten in der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes und der letzten Ernennung beruhte und für die Antragstellerin sogar recht hoch ausfiel, kam es für die Antragstellerin nicht an, weil sie den erfolgreichen Bewerbern in einem Leistungskriterium unterlegen war. Ihre gegen die Berücksichtigung von Stehzeiten erhobenen Einwände gehen somit ins Leere. Dies gilt auch, soweit sich die Antragstellerin mit ihrer Regelbeurteilung zum Stichtag 01. Oktober 2010 auseinandersetzt, denn diese war nicht Grundlage der Auswahlentscheidung.

28

Die Antragsgegnerin war berechtigt, die Noten, die die Antragstellerin in den fiktiven Nachzeichnungen ihrer Laufbahnentwicklung zu den Stichtagen 01. Oktober 2012 und 01. Oktober 2014 erhalten hatte, der Auswahlentscheidung zugrunde zu legen. Für die Antragstellerin bestand die Besonderheit, dass sie mit Verfügung des Präsidenten der BPOLD ... vom 13. Juli 2010 seit dem 01. Oktober 2010 als Suchtberaterin für den Geschäftsbereich der BPOLD ... zu 100% von anderen dienstlichen Aufgaben freigestellt war. Werden während des Beurteilungszeitraumes keine dienstlichen Leistungen erbracht, die Grundlage einer Beurteilung sein könnten, so kann der Dienstherr Benachteiligungen der betroffenen Beamten dadurch ausschließen, dass er die Fortschreibung vergangener Beurteilungen durch eine fiktive Nachzeichnung des beruflichen Werdeganges des freigestellten Beamten vorsieht. Die in § 33 Abs. 3 Bundeslaufbahnverordnung (BLV) und in Ziffer 3.6 der Richtlinien für die Beurteilung der Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei vom 01. März 2002 in der zum Stichtag 01. Oktober 2012 geltenden Fassung vom 04. September 2012 (BeurtRL BPOL) geregelte fiktive Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen fingiert nicht nur eine tatsächlich im Beurteilungszeitraum nicht erbrachte Dienstleistung, sie unterstellt auch eine Fortentwicklung der Leistungen des Beamten entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Beamter. Damit prognostiziert sie, wie der Beamte voraussichtlich zu beurteilen wäre, wäre er im Beurteilungszeitraum nicht freigestellt und hätte er seine Leistungen wie vergleichbare Kollegen fortentwickelt (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 2 C 11/09 - zitiert nach juris Rn. 9). Die fiktive Fortschreibung ist einer Regelbeurteilung gleichgesetzt (Ziffer 3.6.3 Satz 2 BeurtRL BPOL). Ein geeignetes Mittel zur fiktiven Nachzeichnung stellt die Bildung einer Vergleichsgruppe dar. Der Dienstherr darf eine Gruppe aus Personen zusammenstellen, deren beruflicher Werdegang und Leistungsbild mit denjenigen des freigestellten Beamten vergleichbar sind. Es wird fingiert, dass der freigestellte Beamte eine berufliche Entwicklung genommen hätte, die der durchschnittlichen Entwicklung der Mitglieder der Vergleichsgruppe entspricht (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.).

29

Eine Ausfertigung der Nachzeichnung zum Stichtag 01. Oktober 2012 wurde der Antragstellerin am 22. Oktober 2013 ausgehändigt. Die fiktive Nachzeichnung zum Stichtag 01. Oktober 2014 wurde am 21. August 2015 per Post an sie abgesandt. Gegen keine der beiden Nachzeichnungen hat die Antragstellerin bislang ausdrücklich Widerspruch eingelegt. Vorgeblich von ihr vor Stellung des Antrages bei Gericht erhobene Einwände sind nicht dokumentiert. Beide Nachzeichnungen beruhten auf der Vergleichsgruppe, die die BPOLD ... nach eigenen Angaben der Antragstellerin am 20. August 2012, d.h. vor Erstellung des aktuellen Leistungsnachweises zum Stichtag 01. Oktober 2011 festgelegt hatte. Die von der Antragstellerin erstmals im Rahmen dieses Rechtsstreits geltend gemachten Einwände gegen die den beiden genannten Nachzeichnungen zugrunde liegende Vergleichsgruppe dürften zwar nicht unberechtigt sein. Dies gilt hinsichtlich der von den Vergleichsbeamten ausgeübten Tätigkeit, die nach Ziffer 3.6.2 Satz 1 BeurtRL BPOL als Vergleichskriterium heranzuziehen ist, und hinsichtlich der Größe der Vergleichsgruppe, die nach neuerer Rechtsprechung (OVG Schleswig, a.a.O., Rn. 81 mit weit. Nachw.) mit sechs Personen zu klein sein dürfte. Die Einwände der Antragstellerin sind jedoch als verwirkt anzusehen. Sie hätten zeitnah geltend gemacht werden müssen, d.h. in Anlehnung an § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb der Jahresfrist, zumal etwaige Fehler bei einer erst lange im Nachhinein erfolgenden Kontrolle nicht mehr angemessen behoben werden können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.06.2014 - 2 B 1/13 - zitiert nach juris Rn. 27 und Beschluss vom 06.06.2014 - 2 B 75/13 - zitiert nach juris Rn. 15ff; OVG Schleswig, a.a.O., Rn. 82). Zwar dürfte die Annahme der Verwirkung des Rügerechts nur dann in Betracht kommt, wenn sich der freigestellte Beamte nach eingehender Information durch die personalbearbeitende Stelle und in Kenntnis aller Umstände mit der Bildung der Referenzgruppe (hinsichtlich des Zeitpunkts, der einbezogenen Beamten und der Reihung der Beamten) einverstanden erklärt und keinen zeitnahen Rechtsbehelf erhoben hat (BVerwG, Beschluss vom 06.06.2014 - 2 B 75/13 - zitiert nach juris Rn. 16). Dass die BPOLD die Antragstellerin seinerzeit in dieser Form informierte und die Antragstellerin sich anschließend mit der gebildeten Vergleichsgruppe ausdrücklich einverstanden erklärte, ist nicht dokumentiert. Die Antragstellerin ist insoweit jedoch selbst initiativ geworden, indem sie bereits im Mai 2012 u.a. um Bekanntgabe der Vergleichsgruppe bat und dann im Anschluss an die nach ihren eigenen Angaben am 20. August 2012 festgelegte Vergleichsgruppe sich über diese informierte (Bl. 20 GA). Nachdem die Antragstellerin sich somit offenbar selbst noch im Jahr 2012 die nötigen Kenntnisse über die Vergleichsgruppe verschafft hat, kann sie jetzt nicht mehr mit ihren Einwänden gehört werden. Die Antragsgegnerin durfte nach einem Zeitraum von mehreren Jahren, in denen die Antragstellerin keine Einwände gegen die den fiktiven Laufbahnnachzeichnungen vom 21. August 2012, 10. Oktober 2013, 17. Juni 2014 und vom 18. August 2015 zugrunde liegende Vergleichsgruppe erhoben hatte, darauf vertrauen, dass die Antragstellerin keine Einwände mehr gegen die Vergleichsgruppe erheben würde (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 06.12.2012 - 5 ME 258/12 - zitiert nach juris Rn. 7).

30

Die Antragsgegnerin hat auch zu Recht für die Bestimmung des Rangplatzes, auf dem die Antragstellerin geführt wurde, die Note zugrunde gelegt, die der Antragstellerin in der Leistungsaktualisierung zum Stichtag 01. Oktober 2015 zuerkannt wurde. Es ist unerheblich, dass der Antragstellerin diese vom Präsidenten der BPOLD ... unterschriebene Leistungsaktualisierung vom 12. April 2016 bislang nicht eröffnet wurde. Denn nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin selbst deren Bekanntgabe verhindert, weil sie zuvor auf einem Gespräch mit dem Beurteiler bestand, das wegen dessen Zurruhesetzung allerdings nicht mehr stattfinden konnte. Der Ermittlung der der Antragstellerin in der Leistungsaktualisierung zuerkannten Note lag eine veränderte Vergleichsgruppe zugrunde. Nachdem drei Mitglieder der ursprünglich gebildeten Vergleichsgruppe zwischenzeitlich zu Polizeihauptkommissaren befördert worden waren und die Antragsgegnerin seitdem der Ermittlung der Note für die Antragstellerin die von diesen Beamten in dem niedrigeren Statusamt erzielten - höheren - Noten zugrunde gelegt hatte, entschloss sie sich im Februar 2016, die drei beförderten Beamten durch drei andere Beamte zu ersetzen, die noch im Rang von Polizeioberkommissaren standen. Zwar könnten Bedenken dagegen bestehen, inzwischen beförderte Bedienstete aus der Vergleichsgruppe auszusondern, weil damit die Gefahr besteht, dass die leistungsstarken Vergleichsgruppenmitglieder für die Laufbahnnachzeichnung unberücksichtigt bleiben, die dann im Ergebnis nur nach Maßgabe der weniger leistungsstarken Personen erfolgen würde (VG F-Stadt, Urteil vom 27.07.2016 - VG 2 K 2986/14 - zitiert nach juris Rn. 64). Hier hat die Antragsgegnerin jedoch erkennbar in dem Bestreben, der Antragstellerin eine Chance auf Beförderung zu verschaffen, drei Vergleichsbeamte ausgewählt, die alle im aktuellen Leistungsnachweis zum Stichtag 01. Oktober 2015 die Spitzennote „9“ erhalten hatten (s. Vermerk vom 04.02.2016, Beiakte „B“). Dass die Antragstellerin gleichwohl in der Leistungsaktualisierung zum Stichtag 01. Oktober 2015 nicht diese Note erzielen konnte, lag an einem Beamten der ursprünglichen Vergleichsgruppe, der seine Leistungen über mehrere Jahre nicht steigern konnte. Insoweit muss sich die Antragstellerin allerdings an der ursprünglichen Vergleichsgruppe festhalten lassen (OVG Schleswig, a.a.O., Rn. 82). Die drei neuen Mitglieder der Vergleichsgruppe sind hinsichtlich der Beurteilungsnoten und der Besoldungsgruppe mit der Antragstellerin vergleichbar. Ob dies auch hinsichtlich der Funktion (vgl. Ziffer 3.6.2 Satz 1 BeurtRL BPOL), insbesondere in Bezug auf die konkrete Art ihrer Tätigkeit der Fall ist, ist zwar fraglich, denn nur eine Beamtin ist - wie die Antragstellerin vor ihrer Freistellung - Gruppenleiterin, die zwei weiteren Beamten sind Fahndungsbeamte. Selbst wenn die neue Vergleichsgruppe insoweit fehlerhaft gebildet worden sein sollte, ist der Antragstellerin dadurch kein Nachteil entstanden. Da alle drei neuen Mitglieder der Vergleichsgruppe im für dieses Auswahlverfahren maßgeblichen aktuellen Leistungsnachweis zum Stichtag 01. Oktober 2015 jeweils die Spitzennote erhalten haben, hätte die Antragstellerin keine höhere Durchschnittsnote erreichen können, wenn die Antragsgegnerin drei andere Beamte neu in die Vergleichsgruppe aufgenommen hätte.

31

Dem Einwand der Antragstellerin, es lägen Zweifel daran vor, ob der Beigeladene körperlich hinreichend geeignet sei, allen Anforderungen zur Verwendung als Polizeivollzugsbeamter gerade mit Blick auf die von ihm bekleidete Planstelle als Gruppenleiter zu genügen, ist die Antragsgegnerin überzeugend entgegengetreten. Zwar heißt es in der Mitteilung der BPOLD ... vom 23. August 2016, betr. die vorzunehmenden Ernennungen/Beförderungen im Polizeivollzugsdienst, dass grundsätzlich keine Beförderung erfolge, wenn im Zeitpunkt der Beförderung/beförderungsgleichen Maßnahme ernsthafte Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit des Bewerbers bestünden. Die Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit eines Beamten obliegt jedoch dem Dienstherrn, der sich dazu insbesondere amtsärztlicher Hilfe bedient. Dass der Beigeladene nicht polizeidienstfähig sei, wurde bislang nicht festgestellt. Anzumerken ist im Übrigen, dass die Antragstellerin selbst dann voraussichtlich keine Aussicht hätte, im Rahmen dieses Auswahlverfahrens befördert zu werden, wenn der Beigeladene für eine Beförderung nicht in Frage käme. Denn vor ihr stehen auf der Rangfolgeliste zahlreiche weitere Bewerber, die bessere Beurteilungsnoten vorweisen können als die Antragstellerin.

32

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, weil der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und damit auch kein eigenes Kostenrisiko auf sich genommen hat.

33

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs. Hiernach ist für den Antrag auf vorläufige Freihaltung der Beförderungsstelle ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes (Besoldungsgruppe A 11) in Ansatz gebracht worden. Daraus ergibt sich auf Grundlage der genannten Vorschriften ein Streitwert in Höhe von 12.815,25 € (Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 11: 4.271,75 € x 12 : 4 = 12.815,25 €).


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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 58


(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende F

Bundeslaufbahnverordnung - BLV 2009 | § 33 Auswahlentscheidungen


(1) Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung sind in der Regel auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen zu treffen. Frühere Beurteilungen sind zusätzlich zu berücksichtigen und vor Hilfskriterien heranzuziehen. Zur

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Tenor

Auf die Berufung wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer, Einzelrichterin - vom 23. Juni 2015 geändert und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. August 2013 verurteilt, die Laufbahnentwicklung der Klägerin zum Stichtag 1. Oktober 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut nachzuzeichnen. Im Übrigen wird hinsichtlich der Bescheide vom 9. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2014 festgestellt, dass das Verfahren erledigt ist.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die freigestellte Klägerin wendet sich gegen ihre Laufbahnnachzeichnung für den Beurteilungsstichtag 1. Oktober 2012; hinsichtlich der Nachzeichnung zum 1. Oktober 2010 hat sie einseitig die Erledigung erklärt.

2

Die 1970 geborene Klägerin gehörte seit 1999 dem gehobenen Verwaltungsdienst im damaligen Grenzschutzpräsidium Nord an, zuletzt im Amt einer Regierungsamtfrau (BesGr A 11 BBesO), bevor sie am 2. Juli 2004 im Wege des Laufbahnwechsels in den gehobenen Polizeivollzugsdienst im Bundesgrenzschutz übernommen und zur Polizeihauptkommissarin (BesGr A 11 BBesO) ernannt wurde. Gleichzeitig wurde sie auf einen Dienstposten als stellvertretende Dienstgruppenleiterin (A 9g - 11 BBesO) beim Bundespolizeiamt … in der Bundespolizeiinspektion … umgesetzt. Für die Zeit vom 23. August bis zum 15. November 2004 war sie zum damaligen Bundesgrenzschutzpräsidium Nord mit dem Dienstort Bad Bramstedt zur Verwendung als Sachbearbeiterin im „Stab Castor“ abgeordnet. Mit Wirkung vom 7. März 2005 wurde sie zum Stab des Bundesgrenzschutzpräsidiums Nord zur Verwendung als Sachbearbeiterin im Sachbereich 42 - Personalangelegenheiten der Polizeivollzugsbeamten - abgeordnet (A 11/12 BBesO) und mit Wirkung vom 1. August 2005 auf diesen Dienstposten versetzt. Am 1. April 2007 wurde der Klägerin ein mit der Besoldungsgruppe A 11-13g BBesO bewerteter Dienstposten „Sachbearbeiterin Personal“ im neu geschaffenen Sachbereich 33 - Personal/ Aus- und Fortbildung - übertragen. Am 30. Mai 2007 wurde sie in ihr derzeitiges Amt zur Polizeihauptkommissarin BesGr A 12 BBesO befördert. Mit Wirkung vom 10. Oktober 2007 wurde die Klägerin dem „Aufbaustab der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt“ in Zugleichfunktion zugewiesen.

3

Im Zuge der Neuorganisation der Bundespolizei zum 1. März 2008 wurden das damalige Bundespolizeipräsidium Nord, zu dem die Klägerin gehörte, mit Ablauf des 29. Februar 2008 aufgelöst und die Dienstposten des Polizeivollzuges in der Personalverwaltung ersatzlos gestrichen. Die Klägerin wurde der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt zugewiesen und nahm dort weiterhin Aufgaben einer Sachbearbeiterin im neu geschaffenen Sachbereich 35 - Personalwesen – wahr, ohne dass ihr jedoch ein neuer Dienstposten übertragen worden war. Sie bewarb sich in der Folgezeit ohne Erfolg auf mehrere bei den neu gebildeten Bundespolizeibehörden ausgeschriebene Dienstposten.

4

Mit Wirkung vom 1. Juni 2009 und im Anschluss mit Wirkung vom 1. Juni 2013 wurde die Klägerin zur Stellvertreterin der Gleichstellungsbeauftragten bei der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt bestellt. Als solche wurde sie mit Verfügungen vom 9. November 2009, ausgehändigt am 24. November 2009, und vom 7. Juni 2013 zu 100% von ihren dienstlichen Tätigkeiten freigestellt.

5

Die Klägerin wurde mit Wirkung ab 3. November 2014 an die Bundespolizeiakademie in … abgeordnet und mit Wirkung ab 1. März 2015 dorthin versetzt und in einen Dienstposten als Sachbearbeiterin Fortbildung (A10-12 BBesO) eingewiesen. Mit der Versetzung wurde ihre Bestellung als Stellvertreterin der Gleichstellungsbeauftragten bei der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt aufgehoben. Inzwischen ist die Klägerin bei der Bundespolizeiakademie mit Wirkung ab 1. Juli 2016 zur Gleichstellungsbeauftragten bestellt und deshalb erneut zu 100 % von ihren dienstlichen Tätigkeiten freigestellt.

6

Nach dem Beurteilungssystem der Beklagten entsprach die Notenstufe 1 der Zahl 9 und die Notenstufe 2 den Zahlen 8 und 7. Ab 2012 gab es die Notenstufen nicht mehr, sondern nur noch die Noten 9, 8, 7 usw. Nach ihrer Beförderung wurde die Klägerin in der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2008 mit der Note „7“ beurteilt (mit der Bemerkung: „nach Beförderung auch in neuem Amt überdurchschnittliche und herausragende Leistungen“; Einzelnoten in den Leistungsmerkmalen zwischen 7 und 8, in den Befähigungsmerkmalen A oder B, bei einer Skala von A bis D). Im nachfolgenden, nicht mehr in der Personalakte vorhandenen Leistungsnachweis zum 1. Oktober 2009 erhielt sie Note „7“ (keine Einzelbewertungen), im aktuellen Leistungsnachweis zum 1. Oktober 2015 die Note „8“ (in der Bundespolizeiakademie; mit Einzelnoten zwischen 8 und 9).

7

Die Klägerin erhielt zwei Leistungsprämien (für besonders herausragende Leistungen), und zwar im September 2008 in Höhe von 1000 € und im November 2009 in Höhe von 500 € (letztere als Teamprämie).

8

Die Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei werden auf gebündelten Dienstposten geführt und in Beförderungsranglisten eingereiht, um festzustellen, wer von ihnen die nächste Beförderung erhält, für die eine Bewerbung entbehrlich ist (sog. Topfwirtschaft). Diese Listen werden jährlich bzw. nach Bedarf nach den jeweils aktuellen Regelbeurteilungen bzw. den aktuellen Leistungsnachweisen aktualisiert. Dabei erfolgt die Reihung zunächst anhand der aktuellen Note, bei gleichen Beurteilungen nach der Note der vorherigen Regelbeurteilung, bei jeweiligem Gleichstand werden sodann die Note der davor liegenden Regelbeurteilung, dann das Datum der letzten Ernennung und schließlich der Zeitpunkt der Verleihung des 1. Amtes in der Laufbahn herangezogen.

9

In der Rangfolgenliste zum 1. August 2008 wurde die Klägerin nicht aufgeführt, da ihr seinerzeit die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine Beförderung nach A 13 fehlten; fiktiv hätte sie Rangplatz 7 belegt. Zum Stichtag 1. Juli 2010 belegte sie Platz 9, zum Stichtag 1. April 2014 nahm sie Ranglistenplatz 13 ein.

10

Aufgrund der Freistellung zeichnete die Beklagte am 9. Juli 2012 die Laufbahnentwicklung der Klägerin zum Beurteilungsstichtag 1. Oktober 2010 auf der Grundlage eines Querschnitts aus ihrer Sicht vergleichbarer Polizeivollzugsbeamter/-beamtinnen nach und setzte für den Beurteilungszeitraum 1. Oktober 2008 bis 30. September 2010 die Leistungen der Klägerin fiktiv mit der Note „7“ fest.

11

Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag erläuterte die Beklagte ihr Vorgehen zur Bildung der Vergleichsgruppe im Wesentlichen wie folgt:

12

Es sei nicht möglich, für die Nachzeichnung Personen mit einem identischen Werdegang zu finden, da die Klägerin vor ihrer Freistellung keine Polizeivollzugsaufgaben wahrgenommen habe. Auch gebe es nach der Neuorganisation der Bundespolizei ausweislich des Organisations- und Dienstpostenplans keine vergleichbaren Dienstposten mehr für Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte, so dass auf den Dienstposten, den die Klägerin vor der Neuorganisation innegehabt habe, nicht abgestellt werden könne. Zudem habe die Klägerin zum Zeitpunkt der Freistellung keinen Dienstposten mehr innegehabt, jedoch sei sie unabhängig davon so gestellt worden, als hätte sie zum Zeitpunkt der Freistellung noch einen Dienstposten A 11-13 BBesO innegehabt, denn in vergleichbar gelagerten Fällen sei ebenso verfahren worden.

13

Daher sei im Rahmen des weiten Ermessensspielraums auf Beamtinnen und Beamte abzustellen, deren bisherige berufliche Laufbahnentwicklung der der Klägerin zumindest vergleichbar sei. Dabei sei es sachgerecht, auf den Zeitpunkt der Ernennung zur Polizeihauptkommissarin abzustellen und die zum Zeitpunkt der Freistellung aktuelle Beurteilungsnote zu berücksichtigen. Als Vergleichsgruppe für die Nachzeichnung seien (namentlich genannte) acht Polizeihauptkommissare und eine Polizeihauptkommissarin festgelegt worden.

14

Um eine Benachteiligung zu vermeiden, sei eine Leistungsentwicklung zu unterstellen, wie sie sich ohne die Freistellung voraussichtlich ergeben hätte, so dass sich eine deutlich überdurchschnittliche Note (7 = übertrifft die Anforderungen durch häufig herausragende Leistungen) ergeben habe. Andererseits sei auch eine Bevorzugung der Klägerin zu unterlassen. Insbesondere dürften Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte, die zum Teil 20 Jahre länger im Polizeivollzugsdienst tätig seien und in diesem Bereich über weit mehr Erfahrung als die Klägerin verfügten, nicht schlechter gestellt werden.

15

Ausweislich eines von der Beklagten im Berufungsverfahren eingereichten Nachzeichnungsvermerks vom 5. Januar 2012 waren von den in die Vergleichsgruppe aufgenommenen Personen zwei in der Regelbeurteilung 2008 ebenfalls mit 7, sechs mit 6 und im Aktuellen Leistungsnachweis 2009 drei mit 7 und fünf mit 6 beurteilt worden. Die neunte Person ist in dem Vermerk nicht enthalten. Von den beiden Personen, die - wie die Klägerin - zu den Stichtagen 1. Oktober 2008 und 1. Oktober 2009 eine 7 erhalten hatten, waren in der Regelbeurteilung zum 1. Oktober 2010 eine mit 7 und eine mit 8 beurteilt worden. Die Person, die im Aktuellen Leistungsnachweis erstmals eine 7 erreicht hatte, erhielt diese Note auch in der Regelbeurteilung 2010.

16

Die Klägerin legte gegen ihre Nachzeichnung Widerspruch ein und beantragte, die Entscheidungen aufzuheben und sie erneut zum Stichtag 1. Oktober 2010 zu beurteilen. Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend: Die Vergleichsgruppe sei erst mit mehrjähriger Verzögerung und zudem fehlerhaft sowohl hinsichtlich ihrer Anzahl als auch hinsichtlich ihrer Zusammensetzung gebildet worden. Statt einer Regelbeurteilung mit einer Bewertung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale sei ihr lediglich das Gesamturteil mitgeteilt worden. Eine solche „Regelbeurteilung“ sei ungeeignet für einen Leistungsvergleich im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG.

17

Am 15. August 2013 zeichnete die Beklagte die Laufbahnentwicklung der Klägerin zum Beurteilungsstichtag 1. Oktober 2012 auf derselben Grundlage nach und setzte für den Beurteilungszeitraum 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012 die Leistungen der Klägerin auch für diesen Zeitraum fiktiv mit der Note „7“ fest.

18

Auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie ergänzend zu ihren bisherigen Ausführungen im Wesentlichen auf ihre guten Beurteilungen bis zu ihrer Freistellung, die sich nicht in den Nachzeichnungen widerspiegelten.

19

Es sei weder ersichtlich noch dokumentiert, aufgrund welcher Überlegungen die insgesamt neun Personen zur Vergleichsgruppe genommen worden seien und warum nicht nach den Vorgaben des Innenministeriums eine Gruppe von vier bis sechs Personen zusammengestellt worden sei.

20

Die Beklagte habe bei den Vergleichspersonen fehlerhaft lediglich auf die Gesamtpunktzahl bei der Leistungsbewertung abgestellt. Es sei vielmehr jedes einzelne Wertungsmerkmal aller Beurteilungen zu betrachten.

21

Von den neun herangezogenen Vergleichspersonen schieden sechs aus, weil sie einen geringerwertigen Dienstposten bekleideten, zum maßgeblichen Stichtag (1. November 2009) schlechtere Beurteilungen als sie erhalten hätten oder in besonderer Funktion verwendet würden.

22

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die fiktive Nachzeichnung ihrer Laufbahnentwicklung vom 9. Juli 2012 zum Stichtag 1. Oktober 2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihre bisherigen Ausführungen und führte ergänzend aus, dass es sich bei der Nachzeichnung nicht um eine reale dienstliche Beurteilung im Sinne der laufbahnrechtlichen Bestimmungen handele. Daher seien nicht zwingend einzelne Leistungs- und Befähigungsmerkmale zu bewerten. Die Nachzeichnung habe keinen dienstlichen Bestand und sei daher auch nicht zur Personalakte zu nehmen.

23

Ein etwaiger Mangel fehlender Rechtzeitigkeit könnte auch durch die Bildung einer neuen Vergleichsgruppe nicht mehr behoben werden. Bei der Zusammenstellung der Vergleichsgruppe sei der der Klägerin erst im November 2011 eröffnete Aktuelle Leistungsnachweis zum Stichtag 1. Oktober 2009 als Grundlage mit herangezogen worden, so dass erst danach die Vergleichsgruppe habe gebildet werden können.

24

Es sei nicht zu erkennen, dass der Klägerin ein Anspruch auf Bildung einer anderen als der vorliegenden Vergleichsgruppe zustehe. Zum einen gebe es für Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte keine Dienstposten mehr gebe, die mit dem vergleichbar seien, den die Klägerin vor Beginn der Neuorganisation wahrgenommen habe. Zum anderen habe die Klägerin nur einen Anspruch auf Übertragung eines ihrem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechenden, nach A 12 BBesO bewerteten, Dienstpostens. Die von dem Einzelnen wahrgenommene Aufgabe sei zudem nicht Grundlage der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung. Mangels anderer geeigneter Kriterien sei auf das Statusamt, den Zeitpunkt der letzten Ernennung und die Gesamtnote der letzten Beurteilung abgestellt worden. Im Übrigen verfügten fünf der Vergleichspersonen über einen Dienstposten mit der Rahmenbewertung A 11-13g BBesO.

25

Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage erhoben, im Hinblick auf die Nachzeichnung der Beurteilung zum 1. Oktober 2012 als Untätigkeitsklage. Im Wesentlichen unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens hat sie vertiefend zur fehlenden Vergleichbarkeit der ausgewählten Vergleichspersonen ausgeführt: Sie habe seit März 2005 keine typische Polizeivollzugstätigkeit verrichtet, so dass ihre Tätigkeit nicht mit der Tätigkeit solcher Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten vergleichbar sei, deren Aufgaben - wie bei den neun Vergleichspersonen - im operativen Bereich lägen. Mit ihr vergleichbar wären nur die ausreichend vorhandenen Beamtinnen und Beamten, die im Stabsbereich der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt ebenfalls reine Verwaltungsaufgaben versähen.

26

Die Klägerin hat beantragt,

27

die Bescheide vom 9. Juli 2012 und vom 15. August 2013 und den Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2014 aufzuheben und

28

die Beklagte zu verurteilen, sie durch neue fiktive Nachzeichnungen zu den Stichtagen 1. Oktober 2010 und 1. Oktober 2012 zu beurteilen (Regelbeurteilungen).

29

Die Beklagte hat beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Sie hat die Auffassung vertreten, dass, soweit sich die Klägerin gegen die fiktive Nachzeichnung ihrer Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2012 wende, es an einem abgeschlossenen Vorverfahren fehle. Im Übrigen habe die Klägerin ihr Klageziel bereits erreicht, da sie die entsprechenden Nachzeichnungen ihrer dienstlichen Regelbeurteilungen erhalten habe. In der Sache hat die Beklagte ihre bisherigen Ausführungen wiederholt und vertieft.

32

Mit Urteil vom 23. Juni 2015 hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht – 12 Kammer, Einzelrichterin - die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen:

33

Die Klage gegen die fiktive Nachzeichnung der Laufbahnentwicklung zum Stichtag 1. Oktober 2012 sei als Untätigkeitsklage zulässig, da sich die Beteiligten nicht über eine Aussetzung verständigt hätten.

34

Die Klage sei jedoch nicht begründet. Es sei ausreichend, allein das Gesamturteil nachzuzeichnen, zumal fiktive Erwägungen ihrer Natur nach umso problematischer seien, je mehr sie ins Einzelne gingen. Zudem wäre die Nachzeichnung sämtlicher Leistungs- und Befähigungsmerkmale mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Desweiteren komme es für den Platz auf der Beförderungsrangfolgenliste vorrangig auf die im Statusamt zuletzt erzielte Gesamtnote und nicht auf die im Rahmen der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung erzielten Einzelnoten an.

35

Die Vergleichsgruppe sei mit neun Personen (ohne die freigestellte Klägerin) hinreichend groß. Der berufliche Werdegang und das Leistungsbild der ausgewählten Vergleichspersonen seien mit denjenigen der Klägerin vergleichbar. Den personalführenden Stellen stehe bei der Vergleichsgruppenbildung ein weiter, lediglich durch das Willkürverbot begrenzter Ermessensspielraum zu. Die von der Beklagten herangezogenen Vergleichskriterien - Statusamt, Zeitpunkt der letzten Ernennung und Gesamtnote der letzten Beurteilung, einschließlich Berücksichtigung des Aktuellen Leistungsnachweises 2009 - seien sachgerecht. Nach dem Erlass des Bundespolizeipräsidiums vom 13. Juni 2009 kämen zwar weitere Vergleichskriterien - Dienstposten, Funktion sowie Geburts- und Einstellungsjahrgang - in Betracht. Dass die Beklagte die Funktion bzw. die Verwendung nicht als Vergleichskriterium berücksichtigt habe, sei aber nicht willkürlich. Denn in der Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten habe es, als die Klägerin von ihren dienstlichen Aufgaben freigestellt worden sei, keine unmittelbar vergleichbaren Beamtinnen und Beamten im Amt einer Polizeihauptkommissarin bzw. eines Polizeihauptkommissars gegeben, die eine ähnliche berufliche Entwicklung wie die Klägerin genommen hätten, insbesondere erst 2004 aus dem gehobenen Verwaltungsdienst in den gehobenen Polizeivollzugsdienst gewechselt und weniger als ein Jahr im Polizeivollzug tätig gewesen seien. Mit Blick auf ihre Tätigkeit als Personalsachbearbeiterin sei sie auch nicht mit Angehörigen des - nichttechnischen - Verwaltungsdienstes zu vergleichen. Auf den Dienstposten habe die Beklagte schon deshalb nicht abstellen können, weil die Klägerin seit der Neuorganisation der Bundespolizei bis zu ihrer Freistellung keinen Dienstposten mehr innegehabt habe, sondern im personellen Überhang geführt worden sei. Im Übrigen spiele es für die Fortschreibung der Beurteilung keine Rolle, ob der Klägerin vor oder in der Freistellungsphase ein bestimmter Dienstposten hätte übertragen werden müssen. Der Beurteilungsmaßstab richte sich unabhängig davon nach ihrem Statusamt als Polizeihauptkommissarin.

36

Lege man die für die Beklagte maßgeblichen Vergleichskriterien zugrunde, sei die Klägerin mit den genannten neun Vergleichspersonen vergleichbar: Diese gehörten zum maßgeblichen Zeitpunkt der Freistellung ebenso wie die Klägerin der Besoldungsgruppe A 12 an, seien auch in der Zeit von 2005 bis 2007 zur Polizeihauptkommissarin bzw. zum Polizeihauptkommissar ernannt worden und hätten in der letzten Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2008 sowie im Aktuellen Leistungsnachweis zum 1. Oktober 2009 vergleichbare Gesamtnoten erhalten, nämlich zwischen 6 und 8. Die Beklagte habe auch nicht zu viele Vergleichspersonen herangezogen, die schlechter als die Klägerin beurteilt worden seien. So hätten die vergleichsweise herangezogenen Beamten/Beamtinnen 2008 durchschnittlich die Note 6,4 und 2009 die Note 6,8 erzielt. Der Durchschnitt habe daher nur geringfügig unter der von der Klägerin 2008 und 2009 erzielten Gesamtnote 7 gelegen. Die von den Vergleichspersonen zu den Stichtagen 1. Oktober 2010 und 1. Oktober 2012 erzielten Noten hätten durchschnittlich bei ca. 6,8 bzw. 7,4 gelegen. Diesem Durchschnitt entspreche die der Klägerin zu den beiden Stichtagen jeweils zuerkannte Gesamtnote 7. Die Klägerin könne nicht verlangen, im Wege der fiktiven Laufbahnnachzeichnung von den herausragenden Leistungen einzelner Beamter ihrer Vergleichsgruppe zu profitieren. Die Vergleichsbeamten, die zum Stichtag 1. Oktober 2012 Gesamtnoten von 8 bzw. 9 erzielt hätten, hätten im Gegensatz zur Klägerin bereits im Rahmen des Aktuellen Leistungsnachweises 2009 die Note 8 erhalten. Auch hätten nicht alle Vergleichspersonen nach 2009 ihre Leistungen steigern können.

37

Der nachgezeichnete Zeitraum sei nicht so lang, dass es an einer belastbaren Tatsachengrundlage für eine Einschätzung der Leistungsentwicklung der Klägerin fehle.

38

Einer ggf. verspäteten Laufbahnnachzeichnung fehle nicht von vornherein der Aussagewert. Auch könne ein unterstellter Verstoß gegen die Pflicht zur Bildung der Vergleichsgruppe zu Beginn der Freistellung selbst im Falle einer Neuerstellung der Nachzeichnung nicht mehr behoben werden

39

Mit ihrer hiergegen vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihre bisherigen Ausführungen zur Vergleichsgruppenbildung. Sie verweist auf den Dienstpostenplan, den Organisationsplan und den Statusplan 2007 und hält danach die Auffassung des Verwaltungsgerichts für widerlegt, dass es keine Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten in vergleichbaren Dienstposten als Sachbearbeiter/in gebe bzw. gegeben habe; um die konkrete Tätigkeit im Personalwesen gehe es nicht. Zwei der benannten Vergleichsbeamten seien mit ihr nicht vergleichbare Kommandanten, die über § 24 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BPolLV aF (heute: § 12 Abs. 1 iVm Anlage 2 BPolLV) für besondere Fachverwendungen unmittelbar auf ihren jetzigen Dienstposten eingestellt worden seien mit nur nautischer und ohne Polizeiausbildung.

40

Die Klägerin beantragt,

41

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer, Einzelrichterin - vom 23. Juni 2015 zu ändern und den Bescheid vom 15. August 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Laufbahnentwicklung der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zum Stichtag 1. Oktober 2012 erneut nachzuzeichnen

42

sowie hinsichtlich der Bescheide vom 9. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Februar 2014 deren Erledigung festzustellen.

43

Die Beklagte widerspricht dem Erledigungsantrag und beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Sie hält ihre Nachzeichnungen für rechtmäßig und meint, zum Beurteilungsstichtag 2010 hätte keine Regelbeurteilung erstellt werden können.

Entscheidungsgründe

46

Die Berufung ist begründet. Die angegriffene Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte war insoweit unter Aufhebung des Bescheides vom 15. August 2013 zu verurteilten, die Laufbahnentwicklung der Klägerin zum Stichtag 1. Oktober 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut nachzuzeichnen (2). Hinsichtlich der Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010, die Gegenstand der Bescheide vom 9. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2014 ist, ist das Verfahren erledigt. Da die Beklagte der Erledigungserklärung widersprochen hat, war dies festzustellen (1).

47

1. Auf die einseitige Erledigungserklärung der Klägerin in Bezug auf die Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010 und die diese betreffenden Bescheide ist insoweit die Erledigung des Verfahrens festzustellen. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens hinsichtlich der Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010 und der dieser Nachzeichnung zugrundeliegenden Vergleichsgruppenbildung ist nicht mehr das ursprüngliche Begehren der Klägerin, sondern ihr Antrag festzustellen, dass insoweit das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist. Der Übergang vom ursprünglichen Klageantrag zum Erledigungsfeststellungsantrag ist nicht den Einschränkungen nach §§ 91, 125 Abs. 1 VwGO unterworfen. Die Klägerin könnte sogar noch in einem Revisionsverfahren die Hauptsache für erledigt erklären, selbst wenn die Erledigung bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens eingetreten wäre (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 12. April 2001 – 2 C 16.00 – Rn. 11 und 12 mwN).

48

Die einseitig gebliebene Erledigungserklärung führt zur Erledigungsfeststellung, weil ausgehend von dem ursprünglichen Antrag objektiv ein erledigendes Ereignis eingetreten ist und die Beklagte kein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung hat.

49

Das von der Klägerin hinsichtlich der Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010 und der dieser Nachzeichnung zugrundeliegenden Vergleichsgruppenbildung betriebene Klageverfahren hat sich während des Berufungsverfahrens erledigt. Das ist der Fall, wenn der Kläger oder Antragsteller infolge eines nachträglich eingetretenen Ereignisses sein Rechtsschutzbegehren nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg weiterverfolgen kann, weil diesem rechtlich oder tatsächlich die Grundlage entzogen ist. Hier ist dem ursprünglichen Rechtsschutzziel der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht die Grundlage entzogen. Die Klägerin hatte ursprünglich für diesen Stichtag eine neue Nachzeichnung und eine andere Vergleichsgruppenbildung erreichen wollen, um ihre Chancen bei der nächsten Beförderungsrunde zu erhöhen.

50

Da die Beklagte ihre Rangfolgenliste zu den Regelbeurteilungsstichtagen aktualisiert und dabei die letzten drei Regelbeurteilungen den Ausschlag geben, stellt sie im Oktober 2016 (ggfs. mit etwas zeitlicher Verzögerung) ergänzend nur noch auf die vorangehenden Regelbeurteilungen zu den Stichtagen 1. Oktober 2014 und 1. Oktober 2012 ab, wobei sie seit dem 1. Oktober 2015 (ggfs. mit etwas zeitlicher Verzögerung) insoweit vorrangig auf den aktuellen Leistungsnachweis zu diesem Stichtag abstellt. Dementsprechend kommt der Leistungsnachzeichnung zum 1. Oktober 2010 im Rahmen der derzeitigen Beförderungspraxis der Beklagten keine Bedeutung mehr zu.

51

Die Vorgehensweise der Beklagten, bei Beförderungen Ranglisten nach den dargestellten Kriterien zu bilden, dürfte zwar rechtlichen Bedenken unterliegen. Für den Leistungsvergleich ist bei gleicher Gesamtnote der aktuellen dienstlichen Beurteilung, diese vorrangig weiter auszuschöpfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2012 - 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 58 ff., sowie allgemein zu den einschränkenden Voraussetzungen der Zulässigkeit gebündelter Dienstposten: Rn. 53 ff.), bevor auf weitere Kriterien, zu denen zwar vorrangig die vorherigen Beurteilungen gehören, zurückgegriffen werden darf. Dies führt indes zu keinem anderen Ergebnis, denn auch bei einer solchen Vorgehensweise, käme es auf eine Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010 nicht mehr an. Nach Art. 33 Abs. 2 GG sollen dienstliche Beurteilungen Grundlage für künftige Auswahlentscheidungen sein und daher eine möglichst lückenlose Leistungsnachzeichnung gewährleisten. Werden während des Beurteilungszeitraumes keine dienstlichen Leistungen erbracht, die Grundlage einer Beurteilung sein könnten, so kann der Dienstherr Benachteiligungen der betroffenen Beamtinnen und Beamten dadurch ausschließen, dass er die Fortschreibung vergangener Beurteilungen durch eine fiktive Nachzeichnung des beruflichen Werdeganges der freigestellten Beamtinnen und Beamten vorsieht. Dies geschieht jedoch herkömmlich durch Nachzeichnung für den gesamten Freistellungszeitraum im Rahmen einer Auswahlentscheidung und nicht für einzelne Zeiträume.

52

Dies beruht auf Folgendem:

53

Auswahlentscheidungen sind zwar in erster Linie aufgrund aktueller dienstlicher Beurteilungen zu treffen. Ältere Beurteilungen können aber zusätzlich berücksichtigt werden. Als Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung Aufschluss geben, sind sie vor Hilfskriterien heranzuziehen. Sie können vor allem bei einem Vergleich von Bewerbern bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung in einem Beförderungsamt ermöglichen. Das kommt namentlich dann in Betracht, wenn frühere Beurteilungen positive oder negative Aussagen über Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen sowie deren voraussichtliche weitere Entwicklung enthalten. Derartige Äußerungen, insbesondere bei einer Gesamtwürdigung der vorhandenen dienstlichen Beurteilungen erkennbare positive oder negative Entwicklungstendenzen, können vor allem bei gleichwertigen aktuellen Beurteilungen von Bewerbern den Ausschlag geben (vgl. grundlegend: BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2002 - 2 C 31.01 - LS 2 und Rn. 15, seitdem stRspr.: ihre zusätzliche Berücksichtigung bei der Auswahl ist deswegen mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG geboten, wenn eine Stichentscheidung unter zwei oder mehr aktuell im Wesentlichen gleich beurteilten Beamten zu treffen ist).

54

Dies kann eine Nachzeichnung nicht leisten. Sie kann allenfalls ein Gesamturteil im Sinne einer Gesamtnote fortschreiben. Aussagen über Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen können nur Beurteilungen realer und nicht fiktiver dienstlicher Leistungen abgeben, denn die freigestellte Beamtin erwirbt keine weiteren Kenntnisse und neuen Fähigkeiten, sie hat keine weiteren Verwendungen, ihre Leistungen werden lediglich fingiert. Der Dienstherr kann zwar auch dem Gesichtspunkt einer zu erwartenden Leistungssteigerung im Rahmen des Vertretbaren Rechnung tragen. Verlangt das Laufbahnrecht aber, dass sich der Beamte vor einer Beförderung auf einem höherwertigen Dienstposten bewährt hat (sog. Erprobung, vgl. etwa § 32 Nr. 2, § 34 BLV), kann dies deshalb grundsätzlich nicht durch eine Nachzeichnung ersetzt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - BVerwG 2 B 1.13 - LS 2 und Rn. 8 ff.; zu den engen Ausnahmen: BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 – 2 C 13.05 – Rn. 20 und Beschluss vom 25. Juni 2014 - BVerwG 2 B 1.13 - Rn. 16). Insofern hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die einzelnen, in der Beurteilung vorgesehenen Leistungs- und Befähigungsmerkmale nicht fortzuschreiben sind; dies ist rechtlich nicht möglich.

55

Kann also nur ein durch die letzte(n) dienstliche(n) Beurteilung(en) festgestellter Leistungsstand in begrenztem Umfang fortgeschrieben werden, gibt es keinen Grund dafür, dies für einzelne Zeiträume zu machen, wenn aus ihnen keine zusätzlichen Erkenntnisse für die Auswahlentscheidung gewonnen werden können. Eine Ausnahme mag in Fällen wie dem vorliegenden gelten, in denen freigestellte Beamtinnen und Beamte einen Nachteil erleiden würden, wenn für sie einzelne Zeiträume nicht nachgezeichnet werden, obwohl der Dienstherr hierauf nach seiner derzeitigen Beförderungspraxis maßgeblich abstellt. Insofern ist aber für den hier für erledigt erklärten ersten Zeitraum festzustellen, dass der Dienstherr auf Nachzeichnungen (oder Beurteilungen) für diesen Zeitraum nicht mehr abstellt.

56

Die Nachzeichnung selbst ist – darauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen – nicht personalaktenfähig. Sie ersetzt keine dienstliche Beurteilung und ist nur für die konkrete Auswahlentscheidung von Bedeutung. Etwas anderes mag zwar der Dienstherr in seinen Beurteilungsrichtlinien (oder der Normgeber in der Bundeslaufbahnverordnung) vorsehen (zur Zulässigkeit einer solchen Regelung vgl. Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes zur Geschlechtergerechtigkeit bei dienstlichen Beurteilungen von Beamtinnen und Tarifbeschäftigten vom 22. April 2015), dies ist indes nicht geschehen. Daher wird die Nachzeichnung für den ersten Zeitraum nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens zu vernichten und nicht zur Personalakte zu nehmen sein.

57

Damit ist zugleich hinsichtlich der der Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010 zugrunde liegenden Vergleichsgruppenbildung Erledigung eingetreten. Denn diese hatte nur für die erledigte Nachzeichnung rechtliche Relevanz. Zwar hat die Beklagte bei der Nachzeichnung zum nachfolgenden Stichtag weiterhin auf die gleiche Vergleichsgruppe abgestellt. Ob dies rechtmäßig war, ist indes nach den für den nachfolgenden Regelbeurteilungszeitraum bis zum 1. Oktober 2012 geltenden neuen Beurteilungsrichtlinien zu beurteilen, die – anders als die vorher geltenden Richtlinien – eine ausdrückliche Regelung über die Art der Nachzeichnung und die Vergleichsgruppenbildung enthalten (dazu sogleich unter 2).

58

Da die Klage (und die Berufung) ursprünglich zulässig war(en), muss die Frage, ob ein Erledigungsausspruch nur erfolgen darf, wenn dies der Fall war, nicht entschieden werden. Darauf, ob der ursprünglich erhobene Antrag begründet war, kommt es für den Erfolg des Feststellungsantrags nicht an (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. April 1989 – 9 C 61.88 –, juris Rn. 10 und vom 1. September 2011 – 5 C 21.10 - juris Rn. 14, beide mwN). Dies bedeutet, dass entgegen der Ansicht der Beklagten die Hauptsacheerledigung hier festzustellen ist, ohne dass noch zu prüfen wäre, ob die ursprüngliche Klage begründet war.

59

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert die Feststellung der Hauptsacheerledigung auf die einseitige Erledigungserklärung der Klägerseite hin zwar dann die Überprüfung der Zulässigkeit und der Begründetheit des ursprünglichen Klagebegehrens, wenn die Beklagtenseite sich für ihren Widerspruch gegen die Erledigungserklärung und ihr Festhalten an ihrem bisherigen Antrag auf ein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung berufen kann, dass die Klage vor ihrer Erledigung unzulässig oder unbegründet war. Die Beklagte verfügt jedoch nicht über ein solches nach den Maßstäben des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Sachentscheidung (zu dieser Voraussetzung vgl. BVerwG, Urteile vom 25. März 1981 - 8 C 85.80 juris Rn. 14 mwN, vom 31. Oktober 1990 - 4 C 7.88 - juris Rn. 21 mwN, zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 1. September 2011 – 5 C 21.10 - juris Rn. 14 mwN). Die Vertreterin der Beklagten hat insoweit in der mündlichen Verhandlung allein geltend gemacht, dass die Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010 und die ihr zugrunde liegende Vergleichsgruppenbildung rechtmäßig waren. Das damit allein angeführte Interesse an der Klärung einer - im konkret zu beurteilenden Fall erledigten - Rechtsfrage vermag einen solchen Ausnahmefall grundsätzlich nicht zu begründen (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. April 1988 - BVerwG 9 C 1.87 - Buchholz 402.25 § 28 AsylVfG Nr. 13 und vom 3. Juni 1988 - BVerwG 8 C 18.87 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 181).

60

2. Die mit dem angegriffenen Bescheid vom 15. August 2013 erfolgte fiktive Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, so dass diese aufzuheben und die Beklagte zu verurteilten ist, die Laufbahnentwicklung der Klägerin zu diesem Stichtag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut nachzuzeichnen.

61

Für den Regelbeurteilungszeitraum bis zum 1. Oktober 2012 galten bei der Beklagten neue Beurteilungsrichtlinien, die – anders als die vorher geltenden Richtlinien – eine ausdrückliche Regelung über die Art der Nachzeichnung enthalten.

62

Vorher waren allgemeine Ausführungen zur Nachzeichnung nur in verschiedenen Erlassen enthalten, die weitegehend mit der seinerzeit geltenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Bundeslaufbahnverordnung (vom 14. Juli 2009, gültig vom 31. Juli 2009 bis zum 4. September 2013, Bundesministerium des Innern - D 2 - 216 102/48 -) wortgleich übereinstimmten und lediglich eine Vergleichsgruppenbildung vorsahen, aber im Übrigen der jeweiligen Dienststelle einen weiten Spielraum sowohl bei der Zusammensetzung der Vergleichsgruppe als auch hinsichtlich des weiteren Vorgehens beließen. Insoweit hieß es in der seinerzeit geltenden AV zur BLV zu § 33 unter Nr. 2 (die derzeit geltende AV zur BLV ist insoweit im Wesentlichen inhaltsgleich):

63

Bei der Auswahl des Personenkreises, der vergleichend herangezogen wird, steht dem Dienstherrn ein weites Ermessen zu. Er kann dabei in typisierender Weise vorgehen und den Verwaltungsaufwand in praktikablen Grenzen halten sowie die Erörterung von Personalangelegenheiten anderer Beamter auf das unvermeidliche Maß beschränken (vgl. BVerwG, U. v. 10.04.1997, 2 C 38.95, ZBR 98, 46). Als Vergleichskriterien kommen - ggf. auch kumulativ - unter anderem die Besoldungsgruppe, die letzte Beurteilungsnote, der Dienstposten, die Funktion sowie der Geburts- oder Einstellungsjahrgang in Betracht. Maßstab für die fiktive Beurteilungsnachzeichnung ist weder der einzelne „Überflieger“ (vgl. OVG Saarland, U. v. 18.04.2007, 1 R 19/05, NVwZ-RR 07, 793) noch der einzelne „Ausreißer“ nach unten. Entscheidend ist vielmehr die Entwicklung in der überwiegenden Mehrheit der vergleichbaren Fälle.

64

Demgegenüber hat die Beklagte in ihrer für den Regelbeurteilungszeitraum zum Stichtag 1. Oktober 2012 geltenden Beurteilungsrichtlinie vom 4. September 2012 (vgl. Ziff. I. 8. des Erlasses des BMI - B 1 - 660 233-1) Ziffer 3.6. neu eingefügt und dort unter anderem eine ausdrückliche Regelung für die Vergleichsgruppenbildung und das weitere Vorgehen vorgeschrieben:

65

3.6.2 Zur Bestimmung der der Fortschreibung zugrunde liegenden Vergleichsgruppe sind Besoldungsgruppe, Beurteilungsnote und Funktion als Vergleichskriterien heranzuziehen. Das Heranziehen weiterer Vergleichskriterien ist möglich. Die Bildung der Vergleichsgruppe erfolgt durch die personalverwaltende Stelle und soll zum Zeitpunkt des Beginns der Freistellung, der Beurlaubung bzw. der Elternzeit abgeschlossen sein. Die Vergleichspersonen sind mittels Personalkennzahlen aktenkundig zu machen.

66

Den freigestellten/beurlaubten Beamtinnen und Beamten können auf Verlangen die der Vergleichsgruppenbildung zugrunde liegenden Auswahlkriterien mitgeteilt werden.

67

3.6.3 Die fiktive Fortschreibung erfolgt aufgrund einer Gesamtbetrachtung der Vergleichsgruppe durch Bildung einer Gesamtnote. Die Fortschreibung ist einer Regelbeurteilung gleichgesetzt.

68

Diese Regelungen sind grundsätzlich nicht zu beanstanden. Entscheidet sich der Dienstherr für die fiktive Nachzeichnung durch Bildung einer Vergleichsgruppe, muss er sicherstellen, dass sowohl die generellen Kriterien für die Gruppenbildung als auch deren personelle Zusammensetzung im Einzelfall dem gesetzlichen Benachteiligungsverbot Rechnung tragen. Von der Zusammensetzung der konkreten Vergleichsgruppe hängt entscheidend ab, wie groß die Chancen der freigestellten Beamtin sind, aufgrund der Vergleichsbetrachtung mit den anderen Gruppenmitgliedern befördert zu werden. Daher darf der Dienstherr die Vergleichsgruppe grundsätzlich nicht so zusammenstellen, dass eine Beförderung der freigestellten Beamtin unabhängig von dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang der anderen Gruppenmitglieder ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 2 B 11.14 – juris Rn. 14, 15).

69

Bei der Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung darf der Dienstherr in typisierender Weise vorgehen und den Verwaltungsaufwand zur Ermittlung einer fiktiven Laufbahnentwicklung in praktikablen Grenzen halten sowie die Erörterung von Personalangelegenheiten anderer Beamtinnen und Beamten auf das unvermeidliche Maß beschränken. Die fiktive Laufbahnnachzeichnung muss den beruflichen Werdegang der freigestellten Beamtin wie den Werdegang vergleichbarer Beamtinnen und Beamten behandeln, die weder freigestellt noch beurlaubt sind. Das bedeutet, dass der Dienstherr ausgehend von der letzten dienstlichen Beurteilung der Beamtin eine Vergleichsgruppe mit solchen anderen Beamtinnen und Beamten bilden muss, die zum selben Zeitpunkt (Beginn der Beurlaubung) derselben Besoldungsgruppe angehörten, eine vergleichbare Tätigkeit ausübten und vergleichbar beurteilt waren. Sodann ist zu ermitteln, wie sich diese Beamten durchschnittlich seitdem weiterentwickelt haben. In diesem Maß darf unterstellt werden, dass auch diejenige Beamtin, deren beruflicher Werdegang fiktiv nachzuzeichnen ist, sich entwickelt hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010 - 2 C 11.09 - juris, Rn. 9; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20. August 2012 - 2 B 10673/12 -, juris, Rn. 16, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Oktober 2012 – 1 B 681/12 –, Rn. 18, juris). Genau diese Vorgehensweise hat die Beklagte in ihren Beurteilungsrichtlinien verbindlich festgeschrieben.

70

Ein Abweichen sämtlicher Dienststellen der Beklagten im Bundesgebiet von den Regelungen in Ziff. 3.6.2 und 3.6.3 der Beurteilungsrichtlinie ist weder vorgetragen noch gibt es hierfür Anhaltspunkte. Vielmehr wollte der Dienstherr mit diesen Regelungen ein bundesweit einheitliches Vorgehen bei fiktiven Nachzeichnungen gewährleisten. Dementsprechend kann die Klägerin aus Gründen der Gleichbehandlung die Anwendung dieser Regelungen für ihre Nachzeichnung verlangen.

71

Nach Ziff. 3.6.2 Satz 1 der Beurteilungsrichtlinie sind für die Bildung der Vergleichsgruppe Besoldungsgruppe, Beurteilungsnote und Funktion als Vergleichskriterien heranzuziehen. Nach Satz 2 ist das Heranziehen weiterer Vergleichskriterien möglich. Das Wort „sind“ in Satz 1 zeigt (auch im Vergleich zu Satz 2), dass hiervon Ausnahmen nicht möglich sind, denn ansonsten wäre eine Sollvorschrift gewählt worden oder – noch weniger bindend - die bisherige Formulierung aus der Erlasslage und der AV zur Bundeslaufbahnverordnung in die Beurteilungsrichtlinie übernommen worden.

72

Abgestellt hat die Beklagte in der angegriffenen Nachzeichnung zum 1. Oktober 2012 auf das Statusamt (die Besoldungsgruppe), eine im Durchschnitt der Vergleichsgruppenmitglieder ähnliche Gesamtnote und das letzte Ernennungsdatum. Da nach Ziff. 3.6.2 der Beurteilungsrichtlinie zur Bestimmung der der Fortschreibung zugrunde liegenden Vergleichsgruppe Besoldungsgruppe, Beurteilungsnote und Funktion als Vergleichskriterien heranzuziehen sind, kann diese Nachzeichnung keinen Bestand haben und die Beklagte ist zur Neuerstellung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (und vorrangig unter Beachtung ihrer eigenen Beurteilungsrichtlinie) zu verpflichten.

73

a) Bereits eine Note konnte die Beklagte nicht zugrunde legen, da sie vorher die Regelbeurteilung für den Zeitraum bis zum 30. September 2010 hätte erstellen müssen. Dies folgt aus Ziff. 3.1. der bis zum 30. September 2010 geltenden Beurteilungsrichtlinie vom 1. März 2002. Ausgenommen von der Regelbeurteilung sind nach deren Ziff. 3.1.2.1 zwar Gleichstellungsbeauftragte „während der Zeit, in der sie infolge der Freistellung keinen Dienst verrichten“, da ihre Tätigkeit während dieses Zeitraums nicht beurteilt werden darf. Die Regelung kann indes nicht so verstanden werden, dass diejenigen, die freigestellt sind, keine Regelbeurteilungen mehr erhalten dürfen, nur weil sie am Stichtag, womöglich nur an diesem einen Tag, freigestellt sind. Die Ziffern 3.1.2.7 und 3.1.2.8 sehen vor, dass nur diejenigen Beamtinnen und Beamte, die - wenn auch aus anderen Gründen - länger als zwölf Monate keinen Dienst leisten, keine Regelbeurteilung erhalten. In dem insgesamt 24 Monate umfassenden Regelbeurteilungszeitraum vom 1. Oktober 2008 bis 30. September 2010 war die Klägerin nur elf Monate freigestellt. Da die Freistellung der Klägerin damit unterhalb dieses Zeitraums von zwölf Monaten liegt, würde sie schlechter als die in der Richtlinie ausdrücklich geregelten Fallgruppen einer unter zwölf Monate fehlenden dienstlichen Leistung behandelt werden. Mit dem Benachteiligungsgebot wäre dies nicht in Einklang zu bringen.

74

Ausgehend von der noch zu erstellenden Regelbeurteilung muss die Beklagte nach Ziff. 3.6.2 Satz 1 der Beurteilungsrichtlinie vom 4. September 2012 Personen mit gleicher Note zusammenstellen und nicht solche, die im Schnitt in etwa die gleiche Note erhalten, denn dann könnte sie auf dieses Vergleichskriterium verzichten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Beklagte dies bundesweit anders handhabt, was indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist. Insbesondere geht es nicht an, Personen zusammenzustellen, die - so wie die vergleichsweise herangezogenen Beamtinnen und Beamten bei der Regelbeurteilung 2008 – im Gruppendurchschnitt die Note 6,4 erzielt haben und damit über eine halbe Note, also bei wertender Betrachtung (abgerundet) eine Note schlechter beurteilt worden sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13 – Rn. 63). Betrachtet man zudem die derzeit letzte vorhandene Regelbeurteilung der Klägerin, in der sie in den Einzelwertungen in keinem einzigen Leistungsmerkmal eine 6, sondern überwiegend eine 7, ansonsten eine 8 erhalten hat, damit eine Tendenz zur höheren Note aufwies, wird der Abstand noch größer.

75

Ob etwas anderes gilt, wenn der Schnitt der Vergleichsgruppe - wie bei Heranziehung des aktuellen Leistungsnachweises in 2009 - 6,8 beträgt, und damit nur geringfügig unter der von der Klägerin erzielten Note liegt, kann der Senat offenlassen. Er merkt hierzu jedoch an, dass dies angesichts der sich in der Beurteilung der Klägerin von 2008 abzeichnenden Tendenz nach oben Zweifeln unterliegt, auch wenn die Richtlinie nur auf die Gesamtnoten abstellt und nicht auf sich in der jeweiligen Beurteilung zeigenden Tendenzen. Die Klägerin kann zwar nicht verlangen, dass die Mitglieder der Vergleichsgruppe bis in die einzelnen Beurteilungsmerkmale mit ihr gleich beurteilt worden sind. Angesichts der von vielfältigen individuellen Elementen geprägten Leistungsentwicklung des einzelnen Beamten liegt es auf der Hand, dass sich das Leistungsbild "vergleichbarer" Kollegen stets mehr oder weniger deutlich von dem desjenigen Beamten unterscheidet, dessen Beurteilung nachzuzeichnen ist. Sollte der für die Vergleichsgruppenbildung in Betracht kommende Personenkreis im Hinblick auf die weiteren Kriterien sehr begrenzt sein, trifft es zudem auf keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken, auch Personen mit (in einzelnen Leistungsmerkmalen) abweichenden Beurteilungen in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehen, solange die Unterschiede nicht so gravierend sind, dass sie dem Ziel der Vergleichsbetrachtung entgegenstehen, nämlich eine dem Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot gerecht werdende fiktive Laufbahnnachzeichnung zu ermöglichen. Entscheidend ist dann aber, dass die naturgemäß nicht auszuschließenden Unterschiede zwischen den zum Vergleich herangezogenen Personen und der freigestellten Klägerin bei der fiktiven Leistungsnachzeichnung sachgerecht berücksichtigt werden (ebenso: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. November 2012 – 6 A 1534/11 – Rn. 7, juris).

76

b) Das vor dem Ernennungsdatum (dessen ergänzende, d.h. zur Verkleinerung der zuvor gebildeten Gruppe, Heranziehung nach Ziff. 3.6.2 Satz 2 der Beurteilungsrichtlinie vom 4. September 2012 möglich ist) zwingend heranzuziehende dritte Merkmal der gleichen Funktion ist von der Beklagten vorschnell als im Fall der Klägerin nicht handhabbar abgetan worden.

77

Mit der Funktion ist bei gebündelten Dienstposten zunächst das Amt im abstrakt funktionellen Sinne gemeint, also die Wertigkeit des Dienstpostens. Insofern hatte die Klägerin zwar vor ihrer Freistellung keinen Dienstposten zugewiesen erhalten. Dahinstehen kann, ob sie darauf (unter dem Gesichtspunkt der amtsangemessenen Beschäftigung, Art. 33 Abs. 5 GG, s. auch die oben zitierte Entscheidung des BVerfG Rn. 48, und dem ebenfalls in Art. 33 Abs. 5 GG wurzelnden Lebenszeitprinzip, vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2005 – 2 BvL 11/07 – BVerfGE 121, 205 ff.und BVerwG, Urteil vom 18. September 2008 – 2 C 8.07 - Rn. 14) einen Anspruch gehabt hätte, da die Beklagte sie insoweit aus Gründen der Gleichbehandlung so gestellt hat, als hätte sie einen Dienstposten A 11-13 BBesO innegehabt. Allerdings trifft dies nicht auf alle Personen in der Vergleichsgruppe zu, so dass diese Personen nicht einbezogen werden dürfen.

78

Desweiteren ist mit Funktion die konkrete Art der Tätigkeit, die Aufgabe (der Dienstposten im engeren Sinne, vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 - Juris, Rn. 18) gemeint. Gibt es die von der freigestellten Beamtin zuvor ausgeübte Tätigkeit nicht ein weiteres Mal in der Dienststelle, ist auf die diese Tätigkeit maßgeblich kennzeichnenden Merkmale im Sinne eines größten gemeinsamen Nenners abzustellen. Insoweit sind beispielsweise Abteilungsleiter mit Referatsleitern und Sachgebietsleitern vergleichbar (wenn andernfalls die Vergleichsgruppe zu klein wäre), weil bei diesen Funktionen das Merkmal der Führung im Vordergrund steht. Ziel dieser Regelung ist es, eine möglichst homogene Vergleichsgruppe zusammenzustellen, bei deren Beurteilungen vorrangig auf die gleichen Merkmale abgestellt wird. Dementsprechend hält das Bundesverwaltungsgericht bei der Vergleichsgruppenbildung für dienstliche Beurteilungen ein Abstellen auf die Funktionsebene, also die Innehabung eines Dienstpostens mit weitgehend denselben Anforderungen für zulässig, wenn bei der Beurteilung für alle Gruppenmitglieder im Wesentlichen dieselben Anforderungen an Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gelten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 - Juris, Rn. 15 f. , Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 1 WB 51.10 - Juris, Rn. 40).

79

Insofern hat die Beklagte vorschnell auf die kleinst- statt auf die größtmögliche Gemeinsamkeit abgestellt, also auf die von ihren Dienstpostenplänen getroffene Unterscheidung zwischen Sachbearbeitern und Leitern. Aufgrund dieser Vergleichsgruppenbildung ist die Klägerin in der Rangfolgenliste von Platz 7 zum 1. August 2008 auf Platz 13 zum Stichtag 1. April 2014 abgestiegen, obwohl dort bei ihr für 2013 sogar fiktiv die Note 8 zugrunde gelegt wurde. Dies deutet darauf, dass eine solche Vorgehensweise die Klägerin benachteiligt.

80

Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass sie seit März 2005 keine typische Polizeivollzugstätigkeit verrichtet hat, so dass ihre Tätigkeit nicht mit der Tätigkeit solcher Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten vergleichbar ist, deren Aufgaben - wie bei den neun Vergleichspersonen - im operativen Bereich lagen. Mit ihr vergleichbar wären nur die ausreichend vorhandenen Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten, die im Stabsbereich der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt ebenfalls reine Verwaltungsaufgaben versehen (bzw. zum Stichtag 30. September 2010 versehen haben). Dass mit derartigen Tätigkeiten nur besonders leistungsstarke Beamtinnen und Beamte betraut werden, dürfte allgemeiner Verwaltungspraxis entsprechen und erst recht gegen die derzeitige Vergleichsgruppenbildung sprechen.

81

c) Zur Größe der Vergleichsgruppe verhält sich die Richtlinie nicht. Eine Gruppe von neun Personen wird aber noch als hinreichend groß betrachtet (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. November 2013 – 10 A 10545/13 –, Rn. 44 <6 Personen>, Thüringer Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 08. Dezember 2015 – 2 KO 485/14 –, Rn. 63 <10 Personen>; üblich sind 10 Personen; als zu klein wurde eine Vergleichsgruppe von 4 Personen angesehen: BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 – 1 WB 6/13 –, Rn. 36 ff., juris).

82

d) Daneben wird die Beklagte bei der Neuerstellung der Nachzeichnung aber auch ihrer Dokumentationspflicht nachzukommen haben. Es genügt nicht, wenn die Namen der Vergleichspersonen und deren Statusamt mitgeteilt werden und die Klägerin selbst die Wertigkeit ihrer Dienstposten und ihre konkrete Aufgabe ermitteln muss, und sich ihre Beurteilungsnoten aus gesonderten Vorgängen ergeben, die Klägerin also auch insoweit nur das Ergebnis der Vergleichsbetrachtung erfährt. Denn die Klägerin muss sich später an der einmal gebildeten Vergleichsgruppe festhalten lassen (zur Verwirkung vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2014 - BVerwG 2 B 75.13 - LS, Rn. 16 f., ebenso BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - BVerwG 2 B 1.13 - LS 1, Rn. 27: Einwände sind innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend zu machen). Hierzu muss die Beklagte im einzelnen die Gründe darstellen, warum bzw. nach welchen allgemeinen rechtlichen Anforderungen die Vergleichspersonen (deren Namen nicht zwingend genannt werden müssen) gerade in der geschehenen Weise ausgewählt und festgelegt wurden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02. Februar 2015 – 1 A 596/12 –, Rn. 61, juris).

83

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

84

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine verwaltungsgerichtliche Eilentscheidung im Zusammenhang mit der Bundesrichterwahl 2015.

I.

2

Die Beschwerdeführerin wurde 1997 in das Richterverhältnis auf Probe berufen. Sie war unter anderem als Richterin am Landgericht tätig und als wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Bundesgerichtshof abgeordnet, bevor sie 2006 zur Richterin am Oberlandesgericht befördert wurde. In ihren letzten dienstlichen Beurteilungen wurde sie jeweils mit der höchstmöglichen Stufe beurteilt, sie sei als Richterin am Oberlandesgericht ebenso wie als Richterin am Bundesgerichtshof "vorzüglich geeignet". Der Präsidialrat des Bundesgerichtshofs hielt sie 2014 als Richterin am Bundesgerichtshof für "besonders geeignet".

3

Der im fachgerichtlichen Verfahren Beigeladene (im Folgenden: Beigeladener) wurde 2003 in das Richterverhältnis auf Probe berufen. Er war unter anderem als Richter am Landgericht tätig und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Bundesgerichtshof abgeordnet. Während einer sich anschließenden weiteren Abordnung als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Bundesverfassungsgericht wurde er 2013 zum Richter am Oberlandesgericht befördert. In seiner letzten dienstlichen Beurteilung wurden seine Leistungen am Bundesverfassungsgericht mit der höchstmöglichen Stufe bewertet, für das Amt eines Richters am Bundesgerichtshof sei er fachlich und persönlich "bestens geeignet". Der Präsidialrat des Bundesgerichtshofs sah den Beigeladenen in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2015 als "geeignet" an und merkte an, er würde es begrüßen, wenn der Beigeladene Gelegenheit erhielte, noch zwei bis drei Jahre spruchrichterliche Erfahrung am Oberlandesgericht zu sammeln.

II.

4

Bei der Bundesrichterwahl am 5. März 2015 waren sechs Richterinnen und Richter für den Bundesgerichtshof zu wählen. Die Beschwerdeführerin wurde wie schon für die Wahl 2014 von der niedersächsischen Justizministerin vorgeschlagen, der Beigeladene von einem gewählten Mitglied des Richterwahlausschusses nach Art. 95 Abs. 2 GG.

5

Die Beschwerdeführerin und der Beigeladene wurden mit den übrigen vorgeschlagenen Kandidaten in das Verzeichnis der Wahlvorschläge aufgenommen. Das Einladungsschreiben zur Wahl verzeichnete als Anlage unter anderem 32 Wahlvorschlagsbögen. Darin wurde mitgeteilt, wer den jeweiligen Kandidaten vorgeschlagen habe und welche beiden Mitglieder des Richterwahlausschusses Berichterstatter gemäß § 10 Abs. 3 Richterwahlgesetz (RiWG) seien. Allen Mitgliedern lagen des Weiteren zu allen Kandidaten die Wahlvorschlagsunterlagen vor, in denen tabellarisch die berufliche Biografie dargestellt war und die in Kopie sämtliche dienstlichen Beurteilungen und die Stellungnahme des Präsidialrats des Bundesgerichtshofs enthielten. Weiter lag den Mitgliedern eine Aufstellung der landsmannschaftlichen Zugehörigkeit der Richterinnen und Richter beim Bundesgerichtshof vor sowie eine Statistik zur Geschlechtszugehörigkeit.

6

Bei der Wahl am 5. März 2015 wurde der Beigeladene mit 29 Stimmen neben fünf weiteren Kandidatinnen und Kandidaten zum Richter am Bundesgerichtshof gewählt. Die Beschwerdeführerin wurde nicht gewählt. In einer noch am Wahltag veröffentlichten Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz gratulierte der Minister den Gewählten.

7

Die Beschwerdeführerin legte nach Akteneinsicht durch ihren Verfahrensbevollmächtigten Widerspruch gegen die Wahlentscheidung ein und machte geltend, dass nach Art. 33 Abs. 2 GG sie anstelle des Beigeladenen hätte berücksichtigt werden müssen. Gegen die Wahl der weiteren fünf Gewählten erhob sie keine Einwände. Über den Widerspruch wurde bisher nicht entschieden.

8

Ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Ernennung des Beigeladenen zum Richter am Bundesgerichtshof lehnte das Verwaltungsgericht ab, die Beschwerde wurde vom Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung führte es unter anderem aus, dass Richterwahlausschüsse bei ihren Entscheidungen an Art. 33 Abs. 2 GG gebunden seien. Aufgrund des Wahlverfahrens - einer geheimen Abstimmung ohne Angabe von Gründen - sei die gerichtliche Nachprüfung an diesem Maßstab aber erheblich eingeschränkt. Sie erstrecke sich vornehmlich auf eine formelle Prüfung der Auswahlentscheidung. Weder sei jedoch die Entscheidung des Richterwahlausschusses vorliegend formell fehlerhaft, noch habe die Zustimmung des Bundesjustizministers begründet werden müssen. In materiell-rechtlicher Hinsicht könne ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG - da die Verwaltungsgerichte in Konkurrentenstreitverfahren keine eigene Leistungsbewertung vornähmen und der Richterwahlausschuss seine Auswahlerwägungen nicht offenlegen müsse - nur angenommen werden, wenn die Wahl des Beigeladenen als nicht mehr plausibel erscheine. Dies sei nicht der Fall.

III.

9

1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin, dass der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts sie in ihren Rechten aus Art. 33 Abs. 2 und Art. 19 Abs. 4 GG verletze, und beantragt, den Beschluss aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Neben Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Verfassungsbeschwerde trägt sie unter anderem vor, dass zur Sicherung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG die Verpflichtung folge, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Dies gelte auch für den Richterwahlausschuss sowie den Bundesjustizminister. In ihrem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG werde sie überdies durch die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verletzt, es sei nicht feststellbar, dass sie von der Leistungsentwicklung her die bessere Bewerberin gewesen sei. Zwar stünden sie und der Beigeladene in der aktuellen Beurteilung, der Anlassbeurteilung, gleich. In einem solchen Fall müsse aber auf die Leistungsentwicklung in Auswertung der älteren dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese Grundsätze habe das Gericht zum Nachteil der Beschwerdeführerin mit einer Art. 33 Abs. 2 GG verkennenden Begründung nicht angewandt.

10

2. Der Beigeladene verteidigt im Wesentlichen den angefochtenen Beschluss. Vertiefend äußert er sich insbesondere dazu, dass die Wahlentscheidung des Richterwahlausschusses nicht begründbar sei und dieser über einen weiten Beurteilungsspielraum verfüge.

IV.

11

Das Bundesverfassungsgericht hat zahlreiche Stellungnahmen eingeholt. Geäußert haben sich insbesondere der Deutsche Bundestag, die Bundesregierung, die Justizministerien von Bayern und Schleswig-Holstein, die obersten Gerichtshöfe des Bundes sowie verschiedene Interessen- und Fachverbände von Richterinnen und Richtern.

V.

12

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts als Berichterstatter ist nicht deshalb von dem Verfahren ausgeschlossen, weil mittelbar die dienstlichen Beurteilungen des Beigeladenen, die er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht erhalten hat, von Bedeutung sind.

13

Nach § 18 Abs. 1 BVerfGG ist ein Richter des Bundesverfassungsgerichts von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen, wenn er an der Sache beteiligt ist oder war (Nr. 1) oder wenn er in derselben Sache bereits von Amts oder Berufs wegen tätig gewesen ist (Nr. 2). Der Begriff "der Sache" ist in einem konkreten, strikt verfahrensbezogenen Sinne auszulegen. Bei der Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG muss es sich regelmäßig um eine Tätigkeit in dem verfassungsgerichtlichen Verfahren selbst oder im Ausgangsverfahren handeln. Eine Beteiligung im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG liegt auch dann vor, wenn den Gegenstand des Ausgangsverfahrens ein Verwaltungsakt bildet, für den ein Richter seinerzeit als Behördenleiter Verantwortung zu tragen hatte (vgl. BVerfGE 72, 278 <288>).

14

Die Voraussetzungen für einen Ausschluss von dem Verfahren sind vorliegend nicht gegeben. Zum einen obliegt die dienstliche Beurteilung des wissenschaftlichen Mitarbeiters dem jeweiligen Richter (§ 13 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1986 in der bis zum 13. März 2015 geltenden Fassung [GOBVerfG a.F.; BGBl I 1986 S. 2529]; vgl. nunmehr entsprechend § 13 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GOBVerfG [BGBl I 2015 S. 286]). Sowohl bei der (in Vertretung durch den Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts unterzeichneten) dienstlichen Beurteilung für den Beigeladenen vom 22. Juli 2013 als auch bei der dienstlichen Beurteilung vom 10. Dezember 2014 hat der Präsident des Bundesverfassungsgerichts von einer eigenen Beurteilung gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 GOBVerfG a.F. (vgl. nunmehr entsprechend § 13 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 GOBVerfG) abgesehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. August 2016 - 2 BvR 1287/16 -, juris, Rn. 41 ff.). Zum anderen wendet sich die Beschwerdeführerin nicht gegen die dienstlichen Beurteilungen des Beigeladenen und räumt selbst ein, aktuell (nur) ebenso gut beurteilt zu sein wie er.

B.

15

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Sie genügt insbesondere den Anforderungen an eine substantiierte Begründung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Die Beschwerdeführerin legt dar, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Entscheidung kollidiere, und setzt sich mit ihr inhaltlich auseinander. Die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung wird anhand der verfassungsrechtlichen Maßstäbe aufgezeigt, die das Bundesverfassungsgericht für einen Verstoß gegen das betreffende Grundrecht entwickelt hat (vgl. zu den Anforderungen nur BVerfGE 130, 1 <21> m.w.N.; stRspr).

C.

16

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet. Zwar ist auch die Berufung von Richtern an den obersten Gerichtshöfen des Bundes (im Folgenden vereinfachend: Bundesrichter) an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen (I.). Das durch Art. 95 Abs. 2 GG vorgegebene Wahlverfahren bedingt jedoch Modifikationen gegenüber rein exekutivischen Auswahl- und Beförderungsentscheidungen (II.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe verletzt der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten (III.).

I.

17

Art. 33 Abs. 2 GG besitzt eine objektiv-rechtliche Dimension, gewährt aber auch ein grundrechtsgleiches Recht, das sich vor allem durch die Gestaltung des Auswahlverfahrens verwirklicht (1.). Vom Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG sind die Ämter von Bundesrichtern nicht ausgenommen (2.).

18

1. a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Grundsatzes der Bestenauslese zu besetzen. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfGE 139, 19 <49 Rn. 59, 55 f. Rn. 76>; BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 -, juris, Rn. 31 m.w.N.). Dabei dient Art. 33 Abs. 2 GG zum einen dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet (sogenannter Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015, a.a.O.).

19

b) Die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt durch den Dienstherrn bezieht sich auf die künftige Amtstätigkeit des Betroffenen und enthält zugleich eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt. Sie umfasst auch eine vorausschauende Aussage darüber, ob er die ihm in dem angestrebten Amt obliegenden beamten- oder richterrechtlichen Pflichten erfüllen wird. Bei diesem prognostischen Urteil steht dem Dienstherrn ein weiter Beurteilungsspielraum zu; die Nachprüfung durch die Fachgerichte beschränkt sich im Wesentlichen darauf, ob der Dienstherr von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den beamten- und verfassungsrechtlichen Rahmen verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 -, juris, Rn. 56 m.w.N.).

20

c) Aus der Verfahrensabhängigkeit des aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruchs ergeben sich Vorwirkungen für das Verwaltungsverfahren. Das dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerte Verwaltungsverfahren darf nicht so ausgestaltet sein, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert. Zur Sicherung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG auch die Verpflichtung, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. November 2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris, Rn. 14 m.w.N.). Derartige Dokumentationspflichten bestehen auch für Verfahrensabläufe wie (die Begründung für) einen Verfahrensabbruch (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 -, juris, Rn. 23, und vom 24. September 2015 - 2 BvR 1686/15 -, juris, Rn. 14).

21

2. Die Ämter von Bundesrichtern sind nicht vom Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ausgenommen. Zwar erfasst die Vorschrift nicht solche Ämter auf staatlicher oder kommunaler Ebene, die durch demokratische Wahlen der Wahlbürger oder durch eine Wahl von diesen gewählter Wahlkörper besetzt werden (vgl. Battis, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 33 Rn. 25; Zöllner, in: Festschrift Isensee, 2002, S. 359 <363 ff.>; Classen, JZ 2002, S. 1009 m.w.N.). Um derartige Wahlen handelt es sich bei den Bundesrichterwahlen jedoch nicht. Ihnen fehlt bereits das für demokratische Wahlen wesentliche Element, stets nur auf Zeit zu erfolgen (vgl. dazu allgemein BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2015 - 2 BvL 1/12 -, juris, Rn. 53). Das Amt eines Bundesrichters ist kein Amt, das organisatorisch oder funktionell zum Bereich der obersten (Staats- oder Kommunalverfassungs-)Organe gehört. Schließlich stehen auch Zusammensetzung und Zusammenspiel der am Berufungsverfahren beteiligten Organe einer Freistellung von Art. 33 Abs. 2 GG entgegen. Bereits die Mitglieder des Richterwahlausschusses gehen nicht allein, noch nicht einmal überwiegend unmittelbar aus einer demokratischen Wahl hervor. Erst recht besteht kein Grund, den zuständigen Minister (im konkreten Fall den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz) von einer Bindung an das grundrechtsgleiche Recht des Art. 33 Abs. 2 GG freizustellen. Die Ämter von Bundesrichtern sind - was ihre grundsätzliche Einbeziehung in den Anwendungsbereich von Art. 33 Abs. 2 GG betrifft - nicht anders gestellt als etwa die Ämter der Vorsitzenden Richter an Bundesgerichten (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. November 2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris) oder die Ämter der Richter im Landesdienst.

II.

22

Nach Art. 95 Abs. 2 GG entscheidet über die Berufung der Richter der in Absatz 1 genannten obersten Gerichtshöfe des Bundes der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuss, der aus den für das jeweilige Sachgebiet zuständigen Ministern der Länder und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern besteht, die vom Bundestag gewählt werden.

23

1. a) Die Wahl als Berufungsmodus für Bundesrichter - die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes noch in Art. 96 GG geregelt war - hatte nahezu keine verfassungsrechtlichen Vorbilder. Kontrovers war die Debatte vor allem, soweit es um die Berufung der Richter des Obersten Bundesgerichtes nach Art. 95 Abs. 3 GG in der Fassung vom 23. Mai 1949 ging. Die Frage, ob die Richter wie Beamte zu ernennen oder von einem Ausschuss zu wählen seien, wurde bei den Beratungen des Grundgesetzes erstmals in der 5. Sitzung des Ausschusses für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege des Parlamentarischen Rates am 10. November 1948 erörtert (vgl. JÖR n.F., Bd. 1, 1951, S. 698 ff.). Zur Begründung eines Wahlausschusses wurde geltend gemacht, es komme darauf an, der Justiz "wieder eine gewisse Vertrauensbasis" zu schaffen, was nicht durch eine "bürokratische Ernennung" durch die Bundesregierung oder dadurch erreicht werden könne, dass sich die Richter "gewissermaßen aus sich selbst" erneuerten (vgl. zu den Zitaten sowie den folgenden Ausführungen JÖR n.F., Bd. 1, 1951, S. 704 f.). Durch die Mitwirkung von Personen, die vom Vertrauen des Parlaments getragen seien, werde für die Bestellung der Richter eine breite und fundierte Basis geschaffen, so dass die Gewählten von vornherein durch die Art ihrer Bestellung eine gewisse Autorität mitbrächten. Den fachlichen Gesichtspunkten werde dadurch Genüge getan, dass niemand gegen den Willen des Bundesjustizministers gewählt werden könne und dass die Landesjustizminister an der Wahl mitwirkten.

24

b) Der erste Deutsche Bundestag nahm die Debatte im Gesetzgebungsverfahren zum Richterwahlgesetz auf. Die SPD-Fraktion hatte bereits im Dezember 1949 einen Gesetzentwurf für ein Richterwahlgesetz eingebracht (BTDrucks 1/327), dem die regierungstragenden Fraktionen von CDU/CSU, FDP und DP im Mai 1950 einen eigenen Entwurf entgegensetzten (BTDrucks 1/955). Bei dem daraufhin im Ausschuss für Rechtswesen und Verfassungsrecht erarbeiteten Gesetzentwurf (BTDrucks 1/1088) handelte es sich um eine Synthese dieser beiden Entwürfe. Zu dessen Begründung trug der Berichterstatter in der zweiten und dritten Lesung im Plenum vor, dass "die als dritte Gewalt sachlich und persönlich nur dem Recht und dem Gesetz unterworfene, von den übrigen Gewalten unabhängige Rechtsprechung durch die Auswahl der obersten Bundesrichter von der übrigen Beamtenschaft in einem spezifisch politischen Sinne unterschieden, durch die Mitwirkung maßgeblicher politischer Faktoren bei ihrer Berufung mit den demokratischen Grundbedingungen des Verfassungslebens in Einklang gebracht, vor parteipolitischer oder standesmäßiger Einseitigkeit bewahrt und so in ihrer demokratischen Autorität und Legitimation gestärkt werden" solle (von Merkatz, in: BT-Plenarprotokoll 1/75, S. 2727 C f.).

25

c) Durch das Sechzehnte Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 18. Juni 1968 (BGBl I S. 657) wurden Art. 95, 96 GG a.F. geändert. Die Vorschriften über das "Oberste Bundesgericht" (Art. 95 GG a.F.) wurden aufgehoben. Art. 96 Abs. 1 und 2 GG a.F. wurde inhaltsgleich und sprachlich nur wenig verändert zu Art. 95 GG. Die Formulierung "obere Bundesgerichte" wurde in "oberste Gerichtshöfe" geändert und um deren namentliche Erwähnung ergänzt. Das Wahlverfahren wurde eigenständig normiert. Aufgehoben wurde Art. 96 Abs. 2 Satz 2 GG a.F.

26

d) Dem Zusammenwirken von Exekutive und Legislative im Rahmen dieses "Mischsystems" wird eine legitimationsverstärkende Funktion beigemessen (vgl. Wittreck, Die Verwaltung der Dritten Gewalt, 2006, S. 20; Classen, Demokratische Legitimation im offenen Rechtsstaat, 2009, S. 55; Minkner, Die Gerichtsverwaltung in Deutschland und Italien, 2015, S. 254 f.; zweifelnd Mahrenholz, NdsVBl. 2003, S. 225 <234>; a.A. Gärditz, ZBR 2015, S. 325 <326> unter Verweis auf die Entstehungsgeschichte von Art. 95 Abs. 3 GG a.F.). Das Verfahren soll die verschiedenen politischen Kräfte balancieren (vgl. Zätzsch, Richterliche Unabhängigkeit und Richterauswahl in den USA und Deutschland, 2000, S. 160 ff.; Böckenförde, Verfassungsfragen der Richterwahl, 1974, S. 102 ff.) und einer Ämterpatronage entgegenwirken (vgl. Jachmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 95 Rn. 127 [Oktober 2011]; krit. dagegen z.B. Wassermann, in: AK-GG, 3. Aufl. 2001, Art. 95 Rn. 27 m.w.N.). Zudem soll sich in dem Verfahren über die Richterberufung nach Art. 95 Abs. 2 GG die dem föderativen Staatsaufbau angepasste Justizstruktur widerspiegeln (vgl. Jachmann, a.a.O.).

27

2. Art. 95 Abs. 2 GG gibt danach ein aus zwei Akteuren - dem Richterwahlausschuss und dem zuständigen Bundesminister - bestehendes System mit kondominialer Struktur sowie das Wahlelement im Berufungsverfahren vor, dessen nähere Ausgestaltung durch das Richterwahlgesetz erfolgt. Wechselbezogenheit der Entscheidungen beider Akteure (s. dazu 3.) und Wahlelement erfordern eine Modifikation der zu Art. 33 Abs. 2 GG bestehenden dogmatischen Aussagen sowie der materiellen und formellen Anforderungen, die mit Blick auf exekutivische Auswahlverfahren abgeleitet worden sind.

28

Dem Wahlelement trüge eine strikte Bindung der Entscheidung des Richterwahlausschusses an Art. 33 Abs. 2 GG nicht ausreichend Rechnung. Während Art. 33 Abs. 2 GG auf die eine "'richtige' Antwort" (Grigoleit/Siehr, DÖV 2002, S. 455<457>) beziehungsweise darauf gerichtet ist, "von oben her" den Besten auszuwählen, zeichnen sich Wahlen gerade durch Wahlfreiheit aus, wenngleich die Wählbarkeit zumeist von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängt (vgl. Classen, JZ 2002, S. 1009 <1012>; Tschentscher, Demokratische Legitimation der dritten Gewalt, 2006, S. 222 f.). An derartigen (Mindest-)Wählbarkeitsvoraussetzungen sind für Bundesrichter insbesondere die Anforderungen von § 9 Deutsches Richtergesetz (DRiG) zu nennen sowie - mangels anderweitiger Bestimmung im Sinne von § 28 Abs. 1 DRiG - die Voraussetzungen des § 10 DRiG für die Ernennung auf Lebenszeit. Schließlich muss das Mindestalter von 35 Jahren erreicht sein (vgl. für den Bundesgerichtshof § 125 Abs. 2 GVG). Der mit der Wahl einhergehende legitimatorische Mehrwert könnte jedoch nicht erreicht werden, wenn es eine Pflicht zur Wahl eines bestimmten Kandidaten gäbe. Es bliebe (nur) eine auf eine breite Grundlage gestützte Auswahl-, aber keine Wahlentscheidung (vgl. Dietrich, Richterwahlausschüsse und demokratische Legitimation, 2007, S. 165 f.; Grigoleit/Siehr, DÖV 2002, S. 455 <457 f.>; Lovens, ZRP 2001, S. 465 <467>). Zwar müssen sich auch die Mitglieder des Richterwahlausschusses von Art. 33 Abs. 2 GG leiten lassen. Ihre Wahlentscheidung selbst ist dabei aber nicht isoliert gerichtlich überprüfbar (vgl. unten Rn. 34).

29

Für den zuständigen Bundesminister bestehen derartige Besonderheiten nicht. Bei seiner Zustimmungsentscheidung nach § 13 RiWG ist er an Art. 33 Abs. 2 GG gebunden (vgl. aber unten Rn. 32).

30

3. Ein erfolgreiches Berufungsverfahren ist von Verfassungs wegen mit einem faktischen Einigungszwang zwischen dem zuständigen Bundesminister und dem Richterwahlausschuss verbunden. Beide agieren nicht unabhängig voneinander, sondern aufeinander bezogen. Aufgrund dieser geteilten Verantwortung müssen sie bei ihren Entscheidungen die Bindungen, aber auch die verfassungsrechtlichen Freiräume beachten, die für den jeweils anderen Akteur bestehen.

31

a) Auf Seiten des Richterwahlausschusses bedeutet dies, dass er die Bindung des zuständigen Ministers an Art. 33 Abs. 2 GG beachten muss. Das zwischen beiden Organen bestehende institutionelle Treueverhältnis (vgl. Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. September 2012 - 5 Bs 176/12 -, juris, Rn. 23) verlangt, dass der Richterwahlausschuss jemanden wählt, dessen Wahl der zuständige Minister zustimmen kann.

32

b) Der zuständige Minister ist demgegenüber nicht verpflichtet, der Wahl nur dann zuzustimmen, wenn der nach seiner Auffassung Beste gewählt worden ist. In einem solchen Fall wäre die Einrichtung des Richterwahlausschusses ihrerseits weitgehend sinnentleert und die politische Verantwortung für die Entscheidung läge entgegen der Intention des Art. 95 Abs. 2 GG ausschließlich bei der Justizverwaltung (vgl. Tschentscher, Demokratische Legitimation der dritten Gewalt, 2006, S. 318 f.). Der Minister hat sich daher bei seiner Entscheidung den Ausgang der Wahl grundsätzlich zu eigen zu machen, es sei denn, die formellen Ernennungsvoraussetzungen sind nicht gegeben, die verfahrensrechtlichen Vorgaben sind nicht eingehalten oder das Ergebnis erscheint nach Abwägung aller Umstände und insbesondere vor dem Hintergrund der Wertungen des Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr nachvollziehbar. Dabei hat der Minister unter anderem auch die Stellungnahmen des Präsidialrats gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 DRiG (vgl. zu dessen Rolle im Verfahren Bowitz, DÖV 2016, S. 638 <640 ff.>) sowie die dienstlichen Beurteilungen der Kandidaten zu berücksichtigen. Er ist zwar weder an eine sich aus dem Vergleich dienstlicher Beurteilungen ergebende Rangordnung der Kandidatinnen und Kandidaten noch an eine durch den Präsidialrat etwa vorgenommene Reihung oder an die Einstufung einzelner Bewerber als ungeeignet gebunden. Allerdings ist er verpflichtet, alle aus den Stellungnahmen des Präsidialrats und aus den dienstlichen Beurteilungen abzuleitenden Anhaltspunkte für die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Vorgeschlagenen in seine Entscheidung über die Zustimmung zur Wahl einzubeziehen und diese erforderlichenfalls (dazu sogleich Rn. 35) zu begründen beziehungsweise sie sogar zu verweigern.

33

c) Unter diesen Bedingungen muss der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG insbesondere dadurch operationalisierbar gemacht werden, dass das Verfahren selbst entsprechend ausgestaltet und die Wahl eignungs- und leistungsorientiert "eingehegt" wird. Dies erfordert, dass der Richterwahlausschuss sich einen Eindruck verschaffen kann von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Kandidaten durch Zusammenstellung (unter anderem) ihrer Zeugnisse, dienstlichen Beurteilungen und der sie betreffenden Präsidialratsstellungnahmen. Die Einhaltung dieser prozeduralen Anforderung muss niedergelegt und nachvollziehbar sein (vgl. zu Dokumentationspflichten oben Rn. 20). Eine verfahrensmäßige Absicherung eines an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG orientierten Berufungsverfahrens erfolgt ferner durch Begründungspflichten. Sie treffen zwar nicht den Richterwahlausschuss (aa), wohl aber in bestimmten Konstellationen den zuständigen Minister (bb).

34

aa) Da der eigentliche Wahlakt keiner gerichtlichen Kontrolle unterliegt, bedarf sein Ergebnis auch keiner Begründung (vgl. bereits BVerfGE 24, 268 <276 f.> sowie im Anschluss daran BGHZ 85, 319 <323 f.>). Eine Begründungspflicht ergibt sich insbesondere nicht aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Zwar garantiert dieses Grundrecht jedem den Rechtsweg, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit wird sowohl der Zugang zu den Gerichten als auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes gewährleistet. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle in allen ihm von der Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanzen. Aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen (vgl. BVerfGE 129, 1 <20> m.w.N.). Dabei richtet sich gerichtlicher Rechtsschutz in gestuften Verfahren häufig erst gegen die Endentscheidung (vgl. § 44a VwGO; siehe hierzu Ziekow, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 44a Rn. 11, 52 m.w.N.). Auch im vorliegenden Fall ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (erst) die Entscheidung des Bundesministers unmittelbarer Verfahrensgegenstand im gerichtlichen Verfahren ist, während es sich bei der Entscheidung des Richterwahlausschusses um einen nicht selbständig anfechtbaren Verfahrensschritt handelt (vgl. BVerwGE 70, 270 und BVerwGE 105, 89 <91> m.w.N. sowie Gärditz, ZBR 2015, S. 325 <331>). Gleichzeitig sind die verfassungsrechtlichen Modifikationen des subjektiven Rechts zu berücksichtigen, das Art. 19 Abs. 4 GG nicht gewährleistet, sondern voraussetzt (vgl. BVerfGE 129, 1 <20 f.> m.w.N.). Im vorliegenden Fall wird der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG, der bereits nach ständiger Rechtsprechung lediglich zu einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle der Auswahlentscheidung führt (vgl. oben Rn. 19), zusätzlich durch den in Art. 95 Abs. 2 GG vorgesehenen Wahlmodus eingeschränkt.

35

bb) Da der zuständige Bundesminister sich - wie dargelegt - die Wahlentscheidung grundsätzlich zu eigen zu machen hat, treffen auch ihn keine umfassenden Begründungspflichten. Erforderlich ist eine Begründung jedoch immer dann, wenn es sich aufdrängt, dass der Richterwahlausschuss offenkundig relevante Aspekte zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Vorgeschlagenen in einer den Spielraum des Art. 95 Abs. 2 GG überschreitenden Weise missachtet hat. Eine Begründungspflicht ist insbesondere in zwei Fällen anzunehmen. Zum einen muss der Minister aufgrund des institutionellen Treueverhältnisses begründen, wenn er seine Zustimmung verweigert, da andernfalls eine Einigung nur schwer möglich wäre (vgl. in dieser Richtung Heusch, in: Schmidt-Bleibtreu, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 95 Rn. 24, und Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 10. Dezember 2015 - 5 ME 199/15 -, juris, Rn. 41). Zum anderen muss der Minister seine Entscheidung dann begründen, wenn er der Wahl eines nach der Stellungnahme des Präsidialrats oder den dienstlichen Beurteilungen nicht Geeigneten zustimmt. Zwar ist aufgrund der fehlenden Bindungswirkung von dienstlichen Beurteilungen oder Präsidialratsstellungnahmen (vgl. Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl. 2009, § 57 Rn. 17 m.w.N.) die Ernennung von Kandidaten, die mit "ungeeignet" beurteilt worden sind, nicht ohne Weiteres verfassungswidrig (vgl. Rn. 32). Der auch dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes dienende Grundsatz der Bestenauslese erfordert aber, Entscheidungen nachvollziehbar zu machen und über sie Rechenschaft abzulegen, wenn sie derart weit von grundlegenden Eignungsanforderungen entfernt zu sein scheinen. Art. 33 Abs. 2 GG unterliegt insoweit zwar Modifikationen, wird von Art. 95 Abs. 2 GG aber nicht vollständig verdrängt.

III.

36

Nach diesen Maßstäben wird die Beschwerdeführerin durch den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts nicht in ihren Rechten verletzt.

37

Die Wahlvorschlagsbögen enthielten in Bezug auf die Beschwerdeführerin selbst sowie den Beigeladenen unter anderem Angaben zu der Dienststellung, den Ergebnissen der juristischen Staatsprüfungen, den Beförderungen, der bisherigen beruflichen Tätigkeit, der wissenschaftlichen Betätigung, den Veröffentlichungen, insbesondere aber auch die bisherigen dienstlichen Beurteilungen sowie die Stellungnahme des Präsidialrats des Bundesgerichtshofs (vgl. allgemein zum Inhalt Letzterer auch Bowitz, DÖV 2016, S. 638 <639>). Damit standen hinsichtlich der Beschwerdeführerin und des Beigeladenen den Mitgliedern des Richterwahlausschusses alle auswahlrelevanten Informationen zur Verfügung.

38

Die Ernennungsvoraussetzungen waren bei der Beschwerdeführerin ebenso wie beim Beigeladenen erfüllt. Zwar ist die Beschwerdeführerin für das Amt eines Richters/einer Richterin am Bundesgerichtshof aufgrund ihrer obergerichtlichen Erfahrung nach der Stellungnahme des Präsidialrats besser geeignet. Die Wahl des Beigeladenen bleibt jedoch unter anderem aufgrund seiner dienstlichen Beurteilungen sowie seiner Verwendungen nachvollziehbar. Der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz durfte sich die ihrerseits nicht zu überprüfende Wahlentscheidung daher zu eigen machen, ohne seine Entscheidung begründen zu müssen; auch Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG begründet im vorliegenden Fall - im Hinblick auf das konkrete Wahlergebnis im Übrigen - nicht die Erforderlichkeit einer Begründung der Zustimmungsentscheidung. Allein der Umstand, dass der Präsidialrat des Bundesgerichtshofs es "begrüßt" hätte, wenn der Beigeladene Gelegenheit erhielte, noch zwei bis drei Jahre spruchrichterliche Erfahrung am Oberlandesgericht zu sammeln, löste noch keine Begründungspflicht aus, da ihn der Präsidialrat gleichwohl bereits als "geeignet" ansah.

Gründe

I

1

Der Antragsteller ist Regierungsamtsrat (Besoldungsgruppe A 12 BBesO) im Dienst der Antragsgegnerin und wird beim Bundesnachrichtendienst (BND) verwendet. Er wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens mit dem Beigeladenen.

2

Im August 2015 schrieb die Antragsgegnerin den mit der Besoldungsgruppe A 13g bewerteten Dienstposten des Sachgebietsleiters ... zur förderlichen Besetzung für Beamte der Besoldungsgruppe A 12 aus. In der Stellenausschreibung sind neben der zwingend vorausgesetzten Befähigung für die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes im Studienbereich Rechts-, Wirtschafts- oder Verwaltungswissenschaften zusätzliche Anforderungen formuliert, die für den Vergleich anhand der dienstlichen Beurteilung maßgeblich sein sollen, sofern mehrere Bewerber über die gleiche Gesamtnote verfügen (Entscheidungsvermögen, Durchsetzungsvermögen, Managementfähigkeiten, Kommunikationsverhalten, Verantwortungsbereitschaft).

3

Auf die Ausschreibung meldeten sich insgesamt elf Bewerber, von denen fünf in der aktuellen Regelbeurteilung zum Stichtag 1. April 2015 das Gesamturteil 8 (auf einer neunstufigen Notenskala) erhalten hatten. Die weiteren Bewerber, die - wie der Antragsteller - in der dienstlichen Beurteilung das Gesamturteil 7 erzielt hatten, wurden nicht in die weitere Auswahlentscheidung einbezogen. Da der Beigeladene in allen fünf der in der Ausschreibung als maßgeblich für den Vergleich bei gleichem Gesamturteil benannten Anforderungsmerkmalen am besten beurteilt worden war, wurde er für die Stellenvergabe ausgewählt und den unterlegenen Konkurrenten (nach erfolgter Beteiligung von Personalrat, Gleichstellungsbeauftragter und Schwerbehindertenvertretung) die zum 15. August 2016 geplante Dienstpostenvergabe mitgeteilt.

4

Hiergegen hat der Antragsteller Widerspruch erhoben und nachfolgend die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Zur Begründung verweist er darauf, dass sein Widerspruch gegen die dienstliche Beurteilung zum Stichtag 1. April 2015 noch nicht beschieden sei. In diesem hatte der Antragsteller eine Verschlechterung des Gesamturteils zur letzten Regelbeurteilung um zwei Notenstufen von 9 auf 7 gerügt. Auf einen entsprechenden Leistungsabfall sei er weder vorab hingewiesen worden noch sei dieser nachvollziehbar begründet. Eine textliche Begründung des Gesamturteils fehle überhaupt. Für die Herabsetzung in den Einzelmerkmalen gebe es keine Belege. Hinsichtlich der auf die Zusammenarbeit zielenden Gesichtspunkte sei zu berücksichtigen, dass die Leistung hier nur so gut sein könne, wie die zu erledigenden Aufträge vom Referatsleiter angesteuert würden. Nicht zuletzt im Hinblick auf eine erfolgreiche Remonstration bestehe der Verdacht, dass der Erstbeurteiler keine unvoreingenommene und objektive Beurteilung abgegeben habe.

5

Der Antragsteller beantragt,

der Antragsgegnerin vorläufig, bis einen Monat nach Zustellung einer Entscheidung über seinen Widerspruch vom 26. Juli 2016 gegen die Nichtberücksichtigung im Auswahlverfahren, zu untersagen, den unter der Kennziffer ... ausgeschriebenen Dienstposten Sachgebietsleiter ... mit dem Beigeladenen zu besetzen oder diesen in ein mit diesem Dienstposten verbundenes Amt der Besoldungsgruppe A 13g zu befördern.

6

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

7

Sie verteidigt die Auswahlentscheidung und hält insbesondere die ihr zugrunde liegende dienstliche Beurteilung des Antragstellers für rechtmäßig. Die Regelbeurteilung beziehe sich allein auf die im Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen und erfolge unabhängig von früheren Beurteilungen und dort vergebenen Noten. Eine Fortschreibung älterer Beurteilungen erfolge dabei nicht. Da das Sachgebiet zwischenzeitlich einer anderen Abteilung zugeordnet worden sei und sich damit die Vergleichsgruppe und die beurteilenden Personen geändert hätten, könne der Antragsteller selbst bei objektiv gleichem Leistungsniveau nicht davon ausgehen, dieselbe Note wie in der vorausgegangenen Beurteilungsrunde zu erhalten. Vielmehr dürften auch gleiche Leistungen von unterschiedlichen Beurteilern unterschiedlich bewertet werden. Das Gesamturteil sei - jedenfalls mit der schriftlichen Ergänzung des Erstbeurteilers vom 12. August 2016 - auch ausreichend begründet und plausibilisiert. Insbesondere habe der Erstbeurteiler erläutert, dass wegen der räumlichen Trennung des Sachgebiets von der Referatsleitung ein besonderer Schwerpunkt auf den Bereichen soziale Kompetenz und Führungsverhalten gelegen habe. Die dort mit der Note 7 bewerteten Leistungen seien daher ausschlaggebend für die Festlegung des Gesamturteils gewesen. Der Erstbeurteiler habe den Vorwurf der Befangenheit ganz ausdrücklich zurückgewiesen, Anhaltspunkte hierfür seien auch nicht erkennbar. Das Unterlassen von Personalführungsgesprächen entspreche zwar nicht den einschlägigen Dienstvorschriften, es führe aber nicht zur Fehlerhaftigkeit der dienstlichen Beurteilung.

8

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

9

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den von der Antragsgegnerin übersandten Verwaltungsvorgang verwiesen.

II

10

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, ist zulässig und begründet. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass durch die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens mit dem Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

11

1. Dem Antragsteller steht ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Seite.

12

Zwar ist Gegenstand des Rechtsstreits nicht die Vergabe eines statusrechtlichen Amtes, die nach Ernennung des ausgewählten Bewerbers nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nur noch rückgängig gemacht werden könnte, wenn der unterlegene Bewerber unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG an der Ausschöpfung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten gehindert worden wäre (BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 27). Ausschreibung und Auswahlentscheidung sind vielmehr ausdrücklich nur auf die Vergabe eines Dienstpostens im Wege der Umsetzung bezogen. Diese kann nachträglich aufgehoben und der Dienstposten anderweitig besetzt werden, sodass dem Antragsteller nachgelagerter Rechtsschutz zur Verfügung steht (BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 19).

13

Die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe vermag die Rechtsstellung des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG aber dennoch zu beeinträchtigen, weil sie Vorwirkungen auf die nachfolgende Vergabe von Statusämtern entfalten kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 14 ff. m.w.N.). Der von der Antragsgegnerin zur Nachbesetzung ausgeschriebene und mit der Besoldungsgruppe A 13g bewertete Dienstposten stellt für den Antragsteller und den Beigeladenen, die beide ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 innehaben, einen höherwertigen Dienstposten dar. Die Übertragung schafft daher die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung (§ 22 Abs. 2 BBG; vgl. zur ämtergleichen Umsetzung dagegen BVerwG, Urteil vom 19. November 2015 - 2 A 6.13 - BVerwGE 153, 246 Rn. 18). Diese Vorauswahl ist mit der bewusst "förderlichen" Besetzung des Dienstpostens durch Beamte mit einem Statusamt der niedrigeren Besoldungsgruppe A 12 von der Antragsgegnerin auch beabsichtigt.

14

Von der Möglichkeit, die Vorwirkung der vorläufigen Dienstpostenbesetzung auf die nachfolgende Ämtervergabe zu vermeiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 - 2 VR 2.15 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 74 Rn. 33), hat die Antragsgegnerin keinen Gebrauch gemacht. Weder allgemein durch die Beurteilungsrichtlinien oder durch entsprechende Festlegungen in der vorliegenden Stellenausschreibung noch konkret durch Zusagen gegenüber dem Antragsteller im anhängigen Verfahren ist sichergestellt, dass der etwaige Bewährungsvorsprung des Beigeladenen im Falle der Rechtswidrigkeit der Dienstpostenvergabe bei einer nachfolgenden Auswahlentscheidung zur Vergabe des Statusamts durch eine Ausblendung der spezifisch höherwertigen Aufgabenwahrnehmung unberücksichtigt bliebe. Auf die Frage, inwieweit auch die fehlende Erprobung des Antragstellers im Wege der fiktiven Fortschreibung ersetzt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 13.05 - BVerwGE 126, 333 Rn. 21), kommt es daher nicht an.

15

2. Der Antragsteller hat für sein Sicherungsbegehren auch den erforderlichen Anordnungsanspruch, weil die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Der Auswahlentscheidung liegt zwar ein zulässiges Anforderungsprofil zugrunde (a), sie beruht aber auf einer aus mehreren Gründen fehlerhaften dienstlichen Beurteilung des Antragstellers (b). Es erscheint auch ernstlich möglich, dass der Dienstposten bei einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens auf hinreichender Tatsachengrundlage dem Antragsteller übertragen würde (c).

16

a) Das in der Stellenausschreibung ... vom 18. August 2015 enthaltene Anforderungsprofil enthält weder eine unzulässige Einschränkung des Bewerberfeldes noch eine unsachliche Festlegung der bei gleichem Gesamturteil maßgeblichen Gesichtspunkte.

17

Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet der Dienstherr innerhalb des von Verfassung und Parlament vorgegebenen Rahmens aufgrund der ihm zukommenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen. Wie er seine Stellen zuschneidet, welche Zuständigkeiten er diesen zuweist und welche Fachkenntnisse er zur Erfüllung der daraus im Einzelnen resultierenden Aufgaben für erforderlich ansieht, fällt in sein Organisationsermessen, das gerichtlich nur auf sachfremde Erwägungen überprüfbar ist (BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 Rn. 54). Die Organisationsgewalt des Dienstherrn ist aber beschränkt und an die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn - wie hier - mit der Dienstpostenübertragung Vorwirkungen auf die spätere Vergabe eines Statusamts verbunden sind. In diesen Vorwirkungsfällen sind auch die Vorgaben des Anforderungsprofils für die Dienstpostenvergabe den Maßstäben aus Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen, weil mit der Übertragung des Dienstpostens die Zusammensetzung des Bewerberfelds für nachfolgende Beförderungsverfahren eingeengt und ggf. gesteuert wird (BVerfG, Beschlüsse vom 20. September 2007 - 2 BvR 1972/07 - BVerfGK 12, 184 <187> und vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - BVerfGK 12, 284 <288>; BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 26 f.).

18

Aus § 8 Abs. 2 BBG i.V.m. § 6 BGleiG folgt nichts anderes. Die Vorschriften des Bundesgleichstellungsgesetzes, die der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern dienen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BGleiG) und hierfür auch Anforderungen an die Stellenausschreibung statuieren - wie insbesondere deren geschlechtsneutrale Abfassung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BGleiG) -, sind weder darauf gerichtet noch dazu geeignet, den materiellen Bezugspunkt der dienstrechtlichen Auswahlentscheidungen zu verschieben. Nach § 6 Abs. 3 BGleiG ist das Anforderungsprofil vielmehr ausdrücklich an möglichen künftigen Funktionen und damit auch der Laufbahnqualifikation zu orientieren (entsprechendes gilt für die Vorgabe in § 9 Abs. 1 Satz 1 BGleiG; vgl. zur verfassungsrechtlichen Verankerung des Laufbahnprinzips BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 - NVwZ 2016, 682 Rn. 36). Die Anforderungen des "Arbeitsplatzes" i.S.v. § 6 Abs. 3 BGleiG sind daher in den von Art. 33 Abs. 2 GG dirigierten Auswahlverfahren im Interesse der mit dem Laufbahnprinzip angestrebten vielseitigen Verwendbarkeit (vgl. BT-Drs. 14/5679 S. 21) auf das jeweils angestrebte Statusamt bezogen.

19

Die in der Stellenausschreibung zwingend vorausgesetzte Befähigung für die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes entspricht diesen Maßstäben, weil sie unabhängig vom konkreten Dienstposten für alle im Beförderungsfall in Bezug genommenen Statusämter der Besoldungsgruppe A 13g gilt (vgl. § 17 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. c, § 26 Abs. 1 BBG i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 1 BLV). Die Einschränkung auf bestimmte Studienfachrichtungen ist dabei im Hinblick auf die fachliche Ausdifferenzierung der öffentlichen Verwaltung zulässig (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 34). Die in der Ausschreibung geforderte Eingrenzung auf die Bereiche Rechts-, Wirtschafts- oder Verwaltungswissenschaften erscheint im Hinblick auf den Schwerpunkt der Aufgabenbeschreibung im Bereich der ... mit den hierzu gehörenden Verwaltungs- und Vertragsangelegenheiten gerechtfertigt. Auch die in der Ausschreibung als vorrangig bei einer Auswahl unter Bewerbern mit gleichem Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung benannten Kriterien basieren auf sachlichen Erwägungen.

20

b) Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin zur Vergabe des Beförderungsdienstpostens ist aber deshalb fehlerhaft, weil sie auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage beruht. Die dem Bewerbervergleich zugrunde gelegte dienstliche Beurteilung des Antragstellers ist rechtswidrig. Die für den Leistungsvergleich herangezogenen dienstlichen Beurteilungen sind nicht an gleichen Maßstäben orientiert.

21

aa) Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Der in der Verfassung selbst vorgegebene Maßstab gilt danach unbeschränkt und vorbehaltlos. Die von der Vorschrift erfassten Statusämter dürfen nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Der Grundsatz der Bestenauswahl dient zwar primär dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; er vermittelt den Bewerbern aber zugleich ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl ("Bewerbungsverfahrensanspruch"; vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. September 2016 - 2 BvR 2453/15 - NJW 2016, 3425 Rn. 18).

22

Wie die einzelnen Auswahlkriterien zu gewichten sind, gibt Art. 33 Abs. 2 GG nicht vor. Auch das Bundesbeamtengesetz enthält hierzu keine Regelung (vgl. zum Erfordernis einer gesetzlichen Bestimmung der Auswahlmaßstäbe von Notarbewerbern aber BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 1986 - 1 BvR 787/80 - BVerfGE 73, 280 <295> sowie generell zum Gesetzesvorbehalt im Beamtenrecht BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12 u.a. - BVerfGE 139, 19 Rn. 57). § 9 Satz 1 BBG wiederholt nur die Ausrichtung an Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung und schließt eine Berücksichtigung von Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnischer Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politischen Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexueller Identität ausdrücklich aus.

23

Auch zur Frage, wie und in welchem Verfahren Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber festzustellen und zu vergleichen sind, enthalten die Beamtengesetze keine Regelung. Der in § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG enthaltenen Bestimmung ist aber zu entnehmen, dass die Auswahlentscheidung auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen erfolgen kann. § 33 Abs. 1 Satz 1 BLV gibt dies als Regel vor. Ebenso ist in der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 - BVerfGK 18, 423 <427 f.> und vom 9. August 2016 - 2 BvR 1287/16 - IÖD 2016, 230 <237> = juris Rn. 78 m.w.N.) und Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 21 m.w.N.) geklärt, dass der Vergleich der Bewerber im Rahmen einer dienstrechtlichen Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG vor allem anhand dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen hat. Mit der durch § 21 Satz 1 BBG festgeschriebenen Orientierung der dienstlichen Beurteilung an den Auswahlkriterien des Grundsatzes der Bestenauswahl ist auch sichergestellt, dass diese als Grundlage für nachfolgende Auswahlentscheidungen herangezogen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 - BVerwGE 153, 48 Rn. 31).

24

Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Grundlage für den Bewerbervergleich setzt voraus, dass diese zeitlich aktuell (BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 - 2 VR 2.15 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 74 Rn. 22 f.) und inhaltlich aussagekräftig (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 - BVerwGE 153, 48 Rn. 14) sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 2 A 10.13 - BVerwGE 150, 359 Rn. 21; zur ergänzenden Heranziehung von Befähigungseinschätzungen Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 12.14 - BVerwGE 151, 333 Rn. 45).

25

Da die dienstliche Beurteilung den Vergleich mehrerer Bewerber miteinander ermöglichen soll, müssen die Beurteilungsmaßstäbe gleich sein und gleich angewendet werden (BVerwG, Urteile 26. September 2012 - 2 A 2.10 - NVwZ-RR 2013, 54 Rn. 9 und vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 - BVerwGE 153, 48 Rn. 13; hierzu auch BVerfG, Beschlüsse vom 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 - BVerfGK 10, 474 <477 f.> und vom 9. August 2016 - 2 BvR 1287/16 - IÖD 2016, 230 <237> = juris Rn. 84). Dementsprechend gibt § 50 Abs. 1 Satz 1 BLV vor, dass die Beurteilungen nach einem einheitlichen Beurteilungsmaßstab unter Berücksichtigung der Anforderungen des Amtes zu erfolgen hat. Unabhängig von den unterschiedlichen Aufgabenbereichen der Beamten sind die auf dem jeweiligen Dienstposten erbrachten Leistungen am einheitlichen Maßstab des Statusamts der Vergleichsgruppe zu beurteilen (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 - BVerwGE 153, 48 Rn. 28 m.w.N.). Entsprechendes sieht auch Nr. 11.7 der Beurteilungsbestimmungen-BND vor.

26

bb) Diesen Maßstäben entspricht die vom Antragsteller angegriffene dienstliche Beurteilung zum Stichtag 1. April 2015 nicht, weil das Gesamturteil nicht am einheitlichen Beurteilungsmaßstab des Statusamts, sondern an den Besonderheiten des vom Antragsteller wahrgenommenen Dienstpostens orientiert ist.

27

Wie sich aus der nachträglichen Ergänzung des Erstbeurteilers vom 12. August 2016 ergibt, hat dieser bei der Findung des Gesamturteils die Bereiche Soziale Kompetenz und Führungsverhalten besonders und vorrangig gewichtet. Trotz einer ungefähr gleich häufigen Verteilung der Einzelnoten auf die Stufen 7 und 8 und einer Häufung der vergebenen Note 8 bei den bedeutungsvollen Einzelmerkmalen Arbeitsergebnisse, Fachkenntnisse und Arbeitsweise (vgl. § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO) hat er das Gesamturteil 7 vergeben. Zur Rechtfertigung ist dabei darauf verwiesen worden, dass der Antragsteller ein räumlich an einem anderen Dienstort abgesetztes Sachgebiet geleitet habe.

28

Maßgeblich und ausschlaggebend für das Gesamturteil war damit ein besonderes Kriterium, das nur vom konkreten Erstbeurteiler und nur in der spezifischen Situation des Antragstellers zur Anwendung gebracht worden ist. Die Gewichtung des Gesamturteils ist somit nicht an den Maßstäben orientiert, die für andere Beamte der maßgeblichen Vergleichsgruppe der Beamten mit demselben Statusamt bei derselben Behörde in Ansatz gebracht wurden (vgl. Nr. 1.2 und Nr. 11.7.2 der Beurteilungsbestimmungen-BND; hierzu auch bereits BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 53). Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers ist daher nicht auf Grundlage derselben Maßstäbe erstellt wie diejenigen seiner Mitbewerber.

29

Im Übrigen entspricht die ergänzende Begründung des Gesamturteils auch nicht dem der dienstlichen Beurteilung selbst beigegebenen Textteil. Denn dort ist ausdrücklich festgehalten, dass vom Antragsteller trotz seiner hohen Selbstständigkeit und Eigeninitiative sowohl Vorgesetzte als auch Mitarbeiter frühzeitig und umfassend informiert und eingebunden werden. Die nachfolgend gerade mit den Besonderheiten der räumlich erschwerten Kommunikation begründeten Defizite sind hiermit nicht vereinbar.

30

cc) Die für die Auswahlentscheidung herangezogene dienstliche Beurteilung des Antragstellers zum Stichtag 1. April 2015 verletzt die Gewährleistung gleicher Beurteilungsmaßstäbe auch in zeitlicher Hinsicht, insoweit liegt jedenfalls ein Begründungsmangel vor.

31

Die Beurteilung des im öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehenden Beamten obliegt seinem Dienstherrn. Als eine die persönlichen Angelegenheiten des Beamten betreffende Maßnahme wird sie grundsätzlich vom Dienstvorgesetzten wahrgenommen (vgl. § 3 Abs. 2 BBG; hierzu bereits BVerwG, Urteil vom 13. Mai 1965 - 2 C 146.62 - BVerwGE 21, 127 <129>); zuständig ist damit der Leiter derjenigen Behörde, welcher der Beamte zur Aufgabenwahrnehmung zugewiesen ist (vgl. Franke, in: Fürst , GKÖD Band I, Stand: November 2016, L § 3 BBG Rn. 10). Dieser kann die Erstellung der dienstlichen Beurteilung zwar - unter Berücksichtigung des sachlichen Zusammenhangs mit der Wahrnehmung der Fachaufsicht - auf ihm untergeordnete Mitarbeiter delegieren (BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 2 A 4.15 - Buchholz 232.0 § 21 BBG 2009 Nr. 4 Rn. 21 f.). Entsprechend ist hier durch die Beurteilungsbestimmungen-BND auch verfahren worden. Unabhängig von derartigen - ggf. nach organisatorischen Einheiten oder Abteilungen gegliederten und unterschiedliche Personen betreffenden - Zuweisungen wird die Aufgabe der dienstlichen Beurteilung aber für den Behördenleiter wahrgenommen und ist diesem zuzurechnen. Er hat als "Maßstabshalter" die Einhaltung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs sicherzustellen (vgl. Nr. 10 Beurteilungsbestimmungen-BND, zu entsprechenden Befugnissen auch Nr. 16.3.3 und Nr. 16.9 Beurteilungsbestimmungen-BND).

32

Entgegen der von der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren vorgebrachten Auffassung darf sich eine unterschiedliche Beurteilung derselben Leistung durch unterschiedliche Beurteiler innerhalb derselben Behörde daher nicht ergeben. Unabhängig von der konkret mit der Aufgabe der Erst- oder Zweitbeurteilung betrauten Person bleibt der Beurteilungsmaßstab für alle Beamten der Behörde mit demselben Statusamt vielmehr einheitlich und identisch. Dies ist im Übrigen auch in den Beurteilungsbestimmungen-BND so vorgesehen (vgl. insbesondere Nr. 1.2, Nr. 1.3 Satz 1, Nr. 11.7 Satz 2, Nr. 11.7.2 Satz 1, Nr. 16.1 Satz 1 Beurteilungsbestimmungen-BND). Diese Maßstabsverbindlichkeit gilt auch in den Fällen, in denen sich die Person von Erst- oder Zweitbeurteiler aus organisatorischen oder personellen Gründen geändert hat.

33

Die Leistung eines Beamten kann daher nicht von einem Beurteiler mit der Höchststufe 9 bewertet, nachfolgend aber von einem neuen Beurteiler mit einem Gesamturteil von 7 versehen werden (die beim BND regelmäßig nicht mehr zur Berücksichtigung in einem Auswahlverfahren führt). Eine derartig erhebliche Verschlechterung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung ist vielmehr nur dann denkbar, wenn entweder die vorangegangene dienstliche Beurteilung fehlerhaft war, die im aktuellen Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen nicht mehr den vorherigen entsprachen oder generell ein geänderter Beurteilungsmaßstab angewandt wurde. In jedem Falle aber bedarf eine derartige Herabstufung einer Begründung, weil nur so das neue, in erheblichem Ausmaß verschlechterte Gesamturteil vom betroffenen Beamten nachvollzogen werden kann (vgl. zum Plausibilisierungserfordernis des Gesamturteils BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 - BVerwGE 153, 48 Rn. 32).

34

Diesen Anforderungen entspricht die zum Stichtag 1. April 2015 erstellte dienstliche Beurteilung des Antragstellers auch bei Berücksichtigung der nachträglichen Plausibilisierung vom 12. August 2016 nicht. Eine wie auch immer geartete Auseinandersetzung mit einem möglichen Leistungsabfall findet dort nicht statt. Vielmehr wird ausdrücklich festgehalten, dass Anhaltspunkte für ein Abweichen des Gesamturteils von 7 nicht ersichtlich seien und die Notendifferenz damit schlichtweg ignoriert.

35

dd) Eine Berücksichtigung der vorangegangenen Beurteilung wäre hier überdies schon deshalb erforderlich gewesen, weil diese für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis zum 31. Januar 2013 in Form eines Aufrechterhaltungsvermerks nach Nr. 4 der Beurteilungsbestimmungen-BND als Beurteilungsbeitrag in die dienstliche Beurteilung zum Stichtag 1. April 2015 eingeflossen ist. Für 10 der 36 Monate des Beurteilungszeitraums beruht die Tatsachengrundlage für die dienstliche Beurteilung daher auf einem Beitrag, der Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Antragstellers deutlich anders bewertet hatte.

36

An diesen Beurteilungsbeitrag war der Erstbeurteiler zwar nicht gebunden. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge als Tatsachengrundlage für den nicht von seiner eigenen Anschauung gedeckten Zeitraum in seine Überlegungen einbezieht und Abweichungen nachvollziehbar begründet (BVerwG, Urteile vom 26. September 2012 - 2 A 2.10 - NVwZ-RR 2013, 54 Rn. 12 und vom 27. November 2014 - 2 A 10.13 - BVerwGE 150, 359 Rn. 24).

37

Der vorliegenden dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 1. April 2015 kann nicht einmal entnommen werden, dass die Einschätzung des Beurteilungsbeitrags in der Sache überhaupt zur Kenntnis genommen worden ist. Die in der Plausibilisierung des Erstbeurteilers vom 12. August 2016 enthaltene Aussage, wonach er im ganz überwiegenden Teil des Beurteilungszeitraums als Vorgesetzter ausreichend Zeit gehabt habe, sich ein eigenes Bild von den Leistungen des Antragstellers zu verschaffen, legt vielmehr nahe, dass die vorgenommene Bewertung ausschließlich auf die ab dem 1. Februar 2013 gewonnene eigene Anschauung gestützt worden ist. Sie wäre damit sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die Unterschiedlichkeit der Bewertungen "defizitär" (BVerwG, Urteil vom 26. September 2012 - 2 A 2.10 - NVwZ-RR 2013, 54 Rn. 17). Jedenfalls aber fehlt die erforderliche Begründung für die Abweichung vom einbezogenen Beurteilungsbeitrag.

38

ee) Die dienstliche Beurteilung ist darüber hinaus auch deswegen rechtswidrig, weil das Gesamturteil nicht begründet worden ist.

39

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen Gesamturteil und Einzelbewertungen einer dienstlichen Beurteilung in dem Sinne miteinander übereinstimmen, dass sich das Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen herleiten lässt. Dabei steht es im Ermessen des Dienstherrn, festzulegen, welches Gewicht er den einzelnen Merkmalen beimessen will (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 5. September 2007 - 2 BvR 1855/07 - BVerfGK 12, 106 <108> und vom 17. Januar 2014 - 1 BvR 3544/13 - juris Rn. 15). Das abschließende Gesamturteil ist durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zu bilden (BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 Rn. 15 m.w.N.). Diese Gewichtung bedarf schon deshalb einer Begründung, weil nur so die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet und das Gesamturteil nachvollzogen und einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden kann (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 - BVerwGE 153, 48 Rn. 32).

40

Ein individuelles Begründungserfordernis für das Gesamturteil rechtfertigt sich auch aus dessen besonderer Bedeutung als primär maßgebliche Grundlage bei einem späteren Leistungsvergleich in einem an Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Auswahlverfahren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 21). Dies gilt insbesondere bei Bewerbern mit im Wesentlichen gleichem Gesamturteil. Denn hier muss der Dienstherr im Auswahlverfahren die für das Beförderungsamt wesentlichen Einzelaussagen der dienstlichen Beurteilungen weiter vergleichen (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 5. September 2007 - 2 BvR 1855/07 - BVerfGK 12, 106 <108> und vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 - BVerfGK 20, 77 <81>) und die Auswahl der Gesichtspunkte, auf die bei gleicher Eignung abgestellt werden soll, begründen (BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 46).

41

Die Begründung des Gesamturteils hat schon in der dienstlichen Beurteilung selbst zu erfolgen. Anders als etwa bei nachträglich erhobenen Einwänden gegen Einzelbewertungen in der dienstlichen Beurteilung genügt es nicht, das Gesamturteil nachträglich zu plausibilisieren. Ansonsten käme die besondere Bedeutung, die dem Gesamturteil im Vergleich zu den Einzelbewertungen zukommt, nicht zum Tragen. Die Einheitlichkeit der Maßstäbe, die der Bildung des Gesamturteils zugrunde zu liegen hat, kann nur dann hinreichend gewährleistet und ggf. gerichtlich überprüft werden, wenn diese von vorneherein in der Beurteilung niedergelegt ist.

42

Eine entsprechende Begründung des Gesamturteils fehlt in der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers. Sie ist insbesondere nicht in den textlichen Ausführungen durch den Erstbeurteiler am Ende der Leistungsbewertung enthalten, weil diese lediglich die Einzelbewertungen erläutert, jedoch keine Gewichtung vornimmt. Eine Begründung des Gesamturteils war auch nicht entbehrlich. Das kann ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note - vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null - geradezu aufdrängt (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 - BVerwGE 153, 48 Rn. 37). Dies ist hier jedoch gerade nicht der Fall, weil die Leistungsnoten 7 und 8 sowie die Befähigungsnoten C und D in etwa gleich häufig vergeben wurden und es von daher der Erläuterung bedarf, warum das Gesamturteil auf 7 anstatt auf 8 lautet. Da die Begründung des Gesamturteils bereits in der dienstlichen Beurteilung enthalten sein muss, kommt es nicht darauf an, ob die von der Antragsgegnerin im laufenden gerichtlichen Verfahren nachgereichte Begründung insoweit tragfähig ist.

43

c) Die Vergabe des Dienstpostens an den Antragsteller erscheint bei einer erneuten Auswahlentscheidung auf der Grundlage einer fehlerfreien dienstlichen Beurteilung auch ernstlich möglich (vgl. zum Erfordernis der hinreichenden Wahrscheinlichkeit BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2016 - 2 BvR 2223/15 - NVwZ 2016, 764 Rn. 86 sowie BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 12.14 - BVerwGE 151, 333 Rn. 27 für sekundärrechtliche Ansprüche).

44

Angesichts der aufgezeigten Mängel der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers und des bereits vorliegenden Beurteilungsbeitrags für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 31. Januar 2013 besteht nach Aktenlage eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die dienstliche Beurteilung des Antragstellers auch im Gesamturteil zu ändern sein wird. Da der Antragsteller in der vorangegangenen dienstlichen Beurteilung und im Beurteilungsbeitrag für die ersten zehn Monate des aktuellen Beurteilungszeitraums in den im Anforderungsprofil als maßgeblich für den Vergleich bei gleichem Gesamturteil benannten Einzelmerkmalen viermal die Höchstnote erhalten hat, kann auch im Hinblick auf diese Vorgaben nicht von einem wesentlichen Vorsprung des Beigeladenen ausgegangen werden.

45

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, muss er keine Kosten tragen (§ 154 Abs. 3 VwGO), kann aber auch keine Kostenerstattung für etwaige außergerichtliche Kosten beanspruchen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

46

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG, weil die streitgegenständliche Dienstpostenvergabe Vorwirkungen auf die nachfolgende Vergabe eines Statusamts entfalten kann.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin ist Regierungsdirektorin (Besoldungsgruppe A 15) im Dienst der Antragsgegnerin. Sie wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die Besetzung des mit der Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des Referatsleiters "Rechtsangelegenheiten/G 10" (...) mit dem Beigeladenen, der ebenfalls das Amt eines Regierungsdirektors (Besoldungsgruppe A 15) innehat.

2

Zur Nachbesetzung des freiwerdenden Dienstpostens entwickelte die Antragsgegnerin aus einer Dienstpostenbeschreibung ein Anforderungsprofil und schrieb den Dienstposten im Juni 2012 entsprechend aus. Nach der Stellenausschreibung sind u.a. die Befähigung zum Richteramt gemäß § 5 DRiG, Führungskompetenz, eine mindestens sechsjährige Erfahrung in Führungspositionen im juristischen Bereich, Sprachkenntnisse Englisch entsprechend "SLP 3" und eine mindestens zweijährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten gefordert. Auf die Ausschreibung bewarben sich u.a. die Antragstellerin und der Beigeladene, die in ihren letzten Regelbeurteilungen beide das Gesamturteil 8 von 9 möglichen Punkten erzielt hatten. Die Antragsgegnerin entschied sich für den Beigeladenen und teilte nach Zustimmung des Bundeskanzleramts den anderen Bewerbern mit, dass die "förderliche Besetzung" des Dienstpostens mit dem Beigeladenen zum 1. Februar 2013 geplant sei.

3

Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt und die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Sie hält die Auswahlentscheidung für rechtswidrig, weil sie nur auf einzelne Merkmale des Anforderungsprofils abstelle, ohne hierfür eine ausreichende Begründung zu geben. Darüber hinaus sei dem Beigeladenen zu Unrecht ein Vorsprung im Merkmal Führungskompetenz zugesprochen worden. Sie sei hier besser beurteilt und verfüge auch über eine längere Führungserfahrung im rechtlichen Bereich. Die ebenfalls im Anforderungsprofil geforderten Sprachkenntnisse würden aktuell nur von ihr, nicht aber vom Beigeladenen erfüllt. Sie weise auch die geforderte Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten auf, weil sie als Sachgebietsleiterin die Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe für ausländische Nachrichtendienste geplant und gesteuert habe und für die Entwicklung des AND-Policy-Konzepts zuständig gewesen sei.

4

Die Antragstellerin beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Dienstposten Referatsleiter Rechtsangelegenheiten/G 10 in der Abteilung ... mit dem Beigeladenen zu besetzen.

5

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

6

Sie verteidigt die Auswahlentscheidung. Nur der Beigeladene erfülle alle Merkmale des Anforderungsprofils vollständig. Im Übrigen könne ein Vorsprung der Antragstellerin auch im Hinblick auf das Merkmal Führungskompetenz nicht festgestellt werden. Zwar sei der Beigeladene hier etwas schlechter beurteilt; es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass er als Referatsleiter deutlich mehr Sach- und Personalverantwortung getragen und damit höhere Anforderungen zu erfüllen gehabt habe als die als Sachgebietsleiterin tätige Antragstellerin. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass die leicht schlechtere Beurteilung bei höheren Anforderungen im Vergleich mit einer leicht besseren Beurteilung bei weniger hohen Anforderungen als im Wesentlichen gleich gut einzustufen sei.

7

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

8

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Senatsakten sowie die vom Bundesnachrichtendienst übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

9

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass durch die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens mit dem Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

10

1. Der Antragstellerin steht ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Seite.

11

Zwar ist Gegenstand des Rechtsstreits nicht die Vergabe eines statusrechtlichen Amtes, die nach Ernennung des ausgewählten Bewerbers nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nur noch rückgängig gemacht werden könnte, wenn der unterlegene Bewerber unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG an der Ausschöpfung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten gehindert worden wäre (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47, jeweils Rn. 27). Die mit dem Eilantrag angegriffene Übertragung des Dienstpostens auf einen Mitbewerber kann nachträglich aufgehoben und der Dienstposten anderweitig besetzt werden, so dass der Antragstellerin auch nachgelagerter Rechtsschutz zur Verfügung steht (Beschluss vom 27. September 2011 - BVerwG 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 19).

12

Die Auswahlentscheidung ist auch nicht auf die spätere Vergabe des Beförderungsamts gerichtet. Bereits der Text der Ausschreibung nimmt ausschließlich die Vergabe eines Dienstpostens in Bezug, so dass potentielle Bewerber, deren Interesse auf eine Beförderung gerichtet ist, nicht angesprochen und von einer Bewerbung abgehalten wurden. Ausweislich der Erwägungen des Auswahlvermerks hat der Präsident des Bundesnachrichtendienstes auch tatsächlich keine Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamts getroffen, sondern allein die Besetzung des Dienstpostens geregelt.

13

Soweit die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren mitgeteilt hat, eine Beförderung des Beigeladenen sei im Falle seiner Bewährung nach rund einem Jahr beabsichtigt, fehlt es daher an einer hierauf bezogenen Auswahlentscheidung. Ob und unter welchen Voraussetzungen es zulässig wäre, mit der Dienstpostenvergabe auch eine unter der Bedingung einer erfolgreichen Erprobung (§ 22 Abs. 2 BBG, § 32 Nr. 2, § 34 Abs. 1 Satz 1 BLV) stehende Auswahlentscheidung für die erst zu einem ungewissen künftigen Zeitpunkt beabsichtigte Beförderung zu treffen, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Jedenfalls wäre der Verzicht auf ein weiteres Auswahlverfahren nur in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu der Zuweisung des Beförderungsdienstpostens denkbar, um die Aktualität der dienstlichen Beurteilungen zu wahren (Urteil vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20) und in der Zwischenzeit möglicherweise hinzukommende weitere Bewerber nicht ohne hinreichende Rechtfertigung vom Auswahlverfahren über das Beförderungsamt auszuschließen.

14

Die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe vermag die Rechtsstellung der Antragstellerin aus Art. 33 Abs. 2 GG aber dennoch zu beeinträchtigen, weil sie eine Vorauswahl für die Vergabe eines höheren Statusamts der Besoldungsgruppe A 16 trifft (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 Rn. 11 m.w.N.; hierzu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268 f.> = juris Rn. 11). Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Die Verbindlichkeit dieses verfassungsunmittelbar angeordneten Maßstabs gilt nicht nur für die unmittelbare Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne, sondern auch für vorgelagerte Auswahlentscheidungen, durch die eine zwingende Voraussetzung für die nachfolgende Ämtervergabe vermittelt und die Auswahl für die Ämtervergabe damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird (stRspr; vgl. Urteile vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3, vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 = Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 jeweils Rn. 49 und vom 26. September 2012 - BVerwG 2 C 74.10 - NVwZ 2013, 80 Rn. 18).

15

Der von der Antragsgegnerin zur Neubesetzung ausgeschriebene und mit der Besoldungsgruppe A 16 bewertete Dienstposten des Referatsleiters "Rechtsangelegenheiten/G 10" stellt für die Antragstellerin und den Beigeladenen, die beide ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 bekleiden, einen höherwertigen Dienstposten dar. Die Übertragung schafft daher die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung (§ 22 Abs. 2 BBG). Die Übertragung des höherwertigen Dienstpostens soll unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit die Prognose bestätigen, dass der Inhaber des Dienstpostens - besser als etwaige Mitbewerber - den Anforderungen des Beförderungsamtes genügen wird. Nur der erfolgreich Erprobte hat die Chance der Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten erprobt worden sind, kommen für eine Beförderung aus laufbahnrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Damit wird die Auslese für Beförderungsämter vorverlagert auf die Auswahl unter den Bewerbern um "Beförderungsdienstposten".

16

Diese Vorwirkung begründet in Fällen der Übertragung eines Beförderungsdienstpostens an einen Mitbewerber für den Unterlegenen einen Anordnungsgrund und führt dazu, dass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in diesen Fällen grundsätzlich die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Deshalb muss es den sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen gerecht werden und darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Vielmehr ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten, bei der die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannt werden dürfen (Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 12, stRspr). Wird dabei eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs festgestellt, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201> = juris Rn. 13).

17

2. Der Antragstellerin steht auch ein Anordnungsanspruch zu, weil die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin für die Vergabe des Dienstpostens den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin verletzt. Die Auswahlentscheidung beruht auf einem unzulässigen Anforderungsprofil (a) und einem fehlerhaften Leistungsvergleich (b). Es erscheint auch möglich, dass der Dienstposten im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens an die Antragstellerin vergeben würde.

18

a) Auswahlentscheidungen sind grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, die auf das Statusamt bezogen sind und eine Aussage dazu treffen, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amts und dessen Laufbahn gewachsen ist (aa). Eine Einengung des Bewerberfelds anhand der Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens ist hiermit nicht vereinbar (bb). Anderes gilt nur dann, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (cc). Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der in der Stellenausschreibung vorausgesetzten juristischen Ausbildung vor, nicht aber im Hinblick auf die geforderte Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten (dd).

19

aa) Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte oder Richter den Anforderungen seines Amts genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten oder Richtern um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat.

20

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um ein Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch).

21

Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47, jeweils Rn. 46; stRspr).

22

Der Inhalt dienstlicher Beurteilungen ist auf das Statusamt bezogen. Beurteilungen treffen eine Aussage, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen gewachsen ist, die mit den Aufgaben seines Amts und dessen Laufbahn verbunden sind. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass die Vergabe eines Statusamts nicht aufgrund der Anforderungen des Dienstpostens erfolgen soll, den der ausgewählte Bewerber nach der Vergabe des Statusamts oder vorher in einer Bewährungszeit wahrnehmen soll. Denn der ausgewählte Bewerber soll der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist.

23

Über die Eignung des Bewerberfeldes kann der Dienstherr auch in einem gestuften Auswahlverfahren befinden. Bewerber, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe von vornherein nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen werden und müssen nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (Beschluss vom 6. April 2006 - BVerwG 2 VR 2.05 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 33 Rn. 7). Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 = juris Rn. 17 und 30).

24

bb) Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr aber an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und damit, soweit eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht (vgl. Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <242> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31), auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauswahl verpflichtet (Urteil vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <153> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30). Hiermit ist eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens grundsätzlich nicht vereinbar.

25

Zwar entscheidet der Dienstherr über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten innerhalb des von Verfassung und Parlament vorgegebenen Rahmens aufgrund der ihm zukommenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 - NVwZ 2012, 368 <369>). Wie er seine Stellen zuschneidet, welche Zuständigkeiten er ihnen im Einzelnen zuweist und welche Fachkenntnisse er zur Erfüllung der daraus im Einzelnen resultierenden Aufgaben für erforderlich ansieht, fällt in sein Organisationsermessen, das gerichtlich nur auf sachfremde Erwägungen überprüfbar ist (Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 = Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6, jeweils Rn. 54). Setzt ein Dienstposten nach seiner Funktionsbeschreibung spezifische Anforderungen voraus, die der Inhaber zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Dienstaufgaben erfüllen muss, können diese Kriterien im Rahmen der Stellenausschreibung verlangt werden.

26

Die Organisationsgewalt des Dienstherrn ist aber beschränkt und an die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn - wie hier - mit der Dienstpostenzuweisung Vorwirkungen auf die spätere Vergabe des Amts im statusrechtlichen Sinne verbunden sind und die hierauf bezogene Auswahlentscheidung damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird. Diese Bindung bereits der Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe an die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG kann ein Dienstherr nur vermeiden, wenn er die Dienstpostenvergabe von der Auswahlentscheidung für die Vergabe des Statusamts entkoppelt.

27

In diesen Vorwirkungsfällen sind damit auch die Vorgaben des Anforderungsprofils den Maßstäben aus Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen. Mit dem Anforderungsprofil wird die Zusammensetzung des Bewerberfeldes gesteuert und eingeengt. Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest, an ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber um den Dienstposten gemessen. Fehler im Anforderungsprofil führen daher grundsätzlich auch zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, weil die Auswahlerwägungen dann auf sachfremden, nicht am Grundsatz der Bestenauswahl orientierten Gesichtspunkten beruhen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <270 f.> = juris Rn. 18).

28

Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG ist aber nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 - IÖD 2013, 98; zum Amtsbezug auch Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Hiermit ist nicht vereinbar, einen Bewerber vom Auswahlverfahren auszuschließen, nur weil er den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht. Dies steht mit dem Laufbahnprinzip nicht in Einklang. Danach wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind (vgl. § 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG). Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 15).

29

Eine Ausrichtung an den Anforderungen des konkreten Dienstpostens lässt überdies außer Acht, dass die Betrauung des Beamten mit einem bestimmten Dienstposten nicht von Dauer sein muss. Der Dienstherr kann den Aufgabenbereich des Beamten nach seinen organisatorischen Vorstellungen und Bedürfnissen jederzeit ändern, sofern ein sachlicher Grund hierfür vorliegt (Urteil vom 28. November 1991 - BVerwG 2 C 41.89 - BVerwGE 89, 199 = Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 34). Der ausgewählte Bewerber soll daher der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist. Schließlich ermöglicht die an den Anforderungen eines Dienstpostens orientierte Auswahlentscheidung eine vom Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung unabhängige Ämtervergabe (vgl. zur Missbrauchsgefahr derartiger Auswahlentscheidungen Urteil vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 53).

30

Die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung darf daher grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen.

31

cc) Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle.

32

Macht ein Dienstherr im Rahmen der Stellenausschreibung (vgl. zur Dokumentationspflicht Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135 = Buchholz 436.62 § 82 SGB IX Nr. 1, jeweils Rn. 23) Vorgaben für die Vergabe eines Beförderungsdienstpostens, bleiben diese für das laufende Auswahlverfahren verbindlich (Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3; zur Rügefähigkeit der Nichtbeachtung von im Anforderungsprofil vorausgesetzten Merkmalen BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 a.a.O. S. 269 bzw. Rn. 14). Unzulässig ist es insbesondere, die Auswahlkriterien nachträglich dergestalt zu ändern, dass sich der Bewerberkreis erweitern würde, ohne dass mögliche Interessenten hiervon Kenntnis erhielten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Februar 2007 - 2 BvR 2494/06 - BVerfGK 10, 355 <357 f.> = juris Rn. 7). Ob und in welchem Umfang ein Anforderungsprofil Bindungswirkung entfaltet, muss daher durch eine entsprechend § 133 BGB am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierte Auslegung ermittelt werden (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 18).

33

Hat der Dienstherr im Rahmen der Stellenausschreibung zwingende Vorgaben gemacht, die weder durch Art. 33 Abs. 2 GG noch als dienstpostenbezogene Ausnahme im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gerechtfertigt sind, ist das Auswahlverfahren fehlerhaft. Dieser Mangel kann nachträglich nicht geheilt werden, das Auswahlverfahren muss abgebrochen und die Stellenvergabe mit einer zulässigen Ausschreibung neu in Gang gesetzt werden.

34

Dienstpostenbezogene Ausnahmeanforderungen können sich insbesondere aus dem Erfordernis bestimmter Fachausbildungen ergeben (vgl. zur Fächerkombination bei Lehrern Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45, jeweils Rn. 17). Je stärker die fachliche Ausdifferenzierung der Organisationseinheiten ist und je höher die Anforderungen an die Spezialisierung der dort eingesetzten Beamten sind, desto eher kann es erforderlich werden, im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung besondere Qualifikationsanforderungen an die künftigen Stelleninhaber zu stellen. Bei technisch ausgerichteten Behörden etwa ist durchaus denkbar, dass die Aufgabenwahrnehmung bestimmter Dienstposten spezielle fachspezifische Vorkenntnisse erfordert (vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. Februar 2012 - 10 B 11334/11 - DÖD 2012, 133 für einen Fachmann auf dem Gebiet Informationstechnik und Elektronik).

35

Die Schwierigkeit, dass tatsächlich nicht alle Laufbahnangehörigen in der Lage sind, die Aufgaben jedes ihrem Statusamt zugeordneten Dienstpostens auszufüllen, nimmt durch neuere Laufbahnregelungen zu, die ursprünglich fachspezifisch ausdifferenzierte Laufbahnen zusammenfassen (vgl. § 6 Abs. 2 der Bundeslaufbahnverordnung in der Fassung vom 12. Februar 2009, BGBl I S. 284). Der höhere naturwissenschaftliche Dienst des Bundes etwa umfasst Ämter, für die unterschiedliche Ausbildungen erforderlich sind und für die bislang eigenständige Laufbahnen im biologischen, chemischen, geographischen, geologischen, geophysikalischen, informationstechnischen, kryptologischen, lebensmittelchemischen, mathematischen, mineralogischen, ozeanographischen, pharmazeutischen oder physikalischen Dienst vorgesehen waren (vgl. Anlage 4 zur BLV); entsprechendes gilt auch für den sprach- und kulturwissenschaftlichen Dienst. Angesichts der in einer Laufbahn vereinigten unterschiedlichen Fachrichtungen mit der hierzu gehörenden Spezialisierung liegt aber auf der Hand, dass ein Dienstposten Eignungsanforderungen stellen kann, die nicht von jedem Laufbahnangehörigen erfüllt werden.

36

Aus den besonderen Aufgaben eines Dienstpostens können sich auch über die Festlegung der Fachrichtung hinaus Anforderungen ergeben, ohne deren Vorhandensein die zugeordneten Funktionen schlechterdings nicht wahrgenommen werden können. Obliegt einem Dienstposteninhaber etwa das Aushandeln und Abschließen von Verträgen mit ausländischen Partnern, sind die hierfür erforderlichen Sprachkenntnisse objektiv unabdingbar. Ein Bewerber, der für das Statusamt zwar grundsätzlich hervorragend geeignet ist, die notwendigen Sprachkenntnisse aber nicht aufweist, ist zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung auf diesem Dienstposten nicht in der Lage. Die Vorgabe spezifischer Eignungsanforderungen kann hier im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung erforderlich werden. Andernfalls wäre der Dienstherr gezwungen, solche Dienstposten mit hierfür nicht geeigneten Bewerbern zu besetzen.

37

Ob die besonderen Anforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens in Ausnahmefällen auch im Rahmen des eigentlichen Leistungsvergleichs berücksichtigt werden und ggf. eine Auswahlentscheidung rechtfertigen können, die nicht dem Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung entspricht (vgl. hierzu Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 17; BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 - ZBR 2013, 126 Rn. 14 und 17), bedarf im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens keiner abschließenden Entscheidung. Die Antragstellerin und der Beigeladene sind im Wesentlichen gleich beurteilt worden. Angesichts der vorrangigen Bedeutung der dienstlichen Beurteilung für die Feststellung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 BLV) könnte derartiges insbesondere in Betracht kommen, wenn die Anforderungen des Dienstpostens eine Auswahl anhand von Kriterien erforderlich machen, die in der dienstlichen Beurteilung nicht vollständig berücksichtigt worden sind (vgl. Beschluss vom 27. September 2011 - BVerwG 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 25).

38

dd) Die in der Stellenausschreibung zwingend geforderte Befähigung zum Richteramt gemäß § 5 DRiG entspricht diesen Anforderungen. Der von der Antragsgegnerin ausgeschriebene Dienstposten "Referatsleiter Rechtsangelegenheiten/G 10" ist im Kern mit der juristischen Kontrolle nach dem G 10-Gesetz und anderen Rechtsangelegenheiten betraut. Er setzt die durch eine entsprechende Ausbildung erworbenen Kenntnisse voraus (vgl. zur Prozessführungsbefugnis auch § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO), so dass sich diese Anforderung zwingend aus dem Aufgabenbereich des Dienstpostens ergibt. Bewerber, die zwar die Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes besitzen, nicht aber die genannte juristische Qualifikation, sind zur Wahrnehmung der Kernaufgaben dieses Dienstpostens nicht geeignet.

39

Die Antragsgegnerin hat aber nicht dargetan, dass der Aufgabenbereich des ausgeschriebenen Dienstpostens die geforderte mindestens zweijährige praktische Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten zwingend erfordert (vgl. zum Maßstab auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - BVerfGK 12, 284 <289 f.> = juris Rn. 20 f.).

40

Dies ergibt sich zunächst bereits daraus, dass die "Außenvertretung in G 10-Angelegenheiten" insgesamt nur einen untergeordneten Ausschnitt der dem "Referatsleiter Rechtsangelegenheiten/G 10" zugewiesenen Fachaufgaben darstellt. Hauptauftrag des Dienstpostens ist ausweislich der Funktionsbeschreibung die Unterstützung der Abteilungsleitung in Rechtsangelegenheiten, die Bearbeitung von Rechtsangelegenheiten für die Abteilung sowie die Durchführung der juristischen Kontrolle nach dem G 10-Gesetz. Kernaufgaben sind damit die Teilnahme an Sitzungen der G 10-Kommission, die Berichterstellung für das Parlamentarische Kontrollgremium, die Erstellung von G 10-Beschränkungsanträgen, die Bearbeitung von G 10-Grundsatzangelegenheiten und abteilungsspezifischen Rechtsfragen. An diesen Hauptaufgaben sind die Eigenschaften und Fähigkeiten zu orientieren, die von einem Bewerber im Interesse der bestmöglichen Aufgabenwahrnehmung erwartet werden (Urteil vom 16. August 2001 a.a.O. S. 61 bzw. S. 3; hierzu auch Urteil vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 53, jeweils Rn. 23).

41

Im Hinblick auf diese maßgeblichen Kriterien der Funktionsbeschreibung ist die zwingende Forderung einer mindestens zweijährigen Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten nicht plausibel. Die Wahrnehmung der Außenvertretung in G 10-Angelegenheiten ist ein Randbereich der dem Dienstposten übertragenen Aufgaben, so dass nicht erkennbar ist, warum die hierfür wünschenswerten Anforderungen in der Stellenausschreibung eine derart maßgebliche Gewichtung erfahren haben. Dies gilt insbesondere, weil die Vorgabe zu einer weitreichenden und nicht am Kernbereich der Dienstaufgaben orientierten Verengung des Bewerberkreises führen kann (vgl. hierzu auch OVG Weimar, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 2 EO 293/11 - ThürVBl 2013, 79 <81>). Sie schließt auch den für die Hauptaufgaben optimal geeigneten Bewerber aus, wenn er nicht zusätzlich bereits in einer Vorverwendung praktische Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten gesammelt hat. Für eine derartig weitreichende Eingrenzung des Bewerberfeldes bietet die maßgebliche Funktionsbeschreibung des Dienstpostens keine hinreichende Grundlage.

42

Selbst wenn man auf die dem Dienstposten ebenfalls übertragene Aufgabe der "Wahrnehmung der Außenvertretung in G 10-Angelegenheiten" abstellt, ergibt sich keine andere Bewertung. Denn dem Stelleninhaber sind nicht die Außenkontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten generell zugewiesen. Sein Aufgabenbereich beschränkt sich vielmehr auf die "juristische Begleitung von AND-Besuchen zu G 10-Fragestellungen und vergleichbaren Rechtsfragen". Die Zusammenarbeit ist damit auf die Bewältigung von Rechtsfragen ausgerichtet. Aufgabe des Referates ist es dabei insbesondere, ausländischen Besuchern die dem Bundesnachrichtendienst gesetzten rechtlichen Grenzen für eine technische Aufklärung zu erläutern. Dies erfordert - wie die Antragsgegnerin selbst dargelegt hat - insbesondere die Vermittlung des spezifischen juristischen Fachwissens. Denn ausländische Nachrichtendienste unterliegen vergleichbaren Beschränkungen vielfach nicht. Hauptkriterium für diese Aufgabenstellung ist daher die Fähigkeit, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Technische Aufklärung in Deutschland darstellen und vermitteln zu können. Warum hierfür eine bereits erworbene praktische Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten unabdingbar erforderlich sein soll, ist nicht erkennbar.

43

Dass auch im Rahmen dieser Fachbetreuung "unpassende" Auftritte gegenüber den Vertretern ausländischer Nachrichtendienste vermieden werden müssen, liegt auf der Hand und ist von der Antragsgegnerin eindrücklich beschrieben worden. Die hierfür maßgeblichen Anforderungsmerkmale sind auch Gegenstand der dienstlichen Beurteilung (vgl. etwa die aufgeführten Unterpunkte "soziale Kompetenz" und "Verhandlungsgeschick") und können so bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt werden. Sie rechtfertigen indes nicht die zwingende Vorgabe einer mindestens zweijährigen Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten für die Vergabe des Dienstpostens "Referatsleiter Rechtsangelegenheiten/G 10".

44

Schließlich ist auch nicht dargetan, warum der Dienstposteninhaber die erwünschte praktische Erfahrung bereits zu seinem Dienstantritt erworben haben muss und eine entsprechende Einarbeitungszeit für ihn nicht organisierbar wäre. Angesichts der Funktionsbeschreibung ist weder ersichtlich, dass die juristische Begleitung ausländischer Besucher stets und ausschließlich durch den Referatsleiter persönlich durchgeführt werden müsste, noch dass dessen Heranführung an die praktischen Besonderheiten durch insoweit erfahrenere Mitarbeiter nicht in kurzer Zeit bewerkstelligt werden könnte.

45

b) Auch die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Erwägungen zum Leistungsvergleich der Bewerber sind fehlerhaft. Die Antragsgegnerin hat die in der Stellenausschreibung vorgegebenen Kriterien beim Vergleich der im Wesentlichen gleich beurteilten Bewerber nicht hinreichend berücksichtigt (aa) und die Aussagen der dienstlichen Beurteilung im Rahmen des Leistungsvergleichs nicht beachtet (bb).

46

aa) Der Leistungsvergleich der (nach einer zulässigen Vorauswahl verbliebenen) Bewerber muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden. Maßgebend ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil (Gesamtnote), das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr zunächst die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 17; Beschluss vom 22. November 2012 - BVerwG 2 VR 5.12 - NVwZ-RR 2013, 267 Rn. 36; BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. September 2007 - 2 BvR 1855/07 - BVerfGK 12, 106 <108 f.> = juris Rn. 8).

47

Zu einer Untersuchung der Begründungselemente gleichbewerteter Einzelkriterien ist der Dienstherr grundsätzlich nicht verpflichtet (BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 - ZBR 2013, 126 Rn. 17). Eine derartige Heranziehung von Teilelementen der Begründung widerspricht dem wertenden Charakter der dienstlichen Beurteilung als Gesamturteil (vgl. § 49 Abs. 3 Satz 1 BLV) und misst einzelnen Begründungselementen eine Bedeutung zu, die ihnen vom Beurteiler nicht zugedacht war. Ein Zwang zur vorrangigen Ausschöpfung aller Einzelfeststellungen liefe daher Gefahr, geringfügige und aus Sicht des Beurteilers möglicherweise unbedeutende Unterschiede überzubewerten.

48

Ergibt der Vergleich der Gesamturteile, dass mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. Die Entscheidung des Dienstherrn, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Jedoch muss er die dienstlichen Beurteilungen heranziehen, um festzustellen, ob und inwieweit die einzelnen Bewerber mit gleichem Gesamturteil diese Anforderungen erfüllen. Weitere Erkenntnisquellen können nur ergänzend herangezogen werden (stRspr; Urteil vom 30. Juni 2011 a.a.O. jeweils Rn. 20; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 Rn. 16).

49

Hat sich der Dienstherr vorab in der Stellenausschreibung durch die Vorgabe der beim künftigen Dienstposteninhaber erwünschten Kenntnisse und Fähigkeiten festgelegt, ist diese Entscheidung für das weitere Auswahlverfahren bindend. Der Dienstherr muss diesen Kriterien besondere Bedeutung zumessen, wenn die Bewerber im Wesentlichen gleich beurteilt sind. Aus der Stellenausschreibung muss sich ergeben, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden, und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sind, bei gleicher Eignung der Bewerber aber maßgeblich berücksichtigt werden.

50

Diesen Anforderungen genügt die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin nicht. Angesichts der Tatsache, dass die Antragstellerin und der Beigeladene im Wesentlichen gleich beurteilt waren, hätte es einer Festlegung der für die Auswahl maßgeblichen Gesichtspunkte bedurft. Diese Aufgabe vermag das in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderungsprofil schon deshalb nicht zu erfüllen, weil es eine Vielzahl zum Teil unklarer Kriterien enthält, deren Bedeutung, Gewichtung und Beziehung zueinander offenbleibt. Dem damit maßgeblichen Auswahlvermerk kann ebenfalls nicht entnommen werden, auf welche Gesichtspunkte die Auswahlentscheidung tatsächlich gestützt war.

51

bb) Insbesondere aber ist der dem Beigeladenen zugesprochene Leistungsvorsprung hinsichtlich der Führungserfahrung nicht unter Beachtung der Aussagen der dienstlichen Beurteilungen zustande gekommen. In der Merkmalgruppe Führung hat der Beigeladene sechs Mal die Einzelnote 8 Punkte erhalten, die (statusgleiche) Antragstellerin ist aber je dreimal mit 8 und mit 9 Punkten bewertet worden.

52

Soweit die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren die Auffassung vertreten hat, die schlechtere Beurteilung des Beigeladenen im Merkmal Führung sei im Hinblick auf die erhöhten Anforderungen seines Dienstpostens als im Wesentlichen gleich mit der Beurteilung der Antragstellerin einzustufen, ist dies unzutreffend. Die Argumentation überträgt den Grundsatz, dass bei gleicher Notenstufe die Beurteilung eines Beamten im höheren Statusamt grundsätzlich besser ist als diejenige eines für ein niedrigeres Statusamt beurteilten Konkurrenten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 13 m.w.N.), in unzulässiger Weise auf die unterschiedlichen Anforderungen von Dienstposten im gleichen Statusamt (vgl. hierzu Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <103> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 20).

53

Zwar sind bei der Beurteilung die Aufgaben und Anforderungen des jeweiligen Dienstpostens in den Blick zu nehmen, weil nur so geprüft und bewertet werden kann, ob der Beamte die an ihn gestellten Anforderungen erfüllt (vgl. Nr. 11.4 Satz 1 der Bestimmungen über die Beurteilung der Beamtinnen, Beamten und Beschäftigten im Bundesnachrichtendienst vom 1. Juli 2009). Bezugspunkt der Beurteilung bleibt aber der Vergleich mit den anderen Mitarbeitern derselben Besoldungsgruppe (Nr. 11.7.2 Satz 1 und Nr. 1.3 Satz 1 der Beurteilungsbestimmungen). Mit dieser Anknüpfung an das Statusamt sollen die im Wesentlichen identischen Leistungsanforderungen den Maßstab bestimmen, anhand dessen die Arbeitsqualität und die Arbeitsquantität einzustufen sind (Urteil vom 24. November 2005 - BVerwG 2 C 34.04 - BVerwGE 124, 356 <361 f.> = Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 1 Rn. 16 f.).

54

Weist ein Dienstposten daher Besonderheiten auf, die die typischerweise in der Vergleichsgruppe desselben Statusamts anzutreffenden Anforderungen übersteigen - wie im Falle des Beigeladenen die Leitung eines Referates und die damit verbundene Personalverantwortung für 27 Mitarbeiter -, ist dies bei der Leistungsbewertung zu berücksichtigen. Dementsprechend ist in der dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen die nachgewiesene Eignung zum Referatsleiter auch ausdrücklich hervorgehoben worden. Das besondere Aufgabenprofil und die insoweit gezeigten Leistungen können bei der Beurteilung berücksichtigt werden. Eine zusätzliche Berücksichtigung dergestalt, dass die bereits in Ansehung der besonderen Aufgaben des Dienstpostens vergebene Note im Merkmal Führung gegenüber einem anderen Bewerber derselben Vergleichsgruppe, dessen Dienstposten diese Besonderheiten nicht aufwies, noch einmal "aufgewertet" wird, ist aber nicht zulässig. Sie widerspricht dem mit dem Bezugspunkt Statusamt vorgegebenen Vergleichsmaßstab der Beurteilung.

55

Eine derartige "Verrechnung" liegt der Auswahlentscheidung selbst indes auch nicht zugrunde: Der maßgebliche Auswahlvermerk stellt entsprechende Erwägungen nicht an. Die dortige Annahme, der Beigeladene weise die am deutlichsten ausgeprägte Führungserfahrung auf, beruht nicht auf den in den dienstlichen Beurteilungen vergebenen Noten, sondern ausschließlich auf dem Umstand, dass der Beigeladene breitere Vorverwendungen aufweisen könne und als einziger bereits Erfahrung im Führen eines Referats gesammelt habe.

56

Damit hat die Antragsgegnerin Kriterien zur Bewertung der Führungskompetenz den Ausschlag gegeben, die nicht mit den Aussagen der dienstlichen Beurteilungen in Einklang stehen. Sie hat damit das Gebot der umfassenden inhaltlichen Auswertung und "Ausschöpfung" der letzten dienstlichen Beurteilung verletzt (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 17; Beschluss vom 22. November 2012 a.a.O. Rn. 36).

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin will im Wege der einstweiligen Anordnung verhindern, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) einen Dienstposten mit dem Beigeladenen besetzt.

2

Die Antragstellerin und der Beigeladene sind als Regierungsamtsräte (Besoldungsgruppe A 12) beim BND tätig; sie gehören der Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes an. Beide sind bislang ausschließlich in der Verwaltung des BND verwendet worden.

Die 1969 geborene Antragstellerin war nacheinander Sachbearbeiterin im Bereich Vergabewesen (1992/93), im Bereich Personalmanagement mit Zuständigkeiten für Aus- und Weiterbildung (bis April 2001), im Bereich Qualitätsmanagement und Controlling (bis März 2006) und im Bereich Personal/Haushalt. Von Februar 2010 bis März 2011 war sie in Elternzeit. Während ihrer Tätigkeit im Bereich Personalmanagement vertrat sie mehrfach den jeweiligen Sachgebietsleiter. Im Jahr 2002 erwarb die Antragstellerin in ihrer Freizeit auf eigene Kosten einen staatlich anerkannten Berufsabschluss als Controllerin.Der 1953 geborene Beigeladene war Sachbearbeiter in den Bereichen Aufwendungsersatz (1989 bis März 1992), Rechts- und Grundsatzangelegenheiten mit verschiedenen dienstrechtlichen und organisatorischen Aufgabenbereichen (bis September 1998 und ab August 2004). Von September 1998 bis Juli 2004 leitete er ein Sachgebiet mit Zuständigkeiten für Wohnungsfürsorge, Umzugskosten und Trennungsgeld.
5

In der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Juli 2009 erhielt die Antragstellerin bei einer Notenskala von 1 bis 9 Punkten die Gesamtnote 7 ("übertrifft die Anforderungen durch häufig herausragende Leistungen"). Der Beigeladene erhielt die Gesamtnote 8 ("übertrifft die Anforderungen durch ganz überwiegend herausragende Leistungen"), die nach den Beurteilungsbestimmungen des BND nur an höchstens 20 % der Beamten einer Vergleichsgruppe vergeben werden darf.

6

Im Oktober 2010 schrieb der BND den der Besoldungsgruppe A 12 zugeordneten Dienstposten "Leitung der administrativen Unterstützung des Außenstellenbetriebs" der Dienststelle des BND in B. "ämtergleich", d.h. für Beamte mit einem Amt der Besoldungsgruppe A 12 des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes aus. In der Ausschreibung werden als fachliche Hauptanforderungen Führungskompetenz, eine mindestens dreijährige Erfahrung im Verwaltungsbereich, Fachkenntnisse im Personalwesen, im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen und in der Zahlstellenverwaltung sowie die Fähigkeit und Bereitschaft zur Förderung der Gleichstellung genannt.

7

Beide Beamten bewarben sich um die Stelle, wobei die Antragstellerin als Rückkehrerin aus der Elternzeit bereits von Amts wegen in die Auswahl einbezogen war. Sie gehörten zu den Bewerbern, deren Fachkenntnisse in einem persönlichen Vorstellungsgespräch anhand von Fällen geprüft wurden. In dem Auswahlvermerk vom 7. Januar 2011 heißt es, beide erschienen hervorragend geeignet. Sie verfügten über vielfältige Erfahrungen im Bereich der Verwaltung und hätten im Vorstellungsgespräch sehr gute Fachkenntnisse unter Beweis gestellt. Für die Antragstellerin sprächen ihre Ausbildung zur Controllerin und die "etwas kommunikativere Art" im Vorstellungsgespräch.

8

Demgegenüber sprach sich der Personalrat der Zentrale des BND unter Verweis auf dessen bessere Gesamtnote in der aktuellen Beurteilung für den Beigeladenen aus. Im Hinblick darauf hat sich der BND dafür entschieden, den Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt. Sie hält die Auswahlentscheidung aus mehreren Gründen für rechtswidrig:

9

Der BND habe den Dienstposten nicht ausschreiben dürfen, sondern mit ihr als Rückkehrerin aus der Elternzeit besetzen müssen. Dies entspreche sowohl der Verwaltungspraxis des BND, Rückkehrer in den Innendienst auf freie amtsangemessene Dienstposten zu setzen, als auch dessen Richtlinien für die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aufgrund ihres Wohnorts könne sie bei einer Tätigkeit in B. Vollzeit arbeiten, weil sie dann die ganztägige Betreuung ihres Kindes sicherstellen könne. Eine Verwendung in der Zentrale des BND könne sie wegen der Entfernung zu ihrem Wohnort nur in Teilzeit wahrnehmen.

10

Sie habe auch bei einer Bewerberauswahl nach Leistungskriterien den Vorzug erhalten müssen. Beide Bewerber seien im Wesentlichen gleich beurteilt; die Noten 7 und 8 gehörten derselben Notenstufe an. Die geringfügig bessere Gesamtnote des Beigeladenen habe nicht den Ausschlag geben dürfen, weil die Antragstellerin die Anforderungen des Dienstpostens besser erfülle. Im Unterschied zu dem Beigeladenen habe die Antragstellerin Personalvorgänge bearbeitet, Haushaltsmittel bewirtschaftet und mit SAP-Modulen gearbeitet. Vor allem müsse beim Vergleich der Fachkenntnisse im Personalwesen und im Haushalts-, Kontroll- und Rechnungswesen berücksichtigt werden, dass sie über einen Berufsabschluss als Controllerin verfüge.

11

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Dienstposten "Leitung der administrativen Unterstützung des Außenstellenbetriebs" der Dienststelle B. mit dem Beigeladenen zu besetzen.

12

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

13

Die Antragsgegnerin verteidigt die Auswahlentscheidung. Der BND habe den Dienstposten aufgrund seines personalwirtschaftlichen Ermessens nach Leistungskriterien besetzen dürfen. Er habe sich für dieses Vorgehen entschieden, weil es sich um einen der wenigen Dienstposten des gehobenen Dienstes mit Leitungsfunktionen handele. Für den Beigeladenen spreche neben der besseren Beurteilungsnote vor allem die sechsjährige, überdurchschnittlich beurteilte Tätigkeit als Leiter eines Sachgebiets. Die Antragstellerin weise keine vergleichbare Qualifikation auf. Im Übrigen seien die relevanten Kenntnisse und Erfahrungen gleich zu bewerten, was durch die Ergebnisse des Vorstellungsgesprächs bestätigt worden sei.

14

Der Beigeladene stellt keinen Sachantrag.

15

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Senatsakten und die vom BND übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

16

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, kann keinen Erfolg haben.

17

In Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens besteht ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die vorläufige Besetzung des Dienstpostens verhindert werden soll. Denn ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber kann auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung sammeln, der bei einer nochmaligen Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wäre (Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43).

18

Die Antragstellerin hat aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO). Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand verletzt die Auswahl des Beigeladenen die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.

19

1. In beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten gebietet das Grundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eine umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung der Auswahlentscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur dann, wenn der ausgewählte Bewerber, womöglich nach einer Zeit der praktischen Bewährung auf dem Dienstposten, befördert werden soll. Nur in diesen Fällen muss das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernehmen (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 Rn. 32 ). Geht es nur um die Besetzung eines Dienstpostens werden keine vollendeten Tatsachen geschaffen, wenn der Dienstposten nach erfolgloser Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes mit dem ausgewählten Bewerber besetzt wird. Denn diese Besetzung kann rückgängig gemacht werden, wenn der Unterlegene im Hauptsacheverfahren obsiegt.

20

Der BND ist in verwaltungsorganisatorischer Hinsicht eine einheitliche Dienststelle. Daher stellen Dienstpostenwechsel von Beamten oder Soldaten keine Versetzungen, sondern Umsetzungen dar. Sie stehen im personalwirtschaftlichen Ermessen des Dienstherrn, das durch den Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung begrenzt wird. Ansonsten muss die Maßnahme im Einzelfall sachlich gerechtfertigt und mit den Geboten der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit vereinbar sein (stRspr; zuletzt Urteil vom 26. Mai 2011 - BVerwG 2 A 8.09 - juris Rn. 19 ). Das personalwirtschaftliche Ermessen umfasst grundsätzlich auch die Befugnis, den Dienstposten ausschließlich leistungsbezogen zu besetzen.

21

Hat sich der Dienstherr auf dieses Vorgehen festgelegt, hat er sein Ermessen dergestalt gebunden, dass er über die Umsetzung unter Beachtung der leistungsbezogenen Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG entscheiden muss (Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 19). Daraus folgt, dass jeder Bewerber einen Anspruch darauf hat, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Anspruch ist erfüllt, wenn der Dienstherr die Bewerbung ablehnt, weil er in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für besser geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen ein Bewerber eindeutig am besten geeignet ist, hat dieser einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren (Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 22). Nur unter dieser Voraussetzung hat ein Bewerber einen Anspruch auf Umsetzung auf den nach Leistungskriterien vergebenen Dienstposten. Ansonsten folgt aus einer Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs ein Anspruch auf erneute Entscheidung über die Besetzung.

22

Den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug weisen diejenigen Merkmale auf, die darüber Aufschluss geben können, in welchem Maß der Bewerber den Anforderungen des angestrebten Dienstpostens voraussichtlich gewachsen ist. Der Verfassungsgrundsatz der Förderung der Gleichberechtigung (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG) ist nicht darauf gerichtet, die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG für die Stellenvergabe generell einzuschränken. Die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen ist auch nach § 8 Satz 1 BGleiG ausdrücklich auf die Fälle gleicher Qualifikation beschränkt und greift überdies nur ein, wenn nicht in der Person des Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - juris Rn. 21 ).

23

Der Leistungsvergleich muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden. Maßgebend ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil (Gesamtnote), das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (stRspr; vgl. zuletzt Urteile vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 a.a.O. Rn. 16). Die ausschlaggebende Bedeutung des Gesamturteils ist Ausdruck des Laufbahnprinzips. Danach wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind. Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (vgl. §§ 7 bis 9 BLV).

24

Ergibt der Vergleich der Gesamturteile, dass mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie es sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beimessen. Die Entscheidung des Dienstherrn, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Jedoch muss er das Gewicht der Leistungskriterien, die er der Auswahl zwischen Bewerbern mit gleichem Gesamturteil zugrunde legt, vorrangig anhand der Aussagen in der dienstlichen Beurteilung bestimmen. Ergänzend kann er weitere Erkenntnisquellen, etwa die Ergebnisse eines Vorstellungsgesprächs heranziehen (stRspr; vgl. nur Urteile vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 45 f. und vom 30. Juni 2011 a.a.O. Rn. 16 f.).

25

Geht es ausschließlich um die Besetzung eines Dienstpostens, so kann einem Bewerber, der nicht das beste Gesamturteil des Bewerberfeldes aufweist, der Vorrang eingeräumt werden, wenn er spezifische Anforderungen des Dienstpostens voraussichtlich am besten erfüllt. Dieser Bewerber muss in Bezug auf bestimmte leistungsbezogene Gesichtspunkte, die für die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens von herausragender Bedeutung sind, in besonderem Maße geeignet sein. Auch dieses Urteil muss in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen gestützt werden. Sonstige aussagekräftige Umstände dürfen ergänzend einbezogen und gewürdigt werden, wenn sie in der Beurteilung nicht vollständig berücksichtigt sind. Je mehr das abschließende Gesamturteil eines Bewerbers abfällt, desto größer muss sein Vorsprung bei den spezifischen dienstpostenbezogenen Leistungskriterien sein, um ausgewählt werden zu können.

26

2. Nach den vorliegenden Erkenntnissen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die beabsichtigte Umsetzung des Beigeladenen auf den Dienstposten der Besoldungsgruppe A 12 bei der Dienststelle B. gegen Rechte der Antragstellerin verstößt.

27

Die Entscheidung, den Dienstposten ausschließlich nach Leistungskriterien zu vergeben, dürfte sich im Rahmen des dem BND eröffneten personalwirtschaftlichen Ermessens halten. Der BND hat angegeben, die Entscheidung habe ihren Grund darin, dass es sich um einen der wenigen Dienstposten des gehobenen Dienstes handele, der mit Leitungsbefugnissen verbunden sei. Diese Begründung ist geeignet, das Vorgehen des BND zu rechtfertigen. Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

28

Eine Verwaltungspraxis des Inhalts, Rückkehrer in den Innendienst auf einen freien oder den nächsten frei werdenden amtsangemessenen Dienstposten zu setzen, ohne Eignung und Leistungsvermögen sowie die Anforderungen des Dienstpostens in Erwägung zu ziehen, hat sich nicht feststellen lassen und wäre auch schwerlich mit einer geordneten Personalwirtschaft vereinbar. Im Übrigen könnte die Antragstellerin nicht beanspruchen, auf den Dienstposten umgesetzt zu werden, wenn der BND im Rahmen seines personalwirtschaftlichen Ermessens persönliche, insbesondere familiäre Belange zu berücksichtigen hätte. In diesem Fall müsste die Bewerberauswahl unter ganz anderen Voraussetzungen wiederholt werden, ohne dass ein Ergebnis vorhergesagt werden könnte.

29

Die Antragstellerin und der Beigeladene sind in den maßgebenden Beurteilungen (Stichtag 1. Juli 2009) nicht im Wesentlichen gleich beurteilt. Dies folgt jedenfalls daraus, dass sich die zweithöchste Gesamtnote 8, die der Beigeladene erhalten hat, von der Gesamtnote 7 abhebt, weil sie nach den Beurteilungsbestimmungen des BND vom 1. Juli 2006 in Einklang mit dem am 1. Juli 2009 bereits anwendbaren § 50 Abs. 2 BLV nur an höchstens 20 % der Beurteilten einer Vergleichsgruppe vergeben werden darf. Dagegen unterliegt die Vergabe der Gesamtnote 7 keiner Quote (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 A 7.07 - Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2 Rn. 14 f.). Den Einwendungen der Antragstellerin gegen ihre dienstliche Beurteilung braucht nach den Ausführungen auf Seite 6 der Beschlussgründe im Verfahren der einstweiligen Anordnung schon deshalb nicht nachgegangen zu werden, weil sie inhaltlich unsubstanziiert geblieben sind.

30

Der BND durfte die Auswahl des Beigeladenen auf dessen bessere Gesamtnote stützen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin in Bezug auf spezifische Anforderungen des Dienstpostens erheblich besser geeignet ist als der Beigeladene. Das der Stellenausschreibung beigefügte Anforderungsprofil zählt die Kenntnisse und Erfahrungen auf, die für die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens erforderlich sind. Die dokumentierte Auffassung des BND, sowohl der Beigeladene als auch die Antragstellerin erfüllten das Anforderungsprofil gleichermaßen "hervorragend", hält sich im Rahmen des Beurteilungsspielraums.

31

Ins Gewicht fallende Vorteile der Antragstellerin sind schon deshalb nicht zu erkennen, weil dem Beigeladenen ein Vorsprung in Bezug auf das - für den Dienstposten besonders bedeutsame - Merkmal "Führungskompetenz" zugebilligt werden kann. Nach den dienstlichen Beurteilungen hat er als Leiter eines Sachgebiets für die Dauer von ungefähr sechs Jahren überdurchschnittliche Leitungs- und Führungsqualitäten unter Beweis gestellt. Demgegenüber hat die Antragstellerin lediglich zeitweilig als Vertreterin ein Sachgebiet geleitet.

32

In Bezug auf die geforderten Fachkenntnisse im Personalwesen sind beide Bewerber gleichermaßen gut geeignet. Beide sind in diesem Bereich langjährig tätig und jeweils überdurchschnittlich gut beurteilt worden. Auch sind beiden Bewerbern aufgrund der Vorstellungsgespräche gleichermaßen sehr gute Kenntnisse im Personalwesen, im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen, in der Zahlstellenverwaltung und in Gleichstellungsfragen bescheinigt worden. In Bezug auf die zusätzliche Berufsausbildung der Antragstellerin als Controllerin ist nicht hinreichend deutlich geworden, welche dienstpostenbezogenen Vorteile sich daraus im Vergleich zum Beigeladenen ergeben.

33

Nach alledem reichen die etwas größere Verwendungsbreite der Antragstellerin und die eigenverantwortliche Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln im Bereich der Aus- und Fortbildung nicht aus, um das Abstellen auf die bessere Gesamtnote des Beigeladenen als rechtsfehlerhaft ansehen zu können.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 Halbs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen werden der Antragstellerin nicht auferlegt, weil der Beigeladene kein Kostenrisiko eingegangen ist. Die Festsetzung des Streitwertes für das Verfahren der einstweiligen Anordnung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.

Tenor

Auf die Berufung wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer, Einzelrichterin - vom 23. Juni 2015 geändert und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. August 2013 verurteilt, die Laufbahnentwicklung der Klägerin zum Stichtag 1. Oktober 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut nachzuzeichnen. Im Übrigen wird hinsichtlich der Bescheide vom 9. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2014 festgestellt, dass das Verfahren erledigt ist.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die freigestellte Klägerin wendet sich gegen ihre Laufbahnnachzeichnung für den Beurteilungsstichtag 1. Oktober 2012; hinsichtlich der Nachzeichnung zum 1. Oktober 2010 hat sie einseitig die Erledigung erklärt.

2

Die 1970 geborene Klägerin gehörte seit 1999 dem gehobenen Verwaltungsdienst im damaligen Grenzschutzpräsidium Nord an, zuletzt im Amt einer Regierungsamtfrau (BesGr A 11 BBesO), bevor sie am 2. Juli 2004 im Wege des Laufbahnwechsels in den gehobenen Polizeivollzugsdienst im Bundesgrenzschutz übernommen und zur Polizeihauptkommissarin (BesGr A 11 BBesO) ernannt wurde. Gleichzeitig wurde sie auf einen Dienstposten als stellvertretende Dienstgruppenleiterin (A 9g - 11 BBesO) beim Bundespolizeiamt … in der Bundespolizeiinspektion … umgesetzt. Für die Zeit vom 23. August bis zum 15. November 2004 war sie zum damaligen Bundesgrenzschutzpräsidium Nord mit dem Dienstort Bad Bramstedt zur Verwendung als Sachbearbeiterin im „Stab Castor“ abgeordnet. Mit Wirkung vom 7. März 2005 wurde sie zum Stab des Bundesgrenzschutzpräsidiums Nord zur Verwendung als Sachbearbeiterin im Sachbereich 42 - Personalangelegenheiten der Polizeivollzugsbeamten - abgeordnet (A 11/12 BBesO) und mit Wirkung vom 1. August 2005 auf diesen Dienstposten versetzt. Am 1. April 2007 wurde der Klägerin ein mit der Besoldungsgruppe A 11-13g BBesO bewerteter Dienstposten „Sachbearbeiterin Personal“ im neu geschaffenen Sachbereich 33 - Personal/ Aus- und Fortbildung - übertragen. Am 30. Mai 2007 wurde sie in ihr derzeitiges Amt zur Polizeihauptkommissarin BesGr A 12 BBesO befördert. Mit Wirkung vom 10. Oktober 2007 wurde die Klägerin dem „Aufbaustab der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt“ in Zugleichfunktion zugewiesen.

3

Im Zuge der Neuorganisation der Bundespolizei zum 1. März 2008 wurden das damalige Bundespolizeipräsidium Nord, zu dem die Klägerin gehörte, mit Ablauf des 29. Februar 2008 aufgelöst und die Dienstposten des Polizeivollzuges in der Personalverwaltung ersatzlos gestrichen. Die Klägerin wurde der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt zugewiesen und nahm dort weiterhin Aufgaben einer Sachbearbeiterin im neu geschaffenen Sachbereich 35 - Personalwesen – wahr, ohne dass ihr jedoch ein neuer Dienstposten übertragen worden war. Sie bewarb sich in der Folgezeit ohne Erfolg auf mehrere bei den neu gebildeten Bundespolizeibehörden ausgeschriebene Dienstposten.

4

Mit Wirkung vom 1. Juni 2009 und im Anschluss mit Wirkung vom 1. Juni 2013 wurde die Klägerin zur Stellvertreterin der Gleichstellungsbeauftragten bei der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt bestellt. Als solche wurde sie mit Verfügungen vom 9. November 2009, ausgehändigt am 24. November 2009, und vom 7. Juni 2013 zu 100% von ihren dienstlichen Tätigkeiten freigestellt.

5

Die Klägerin wurde mit Wirkung ab 3. November 2014 an die Bundespolizeiakademie in … abgeordnet und mit Wirkung ab 1. März 2015 dorthin versetzt und in einen Dienstposten als Sachbearbeiterin Fortbildung (A10-12 BBesO) eingewiesen. Mit der Versetzung wurde ihre Bestellung als Stellvertreterin der Gleichstellungsbeauftragten bei der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt aufgehoben. Inzwischen ist die Klägerin bei der Bundespolizeiakademie mit Wirkung ab 1. Juli 2016 zur Gleichstellungsbeauftragten bestellt und deshalb erneut zu 100 % von ihren dienstlichen Tätigkeiten freigestellt.

6

Nach dem Beurteilungssystem der Beklagten entsprach die Notenstufe 1 der Zahl 9 und die Notenstufe 2 den Zahlen 8 und 7. Ab 2012 gab es die Notenstufen nicht mehr, sondern nur noch die Noten 9, 8, 7 usw. Nach ihrer Beförderung wurde die Klägerin in der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2008 mit der Note „7“ beurteilt (mit der Bemerkung: „nach Beförderung auch in neuem Amt überdurchschnittliche und herausragende Leistungen“; Einzelnoten in den Leistungsmerkmalen zwischen 7 und 8, in den Befähigungsmerkmalen A oder B, bei einer Skala von A bis D). Im nachfolgenden, nicht mehr in der Personalakte vorhandenen Leistungsnachweis zum 1. Oktober 2009 erhielt sie Note „7“ (keine Einzelbewertungen), im aktuellen Leistungsnachweis zum 1. Oktober 2015 die Note „8“ (in der Bundespolizeiakademie; mit Einzelnoten zwischen 8 und 9).

7

Die Klägerin erhielt zwei Leistungsprämien (für besonders herausragende Leistungen), und zwar im September 2008 in Höhe von 1000 € und im November 2009 in Höhe von 500 € (letztere als Teamprämie).

8

Die Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei werden auf gebündelten Dienstposten geführt und in Beförderungsranglisten eingereiht, um festzustellen, wer von ihnen die nächste Beförderung erhält, für die eine Bewerbung entbehrlich ist (sog. Topfwirtschaft). Diese Listen werden jährlich bzw. nach Bedarf nach den jeweils aktuellen Regelbeurteilungen bzw. den aktuellen Leistungsnachweisen aktualisiert. Dabei erfolgt die Reihung zunächst anhand der aktuellen Note, bei gleichen Beurteilungen nach der Note der vorherigen Regelbeurteilung, bei jeweiligem Gleichstand werden sodann die Note der davor liegenden Regelbeurteilung, dann das Datum der letzten Ernennung und schließlich der Zeitpunkt der Verleihung des 1. Amtes in der Laufbahn herangezogen.

9

In der Rangfolgenliste zum 1. August 2008 wurde die Klägerin nicht aufgeführt, da ihr seinerzeit die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine Beförderung nach A 13 fehlten; fiktiv hätte sie Rangplatz 7 belegt. Zum Stichtag 1. Juli 2010 belegte sie Platz 9, zum Stichtag 1. April 2014 nahm sie Ranglistenplatz 13 ein.

10

Aufgrund der Freistellung zeichnete die Beklagte am 9. Juli 2012 die Laufbahnentwicklung der Klägerin zum Beurteilungsstichtag 1. Oktober 2010 auf der Grundlage eines Querschnitts aus ihrer Sicht vergleichbarer Polizeivollzugsbeamter/-beamtinnen nach und setzte für den Beurteilungszeitraum 1. Oktober 2008 bis 30. September 2010 die Leistungen der Klägerin fiktiv mit der Note „7“ fest.

11

Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag erläuterte die Beklagte ihr Vorgehen zur Bildung der Vergleichsgruppe im Wesentlichen wie folgt:

12

Es sei nicht möglich, für die Nachzeichnung Personen mit einem identischen Werdegang zu finden, da die Klägerin vor ihrer Freistellung keine Polizeivollzugsaufgaben wahrgenommen habe. Auch gebe es nach der Neuorganisation der Bundespolizei ausweislich des Organisations- und Dienstpostenplans keine vergleichbaren Dienstposten mehr für Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte, so dass auf den Dienstposten, den die Klägerin vor der Neuorganisation innegehabt habe, nicht abgestellt werden könne. Zudem habe die Klägerin zum Zeitpunkt der Freistellung keinen Dienstposten mehr innegehabt, jedoch sei sie unabhängig davon so gestellt worden, als hätte sie zum Zeitpunkt der Freistellung noch einen Dienstposten A 11-13 BBesO innegehabt, denn in vergleichbar gelagerten Fällen sei ebenso verfahren worden.

13

Daher sei im Rahmen des weiten Ermessensspielraums auf Beamtinnen und Beamte abzustellen, deren bisherige berufliche Laufbahnentwicklung der der Klägerin zumindest vergleichbar sei. Dabei sei es sachgerecht, auf den Zeitpunkt der Ernennung zur Polizeihauptkommissarin abzustellen und die zum Zeitpunkt der Freistellung aktuelle Beurteilungsnote zu berücksichtigen. Als Vergleichsgruppe für die Nachzeichnung seien (namentlich genannte) acht Polizeihauptkommissare und eine Polizeihauptkommissarin festgelegt worden.

14

Um eine Benachteiligung zu vermeiden, sei eine Leistungsentwicklung zu unterstellen, wie sie sich ohne die Freistellung voraussichtlich ergeben hätte, so dass sich eine deutlich überdurchschnittliche Note (7 = übertrifft die Anforderungen durch häufig herausragende Leistungen) ergeben habe. Andererseits sei auch eine Bevorzugung der Klägerin zu unterlassen. Insbesondere dürften Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte, die zum Teil 20 Jahre länger im Polizeivollzugsdienst tätig seien und in diesem Bereich über weit mehr Erfahrung als die Klägerin verfügten, nicht schlechter gestellt werden.

15

Ausweislich eines von der Beklagten im Berufungsverfahren eingereichten Nachzeichnungsvermerks vom 5. Januar 2012 waren von den in die Vergleichsgruppe aufgenommenen Personen zwei in der Regelbeurteilung 2008 ebenfalls mit 7, sechs mit 6 und im Aktuellen Leistungsnachweis 2009 drei mit 7 und fünf mit 6 beurteilt worden. Die neunte Person ist in dem Vermerk nicht enthalten. Von den beiden Personen, die - wie die Klägerin - zu den Stichtagen 1. Oktober 2008 und 1. Oktober 2009 eine 7 erhalten hatten, waren in der Regelbeurteilung zum 1. Oktober 2010 eine mit 7 und eine mit 8 beurteilt worden. Die Person, die im Aktuellen Leistungsnachweis erstmals eine 7 erreicht hatte, erhielt diese Note auch in der Regelbeurteilung 2010.

16

Die Klägerin legte gegen ihre Nachzeichnung Widerspruch ein und beantragte, die Entscheidungen aufzuheben und sie erneut zum Stichtag 1. Oktober 2010 zu beurteilen. Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend: Die Vergleichsgruppe sei erst mit mehrjähriger Verzögerung und zudem fehlerhaft sowohl hinsichtlich ihrer Anzahl als auch hinsichtlich ihrer Zusammensetzung gebildet worden. Statt einer Regelbeurteilung mit einer Bewertung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale sei ihr lediglich das Gesamturteil mitgeteilt worden. Eine solche „Regelbeurteilung“ sei ungeeignet für einen Leistungsvergleich im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG.

17

Am 15. August 2013 zeichnete die Beklagte die Laufbahnentwicklung der Klägerin zum Beurteilungsstichtag 1. Oktober 2012 auf derselben Grundlage nach und setzte für den Beurteilungszeitraum 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012 die Leistungen der Klägerin auch für diesen Zeitraum fiktiv mit der Note „7“ fest.

18

Auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie ergänzend zu ihren bisherigen Ausführungen im Wesentlichen auf ihre guten Beurteilungen bis zu ihrer Freistellung, die sich nicht in den Nachzeichnungen widerspiegelten.

19

Es sei weder ersichtlich noch dokumentiert, aufgrund welcher Überlegungen die insgesamt neun Personen zur Vergleichsgruppe genommen worden seien und warum nicht nach den Vorgaben des Innenministeriums eine Gruppe von vier bis sechs Personen zusammengestellt worden sei.

20

Die Beklagte habe bei den Vergleichspersonen fehlerhaft lediglich auf die Gesamtpunktzahl bei der Leistungsbewertung abgestellt. Es sei vielmehr jedes einzelne Wertungsmerkmal aller Beurteilungen zu betrachten.

21

Von den neun herangezogenen Vergleichspersonen schieden sechs aus, weil sie einen geringerwertigen Dienstposten bekleideten, zum maßgeblichen Stichtag (1. November 2009) schlechtere Beurteilungen als sie erhalten hätten oder in besonderer Funktion verwendet würden.

22

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die fiktive Nachzeichnung ihrer Laufbahnentwicklung vom 9. Juli 2012 zum Stichtag 1. Oktober 2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihre bisherigen Ausführungen und führte ergänzend aus, dass es sich bei der Nachzeichnung nicht um eine reale dienstliche Beurteilung im Sinne der laufbahnrechtlichen Bestimmungen handele. Daher seien nicht zwingend einzelne Leistungs- und Befähigungsmerkmale zu bewerten. Die Nachzeichnung habe keinen dienstlichen Bestand und sei daher auch nicht zur Personalakte zu nehmen.

23

Ein etwaiger Mangel fehlender Rechtzeitigkeit könnte auch durch die Bildung einer neuen Vergleichsgruppe nicht mehr behoben werden. Bei der Zusammenstellung der Vergleichsgruppe sei der der Klägerin erst im November 2011 eröffnete Aktuelle Leistungsnachweis zum Stichtag 1. Oktober 2009 als Grundlage mit herangezogen worden, so dass erst danach die Vergleichsgruppe habe gebildet werden können.

24

Es sei nicht zu erkennen, dass der Klägerin ein Anspruch auf Bildung einer anderen als der vorliegenden Vergleichsgruppe zustehe. Zum einen gebe es für Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte keine Dienstposten mehr gebe, die mit dem vergleichbar seien, den die Klägerin vor Beginn der Neuorganisation wahrgenommen habe. Zum anderen habe die Klägerin nur einen Anspruch auf Übertragung eines ihrem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechenden, nach A 12 BBesO bewerteten, Dienstpostens. Die von dem Einzelnen wahrgenommene Aufgabe sei zudem nicht Grundlage der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung. Mangels anderer geeigneter Kriterien sei auf das Statusamt, den Zeitpunkt der letzten Ernennung und die Gesamtnote der letzten Beurteilung abgestellt worden. Im Übrigen verfügten fünf der Vergleichspersonen über einen Dienstposten mit der Rahmenbewertung A 11-13g BBesO.

25

Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage erhoben, im Hinblick auf die Nachzeichnung der Beurteilung zum 1. Oktober 2012 als Untätigkeitsklage. Im Wesentlichen unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens hat sie vertiefend zur fehlenden Vergleichbarkeit der ausgewählten Vergleichspersonen ausgeführt: Sie habe seit März 2005 keine typische Polizeivollzugstätigkeit verrichtet, so dass ihre Tätigkeit nicht mit der Tätigkeit solcher Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten vergleichbar sei, deren Aufgaben - wie bei den neun Vergleichspersonen - im operativen Bereich lägen. Mit ihr vergleichbar wären nur die ausreichend vorhandenen Beamtinnen und Beamten, die im Stabsbereich der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt ebenfalls reine Verwaltungsaufgaben versähen.

26

Die Klägerin hat beantragt,

27

die Bescheide vom 9. Juli 2012 und vom 15. August 2013 und den Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2014 aufzuheben und

28

die Beklagte zu verurteilen, sie durch neue fiktive Nachzeichnungen zu den Stichtagen 1. Oktober 2010 und 1. Oktober 2012 zu beurteilen (Regelbeurteilungen).

29

Die Beklagte hat beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Sie hat die Auffassung vertreten, dass, soweit sich die Klägerin gegen die fiktive Nachzeichnung ihrer Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2012 wende, es an einem abgeschlossenen Vorverfahren fehle. Im Übrigen habe die Klägerin ihr Klageziel bereits erreicht, da sie die entsprechenden Nachzeichnungen ihrer dienstlichen Regelbeurteilungen erhalten habe. In der Sache hat die Beklagte ihre bisherigen Ausführungen wiederholt und vertieft.

32

Mit Urteil vom 23. Juni 2015 hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht – 12 Kammer, Einzelrichterin - die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen:

33

Die Klage gegen die fiktive Nachzeichnung der Laufbahnentwicklung zum Stichtag 1. Oktober 2012 sei als Untätigkeitsklage zulässig, da sich die Beteiligten nicht über eine Aussetzung verständigt hätten.

34

Die Klage sei jedoch nicht begründet. Es sei ausreichend, allein das Gesamturteil nachzuzeichnen, zumal fiktive Erwägungen ihrer Natur nach umso problematischer seien, je mehr sie ins Einzelne gingen. Zudem wäre die Nachzeichnung sämtlicher Leistungs- und Befähigungsmerkmale mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Desweiteren komme es für den Platz auf der Beförderungsrangfolgenliste vorrangig auf die im Statusamt zuletzt erzielte Gesamtnote und nicht auf die im Rahmen der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung erzielten Einzelnoten an.

35

Die Vergleichsgruppe sei mit neun Personen (ohne die freigestellte Klägerin) hinreichend groß. Der berufliche Werdegang und das Leistungsbild der ausgewählten Vergleichspersonen seien mit denjenigen der Klägerin vergleichbar. Den personalführenden Stellen stehe bei der Vergleichsgruppenbildung ein weiter, lediglich durch das Willkürverbot begrenzter Ermessensspielraum zu. Die von der Beklagten herangezogenen Vergleichskriterien - Statusamt, Zeitpunkt der letzten Ernennung und Gesamtnote der letzten Beurteilung, einschließlich Berücksichtigung des Aktuellen Leistungsnachweises 2009 - seien sachgerecht. Nach dem Erlass des Bundespolizeipräsidiums vom 13. Juni 2009 kämen zwar weitere Vergleichskriterien - Dienstposten, Funktion sowie Geburts- und Einstellungsjahrgang - in Betracht. Dass die Beklagte die Funktion bzw. die Verwendung nicht als Vergleichskriterium berücksichtigt habe, sei aber nicht willkürlich. Denn in der Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten habe es, als die Klägerin von ihren dienstlichen Aufgaben freigestellt worden sei, keine unmittelbar vergleichbaren Beamtinnen und Beamten im Amt einer Polizeihauptkommissarin bzw. eines Polizeihauptkommissars gegeben, die eine ähnliche berufliche Entwicklung wie die Klägerin genommen hätten, insbesondere erst 2004 aus dem gehobenen Verwaltungsdienst in den gehobenen Polizeivollzugsdienst gewechselt und weniger als ein Jahr im Polizeivollzug tätig gewesen seien. Mit Blick auf ihre Tätigkeit als Personalsachbearbeiterin sei sie auch nicht mit Angehörigen des - nichttechnischen - Verwaltungsdienstes zu vergleichen. Auf den Dienstposten habe die Beklagte schon deshalb nicht abstellen können, weil die Klägerin seit der Neuorganisation der Bundespolizei bis zu ihrer Freistellung keinen Dienstposten mehr innegehabt habe, sondern im personellen Überhang geführt worden sei. Im Übrigen spiele es für die Fortschreibung der Beurteilung keine Rolle, ob der Klägerin vor oder in der Freistellungsphase ein bestimmter Dienstposten hätte übertragen werden müssen. Der Beurteilungsmaßstab richte sich unabhängig davon nach ihrem Statusamt als Polizeihauptkommissarin.

36

Lege man die für die Beklagte maßgeblichen Vergleichskriterien zugrunde, sei die Klägerin mit den genannten neun Vergleichspersonen vergleichbar: Diese gehörten zum maßgeblichen Zeitpunkt der Freistellung ebenso wie die Klägerin der Besoldungsgruppe A 12 an, seien auch in der Zeit von 2005 bis 2007 zur Polizeihauptkommissarin bzw. zum Polizeihauptkommissar ernannt worden und hätten in der letzten Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2008 sowie im Aktuellen Leistungsnachweis zum 1. Oktober 2009 vergleichbare Gesamtnoten erhalten, nämlich zwischen 6 und 8. Die Beklagte habe auch nicht zu viele Vergleichspersonen herangezogen, die schlechter als die Klägerin beurteilt worden seien. So hätten die vergleichsweise herangezogenen Beamten/Beamtinnen 2008 durchschnittlich die Note 6,4 und 2009 die Note 6,8 erzielt. Der Durchschnitt habe daher nur geringfügig unter der von der Klägerin 2008 und 2009 erzielten Gesamtnote 7 gelegen. Die von den Vergleichspersonen zu den Stichtagen 1. Oktober 2010 und 1. Oktober 2012 erzielten Noten hätten durchschnittlich bei ca. 6,8 bzw. 7,4 gelegen. Diesem Durchschnitt entspreche die der Klägerin zu den beiden Stichtagen jeweils zuerkannte Gesamtnote 7. Die Klägerin könne nicht verlangen, im Wege der fiktiven Laufbahnnachzeichnung von den herausragenden Leistungen einzelner Beamter ihrer Vergleichsgruppe zu profitieren. Die Vergleichsbeamten, die zum Stichtag 1. Oktober 2012 Gesamtnoten von 8 bzw. 9 erzielt hätten, hätten im Gegensatz zur Klägerin bereits im Rahmen des Aktuellen Leistungsnachweises 2009 die Note 8 erhalten. Auch hätten nicht alle Vergleichspersonen nach 2009 ihre Leistungen steigern können.

37

Der nachgezeichnete Zeitraum sei nicht so lang, dass es an einer belastbaren Tatsachengrundlage für eine Einschätzung der Leistungsentwicklung der Klägerin fehle.

38

Einer ggf. verspäteten Laufbahnnachzeichnung fehle nicht von vornherein der Aussagewert. Auch könne ein unterstellter Verstoß gegen die Pflicht zur Bildung der Vergleichsgruppe zu Beginn der Freistellung selbst im Falle einer Neuerstellung der Nachzeichnung nicht mehr behoben werden

39

Mit ihrer hiergegen vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihre bisherigen Ausführungen zur Vergleichsgruppenbildung. Sie verweist auf den Dienstpostenplan, den Organisationsplan und den Statusplan 2007 und hält danach die Auffassung des Verwaltungsgerichts für widerlegt, dass es keine Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten in vergleichbaren Dienstposten als Sachbearbeiter/in gebe bzw. gegeben habe; um die konkrete Tätigkeit im Personalwesen gehe es nicht. Zwei der benannten Vergleichsbeamten seien mit ihr nicht vergleichbare Kommandanten, die über § 24 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BPolLV aF (heute: § 12 Abs. 1 iVm Anlage 2 BPolLV) für besondere Fachverwendungen unmittelbar auf ihren jetzigen Dienstposten eingestellt worden seien mit nur nautischer und ohne Polizeiausbildung.

40

Die Klägerin beantragt,

41

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer, Einzelrichterin - vom 23. Juni 2015 zu ändern und den Bescheid vom 15. August 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Laufbahnentwicklung der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zum Stichtag 1. Oktober 2012 erneut nachzuzeichnen

42

sowie hinsichtlich der Bescheide vom 9. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Februar 2014 deren Erledigung festzustellen.

43

Die Beklagte widerspricht dem Erledigungsantrag und beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Sie hält ihre Nachzeichnungen für rechtmäßig und meint, zum Beurteilungsstichtag 2010 hätte keine Regelbeurteilung erstellt werden können.

Entscheidungsgründe

46

Die Berufung ist begründet. Die angegriffene Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte war insoweit unter Aufhebung des Bescheides vom 15. August 2013 zu verurteilten, die Laufbahnentwicklung der Klägerin zum Stichtag 1. Oktober 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut nachzuzeichnen (2). Hinsichtlich der Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010, die Gegenstand der Bescheide vom 9. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2014 ist, ist das Verfahren erledigt. Da die Beklagte der Erledigungserklärung widersprochen hat, war dies festzustellen (1).

47

1. Auf die einseitige Erledigungserklärung der Klägerin in Bezug auf die Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010 und die diese betreffenden Bescheide ist insoweit die Erledigung des Verfahrens festzustellen. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens hinsichtlich der Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010 und der dieser Nachzeichnung zugrundeliegenden Vergleichsgruppenbildung ist nicht mehr das ursprüngliche Begehren der Klägerin, sondern ihr Antrag festzustellen, dass insoweit das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist. Der Übergang vom ursprünglichen Klageantrag zum Erledigungsfeststellungsantrag ist nicht den Einschränkungen nach §§ 91, 125 Abs. 1 VwGO unterworfen. Die Klägerin könnte sogar noch in einem Revisionsverfahren die Hauptsache für erledigt erklären, selbst wenn die Erledigung bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens eingetreten wäre (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 12. April 2001 – 2 C 16.00 – Rn. 11 und 12 mwN).

48

Die einseitig gebliebene Erledigungserklärung führt zur Erledigungsfeststellung, weil ausgehend von dem ursprünglichen Antrag objektiv ein erledigendes Ereignis eingetreten ist und die Beklagte kein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung hat.

49

Das von der Klägerin hinsichtlich der Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010 und der dieser Nachzeichnung zugrundeliegenden Vergleichsgruppenbildung betriebene Klageverfahren hat sich während des Berufungsverfahrens erledigt. Das ist der Fall, wenn der Kläger oder Antragsteller infolge eines nachträglich eingetretenen Ereignisses sein Rechtsschutzbegehren nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg weiterverfolgen kann, weil diesem rechtlich oder tatsächlich die Grundlage entzogen ist. Hier ist dem ursprünglichen Rechtsschutzziel der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht die Grundlage entzogen. Die Klägerin hatte ursprünglich für diesen Stichtag eine neue Nachzeichnung und eine andere Vergleichsgruppenbildung erreichen wollen, um ihre Chancen bei der nächsten Beförderungsrunde zu erhöhen.

50

Da die Beklagte ihre Rangfolgenliste zu den Regelbeurteilungsstichtagen aktualisiert und dabei die letzten drei Regelbeurteilungen den Ausschlag geben, stellt sie im Oktober 2016 (ggfs. mit etwas zeitlicher Verzögerung) ergänzend nur noch auf die vorangehenden Regelbeurteilungen zu den Stichtagen 1. Oktober 2014 und 1. Oktober 2012 ab, wobei sie seit dem 1. Oktober 2015 (ggfs. mit etwas zeitlicher Verzögerung) insoweit vorrangig auf den aktuellen Leistungsnachweis zu diesem Stichtag abstellt. Dementsprechend kommt der Leistungsnachzeichnung zum 1. Oktober 2010 im Rahmen der derzeitigen Beförderungspraxis der Beklagten keine Bedeutung mehr zu.

51

Die Vorgehensweise der Beklagten, bei Beförderungen Ranglisten nach den dargestellten Kriterien zu bilden, dürfte zwar rechtlichen Bedenken unterliegen. Für den Leistungsvergleich ist bei gleicher Gesamtnote der aktuellen dienstlichen Beurteilung, diese vorrangig weiter auszuschöpfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2012 - 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 58 ff., sowie allgemein zu den einschränkenden Voraussetzungen der Zulässigkeit gebündelter Dienstposten: Rn. 53 ff.), bevor auf weitere Kriterien, zu denen zwar vorrangig die vorherigen Beurteilungen gehören, zurückgegriffen werden darf. Dies führt indes zu keinem anderen Ergebnis, denn auch bei einer solchen Vorgehensweise, käme es auf eine Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010 nicht mehr an. Nach Art. 33 Abs. 2 GG sollen dienstliche Beurteilungen Grundlage für künftige Auswahlentscheidungen sein und daher eine möglichst lückenlose Leistungsnachzeichnung gewährleisten. Werden während des Beurteilungszeitraumes keine dienstlichen Leistungen erbracht, die Grundlage einer Beurteilung sein könnten, so kann der Dienstherr Benachteiligungen der betroffenen Beamtinnen und Beamten dadurch ausschließen, dass er die Fortschreibung vergangener Beurteilungen durch eine fiktive Nachzeichnung des beruflichen Werdeganges der freigestellten Beamtinnen und Beamten vorsieht. Dies geschieht jedoch herkömmlich durch Nachzeichnung für den gesamten Freistellungszeitraum im Rahmen einer Auswahlentscheidung und nicht für einzelne Zeiträume.

52

Dies beruht auf Folgendem:

53

Auswahlentscheidungen sind zwar in erster Linie aufgrund aktueller dienstlicher Beurteilungen zu treffen. Ältere Beurteilungen können aber zusätzlich berücksichtigt werden. Als Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung Aufschluss geben, sind sie vor Hilfskriterien heranzuziehen. Sie können vor allem bei einem Vergleich von Bewerbern bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung in einem Beförderungsamt ermöglichen. Das kommt namentlich dann in Betracht, wenn frühere Beurteilungen positive oder negative Aussagen über Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen sowie deren voraussichtliche weitere Entwicklung enthalten. Derartige Äußerungen, insbesondere bei einer Gesamtwürdigung der vorhandenen dienstlichen Beurteilungen erkennbare positive oder negative Entwicklungstendenzen, können vor allem bei gleichwertigen aktuellen Beurteilungen von Bewerbern den Ausschlag geben (vgl. grundlegend: BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2002 - 2 C 31.01 - LS 2 und Rn. 15, seitdem stRspr.: ihre zusätzliche Berücksichtigung bei der Auswahl ist deswegen mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG geboten, wenn eine Stichentscheidung unter zwei oder mehr aktuell im Wesentlichen gleich beurteilten Beamten zu treffen ist).

54

Dies kann eine Nachzeichnung nicht leisten. Sie kann allenfalls ein Gesamturteil im Sinne einer Gesamtnote fortschreiben. Aussagen über Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen können nur Beurteilungen realer und nicht fiktiver dienstlicher Leistungen abgeben, denn die freigestellte Beamtin erwirbt keine weiteren Kenntnisse und neuen Fähigkeiten, sie hat keine weiteren Verwendungen, ihre Leistungen werden lediglich fingiert. Der Dienstherr kann zwar auch dem Gesichtspunkt einer zu erwartenden Leistungssteigerung im Rahmen des Vertretbaren Rechnung tragen. Verlangt das Laufbahnrecht aber, dass sich der Beamte vor einer Beförderung auf einem höherwertigen Dienstposten bewährt hat (sog. Erprobung, vgl. etwa § 32 Nr. 2, § 34 BLV), kann dies deshalb grundsätzlich nicht durch eine Nachzeichnung ersetzt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - BVerwG 2 B 1.13 - LS 2 und Rn. 8 ff.; zu den engen Ausnahmen: BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 – 2 C 13.05 – Rn. 20 und Beschluss vom 25. Juni 2014 - BVerwG 2 B 1.13 - Rn. 16). Insofern hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die einzelnen, in der Beurteilung vorgesehenen Leistungs- und Befähigungsmerkmale nicht fortzuschreiben sind; dies ist rechtlich nicht möglich.

55

Kann also nur ein durch die letzte(n) dienstliche(n) Beurteilung(en) festgestellter Leistungsstand in begrenztem Umfang fortgeschrieben werden, gibt es keinen Grund dafür, dies für einzelne Zeiträume zu machen, wenn aus ihnen keine zusätzlichen Erkenntnisse für die Auswahlentscheidung gewonnen werden können. Eine Ausnahme mag in Fällen wie dem vorliegenden gelten, in denen freigestellte Beamtinnen und Beamte einen Nachteil erleiden würden, wenn für sie einzelne Zeiträume nicht nachgezeichnet werden, obwohl der Dienstherr hierauf nach seiner derzeitigen Beförderungspraxis maßgeblich abstellt. Insofern ist aber für den hier für erledigt erklärten ersten Zeitraum festzustellen, dass der Dienstherr auf Nachzeichnungen (oder Beurteilungen) für diesen Zeitraum nicht mehr abstellt.

56

Die Nachzeichnung selbst ist – darauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen – nicht personalaktenfähig. Sie ersetzt keine dienstliche Beurteilung und ist nur für die konkrete Auswahlentscheidung von Bedeutung. Etwas anderes mag zwar der Dienstherr in seinen Beurteilungsrichtlinien (oder der Normgeber in der Bundeslaufbahnverordnung) vorsehen (zur Zulässigkeit einer solchen Regelung vgl. Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes zur Geschlechtergerechtigkeit bei dienstlichen Beurteilungen von Beamtinnen und Tarifbeschäftigten vom 22. April 2015), dies ist indes nicht geschehen. Daher wird die Nachzeichnung für den ersten Zeitraum nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens zu vernichten und nicht zur Personalakte zu nehmen sein.

57

Damit ist zugleich hinsichtlich der der Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010 zugrunde liegenden Vergleichsgruppenbildung Erledigung eingetreten. Denn diese hatte nur für die erledigte Nachzeichnung rechtliche Relevanz. Zwar hat die Beklagte bei der Nachzeichnung zum nachfolgenden Stichtag weiterhin auf die gleiche Vergleichsgruppe abgestellt. Ob dies rechtmäßig war, ist indes nach den für den nachfolgenden Regelbeurteilungszeitraum bis zum 1. Oktober 2012 geltenden neuen Beurteilungsrichtlinien zu beurteilen, die – anders als die vorher geltenden Richtlinien – eine ausdrückliche Regelung über die Art der Nachzeichnung und die Vergleichsgruppenbildung enthalten (dazu sogleich unter 2).

58

Da die Klage (und die Berufung) ursprünglich zulässig war(en), muss die Frage, ob ein Erledigungsausspruch nur erfolgen darf, wenn dies der Fall war, nicht entschieden werden. Darauf, ob der ursprünglich erhobene Antrag begründet war, kommt es für den Erfolg des Feststellungsantrags nicht an (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. April 1989 – 9 C 61.88 –, juris Rn. 10 und vom 1. September 2011 – 5 C 21.10 - juris Rn. 14, beide mwN). Dies bedeutet, dass entgegen der Ansicht der Beklagten die Hauptsacheerledigung hier festzustellen ist, ohne dass noch zu prüfen wäre, ob die ursprüngliche Klage begründet war.

59

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert die Feststellung der Hauptsacheerledigung auf die einseitige Erledigungserklärung der Klägerseite hin zwar dann die Überprüfung der Zulässigkeit und der Begründetheit des ursprünglichen Klagebegehrens, wenn die Beklagtenseite sich für ihren Widerspruch gegen die Erledigungserklärung und ihr Festhalten an ihrem bisherigen Antrag auf ein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung berufen kann, dass die Klage vor ihrer Erledigung unzulässig oder unbegründet war. Die Beklagte verfügt jedoch nicht über ein solches nach den Maßstäben des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Sachentscheidung (zu dieser Voraussetzung vgl. BVerwG, Urteile vom 25. März 1981 - 8 C 85.80 juris Rn. 14 mwN, vom 31. Oktober 1990 - 4 C 7.88 - juris Rn. 21 mwN, zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 1. September 2011 – 5 C 21.10 - juris Rn. 14 mwN). Die Vertreterin der Beklagten hat insoweit in der mündlichen Verhandlung allein geltend gemacht, dass die Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2010 und die ihr zugrunde liegende Vergleichsgruppenbildung rechtmäßig waren. Das damit allein angeführte Interesse an der Klärung einer - im konkret zu beurteilenden Fall erledigten - Rechtsfrage vermag einen solchen Ausnahmefall grundsätzlich nicht zu begründen (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. April 1988 - BVerwG 9 C 1.87 - Buchholz 402.25 § 28 AsylVfG Nr. 13 und vom 3. Juni 1988 - BVerwG 8 C 18.87 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 181).

60

2. Die mit dem angegriffenen Bescheid vom 15. August 2013 erfolgte fiktive Nachzeichnung zum Stichtag 1. Oktober 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, so dass diese aufzuheben und die Beklagte zu verurteilten ist, die Laufbahnentwicklung der Klägerin zu diesem Stichtag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut nachzuzeichnen.

61

Für den Regelbeurteilungszeitraum bis zum 1. Oktober 2012 galten bei der Beklagten neue Beurteilungsrichtlinien, die – anders als die vorher geltenden Richtlinien – eine ausdrückliche Regelung über die Art der Nachzeichnung enthalten.

62

Vorher waren allgemeine Ausführungen zur Nachzeichnung nur in verschiedenen Erlassen enthalten, die weitegehend mit der seinerzeit geltenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Bundeslaufbahnverordnung (vom 14. Juli 2009, gültig vom 31. Juli 2009 bis zum 4. September 2013, Bundesministerium des Innern - D 2 - 216 102/48 -) wortgleich übereinstimmten und lediglich eine Vergleichsgruppenbildung vorsahen, aber im Übrigen der jeweiligen Dienststelle einen weiten Spielraum sowohl bei der Zusammensetzung der Vergleichsgruppe als auch hinsichtlich des weiteren Vorgehens beließen. Insoweit hieß es in der seinerzeit geltenden AV zur BLV zu § 33 unter Nr. 2 (die derzeit geltende AV zur BLV ist insoweit im Wesentlichen inhaltsgleich):

63

Bei der Auswahl des Personenkreises, der vergleichend herangezogen wird, steht dem Dienstherrn ein weites Ermessen zu. Er kann dabei in typisierender Weise vorgehen und den Verwaltungsaufwand in praktikablen Grenzen halten sowie die Erörterung von Personalangelegenheiten anderer Beamter auf das unvermeidliche Maß beschränken (vgl. BVerwG, U. v. 10.04.1997, 2 C 38.95, ZBR 98, 46). Als Vergleichskriterien kommen - ggf. auch kumulativ - unter anderem die Besoldungsgruppe, die letzte Beurteilungsnote, der Dienstposten, die Funktion sowie der Geburts- oder Einstellungsjahrgang in Betracht. Maßstab für die fiktive Beurteilungsnachzeichnung ist weder der einzelne „Überflieger“ (vgl. OVG Saarland, U. v. 18.04.2007, 1 R 19/05, NVwZ-RR 07, 793) noch der einzelne „Ausreißer“ nach unten. Entscheidend ist vielmehr die Entwicklung in der überwiegenden Mehrheit der vergleichbaren Fälle.

64

Demgegenüber hat die Beklagte in ihrer für den Regelbeurteilungszeitraum zum Stichtag 1. Oktober 2012 geltenden Beurteilungsrichtlinie vom 4. September 2012 (vgl. Ziff. I. 8. des Erlasses des BMI - B 1 - 660 233-1) Ziffer 3.6. neu eingefügt und dort unter anderem eine ausdrückliche Regelung für die Vergleichsgruppenbildung und das weitere Vorgehen vorgeschrieben:

65

3.6.2 Zur Bestimmung der der Fortschreibung zugrunde liegenden Vergleichsgruppe sind Besoldungsgruppe, Beurteilungsnote und Funktion als Vergleichskriterien heranzuziehen. Das Heranziehen weiterer Vergleichskriterien ist möglich. Die Bildung der Vergleichsgruppe erfolgt durch die personalverwaltende Stelle und soll zum Zeitpunkt des Beginns der Freistellung, der Beurlaubung bzw. der Elternzeit abgeschlossen sein. Die Vergleichspersonen sind mittels Personalkennzahlen aktenkundig zu machen.

66

Den freigestellten/beurlaubten Beamtinnen und Beamten können auf Verlangen die der Vergleichsgruppenbildung zugrunde liegenden Auswahlkriterien mitgeteilt werden.

67

3.6.3 Die fiktive Fortschreibung erfolgt aufgrund einer Gesamtbetrachtung der Vergleichsgruppe durch Bildung einer Gesamtnote. Die Fortschreibung ist einer Regelbeurteilung gleichgesetzt.

68

Diese Regelungen sind grundsätzlich nicht zu beanstanden. Entscheidet sich der Dienstherr für die fiktive Nachzeichnung durch Bildung einer Vergleichsgruppe, muss er sicherstellen, dass sowohl die generellen Kriterien für die Gruppenbildung als auch deren personelle Zusammensetzung im Einzelfall dem gesetzlichen Benachteiligungsverbot Rechnung tragen. Von der Zusammensetzung der konkreten Vergleichsgruppe hängt entscheidend ab, wie groß die Chancen der freigestellten Beamtin sind, aufgrund der Vergleichsbetrachtung mit den anderen Gruppenmitgliedern befördert zu werden. Daher darf der Dienstherr die Vergleichsgruppe grundsätzlich nicht so zusammenstellen, dass eine Beförderung der freigestellten Beamtin unabhängig von dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang der anderen Gruppenmitglieder ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 2 B 11.14 – juris Rn. 14, 15).

69

Bei der Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung darf der Dienstherr in typisierender Weise vorgehen und den Verwaltungsaufwand zur Ermittlung einer fiktiven Laufbahnentwicklung in praktikablen Grenzen halten sowie die Erörterung von Personalangelegenheiten anderer Beamtinnen und Beamten auf das unvermeidliche Maß beschränken. Die fiktive Laufbahnnachzeichnung muss den beruflichen Werdegang der freigestellten Beamtin wie den Werdegang vergleichbarer Beamtinnen und Beamten behandeln, die weder freigestellt noch beurlaubt sind. Das bedeutet, dass der Dienstherr ausgehend von der letzten dienstlichen Beurteilung der Beamtin eine Vergleichsgruppe mit solchen anderen Beamtinnen und Beamten bilden muss, die zum selben Zeitpunkt (Beginn der Beurlaubung) derselben Besoldungsgruppe angehörten, eine vergleichbare Tätigkeit ausübten und vergleichbar beurteilt waren. Sodann ist zu ermitteln, wie sich diese Beamten durchschnittlich seitdem weiterentwickelt haben. In diesem Maß darf unterstellt werden, dass auch diejenige Beamtin, deren beruflicher Werdegang fiktiv nachzuzeichnen ist, sich entwickelt hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010 - 2 C 11.09 - juris, Rn. 9; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20. August 2012 - 2 B 10673/12 -, juris, Rn. 16, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Oktober 2012 – 1 B 681/12 –, Rn. 18, juris). Genau diese Vorgehensweise hat die Beklagte in ihren Beurteilungsrichtlinien verbindlich festgeschrieben.

70

Ein Abweichen sämtlicher Dienststellen der Beklagten im Bundesgebiet von den Regelungen in Ziff. 3.6.2 und 3.6.3 der Beurteilungsrichtlinie ist weder vorgetragen noch gibt es hierfür Anhaltspunkte. Vielmehr wollte der Dienstherr mit diesen Regelungen ein bundesweit einheitliches Vorgehen bei fiktiven Nachzeichnungen gewährleisten. Dementsprechend kann die Klägerin aus Gründen der Gleichbehandlung die Anwendung dieser Regelungen für ihre Nachzeichnung verlangen.

71

Nach Ziff. 3.6.2 Satz 1 der Beurteilungsrichtlinie sind für die Bildung der Vergleichsgruppe Besoldungsgruppe, Beurteilungsnote und Funktion als Vergleichskriterien heranzuziehen. Nach Satz 2 ist das Heranziehen weiterer Vergleichskriterien möglich. Das Wort „sind“ in Satz 1 zeigt (auch im Vergleich zu Satz 2), dass hiervon Ausnahmen nicht möglich sind, denn ansonsten wäre eine Sollvorschrift gewählt worden oder – noch weniger bindend - die bisherige Formulierung aus der Erlasslage und der AV zur Bundeslaufbahnverordnung in die Beurteilungsrichtlinie übernommen worden.

72

Abgestellt hat die Beklagte in der angegriffenen Nachzeichnung zum 1. Oktober 2012 auf das Statusamt (die Besoldungsgruppe), eine im Durchschnitt der Vergleichsgruppenmitglieder ähnliche Gesamtnote und das letzte Ernennungsdatum. Da nach Ziff. 3.6.2 der Beurteilungsrichtlinie zur Bestimmung der der Fortschreibung zugrunde liegenden Vergleichsgruppe Besoldungsgruppe, Beurteilungsnote und Funktion als Vergleichskriterien heranzuziehen sind, kann diese Nachzeichnung keinen Bestand haben und die Beklagte ist zur Neuerstellung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (und vorrangig unter Beachtung ihrer eigenen Beurteilungsrichtlinie) zu verpflichten.

73

a) Bereits eine Note konnte die Beklagte nicht zugrunde legen, da sie vorher die Regelbeurteilung für den Zeitraum bis zum 30. September 2010 hätte erstellen müssen. Dies folgt aus Ziff. 3.1. der bis zum 30. September 2010 geltenden Beurteilungsrichtlinie vom 1. März 2002. Ausgenommen von der Regelbeurteilung sind nach deren Ziff. 3.1.2.1 zwar Gleichstellungsbeauftragte „während der Zeit, in der sie infolge der Freistellung keinen Dienst verrichten“, da ihre Tätigkeit während dieses Zeitraums nicht beurteilt werden darf. Die Regelung kann indes nicht so verstanden werden, dass diejenigen, die freigestellt sind, keine Regelbeurteilungen mehr erhalten dürfen, nur weil sie am Stichtag, womöglich nur an diesem einen Tag, freigestellt sind. Die Ziffern 3.1.2.7 und 3.1.2.8 sehen vor, dass nur diejenigen Beamtinnen und Beamte, die - wenn auch aus anderen Gründen - länger als zwölf Monate keinen Dienst leisten, keine Regelbeurteilung erhalten. In dem insgesamt 24 Monate umfassenden Regelbeurteilungszeitraum vom 1. Oktober 2008 bis 30. September 2010 war die Klägerin nur elf Monate freigestellt. Da die Freistellung der Klägerin damit unterhalb dieses Zeitraums von zwölf Monaten liegt, würde sie schlechter als die in der Richtlinie ausdrücklich geregelten Fallgruppen einer unter zwölf Monate fehlenden dienstlichen Leistung behandelt werden. Mit dem Benachteiligungsgebot wäre dies nicht in Einklang zu bringen.

74

Ausgehend von der noch zu erstellenden Regelbeurteilung muss die Beklagte nach Ziff. 3.6.2 Satz 1 der Beurteilungsrichtlinie vom 4. September 2012 Personen mit gleicher Note zusammenstellen und nicht solche, die im Schnitt in etwa die gleiche Note erhalten, denn dann könnte sie auf dieses Vergleichskriterium verzichten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Beklagte dies bundesweit anders handhabt, was indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist. Insbesondere geht es nicht an, Personen zusammenzustellen, die - so wie die vergleichsweise herangezogenen Beamtinnen und Beamten bei der Regelbeurteilung 2008 – im Gruppendurchschnitt die Note 6,4 erzielt haben und damit über eine halbe Note, also bei wertender Betrachtung (abgerundet) eine Note schlechter beurteilt worden sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13 – Rn. 63). Betrachtet man zudem die derzeit letzte vorhandene Regelbeurteilung der Klägerin, in der sie in den Einzelwertungen in keinem einzigen Leistungsmerkmal eine 6, sondern überwiegend eine 7, ansonsten eine 8 erhalten hat, damit eine Tendenz zur höheren Note aufwies, wird der Abstand noch größer.

75

Ob etwas anderes gilt, wenn der Schnitt der Vergleichsgruppe - wie bei Heranziehung des aktuellen Leistungsnachweises in 2009 - 6,8 beträgt, und damit nur geringfügig unter der von der Klägerin erzielten Note liegt, kann der Senat offenlassen. Er merkt hierzu jedoch an, dass dies angesichts der sich in der Beurteilung der Klägerin von 2008 abzeichnenden Tendenz nach oben Zweifeln unterliegt, auch wenn die Richtlinie nur auf die Gesamtnoten abstellt und nicht auf sich in der jeweiligen Beurteilung zeigenden Tendenzen. Die Klägerin kann zwar nicht verlangen, dass die Mitglieder der Vergleichsgruppe bis in die einzelnen Beurteilungsmerkmale mit ihr gleich beurteilt worden sind. Angesichts der von vielfältigen individuellen Elementen geprägten Leistungsentwicklung des einzelnen Beamten liegt es auf der Hand, dass sich das Leistungsbild "vergleichbarer" Kollegen stets mehr oder weniger deutlich von dem desjenigen Beamten unterscheidet, dessen Beurteilung nachzuzeichnen ist. Sollte der für die Vergleichsgruppenbildung in Betracht kommende Personenkreis im Hinblick auf die weiteren Kriterien sehr begrenzt sein, trifft es zudem auf keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken, auch Personen mit (in einzelnen Leistungsmerkmalen) abweichenden Beurteilungen in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehen, solange die Unterschiede nicht so gravierend sind, dass sie dem Ziel der Vergleichsbetrachtung entgegenstehen, nämlich eine dem Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot gerecht werdende fiktive Laufbahnnachzeichnung zu ermöglichen. Entscheidend ist dann aber, dass die naturgemäß nicht auszuschließenden Unterschiede zwischen den zum Vergleich herangezogenen Personen und der freigestellten Klägerin bei der fiktiven Leistungsnachzeichnung sachgerecht berücksichtigt werden (ebenso: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. November 2012 – 6 A 1534/11 – Rn. 7, juris).

76

b) Das vor dem Ernennungsdatum (dessen ergänzende, d.h. zur Verkleinerung der zuvor gebildeten Gruppe, Heranziehung nach Ziff. 3.6.2 Satz 2 der Beurteilungsrichtlinie vom 4. September 2012 möglich ist) zwingend heranzuziehende dritte Merkmal der gleichen Funktion ist von der Beklagten vorschnell als im Fall der Klägerin nicht handhabbar abgetan worden.

77

Mit der Funktion ist bei gebündelten Dienstposten zunächst das Amt im abstrakt funktionellen Sinne gemeint, also die Wertigkeit des Dienstpostens. Insofern hatte die Klägerin zwar vor ihrer Freistellung keinen Dienstposten zugewiesen erhalten. Dahinstehen kann, ob sie darauf (unter dem Gesichtspunkt der amtsangemessenen Beschäftigung, Art. 33 Abs. 5 GG, s. auch die oben zitierte Entscheidung des BVerfG Rn. 48, und dem ebenfalls in Art. 33 Abs. 5 GG wurzelnden Lebenszeitprinzip, vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2005 – 2 BvL 11/07 – BVerfGE 121, 205 ff.und BVerwG, Urteil vom 18. September 2008 – 2 C 8.07 - Rn. 14) einen Anspruch gehabt hätte, da die Beklagte sie insoweit aus Gründen der Gleichbehandlung so gestellt hat, als hätte sie einen Dienstposten A 11-13 BBesO innegehabt. Allerdings trifft dies nicht auf alle Personen in der Vergleichsgruppe zu, so dass diese Personen nicht einbezogen werden dürfen.

78

Desweiteren ist mit Funktion die konkrete Art der Tätigkeit, die Aufgabe (der Dienstposten im engeren Sinne, vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 - Juris, Rn. 18) gemeint. Gibt es die von der freigestellten Beamtin zuvor ausgeübte Tätigkeit nicht ein weiteres Mal in der Dienststelle, ist auf die diese Tätigkeit maßgeblich kennzeichnenden Merkmale im Sinne eines größten gemeinsamen Nenners abzustellen. Insoweit sind beispielsweise Abteilungsleiter mit Referatsleitern und Sachgebietsleitern vergleichbar (wenn andernfalls die Vergleichsgruppe zu klein wäre), weil bei diesen Funktionen das Merkmal der Führung im Vordergrund steht. Ziel dieser Regelung ist es, eine möglichst homogene Vergleichsgruppe zusammenzustellen, bei deren Beurteilungen vorrangig auf die gleichen Merkmale abgestellt wird. Dementsprechend hält das Bundesverwaltungsgericht bei der Vergleichsgruppenbildung für dienstliche Beurteilungen ein Abstellen auf die Funktionsebene, also die Innehabung eines Dienstpostens mit weitgehend denselben Anforderungen für zulässig, wenn bei der Beurteilung für alle Gruppenmitglieder im Wesentlichen dieselben Anforderungen an Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gelten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 - Juris, Rn. 15 f. , Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 1 WB 51.10 - Juris, Rn. 40).

79

Insofern hat die Beklagte vorschnell auf die kleinst- statt auf die größtmögliche Gemeinsamkeit abgestellt, also auf die von ihren Dienstpostenplänen getroffene Unterscheidung zwischen Sachbearbeitern und Leitern. Aufgrund dieser Vergleichsgruppenbildung ist die Klägerin in der Rangfolgenliste von Platz 7 zum 1. August 2008 auf Platz 13 zum Stichtag 1. April 2014 abgestiegen, obwohl dort bei ihr für 2013 sogar fiktiv die Note 8 zugrunde gelegt wurde. Dies deutet darauf, dass eine solche Vorgehensweise die Klägerin benachteiligt.

80

Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass sie seit März 2005 keine typische Polizeivollzugstätigkeit verrichtet hat, so dass ihre Tätigkeit nicht mit der Tätigkeit solcher Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten vergleichbar ist, deren Aufgaben - wie bei den neun Vergleichspersonen - im operativen Bereich lagen. Mit ihr vergleichbar wären nur die ausreichend vorhandenen Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten, die im Stabsbereich der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt ebenfalls reine Verwaltungsaufgaben versehen (bzw. zum Stichtag 30. September 2010 versehen haben). Dass mit derartigen Tätigkeiten nur besonders leistungsstarke Beamtinnen und Beamte betraut werden, dürfte allgemeiner Verwaltungspraxis entsprechen und erst recht gegen die derzeitige Vergleichsgruppenbildung sprechen.

81

c) Zur Größe der Vergleichsgruppe verhält sich die Richtlinie nicht. Eine Gruppe von neun Personen wird aber noch als hinreichend groß betrachtet (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. November 2013 – 10 A 10545/13 –, Rn. 44 <6 Personen>, Thüringer Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 08. Dezember 2015 – 2 KO 485/14 –, Rn. 63 <10 Personen>; üblich sind 10 Personen; als zu klein wurde eine Vergleichsgruppe von 4 Personen angesehen: BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 – 1 WB 6/13 –, Rn. 36 ff., juris).

82

d) Daneben wird die Beklagte bei der Neuerstellung der Nachzeichnung aber auch ihrer Dokumentationspflicht nachzukommen haben. Es genügt nicht, wenn die Namen der Vergleichspersonen und deren Statusamt mitgeteilt werden und die Klägerin selbst die Wertigkeit ihrer Dienstposten und ihre konkrete Aufgabe ermitteln muss, und sich ihre Beurteilungsnoten aus gesonderten Vorgängen ergeben, die Klägerin also auch insoweit nur das Ergebnis der Vergleichsbetrachtung erfährt. Denn die Klägerin muss sich später an der einmal gebildeten Vergleichsgruppe festhalten lassen (zur Verwirkung vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2014 - BVerwG 2 B 75.13 - LS, Rn. 16 f., ebenso BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - BVerwG 2 B 1.13 - LS 1, Rn. 27: Einwände sind innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend zu machen). Hierzu muss die Beklagte im einzelnen die Gründe darstellen, warum bzw. nach welchen allgemeinen rechtlichen Anforderungen die Vergleichspersonen (deren Namen nicht zwingend genannt werden müssen) gerade in der geschehenen Weise ausgewählt und festgelegt wurden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02. Februar 2015 – 1 A 596/12 –, Rn. 61, juris).

83

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

84

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


(1) Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung sind in der Regel auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen zu treffen. Frühere Beurteilungen sind zusätzlich zu berücksichtigen und vor Hilfskriterien heranzuziehen. Zur Überprüfung der Erfüllung von Anforderungen, zu denen die dienstlichen Beurteilungen keinen oder keinen hinreichenden Aufschluss geben, können eignungsdiagnostische Instrumente eingesetzt werden. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn erstmals Leitungs- oder Führungsaufgaben übertragen werden sollen. Die §§ 8 und 9 des Bundesgleichstellungsgesetzes sind zu beachten.

(2) Erfolgreich absolvierte Tätigkeiten in einer öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung, in der Verwaltung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder in einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union während einer Beurlaubung nach § 6 Absatz 1 der Sonderurlaubsverordnung sind besonders zu berücksichtigen. Langjährige Leistungen, die wechselnden Anforderungen gleichmäßig gerecht geworden sind, sind angemessen zu berücksichtigen.

(2a) Beamtinnen und Beamte, die zur Ausübung einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit bei einer Fraktion des Deutschen Bundestages, eines Landtages oder des Europäischen Parlaments beurlaubt sind, sind in entsprechender Anwendung des § 21 des Bundesbeamtengesetzes von der Fraktion zu beurteilen. § 50 Absatz 2 findet in diesen Fällen keine Anwendung. Der Zeitpunkt der Erstellung der Beurteilung richtet sich nach dem Regelbeurteilungsdurchgang der beurlaubenden Dienststelle.

(3) Liegt keine aktuelle dienstliche Beurteilung vor, ist jedenfalls in folgenden Fällen die letzte regelmäßige dienstliche Beurteilung unter Berücksichtigung der Entwicklung vergleichbarer Beamtinnen und Beamten fiktiv fortzuschreiben:

1.
bei Beurlaubungen nach § 6 Absatz 1 der Sonderurlaubsverordnung zur Ausübung einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit, wenn die Vergleichbarkeit der Beurteilung der öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung, der Verwaltung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder der öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union mit der dienstlichen Beurteilung nicht gegeben ist,
2.
bei Elternzeit mit vollständiger Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit und
3.
bei Freistellungen von der dienstlichen Tätigkeit wegen einer Mitgliedschaft im Personalrat, als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen oder bei Entlastungen als Gleichstellungsbeauftragte, wenn die dienstliche Tätigkeit jeweils weniger als 25 Prozent der Arbeitszeit beansprucht.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 sollen für die fiktive Fortschreibung auch Beurteilungen der aufnehmenden Stelle herangezogen werden.

(4) Haben sich Vorbereitungsdienst und Probezeit um Zeiten verlängert, in denen ein Dienst nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 abgeleistet worden ist, sind die sich daraus ergebenden zeitlichen Verzögerungen angemessen auszugleichen. Zu diesem Zweck kann während der Probezeit befördert werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 32 vorliegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für eine Person, die einen der in § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 genannten Dienste abgeleistet und

1.
sich innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Dienstes um Einstellung beworben hat,
2.
im Anschluss an den Dienst einen Ausbildungsgang zum Erwerb eines berufsqualifizierenden Abschlusses begonnen und sich innerhalb von sechs Monaten nach Erwerb des Abschlusses um Einstellung beworben hat,
3.
im Anschluss an den Dienst einen Ausbildungsgang zum Erwerb eines berufsqualifizierenden Abschlusses begonnen und im Anschluss an den Erwerb des berufsqualifizierenden Abschlusses eine hauptberufliche Tätigkeit nach den §§ 19 bis 21 begonnen und sich innerhalb von sechs Monaten nach Ableistung der vorgeschriebenen Tätigkeit um Einstellung beworben hat oder
4.
im Anschluss an den Dienst eine hauptberufliche Tätigkeit nach den §§ 19 bis 21 begonnen und sich innerhalb von sechs Monaten nach Ableistung der vorgeschriebenen Tätigkeit um Einstellung beworben hat
und auf Grund der Bewerbung eingestellt worden ist. Nicht auszugleichen sind Zeiten eines Dienstes nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, wenn diese als Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn oder nach § 20 des Bundesbeamtengesetzes berücksichtigt oder auf die Probezeit angerechnet worden sind.

Tatbestand

1

Die Klägerin steht als Oberregierungsrätin (A 14) im Dienst der Beklagten. Seit 1988 war sie wegen der Betreuung eines Kindes beurlaubt. 1990, 1994 und 1998 wurde die Klägerin in den Bayerischen Landtag gewählt. Vom Tag der jeweiligen Annahme der Wahl an ruhten ihre Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis. Im Februar 2004 nahm sie ihren Dienst wieder auf und bewarb sich auf einen Beförderungsdienstposten. Daraufhin wurde ihr eine Anlassbeurteilung eröffnet. In der Folge erhielt die Klägerin zudem eine Regelbeurteilung, die ebenso wie ihre letzte Regelbeurteilung vor der Wahl in den Landtag auf das Gesamturteil "tritt hervor" lautete. Ihr Widerspruch gegen die Beurteilungen blieb erfolglos. Ohne Erfolg blieb auch die Bewerbung der Klägerin um eine Beförderungsstelle, deren Besetzung aber im Hinblick auf den anhängigen Beurteilungsrechtsstreit vorläufig untersagt wurde.

2

Die auf Aufhebung der Anlass- und der Regelbeurteilung und Erstellung einer neuen Beurteilung gerichtete Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Soweit das Verfahren nicht wegen der Anlassbeurteilung nach Erledigungserklärungen eingestellt worden ist, hat das Berufungsgericht zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

3

Die Klägerin habe im Hinblick auf ihre langjährige Abgeordnetentätigkeit keinen Anspruch auf fiktive Fortschreibung ihrer letzten Regelbeurteilung. Art. 48 Abs. 2 GG sei wie § 2 Abs. 2 AbgG und Art. 2 Abs. 2 BayAbgG Ausdruck eines allgemeinen verfassungsrechtlichen Benachteiligungsverbotes. Hieraus ergebe sich aber kein Anspruch auf eine fiktive Nachzeichnung. Verfassungsrecht stehe dieser vielmehr entgegen. Eine zwangsläufig mit einer zulässigen Inkompatibilitätsbestimmung verbundene Benachteiligung sei vom Schutzbereich eines verfassungsrechtlichen Benachteiligungsverbotes nicht erfasst. Die Abgeordnetengesetze enthielten einen angemessenen Ausgleich für die mit den Inkompatibilitätsbestimmungen verbundenen Nachteile. Eine fiktive Nachzeichnung sei auch nicht erforderlich, weil die Dienstleistung nach Wiederaufnahme des Dienstes beurteilt werden könne. Der Vergleich mit freigestellten Personalratsmitgliedern gebiete wegen des Unterschieds der jeweiligen Rechtsstellung keine fiktive Fortschreibung der Beurteilung.

4

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 2008 insoweit aufzuheben, als die Berufung zurückgewiesen worden ist,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. Juli 2007 insoweit aufzuheben, als die Klage auf Verurteilung der Beklagten, die Klägerin zum Stichtag 30. September 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen, abgewiesen worden ist, und die Beklagte unter Aufhebung der dienstlichen Beurteilung der Klägerin vom 14. Dezember 2005 zum Stichtag 30. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2006 zu verurteilen, die Klägerin zum Stichtag 30. September 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die angegriffene Regelbeurteilung nach Maßgabe der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle dienstlicher Beurteilungen (vgl. Urteil vom 24. November 2005 - BVerwG 2 C 34.04 - BVerwGE 124, 356 <358> = Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 1 S. 2) nicht zu beanstanden ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine fiktive Fortschreibung ihrer 1988 erstellten Regelbeurteilung, der zu einer Verbesserung ihrer aktuellen Regelbeurteilung führen müsste. Ein solcher Anspruch folgt weder aus einfachem Recht noch aus Verfassungsrecht.

7

1. Es kann dahin stehen, ob einfaches Recht ein Benachteiligungsverbot zugunsten von Bundesbeamten enthält, deren Beamtenverhältnis wegen eines Landtagsmandats geruht hat. Ein derartiges Verbot zugunsten von freigestellten Personalratsmitgliedern korrespondiert mit einem Anspruch, wegen der Unmöglichkeit der Beurteilung ihrer Personalratstätigkeit die letzte dienstliche Beurteilung fiktiv fortzuschreiben (vgl. Urteil vom 21. September 2006 - BVerwG 2 C 13.05 - BVerwGE 126, 333 <338> = Buchholz 237.8 § 12 RhPLBG Nr. 1 für freigestellte Personalratsmitglieder).

8

Im Fall der Klägerin sind die Grenzen einer Pflicht zur fiktiven Fortschreibung einer vergangenen Beurteilung überschritten, weil diese eine belastbare Tatsachengrundlage voraussetzt (vgl. Urteil vom 21. September 2006 a.a.O. S. 338 f.). Eine belastbare Tatsachengrundlage fehlt jedenfalls dann, wenn zwischen der letzten Beurteilung und dem Stichtag, zu dem die fiktive Fortschreibung zu erstellen ist, mehr als 16 Jahre liegen.

9

Nach Art. 33 Abs. 2 GG sollen dienstliche Beurteilungen Grundlage für künftige Auswahlentscheidungen sein und daher eine möglichst lückenlose Leistungsnachzeichnung gewährleisten (Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 Rn. 36 ). Werden während des Beurteilungszeitraumes keine dienstlichen Leistungen erbracht, die Grundlage einer Beurteilung sein könnten, so kann der Dienstherr Benachteiligungen der betroffenen Beamten dadurch ausschließen, dass er die Fortschreibung vergangener Beurteilungen durch eine fiktive Nachzeichnung des beruflichen Werdeganges des freigestellten Beamten vorsieht; hierbei kann er auch dem Gesichtspunkt einer zu erwartenden Leistungssteigerung im Rahmen des Vertretbaren Rechnung tragen (vgl. Beschluss vom 7. November 1991 - BVerwG 1 WB 160.90 - BVerwGE 93, 188 <192>; Urteile vom 10. April 1997 - BVerwG 2 C 38.95 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 16 S. 35 und vom 21. September 2006 a.a.O. S. 337 f.). Hiervon ausgehend ist das - nunmehr auch in § 33 Abs. 3 BLV vom 12. Februar 2009 geregelte - Rechtsinstitut einer fiktiven Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen durch Verwaltung und Gerichte weiterentwickelt worden. Die fiktive Fortschreibung fingiert nicht nur eine tatsächlich im Beurteilungszeitraum nicht erbrachte Dienstleistung, sie unterstellt auch eine Fortentwicklung der Leistungen des Beamten entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Beamter. Damit prognostiziert sie, wie der Beamte voraussichtlich zu beurteilen wäre, wäre er im Beurteilungszeitraum nicht freigestellt und hätte er seine Leistungen wie vergleichbare Kollegen fortentwickelt.

10

Stellt die fiktive Fortschreibung hiernach als in mehreren Punkten hypothetische Vergleichsbetrachtung eine bloße Prognose dar, so setzt sie eine belastbare Tatsachengrundlage voraus. Aus diesem Erfordernis ergeben sich die Grenzen der Nachzeichnungsmöglichkeit: Lässt sich eine belastbare Prognose nicht treffen, so kann von einer Beurteilung tatsächlicher Leistungen als Grundlage einer dem Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werdenden Auswahlentscheidung nicht abgesehen werden. Denn eine fiktive Fortschreibung ohne belastbare Tatsachengrundlage ist einer auf der Grundlage tatsächlicher Leistungen erstellten Beurteilung nicht mehr vergleichbar. Sie kann daher dem einheitliche Bewertungsmaßstäbe voraussetzenden Leistungsgrundsatz in einem Auswahlverfahren nicht mehr genügen. Eine nicht auf zureichender tatsächlicher Grundlage beruhende fiktive Fortschreibung einer vergangenen Beurteilung ermöglicht keinen Vergleich mit einem konkurrierenden Bewerber, der in seinen aktuellen Leistungen beurteilt wird.

11

Die Verlässlichkeit einer Prognose über die voraussichtliche Leistungsentwicklung eines freigestellten Beamten ist umso höher, je länger und je qualifizierter dieser vor der Freistellung dienstliche Aufgaben erledigt hat, je kürzer dies zurückliegt und je eher diese Aufgaben mit denjenigen des angestrebten Beförderungsamtes oder -dienstpostens vergleichbar sind (vgl. Urteil vom 21. September 2006 a.a.O. S. 338 f. zu freigestellten Personalratsmitgliedern). Hiernach ist die tatsächliche Möglichkeit einer belastbaren Prognose auch von der Dauer des Zeitraumes abhängig, der zwischen der letzten beurteilten Dienstleistung und dem Beurteilungszeitraum liegt, für den die fiktive Fortschreibung erfolgen soll. Ab welcher Zeitspanne zwischen der letzten beurteilten Dienstleistung und dem Stichtag die tatsächlichen Erkenntnisse eine Prognose über die Leistungsentwicklung nicht mehr tragen können, ist eine Frage des Einzelfalles. Jedenfalls bei einem Zeitraum von - wie hier - fast 16 Jahren zwischen dem Beginn der Beurlaubung wegen der Kindererziehung und der Wiederaufnahme des Dienstes nach der Wahrnehmung des Landtagsmandats vermitteln die der letzten Beurteilung vor der Beurlaubung zugrunde liegenden tatsächlichen Erkenntnisse keine tragfähige Grundlage für eine verlässliche Prognose über die voraussichtliche Leistungsentwicklung. Dies gilt erst recht, wenn die vor der Beurlaubung liegenden Zeiten tatsächlicher Dienstleistung deutlich kürzer sind als der Zeitraum, in dem kein Dienst geleistet wurde, und wenn nur wenige Jahre Dienst in dem Statusamt geleistet wurde, in dem der Beamte nach der Wiederaufnahme des Dienstes zu beurteilen ist.

12

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin hier nach der Wiederaufnahme ihres Dienstes mehr als ein Jahr lang tatsächlich Dienst geleistet hat. Denn die aktuell erbrachten Leistungen verbreitern die Tatsachenbasis für die fiktive Fortschreibung der alten Beurteilung schon deshalb nicht, weil diese auf der hypothetischen Betrachtung beruht, wie sich die Leistungen entwickelt hätten, wenn es nicht zu einer Unterbrechung der Ausübung des Dienstes gekommen wäre. Diese Fiktion misst dem tatsächlichen Leistungsstand nach Wiederaufnahme der zu beurteilenden Dienstleistung keine Bedeutung bei. Eine Nachzeichnung schreibt Leistungen der Vergangenheit in die Zukunft fort und nicht Leistungen der Gegenwart in die Vergangenheit zurück.

13

2. Das Berufungsgericht leitet im Ergebnis zutreffend keine weitergehenden Ansprüche auf Nachzeichnung aus Verfassungsrecht ab.

14

a) Es kann dahinstehen, ob das Behinderungsverbot des Art. 48 Abs. 2 GG, der über Art. 28 Abs. 1 GG auch die Länder verpflichtet (BVerfG, Beschluss vom 5. Juni 1998 - 2 BvL 2/97 - BVerfGE 98, 145 <158, 160>), für den Bundestag ein allgemeines verfassungsrechtliches Gebot konkretisiert und alle Benachteiligungen erfasst, die gerade wegen der Ausübung des Mandats erfolgen. Selbst dann folgen daraus jedenfalls keine konkreten Leistungsansprüche des ehemaligen Abgeordneten auf fiktive Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung für die Abgeordnetenzeit.

15

Unabhängig davon, ob man den Anwendungsbereich des verfassungsrechtlichen Behinderungsverbotes auf Maßnahmen beschränkt sieht, die darauf zielen, die Übernahme oder Ausübung des Mandats zu erschweren oder unmöglich zu machen (vgl. zu Art. 48 Abs. 2 GG BVerfG, Beschluss vom 21. September 1976 - 2 BvR 350/75 - BVerfGE 42, 312 <329>; sowie BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1984 - BVerwG 1 D 7.83 - BVerwGE 76, 157 <170>; Beschlüsse vom 21. November 1989 - BVerwG 1 DB 8.89 - BVerwGE 86, 211 <216> und vom 9. Dezember 1998 - BVerwG 2 B 85.98 - Buchholz 11 Art. 38 GG Nr. 4), oder ob man es als allgemeines Diskriminierungsverbot in einem weiteren Sinne versteht, gibt es nur das Ergebnis, nämlich die Abwendung oder Beseitigung der Behinderung vor. Daher lässt es dem Dienstherrn Spielraum, wie er diesen Anforderungen Rechnung trägt. Eine fiktive Fortschreibung einer Regelbeurteilung durch Nachzeichnung ist nicht die einzige Möglichkeit, in einem Auswahlverfahren einen angemessenen Ausgleich zwischen den jeweils durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Interessen der Konkurrentinnen herzustellen. Vielmehr kann der Dienstherr im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens nach Art. 33 Abs. 2 GG auch dem Gesichtspunkt Rechnung tragen, dass ehemaligen Abgeordneten aus der Mandatswahrnehmung kein beruflicher Nachteil erwachsen darf. Er darf daher die Bewerbung der Klägerin nicht mit der Begründung ablehnen, dass es ihr bereits wegen der Wahrnehmung des Abgeordnetenmandats an beruflicher Erfahrung fehlt oder dass ihre Beurteilung die Mandatszeit nicht erfasst.

16

b) Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt ebenfalls kein Anspruch der Klägerin auf fiktive Fortschreibung ihrer letzten dienstlichen Beurteilung. Eine Gleichbehandlung hinsichtlich des Anspruches verlangt auch eine Gleichbehandlung hinsichtlich der Grenzen des Anspruches. Diese Grenzen sind für alle vergleichbaren Personengruppen überschritten, wenn es an einer hinreichenden Tatsachengrundlage für die erforderliche Prognose fehlt. Es kommt daher nicht darauf an, ob man die Rechtsstellung ehemaliger Abgeordneter als mit der Rechtsstellung von freigestellten Personalratsmitgliedern im Wesentlichen gleich bewerten kann. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Rechtsstellung der Klägerin mit derjenigen einer anderen Personengruppe vergleichbar ist, für die Ziffer 9 Buchst. e Satz 2 der Richtlinien für die Beurteilung der Beamten und Beamtinnen der Zollverwaltung, der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, des Zollkriminalamts und der Bundesvermögensverwaltung - BRZV - Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. Juli 1997 in der Fassung des Erlasses vom 12. September 2000 - einen Nachzeichnungsanspruch an ein Beurteilungsverbot knüpft.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

Gründe

1

Die Beschwerde betrifft die berufliche Förderung freigestellter Personalratsmitglieder bei der Bundeswehr.

2

1. Der 1957 geborene Kläger trat im Jahr 1977 in den Dienst der Beklagten und stand zuletzt im Dienstgrad eines Hauptmanns. Nach Abschluss seiner Fachausbildung wurde er als Programmieroffizier beim Bundesamt für Informationsmanagement und Informationstechnik der Bundeswehr verwendet. Seit dem 12. Juni 2003 war er aufgrund seiner Tätigkeit als Vorsitzender des örtlichen Personalrats vom Dienst freigestellt. Zum 1. Dezember 2004 war er fiktiv auf einen A 12-Dienstposten versetzt und mit Wirkung vom 1. Juli 2006 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 eingewiesen worden. Durch am 16. April 2012 ausgehändigte Urkunde wurde er mit Ablauf des 31. Juli 2012 in den Ruhestand versetzt, weil er die besondere Altersgrenze seines Dienstgrads überschritten hatte.

3

Den am 4. Oktober 2010 gestellten Antrag auf fiktive Versetzung auf einen A 13g-Dienstposten, Beförderung zum Stabshauptmann sowie Schadensersatz für eine etwaig verspätete Beförderung lehnte die Beklagte ab. Aus dem Kreis der mit dem Kläger vergleichbaren, nicht freigestellten Offiziere habe sich bisher noch kein Soldat auf die Besetzung eines A 13-Dienstpostens qualifizieren können, sodass sich die Förderung zum Stabshauptmann nicht aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten ergebe. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.

4

Die noch auf Beförderung und Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das Beförderungsbegehren habe sich erledigt, weil der Kläger nach Ablauf der für ihn geltenden Altersgrenze zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten sei. Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch zu. Die Beklagte habe die berufliche Laufbahn des von seinen Dienstgeschäften befreiten Klägers fehlerfrei nachgezeichnet; insbesondere sei die hierfür von der Beklagten gebildete Vergleichsgruppe nicht zu beanstanden. Der vom Kläger geforderten Berücksichtigung von Soldaten in anderen Werdegängen bedürfe es nicht.

5

2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

6

a) Die mit der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn der Kläger infolge des nach seinem Vortrag gegen die Ruhestandsversetzung wegen Überschreitens der besonderen Altersgrenze für Hauptleute nach § 44 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 2 Nr. 4 SG eingelegten Rechtsmittels noch nicht bestandskräftig aus dem aktiven Dienst geschieden sein sollte (vgl. zum fehlenden Suspensiveffekt § 23 Abs. 6 Satz 2 WBO), muss die begehrte Beförderung schon daran scheitern, dass der Kläger einen Dienstposten der entsprechenden Besoldungsgruppe nicht zuvor (fiktiv) inne gehabt hat. Auch die Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf den Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Versetzung des Klägers in den Ruhestand ist daher nicht erforderlich (§ 94 VwGO).

7

Nach Nr. 101 der Bestimmungen für die Beförderung und für die Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten - ZDv 20/7 - ist die Beförderung von Soldaten grundsätzlich nur zulässig, wenn ihre Verwendung auf einem im Frieden zu besetzenden Dienstposten, dessen Bewertung mindestens dem Beförderungsdienstgrad entspricht, verfügt und als Personalmaßnahme wirksam geworden ist. Die Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten schafft daher die Voraussetzung für eine spätere Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten verwendet worden sind, kommen für eine Beförderung nicht in Betracht (vgl. zur entsprechenden Lage im Beamtenrecht Beschluss vom 7. August 2001 - BVerwG 2 VR 1.01 - Buchholz 232.1 § 11 BLV Nr. 2 S. 7 f.).

8

Dieses gestufte Modell mit seiner Abfolge Versetzung vor Beförderung gilt auch für freigestellte Personalratsmitglieder (Nr. 1 der Richtlinie für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten vom 11. Juli 2002 - PSZ I 1 - 16-32-00/28 -, im Folgenden: Richtlinie). Um Personalratsmitgliedern auch bei Beibehaltung ihrer Freistellung eine Beförderung zu ermöglichen, hat die Beklagte das Institut der fiktiven Versetzung auf einen höher bewerteten Dienstposten geschaffen. Auch insoweit handelt es sich aber um eine förmliche Versetzungsentscheidung, die dem Soldaten schriftlich mitgeteilt wird. Erst vom Zeitpunkt der fiktiven Versetzung an werden die freigestellten Personalratsmitglieder in die Bewerberauswahl für Beförderungsentscheidungen einbezogen (Nr. 3 der Richtlinie).

9

Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Verwaltungspraxis sind weder vom Oberverwaltungsgericht festgestellt noch sonst ersichtlich. Die Beklagte hat in ihrer Stellungnahme vom 9. April 2014 (ebenso wie bereits vor den Tatsachengerichten; vgl. etwa Schriftsatz vom 2. August 2012, S. 2) vielmehr darauf hingewiesen, dass die Anordnung zwingend angewendet wird und eine Beförderung nur nach vorheriger fiktiver Versetzung auf einen entsprechend höher bewerteten Dienstposten ausgesprochen wird.

10

Es besteht - auch unter dem Blickwinkel des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG - kein Anlass, die unterbliebene Versetzung auf einen höher bewerteten Dienstposten nachträglich und inzident im Rahmen eines Beförderungsbegehrens auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu kontrollieren. Vielmehr hat das freigestellte Personalratsmitglied die Möglichkeit, eine fiktive Versetzung unmittelbar und eigenständig geltend zu machen und nötigenfalls auch einzuklagen (vgl. Beschlüsse vom 7. November 1991 - BVerwG 1 WB 160.90 - BVerwGE 93, 188 <189>, vom 29. Juli 1997 - BVerwG 1 WB 23.97 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 23 S. 36, vom 23. Juni 2004 - BVerwG 1 WB 25.03 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 34 S. 37 und vom 18. Oktober 2007 - BVerwG 1 WB 20.07 - Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 5 Rn. 30 ff.).

11

Die Ablehnung seines Antrags, ihn fiktiv auf einen nach der Besoldungsgruppe A 13g bewerteten Dienstposten zu versetzen, hätte der Kläger daher einer eigenständigen gerichtlichen Kontrolle zuführen können. Diesen Rechtsweg hat der Kläger nicht beschritten; mit seinen Klageanträgen hat er ausschließlich die Beförderung und die Gewährung von Schadensersatz verfolgt. Die auf Beförderung zum Stabshauptmann gerichtete Klage ist daher bereits mangels einer vorherigen fiktiven Versetzung auf einen nach der Besoldungsgruppe A 13 bewerteten Dienstposten unbegründet (ebenso bereits das Verwaltungsgericht, UA S. 5).

12

Entsprechendes gilt für den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung. Auch insoweit hätte es dem Kläger oblegen, die ihm zur Verfügung stehende Rechtsschutzmöglichkeit gegen eine etwaig rechtswidrig unterbliebene fiktive Versetzung in Anspruch zu nehmen (vgl. zur Anwendbarkeit des Rechtsgedankens aus § 839 Abs. 3 BGB im öffentlichen Dienstrecht etwa Urteil 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31> = Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 40 S. 2 sowie zuletzt Beschluss vom 6. Juni 2014 - BVerwG 2 B 75.13 - Rn. 12 f. m.w.N.).

13

b) Die mit der Beschwerde nach Art einer Berufungsschrift vorgebrachten und schlaglichtartig beleuchteten Rechtsfragen zum System der beruflichen Förderung freigestellter Personalratsmitglieder bei der Bundeswehr - insbesondere zum Vergleich mit Soldaten aus anderen Verwendungsreihen oder Laufbahnen - würden sich in einem Revisionsverfahren daher nicht stellen. Sie sind unabhängig hiervon in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weitgehend geklärt oder lassen sich auf Grundlage der bestehenden Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.

14

aa) Auswahlentscheidungen sind grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen (stRspr; vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 20. Juni 2013 - BVerwG 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 18). Ist eine lückenlose Leistungsnachzeichnung nicht möglich, weil der Soldat während des Beurteilungszeitraumes wegen einer Mitgliedschaft im Personalrat von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt war und damit keine dienstlichen Leistungen erbracht hat, muss der Dienstherr Vorkehrungen treffen, dass hierdurch keine Nachteile entstehen (vgl. § 14 Abs. 1 Soldatenbeteiligungsgesetz - SBG -). Bei Auswahlentscheidungen hat er zugunsten des freigestellten Personalratsmitglieds eine berufliche Entwicklung zu unterstellen, wie sie ohne die Freistellung voraussichtlich verlaufen wäre (Beschluss vom 7. November 1991 - BVerwG 1 WB 160.90 - BVerwGE 93, 188 <192>; Urteil vom 21. September 2006 - BVerwG 2 C 13.05 - BVerwGE 126, 333 = Buchholz 237.8 § 12 RhLBG Nr. 1 jeweils Rn. 17).

15

Dabei ist einer zu erwartenden Leistungssteigerung angemessen Rechnung zu tragen. Mit dem Rechtsinstitut der fiktiven Fortschreibung vergangener Beurteilungen (vgl. § 33 Abs. 3 Nr. 4 BLV) wird nicht nur eine tatsächlich im Beurteilungszeitraum nicht erbrachte Dienstleistung fingiert, sondern auch eine Fortentwicklung der Leistungen entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Beamter unterstellt (Urteil vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 C 11.09 - Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 3 Rn. 9). Die Fortschreibung prognostiziert damit, wie der Beamte voraussichtlich zu beurteilen wäre, wenn er im Beurteilungszeitraum nicht freigestellt gewesen wäre und seine Leistungen wie vergleichbare Kollegen fortentwickelt hätte.

16

Um das berufliche Fortkommen eines Personalratsmitglieds nicht davon abhängig machen zu müssen, dass es seine Freistellung aufgibt, kann ausnahmsweise auch auf das Erfordernis einer vorherigen Erprobung auf einem höherwertigen Dienstposten verzichtet werden. Dies setzt aber voraus, dass aufgrund des bisherigen beruflichen Werdegangs des Personalratsmitglieds und vergleichbarer Bediensteter prognostisch festgestellt werden kann, dass der freigestellte Bewerber den Anforderungen der Erprobung aller Voraussicht nach gerecht geworden wäre. Lässt sich eine belastbare Prognose hierzu nicht treffen, etwa weil das freigestellte Personalratsmitglied einer entsprechenden Tätigkeit seit längerer Zeit nicht mehr nachgegangen ist oder wenn es sich um einen Dienstposten bewirbt, der erhebliche Unterschiede zu seiner bisherigen dienstlichen Tätigkeit aufweist, kann von einer tatsächlichen Erprobung nicht abgesehen werden (Urteil vom 21. September 2006 a.a.O Rn. 18 ff.; ebenso Beschluss vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 24.01 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 26 S. 14 für eine notwendige Vorverwendung).

17

Das Benachteiligungsverbot verschafft keinen Anspruch, von Qualifikationsmerkmalen dispensiert zu werden. Dem in Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Prinzip der Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung sind auch Personalratsmitglieder unterworfen. Fehlen dem Personalratsmitglied die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, kann dies durch eine fiktive Fortschreibung nicht überspielt werden. Es wäre ansonsten im Falle der Beendigung seiner Freistellung für die Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben nicht geeignet. Aus den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG ergibt sich zugleich, dass verbleibende Zweifel an der Eignung des Personalratsmitglieds für ein höherwertiges Statusamt oder einen höherwertigen Dienstgrad zu dessen Lasten gehen (Urteil vom 21. September 2006 a.a.O Rn. 20).

18

bb) Ausgehend hiervon kann der Kläger einen Vergleich mit Soldaten, die eine Beförderung erst nach einem Laufbahnwechsel erreicht haben, nicht beanspruchen. Die Eingrenzung der maßgeblichen Vergleichs- oder Referenzgruppe auf Soldaten mit gleicher Laufbahnvoraussetzung (Nr. 1 der Richtlinie) ist nicht zu beanstanden.

19

Nach dem Laufbahnprinzip wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind (vgl. § 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG). Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (Beschluss vom 20. Juni 2013 - BVerwG 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 28). Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannte Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen von einer Erprobung abzusehen, geht daher von einer bestehenden Eignung des freigestellten Personalratsmitglieds aus. Die zunächst nur probeweise Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens soll dem Beamten die Befähigung für die Wahrnehmung seiner Dienstaufgaben nicht verschaffen, sondern unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit die Prognose bestätigen, dass er den Anforderungen des Beförderungsamts genügen wird.

20

Diese Annahme trifft für einen Laufbahnwechsel nicht zu. Auch im Soldatenrecht ist ein Laufbahnwechsel vielmehr nur zulässig, wenn der Soldat die Befähigung für die neue Laufbahn besitzt (§ 6 Abs. 2 Satz 1 SLV; vgl. zur Feststellung dieser Befähigung Nr. 1017 Satz 2 ZDv 20/7). Die vom Kläger benannten Beförderungsfälle in den Dienstgrad eines Majors setzen überdies die erfolgreiche Teilnahme an einem Stabsoffizierlehrgang voraus (§ 25 Abs. 2 SLV). Von diesen Anforderungen kann der Kläger nicht allein deshalb befreit werden, weil er als Personalratsmitglied von der Erfüllung seiner Dienstpflichten freigestellt ist (Beschluss vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 24.01 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 26 S. 14). Vergleichsmaßstab des Benachteiligungsverbotes ist diejenige Lage, in der das Personalratsmitglied voraussichtlich stünde, wenn es nicht freigestellt worden und in seinem bisherigen Aufgabenbereich verblieben wäre (vgl. Urteil vom 13. September 2001 - BVerwG 2 C 34.00 - Buchholz 251.6 § 39 NdPersVG Nr. 1 S. 2; zur Bezugnahme auf die eigene Verwendungsreihe auch bereits Beschluss vom 29. Juli 1997 - BVerwG 1 WB 23.97 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 23 S. 37).

21

Der vom Kläger angestrebte Wechsel aus der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die der Offiziere des Truppendienstes ist im Übrigen auch schon vor seiner Freistellung wiederholt abgelehnt worden (Bescheide vom 10. April 1995 und vom 12. Mai 1999). Die in Nr. 2.2.4 der Erläuterungen zur Erlasslage vom 9. August 2010 (PSZ I 1 - 16-32-00/28 - im Folgenden: Erläuterungen) vorgesehene Möglichkeit eines Laufbahnwechsels trotz Freistellung hat der Kläger nicht beschritten.

22

cc) Entgegen der Ansicht der Beschwerde war die Beklagte auch nicht verpflichtet, bei der Bildung der Referenzgruppe Soldaten aus anderen Ausbildungs- und Verwendungsreihen zu berücksichtigen.

23

Auf welche Weise der Dienstherr sicherstellt, dass die Freistellung nicht zu einer Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führt (§ 51 Abs. 3 Satz 1 SBG i.V.m. § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG), obliegt grundsätzlich seiner Entscheidung (Urteil vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 C 11.09 - Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 3 Rn. 15). Das von der Beklagten hierfür gewählte Referenzgruppenmodell ist grundsätzlich geeignet, der Zielstellung des Behinderungsverbots Rechnung zu tragen, weil es eine Fortentwicklung der Leistung entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Soldaten unterstellt. Es ist nicht sachfremd, die Vergleichbarkeit der Werdegänge durch eine Einschränkung der Referenzgruppe auf die Angehörigen derselben Ausbildungs- und Verwendungsreihe sicherzustellen (vgl. hierzu auch bereits Beschluss vom 29. Juli 1997 - BVerwG 1 WB 23.97 - a.a.O. S. 37).

24

Eine weitere Öffnung würde hingegen den Vergleichsmaßstab verschieben und damit die Aussagekraft der Vergleichsgruppenbetrachtung beeinträchtigen. Ohne die Freistellung hätte der Kläger nur die Chance gehabt, auf einem höher bewerteten Dienstposten seines Werdegangs eingesetzt zu werden. Die (fiktive) Berücksichtigung weiterer Werdegänge anderer Soldaten dagegen führt zu einer Besserstellung freigestellter Personalratsmitglieder, weil zusätzliche Stellen in die Betrachtung einbezogen werden. Die real für nicht freigestellte Konkurrenten des Klägers bestehende Beschränkung auf freie Dienstposten innerhalb seines Werdegangs würde damit umgangen. Eine derartige Besserstellung freigestellter Personalratsmitglieder ist sachlich nicht geboten.

25

dd) Soweit die Beschwerde die zeitliche Dimension der Referenzgruppenbildung thematisiert, die nach Nr. 2.1 der Erläuterungen während der Freistellung nicht geändert wird, verkennt sie, dass vorliegend gerade nicht um die fiktive Fortschreibung einer Beurteilung (vgl. zu deren zeitlichen Grenzen Urteil vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 C 11.09 - a.a.O. Rn. 11) gestritten wird.

26

Das von der Beklagten praktizierte Referenzgruppenmodell schreibt nicht die letzte, aufgrund tatsächlicher dienstlicher Tätigkeit erstellte Beurteilung fort, sondern bildet ausgehend hiervon eine Vergleichsgruppe für das freigestellte Personalratsmitglied. Damit wird eine dynamische Fortentwicklung der beruflichen Leistungen unterstellt, die sich aus dem Werdegang der Vergleichsgruppe ergibt. Dieses Fördersystem vermeidet gerade die Schwierigkeiten, die sich bei einer lang andauernden Freistellung daraus ergeben, dass die letzte dienstliche Beurteilung immer mehr an tatsächlicher Aussagekraft verliert.

27

Besondere Bedeutung kommt damit der Vergleichsgruppenbildung zu. Nur wenn die Referenzgruppe den Leistungsstand und das Entwicklungspotential des freigestellten Personalratsmitglieds zutreffend erfasst, kann sie Hinweise für die Prognose geben, wie die berufliche Entwicklung des Personalratsmitglieds ohne die Freistellung voraussichtlich verlaufen wäre. Die Bildung der Referenzgruppe und die Zuteilung eines Rangplatzes hierin bestimmt die künftige berufliche Entwicklung des freigestellten Personalratsmitglieds und nimmt die sich erst später realisierende Auswahlentscheidung vorweg. Es spricht daher viel dafür, Einwände hiergegen zeitnah zu verlangen (vgl. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO), zumal etwaige Fehler bei einer erst lange im Nachhinein erfolgenden Kontrolle nicht mehr angemessen behoben werden können (vgl. zur Verwirkung auch Beschluss vom 6. Juni 2014 - BVerwG 2 B 75.13 - Rn. 15 f.). Eine entsprechende Obliegenheit setzt allerdings voraus, dass den freigestellten Personalratsmitgliedern die Referenzgruppenbildung auch mitgeteilt wird.

28

3. Der Kläger hat auch keinen Verfahrensmangel aufgezeigt, auf dem die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

29

Die Beschwerde verkennt den Gehalt des grundgesetzlich verbürgten Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Danach sind die Gerichte zwar verpflichtet, die Ausführungen und Anträge der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihnen zu befassen. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte aber nicht, einem tatsächlichen Umstand die vom Beschwerdeführer erwünschte Bedeutung zuzumessen oder seiner Rechtsansicht zu folgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81 u.a. - BVerfGE 64, 1 <12>). Soweit dem Oberverwaltungsgericht wiederholt unzutreffende Rechtsansichten vorgeworfen werden, betrifft dies daher nicht das rechtliche Gehör.

30

Soweit der Kläger - unter Bezugnahme auf die erst nachträglich erlassenen Erläuterungen - seine Nichtberücksichtigung bei Auswahlentscheidungen aufgrund seiner dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 31. März 2004 noch bis zum 30. September 2006 rügt, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass die angegriffene Entscheidung hierauf beruhen könnte. Der Kläger ist vielmehr gerade in diesem Zeitraum fiktiv auf einen Dienstposten der Besoldungsgruppe A 12 versetzt und anschließend auch in eine Planstelle dieser Besoldungsgruppe eingewiesen worden.

Gründe

1

Die der Sache nach auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2

1. Der 1962 geborene Kläger steht als Hauptmann (BesGr A 11 BBesO) im Dienst der Beklagten. Vom 1. September 2004 bis Ende Mai 2012 war er als Mitglied des Personalrats vom militärischen Dienst freigestellt. Zur Bestimmung seines weiteren beruflichen Aufstiegs bildete das Personalamt der Bundeswehr im Jahr 2006 eine Vergleichsgruppe mit 12 Hauptleuten, in der der Kläger auf dem Rangplatz 9 geführt wurde. Seinen im Jahr 2010 gestellten Antrag, ihn fiktiv auf einen nach der Besoldungsgruppe A 12 BBesO bewerteten Dienstposten zu versetzen, ihn in die Besoldungsgruppe A 12 BBesO einzuweisen sowie ihn rückwirkend in vergütungs-, versorgungs- und dienstrechtlicher Hinsicht so zu stellen, als sei er zu dem Zeitpunkt, zu dem erstmals ein schlechter als er beurteilter Hauptmann nach Besoldungsgruppe A 12 BBesO befördert worden ist, befördert und besoldet worden, lehnte die Beklagte ab. Seine Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

3

Es könne dahingestellt bleiben, ob der Beförderung des Klägers bereits der Umstand entgegenstehe, dass er nicht fiktiv auf einen nach der Besoldungsgruppe A 12 BBesO bewerteten Dienstposten versetzt worden sei. Der Kläger habe jedenfalls deshalb keinen Anspruch auf Beförderung, weil die Nachzeichnung seiner beruflichen Entwicklung nicht zu beanstanden sei. Der Kläger könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr rügen, die Referenzgruppe sei für ihn zu spät und in personeller Hinsicht schon im Grundsatz und auch in der Reihung fehlerhaft gebildet worden. Denn er habe sich im Personalgespräch vom Oktober 2006 nach eingehender Information und in Kenntnis aller Umstände mit der Bildung der Referenzgruppe zu diesem Zeitpunkt, mit den betreffenden Soldaten und in der vorgesehenen Reihenfolge einverstanden erklärt. Auch sei er hiergegen nicht mit der Beschwerde vorgegangen, sodass zu seinen Lasten zumindest der Rechtsgedanke des § 839 Abs. 3 BGB greife. Der Ausschluss der Einwendungen des Klägers gegen die Vergleichsgruppe und die Reihung gelte umso mehr, als mit dieser Festlegung über Jahre hinweg die Grundlagen für die Beförderungssituation freigestellter Mitglieder der Personalvertretung festgeschrieben worden seien. Unerheblich sei, dass die Beklagte einen hinter dem Kläger eingereihten Hauptmann befördert habe. Nach den Vorgaben des Bundesministeriums der Verteidigung komme es allein auf die Anzahl der Beförderungen an.

4

2. Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>).

5

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Sie wendet sich vielmehr in der Art eines zulassungsfreien oder bereits zugelassenen Rechtsmittels gegen die Argumentation des Oberverwaltungsgerichts im konkreten Fall. Sie geht dabei von den Bestimmungen der Richtlinie des Bundesministeriums der Verteidigung für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten vom 11. Juli 2002 (PSZ I 1 Az. 16-32-00/28, - im Folgenden: Richtlinie -) und der hierzu ergangenen Erläuterungen des Bundesministeriums der Verteidigung vom 9. August 2010 (- im Folgenden: Erläuterungen -) aus. Die Frage, ob die rechtlichen Vorgaben im konkreten Fall auf den vom Gericht festgestellten Sachverhalt zutreffend angewendet worden sind - hier die Handhabung der Richtlinie und der Erläuterungen -, begründet aber nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache. Bei einer wohlwollenden Auslegung lassen sich der Beschwerdebegründung jedoch einige Fragen entnehmen, denen der Kläger rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst. Diese rechtfertigen die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO jedoch nicht.

6

a) Auf der Grundlage der Richtlinie vom 11. Juli 2002 sieht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage, ob es mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar ist, dass das freigestellte Mitglied der Personalvertretung nach Nr. 2.2.2 der Erläuterungen erst dann einzuweisen/zu befördern ist, sobald ein nächstes (nicht freigestelltes) Mitglied der Referenzgruppe für eine Einweisung/Beförderung heran steht und soweit keine Hinderungsgründe in der freigestellten Person vorliegen.

7

Diese Frage kann ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens dahingehend beantwortet werden, dass diese Vorgehensweise mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang steht.

8

Nach § 51 Abs. 3 Satz 1 SBG und § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG darf die Freistellung eines Soldaten von seiner dienstlichen Tätigkeit wegen der Mitgliedschaft in der Personalvertretung nicht zu einer Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen. Auf welche Weise der Dienstherr dies sicherstellt, ist grundsätzlich ihm überlassen (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 C 11.09 - Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 3 Rn. 15 zum Behinderungsverbot des Art. 48 Abs. 2 GG).

9

Geht man, wie die Beschwerde, von der Richtlinie und den ergänzenden Erläuterungen aus, wird der vom Dienst freigestellte Soldat durch das in Nr. 2.2.2 der Erläuterungen geregelte System in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG beim ersten tatsächlichen Beförderungsverfahren berücksichtigt, in dem er nach seinem Rangplatz hätte ausgewählt werden können. Stellte man entsprechend den Überlegungen der Beschwerde bereits auf den Zeitpunkt der Beförderung eines vor dem freigestellten Mitglied der Personalvertretung eingereihten Soldaten ab, hätte diese Verfahrensweise eine Bevorzugung des freigestellten Soldaten zur Folge. Er würde zu einem Zeitpunkt befördert, in dem er nach seinem fiktiven Leistungsstand nicht hätte ausgewählt werden können. Eine derartige Privilegierung ginge rechtlich unzulässig über das Verbot der Benachteiligung eines freigestellten Soldaten hinaus.

10

b) Sinngemäß stellt die Beschwerde die weitere Frage, ob es der Rechtsgedanke des § 839 Abs. 3 BGB ausschließt, dass ein freigestellter Soldat in einem Verfahren auf Beförderung und Bewilligung von Schadensersatz die Rechtswidrigkeit der Bildung der Referenzgruppe (Zeitpunkt, einbezogene Soldaten sowie konkrete Reihung der Soldaten) rügen kann, wenn er sich in einem Personalgespräch mehrere Jahre zuvor nach eingehender Information durch den Dienst-herrn und in Kenntnis aller Umstände mit der Bildung dieser Referenzgruppe zu diesem Zeitpunkt, mit diesen Soldaten und in der konkreten Reihung einverstanden erklärt und hiergegen keinen Rechtsbehelf erhoben hat.

11

Auch diese Frage lässt sich ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des Urteils des Oberverwaltungsgerichts beantworten.

12

§ 839 Abs. 3 BGB ist eine besondere Ausprägung des Mitverschuldensprinzips, das in allgemeiner Form in § 254 BGB niedergelegt ist und für das gesamte private und öffentliche Haftungsrecht gilt (Papier, in: Münchner Kommentar, BGB, 6. Aufl. 2013, § 839 Rn. 329 f.). Bei rechtswidrigem Handeln des Staates soll der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz im Vordergrund stehen und dem Betroffenen dadurch die missbilligte Wahlmöglichkeit genommen werden, entweder den rechtswidrigen hoheitlichen Akt mit den ordentlichen Rechtsschutzmitteln anzugreifen oder aber diesen zu dulden und dafür zu liquidieren (BGH, Urteil vom 15. November 1990 - III ZR 302/89 - BGHZ 113, 17 <22>). Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben soll nur derjenige Schadensersatz erhalten, der sich in gehörigem und ihm zumutbarem Maß für seine eigenen Belange eingesetzt und damit den Schaden abzuwenden versucht hat (BGH, Urteil vom 29. März 1971 - III ZR 98/69 - BGHZ 56, 57 <63>).

13

Dieser Rechtsgedanke ist in der Rechtsprechung zum öffentlichen Dienstrecht sowohl auf Schadensersatzansprüche von Beamten wegen schuldhafter Verletzung ihres aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs (Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124> = Buchholz 237.7 § 7 NWLBG Nr. 5, vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31> = Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 40, vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 ff.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28, vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 <143> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 S. 26 und vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 53 jeweils Rn. 15) als auch auf entsprechende Ansprüche von Soldaten (Beschluss vom 22. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 71.10 - juris Rn. 4) angewendet worden.

14

§ 839 Abs. 3 BGB betrifft unmittelbar den Anspruch auf Schadensersatz. Für den vorrangig geltend gemachten Anspruch auf Beförderung und Einweisung in eine entsprechende Planstelle ist hinsichtlich der Bildung der Referenzgruppe und der Reihung der darin einbezogenen Hauptleute der Gesichtspunkt der Verwirkung maßgeblich. Auf diesen Aspekt hat das Oberverwaltungsgericht im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu § 839 Abs. 3 BGB der Sache nach abgestellt ("nach Jahr und Tag", UA S. 13). Es hat sowohl auf den erheblichen zeitlichen Abstand zwischen dem Personalgespräch vom Oktober 2006 und der Stellung des Antrags auf Einweisung in eine Planstelle nach der Besoldungsgruppe A 12 BBesO erst im Dezember 2010 als auch auf den Umstand abgehoben, dass die festgelegte Referenzgruppe über Jahre hinweg Grundlage der beruflichen Förderung von freigestellten Soldaten ist und im konkreten Fall für die berufliche Entwicklung des Klägers im Zeitraum seit dem Jahr 2006 bis zum Ende seiner Freistellung am 31. Mai 2012 maßgeblich war.

15

Der Rechtsgedanke der Verwirkung als Unterfall des Grundsatzes von Treu und Glauben ist auch im öffentlichen Recht einschließlich des öffentlichen Dienstrechts anwendbar. Dieser Einwand setzt neben dem Zeitablauf voraus, dass der Inhaber eines materiellen oder prozessualen Anspruchs oder Gestaltungsrechts innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (Urteil vom 29. August 1996 - BVerwG 2 C 23.95 - BVerwGE 102, 33 <36> = Buchholz 237.95 § 10 S-HLBG Nr. 2 S. 4 m.w.N.; Beschluss vom 29. Oktober 2008 - BVerwG 2 B 22.08 - juris Rn. 4). Danach kann ein Beamter oder Soldat sowohl sein materielles Recht auf Überprüfung und gegebenenfalls Änderung seiner dienstlichen Beurteilung als auch das prozessuale Klagerecht (BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1972 - 2 BvR 255/67 - BVerfGE 32, 305 <308 ff.>; BVerwG, Urteil vom 13. November 1975 - BVerwG 2 C 16.72 - BVerwGE 49, 351 <358> = Buchholz 237.1 Art. 118 BayBG Nr. 1 S. 5) oder auch seinen Anspruch auf Zahlung einer jährlichen Sonderzuwendung verwirken (Urteil vom 13. November 2008 - BVerwG 2 C 11.07 - Buchholz 449.4 § 30 SVG Nr. 1 Rn. 21 ff.).

16

Diese Grundsätze gelten auch für einen freigestellten Soldaten, der trotz detaillierter Erläuterung der für sein berufliches Fortkommen maßgeblichen Referenzgruppe erst nach Ablauf von mehreren Jahren geltend macht, diese Referenzgruppe sei verspätet sowie in personeller Hinsicht bereits im Grundsatz und in der Reihung fehlerhaft gebildet worden. Nach den insoweit nicht angegriffenen und deshalb nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich der Kläger im Oktober 2006 nach eingehender Information durch die Beklagte in Kenntnis aller Umstände mit der Bildung der Referenzgruppe zu dieser Zeit, mit diesen Soldaten und in dieser Reihung einverstanden erklärt. Aus diesem Verhalten konnte die Beklagte berechtigterweise den Schluss ziehen, der Kläger werde die ihm erläuterte Referenzgruppe als Grundlage für die während seiner Freistellung zu treffenden Personalentscheidungen nicht mehr in Frage stellen.

17

Im Hinblick auf das zur Wahrung der eigenen Interessen gebotene Vorgehen eines freigestellten Soldaten gegen den Zeitpunkt der Bildung der Referenzgruppe, gegen ihre personelle Zusammensetzung sowie gegen die Reihung der einbezogenen Soldaten ist auch die Behandlung seines Begehrens durch die Bundeswehr unerheblich. Ist das Beschwerdeverfahren erfolglos durchlaufen worden, muss und kann der freigestellte Soldat - zumutbar - gerichtlichen Rechtsschutz gegen die Bildung der Referenzgruppe in Anspruch nehmen, weil diese nach der Konzeption der Beklagten für seine weitere berufliche Förderung maßgeblich ist. Der in der Beschwerdebegründung aufgeführte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. April 2013 (- BVerwG 1 WB 56.12 -) befasst sich mit der insoweit nicht vergleichbaren Frage, ob ein Soldat beanspruchen kann, dass ihm der Dienstherr die Ergebnisse einer Perspektivkonferenz offenlegt, die lediglich der Vorbereitung von Verwendungsentscheidungen dient.

18

Zu keiner anderen Beurteilung führt der Einwand der Beschwerde, der Kläger hätte aufgrund seiner letzten dienstlichen Beurteilung - und damit vor der auf ihrer Grundlage vorgenommenen Nachzeichnung - befördert werden müssen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat der Kläger auf eine förderliche Verwendung auf der Grundlage seiner letzten tatsächlichen dienstlichen Beurteilung verzichtet und ausschließlich auf eine Förderung aufgrund der Nachzeichnung auf der Basis der für ihn gebildeten Referenzgruppe gesetzt. Aus diesem Verhalten konnte die Beklagte berechtigterweise folgern, der Kläger werde nicht mehr beanspruchen, auf der Basis seiner letzten tatsächlichen dienstlichen Beurteilung aus dem Zeitraum vor der Bildung der Referenzgruppe förderlich verwendet zu werden.

19

c) Die Frage, ob der Beklagten oder der Verwaltung der Bundeswehr wegen ihrer Bindung an Recht und Gesetz jede ihrer Behauptungen zu glauben ist, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Denn das Gesetz bestimmt in § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ausdrücklich, dass das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung schließt damit die Bindung an starre Beweisregeln aus.

20

d) Auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Antrag auf Beweiserhebung als bloßer Ausforschungsbeweis zu bewerten ist, begründet nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Diese Frage ist in der Rechtsprechung bereits geklärt (Beschlüsse vom 29. März 1995 - BVerwG 11 B 21.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266 S. 10 f. und vom 28. Mai 2013 - BVerwG 7 B 46.12 - juris Rn. 6). Die korrekte Anwendung dieser Grundsätze ist keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine der richtigen Rechtsanwendung im Einzelfall.

21

e) Einzelfragen zur Anwendung der Richtlinie für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten und den hierzu ergangenen Erläuterungen im konkreten Einzelfall begründen ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

22

3. Die Beschwerde hat auch keinen Verfahrensmangel dargelegt, auf dem das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

23

a) Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen und Anträge der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihnen zu befassen. Dagegen gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz gegen gerichtliche Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216 f.> m.w.N.).

24

aa) Hiernach hat das Oberverwaltungsgericht nicht dadurch das Recht des Klägers aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, dass es im Urteil auf tatsächliches und rechtliches Vorbringen des Klägers zu Umständen nicht eingegangen ist, auf die es nach seiner Rechtsauffassung nicht ankommt. Dies gilt insbesondere für die Ausführungen des Klägers zur Rechtmäßigkeit der Bildung der für seinen weiteren beruflichen Aufstieg maßgeblichen Referenzgruppe, zum gebotenen Zeitpunkt der Beförderung des Klägers sowie zu vorliegenden Beurteilungserkenntnissen aus dem Zeitraum bis Ende September 2006.

25

bb) Auch soweit der Kläger rügt, das Oberverwaltungsgericht habe den Zeitpunkt der Einweisung des auf der Rangstelle 8 geführten Soldaten in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 BBesO unrichtig bewertet und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, genügt das Vorbringen nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Denn es wird nicht dargelegt, welches konkrete Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren das Oberverwaltungsgericht übergangen hat.

26

cc) Die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags, dass der Dienstposten, auf den der auf Rangplatz 10 gelistete Offizier versetzt wurde, kein NATO-Dienstposten war und insbesondere einen Nachweis von Englischkenntnissen entsprechend SLP nicht erforderte, verletzt den Kläger nicht in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG. Die Ablehnung eines Beweisantrags kann den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör nur dann verletzen, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (BVerfG, Beschluss vom 8. November 1978 - 1 BvR 158/78 - BVerfGE 50, 32 <36>; BVerwG, Beschluss vom 12. Mai 1999 - BVerwG 9 B 264.99 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 3 S. 5). Dies ist hier nicht der Fall.

27

Das Oberverwaltungsgericht hat den Beweisantrag wegen Unerheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsache abgelehnt. Dies ist ein allgemein anerkannter Grund für die Ablehnung eines unbedingten Beweisantrags (Urteil vom 24. März 1987 - BVerwG 9 C 47.85 - BVerwGE 77, 150 <157>; stRspr). Maßgeblich ist dabei die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des Berufungsgerichts. Das Oberverwaltungsgericht hat hinsichtlich der Fallgestaltung, dass die Auswahl des Hauptmanns mit Ranglistenplatz 10 rechtswidrig gewesen sein sollte, für die dann eintretende Situation ausschließlich auf die Zahl der Förderungen und den konkreten Ranglistenplatz des Klägers (Nr. 9) abgehoben.

28

dd) Das Vorbringen des Klägers zur tatsächlichen Anzahl der sog. "Zahlfälle" hat das Oberverwaltungsgericht zur Kenntnis genommen. Dass es dem Vortrag des Klägers inhaltlich nicht gefolgt ist, stellt keine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör dar.

29

ee) Nicht zu beanstanden ist es schließlich, dass das Oberverwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Klägers abgelehnt hat, zum Beweis der Tatsache, dass in Bezug auf die auf den Rangplätzen 6, 7, 11 und 12 gereihten Offiziere der Referenzgruppe des Klägers Angebote auf förderliche Verwendungen nach Besoldungsgruppe A 12 BBesO unterbreitet worden sind und sog. Zahlfälle vorliegen, die Personalakten dieser vier Offiziere beizuziehen und diese urkundenbeweislich zu verwerten. Hinsichtlich des Hauptmanns auf dem Rangplatz Nr. 7 ist das Oberverwaltungsgericht entsprechend der Angabe der Beklagten im Beschwerdebescheid vom 18. Februar 2013 von einem "Zählfall" ausgegangen. In Bezug auf die Hauptleute auf den Rangplätzen 6, 11 und 12 hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, es handele sich insoweit um einen sog. Ausforschungsbeweis.

30

Der Kläger legt in der Beschwerdebegründung nicht dar, dass dieser anerkannte Ablehnungsgrund hier nicht vorliegt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Anforderungen an die Substantiierung eines Beweisantrags, die sich auch nach der konkreten prozessualen Situation richten, nicht überspannt.

31

Die gebotene Substantiierung erschöpft sich nicht in der Nennung eines bestimmten Beweismittels und der Behauptung einer bestimmten Tatsache, die das Beweisthema bezeichnet. Das Substantiierungsgebot verlangt vielmehr, dass die Tatsache vom Beteiligten mit einem gewissen Maß an Bestimmtheit als wahr und mit dem angegebenen Beweismittel beweisbar behauptet wird. Zwar darf sich ein Beteiligter insoweit mit einer Vermutung begnügen, wenn, wie hier, die zu beweisende Tatsache nicht in seinen eigenen Erkenntnisbereich fällt (Beschluss vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 8 B 37.11 - ZOV 2011, 264 Rn. 13). Wenn die Gegenseite aber der aufgestellten Vermutung mit einer plausiblen Erklärung entgegengetreten ist, darf diese nicht einfach ignoriert werden. Vielmehr muss sich der Beteiligte mit dieser Erklärung auseinandersetzen und hat greifbare Anhaltspunkte dafür zu benennen, dass seine Vermutung entgegen der Erklärung der Gegenseite doch zutrifft. Einer ohne Auseinandersetzung mit den Gegenargumenten "ins Blaue hinein" aufrechterhaltenen Behauptung muss das Gericht nicht nachgehen (Beschluss vom 25. Januar 1988 - BVerwG 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 196 S. 14).

32

Der Vertreter der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung angegeben, der auf Rangplatz 7 gereihte Offizier sei ein solcher "Zählfall" gewesen, weitere Fälle hat er ausdrücklich verneint. Aus der Beschwerdebegründung ist nicht zu entnehmen, dass sich der Kläger mit diesen konkreten Angaben des Beklagtenvertreters auseinandergesetzt und in der mündlichen Verhandlung gegenteiliger Anhaltspunkte für die Richtigkeit seiner Behauptungen genannt hat.

33

Mit dem Vorbringen des Klägers zu einem möglichen Angebot einer förderlichen Verwendung an den auf Rangplatz 6 gereihten Hauptmann hat sich das Oberverwaltungsgericht inhaltlich befasst. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Personalgesprächs des auf Rangplatz 6 gereihten Offiziers mit Vertretern der Bundeswehrverwaltung genügt das Vorbringen in der Beschwerdebegründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Es ist nicht Aufgabe des über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidenden Gerichts, die Akten des gerichtlichen Verfahrens daraufhin zu überprüfen, in welchem Schriftsatz der Kläger eine bestimmte Behauptung aufgestellt hat.

34

b) Dem Beschwerdevorbringen ist auch kein Verstoß des Berufungsgerichts gegen die Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu entnehmen.

35

Die Darlegung eines solchen Verstoßes setzt voraus, dass die für erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen bezeichnet werden. Ferner muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme weiterer Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr bemängelt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne solches Hinwirken des Beteiligten von sich aus hätten aufdrängen müssen (Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265 S. 9). Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht.

36

Welche Aufklärungsmaßnahmen die Tatsachengerichte ergreifen, haben sie auf der Grundlage ihrer materiell-rechtlichen Rechtsauffassung zu entscheiden. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO verlangt nicht, dass ein Tatsachengericht Ermittlungen anstellt, auf die es nach seiner Rechtsansicht für den Ausgang des Rechtsstreits nicht ankommt (Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 28.10 - BVerwGE 140, 199 Rn. 25).

37

Auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts musste nicht weiter aufgeklärt werden, zu welchem Zeitpunkt der Kläger zur Förderung heranstand.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.