Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 12. Feb. 2019 - RO 12 K 17.2008

bei uns veröffentlicht am12.02.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit für ein motorbetriebenes Liegedreirad der Firma ... Bikes (Trix 2017, Hilfsmittel Nr. 22.51.02.0059).

Mit Beihilfebescheid vom 16.07.2009 wurden der am …1965 geborenen Klägerin, entsprechend ihrem Beihilfebemessungssatz von 50%, 1.095,- € im Zuge der Anschaffung eines (nicht motorbetriebenen) Behinderten-Dreirades gewährt. Mit Antrag vom 21.06.2017 bat die Klägerin - unter Übersendung einer ärztlichen Verordnung vom 19.06.2017 (Diagnose: frühkindliche cerebrale spastische Diplegie) und eines Kostenvoranschlages (Konfiguration) der Firma ... Bikes vom 17.06.2017 in Höhe von 8.527,- € - um Vorabbestätigung der Kostenübernahme. Mit Schreiben vom 18.07.2017 forderte die Beklagte weitere Unterlagen für die Prüfung der medizinischen Notwendigkeit bei der Klägerin an, woraufhin diese mit Antwortschreiben (Behördenakte Bl. 16) auch eine Bescheinigung ihres Arztes - Dr. med. G … - vom 01.08.2017 mit vorlegte. Die Beklagte bat die I … GmbH Gesellschaft für medizinische Gutachten mit Schreiben vom 06.09.2017 um ein Aktenlagegutachten und Stellungnahme zur Frage, ob „im vorliegenden Fall die Aufwendungen für ein motorbetriebenes Behinderten-Dreirad medizinisch notwendig und wirtschaftlich angemessen sind.“ Mit Gutachten nach Aktenlage vom 11.09.2017 (Behördenakte Bl. 27 - 29) „kann eine begründbare medizinische Notwendigkeit demzufolge nicht gesehen werden.“ Weiter wird im Gutachten ausgeführt: „Das Bemühen [Anm.: durch die Ärzte der Klägerin] um ein motorgetriebenes Dreirad wird unterstützt, wobei dies begründet auffällig und widersprüchlich ist. Ohne Zweifel ist es wichtig, dass die Anspruchstellerin ihre Mobilität beibehält. Einer Verminderung der Muskelkraft, Muskelverschmächtigung oder Versteifung von Gelenken kann man jedoch nicht dadurch entgegenwirken, dass die Beanspruchung reduziert und damit das Training (durch Motorkraft) behindert. Es ist offensichtlich bislang von keiner (sachkundigen) Stelle attestiert worden, dass die Versicherte nicht (mehr) in der Lage sei, aus eigener Kraft das Behindertendreirad führen und bewegen zu können. Demzufolge wäre jetzt bei noch erhaltener muskulärer Funktion die Verordnung des motorgetriebenen Rades bezüglich der Eigenaktivität und des Trainings kontraproduktiv, da durch die Motorkraft eben die Eigenaktivität gebremst und die Möglichkeit von Sekundärkomplikationen eher unterstützt wird. Das Eintreten einer zunehmenden Immobilität wird durch die Wegnahme/Verhinderung der eigenaktiven trainierenden Muskelkräftigung eher gefördert und nicht verhindert. Insofern ist derzeit aus diesseitiger Betrachtung die Verordnung eines motorgetriebenen Behindertendreirades kontraproduktiv.“

Mit Bescheid vom 11.09.2017 lehnte die Beklagte die medizinische Notwendigkeit des motorbetriebenen Behinderten-Dreirades unter Hinweise auf die gutachterliche Prüfung ab. Die Voraussetzungen für ein Behinderten-Dreirad gem. Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 und 4 Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) seien jedoch erfüllt und nach Vorlage eines entsprechenden Kostenvoranschlages für ein Behinderten-Dreirad in Standardausführung würde die Beihilfefähigkeit solcher Aufwendungen geprüft. Den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 01.10.2017, dem zur Begründung eine ärztliche Bescheinigung des Dr. med. univ. M … vom 18.09.2017 mit E-Mail vom 04.10.2017 nachgereicht wurde (Behördenakte Bl. 34), wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2018, der Klägerin mit Postzustellungsurkunde zugestellt am 21.10.2018, zurück. Der zulässige Widerspruch sei in der Sache nicht begründet. Bei einem Behinderten-Dreirad handle es sich um ein beihilfefähiges Hilfsmittel gemäß Ziffer 2.5 der Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 und 4 BBhV. Aufwendungen hierfür seien dem Grunde nach beihilfefähig. Zur Feststellung der Notwendigkeit eines motorbetriebenen Behinderten-Dreirades sei ein Gutachter eingeschaltet gewesen, der in seiner Stellungnahme vom 11.09.2017 zu dem Ergebnis gekommen sei, dass eine medizinische Notwendigkeit für ein motorbetriebenes Behinderten-Dreirad nicht vorliege. Diesem Gutachten schließe sich die Festsetzungsstelle an. Die Entscheidung der privaten Krankenversicherung sei für sie nicht maßgeblich.

Mit Schreiben vom 20.11.2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten vorliegende Klage einreichen lassen. Zur Begründung lässt die Klägerin vortragen, dass bei ihr ein ausgeprägtes Bild einer geburtstraumatischen anoxischen Hirnschädigung mit dem Vollbild einer bis heute bestehenden cerebralen spastischen Diplegie bestehe. Sie sei schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100% und den Merkzeichen G, aG, B, H, RF. Bei ihr bestehe eine Ganzkörperspastik einhergehend mit einer ausgeprägten Störung der Feinmotorik der Hände sowie einer ausgeprägten Gehbehinderung bei Spastik der unteren Extremitäten und der Beckenmuskulatur. In geschlossenen Räumen könne sie sich nur durch Anlehnung an die Wände oder durch Unterstützung eines Handlaufs langsam mobilisieren. Ein Gehen ohne Hilfsmittel sei nur wenige Schritte möglich. Es bestehe dabei immer eine latente Sturzgefahr. In Folge bereits in der Vergangenheit erlittener Stürze und ärztlicherseits progredienter Verschlechterung der Spastik müsse sie sich auf einem kompakten und schweren Behinderten-Dreirad fortbewegen. Diese Möglichkeit bestehe jedoch nur bei sehr kurzen und ebenen Wegstrecken. Ärztlicherseits sei es evident, dass die Klägerin ihre Mobilität beibehalte, um einer Verschlimmerung der Spastik sowie einer Muskelverschmächtigung oder Versteifung der Gelenke entgegenzuwirken. Mit zunehmender Immobilität bestehe eine erhebliche Gefahr der raschen Verschlechterung der Grunderkrankung und auch multipler Sekundärkomplikationen. Die Folge wäre, dass sie künftig auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen wäre. Da sie sich mit Fortschreiten ihrer Erkrankung beim Betrieb eines mechanischen Behinderten-Dreirades schwer tue und sie jedoch diese Unterstützung weiterhin nutzen wolle und auch müsse, wie medizinisch begründet und aufgezeigt, sei sie an der Nutzung eines behindertengerechten Dreirades mit Elektromotorunterstützung interessiert. Diese Gefährte seien vom GKV-Spitzenverband als Hilfsmittel zugelassen, würden die Voraussetzungen gemäß Anlage 11 zu § 25 BBhV erfüllen und eine dahingehende ärztliche Rezeptur ihrerseits liege vor. Der Tretvorgang bei ihrem mechanisch betriebenen Behindertenfahrrad falle ihr krankheitsbedingt immer schwerer, so dass sie das mechanisch betriebene Rad nur auf relativ kurzen und vor allem ebenen Wegstrecken verwende. Mit fortschreitender Erkrankung und ihrem Krankheitsbild falle ihr diese Fortbewegung aber immer schwerer. Mit dem motorunterstützten Fahrrad wäre sie in der Lage, die Beweglichkeit der Beine zu fördern. Es bestünde auch die berechtigte Befürchtung, dass sie ohne regelmäßige Bewegung und entsprechendes Training langfristig auf einen Rollstuhl angewiesen wäre. Für das beantragte Behinderten-Dreirad gebe es keine Standardausführung, sondern diese müssten immer mit angepassten Komponenten versehen werden. Sie hätte ohnehin einfache Komponenten ausgewählt. Bei der Klägerin bestehe die Gefahr, dass sie ohne die Motorunterstützung in ihrem jetzigen Krankheitszustand und auch bei fortschreitendem Krankheitsbild sehr rasch an ihre physische Belastbarkeit gelangen würde und das Rad nicht mehr zweckmäßig und längerfristig in Anspruch nehmen könne. Zur Verhinderung der Rollstuhlpflichtigkeit und Bettlägerigkeit sei es bei der Klägerin auch medizinisch indiziert, sich regelmäßig auch für längere Strecken fortzubewegen, wobei aber das Zurücklegen längerer Wegstrecken nicht möglich sei. Das Gutachten, das die Beklagte in Auftrag gegeben habe, sei von der I … GmbH erstellt worden. Ein persönliches Gespräch mit der Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden, ebensowenig eine Untersuchung der Klägerin. Angesichts der vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen der die Klägerin behandelnden Ärzte werde das Gutachtensergebnis in Frage gestellt. Auch die fachliche Beurteilung des klägerischen Krankheitsbildes durch den Gutachter Dr. H … als Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie werde in Frage gestellt. Das eingeholte Gutachten lasse vermissen, dass es sich substantiiert mit dem Krankheitsbild der Klägerin und seinen zukünftigen Erscheinungsbildern und Konsequenzen für die Klägerin auseinandersetze. Auch wolle die Klägerin nicht ausschließlich mit Motorbetrieb das Rad bedienen. Wie aufgezeigt und auch ärztlicherseits empfohlen, solle die Motorkraft bei längeren Wegstrecken und auch bei nicht ebenen Fahrstrecken lediglich unterstützend zum Einsatz kommen. Es bestehe eine medizinische Indikation zur Verwendung des motorbetriebenen Behinderten-Dreirades, um der Klägerin in ihrer augenblicklichen Krankheitssituation und auch in der Zukunft bei fortschreitendem Krankheitsbild die weitere Mobilität zu erleichtern. Die Aufrechterhaltung der Mobilität sei erforderlich, um bei der Klägerin, wie medizinisch durch ihre behandelnden Ärzte angezeigt, einer drohenden Behinderung vorzubeugen bzw. eine Behinderung auszugleichen.

Die Klägerin beantragt,

Der Bescheid vom 11.09.2017 über die Ablehnung von Beihilfe für ein motorbetriebenes Behinderten-Dreirad in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2017 wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, die Kosten für die Gewährung von Beihilfe für ein motorbetriebenes Behinderten-Dreirad dem Grunde nach anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt die Beklagte zum schriftsätzlich angekündigtem Klageantrag vor, die allgemeine Feststellungsklage sei bereits wegen Subsidiarität gemäß § 43 Abs. 2 VwGO unzulässig. Auch die Verpflichtungsklage wäre unzulässig, da der Klägerin aktuell das Rechtsschutzbedürfnis fehle; die Klägerin habe keinen Anspruch auf „Vorabanerkennung“ der Beihilfefähigkeit des streitgegenständlichen motorbetriebenen Behinderten-Dreirads. Die (Entscheidung über die) Erstattung von Aufwendungen erfolge durch die Beihilfestelle, wenn die Klägerin Aufwendungen für die Anschaffung des begehrten Hilfsmittels gemacht habe und die entsprechenden Rechnungen bei der Beihilfestelle einreiche. Die Klage sei auch unbegründet. Insbesondere habe die Klägerin aktuell keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für das streitgegenständliche motorbetriebene Behinderten-Dreirad sowie keinen Anspruch auf „Vorabanerkennung“ der Beihilfefähigkeit des Hilfsmittels. Zudem seien die Aufwendungen für das streitgegenständliche Behinderten-Dreirad mit Motorisierung auch nicht beihilfefähig. Beihilfefähig seien grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen gemäß § 6 Abs. 1 BBhV. Nach der gutachterlichen Stellungnahme des Dr. H … vom 11.09.2017 liege eine medizinische Notwendigkeit für ein motorbetriebenes Behinderten-Dreirad nicht vor (Beihilfeakte Bl. 26 ff.). Hinzu sei „…die Verordnung eines motorgetriebenen Behindertendreirads bei noch erhaltener muskulärer Funktion bezüglich der Eigenaktivität und des Trainings kontraproduktiv, da durch die Motorkraft eben die Eigenaktivität gebremst und die Möglichkeit von Sekundärkomplikationen eher unterstützt“ werde (Beihilfeakte Bl. 28). In der ergänzenden Stellungnahme des Dr. H … vom 11.12.2017 (Gerichtsakte Bl. 43 - 45), die auch das Schreiben des Neurologen der Klägerin, Dr. M …, vom 18.09.2017 berücksichtige, werde die Verordnung eines motorgetriebenen Behinderten-Dreirads als medizinisch nicht notwendig eingestuft und ausgeführt, dass die im Vorgutachten ausgesprochenen Bedenken nicht ausgeräumt würden; zusätzlich sei speziell unter dokumentierter Koordinationsstörung und Feinmotorikstörung der Hände unzweifelhaft das Betreiben eines motorgetriebenen Behinderten-Dreirads für die Klägerin und Dritte gefährdend. Dr. H … führe des Weiteren unter Punkt 4 seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.12.2017 aus, dass ihm vorliegende Unterlagen für eine Aktenlagebeurteilung ausreichend seien. Darüber hinaus seien gemäß Anlage 12 (zu § 25 Absatz 1, 2 und 4 BBhV) Nr. 5.6 Aufwendungen für Elektrofahrzeuge nicht beihilfefähig, soweit sie nicht in Anlage 11 (zu § 25 Absatz 1, 2 und 4 BBhV) aufgeführt seien. Ein motorisiertes Behinderten-Dreirad sei dort nicht erwähnt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 12.02.2019 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

1. Die Klage ist zulässig.

Der Verpflichtungsklage fehlt insbesondere nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an der Verpflichtung der Beklagten, dem Grunde nach die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für ein motorbetriebenes Behinderten-Dreirad nach § 25 BBhV i.V.m. Anlage 11 zu § 25 BBhV anzuerkennen. Der Zulässigkeit der auf eine Anerkennung der Beihilfefähigkeit „dem Grunde nach“ gerichteten Verpflichtungsklage steht nicht entgegen, dass eine Voranerkennung für die Kosten eines Hilfsmittels in der Beihilfeverordnung nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Denn die zuständigen Beihilfefestsetzungsbehörden sind nicht gehindert, im Rahmen ihres Ermessens derartige Kostenzusagen zu erteilen, die im Interesse des Beihilfeberechtigten liegen und frühzeitig Klarheit über die Beihilfefähigkeit der anstehenden Aufwendungen schaffen (VG Köln, U. v. 24.08.2015 - 10 K 2616/14, Rz. 21; BayVGH, U. v. 06.06.2016 - 14 BV 15.527, Rz. 13; OVG NRW, U. v. 14.08.1995 - 1 A 3558/92, Rz. 12, 14).

2. Die Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 11.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Voranerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für ein motorbetriebenes Liegedreirad der Firma ... Bikes (Trix 2017, Hilfsmittel Nr. 22.51.02.0059).

a.) Der Sache nach handelt es sich bei der vorherigen Anerkennung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen um eine Zusicherung im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, nämlich um die Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen, und damit nach heute gesicherter Auffassung wiederum um einen Verwaltungsakt (OVG NRW, U. v. 14.08.1995 - 1 A 3558/92, Rz. 14; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Auflage 2017, § 38 Rn. 4a, 8). Ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung besteht vorliegend nicht. Somit steht die Erteilung einer Zusicherung im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (VG Köln, U. v. 15.11.2013 - 9 K 1009/13, Rz. 32; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 38 Rn. 110), sofern nicht die Erteilung einer Zusicherung durch das Fachrecht ausgeschlossen ist. Im Beamtenrecht ist dies z.B. für die Besoldung (§ 2 Abs. 2 BbesG) und die Versorgung (§ 3 Abs. 2 BeamtVG) der Fall, nicht hingegen für die Beihilfefähigkeit von bestimmten Aufwendungen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Auflage 2017, § 38 Rn. 4a; vgl. auch VG Köln, U. v. 24.08.2015 - 10 K 2616/14; BayVGH, U. v. 06.06.2016 - 14 BV 15.527; OVG NRW, U. v. 14.08.1995 - 1 A 3558/92). Anerkannt ist das Bestehen eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, wenn eine Zusicherung beantragt wird.

Ermessen besteht auch, wenn die rechtlichen Voraussetzungen des zuzusichernden Verwaltungsaktes vorliegen, er zu diesem Zeitpunkt aus unterschiedlichsten Gründen jedoch noch nicht erlassen werden soll. Zur pflichtmäßigen Ausübung des Ermessens gehört auch die Berücksichtigung des Interesses des Betroffenen an der Zusicherung, ohne dass das berechtigte Interesse des Antragstellers allein geeignet ist, den Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Zusicherung zu einem Anspruch auf Zusicherung zu verdichten (Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 38 Rn. 110).

b.) Die Grenzen des Ermessens werden nur dann überschritten, wenn die Behörde aus sachfremden Gründen oder offenbarer Fehleinschätzung die Erteilung der Zusicherung ablehnt (OVG NRW, U. v. 14.08.1995 - 1 A 3558/92, Rz. 14). Vorliegend besteht nach Einschätzung des Beklagten bei den Aufwendungen für ein motorbetriebenes Behinderten-Dreirad keine Beihilfefähigkeit. Die Beklagte hat sich auf den Antrag der Klägerin, gerichtet auf eine bindende Vorentscheidung über die Möglichkeit der Gewährung einer Beihilfe zu den durch die Anschaffung eines motorbetriebenen Liegedreirads der Firma ... Bikes entstehenden Kosten, eingelassen und die Erteilung der begehrten Zusicherung dann nach Durchführung sachgerechter Ermittlungen - u.a. der Einholung einer ärztlichen Stellungnahme zur medizinischen Notwendigkeit des angedachten Hilfsmittels - wegen Fehlens einer der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe abgelehnt.

c.) Die Klägerin hat in der Sache tatsächlich auch keinen Anspruch auf Beihilfe, so dass die Einschätzung der Beklagten auch objektiv zutrifft und nicht weiter erörtert werden muss, ob der Umstand einer fehlerhaften rechtlichen Einschätzung der Beihilfefähigkeit durch die Beklagte für die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Erteilung einer Zusicherung ohne ausschlaggebende Bedeutung bleibt (so OVG, U. NRW v. 14.08.1995 - 1 A 3558/92, Rz. 14; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 38 Rn. 110; wohl a.A. BayVGH, U. v. 06.06.2016 - 14 BV 15.527; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Auflage 2017, § 38 Rn. 24).

d.) Das von der Klägerin begehrte Liegedreirad (Trix 2017, Hilfsmittel Nr. 22.51.02.0059; vgl. Kostenvoranschlag der Behördenakte - Bl. 6 ff.) ist nicht beihilfefähig.

aa.) Die Beihilfefähigkeit von Hilfsmitteln richtet sich nach § 25 BBhV in der anzuwendenden Fassung. Die vorliegend streitgegenständliche Frage beurteilt sich nicht - wie bei bereits entstandenen Aufwendungen (stRspr, vgl. BVerwG, U. v. 02.04.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9) - nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird. Abzustellen ist vielmehr auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (BayVGH, U. v. 06.06.2016 - 14 BV 15.527, Rz. 16; a. A. VG Sigmaringen, U. v. 08.03.2016 - 3 K 4243/14, Rz. 18, wonach das Datum der Antragstellung für die Voranerkennung maßgeblich sein soll). Auch ein Abstellen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Antragstellung (21.06.2017; BBhV in der Fassung gültig ab 01.11.2016 bis 30.07.2018) würde vorliegend zu keinem anderen Ergebnis führen.

bb.) Gemäß § 25 Abs. 1 BBhV sind Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 der Norm die Aufwendungen u.a. für die Anschaffung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Gemäß § 25 Abs. 2 BBhV sind Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben (Nr. 1 Buchst. a), einen niedrigen Abgabepreis haben (Nr. 1 Buchst. b), der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind (Nr. 1 Buchst. c) oder in Anlage 12 genannt sind (Nr. 1 Buchst. d) hingegen nicht beihilfefähig.

Vor dem Hintergrund der Systematik des § 25 BBhV i.V.m. Anlage 11 und Anlage 12 ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, ob die Aufwendungen für den zu beurteilenden Gegenstand unter Berücksichtigung der genannten Beispielsfälle notwendig und angemessen sind, oder ob sie im Hinblick auf die genannten Ausschlussgründe - insbesondere weil die Gegenstände der allgemeinen Lebenshaltung dienen - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, U. v. 10.10.2011 - 2 S 1369/11, Rz. 27).

Es fehlt vorliegend zum einen an der medizinischen Notwendigkeit des Liegedreirads. Eine Voraussetzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen von Hilfsmitteln ist ihre medizinische Notwendigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV. Die zu Heilmitteln i.S.d. § 23 BBhV ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG v. 22.08.2018 - 5 B 3/18) ist ohne Weiteres auf Hilfsmittel nach § 25 BBhV zu übertragen, wie sich aus der Gesamtschau von Anlage 11 und 12 ergibt (Vorbemerkung zu Anlage 12: „… die weder notwendig noch angemessen (§ 6 Absatz 1) sind“). Abweichendes ergibt sich auch nicht aus Anlage 11 („beihilfefähig, wenn von einem Arzt verordnet“), da Anlage 11 und Anlage 12 im Zusammenhang zu sehen sind und insoweit die Vorbemerkung zu Anlage 12 eindeutig ist. Zwar darf die zur Entscheidung über die Notwendigkeit von Aufwendungen berufene Festsetzungsstelle (§ 51 Abs. 1 Satz 1 BBhV) davon ausgehen, dass Aufwendungen, die auf einer ärztlichen Verordnung beruhen, aufgrund der Sachkunde des Arztes regelmäßig auch medizinisch geboten sind. Dies nimmt ihr jedoch weder das Recht noch entbindet es sie davon, in Zweifelsfällen die medizinische Notwendigkeit einer (weiteren) Überprüfung zu unterziehen und dazu etwa Gutachten einzuholen (BVerwG v. 22.08.2018 - 5 B 3/18). So ist dies auch im zu Grunde liegenden Fall von der Beklagten geschehen. Mit der Begutachtung der medizinischen Notwendigkeit des von der Klägerin begehrten motorbetriebenen Liegedreirads hat die Beklagte Herrn Dr. T … beauftragt (Behördenakte Bl. 10, 19) und im Nachgang noch die I … GmbH - Gesellschaft für medizinische Gutachten (Gutachten vom 11.09.2017: Behördenakt Bl. 26 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 11.12.2017, vorgelegt als Anlage B 1). An der Verwertbarkeit des Gutachtens vom 11.09.2017 und der ergänzenden Stellungnahme vom 11.12.2017 der I … GmbH bestehen für das Gericht keine Zweifel. Die Einwände der Klägerin (kein pers. Gespräch mit der Klägerin; keine Untersuchung der Klägerin; fachliche Beurteilung durch Arzt für (Unfall-)Chirurgie; vorliegende ärztliche Stellungnahmen der Klägerin sprechen für eine medizinische Notwendigkeit; das Gutachten lasse vermissen, dass es sich substantiiert mit dem Krankenbild der Klägerin und seinen zukünftigen Erscheinungsbildern und Konsequenzen für die Klägerin auseinandersetze) greifen allesamt nicht durch. Der begutachtende Arzt, Hr. Dr. H …, weist jeweils darauf hin, dass ihm vorliegende Unterlagen für eine Aktenlagebeurteilung ausreichend seien. Dem Gutachter haben dabei die jeweils von der Klägerin vorgelegten privatärztlichen Stellungnahmen zur medizinischen Notwendigkeit vorgelegen und er hat sich damit auseinandergesetzt, gerade auch, warum aus seiner Sicht keine medizinische Notwendigkeit gegeben und die Anschaffung eines motorbetriebenen Liegedreirades sogar kontraproduktiv sei. Zu Recht weist Dr. H … auch darauf hin, dass von keiner (sachkundigen) Stelle attestiert worden sei, dass die Klägerin nicht (mehr) in der Lage sei, aus eigener Kraft das [Anm.: 2009 erworbene, nicht motorbetriebene] Behinderten-Dreirad führen und bewegen zu können. Seine Bedenken werden auch nicht durch das Schreiben des Dr. med. univ. M … vom 18.09.2017 ausgeräumt, wie er zutreffend in der ergänzenden Stellungnahme vom 11.12.2017 feststellt. Die gutachterlichen Ausführungen des Hr. Dr. H … geben auch keinen Anlass zu Zweifeln an dessen Sachkunde oder Unparteilichkeit. Insbesondere erfolgt darin gerade auch eine Auseinandersetzung mit dem (künftigen) Erscheinungsbild der Krankheit der Klägerin. § 51 Abs. 1 Satz 4 BBhV lässt sich auch nicht entnehmen, dass nur Amts- oder Vertrauensärzte herangezogen werden dürfen (OVG NRW, B. v. 27.08.2015 - 1 A 1202/15, Rz. 23). Die Befugnis nach § 51 Abs. 1 Satz 4 BBhV, die endgültige Begutachtung extern zu vergeben, umfasst es auch, die Vorprüfung der Angelegenheit einschließlich der Auswahl eines geeigneten (gesellschaftsinternen oder -externen) Gutachters sowie die abschließende Überprüfung dieser Begutachtung extern zu vergeben (OVG NRW, B. v. 27.08.2015 - 1 A 1202/15, Rz. 23).

Zum anderen handelt es sich bei dem begehrten motorbetriebenen Liegedreirad der Firma ... Bikes auch nicht um ein grundsätzlich beihilfefähiges „Behinderten-Dreirad“ im Sinne von Nr. 2.5 der Anlage 11 zur Bundesbeihilfeverordnung. Stattdessen liegt ein Hilfsmittel vergleichbar der grundsätzlich nicht beihilfefähigen Gegenstände vor, die in Anlage 12 zur Bundesbeihilfeverordnung aufgelistet sind (vgl. auch VG Stuttgart, U. v. 21.04.2015 - 12 K 5471/14, Rz. 18 ff. - zum Liegedreirad „Scorpion fs FX Pedelec 20“). Nach der Vorbemerkung in Anlage 12 gehören nicht zu den beihilfefähigen Hilfsmitteln Gegenstände, die weder notwendig noch wirtschaftlich angemessen sind oder die zur allgemeinen Lebenshaltung gehören. Gleiches regelt bereits § 25 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) BBhV, nämlich dass Aufwendungen, die der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind, nicht beihilfefähig sind.

Der allgemeinen Lebenshaltung dienen diejenigen Hilfsmittel, die üblicherweise herangezogen werden, um die „Unbequemlichkeiten“ des Lebens zu erleichtern, und die aufgrund der objektiven Eigenart und Beschaffenheit des Gegenstandes keinen unmittelbaren Bezug zu dem festgestellten Krankheitsbild haben. Es kommt nicht darauf an, ob im Einzelfall ein Gegenstand ohne die Erkrankung nicht angeschafft würde oder worden wäre. Maßgebend ist vielmehr, ob das Hilfsmittel - von einer krankheitsentsprechenden Ausstattung abgesehen - auch von einem Gesunden im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung üblicherweise genutzt werden kann (VG Freiburg, U. v. 31.03.2011 - 6 K 303/09, Rz. 22 m.w.V.). Die Anschaffung des Liegedreirads der Firma ... Bikes ist damit nicht beihilfefähig, da sie der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen ist. Bei dem Rad handelt es sich ungeachtet dessen, dass es als behindertengerecht beschrieben wird (https://hasebikes.com/110-0-Reha-Dreirad-TRIX.html: „dass man sogar mit schweren Handicaps ganz vorne mitmischen kann“) und je nach Art und Ausmaß der Behinderungen auch von einem behinderten Menschen genutzt werden kann, nicht um ein Hilfsmittel, das speziell auf die Nutzung durch kranke oder behinderte Menschen zugeschnitten ist. So führt der Hersteller in seinem Internetauftritt zum streitgegenständlichen Liegedreirad auch selbst aus: „Fun-Faktor (…). Als supersportliches Liege-Dreirad ist das Trix eigentlich zu abgefahren für eine Hilfsmittelnummer. Aber zum Glück nur eigentlich (…). Kein Handicap, kein Trix? Quatsch. (…) Grundsätzlich gilt: Das Trix kann jeder fahren, der nicht kleiner als 1 Meter 25 und nicht größer als 1 Meter 90 ist.“

Schließlich müssen die begehrten Aufwendungen für das Liegedreirad vom Beklagten auch nicht über § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV „ausnahmsweise“ gewährt werden, weil dies bei einem solchen Freizeit- bzw. Sportfahrzeug nicht der Fürsorgepflicht entspricht (vgl. auch VG Stuttgart, U. v. 21.04.2015 - 12 K 5471/14, Rz. 18 ff. - zum Liegedreirad „Scorpion fs FX Pedelec 20“).

Nach alledem hat die Beklagte die begehrte Voranerkennung der Beihilfefähigkeit zu Recht abgelehnt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

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(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die

Bundesbeihilfeverordnung - BBhV | § 6 Beihilfefähigkeit von Aufwendungen


(1) Aufwendungen sind beihilfefähig, wenn zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen 1. die Beihilfeberechtigung besteht oder2. die Voraussetzungen für die Berücksichtigungsfähigkeit nach § 4 erfüllt sind.Die Aufwendungen gelten als zu dem Zeitpun

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 3 Regelung durch Gesetz


(1) Die Versorgung der Beamten und ihrer Hinterbliebenen wird durch Gesetz geregelt. (2) Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche, die dem Beamten eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Versorgung verschaffen sollen, sind unwirksam. Das G

Bundesbeihilfeverordnung - BBhV | § 25 Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, Körperersatzstücke


(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohend

Bundesbeihilfeverordnung - BBhV | § 23 Heilmittel


(1) Aufwendungen für ärztlich oder zahnärztlich verordnete Heilmittel und bei der Anwendung der Heilmittel verbrauchte Stoffe sind nach Maßgabe der Anlagen 9 und 10 beihilfefähig. (2) Bei Personen, die nach § 3 beihilfeberechtigt oder bei einer n

Bundesbeihilfeverordnung - BBhV | § 51 Bewilligungsverfahren


(1) Über die Notwendigkeit und die wirtschaftliche Angemessenheit von Aufwendungen nach § 6 entscheidet die Festsetzungsstelle. Die beihilfeberechtigte Person ist zur Mitwirkung verpflichtet. § 60 Absatz 1 Satz 1, die §§ 62 und 65 bis 67 des Ersten B

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Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand   1 Der Kläger begehrt Beihilfe für die Anschaffung eines (behindertengerechten) Elektromobils (Cityliner 412 der Firma X).

Referenzen

(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die
a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben,
b)
einen niedrigen Abgabepreis haben,
c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder
d)
in Anlage 12 genannt sind, und
2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.

(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.

(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Aufwendungen sind beihilfefähig, wenn zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen

1.
die Beihilfeberechtigung besteht oder
2.
die Voraussetzungen für die Berücksichtigungsfähigkeit nach § 4 erfüllt sind.
Die Aufwendungen gelten als zu dem Zeitpunkt entstanden, zu dem die sie begründende Leistung erbracht wird.

(2) Aufwendungen einer nach § 4 Absatz 1 berücksichtigungsfähigen Person sind beihilfefähig, wenn der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte (§ 2 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 5a des Einkommensteuergesetzes) einschließlich vergleichbarer ausländischer Einkünfte oder der Gesamtbetrag ihrer vergleichbaren ausländischen Einkünfte im zweiten Kalenderjahr vor Beantragung der Beihilfe 20 000 Euro nicht übersteigt. Sind die Einkünfte im laufenden Kalenderjahr geringer, sind Aufwendungen der Ehegattin, des Ehegatten, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners unter Vorbehalt bereits im laufenden Kalenderjahr beihilfefähig. Die von der Ehegattin, dem Ehegatten, der Lebenspartnerin oder dem Lebenspartner der beihilfeberechtigten Personen nach § 3 im Rahmen einer durch Auslandsverwendung der beihilfeberechtigten Person aufgenommenen oder fortgeführten Erwerbstätigkeit erzielten ausländischen Einkünfte bleiben unberücksichtigt. Auf Anforderung der Festsetzungsstelle ist der Gesamtbetrag der Einkünfte durch Vorlage einer Kopie des Steuerbescheids oder, wenn dieser nicht oder noch nicht vorliegt, durch andere geeignete Unterlagen nachzuweisen. Weist der Steuerbescheid den Gesamtbetrag der Einkünfte nicht vollständig aus, können andere Nachweise gefordert werden. Der Betrag nach Satz 1 wird im gleichen Verhältnis, wie sich der Rentenwert West auf Grund der Rentenwertbestimmungsverordnung erhöht, angepasst und auf volle Euro abgerundet. Die Anpassung erfolgt mit Wirkung für das auf das Inkrafttreten der Rentenwertbestimmungsverordnung folgende Kalenderjahr. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt den jeweils angepassten Betrag durch Rundschreiben bekannt.

(3) Beihilfefähig sind grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen. Andere Aufwendungen sind ausnahmsweise beihilfefähig, soweit diese Verordnung die Beihilfefähigkeit vorsieht.

(4) Die Notwendigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen setzt grundsätzlich voraus, dass diese nach einer wissenschaftlich anerkannten Methode vorgenommen werden. Als nicht notwendig gelten in der Regel Untersuchungen und Behandlungen, soweit sie in der Anlage 1 ausgeschlossen werden.

(5) Aufwendungen für ärztliche, zahnärztliche und psychotherapeutische Leistungen sind wirtschaftlich angemessen, wenn sie sich innerhalb des in der einschlägigen Gebührenordnung vorgesehenen Gebührenrahmens halten. Als nicht wirtschaftlich angemessen gelten Aufwendungen auf Grund einer Vereinbarung nach § 2 der Gebührenordnung für Ärzte, nach § 2 der Gebührenordnung für Zahnärzte oder nach den Sätzen 2 bis 4 der allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts G der Anlage 1 zur Gebührenordnung für Zahnärzte, soweit sie die gesetzlichen Gebühren übersteigen. Wirtschaftlich angemessen sind auch Leistungen, die auf Grund von Vereinbarungen oder Verträgen zwischen Leistungserbringerinnen oder Leistungserbringern und gesetzlichen Krankenkassen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch, Unternehmen der privaten Krankenversicherung oder Beihilfeträgern erbracht worden sind, wenn dadurch Kosten eingespart werden. Aufwendungen für Leistungen von Heilpraktikerinnen oder Heilpraktikern sind wirtschaftlich angemessen, wenn sie die Höchstbeträge nach Anlage 2 nicht übersteigen.

(6) Für Personen, die nach § 3 beihilfeberechtigt oder bei einer nach § 3 beihilfeberechtigten Person berücksichtigungsfähig sind, gelten unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Ausland die ortsüblichen Gebühren als wirtschaftlich angemessen. Gelten Höchstbeträge nach Anlage 11, kann in entsprechender Anwendung des § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes der für den Dienstort jeweils geltende Kaufkraftausgleich hinzutreten.

(7) In Ausnahmefällen kann das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen die einmalige Beteiligung des Bundes als Beihilfeträger an allgemeinen, nicht individualisierbaren Maßnahmen erklären. Hierfür zu leistende Zahlungen und Erstattungen kann das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat auf die Einrichtungen oder Stellen des Bundes, die Beihilfe nach dieser Verordnung gewähren, aufteilen. Auf Anforderung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat leisten die Einrichtungen oder Stellen entsprechende Abschläge und Zahlungen. Die Anteile bemessen sich nach dem Verhältnis der tatsächlichen Beihilfeausgaben im Jahr 2009; jährliche Ausgaben unter 1 000 Euro bleiben außer Betracht. Auf Verlangen von mindestens fünf obersten Bundesbehörden oder Behörden der mittelbaren Bundesverwaltung setzt das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat die Anteile entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen Beihilfeausgaben im Vorjahr für zukünftige Maßnahmen neu fest.

(8) Sofern im Einzelfall die Ablehnung der Beihilfe eine besondere Härte darstellen würde, kann die oberste Dienstbehörde mit Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat eine Beihilfe zur Milderung der Härte gewähren. Die Entscheidung ist besonders zu begründen und zu dokumentieren.

(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die
a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben,
b)
einen niedrigen Abgabepreis haben,
c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder
d)
in Anlage 12 genannt sind, und
2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.

(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.

(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 %  des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der kieferorthopädischen Behandlung des Sohnes der Klägerin Aufwendungen für Leistungen nach der Gebührennummer 2197 der Anlage 1 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) neben Aufwendungen für Leistungen nach der GOZ-Nr. 6100 beihilfefähig sind.

Die Klägerin steht als Beamtin im Dienst des Beklagten und ist ihm gegenüber beihilfeberechtigt. Ihr 2003 geborener Sohn ist mit einem Beihilfesatz von 80 von Hundert berücksichtigungsfähig.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2014 legte die Klägerin einen Heil- und Kostenplan vom selben Tag für eine kieferorthopädische Behandlung ihres Sohnes vor. Die Beihilfestelle des zuständigen Landesamts für Finanzen teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 29. Juli 2014 mit, dass die Aufwendungen für die kieferorthopädische Behandlung mit Ausnahme der GOZ-Nr. 2197 entsprechend dem Heil- und Kostenplan im Rahmen der Beihilfevorschriften grundsätzlich bis zu einem Betrag von 7.601,03 Euro beihilfefähig seien. Auf Bitte der Klägerin, die Entscheidung insoweit zu überprüfen, teilte ihr das Landesamt für Finanzen mit Bescheid vom 11. August 2014 nochmals mit, die Aufwendungen für die GOZ-Nr. 2197 könnten nicht als beihilfefähig anerkannt werden. Eine weitere Bitte der Klägerin um Überprüfung wertete der Beklagte als Widerspruch, den das zuständige Landesamt für Finanzen mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2014 zurückwies.

Auf die Verpflichtungsklage der Klägerin hin hob das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 26. Januar 2015 den Bescheid vom 11. August 2014 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2014 auf und verpflichtete den Beklagten, die Beihilfefähigkeit der Kosten nach GOZ-Nr. 2197 gemäß dem vorgelegten Heil- und Kostenplan vom 21. Juli 2014 anzuerkennen.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 26. Januar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Angemessenheit einer Honorarforderung eines Arztes beurteile sich ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der maßgeblichen ärztlichen Gebührenordnung. Entscheidend sei deren Auslegung durch die Zivilgerichte. Die streitgegenständliche Frage, ob GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 berechnungsfähig sei, sei zivilrechtlich weder durch Obergerichte noch durch den Bundesgerichtshof geklärt. Nach dem in § 4 Abs. 2 GOZ enthaltenen Zielleistungsprinzip könne ein Zahnarzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis sei, eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechne. Nach Satz 4 der Vorschrift sei eine Leistung methodisch notwendiger Bestandteil einer anderen Leistung, wenn sie inhaltlich von der Leistungsbeschreibung der anderen Leistung (Zielleistung) umfasst und auch in deren Bewertung berücksichtigt worden sei. Die Frage, ob GOZ-Nr. 2197 als Leistungsposition neben GOZ-Nr. 6100 abgerechnet werden könne, sei durch Auslegung zu ermitteln. Aufgrund des Wortlauts der Leistungsbeschreibung von GOZ-Nr. 2197 sei es zwar nicht ausgeschlossen, dass die adhäsive Befestigung eines Brackets von deren Leistungsumfang umfasst sei. Aus dem Wortlaut könne aber nicht abgeleitet werden, dass die Anwendung der Technik ohne weiteres neben der Leistung nach GOZ-Nr. 6100 abgerechnet werden könne. GOZ-Nr. 6100 erfasse die Eingliederung eines Klebebrackets. Der Begriff „Klebebracket“ setze zwingend voraus, dass das Bracket „geklebt“ werde. Bestandteil der GOZ-Nr. 6100 sei daher das Kleben. Hierfür dürfe der Zahnarzt keine Gebühr berechnen. Die Klebemethode könne keine Rolle spielen. Hinzu komme, dass aus fachlicher Sicht die Begrifflichkeiten „Klebetechnik“ und „Adhäsivtechnik“ synonym verwendet würden. Zudem erfolge das Kleben bei Maßnahmen nach GOZ-Nr. 6100 nach dem wissenschaftlichen Standard mit der (eine hinreichend sichere Haftung gewährleistenden) adhäsiven Klebetechnik. Bei der Auslegung der GOZ müsse auf die jeweilige Standardmethode abgestellt werden. Da die Eingliederung mittels klassischen Glasionomerzements unüblich sein dürfte, gebe es in der Praxis im Ergebnis nur eine Befestigungsmethode. In diesem Zusammenhang werde auch auf einen Beschluss des Gemeinsamen Beratungsforums für Gebührenordnungsfragen hingewiesen, wonach bei der adhäsiven Befestigung der Versiegelung von kariesfreien Zahnfissuren nur GOZ-Nr. 2000 und nicht zusätzlich GOZ-Nr. 2197 abgerechnet werden könne. GOZ-Nr. 2197 könne aus systematischer Sicht nur in Bezug auf Befestigungen zum Tragen kommen, die nicht nur durch Kleben, sondern auch auf andere Art und Weise, etwa durch Zementieren, standardmäßig durchgeführt werden könnten. Denn Ziel sei es, dem mit dieser Methode verbundenen Mehraufwand Rechnung zu tragen. Aus systematischer und teleologischer Sicht könne einer Nebeneinanderabrechenbarkeit auch nicht entgegengehalten werden, dass nach Abzug der in GOZ-Nr. 2197 genannten Punktzahl von 130 von der in GOZ-Nr. 6100 genannten Punktzahl von 165 lediglich 35 Punkte für die sonstigen Leistungen verblieben. Da die Befestigung eines Klebebrackets weit weniger aufwendig als die adhäsive Befestigung einer keramischen Teilkrone sei, würden von den 165 Punkten in GOZ-Nr. 6100 weit weniger Punkte durch die adhäsive Befestigung aufgezehrt. Auch aus der Entstehungsgeschichte ergäben sich keine anderen Anhaltspunkte.

Die Klägerin ist dem entgegengetreten und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte beider Instanzen und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Der Senat entscheidet gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. Die Klägerin erklärte den Verzicht auf mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 29. April 2016, der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. April 2016.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht unter Aufhebung seines Bescheids vom 11. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2014 verpflichtet, dem Grunde nach die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen nach Gebührennummer 2197 neben solchen nach Gebührennummer 6100 der Anlage 1 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) gemäß dem von der Klägerin vorgelegten Heil- und Kostenplan vom 21. Juli 2014 anzuerkennen. Da das Verwaltungsgericht der Verpflichtungsklage der Klägerin zu Recht stattgegeben hat, war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere hat die Klägerin ein rechtliches Interesse an der Verpflichtung des Beklagten, dem Grunde nach die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen für Leistungen nach GOZ-Nr. 6100 anzuerkennen.

Zwar verlangt § 15 Satz 1 Nr. 1 BayBhV (i. d. F. vom 11.3.2011) vor Beginn einer kieferorthopädischen Behandlung lediglich die Vorlage eines Heil- und Kostenplans und nicht deren Voranerkennung oder Genehmigung. Die Klägerin hat dennoch bereits vor Beginn der kieferorthopädischen Behandlung ihres Sohnes ein rechtliches Interesse daran, klären zu lassen, ob Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen nach GOZ-Nr. 6100 auf der Grundlage des mit Schreiben vom 21. Juli 2014 vorgelegten Heil- und Kostenplans vom selben Tag abgerechnet werden können. Denn die mit Bescheid vom 11. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2014 erfolgte Entscheidung des Beklagten, die Beihilfefähigkeit von GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 dem Grunde nach nicht anzuerkennen, hat die Funktion, die bestehenden Unklarheiten bei der Anwendung der inmitten stehenden Bestimmungen der Gebührenordnung für Zahnärzte auszuräumen, indem der Beklagte vor der Entstehung der Aufwendungen seine Rechtsauffassung zu der strittigen Frage deutlich klargestellt, so dass die Klägerin als Beihilfeberechtigte Gelegenheit hat, sich darauf einzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 28.10.2004 - 2 C 34.03 - DVBl 2005, 509). Die Klägerin kann daher auch dann, wenn wie hier eine Voranerkennung nach den einschlägigen beihilferechtlichen Vorschriften nicht erforderlich ist, nicht darauf verwiesen werden, die inmitten stehende Gebührenfrage bei Abrechnung der Behandlungskosten klären zu lassen.

II. Die Klage ist begründet. Die Eingliederung eines Klebebrackets mittels Adhäsivtechnik stellt - im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung des Sohnes der Klägerin - eine nach GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 abrechenbare Leistung dar.

1. Die vorliegend einzig streitgegenständliche Frage, ob Aufwendungen für Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen für Leistungen nach GOZ-Nr. 6100 abgerechnet werden können, beurteilt sich nicht - wie bei bereits entstandenen Aufwendungen (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9) - nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird. Abzustellen ist vielmehr auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats; dies gilt jedenfalls für den vorliegenden Fall, bei dem sich die maßgeblichen Vorschriften seit dem Zeitpunkt der Vorlage des Heil- und Kostenplans nicht mehr geändert haben.

2. Der Anspruch der Klägerin auf Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen für Leistungen nach GOZ-Nr. 6100 ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 2, § 15 BayBhV.

a) Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Bei der Behandlung durch Ärzte beurteilt sich gemäß Satz 2 der Vorschrift die Angemessenheit der Honorarforderung ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der maßgebenden ärztlichen Gebührenordnung, hier der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Denn die Beihilfevorschriften verzichten auf eine eigenständige Konkretisierung des Begriffs „angemessen“ (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 17.2.1994 - 2 C 10.92 - BVerwGE 95, 117) und begrenzen die Kostenerstattung grundsätzlich auf die Gebühren, die den Schwellenwert des Gebührenrahmens nicht überschreiten. Somit knüpft die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für (zahn-)ärztliche Leistungen an den Leistungsanspruch des (Zahn-)Arztes an und setzt grundsätzlich voraus, dass dieser seine Leistungen bei zutreffender Auslegung der Gebührenordnung in Rechnung gestellt hat (vgl. BVerwG, U. v. 30.5.1996 - 2 C 10.95 - DVBl 1996, 1150).

b) Ob der (Zahn-)Arzt seine Forderung zu Recht geltend macht, ist eine der Beihilfegewährung vorgreifliche Rechtsfrage, die nach der Natur des Rechtsverhältnisses zwischen (Zahn-)Arzt und (Privat-)Patient dem Zivilrecht zuzuordnen ist. Für die Entscheidung, ob nach den Maßstäben des Beihilferechts Aufwendungen für ärztliche Leistungen angemessen sind, ist die Auslegung des ärztlichen Gebührenrechts durch die Zivilgerichte maßgebend (st. Rspr., vgl. BVerwG, B. v. 5.1.2011 - 2 B 55.10 - USK 2011-59 Rn. 4 m. w. N.). Deren Beurteilung präjudiziert die Angemessenheit der Aufwendungen für ärztliche Leistungen im beihilferechtlichen Sinne. Ist der Beamte vom Zivilgericht zur Begleichung der Honorarforderung eines (Zahn-)Arztes rechtskräftig verurteilt worden, ist die Vergütung regelmäßig angemessen im Sinne des Beihilferechts. Ist eine Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg nicht ergangen, hat der Dienstherr zu prüfen, ob die Abrechnung des (Zahn-)Arztes den Vorgaben des Beihilferechts entspricht, insbesondere ob die vom Arzt geltend gemachten Ansprüche nach materiellem Recht begründet sind. Denn aufgrund seiner Fürsorgepflicht hat der Dienstherr die Beihilfe nach den Aufwendungen zu bemessen, die dem Beamten, Richter oder deren Hinterbliebenen wegen der notwendigen Inanspruchnahme eines Arztes in Übereinstimmung mit der Rechtslage tatsächlich entstehen (BVerwG, U. v. 28.10.2004 - 2 C 34.03 - DVBl 2005, 509 m. w. N.). Dabei ist die behördliche Entscheidung darüber, ob die Aufwendungen notwendig und angemessen sind, keine Ermessensentscheidung, sondern unterliegt der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerwG, U. v. 30.5.1996 - 2 C 10.95 - DVBl 1996, 1150).

aa) Im konkreten Fall der Klägerin wurde die kieferorthopädische Behandlung ihres Sohnes noch nicht zahnärztlich liquidiert. Daher wurde bislang zivilrechtlich nicht entschieden, ob GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 abgerechnet werden darf. Die inmitten stehende Rechtsfrage ist auch nicht abschließend durch den Bundesgerichtshof geklärt.

bb) Der Beklagte hat daher selbstständig zu entscheiden, ob ein Nebeneinanderberechnen von GOZ-Nr. 2197 und GOZ-Nr. 6100 gebührenrechtlich zulässig ist. Bei seiner Entscheidung hat sich der Beklagte grundsätzlich an der zivilrechtlichen Rechtsprechung zu orientieren. Auch wenn - worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat - die abschließende Klärung gebührenrechtlicher Fragen dem Bundesgerichtshof vorbehalten ist, bedeutet dies im Umkehrschluss nicht, dass ohne eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedwede Auslegung des (zahn-)ärztlichen Gebührenrechts durch den Dienstherrn als vertretbar anzusehen ist. Vielmehr hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung grundsätzlich zu berücksichtigen, ob eine Gebührenfrage in der Zivilgerichtsbarkeit (noch) umstritten ist, der Beihilfeberechtigte im Fall eines Zivilprozesses mit dem Behandler also vor einem wenigstens offenen Ausgang jenes Verfahrens steht. Dies ist dann nicht mehr der Fall, wenn die Zivilrechtsprechung in Bezug auf eine Gebührenfrage als einhellig anzusehen ist. Denn dann würde der Beihilfeberechtigte durch das Beharren des Dienstherrn auf seiner nicht vertretbaren Auslegung der Gebührenfrage fürsorgepflichtwidrig von vornherein in einen aussichtslosen Zivilprozess gegen den behandelnden (Zahn-)Arzt getrieben.

Die Frage der Berechnung von GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 bei einer adhäsiven Befestigung von Klebebrackets im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung ist in der Zivilgerichtsbarkeit letztlich nicht umstritten. Sie wird von den damit befassten Zivilgerichten nicht nur vereinzelt, sondern überwiegend im Sinne der Zulässigkeit einer Nebeneinanderberechnung beider Gebührennummern beantwortet (vgl. LG Hildesheim, U. v. 24.7.2014 - 1 S 15/14 - juris Rn. 9 ff.; LG Bayreuth, U. v. 28.1.2015 - 13 S 113/14 - n. v.; AG Recklinghausen, U. v. 19.12.2013 - 54 C 117/13 - juris Rn. 18 ff.; AG Pankow-Weißensee, U. v. 10.1.2014 - 6 C 46/13 - juris Rn. 17 ff.; AG Bayreuth, U. v. 27.2.2014 - 107 C 1090/13 - n. v.; AG Saarbrücken, U. v. 15.7.2014 - 5 C 85/14 (03) - n. v., beide Urteile abrufbar über die Homepage der Bundeszahnärztekammer; AG Laufen, U. v. 14.8.2015 - 2 C 220/15 - n. v.; AG Köln, U. v. 1.9.2015 - 146 C 177/14 - juris Rn. 5 ff.; AG Gießen, U. v. 8.2.2016 - 41 C 438/15 - juris Rn. 5 ff.; AG Bad Kreuznach, U. v. 25.2.2016 - 23 C 285/15 - n. v.). Lediglich das Amtsgericht Nürnberg gelangt in seinem Urteil vom 21. April 2015 - 12 C 7440/14 - (n. v., abrufbar über die Homepage der Bundeszahnärztekammer) zu einer gegenteiligen Ansicht. Es bezieht sich zur Begründung zwar auf ein Gutachten eines Sachverständigen. Unklar bleibt jedoch, ob der Gutachter lediglich die kieferorthopädischen Behandlungsschritte erläutert oder ob er auch dazu Stellung genommen hat, ob GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 abgerechnet werden kann. Diese Rechtsfrage wäre jedoch einer Begutachtung durch einen zahnmedizinischen Sachverständigen entzogen.

In der Kommentarliteratur findet sich ein differenzierteres Bild: So sprechen sich die Kommentierungen der PKV (Verband der privaten Krankenversicherung) gegen eine Berechnungsfähigkeit von GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 aus (vgl. Kommentierung zur GOZ, Beilage PKV PUBLIK 04/2012 sowie Kommentierung der PKV zur Gebührenordnung für Zahnärzte, Stand Januar 2016, GOZ Nr. 2197 S. 49 ff.). Die Bundeszahnärztekammer sieht hingegen ausreichend Belege für eine gemeinsame Abrechenbarkeit beider Gebührennummern (vgl. Kommentar der Bundeszahnärztekammer in Zusammenarbeit mit den (Landes-)Zahnärztekammern, Stand Oktober 2015, GOZ Nr. 2197, 6100; vgl. auch: Die Bedeutung der Nummer 2197 für die Liquidation kieferorthopädischer Maßnahmen, Zahnärzteblatt Baden-Württemberg). Bei der Bewertung der beiden gegenläufigen Ansichten ist zu berücksichtigen, dass sich hier widerstreitende Interessen gegenüberstehen. Die Kommentierung von Liebold/Raff/Wissing in DER Kommentar BEMA und GOZ (Stand November 2015) geht unter Bezugnahme auf die zusprechenden zivilgerichtlichen Entscheidungen davon aus, dass GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 abgerechnet werden kann.

c) Dem von der Mehrheit der Zivilgerichte gefundenen Ergebnis, bei einer Eingliederung eines Klebebrackets mittels Adhäsionstechnik neben Aufwendungen für Leistungen nach GOZ-Nr. 6100 auch Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 abrechnen zu können, ist zu folgen.

Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ kann der Zahnarzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eine Gebühr dann nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Nach Satz 4 der Vorschrift ist eine Leistung methodisch notwendiger Bestandteil einer anderen Leistung, wenn sie inhaltlich von der Leistungsbeschreibung der anderen Leistung (Zielleistung) umfasst und auch in deren Bewertung berücksichtigt worden ist. Gebührenrechtlich unselbstständiger Bestandteil einer anderen Leistung ist eine Leistung grundsätzlich dann, wenn ohne ihren Leistungsinhalt die andere Leistung nach ihrem technischen Ablauf oder anderen für die Leistungserbringung bestimmenden Faktoren nicht erbracht werden kann, mit anderen Worten, wenn die Leistungsbeschreibung der „Zielleistung“ ausdrücklich die andere Leistung zu ihrem Bestandteil macht. Zusätzlich muss die Leistung auch in der Bewertung der Leistung berücksichtigt worden sein. Dies ist stets dann nicht der Fall, wenn die Vergütung des möglichen Leistungsbestandteils außer Verhältnis zur vermeintlichen Zielleistung erfolgt. Ist eine der beiden Voraussetzungen des Satzes 4 nicht erfüllt, verbleibt es bei der gesamten Berechenbarkeit beider Leistungen (vgl. Zuck, Gebührenordnung für Zahnärzte, 1. Aufl. 2012, § 4 Rn. 5).

Grundvoraussetzung einer gesonderten Abrechnung der GOZ-Nr. 2197 bei der Eingliederung eines Klebebrackets ist demnach, dass es sich bei der adhäsiven Befestigung um eine selbstständige zahnärztliche Leistung handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommen prinzipiell alle im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistungen als selbstständige ärztliche Leistungen in Betracht (vgl. BGH, U. v. 21.1.2010 - III ZR 147/09 - VersR 2010, 1042 Rn. 7 m. w. N. zu § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ). Ob die adhäsive Befestigung von Brackets von der nach GOZ-Nr. 6100 erbrachten Leistung umfasst ist, ist durch Auslegung der Gebührenordnung für Zahnärzte nebst Anlage anhand der anerkannten Auslegungsmethoden - dem Wortlaut der Norm, Systematik, Sinn und Zweck sowie Auswertung der Gesetzesmaterialen und der Entstehungsgeschichte - vorzunehmen.

aa) Der Wortlaut von GOZ-Nr. 6100 spricht nicht zweifelsfrei dafür, dass eine adhäsive Befestigung vom dortigen Leistungsumfang umfasst ist.

Nach ihrem Wortlaut beinhaltet GOZ-Nr. 6100 als Leistung die „Eingliederung eines Klebebrackets zur Aufnahme orthodontischer Hilfsmittel“. Denn zur Bewegung von Zähnen sind ein oder mehrere mechanische Angriffspunkte erforderlich. Dazu dienen Halterungen, die fest auf den Zähnen fixiert und zur Übertragung verschiedener Kraftvektoren geeignet sind (Liebold/Raff/Wissing, DER Kommentar BEMA und GOZ, GOZ-Nr. 6100 S. 7). Je nach Therapieform kommen dabei unterschiedlich geformte Elemente zum Einsatz wie Brackets, Tubes, Knöpfchen o.ä., zusammenfassend auch Attachements genannt (Liebold/Raff/Wissing a. a. O.).

Der Satzbau der Leistungsbeschreibung von GOZ-Nr. 6100 spricht dafür, dass es bei der zu honorierenden Leistung vorrangig um die „Eingliederung“ des Klebebrackets geht. Mit welcher Befestigungsmethode die Eingliederung erfolgt, bleibt trotz der Formulierung „Klebebrackets“ im Leistungstext offen. Der Fachliteratur lässt sich entnehmen, dass als Befestigungsmethoden verschiedene Techniken zur Verfügung stehen (vgl. hierzu Kommentierung der PKV zur Gebührenordnung für Zahnärzte, GOZ-Nr. 2197 S. 49). Zementieren, Kleben und adhäsives Befestigen sind unterschiedliche Methoden, die eine mehr oder weniger feste und dauerhafte Haftung des Klebebrackets oder Attachments auf dem Zahn bewirken (Liebold/Raff/Wissing, DER Kommentar BEMA und GOZ, GOZ-Nr. 6100 S. 9).

Zwar spricht viel für die Auffassung des Beklagten, dass die konventionelle Adhäsivtechnik heute als Standardverfahren bei der Bracketbefestigung gilt. Jedoch ist die Eingliederung eines Brackets mittels Glasionomerzements ebenfalls möglich, auch wenn es sich dabei aufgrund der geringen Haftkraft wohl nicht mehr um die übliche Standardmethode handelt (vgl. Kommentierung der PKV zur Gebührenordnung für Zahnärzte, GOZ-Nr. 2197 S. 49 ff. sowie GOZ-Nr. 6100 S. 182; Liebold/Raff/Wissing, DER Kommentar BEMA und GOZ, GOZ-Nr. 6100 S. 9 f.). Die adhäsive Befestigung eines Brackets mittels Komposit ist somit - was der Beklagte im Übrigen nicht bestreitet - nicht die einzige Eingliederungsmöglichkeit. Demnach kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Verordnungsgeber mit der Verwendung des Begriffs „Klebebracket“ eindeutig zum Ausdruck bringen wollte, dass er damit ausschließlich eine adhäsive Befestigung eines Brackets meint. Selbst wenn die Begriffe „Adhäsivtechnik“ und „Klebetechnik“ in der Fachliteratur tatsächlich synonym verwendet werden, wie der Beklagte meint, hat er nicht belegt, dass die Verwendung der beiden Begriffe in beide Richtungen eindeutig ist und „kleben“ automatisch „adhäsive Befestigung“ bedeutet. Der Wortlaut von GOZ-Nr. 6100 spricht jedenfalls nicht dafür, dass eine Eingliederung mittels Adhäsivtechnik integraler Bestandteil der mit GOZ-Nr. 6100 abgegoltenen Leistung und daher von deren Leistungsumfang umfasst ist.

bb) Jedoch ist auch der Wortlaut von GOZ-Nr. 2197 - Adhäsive Befestigung (plastischer Aufbau, Stift, Inlay, Krone, Teilkrone, Veneer etc.) - nicht eindeutig.

GOZ-Nr. 2197 wurde zum 1. Januar 2012 durch die Erste Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung der Zahnärzte (1. GOZÄndV) vom 5. Dezember 2011 (BGBl I S. 2661) eingeführt. Sie erfasst als Leistung kein Behandlungsziel wie GOZ-Nr. 6100, sondern eine bestimmte Befestigungstechnik, die einen Mehraufwand mit sich bringt. Beispielhaft führt der Verordnungsgeber in der Leistungsbeschreibung auf, wann die Adhäsivtechnik zum Einsatz kommen kann. Die Verwendung der Formulierung „etc.“ zeigt jedoch, dass die Leistungsbeschreibung insoweit nicht abschließend, sondern explizit offen formuliert ist. Die offene Begrifflichkeit spricht auch gegen den Einwand des Beklagten, es bestünden erhebliche Zweifel an der Vergleichbarkeit der ausdrücklich in GOZ-Nr. 2197 genannten Beispiele mit den einzugliedernden Klebebrackets. Wenn der Verordnungsgeber dies gewollt hätte, hätte es nahe gelegen, dass er eine Formulierung wie „vergleichbare“ verwendet hätte. Diesem Einwand des Beklagten muss daher vorliegend ebenso wenig nachgegangen werden wie seinem Vorbringen, eine Abrechnung von GOZ-Nr. 2197 sei nur in Bezug auf Befestigungsmaßnahmen möglich, die nicht nur durch Kleben, sondern auch auf andere Weise, etwa durch Zementieren standardmäßig durchgeführt werden könnten. Denn weder lässt sich - so aber die Klägerin - sagen, dass der Wortlaut der Leistungsbeschreibung eindeutig dafür spricht, dass GOZ-Nr. 2197 bei der adhäsiven Eingliederung von Brackets zur Anwendung kommen kann, noch ist - wie der Beklagte meint - zwingend, dass die adhäsive Befestigung von Klebebrackets nicht unter GOZ-Nr. 2197 fällt.

cc) Ausgehend vom Zielleistungsprinzip rechtfertigt es eine systematische Betrachtung der Gebührenordnung für Zahnärzte, die Anwendbarkeit der GOZ-Nr. 2197 im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung anzunehmen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Selbstständigkeit einer ärztlichen Leistung danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische Indikation besteht (st. Rspr., vgl. BGH, U. v. 21.1.2010 - III ZR 147/09 - VersR 2010, 1042 Rn. 10 m. w. N. zu § 4 Abs. 2 und 2a GOÄ). Der Bundesgerichtshof hat beispielsweise in das Gebührenverzeichnis aufgenommene Leistungen als nicht abrechenbar angesehen, deren Zweck darin bestand, beim Erreichen des Leistungsziels benachbarte Strukturen zu schonen und nicht zu verletzen (vgl. BGH, U. v. 21.1.2010 a. a. O.). Der Verordnungsgeber habe es allerdings in der Hand, auch Leistungen zu beschreiben (und ihre Abrechenbarkeit zu regeln), die in einem so engen Zusammenhang zu einer anderen Leistung stehen, dass man ihre Selbstständigkeit in Frage stellen könne (vgl. BGH, U. v. 21.1.2010 a. a. O. Rn. 7).

Bei verschiedenen Gebührennummern - so bei den konservierenden Leistungen nach GOZ-Nr. 2060, 2080, 2100 und 2120 sowie bei den prothetischen Leistungen nach GOZ-Nr. 5150 und 5160 - ist eine Ausführung in Adhäsivtechnik ausdrücklich in der Leistungsbeschreibung aufgeführt und gehört demgemäß zu deren Leistungsinhalt. Neben diesen Leistungen ist GOZ-Nr. 2197 folglich nicht gesondert abrechenbar. Demgegenüber ist bei GOZ-Nr. 6100 zwar von „Klebebracket“, nicht jedoch von einer Eingliederung in Adhäsivtechnik die Rede. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 abrechenbar ist.

dd) Hierfür sprechen nicht nur systematische Erwägungen, sondern auch der Sinn und Zweck der Einführung von GOZ-Nr. 2197.

Mit der Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte hat der Verordnungsgeber das Ziel verfolgt, das Gebührenverzeichnis zu überarbeiten, um vielfach auftretende gebührenrechtliche Streitpunkte zu klären sowie häufig erbrachte, bisher nicht im Gebührenverzeichnis enthaltene Leistungen aufzunehmen, um eine indikationsgerechte Versorgung abzubilden (vgl. BR-Drs. 566/11 S. 1). Mit Einführung von GOZ-Nr. 2197 wurde - worauf auch der Beklagte zu Recht verwiesen hat - die Absicht verfolgt, den Mehraufwand abzugelten, der dem Zahnarzt durch die Befestigung mittels adhäsiver Technik entsteht. War es jedoch bereits - wie der Beklagte vorträgt - zum Zeitpunkt der Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte kieferorthopädischer Standard, Klebebrackets mittels Adhäsivtechnik einzugliedern, und entsprach es - wie der Beklagte meint - dem Willen des Verordnungsgebers, den Mehraufwand der adhäsiven Befestigung von Brackets nicht zusätzlich zu vergüten, hätte es nicht nur im Hinblick auf die gesetzgeberische Absicht, Unklarheiten zu beseitigen, sondern auch wegen der alternativ zur Verfügung stehenden Befestigungsmethoden nahegelegen, die Adhäsivtechnik auch bei GOZ-Nr. 6100 ausdrücklich aufzuführen. Aus der Tatsache, dass der Verordnungsgeber eine derartige Klarstellung unterlassen hat, kann daher geschlossen werden, dass die adhäsive Befestigung nicht vom Leistungsumfang der GOZ-Nr. 6100 umfasst ist.

Die Richtigkeit dieser Schlussfolgerung lässt sich auch nicht mit dem Einwand des Beklagten in Zweifel ziehen, bei den plastischen Füllungen sei der Begriff „Adhäsivtechnik“ zusätzlich um den Hinweis auf das „Konditionieren“ erweitert. Hieraus lässt sich keine durchgreifende Unterscheidung der zuvor genannten Gebührennummern zu GOZ-Nr. 6100 ableiten. Zum einen besteht die Adhäsivtechnik laut aktuellem zahnmedizinischen Standard neben dem Konditionieren aus zwei weiteren essentiellen Teilschritten, dem Primen und dem Bonden (vgl. Kommentierung der PKV zur Gebührenordnung für Zahnärzte, GOZ-Nr. 2197 S. 48). Zum anderen fehlt auch bei GOZ-Nr. 5150 und 5160 ein entsprechender Hinweis auf das „Konditionieren“.

ee) Eindeutig Gegenteiliges kann auch nicht dem vom Beklagten benannten Beschluss des Beratungsforums für Gebührenordnungsfragen entnommen werden, demzufolge eine zusätzliche Berechnung von GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 2000 nicht möglich ist. Zwar ist auch in der Leistungsbeschreibung von GOZ-Nr. 2000 „Versiegelung von kariesfreien Zahnfissuren mit aushärtenden Kunststoffen, auch Glattflächenversiegelung“ die Adhäsivtechnik nicht aufgeführt. Einigen sich die Mitglieder des Beratungsforums - Bundeszahnärztekammer, PKV und Beihilfe - zur Vermeidung von Auslegungsstreitigkeiten und gerichtlichen Auseinandersetzungen „im partnerschaftlichen Miteinander“ auf eine bestimmte Auslegung der GOZ-Nr. 2000, zwingt dies nicht zwangsläufig zu dem Schluss, eine Ausführung in Adhäsivtechnik sei als besondere Ausführung auch bei GOZ-Nr. 6100 vom Leistungsumfang umfasst. Denn eine Vergleichbarkeit der Leistungen bei GOZ-Nr. 2000 und GOZ-Nr. 6100 hat der Beklagte weder dargetan, noch ist eine solche ersichtlich.

Da die adhäsive Befestigungstechnik aus diesen Gründen bereits nicht methodisch notwendiger Bestandteil der GOZ-Nr. 6100 ist, steht das Zielleistungsprinzip einer Abrechnung von Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen nach GOZ-Nr. 6100 nicht entgegen.

ff) Ungeachtet dessen spricht auch ein systematischer Vergleich der Bewertungen anderer Gebührennummern mit der Bewertung von GOZ-Nr. 6100 dafür, dass der Verordnungsgeber die Leistungen für ein Eingliedern in adhäsiver Befestigungstechnik dort nicht berücksichtigt hat (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 4 Halbs. 2 GOZ).

Wie bereits ausgeführt, wollte der Verordnungsgeber mit der Einführung der GOZ-Nr. 2197 den durch Anwendung der Adhäsivtechnik entstehenden Mehraufwand honorieren. Diese Absicht zeigt sich auch bei den Gebührennummern, bei denen eine Ausführung der zahnärztlichen Leistung mit und ohne Adhäsivtechnik möglich ist. So unterscheiden sich beispielsweise die Leistungsbeschreibungen von GOZ-Nr. 2050 zu GOZ-Nr. 2060 oder GOZ-Nr. 2070 zu GOZ-Nr. 2080 grundsätzlich nur darin, dass die Adhäsivtechnik (Konditionieren) bei der jeweils höher bewerteten Gebührennummer ausdrücklich aufgeführt ist. Vergleicht man die jeweiligen Bewertungen, führt allein die Anwendung der Adhäsivtechnik zu einer nicht nur unerheblich höheren, sondern über den Punktwert von GOZ-Nr. 2197 hinausgehenden Steigerung der Punktzahl von jeweils 314 Punkten, was bei einem Wert von 5,62421 Cent pro Punkt (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 3 GOZ) und einem Gebührensatz von 1,0 einem Unterschiedsbetrag von 17,66 Euro entspricht. Zudem geht die Steigerung des Punktwerts deutlich über den in GOZ-Nr. 2197 vorgesehenen Punktwert von 130 hinaus und belegt, dass mit GOZ-Nr. 2197 pauschal weniger aufwendige Anwendungsfälle der adhäsiven Befestigungstechnik abgegolten werden sollen.

Betrachtet man die in GOZ-Nr. 6100 vorgesehene Punktzahl von 165 unter diesem Gesichtspunkt, so verbleiben dort nach Abzug der in GOZ-Nr. 2197 für die Vornahme einer adhäsiven Befestigung vorgesehenen Punktzahl von 130 lediglich 35 Punkte für sämtliche sonstigen Leistungen. Bei einem Gebührensatz von 1,0 verbleiben somit hierfür lediglich 1,97 Euro, bei einem Gebührensatz von 2,3 nur 4,53 Euro pro Zahn. Mit diesem Betrag wären aber sämtliche Material- und sonstigen Vorhalte- bzw. Laborkosten für Standardmaterialien, wie beispielsweise unprogrammierte Edelstahlbrackets, sowie die Vergütung für sämtliche weiteren vor- und nachbereitenden Tätigkeiten des Kieferorthopäden, wie das Positionieren des Brackets sowie die Überschussentfernung, abgegolten. Selbst dann, wenn man dem Einwand des Beklagten folgt, dass von den 165 Bewertungspunkten weit weniger als 130 Punkte von der adhäsiven Befestigung aufgezehrt werden, stehen dem Kieferorthopäden pro Zahn für sämtliche Leistungen nach GOZ-Nr. 6100 nur 9,28 Euro (bei einem Gebührensatz von 1,0) bzw. 21,34 Euro (bei einem Gebührensatz von 2,3) zur Verfügung. Vergleicht man diesen Betrag mit dem Unterschiedsbetrag von 17,66 Euro, der sich beim Faktor 1,0 allein aus der Anwendung der Adhäsivtechnik bei GOZ-Nr. 2060 und 2080 ergibt, ist davon auszugehen, dass die Leistungen für eine adhäsive Befestigung gerade nicht bei der Bewertung der GOZ-Nr. 6100 berücksichtigt wurden. § 4 Abs. 2 Satz 4 GOZ steht auch aus Bewertungsgesichtspunkten einer Berücksichtigung der Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen nach GOZ-Nr. 6100 nicht entgegen.

Nach alledem hat die Klägerin einen Anspruch gegen den Beklagten, dass dieser die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen für Leistungen nach GOZ-Nr. 6100 gemäß dem von ihr vorgelegten Heil- und Kostenplan vom 21. Juli 2014 dem Grunde nach anerkennt.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 430,59 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, so darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden.

(2) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 44, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer Behörden oder Ausschüsse § 45 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 sowie Abs. 2, auf die Rücknahme § 48, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, § 49 entsprechende Anwendung.

(3) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.

(1) Die Besoldung der Beamten, Richter und Soldaten wird durch Gesetz geregelt.

(2) Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche, die dem Beamten, Richter oder Soldaten eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Besoldung verschaffen sollen, sind unwirksam. Das Gleiche gilt für Versicherungsverträge, die zu diesem Zweck abgeschlossen werden.

(3) Der Beamte, Richter oder Soldat kann auf die ihm gesetzlich zustehende Besoldung weder ganz noch teilweise verzichten; ausgenommen sind die vermögenswirksamen Leistungen.

(1) Die Versorgung der Beamten und ihrer Hinterbliebenen wird durch Gesetz geregelt.

(2) Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche, die dem Beamten eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Versorgung verschaffen sollen, sind unwirksam. Das Gleiche gilt für Versicherungsverträge, die zu diesem Zweck abgeschlossen werden.

(3) Auf die gesetzlich zustehende Versorgung kann weder ganz noch teilweise verzichtet werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 %  des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der kieferorthopädischen Behandlung des Sohnes der Klägerin Aufwendungen für Leistungen nach der Gebührennummer 2197 der Anlage 1 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) neben Aufwendungen für Leistungen nach der GOZ-Nr. 6100 beihilfefähig sind.

Die Klägerin steht als Beamtin im Dienst des Beklagten und ist ihm gegenüber beihilfeberechtigt. Ihr 2003 geborener Sohn ist mit einem Beihilfesatz von 80 von Hundert berücksichtigungsfähig.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2014 legte die Klägerin einen Heil- und Kostenplan vom selben Tag für eine kieferorthopädische Behandlung ihres Sohnes vor. Die Beihilfestelle des zuständigen Landesamts für Finanzen teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 29. Juli 2014 mit, dass die Aufwendungen für die kieferorthopädische Behandlung mit Ausnahme der GOZ-Nr. 2197 entsprechend dem Heil- und Kostenplan im Rahmen der Beihilfevorschriften grundsätzlich bis zu einem Betrag von 7.601,03 Euro beihilfefähig seien. Auf Bitte der Klägerin, die Entscheidung insoweit zu überprüfen, teilte ihr das Landesamt für Finanzen mit Bescheid vom 11. August 2014 nochmals mit, die Aufwendungen für die GOZ-Nr. 2197 könnten nicht als beihilfefähig anerkannt werden. Eine weitere Bitte der Klägerin um Überprüfung wertete der Beklagte als Widerspruch, den das zuständige Landesamt für Finanzen mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2014 zurückwies.

Auf die Verpflichtungsklage der Klägerin hin hob das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 26. Januar 2015 den Bescheid vom 11. August 2014 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2014 auf und verpflichtete den Beklagten, die Beihilfefähigkeit der Kosten nach GOZ-Nr. 2197 gemäß dem vorgelegten Heil- und Kostenplan vom 21. Juli 2014 anzuerkennen.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 26. Januar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Angemessenheit einer Honorarforderung eines Arztes beurteile sich ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der maßgeblichen ärztlichen Gebührenordnung. Entscheidend sei deren Auslegung durch die Zivilgerichte. Die streitgegenständliche Frage, ob GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 berechnungsfähig sei, sei zivilrechtlich weder durch Obergerichte noch durch den Bundesgerichtshof geklärt. Nach dem in § 4 Abs. 2 GOZ enthaltenen Zielleistungsprinzip könne ein Zahnarzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis sei, eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechne. Nach Satz 4 der Vorschrift sei eine Leistung methodisch notwendiger Bestandteil einer anderen Leistung, wenn sie inhaltlich von der Leistungsbeschreibung der anderen Leistung (Zielleistung) umfasst und auch in deren Bewertung berücksichtigt worden sei. Die Frage, ob GOZ-Nr. 2197 als Leistungsposition neben GOZ-Nr. 6100 abgerechnet werden könne, sei durch Auslegung zu ermitteln. Aufgrund des Wortlauts der Leistungsbeschreibung von GOZ-Nr. 2197 sei es zwar nicht ausgeschlossen, dass die adhäsive Befestigung eines Brackets von deren Leistungsumfang umfasst sei. Aus dem Wortlaut könne aber nicht abgeleitet werden, dass die Anwendung der Technik ohne weiteres neben der Leistung nach GOZ-Nr. 6100 abgerechnet werden könne. GOZ-Nr. 6100 erfasse die Eingliederung eines Klebebrackets. Der Begriff „Klebebracket“ setze zwingend voraus, dass das Bracket „geklebt“ werde. Bestandteil der GOZ-Nr. 6100 sei daher das Kleben. Hierfür dürfe der Zahnarzt keine Gebühr berechnen. Die Klebemethode könne keine Rolle spielen. Hinzu komme, dass aus fachlicher Sicht die Begrifflichkeiten „Klebetechnik“ und „Adhäsivtechnik“ synonym verwendet würden. Zudem erfolge das Kleben bei Maßnahmen nach GOZ-Nr. 6100 nach dem wissenschaftlichen Standard mit der (eine hinreichend sichere Haftung gewährleistenden) adhäsiven Klebetechnik. Bei der Auslegung der GOZ müsse auf die jeweilige Standardmethode abgestellt werden. Da die Eingliederung mittels klassischen Glasionomerzements unüblich sein dürfte, gebe es in der Praxis im Ergebnis nur eine Befestigungsmethode. In diesem Zusammenhang werde auch auf einen Beschluss des Gemeinsamen Beratungsforums für Gebührenordnungsfragen hingewiesen, wonach bei der adhäsiven Befestigung der Versiegelung von kariesfreien Zahnfissuren nur GOZ-Nr. 2000 und nicht zusätzlich GOZ-Nr. 2197 abgerechnet werden könne. GOZ-Nr. 2197 könne aus systematischer Sicht nur in Bezug auf Befestigungen zum Tragen kommen, die nicht nur durch Kleben, sondern auch auf andere Art und Weise, etwa durch Zementieren, standardmäßig durchgeführt werden könnten. Denn Ziel sei es, dem mit dieser Methode verbundenen Mehraufwand Rechnung zu tragen. Aus systematischer und teleologischer Sicht könne einer Nebeneinanderabrechenbarkeit auch nicht entgegengehalten werden, dass nach Abzug der in GOZ-Nr. 2197 genannten Punktzahl von 130 von der in GOZ-Nr. 6100 genannten Punktzahl von 165 lediglich 35 Punkte für die sonstigen Leistungen verblieben. Da die Befestigung eines Klebebrackets weit weniger aufwendig als die adhäsive Befestigung einer keramischen Teilkrone sei, würden von den 165 Punkten in GOZ-Nr. 6100 weit weniger Punkte durch die adhäsive Befestigung aufgezehrt. Auch aus der Entstehungsgeschichte ergäben sich keine anderen Anhaltspunkte.

Die Klägerin ist dem entgegengetreten und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte beider Instanzen und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Der Senat entscheidet gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. Die Klägerin erklärte den Verzicht auf mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 29. April 2016, der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. April 2016.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht unter Aufhebung seines Bescheids vom 11. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2014 verpflichtet, dem Grunde nach die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen nach Gebührennummer 2197 neben solchen nach Gebührennummer 6100 der Anlage 1 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) gemäß dem von der Klägerin vorgelegten Heil- und Kostenplan vom 21. Juli 2014 anzuerkennen. Da das Verwaltungsgericht der Verpflichtungsklage der Klägerin zu Recht stattgegeben hat, war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere hat die Klägerin ein rechtliches Interesse an der Verpflichtung des Beklagten, dem Grunde nach die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen für Leistungen nach GOZ-Nr. 6100 anzuerkennen.

Zwar verlangt § 15 Satz 1 Nr. 1 BayBhV (i. d. F. vom 11.3.2011) vor Beginn einer kieferorthopädischen Behandlung lediglich die Vorlage eines Heil- und Kostenplans und nicht deren Voranerkennung oder Genehmigung. Die Klägerin hat dennoch bereits vor Beginn der kieferorthopädischen Behandlung ihres Sohnes ein rechtliches Interesse daran, klären zu lassen, ob Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen nach GOZ-Nr. 6100 auf der Grundlage des mit Schreiben vom 21. Juli 2014 vorgelegten Heil- und Kostenplans vom selben Tag abgerechnet werden können. Denn die mit Bescheid vom 11. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2014 erfolgte Entscheidung des Beklagten, die Beihilfefähigkeit von GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 dem Grunde nach nicht anzuerkennen, hat die Funktion, die bestehenden Unklarheiten bei der Anwendung der inmitten stehenden Bestimmungen der Gebührenordnung für Zahnärzte auszuräumen, indem der Beklagte vor der Entstehung der Aufwendungen seine Rechtsauffassung zu der strittigen Frage deutlich klargestellt, so dass die Klägerin als Beihilfeberechtigte Gelegenheit hat, sich darauf einzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 28.10.2004 - 2 C 34.03 - DVBl 2005, 509). Die Klägerin kann daher auch dann, wenn wie hier eine Voranerkennung nach den einschlägigen beihilferechtlichen Vorschriften nicht erforderlich ist, nicht darauf verwiesen werden, die inmitten stehende Gebührenfrage bei Abrechnung der Behandlungskosten klären zu lassen.

II. Die Klage ist begründet. Die Eingliederung eines Klebebrackets mittels Adhäsivtechnik stellt - im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung des Sohnes der Klägerin - eine nach GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 abrechenbare Leistung dar.

1. Die vorliegend einzig streitgegenständliche Frage, ob Aufwendungen für Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen für Leistungen nach GOZ-Nr. 6100 abgerechnet werden können, beurteilt sich nicht - wie bei bereits entstandenen Aufwendungen (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9) - nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird. Abzustellen ist vielmehr auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats; dies gilt jedenfalls für den vorliegenden Fall, bei dem sich die maßgeblichen Vorschriften seit dem Zeitpunkt der Vorlage des Heil- und Kostenplans nicht mehr geändert haben.

2. Der Anspruch der Klägerin auf Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen für Leistungen nach GOZ-Nr. 6100 ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 2, § 15 BayBhV.

a) Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Bei der Behandlung durch Ärzte beurteilt sich gemäß Satz 2 der Vorschrift die Angemessenheit der Honorarforderung ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der maßgebenden ärztlichen Gebührenordnung, hier der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Denn die Beihilfevorschriften verzichten auf eine eigenständige Konkretisierung des Begriffs „angemessen“ (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 17.2.1994 - 2 C 10.92 - BVerwGE 95, 117) und begrenzen die Kostenerstattung grundsätzlich auf die Gebühren, die den Schwellenwert des Gebührenrahmens nicht überschreiten. Somit knüpft die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für (zahn-)ärztliche Leistungen an den Leistungsanspruch des (Zahn-)Arztes an und setzt grundsätzlich voraus, dass dieser seine Leistungen bei zutreffender Auslegung der Gebührenordnung in Rechnung gestellt hat (vgl. BVerwG, U. v. 30.5.1996 - 2 C 10.95 - DVBl 1996, 1150).

b) Ob der (Zahn-)Arzt seine Forderung zu Recht geltend macht, ist eine der Beihilfegewährung vorgreifliche Rechtsfrage, die nach der Natur des Rechtsverhältnisses zwischen (Zahn-)Arzt und (Privat-)Patient dem Zivilrecht zuzuordnen ist. Für die Entscheidung, ob nach den Maßstäben des Beihilferechts Aufwendungen für ärztliche Leistungen angemessen sind, ist die Auslegung des ärztlichen Gebührenrechts durch die Zivilgerichte maßgebend (st. Rspr., vgl. BVerwG, B. v. 5.1.2011 - 2 B 55.10 - USK 2011-59 Rn. 4 m. w. N.). Deren Beurteilung präjudiziert die Angemessenheit der Aufwendungen für ärztliche Leistungen im beihilferechtlichen Sinne. Ist der Beamte vom Zivilgericht zur Begleichung der Honorarforderung eines (Zahn-)Arztes rechtskräftig verurteilt worden, ist die Vergütung regelmäßig angemessen im Sinne des Beihilferechts. Ist eine Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg nicht ergangen, hat der Dienstherr zu prüfen, ob die Abrechnung des (Zahn-)Arztes den Vorgaben des Beihilferechts entspricht, insbesondere ob die vom Arzt geltend gemachten Ansprüche nach materiellem Recht begründet sind. Denn aufgrund seiner Fürsorgepflicht hat der Dienstherr die Beihilfe nach den Aufwendungen zu bemessen, die dem Beamten, Richter oder deren Hinterbliebenen wegen der notwendigen Inanspruchnahme eines Arztes in Übereinstimmung mit der Rechtslage tatsächlich entstehen (BVerwG, U. v. 28.10.2004 - 2 C 34.03 - DVBl 2005, 509 m. w. N.). Dabei ist die behördliche Entscheidung darüber, ob die Aufwendungen notwendig und angemessen sind, keine Ermessensentscheidung, sondern unterliegt der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerwG, U. v. 30.5.1996 - 2 C 10.95 - DVBl 1996, 1150).

aa) Im konkreten Fall der Klägerin wurde die kieferorthopädische Behandlung ihres Sohnes noch nicht zahnärztlich liquidiert. Daher wurde bislang zivilrechtlich nicht entschieden, ob GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 abgerechnet werden darf. Die inmitten stehende Rechtsfrage ist auch nicht abschließend durch den Bundesgerichtshof geklärt.

bb) Der Beklagte hat daher selbstständig zu entscheiden, ob ein Nebeneinanderberechnen von GOZ-Nr. 2197 und GOZ-Nr. 6100 gebührenrechtlich zulässig ist. Bei seiner Entscheidung hat sich der Beklagte grundsätzlich an der zivilrechtlichen Rechtsprechung zu orientieren. Auch wenn - worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat - die abschließende Klärung gebührenrechtlicher Fragen dem Bundesgerichtshof vorbehalten ist, bedeutet dies im Umkehrschluss nicht, dass ohne eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedwede Auslegung des (zahn-)ärztlichen Gebührenrechts durch den Dienstherrn als vertretbar anzusehen ist. Vielmehr hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung grundsätzlich zu berücksichtigen, ob eine Gebührenfrage in der Zivilgerichtsbarkeit (noch) umstritten ist, der Beihilfeberechtigte im Fall eines Zivilprozesses mit dem Behandler also vor einem wenigstens offenen Ausgang jenes Verfahrens steht. Dies ist dann nicht mehr der Fall, wenn die Zivilrechtsprechung in Bezug auf eine Gebührenfrage als einhellig anzusehen ist. Denn dann würde der Beihilfeberechtigte durch das Beharren des Dienstherrn auf seiner nicht vertretbaren Auslegung der Gebührenfrage fürsorgepflichtwidrig von vornherein in einen aussichtslosen Zivilprozess gegen den behandelnden (Zahn-)Arzt getrieben.

Die Frage der Berechnung von GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 bei einer adhäsiven Befestigung von Klebebrackets im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung ist in der Zivilgerichtsbarkeit letztlich nicht umstritten. Sie wird von den damit befassten Zivilgerichten nicht nur vereinzelt, sondern überwiegend im Sinne der Zulässigkeit einer Nebeneinanderberechnung beider Gebührennummern beantwortet (vgl. LG Hildesheim, U. v. 24.7.2014 - 1 S 15/14 - juris Rn. 9 ff.; LG Bayreuth, U. v. 28.1.2015 - 13 S 113/14 - n. v.; AG Recklinghausen, U. v. 19.12.2013 - 54 C 117/13 - juris Rn. 18 ff.; AG Pankow-Weißensee, U. v. 10.1.2014 - 6 C 46/13 - juris Rn. 17 ff.; AG Bayreuth, U. v. 27.2.2014 - 107 C 1090/13 - n. v.; AG Saarbrücken, U. v. 15.7.2014 - 5 C 85/14 (03) - n. v., beide Urteile abrufbar über die Homepage der Bundeszahnärztekammer; AG Laufen, U. v. 14.8.2015 - 2 C 220/15 - n. v.; AG Köln, U. v. 1.9.2015 - 146 C 177/14 - juris Rn. 5 ff.; AG Gießen, U. v. 8.2.2016 - 41 C 438/15 - juris Rn. 5 ff.; AG Bad Kreuznach, U. v. 25.2.2016 - 23 C 285/15 - n. v.). Lediglich das Amtsgericht Nürnberg gelangt in seinem Urteil vom 21. April 2015 - 12 C 7440/14 - (n. v., abrufbar über die Homepage der Bundeszahnärztekammer) zu einer gegenteiligen Ansicht. Es bezieht sich zur Begründung zwar auf ein Gutachten eines Sachverständigen. Unklar bleibt jedoch, ob der Gutachter lediglich die kieferorthopädischen Behandlungsschritte erläutert oder ob er auch dazu Stellung genommen hat, ob GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 abgerechnet werden kann. Diese Rechtsfrage wäre jedoch einer Begutachtung durch einen zahnmedizinischen Sachverständigen entzogen.

In der Kommentarliteratur findet sich ein differenzierteres Bild: So sprechen sich die Kommentierungen der PKV (Verband der privaten Krankenversicherung) gegen eine Berechnungsfähigkeit von GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 aus (vgl. Kommentierung zur GOZ, Beilage PKV PUBLIK 04/2012 sowie Kommentierung der PKV zur Gebührenordnung für Zahnärzte, Stand Januar 2016, GOZ Nr. 2197 S. 49 ff.). Die Bundeszahnärztekammer sieht hingegen ausreichend Belege für eine gemeinsame Abrechenbarkeit beider Gebührennummern (vgl. Kommentar der Bundeszahnärztekammer in Zusammenarbeit mit den (Landes-)Zahnärztekammern, Stand Oktober 2015, GOZ Nr. 2197, 6100; vgl. auch: Die Bedeutung der Nummer 2197 für die Liquidation kieferorthopädischer Maßnahmen, Zahnärzteblatt Baden-Württemberg). Bei der Bewertung der beiden gegenläufigen Ansichten ist zu berücksichtigen, dass sich hier widerstreitende Interessen gegenüberstehen. Die Kommentierung von Liebold/Raff/Wissing in DER Kommentar BEMA und GOZ (Stand November 2015) geht unter Bezugnahme auf die zusprechenden zivilgerichtlichen Entscheidungen davon aus, dass GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 abgerechnet werden kann.

c) Dem von der Mehrheit der Zivilgerichte gefundenen Ergebnis, bei einer Eingliederung eines Klebebrackets mittels Adhäsionstechnik neben Aufwendungen für Leistungen nach GOZ-Nr. 6100 auch Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 abrechnen zu können, ist zu folgen.

Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ kann der Zahnarzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eine Gebühr dann nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Nach Satz 4 der Vorschrift ist eine Leistung methodisch notwendiger Bestandteil einer anderen Leistung, wenn sie inhaltlich von der Leistungsbeschreibung der anderen Leistung (Zielleistung) umfasst und auch in deren Bewertung berücksichtigt worden ist. Gebührenrechtlich unselbstständiger Bestandteil einer anderen Leistung ist eine Leistung grundsätzlich dann, wenn ohne ihren Leistungsinhalt die andere Leistung nach ihrem technischen Ablauf oder anderen für die Leistungserbringung bestimmenden Faktoren nicht erbracht werden kann, mit anderen Worten, wenn die Leistungsbeschreibung der „Zielleistung“ ausdrücklich die andere Leistung zu ihrem Bestandteil macht. Zusätzlich muss die Leistung auch in der Bewertung der Leistung berücksichtigt worden sein. Dies ist stets dann nicht der Fall, wenn die Vergütung des möglichen Leistungsbestandteils außer Verhältnis zur vermeintlichen Zielleistung erfolgt. Ist eine der beiden Voraussetzungen des Satzes 4 nicht erfüllt, verbleibt es bei der gesamten Berechenbarkeit beider Leistungen (vgl. Zuck, Gebührenordnung für Zahnärzte, 1. Aufl. 2012, § 4 Rn. 5).

Grundvoraussetzung einer gesonderten Abrechnung der GOZ-Nr. 2197 bei der Eingliederung eines Klebebrackets ist demnach, dass es sich bei der adhäsiven Befestigung um eine selbstständige zahnärztliche Leistung handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommen prinzipiell alle im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistungen als selbstständige ärztliche Leistungen in Betracht (vgl. BGH, U. v. 21.1.2010 - III ZR 147/09 - VersR 2010, 1042 Rn. 7 m. w. N. zu § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ). Ob die adhäsive Befestigung von Brackets von der nach GOZ-Nr. 6100 erbrachten Leistung umfasst ist, ist durch Auslegung der Gebührenordnung für Zahnärzte nebst Anlage anhand der anerkannten Auslegungsmethoden - dem Wortlaut der Norm, Systematik, Sinn und Zweck sowie Auswertung der Gesetzesmaterialen und der Entstehungsgeschichte - vorzunehmen.

aa) Der Wortlaut von GOZ-Nr. 6100 spricht nicht zweifelsfrei dafür, dass eine adhäsive Befestigung vom dortigen Leistungsumfang umfasst ist.

Nach ihrem Wortlaut beinhaltet GOZ-Nr. 6100 als Leistung die „Eingliederung eines Klebebrackets zur Aufnahme orthodontischer Hilfsmittel“. Denn zur Bewegung von Zähnen sind ein oder mehrere mechanische Angriffspunkte erforderlich. Dazu dienen Halterungen, die fest auf den Zähnen fixiert und zur Übertragung verschiedener Kraftvektoren geeignet sind (Liebold/Raff/Wissing, DER Kommentar BEMA und GOZ, GOZ-Nr. 6100 S. 7). Je nach Therapieform kommen dabei unterschiedlich geformte Elemente zum Einsatz wie Brackets, Tubes, Knöpfchen o.ä., zusammenfassend auch Attachements genannt (Liebold/Raff/Wissing a. a. O.).

Der Satzbau der Leistungsbeschreibung von GOZ-Nr. 6100 spricht dafür, dass es bei der zu honorierenden Leistung vorrangig um die „Eingliederung“ des Klebebrackets geht. Mit welcher Befestigungsmethode die Eingliederung erfolgt, bleibt trotz der Formulierung „Klebebrackets“ im Leistungstext offen. Der Fachliteratur lässt sich entnehmen, dass als Befestigungsmethoden verschiedene Techniken zur Verfügung stehen (vgl. hierzu Kommentierung der PKV zur Gebührenordnung für Zahnärzte, GOZ-Nr. 2197 S. 49). Zementieren, Kleben und adhäsives Befestigen sind unterschiedliche Methoden, die eine mehr oder weniger feste und dauerhafte Haftung des Klebebrackets oder Attachments auf dem Zahn bewirken (Liebold/Raff/Wissing, DER Kommentar BEMA und GOZ, GOZ-Nr. 6100 S. 9).

Zwar spricht viel für die Auffassung des Beklagten, dass die konventionelle Adhäsivtechnik heute als Standardverfahren bei der Bracketbefestigung gilt. Jedoch ist die Eingliederung eines Brackets mittels Glasionomerzements ebenfalls möglich, auch wenn es sich dabei aufgrund der geringen Haftkraft wohl nicht mehr um die übliche Standardmethode handelt (vgl. Kommentierung der PKV zur Gebührenordnung für Zahnärzte, GOZ-Nr. 2197 S. 49 ff. sowie GOZ-Nr. 6100 S. 182; Liebold/Raff/Wissing, DER Kommentar BEMA und GOZ, GOZ-Nr. 6100 S. 9 f.). Die adhäsive Befestigung eines Brackets mittels Komposit ist somit - was der Beklagte im Übrigen nicht bestreitet - nicht die einzige Eingliederungsmöglichkeit. Demnach kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Verordnungsgeber mit der Verwendung des Begriffs „Klebebracket“ eindeutig zum Ausdruck bringen wollte, dass er damit ausschließlich eine adhäsive Befestigung eines Brackets meint. Selbst wenn die Begriffe „Adhäsivtechnik“ und „Klebetechnik“ in der Fachliteratur tatsächlich synonym verwendet werden, wie der Beklagte meint, hat er nicht belegt, dass die Verwendung der beiden Begriffe in beide Richtungen eindeutig ist und „kleben“ automatisch „adhäsive Befestigung“ bedeutet. Der Wortlaut von GOZ-Nr. 6100 spricht jedenfalls nicht dafür, dass eine Eingliederung mittels Adhäsivtechnik integraler Bestandteil der mit GOZ-Nr. 6100 abgegoltenen Leistung und daher von deren Leistungsumfang umfasst ist.

bb) Jedoch ist auch der Wortlaut von GOZ-Nr. 2197 - Adhäsive Befestigung (plastischer Aufbau, Stift, Inlay, Krone, Teilkrone, Veneer etc.) - nicht eindeutig.

GOZ-Nr. 2197 wurde zum 1. Januar 2012 durch die Erste Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung der Zahnärzte (1. GOZÄndV) vom 5. Dezember 2011 (BGBl I S. 2661) eingeführt. Sie erfasst als Leistung kein Behandlungsziel wie GOZ-Nr. 6100, sondern eine bestimmte Befestigungstechnik, die einen Mehraufwand mit sich bringt. Beispielhaft führt der Verordnungsgeber in der Leistungsbeschreibung auf, wann die Adhäsivtechnik zum Einsatz kommen kann. Die Verwendung der Formulierung „etc.“ zeigt jedoch, dass die Leistungsbeschreibung insoweit nicht abschließend, sondern explizit offen formuliert ist. Die offene Begrifflichkeit spricht auch gegen den Einwand des Beklagten, es bestünden erhebliche Zweifel an der Vergleichbarkeit der ausdrücklich in GOZ-Nr. 2197 genannten Beispiele mit den einzugliedernden Klebebrackets. Wenn der Verordnungsgeber dies gewollt hätte, hätte es nahe gelegen, dass er eine Formulierung wie „vergleichbare“ verwendet hätte. Diesem Einwand des Beklagten muss daher vorliegend ebenso wenig nachgegangen werden wie seinem Vorbringen, eine Abrechnung von GOZ-Nr. 2197 sei nur in Bezug auf Befestigungsmaßnahmen möglich, die nicht nur durch Kleben, sondern auch auf andere Weise, etwa durch Zementieren standardmäßig durchgeführt werden könnten. Denn weder lässt sich - so aber die Klägerin - sagen, dass der Wortlaut der Leistungsbeschreibung eindeutig dafür spricht, dass GOZ-Nr. 2197 bei der adhäsiven Eingliederung von Brackets zur Anwendung kommen kann, noch ist - wie der Beklagte meint - zwingend, dass die adhäsive Befestigung von Klebebrackets nicht unter GOZ-Nr. 2197 fällt.

cc) Ausgehend vom Zielleistungsprinzip rechtfertigt es eine systematische Betrachtung der Gebührenordnung für Zahnärzte, die Anwendbarkeit der GOZ-Nr. 2197 im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung anzunehmen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Selbstständigkeit einer ärztlichen Leistung danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische Indikation besteht (st. Rspr., vgl. BGH, U. v. 21.1.2010 - III ZR 147/09 - VersR 2010, 1042 Rn. 10 m. w. N. zu § 4 Abs. 2 und 2a GOÄ). Der Bundesgerichtshof hat beispielsweise in das Gebührenverzeichnis aufgenommene Leistungen als nicht abrechenbar angesehen, deren Zweck darin bestand, beim Erreichen des Leistungsziels benachbarte Strukturen zu schonen und nicht zu verletzen (vgl. BGH, U. v. 21.1.2010 a. a. O.). Der Verordnungsgeber habe es allerdings in der Hand, auch Leistungen zu beschreiben (und ihre Abrechenbarkeit zu regeln), die in einem so engen Zusammenhang zu einer anderen Leistung stehen, dass man ihre Selbstständigkeit in Frage stellen könne (vgl. BGH, U. v. 21.1.2010 a. a. O. Rn. 7).

Bei verschiedenen Gebührennummern - so bei den konservierenden Leistungen nach GOZ-Nr. 2060, 2080, 2100 und 2120 sowie bei den prothetischen Leistungen nach GOZ-Nr. 5150 und 5160 - ist eine Ausführung in Adhäsivtechnik ausdrücklich in der Leistungsbeschreibung aufgeführt und gehört demgemäß zu deren Leistungsinhalt. Neben diesen Leistungen ist GOZ-Nr. 2197 folglich nicht gesondert abrechenbar. Demgegenüber ist bei GOZ-Nr. 6100 zwar von „Klebebracket“, nicht jedoch von einer Eingliederung in Adhäsivtechnik die Rede. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 abrechenbar ist.

dd) Hierfür sprechen nicht nur systematische Erwägungen, sondern auch der Sinn und Zweck der Einführung von GOZ-Nr. 2197.

Mit der Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte hat der Verordnungsgeber das Ziel verfolgt, das Gebührenverzeichnis zu überarbeiten, um vielfach auftretende gebührenrechtliche Streitpunkte zu klären sowie häufig erbrachte, bisher nicht im Gebührenverzeichnis enthaltene Leistungen aufzunehmen, um eine indikationsgerechte Versorgung abzubilden (vgl. BR-Drs. 566/11 S. 1). Mit Einführung von GOZ-Nr. 2197 wurde - worauf auch der Beklagte zu Recht verwiesen hat - die Absicht verfolgt, den Mehraufwand abzugelten, der dem Zahnarzt durch die Befestigung mittels adhäsiver Technik entsteht. War es jedoch bereits - wie der Beklagte vorträgt - zum Zeitpunkt der Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte kieferorthopädischer Standard, Klebebrackets mittels Adhäsivtechnik einzugliedern, und entsprach es - wie der Beklagte meint - dem Willen des Verordnungsgebers, den Mehraufwand der adhäsiven Befestigung von Brackets nicht zusätzlich zu vergüten, hätte es nicht nur im Hinblick auf die gesetzgeberische Absicht, Unklarheiten zu beseitigen, sondern auch wegen der alternativ zur Verfügung stehenden Befestigungsmethoden nahegelegen, die Adhäsivtechnik auch bei GOZ-Nr. 6100 ausdrücklich aufzuführen. Aus der Tatsache, dass der Verordnungsgeber eine derartige Klarstellung unterlassen hat, kann daher geschlossen werden, dass die adhäsive Befestigung nicht vom Leistungsumfang der GOZ-Nr. 6100 umfasst ist.

Die Richtigkeit dieser Schlussfolgerung lässt sich auch nicht mit dem Einwand des Beklagten in Zweifel ziehen, bei den plastischen Füllungen sei der Begriff „Adhäsivtechnik“ zusätzlich um den Hinweis auf das „Konditionieren“ erweitert. Hieraus lässt sich keine durchgreifende Unterscheidung der zuvor genannten Gebührennummern zu GOZ-Nr. 6100 ableiten. Zum einen besteht die Adhäsivtechnik laut aktuellem zahnmedizinischen Standard neben dem Konditionieren aus zwei weiteren essentiellen Teilschritten, dem Primen und dem Bonden (vgl. Kommentierung der PKV zur Gebührenordnung für Zahnärzte, GOZ-Nr. 2197 S. 48). Zum anderen fehlt auch bei GOZ-Nr. 5150 und 5160 ein entsprechender Hinweis auf das „Konditionieren“.

ee) Eindeutig Gegenteiliges kann auch nicht dem vom Beklagten benannten Beschluss des Beratungsforums für Gebührenordnungsfragen entnommen werden, demzufolge eine zusätzliche Berechnung von GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 2000 nicht möglich ist. Zwar ist auch in der Leistungsbeschreibung von GOZ-Nr. 2000 „Versiegelung von kariesfreien Zahnfissuren mit aushärtenden Kunststoffen, auch Glattflächenversiegelung“ die Adhäsivtechnik nicht aufgeführt. Einigen sich die Mitglieder des Beratungsforums - Bundeszahnärztekammer, PKV und Beihilfe - zur Vermeidung von Auslegungsstreitigkeiten und gerichtlichen Auseinandersetzungen „im partnerschaftlichen Miteinander“ auf eine bestimmte Auslegung der GOZ-Nr. 2000, zwingt dies nicht zwangsläufig zu dem Schluss, eine Ausführung in Adhäsivtechnik sei als besondere Ausführung auch bei GOZ-Nr. 6100 vom Leistungsumfang umfasst. Denn eine Vergleichbarkeit der Leistungen bei GOZ-Nr. 2000 und GOZ-Nr. 6100 hat der Beklagte weder dargetan, noch ist eine solche ersichtlich.

Da die adhäsive Befestigungstechnik aus diesen Gründen bereits nicht methodisch notwendiger Bestandteil der GOZ-Nr. 6100 ist, steht das Zielleistungsprinzip einer Abrechnung von Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen nach GOZ-Nr. 6100 nicht entgegen.

ff) Ungeachtet dessen spricht auch ein systematischer Vergleich der Bewertungen anderer Gebührennummern mit der Bewertung von GOZ-Nr. 6100 dafür, dass der Verordnungsgeber die Leistungen für ein Eingliedern in adhäsiver Befestigungstechnik dort nicht berücksichtigt hat (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 4 Halbs. 2 GOZ).

Wie bereits ausgeführt, wollte der Verordnungsgeber mit der Einführung der GOZ-Nr. 2197 den durch Anwendung der Adhäsivtechnik entstehenden Mehraufwand honorieren. Diese Absicht zeigt sich auch bei den Gebührennummern, bei denen eine Ausführung der zahnärztlichen Leistung mit und ohne Adhäsivtechnik möglich ist. So unterscheiden sich beispielsweise die Leistungsbeschreibungen von GOZ-Nr. 2050 zu GOZ-Nr. 2060 oder GOZ-Nr. 2070 zu GOZ-Nr. 2080 grundsätzlich nur darin, dass die Adhäsivtechnik (Konditionieren) bei der jeweils höher bewerteten Gebührennummer ausdrücklich aufgeführt ist. Vergleicht man die jeweiligen Bewertungen, führt allein die Anwendung der Adhäsivtechnik zu einer nicht nur unerheblich höheren, sondern über den Punktwert von GOZ-Nr. 2197 hinausgehenden Steigerung der Punktzahl von jeweils 314 Punkten, was bei einem Wert von 5,62421 Cent pro Punkt (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 3 GOZ) und einem Gebührensatz von 1,0 einem Unterschiedsbetrag von 17,66 Euro entspricht. Zudem geht die Steigerung des Punktwerts deutlich über den in GOZ-Nr. 2197 vorgesehenen Punktwert von 130 hinaus und belegt, dass mit GOZ-Nr. 2197 pauschal weniger aufwendige Anwendungsfälle der adhäsiven Befestigungstechnik abgegolten werden sollen.

Betrachtet man die in GOZ-Nr. 6100 vorgesehene Punktzahl von 165 unter diesem Gesichtspunkt, so verbleiben dort nach Abzug der in GOZ-Nr. 2197 für die Vornahme einer adhäsiven Befestigung vorgesehenen Punktzahl von 130 lediglich 35 Punkte für sämtliche sonstigen Leistungen. Bei einem Gebührensatz von 1,0 verbleiben somit hierfür lediglich 1,97 Euro, bei einem Gebührensatz von 2,3 nur 4,53 Euro pro Zahn. Mit diesem Betrag wären aber sämtliche Material- und sonstigen Vorhalte- bzw. Laborkosten für Standardmaterialien, wie beispielsweise unprogrammierte Edelstahlbrackets, sowie die Vergütung für sämtliche weiteren vor- und nachbereitenden Tätigkeiten des Kieferorthopäden, wie das Positionieren des Brackets sowie die Überschussentfernung, abgegolten. Selbst dann, wenn man dem Einwand des Beklagten folgt, dass von den 165 Bewertungspunkten weit weniger als 130 Punkte von der adhäsiven Befestigung aufgezehrt werden, stehen dem Kieferorthopäden pro Zahn für sämtliche Leistungen nach GOZ-Nr. 6100 nur 9,28 Euro (bei einem Gebührensatz von 1,0) bzw. 21,34 Euro (bei einem Gebührensatz von 2,3) zur Verfügung. Vergleicht man diesen Betrag mit dem Unterschiedsbetrag von 17,66 Euro, der sich beim Faktor 1,0 allein aus der Anwendung der Adhäsivtechnik bei GOZ-Nr. 2060 und 2080 ergibt, ist davon auszugehen, dass die Leistungen für eine adhäsive Befestigung gerade nicht bei der Bewertung der GOZ-Nr. 6100 berücksichtigt wurden. § 4 Abs. 2 Satz 4 GOZ steht auch aus Bewertungsgesichtspunkten einer Berücksichtigung der Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen nach GOZ-Nr. 6100 nicht entgegen.

Nach alledem hat die Klägerin einen Anspruch gegen den Beklagten, dass dieser die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 neben solchen für Leistungen nach GOZ-Nr. 6100 gemäß dem von ihr vorgelegten Heil- und Kostenplan vom 21. Juli 2014 dem Grunde nach anerkennt.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 430,59 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die
a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben,
b)
einen niedrigen Abgabepreis haben,
c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder
d)
in Anlage 12 genannt sind, und
2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.

(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.

(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit für ein Medizinprodukt.
Der Kläger ist als Ruhestandsbeamter für sich und seine Ehefrau mit einem Bemessungssatz von 70 Prozent beihilfeberechtigt. Er begehrte mit Anfrage vom 02.10.2014 die Anerkennung der Beihilfefähigkeit einer seiner Ehefrau vom Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie empfohlenen Behandlung mit dem Präparat „Ostenil“ (Hyaluronsäure) wegen einer diagnostizierten schmerzhaften Gonarthrose beidseitig. Die Gesamtkosten sollten sich ausweislich der Voranfrage auf insgesamt 261,11 EUR belaufen.
Mit Bescheid vom 06.10.2014 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung die Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Kosten einer Behandlung der Ehefrau des Klägers mit dem Präparat „Ostenil“ ab. Zur Begründung wies das Landesamt darauf hin, dieses Präparat sei kein beihilfefähiges Arzneimittel, sondern ein Medizinprodukt. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO seien daher die Kosten einer solchen Behandlung grundsätzlich nicht beihilfefähig; ein Ausnahmefall im Sinne von § 3 Nr. 1 und 2 MPG i.V.m. Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung liege nicht vor. Hiergegen legte der Kläger am 22.10.2014 Widerspruch ein und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf eine beigefügte Bescheinigung des behandelnden Facharztes vom 09.10.2014.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2014 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, bei dem in Rede stehenden Präparat „Ostenil“ handle es sich nicht um ein zugelassenes Fertigarzneimittel, sondern um ein nicht apothekenpflichtiges Medizinprodukt. Nach der seit dem 01.04.2014 geltenden Rechtslage stellten Medizinprodukte grundsätzlich keine Arzneimittel im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO dar; für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukt nach § 3 Nr. 1 und 2 MPG anzusehen seien, könne nur dann Beihilfe gewährt werden, wenn diese Stoffe in der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) aufgeführt seien und die dort genannten Maßgaben erfüllten. Da die geltend gemachten Aufwendungen nicht für ein solches beihilfefähiges Medizinprodukt entstanden seien, komme eine Gewährung von Leistungen nicht in Betracht. Hieran ändere auch die Stellungnahme des behandelnden Facharztes nichts. Dieser verkenne bereits, dass die Beihilfe keine private Krankenversicherung, sondern eine öffentliche Fürsorgeleistung darstelle. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg stehe dem Verordnungsgeber bei der Ausgestaltung der beihilferechtlichen Regelungen ein weiter Ermessensspielraum zur Seite, und der Verordnungsgeber sei nicht gehalten, für jeden nur denkbaren Einzelfall die gerechteste und zweckmäßige Lösung zu wählen mit der Folge, dass auch Härten und Nachteile aufgrund von pauschalisierenden Beihilfevorschriften hinzunehmen seien. Die vorliegende Fallgestaltung stelle zwar eine gewisse Härte für den Kläger dar, diese sei aber aus den vorgenannten Gründen hinzunehmen.
Mit der am 08.11.2014 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er meint, bei dem Präparat „Ostenil“ handle es sich um ein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne. Zwar sei das in Rede stehende Präparat mit dem Wirkstoff Hyaluronsäure kein Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes, sondern ein Medizinprodukt. Das Präparat wirke im Rahmen der bestimmungsgemäßen Anwendung mechanisch, nicht jedoch pharmakologisch oder immunologisch, wie dies für Arzneimittel typisch sei. Für die erstattungsrechtliche Beurteilung eines Präparats sei indes nicht auf die arzneimittelrechtliche Definition, sondern allein auf seine materielle Zweckbestimmung und die Eignung abzustellen, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper eine Krankheit zu heilen oder zu lindern. Gemessen hieran stelle das Präparat „Ostenil“ ein Arzneimittel im leistungsrechtlichen Sinne dar. Denn es sei hervorragend geeignet, die hier bei der Ehefrau vorliegenden arthrotischen Kniegelenksbeschwerden zu lindern und damit auch die Notwendigkeit der Einsetzung eines künstlichen Gelenkersatzes hinauszuzögern. Ausweislich eines beigefügten Kostenvoranschlages des Facharztes belaufen sich die Kosten auf insgesamt 544,65 EUR, wovon 261,11 EUR auf ärztliche Leistungen und ca. 222,30 EUR auf Medikamente entfallen.
Der Kläger beantragt sachdienlich verstanden,
den Beklagten unter Aufhebung des versagenden Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung vom 06.10.2014 und dessen Widerspruchsbescheids vom 24.10.2014 zu verpflichten, die Beihilfefähigkeit einer Behandlung der Ehefrau des Klägers mit dem Präparat „Ostenil“ anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Zur Begründung verweist er insbesondere auf seine Erwägungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt er aus: Bei dem Präparat „Ostenil“ handle es sich laut dem Arzneimittelverzeichnis „Rote Liste“ um ein Medizinprodukt und damit nicht um ein Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung, so dass die Voranerkennung zu Recht versagt worden sei. Eine Ausnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Buchst. d) BVO liege nicht vor; das Präparat „Ostenil“ sei in der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung nicht aufgeführt. Die Bezugnahme des Klägers auf Urteile der Verwaltungsgerichte anderer Bundesländer führe zu keinem anderen Ergebnis; vorliegend sei allein die Beihilfeverordnung des Landes Baden-Württemberg in der Fassung ab dem 01.04.2014 einschlägig.
11 
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle der Kammer einverstanden erklärt.
12 
Der Kammer liegen die einschlägigen Akten des Landesamts für Besoldung und Versorgung vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Über die Klage entscheidet im Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung (§ 87a Abs. 2 und 3, § 101 Abs. 2 VwGO).
14 
Die Klage ist lediglich teilweise zulässig (1.), sie bleibt auch in der Sache in vollem Umfang ohne Erfolg (2.).
15 
1. Die Klage ist lediglich insoweit zulässig, als die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit für die Kosten des Präparats „Ostenil“ in Rede steht. Das darüber hinausgehende, erstmals mit Klageerhebung am 08.11.2014 geltend gemachte Begehren auf Voranerkennung der Gesamtkosten der Behandlung, insbesondere der Aufwendungen für das ärztliche Honorar und für Praxisbedarf, ist unzulässig. Der Antrag des Klägers vom 02.10.2014 an das Landesamt für Besoldung und Versorgung ist bei der gebotenen objektiven Auslegung aus dem Empfängerhorizont dahin zu verstehen, dass ausschließlich um die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit für ein hyaluronsäurehaltiges Präparat nachgesucht wird. Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass es sich bei dem in dem Antrag genannten Betrag in Höhe von 261,11 EUR weder um die Gesamtkosten der Behandlung noch um die Medikamentenkosten, sondern ausweislich des Kostenvoranschlags des behandelnden Arztes um sein Honorar nach der Gebührenordnung für Ärzte handelt. Indes erwähnt der Kläger in seinem Antrag vom 02.10.2014 nicht die weitergehenden Aufwendungen für den ärztlichen Behandler und dessen Praxisbedarf, sondern allein die Aufwendungen für ein hyaluronsäurehaltiges Arzneimittel. Entgegen der Ansicht des Klägers ändert an diesem Verständnis auch die beigebrachte Bescheinigung des behandelnden Facharztes vom 09.10.2014 nichts, sodass dahingestellt bleiben kann, ob der Stellungnahme tatsächlich der vom Kläger erwähnte Kostenvoranschlag beigelegen hat. Entscheidend ist allein, was der Kläger im Verwaltungsverfahren beantragt hat; die von dem Behandler veranschlagten Kosten sind in diesem Zusammenhang nicht von Relevanz. In diesem Sinne hat das Landesamt für Besoldung und Versorgung den Antrag des Klägers auch verstanden und ihn lediglich in diesem Umfang beschieden. Zu Nachfragen hinsichtlich des Umfangs der begehrten Vorabanerkennung war die Beihilfestelle vor diesem Hintergrund auch in Ausübung ihrer Fürsorgeplichten nicht gehalten.
16 
Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig einen vor Klageerhebung an die Behörde zu stellenden Antrag voraus, der, da es sich um eine Klage-, nicht um eine bloße Sach-urteilsvoraussetzung handelt, nicht im Prozess nachgeholt werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.08.1973 - 2 C 10.73 -, Buchholz 232 § 181 BBG Nr. 6; und vom 24.02.1982 - 6 C 8.77 -, juris). Eine Ausnahme von diesem grundsätzlichen Antragserfordernis besteht allenfalls dann, wenn das Begehren lediglich in Randbereichen erweitert wird und mithin die Behörde bereits mit den wesentlichen vorgreiflichen Fragen befasst war (vgl. zu einer derartigen Konstellation BVerwG, Urteil vom 04.08.1993 - 11 C 15.92 -, NVwZ 1995, 76). Eine derartige, lediglich untergeordnete Erweiterung des bei der Behörde bereits angebrachten Begehrens liegt hier nicht vor. Denn die Beurteilung der Beihilfefähigkeit für das Honorar ärztlicher Behandler richtet sich nach anderen Bestimmungen und Grundsätzen als der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Medikamente. Mit Verfügung des Berichterstatters vom 17.02.2016 sind die Beteiligten auf diese Zulässigkeitsproblematik hingewiesen worden.
17 
2. Die Klage bleibt - soweit sie zulässig ist - auch in der Sache ohne Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Voranerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für das Präparat „Ostenil“ nicht zu; der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung vom 06.10.2014 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 24.10.2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
18 
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt bzw. deren Voranerkennung begehrt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 26.03.2015 - 5 C 9.14 -, BVerwGE 151, 386; und vom 02.04.2014 - 5 C 40.12 -, NVwZ-RR 2014, 609 m.w.N.). Anwendbar ist deshalb - ausgehend von der Maßgeblichkeit des Datums der Antragstellung für die Voranerkennung der Maßnahme - die Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO) vom 28.07.1995 in der maßgeblichen Fassung der Änderungsverordnung vom 20.12.2013, gültig vom 01.04.2014 bis zum 30.06.2015. Danach ist die Beihilfefähigkeit für die im Streit stehenden Fertigspritzen nach der speziellen Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. d) i.V.m. Satz 3 Buchst. d) BVO wirksam ausgeschlossen. Diese Vorschrift enthält eine Sonderregelung für Medizinprodukte, die hier einschlägig ist (2.1) und gegen deren Wirksamkeit keine durchgreifenden Bedenken bestehen (2.2). Ein Beihilfeanspruch ergibt sich für den Kläger auch nicht aus Härtefallgesichtspunkten (2.3).
19 
2.1 Bei den „Ostenil“-Fertigspritzen handelt es sich um ein nicht beihilfefähiges Medizinprodukt.
20 
2.1.1 Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern bei Leistungen nach Nr. 1 verbrauchte oder nach Art und Menge schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandsmittel und Teststreifen für Körperflüssigkeiten. Nach Satz 2 Buchst. d) dieser Bestimmung sind Medizinprodukte nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) kein Arzneimittel; Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukt nach § 3 Nr. 1 und 2 MPG zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Buchst. d) BVO lediglich dann beihilfefähig, wenn sie in der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) aufgeführt sind und die dort genannten Maßgaben erfüllen. Letzteres ist hier - wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit steht - nicht der Fall. Bei systematischer Betrachtung stellt die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. d BVO eine abschließende Sonderregelung gegenüber der allgemeinen, vor die Klammer gezogene Vorschrift über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Arzneimittel im Eingangssatz der Bestimmung dar. Gleiches gilt für die allgemeinen Vorschriften über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in § 5 BVO.
21 
2.1.2 Nach diesem Maßstab ist das Präparat „Ostenil“, dessen einziger aktiver Wirkstoff Natriumhyaluronat ist, nicht als Arzneimittel anzusehen, weil es sich um ein Medizinprodukt nach § 3 Nr. 1 Buchst. a MPG handelt. Obwohl der Wirkstoff Hyaluronsäure ein Stoff bzw. eine Zubereitung aus Stoffen ist, die dazu bestimmt ist, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (vgl. die Arzneimitteldefinition in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG), stellt sie im formellen Sinne kein Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz dar, weil sie als sogenanntes „arzneimittelähnliches Medizinprodukt“ dem Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG entfällt, der mit Inkrafttreten des Medizinproduktegesetzes zum 01.01.1995 eingeführt wurde. Danach sind Medizinprodukte - sofern nicht die hier nicht einschlägige Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG für Diagnostika eingreift - keine Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes. Arzneimittelähnliche Medizinprodukte erreichen ihre bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper nämlich - in Abgrenzung zur Arzneimitteln im formellen Sinne - weder durch pharmakologisch oder immunlogisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus (§ 3 Nr. 1 Buchst. a MPG). Vielmehr wird die Hyaluronsäure nach dem eigenen Vortrag des Klägers und ausweislich der von ihm vorgelegten fachärztlichen Stellungnahme deshalb in den Körperbereich des Kniegelenks gespritzt, um die Viskosität der Synovialflüssigkeit zu verbessern, wobei der Gelenkknorpel durch die schützende Hyaluronsäureschicht entlastet und der Verschleiß reduziert werden soll. Die Hauptwirkung der Hyaluronsäurepräparate im menschlichen Körper ist daher weder pharmakologisch noch immunologisch; vielmehr handelt es sich um eine mechanische (physikalische) Wirkungsweise, die charakteristisch für Medizinprodukte ist, während für Arzneimittel überwiegend eine pharmakologische oder immunlogische Wirkung erforderlich ist. Die Eigenschaft von Hyaluronsäure-Fertigspritzen als Medizinprodukt folgt auch daraus, dass § 3 Nr. 1 MPG auf die Zweckbestimmung durch den Hersteller abstellt (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 11.03.2010 - 10 S 3090/08 -, PharmR 2010, 300; und vom 02.01.2008 - 9 S 2089/06 -, AZR 2008, 77). Auch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts stellen Hyaluronsäure-Natrium-Fertigspritzen zur intraartikulären Anwendung bei Gelenkerkrankungen Medizinprodukte im Sinne von § 3 Nr. 1 Buchst. a MPG dar (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2009 - I ZR 193/06 -, GRUR 2010, 169; BVerwG, Urteile vom 26.03.2015 - 5 C 9.14 -, a.a.O.; und vom 12.09.2013 - 5 C 33.12 -, BVerwGE 148, 1).
22 
2.1.3 Dem hier vertretenen Verständnis steht auch nicht das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11.03.2010 (10 S 3090/08 - a.a.O.) zur Erstattungsfähigkeit des hyaluronsäurehaltigen Präparates „Go-On“ entgegen. Denn dieses Urteil ist zum Leistungsrecht der Postbeamtenkrankenkasse ergangen. Deren Satzungsbestimmungen in Bezug auf die Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln und Medizinprodukten in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg maßgeblichen Fassung ihrer 64. Änderung vom 01.05.2007 sind mit der hier einschlägigen Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. d) und Satz 3 Buchst. d) BVO weder identisch noch in struktureller Hinsicht vergleichbar. Der Kläger kann zu seinen Gunsten auch nichts aus den Urteilen des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs vom 05.03.2010 (14 BV 08.1013 und 14 B 08.1014 - jeweils juris) zur Beihilfefähigkeit von hyaluronsäurehaltigen Präparaten herleiten. Diese Urteile betreffen noch § 6 BBhV in der im August 2007 bzw. Dezember 2008 gültigen, außer Kraft getretenen Fassung. Im Ergebnis dasselbe gilt für das vom Kläger herangezogene Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12.01.2011 (M 17 K 10.4886 -, juris), das ebenso zu § 6 BBhV alter Fassung ergangen ist. Die Vorschrift des § 6 BBhV alter Fassung ist ebenfalls nicht mit den hier relevanten Vorschriften der Beihilfeverordnung Baden-Württemberg identisch oder strukturähnlich. Soweit sich der Kläger auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 07.05.2014 (OVG 7 B 10.14 -, juris) beruft, ist darauf hinzuweisen, dass dieses Urteil nicht in Rechtskraft erwachsen, sondern vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben worden ist (BVerwG, Urteil 26.03.2015 - 5 C 9.14 -, a.a.O.).
23 
2.2 Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Verordnungsgeber die Beihilfefähigkeit von Medizinprodukten mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. d) i.V.m. Satz 3 Buchst. d) BVO wirksam ausgeschlossen. Dieser Ausschluss verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (2.2.1) noch gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn (2.2.2).
24 
2.2.1 Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Medizinprodukte verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
25 
Dieser gebietet wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Dabei hat er grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte anknüpft oder von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen abhängt. Betrifft die angegriffene Maßnahme ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Bewegt sich der Normgeber dagegen auf einem Gebiet, auf dem er engen rechtlichen Bindungen unterliegt, so kann ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Da die Beihilfe ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat, ist diese bei der Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich zu beachten. Die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilfensystem angeführten Gründe müssen hiervor Bestand haben. Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten „Mischsystem“ aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist der allgemeine Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfensystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.12.2012 - 5 C 3.12 -, ZBR 213, 249; und vom 18.02.2009 - 2 C 23.08 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 18).
26 
Das ist hier nicht der Fall. Für den Ausschluss von Medizinprodukten gibt es sachliche, im Beihilferecht angelegte Gründe. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt insbesondere nicht darin, dass Beihilfeberechtigte, denen das Medizinprodukt „Ostenil“ verabreicht wurde, die dafür aufgewendeten Kosten nicht erstattet bekommen, während die Kosten für ein Medikament mit gleicher Wirkung, das als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes einzustufen ist, vom Dienstherrn im Rahmen der Beihilfe übernommen werden. Diese Ungleichbehandlung ist im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil der therapeutische Nutzen des in Rede stehenden Medizinprodukts „Ostenil“ nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft umstritten ist. Zwar gibt es Studien, in denen die Behandlung einer Gonarthrose mit hyaluronsäurehaltigen Produkten uneingeschränkt befürwortet wird (Bellamy et al., Viscosupplementation for the treatment of osteoarthritis of the knee (Review), The Cochrane Collaboration, (publ. by John Wiley & Sons) oder ihr aber zumindest ein geringer positiver Effekt zugesprochen wird (Institut für Allgemeinmedizin Frankfurt, IGeL-Helfer „Intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure“). Hinzu kommt, dass die entsprechende Therapie in der im Regelfall maßgeblichen fachlichen Leitlinie der einschlägigen „Fachgesellschaften“ - der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) und des Berufsverbands der Ärzte für Orthopädie (BVO) - als medikamentöse Therapie sogar der Coxarthrose mit „Symptomatic slow acting drugs“ ausdrücklich genannt wird (Nr. 11.2.). Diesen Studien stehen jedoch andere Veröffentlichungen gegenüber, nach denen die Wirksamkeit der Hyaluronsäurebehandlung nicht erwiesen werden konnte (siehe Arznei-Telegramm 2002, 39 und 2004, 15). Auch diverse Gerichtsentscheidungen gehen davon aus, dass die medizinische Wirksamkeit von Chondroprotektiva zumindest umstritten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.09.2013 - 5 C 33.12 -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.08.2012 - 2 S 2076/11 -, ESVGH 63, 128).
27 
Bei der Bewertung der wissenschaftlichen Anerkennung von Chondroprotektiva war nicht - wie von dem Kläger schriftsätzlich angeregt - ein Sachverständigengutachten einzuholen. Denn bei der Prüfung der Wirksamkeit des Beihilfeausschlusses an dem Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG kommt es allein darauf an, ob der Verordnungsgeber bei Bewertung des gegenwärtigen Standes der medizinischen Wissenschaft und unter Berücksichtigung seines Einschätzungsspielraums zu der Erkenntnis gelangen durfte, dass die Wirksamkeit des in Rede stehenden Medizinprodukts in den einschlägigen Fachkreisen zumindest uneinheitlich beurteilt wird. Vor diesem Hintergrund ist die Einholung der Meinung eines einzelnen Sachverständigen kein geeignetes Beweismittel zur Klärung der maßgeblichen Frage.
28 
2.2.2 Ein Verstoß gegen die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgepflicht, die zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört, liegt nicht vor. In der verwaltungs- und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die Beihilfe in ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.11.2002 - 2 BvR 1053/98 -, BVerfGE 106, 225; BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 5 C 3.12 -, a.a.O.). Die Gewährung von Beihilfe findet jedoch ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 -, BVerfGE 83, 89). Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenversorgung nicht absichern kann; eine lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen verlangt die Fürsorgepflicht jedoch nicht. Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Der Dienstherr kann grundsätzlich bestimme Arzneimittel und Medizinprodukte ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet (BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 5 C 3.12 -, a.a.O. , m.w.N.). Dies ist hier nach dem oben unter 2.2.1 ausgeführten nicht der Fall, da die Wirksamkeit von Chondroprotektiva zur Behandlung einer Gonarthrose in der medizinischen Wissenschaft umstritten ist.
29 
2.3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die beantragte Beihilfe bzw. deren Voranerkennung aus der Härtefallregelung des § 5 Abs. 6 Satz 1 BVO. Nach dieser Vorschrift kann bei Anlegung eines strengen Maßstabs in besonderen Härtefällen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde und nur im Einvernehmen mit dem Finanzministerium zu Aufwendungen ausnahmsweise abweichend von den in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen Beihilfe gewährt werden. Damit hat der Verordnungsgeber eine Vorschrift geschaffen, um ganz besonderen Fällen gerecht werden zu können, in denen die durch die Beihilfeverordnung erfolgte typisierende, pauschalisierende und abschließende Konkretisierung der gesetzlich und verfassungsrechtlich gebotenen Fürsorgepflicht ausnahmsweise nicht ausreichend ist, um den Wesenskern der Fürsorgepflicht gegenüber dem beihilfeberechtigten Beamten und seinen Angehörigen zu gewährleisten. In derartigen Einzelfällen, in denen in Folge eines die Beihilfeberechtigung hervorrufenden Tatbestands eine unerträgliche Beeinträchtigung der Möglichkeit zur amtsangemessenen Lebensführung auftritt, kann eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht gegeben sein und einen Anspruch auf weitergehende Beihilfe im Einzelfall begründen (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.11.2008 - 4 S 2725/06 -, juris). Weder aus dem eigenen Sachvortrag des Klägers noch aus dem Akteninhalt ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Kosten für die „Ostenil-Fertigspritzen“ den Kläger finanziell übermäßig belasten könnten. Auch sonstige Umstände, bei deren Vorliegen es sich aufdrängen müsste, dass der Fürsorgegrundsatz zur ausnahmsweisen Anerkennung der Beihilfefähigkeit - hier der Einbeziehung des im Streit stehenden Medizinprodukts - führt, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
30 
Nach alldem bleibt die Klage ohne Erfolg.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
13 
Über die Klage entscheidet im Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung (§ 87a Abs. 2 und 3, § 101 Abs. 2 VwGO).
14 
Die Klage ist lediglich teilweise zulässig (1.), sie bleibt auch in der Sache in vollem Umfang ohne Erfolg (2.).
15 
1. Die Klage ist lediglich insoweit zulässig, als die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit für die Kosten des Präparats „Ostenil“ in Rede steht. Das darüber hinausgehende, erstmals mit Klageerhebung am 08.11.2014 geltend gemachte Begehren auf Voranerkennung der Gesamtkosten der Behandlung, insbesondere der Aufwendungen für das ärztliche Honorar und für Praxisbedarf, ist unzulässig. Der Antrag des Klägers vom 02.10.2014 an das Landesamt für Besoldung und Versorgung ist bei der gebotenen objektiven Auslegung aus dem Empfängerhorizont dahin zu verstehen, dass ausschließlich um die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit für ein hyaluronsäurehaltiges Präparat nachgesucht wird. Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass es sich bei dem in dem Antrag genannten Betrag in Höhe von 261,11 EUR weder um die Gesamtkosten der Behandlung noch um die Medikamentenkosten, sondern ausweislich des Kostenvoranschlags des behandelnden Arztes um sein Honorar nach der Gebührenordnung für Ärzte handelt. Indes erwähnt der Kläger in seinem Antrag vom 02.10.2014 nicht die weitergehenden Aufwendungen für den ärztlichen Behandler und dessen Praxisbedarf, sondern allein die Aufwendungen für ein hyaluronsäurehaltiges Arzneimittel. Entgegen der Ansicht des Klägers ändert an diesem Verständnis auch die beigebrachte Bescheinigung des behandelnden Facharztes vom 09.10.2014 nichts, sodass dahingestellt bleiben kann, ob der Stellungnahme tatsächlich der vom Kläger erwähnte Kostenvoranschlag beigelegen hat. Entscheidend ist allein, was der Kläger im Verwaltungsverfahren beantragt hat; die von dem Behandler veranschlagten Kosten sind in diesem Zusammenhang nicht von Relevanz. In diesem Sinne hat das Landesamt für Besoldung und Versorgung den Antrag des Klägers auch verstanden und ihn lediglich in diesem Umfang beschieden. Zu Nachfragen hinsichtlich des Umfangs der begehrten Vorabanerkennung war die Beihilfestelle vor diesem Hintergrund auch in Ausübung ihrer Fürsorgeplichten nicht gehalten.
16 
Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig einen vor Klageerhebung an die Behörde zu stellenden Antrag voraus, der, da es sich um eine Klage-, nicht um eine bloße Sach-urteilsvoraussetzung handelt, nicht im Prozess nachgeholt werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.08.1973 - 2 C 10.73 -, Buchholz 232 § 181 BBG Nr. 6; und vom 24.02.1982 - 6 C 8.77 -, juris). Eine Ausnahme von diesem grundsätzlichen Antragserfordernis besteht allenfalls dann, wenn das Begehren lediglich in Randbereichen erweitert wird und mithin die Behörde bereits mit den wesentlichen vorgreiflichen Fragen befasst war (vgl. zu einer derartigen Konstellation BVerwG, Urteil vom 04.08.1993 - 11 C 15.92 -, NVwZ 1995, 76). Eine derartige, lediglich untergeordnete Erweiterung des bei der Behörde bereits angebrachten Begehrens liegt hier nicht vor. Denn die Beurteilung der Beihilfefähigkeit für das Honorar ärztlicher Behandler richtet sich nach anderen Bestimmungen und Grundsätzen als der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Medikamente. Mit Verfügung des Berichterstatters vom 17.02.2016 sind die Beteiligten auf diese Zulässigkeitsproblematik hingewiesen worden.
17 
2. Die Klage bleibt - soweit sie zulässig ist - auch in der Sache ohne Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Voranerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für das Präparat „Ostenil“ nicht zu; der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung vom 06.10.2014 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 24.10.2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
18 
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt bzw. deren Voranerkennung begehrt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 26.03.2015 - 5 C 9.14 -, BVerwGE 151, 386; und vom 02.04.2014 - 5 C 40.12 -, NVwZ-RR 2014, 609 m.w.N.). Anwendbar ist deshalb - ausgehend von der Maßgeblichkeit des Datums der Antragstellung für die Voranerkennung der Maßnahme - die Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO) vom 28.07.1995 in der maßgeblichen Fassung der Änderungsverordnung vom 20.12.2013, gültig vom 01.04.2014 bis zum 30.06.2015. Danach ist die Beihilfefähigkeit für die im Streit stehenden Fertigspritzen nach der speziellen Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. d) i.V.m. Satz 3 Buchst. d) BVO wirksam ausgeschlossen. Diese Vorschrift enthält eine Sonderregelung für Medizinprodukte, die hier einschlägig ist (2.1) und gegen deren Wirksamkeit keine durchgreifenden Bedenken bestehen (2.2). Ein Beihilfeanspruch ergibt sich für den Kläger auch nicht aus Härtefallgesichtspunkten (2.3).
19 
2.1 Bei den „Ostenil“-Fertigspritzen handelt es sich um ein nicht beihilfefähiges Medizinprodukt.
20 
2.1.1 Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern bei Leistungen nach Nr. 1 verbrauchte oder nach Art und Menge schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandsmittel und Teststreifen für Körperflüssigkeiten. Nach Satz 2 Buchst. d) dieser Bestimmung sind Medizinprodukte nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) kein Arzneimittel; Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukt nach § 3 Nr. 1 und 2 MPG zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Buchst. d) BVO lediglich dann beihilfefähig, wenn sie in der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) aufgeführt sind und die dort genannten Maßgaben erfüllen. Letzteres ist hier - wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit steht - nicht der Fall. Bei systematischer Betrachtung stellt die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. d BVO eine abschließende Sonderregelung gegenüber der allgemeinen, vor die Klammer gezogene Vorschrift über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Arzneimittel im Eingangssatz der Bestimmung dar. Gleiches gilt für die allgemeinen Vorschriften über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in § 5 BVO.
21 
2.1.2 Nach diesem Maßstab ist das Präparat „Ostenil“, dessen einziger aktiver Wirkstoff Natriumhyaluronat ist, nicht als Arzneimittel anzusehen, weil es sich um ein Medizinprodukt nach § 3 Nr. 1 Buchst. a MPG handelt. Obwohl der Wirkstoff Hyaluronsäure ein Stoff bzw. eine Zubereitung aus Stoffen ist, die dazu bestimmt ist, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (vgl. die Arzneimitteldefinition in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG), stellt sie im formellen Sinne kein Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz dar, weil sie als sogenanntes „arzneimittelähnliches Medizinprodukt“ dem Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG entfällt, der mit Inkrafttreten des Medizinproduktegesetzes zum 01.01.1995 eingeführt wurde. Danach sind Medizinprodukte - sofern nicht die hier nicht einschlägige Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG für Diagnostika eingreift - keine Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes. Arzneimittelähnliche Medizinprodukte erreichen ihre bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper nämlich - in Abgrenzung zur Arzneimitteln im formellen Sinne - weder durch pharmakologisch oder immunlogisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus (§ 3 Nr. 1 Buchst. a MPG). Vielmehr wird die Hyaluronsäure nach dem eigenen Vortrag des Klägers und ausweislich der von ihm vorgelegten fachärztlichen Stellungnahme deshalb in den Körperbereich des Kniegelenks gespritzt, um die Viskosität der Synovialflüssigkeit zu verbessern, wobei der Gelenkknorpel durch die schützende Hyaluronsäureschicht entlastet und der Verschleiß reduziert werden soll. Die Hauptwirkung der Hyaluronsäurepräparate im menschlichen Körper ist daher weder pharmakologisch noch immunologisch; vielmehr handelt es sich um eine mechanische (physikalische) Wirkungsweise, die charakteristisch für Medizinprodukte ist, während für Arzneimittel überwiegend eine pharmakologische oder immunlogische Wirkung erforderlich ist. Die Eigenschaft von Hyaluronsäure-Fertigspritzen als Medizinprodukt folgt auch daraus, dass § 3 Nr. 1 MPG auf die Zweckbestimmung durch den Hersteller abstellt (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 11.03.2010 - 10 S 3090/08 -, PharmR 2010, 300; und vom 02.01.2008 - 9 S 2089/06 -, AZR 2008, 77). Auch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts stellen Hyaluronsäure-Natrium-Fertigspritzen zur intraartikulären Anwendung bei Gelenkerkrankungen Medizinprodukte im Sinne von § 3 Nr. 1 Buchst. a MPG dar (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2009 - I ZR 193/06 -, GRUR 2010, 169; BVerwG, Urteile vom 26.03.2015 - 5 C 9.14 -, a.a.O.; und vom 12.09.2013 - 5 C 33.12 -, BVerwGE 148, 1).
22 
2.1.3 Dem hier vertretenen Verständnis steht auch nicht das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11.03.2010 (10 S 3090/08 - a.a.O.) zur Erstattungsfähigkeit des hyaluronsäurehaltigen Präparates „Go-On“ entgegen. Denn dieses Urteil ist zum Leistungsrecht der Postbeamtenkrankenkasse ergangen. Deren Satzungsbestimmungen in Bezug auf die Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln und Medizinprodukten in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg maßgeblichen Fassung ihrer 64. Änderung vom 01.05.2007 sind mit der hier einschlägigen Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. d) und Satz 3 Buchst. d) BVO weder identisch noch in struktureller Hinsicht vergleichbar. Der Kläger kann zu seinen Gunsten auch nichts aus den Urteilen des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs vom 05.03.2010 (14 BV 08.1013 und 14 B 08.1014 - jeweils juris) zur Beihilfefähigkeit von hyaluronsäurehaltigen Präparaten herleiten. Diese Urteile betreffen noch § 6 BBhV in der im August 2007 bzw. Dezember 2008 gültigen, außer Kraft getretenen Fassung. Im Ergebnis dasselbe gilt für das vom Kläger herangezogene Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12.01.2011 (M 17 K 10.4886 -, juris), das ebenso zu § 6 BBhV alter Fassung ergangen ist. Die Vorschrift des § 6 BBhV alter Fassung ist ebenfalls nicht mit den hier relevanten Vorschriften der Beihilfeverordnung Baden-Württemberg identisch oder strukturähnlich. Soweit sich der Kläger auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 07.05.2014 (OVG 7 B 10.14 -, juris) beruft, ist darauf hinzuweisen, dass dieses Urteil nicht in Rechtskraft erwachsen, sondern vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben worden ist (BVerwG, Urteil 26.03.2015 - 5 C 9.14 -, a.a.O.).
23 
2.2 Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Verordnungsgeber die Beihilfefähigkeit von Medizinprodukten mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. d) i.V.m. Satz 3 Buchst. d) BVO wirksam ausgeschlossen. Dieser Ausschluss verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (2.2.1) noch gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn (2.2.2).
24 
2.2.1 Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Medizinprodukte verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
25 
Dieser gebietet wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Dabei hat er grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte anknüpft oder von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen abhängt. Betrifft die angegriffene Maßnahme ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Bewegt sich der Normgeber dagegen auf einem Gebiet, auf dem er engen rechtlichen Bindungen unterliegt, so kann ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Da die Beihilfe ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat, ist diese bei der Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich zu beachten. Die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilfensystem angeführten Gründe müssen hiervor Bestand haben. Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten „Mischsystem“ aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist der allgemeine Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfensystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.12.2012 - 5 C 3.12 -, ZBR 213, 249; und vom 18.02.2009 - 2 C 23.08 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 18).
26 
Das ist hier nicht der Fall. Für den Ausschluss von Medizinprodukten gibt es sachliche, im Beihilferecht angelegte Gründe. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt insbesondere nicht darin, dass Beihilfeberechtigte, denen das Medizinprodukt „Ostenil“ verabreicht wurde, die dafür aufgewendeten Kosten nicht erstattet bekommen, während die Kosten für ein Medikament mit gleicher Wirkung, das als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes einzustufen ist, vom Dienstherrn im Rahmen der Beihilfe übernommen werden. Diese Ungleichbehandlung ist im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil der therapeutische Nutzen des in Rede stehenden Medizinprodukts „Ostenil“ nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft umstritten ist. Zwar gibt es Studien, in denen die Behandlung einer Gonarthrose mit hyaluronsäurehaltigen Produkten uneingeschränkt befürwortet wird (Bellamy et al., Viscosupplementation for the treatment of osteoarthritis of the knee (Review), The Cochrane Collaboration, (publ. by John Wiley & Sons) oder ihr aber zumindest ein geringer positiver Effekt zugesprochen wird (Institut für Allgemeinmedizin Frankfurt, IGeL-Helfer „Intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure“). Hinzu kommt, dass die entsprechende Therapie in der im Regelfall maßgeblichen fachlichen Leitlinie der einschlägigen „Fachgesellschaften“ - der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) und des Berufsverbands der Ärzte für Orthopädie (BVO) - als medikamentöse Therapie sogar der Coxarthrose mit „Symptomatic slow acting drugs“ ausdrücklich genannt wird (Nr. 11.2.). Diesen Studien stehen jedoch andere Veröffentlichungen gegenüber, nach denen die Wirksamkeit der Hyaluronsäurebehandlung nicht erwiesen werden konnte (siehe Arznei-Telegramm 2002, 39 und 2004, 15). Auch diverse Gerichtsentscheidungen gehen davon aus, dass die medizinische Wirksamkeit von Chondroprotektiva zumindest umstritten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.09.2013 - 5 C 33.12 -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.08.2012 - 2 S 2076/11 -, ESVGH 63, 128).
27 
Bei der Bewertung der wissenschaftlichen Anerkennung von Chondroprotektiva war nicht - wie von dem Kläger schriftsätzlich angeregt - ein Sachverständigengutachten einzuholen. Denn bei der Prüfung der Wirksamkeit des Beihilfeausschlusses an dem Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG kommt es allein darauf an, ob der Verordnungsgeber bei Bewertung des gegenwärtigen Standes der medizinischen Wissenschaft und unter Berücksichtigung seines Einschätzungsspielraums zu der Erkenntnis gelangen durfte, dass die Wirksamkeit des in Rede stehenden Medizinprodukts in den einschlägigen Fachkreisen zumindest uneinheitlich beurteilt wird. Vor diesem Hintergrund ist die Einholung der Meinung eines einzelnen Sachverständigen kein geeignetes Beweismittel zur Klärung der maßgeblichen Frage.
28 
2.2.2 Ein Verstoß gegen die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgepflicht, die zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört, liegt nicht vor. In der verwaltungs- und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die Beihilfe in ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.11.2002 - 2 BvR 1053/98 -, BVerfGE 106, 225; BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 5 C 3.12 -, a.a.O.). Die Gewährung von Beihilfe findet jedoch ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 -, BVerfGE 83, 89). Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenversorgung nicht absichern kann; eine lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen verlangt die Fürsorgepflicht jedoch nicht. Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Der Dienstherr kann grundsätzlich bestimme Arzneimittel und Medizinprodukte ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet (BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 5 C 3.12 -, a.a.O. , m.w.N.). Dies ist hier nach dem oben unter 2.2.1 ausgeführten nicht der Fall, da die Wirksamkeit von Chondroprotektiva zur Behandlung einer Gonarthrose in der medizinischen Wissenschaft umstritten ist.
29 
2.3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die beantragte Beihilfe bzw. deren Voranerkennung aus der Härtefallregelung des § 5 Abs. 6 Satz 1 BVO. Nach dieser Vorschrift kann bei Anlegung eines strengen Maßstabs in besonderen Härtefällen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde und nur im Einvernehmen mit dem Finanzministerium zu Aufwendungen ausnahmsweise abweichend von den in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen Beihilfe gewährt werden. Damit hat der Verordnungsgeber eine Vorschrift geschaffen, um ganz besonderen Fällen gerecht werden zu können, in denen die durch die Beihilfeverordnung erfolgte typisierende, pauschalisierende und abschließende Konkretisierung der gesetzlich und verfassungsrechtlich gebotenen Fürsorgepflicht ausnahmsweise nicht ausreichend ist, um den Wesenskern der Fürsorgepflicht gegenüber dem beihilfeberechtigten Beamten und seinen Angehörigen zu gewährleisten. In derartigen Einzelfällen, in denen in Folge eines die Beihilfeberechtigung hervorrufenden Tatbestands eine unerträgliche Beeinträchtigung der Möglichkeit zur amtsangemessenen Lebensführung auftritt, kann eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht gegeben sein und einen Anspruch auf weitergehende Beihilfe im Einzelfall begründen (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.11.2008 - 4 S 2725/06 -, juris). Weder aus dem eigenen Sachvortrag des Klägers noch aus dem Akteninhalt ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Kosten für die „Ostenil-Fertigspritzen“ den Kläger finanziell übermäßig belasten könnten. Auch sonstige Umstände, bei deren Vorliegen es sich aufdrängen müsste, dass der Fürsorgegrundsatz zur ausnahmsweisen Anerkennung der Beihilfefähigkeit - hier der Einbeziehung des im Streit stehenden Medizinprodukts - führt, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
30 
Nach alldem bleibt die Klage ohne Erfolg.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die
a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben,
b)
einen niedrigen Abgabepreis haben,
c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder
d)
in Anlage 12 genannt sind, und
2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.

(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.

(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 31. März 2011 - 6 K 303/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Versorgung des Klägers mit einem Elektromobil (Cityliner 412).
Der Kläger ist Beamter der Bundesfinanzverwaltung der Bundesrepublik Deutschland und für sich und seine Ehefrau mit einem Bemessungssatz von jeweils 70 Prozent beihilfeberechtigt. Die Ehefrau des Klägers leidet an Multipler Sklerose (MS) und ist stark gehbehindert (Merkmal „aG“). Nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten erhält sie seit dem 01.08.2001 von der Beihilfestelle anteilige Pflegeleistungen der Stufe III (Pflegegeld für häusliche Pflege).
Unter dem 30.11.2008 beantragte der Kläger unter anderem Beihilfe für das für seine Ehefrau im September 2008 angeschaffte „behindertengerechte Elektromobil Cityliner 412“. Laut Rechnung der Firma R. belaufen sich die Kosten hierfür auf 3.928,57 EUR. In der ärztlichen Bescheinigung des Dr. med. J. vom 01.04.2008 wird sinngemäß die medizinische Notwendigkeit für ein „Elektrokrankenfahrzeug“ attestiert und ausgeführt, die Ehefrau des Klägers wohne an einem Berghang und ohne ein Elektrokrankenfahrzeug könne sie sich nicht fortbewegen.
Mit Bescheid vom 03.12.2008 lehnte die Beklagte die Ausstattung der Ehefrau des Klägers mit einem Elektromobil mit der Begründung ab, es handele sich nicht um ein beihilfefähiges Hilfsmittel. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers, den er damit begründete, im Jahre 2003 sei für den Kauf eines behindertengerechten Elektromobils Beihilfe gewährt worden, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2009 zurück. Zur Begründung führte die Behörde unter anderem aus, nach Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes seien Krankenfahrstühle mit Zubehör beihilfefähig. Nicht beihilfefähig seien dagegen die unter Nr. 9 der Anlage 3 aufgeführten Gegenstände, wozu auch Elektrofahrzeuge, d.h. auch das hier zu beurteilende Elektromobil gehörten.
Der Kläger hat am 02.03.2009 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben mit dem sinngemäßen Antrag, die Beklagte zu verpflichten, ihm Beihilfe in Höhe von 70 Prozent für die Anschaffung eines Elektromobils Cityliner 412 zu gewähren und die entgegenstehenden Bescheide der Beklagten vom 03.12.2008 und 03.02.2009 aufzuheben.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat mit Urteil vom 31.03.2011 die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Bei dem vom Kläger angeschafften Elektromobil handele es sich ersichtlich nicht um einen Krankenfahrstuhl im Sinne von Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes, sondern um ein Elektrofahrzeug im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3. Dieses Fahrzeug sei so gebaut, dass es schon von seinem optischen Eindruck her niemandem einfallen werde, dieses Fahrzeug als Krankenfahrstuhl zu bezeichnen. Wegen seiner Konstruktion und seinen Ausmaßen sei das Fahrzeug auch nicht dazu geeignet, in Wohnungen als Ersatz für einen Stuhl zu dienen. Das Elektromobil sei zur Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr gedacht und entsprechend sei es auch ausgestattet mit Beleuchtung, Blinker, Bremslichtern und Warnblinklicht. Dafür, dass es sich nicht um einen Krankenfahrstuhl handele, spreche im Übrigen auch die Internet-Präsentation der Herstellerfirma. Diese präsentiere das Elektromobil unter dem Oberbegriff „Scooter“ und nicht unter dem Oberbegriff „Rollstühle“, unter dem sie unter anderem auch elektrisch betriebene Rollstühle anbiete.
Die Anschaffung des Elektromobils sei nicht beihilfefähig, weil der Gegenstand der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sei. Es handele sich nicht um ein Hilfsmittel, das speziell auf die Nutzung durch kranke oder behinderte Menschen zugeschnitten sei. Ein Elektromobil spreche einen breiteren Personenkreis an, der keines Rollstuhls bedürfe, aber seine Mobilität erhöhen wolle. Es könne unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen auch im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in der Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Der allgemeinen Lebenshaltung dienten diejenigen Hilfsmittel, die üblicherweise herangezogen würden, um die „Unbequemlichkeiten“ des Lebens zu erleichtern, und die aufgrund der objektiven Eigenart und Beschaffenheit des Gegenstandes keinen unmittelbaren Bezug zu dem festgestellten Krankheitsbild hätten.
Der Umstand, dass die Beklagte früher Beihilfe für ein ähnliches Gerät gewährt habe, begründe auch keinen Vertrauensschutz. Die Abrechnung der Beihilfestellen habe Einzelfallcharakter und enthalte keine darüber hinausgehende positive Feststellung oder Festlegung zur Beihilfefähigkeit künftiger Anträge. Selbst wenn die früher für ein ähnliches Gerät bewilligte Beihilfe rechtswidrig gewesen wäre, sei die Beklagte nicht verpflichtet, diese rechtswidrige Praxis fortzusetzen.
Die Fürsorgepflicht gebiete ebenfalls nicht die Gewährung einer weiteren Beihilfe. Die Beihilfevorschriften stellten eine für den Regelfall grundsätzlich abschließende Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen dar. Weitergehende Beihilfeansprüche könnten allenfalls begründet sein, wenn die Fürsorgepflicht in einem Einzelfall gleichwohl noch in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Daran wäre etwa zu denken, wenn die Ehefrau des Klägers erst durch ein Elektromobil die ihren Grundbedürfnissen zuzuordnende Bewegungsfreiheit erhielte; diese Bewegungsfreiheit könnte sie aber bereits durch einen - beihilfefähigen - Krankenfahrstuhl erhalten.
10 
Gegen das ihm am 08.04.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.05.2011 (einem Montag) - die vom Verwaltungsgericht zugelassene - Berufung beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Nachdem der Kläger am 09.05.2011 darauf hingewiesen worden war, dass die Berufung beim Verwaltungsgericht einzulegen ist, hat er am 20.05.2011 beim Verwaltungsgericht (nochmals) Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung dieses Antrags macht der Kläger geltend: Die Rechtsanwaltsfachangestellte des Bevollmächtigten habe in die Berufungsschrift als Adressaten den Verwaltungsgerichtshof eingetragen. Sie habe am 09.05.2011 gegen 11.00 Uhr dem Bevollmächtigten die Berufungsschrift vorgelegt. Der Bevollmächtigte habe kurzfristig wegen der Erkrankung seines Sohnes um ungefähr 12.00 Uhr die Kanzlei verlassen müssen. Zuvor habe er die Berufungsschrift unterzeichnet und die Rechtsanwaltsfachangestellte darauf hingewiesen, dass die erste Seite der Berufungsschrift noch ausgetauscht werden müsse, weil die Berufung beim Verwaltungsgericht einzureichen sei. Die Rechtsanwaltsfachangestellte habe den Berufungsschriftsatz in der alten Form - also adressiert an den Verwaltungsgerichtshof - um 12.19 Uhr gefaxt. Hierbei habe sie vergessen, dass der Adressat in dem Berufungsschriftsatz noch habe ausgetauscht werden müssen. Die Rechtsanwaltsfachangestellte sei eine ausgesprochen erfahrene und zuverlässige Kraft mit zwölfjähriger Berufserfahrung. Deshalb habe der Bevollmächtigte bei Verlassen der Kanzlei auch davon ausgehen dürfen, dass der Adressat der Berufungsschrift seinen Anweisungen entsprechend geändert werde.
11 
In der Sache trägt der Kläger zur Begründung der Berufung unter anderem Folgendes vor: Das angeschaffte Elektromobil sei als Krankenfahrstuhl im Sinne der Anlage 3 Nr. 1 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes anzusehen. Es sei mit einem Elektrokrankenstuhl in jeder Hinsicht vergleichbar. Das Elektromobil könne auch nicht als Gegenstand der allgemeinen Lebenshaltung angesehen werden. Es sei speziell für behinderte und in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkte Personen entwickelt worden. Dem Verwaltungsgericht sei zwar insoweit Recht zu geben, als das Elektromobil auch von älteren, körperlich geschwächten Personen genutzt werden könne. Dies gelte jedoch auch für Rollstühle im herkömmlichen Sinne.
12 
Ein Anspruch lasse sich darüber hinaus auch aus der grundgesetzlich garantierten Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten ableiten. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne die Ehefrau des Klägers die ihren Grundbedürfnissen zuzuordnende Bewegungsfreiheit nicht bereits durch einen Krankenfahrstuhl erhalten. Ihre Mobilität sei durch das angeschaffte Elektromobil deutlich gestiegen. Hierdurch sei es ihr auch alleine möglich, sich außerhalb der Wohnung fortzubewegen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 31. März 2011 - 6 K 303/09 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 09.12.2008 und 03.02.2009 zu verpflichten, ihm eine Beihilfe in Höhe von 70 Prozent zu den Kosten für die Anschaffung eines Elektromobils in Höhe von 3.928,57 EUR zu gewähren.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie erwidert: In Nr. 9 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes seien Gegenstände aufgeführt, die der allgemeinen Lebenshaltung unterlägen und die deshalb von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen seien. Dort seien Elektrofahrzeuge (= Elektromobile) namentlich genannt. Die Versorgung mit einem der Erkrankung der Ehefrau des Klägers entsprechenden - medizinisch notwendigen - Fortbewegungsmittel werde mit einem Krankenfahrstuhl, der unter Nr. 1 der Anlage 3 als beihilfefähiges Hilfsmittel aufgeführt sei, gewährleistet. Hierzu gehörten auch Elektrorollstühle, zu deren Anschaffungskosten von der Beihilfestelle eine anteilige Beihilfe gewährt worden wäre. Dadurch wäre dem Anspruch der Ehefrau des Klägers auf Bewegungsfreiheit ausreichend Genüge getan. Die Versorgung mit einem Elektromobil gehe dagegen über den Maßstab des medizinisch Notwendigen hinaus.
18 
Das hier zu beurteilende Elektromobil könne - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht als Krankenfahrstuhl im Sinne der Anlage 3 Nr. 1 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes angesehen werden. Auch bei wohlwollender Auslegung sei das Elektromobil, das ersichtlich für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr konstruiert und hierfür ausgestattet sei, hingegen für die Nutzung innerhalb einer Wohnung aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises völlig ungeeignet sei, nicht mit einem speziell zum Ausgleich von Behinderungen konzipierten Krankenfahrstuhl vergleichbar. In der Bedienungsanleitung für das vom Kläger angeschaffte Elektromobil werde darauf hingewiesen, dass als Voraussetzung für dessen Nutzung die grundsätzliche Eignung des Fahrers zur Teilnahme am Straßenverkehr gewährleistet sein müsse. Zudem werde mehrmals auf die durch den Gebrauch des Fahrzeugs möglichen Gefahren (Unfall-, Kurzschluss-, Verletzungs-, Kippgefahr, Überschreitung der Sicherheitsgrenzen bei Geschwindigkeit und Gefälle) aufmerksam gemacht. Nutzungseinschränkungen und -gefahren dieses Umfangs seien mit der Bezeichnung Krankenfahrstuhl, die nach der Definition ausschließlich eine Benutzung durch kranke und behinderte Personen ermöglichen solle, nicht vereinbar. Sie gäben vielmehr Hinweis darauf, dass die Nutzung hauptsächlich durch gesunde, allenfalls in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkte Personen erfolgen könne.
19 
Im häuslichen Bereich sei die Ehefrau des Klägers mit einem „normalen“ Rollstuhl versorgt. Zudem erhalte sie seit dem 01.08.2001 von der Beihilfestelle anteilige Pflegeleistungen der Stufe III (Pflegegeld für häusliche Pflege). Dieses Pflegegeld diene auch zur Verbesserung der Bewegungsfreiheit (Mobilität) der Ehefrau des Klägers. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass die Pflegeperson - bei einem Betreuungsbedarf „rund um die Uhr“, wie er der Pflegestufe III zugrundezulegen sei - dafür Sorge zu tragen habe, dass der Ehefrau des Klägers die Teilnahme am allgemeinen Leben ermöglicht werde. Hierzu könne mit Hilfe der Pflegeperson der bereits vorhandene Rollstuhl verwendet werden. Eine zusätzliche Versorgung mit einem Elektromobil sei daher nicht erforderlich.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Akten sowie die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
I.
22 
Die Berufung des Klägers ist zulässig.
23 
Die vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil zugelassene Berufung (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist zwar beim Verwaltungsgericht erst nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist des § 124 a Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit verspätet eingelegt worden. Wegen der versäumten Frist ist dem Kläger jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§§ 125 Abs. 1, 60 VwGO), da er ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist für die Einlegung der Berufung verhindert war. Nach dem Vorbringen des Klägers hat die Rechtsanwaltsfachangestellte seines Prozessbevollmächtigten am letzten Tag der Berufungsfrist - am Montag, dem 09.05.2011 - die Berufung entgegen der ausdrücklichen Anweisung des Bevollmächtigten beim Verwaltungsgerichtshof und nicht beim Verwaltungsgericht eingereicht. Der Kläger hat diese Darstellung durch eine eidesstattliche Versicherung der Angestellten hinreichend glaubhaft gemacht. Das danach anzunehmende Verschulden des Büropersonals seines Bevollmächtigten ist dem Kläger nicht zuzurechnen. Soweit ein Bevollmächtigter seinem Personal - wie hier - Weisungen erteilt hat, darf er grundsätzlich darauf vertrauen, dass sein sonst zuverlässiges Personal seine Weisungen befolgt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 60 RdNr. 21). Danach hat der Bevollmächtigte des Klägers hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Berufungsfrist auf einem Versehen seiner sonst zuverlässigen Kanzleiangestellten beruhte. Der Wiedereinsetzungsantrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden und erfüllt damit auch die weiteren, sich aus § 60 Abs. 2 Satz 1 1 Hs. VwGO ergebenden Voraussetzungen.
II.
24 
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, mit der der Kläger die Gewährung einer Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils beansprucht, zu Recht abgewiesen.
25 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.). Ob und inwieweit der Kläger Anspruch auf Beihilfe für das für seine Ehefrau angeschaffte Elektromobil hat, bestimmt sich danach auf der Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundes für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV -) in der im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Fassung vom 01.11.2001. Zwar genügen die Beihilfevorschriften nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts, sie waren jedoch für eine Übergangszeit weiterhin anwendbar (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.06.2004 - 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 und vom 26.08.2009 - 2 C 62.08 - NVwZ-RR 2010, 366). Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend angenommen, dass die Frist, bis zu deren Ablauf die Beihilfevorschriften übergangsweise weiterhin anzuwenden waren, im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Beihilfeantrag des Klägers noch nicht abgelaufen war. Die Vorschriften sind erst seit Inkrafttreten der Beihilfeverordnung des Bundes (BBhV, BGBl. I 2009, 326) nicht mehr anwendbar (BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, aaO).
26 
2. Die Aufwendungen für die Anschaffung des hier zu beurteilenden Elektromobils sind dem Grunde nach nicht notwendig und damit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV nicht beihilfefähig.
27 
a) Gemäß der genannten Vorschrift sind beihilfefähig nach den folgenden Bestimmungen Aufwendungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. § 6 BhV trifft nähere Regelungen über die beihilfefähigen Aufwendungen aus Anlass einer Krankheit. Nach Abs. 1 Nr. 4 dieser Vorschrift sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen u.a. für die Anschaffung der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel. Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit bestimmen sich nach der Anlage 3. Nach Nr. 1 der Anlage 3 sind die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für die Anschaffung der Hilfsmittel - gegebenenfalls im Rahmen der Höchstbeträge - beihilfefähig, wenn sie vom Arzt schriftlich verordnet und nachstehend aufgeführt sind. Dazu gehört ein „Krankenfahrstuhl mit Zubehör“. In Nr. 9 der Anlage 3 wird weiter bestimmt, dass zu den Hilfsmitteln nicht Gegenstände gehören, die nicht notwendig und angemessen (§ 5 Abs. 1 BhV), von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis (§ 6 Abs. 4 Nr. 3) sind oder der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen; daran anschließend sind im Einzelnen Gegenstände aufgeführt, die nicht zu den Hilfsmitteln gehören (sog. Negativkatalog). Durch die Formulierung „insbesondere“ wird in diesem Zusammenhang klargestellt, dass dieser Katalog nicht abschließend ist; in diesem Negativkatalog ist unter anderem aufgeführt „Elektrofahrzeuge (z.B. LARK, Graf Carello)“. Vor dem Hintergrund dieser Systematik in der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, ob die Aufwendungen für den zu beurteilenden Gegenstand unter Berücksichtigung der genannten Beispielsfälle notwendig und angemessen sind, oder ob sie im Hinblick auf die genannten Ausschlussgründe - insbesondere weil die Gegenstände der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.09.2011 - 2 S 825/11).
28 
b) Das Verwaltungsgericht hat - ausgehend von den dargestellten Rechtsvorschriften - das vom Kläger angeschaffte Elektromobil nicht als „Krankenfahrstuhl“ im Sinne der Nr. 1 der Anlage 3, sondern als „Elektrofahrzeug“ nach Nr. 9 der Anlage eingestuft und dementsprechend die Beihilfefähigkeit des Gegenstand verneint. Diese Einschätzung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
29 
aa) Nach der nicht zu beanstandenden Auslegung der Beklagten unterfallen dem Begriff „Krankenfahrstuhl“ sowohl Rollstühle ohne Antrieb als auch Elektrorollstühle, jedoch nicht Elektromobile wie das hier zu beurteilende Fahrzeug. Bereits der Wortlaut „Krankenfahrstuhl“ legt die Einbeziehung von Elektromobilen bzw. Scootern in diese „Hilfsmittelgruppe“ nicht nahe. Zudem ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - für einen Krankenfahrstuhl charakteristisch, dass er gerade auch in Gebäuden, d.h. in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsbereichen, genutzt wird; seine Konstruktion als fahrbarer Stuhl mit entsprechenden Abmessungen und entsprechendem Wenderadius ermöglicht es seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und z.B. auch an Tische heranzufahren. Das hier zu beurteilende Elektromobil ist dagegen ersichtlich für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr konstruiert und entsprechend ausgestattet; für eine Nutzung innerhalb einer Wohnung ist es aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises völlig ungeeignet. Vor diesem Hintergrund ist es mit einem speziell zum Ausgleich von Behinderungen konzipierten Krankenfahrstuhl nicht vergleichbar. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber durch die Auflistung von „Elektrofahrzeugen“ unter Nr. 9 der Anlage 3 ausdrücklich klargestellt, dass Geräte wie das hier zu beurteilende gerade nicht dem Begriff eines „Krankenfahrstuhls“ i.S.v. Nr. 1 der Anlage 3 unterfallen. Die unter dem Begriff „Elektrofahrzeuge“ beispielhaft aufgeführten Marken LARK und Graf Carello sind nach ihrem Aussehen und ihrer Funktion ohne weiteres mit dem vom Kläger angeschafften Elektromobil Cityliner 412 vergleichbar. Der Gesetzgeber hat danach eine eindeutige Abgrenzung zwischen „Krankenfahrstuhl mit Zubehör“ einerseits und „Elektrofahrzeugen“ andererseits vorgenommen, die eine erweiternde Auslegung des Begriffs „Krankenfahrstuhl“ und eine Einbeziehung des Cityliners 412 unter diese Rubrik ausschließt.
30 
Soweit das OVG Bremen ein Elektromobil in die Rubrik „Krankenfahrstuhl“ in Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV eingestuft hat (Urteil vom 15.12.1999 - 2 A 112/99 - NordÖR 2000, 247), kann dieser Auffassung im Hinblick auf die dargelegte Systematik nicht gefolgt werden. Das OVG Bremen vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, ein Elektromobil könne nicht als Gegenstand, der der allgemeinen Lebenshaltung unterliegt, im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3 angesehen werden, sondern müsse als beihilfefähiges Hilfsmittel eingestuft werden. Mit dieser Begründung wendet sich das OVG Bremen im Hinblick auf Elektromobile im Kern gegen die Rechtmäßigkeit der maßgeblichen Beihilfevorschriften des Bundes und leitet aus übergeordneten Gesichtspunkten entgegen dem Wortlaut der Vorschriften einen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil ab. Mit dieser Begründung kann jedoch ein unmittelbarer Anspruch des Beihilfeberechtigten auf Versorgung mit einem Elektromobil bereits nach den einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes nicht angenommen werden.
31 
bb) Die danach in Nr. 9 der Anlage 3 getroffene Entscheidung des Gesetzgebers, Elektromobile grundsätzlich nicht als erforderliche Hilfsmittel und damit nicht als beihilfefähig anzusehen, hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
32 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Hilfsmittel erforderlich, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören danach das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums im Nahbereich der Wohnung und das Bedürfnis bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen. Das im Fall der Klägerin einschlägige Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums ist nur im Sinne eines Basisausgleichs und nicht als vollständiges Gleichziehen mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden zu verstehen. Der Basisausgleich umfasst insoweit die Fähigkeit, sich in der Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang in die frische Luft zu gelangen oder die Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte, zu denen das Einkaufen von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens gehört, zu erledigen sind (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 3 KR16/05 R -SozR 4-2500 § 33 Nr. 12). Die Benutzung eines Kraftfahrzeugs, sei es als Fahrer oder Mitfahrer, zählt jedoch nicht zu den Grundbedürfnissen, die durch die Leistungen der Krankenversicherung zu befriedigen sind. Auf diese zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelten Grundsätze kann auch im Rahmen entsprechender beihilferechtlicher Entscheidungen zurückgegriffen werden, da sie den Verpflichtungen des Dienstherrn entsprechen, die diesem aus seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamten erwachsen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ, Urt. v. 24.04.1996 - 4 S 3208/94 - DÖD 1997, 37).
33 
Das hier zu beurteilende Elektromobil Cityliner 412 erweist sich danach zur Überzeugung des Senats nicht als notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 BhV. Ist - wie hier - das allgemeine Grundbedürfnis der „Bewegungsfreiheit“ betroffen, so richtet sich die Notwendigkeit eines Hilfsmittels in erster Linie danach, ob dadurch der Bewegungsradius in einem Umfang erweitert wird, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Ehefrau des Klägers die Bewegung im Nahbereich der Wohnung wegen ihrer MS-Erkrankung nicht mehr in ausreichendem Umfang möglich ist. Sie bedarf daher zur Erschließung des erforderlichen körperlichen Freiraums - dies ist ebenfalls unstreitig - eines Hilfsmittels. Die Beklagte kommt bei dieser Sachlage ihren Verpflichtungen, die ihr aus der Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beamten erwächst, in ausreichendem Maße nach, wenn sie entsprechend ihren Vorschriften die Aufwendungen für die Anschaffung eines „Krankenfahrstuhls“ übernimmt. Dies kann bedeuten, dass der Kranke bzw. Behinderte unter Berücksichtigung der besonderen Umstände seines Einzelfalles gegebenenfalls Anspruch auf die Übernahme der Kosten eines Elektrorollstuhls hat, um ihm auf diesem Weg den erforderlichen körperlichen Freiraum zu verschaffen. Ein - darüber hinausgehender - Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil bzw. ein Wahlrecht des Beihilfeberechtigten, ihm entweder einen Elektrorollstuhl oder ein Elektromobil zur Verfügung zu stellen, besteht hingegen nicht.
34 
In Fällen wie dem hier zu beurteilenden gewährleistet regelmäßig ein Hilfsmittel in Form eines Elektrorollstuhls das allgemeine Grundbedürfnis des Kranken bzw. des Behinderten auf „Bewegungsfreiheit“. Dieses Hilfsmittel sorgt für die erforderliche Mobilität des Kranken bzw. Behinderten sowohl in Wohnungen und sonstigen Aufenthaltsräumen als auch außerhalb der Wohnung in einem Nahbereich, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. So ermöglicht es die Konstruktion des Elektrorollstuhls mit entsprechenden Abmessungen und Wenderadius seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und z.B. auch an Tische heranzufahren. Der Elektrorollstuhl stellt ferner bei Einkäufen im Nahbereich und bei der Aufsuchung von Ärzten und Therapeuten sicher, dass der Benutzer sich in den entsprechenden Räumlichkeiten fortbewegen kann und insoweit mobil ist. Ein Elektromobil ist hingegen nicht geeignet, die erforderliche Mobilität des Benutzers in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsräumen sicherzustellen. Aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises ist es - wie dargelegt - nur für die Benutzung auf der Straße geeignet. Der Kranke bzw. der Behinderte kann damit nur den Weg zu den Einkaufsgeschäften und den Praxisräumen seiner Ärzte und Therapeuten zurücklegen, im Geschäft und in der Praxis selbst ist er jedoch auf weitere Hilfestellung bzw. ein weiteres Hilfsmittel angewiesen. So wäre es der Ehefrau des Klägers etwa unmöglich, mit dem von ihr angeschafften Elektromobil einen (kleineren) Supermarkt aufzusuchen und dort auch selbständig durch die Geschäftsräume zu fahren, um die Waren auszusuchen. Bei dieser Sachlage stellt sich die Entscheidung des Gesetzgebers, stark Gehbehinderten wie der Ehefrau des Klägers bei typisierender Betrachtung einen Elektrorollstuhl im Rahmen der Hilfsmittelversorgung zur Verfügung zu stellen - nicht jedoch ein Elektromobil - als sachgerecht dar. Das Hilfsmittel eines Elektrorollstuhls sichert das Grundbedürfnis der „Bewegungsfreiheit“ in umfassender Weise und stellt im Vergleich zum Elektromobil das zielgerichtetere bzw. das zielgenauere Hilfsmittel dar. Ist danach das Elektromobil kein gleichermaßen geeignetes Hilfsmittel, steht dem Beihilfeberechtigten auch kein Wahlrecht zwischen Elektrorollstuhl und Elektromobil zu und es kommt auf die Frage, welches Hilfsmittel wirtschaftlicher ist, nicht an.
35 
Dem Umstand, dass das Elektromobil im Vergleich zum Elektrorollstuhl dem Kranken bzw. Behinderten eine schnellere Fortbewegung und auch das Zurücklegen größerer Strecken ermöglicht, kommt in diesem Zusammenhang keine maßgebliche Bedeutung zu. Auch der Elektrorollstuhl sichert die Mobilität im Nahbereich der Wohnung in ausreichendem Maße. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass ein gesunder Fußgänger sich den Nahbereich einer Wohnung wesentlich schneller erschließen kann als dies für einen Behinderten mit Hilfe eines Elektrorollstuhls möglich ist. Ziel des Basisausgleichs ist es gerade nicht, ein vollständiges Gleichziehen mit Gesunden zu ermöglichen. Unerheblich ist schließlich auch, dass mit Hilfe eines Elektromobils weitaus größere Entfernungen zurückgelegt werden können und dementsprechend sich der Behinderte einen größeren Bewegungsradius verschaffen kann. Auch hier gilt, dass die Hilfsmittelversorgung nur den Nahbereich der Wohnung erschließen soll, jedoch nicht einen Bereich, den ein Gesunder üblicherweise mit dem Fahrrad, einem Elektrobike oder gar einem Kraftfahrzeug aufsucht.
36 
cc) Ob es unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Einzelfall ausnahmsweise geboten sein kann, von der generellen Entscheidung des Gesetzgebers abzuweichen, wonach lediglich Elektrorollstühle, jedoch keine Elektromobile beihilfefähig sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Im Fall der Ehefrau des Klägers sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die ausnahmsweise einen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil begründen könnten. Das der Ehefrau des Klägers von der Beklagten früher zur Verfügung gestellte Elektromobil hatte zwar die Mobilität der Ehefrau des Klägers deutlich erhöht und es ihr - nach eigenem Vortrag - ermöglicht, sich alleine außerhalb der Wohnung fortzubewegen. Die erforderliche Mobilität kann jedoch - wie dargelegt - grundsätzlich durch die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl sichergestellt werden. Die Ehefrau des Klägers hat auch keine Besonderheiten vorgetragen, die in ihrem Fall die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl als nicht ausreichend erscheinen ließen.
37 
Soweit sich die Beklagte im Berufungsverfahren sinngemäß darauf berufen hat, der Ehefrau des Klägers sei Pflegegeld der Stufe III zuerkannt worden und die entsprechende Pflegeperson habe mit Hilfe des bereits vorhandenen Rollstuhls die Teilnahme der Ehefrau des Klägers am allgemeinen Leben zu ermöglichen, braucht diesem Vortrag nicht weiter nachgegangen zu werden. Ob die Ehefrau des Klägers Anspruch auf die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl hat, ist nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens, zumal sie einen entsprechenden Antrag bislang nicht gestellt hat.
38 
dd) Da nach alledem das von der Ehefrau des Klägers angeschaffte Elektromobil nicht notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 BhV ist, bedarf es auch keiner Entscheidung, ob Elektromobile darüber hinaus im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV als Gegenstände anzusehen sind, die der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen und - auch deshalb - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 03.11.1999 - B 3 KR 16/99 R - FEVS 51, 395) ist ein Elektromobil kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB V, weil es nur von Personen benutzt wird, die durch Krankheit oder Behinderung in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt sind, jedoch nicht in nennenswertem Umfang auch von gesunden Menschen (so wohl auch OVG Bremen, Urteil vom 15.12.1999, aaO). Im Gegensatz dazu vertritt das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 07.07.1998 - 12 A 5885/96 - Juris) die Auffassung, bei einem Elektromobil handele es sich um ein Fortbewegungsmittel, das der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sei. Dafür lässt sich - so zu Recht das Verwaltungsgericht - anführen, dass ein Elektromobil auch einen breiteren Personenkreis anspricht, der keines Rollstuhls bedarf, aber seine Mobilität erhöhen will. Ein Elektromobil kann - unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen oder Behinderungen - auch etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in der Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund begegnet die Annahme des Bundessozialgerichts, Elektromobile würden ausschließlich von Kranken oder Behinderten benutzt, gewissen Zweifeln. Mangels Entscheidungserheblichkeit braucht der Senat jedoch der Frage, in welchem Umfang Elektromobile auch von gesunden (älteren) Menschen benutzt werden, nicht weiter nachzugehen.
39 
3. Schließlich vermittelt auch der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG der Ehefrau des Klägers keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang darauf, dass die Beklagte ihr im Jahre 2003 Beihilfe für die Anschaffung eines vergleichbaren Elektromobils gewährt habe. Sollte die Beklagte der Ehefrau des Klägers in der Vergangenheit aufgrund individueller Besonderheiten die Beihilfe zu Recht gewährt haben, würde es nunmehr an einem vergleichbaren Sachverhalt fehlen; nach den obigen Ausführungen sind im Zeitpunkt dieser Entscheidung keine Besonderheiten gegeben, die einen Anspruch der Ehefrau des Klägers begründen könnten. Sollte die Beklagte dagegen in der Vergangenheit unter Verstoß gegen die Beihilfevorschriften des Bundes der Ehefrau des Klägers einen Anspruch auf Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils zuerkannt haben, ließe sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ein Anspruch, ihr gegenüber nochmals eine solche (rechtswidrige) Entscheidung zu treffen, nicht herleiten. Die Verwaltung ist nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Diese Bindung entfällt nicht deshalb, weil eine Behörde diese Bindung während eines bestimmten Zeitraums nicht hinreichend beachtet hat. Deshalb kann die Verletzung des Gleichheitssatzes mit Erfolg, d.h. mit dem Anspruch auf Einräumung einer Begünstigung nur rügen, wer nach der maßgebenden objektiven Rechtslage einen Anspruch auf die von ihm begehrte Gleichbehandlung hat. Gebietet die Rechtslage die erstrebte Behandlung nicht bzw. schließt sie sie aus, so ist der Gleichheitssatz auch dann nicht verletzt, wenn eine Behandlung entgegen der objektiven Rechtslage in anderen (gleichgelagerten) Fällen gewährt worden ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153; Urteil vom 10.12.1969 - VIII C 104.69 - BVerwGE 34, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.09.2011 - 2 S 1202/10 -).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss vom 10. Oktober 2011
43 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 2.750,-- EUR festgesetzt.
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
I.
22 
Die Berufung des Klägers ist zulässig.
23 
Die vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil zugelassene Berufung (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist zwar beim Verwaltungsgericht erst nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist des § 124 a Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit verspätet eingelegt worden. Wegen der versäumten Frist ist dem Kläger jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§§ 125 Abs. 1, 60 VwGO), da er ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist für die Einlegung der Berufung verhindert war. Nach dem Vorbringen des Klägers hat die Rechtsanwaltsfachangestellte seines Prozessbevollmächtigten am letzten Tag der Berufungsfrist - am Montag, dem 09.05.2011 - die Berufung entgegen der ausdrücklichen Anweisung des Bevollmächtigten beim Verwaltungsgerichtshof und nicht beim Verwaltungsgericht eingereicht. Der Kläger hat diese Darstellung durch eine eidesstattliche Versicherung der Angestellten hinreichend glaubhaft gemacht. Das danach anzunehmende Verschulden des Büropersonals seines Bevollmächtigten ist dem Kläger nicht zuzurechnen. Soweit ein Bevollmächtigter seinem Personal - wie hier - Weisungen erteilt hat, darf er grundsätzlich darauf vertrauen, dass sein sonst zuverlässiges Personal seine Weisungen befolgt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 60 RdNr. 21). Danach hat der Bevollmächtigte des Klägers hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Berufungsfrist auf einem Versehen seiner sonst zuverlässigen Kanzleiangestellten beruhte. Der Wiedereinsetzungsantrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden und erfüllt damit auch die weiteren, sich aus § 60 Abs. 2 Satz 1 1 Hs. VwGO ergebenden Voraussetzungen.
II.
24 
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, mit der der Kläger die Gewährung einer Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils beansprucht, zu Recht abgewiesen.
25 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.). Ob und inwieweit der Kläger Anspruch auf Beihilfe für das für seine Ehefrau angeschaffte Elektromobil hat, bestimmt sich danach auf der Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundes für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV -) in der im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Fassung vom 01.11.2001. Zwar genügen die Beihilfevorschriften nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts, sie waren jedoch für eine Übergangszeit weiterhin anwendbar (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.06.2004 - 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 und vom 26.08.2009 - 2 C 62.08 - NVwZ-RR 2010, 366). Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend angenommen, dass die Frist, bis zu deren Ablauf die Beihilfevorschriften übergangsweise weiterhin anzuwenden waren, im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Beihilfeantrag des Klägers noch nicht abgelaufen war. Die Vorschriften sind erst seit Inkrafttreten der Beihilfeverordnung des Bundes (BBhV, BGBl. I 2009, 326) nicht mehr anwendbar (BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, aaO).
26 
2. Die Aufwendungen für die Anschaffung des hier zu beurteilenden Elektromobils sind dem Grunde nach nicht notwendig und damit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV nicht beihilfefähig.
27 
a) Gemäß der genannten Vorschrift sind beihilfefähig nach den folgenden Bestimmungen Aufwendungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. § 6 BhV trifft nähere Regelungen über die beihilfefähigen Aufwendungen aus Anlass einer Krankheit. Nach Abs. 1 Nr. 4 dieser Vorschrift sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen u.a. für die Anschaffung der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel. Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit bestimmen sich nach der Anlage 3. Nach Nr. 1 der Anlage 3 sind die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für die Anschaffung der Hilfsmittel - gegebenenfalls im Rahmen der Höchstbeträge - beihilfefähig, wenn sie vom Arzt schriftlich verordnet und nachstehend aufgeführt sind. Dazu gehört ein „Krankenfahrstuhl mit Zubehör“. In Nr. 9 der Anlage 3 wird weiter bestimmt, dass zu den Hilfsmitteln nicht Gegenstände gehören, die nicht notwendig und angemessen (§ 5 Abs. 1 BhV), von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis (§ 6 Abs. 4 Nr. 3) sind oder der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen; daran anschließend sind im Einzelnen Gegenstände aufgeführt, die nicht zu den Hilfsmitteln gehören (sog. Negativkatalog). Durch die Formulierung „insbesondere“ wird in diesem Zusammenhang klargestellt, dass dieser Katalog nicht abschließend ist; in diesem Negativkatalog ist unter anderem aufgeführt „Elektrofahrzeuge (z.B. LARK, Graf Carello)“. Vor dem Hintergrund dieser Systematik in der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, ob die Aufwendungen für den zu beurteilenden Gegenstand unter Berücksichtigung der genannten Beispielsfälle notwendig und angemessen sind, oder ob sie im Hinblick auf die genannten Ausschlussgründe - insbesondere weil die Gegenstände der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.09.2011 - 2 S 825/11).
28 
b) Das Verwaltungsgericht hat - ausgehend von den dargestellten Rechtsvorschriften - das vom Kläger angeschaffte Elektromobil nicht als „Krankenfahrstuhl“ im Sinne der Nr. 1 der Anlage 3, sondern als „Elektrofahrzeug“ nach Nr. 9 der Anlage eingestuft und dementsprechend die Beihilfefähigkeit des Gegenstand verneint. Diese Einschätzung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
29 
aa) Nach der nicht zu beanstandenden Auslegung der Beklagten unterfallen dem Begriff „Krankenfahrstuhl“ sowohl Rollstühle ohne Antrieb als auch Elektrorollstühle, jedoch nicht Elektromobile wie das hier zu beurteilende Fahrzeug. Bereits der Wortlaut „Krankenfahrstuhl“ legt die Einbeziehung von Elektromobilen bzw. Scootern in diese „Hilfsmittelgruppe“ nicht nahe. Zudem ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - für einen Krankenfahrstuhl charakteristisch, dass er gerade auch in Gebäuden, d.h. in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsbereichen, genutzt wird; seine Konstruktion als fahrbarer Stuhl mit entsprechenden Abmessungen und entsprechendem Wenderadius ermöglicht es seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und z.B. auch an Tische heranzufahren. Das hier zu beurteilende Elektromobil ist dagegen ersichtlich für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr konstruiert und entsprechend ausgestattet; für eine Nutzung innerhalb einer Wohnung ist es aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises völlig ungeeignet. Vor diesem Hintergrund ist es mit einem speziell zum Ausgleich von Behinderungen konzipierten Krankenfahrstuhl nicht vergleichbar. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber durch die Auflistung von „Elektrofahrzeugen“ unter Nr. 9 der Anlage 3 ausdrücklich klargestellt, dass Geräte wie das hier zu beurteilende gerade nicht dem Begriff eines „Krankenfahrstuhls“ i.S.v. Nr. 1 der Anlage 3 unterfallen. Die unter dem Begriff „Elektrofahrzeuge“ beispielhaft aufgeführten Marken LARK und Graf Carello sind nach ihrem Aussehen und ihrer Funktion ohne weiteres mit dem vom Kläger angeschafften Elektromobil Cityliner 412 vergleichbar. Der Gesetzgeber hat danach eine eindeutige Abgrenzung zwischen „Krankenfahrstuhl mit Zubehör“ einerseits und „Elektrofahrzeugen“ andererseits vorgenommen, die eine erweiternde Auslegung des Begriffs „Krankenfahrstuhl“ und eine Einbeziehung des Cityliners 412 unter diese Rubrik ausschließt.
30 
Soweit das OVG Bremen ein Elektromobil in die Rubrik „Krankenfahrstuhl“ in Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV eingestuft hat (Urteil vom 15.12.1999 - 2 A 112/99 - NordÖR 2000, 247), kann dieser Auffassung im Hinblick auf die dargelegte Systematik nicht gefolgt werden. Das OVG Bremen vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, ein Elektromobil könne nicht als Gegenstand, der der allgemeinen Lebenshaltung unterliegt, im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3 angesehen werden, sondern müsse als beihilfefähiges Hilfsmittel eingestuft werden. Mit dieser Begründung wendet sich das OVG Bremen im Hinblick auf Elektromobile im Kern gegen die Rechtmäßigkeit der maßgeblichen Beihilfevorschriften des Bundes und leitet aus übergeordneten Gesichtspunkten entgegen dem Wortlaut der Vorschriften einen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil ab. Mit dieser Begründung kann jedoch ein unmittelbarer Anspruch des Beihilfeberechtigten auf Versorgung mit einem Elektromobil bereits nach den einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes nicht angenommen werden.
31 
bb) Die danach in Nr. 9 der Anlage 3 getroffene Entscheidung des Gesetzgebers, Elektromobile grundsätzlich nicht als erforderliche Hilfsmittel und damit nicht als beihilfefähig anzusehen, hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
32 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Hilfsmittel erforderlich, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören danach das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums im Nahbereich der Wohnung und das Bedürfnis bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen. Das im Fall der Klägerin einschlägige Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums ist nur im Sinne eines Basisausgleichs und nicht als vollständiges Gleichziehen mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden zu verstehen. Der Basisausgleich umfasst insoweit die Fähigkeit, sich in der Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang in die frische Luft zu gelangen oder die Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte, zu denen das Einkaufen von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens gehört, zu erledigen sind (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 3 KR16/05 R -SozR 4-2500 § 33 Nr. 12). Die Benutzung eines Kraftfahrzeugs, sei es als Fahrer oder Mitfahrer, zählt jedoch nicht zu den Grundbedürfnissen, die durch die Leistungen der Krankenversicherung zu befriedigen sind. Auf diese zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelten Grundsätze kann auch im Rahmen entsprechender beihilferechtlicher Entscheidungen zurückgegriffen werden, da sie den Verpflichtungen des Dienstherrn entsprechen, die diesem aus seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamten erwachsen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ, Urt. v. 24.04.1996 - 4 S 3208/94 - DÖD 1997, 37).
33 
Das hier zu beurteilende Elektromobil Cityliner 412 erweist sich danach zur Überzeugung des Senats nicht als notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 BhV. Ist - wie hier - das allgemeine Grundbedürfnis der „Bewegungsfreiheit“ betroffen, so richtet sich die Notwendigkeit eines Hilfsmittels in erster Linie danach, ob dadurch der Bewegungsradius in einem Umfang erweitert wird, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Ehefrau des Klägers die Bewegung im Nahbereich der Wohnung wegen ihrer MS-Erkrankung nicht mehr in ausreichendem Umfang möglich ist. Sie bedarf daher zur Erschließung des erforderlichen körperlichen Freiraums - dies ist ebenfalls unstreitig - eines Hilfsmittels. Die Beklagte kommt bei dieser Sachlage ihren Verpflichtungen, die ihr aus der Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beamten erwächst, in ausreichendem Maße nach, wenn sie entsprechend ihren Vorschriften die Aufwendungen für die Anschaffung eines „Krankenfahrstuhls“ übernimmt. Dies kann bedeuten, dass der Kranke bzw. Behinderte unter Berücksichtigung der besonderen Umstände seines Einzelfalles gegebenenfalls Anspruch auf die Übernahme der Kosten eines Elektrorollstuhls hat, um ihm auf diesem Weg den erforderlichen körperlichen Freiraum zu verschaffen. Ein - darüber hinausgehender - Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil bzw. ein Wahlrecht des Beihilfeberechtigten, ihm entweder einen Elektrorollstuhl oder ein Elektromobil zur Verfügung zu stellen, besteht hingegen nicht.
34 
In Fällen wie dem hier zu beurteilenden gewährleistet regelmäßig ein Hilfsmittel in Form eines Elektrorollstuhls das allgemeine Grundbedürfnis des Kranken bzw. des Behinderten auf „Bewegungsfreiheit“. Dieses Hilfsmittel sorgt für die erforderliche Mobilität des Kranken bzw. Behinderten sowohl in Wohnungen und sonstigen Aufenthaltsräumen als auch außerhalb der Wohnung in einem Nahbereich, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. So ermöglicht es die Konstruktion des Elektrorollstuhls mit entsprechenden Abmessungen und Wenderadius seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und z.B. auch an Tische heranzufahren. Der Elektrorollstuhl stellt ferner bei Einkäufen im Nahbereich und bei der Aufsuchung von Ärzten und Therapeuten sicher, dass der Benutzer sich in den entsprechenden Räumlichkeiten fortbewegen kann und insoweit mobil ist. Ein Elektromobil ist hingegen nicht geeignet, die erforderliche Mobilität des Benutzers in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsräumen sicherzustellen. Aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises ist es - wie dargelegt - nur für die Benutzung auf der Straße geeignet. Der Kranke bzw. der Behinderte kann damit nur den Weg zu den Einkaufsgeschäften und den Praxisräumen seiner Ärzte und Therapeuten zurücklegen, im Geschäft und in der Praxis selbst ist er jedoch auf weitere Hilfestellung bzw. ein weiteres Hilfsmittel angewiesen. So wäre es der Ehefrau des Klägers etwa unmöglich, mit dem von ihr angeschafften Elektromobil einen (kleineren) Supermarkt aufzusuchen und dort auch selbständig durch die Geschäftsräume zu fahren, um die Waren auszusuchen. Bei dieser Sachlage stellt sich die Entscheidung des Gesetzgebers, stark Gehbehinderten wie der Ehefrau des Klägers bei typisierender Betrachtung einen Elektrorollstuhl im Rahmen der Hilfsmittelversorgung zur Verfügung zu stellen - nicht jedoch ein Elektromobil - als sachgerecht dar. Das Hilfsmittel eines Elektrorollstuhls sichert das Grundbedürfnis der „Bewegungsfreiheit“ in umfassender Weise und stellt im Vergleich zum Elektromobil das zielgerichtetere bzw. das zielgenauere Hilfsmittel dar. Ist danach das Elektromobil kein gleichermaßen geeignetes Hilfsmittel, steht dem Beihilfeberechtigten auch kein Wahlrecht zwischen Elektrorollstuhl und Elektromobil zu und es kommt auf die Frage, welches Hilfsmittel wirtschaftlicher ist, nicht an.
35 
Dem Umstand, dass das Elektromobil im Vergleich zum Elektrorollstuhl dem Kranken bzw. Behinderten eine schnellere Fortbewegung und auch das Zurücklegen größerer Strecken ermöglicht, kommt in diesem Zusammenhang keine maßgebliche Bedeutung zu. Auch der Elektrorollstuhl sichert die Mobilität im Nahbereich der Wohnung in ausreichendem Maße. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass ein gesunder Fußgänger sich den Nahbereich einer Wohnung wesentlich schneller erschließen kann als dies für einen Behinderten mit Hilfe eines Elektrorollstuhls möglich ist. Ziel des Basisausgleichs ist es gerade nicht, ein vollständiges Gleichziehen mit Gesunden zu ermöglichen. Unerheblich ist schließlich auch, dass mit Hilfe eines Elektromobils weitaus größere Entfernungen zurückgelegt werden können und dementsprechend sich der Behinderte einen größeren Bewegungsradius verschaffen kann. Auch hier gilt, dass die Hilfsmittelversorgung nur den Nahbereich der Wohnung erschließen soll, jedoch nicht einen Bereich, den ein Gesunder üblicherweise mit dem Fahrrad, einem Elektrobike oder gar einem Kraftfahrzeug aufsucht.
36 
cc) Ob es unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Einzelfall ausnahmsweise geboten sein kann, von der generellen Entscheidung des Gesetzgebers abzuweichen, wonach lediglich Elektrorollstühle, jedoch keine Elektromobile beihilfefähig sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Im Fall der Ehefrau des Klägers sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die ausnahmsweise einen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil begründen könnten. Das der Ehefrau des Klägers von der Beklagten früher zur Verfügung gestellte Elektromobil hatte zwar die Mobilität der Ehefrau des Klägers deutlich erhöht und es ihr - nach eigenem Vortrag - ermöglicht, sich alleine außerhalb der Wohnung fortzubewegen. Die erforderliche Mobilität kann jedoch - wie dargelegt - grundsätzlich durch die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl sichergestellt werden. Die Ehefrau des Klägers hat auch keine Besonderheiten vorgetragen, die in ihrem Fall die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl als nicht ausreichend erscheinen ließen.
37 
Soweit sich die Beklagte im Berufungsverfahren sinngemäß darauf berufen hat, der Ehefrau des Klägers sei Pflegegeld der Stufe III zuerkannt worden und die entsprechende Pflegeperson habe mit Hilfe des bereits vorhandenen Rollstuhls die Teilnahme der Ehefrau des Klägers am allgemeinen Leben zu ermöglichen, braucht diesem Vortrag nicht weiter nachgegangen zu werden. Ob die Ehefrau des Klägers Anspruch auf die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl hat, ist nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens, zumal sie einen entsprechenden Antrag bislang nicht gestellt hat.
38 
dd) Da nach alledem das von der Ehefrau des Klägers angeschaffte Elektromobil nicht notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 BhV ist, bedarf es auch keiner Entscheidung, ob Elektromobile darüber hinaus im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV als Gegenstände anzusehen sind, die der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen und - auch deshalb - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 03.11.1999 - B 3 KR 16/99 R - FEVS 51, 395) ist ein Elektromobil kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB V, weil es nur von Personen benutzt wird, die durch Krankheit oder Behinderung in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt sind, jedoch nicht in nennenswertem Umfang auch von gesunden Menschen (so wohl auch OVG Bremen, Urteil vom 15.12.1999, aaO). Im Gegensatz dazu vertritt das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 07.07.1998 - 12 A 5885/96 - Juris) die Auffassung, bei einem Elektromobil handele es sich um ein Fortbewegungsmittel, das der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sei. Dafür lässt sich - so zu Recht das Verwaltungsgericht - anführen, dass ein Elektromobil auch einen breiteren Personenkreis anspricht, der keines Rollstuhls bedarf, aber seine Mobilität erhöhen will. Ein Elektromobil kann - unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen oder Behinderungen - auch etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in der Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund begegnet die Annahme des Bundessozialgerichts, Elektromobile würden ausschließlich von Kranken oder Behinderten benutzt, gewissen Zweifeln. Mangels Entscheidungserheblichkeit braucht der Senat jedoch der Frage, in welchem Umfang Elektromobile auch von gesunden (älteren) Menschen benutzt werden, nicht weiter nachzugehen.
39 
3. Schließlich vermittelt auch der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG der Ehefrau des Klägers keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang darauf, dass die Beklagte ihr im Jahre 2003 Beihilfe für die Anschaffung eines vergleichbaren Elektromobils gewährt habe. Sollte die Beklagte der Ehefrau des Klägers in der Vergangenheit aufgrund individueller Besonderheiten die Beihilfe zu Recht gewährt haben, würde es nunmehr an einem vergleichbaren Sachverhalt fehlen; nach den obigen Ausführungen sind im Zeitpunkt dieser Entscheidung keine Besonderheiten gegeben, die einen Anspruch der Ehefrau des Klägers begründen könnten. Sollte die Beklagte dagegen in der Vergangenheit unter Verstoß gegen die Beihilfevorschriften des Bundes der Ehefrau des Klägers einen Anspruch auf Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils zuerkannt haben, ließe sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ein Anspruch, ihr gegenüber nochmals eine solche (rechtswidrige) Entscheidung zu treffen, nicht herleiten. Die Verwaltung ist nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Diese Bindung entfällt nicht deshalb, weil eine Behörde diese Bindung während eines bestimmten Zeitraums nicht hinreichend beachtet hat. Deshalb kann die Verletzung des Gleichheitssatzes mit Erfolg, d.h. mit dem Anspruch auf Einräumung einer Begünstigung nur rügen, wer nach der maßgebenden objektiven Rechtslage einen Anspruch auf die von ihm begehrte Gleichbehandlung hat. Gebietet die Rechtslage die erstrebte Behandlung nicht bzw. schließt sie sie aus, so ist der Gleichheitssatz auch dann nicht verletzt, wenn eine Behandlung entgegen der objektiven Rechtslage in anderen (gleichgelagerten) Fällen gewährt worden ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153; Urteil vom 10.12.1969 - VIII C 104.69 - BVerwGE 34, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.09.2011 - 2 S 1202/10 -).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss vom 10. Oktober 2011
43 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 2.750,-- EUR festgesetzt.
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufwendungen sind beihilfefähig, wenn zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen

1.
die Beihilfeberechtigung besteht oder
2.
die Voraussetzungen für die Berücksichtigungsfähigkeit nach § 4 erfüllt sind.
Die Aufwendungen gelten als zu dem Zeitpunkt entstanden, zu dem die sie begründende Leistung erbracht wird.

(2) Aufwendungen einer nach § 4 Absatz 1 berücksichtigungsfähigen Person sind beihilfefähig, wenn der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte (§ 2 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 5a des Einkommensteuergesetzes) einschließlich vergleichbarer ausländischer Einkünfte oder der Gesamtbetrag ihrer vergleichbaren ausländischen Einkünfte im zweiten Kalenderjahr vor Beantragung der Beihilfe 20 000 Euro nicht übersteigt. Sind die Einkünfte im laufenden Kalenderjahr geringer, sind Aufwendungen der Ehegattin, des Ehegatten, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners unter Vorbehalt bereits im laufenden Kalenderjahr beihilfefähig. Die von der Ehegattin, dem Ehegatten, der Lebenspartnerin oder dem Lebenspartner der beihilfeberechtigten Personen nach § 3 im Rahmen einer durch Auslandsverwendung der beihilfeberechtigten Person aufgenommenen oder fortgeführten Erwerbstätigkeit erzielten ausländischen Einkünfte bleiben unberücksichtigt. Auf Anforderung der Festsetzungsstelle ist der Gesamtbetrag der Einkünfte durch Vorlage einer Kopie des Steuerbescheids oder, wenn dieser nicht oder noch nicht vorliegt, durch andere geeignete Unterlagen nachzuweisen. Weist der Steuerbescheid den Gesamtbetrag der Einkünfte nicht vollständig aus, können andere Nachweise gefordert werden. Der Betrag nach Satz 1 wird im gleichen Verhältnis, wie sich der Rentenwert West auf Grund der Rentenwertbestimmungsverordnung erhöht, angepasst und auf volle Euro abgerundet. Die Anpassung erfolgt mit Wirkung für das auf das Inkrafttreten der Rentenwertbestimmungsverordnung folgende Kalenderjahr. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt den jeweils angepassten Betrag durch Rundschreiben bekannt.

(3) Beihilfefähig sind grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen. Andere Aufwendungen sind ausnahmsweise beihilfefähig, soweit diese Verordnung die Beihilfefähigkeit vorsieht.

(4) Die Notwendigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen setzt grundsätzlich voraus, dass diese nach einer wissenschaftlich anerkannten Methode vorgenommen werden. Als nicht notwendig gelten in der Regel Untersuchungen und Behandlungen, soweit sie in der Anlage 1 ausgeschlossen werden.

(5) Aufwendungen für ärztliche, zahnärztliche und psychotherapeutische Leistungen sind wirtschaftlich angemessen, wenn sie sich innerhalb des in der einschlägigen Gebührenordnung vorgesehenen Gebührenrahmens halten. Als nicht wirtschaftlich angemessen gelten Aufwendungen auf Grund einer Vereinbarung nach § 2 der Gebührenordnung für Ärzte, nach § 2 der Gebührenordnung für Zahnärzte oder nach den Sätzen 2 bis 4 der allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts G der Anlage 1 zur Gebührenordnung für Zahnärzte, soweit sie die gesetzlichen Gebühren übersteigen. Wirtschaftlich angemessen sind auch Leistungen, die auf Grund von Vereinbarungen oder Verträgen zwischen Leistungserbringerinnen oder Leistungserbringern und gesetzlichen Krankenkassen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch, Unternehmen der privaten Krankenversicherung oder Beihilfeträgern erbracht worden sind, wenn dadurch Kosten eingespart werden. Aufwendungen für Leistungen von Heilpraktikerinnen oder Heilpraktikern sind wirtschaftlich angemessen, wenn sie die Höchstbeträge nach Anlage 2 nicht übersteigen.

(6) Für Personen, die nach § 3 beihilfeberechtigt oder bei einer nach § 3 beihilfeberechtigten Person berücksichtigungsfähig sind, gelten unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Ausland die ortsüblichen Gebühren als wirtschaftlich angemessen. Gelten Höchstbeträge nach Anlage 11, kann in entsprechender Anwendung des § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes der für den Dienstort jeweils geltende Kaufkraftausgleich hinzutreten.

(7) In Ausnahmefällen kann das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen die einmalige Beteiligung des Bundes als Beihilfeträger an allgemeinen, nicht individualisierbaren Maßnahmen erklären. Hierfür zu leistende Zahlungen und Erstattungen kann das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat auf die Einrichtungen oder Stellen des Bundes, die Beihilfe nach dieser Verordnung gewähren, aufteilen. Auf Anforderung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat leisten die Einrichtungen oder Stellen entsprechende Abschläge und Zahlungen. Die Anteile bemessen sich nach dem Verhältnis der tatsächlichen Beihilfeausgaben im Jahr 2009; jährliche Ausgaben unter 1 000 Euro bleiben außer Betracht. Auf Verlangen von mindestens fünf obersten Bundesbehörden oder Behörden der mittelbaren Bundesverwaltung setzt das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat die Anteile entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen Beihilfeausgaben im Vorjahr für zukünftige Maßnahmen neu fest.

(8) Sofern im Einzelfall die Ablehnung der Beihilfe eine besondere Härte darstellen würde, kann die oberste Dienstbehörde mit Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat eine Beihilfe zur Milderung der Härte gewähren. Die Entscheidung ist besonders zu begründen und zu dokumentieren.

(1) Aufwendungen für ärztlich oder zahnärztlich verordnete Heilmittel und bei der Anwendung der Heilmittel verbrauchte Stoffe sind nach Maßgabe der Anlagen 9 und 10 beihilfefähig.

(2) Bei Personen, die nach § 3 beihilfeberechtigt oder bei einer nach § 3 beihilfeberechtigten Person berücksichtigungsfähig sind, beurteilt sich die Angemessenheit der Aufwendungen für ärztlich oder zahnärztlich verordnete Heilmittel anstelle der in Anlage 9 genannten Höchstbeträge nach den ortsüblichen Gebühren unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Ausland. Die beihilfefähigen Aufwendungen mindern sich um 10 Prozent der Kosten, die die Höchstbeträge nach Anlage 9 übersteigen, höchstens jedoch um 10 Euro. Diese Minderung gilt nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Gründe

1

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

2

1. Der als Versorgungsempfänger beihilfeberechtigte Kläger begehrt von der Beklagten Beihilfeleistungen für Kosten, die er im Jahre 2013 für physiotherapeutische Leistungen aufgewendet hat. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits längere Zeit aufgrund derselben Diagnosen in fortlaufender und intensiver, teils täglicher physiotherapeutischer Behandlung. Diesbezüglich hatte ihm sein Allgemeinarzt wiederholt manuelle Therapien, Fango und Massagen wegen "BWS-Syndroms" verordnet. Daneben waren ihm von Orthopäden wiederholt entsprechende physiotherapeutische Behandlungen wegen "deg. LWS-Syndroms" verordnet worden. Nachdem die Beklagte die Aufwendungen des Klägers regelmäßig erstattet hatte, holte sie im Oktober 2011 ein medizinisches Gutachten ein, das zu dem Ergebnis gelangte, die physiotherapeutischen Behandlungen seien in den Vorjahren nur zu einem geringen Teil nach Art und Umfang medizinisch notwendig gewesen und hätten sich als Übermaßbehandlung dargestellt. Unter Hinweis hierauf lehnte die Beklagte in der Folgezeit die vom Kläger für mehrere physiotherapeutische Behandlungen beanspruchten Beihilfeleistungen ab. Die hiergegen nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, das Verwaltungsgericht habe im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die streitgegenständlichen Aufwendungen mangels medizinischer Notwendigkeit im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV nicht beihilfefähig seien. Gegenstand des Berufungsverfahrens, in dem der Verwaltungsgerichtshof auch selbst ein Sachverständigengutachten zur medizinischen Notwendigkeit eingeholt hat, waren nur noch die Aufwendungen des Klägers in Höhe von 480,20 € für zwei durch denselben Allgemeinarzt unter dem 7. Januar 2013 verordnete Therapien, die jeweils zehn Einheiten manuelle Therapie und zehn Einheiten Fango umfassten.

3

2. Die Revision ist nicht wegen der vom Kläger allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

4

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14, vom 10. August 2015 - 5 B 48.15 - juris Rn. 3 und vom 17. November 2015 - 5 B 17.15 - ZOV 2016, 160 Rn. 21). Der Vortrag der Beschwerde rechtfertigt die Revisionszulassung nicht.

5

a) Das gilt zunächst, soweit sich die Beschwerde gegen die Auslegung der von der Vorinstanz angewandten Regelungen über die Beihilfefähigkeit von Heilmitteln wendet, namentlich des § 6 Abs. 1 und des § 23 Abs. 1 i.V.m. Anlagen 9 und 10 der Verordnung über die Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Bundesbeihilfeverordnung - BBhV) vom 13. Februar 2009 (BGBl. I S. 326) in der für die Anwendung im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung der Änderung vom 8. September 2012 (BGBl. I S. 1935). Die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 2 f.) macht hierzu geltend, die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Heilmittel setze entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs "keine gesondert zu prüfende medizinische Notwendigkeit" voraus. Vielmehr unterstelle § 23 Abs. 1 BBhV die medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen, wenn Heilmittel ärztlich verordnet, in der Anlage 9 aufgeführt, ferner die dort aufgelisteten Voraussetzungen erfüllt seien und wenn die Heilmittel von Angehörigen der Gesundheits- oder Medizinalfachberufe nach Anlage 10 angewandt würden. Die in der Anlage 9 aufgelisteten besonderen Voraussetzungen ließen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen bereits eine gesonderte Diagnosestellung, eine eigenständige ärztliche Verordnung, eine besondere Qualifikation desjenigen, der Heilmittel verordnet, und das Vorliegen bestimmter Indikationen genügen. Die Auflistung dieser Voraussetzungen verlöre ihren Sinn, wenn es unabhängig von deren Erfüllung einer gesonderten Prüfung der medizinischen Notwendigkeit bedürfe. Der systematische Zusammenhang der beiden Sätze des § 6 Abs. 1 BBhV und die Frage, ob § 6 Abs. 1 BBhV die gesonderte Prüfung der medizinischen Notwendigkeit der in den folgenden Kapiteln der BBhV aufgelisteten Aufwendungen selbst dann verlange, wenn davon in den jeweiligen Normen keine Rede sei, belegten die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

6

Es kann dahinstehen, ob die Beschwerde mit diesem Vorbringen den Anforderungen an die Darlegung der Grundsatzbedeutung schon deshalb nicht gerecht wird, weil sie es insoweit versäumt, ausdrücklich eine bestimmte Frage zu formulieren. Denn die Revision ist auch dann nicht zuzulassen, wenn dem vorgenannten und dem weiteren (Beschwerdebegründung S. 6 ff.) rechtlichen Vortrag des Klägers entnommen wird, dass es ihm sinngemäß um die Klärung der Frage geht, ob die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Heilmittel deren (gesondert zu prüfende) medizinische Notwendigkeit im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV voraussetzt (oder ob insoweit allein die in § 23 Abs. 1 i.V.m. Anlagen 9 und 10 BBhV genannten Anforderungen maßgeblich sind).

7

Der Revisionszulassung steht jedenfalls entgegen, dass sich eine im Hinblick auf die Prüfung der medizinischen Notwendigkeit so oder ähnlich formulierte Rechtsfrage bereits auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt und deshalb nicht klärungsbedürftig ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. April 2009 - 5 B 64.08 - juris Rn. 5 und vom 11. April 2016 - 3 B 22.15 - Buchholz 451.15 Forstrecht Nr. 15 Rn. 4 m.w.N.). Denn auf dieser Grundlage erschließt sich, ohne dass es dazu einer weiteren Aufarbeitung in einem Revisionsverfahren bedürfte, dass - wie die Vorinstanz zu Recht angenommen hat - die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Heilmittel grundsätzlich auch deren medizinische Notwendigkeit im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV voraussetzt.

8

Beihilfefähig sind bereits nach der gesetzlichen Regelung grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen, und zwar insbesondere in Krankheits- und Pflegefällen (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 des Bundesbeamtengesetzes - BBG - vom 5. Februar 2009 , nunmehr nach der durch Gesetz vom 19. Oktober 2016 geänderten Fassung normiert in § 80 Abs. 3 Nr. 1 BBG). Diese gesetzliche Vorgabe hat der Verordnungsgeber im ersten Kapitel der Bundesbeihilfeverordnung, das allgemeine Regelungen für die nachfolgenden Arten von Aufwendungen enthält, in § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV wiederholt: Beihilfefähig sind danach grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen. § 51 Abs. 1 Satz 1 BBhV ordnet an, dass über die Notwendigkeit und die wirtschaftliche Angemessenheit von Aufwendungen nach § 6 BBhV die Festsetzungsstelle entscheidet.

9

Der Begriff der beihilferechtlichen Notwendigkeit von Aufwendungen im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV als Voraussetzung für die Beihilfegewährung ist ein der gerichtlichen Überprüfung voll zugänglicher unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Inhalt in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist. Danach sind Aufwendungen in Krankheitsfällen dem Grunde nach notwendig, wenn sie für eine medizinisch gebotene Behandlung entstanden sind, die der Wiedererlangung der Gesundheit, der Besserung oder Linderung von Leiden, der Beseitigung oder dem Ausgleich körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen dienen (BVerwG, Beschluss vom 30. September 2011 - 2 B 66.11 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 21 Rn. 11; Urteile vom 8. November 2012 - 5 C 4.12 - Buchholz 270.1 § 22 BBhV Nr. 1 Rn. 15 und vom 10. Oktober 2013 - 5 C 32.12 - BVerwGE 148, 106 Rn. 13 m.w.N.). Dabei ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls geklärt, dass die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für eine ärztliche Behandlung grundsätzlich der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt, auch wenn regelmäßig der Beurteilung des verordnenden Arztes zu folgen sein wird, weil dieser über die erforderliche Sachkunde verfügt (BVerwG, Urteil vom 27. März 2012 - 2 C 46.10 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 23 Rn. 13 m.w.N.).

10

Für die ärztliche Verordnung von Heilmitteln, worunter unter anderem die in Rede stehenden physiotherapeutischen Behandlungen fallen, gilt nichts anderes. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof zum Erfordernis der medizinischen Notwendigkeit im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV zu Recht ausgeführt, dass die zur Entscheidung über die Notwendigkeit von Aufwendungen berufene Festsetzungsstelle (§ 51 Abs. 1 Satz 1 BBhV) zwar davon ausgehen darf, dass Aufwendungen, die auf einer ärztlichen Behandlung oder Verordnung beruhen, aufgrund der Sachkunde des Arztes in der Regel auch als medizinisch geboten zu betrachten sind. Dies nimmt der Festsetzungsstelle jedoch weder das Recht noch entbindet es sie davon, in Zweifelsfällen die medizinische Notwendigkeit einer (weiteren) Überprüfung zu unterziehen. Hat die Festsetzungsstelle aufgrund bestimmter tatsächlicher Umstände Zweifel an der Notwendigkeit geltend gemachter Aufwendungen und kann sie mangels eigener Sachkunde diese Zweifel nicht ausräumen, darf sie etwa Gutachten einholen oder Sachverständige heranziehen (vgl. § 51 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BBhV) und kann gegebenenfalls auf der Grundlage einer solchen Sachverhaltsaufklärung die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen trotz vorhergehender ärztlicher Verordnung verneinen.

11

Der Rechtsansicht des Klägers ist nicht zu folgen, derzufolge sich für Heilmittel aus § 23 Abs. 1 BBhV und den Anlagen 9 und 10 der BBhV insoweit etwas anderes ergebe, als diese Regelungen das Erfordernis der medizinischen Notwendigkeit im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV konkretisierten und verdrängten. Vielmehr bezieht sich dieses Erfordernis aufgrund der systematischen Stellung der Bestimmung im ersten Kapitel der Bundesbeihilfeverordnung grundsätzlich auf alle nachfolgenden Arten von Aufwendungen. Zwar könnte sich eine Verdrängung dieser allgemeinen Voraussetzung der Beihilfefähigkeit noch aus der Spezialität nachfolgender Regelungen ergeben, wenn sich aus diesen eine entsprechende ausdrückliche oder im Wege der Auslegung zu ermittelnde stillschweigende (Verdrängungs-)Anordnung ergäbe (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 5 C 15.14 - BVerwGE 152, 264 Rn. 14 ff. m.w.N.). Dies ist jedoch nicht der Fall.

12

Weder dem Wortlaut des § 23 Abs. 1 BBhV noch den von dieser Regelung in Bezug genommenen Anlagen 9 und 10 BBhV lässt sich entnehmen, dass die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für Heilmittel im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV als Voraussetzung der Beihilfefähigkeit entfallen soll und von der Beihilfestelle nicht geprüft werden darf. § 23 Abs. 1 BBhV ordnet an, dass Aufwendungen für ärztlich oder zahnärztlich verordnete Heilmittel und bei der Anwendung der Heilmittel verbrauchte Stoffe nach Maßgabe der Anlagen 9 und 10 BBhV beihilfefähig sind. Die damit normierte Anforderung der ärztlichen Verordnung stellt sich zwar als für die Beihilfefähigkeit bindendes Erfordernis dar, in dem sie klarstellt, in welcher Form die Bewertung der medizinischen Notwendigkeit dokumentiert werden muss. Aus diesem Erfordernis kann jedoch nicht gefolgert werden, dass der Verordnungsgeber damit der Festsetzungsstelle vorgeben wollte, jede ärztliche Verordnung eines Heilmittels als medizinisch notwendig anzusehen. Eine Fiktion, dass jede ärztliche Verordnung auf medizinischer Notwendigkeit beruht, ist der Regelung nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für die Regelungen in den Anlagen 9 und 10 BBhV. Die detaillierten Voraussetzungen in Anlage 9 BBhV stellen sich im Wesentlichen als Konkretisierungen des Angemessenheitsgrundsatzes des § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV dar, die darüber Auskunft geben, welche Heilmittel der Verordnungsgeber unter welchen Voraussetzungen für wirtschaftlich angemessen hält und für welche Leistungen die Beihilfefähigkeit im Sinne von Beihilfebeschränkungen auf bestimmte Höchstbeträge begrenzt ist. Anlage 10 BBhV knüpft die Beihilfefähigkeit daran, dass Heilmittel nur von den genannten Personen erbracht und die Anwendung dem Berufsbild der Leistungserbringerin oder des Leistungserbringers entsprechen muss, und dient mithin der Qualitätssicherung.

13

Die Auflistung dieser Voraussetzungen verliert entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht ihren Sinn, wenn das Erfordernis der medizinischen Notwendigkeit im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV aus gegebenem Anlass im Einzelfall noch einer genaueren Prüfung unterzogen wird. Nach ihrer Zwecksetzung ergänzen sie vielmehr dieses Erfordernis, sollen es aber nicht verdrängen. Demgegenüber stünde das vom Kläger der Sache nach eingeforderte Verbot, eine ärztliche Verordnung auf ihre medizinische Notwendigkeit zu überprüfen, mit dem Zweck dieses in § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV normierten Erfordernisses nicht in Einklang. Das damit zum Ausdruck gebrachte Anliegen des Verordnungsgebers, den Beihilfeberechtigten grundsätzlich nur diejenige Behandlung und Versorgung in Krankheitsfällen zuzugestehen, die sich aus medizinischer Sicht als notwendig erweisen, würde jedenfalls in jenen (Ausnahme-)Fällen unterlaufen, in denen die ärztliche Verordnung nicht auf einer genügenden medizinischen Fundierung beruht und etwa ein Übermaß an Behandlung gewährt. In diesen Fällen wäre einer Missbrauchskontrolle durch die Festsetzungsstelle zweckwidrig ein Riegel vorgeschoben.

14

Dem Kläger ist auch nicht zu folgen, soweit er aus § 6 Abs. 1 Satz 2 BBhV systematische Folgerungen ziehen und hieraus eine Prüfungsbeschränkung ableiten möchte. Nach dieser Regelung sind andere Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, soweit diese Verordnung die Beihilfefähigkeit vorsieht. Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausgeführt, dass § 23 Abs. 1 BBhV (i.V.m. Anlagen 9 und 10 BBhV) gerade nicht die ausnahmsweise Beihilfefähigkeit von nicht notwendigen und wirtschaftlich angemessenen Aufwendungen regelt, sondern die vom Verordnungsgeber im Einzelnen grundsätzlich als notwendig und angemessen bewerteten Aufwendungen für Heilmittel bezeichnet. Die in § 23 Abs. 1 i.V.m. Anlage 9 und 10 BBhV aufgelisteten Voraussetzungen machen - wie der Verwaltungsgerichtshof zu Recht weiter ausführt - neben § 6 Abs. 1 Satz 2 BBhV gerade insoweit Sinn, als der Verordnungsgeber die aus seiner Sicht für eine notwendige und angemessene Versorgung grundsätzlich erstattungsfähigen Heilmittel festzulegen gedachte. Dies bedeutet hingegen nicht, dass im Einzelfall, wie etwa bei einem aufgrund konkreter Anhaltspunkte befürchteten Übermaß an verordneten Maßnahmen, eine Überprüfung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV nicht ergehen darf und zu dem Ergebnis führen kann, dass trotz Vorliegens der grundsätzlichen Voraussetzungen (einschließlich ärztlicher Verordnung) nach § 23 Abs. 1 BBhV eine medizinische Notwendigkeit zu verneinen ist.

15

Liegt die durch § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV geforderte medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen für Heilmittel nicht vor, sind jedoch gegebenenfalls, soweit sich insoweit Anhaltspunkte ergeben, Ausnahmetatbestände in Betracht zu ziehen, aus denen sich die Beihilfefähigkeit ergeben könnte (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BBhV). So kann etwa, sofern im Einzelfall die Ablehnung der Beihilfe eine besondere Härte darstellen würde, die oberste Dienstbehörde mit Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat eine Beihilfe zur Milderung der Härte gewähren (§ 6 Abs. 7 Satz 1 BBhV, der sich in der neuesten Fassung der Vorschrift vom 24. Juli 2018 in § 6 Abs. 6 Satz 1 BBhV findet). Ein derartiger Ausnahmetatbestand stand hier jedoch weder in Rede noch hat die Beschwerde insoweit eine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.

16

b) Soweit die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 3) die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, ob

"der Beklagten der Nachweis des Fehlens der medizinischen Notwendigkeit von Aufwendungen in den Fällen obliegt, in denen Normen die Beihilfefähigkeit bestimmter Aufwendungen unter bestimmten Voraussetzungen vorsehen, ohne als weitere Voraussetzung die medizinische Notwendigkeit und wirtschaftliche Angemessenheit der Aufwendungen zu normieren",

genügt sie nicht den für das Aufzeigen einer Grundsatzbedeutung aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO folgenden Darlegungsanforderungen. Insofern fehlt es bereits an einer hinreichenden Darlegung, dass diese Frage für das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs entscheidungserheblich gewesen ist und sich dementsprechend in dieser Form auch für das Revisionsgericht als klärungsfähig darstellen kann. Die aufgeworfene Frage würde sich in dieser Allgemeinheit in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil Gegenstand des Rechtsstreits allein die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für bestimmte Heilmittel ist und daher nicht all jene von der Frage der Beschwerde bezeichneten Fälle erfasst, in denen Normen die Beihilfefähigkeit bestimmter Aufwendungen unter bestimmten Voraussetzungen vorsehen. Überdies liegt der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage, soweit sie für die im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang in Rede stehenden Heilmittel überhaupt von Bedeutung sein kann, die - wie dargelegt - unzutreffende rechtliche Annahme des Klägers zugrunde, dass die Bundesbeihilfeverordnung die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für Heilmittel nicht voraussetze.

17

c) Schließlich genügt die Beschwerde nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, soweit sie der Rechtssache "insofern grundsätzliche Bedeutung" beimisst (Beschwerdebegründung S. 3),

"als es darum geht, ob das Unterbleiben einer nicht ordnungsgemäßen ärztlichen Dokumentation des Befundes als Grundlage der ärztlichen Verordnung von Heilmitteln zu Lasten des Beihilfeberechtigten geht."

18

Die Beschwerde lässt insoweit bereits eine normative Anbindung ihrer Frage vermissen und legt nicht dar, zur Auslegung welcher für den Rechtsstreit maßgeblichen Vorschrift des revisiblen Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts beitragen soll. Zudem ist dem Vortrag der Beschwerde auch insoweit nicht schlüssig zu entnehmen, dass die aufgeworfene Frage für das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblich war und sich dementsprechend auch für eine Entscheidung des Revisionsgerichts als entscheidungserheblich darstellen würde. Die Beschwerdebegründung (S. 15) räumt vielmehr selbst ein, dass der Verwaltungsgerichtshof die entsprechende, vom Kläger im Verfahren wiederholt aufgeworfene Frage nicht beantwortet habe. Die im Berufungsurteil unterbliebene Behandlung dieser Frage rührt erkennbar daher, dass sie die Vorinstanz vor dem Hintergrund ihrer Rechtsauffassung zum Erfordernis der medizinischen Notwendigkeit (im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV) nicht für rechtserheblich erachtet hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr auf der Grundlage seiner Tatsachenfeststellungen, gegen die keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen vorgebracht worden sind, im Rahmen der fallbezogenen Anwendung seines rechtlichen Maßstabs die Beihilfefähigkeit der streitigen Aufwendungen verneint, weil er insbesondere unter Heranziehung und Auswertung des von ihm eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens vom 25. Mai 2017 sowie des Ergänzungsgutachtens vom 18. September 2017 zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die im Streit stehenden Aufwendungen für physiotherapeutische Behandlungen nicht medizinisch notwendig gewesen sind. Ob diese fallbezogene Annahme zutrifft, ist eine Frage der Beweis- und Sachverhaltswürdigung im Einzelfall, die einer rechtsgrundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich ist. Darüber hinaus ist es unzweifelhaft, dass der Beihilfeberechtigte als derjenige, der einen Anspruch geltend macht, grundsätzlich das Risiko trägt, dass sich die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht erweisen lassen.

19

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

20

4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die
a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben,
b)
einen niedrigen Abgabepreis haben,
c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder
d)
in Anlage 12 genannt sind, und
2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.

(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.

(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.

(1) Über die Notwendigkeit und die wirtschaftliche Angemessenheit von Aufwendungen nach § 6 entscheidet die Festsetzungsstelle. Die beihilfeberechtigte Person ist zur Mitwirkung verpflichtet. § 60 Absatz 1 Satz 1, die §§ 62 und 65 bis 67 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch sind entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsstelle kann auf eigene Kosten ein Sachverständigengutachten einholen. Ist für die Erstellung des Gutachtens die Mitwirkung der oder des Betroffenen nicht erforderlich, sind die nötigen Gesundheitsdaten vor der Übermittlung so zu pseudonymisieren, dass die Gutachterin oder der Gutachter einen Personenbezug nicht herstellen kann.

(2) In Pflegefällen hat die Festsetzungsstelle im Regelfall das Gutachten zugrunde zu legen, das für die private oder soziale Pflegeversicherung zum Vorliegen dauernder Pflegebedürftigkeit sowie zu Art und notwendigem Umfang der Pflege erstellt worden ist. Ist die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person nicht in der privaten oder sozialen Pflegeversicherung versichert, lässt die Festsetzungsstelle ein entsprechendes Gutachten erstellen. Satz 2 gilt entsprechend bei Personen, die nach § 3 beihilfeberechtigt oder bei einer nach § 3 beihilfeberechtigten Person berücksichtigungsfähig sind, wenn für diese kein Gutachten für die private oder soziale Pflegeversicherung erstellt worden ist. Auf Antrag kann die Festsetzungsstelle Beihilfe für Aufwendungen in Pflegefällen (§§ 37 bis 39) bis zu zwölf Monate regelmäßig wiederkehrend leisten, wenn die beihilfeberechtigte Person sich in dem Antrag verpflichtet,

1.
der Festsetzungsstelle jede Änderung der Angaben im Beihilfeantrag unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen und
2.
den Beihilfeanspruch übersteigende Zahlungen zu erstatten.

(3) Die Beihilfe wird auf schriftlichen oder elektronischen Antrag der beihilfeberechtigten Person bei der Festsetzungsstelle gewährt. Die dem Antrag zugrunde liegenden Belege sind der Festsetzungsstelle als Zweitschrift oder in Kopie mit dem Antrag oder gesondert vorzulegen. Bei Aufwendungen nach § 26 sind zusätzlich die Entlassungsanzeige und die Wahlleistungsvereinbarung vorzulegen, die nach § 16 Satz 2 der Bundespflegesatzverordnung oder nach § 17 des Krankenhausentgeltgesetzes vor Erbringung der Wahlleistungen abgeschlossen worden sind. Bei Aufwendungen nach § 26a gilt Satz 3 entsprechend. Liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eingereichte Belege gefälscht oder verfälscht sind, kann die Festsetzungsstelle mit Einwilligung der beihilfeberechtigten Person bei dem Urheber des Beleges Auskunft über die Echtheit einholen. Wird die Einwilligung verweigert, ist die Beihilfe zu den betreffenden Aufwendungen abzulehnen. Auf Rezepten muss die Pharmazentralnummer des verordneten Arzneimittels angegeben sein, es sei denn, sie ist wegen des Kaufes im Ausland nicht erforderlich. Sofern die Festsetzungsstelle dies zulässt, können auch die Belege elektronisch übermittelt werden. Die Festsetzungsstelle kann einen unterschriebenen Beihilfeantrag in Papierform verlangen.

(4) Die Belege über Aufwendungen im Ausland müssen grundsätzlich den im Inland geltenden Anforderungen entsprechen. Kann die beihilfeberechtigte Person die für den Kostenvergleich notwendigen Angaben nicht beibringen, hat die Festsetzungsstelle die Angemessenheit der Aufwendungen festzustellen. Auf Anforderung muss mindestens für eine Bescheinigung des Krankheitsbildes und der erbrachten Leistungen eine Übersetzung vorgelegt werden.

(5) Der Bescheid über die Bewilligung oder die Ablehnung der beantragten Beihilfe (Beihilfebescheid) wird von der Festsetzungsstelle schriftlich oder elektronisch erlassen. Soweit Belege zur Prüfung des Anspruchs auf Abschläge für Arzneimittel benötigt werden, können sie einbehalten werden. Soweit die Festsetzungsstelle elektronische Dokumente zur Abbildung von Belegen herstellt, werden diese einbehalten. Spätestens sechs Monate nach Unanfechtbarkeit des Beihilfebescheides oder nach dem Zeitpunkt, zu dem die Belege für Prüfungen einer der Rabattgewährung nach § 3 des Gesetzes über Rabatte für Arzneimittel nicht mehr benötigt werden, sind sie zu vernichten und elektronische Abbildungen spurenlos zu löschen.

(6) Der Beihilfebescheid kann vollständig durch automatisierte Einrichtungen erlassen werden, sofern kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch einen Amtsträger zu bearbeiten.

(7) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Festsetzungsstelle nach vorheriger Anhörung der beihilfeberechtigten Person zulassen, dass berücksichtigungsfähige Personen oder deren gesetzliche Vertreterinnen oder Vertreter ohne Zustimmung der beihilfeberechtigten Person die Beihilfe selbst beantragen.

(8) Beihilfe wird nur gewährt, wenn die mit dem Antrag geltend gemachten Aufwendungen insgesamt mehr als 200 Euro betragen. Die Festsetzungsstelle kann bei drohender Verjährung oder zur Vermeidung anderer unbilliger Härten Ausnahmen zulassen.

(9) Die Festsetzungsstelle kann auf Antrag der beihilfeberechtigten Person Abschlagszahlungen leisten.

Tenor

Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 337,99 Euro festgesetzt.


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(1) Über die Notwendigkeit und die wirtschaftliche Angemessenheit von Aufwendungen nach § 6 entscheidet die Festsetzungsstelle. Die beihilfeberechtigte Person ist zur Mitwirkung verpflichtet. § 60 Absatz 1 Satz 1, die §§ 62 und 65 bis 67 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch sind entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsstelle kann auf eigene Kosten ein Sachverständigengutachten einholen. Ist für die Erstellung des Gutachtens die Mitwirkung der oder des Betroffenen nicht erforderlich, sind die nötigen Gesundheitsdaten vor der Übermittlung so zu pseudonymisieren, dass die Gutachterin oder der Gutachter einen Personenbezug nicht herstellen kann.

(2) In Pflegefällen hat die Festsetzungsstelle im Regelfall das Gutachten zugrunde zu legen, das für die private oder soziale Pflegeversicherung zum Vorliegen dauernder Pflegebedürftigkeit sowie zu Art und notwendigem Umfang der Pflege erstellt worden ist. Ist die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person nicht in der privaten oder sozialen Pflegeversicherung versichert, lässt die Festsetzungsstelle ein entsprechendes Gutachten erstellen. Satz 2 gilt entsprechend bei Personen, die nach § 3 beihilfeberechtigt oder bei einer nach § 3 beihilfeberechtigten Person berücksichtigungsfähig sind, wenn für diese kein Gutachten für die private oder soziale Pflegeversicherung erstellt worden ist. Auf Antrag kann die Festsetzungsstelle Beihilfe für Aufwendungen in Pflegefällen (§§ 37 bis 39) bis zu zwölf Monate regelmäßig wiederkehrend leisten, wenn die beihilfeberechtigte Person sich in dem Antrag verpflichtet,

1.
der Festsetzungsstelle jede Änderung der Angaben im Beihilfeantrag unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen und
2.
den Beihilfeanspruch übersteigende Zahlungen zu erstatten.

(3) Die Beihilfe wird auf schriftlichen oder elektronischen Antrag der beihilfeberechtigten Person bei der Festsetzungsstelle gewährt. Die dem Antrag zugrunde liegenden Belege sind der Festsetzungsstelle als Zweitschrift oder in Kopie mit dem Antrag oder gesondert vorzulegen. Bei Aufwendungen nach § 26 sind zusätzlich die Entlassungsanzeige und die Wahlleistungsvereinbarung vorzulegen, die nach § 16 Satz 2 der Bundespflegesatzverordnung oder nach § 17 des Krankenhausentgeltgesetzes vor Erbringung der Wahlleistungen abgeschlossen worden sind. Bei Aufwendungen nach § 26a gilt Satz 3 entsprechend. Liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eingereichte Belege gefälscht oder verfälscht sind, kann die Festsetzungsstelle mit Einwilligung der beihilfeberechtigten Person bei dem Urheber des Beleges Auskunft über die Echtheit einholen. Wird die Einwilligung verweigert, ist die Beihilfe zu den betreffenden Aufwendungen abzulehnen. Auf Rezepten muss die Pharmazentralnummer des verordneten Arzneimittels angegeben sein, es sei denn, sie ist wegen des Kaufes im Ausland nicht erforderlich. Sofern die Festsetzungsstelle dies zulässt, können auch die Belege elektronisch übermittelt werden. Die Festsetzungsstelle kann einen unterschriebenen Beihilfeantrag in Papierform verlangen.

(4) Die Belege über Aufwendungen im Ausland müssen grundsätzlich den im Inland geltenden Anforderungen entsprechen. Kann die beihilfeberechtigte Person die für den Kostenvergleich notwendigen Angaben nicht beibringen, hat die Festsetzungsstelle die Angemessenheit der Aufwendungen festzustellen. Auf Anforderung muss mindestens für eine Bescheinigung des Krankheitsbildes und der erbrachten Leistungen eine Übersetzung vorgelegt werden.

(5) Der Bescheid über die Bewilligung oder die Ablehnung der beantragten Beihilfe (Beihilfebescheid) wird von der Festsetzungsstelle schriftlich oder elektronisch erlassen. Soweit Belege zur Prüfung des Anspruchs auf Abschläge für Arzneimittel benötigt werden, können sie einbehalten werden. Soweit die Festsetzungsstelle elektronische Dokumente zur Abbildung von Belegen herstellt, werden diese einbehalten. Spätestens sechs Monate nach Unanfechtbarkeit des Beihilfebescheides oder nach dem Zeitpunkt, zu dem die Belege für Prüfungen einer der Rabattgewährung nach § 3 des Gesetzes über Rabatte für Arzneimittel nicht mehr benötigt werden, sind sie zu vernichten und elektronische Abbildungen spurenlos zu löschen.

(6) Der Beihilfebescheid kann vollständig durch automatisierte Einrichtungen erlassen werden, sofern kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch einen Amtsträger zu bearbeiten.

(7) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Festsetzungsstelle nach vorheriger Anhörung der beihilfeberechtigten Person zulassen, dass berücksichtigungsfähige Personen oder deren gesetzliche Vertreterinnen oder Vertreter ohne Zustimmung der beihilfeberechtigten Person die Beihilfe selbst beantragen.

(8) Beihilfe wird nur gewährt, wenn die mit dem Antrag geltend gemachten Aufwendungen insgesamt mehr als 200 Euro betragen. Die Festsetzungsstelle kann bei drohender Verjährung oder zur Vermeidung anderer unbilliger Härten Ausnahmen zulassen.

(9) Die Festsetzungsstelle kann auf Antrag der beihilfeberechtigten Person Abschlagszahlungen leisten.

Tenor

Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 337,99 Euro festgesetzt.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist bei der Beklagten als B1-Mitglied versichert. Er begehrt von ihr die Gewährung von Kassenleistungen zur Anschaffung eines Liegedreirads des Modells „Scorpion fs FX Pedelec 20“.
Der Kläger leidet unter anderem an einer Halbseitenlähmung (links). Am 07.07.2014 wurde ihm eine „elektrisch betriebene Fahrhilfe, z.B. Liegefahrrad/elektrischer Rollstuhl“ ärztlich verordnet. Mit Schreiben vom 08.07.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Genehmigung zur Anschaffung eines Liegedreirads unter Vorlage der ärztlichen Anordnung sowie des Kostenvoranschlags der Firma V. bezüglich eines Liegedreirads des Modells „Scorpion fs FX Pedelec 20“ mit dem Gesamtpreis von insgesamt 7.100 EUR.
Mit Bescheid vom 04.08.2014 wurde der Antrag des Klägers von der Beklagten abgelehnt. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, ein solches Liegedreirad gehöre nicht zu den erstattungsfähigen Hilfsmitteln.
Mit Schreiben vom 12.08.2014 erhob der Kläger gegen hiergegen Widerspruch. Er trug u.a. vor, dass das Liegedreirad mit einem elektrischen Rollstuhl vergleichbar sei, weil es ebenso die Fortbewegung ermögliche. Die abweichende äußere Form des Liegedreirad widerspreche nicht dem therapeutischen Nutzen und der Erforderlichkeit, weshalb dieses zu den erstattungsfähigen Hilfsmitteln zähle. Demnach seien jedenfalls die Aufwendungen in der Höhe der Kosten eines vergleichbaren elektrischen Rollstuhles erstattungsfähig.
Nach Schriftwechsel zwischen den Beteiligten wurde der Widerspruch von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2014 zurückgewiesen. Dieser wurde dem Kläger am 20.11.2014 zugestellt.
Am 04.12.2014 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. Er vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren, das begehrte Liegedreirad sei ein erstattungsfähiges Hilfsmittel, auf das er Anspruch habe. Die Beklagte habe im Übrigen zunächst die Bezuschussung eines Behindertendreirades vorgeschlagen und ohne sein Einverständnis medizinische Daten an den Dienstherrn weitergeleitet. Auch fehle ein von der Beklagten erwähntes Gutachten in den Akten. Aufgrund seiner Erkrankung lägen die medizinischen Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Satz 1 Bundesbeihilfeverordnung vor. Ohne elektrisch betriebene Fahrhilfe könne er größere Wegstrecken nicht bewältigen. Das beantragte Liegedreirad fördere zudem Muskulatur und Herz und sei deshalb hier medizinisch besonders sinnvoll und förderlich für die Behandlung nach dem Schlaganfall. Auch liege eine „Hilfsmittel“ im Sinne der Vorschriften vor, denn es sei kein Gegenstand der „allgemeinen Lebenshaltung“ gegeben. Das begehrte Liegedreirad sei ein spezifisch an die Belange Behinderter angepasstes Hilfsmittel, das so nicht von Gesunden genutzt werde. Das ausgewählte Modell „Scorpion fs FX Pedelec 20“ vereinfache dem behinderten Kläger insbesondere das Ein- und Aussteigen. Mithin liege ein behindertengerechtes Fahrrad vor, das nicht mit handelsüblichen Liegefahrrädern verglichen werden könne. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei auch auf die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben abzustellen. Erst mit dem begehrten Liegedreirad sei es dem Kläger möglich, Verwandte und Freunde zu besuchen. Ihm könne deshalb nicht entgegengehalten werden, das Liegedreirad diene im Vergleich zum Rollstuhl einer schnelleren, bequemeren, sportlicheren und weiträumigeren Fortbewegung. Vielmehr diene es primär dem Ausgleich seiner Behinderungen und entspreche den Grundbedürfnissen seines täglichen Lebens. Jedenfalls sei das begehrte Liegedreirad unter Nr. 2.5 der Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 und 4 Bundesbeihilfeverordnung zu subsumieren, wobei diese Anlage ohnehin nicht abschließend sei. Auch über Anlage 12 sei sein Anspruch nicht ausgeschlossen; insbesondere liege kein „Elektrofahrzeug“ im Sinne von deren Nr. 5.6 vor, weil das begehrte Liegedreirad nur optional mit einem elektrischen Hilfsantrieb ausgestattet werden könne. Schließlich könne sich der Anspruch des Klägers auf entsprechende Kassenleistungen auch auf § 25 Abs. 4 Satz 1 Bundesbeihilfeverordnung stützen.
Der Kläger beantragt – sachdienlich ausgelegt –,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 04.08.2014 und ihres Widerspruchbescheids vom 18.11.2014 zu verpflichten, ihm zur Anschaffung des beantragten Liegedreirads Kassenleistungen in Höhe von 2.130 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Klage abzuweisen.
11 
Sie verweist im Wesentlichen auf die ergangenen Bescheide.
12 
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch den Berichterstatter zugestimmt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die dem Gericht vorliegenden Akten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, weil er keinen Anspruch auf die begehrten Kassenleistungen hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).
14 
Ob Mitglieder der Beklagten von dieser Kassenleistungen zum Ersatz ihrer medizinischen Aufwendungen erhalten, richtet sich nach deren Satzung. Maßgeblich ist dabei die zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltende Fassung; hier: 01.01.2015 (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.09.2011 - 2 S 1972/11 - juris). Nach § 30 Abs. 1 dieser Satzung haben Mitglieder Anspruch auf die in den §§ 31 bis 48 festgelegten Leistungen, soweit diese Aufwendungen erstattungsfähig sind. Weitere Voraussetzung ist nach § 30 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Satzung die medizinische Notwendigkeit und wirtschaftliche Angemessenheit der Aufwendungen.
15 
§ 35 Abs. 1 der Satzung bestimmt im vorliegenden Zusammenhang hierzu, dass Aufwendungen für die Anschaffung der von der Ärztin bzw. dem Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel in dem für die Anwendung der Bundesbeihilfeverordnung in der jeweils gültigen Fassung geltenden Rahmen erstattungsfähig sind. Gemäß § 35 Abs. 2 der Satzung ist die vorherige Genehmigung der Anschaffung durch die Beklagte Voraussetzung für Aufwendungen für nicht zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und zur Selbstkontrolle sowie für Köperersatzstücke. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn in der Leistungsordnung hierfür Höchstbeträge vorgesehen sind oder der Anschaffungspreis geringer als 150 EUR ist.
16 
Eine Genehmigung ist demnach zu erteilen, wenn dem Mitglied ein Anspruch auf Kassenleistungen nach den §§ 30 Abs. 1, 35 Abs. 1 der Satzung für das anzuschaffenden Hilfsmittel zusteht. Gemäß § 25 Abs. 1 der Bundesbeihilfeverordnung sind Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 der Norm die Aufwendungen für u.a. die Anschaffung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Gemäß § 25 Abs. 2 Bundesbeihilfeverordnung sind Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben (Nr. 1), einen niedrigen Abgabepreis haben (Nr. 2), der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind (Nr. 3) oder in Anlage 12 genannt sind (Nr. 4) hingegen nicht beihilfefähig.
17 
Nach diesen Grundsätzen ist das vom Kläger begehrte Liegedreirad nicht genehmigungsfähig; hierfür kann er mithin nicht die begehrten Kassenleistungen beanspruchen. Denn das Liegedreirad kann nicht den in § 25 Abs. 1 Bundesbeihilfeverordnung genannten Behinderungsausgleich herstellen. Dieser hat grundsätzlich zwei Zielrichtungen: Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem sogenannten unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen. Im Rahmen dieses sogenannten mittelbaren Behinderungsausgleichs geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne eines vollständigen Gleichziehens mit den vielfältigen Möglichkeiten eines nicht behinderten Menschen, sondern nur um die möglichst weitgehenden Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkung der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 28.07.2014 – 2 S 1176/14).
18 
Nach diesen Grundsätzen kann das vom Kläger beantragte Liegedreirad nur dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienen, weil die Folgen einer lähmungsbedingten körperlichen Funktionsbeeinträchtigung ausgeglichen werden sollen. Das Liegedreirad ist jedoch im Rechtssinne nicht als geeignet anzusehen, insbesondere die Auswirkungen der Gehunfähigkeit im täglichen Leben zu beseitigen oder zu mildern, weil es im Wesentlichen dazu dient, die Mobilität des Klägers im sozialen Bereich zu erweitern. Zentrale Aufgabe des Liegedreirads ist es hingegen nicht, die Anforderungen des Alltags zu meistern und ein alltägliches Leben führen zu können.
19 
Dies ergibt sich unter anderem auch aus allgemein zugänglichen Quellen, in denen das beantragte Modell „Scorpion fs FX 20“ als ein Fahrzeug „mit der komfortablen Vollfederung moderne Fahrwerkstechnik aus dem Automobilbereich“ sowie „mit sportlichem Anspruch“ bei „maximalem Fahrvergnügen“ beschrieben wird (vgl. http://www.hpvelotechnik.com/produkte/scorpionfs/index_d.html). Damit entspricht das vom Kläger begehrte Liegedreirad aber ganz überwiegend einem Freizeit- bzw. Sportfahrzeug und erfüllt nicht primär den therapeutischen Zweck der angeordneten elektrischen (Behinderten-)Fahrhilfe. Zudem kann das beantragte Liegedreirad selbst in der vom Kläger begehrten Sonderausstattung von einem Gesunden im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung benutzt werden; es fällt auch aus diesem Grund nicht unter die Hilfsmittel im Sinne der Satzung der Beklagten (vgl. hierzu: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.04.1996 - 4 S 3208/94 - juris Rn. 21). Mithin handelt es sich bei dem vorliegend beantragten Liegedreirad auch nicht um ein grundsätzlich beihilfefähiges „Behinderten-Dreirad“ im Sinne von Nr. 2.5 der Anlage 11 zur Bundesbeihilfeverordnung. Stattdessen liegt ein Hilfsmittel vergleichbar der grundsätzlich nicht beihilfefähigen Gegenstände vor, die in Anlage 12 zur Bundesbeihilfeverordnung aufgelistet sind. Schließlich müssen die begehrten Kassenleistungen für das Liegedreirad von der Beklagten auch nicht über § 25 Abs. 4 Satz 1 Bundesbeihilfeverordnung „ausnahmsweise“ gewährt werden, weil dies bei einem solchen Freizeit- bzw. Sportfahrzeug nicht der Fürsorgepflicht entspricht. Für die Eigenschaft eines beihilferechtlich relevanten Hilfsmittels kommt es im Übrigen wesentlich auf dessen objektive Beschaffenheit an und nicht auf die subjektive Verwendungsmöglichkeit (vgl. BayVGH, Urteil vom 26.11.1992 - 3 B 91.2339 - juris Rn. 23). Der Vortrag des Klägers hat mithin keine entscheidungserhebliche Relevanz, dass das Liegedreirad bei ihm konkret auch einen medizinisch sinnvollen Trainingseffekt für Muskulatur und Herz erzeugen könnte.
20 
Die begehrten Aufwendungen für das beantrage Liegedreirad sind somit der „allgemeinen Lebenshaltung“ im Sinne des § 25 Abs. 2 Nr. 3 der Bundesbeihilfeverordnung zuzuordnen, d.h. nicht über Kassenleistungen erstattungsfähig.
21 
Nach alledem hat die Beklagte die begehrte Genehmigung zur Anschaffung des Liegedreirads bzw. die Gewährung von Kassenleistungen hierfür zu Recht abgelehnt.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
13 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, weil er keinen Anspruch auf die begehrten Kassenleistungen hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).
14 
Ob Mitglieder der Beklagten von dieser Kassenleistungen zum Ersatz ihrer medizinischen Aufwendungen erhalten, richtet sich nach deren Satzung. Maßgeblich ist dabei die zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltende Fassung; hier: 01.01.2015 (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.09.2011 - 2 S 1972/11 - juris). Nach § 30 Abs. 1 dieser Satzung haben Mitglieder Anspruch auf die in den §§ 31 bis 48 festgelegten Leistungen, soweit diese Aufwendungen erstattungsfähig sind. Weitere Voraussetzung ist nach § 30 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Satzung die medizinische Notwendigkeit und wirtschaftliche Angemessenheit der Aufwendungen.
15 
§ 35 Abs. 1 der Satzung bestimmt im vorliegenden Zusammenhang hierzu, dass Aufwendungen für die Anschaffung der von der Ärztin bzw. dem Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel in dem für die Anwendung der Bundesbeihilfeverordnung in der jeweils gültigen Fassung geltenden Rahmen erstattungsfähig sind. Gemäß § 35 Abs. 2 der Satzung ist die vorherige Genehmigung der Anschaffung durch die Beklagte Voraussetzung für Aufwendungen für nicht zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und zur Selbstkontrolle sowie für Köperersatzstücke. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn in der Leistungsordnung hierfür Höchstbeträge vorgesehen sind oder der Anschaffungspreis geringer als 150 EUR ist.
16 
Eine Genehmigung ist demnach zu erteilen, wenn dem Mitglied ein Anspruch auf Kassenleistungen nach den §§ 30 Abs. 1, 35 Abs. 1 der Satzung für das anzuschaffenden Hilfsmittel zusteht. Gemäß § 25 Abs. 1 der Bundesbeihilfeverordnung sind Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 der Norm die Aufwendungen für u.a. die Anschaffung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Gemäß § 25 Abs. 2 Bundesbeihilfeverordnung sind Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben (Nr. 1), einen niedrigen Abgabepreis haben (Nr. 2), der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind (Nr. 3) oder in Anlage 12 genannt sind (Nr. 4) hingegen nicht beihilfefähig.
17 
Nach diesen Grundsätzen ist das vom Kläger begehrte Liegedreirad nicht genehmigungsfähig; hierfür kann er mithin nicht die begehrten Kassenleistungen beanspruchen. Denn das Liegedreirad kann nicht den in § 25 Abs. 1 Bundesbeihilfeverordnung genannten Behinderungsausgleich herstellen. Dieser hat grundsätzlich zwei Zielrichtungen: Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem sogenannten unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen. Im Rahmen dieses sogenannten mittelbaren Behinderungsausgleichs geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne eines vollständigen Gleichziehens mit den vielfältigen Möglichkeiten eines nicht behinderten Menschen, sondern nur um die möglichst weitgehenden Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkung der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 28.07.2014 – 2 S 1176/14).
18 
Nach diesen Grundsätzen kann das vom Kläger beantragte Liegedreirad nur dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienen, weil die Folgen einer lähmungsbedingten körperlichen Funktionsbeeinträchtigung ausgeglichen werden sollen. Das Liegedreirad ist jedoch im Rechtssinne nicht als geeignet anzusehen, insbesondere die Auswirkungen der Gehunfähigkeit im täglichen Leben zu beseitigen oder zu mildern, weil es im Wesentlichen dazu dient, die Mobilität des Klägers im sozialen Bereich zu erweitern. Zentrale Aufgabe des Liegedreirads ist es hingegen nicht, die Anforderungen des Alltags zu meistern und ein alltägliches Leben führen zu können.
19 
Dies ergibt sich unter anderem auch aus allgemein zugänglichen Quellen, in denen das beantragte Modell „Scorpion fs FX 20“ als ein Fahrzeug „mit der komfortablen Vollfederung moderne Fahrwerkstechnik aus dem Automobilbereich“ sowie „mit sportlichem Anspruch“ bei „maximalem Fahrvergnügen“ beschrieben wird (vgl. http://www.hpvelotechnik.com/produkte/scorpionfs/index_d.html). Damit entspricht das vom Kläger begehrte Liegedreirad aber ganz überwiegend einem Freizeit- bzw. Sportfahrzeug und erfüllt nicht primär den therapeutischen Zweck der angeordneten elektrischen (Behinderten-)Fahrhilfe. Zudem kann das beantragte Liegedreirad selbst in der vom Kläger begehrten Sonderausstattung von einem Gesunden im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung benutzt werden; es fällt auch aus diesem Grund nicht unter die Hilfsmittel im Sinne der Satzung der Beklagten (vgl. hierzu: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.04.1996 - 4 S 3208/94 - juris Rn. 21). Mithin handelt es sich bei dem vorliegend beantragten Liegedreirad auch nicht um ein grundsätzlich beihilfefähiges „Behinderten-Dreirad“ im Sinne von Nr. 2.5 der Anlage 11 zur Bundesbeihilfeverordnung. Stattdessen liegt ein Hilfsmittel vergleichbar der grundsätzlich nicht beihilfefähigen Gegenstände vor, die in Anlage 12 zur Bundesbeihilfeverordnung aufgelistet sind. Schließlich müssen die begehrten Kassenleistungen für das Liegedreirad von der Beklagten auch nicht über § 25 Abs. 4 Satz 1 Bundesbeihilfeverordnung „ausnahmsweise“ gewährt werden, weil dies bei einem solchen Freizeit- bzw. Sportfahrzeug nicht der Fürsorgepflicht entspricht. Für die Eigenschaft eines beihilferechtlich relevanten Hilfsmittels kommt es im Übrigen wesentlich auf dessen objektive Beschaffenheit an und nicht auf die subjektive Verwendungsmöglichkeit (vgl. BayVGH, Urteil vom 26.11.1992 - 3 B 91.2339 - juris Rn. 23). Der Vortrag des Klägers hat mithin keine entscheidungserhebliche Relevanz, dass das Liegedreirad bei ihm konkret auch einen medizinisch sinnvollen Trainingseffekt für Muskulatur und Herz erzeugen könnte.
20 
Die begehrten Aufwendungen für das beantrage Liegedreirad sind somit der „allgemeinen Lebenshaltung“ im Sinne des § 25 Abs. 2 Nr. 3 der Bundesbeihilfeverordnung zuzuordnen, d.h. nicht über Kassenleistungen erstattungsfähig.
21 
Nach alledem hat die Beklagte die begehrte Genehmigung zur Anschaffung des Liegedreirads bzw. die Gewährung von Kassenleistungen hierfür zu Recht abgelehnt.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt Beihilfe für die Anschaffung eines (behindertengerechten) Elektromobils (Cityliner 412 der Firma X).
Der Kläger ist Beamter der Bundesfinanzverwaltung der Bundesrepublik Deutschland und als solcher für sich und seine Ehefrau beihilfeberechtigt zu jeweils 70%. Mit Antrag vom 30.11.2008 beantragte er u.a. Beihilfe zu den Kosten in Höhe von 3.928,57 EUR für das für seine Ehefrau angeschaffte, o.g. Elektromobil.
Mit Bescheid vom 03.12.2008 lehnte die Bundesfinanzdirektion Südwest - Service-Center-ZEFIR - die Bewilligung von Beihilfe insoweit ab mit der Begründung, Elektromobile für den Straßenverkehr bzw. Außenbereich seien keine beihilfefähigen Hilfsmittel (hier Elektromobil mit Beleuchtung, Blinker usw.).
Am 09.12.2008 erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, beim Kauf eines gleichen behindertengerechten Elektromobils sei ihm im Jahr 2003 Beihilfe gewährt worden. Des Weiteren führte er mit Schreiben vom 06.01.2009 aus, seine Frau leide unter multipler Sklerose und sei stark gehbehindert (Merkmal „AG“ im Schwerbehindertenausweis). Die Notwendigkeit ergebe sich aus der beigefügten ärztlichen Verordnung. Es handle sich bei dem Hilfsmittel um ein behindertengerechtes Elektrokrankenfahrzeug.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2009 wies die Bundesfinanzdirektion Südwest den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Behörde u.a. aus, nach Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV seien Krankenfahrstühle mit Zubehör beihilfefähig. Nicht beihilfefähig seien hingegen die unter Nr. 9 der Anlage 3 erfassten Hilfsmittel, deren Anschaffung der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sei; dort seien unter anderem Elektrofahrzeuge genannt. Bei dem vom Kläger beschafften Modell handle es sich um ein Elektrofahrzeug (Elektromobil). Das Modell weise sämtliche Merkmale (Beleuchtung, Blinker) auf, die für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderlich seien und sei offensichtlich nicht für den Innenbereich geeignet. Es könne demnach üblicherweise auch von einem Gesunden benutzt werden.
Am 02.03.2009 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung macht sein Prozessbevollmächtigter geltend, der Kläger habe einen Anspruch auf die begehrte Beihilfegewährung aufgrund der Fürsorgepflicht seines Dienstherrn. Die Ehefrau des Klägers sei mit einer rollstuhlbedürftigen Person vollständig vergleichbar. Eine Fortbewegung sei nur durch das beantragte Elektrokrankenfahrzeug möglich. Das Elektrofahrzeug diene dem gleichen Zweck wie ein Elektrokrankenfahrstuhl. Im Übrigen habe der Erlass des Bundesministeriums für Finanzen keinerlei Rechtsbindung.
Der Kläger beantragt (sachdienlich ausgelegt),
zu den Kosten von 3.928,57 EUR für die Anschaffung eines Elektromobils Beihilfe in Höhe von 70 % zu bewilligen und den Beihilfebescheid der Bundesfinanzdirektion Südwest vom 03.12.2008, soweit er entgegensteht, sowie deren Widerspruchsbescheid vom 03.02.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Klage abzuweisen.
11 
Ergänzend führt sie aus, ein Elektromobil sei - anders als ein Elektrokrankenfahrstuhl - der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen. Es komme nicht darauf an, ob im Einzelfall ein Gegenstand ohne die Erkrankung nicht angeschafft worden wäre. Maßgebend sei, ob das Hilfsmittel auch von einem Gesunden im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung üblicherweise genutzt werden könne. Die Ablehnung der Beihilfegewährung verstoße auch nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
12 
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung des Berichterstatters ohne mündliche Verhandlung (§§ 87a, 101 Abs. 2 VwGO) einverstanden.
13 
Dem Gericht liegt die einschlägige Akte der Bundesfinanzdirektion Südwest vor. Auf sie und die Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 03.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2009 ist, auch soweit er die Bewilligung von Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils ablehnt, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Beihilfe (§ 113 Abs. 5 VwGO).
15 
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit des angegriffenen Beihilfebescheids ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die eine Beihilfe begehrt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 -, ZBR 2006, 195).
16 
Somit ist hier die Sach- und Rechtslage zum 30.09.2008 (Datum der Rechnung) maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt galten die Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) i.d.F. v. 01.11.2001 - GMBl S. 918 -, zuletzt geändert durch Art. 1 der 28. Änderungsverwaltungsvorschrift (28. ÄndVwV) vom 30.01.2004 - GMBl S. 379, trotz ihrer Nichtigkeit übergangsweise noch bis zum Ende der Legislaturperiode des 16. Deutschen Bundestags (also bis 27.10.2009) (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2008 - 2 C 24/07 -, DVBl 2008, 1193 = ZPR 2009, 41 = NVwZ 2008, 1378).
17 
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für die Anschaffung der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel; Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit bestimmen sich nach Anlage 3 dieser Vorschrift. Nach Nr. 1 der Anlage sind, wenn sie vom Arzt schriftlich verordnet wurden, beihilfefähig u.a. die Aufwendungen für einen Krankenfahrstuhl mit Zubehör. Nicht zu den Hilfsmitteln zählen nach Nr. 9 der Anlage u.a. Gegenstände, die der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen, insbesondere Elektrofahrzeuge (vgl. nunmehr § 25 i.V.m. Anlagen 5 und 6 der Bundesbeihilfeverordnung - BBhV - vom 13.02.2009 - BGBl I 2009,326 - ).
18 
Ob die ärztliche Bescheinigung des Dr. J. vom 01.04.2008 eine Verordnung im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV darstellt, kann dahinstehen. Auch im Falle einer Verordnung als Hilfsmittel wären die Kosten nicht beihilfefähig.
19 
Das vom Kläger beschaffte Elektromobil ist kein Krankenfahrstuhl im Sinne der o.g. Beihilfevorschrift.
20 
Charakteristisch für einen Krankenfahrstuhl im Sinne der Beihilfevorschriften ist angesichts der Wortwahl - Krankenfahrstuhl, nicht etwa Krankenfahrzeug - zunächst, dass in diesem Hilfsmittel ungeachtet seiner konkreten Ausgestaltung immer noch die Grundstruktur eines (fahrbaren) Stuhls erkennbar ist. Diese ist durch eine auf vier Beinen ruhende Sitzfläche, eine Rückenlehne und ggf. Armlehnen geprägt. Entsprechend den Zwecken, denen der Krankenfahrstuhl dient, ist er mit Rädern ausgerüstet (die ihrerseits wieder unterschiedlich gestaltet sind je nachdem, ob das Gerät von einem Dritten geschoben oder durch seinen Nutzer selbst bewegt werden soll), hat besondere Arm- oder Rückenlehnen, Abstellflächen für die Füße, Vorrichtungen, um den Rumpf oder einzelne Gliedmaßen zu schützen oder zu fixieren. Wie auch immer indes der Krankenfahrstuhl im Einzelfall im Hinblick auf die Behinderungen des jeweiligen Nutzers und die konkreten Zwecke, denen der Fahrstuhl dient, konstruiert ist, so wird im Regelfall doch sichtbar, dass dem Gerät ein für besondere Zwecke um- und ausgerüsteter Stuhl zugrunde liegt (vgl. Abb. links). Dem Betrachter ist ohne Weiteres erkennbar, dass dieses Gerät, der Krankenfahrstuhl, bauartbedingt auf die Nutzung durch einen behinderten Menschen zugeschnitten und speziell zur Beförderung von Behinderten gebaut ist (vgl. auch niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 31.01.2008 - 16 K 355/06 -, Juris Rn. 21). Charakteristisch ist weiterhin, dass ein Krankenfahrstuhl gerade auch dafür gedacht ist, im Gebäude, d.h. in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsbereichen, genutzt zu werden. Seine Konstruktion als fahrbarer Stuhl mit entsprechenden Abmessungen und Wenderadius ermöglicht es seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und auch z.B. an Tische heranzufahren. Da der Krankenfahrstuhl von seiner Konstruktion her ausgesprochen auf den Ausgleich von Behinderungen ausgerichtet ist, ist seine Benutzung für Menschen ohne entsprechende Behinderungen uninteressant; er bietet Menschen ohne erhebliche Gehbehinderung regelmäßig keine Vorteile (vgl. Finanzgericht Düsseldorf, EuGH-Vorlage vom 28.12.2009 - 4 K 2025/09 Z, EU -, Juris Rn. 19).
21 
Bei dem vom Kläger angeschafften Elektormobil (s. Abb.) handelt es sich ersichtlich nicht um einen Krankenfahrstuhl i.S. von Nr.1 der Anlage 3 (zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BHV), sondern um ein Elektrofahrzeug im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3. Dieses Fahrzeug ist so gebaut, dass es schon von seinem optischen Eindruck her niemandem einfallen wird, dieses Fahrzeug als Krankenfahr-"stuhl" zu bezeichnen. Wegen seiner Konstruktion und seinen Ausmaßen ist das Fahrzeug auch gar nicht dazu geeignet, in Wohnungen als Ersatz für einen Stuhl zu dienen. Das Elektromobil ist zur Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr gedacht und entsprechend ist es auch ausgestattet mit Beleuchtung nach der StVO incl. Blinker, Bremslichtern und Warnblinklicht. Der an der Lenksäule angebrachte Einkaufskorb belegt ebenfalls, dass das Elektromobil für den außerhäuslichen Einsatz bestimmt ist. Dafür, dass es sich nicht um einen Krankenfahrstuhl handelt, spricht im Übrigen auch die Internetpräsentation der Herstellerfirma. Diese präsentiert dieses Elektromobil unter dem Oberbegriff "Scooter“ und nicht unter dem Oberbegriff "Rollstühle", unter dem sie u.a. auch elektrisch betriebene Rollstühle anbietet.
22 
Die Anschaffung des Elektromobils ist nicht beihilfefähig, da die Anschaffung der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen ist. Bei dem vom Kläger beschafften Elektromobil - vom Anbieter „Scooter“ genannt - handelt es sich ungeachtet dessen, dass es als behindertengerecht bezeichnet wird und je nach Art und Ausmaß der Behinderungen auch von einem behinderten Menschen genutzt werden kann, nicht um ein Hilfsmittel, das speziell auf die Nutzung durch kranke oder behinderte Menschen zugeschnitten ist. Ein Elektromobil spricht einen breiteren Personenkreis an, der keines Rollstuhls bedarf, aber seine Mobilität erhöhen will. Es kann unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen auch im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung, etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in der Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Der allgemeinen Lebenshaltung dienen diejenigen Hilfsmittel, die üblicherweise herangezogen werden, um die "Unbequemlichkeiten" des Lebens zu erleichtern, und die aufgrund der objektiven Eigenart und Beschaffenheit des Gegenstandes keinen unmittelbaren Bezug zu dem festgestellten Krankheitsbild haben. Es kommt nicht darauf an, ob im Einzelfall ein Gegenstand ohne die Erkrankung nicht angeschafft würde oder worden wäre. Maßgebend ist vielmehr, ob das Hilfsmittel - von einer krankheitsentsprechenden Ausstattung abgesehen - auch von einem Gesunden im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung üblicherweise genutzt werden kann (vgl. OVG Nordrhein-Westf., Beschluss vom 07.07.1998 - 12 A 5885/96 -, Juris Rn. 14 ff). Bei dem vom Kläger beschafften Elektromobil handelt es sich jedoch um ein Fahrzeug, dessen (möglicher) Benutzerkreis sich nicht auf Kranke und Behinderte beschränkt, sondern das nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit auch für solche Personen gedacht ist, deren Gehfähigkeit jedenfalls noch nicht derart eingeschränkt ist, dass sie eines Krankenfahrstuhls zwingend bedürften (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 25.09.1996 - 10 K 12672/94 -). Es wird kein Zusammenhang zu einem krankheitsbedingten Bedarf hergestellt und ein notwendiger Zusammenhang ist auch nicht ersichtlich (vgl. OVG Nordrhein-Westf., Beschluss vom 07.07.1998, a.a.O., Rn. 19). Das Elektromobil verfügt über keinerlei Einrichtungen, die es gerade für die Benutzung durch Behinderte bestimmen (vgl. Finanzgericht Düsseldorf, EuGH-Vorlage vom 28.12.2009 - 4 K 2025/09 Z, EU -, Juris Rn. 19). Dass das Elektromobil der Ehefrau des Klägers als Hilfsmittel zum Ausgleich ihrer eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit dient, ändert nichts daran, dass es objektiv der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen ist.
23 
Der Kläger hat auch nicht etwa unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes Anspruch auf die Beihilfegewährung für dieses Elektromobil. Der Umstand, dass der Beklagte früher Beihilfe für ein ähnliches Gerät gewährt hat, begründet keinen Vertrauensschutz. Die Kammer hat in einem anderen Verfahren schon ausgeführt, dass es sich von selbst verstehe, dass die Abrechnung der Beihilfestellen Einzelfallcharakter hat und keine darüber hinausgehende positive Feststellung oder Festlegung zur Beihilfefähigkeit künftiger Anträge enthält (vgl. Urteil vom 11.02.2004 - 6 K 1205/03 -). Selbst wenn die früher für ein ähnliches Gerät bewilligte Beihilfe rechtswidrig gewesen sein sollte, ist die Beklagte selbstverständlich nicht verpflichtet, diese rechtswidrige Praxis fortzusetzen.
24 
Die Fürsorgepflicht gebietet hier ebenfalls nicht die Gewährung einer weiteren Beihilfe. Die Beihilfevorschriften stellen eine für den Regelfall grundsätzlich abschließende Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen dar. Weitergehende Beihilfeansprüche können allenfalls dann begründet sein, wenn die Fürsorgepflicht in einem Einzelfall gleichwohl noch in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Von Verfassungs wegen fordert die Fürsorgepflicht nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheitsfällen entstandener Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfang (ständige Rechtsprechung, BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, BVerfGE 83, 89, und Beschluss vom 07.11.2002, NVwZ 2003, 720; BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, BVerwGE 118, 277; Beschluss vom 11.12.1997 - 2 B 72/97 -, Urteil vom 14.03.1991 - 2 C 23/89 -, zitiert nach Juris). Daran wäre etwa zu denken, wenn die Ehefrau des Klägers erst durch ein Elektromobil die ihren Grundbedürfnissen zuzuordnende Bewegungsfreiheit erhielte; diese Bewegungsfähigkeit könnte sie aber bereits durch einen Krankenfahrstuhl erhalten.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
26 
Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Gründe

 
14 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 03.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2009 ist, auch soweit er die Bewilligung von Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils ablehnt, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Beihilfe (§ 113 Abs. 5 VwGO).
15 
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit des angegriffenen Beihilfebescheids ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die eine Beihilfe begehrt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 -, ZBR 2006, 195).
16 
Somit ist hier die Sach- und Rechtslage zum 30.09.2008 (Datum der Rechnung) maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt galten die Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) i.d.F. v. 01.11.2001 - GMBl S. 918 -, zuletzt geändert durch Art. 1 der 28. Änderungsverwaltungsvorschrift (28. ÄndVwV) vom 30.01.2004 - GMBl S. 379, trotz ihrer Nichtigkeit übergangsweise noch bis zum Ende der Legislaturperiode des 16. Deutschen Bundestags (also bis 27.10.2009) (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2008 - 2 C 24/07 -, DVBl 2008, 1193 = ZPR 2009, 41 = NVwZ 2008, 1378).
17 
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für die Anschaffung der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel; Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit bestimmen sich nach Anlage 3 dieser Vorschrift. Nach Nr. 1 der Anlage sind, wenn sie vom Arzt schriftlich verordnet wurden, beihilfefähig u.a. die Aufwendungen für einen Krankenfahrstuhl mit Zubehör. Nicht zu den Hilfsmitteln zählen nach Nr. 9 der Anlage u.a. Gegenstände, die der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen, insbesondere Elektrofahrzeuge (vgl. nunmehr § 25 i.V.m. Anlagen 5 und 6 der Bundesbeihilfeverordnung - BBhV - vom 13.02.2009 - BGBl I 2009,326 - ).
18 
Ob die ärztliche Bescheinigung des Dr. J. vom 01.04.2008 eine Verordnung im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV darstellt, kann dahinstehen. Auch im Falle einer Verordnung als Hilfsmittel wären die Kosten nicht beihilfefähig.
19 
Das vom Kläger beschaffte Elektromobil ist kein Krankenfahrstuhl im Sinne der o.g. Beihilfevorschrift.
20 
Charakteristisch für einen Krankenfahrstuhl im Sinne der Beihilfevorschriften ist angesichts der Wortwahl - Krankenfahrstuhl, nicht etwa Krankenfahrzeug - zunächst, dass in diesem Hilfsmittel ungeachtet seiner konkreten Ausgestaltung immer noch die Grundstruktur eines (fahrbaren) Stuhls erkennbar ist. Diese ist durch eine auf vier Beinen ruhende Sitzfläche, eine Rückenlehne und ggf. Armlehnen geprägt. Entsprechend den Zwecken, denen der Krankenfahrstuhl dient, ist er mit Rädern ausgerüstet (die ihrerseits wieder unterschiedlich gestaltet sind je nachdem, ob das Gerät von einem Dritten geschoben oder durch seinen Nutzer selbst bewegt werden soll), hat besondere Arm- oder Rückenlehnen, Abstellflächen für die Füße, Vorrichtungen, um den Rumpf oder einzelne Gliedmaßen zu schützen oder zu fixieren. Wie auch immer indes der Krankenfahrstuhl im Einzelfall im Hinblick auf die Behinderungen des jeweiligen Nutzers und die konkreten Zwecke, denen der Fahrstuhl dient, konstruiert ist, so wird im Regelfall doch sichtbar, dass dem Gerät ein für besondere Zwecke um- und ausgerüsteter Stuhl zugrunde liegt (vgl. Abb. links). Dem Betrachter ist ohne Weiteres erkennbar, dass dieses Gerät, der Krankenfahrstuhl, bauartbedingt auf die Nutzung durch einen behinderten Menschen zugeschnitten und speziell zur Beförderung von Behinderten gebaut ist (vgl. auch niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 31.01.2008 - 16 K 355/06 -, Juris Rn. 21). Charakteristisch ist weiterhin, dass ein Krankenfahrstuhl gerade auch dafür gedacht ist, im Gebäude, d.h. in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsbereichen, genutzt zu werden. Seine Konstruktion als fahrbarer Stuhl mit entsprechenden Abmessungen und Wenderadius ermöglicht es seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und auch z.B. an Tische heranzufahren. Da der Krankenfahrstuhl von seiner Konstruktion her ausgesprochen auf den Ausgleich von Behinderungen ausgerichtet ist, ist seine Benutzung für Menschen ohne entsprechende Behinderungen uninteressant; er bietet Menschen ohne erhebliche Gehbehinderung regelmäßig keine Vorteile (vgl. Finanzgericht Düsseldorf, EuGH-Vorlage vom 28.12.2009 - 4 K 2025/09 Z, EU -, Juris Rn. 19).
21 
Bei dem vom Kläger angeschafften Elektormobil (s. Abb.) handelt es sich ersichtlich nicht um einen Krankenfahrstuhl i.S. von Nr.1 der Anlage 3 (zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BHV), sondern um ein Elektrofahrzeug im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3. Dieses Fahrzeug ist so gebaut, dass es schon von seinem optischen Eindruck her niemandem einfallen wird, dieses Fahrzeug als Krankenfahr-"stuhl" zu bezeichnen. Wegen seiner Konstruktion und seinen Ausmaßen ist das Fahrzeug auch gar nicht dazu geeignet, in Wohnungen als Ersatz für einen Stuhl zu dienen. Das Elektromobil ist zur Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr gedacht und entsprechend ist es auch ausgestattet mit Beleuchtung nach der StVO incl. Blinker, Bremslichtern und Warnblinklicht. Der an der Lenksäule angebrachte Einkaufskorb belegt ebenfalls, dass das Elektromobil für den außerhäuslichen Einsatz bestimmt ist. Dafür, dass es sich nicht um einen Krankenfahrstuhl handelt, spricht im Übrigen auch die Internetpräsentation der Herstellerfirma. Diese präsentiert dieses Elektromobil unter dem Oberbegriff "Scooter“ und nicht unter dem Oberbegriff "Rollstühle", unter dem sie u.a. auch elektrisch betriebene Rollstühle anbietet.
22 
Die Anschaffung des Elektromobils ist nicht beihilfefähig, da die Anschaffung der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen ist. Bei dem vom Kläger beschafften Elektromobil - vom Anbieter „Scooter“ genannt - handelt es sich ungeachtet dessen, dass es als behindertengerecht bezeichnet wird und je nach Art und Ausmaß der Behinderungen auch von einem behinderten Menschen genutzt werden kann, nicht um ein Hilfsmittel, das speziell auf die Nutzung durch kranke oder behinderte Menschen zugeschnitten ist. Ein Elektromobil spricht einen breiteren Personenkreis an, der keines Rollstuhls bedarf, aber seine Mobilität erhöhen will. Es kann unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen auch im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung, etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in der Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Der allgemeinen Lebenshaltung dienen diejenigen Hilfsmittel, die üblicherweise herangezogen werden, um die "Unbequemlichkeiten" des Lebens zu erleichtern, und die aufgrund der objektiven Eigenart und Beschaffenheit des Gegenstandes keinen unmittelbaren Bezug zu dem festgestellten Krankheitsbild haben. Es kommt nicht darauf an, ob im Einzelfall ein Gegenstand ohne die Erkrankung nicht angeschafft würde oder worden wäre. Maßgebend ist vielmehr, ob das Hilfsmittel - von einer krankheitsentsprechenden Ausstattung abgesehen - auch von einem Gesunden im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung üblicherweise genutzt werden kann (vgl. OVG Nordrhein-Westf., Beschluss vom 07.07.1998 - 12 A 5885/96 -, Juris Rn. 14 ff). Bei dem vom Kläger beschafften Elektromobil handelt es sich jedoch um ein Fahrzeug, dessen (möglicher) Benutzerkreis sich nicht auf Kranke und Behinderte beschränkt, sondern das nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit auch für solche Personen gedacht ist, deren Gehfähigkeit jedenfalls noch nicht derart eingeschränkt ist, dass sie eines Krankenfahrstuhls zwingend bedürften (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 25.09.1996 - 10 K 12672/94 -). Es wird kein Zusammenhang zu einem krankheitsbedingten Bedarf hergestellt und ein notwendiger Zusammenhang ist auch nicht ersichtlich (vgl. OVG Nordrhein-Westf., Beschluss vom 07.07.1998, a.a.O., Rn. 19). Das Elektromobil verfügt über keinerlei Einrichtungen, die es gerade für die Benutzung durch Behinderte bestimmen (vgl. Finanzgericht Düsseldorf, EuGH-Vorlage vom 28.12.2009 - 4 K 2025/09 Z, EU -, Juris Rn. 19). Dass das Elektromobil der Ehefrau des Klägers als Hilfsmittel zum Ausgleich ihrer eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit dient, ändert nichts daran, dass es objektiv der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen ist.
23 
Der Kläger hat auch nicht etwa unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes Anspruch auf die Beihilfegewährung für dieses Elektromobil. Der Umstand, dass der Beklagte früher Beihilfe für ein ähnliches Gerät gewährt hat, begründet keinen Vertrauensschutz. Die Kammer hat in einem anderen Verfahren schon ausgeführt, dass es sich von selbst verstehe, dass die Abrechnung der Beihilfestellen Einzelfallcharakter hat und keine darüber hinausgehende positive Feststellung oder Festlegung zur Beihilfefähigkeit künftiger Anträge enthält (vgl. Urteil vom 11.02.2004 - 6 K 1205/03 -). Selbst wenn die früher für ein ähnliches Gerät bewilligte Beihilfe rechtswidrig gewesen sein sollte, ist die Beklagte selbstverständlich nicht verpflichtet, diese rechtswidrige Praxis fortzusetzen.
24 
Die Fürsorgepflicht gebietet hier ebenfalls nicht die Gewährung einer weiteren Beihilfe. Die Beihilfevorschriften stellen eine für den Regelfall grundsätzlich abschließende Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen dar. Weitergehende Beihilfeansprüche können allenfalls dann begründet sein, wenn die Fürsorgepflicht in einem Einzelfall gleichwohl noch in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Von Verfassungs wegen fordert die Fürsorgepflicht nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheitsfällen entstandener Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfang (ständige Rechtsprechung, BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, BVerfGE 83, 89, und Beschluss vom 07.11.2002, NVwZ 2003, 720; BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, BVerwGE 118, 277; Beschluss vom 11.12.1997 - 2 B 72/97 -, Urteil vom 14.03.1991 - 2 C 23/89 -, zitiert nach Juris). Daran wäre etwa zu denken, wenn die Ehefrau des Klägers erst durch ein Elektromobil die ihren Grundbedürfnissen zuzuordnende Bewegungsfreiheit erhielte; diese Bewegungsfähigkeit könnte sie aber bereits durch einen Krankenfahrstuhl erhalten.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
26 
Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die
a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben,
b)
einen niedrigen Abgabepreis haben,
c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder
d)
in Anlage 12 genannt sind, und
2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.

(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.

(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist bei der Beklagten als B1-Mitglied versichert. Er begehrt von ihr die Gewährung von Kassenleistungen zur Anschaffung eines Liegedreirads des Modells „Scorpion fs FX Pedelec 20“.
Der Kläger leidet unter anderem an einer Halbseitenlähmung (links). Am 07.07.2014 wurde ihm eine „elektrisch betriebene Fahrhilfe, z.B. Liegefahrrad/elektrischer Rollstuhl“ ärztlich verordnet. Mit Schreiben vom 08.07.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Genehmigung zur Anschaffung eines Liegedreirads unter Vorlage der ärztlichen Anordnung sowie des Kostenvoranschlags der Firma V. bezüglich eines Liegedreirads des Modells „Scorpion fs FX Pedelec 20“ mit dem Gesamtpreis von insgesamt 7.100 EUR.
Mit Bescheid vom 04.08.2014 wurde der Antrag des Klägers von der Beklagten abgelehnt. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, ein solches Liegedreirad gehöre nicht zu den erstattungsfähigen Hilfsmitteln.
Mit Schreiben vom 12.08.2014 erhob der Kläger gegen hiergegen Widerspruch. Er trug u.a. vor, dass das Liegedreirad mit einem elektrischen Rollstuhl vergleichbar sei, weil es ebenso die Fortbewegung ermögliche. Die abweichende äußere Form des Liegedreirad widerspreche nicht dem therapeutischen Nutzen und der Erforderlichkeit, weshalb dieses zu den erstattungsfähigen Hilfsmitteln zähle. Demnach seien jedenfalls die Aufwendungen in der Höhe der Kosten eines vergleichbaren elektrischen Rollstuhles erstattungsfähig.
Nach Schriftwechsel zwischen den Beteiligten wurde der Widerspruch von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2014 zurückgewiesen. Dieser wurde dem Kläger am 20.11.2014 zugestellt.
Am 04.12.2014 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. Er vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren, das begehrte Liegedreirad sei ein erstattungsfähiges Hilfsmittel, auf das er Anspruch habe. Die Beklagte habe im Übrigen zunächst die Bezuschussung eines Behindertendreirades vorgeschlagen und ohne sein Einverständnis medizinische Daten an den Dienstherrn weitergeleitet. Auch fehle ein von der Beklagten erwähntes Gutachten in den Akten. Aufgrund seiner Erkrankung lägen die medizinischen Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Satz 1 Bundesbeihilfeverordnung vor. Ohne elektrisch betriebene Fahrhilfe könne er größere Wegstrecken nicht bewältigen. Das beantragte Liegedreirad fördere zudem Muskulatur und Herz und sei deshalb hier medizinisch besonders sinnvoll und förderlich für die Behandlung nach dem Schlaganfall. Auch liege eine „Hilfsmittel“ im Sinne der Vorschriften vor, denn es sei kein Gegenstand der „allgemeinen Lebenshaltung“ gegeben. Das begehrte Liegedreirad sei ein spezifisch an die Belange Behinderter angepasstes Hilfsmittel, das so nicht von Gesunden genutzt werde. Das ausgewählte Modell „Scorpion fs FX Pedelec 20“ vereinfache dem behinderten Kläger insbesondere das Ein- und Aussteigen. Mithin liege ein behindertengerechtes Fahrrad vor, das nicht mit handelsüblichen Liegefahrrädern verglichen werden könne. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei auch auf die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben abzustellen. Erst mit dem begehrten Liegedreirad sei es dem Kläger möglich, Verwandte und Freunde zu besuchen. Ihm könne deshalb nicht entgegengehalten werden, das Liegedreirad diene im Vergleich zum Rollstuhl einer schnelleren, bequemeren, sportlicheren und weiträumigeren Fortbewegung. Vielmehr diene es primär dem Ausgleich seiner Behinderungen und entspreche den Grundbedürfnissen seines täglichen Lebens. Jedenfalls sei das begehrte Liegedreirad unter Nr. 2.5 der Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 und 4 Bundesbeihilfeverordnung zu subsumieren, wobei diese Anlage ohnehin nicht abschließend sei. Auch über Anlage 12 sei sein Anspruch nicht ausgeschlossen; insbesondere liege kein „Elektrofahrzeug“ im Sinne von deren Nr. 5.6 vor, weil das begehrte Liegedreirad nur optional mit einem elektrischen Hilfsantrieb ausgestattet werden könne. Schließlich könne sich der Anspruch des Klägers auf entsprechende Kassenleistungen auch auf § 25 Abs. 4 Satz 1 Bundesbeihilfeverordnung stützen.
Der Kläger beantragt – sachdienlich ausgelegt –,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 04.08.2014 und ihres Widerspruchbescheids vom 18.11.2014 zu verpflichten, ihm zur Anschaffung des beantragten Liegedreirads Kassenleistungen in Höhe von 2.130 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Klage abzuweisen.
11 
Sie verweist im Wesentlichen auf die ergangenen Bescheide.
12 
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch den Berichterstatter zugestimmt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die dem Gericht vorliegenden Akten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, weil er keinen Anspruch auf die begehrten Kassenleistungen hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).
14 
Ob Mitglieder der Beklagten von dieser Kassenleistungen zum Ersatz ihrer medizinischen Aufwendungen erhalten, richtet sich nach deren Satzung. Maßgeblich ist dabei die zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltende Fassung; hier: 01.01.2015 (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.09.2011 - 2 S 1972/11 - juris). Nach § 30 Abs. 1 dieser Satzung haben Mitglieder Anspruch auf die in den §§ 31 bis 48 festgelegten Leistungen, soweit diese Aufwendungen erstattungsfähig sind. Weitere Voraussetzung ist nach § 30 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Satzung die medizinische Notwendigkeit und wirtschaftliche Angemessenheit der Aufwendungen.
15 
§ 35 Abs. 1 der Satzung bestimmt im vorliegenden Zusammenhang hierzu, dass Aufwendungen für die Anschaffung der von der Ärztin bzw. dem Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel in dem für die Anwendung der Bundesbeihilfeverordnung in der jeweils gültigen Fassung geltenden Rahmen erstattungsfähig sind. Gemäß § 35 Abs. 2 der Satzung ist die vorherige Genehmigung der Anschaffung durch die Beklagte Voraussetzung für Aufwendungen für nicht zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und zur Selbstkontrolle sowie für Köperersatzstücke. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn in der Leistungsordnung hierfür Höchstbeträge vorgesehen sind oder der Anschaffungspreis geringer als 150 EUR ist.
16 
Eine Genehmigung ist demnach zu erteilen, wenn dem Mitglied ein Anspruch auf Kassenleistungen nach den §§ 30 Abs. 1, 35 Abs. 1 der Satzung für das anzuschaffenden Hilfsmittel zusteht. Gemäß § 25 Abs. 1 der Bundesbeihilfeverordnung sind Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 der Norm die Aufwendungen für u.a. die Anschaffung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Gemäß § 25 Abs. 2 Bundesbeihilfeverordnung sind Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben (Nr. 1), einen niedrigen Abgabepreis haben (Nr. 2), der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind (Nr. 3) oder in Anlage 12 genannt sind (Nr. 4) hingegen nicht beihilfefähig.
17 
Nach diesen Grundsätzen ist das vom Kläger begehrte Liegedreirad nicht genehmigungsfähig; hierfür kann er mithin nicht die begehrten Kassenleistungen beanspruchen. Denn das Liegedreirad kann nicht den in § 25 Abs. 1 Bundesbeihilfeverordnung genannten Behinderungsausgleich herstellen. Dieser hat grundsätzlich zwei Zielrichtungen: Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem sogenannten unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen. Im Rahmen dieses sogenannten mittelbaren Behinderungsausgleichs geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne eines vollständigen Gleichziehens mit den vielfältigen Möglichkeiten eines nicht behinderten Menschen, sondern nur um die möglichst weitgehenden Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkung der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 28.07.2014 – 2 S 1176/14).
18 
Nach diesen Grundsätzen kann das vom Kläger beantragte Liegedreirad nur dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienen, weil die Folgen einer lähmungsbedingten körperlichen Funktionsbeeinträchtigung ausgeglichen werden sollen. Das Liegedreirad ist jedoch im Rechtssinne nicht als geeignet anzusehen, insbesondere die Auswirkungen der Gehunfähigkeit im täglichen Leben zu beseitigen oder zu mildern, weil es im Wesentlichen dazu dient, die Mobilität des Klägers im sozialen Bereich zu erweitern. Zentrale Aufgabe des Liegedreirads ist es hingegen nicht, die Anforderungen des Alltags zu meistern und ein alltägliches Leben führen zu können.
19 
Dies ergibt sich unter anderem auch aus allgemein zugänglichen Quellen, in denen das beantragte Modell „Scorpion fs FX 20“ als ein Fahrzeug „mit der komfortablen Vollfederung moderne Fahrwerkstechnik aus dem Automobilbereich“ sowie „mit sportlichem Anspruch“ bei „maximalem Fahrvergnügen“ beschrieben wird (vgl. http://www.hpvelotechnik.com/produkte/scorpionfs/index_d.html). Damit entspricht das vom Kläger begehrte Liegedreirad aber ganz überwiegend einem Freizeit- bzw. Sportfahrzeug und erfüllt nicht primär den therapeutischen Zweck der angeordneten elektrischen (Behinderten-)Fahrhilfe. Zudem kann das beantragte Liegedreirad selbst in der vom Kläger begehrten Sonderausstattung von einem Gesunden im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung benutzt werden; es fällt auch aus diesem Grund nicht unter die Hilfsmittel im Sinne der Satzung der Beklagten (vgl. hierzu: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.04.1996 - 4 S 3208/94 - juris Rn. 21). Mithin handelt es sich bei dem vorliegend beantragten Liegedreirad auch nicht um ein grundsätzlich beihilfefähiges „Behinderten-Dreirad“ im Sinne von Nr. 2.5 der Anlage 11 zur Bundesbeihilfeverordnung. Stattdessen liegt ein Hilfsmittel vergleichbar der grundsätzlich nicht beihilfefähigen Gegenstände vor, die in Anlage 12 zur Bundesbeihilfeverordnung aufgelistet sind. Schließlich müssen die begehrten Kassenleistungen für das Liegedreirad von der Beklagten auch nicht über § 25 Abs. 4 Satz 1 Bundesbeihilfeverordnung „ausnahmsweise“ gewährt werden, weil dies bei einem solchen Freizeit- bzw. Sportfahrzeug nicht der Fürsorgepflicht entspricht. Für die Eigenschaft eines beihilferechtlich relevanten Hilfsmittels kommt es im Übrigen wesentlich auf dessen objektive Beschaffenheit an und nicht auf die subjektive Verwendungsmöglichkeit (vgl. BayVGH, Urteil vom 26.11.1992 - 3 B 91.2339 - juris Rn. 23). Der Vortrag des Klägers hat mithin keine entscheidungserhebliche Relevanz, dass das Liegedreirad bei ihm konkret auch einen medizinisch sinnvollen Trainingseffekt für Muskulatur und Herz erzeugen könnte.
20 
Die begehrten Aufwendungen für das beantrage Liegedreirad sind somit der „allgemeinen Lebenshaltung“ im Sinne des § 25 Abs. 2 Nr. 3 der Bundesbeihilfeverordnung zuzuordnen, d.h. nicht über Kassenleistungen erstattungsfähig.
21 
Nach alledem hat die Beklagte die begehrte Genehmigung zur Anschaffung des Liegedreirads bzw. die Gewährung von Kassenleistungen hierfür zu Recht abgelehnt.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
13 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, weil er keinen Anspruch auf die begehrten Kassenleistungen hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).
14 
Ob Mitglieder der Beklagten von dieser Kassenleistungen zum Ersatz ihrer medizinischen Aufwendungen erhalten, richtet sich nach deren Satzung. Maßgeblich ist dabei die zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltende Fassung; hier: 01.01.2015 (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.09.2011 - 2 S 1972/11 - juris). Nach § 30 Abs. 1 dieser Satzung haben Mitglieder Anspruch auf die in den §§ 31 bis 48 festgelegten Leistungen, soweit diese Aufwendungen erstattungsfähig sind. Weitere Voraussetzung ist nach § 30 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Satzung die medizinische Notwendigkeit und wirtschaftliche Angemessenheit der Aufwendungen.
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§ 35 Abs. 1 der Satzung bestimmt im vorliegenden Zusammenhang hierzu, dass Aufwendungen für die Anschaffung der von der Ärztin bzw. dem Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel in dem für die Anwendung der Bundesbeihilfeverordnung in der jeweils gültigen Fassung geltenden Rahmen erstattungsfähig sind. Gemäß § 35 Abs. 2 der Satzung ist die vorherige Genehmigung der Anschaffung durch die Beklagte Voraussetzung für Aufwendungen für nicht zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und zur Selbstkontrolle sowie für Köperersatzstücke. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn in der Leistungsordnung hierfür Höchstbeträge vorgesehen sind oder der Anschaffungspreis geringer als 150 EUR ist.
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Eine Genehmigung ist demnach zu erteilen, wenn dem Mitglied ein Anspruch auf Kassenleistungen nach den §§ 30 Abs. 1, 35 Abs. 1 der Satzung für das anzuschaffenden Hilfsmittel zusteht. Gemäß § 25 Abs. 1 der Bundesbeihilfeverordnung sind Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 der Norm die Aufwendungen für u.a. die Anschaffung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Gemäß § 25 Abs. 2 Bundesbeihilfeverordnung sind Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben (Nr. 1), einen niedrigen Abgabepreis haben (Nr. 2), der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind (Nr. 3) oder in Anlage 12 genannt sind (Nr. 4) hingegen nicht beihilfefähig.
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Nach diesen Grundsätzen ist das vom Kläger begehrte Liegedreirad nicht genehmigungsfähig; hierfür kann er mithin nicht die begehrten Kassenleistungen beanspruchen. Denn das Liegedreirad kann nicht den in § 25 Abs. 1 Bundesbeihilfeverordnung genannten Behinderungsausgleich herstellen. Dieser hat grundsätzlich zwei Zielrichtungen: Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem sogenannten unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen. Im Rahmen dieses sogenannten mittelbaren Behinderungsausgleichs geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne eines vollständigen Gleichziehens mit den vielfältigen Möglichkeiten eines nicht behinderten Menschen, sondern nur um die möglichst weitgehenden Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkung der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 28.07.2014 – 2 S 1176/14).
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Nach diesen Grundsätzen kann das vom Kläger beantragte Liegedreirad nur dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienen, weil die Folgen einer lähmungsbedingten körperlichen Funktionsbeeinträchtigung ausgeglichen werden sollen. Das Liegedreirad ist jedoch im Rechtssinne nicht als geeignet anzusehen, insbesondere die Auswirkungen der Gehunfähigkeit im täglichen Leben zu beseitigen oder zu mildern, weil es im Wesentlichen dazu dient, die Mobilität des Klägers im sozialen Bereich zu erweitern. Zentrale Aufgabe des Liegedreirads ist es hingegen nicht, die Anforderungen des Alltags zu meistern und ein alltägliches Leben führen zu können.
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Dies ergibt sich unter anderem auch aus allgemein zugänglichen Quellen, in denen das beantragte Modell „Scorpion fs FX 20“ als ein Fahrzeug „mit der komfortablen Vollfederung moderne Fahrwerkstechnik aus dem Automobilbereich“ sowie „mit sportlichem Anspruch“ bei „maximalem Fahrvergnügen“ beschrieben wird (vgl. http://www.hpvelotechnik.com/produkte/scorpionfs/index_d.html). Damit entspricht das vom Kläger begehrte Liegedreirad aber ganz überwiegend einem Freizeit- bzw. Sportfahrzeug und erfüllt nicht primär den therapeutischen Zweck der angeordneten elektrischen (Behinderten-)Fahrhilfe. Zudem kann das beantragte Liegedreirad selbst in der vom Kläger begehrten Sonderausstattung von einem Gesunden im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung benutzt werden; es fällt auch aus diesem Grund nicht unter die Hilfsmittel im Sinne der Satzung der Beklagten (vgl. hierzu: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.04.1996 - 4 S 3208/94 - juris Rn. 21). Mithin handelt es sich bei dem vorliegend beantragten Liegedreirad auch nicht um ein grundsätzlich beihilfefähiges „Behinderten-Dreirad“ im Sinne von Nr. 2.5 der Anlage 11 zur Bundesbeihilfeverordnung. Stattdessen liegt ein Hilfsmittel vergleichbar der grundsätzlich nicht beihilfefähigen Gegenstände vor, die in Anlage 12 zur Bundesbeihilfeverordnung aufgelistet sind. Schließlich müssen die begehrten Kassenleistungen für das Liegedreirad von der Beklagten auch nicht über § 25 Abs. 4 Satz 1 Bundesbeihilfeverordnung „ausnahmsweise“ gewährt werden, weil dies bei einem solchen Freizeit- bzw. Sportfahrzeug nicht der Fürsorgepflicht entspricht. Für die Eigenschaft eines beihilferechtlich relevanten Hilfsmittels kommt es im Übrigen wesentlich auf dessen objektive Beschaffenheit an und nicht auf die subjektive Verwendungsmöglichkeit (vgl. BayVGH, Urteil vom 26.11.1992 - 3 B 91.2339 - juris Rn. 23). Der Vortrag des Klägers hat mithin keine entscheidungserhebliche Relevanz, dass das Liegedreirad bei ihm konkret auch einen medizinisch sinnvollen Trainingseffekt für Muskulatur und Herz erzeugen könnte.
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Die begehrten Aufwendungen für das beantrage Liegedreirad sind somit der „allgemeinen Lebenshaltung“ im Sinne des § 25 Abs. 2 Nr. 3 der Bundesbeihilfeverordnung zuzuordnen, d.h. nicht über Kassenleistungen erstattungsfähig.
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Nach alledem hat die Beklagte die begehrte Genehmigung zur Anschaffung des Liegedreirads bzw. die Gewährung von Kassenleistungen hierfür zu Recht abgelehnt.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.