Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Anrechnung einer Rente aus der land- und forstwirtschaftlichen Alterskasse auf seine Versorgungsbezüge.

Der am …1947 geborene Kläger war ab 1.9.1975 im Beamtenverhältnis auf Widerruf und ab 5.4.1978 im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, zuletzt am Amt für Landwirtschaft und Forsten … (BesGr A 9) beschäftigt. Mit Ablauf des 28.2.2007 wurde er auf Antrag in den Ruhestand versetzt. Er erhält seit 1.3.2007 monatliche Versorgungsbezüge i.H.v. 1.779,02 Euro brutto (Bescheid des Landesamtes für Finanzen (Dienststelle Regensburg) vom 13.2.2007). Auf Grund von Beitragszeiten als Landwirt (1.7.1965 bis 29.2.2012) erhält der Kläger eine mtl. Regelaltersrente ab 1.3.2012 in Höhe von 591,50 Euro und ab 1.7.2012 in Höhe von 604,56 Euro (Bescheid der land- und forstwirtschaftlichen Alterskasse Niederbayern/Oberpfalz und Schwaben/LAK vom 7.8.2012). Der Kläger zeigte den Bezug der Rente mit Schreiben vom 29.4.2013 dem Landesamt für Finanzen (Dienststelle Regensburg) an, der Rentenbescheid vom 7.8.2012 ist am 3.6.2013 eingegangen.

Mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid des Landesamtes für Finanzen (Dienststelle Regensburg) vom 5.6.2013 wurde das Ruhegeld des Klägers ab 1.3.2012 wegen des Bezugs der Regelaltersrente um die vollen monatlichen Rentenbeträge gekürzt. Die monatlich zustehenden Versorgungsbezüge wurden auf 1.350,23 Euro brutto festgesetzt. Die Ruhensberechnung wurde in der maschinellen Abrechnung ab dem Abrechnungsmonat Juli 2013 berücksichtigt.

Der mit Schreiben vom 29.6.2013 eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Finanzen (Dienststelle R.) vom 22.8.2013, dem Kläger am 27.8.2013 zugestellt, zurückgewiesen (Ziffer 1). Die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 5.6.2013 wurde angeordnet (Ziffer 2). Der Bescheid enthielt als Rechtsbehelfsbelehrung:die Möglichkeit der Einlegung eines Widerspruchs oder unmittelbar einer Klage.

Der Kläger hat daraufhin mit Schreiben vom 19.9.2013, beim Landesamt für Finanzen (Dienststelle Regensburg) am 25.9.2013 eingegangen, Widerspruch gegen den Widerspruchsbescheid vom 22.8.2013 eingelegt. Mit Schreiben vom 26.9.2013 an den Kläger wies das Landesamt für Finanzen (Dienststelle R.) darauf hin, dass der Widerspruchsbescheid eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung:enthalte. Der zutreffende Rechtsbehelf gegen die Widerspruchsentscheidung wäre die Klage beim Verwaltungsgericht gewesen. Bei einer unterbliebenen oder unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung:sei die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres seit Zustellung zulässig. Eine unterbliebene oder unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung:führe jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit der Widerspruchsentscheidung selbst. Mit dem Schreiben wurde eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung:zum Widerspruchsbescheid vom 22.8.2013 mitversandt. Damit werde eine neue Rechtsmittelfrist von 1 Monat zur Erhebung einer Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg eröffnet.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 8.10.2013, bei Gericht eingegangen am 9.10.2013 hat der Kläger Klage erheben lassen. Mit Schreiben vom 18.11.2013 trug der Kläger zur Begründung vor, dass er gem. Art. 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BayBG a.F. mit Wirkung vom 1.3.2007 auf Antrag wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Schwerbehinderung in den Ruhestand getreten sei. Mit Bescheid vom 23.1.2007 seien die Versorgungsbezüge mit einem Ruhegehaltssatz von 75,00 v.H. festgesetzt worden. Eine Anrechnung anderer Renten oder Leistungen sei nicht erfolgt. Mit Schreiben vom 29.4.2013 habe der Kläger dem Landesamt für Finanzen unter Beifügung einer Bescheidskopie mitgeteilt, dass er seit dem 1.3.2012 eine Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte beziehe.

Bei der Anrechnung der Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte auf das Ruhegehalt habe der Beklagte Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG nicht beachtet. Die Ruhebezüge hätten dem Kläger bereits vor dem 1.1.2011 zugestanden, während die Rente aus der Alterssicherung der Landwirte erst ab 1.3.2012 gewährt worden sei. Der Kläger habe daher zumindest Bestandsschutz bezüglich seiner zum 1.1.2011 bestehenden Versorgungsbezüge haben müssen. Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG gewähre im Ergebnis Bestandsschutz für Versorgungsbezüge von Versorgungsempfängern, die zum 1.1.2011 (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des (aktuellen) BayBeamtVG) bereits in den Ruhestand getreten seien. Zu diesem Zeitpunkt sei nämlich die Anrechnung von Renten aus der Alterssicherung der Landwirte auf Versorgungsbezüge in Bayern erstmalig eingeführt worden. Auf diese Übergangsregelung weise auch ausdrücklich das als Anlage A1 eingereichte Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen vom 2.7.2013 hin.

Im Übrigen bestünden auch grundsätzliche Bedenken gegen die Anrechnung von Renten nach dem Gesetz der Alterssicherung für Landwirte, die über den oben ausgeführten Bestandsschutz hinausgingen. Diesbezüglich werde derzeit auch ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Augsburg (Az. Au 2 K 12.150) geführt, welches die Beklagte im Widerspruchsbescheid auch zitiert habe. Gegen dieses Urteil sei aber mittlerweile die Berufung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen worden (Az. 3 BV 13.49). Allerdings hätten im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Augsburg dem Kläger sowohl die Versorgungsbezüge als auch die Rente aus der Alterssicherung der Landwirte erst und gleichzeitig ab dem 1.10.2011 zugestanden. Insofern unterscheide sich das vorliegende Verfahren im Hinblick auf Art. 101 BayBeamtVG teilweise.

Der Kläger sei zum 5.4.1978 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen worden. Ab diesem Zeitpunkt hätte er sich gem. § 14 Abs. 2 c GAL 1978 von der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Alterskasse befreien lassen können. Aus Sicht des Klägers habe es sich also ab 1978 um freiwillige Beiträge gehandelt, nachdem er das Recht zur Beitragsbefreiung gehabt hätte. Die bloße formelle Argumentation, dass es gesetzestechnisch Pflichtbeiträge seien, entspreche weder den Absichten des Klägers noch dem Gesetzestext. Tatsächlich habe er den Antrag auf Befreiung freiwillig nicht gestellt. Die Abgrenzung zwischen freiwilligen Beiträgen und Pflichtbeiträgen sei nicht einmal dem Finanzministerium in allen Einzelheiten bekannt, wie das Schreiben des Bayerischen Finanzministeriums vom 2.7.2013 belege. Auf Seite 3 finde sich folgender Satz: „Beiträge, die nach der Befreiung von der Beitragspflicht geleistet wurden, wären dann als freiwillige Beiträge nach Art. 85 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG von der Anrechnung ausgenommen gewesen“. Hätte man sich aber tatsächlich von der Beitragspflicht befreien lassen, hätte man gar keine freiwilligen Beiträge mehr zahlen können, vgl. §§ 14, 27 GAL 1978. Man habe nur Pflichtbeiträge (im gesetzestechnischen Sinn) oder gar keine Beiträge leisten können.

Die Entscheidung, sich nicht von der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Alterskasse befreien zu lassen, habe auch berechtigte Gründe gehabt. Nach dem damals gültigen Recht (§ 2 Abs. 1 GAL 1978) sei Voraussetzung für den Bezug von Altersgeld gewesen, dass man mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres ununterbrochen Beiträge bezahlt hätte. Hätte der Kläger somit 1978 konkret die Befreiung beantragt, wären die letzten 13 Jahre Beiträge komplett verloren gewesen. Insofern habe ihn die damalige gesetzliche Lage praktisch zur Entscheidung zur Weiterversicherung gezwungen. Des Weiteren werde damals wie heute in allen Merkblättern der landwirtschaftlichen Alterssicherung darauf hingewiesen, dass es sinnvoll und notwendig sei, sich ein zweites Standbein der Altersversorgung aufzubauen. Auch dies sei ein weiterer Beweggrund des Klägers gewesen, auch weiterhin Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse zu zahlen.

Zudem habe der Kläger auf die seit Jahrzehnten bestehende Rechtslage vertraut, dass die Altersrenten aus der Alterskasse nicht auf Versorgungsbezüge angerechnet würden. Der Kläger habe die Alterssicherung der Landwirte entsprechend der Empfehlung als zweites Standbein der Altersvorsorge gesehen. Hätte er damals gewusst, dass es zu einer Anrechnung kommen würde, hätte er auf anderweitige Maßnahmen der Altersvorsorge zurückgreifen können. Private Renten würden nämlich nach wie vor nicht auf die Versorgungsbezüge angerechnet werden. Die Gesetzesänderung zum 1.1.2011, die auch Renten betroffen habe, die auf Beiträge zurückzuführen seien, die bereits vor der Gesetzesänderung eingezahlt worden seien, sei auch ein Verstoß gegen Vertrauensschutzregelungen. Auch Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG, der hier rechtswidrig ohnehin nicht angewandt worden sei, stelle keine ausreichende Vertrauensschutzregelung dar, da er lediglich Bestandsschutz gewähre, dementsprechend die Renten ab 1.1.2011 nicht mehr erhöht würden. Es handele sich somit auch um eine unzulässige Rückwirkung, da mit der Einführung des Art. 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBeamtVG in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen würde. Damit sei auch das Rechtsstaatsprinzip und die Verfassung verletzt.

Im Übrigen würde der Kläger im Verhältnis zu Bundesbeamten und Beamten anderer Bundesländer ohne vernünftigen Grund ungleich behandelt. Bei Bundesbeamten erfolge keinerlei Anrechnung der Renten aus der Alterssicherung der Landwirte, vgl. § 55 BeamtVG. Im Rahmen eines Regierungsentwurfes zu einem Versorgungsnachhaltigkeitsgesetz, das auf die Einbeziehung der Renten aus der Alterssicherung der Landwirte in die Ruhensregelung abgestellt habe, sei eine derartige Einbeziehung abgelehnt worden. Die Ablehnung sei auch damit begründet worden, dass die Einbeziehung des Altersgeldes nach dem ALG in die Ruhensregelung der Eigenständigkeit des landwirtschaftlichen Sozialversicherungswesens widerspreche. In anderen Bundesländern außer Hamburg würden überdies generell Renten aus der landwirtschaftlichen Alterskasse nicht angerechnet, die auf Beiträgen beruhten, die vor Einführung einer entsprechenden Anrechnungsvorschrift geleistet worden seien. Nur bei einer solchen Übergangsregelung wäre sichergestellt, dass im Vertrauen auf eine Nichtanrechnung gezahlter Beiträge zur Alterskasse nicht angerechnet würden.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen (Dienststelle Regensburg) vom 5.6.2013 in Form des Widerspruchsbescheides vom 22.8.2013 wird aufgehoben.

  • 2.Die Versorgungsbezüge werden ab 1.3.2012 unter Außerachtlassung der aus der Alterssicherung der Landwirte zustehenden Rente neu festgesetzt entsprechend dem Bescheid vom 23.1.2007 und der in der Folgezeit erfolgten Anpassungen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Schreiben vom 3.12.2013 wies der Beklagte darauf hin, dass auch der Beklagte einverstanden sei, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, bis das beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter dem Az. 3 BV 13.49 anhängige Verfahren rechtskräftig entschieden sei. Die Auffassung der Prozessbevollmächtigten des Klägers zu der Vorschrift des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG teile der Beklagte nicht. Art. 101 BayBeamtVG stehe in Teil 5 „Überleitungs- und Übergangsvorschriften“, Abschnitt 1 „Überleitung vorhandener Versorgungsberechtigter“ des BayBeamtVG. Die Vorschrift gelte also für am 1.1.2011, dem Tag des Inkrafttretens des BayBeamtVG, vorhandene Ruhestandsbeamte. Dazu zähle der Kläger, da er mit Ablauf des Februar 2007 gem. Art. 55 Abs. 1 BayBG in der bis zum 31.3.2009 geltenden Fassung wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten sei. Für diese Ruhestandsbeamten regle Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG die Anwendung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG, d.h. das Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Renten, u.a. mit Renten nach dem ALG – aber nur für den Fall, dass diese Rente vor dem 1.1.2011 zugestanden habe, wie sich schon aus dem Wortlaut ergebe. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt, da dem Kläger ausweislich des Bescheids vom 7.8.2012 von der land- und forstwirtschaftlichen Alterskasse Niederbayern/Oberpfalz und Schwaben erst mit Wirkung vom 1.3.2012 eine vorzeitige Altersrente gem. § 12 Abs. 2 ALG zugestanden habe.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11.12.2013 wurde das Ruhen des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängigen Berufungsverfahrens Az. 3 BV 13.49 angeordnet. Nach rechtskräftigem Abschluss des o.g. Berufungsverfahrens mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 1.7.2015 (Az. 2 B 39/15) wurde das Verfahren fortgeführt.

Mit Schreiben vom 29.9.2015 wies der Kläger darauf hin, dass die Anwendung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gewesen sei.

Mit weiterem Schreiben vom 5.11.2015 führte der Kläger aus, dass sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 1.4.2015 nur allgemein mit der Vorschrift des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG beschäftigt habe. Zudem habe der Kläger in dem Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde gelegen habe, sowohl seine Versorgungsbezüge als auch die Rente aus der Alterssicherung für Landwirte nach dem 1.1.2011 erhalten. Vorliegend sei der Kläger jedoch bereits vor dem 1.1.2011 Versorgungsempfänger gewesen, nämlich seit dem1.3.2007. Sowohl nach dem Wortlaut des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG als auch nach den Entscheidungsgründen des Urteils vom 1.4.2015 (Rn 36) seien Versorgungsempfänger, die dies bereits vor dem 1.1.2011 gewesen seien, bestandsgeschützt. Vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof werde dabei ausdrücklich ausschließlich auf den Beginn der Versorgungsbezüge abgestellt. Im Übrigen finde sich in dem Urteil unter Rn 38 auch noch der Hinweis, dass die Überleitungsregelung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG, die im Ergebnis lediglich Bestandsschutz für Versorgungsbezüge von Versorgungsempfängern, die zum 1.1.2011 bereits in den Ruhestand getreten wären, gewährt, sachlich gerechtfertigt sei.

Nach dem Wortlaut des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG sei die Anwendung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG auf Leistungen, die vor dem 1.1.2011 zugestanden haben, eingeschränkt. Da der Kläger Versorgungsbezüge bereits vor dem 1.1.2011 erhalten habe, sei die Anrechnung der Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte nur soweit möglich, als der Bestandsschutz noch gewahrt sei. Es komme somit nicht darauf an, wann die Altersrente der Altersklasse gewährt worden sei, sondern ausschließlich darauf, wann die Versorgungsbezüge begonnen hätten. Dies entspreche auch dem Sinn der Übergangsvorschriften. Der Versorgungsempfänger solle zu dem Zeitpunkt, in dem er in den Ruhestand trete, wissen, mit welchen Ansprüchen er rechnen könne. 2007 sei von einer Anrechnung der Rente aus der Alterssicherung der Landwirte noch nicht die Rede gewesen. Der Kläger habe also davon ausgehen können, dass er diese, sobald sie ihm zustehe, zusätzlich zu den Versorgungsbezügen erhalten werde. Entsprechend habe er auch seinen Lebensstandard eingerichtet und entsprechende Dispositionen getroffen.

Dem entgegnete der Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 8.10.2015, dass sich der BayVGH in seiner Entscheidung vom 1.4.2015 mit der Vorschrift des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG unter Nr. 4 seiner Entscheidungsgründe (Rn. 36 ff.) beschäftigt habe. Im Übrigen könne der Kläger aus der Vorschrift des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG nichts für sich herleiten, wie bereits mit Schreiben vom 3.12.2013 ausgeführt worden sei. Der Kläger sei zwar ein am 1.1.2011 (zum Inkrafttreten des BayBeamtVG) vorhandener Versorgungsempfänger, ihm habe aber vor diesem Zeitpunkt keine Rente nach dem ALG zugestanden. Die Norm spreche nämlich von der Anwendung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG auf Leistungen, die vor dem 1.1.2011 zugestanden haben. Folglich gebe es auch keinen Bestandsschutz, auf den sich der Kläger berufen könne.

Mit Schreiben vom 18.11.2015 wies der Beklagte noch einmal auf den Wortlaut von Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG hin. Die Vorschrift spreche von der Anwendung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG „auf Leistungen, die vor dem 1.1.2011 zugestanden haben“. Mit diesen Leistungen seien die Renten nach dem ALG gemeint. Eine solche Leistung habe dem Kläger aber nicht vor dem 1.1.2011 zugestanden. Ausweislich des Bescheids vom 7.8.2012 habe die land- und forstwirtschaftliche Alterskasse Niederbayern/Oberpfalz und Schwaben dem Kläger erst mit Wirkung vom 1.3.2012 eine vorzeitige Altersrente für langjährige Versicherte gem. § 12 Abs. 2 ALG bewilligt. Entgegen der Meinung des Klägers sei mit „Leistungen, die vor dem 1.1.2011 zugestanden haben“, die in Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 5 und 6 BayBeamtVG genannten Leistungen, nicht aber die Versorgungsbezüge der Versorgungsempfänger gemeint. Die unterschiedliche Wortwahl in Art. 101 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 BayBeamtVG (einerseits „Leistungen die vor dem 1.1.2011 zugestanden haben“), andererseits „Betrag der Versorgungsbezüge, der vor dem 1.1.2011 zuletzt zugestanden habe“, wäre andernfalls nicht erklärlich.

Eine weitere Stütze finde diese Auslegung in Art. 101 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2

BayBeamtVG. Dort sei die Rede von „Anrechnung sonstiger Renten i.S.d. Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG“ – zu ergänzen: auf die Versorgungsbezüge. Der Standpunkt des Beklagten entspreche auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Art. 101 Abs. 5 BayBeamtVG enthalte eine besondere Bestandsschutzregelung für am 1.1.2011 vorhandene Versorgungsempfänger, die bereits vor dem 1.1.2011 u.a. eine Rente nach dem ALG bezogen hätten.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch darauf, dass ihm die Versorgungsregelungen, unter denen er in das Beamtenverhältnis und in das Ruhestandsverhältnis eingetreten sei (im Streitfall mit Ablauf des Februar 2007) unverändert erhalten blieben. Ihm sei insbesondere nicht eine unverminderte Höhe der Versorgungbezüge garantiert worden. Der Kläger besitze keinen verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf Erhaltung des Besitzstandes in Bezug auf ein einmal erreichtes Einkommen (vgl. BVerfG, U.v. 27.9.2005, Az. 2 BvR 1387/02).

Daraufhin erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 1.12.2015, dass mit den „Leistungen, die vor dem 1.1.2011 zugestanden haben“, die Versorgungsbezüge nach dem BayBeamtVG gemeint seien und mit der Anwendung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 5 und 6 BayBeamtVG auf Leistungen, die vor dem 1.1.2011 zugestanden haben“, werde eben auf die Anrechnung der in Art. 85 BayBeamtVG genannten Renten auf Versorgungsbezüge Bezug genommen. Diese Auslegung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG finde auch seine Stütze im Urteil des BayVGH vom 1.4.2015 (Rn 36) und auch das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 2.7.2013 spreche nur von Bestandsschutz von Versorgungsempfängern, die dies bereits zum 1.1.2011 gewesen wären.

Zudem werde noch einmal darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit der Anrechnung der Altersrente aus der landwirtschaftlichen Alterskasse auf die Versorgungsbezüge bestehe. Letztendlich habe sich das Bundesverwaltungsgericht bisher nicht zu den einzelnen Grundrechten geäußert, da es die Begründung im Parallelfall als nicht substantiiert angesehen habe. Eine Verfassungsbeschwerde sei ebenfalls nicht eingelegt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten und die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2016 verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Zahlung ungekürzter Versorgungsbezüge. Der Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 5.6.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.8.2013, durch den die Anrechnung der dem Kläger neben der beamtenrechtlichen Versorgung gewährten Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte und das teilweise Ruhen der Versorgungsbezüge geregelt werden, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).

Die angegriffene Entscheidung des Landesamts für Finanzen findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 85 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 2, Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG und ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Art. 85 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG bestimmt, dass Versorgungsbezüge neben Renten nur bis zum Erreichen der in Abs. 2 bezeichneten Höchstgrenze bezahlt werden. Nach Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG gelten Renten nach dem Gesetz über die Altersversorgung der Landwirte als Renten i.S.d. Satzes 1.

Art. 85 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG regelt darüber hinaus, dass bei Ermittlung der nach Abs. 1 anzusetzenden Rente der Teil der Rente außer Ansatz bleibt, der auf freiwilligen Beitragsleistungen oder auf eine Höherversicherung beruht.

Durch die Überleitungs- und Übergangsvorschrift des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG soll durch die Anwendung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3, 5 und 6 auf Leistungen, die vor dem 1. Januar 2011 zugestanden haben, der Betrag der Versorgungsbezüge nach Anwendung von Anrechnungs-, Ruhens- und Kürzungsvorschriften nicht unter den Betrag fallen, der vor dem 1. Januar 2012 ohne Berücksichtigung von Kann-Dienstzeiten i.S.d. Art. 24 Abs. 4 zuletzt zugestanden hat; die Anrechnung sonstiger Renten i.S.v. Art. 85 Abs. 1 bleibt unberührt.

Bei der dem Kläger bewilligten vorzeitigen Altersrente für langjährig Versicherte gem. § 12 Abs. 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) ab 1.3.2012 in Höhe von 591,50 EUR und ab 1.7.2012 in Höhe von 604,56 EUR (vgl. Bescheid des Land- und Forstwirtschaftlichen Alterskasse Niederbayern/Oberpfalz und Schwaben vom 7.8.2012) handelt es sich um eine Rente nach dem Gesetz über die Altersversorgung der Landwirte gem. Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG. Diese Rente stellt daher eine bei der Ermittlung der zu zahlenden Versorgungsbezüge zu berücksichtigende Rente i.S.v. Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG dar, für die Art. 85 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG festlegt, dass Versorgungsbezüge daneben nur bis zum Erreichen der in Abs. 2 bezeichneten Höchstgrenze gezahlt werden.

Da es sich bei dem vom Kläger im Zeitraum vom 1.7.1965 bis 29.2.2012 geleisteten Beiträgen in die Altersversorgung der Landwirte um Pflichtbeiträge gehandelt hat, kommt eine Anwendung von Art. 85 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG nicht in Betracht. Ausweislich des Auskunftsschreiben der Alterskasse vom 5.8.2013 steht fest, dass die von dem Kläger im Zeitraum vom 1.7.1965 bis 29.2.2012 einbezahlten Beträge Pflichtbeiträge darstellten. Der Kläger hat eine Befreiung von der Versicherungspflicht, die ab seiner Berufung in das Beamtenverhältnis zum 5.4.1978 gem. § 14 Abs. 2 c) des damals gültigen Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) möglich gewesen wäre, nicht beantragt, so dass freiwillige Beiträge zu keinem Zeitpunkt entrichtet worden sind. Erst nach dem Zeitpunkt, als eine Befreiungsmöglichkeit bestanden hat, wäre unter gewissen Voraussetzungen eine freiwillige und nicht auf die Versorgungsbezüge anrechenbare Weiterversicherung möglich gewesen (vgl. damals § 27 GAL in der Gültigkeit bis 31.12.1994 sowie § 5 ALG ab dem 1.1.1995). Dass es sich bei den Beitragszahlungen in die Alterskasse der Land- und Forstwirte auch bei einer vorhandenen Befreiungsmöglichkeit um Pflichtbeiträge handelt, hat der BayVGH in seinem U.v. 1.4.2015, Az. 3 BV 13.49, Rn. 16 bereits entschieden.

Auch die Überleitungsvorschrift des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, da diese Regelung schon aufgrund des Wortlauts („Leistungen, die vor dem 1. Januar 2011 zugestanden haben“) Fälle betrifft, in denen der Beamte nicht nur die Versorgungsbezüge, sondern auch die Leistungen (hier konkret die Rente aus der land- und forstwirtschaftlichen Alterskasse nach Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG) vor dem 1.1.2011 bezogen hat. Für diese Auslegung spricht auch der zweite Halbsatz des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG, wonach „die Anrechnung sonstiger Renten“ i.S.d. Art. 85 Abs. 1 unberührt bleibt. Auch der Sinn und Zweck der Regelung, spricht für diese Auslegung, da derjenige Rentenbzw. Versorgungsempfänger bei Inkrafttreten der Vorschrift im Vergleich zu demjenigen, der erst später in den Anwendungsbereich des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG fällt, weniger Zeit und dadurch geringere Möglichkeiten hat, sich auf die durch Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG veränderte Rechtslage einzurichten. Insofern war es ausreichend und angemessen, die Überleitungsregelung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG auf diese Versorgungsempfänger zu beschränken (vgl. insoweit auch BayVGH, a.a.O., Rn. 36 ff., insbesondere Rn. 38 a.E.).

Die von den Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgebrachten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Regelungen in Art. 85 BayBeamtVG greifen ebenfalls nicht durch. Insoweit verweist das Gericht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9.12.2003 (Az. 1 BvR 558/99) und aus neuerer Zeit insbesondere auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1.4.2015 (Az. 3 BV 13.49).

In der zuletzt angeführten Entscheidung führt der BayVGH aus, dass die Anrechnung der Rente auf die Versorgungsbezüge gem. Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG nicht gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG bzw. Art. 103 Abs. 1 BV verstoße (BayVGH, a.a.O., Rn. 19 ff.). Die gezahlten Versorgungsbezüge seien öffentlich-rechtliche vermögensrechtliche Ansprüche, die ihre Grundlage in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis haben, das in Art. 33 Abs. 5 GG bzw. Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV eine verfassungsrechtliche Sonderregelung erfahren hat. Bei solchen Ansprüchen gehe Art. 33 Abs. 5 GG als lex specialis Art. 14 GG/Art. 103 Abs. 1 BV vor (vgl. BVerfG, B.v. 30.9.1987, 2 BvR 933/82, Rn. 83; BayVerfGH, E.v. 25.2.2013, Vf. 17-VII-12, Rn. 60). Es liege auch kein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG, Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV vor. Die Regelung halte sich innerhalb des dem Gesetzgeber bei der Konkretisierung der Alimentationspflicht des Dienstherrn offenstehenden weiten Rahmens.

Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV) liege nicht vor. Insbesondere könne sich ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV nicht daraus ergeben, dass der Bund und einige Bundesländer bzw. Stadtstaaten in ihren gesetzlichen Versorgungsregelungen von der Anrechnung der Renten im Sinne §§ 11 ff. ALG abgesehen haben. Der Gleichheitssatz werde nämlich nicht verletzt, wenn ein Landesgesetzgeber innerhalb seines Kompetenzbereiches von der Gesetzgebung des Bundes bzw. anderer Länder abweichende Regelungen treffe, auch wenn dadurch die Einwohnerinnen und Einwohner seines Landes mehr belastet oder begünstigt würden. Vielmehr seien unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt, denn die Ermöglichung von Vielfalt sei ein wesentliches Element des Bundesstaats (vgl. BVerfG, B.v. 14.1.2015, 1 BvR 931/12, Rn. 61). Mit Rücksicht auf die föderalistische Struktur der Bundesrepublik Deutschland und die eigenständigen Gesetzgebungskompetenzen der Länder könne daher die Verfassungsmäßigkeit eines Landesgesetzes grundsätzlich nicht deshalb in Zweifel gezogen werden, weil es von verwandten Regelungen in anderen Bundesländern oder im Bund abweiche. Der Landesgesetzgeber sei nur gehalten, den Gleichheitssatz innerhalb des ihm zugeordneten Gesetzgebungsbereichs zu wahren (BayVGH, a.a.O., Rn. 33 ff. unter Verweis auf BVerfG, B.v. 27.3.1979, 2 BvL 2/77, Rn. 39; Beck’scher Online-Kommentar GG, Stand: 1.12.2014, Art. 3 Rn. 104).

Auch stehe die Regelung weder im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot noch zum rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG). Eine echte Rückwirkung in Form einer Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs der Norm liege bei der im Jahre 2011 in Kraft getretenen Regelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG nicht vor. Die Norm greife nicht ändernd in eine Rechtslage ein, die vor ihrem Inkrafttreten am 1.1.2011 für rentenbeziehende Versorgungsempfänger bestanden habe. Der zeitliche Anwendungsbereich bleibe allein auf die Zukunft beschränkt. Durch die Regelung würden gerade nicht rückwirkend bereits ausgezahlte Versorgungsbezüge gekürzt. Die Regelung wirke vielmehr auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft und stelle sich deshalb als eine unechte Rückwirkung dar. Eine solche sei mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes vereinbar, soweit sie zur Förderung des Gesetzeszweckes geeignet und erforderlich sei und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht der Dringlichkeit, der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren gewahrt bleibe. Dies sei vorliegend der Fall. Die von Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG betroffenen Beamten hätten nicht von vornherein darauf vertrauen dürfen, dass für sie günstige Gesetzesvorschriften betreffend ihre Altersversorgung für alle Zukunft unverändert weitergelten und zugesagte Leistungen auf Dauer konstant bleiben würden (vgl. zur Frage der Verfassungsmäßigkeit auch VG Augsburg, U.v. 22.11.2012, AU 2 K 12.150, Rn 24 ff. sowie BayVGH, a.a.O. Rn. 18 ff.).

Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es dadurch in einigen Fällen wie z.B. dem des Klägers zu gewissen (aber noch hinzunehmenden) Härten kommen kann, wenn Beamte über einen sehr langen Zeitraum (beim Kläger von 1965 bis 2012) Beträge einzahlen und die daraus erworbene Rente später voll auf die Ruhestandsbezüge angerechnet wird.

Jedoch wird der dem Kläger zustehende Rentenanspruch aus der Alterssicherung für Landwirte, der grundsätzlich den Schutz des Art. 14 GG bzw. Art. 103 Abs. 1 BV genießt, durch die Anrechnung nach Art. 85 BayBeamtVG weder in seinem Bestand noch in seiner Höhe entwertet oder sonst wie berührt. Dem Kläger wird seine Altersrente ungekürzt gezahlt und damit ungeschmälert und unangetastet erhalten. Für seine Beiträge zur Alterssicherung für Landwirte bekommt er weiterhin ein vollwertiges Äquivalent; es erfolgt „nur“ eine Anrechnung auf seine Versorgungsbezüge, die insoweit und für die Dauer des Bezugs anderer gesetzlicher Renten ruhen. Auch ein Vertrauensschutz des Klägers darauf, dass für ihn günstige Gesetzesvorschriften betreffend seiner Altersversorgung für alle Zukunft unverändert weitergelten, besteht wie bereits oben ausgeführt nicht. Zudem bestand bei dem Kläger mit dem Eintritt in das Beamtenverhältnis zum 5.4.1978 eine Befreiungsmöglichkeit und bei einer unter gewissen Voraussetzungen möglichen freiwilligen Weiterzahlung der Beiträge (vgl. damals § 27 GAL in der Gültigkeit bis 31.12.1994 sowie § 5 ALG ab dem 1.1.1995) wäre auch eine spätere Anrechnung auf die Versorgungsbezüge nicht erfolgt.

Insoweit ist auch auf die schon vor Inkrafttreten des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG zum 1.1.2011 geltende Regelung des § 55 Abs. 4 BeamtVG hinzuweisen, wonach freiwillige Leistungen in eine gesetzliche Rentenversicherung nach einer bestehenden Befreiungsmöglichkeit, die der Kläger aber gerade nicht wahrgenommen hat oder eine private Altersvorsorge durch Abschluss einer Renten- oder Lebensversicherung nicht auf die Ruhebezüge angerechnet werden. Insoweit muss sich der Kläger entgegenhalten lassen, dass ein Rückgriff auf eine andere gesetzliche Rentenversorgung wie die der Alterskasse der Land- und Forstwirte noch von der weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers gedeckt ist und er trotz möglicher Befreiungsmöglichkeit von dieser keinen Gebrauch gemacht und keine private Altersvorsorge als echtes zweites Standbein aufgebaut hat.

Hierzu führt der BayVGH, a.a.O., unter Rn. 32 aus, dass insbesondere im Bereich der Alterssicherung der Landwirte zu berücksichtigen sei, dass die Leistungen nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte bis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1986 (2 C 66.85 - BVerwGE 74, 285 - juris) bereits nach der Tz. 55.1.2 der allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums des Innern vom 3. November 1980 (GMBl. 1980, S. 742) in die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG einbezogen worden seien. Den Verwaltungsvorschriften sei die Ansicht zu Grunde gelegen, die Leistungen der Altershilfe für Landwirte zählten zu den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung.

Das Bundesverwaltungsgericht habe die Einbeziehung des Altersgeldes hingegen abgelehnt, weil die Altershilfe für Landwirte als ein eigenes System der Alterssicherung für die bäuerliche Bevölkerung zu werten sei, das der Gesetzgeber abweichend von den gesetzlichen Rentenversicherungen gestaltet habe. Zudem habe selbst nach diesem Urteil weiterhin ein Ausgleich stattgefunden, indem nach dem Teil 6 der bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Versorgungsrecht in der Fassung bis zum 31. Dezember 2010 „Kann-Vordienstzeiten“ nach Maßgabe von Ermessensrichtlinien nur eingeschränkt anerkannt worden seien, um eine Überversorgung gemessen am Leitbild eines sog. „Nur-Beamten“, der sein gesamtes Berufsleben im Beamtenverhältnis verbringt, zu verhindern. Die genannte Ermessensrichtlinie sei mit Entscheidung des Senats vom 28. Februar 2011 (3 ZB 08.403 - juris) jedoch als rechtswidrig beurteilt worden. Da jedenfalls seit Ende 1980 in der behördlichen Praxis, gesteuert durch Verwaltungsvorschriften, eine Anrechnung der Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte auf die Versorgungsbezüge erfolgt sei, könne sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen. Eine Kürzung der Versorgungsbezüge sei nicht nur zu erwarten gewesen, sondern sei tatsächlich - wenn auch rechtswidrig - praktiziert worden.

Da hinsichtlich der vom Landesamt für Finanzen ermittelten Höchstgrenze und dem daraus errechneten Ruhensbetrag von 591,50 Euro ab 1.3.2012 und 604,56 Euro ab 1.7.2012 ein Fehler weder vorgetragen wurde noch sonst ersichtlich ist, erweist sich der streitgegenständliche Bescheid auch insoweit als rechtmäßig.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 20. Juli 2016 - RO 1 K 15.1679

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 20. Juli 2016 - RO 1 K 15.1679

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 20. Juli 2016 - RO 1 K 15.1679 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 55 Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Renten


(1) Versorgungsbezüge werden neben Renten nur bis zum Erreichen der in Absatz 2 bezeichneten Höchstgrenze gezahlt. Als Renten gelten 1. Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen,1a. Renten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 118


Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zusta

Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG | § 12 Vorzeitige Altersrente


(1) Landwirte können die Altersrente bis zu zehn Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn die Voraussetzung des § 11 Absatz 1 Nummer 2 vorliegt und der Ehegatte bereits Anspruch auf eine Regelaltersrente oder vorze

Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG | § 5 Freiwillige Weiterversicherung


(1) Personen, die zuletzt als Landwirt versichert waren und die nicht mehr versicherungspflichtig sind, können die Versicherung freiwillig fortsetzen, wenn sie 1. die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben,2. die Wartezeit von 15 Jahren noch nicht e

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 20. Juli 2016 - RO 1 K 15.1679 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 20. Juli 2016 - RO 1 K 15.1679 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 01. Apr. 2015 - 3 BV 13.49

bei uns veröffentlicht am 01.04.2015

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheit

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 14. Jan. 2015 - 1 BvR 931/12

bei uns veröffentlicht am 14.01.2015

Gründe A. 1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob der Thüringer Landesgesetzgeber mi

Referenzen

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollsteckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der klagende Ruhestandsbeamte wendet sich gegen die Anrechnung einer auf einer Nebentätigkeit während des Beamtenverhältnisses beruhenden Rente aus der Alterssicherung für Landwirte auf seine Versorgungsbezüge.

Der Kläger trat 1974 in den Dienst des Beklagten. 2011 wurde er als Vermessungshauptsekretär in den Ruhestand versetzt. Der Kläger erhält aus der Land- und Forstwirtschaftlichen Alterskasse (LAK) seit dem 1. Oktober 2011 eine Rente aus der Alterssicherung für Landwirte in Höhe von 324, 27 €. Dieser Rente liegen Pflichtbeiträge zugrunde, die in der Zeit vom 1. Juni 1975 bis zum 31. Dezember 2000 geleistet worden sind.

Durch den Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 20. Oktober 2011 setzte der Beklagte die dem Kläger zustehenden Versorgungsbezüge ab 1. Oktober 2011 auf 1.743,61 € brutto monatlich fest. Da er ab 1. Oktober 2011 auch eine Altersrente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte erhielt, wurden die dem Kläger ohne Anrechnung der Rente zustehenden Versorgungsbezüge von 2.041,86 € brutto in Höhe von 298,25 € ruhend gestellt. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesamts für Finanzen vom 13. Januar 2012 zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger am 3. Februar 2012 Klage mit dem Antrag,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 20. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2012 zu verpflichten, ab dem 1. Oktober 2011 die Versorgungsbezüge unter Außerachtlassung der aus der Alterssicherung für Landwirte zustehenden Rente neu festzusetzen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. November 2012 abgewiesen. Bei der dem Kläger von der LAK ab 1. Oktober 2011 bewilligten Rente in Höhe von 324,27 € handele es sich um eine Regelaltersrente gemäß § 11 ALG, d. h. um eine Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte gemäß Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG, die bei der Ermittlung der zu zahlenden Versorgungsbezüge zu berücksichtigen sei. Die Bestimmung sei verfassungsgemäß. Es sei weder ein Verstoß gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ersichtlich, noch liege eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts und des Vertrauensschutz und Rückwirkungsverbot berücksichtigenden Rechtsstaatsgebots vor.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und durch den Kläger am 8. März 2013 begründete Berufung, mit der dieser beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2012 zu verpflichten, ab dem 1. Oktober 2011 die Versorgungsbezüge des Klägers unter Außerachtlassung der aus der Alterssicherung der Landwirte zustehenden Rente neu festzusetzen.

Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es sich bei den Beitragszahlungen des Klägers im Zeitraum vom 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 2000 in die Altersversorgung der Landwirte um freiwillige Beiträge gehandelt habe. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt daran gedacht, dass es sich um Pflichtbeiträge handelt könne. Damit habe die Rente bei der Ermittlung nach Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG außer Ansatz zu bleiben.

Aber auch für den Fall, dass von Pflichtbeiträgen auszugehen wäre, müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger bereits ab dem 1. Juni 1975 Beiträge einbezahlt habe, obwohl er hierzu nicht mehr verpflichtet gewesen sei. Der Kläger hätte ab dem 1. Januar 1977 die Möglichkeit gehabt, sich von der Beitragspflicht zur Altersversorgung der Landwirte ausdrücklich befreien zu lassen. Zum 1. Juni 1975 habe er diese Möglichkeit jedoch nicht gehabt. Sollte es sich also bei den Zahlungen seit dem 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 2000 um Pflichtbeiträge gehandelt haben, so dürften die Beiträge vom 1. Juni 1975 bis 1. Januar 1977 nicht in die Berechnung einfließen.

Art. 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBeamtVG verstoße gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und sei daher verfassungswidrig. Der Bund habe die Einbeziehung der Renten aus der Alterssicherung der Landwirte in die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG abgelehnt; sie widerspreche der Eigenständigkeit des landwirtschaftlichen Sozialversicherungswesens. Weiter sei von einer Verletzung des Eigentumsgrundrechts und des Rechtsstaatsprinzips aufgrund einer unzulässigen Rückwirkung in Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG auszugehen. Der Kläger habe in der Vergangenheit darauf vertraut, dass er mit der Zahlung der Beiträge zur Alterssicherung der Landwirte eine zusätzliche Altersversorgung aufbaue. Mit dem Inkrafttreten des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG zum 1. Januar 2011 sei in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen worden, weil die Beitragszahlungen bereits geleistet worden seien. Zum Zeitpunkt dieser abgeschlossenen Zahlungen sei eine Ruhensregelung in Bezug auf die Rente aus einer Alterssicherung für Landwirte nicht vorgesehen gewesen. Weiterhin liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da lediglich in Bayern und der Hansestadt Hamburg eine Anrechnung der Renten der Alterssicherung für Landwirte vorgenommen worden sei. Es sei auch davon auszugehen, dass gegen das Willkürverbot verstoßen worden sei, weil keine Übergangsregelung existiere.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Zu Einzelheiten wird auf Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beklagten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 125 Abs. 1 i. V. m.. § 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Zahlung ungekürzter Versorgungsbezüge. Der angefochtene Bescheid vom 20. Oktober 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2012 findet in Art. 85 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 2, Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG seine Rechtsgrundlage und ist rechtlich nicht zu beanstanden (siehe 1.). Dagegen sprechen auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (siehe 2.).

1. Die Voraussetzungen der Ruhensregelung des Art. 85 BayBeamtVG sind erfüllt. Art. 85 BayBeamtVG regelt das Zusammentreffen von Versorgungsbezügen der Beamten mit Renten. Danach werden (wie hier nach Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG) Renten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) in bestimmten Umfang auf die Versorgungsbezüge angerechnet. Welche Leistungen nicht als Rente gelten bzw. welche Rententeile bei der Ruhensregelung unberücksichtigt bleiben, ist in Art. 85 BayBeamtVG abschließend geregelt. Nach Art. 85 Abs. 5 BayBeamtVG wird der Teil der Rente, der auf freiwilligen Beitragsleistungen oder auf einer Höherversicherung beruht, nicht auf die Versorgungsbezüge angerechnet. Die dem Kläger gewährte Rente umfasst nach der verbindlichen Mitteilung der LAK vom 15. November 2011 bzw. telefonischer Auskunft vom 19. Oktober 2010 (vgl. BVerwG, U. v. 21.2.1991 - 2 C 32/88 - ZBR 1991, 348 - juris Rn. 14 zur Verbindlichkeit des Rentenbescheids) an den Beklagten keine Rententeile, die auf freiwilligen Beiträgen beruhen, so dass eine Anrechnung auf die Versorgungsbezüge erfolgen durfte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Berufungsbegründung. Zum einem ist es rechtlich unerheblich, dass der Kläger meinte, er leiste freiwillige Beiträge, sich also insoweit im Irrtum befand, zum anderen fehlt jeglicher substantiierter Vortrag, dass die Beiträge entgegen der Mitteilung der LAK auf freiwilliger Basis einbezahlt worden wären. Die Aktenlage spricht jedenfalls eindeutig dagegen. Der Kläger wurde nach Auskunft der LAK vom 15. November 2011 erst mit Bescheid vom 19. Dezember 2000 ab dem 1. Januar 2001 von der Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte befreit, so dass bis zu diesem Zeitpunkt Pflichtbeiträge geleistet werden mussten. Der Kläger war nach § 14 Abs. 1 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL; ab dem 1.1.1995 ALG) in der Fassung vom 14. September 1965 (BGBl. I, 1449/1452) als landwirtschaftlicher Unternehmer beitragspflichtig, hätte sich aber von Anfang an (1. Juni 1975) befreien lassen können. Nach § 14 Abs. 2 Buchst. c GAL in der Fassung des Gesetzes über die laufende Anpassung der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte vom 19. Dezember 1973 (BGBl. I, 1937/1939) konnten sich landwirtschaftliche Unternehmer, wie der Kläger (§ 1 Abs. 3 ALG 1965), auf Antrag befreien lassen, wenn sie eine der in § 6 Abs. 1 Nr. 1, 3 bis 6, § 7 oder § 8 des Angestelltenversicherungsgesetzes genannten Voraussetzungen erfüllen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten vom 23. Februar 1957 (BGBl. I., 88/92) waren u. a. Beamte der Länder versicherungsfrei. Trotz der während der gesamten Zeit der Beitragsleistung bestehenden Befreiungsmöglichkeit hat der Kläger einen entsprechenden Antrag erst zum 1. Januar 2001 gestellt, so dass bis zu diesem Zeitpunkt mangels beantragter und bewilligter Befreiung Pflichtbeiträge geleistet worden sind; erst nach diesem Zeitpunkt wäre eine freiwillige Weiterversicherung möglich gewesen (vgl. § 5 ALG). Hinsichtlich des in der Berufungsbegründung angesprochenen Zeitraums vom 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 1976 gilt nichts anderes, zumal die in der Auskunft der LAK vom 15. November 2011 angesprochene rückwirkende Änderung des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte durch das 2. Agrarsoziale Änderungsgesetz vom 9. Juli 1980 (BGBl. I., 905) nicht die bereits angesprochene Befreiungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2 Buchst. c GAL betrifft, sondern der soziale Sicherung der jüngeren Witwen und Witwer und der älteren Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft verbessert und die Unternehmer der Fluss- und Seefischerei sowie der Imkerei in den Schutz der landwirtschaftlichen Alterssicherung und der Krankenversicherung einbezieht (vgl. BT-Drs. 8/2844, Seite 15).

Auch der Umstand, dass der Kläger neben seinem Beamtenberuf eine versicherungspflichtige Nebentätigkeit ausgeübt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es besteht kein Raum, Art. 85 BayBeamtVG entgegen seinem klaren und eindeutigen Wortlaut einschränkend in einer Weise auszulegen, dass Renten ganz oder teilweise versicherungsfrei bleiben, soweit die auf einer (zulässigen) Nebentätigkeit während des Beamtenverhältnisses beruhen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 28.1.1993 - 2 C 20/91 - BVerwGE 92, 41 - juris Rn. 16) ist die bundesrechtliche Vorgängernorm - § 55 BeamtVG - einer einschränkenden Auslegung im diesem Sinne entgegen dem Wortlaut nicht zugänglich. Diese Erwägung kann auch auf den landesrechtlich nachgebildeten Art. 85 BeamtVG übertragen werden.

2. Die somit für den Kläger sich ergebende Ruhensregelung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

2.1. Die Anrechnung der Rente auf die Versorgungsbezüge gemäß Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG verstößt nicht gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG bzw. Art. 103 Abs. 1 BV.

Der dem Kläger zustehende Rentenanspruch aus der Alterssicherung für Landwirte, der grundsätzlich den Schutz des Art. 14 GG bzw. Art. 103 Abs. 1 BV genießt, wird durch die Anrechnung nach Art. 85 BayBeamtVG weder in seinem Bestand noch in seiner Höhe entwertet oder sonst wie berührt. Dem Kläger wird seine Altersrente ungekürzt gezahlt und damit ungeschmälert und unangetastet erhalten. Für seine Beiträge zur Alterssicherung für Landwirte bekommt er weiterhin ein vollwertiges Äquivalent (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 79).

Der Bezug einer Rente kann aufgrund des § 55 Abs. 1 BeamtVG allein dazu führen, dass die zugleich gewährten Versorgungsbezüge nunmehr herabgesetzt werden. Sowohl die Kürzung der Versorgungsbezüge als auch deren Ausmaß richten sich (auch) nach der Höhe der Rente. Es liegt indessen auf der Hand, dass die Garantien des Art. 14 GG bzw. Art. 103 Abs. 1 BV zugunsten der Rente nicht schon dadurch beeinträchtigt sein können, dass die Rente einen der Bestimmungsfaktoren dafür bildet, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Versorgungsbezüge gekürzt, also andere verfassungsrechtlich selbstständig geschützte Positionen geschmälert werden (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 80).

Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber durch Art. 85 BayBeamtVG in Wirklichkeit die Rente treffen wollte und eine Kürzung nicht der Rente, sondern der Versorgungsbezüge nur vorgesehen habe, um Vorschriften des Grundgesetzes zum Schutze der Rente zu umgehen, sind nicht ersichtlich, lassen sich insbesondere der Entstehungsgeschichte der bundesrechtlichen Vorgängernorm § 55 BeamtVG und dessen Vorgängervorschriften bzw. der nachgebildeten landesrechtlichen Bestimmung des Art. 85 BayBeamtVG nicht entnehmen (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 81).

Auch die durch Art. 85 BayBeamtVG bewirkte Kürzung der Versorgungsbezüge verletzt Art. 14 bzw. Art. 103 Abs. 1 BV GG nicht. Die gezahlten Versorgungsbezüge sind öffentlich-rechtliche vermögensrechtliche Ansprüche, die ihre Grundlage in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis haben, das in Art. 33 Abs. 5 GG bzw. Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV eine verfassungsrechtliche Sonderregelung erfahren hat. Bei solchen Ansprüchen geht Art. 33 Abs. 5 GG als lex specialis Art. 14 GG/Art. 103 Abs. 1 BV vor (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 83; BayVerfGH, E. v. 25.2.2013 - Vf. 17-VII-12 - BayVBl 2013, 532 - juris Rn. 60).

2.2. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG, Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV vor. Die Regelung hält sich innerhalb des dem Gesetzgeber bei der Konkretisierung der Alimentationspflicht des Dienstherrn offenstehenden weiten Rahmens.

2.2.1. Von einem hergebrachten Grundsatz im Sinn des Art. 33 Abs. 5 GG bzw. Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV kann nur gesprochen werden, wenn es um Regelungen geht, die das Bild des Berufsbeamtentums in seiner überkommenen Gestalt so prägen, dass ihre Beseitigung auch das Berufsbeamtentum als solches, also seine essentiellen Grundsätze, antasten würde. Die hergebrachten Grundsätze betreffen nur jenen Kernbestand an Strukturprinzipien, die allgemein oder doch überwiegend und während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind (vgl. BayVerfGH, E. v. 11.2.2015 - Vf. 1-VII-13 - juris Rn. 26).

Zu diesen hergebrachten Strukturprinzipien, die das Bild des Berufsbeamtentums maßgeblich prägen, gehört auch das Alimentationsprinzip. Es verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang- und damit auch nach Beendigung des aktiven Dienstes - angemessen zu alimentieren und ihm nach seinen Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Dabei steht dem Gesetzgeber ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. BayVerfGH, E. v. 11.2.2015 - Vf. 1-VII-13 - juris Rn. 27/29).

2.2.2. Die Anrechnung von Renten auf die Versorgungsbezüge stellt keinen Eingriff in den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation dar. Nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs ist die amtsangemessene Alimentation zwar unabhängig davon zu leisten, ob und inwieweit der Versorgungsempfänger in der Lage ist, seinen Unterhalt aus eigenen Mitteln, wie insbesondere aufgrund privatrechtlicher Ansprüche oder aus privatem Vermögen, zu bestreiten (vgl. BayVerfGH, E. v. 11.2.2015 - Vf. 1-VII-13 - juris Rn. 40; BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 90). Der Dienstherr kann sich von seiner Alimentationspflicht jedoch dadurch entlasten, dass er den Versorgungsberechtigten auf Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVerfGH, E. v. 11.2.2015 - Vf. 1-VII-13 - juris Rn. 33 mit weiteren Nachweisen). Bei der Land- und Forstwirtschaftlichen Alterskasse handelt es sich um eine öffentliche Kasse, weil der Bund zu dem Haushalt der Alterskasse laufend erhebliche Beiträge aus seinem Haushalt zu leisten hat (vgl. § 66 Abs. 2 ALG; im Jahr 2012 Zuschüsse in Höhe von rd. 2.2 Mrd. Euro, womit etwa 77% der Ausgaben durch Steuermittel finanziert worden sind, vgl. BT-Drs. 18/83, S. 8).

Als Legitimation für den Verweis auf eine andere öffentlichen Kasse genügt in aller Regel das Bemühen, Ausgaben zu sparen, für sich genommen nicht; vielmehr müssen weitere Gründe hinzukommen, die gerade im Bereich des Systems der Altersvorsorge liegen und die Kürzung von Versorgungsbezügen als sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen. Das trifft nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts auf den Abbau der überhöhten Versorgung zu, die sich nicht aus einer zusätzlichen Eigenleistung des Versorgungsempfängers, sondern aus dem unkoordinierten Nebeneinander zweier Versorgungssysteme beim Wechsel von dem einen in das andere ergibt. Es trifft aber in gewissen Umfang auch zu, soweit eine Rente - wie hier - auf einer neben dem Beamtenverhältnis zulässigerweise ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit beruht (vgl. BVerwG, U. v. 28.1.1993 - 2 C 20/91 - BVerwGE 92, 41 - juris Rn. 21; BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris, zu § 55 BeamtVG bzw. dessen Vorgängerregelungen). In diesem Falle beruht es zwar auf einer zusätzlichen Eigenleistung des Versorgungsberechtigten, dass ihm überhaupt eine über die Beamtenversorgung hinausgehende Altersversorgung zusteht. Indessen ist die Rente auch insoweit, als sie auf einer neben dem Beamtenverhältnis (zulässigerweise) ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit beruht, in ihrer Höhe durch soziale Komponenten bestimmt, die sich in beiden Versorgungssystemen überschneiden, was in der Sache die Anrechnung der Rente auf die Versorgungsbezüge rechtfertigt (vgl. BVerwG, U. v. 28.1.1993 - 2 C 20/91 - BVerwGE 92, 41 - juris Rn. 22/23). Vielmehr darf der Gesetzgeber sie kürzen, wenn dies im Rahmen des von ihm zu beachtenden Alimentationsgrundsatzes aus sachlichen Gründen gerechtfertigt erscheint (vgl. BVerfG, B. v. 15.5.1985 - 2 BvL 24/82 - BVerfGE 70, 69 - juris Rn. 54). Sowohl in der Beamtenversorgung als auch in der Alterssicherung für Landwirte sind sozialpolitische Komponenten zur Sicherung des Existenzminimums bei Alter und Invalidität eingebaut, die sich überschneiden, weil sie unberücksichtigt lassen, dass die erfassten Tatbestände bereits zur Begründung oder Erhöhung des jeweils anderen Versorgungsanspruchs führen. Dies rechtfertigt der Sache nach die Anrechnung der Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, wie vorliegend durch Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG geschehen. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Empfehlung der Ausschüsse für Innere Angelegenheiten, des Agrarausschusses, des Finanzausschusses und des Ausschusses für Kulturfragen vom 9. Juni 2006 an den Bundesrat zum Entwurf eines Gesetzes zur nachhaltigen Finanzierung der Versorgung sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften, wonach die Einbeziehung des landwirtschaftlichen Sozialversicherungssystems in die Ruhensregelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG der Eigenständigkeit des landwirtschaftlichen Sozialversicherungssystems widersprechen soll (vgl. BR-Drs. 390/1/05). Es handelt sich um eine nicht weiter substantiierte Rechtsansicht, die vor dem Hintergrund, dass sich die Rentenleistungen der Alterssicherung der Landwirte hinsichtlich des Katalogs der Leistungsarten und der Anspruchsvoraussetzungen an die Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung anlehnen (vgl. Lagebericht des Bundesregierung über die Alterssicherung der Landwirte 2001 (BT-Drs. 16/907, Seite 4) keinen Bestand haben kann und auch von Bundesrat nicht übernommen worden ist (vgl. BR-DRs. 390/5).

2.3. Die Regelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG steht weder im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Rückwirkungsgebot noch zum rechtsstattlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG).

Der Rückwirkung von Rechtssätzen sind durch das rechtsstaatliche Gebot des Vertrauensschutzes Grenzen gezogen. Es gilt der Grundsatz, dass eine Rechtslage nicht nachträglich zulasten des Bürgers verschlechtert werden darf, wenn er in schutzwürdiger Weise auf das Fortbestehen der bisherigen Rechtslage vertrauen konnte. In dem Vertrauen wird der Bürger verletzt, wenn eine Rechtsvorschrift an abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen er bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (sog. echte Rückwirkung). Dagegen geht der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht so weit, den Bürger für die Zukunft vor jeder nachteiligen Änderung einer bisher gewährten Rechtsposition zu bewahren. Auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen darf der Normgeber deshalb mit Wirkung für die Zukunft grundsätzlich einwirken. Aus dem Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ergeben sich zwar auch in derartigen Fällen einer sog. unechten Rückwirkung verfassungsrechtliche Grenzen für belastende Vorschriften. Bei einer unechten Rückwirkung ist das Vertrauen des einzelnen auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung jedoch weit weniger geschützt als bei einer echten Rückwirkung; hier ist die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit gegen das Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage abzuwägen (vgl. BayVerfGH, E.v. 25.2.2013 - Vf. 17-VII-12 - BayVBl 2013, 532 - juris Rn. 67).

Eine echte Rückwirkung in Form einer Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm liegt bei Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG nicht vor. Die Norm greift nicht ändernd in die Rechtslage ein, die vor ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 2011 für rentenbeziehende Versorgungsempfänger bestanden hat. Der zeitliche Anwendungsbereich bleibt allein auf die Zukunft beschränkt, da die Rechtsfolge des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG, d. h. die Kürzung der Versorgungsbezüge im Wege der Rentenanrechnung, erst nach ihrem Inkrafttreten eingetreten ist. Durch die Regelung werden gerade nicht rückwirkend bereits ausgezahlte Versorgungsbezüge gekürzt. Die Regelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG wirkt vielmehr auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft und stellt sich deshalb als eine unechte Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) dar. Eine solche ist mit den Grundsätzen des grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren gewahrt bleibt (vgl. BVerfG, B. v. 7.7.2010 - 2 BvR 748/05 - 2 BvR 748/05 - juris Rn. 47). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 171) ist es dabei ausreichend, die verfassungsrechtliche Prüfung auf den Maßstab des Art. 33 Abs. 5 GG zu beschränken, da der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes im Bereich des Beamtenversorgungsrechts durch Art. 33 Abs. 5 GG seine besondere Ausprägung erfahren hat. Zwar wird gerade im Beamtenversorgungsrecht besonderes Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungsregelungen begründet. Allerdings ist es dem Gesetzgeber auch bei notwendigerweise langfristig angelegten Alterssicherungssystemen möglich, aus Gründen des Allgemeinwohls an früheren Entscheidungen nicht mehr festzuhalten und Neuregelungen zu treffen (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 173).

Hier durften die von Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG betroffenen Beamten nicht von vornherein darauf vertrauen, dass für sie günstige Gesetzesvorschriften betreffend ihre Altersversorgung für alle Zukunft unverändert weitergelten und zugesagte Leistungen auf Dauer mindestens konstant bleiben würden. Insbesondere im Bereich der Alterssicherung der Landwirte ist zu berücksichtigen, dass die Leistungen nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte bis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1986 (2 C 66.85 - BVerwGE 74, 285 - juris) bereits nach der Tz. 55.1.2 der allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums des Innern vom 3. November 1980 (GMBl. 1980, S. 742) in die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG einbezogen worden sind. Den Verwaltungsvorschriften lag die Ansicht zugrunde, die Leistungen der Altershilfe für Landwirte zählten zu den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Einbeziehung des Altersgeldes hingegen abgelehnt, weil die Altershilfe für Landwirte als ein eigenes System der Alterssicherung für die bäuerliche Bevölkerung zu werten sei, das der Gesetzgeber abweichend von den gesetzlichen Rentenversicherungen gestaltet habe. Zudem fand selbst nach diesem Urteil weiterhin ein Ausgleich statt, indem nach dem Teil 6 der bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Versorgungsrecht in der Fassung bis zum 31. Dezember 2010 „Kann-Vordienstzeiten“ nach Maßgabe von Ermessensrichtlinien nur eingeschränkt anerkannt wurden, um eine Überversorgung gemessen am Leitbild eines sog. „Nur-Beamten“, der sein gesamtes Berufsleben im Beamtenverhältnis verbringt, zu verhindern. Die genannte Ermessensrichtlinie wurde mit Entscheidung des Senats vom 28. Februar 2011 (3 ZB 08.403 - juris) jedoch als rechtswidrig beurteilt. Da jedenfalls seit Ende 1980 in der behördlichen Praxis, gesteuert durch Verwaltungsvorschriften, eine Anrechnung der Rente nach dem, Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte auf die Versorgungsbezüge erfolgte, kann sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen. Eine Kürzung der Versorgungsbezüge war nicht nur zu erwarten, sondern wurde tatsächlich - wenn auch rechtswidrig - praktiziert.

3. Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV) liegt nicht vor. Insbesondere kann sich ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV nicht daraus ergeben, dass der Bund und einige Bundesländer bzw. Stadtstaaten in ihren gesetzlichen Versorgungsregelungen von der Anrechnung der Renten im Sinne §§ 11 ff. ALG abgesehen haben.

Derzeit erfolgt nach bayerischen Vorbild eine gesetzliche Anrechnung der Renten der Alterssicherung der Landwirte in Baden-Württemberg (§ 108 LBeamtVGBW), in Brandenburg (§ 76 BbgBeamtVG), der Hansestadt Hamburg (§ 66 HmbBeamtVG), Rheinland-Pfalz (§ 75 LBeamtVG), Sachsen (§ 74 SächsBeamtVG) und Schleswig-Holstein (§ 66 SHBeamtVG). In Niedersachen wird die Anrechnung insoweit modifiziert, als mit § 66 NBeamtVG dem Vertrauensschutz dadurch Rechnung getragen wird, dass Beitragszahlungen die auf Zeiten vor dem 1. Dezember 2011 (= Inkrafttreten) beruhen, keine Berücksichtigung finden.

Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil in anderen Bundesländern bzw. im Bund keine Einbeziehung der Rente nach dem Gesetz der Alterssicherung der Landwirte erfolgt. Der Gleichheitssatz wird nicht verletzt, wenn ein Landesgesetzgeber innerhalb seines Kompetenzbereiches von der Gesetzgebung des Bundes bzw. anderer Länder abweichende Regelungen trifft, auch wenn dadurch die Einwohnerinnen und Einwohner seines Landes mehr belastet oder begünstigt werden. Vielmehr sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt, denn die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaats (vgl. BVerfG, B. v. 14.1.2015 - 1 BvR 931/12 - juris Rn. 61). Mit Rücksicht auf die föderalistische Struktur der Bundesrepublik Deutschland und die eigenständigen Gesetzgebungskompetenzen der Länder kann daher die Verfassungsmäßigkeit eines Landesgesetzes grundsätzlich nicht deshalb in Zweifel gezogen werden, weil es von verwandten Regelungen in anderen Bundesländern oder im Bund abweicht. Der Landesgesetzgeber ist nur gehalten, den Gleichheitssatz innerhalb des ihm zugeordneten Gesetzgebungsbereichs zu wahren (BVerfG, B. v. 27.3.1979 - 2 BvL 2/77 - BVerfGE 51, 43 - juris Rn. 39; Beck’scher Online-Kommentar GG, Stand: 1.12.2014, Art. 3 Rn. 104).

4. Auch die vorgenommene Differenzierung in der Überleitungsregelung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG zwischen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens am 1. Januar 2011 schon vorhandenen Versorgungsempfängern einerseits und den nach Inkrafttreten des Art. 85 BayBeamtVG am 1. Januar 2011 neu hinzukommenden Versorgungsberechtigten andererseits unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der Gleichheitssatz verbietet auch in Besoldungs- und Versorgungsrecht, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich zu behandeln. Dieses Verbot ist verletzt, wenn die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 138). Aufgrund der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers kann dabei nicht überprüft werden, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat; vielmehr ist lediglich das Willkürverbot zu beachten. Wenn der Gesetzgeber die bestehende Rechtslage ändert, muss er einen Eingriff in schutzwürdige Vertrauenstatbestände nach Möglichkeit in geeigneter Weise abmildern oder ausgleichen (BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 41 ff.).

Die Überleitungsregelung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG, die im Ergebnis lediglich Bestandsschutz für Versorgungsbezüge von Versorgungsempfängern, die zum 1. Januar 2011 bereits in den Ruhestand getreten waren, gewährt, ist sachlich gerechtfertigt. Der unterschiedliche Status von aktiven Beamten und Versorgungsempfängern ist ein wesentlicher Anknüpfungspunkt für versorgungsrechtliche Überleitungs- bzw. Übergangsvorschriften. Im Fall von Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG ist zusätzlich zu beachten, dass die Regelung einen Ausgleich für die Versorgungsempfänger schaffen sollte, die unter Geltung der alten Rechtslage von einer Kürzung der „Kann-Vordienstzeiten“ betroffen waren, da wegen der besonderen Bestandskraft Art. 100 Absatz 1 Satz 1 BayBeamtVG die ruhegehaltsfähige Dienstzeit nach Inkrafttreten des bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes nicht mehr angepasst werden konnte. Dies war bei Beamten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch aktiv waren, nicht erforderlich, da eine Festsetzung der Versorgungsbezüge unter Zugrundelegung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit noch nicht erfolgt ist. Abgesehen davon hatte derjenige, der bei Inkrafttreten der Vorschrift bereits Renten- bzw. Versorgungsempfänger war, im Vergleich zu demjenigen, der erst später in den Anwendungsbereich des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG fällt, weniger Zeit und dadurch geringere Möglichkeiten, sich auf die durch Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG veränderte Rechtslage einzurichten. Insofern war es ausreichend und angemessen, die Überleitungsregelung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG auf Versorgungsempfänger zu beschränken.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 ff ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2, § 191 VwGO und § 127 BRRG nicht erfüllt sind.

(1) Versorgungsbezüge werden neben Renten nur bis zum Erreichen der in Absatz 2 bezeichneten Höchstgrenze gezahlt. Als Renten gelten

1.
Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen,
1a.
Renten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
2.
Renten aus einer zusätzlichen Alters- oder Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes,
3.
Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wobei für den Ruhegehaltempfänger ein dem Unfallausgleich (§ 35) entsprechender Betrag unberücksichtigt bleibt; bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent bleiben zwei Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 Prozent ein Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz unberücksichtigt,
4.
Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder aus einer befreienden Lebensversicherung, zu denen der Arbeitgeber auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat.
Wird eine Rente im Sinne des Satzes 2 nicht beantragt oder auf sie verzichtet oder wird an deren Stelle ein Kapitalbetrag gezahlt, so tritt an die Stelle der Rente der Betrag, der vom Leistungsträger ansonsten zu zahlen wäre. Erfolgt die Zahlung eines Kapitalbetrages, weil kein Anspruch auf eine laufende Rente besteht, so ist der Betrag zugrunde zu legen, der sich bei einer Verrentung der einmaligen Zahlung ergibt. Die Sätze 3 und 4 gelten nicht, wenn der Ruhestandsbeamte innerhalb von drei Monaten nach Zufluss den Kapitalbetrag zuzüglich der hierauf gewährten Zinsen an den Dienstherrn abführt. Zu den Renten und den Leistungen nach Nummer 4 rechnet nicht der Kinderzuschuss. Renten, Rentenerhöhungen und Rentenminderungen, die auf § 1587b des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder § 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich, jeweils in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung, beruhen, sowie übertragene Anrechte nach Maßgabe des Versorgungsausgleichsgesetzes und Zuschläge oder Abschläge beim Rentensplitting unter Ehegatten nach § 76c des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleiben unberücksichtigt. Der Verrentungsbetrag nach Satz 4 berechnet sich nach folgender Formel:

EP × aRW = VrB.
In dieser Formel bedeutet:
EP:
Entgeltpunkte, die sich ergeben durch Multiplikation des Kapitalbetrages in Euro mit dem für dessen Auszahlungsjahr maßgeblichen Faktor zur Umrechnung von Kapitalwerten in Entgeltpunkte nach § 187 Absatz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anschließende Division durch Euro; die Entgeltpunkte werden kaufmännisch auf vier Dezimalstellen gerundet;
aRW:
aktueller Rentenwert in Euro,
VrB:
Verrentungsbetrag in Euro.

(2) Als Höchstgrenze gelten

1.
für Ruhestandsbeamte der Betrag, der sich als Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1 ergeben würde, wenn der Berechnung zugrunde gelegt werden
a)
bei den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen die Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt berechnet,
b)
als ruhegehaltfähige Dienstzeit die Zeit vom vollendeten siebzehnten Lebensjahr bis zum Eintritt des Versorgungsfalles abzüglich von Zeiten nach § 12a und nicht ruhegehaltfähiger Zeiten im Sinne des § 6a, zuzüglich ruhegehaltfähiger Dienstzeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres sowie der Zeiten, um die sich die ruhegehaltfähige Dienstzeit erhöht, und der bei der Rente berücksichtigten Zeiten einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit nach Eintritt des Versorgungsfalles,
2.
für Witwen der Betrag, der sich als Witwengeld zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1, für Waisen der Betrag, der sich als Waisengeld zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1, wenn dieser neben dem Waisengeld gezahlt wird, aus dem Ruhegehalt nach Nummer 1 ergeben würde.
Ist bei einem an der Ruhensregelung beteiligten Versorgungsbezug das Ruhegehalt nach § 14 Abs. 3 gemindert, ist das für die Höchstgrenze maßgebende Ruhegehalt in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschrift festzusetzen. Ist bei einem an der Ruhensregelung beteiligten Versorgungsbezug der Ruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 oder 3 dieses Gesetzes in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung gemindert, ist der für die Höchstgrenze maßgebende Ruhegehaltssatz in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschrift festzusetzen.

(3) Als Renten im Sinne des Absatzes 1 gelten nicht

1.
bei Ruhestandsbeamten (Absatz 2 Nr. 1) Hinterbliebenenrenten aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit des Ehegatten,
2.
bei Witwen und Waisen (Absatz 2 Nr. 2) Renten auf Grund einer eigenen Beschäftigung oder Tätigkeit.

(4) Bei Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt außer Ansatz der Teil der Rente (Absatz 1), der

1.
dem Verhältnis der Versicherungsjahre auf Grund freiwilliger Weiterversicherung oder Selbstversicherung zu den gesamten Versicherungsjahren oder, wenn sich die Rente nach Werteinheiten berechnet, dem Verhältnis der Werteinheiten für freiwillige Beiträge zu der Summe der Werteinheiten für freiwillige Beiträge, Pflichtbeiträge, Ersatzzeiten und Ausfallzeiten oder, wenn sich die Rente nach Entgeltpunkten berechnet, dem Verhältnis der Entgeltpunkte für freiwillige Beiträge zu der Summe der Entgeltpunkte für freiwillige Beiträge, Pflichtbeiträge, Ersatzzeiten, Zurechnungszeiten und Anrechnungszeiten entspricht,
2.
auf einer Höherversicherung beruht,
3.
auf Entgeltpunkten beruht, die auf Zeiten einer Verwendung bei einer Einrichtung im Sinne des § 6a zurückzuführen sind, sofern diese Zeiten nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeiten nach § 6a berücksichtigt werden.
Dies gilt nicht, soweit der Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat.

(5) Bei Anwendung des § 53 ist von der nach Anwendung der Absätze 1 bis 4 verbleibenden Gesamtversorgung auszugehen.

(6) Beim Zusammentreffen von zwei Versorgungsbezügen mit einer Rente ist zunächst der neuere Versorgungsbezug nach den Absätzen 1 bis 4 und danach der frühere Versorgungsbezug unter Berücksichtigung des gekürzten neueren Versorgungsbezuges nach § 54 zu regeln. Der hiernach gekürzte frühere Versorgungsbezug ist unter Berücksichtigung des gekürzten neueren Versorgungsbezuges nach den Absätzen 1 bis 4 zu regeln; für die Berechnung der Höchstgrenze nach Absatz 2 ist hierbei die Zeit bis zum Eintritt des neueren Versorgungsfalles zu berücksichtigen.

(7) § 53 Abs. 6 gilt entsprechend.

(8) Den in Absatz 1 bezeichneten Renten stehen entsprechende wiederkehrende Geldleistungen gleich, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- oder Sonderversorgungssystemen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik geleistet werden oder die von einem ausländischen Versicherungsträger nach einem für die Bundesrepublik Deutschland wirksamen zwischen- oder überstaatlichen Abkommen gewährt werden. Für die Umrechnung von Renten ausländischer Versorgungsträger gilt § 17a Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollsteckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der klagende Ruhestandsbeamte wendet sich gegen die Anrechnung einer auf einer Nebentätigkeit während des Beamtenverhältnisses beruhenden Rente aus der Alterssicherung für Landwirte auf seine Versorgungsbezüge.

Der Kläger trat 1974 in den Dienst des Beklagten. 2011 wurde er als Vermessungshauptsekretär in den Ruhestand versetzt. Der Kläger erhält aus der Land- und Forstwirtschaftlichen Alterskasse (LAK) seit dem 1. Oktober 2011 eine Rente aus der Alterssicherung für Landwirte in Höhe von 324, 27 €. Dieser Rente liegen Pflichtbeiträge zugrunde, die in der Zeit vom 1. Juni 1975 bis zum 31. Dezember 2000 geleistet worden sind.

Durch den Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 20. Oktober 2011 setzte der Beklagte die dem Kläger zustehenden Versorgungsbezüge ab 1. Oktober 2011 auf 1.743,61 € brutto monatlich fest. Da er ab 1. Oktober 2011 auch eine Altersrente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte erhielt, wurden die dem Kläger ohne Anrechnung der Rente zustehenden Versorgungsbezüge von 2.041,86 € brutto in Höhe von 298,25 € ruhend gestellt. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesamts für Finanzen vom 13. Januar 2012 zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger am 3. Februar 2012 Klage mit dem Antrag,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 20. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2012 zu verpflichten, ab dem 1. Oktober 2011 die Versorgungsbezüge unter Außerachtlassung der aus der Alterssicherung für Landwirte zustehenden Rente neu festzusetzen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. November 2012 abgewiesen. Bei der dem Kläger von der LAK ab 1. Oktober 2011 bewilligten Rente in Höhe von 324,27 € handele es sich um eine Regelaltersrente gemäß § 11 ALG, d. h. um eine Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte gemäß Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG, die bei der Ermittlung der zu zahlenden Versorgungsbezüge zu berücksichtigen sei. Die Bestimmung sei verfassungsgemäß. Es sei weder ein Verstoß gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ersichtlich, noch liege eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts und des Vertrauensschutz und Rückwirkungsverbot berücksichtigenden Rechtsstaatsgebots vor.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und durch den Kläger am 8. März 2013 begründete Berufung, mit der dieser beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2012 zu verpflichten, ab dem 1. Oktober 2011 die Versorgungsbezüge des Klägers unter Außerachtlassung der aus der Alterssicherung der Landwirte zustehenden Rente neu festzusetzen.

Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es sich bei den Beitragszahlungen des Klägers im Zeitraum vom 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 2000 in die Altersversorgung der Landwirte um freiwillige Beiträge gehandelt habe. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt daran gedacht, dass es sich um Pflichtbeiträge handelt könne. Damit habe die Rente bei der Ermittlung nach Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG außer Ansatz zu bleiben.

Aber auch für den Fall, dass von Pflichtbeiträgen auszugehen wäre, müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger bereits ab dem 1. Juni 1975 Beiträge einbezahlt habe, obwohl er hierzu nicht mehr verpflichtet gewesen sei. Der Kläger hätte ab dem 1. Januar 1977 die Möglichkeit gehabt, sich von der Beitragspflicht zur Altersversorgung der Landwirte ausdrücklich befreien zu lassen. Zum 1. Juni 1975 habe er diese Möglichkeit jedoch nicht gehabt. Sollte es sich also bei den Zahlungen seit dem 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 2000 um Pflichtbeiträge gehandelt haben, so dürften die Beiträge vom 1. Juni 1975 bis 1. Januar 1977 nicht in die Berechnung einfließen.

Art. 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBeamtVG verstoße gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und sei daher verfassungswidrig. Der Bund habe die Einbeziehung der Renten aus der Alterssicherung der Landwirte in die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG abgelehnt; sie widerspreche der Eigenständigkeit des landwirtschaftlichen Sozialversicherungswesens. Weiter sei von einer Verletzung des Eigentumsgrundrechts und des Rechtsstaatsprinzips aufgrund einer unzulässigen Rückwirkung in Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG auszugehen. Der Kläger habe in der Vergangenheit darauf vertraut, dass er mit der Zahlung der Beiträge zur Alterssicherung der Landwirte eine zusätzliche Altersversorgung aufbaue. Mit dem Inkrafttreten des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG zum 1. Januar 2011 sei in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen worden, weil die Beitragszahlungen bereits geleistet worden seien. Zum Zeitpunkt dieser abgeschlossenen Zahlungen sei eine Ruhensregelung in Bezug auf die Rente aus einer Alterssicherung für Landwirte nicht vorgesehen gewesen. Weiterhin liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da lediglich in Bayern und der Hansestadt Hamburg eine Anrechnung der Renten der Alterssicherung für Landwirte vorgenommen worden sei. Es sei auch davon auszugehen, dass gegen das Willkürverbot verstoßen worden sei, weil keine Übergangsregelung existiere.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Zu Einzelheiten wird auf Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beklagten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 125 Abs. 1 i. V. m.. § 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Zahlung ungekürzter Versorgungsbezüge. Der angefochtene Bescheid vom 20. Oktober 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2012 findet in Art. 85 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 2, Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG seine Rechtsgrundlage und ist rechtlich nicht zu beanstanden (siehe 1.). Dagegen sprechen auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (siehe 2.).

1. Die Voraussetzungen der Ruhensregelung des Art. 85 BayBeamtVG sind erfüllt. Art. 85 BayBeamtVG regelt das Zusammentreffen von Versorgungsbezügen der Beamten mit Renten. Danach werden (wie hier nach Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG) Renten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) in bestimmten Umfang auf die Versorgungsbezüge angerechnet. Welche Leistungen nicht als Rente gelten bzw. welche Rententeile bei der Ruhensregelung unberücksichtigt bleiben, ist in Art. 85 BayBeamtVG abschließend geregelt. Nach Art. 85 Abs. 5 BayBeamtVG wird der Teil der Rente, der auf freiwilligen Beitragsleistungen oder auf einer Höherversicherung beruht, nicht auf die Versorgungsbezüge angerechnet. Die dem Kläger gewährte Rente umfasst nach der verbindlichen Mitteilung der LAK vom 15. November 2011 bzw. telefonischer Auskunft vom 19. Oktober 2010 (vgl. BVerwG, U. v. 21.2.1991 - 2 C 32/88 - ZBR 1991, 348 - juris Rn. 14 zur Verbindlichkeit des Rentenbescheids) an den Beklagten keine Rententeile, die auf freiwilligen Beiträgen beruhen, so dass eine Anrechnung auf die Versorgungsbezüge erfolgen durfte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Berufungsbegründung. Zum einem ist es rechtlich unerheblich, dass der Kläger meinte, er leiste freiwillige Beiträge, sich also insoweit im Irrtum befand, zum anderen fehlt jeglicher substantiierter Vortrag, dass die Beiträge entgegen der Mitteilung der LAK auf freiwilliger Basis einbezahlt worden wären. Die Aktenlage spricht jedenfalls eindeutig dagegen. Der Kläger wurde nach Auskunft der LAK vom 15. November 2011 erst mit Bescheid vom 19. Dezember 2000 ab dem 1. Januar 2001 von der Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte befreit, so dass bis zu diesem Zeitpunkt Pflichtbeiträge geleistet werden mussten. Der Kläger war nach § 14 Abs. 1 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL; ab dem 1.1.1995 ALG) in der Fassung vom 14. September 1965 (BGBl. I, 1449/1452) als landwirtschaftlicher Unternehmer beitragspflichtig, hätte sich aber von Anfang an (1. Juni 1975) befreien lassen können. Nach § 14 Abs. 2 Buchst. c GAL in der Fassung des Gesetzes über die laufende Anpassung der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte vom 19. Dezember 1973 (BGBl. I, 1937/1939) konnten sich landwirtschaftliche Unternehmer, wie der Kläger (§ 1 Abs. 3 ALG 1965), auf Antrag befreien lassen, wenn sie eine der in § 6 Abs. 1 Nr. 1, 3 bis 6, § 7 oder § 8 des Angestelltenversicherungsgesetzes genannten Voraussetzungen erfüllen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten vom 23. Februar 1957 (BGBl. I., 88/92) waren u. a. Beamte der Länder versicherungsfrei. Trotz der während der gesamten Zeit der Beitragsleistung bestehenden Befreiungsmöglichkeit hat der Kläger einen entsprechenden Antrag erst zum 1. Januar 2001 gestellt, so dass bis zu diesem Zeitpunkt mangels beantragter und bewilligter Befreiung Pflichtbeiträge geleistet worden sind; erst nach diesem Zeitpunkt wäre eine freiwillige Weiterversicherung möglich gewesen (vgl. § 5 ALG). Hinsichtlich des in der Berufungsbegründung angesprochenen Zeitraums vom 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 1976 gilt nichts anderes, zumal die in der Auskunft der LAK vom 15. November 2011 angesprochene rückwirkende Änderung des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte durch das 2. Agrarsoziale Änderungsgesetz vom 9. Juli 1980 (BGBl. I., 905) nicht die bereits angesprochene Befreiungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2 Buchst. c GAL betrifft, sondern der soziale Sicherung der jüngeren Witwen und Witwer und der älteren Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft verbessert und die Unternehmer der Fluss- und Seefischerei sowie der Imkerei in den Schutz der landwirtschaftlichen Alterssicherung und der Krankenversicherung einbezieht (vgl. BT-Drs. 8/2844, Seite 15).

Auch der Umstand, dass der Kläger neben seinem Beamtenberuf eine versicherungspflichtige Nebentätigkeit ausgeübt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es besteht kein Raum, Art. 85 BayBeamtVG entgegen seinem klaren und eindeutigen Wortlaut einschränkend in einer Weise auszulegen, dass Renten ganz oder teilweise versicherungsfrei bleiben, soweit die auf einer (zulässigen) Nebentätigkeit während des Beamtenverhältnisses beruhen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 28.1.1993 - 2 C 20/91 - BVerwGE 92, 41 - juris Rn. 16) ist die bundesrechtliche Vorgängernorm - § 55 BeamtVG - einer einschränkenden Auslegung im diesem Sinne entgegen dem Wortlaut nicht zugänglich. Diese Erwägung kann auch auf den landesrechtlich nachgebildeten Art. 85 BeamtVG übertragen werden.

2. Die somit für den Kläger sich ergebende Ruhensregelung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

2.1. Die Anrechnung der Rente auf die Versorgungsbezüge gemäß Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG verstößt nicht gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG bzw. Art. 103 Abs. 1 BV.

Der dem Kläger zustehende Rentenanspruch aus der Alterssicherung für Landwirte, der grundsätzlich den Schutz des Art. 14 GG bzw. Art. 103 Abs. 1 BV genießt, wird durch die Anrechnung nach Art. 85 BayBeamtVG weder in seinem Bestand noch in seiner Höhe entwertet oder sonst wie berührt. Dem Kläger wird seine Altersrente ungekürzt gezahlt und damit ungeschmälert und unangetastet erhalten. Für seine Beiträge zur Alterssicherung für Landwirte bekommt er weiterhin ein vollwertiges Äquivalent (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 79).

Der Bezug einer Rente kann aufgrund des § 55 Abs. 1 BeamtVG allein dazu führen, dass die zugleich gewährten Versorgungsbezüge nunmehr herabgesetzt werden. Sowohl die Kürzung der Versorgungsbezüge als auch deren Ausmaß richten sich (auch) nach der Höhe der Rente. Es liegt indessen auf der Hand, dass die Garantien des Art. 14 GG bzw. Art. 103 Abs. 1 BV zugunsten der Rente nicht schon dadurch beeinträchtigt sein können, dass die Rente einen der Bestimmungsfaktoren dafür bildet, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Versorgungsbezüge gekürzt, also andere verfassungsrechtlich selbstständig geschützte Positionen geschmälert werden (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 80).

Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber durch Art. 85 BayBeamtVG in Wirklichkeit die Rente treffen wollte und eine Kürzung nicht der Rente, sondern der Versorgungsbezüge nur vorgesehen habe, um Vorschriften des Grundgesetzes zum Schutze der Rente zu umgehen, sind nicht ersichtlich, lassen sich insbesondere der Entstehungsgeschichte der bundesrechtlichen Vorgängernorm § 55 BeamtVG und dessen Vorgängervorschriften bzw. der nachgebildeten landesrechtlichen Bestimmung des Art. 85 BayBeamtVG nicht entnehmen (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 81).

Auch die durch Art. 85 BayBeamtVG bewirkte Kürzung der Versorgungsbezüge verletzt Art. 14 bzw. Art. 103 Abs. 1 BV GG nicht. Die gezahlten Versorgungsbezüge sind öffentlich-rechtliche vermögensrechtliche Ansprüche, die ihre Grundlage in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis haben, das in Art. 33 Abs. 5 GG bzw. Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV eine verfassungsrechtliche Sonderregelung erfahren hat. Bei solchen Ansprüchen geht Art. 33 Abs. 5 GG als lex specialis Art. 14 GG/Art. 103 Abs. 1 BV vor (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 83; BayVerfGH, E. v. 25.2.2013 - Vf. 17-VII-12 - BayVBl 2013, 532 - juris Rn. 60).

2.2. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG, Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV vor. Die Regelung hält sich innerhalb des dem Gesetzgeber bei der Konkretisierung der Alimentationspflicht des Dienstherrn offenstehenden weiten Rahmens.

2.2.1. Von einem hergebrachten Grundsatz im Sinn des Art. 33 Abs. 5 GG bzw. Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV kann nur gesprochen werden, wenn es um Regelungen geht, die das Bild des Berufsbeamtentums in seiner überkommenen Gestalt so prägen, dass ihre Beseitigung auch das Berufsbeamtentum als solches, also seine essentiellen Grundsätze, antasten würde. Die hergebrachten Grundsätze betreffen nur jenen Kernbestand an Strukturprinzipien, die allgemein oder doch überwiegend und während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind (vgl. BayVerfGH, E. v. 11.2.2015 - Vf. 1-VII-13 - juris Rn. 26).

Zu diesen hergebrachten Strukturprinzipien, die das Bild des Berufsbeamtentums maßgeblich prägen, gehört auch das Alimentationsprinzip. Es verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang- und damit auch nach Beendigung des aktiven Dienstes - angemessen zu alimentieren und ihm nach seinen Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Dabei steht dem Gesetzgeber ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. BayVerfGH, E. v. 11.2.2015 - Vf. 1-VII-13 - juris Rn. 27/29).

2.2.2. Die Anrechnung von Renten auf die Versorgungsbezüge stellt keinen Eingriff in den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation dar. Nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs ist die amtsangemessene Alimentation zwar unabhängig davon zu leisten, ob und inwieweit der Versorgungsempfänger in der Lage ist, seinen Unterhalt aus eigenen Mitteln, wie insbesondere aufgrund privatrechtlicher Ansprüche oder aus privatem Vermögen, zu bestreiten (vgl. BayVerfGH, E. v. 11.2.2015 - Vf. 1-VII-13 - juris Rn. 40; BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 90). Der Dienstherr kann sich von seiner Alimentationspflicht jedoch dadurch entlasten, dass er den Versorgungsberechtigten auf Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVerfGH, E. v. 11.2.2015 - Vf. 1-VII-13 - juris Rn. 33 mit weiteren Nachweisen). Bei der Land- und Forstwirtschaftlichen Alterskasse handelt es sich um eine öffentliche Kasse, weil der Bund zu dem Haushalt der Alterskasse laufend erhebliche Beiträge aus seinem Haushalt zu leisten hat (vgl. § 66 Abs. 2 ALG; im Jahr 2012 Zuschüsse in Höhe von rd. 2.2 Mrd. Euro, womit etwa 77% der Ausgaben durch Steuermittel finanziert worden sind, vgl. BT-Drs. 18/83, S. 8).

Als Legitimation für den Verweis auf eine andere öffentlichen Kasse genügt in aller Regel das Bemühen, Ausgaben zu sparen, für sich genommen nicht; vielmehr müssen weitere Gründe hinzukommen, die gerade im Bereich des Systems der Altersvorsorge liegen und die Kürzung von Versorgungsbezügen als sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen. Das trifft nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts auf den Abbau der überhöhten Versorgung zu, die sich nicht aus einer zusätzlichen Eigenleistung des Versorgungsempfängers, sondern aus dem unkoordinierten Nebeneinander zweier Versorgungssysteme beim Wechsel von dem einen in das andere ergibt. Es trifft aber in gewissen Umfang auch zu, soweit eine Rente - wie hier - auf einer neben dem Beamtenverhältnis zulässigerweise ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit beruht (vgl. BVerwG, U. v. 28.1.1993 - 2 C 20/91 - BVerwGE 92, 41 - juris Rn. 21; BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris, zu § 55 BeamtVG bzw. dessen Vorgängerregelungen). In diesem Falle beruht es zwar auf einer zusätzlichen Eigenleistung des Versorgungsberechtigten, dass ihm überhaupt eine über die Beamtenversorgung hinausgehende Altersversorgung zusteht. Indessen ist die Rente auch insoweit, als sie auf einer neben dem Beamtenverhältnis (zulässigerweise) ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit beruht, in ihrer Höhe durch soziale Komponenten bestimmt, die sich in beiden Versorgungssystemen überschneiden, was in der Sache die Anrechnung der Rente auf die Versorgungsbezüge rechtfertigt (vgl. BVerwG, U. v. 28.1.1993 - 2 C 20/91 - BVerwGE 92, 41 - juris Rn. 22/23). Vielmehr darf der Gesetzgeber sie kürzen, wenn dies im Rahmen des von ihm zu beachtenden Alimentationsgrundsatzes aus sachlichen Gründen gerechtfertigt erscheint (vgl. BVerfG, B. v. 15.5.1985 - 2 BvL 24/82 - BVerfGE 70, 69 - juris Rn. 54). Sowohl in der Beamtenversorgung als auch in der Alterssicherung für Landwirte sind sozialpolitische Komponenten zur Sicherung des Existenzminimums bei Alter und Invalidität eingebaut, die sich überschneiden, weil sie unberücksichtigt lassen, dass die erfassten Tatbestände bereits zur Begründung oder Erhöhung des jeweils anderen Versorgungsanspruchs führen. Dies rechtfertigt der Sache nach die Anrechnung der Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, wie vorliegend durch Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG geschehen. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Empfehlung der Ausschüsse für Innere Angelegenheiten, des Agrarausschusses, des Finanzausschusses und des Ausschusses für Kulturfragen vom 9. Juni 2006 an den Bundesrat zum Entwurf eines Gesetzes zur nachhaltigen Finanzierung der Versorgung sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften, wonach die Einbeziehung des landwirtschaftlichen Sozialversicherungssystems in die Ruhensregelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG der Eigenständigkeit des landwirtschaftlichen Sozialversicherungssystems widersprechen soll (vgl. BR-Drs. 390/1/05). Es handelt sich um eine nicht weiter substantiierte Rechtsansicht, die vor dem Hintergrund, dass sich die Rentenleistungen der Alterssicherung der Landwirte hinsichtlich des Katalogs der Leistungsarten und der Anspruchsvoraussetzungen an die Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung anlehnen (vgl. Lagebericht des Bundesregierung über die Alterssicherung der Landwirte 2001 (BT-Drs. 16/907, Seite 4) keinen Bestand haben kann und auch von Bundesrat nicht übernommen worden ist (vgl. BR-DRs. 390/5).

2.3. Die Regelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG steht weder im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Rückwirkungsgebot noch zum rechtsstattlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG).

Der Rückwirkung von Rechtssätzen sind durch das rechtsstaatliche Gebot des Vertrauensschutzes Grenzen gezogen. Es gilt der Grundsatz, dass eine Rechtslage nicht nachträglich zulasten des Bürgers verschlechtert werden darf, wenn er in schutzwürdiger Weise auf das Fortbestehen der bisherigen Rechtslage vertrauen konnte. In dem Vertrauen wird der Bürger verletzt, wenn eine Rechtsvorschrift an abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen er bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (sog. echte Rückwirkung). Dagegen geht der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht so weit, den Bürger für die Zukunft vor jeder nachteiligen Änderung einer bisher gewährten Rechtsposition zu bewahren. Auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen darf der Normgeber deshalb mit Wirkung für die Zukunft grundsätzlich einwirken. Aus dem Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ergeben sich zwar auch in derartigen Fällen einer sog. unechten Rückwirkung verfassungsrechtliche Grenzen für belastende Vorschriften. Bei einer unechten Rückwirkung ist das Vertrauen des einzelnen auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung jedoch weit weniger geschützt als bei einer echten Rückwirkung; hier ist die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit gegen das Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage abzuwägen (vgl. BayVerfGH, E.v. 25.2.2013 - Vf. 17-VII-12 - BayVBl 2013, 532 - juris Rn. 67).

Eine echte Rückwirkung in Form einer Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm liegt bei Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG nicht vor. Die Norm greift nicht ändernd in die Rechtslage ein, die vor ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 2011 für rentenbeziehende Versorgungsempfänger bestanden hat. Der zeitliche Anwendungsbereich bleibt allein auf die Zukunft beschränkt, da die Rechtsfolge des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG, d. h. die Kürzung der Versorgungsbezüge im Wege der Rentenanrechnung, erst nach ihrem Inkrafttreten eingetreten ist. Durch die Regelung werden gerade nicht rückwirkend bereits ausgezahlte Versorgungsbezüge gekürzt. Die Regelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG wirkt vielmehr auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft und stellt sich deshalb als eine unechte Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) dar. Eine solche ist mit den Grundsätzen des grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren gewahrt bleibt (vgl. BVerfG, B. v. 7.7.2010 - 2 BvR 748/05 - 2 BvR 748/05 - juris Rn. 47). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 171) ist es dabei ausreichend, die verfassungsrechtliche Prüfung auf den Maßstab des Art. 33 Abs. 5 GG zu beschränken, da der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes im Bereich des Beamtenversorgungsrechts durch Art. 33 Abs. 5 GG seine besondere Ausprägung erfahren hat. Zwar wird gerade im Beamtenversorgungsrecht besonderes Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungsregelungen begründet. Allerdings ist es dem Gesetzgeber auch bei notwendigerweise langfristig angelegten Alterssicherungssystemen möglich, aus Gründen des Allgemeinwohls an früheren Entscheidungen nicht mehr festzuhalten und Neuregelungen zu treffen (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 173).

Hier durften die von Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG betroffenen Beamten nicht von vornherein darauf vertrauen, dass für sie günstige Gesetzesvorschriften betreffend ihre Altersversorgung für alle Zukunft unverändert weitergelten und zugesagte Leistungen auf Dauer mindestens konstant bleiben würden. Insbesondere im Bereich der Alterssicherung der Landwirte ist zu berücksichtigen, dass die Leistungen nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte bis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1986 (2 C 66.85 - BVerwGE 74, 285 - juris) bereits nach der Tz. 55.1.2 der allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums des Innern vom 3. November 1980 (GMBl. 1980, S. 742) in die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG einbezogen worden sind. Den Verwaltungsvorschriften lag die Ansicht zugrunde, die Leistungen der Altershilfe für Landwirte zählten zu den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Einbeziehung des Altersgeldes hingegen abgelehnt, weil die Altershilfe für Landwirte als ein eigenes System der Alterssicherung für die bäuerliche Bevölkerung zu werten sei, das der Gesetzgeber abweichend von den gesetzlichen Rentenversicherungen gestaltet habe. Zudem fand selbst nach diesem Urteil weiterhin ein Ausgleich statt, indem nach dem Teil 6 der bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Versorgungsrecht in der Fassung bis zum 31. Dezember 2010 „Kann-Vordienstzeiten“ nach Maßgabe von Ermessensrichtlinien nur eingeschränkt anerkannt wurden, um eine Überversorgung gemessen am Leitbild eines sog. „Nur-Beamten“, der sein gesamtes Berufsleben im Beamtenverhältnis verbringt, zu verhindern. Die genannte Ermessensrichtlinie wurde mit Entscheidung des Senats vom 28. Februar 2011 (3 ZB 08.403 - juris) jedoch als rechtswidrig beurteilt. Da jedenfalls seit Ende 1980 in der behördlichen Praxis, gesteuert durch Verwaltungsvorschriften, eine Anrechnung der Rente nach dem, Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte auf die Versorgungsbezüge erfolgte, kann sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen. Eine Kürzung der Versorgungsbezüge war nicht nur zu erwarten, sondern wurde tatsächlich - wenn auch rechtswidrig - praktiziert.

3. Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV) liegt nicht vor. Insbesondere kann sich ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV nicht daraus ergeben, dass der Bund und einige Bundesländer bzw. Stadtstaaten in ihren gesetzlichen Versorgungsregelungen von der Anrechnung der Renten im Sinne §§ 11 ff. ALG abgesehen haben.

Derzeit erfolgt nach bayerischen Vorbild eine gesetzliche Anrechnung der Renten der Alterssicherung der Landwirte in Baden-Württemberg (§ 108 LBeamtVGBW), in Brandenburg (§ 76 BbgBeamtVG), der Hansestadt Hamburg (§ 66 HmbBeamtVG), Rheinland-Pfalz (§ 75 LBeamtVG), Sachsen (§ 74 SächsBeamtVG) und Schleswig-Holstein (§ 66 SHBeamtVG). In Niedersachen wird die Anrechnung insoweit modifiziert, als mit § 66 NBeamtVG dem Vertrauensschutz dadurch Rechnung getragen wird, dass Beitragszahlungen die auf Zeiten vor dem 1. Dezember 2011 (= Inkrafttreten) beruhen, keine Berücksichtigung finden.

Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil in anderen Bundesländern bzw. im Bund keine Einbeziehung der Rente nach dem Gesetz der Alterssicherung der Landwirte erfolgt. Der Gleichheitssatz wird nicht verletzt, wenn ein Landesgesetzgeber innerhalb seines Kompetenzbereiches von der Gesetzgebung des Bundes bzw. anderer Länder abweichende Regelungen trifft, auch wenn dadurch die Einwohnerinnen und Einwohner seines Landes mehr belastet oder begünstigt werden. Vielmehr sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt, denn die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaats (vgl. BVerfG, B. v. 14.1.2015 - 1 BvR 931/12 - juris Rn. 61). Mit Rücksicht auf die föderalistische Struktur der Bundesrepublik Deutschland und die eigenständigen Gesetzgebungskompetenzen der Länder kann daher die Verfassungsmäßigkeit eines Landesgesetzes grundsätzlich nicht deshalb in Zweifel gezogen werden, weil es von verwandten Regelungen in anderen Bundesländern oder im Bund abweicht. Der Landesgesetzgeber ist nur gehalten, den Gleichheitssatz innerhalb des ihm zugeordneten Gesetzgebungsbereichs zu wahren (BVerfG, B. v. 27.3.1979 - 2 BvL 2/77 - BVerfGE 51, 43 - juris Rn. 39; Beck’scher Online-Kommentar GG, Stand: 1.12.2014, Art. 3 Rn. 104).

4. Auch die vorgenommene Differenzierung in der Überleitungsregelung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG zwischen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens am 1. Januar 2011 schon vorhandenen Versorgungsempfängern einerseits und den nach Inkrafttreten des Art. 85 BayBeamtVG am 1. Januar 2011 neu hinzukommenden Versorgungsberechtigten andererseits unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der Gleichheitssatz verbietet auch in Besoldungs- und Versorgungsrecht, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich zu behandeln. Dieses Verbot ist verletzt, wenn die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 138). Aufgrund der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers kann dabei nicht überprüft werden, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat; vielmehr ist lediglich das Willkürverbot zu beachten. Wenn der Gesetzgeber die bestehende Rechtslage ändert, muss er einen Eingriff in schutzwürdige Vertrauenstatbestände nach Möglichkeit in geeigneter Weise abmildern oder ausgleichen (BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 41 ff.).

Die Überleitungsregelung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG, die im Ergebnis lediglich Bestandsschutz für Versorgungsbezüge von Versorgungsempfängern, die zum 1. Januar 2011 bereits in den Ruhestand getreten waren, gewährt, ist sachlich gerechtfertigt. Der unterschiedliche Status von aktiven Beamten und Versorgungsempfängern ist ein wesentlicher Anknüpfungspunkt für versorgungsrechtliche Überleitungs- bzw. Übergangsvorschriften. Im Fall von Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG ist zusätzlich zu beachten, dass die Regelung einen Ausgleich für die Versorgungsempfänger schaffen sollte, die unter Geltung der alten Rechtslage von einer Kürzung der „Kann-Vordienstzeiten“ betroffen waren, da wegen der besonderen Bestandskraft Art. 100 Absatz 1 Satz 1 BayBeamtVG die ruhegehaltsfähige Dienstzeit nach Inkrafttreten des bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes nicht mehr angepasst werden konnte. Dies war bei Beamten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch aktiv waren, nicht erforderlich, da eine Festsetzung der Versorgungsbezüge unter Zugrundelegung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit noch nicht erfolgt ist. Abgesehen davon hatte derjenige, der bei Inkrafttreten der Vorschrift bereits Renten- bzw. Versorgungsempfänger war, im Vergleich zu demjenigen, der erst später in den Anwendungsbereich des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG fällt, weniger Zeit und dadurch geringere Möglichkeiten, sich auf die durch Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG veränderte Rechtslage einzurichten. Insofern war es ausreichend und angemessen, die Überleitungsregelung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG auf Versorgungsempfänger zu beschränken.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 ff ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2, § 191 VwGO und § 127 BRRG nicht erfüllt sind.

(1) Landwirte können die Altersrente bis zu zehn Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn die Voraussetzung des § 11 Absatz 1 Nummer 2 vorliegt und der Ehegatte bereits Anspruch auf eine Regelaltersrente oder vorzeitige Altersrente nach Absatz 2 hat oder gehabt hat.

(2) Landwirte können die Altersrente frühestens ab Vollendung des 65. Lebensjahres vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt ist. Satz 1 gilt für mitarbeitende Familienangehörige entsprechend.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Landwirte können die Altersrente bis zu zehn Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn die Voraussetzung des § 11 Absatz 1 Nummer 2 vorliegt und der Ehegatte bereits Anspruch auf eine Regelaltersrente oder vorzeitige Altersrente nach Absatz 2 hat oder gehabt hat.

(2) Landwirte können die Altersrente frühestens ab Vollendung des 65. Lebensjahres vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt ist. Satz 1 gilt für mitarbeitende Familienangehörige entsprechend.

(1) Personen, die zuletzt als Landwirt versichert waren und die nicht mehr versicherungspflichtig sind, können die Versicherung freiwillig fortsetzen, wenn sie

1.
die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben,
2.
die Wartezeit von 15 Jahren noch nicht erfüllt haben,
3.
noch keine Rente beziehen,
4.
die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben und
5.
die Fortsetzung der Versicherung innerhalb von sechs Monaten nach dem Ende der Versicherungspflicht beantragen.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem ersten Tag des Monats, der dem Monat folgt, in dem die Versicherungspflicht endet.

(3) Die Berechtigung zur freiwilligen Weiterversicherung endet mit Beginn des Kalendermonats, zu dessen Beginn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 2 bis 4 nicht mehr erfüllt sind.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollsteckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der klagende Ruhestandsbeamte wendet sich gegen die Anrechnung einer auf einer Nebentätigkeit während des Beamtenverhältnisses beruhenden Rente aus der Alterssicherung für Landwirte auf seine Versorgungsbezüge.

Der Kläger trat 1974 in den Dienst des Beklagten. 2011 wurde er als Vermessungshauptsekretär in den Ruhestand versetzt. Der Kläger erhält aus der Land- und Forstwirtschaftlichen Alterskasse (LAK) seit dem 1. Oktober 2011 eine Rente aus der Alterssicherung für Landwirte in Höhe von 324, 27 €. Dieser Rente liegen Pflichtbeiträge zugrunde, die in der Zeit vom 1. Juni 1975 bis zum 31. Dezember 2000 geleistet worden sind.

Durch den Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 20. Oktober 2011 setzte der Beklagte die dem Kläger zustehenden Versorgungsbezüge ab 1. Oktober 2011 auf 1.743,61 € brutto monatlich fest. Da er ab 1. Oktober 2011 auch eine Altersrente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte erhielt, wurden die dem Kläger ohne Anrechnung der Rente zustehenden Versorgungsbezüge von 2.041,86 € brutto in Höhe von 298,25 € ruhend gestellt. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesamts für Finanzen vom 13. Januar 2012 zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger am 3. Februar 2012 Klage mit dem Antrag,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 20. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2012 zu verpflichten, ab dem 1. Oktober 2011 die Versorgungsbezüge unter Außerachtlassung der aus der Alterssicherung für Landwirte zustehenden Rente neu festzusetzen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. November 2012 abgewiesen. Bei der dem Kläger von der LAK ab 1. Oktober 2011 bewilligten Rente in Höhe von 324,27 € handele es sich um eine Regelaltersrente gemäß § 11 ALG, d. h. um eine Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte gemäß Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG, die bei der Ermittlung der zu zahlenden Versorgungsbezüge zu berücksichtigen sei. Die Bestimmung sei verfassungsgemäß. Es sei weder ein Verstoß gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ersichtlich, noch liege eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts und des Vertrauensschutz und Rückwirkungsverbot berücksichtigenden Rechtsstaatsgebots vor.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und durch den Kläger am 8. März 2013 begründete Berufung, mit der dieser beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2012 zu verpflichten, ab dem 1. Oktober 2011 die Versorgungsbezüge des Klägers unter Außerachtlassung der aus der Alterssicherung der Landwirte zustehenden Rente neu festzusetzen.

Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es sich bei den Beitragszahlungen des Klägers im Zeitraum vom 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 2000 in die Altersversorgung der Landwirte um freiwillige Beiträge gehandelt habe. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt daran gedacht, dass es sich um Pflichtbeiträge handelt könne. Damit habe die Rente bei der Ermittlung nach Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG außer Ansatz zu bleiben.

Aber auch für den Fall, dass von Pflichtbeiträgen auszugehen wäre, müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger bereits ab dem 1. Juni 1975 Beiträge einbezahlt habe, obwohl er hierzu nicht mehr verpflichtet gewesen sei. Der Kläger hätte ab dem 1. Januar 1977 die Möglichkeit gehabt, sich von der Beitragspflicht zur Altersversorgung der Landwirte ausdrücklich befreien zu lassen. Zum 1. Juni 1975 habe er diese Möglichkeit jedoch nicht gehabt. Sollte es sich also bei den Zahlungen seit dem 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 2000 um Pflichtbeiträge gehandelt haben, so dürften die Beiträge vom 1. Juni 1975 bis 1. Januar 1977 nicht in die Berechnung einfließen.

Art. 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBeamtVG verstoße gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und sei daher verfassungswidrig. Der Bund habe die Einbeziehung der Renten aus der Alterssicherung der Landwirte in die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG abgelehnt; sie widerspreche der Eigenständigkeit des landwirtschaftlichen Sozialversicherungswesens. Weiter sei von einer Verletzung des Eigentumsgrundrechts und des Rechtsstaatsprinzips aufgrund einer unzulässigen Rückwirkung in Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG auszugehen. Der Kläger habe in der Vergangenheit darauf vertraut, dass er mit der Zahlung der Beiträge zur Alterssicherung der Landwirte eine zusätzliche Altersversorgung aufbaue. Mit dem Inkrafttreten des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG zum 1. Januar 2011 sei in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen worden, weil die Beitragszahlungen bereits geleistet worden seien. Zum Zeitpunkt dieser abgeschlossenen Zahlungen sei eine Ruhensregelung in Bezug auf die Rente aus einer Alterssicherung für Landwirte nicht vorgesehen gewesen. Weiterhin liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da lediglich in Bayern und der Hansestadt Hamburg eine Anrechnung der Renten der Alterssicherung für Landwirte vorgenommen worden sei. Es sei auch davon auszugehen, dass gegen das Willkürverbot verstoßen worden sei, weil keine Übergangsregelung existiere.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Zu Einzelheiten wird auf Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beklagten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 125 Abs. 1 i. V. m.. § 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Zahlung ungekürzter Versorgungsbezüge. Der angefochtene Bescheid vom 20. Oktober 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2012 findet in Art. 85 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 2, Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG seine Rechtsgrundlage und ist rechtlich nicht zu beanstanden (siehe 1.). Dagegen sprechen auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (siehe 2.).

1. Die Voraussetzungen der Ruhensregelung des Art. 85 BayBeamtVG sind erfüllt. Art. 85 BayBeamtVG regelt das Zusammentreffen von Versorgungsbezügen der Beamten mit Renten. Danach werden (wie hier nach Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG) Renten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) in bestimmten Umfang auf die Versorgungsbezüge angerechnet. Welche Leistungen nicht als Rente gelten bzw. welche Rententeile bei der Ruhensregelung unberücksichtigt bleiben, ist in Art. 85 BayBeamtVG abschließend geregelt. Nach Art. 85 Abs. 5 BayBeamtVG wird der Teil der Rente, der auf freiwilligen Beitragsleistungen oder auf einer Höherversicherung beruht, nicht auf die Versorgungsbezüge angerechnet. Die dem Kläger gewährte Rente umfasst nach der verbindlichen Mitteilung der LAK vom 15. November 2011 bzw. telefonischer Auskunft vom 19. Oktober 2010 (vgl. BVerwG, U. v. 21.2.1991 - 2 C 32/88 - ZBR 1991, 348 - juris Rn. 14 zur Verbindlichkeit des Rentenbescheids) an den Beklagten keine Rententeile, die auf freiwilligen Beiträgen beruhen, so dass eine Anrechnung auf die Versorgungsbezüge erfolgen durfte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Berufungsbegründung. Zum einem ist es rechtlich unerheblich, dass der Kläger meinte, er leiste freiwillige Beiträge, sich also insoweit im Irrtum befand, zum anderen fehlt jeglicher substantiierter Vortrag, dass die Beiträge entgegen der Mitteilung der LAK auf freiwilliger Basis einbezahlt worden wären. Die Aktenlage spricht jedenfalls eindeutig dagegen. Der Kläger wurde nach Auskunft der LAK vom 15. November 2011 erst mit Bescheid vom 19. Dezember 2000 ab dem 1. Januar 2001 von der Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte befreit, so dass bis zu diesem Zeitpunkt Pflichtbeiträge geleistet werden mussten. Der Kläger war nach § 14 Abs. 1 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL; ab dem 1.1.1995 ALG) in der Fassung vom 14. September 1965 (BGBl. I, 1449/1452) als landwirtschaftlicher Unternehmer beitragspflichtig, hätte sich aber von Anfang an (1. Juni 1975) befreien lassen können. Nach § 14 Abs. 2 Buchst. c GAL in der Fassung des Gesetzes über die laufende Anpassung der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte vom 19. Dezember 1973 (BGBl. I, 1937/1939) konnten sich landwirtschaftliche Unternehmer, wie der Kläger (§ 1 Abs. 3 ALG 1965), auf Antrag befreien lassen, wenn sie eine der in § 6 Abs. 1 Nr. 1, 3 bis 6, § 7 oder § 8 des Angestelltenversicherungsgesetzes genannten Voraussetzungen erfüllen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten vom 23. Februar 1957 (BGBl. I., 88/92) waren u. a. Beamte der Länder versicherungsfrei. Trotz der während der gesamten Zeit der Beitragsleistung bestehenden Befreiungsmöglichkeit hat der Kläger einen entsprechenden Antrag erst zum 1. Januar 2001 gestellt, so dass bis zu diesem Zeitpunkt mangels beantragter und bewilligter Befreiung Pflichtbeiträge geleistet worden sind; erst nach diesem Zeitpunkt wäre eine freiwillige Weiterversicherung möglich gewesen (vgl. § 5 ALG). Hinsichtlich des in der Berufungsbegründung angesprochenen Zeitraums vom 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 1976 gilt nichts anderes, zumal die in der Auskunft der LAK vom 15. November 2011 angesprochene rückwirkende Änderung des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte durch das 2. Agrarsoziale Änderungsgesetz vom 9. Juli 1980 (BGBl. I., 905) nicht die bereits angesprochene Befreiungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2 Buchst. c GAL betrifft, sondern der soziale Sicherung der jüngeren Witwen und Witwer und der älteren Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft verbessert und die Unternehmer der Fluss- und Seefischerei sowie der Imkerei in den Schutz der landwirtschaftlichen Alterssicherung und der Krankenversicherung einbezieht (vgl. BT-Drs. 8/2844, Seite 15).

Auch der Umstand, dass der Kläger neben seinem Beamtenberuf eine versicherungspflichtige Nebentätigkeit ausgeübt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es besteht kein Raum, Art. 85 BayBeamtVG entgegen seinem klaren und eindeutigen Wortlaut einschränkend in einer Weise auszulegen, dass Renten ganz oder teilweise versicherungsfrei bleiben, soweit die auf einer (zulässigen) Nebentätigkeit während des Beamtenverhältnisses beruhen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 28.1.1993 - 2 C 20/91 - BVerwGE 92, 41 - juris Rn. 16) ist die bundesrechtliche Vorgängernorm - § 55 BeamtVG - einer einschränkenden Auslegung im diesem Sinne entgegen dem Wortlaut nicht zugänglich. Diese Erwägung kann auch auf den landesrechtlich nachgebildeten Art. 85 BeamtVG übertragen werden.

2. Die somit für den Kläger sich ergebende Ruhensregelung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

2.1. Die Anrechnung der Rente auf die Versorgungsbezüge gemäß Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG verstößt nicht gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG bzw. Art. 103 Abs. 1 BV.

Der dem Kläger zustehende Rentenanspruch aus der Alterssicherung für Landwirte, der grundsätzlich den Schutz des Art. 14 GG bzw. Art. 103 Abs. 1 BV genießt, wird durch die Anrechnung nach Art. 85 BayBeamtVG weder in seinem Bestand noch in seiner Höhe entwertet oder sonst wie berührt. Dem Kläger wird seine Altersrente ungekürzt gezahlt und damit ungeschmälert und unangetastet erhalten. Für seine Beiträge zur Alterssicherung für Landwirte bekommt er weiterhin ein vollwertiges Äquivalent (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 79).

Der Bezug einer Rente kann aufgrund des § 55 Abs. 1 BeamtVG allein dazu führen, dass die zugleich gewährten Versorgungsbezüge nunmehr herabgesetzt werden. Sowohl die Kürzung der Versorgungsbezüge als auch deren Ausmaß richten sich (auch) nach der Höhe der Rente. Es liegt indessen auf der Hand, dass die Garantien des Art. 14 GG bzw. Art. 103 Abs. 1 BV zugunsten der Rente nicht schon dadurch beeinträchtigt sein können, dass die Rente einen der Bestimmungsfaktoren dafür bildet, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Versorgungsbezüge gekürzt, also andere verfassungsrechtlich selbstständig geschützte Positionen geschmälert werden (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 80).

Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber durch Art. 85 BayBeamtVG in Wirklichkeit die Rente treffen wollte und eine Kürzung nicht der Rente, sondern der Versorgungsbezüge nur vorgesehen habe, um Vorschriften des Grundgesetzes zum Schutze der Rente zu umgehen, sind nicht ersichtlich, lassen sich insbesondere der Entstehungsgeschichte der bundesrechtlichen Vorgängernorm § 55 BeamtVG und dessen Vorgängervorschriften bzw. der nachgebildeten landesrechtlichen Bestimmung des Art. 85 BayBeamtVG nicht entnehmen (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 81).

Auch die durch Art. 85 BayBeamtVG bewirkte Kürzung der Versorgungsbezüge verletzt Art. 14 bzw. Art. 103 Abs. 1 BV GG nicht. Die gezahlten Versorgungsbezüge sind öffentlich-rechtliche vermögensrechtliche Ansprüche, die ihre Grundlage in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis haben, das in Art. 33 Abs. 5 GG bzw. Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV eine verfassungsrechtliche Sonderregelung erfahren hat. Bei solchen Ansprüchen geht Art. 33 Abs. 5 GG als lex specialis Art. 14 GG/Art. 103 Abs. 1 BV vor (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 83; BayVerfGH, E. v. 25.2.2013 - Vf. 17-VII-12 - BayVBl 2013, 532 - juris Rn. 60).

2.2. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG, Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV vor. Die Regelung hält sich innerhalb des dem Gesetzgeber bei der Konkretisierung der Alimentationspflicht des Dienstherrn offenstehenden weiten Rahmens.

2.2.1. Von einem hergebrachten Grundsatz im Sinn des Art. 33 Abs. 5 GG bzw. Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV kann nur gesprochen werden, wenn es um Regelungen geht, die das Bild des Berufsbeamtentums in seiner überkommenen Gestalt so prägen, dass ihre Beseitigung auch das Berufsbeamtentum als solches, also seine essentiellen Grundsätze, antasten würde. Die hergebrachten Grundsätze betreffen nur jenen Kernbestand an Strukturprinzipien, die allgemein oder doch überwiegend und während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind (vgl. BayVerfGH, E. v. 11.2.2015 - Vf. 1-VII-13 - juris Rn. 26).

Zu diesen hergebrachten Strukturprinzipien, die das Bild des Berufsbeamtentums maßgeblich prägen, gehört auch das Alimentationsprinzip. Es verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang- und damit auch nach Beendigung des aktiven Dienstes - angemessen zu alimentieren und ihm nach seinen Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Dabei steht dem Gesetzgeber ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. BayVerfGH, E. v. 11.2.2015 - Vf. 1-VII-13 - juris Rn. 27/29).

2.2.2. Die Anrechnung von Renten auf die Versorgungsbezüge stellt keinen Eingriff in den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation dar. Nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs ist die amtsangemessene Alimentation zwar unabhängig davon zu leisten, ob und inwieweit der Versorgungsempfänger in der Lage ist, seinen Unterhalt aus eigenen Mitteln, wie insbesondere aufgrund privatrechtlicher Ansprüche oder aus privatem Vermögen, zu bestreiten (vgl. BayVerfGH, E. v. 11.2.2015 - Vf. 1-VII-13 - juris Rn. 40; BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 90). Der Dienstherr kann sich von seiner Alimentationspflicht jedoch dadurch entlasten, dass er den Versorgungsberechtigten auf Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVerfGH, E. v. 11.2.2015 - Vf. 1-VII-13 - juris Rn. 33 mit weiteren Nachweisen). Bei der Land- und Forstwirtschaftlichen Alterskasse handelt es sich um eine öffentliche Kasse, weil der Bund zu dem Haushalt der Alterskasse laufend erhebliche Beiträge aus seinem Haushalt zu leisten hat (vgl. § 66 Abs. 2 ALG; im Jahr 2012 Zuschüsse in Höhe von rd. 2.2 Mrd. Euro, womit etwa 77% der Ausgaben durch Steuermittel finanziert worden sind, vgl. BT-Drs. 18/83, S. 8).

Als Legitimation für den Verweis auf eine andere öffentlichen Kasse genügt in aller Regel das Bemühen, Ausgaben zu sparen, für sich genommen nicht; vielmehr müssen weitere Gründe hinzukommen, die gerade im Bereich des Systems der Altersvorsorge liegen und die Kürzung von Versorgungsbezügen als sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen. Das trifft nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts auf den Abbau der überhöhten Versorgung zu, die sich nicht aus einer zusätzlichen Eigenleistung des Versorgungsempfängers, sondern aus dem unkoordinierten Nebeneinander zweier Versorgungssysteme beim Wechsel von dem einen in das andere ergibt. Es trifft aber in gewissen Umfang auch zu, soweit eine Rente - wie hier - auf einer neben dem Beamtenverhältnis zulässigerweise ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit beruht (vgl. BVerwG, U. v. 28.1.1993 - 2 C 20/91 - BVerwGE 92, 41 - juris Rn. 21; BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris, zu § 55 BeamtVG bzw. dessen Vorgängerregelungen). In diesem Falle beruht es zwar auf einer zusätzlichen Eigenleistung des Versorgungsberechtigten, dass ihm überhaupt eine über die Beamtenversorgung hinausgehende Altersversorgung zusteht. Indessen ist die Rente auch insoweit, als sie auf einer neben dem Beamtenverhältnis (zulässigerweise) ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit beruht, in ihrer Höhe durch soziale Komponenten bestimmt, die sich in beiden Versorgungssystemen überschneiden, was in der Sache die Anrechnung der Rente auf die Versorgungsbezüge rechtfertigt (vgl. BVerwG, U. v. 28.1.1993 - 2 C 20/91 - BVerwGE 92, 41 - juris Rn. 22/23). Vielmehr darf der Gesetzgeber sie kürzen, wenn dies im Rahmen des von ihm zu beachtenden Alimentationsgrundsatzes aus sachlichen Gründen gerechtfertigt erscheint (vgl. BVerfG, B. v. 15.5.1985 - 2 BvL 24/82 - BVerfGE 70, 69 - juris Rn. 54). Sowohl in der Beamtenversorgung als auch in der Alterssicherung für Landwirte sind sozialpolitische Komponenten zur Sicherung des Existenzminimums bei Alter und Invalidität eingebaut, die sich überschneiden, weil sie unberücksichtigt lassen, dass die erfassten Tatbestände bereits zur Begründung oder Erhöhung des jeweils anderen Versorgungsanspruchs führen. Dies rechtfertigt der Sache nach die Anrechnung der Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, wie vorliegend durch Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG geschehen. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Empfehlung der Ausschüsse für Innere Angelegenheiten, des Agrarausschusses, des Finanzausschusses und des Ausschusses für Kulturfragen vom 9. Juni 2006 an den Bundesrat zum Entwurf eines Gesetzes zur nachhaltigen Finanzierung der Versorgung sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften, wonach die Einbeziehung des landwirtschaftlichen Sozialversicherungssystems in die Ruhensregelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG der Eigenständigkeit des landwirtschaftlichen Sozialversicherungssystems widersprechen soll (vgl. BR-Drs. 390/1/05). Es handelt sich um eine nicht weiter substantiierte Rechtsansicht, die vor dem Hintergrund, dass sich die Rentenleistungen der Alterssicherung der Landwirte hinsichtlich des Katalogs der Leistungsarten und der Anspruchsvoraussetzungen an die Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung anlehnen (vgl. Lagebericht des Bundesregierung über die Alterssicherung der Landwirte 2001 (BT-Drs. 16/907, Seite 4) keinen Bestand haben kann und auch von Bundesrat nicht übernommen worden ist (vgl. BR-DRs. 390/5).

2.3. Die Regelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG steht weder im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Rückwirkungsgebot noch zum rechtsstattlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG).

Der Rückwirkung von Rechtssätzen sind durch das rechtsstaatliche Gebot des Vertrauensschutzes Grenzen gezogen. Es gilt der Grundsatz, dass eine Rechtslage nicht nachträglich zulasten des Bürgers verschlechtert werden darf, wenn er in schutzwürdiger Weise auf das Fortbestehen der bisherigen Rechtslage vertrauen konnte. In dem Vertrauen wird der Bürger verletzt, wenn eine Rechtsvorschrift an abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen er bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (sog. echte Rückwirkung). Dagegen geht der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht so weit, den Bürger für die Zukunft vor jeder nachteiligen Änderung einer bisher gewährten Rechtsposition zu bewahren. Auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen darf der Normgeber deshalb mit Wirkung für die Zukunft grundsätzlich einwirken. Aus dem Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ergeben sich zwar auch in derartigen Fällen einer sog. unechten Rückwirkung verfassungsrechtliche Grenzen für belastende Vorschriften. Bei einer unechten Rückwirkung ist das Vertrauen des einzelnen auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung jedoch weit weniger geschützt als bei einer echten Rückwirkung; hier ist die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit gegen das Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage abzuwägen (vgl. BayVerfGH, E.v. 25.2.2013 - Vf. 17-VII-12 - BayVBl 2013, 532 - juris Rn. 67).

Eine echte Rückwirkung in Form einer Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm liegt bei Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG nicht vor. Die Norm greift nicht ändernd in die Rechtslage ein, die vor ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 2011 für rentenbeziehende Versorgungsempfänger bestanden hat. Der zeitliche Anwendungsbereich bleibt allein auf die Zukunft beschränkt, da die Rechtsfolge des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG, d. h. die Kürzung der Versorgungsbezüge im Wege der Rentenanrechnung, erst nach ihrem Inkrafttreten eingetreten ist. Durch die Regelung werden gerade nicht rückwirkend bereits ausgezahlte Versorgungsbezüge gekürzt. Die Regelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG wirkt vielmehr auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft und stellt sich deshalb als eine unechte Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) dar. Eine solche ist mit den Grundsätzen des grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren gewahrt bleibt (vgl. BVerfG, B. v. 7.7.2010 - 2 BvR 748/05 - 2 BvR 748/05 - juris Rn. 47). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 171) ist es dabei ausreichend, die verfassungsrechtliche Prüfung auf den Maßstab des Art. 33 Abs. 5 GG zu beschränken, da der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes im Bereich des Beamtenversorgungsrechts durch Art. 33 Abs. 5 GG seine besondere Ausprägung erfahren hat. Zwar wird gerade im Beamtenversorgungsrecht besonderes Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungsregelungen begründet. Allerdings ist es dem Gesetzgeber auch bei notwendigerweise langfristig angelegten Alterssicherungssystemen möglich, aus Gründen des Allgemeinwohls an früheren Entscheidungen nicht mehr festzuhalten und Neuregelungen zu treffen (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 173).

Hier durften die von Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG betroffenen Beamten nicht von vornherein darauf vertrauen, dass für sie günstige Gesetzesvorschriften betreffend ihre Altersversorgung für alle Zukunft unverändert weitergelten und zugesagte Leistungen auf Dauer mindestens konstant bleiben würden. Insbesondere im Bereich der Alterssicherung der Landwirte ist zu berücksichtigen, dass die Leistungen nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte bis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1986 (2 C 66.85 - BVerwGE 74, 285 - juris) bereits nach der Tz. 55.1.2 der allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums des Innern vom 3. November 1980 (GMBl. 1980, S. 742) in die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG einbezogen worden sind. Den Verwaltungsvorschriften lag die Ansicht zugrunde, die Leistungen der Altershilfe für Landwirte zählten zu den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Einbeziehung des Altersgeldes hingegen abgelehnt, weil die Altershilfe für Landwirte als ein eigenes System der Alterssicherung für die bäuerliche Bevölkerung zu werten sei, das der Gesetzgeber abweichend von den gesetzlichen Rentenversicherungen gestaltet habe. Zudem fand selbst nach diesem Urteil weiterhin ein Ausgleich statt, indem nach dem Teil 6 der bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Versorgungsrecht in der Fassung bis zum 31. Dezember 2010 „Kann-Vordienstzeiten“ nach Maßgabe von Ermessensrichtlinien nur eingeschränkt anerkannt wurden, um eine Überversorgung gemessen am Leitbild eines sog. „Nur-Beamten“, der sein gesamtes Berufsleben im Beamtenverhältnis verbringt, zu verhindern. Die genannte Ermessensrichtlinie wurde mit Entscheidung des Senats vom 28. Februar 2011 (3 ZB 08.403 - juris) jedoch als rechtswidrig beurteilt. Da jedenfalls seit Ende 1980 in der behördlichen Praxis, gesteuert durch Verwaltungsvorschriften, eine Anrechnung der Rente nach dem, Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte auf die Versorgungsbezüge erfolgte, kann sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen. Eine Kürzung der Versorgungsbezüge war nicht nur zu erwarten, sondern wurde tatsächlich - wenn auch rechtswidrig - praktiziert.

3. Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV) liegt nicht vor. Insbesondere kann sich ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV nicht daraus ergeben, dass der Bund und einige Bundesländer bzw. Stadtstaaten in ihren gesetzlichen Versorgungsregelungen von der Anrechnung der Renten im Sinne §§ 11 ff. ALG abgesehen haben.

Derzeit erfolgt nach bayerischen Vorbild eine gesetzliche Anrechnung der Renten der Alterssicherung der Landwirte in Baden-Württemberg (§ 108 LBeamtVGBW), in Brandenburg (§ 76 BbgBeamtVG), der Hansestadt Hamburg (§ 66 HmbBeamtVG), Rheinland-Pfalz (§ 75 LBeamtVG), Sachsen (§ 74 SächsBeamtVG) und Schleswig-Holstein (§ 66 SHBeamtVG). In Niedersachen wird die Anrechnung insoweit modifiziert, als mit § 66 NBeamtVG dem Vertrauensschutz dadurch Rechnung getragen wird, dass Beitragszahlungen die auf Zeiten vor dem 1. Dezember 2011 (= Inkrafttreten) beruhen, keine Berücksichtigung finden.

Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil in anderen Bundesländern bzw. im Bund keine Einbeziehung der Rente nach dem Gesetz der Alterssicherung der Landwirte erfolgt. Der Gleichheitssatz wird nicht verletzt, wenn ein Landesgesetzgeber innerhalb seines Kompetenzbereiches von der Gesetzgebung des Bundes bzw. anderer Länder abweichende Regelungen trifft, auch wenn dadurch die Einwohnerinnen und Einwohner seines Landes mehr belastet oder begünstigt werden. Vielmehr sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt, denn die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaats (vgl. BVerfG, B. v. 14.1.2015 - 1 BvR 931/12 - juris Rn. 61). Mit Rücksicht auf die föderalistische Struktur der Bundesrepublik Deutschland und die eigenständigen Gesetzgebungskompetenzen der Länder kann daher die Verfassungsmäßigkeit eines Landesgesetzes grundsätzlich nicht deshalb in Zweifel gezogen werden, weil es von verwandten Regelungen in anderen Bundesländern oder im Bund abweicht. Der Landesgesetzgeber ist nur gehalten, den Gleichheitssatz innerhalb des ihm zugeordneten Gesetzgebungsbereichs zu wahren (BVerfG, B. v. 27.3.1979 - 2 BvL 2/77 - BVerfGE 51, 43 - juris Rn. 39; Beck’scher Online-Kommentar GG, Stand: 1.12.2014, Art. 3 Rn. 104).

4. Auch die vorgenommene Differenzierung in der Überleitungsregelung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG zwischen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens am 1. Januar 2011 schon vorhandenen Versorgungsempfängern einerseits und den nach Inkrafttreten des Art. 85 BayBeamtVG am 1. Januar 2011 neu hinzukommenden Versorgungsberechtigten andererseits unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der Gleichheitssatz verbietet auch in Besoldungs- und Versorgungsrecht, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich zu behandeln. Dieses Verbot ist verletzt, wenn die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt (vgl. BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 138). Aufgrund der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers kann dabei nicht überprüft werden, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat; vielmehr ist lediglich das Willkürverbot zu beachten. Wenn der Gesetzgeber die bestehende Rechtslage ändert, muss er einen Eingriff in schutzwürdige Vertrauenstatbestände nach Möglichkeit in geeigneter Weise abmildern oder ausgleichen (BVerfG, B. v. 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 - juris Rn. 41 ff.).

Die Überleitungsregelung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG, die im Ergebnis lediglich Bestandsschutz für Versorgungsbezüge von Versorgungsempfängern, die zum 1. Januar 2011 bereits in den Ruhestand getreten waren, gewährt, ist sachlich gerechtfertigt. Der unterschiedliche Status von aktiven Beamten und Versorgungsempfängern ist ein wesentlicher Anknüpfungspunkt für versorgungsrechtliche Überleitungs- bzw. Übergangsvorschriften. Im Fall von Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG ist zusätzlich zu beachten, dass die Regelung einen Ausgleich für die Versorgungsempfänger schaffen sollte, die unter Geltung der alten Rechtslage von einer Kürzung der „Kann-Vordienstzeiten“ betroffen waren, da wegen der besonderen Bestandskraft Art. 100 Absatz 1 Satz 1 BayBeamtVG die ruhegehaltsfähige Dienstzeit nach Inkrafttreten des bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes nicht mehr angepasst werden konnte. Dies war bei Beamten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch aktiv waren, nicht erforderlich, da eine Festsetzung der Versorgungsbezüge unter Zugrundelegung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit noch nicht erfolgt ist. Abgesehen davon hatte derjenige, der bei Inkrafttreten der Vorschrift bereits Renten- bzw. Versorgungsempfänger war, im Vergleich zu demjenigen, der erst später in den Anwendungsbereich des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG fällt, weniger Zeit und dadurch geringere Möglichkeiten, sich auf die durch Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG veränderte Rechtslage einzurichten. Insofern war es ausreichend und angemessen, die Überleitungsregelung des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG auf Versorgungsempfänger zu beschränken.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 ff ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2, § 191 VwGO und § 127 BRRG nicht erfüllt sind.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, so wird die Neugliederung durch Bundesgesetz geregelt, das eine Volksbefragung vorsehen muß.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob der Thüringer Landesgesetzgeber mit der im Jahr 2011 im Thüringer Ladenöffnungsgesetz neu geregelten Beschränkung der Einsatzmöglichkeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Samstagen in Verkaufsstellen gegen Art. 12 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat, weil das Land für eine derartige Regelung nicht gesetzgebungsbefugt war.

I.

2

1. Die Öffnungs- und Schließzeiten von Verkaufsstellen sowie diese flankierende Arbeitnehmerschutzvorschriften sind bundesrechtlich im Gesetz über den Ladenschluss (LadSchlG) vom 28. November 1956 (BGBl I S. 875, zuletzt geändert durch Art. 228 der Neunten Zuständigkeitsverordnung vom 31. Oktober 2006, BGBl I S. 2407) geregelt (zur Vorgeschichte BVerfGE 1, 283 <284 ff.>). Das Ladenschlussrecht zielte schon immer sowohl auf die Schaffung funktionierender Wettbewerbsverhältnisse als auch auf den Schutz der Beschäftigten; die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergab sich dementsprechend sowohl aus der Vorgängerregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für Regelungen über den Handel als auch aus derjenigen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG für Regelungen zum Arbeitsschutz (vgl. BVerfGE 1, 283 <292, 297 f.>; 13, 230 <233>; 111, 10 <28>; stRspr). Generell finden sich Vorgaben zu Arbeitszeiten auf der Grundlage der Gesetzgebungskompetenz zum Arbeitsschutz im Arbeitszeitgesetz des Bundes, das mit Wirkung vom 1. Juli 1994 die Arbeitszeitordnung aus dem Jahr 1938 abgelöst hat.

3

a) Im Ladenschlussgesetz des Bundes gibt § 17 Abs. 4 LadSchlG vor, dass Beschäftigte die Freistellung an einem Samstag im Monat verlangen können. In anderen Bestimmungen des Gesetzes finden sich Regelungen zu Sonn- und Feiertagen, zur Höchstzeit der Beschäftigung in Verkaufsstellen während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten sowie 30 Minuten darüber hinaus und zur maximalen Tagesarbeitszeit. Für Betriebe, die an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein dürfen, wird auch die maximale Anzahl der Beschäftigungstage pro Jahr festgelegt und für den Einsatz an Sonn- und Feiertagen ist ein Ausgleich durch Freistellungen an Werktagen vorgesehen. § 17 Abs. 4 LadSchlG lautet:

(4) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verkaufsstellen können verlangen, in jedem Kalendermonat an einem Samstag von der Beschäftigung freigestellt zu werden.

4

b) Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG; BGBl I 1994, S. 1170, zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 6 des Gesetzes zur Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 20. April 2013, BGBl I S. 868), regelt allgemein für alle abhängig Beschäftigten die Arbeitszeiten an Werktagen, zu denen auch der Samstag zählt (§§ 3 bis 8 ArbZG); dazu kommen Regelungen über die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen (§§ 9 bis 13 ArbZG). Ein Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und weiterer Abgeordneter vom 28. Juni 1993 enthielt den Vorschlag, in das Gesetz zur Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes die bislang in § 17 LadSchlG geregelte Möglichkeit der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen aufzunehmen und § 17 LadSchlG aufzuheben (BTDrucks 12/5282, S. 6 und 8). Gleiches schlug der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 24. September 1993 zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13. Oktober 1993 vor, die diesen Vorschlag aber nicht aufgegriffen hat (BTDrucks 12/5888, S. 41, 7 und 8). Eine solche Neuregelung kam nicht zustande.

5

2. Im Zuge der Föderalismusreform wurden die Gesetzgebungskompetenzen für den Ladenschluss geändert. Die Kompetenz für das "Recht des Ladenschlusses" wurde aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. herausgenommen und damit in die Gesetzgebungskompetenz der Länder übertragen (vgl. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006, BGBl I S. 2034). Die Reform ging insgesamt auf die Initiative der Länder zurück, wonach die bundesstaatliche Ordnung einer kritischen Prüfung unterzogen werden sollte, um den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen. Im Oktober 2003 wurde die "Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" eingesetzt. Dort schlugen die Länder Berlin und Baden-Württemberg im Januar 2004 vor, die Kompetenz für den Ladenschluss auf die Länder zu übertragen (vgl. Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, Anlage CD-Rom Zusatzmaterial/Arbeitsunterlagen/AU 15); die für das Recht des Ladenschlusses zuständige Arbeitsgruppe behandelte das Thema erstmals im April 2004. Im Ergebnis sahen die Länder und einige Sachverständige das Ladenschlussrecht als Materie an, die auf die Länder übertragen werden könne (a.a.O., S. 444 ff.); dem schloss sich die Bundesregierung später an (a.a.O., Anlage CD-Rom Dokumentation/Zusatzmaterial/Ergebnisvermerk der Projektgruppen/PG 5/5. Sitzung, S. 4). Da insgesamt keine Einigung erreicht werden konnte, erklärte die Kommission ihre Arbeit zwar im November 2005 ohne konkretes Ergebnis für beendet. Der von den Vorsitzenden der Kommission erarbeitete Kompromissvorschlag enthielt aber bereits den Wortlaut des späteren Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (a.a.O., Anlage CD-Rom Dokumentation/Zusatzmaterial/Sprechzettel der Vorsitzenden/Sprechzettel vom 3.12.2004). Später wurde dies aufgegriffen und Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. dementsprechend durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) geändert, das am 1. September 2006 in Kraft trat.

6

3. Nachfolgend erließen 15 Länder Ladenschluss- oder Ladenöffnungsgesetze. Derzeit hat einzig Bayern keine eigenen Regelungen erlassen; dort gilt weiterhin das Ladenschlussgesetz des Bundes.

7

a) Das in der Bundesregierung für die Regelungsmaterie zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in einem Rundschreiben vom 14. Juli 2006 und darauf verweisend nochmals am 22. Februar 2012 gegenüber dem entsprechend zuständigen Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit erklärt, es gehe zwar von einer fortbestehenden konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Vorschriften zur Arbeitszeit aus, sehe aber keine abschließende Bundesregelung. Es sei sinnvoll, Ladenschluss und Arbeitszeit gemeinsam zu regeln, weshalb der Bund derzeit keine Initiative zur Regelung der besonderen arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen für die Beschäftigten im Einzelhandel plane, das Thema aber im Hinblick auf seine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz im Auge behalte.

8

b) Der thüringische Landesgesetzgeber verabschiedete am 24. November 2006 das Thüringer Ladenöffnungsgesetz (ThürLadÖffG; GVBl S. 541). Zur Arbeitszeit in Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen regelt § 12 Abs. 1 Satz 1 ThürLadÖffG, dass eine Beschäftigung nur während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten und in Ausnahmefällen 30 Minuten darüber hinaus erfolgen darf. Im Übrigen verweist § 12 Abs. 2 Satz 1 ThürLadÖffG auf die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes des Bundes; § 12 Abs. 2 Satz 2 ThürLadÖffG begrenzt die Beschäftigung einzelner Personen auf höchstens 22 Sonn- und Feiertage jährlich. Im Jahr 2011 hat der Landesgesetzgeber den vorliegend angegriffenen § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG eingefügt. Nach Satz 1 sind für im Verkauf Beschäftigte zwingend zwei Samstage im Monat arbeitsfrei, wovon nach Satz 2 im Verordnungswege Ausnahmen zugelassen werden können; nach Satz 3 müssen Belange der Beschäftigten und insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beachtet werden. Die vollständige Regelung lautet:

§ 12 Besonderer Arbeitnehmerschutz

(1) In Verkaufsstellen dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen nur während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten und, falls dies zur Erledigung von Vorbereitungs- und Abschlussarbeiten unerlässlich ist, während insgesamt weiterer 30 Minuten beschäftigt werden. Die Dauer der Arbeitszeit des einzelnen Arbeitnehmers darf acht Stunden nicht überschreiten.

(2) Für die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen finden die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend Anwendung. Eine Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers ist jährlich an höchstens 22 Sonn- und gesetzlichen Feiertagen erlaubt.

(3) Arbeitnehmer in Verkaufsstellen dürfen mindestens an zwei Samstagen in jedem Monat nicht beschäftigt werden. Das für das Ladenöffnungsrecht zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuss des Landtags für bestimmte Personengruppen sowie in Einzelfällen Ausnahmen von Satz 1 durch Rechtsverordnung regeln. Bei der Häufigkeit der Arbeitseinsätze an Werktagen ab 20.00 Uhr sowie der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen hat der Arbeitgeber die sozialen Belange der Beschäftigten, insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zu berücksichtigen.

9

Die Länder haben die Öffnungszeiten von Verkaufsstellen ansonsten weitgehend freigegeben. Durch das Gesetz Thüringens wurde eine Öffnung der Geschäfte von Montag 0:00 Uhr bis Samstag 20:00 Uhr ermöglicht. Gesetzliche Vorgaben zum Ladenschluss gerade an Werktagen gibt es im Übrigen in Bayern, wo das Ladenschlussgesetz des Bundes fortgilt, landesrechtlich sonst in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Hinsichtlich der möglichen Arbeitszeiten an Samstagen enthält das Gesetz Mecklenburg-Vorpommerns die Vorgabe, dass ein Wochenende im Monat frei bleiben muss, in Hamburg, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bremen existieren § 17 Abs. 4 LadSchlG entsprechende Regelungen. An Sonn- und Feiertagen lassen die Ladenöffnungsgesetze der Länder für den Verkauf von bestimmten Waren (Zeitungen, Backwaren, Blumen und Pflanzen, landwirtschaftliche Produkte, Milch- und Milcherzeugnisse) und für Verkaufsstellen in besonderen Lagen (in Bahnhöfen, Fernbahnhöfen, Flughäfen und in Apotheken, an Tankstellen und in Touristenregionen) begrenzte Öffnungszeiten zu. Zudem können in den Ländern unterschiedlich viele verkaufsoffene Sonntage allgemein freigegeben werden. Die tatsächlichen Öffnungszeiten der Verkaufsstätten variieren stark; sie schöpfen die zulässigen Ladenöffnungszeiten nicht aus.

II.

10

Die Beschwerdeführerin betreibt als ein Unternehmen der Möbelbranche bundesweit Verkaufsstellen, unter anderem in E… in Thüringen.

11

Dieses Möbelhaus hat wochentags einschließlich samstags von 10:00 bis 19:00 Uhr und an verkaufsoffenen Sonntagen in der Regel von 13:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde waren dort insgesamt 125 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, davon 90 im Verkauf und zwölf im Kassenbereich. Insgesamt 44 % der Beschäftigten waren in Teilzeit tätig.

12

Die Vergütung im Verkauf erfolgt provisionsabhängig, wobei das Unternehmen eine monatliche und eine jährliche Mindestvergütung garantiert. Der höchste Umsatzanteil mit 45 % des wöchentlichen Umsatzes fällt nach Angaben der Beschwerdeführerin auf den Samstag. Die Ursache hierfür sei, dass das Einkaufen von Einrichtungsgegenständen heutzutage weniger als notwendige Tätigkeit und auch nicht als Entscheidung Einzelner, sondern häufig als Freizeitbeschäftigung mit Erlebniswert für die ganze Familie angesehen werde. Aufgrund der starken Kundenfrequenz gebe es an Samstagen einen hohen Verkaufsberatungsbedarf. Daher seien im Betrieb in E… in der Vergangenheit samstags rund 80 Beschäftigte im Verkauf tätig gewesen, die aufgrund des Vergütungsmodells bei hohem Umsatz auch erhebliche Provisionsgewinne hätten erzielen können.

III.

13

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 12 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG. Die unmittelbar angegriffene Regelung sei formell verfassungswidrig. Dem Land Thüringen fehle die für einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit oder in Art. 9 Abs. 3 GG erforderliche Gesetzgebungskompetenz. § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG sei eine arbeitszeitrechtliche Regelung, die unter die bereits in Anspruch genommene konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Arbeitsrecht aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG falle. Die Regelungskompetenz für die Arbeitszeit an Wochenenden sei den Ländern durch die Föderalismusreform mit der Verschiebung der Gesetzgebungszuständigkeit für den Ladenschluss nicht mit übertragen worden. Zudem verstoße die Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG, denn die Beschwerdeführerin werde im Vergleich zu Betreibern von Verkaufsstellen mit abhängig Beschäftigten außerhalb Thüringens benachteiligt.

14

Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie sei seit Inkrafttreten des in § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG geregelten Beschäftigungsverbots mit massiven Problemen konfrontiert. Die Regelung belaste sie selbst, aber auch einen Großteil der Beschäftigten. Die bislang an mehr als zwei - hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten attraktiven - Samstagen tätigen Beschäftigten verlören in erheblichem Maße Provisionen. Da an den übrigen Wochentagen kein Bedarf für weitere Einsätze bestehe, müssten sie ihre Arbeitszeit reduzieren, was wiederum die Mindestvergütung herabsetze. Das wirke sich insbesondere für Teilzeitkräfte negativ aus, die ihre Provisionen zum größten Teil an Samstagen erwirtschafteten. Es sei zudem unmöglich, an Samstagen ausreichend erfahrene Kräfte einzusetzen. Neue Kräfte ausschließlich für die Samstage seien nicht nur unerfahren, sondern auch nicht zu gewinnen, da eine solche Beschäftigung zu geringfügig sei. Die Beschränkung der Samstagsarbeit führe so dazu, dass die Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin unattraktiv werde. Zudem belaste sie die Beschwerdeführerin mit erheblichen Kosten. Die Fixkosten blieben gleich oder stiegen, etwa durch die Einstellung von weiteren Aushilfskräften. Ohne erfahrene Beschäftigte an Samstagen könne sie ihre qualitativ hochwertige Verkaufsberatung nicht aufrechterhalten. Es stehe zu befürchten, dass Kunden in benachbarte Einkaufsstädte in anderen Ländern abwanderten, denn im Möbeleinzelhandel würden ohne weiteres 90 Minuten Fahrzeit in Kauf genommen. Wenn die Anzahl der zur Verfügung stehenden Verkaufsberater und -beraterinnen um 50 % abgesenkt werden müsse, führe dies zu einem Umsatzrückgang von 20 bis 25 %.

IV.

15

Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Landesregierung des Freistaats Thüringen, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Handelsverband Deutschland Stellung genommen.

16

1. Die Landesregierung des Freistaats Thüringen hält die Verfassungsbeschwerde bereits mangels hinreichender Begründung für unzulässig, denn Ausführungen zu den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 1 GG fehlten. Die Regelung verstoße aber auch nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Die Arbeitnehmerschutzvorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG unterfalle nach ihrem Wortlaut dem Recht des Ladenschlusses gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Der verfassungsändernde Gesetzgeber habe die Zuständigkeit für das Ladenschlussrecht genau in dem Umfang rezipiert und auf die Länder zurückverlagern wollen, wie dies bisher durch Bundesgesetz geregelt war. Das Ladenschlussrecht habe zum Zeitpunkt des Zuständigkeitstransfers nicht nur Wirtschaftsrecht, sondern auch spezielles, für den Einzelhandel geltendes Arbeitsschutzrecht umfasst. Mit dem "Recht des Ladenschlusses" würden die beiden traditionellen Kompetenzgehalte Wirtschaft und Arbeitsschutz inkorporiert. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber diesen Zusammenhang habe auflösen wollen. Für ihn spreche auch die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung von Kompetenznormen, nach der sachlich Zusammenhängendes nicht durch begriffsjuristische Engführung auseinandergerissen werden solle (Verweis auf BVerfGE 97, 228; 97, 332). Eine Landeskompetenz sei aber selbst dann gegeben, wenn die angegriffene Regelung dem Arbeitsschutz im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zuzuordnen wäre. Dann hätte der Bund insoweit von seiner Gesetzgebungskompetenz nicht abschließend Gebrauch gemacht.

17

2. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Deutsche Gewerkschaftsbund sehen keine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin durch § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG. Für die Regelung der Arbeitszeit an Samstagen sei eine Gesetzgebungskompetenz des Landes gegeben, denn es fehle an einer sperrenden Regelung des Bundes. Mit der Föderalismusreform seien die Kompetenzzuordnungen für den Ladenschluss und den Arbeitsschutz auseinandergefallen. Arbeitszeitrechtliche Regelungen fielen nicht unter das "Ladenschlussrecht" des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Auch eine Zuständigkeit der Länder zur Regelung der Arbeitszeiten im Einzelhandel aufgrund eines Sachzusammenhangs mit dem Ladenschluss komme nicht in Betracht. Dennoch verfüge das Land über die Kompetenz zur Regelung der Arbeitszeiten an Werktagen aus Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, da der Bund von seiner Kompetenz durch das Arbeitszeitgesetz nicht abschließend Gebrauch gemacht habe. Abschließend seien lediglich die Regelungen im Hinblick auf die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen, nicht jedoch für die Werktage einschließlich des Samstags.

18

Die Regelung sei auch materiell verfassungsgemäß. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit durch § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG sei durch hinreichende, dem Gewicht der Beeinträchtigung entsprechende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und entspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine Verletzung des Grundrechts der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG sei nicht gegeben, denn dieses enthalte kein Normsetzungsmonopol.

19

3. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Handelsverband Deutschland halten die Verfassungsbeschwerde für begründet, da das Land Thüringen nicht zum Erlass von § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG gesetzgebungsbefugt sei. Als arbeitszeitrechtliche Regelung falle die Norm unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Zwischen Ladenöffnungszeiten und Arbeitszeitregelungen bestehe kein zwingender Sachzusammenhang. Der Bund habe das Arbeitszeitrecht umfassend geregelt und damit im Sinne von Art. 72 Abs. 1 GG abschließend Gebrauch gemacht. Die angegriffene Regelung stelle die Einzelhandelsunternehmen in Thüringen auch vor erhebliche praktische Probleme.

B.

20

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG verstößt nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Die Vorschrift ist auch materiell mit dem Grundgesetz vereinbar.

I.

21

Die Verfassungsbeschwerde ist ausweislich ihrer Begründung auf eine Überprüfung lediglich der Sätze 1 und 2 des § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG gerichtet und insoweit zulässig.

22

1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich in zulässiger Weise unmittelbar gegen die bereits in Kraft befindliche Regelung des § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG, wonach im Verkauf Beschäftigte zwingend zwei Samstage im Monat arbeitsfrei gestellt werden müssen. Davon können im Verordnungswege Ausnahmen zugelassen werden. Das ist hier nicht geschehen. Es besteht die Möglichkeit, dass die Beschwerdeführerin durch diese Regelung in einem verfassungsbeschwerdefähigen Recht (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG) selbst, unmittelbar und gegenwärtig verletzt ist. Sie betreibt eine Verkaufsstelle in Thüringen, so dass die Regelung auf sie Anwendung findet, ohne dass es eines weiteren Vollzugsaktes bedarf (vgl. BVerfGE 126, 112 <133> m.w.N.). Sie darf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - anders als in der Vergangenheit üblich - nicht an mehr als zwei Samstagen im Monat im Verkauf einsetzen.

23

2. Der Grundsatz der Subsidiarität erfordert allerdings, dass vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen werden, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 123, 148 <172>; 134, 242 <285 Rn. 150>; stRspr). Daher ist eine Verfassungsbeschwerde unzulässig, wenn in zumutbarer Weise Rechtsschutz durch die Anrufung der Fachgerichte erlangt werden kann. Damit soll unter anderem erreicht werden, dass das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft (vgl. BVerfGE 123, 148 <172> m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht hat die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte aber ausnahmsweise verneint, wenn sie nicht zumutbar ist, weil dies offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre. Dies kann der Fall sein, wenn der Misserfolg eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von vornherein feststeht, weil die Norm der Verwaltung keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum einräumt (vgl. BVerfGE 123, 148 <172>). Wirft ein Sachverhalt allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen auf, die das Bundesverfassungsgericht letztlich zu beantworten hat, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären, ist die vorherige Nutzung fachgerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten auch im Hinblick auf einen in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht effektiven Rechtsschutz nicht zumutbar (vgl. BVerfGE 123, 148 <172 f.> m.w.N.). Außerdem verlangt der Grundsatz der Subsidiarität nicht, dass Betroffene vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Rechtsnorm verstoßen und sich dem Risiko einer entsprechenden Ahndung aussetzen müssen, um dann im Straf- oder Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen zu können (vgl. BVerfGE 81, 70 <82 f.>; 97, 157 <165>).

24

Danach musste die Beschwerdeführerin hier vor Einlegung der Verfassungsbeschwerde keinen fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Zwar ist ein Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG weder straf- noch bußgeldbewehrt, doch normiert § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG ein unmittelbar geltendes Beschäftigungsverbot ohne jeden Auslegungsspielraum. Die Beschwerdeführerin müsste bewusst gegen dieses gesetzliche Verbot verstoßen, um Unterlassungsverfügungen gemäß § 13 Abs. 2 ThürLadÖffG und in der Folge wohl auch Zweifel an ihrer gewerberechtlichen Zuverlässigkeit zu provozieren. Auch ist hier mangels Auslegungsspielraums nicht ersichtlich, dass die weitere Fallanschauung der Fachgerichte die Entscheidungsgrundlage des Bundesverfassungsgerichts verbessern könnte. Im Mittelpunkt der Verfassungsbeschwerde stehen Fragen der Gesetzgebungskompetenz, deren Klärung ohnehin letztlich dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten ist.

25

3. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt den Anforderungen an § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Dafür reicht es aus, dass die Beschwerdeführerin die fehlende Gesetzgebungskompetenz für die unmittelbar angegriffene Vorschrift hinreichend substantiiert gerügt hat.

II.

26

Die angegriffene Regelung ist formell und materiell verfassungsmäßig. Sie verstößt weder gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes noch gegen materielles Verfassungsrecht.

27

1. Die angegriffene Vorschrift kann einen Eingriff in Grundrechte rechtfertigen, denn sie ist vom Landesgesetzgeber kompetenzgemäß erlassen worden. Die Länder haben gemäß Art. 70 Abs. 1 GG das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Für die Gesetzgebungsmaterie des Ladenschlusses sind nach Art. 70 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG die Länder zur Gesetzgebung befugt; das Arbeitszeitrecht ist demgegenüber gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Die angegriffene Regelung fällt nicht als Regelung des "Ladenschlusses" unter die Bereichsausnahme des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zugunsten der Länder, sondern ist gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Von dieser Kompetenz hat der Bund aber nicht abschließend im Sinne von Art. 72 Abs. 1 GG Gebrauch gemacht (vgl., dies noch offen lassend, zum Berliner Ladenschlussrecht BVerfGE 125, 39 <88 f.>).

28

a) Die Systematik des Grundgesetzes fordert im Sinne einer möglichst eindeutigen vertikalen Gewaltenteilung eine strikte, dem Sinn der Kompetenznorm gerecht werdende Auslegung der Art. 70 ff. GG (vgl. BVerfGE 12, 205 <228 f.>; 15, 1 <17>; 26, 281 <297 f.>; 42, 20 <28>; 61, 149 <174>; 132, 1 <6 Rn. 19>).

29

aa) Für die Zuweisung einer Gesetzgebungsmaterie an Bund oder Länder ist der in Betracht kommende Kompetenztitel anhand des Wortlauts, historisch, systematisch und mit Blick auf den Normzweck auszulegen (vgl. BVerfGE 109, 190 <212>). Dabei ist insbesondere das Gewicht der historischen Interpretation von der Struktur und Ausformung des Kompetenztitels abhängig. Die Regelungsgeschichte des jeweiligen Normbestandes ist weniger relevant, wenn die Kompetenzmaterie einen Lebenssachverhalt benennt, und maßgeblicher, wenn die Regelungsmaterie normativ-rezeptiv einen vorgefundenen Normbereich aufgegriffen hat; dann kommt dem Gesichtspunkt des Traditionellen oder Herkömmlichen wesentliche Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 3, 407 <414 f.>; 61, 149 <175>; 97, 198 <219>; 106, 62 <105>; 109, 190 <213>; 134, 33 <55 Rn. 55>). Hat der Verfassungsgeber also eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie als solche nachvollziehend im Kompetenztitel benannt, ist davon auszugehen, dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznormen bestimmt (vgl. BVerfGE 109, 190 <218>).

30

bb) Bei der Zuordnung von Gesetzesmaterien zu Kompetenznormen dürfen die einzelnen Vorschriften eines Gesetzes allerdings nicht isoliert betrachtet werden. Ausschlaggebend ist vielmehr der Regelungszusammenhang. Eine Teilregelung, die bei isolierter Betrachtung einer Materie zuzurechnen wäre, für die der Kompetenzträger nicht zuständig ist, kann nur dann gleichwohl in seine Kompetenz fallen, wenn sie mit dem kompetenzbegründenden Schwerpunkt der Gesamtregelung derart eng verzahnt ist, dass sie als Teil dieser Gesamtregelung erscheint (vgl. BVerfGE 97, 228 <251 f.>; 97, 332 <342 f.>; 98, 265 <299>). Daneben kann eine ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz als Kompetenz kraft Sachzusammenhangs bestehen. Sie stützt und ergänzt eine zugewiesene Zuständigkeit, wenn die entsprechende Materie verständigerweise nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene andere Materie mitgeregelt wird, wenn also das Übergreifen unerlässliche Voraussetzung für die Regelung der zugewiesenen Materie ist (vgl. BVerfGE 3, 407 <421>; 98, 265 <299>). Ein solcher Sachzusammenhang kann auch eine Kompetenz der Länder begründen (vgl. BVerfGE 7, 29 <38 ff.>; 28, 119 <145 ff.>).

31

b) Danach ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz des Landes Thüringen für § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG vorliegend nicht aus Art. 70 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Die angegriffene Regelung lässt sich weder dem "Recht des Ladenschlusses" als ausdrückliche Ausnahme von der konkurrierenden Gesetzgebung zuordnen noch ist sie mit den übrigen ladenschlussrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zwingend kompetenzbegründend verzahnt. Der Landesgesetzgeber verfügt hier auch nicht über eine ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs.

32

aa) Das Grundgesetz selbst bestimmt den Begriff "Ladenschluss" nicht näher. Nach dem Wortlaut des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wird mit dem Begriff "Ladenschluss" der gesetzlich geregelte Rahmen der täglichen Verkaufszeit in Einzelhandelsgeschäften umschrieben. Beschäftigungsbedingungen sind dem gängigen Wortsinn nach hiervon nicht umfasst.

33

bb) Gegen die Zuordnung arbeitszeitrechtlicher Regelungen zum Kompetenztitel Ladenschluss spricht - entgegen der Auffassung des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen (Urteil vom 21. Juni 2012 - Vf. 77-II-11 -, juris, Rn. 97) - auch die Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Über das gängige Wortverständnis hinaus sind für die Zuordnung zudem das rechtliche und historische Umfeld sowie die Zielrichtung einer Verfassungsnorm von Bedeutung (vgl. BVerfGE 74, 102 <116>; 83, 119 <126>). Hier ist zu berücksichtigen, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber in Ansehung des damaligen Ladenschlussgesetzes lediglich eine Kompetenznorm zugunsten des Bundes (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) verändert hat, obwohl das Gesetz stets aufzwei Kompetenztitel (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 und Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) gestützt wurde. Das Ladenschlussgesetz war sowohl dem Arbeitsschutz als auch dem Handel zugeordnet; es sollte zum einen zur Schaffung funktionierender Wettbewerbsverhältnisse einer übermäßigen Konkurrenz durch beliebige Ladenöffnungszeiten entgegensteuern sowie zum anderen dem Arbeitsschutz dienen (vgl. BVerfGE 1, 283 <292>; 13, 230 <233>; 13, 237 <239>; 111, 10 <28>). Daraus ergab sich für die damaligen Vorschriften der §§ 1 - 16, 19, 20 LadSchlG eine - verfassungsrechtlich im Grundsatz unproblematische (vgl. BVerfGE 103, 197 <215 f.>) - doppelte Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes sowohl aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. als auch zugleich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG (vgl. BVerfGE 1, 283 <292>; 13, 230 <233>; 13, 237 <239>; 111, 10 <28>). Daneben gibt es im Ladenschlussgesetz aber auch Regeln über speziell arbeitsschutzrechtliche Aspekte (§ 17 LadSchlG), die immer schonausschließlich dem Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zugeordnet waren.

34

Der Zuständigkeitstransfer im Rahmen der Föderalismusreform hat nicht beide Kompetenzgrundlagen erfasst. Es ist nicht ersichtlich, dass mit der Verfassungsänderung zur Kompetenz für den Ladenschluss die Zuständigkeit für alle bislang im Ladenschlussgesetz des Bundes getroffenen Regelungen auf die Landesgesetzgeber übergehen sollte. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hatte hier ausschließlich die handelsbezogenen Aspekte des Ladenschlussrechts im Blick. In den Arbeitsgruppen und Projektgruppen der Föderalismusreform bezogen sich die politischen Beratungen wie auch die Aussprachen auf die allgemeinen Begriffe "Ladenschluss", "Ladenöffnung" oder "Ladenschlussrecht" (Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, S. 356, 360, 370 - 372, 444 ff.; Anlage CD-Rom Dokumentation/Zusatzmaterial/Protokollvermerke der AG 1/7. Sitzung, S. 22 f.) im Sinne der Möglichkeiten des Handels. Nur an einer Stelle wird pauschal auf die "Übertragung des Ladenschlussgesetzes" (a.a.O., S. 444 - Schmitz -) verwiesen. Die einstige regulatorische Entscheidung des Bundesgesetzgebers, innerhalb des Ladenschlussgesetzes und nicht etwa im Arbeitszeitgesetz Vorgaben zu den Arbeitszeiten an Samstagen, Sonn- und Feiertagen für Verkaufsstellen zu normieren, ist für die neue kompetenzrechtliche Zuordnung im Zuge der Föderalismusreform damit nicht prägend geworden.

35

Der Zuständigkeitstransfer wurde zudem ausschließlich im Rahmen von Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. und an keiner Stelle im Zusammenhang mit dem Kompetenztitel für das Arbeitsschutzrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG diskutiert; diese Kompetenz verblieb vielmehr unangetastet beim Bund. Auch in der Begründung des 52. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes 2006 (BTDrucks 16/813, S. 13) finden sich keine Hinweise darauf, dass durch die veränderte Zuständigkeit für das "Recht des Ladenschlusses" auch Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG berührt sein könnte. Ziel des verfassungsändernden Gesetzgebers war es vielmehr, Gesetzgebungskompetenzen wegen nur regionaler Auswirkungen auf die Länder zu übertragen, und dies nur insoweit, wie das Prinzip der Wirtschaftseinheit nicht gefährdet werde (vgl. BTDrucks 16/813, S. 9; Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, S. 356 - Kröning und Funke -, S. 371, 446 - Huber -; Anlage CD-Rom Dokumentation/Zusatzmaterial/ Protokollvermerke der AG 1/7. Sitzung, S. 22 f.). Dies trifft auf den Ladenschluss zu, nicht aber auf den Arbeitsschutz als Teil des Arbeitsrechts oder auf das spezielle Arbeitszeitrecht.

36

cc) Auch der Vergleich zu anderen Gesetzgebungsmaterien, die mit der Föderalismusreform anknüpfend an einen gewerberechtlichen Bestand von der konkurrierenden Gesetzgebung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ausgenommen wurden (das Recht "der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte"), spricht dafür, dass die konkurrierende Kompetenz zur Regelung der Arbeitszeit auch für den Einzelhandel beim Bund verblieben ist. Benannt wurden ausschließlich Materien des Wirtschaftsrechts, die insofern einheitlich Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. und nicht mehreren Kompetenztiteln zugeordnet waren.

37

dd) Der Zweck der Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, eine neu konturierte, klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft zu erzielen, steht einer nunmehr divergierenden Kompetenz für Ladenschluss im Wortsinn einerseits und Arbeitszeitregelungen andererseits nicht entgegen. Zwar können strenge arbeitszeitrechtliche Vorgaben des Bundes faktisch Ladenschlussregelungen sein und so die Länderzuständigkeit für den Ladenschluss begrenzen. Allerdings träfe dies nur Unternehmen mit abhängig Beschäftigten, denn für Selbständige gelten die arbeitnehmerschützenden Bestimmungen nicht. Zudem stießen arbeitszeitrechtliche Regelungen, die einer Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in den Ländern deutlich entgegengesetzt wären, wegen des bei der Ausübung der Gesetzgebungskompetenzen regelmäßig geltenden Gebots wechselseitiger bundesstaatlicher Rücksichtnahme auf verfassungsrechtliche Grenzen (vgl. BVerfGE 43, 291 <348>; 98, 106 <118 f.>; 98, 265 <301>).

38

ee) Die Gesetzgebungskompetenz des Landes ergibt sich weder aus einer engen Verzahnung von § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG mit den übrigen, der Materie des Ladenschlusses zuzuordnenden Vorschriften des Gesetzes (1) noch kraft Sachzusammenhangs (2). Der arbeitszeitliche Ausgleich für den Einsatz von Beschäftigten im Rahmen der verlängerten Ladenöffnung an Samstagen, den das Land Thüringen mit § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG schaffen wollte (vgl. ThürLTDrucks 5/3191, S. 9), ist keine unerlässliche Bedingung für diese Verlängerung von Ladenöffnungszeiten.

39

(1) Eine Regelung der samstäglichen Arbeitszeit im Wege eines Freistellungsanspruchs ist mit dem Ladenschlussrecht nicht derart zwingend verzahnt, dass sie von der diesbezüglichen geschriebenen Gesetzgebungskompetenz der Länder mit erfasst wäre. Es handelt sich lediglich um Materien, die aufeinander wirken, aber nicht zwingend zusammen geregelt werden müssen. Das Auseinanderfallen von Gesetzgebungskompetenzen in Bereichen, die einander beeinflussen, ist dem Grundgesetz nicht fremd. So regelt der Bund etwa Ausnahmen vom Verbot der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen im Rettungswesen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG oder in den Gaststätten in § 10 Abs. 1 Nr. 4 ArbZG ungeachtet der im Übrigen bestehenden Landeskompetenzen für diese Materien. Die Landesgesetzgeber sind auch nicht gehindert, von ihrer Gesetzgebungskompetenz für den Ladenschluss Gebrauch zu machen, wenn sie nicht zugleich Regelungen zur Arbeitszeit treffen können. Vielmehr haben die Länder den Ladenschluss größtenteils neu geregelt, ohne jeweils auch den Arbeitsschutz neu zu fassen. Die Mehrzahl der Länder hat die Ladenöffnung an Werktagen weitgehend freigegeben, ohne die Beschäftigungsmöglichkeiten an Samstagen in größerem Maße einzuschränken, als dies durch § 17 Abs. 4 LadSchlG der Fall ist.

40

(2) Eine Landeskompetenz ergibt sich auch nicht kraft Sachzusammenhangs. Zwar liegt es nicht fern, auch die Arbeitszeit zu regeln, wenn der Ladenschluss normiert wird. Doch genügen reine Zweckmäßigkeitserwägungen zur Begründung von Gesetzgebungskompetenzen aus dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs nicht (vgl. BVerfGE 3, 407 <421>). Notwendig ist vielmehr, dass das Übergreifen in den Kompetenzbereich des Bundes für den Arbeitsschutz unerlässlich ist, um eine Regelung des Ladenschlusses verständigerweise treffen zu können. Daran fehlt es hier. Arbeitszeitrechtliche Regelungen erfassen weite Teile des Arbeitslebens und sind nicht ladenschlussspezifisch. Ein verfassungsrechtlicher Schutzauftrag für Sonn- und Feiertage ist hier nicht einschlägig (dazu BVerfGE 125, 39 <80 ff.>; SächsVerfGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - Vf. 77-II-11 -, juris, Rn. 98).

41

c) Für die Regelungen in § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG besteht gleichwohl eine Gesetzgebungskompetenz des Landes Thüringen. Der Bund hat zwar nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für arbeitszeitrechtliche Vorschriften zum Einsatz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Samstagen. Er hat von dieser jedoch nicht abschließend im Sinne von Art. 72 Abs. 1 GG Gebrauch gemacht. Der Bund hat die Arbeitszeiten nicht erkennbar erschöpfend geregelt. Damit ist dem Land die Regelungskompetenz derzeit auch durch den weiterhin geltenden § 17 Abs. 4 LadSchlG nicht vollständig entzogen.

42

aa) Zwar darf der Bund die Arbeitszeiten auf dem Gebiet des Arbeitsrechts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) regeln, ohne dass dies zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist (Art. 72 Abs. 2 GG). Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder nach Art. 72 Abs. 1 GG allerdings die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner in Art. 74 GG benannten Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

43

Ein Gebrauchmachen von einer Gesetzgebungskompetenz in einer den Landesgesetzgeber im Sinne des Art. 72 Abs. 1 GG ausschließenden Weise liegt vor, wenn ein Bundesgesetz eine bestimmte Frage erschöpfend regelt (vgl. BVerfGE 7, 342 <347>; 20, 238 <248>; 49, 343 <359>; 67, 299 <324>). Auch diese Vorgabe ist zur Sicherung einer klaren vertikalen Kompetenzordnung strikt auszulegen (dazu oben II 1 a). Die Sperrwirkung für die Länder setzt voraus, dass der erschöpfende Gebrauch der Kompetenz durch den Bund hinreichend erkennbar ist (vgl. BVerfGE 98, 265 <301>). Bloße Wert- und Zielvorstellungen entfalten keine Sperrwirkung (vgl. BVerfGE 49, 343 <359>). Eine erschöpfende Regelung kann allerdings positiv durch eine Regelung erfolgen oder negativ durch das Unterlassen einer Regelung (vgl. BVerfGE 2, 232 <236>; 34, 9 <28>); auch durch absichtsvollen Regelungsverzicht kann eine Kompetenzmaterie erschöpft sein (vgl. BVerfGE 32, 319 <327 f.>; 98, 265 <300>).

44

Die Sperrwirkung tritt nach Art. 72 Abs. 1 GG ein, solange und soweit der Bund die Materie regelt; sie ist also zeitlich und sachlich begrenzt. Maßgeblich für die Bestimmung ihrer Reichweite sind die gesetzliche Regelung selbst und der hinter ihr stehende Regelungszweck sowie die Gesetzgebungsgeschichte (vgl. BVerfGE 98, 265 <300>; 109, 190 <230 f.>). Entscheidend ist, dass ein bestimmter Sachbereich tatsächlich umfassend und lückenlos geregelt ist oder nach dem aus Gesetzgebungsgeschichte und Materialien ablesbaren objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte (BVerfGE 102, 99 <115>). Der abschließende Charakter einer Regelung bestimmt sich insofern nach einer Gesamtwürdigung des betreffenden Normenkomplexes (vgl. BVerfGE 67, 299 <324>; 98, 265 <301>; 102, 99 <114>; 109, 190 <229>) und kann auch durch mehrere zusammenwirkende Gesetze erreicht werden (vgl. BVerfGE 34, 9 <28>). Ist die Regelung abschließend, ist es dem Landesgesetzgeber verwehrt, die Materie ergänzend oder unter neuen Gesichtspunkten zu regeln; das Grundgesetz weist den Ländern nicht die Aufgabe zu, Entscheidungen des Bundesgesetzgebers nachzubessern (vgl. BVerfGE 36, 193 <211 ff.>; 102, 99 <115>).

45

bb) Hiernach ergibt sich aus der Regelung des § 17 Abs. 4 LadSchlG gegenüber den Ländern keine Sperrwirkung, soweit die Länder eine über den dort bundesgesetzlich vorgesehenen Freistellungsanspruch von nur einem Samstag im Monat hinausgehende Freistellung von Samstagsarbeit in Verkaufsstellen gesetzlich vorschreiben. Zwar hatte die bundesrechtliche Regelung zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung insofern faktisch abschließende Wirkung, als die Länder damals keine Regelungskompetenz für den Ladenschluss hatten. Doch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass § 17 Abs. 4 LadSchlG nach der Verlagerung der Gesetzgebungskompetenzen für den Ladenschluss auf die Länder in der hier zu entscheidenden Frage der Beschäftigung im Einzelhandel an Samstagen abschließend gelten soll. Der Bundesgesetzgeber musste sich darüber zum damaligen Zeitpunkt schlicht keine Gedanken machen; weder war die Regelung damals aus der Sicht des Gesetzgebers bewusst abschließend konzipiert noch ist sie heute objektiv eindeutig als abschließend zu verstehen. Es liegt damit also keine verfassungsrechtlich unzulässige nachträgliche Umdeutung (vgl. BVerfGE 109, 190 <235>), sondern ein Handeln in einer umfassend veränderten legislativen Situation vor.

46

Die bundesgesetzliche Norm beschränkt nach ihrem Wortlaut den Freistellungsanspruch auf einen Samstag im Kalendermonat, legt aber objektiv nicht ausdrücklich fest, dass dies als abschließende Vorgabe für eine diesbezüglich zwingende Arbeitszeitregelung zu verstehen ist. Ein Anhaltspunkt, dass der Freistellungsanspruch auf genau einen Samstag begrenzt sein soll, ist der Regelung nicht zu entnehmen. Insofern lässt sich die Regelung auch als eine bloße Minimalgarantie verstehen. Ausweislich der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit im Deutschen Bundestag zur Erweiterung der Ladenöffnungszeiten am Samstag sollte ein gesetzlicher Anspruch eingeführt werden, der "zumindest einen arbeitsfreien Samstag im Monat ermöglichen soll" (BTDrucks 15/591, S. 2).

47

Die Regelung des § 17 Abs. 4 LadSchlG bezieht sich, wird er im Zusammenhang mit den übrigen arbeitszeitrechtlichen Vorgaben des § 17 LadSchlG betrachtet, zudem erkennbar auf die damals geltenden bundeseinheitlichen Bestimmungen zum Ladenschluss. Dieser Normenkomplex ist jedoch als Grundlage für die arbeitszeitrechtlichen Vorgaben im Wege der Föderalismusreform entfallen. Auch das steht der Annahme entgegen, es liege unter den Bedingungen der heutigen Kompetenzverteilung eine klar erkennbare abschließende Bundesregelung vor.

48

Die Regelungsgeschichte spricht ebenfalls nicht für eine eindeutig abschließende Regelung des Bundes, die eine Regelung der Länder sperren würde. Vorgaben zur Arbeitszeit finden sich seit jeher in mehreren gesetzlichen Regelungen (dazu oben A I 1). So gelten neben dem Arbeitszeitgesetz des Bundes besondere Vorschriften für Jugendliche im Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) und Sonderregelungen für werdende und stillende Mütter im Mutterschutzgesetz (MuSchG). Desgleichen ist § 17 LadSchlG eine Sonderregelung für Verkaufsstellen des Einzelhandels. Da der Bund für diese bis zur Föderalismusreform eine Regelungskompetenz besaß, ohne dass die Länder daneben über eine solche Kompetenz verfügten, kam es auf den Charakter der Regelung im Verhältnis zu eventuell unterschiedlichen Vorstellungen der Länder überhaupt nicht an.

49

Auch sonst liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, die bundesrechtliche Regelung zur Beschäftigung an Samstagen unter den geänderten Vorzeichen für abschließend zu halten. Jedenfalls seit der Föderalismusreform ist nicht hinreichend eindeutig erkennbar, dass die alten Bundesregelungen abschließenden Charakter haben. Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens zur Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes im Jahr 1993 hat der Bund die Möglichkeit einer Vereinheitlichung und Klarstellung der Reichweite der Ausnahmen vom generellen Beschäftigungsverbot an Sonntagen ungenutzt gelassen (dazu oben A I 1 b; anders hingegen die Konstellation in BVerfGE 109, 190 <231>, wo eine umfassende Reform des Rechts der Sicherungsverwahrung durch den Bund vor Verabschiedung eines entsprechenden Landesgesetzes anzeigte, dass eine abschließende Regelung vorlag). Auch nach dem Zuständigkeitstransfer durch die Föderalismusreform ist eine solche Klarstellung mit Blick auf eine klare Kompetenzabgrenzung nicht erfolgt. Vielmehr ist nicht nur das Land Thüringen nachfolgend davon ausgegangen, dass eigene Regeln zur Samstagsarbeit zum Ausgleich der Folgen weiter liberalisierter Ladenöffnungszeiten nicht durch Bundesrecht gesperrt seien. Auch das fachlich zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat aus der Perspektive des Bundes in einem Rundschreiben vom 14. Juli 2006 und darauf verweisend nochmals am 22. Februar 2012 ausdrücklich die Auffassung vertreten, dass die Regelung nicht abschließend sei (oben A I 3 a); sie werde das Thema im Hinblick auf die eigene konkurrierende Gesetzgebungskompetenz lediglich im Auge behalten. Entsprechend hat auch Mecklenburg-Vorpommern mit § 7 Abs. 5 Satz 5 LöffG (vom 18. Juni 2007, GVOBl 2007 S. 226) eine strengere Schutzvorschrift als § 17 Abs. 4 LadSchlG beschlossen und haben Hamburg (§ 9 Abs. 6 Satz 1 LÖG HA vom 22. Dezember 2006, HmbGVBl 2006 S. 611 in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 2009, HmbGVBl S. 444), Rheinland-Pfalz (§ 13 Abs. 3 LadöffnG vom 21. November 2006, GVBl 2006 S. 351), Baden-Württemberg (§ 12 Abs. 4 LadÖG vom 14. Februar 2007, GBl 2007 S. 135 in der Fassung des Gesetzes vom 10. November 2009, GBl S. 628) und Brandenburg (§ 10 Abs. 3 BbgLöG vom 27. November 2006, GVBl II 2006 S. 158 in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2010, GVBl I Nr. 46) § 17 Abs. 4 LadSchlG entsprechende Regelungen erlassen. Die Länder haben mit dem Erlass von 15 unterschiedlichen Landesgesetzen das Ladenschlussrecht heterogen normiert, ohne dass der Bund eigene Regelungen zur Samstagsarbeit auf den Weg gebracht hätte, aus denen ein anderweitiger Regelungswille erkennbar würde.

50

Dem Bundesgesetzgeber ist es im Rahmen der grundgesetzlichen Kompetenzordnung allerdings unbenommen, einheitliche und, wenn er dies für angezeigt hält, auch abschließende arbeitszeitrechtliche Vorgaben zum Ladenschluss zu machen. Werden solche eindeutig abschließenden Bundesregelungen verabschiedet, träte gemäß Art. 72 Abs. 1 GG eine Sperrwirkung ein, die zur Nichtigkeit des bereits erlassenen Landesrechts führen würde (vgl. Huber, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 31 Rn. 29; Degenhart, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 70 Rn. 54; Kunig in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 72 Rn. 8; siehe auch Uhle, in: Kluth, Föderalismusreformgesetz, 1. Aufl. 2007, Art. 72 Rn. 24; Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 72 Rn. 87, für die Nichtigkeit aufgrund von Art. 31 GG vgl. Ipsen, Staatsrecht I, 26. Aufl. 2014, Rn. 726; BVerwG, Urteil vom 27. November 1992 - BVerwG 8 C 9.91 -, juris, Rn. 21).

51

cc) Da eine erschöpfende Regelung der in Rede stehenden Materie durch den Bund mithin nicht eindeutig erkennbar ist, steht Art. 72 Abs. 1 GG der Regelung des § 12 ThürLadÖffG nicht entgegen. Das im Sinne einer klaren Kompetenzverteilung strikte Verständnis der Kompetenzregeln erlaubt es nicht, eine einstmals unter anderen kompetenziellen Vorzeichen getroffene Regelung nunmehr ohne hinreichende Anhaltspunkte insbesondere im Wortlaut der Norm als erschöpfend zu verstehen. Das Land Thüringen durfte folglich in eigener Kompetenz die über § 17 Abs. 4 LadSchlG hinausgehende Vorgabe machen, dass abhängig Beschäftigte in Verkaufsstellen in Thüringen an zwei Samstagen im Monat nicht eingesetzt werden dürfen.

52

2. Die Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG ist materiell mit der Verfassung vereinbar. Sie greift zwar in die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin ein, indem sie den gewünschten Einsatz der von ihr beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verkaufsstellen für den Samstag und entsprechende arbeitsrechtlich herzuleitende Befugnisse beschränkt. Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich zu rechtfertigen.

53

a) Regelungen, die die Berufsausübung einschränken, sind verfassungsgemäß, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig sind (vgl. BVerfGE 111, 10 <32>; 121, 317 <346>; stRspr). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 11 BvR 1843/11 -, juris, Rn. 79 m.w.N.).

54

Ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit muss den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der Einschränkung von Freiheitsrechten genügen, die umso strenger ausfallen, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann, während Beschränkungen allein der Berufsausübung eher zu rechtfertigen sind. Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Daher müssen die Eingriffe zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und dürfen nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern. Die Eingriffsmittel dürfen zudem nicht übermäßig belastend sein, so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 121, 317 <346> m.w.N.).

55

b) Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit durch die Beschränkung der Möglichkeit der Beschwerdeführerin, nach § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Samstagen nur eingeschränkt einsetzen zu können, ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

56

aa) Der Eingriff hat kein besonders hohes Gewicht. Zwar kann die Regelung für ein Unternehmen, das wie die Beschwerdeführerin insbesondere an Samstagen den höchsten Umsatz macht und im Verkauf dazu auf den Einsatz von Fachkräften angewiesen ist, nicht unerhebliche Umstellungen erforderlich werden lassen. Doch wiegt dies angesichts der vielfältigen verbleibenden Dispositionsmöglichkeiten eines Arbeitgebers über den Personaleinsatz nicht ausnehmend schwer.

57

bb) Das Gesetz zielt auf den Arbeitsschutz und den Schutz der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie und damit auf Gemeinwohlbelange, die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit zu rechtfertigen vermögen (vgl. BVerfGE 111, 10 <32>). Der Gesetzgeber will so auf die mit den Ausweitungen der Ladenöffnungszeiten verbundene Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Einzelhandel reagieren, die sowohl die Gesundheit wie das Familienleben beeinträchtigen. Die mit der Liberalisierung des Ladenschlusses verbundene Zunahme von Wochenendarbeit verlagere Arbeit in Zeiten, die der physiologischen Erholung und der sozialen Teilhabe dienen; die beschränkte Einsatzmöglichkeit an Samstagen bezwecke insofern, dem Personal möglichst weitgehend ein zusammenhängendes arbeitsfreies Wochenende zu sichern und die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern (vgl. ThürLTDrucks 5/3191, S. 9).

58

cc) Die Beschränkung der Einsatzmöglichkeit von Beschäftigten auf zwei Samstage im Monat ist verhältnismäßig.

59

Der auf dem Gebiet der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftsordnung weite Einschätzungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 11 BvR 1843/11 -, juris, Rn. 79) erlaubt es dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Schutzkonzeptes auch, bestimmte Sachverhalte herauszugreifen und Problemstellungen nicht flächendeckend zu regeln (vgl. BVerfGE 96, 56 <64>; 121, 317 <356>). Hier liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber die Regelung für die Verfolgung seiner Ziele nicht für erforderlich halten durfte, weil sie unter verschiedenen gleich geeigneten Möglichkeiten nicht die am wenigsten belastende sei (vgl. BVerfGE 102, 197 <217>). Nach der weitgehenden Freigabe der Ladenschlusszeiten sichern die ladenschlussrechtlichen Regelungen allein jedenfalls kein arbeitsfreies Wochenende. Die angegriffene Regelung garantiert Beschäftigten in regelmäßigen, kürzeren Abständen demgegenüber ein vollständig freies Wochenende für Erholung, ein gemeinsames Familienleben und soziale Teilhabe (vgl. BVerfGE 125, 39 <82 f., 85 ff.>). Die nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG bestehende Möglichkeit, Arbeitszeit betrieblich zu regeln, ist nicht gleich geeignet, dieses Ziel für alle zu erreichen; darauf hat der Gesetzgeber keinen Einfluss und ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht gibt es auch nur in Betrieben, in denen ein Betriebsrat gebildet ist. Gleiches gilt für tarifvertragliche Regelungen, die eine Tarifbindung oder Allgemeinverbindlichkeit voraussetzen.

60

Die Regelung ist angemessen. Die Berufsausübungsfreiheit wird durch § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG nur geringfügig beschränkt. Sie hindert die betroffenen Unternehmen nicht etwa daran, ihre Geschäfte an umsatzstarken Samstagen zu öffnen. Allerdings erzwingt sie organisatorische Vorkehrungen in personeller Hinsicht. Damit entstehen für die Unternehmen voraussichtlich Kosten. Auch können sich Umsatzeinbußen ergeben, wenn nicht alle erfahrenen Fachkräfte an allen besonders frequentierten Samstagen als Einkaufstag zur Verfügung stehen. Deren Einsatz hängt jedoch nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin mit davon ab, dass die unternehmerische Lohngestaltung den Verdienst bislang in erster Linie an Verkaufsprovisionen koppelt; wäre mit der Freistellung an zwei Samstagen kein besonderer Verdienstverlust verbunden, wäre auch eine andere Einsatzmotivation und Einsatzplanung des Personals zu erwarten. Es ist auch insofern nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne, wenn der Gesetzgeber die erheblichen Belange des Schutzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als überwiegend erachtet. Vor dem Hintergrund der Flexibilisierung der Arbeitszeiten und der Ausweitung von Ladenöffnungszeiten kann der Gesetzgeber der Möglichkeit zur Erholung und sozialen Teilhabe für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprechend große Bedeutung beimessen. Insofern müssen sich Regeln zur Freistellung an Samstagen auch an der aus Art. 6 Abs. 2 GG resultierenden Schutzpflicht des Gesetzgebers zugunsten von Familien mit Kindern orientieren, wonach der Gesetzgeber dafür Sorge tragen muss, dass Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander vereinbar sind (vgl. BVerfGE 88, 203 <260>). Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die angegriffene Regelung in Familien nicht nur die erwünschten positiven Wirkungen auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat, sondern auch negative Effekte, da sie einer flexiblen Aufteilung von Betreuungsaufgaben im Wege stehen kann. Der Gesetzgeber hat insofern auch mögliche faktische Diskriminierungen zu berücksichtigen, die von Schutzgesetzen zugunsten von Frauen ausgehen können (vgl. BVerfGE 85, 191 <209>; 109, 64 <90>). Vorliegend überschreitet der Gesetzgeber seinen Ausgestaltungsspielraum jedoch nicht, wenn er zur Arbeitszeit im Handel an Wochenenden normativ begrenzte Vorgaben macht.

61

3. Die angegriffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil in anderen Bundesländern geringere Beschränkungen der Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Samstagen bestehen. Der Gleichheitssatz wird nicht verletzt, wenn ein Landesgesetzgeber innerhalb seines Kompetenzbereiches von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen trifft, auch wenn dadurch die Einwohnerinnen und Einwohner seines Landes mehr belastet oder begünstigt werden (vgl. BVerfGE 32, 346 <360>; 33, 224 <231>; stRspr). Vielmehr sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt, denn die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaats (vgl. BVerfGE 134, 1 <21 Rn. 61>). Daneben ist eine branchenspezifische Ungleichbehandlung innerhalb des Landes nicht ersichtlich.

62

4. Eine Verletzung des Grundrechts der Tarifautonomie aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG liegt nicht vor. Art. 9 Abs. 3 GG schützt koalitionsspezifische Betätigungen (vgl. BVerfGE 84, 212 <224>) und der Staat überlässt die erforderlichen Regelungen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zum großen Teil den Koalitionen (vgl. BVerfGE 94, 268 <283>). Es ist jedoch weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die hier angegriffene Regelung einen Handlungsrahmen stecken würde, der die Koalitionsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigen würde.

63

Im Ergebnis ist die angegriffene Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar.

C.

64

Die Entscheidung ist zu B II 1 c und damit im Ergebnis mit 5 : 3 Stimmen ergangen.

Abw. Meinung

1

Der Beschluss ist weder mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes noch mit der dazu bisher ergangenen Rechtsprechung beider Senate (vgl. insbesondere BVerfGE 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <235>) vereinbar. Bedauerlicherweise kann ich ihm daher größtenteils nicht zustimmen.

2

Der Senatsbeschluss räumt dem Landesgesetzgeber eine Befugnis zu einer Arbeitszeitregelung ein, die das Grundgesetz dem Bund zugewiesen und von der der Bundesgesetzgeber abschließend Gebrauch gemacht hat. Daran hat sich auch durch die Grundgesetzänderung im Zuge der Föderalismusreform nichts geändert (I). Darüber hinaus weicht das Gesetz durch die Ersetzung des subjektiven Rechts auf einen arbeitsfreien Samstag im Monat durch ein absolutes Verbot der Arbeit an zwei Samstagen von der bundesrechtlichen Regelung ab, ohne dass die dafür erforderliche Abweichungskompetenz gemäß Art. 72 Abs. 3 GG gegeben ist (II). Mangels Landeskompetenz kann offen bleiben, ob die Grundrechtsabwägung von Landesgesetzgeber und Senat mangels Berücksichtigung der Beeinträchtigung des Rechts auf Berufsausübung auf Seiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den weiten Spielraum des Gesetzgebers in Fragen der Arbeitszeitregelung überschritten hat (III).

I.

3

§ 17 Abs. 4 des Ladenschlussgesetzes kann sich auf eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes stützen, die durch die Föderalismusreform nicht entfallen ist (1). Die Bundesregelung ist abschließend, so dass gemäß Art. 72 Abs. 2 GG kein Raum für eine Landesregelung bleibt. Dies geht sowohl aus dem Wortlaut der Norm als auch aus der Gesetzgebungsgeschichte hervor, die der Beschluss nur unvollständig rezipiert (2). Daran hat sich durch die Föderalismusreform nichts geändert. Aber selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats das rechtsstaatliche Prinzip der Gesetzesklarheit für eine Öffnung zugunsten der Länder ein ausdrückliches Gesetz verlangt (vgl. BVerfGE 109, 190 <235>), an dem es hier fehlt (3).

4

1. Dem Mehrheitsbeschluss ist insoweit zuzustimmen, als er darlegt, dass der Verfassungsgeber in der Föderalismusreform das "Recht des Ladenschlusses" aus der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes herausgenommen (siehe Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG), es aber bei der konkurrierenden Bundeskompetenz für die Arbeitszeitregelung auch im Zusammenhang mit dem Ladenschluss belassen hat. Aus der Subtraktion des "Rechts des Ladenschlusses" vom Recht der Wirtschaft in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG kann keine Addition der Arbeitszeitregelung zum Recht des Ladenschlusses abgeleitet werden.

5

2. Der Bund hat von seiner Kompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zur Arbeitszeitregelung gemäß Art. 72 Abs. 1 GG abschließend Gebrauch gemacht. § 17 Abs. 4 LadSchlG ist abschließend konzipiert. Nach der Rechtsprechung beider Senate ist für die Frage, ob und inwieweit der Bund von seiner Zuständigkeit Gebrauch gemacht hat, in erster Linie auf das Bundesgesetz selbst, sodann auf den hinter dem Gesetz stehenden Regelungszweck, auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien abzustellen (vgl. BVerfGE 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <230>).

6

Der Bund hat den Sachbereich der Samstagsarbeit in § 17 Abs. 4 LadSchlG vollständig geregelt, indem er Beschäftigten im Einzelhandel einen individuellen Anspruch auf einen freien Samstag im Monat eingeräumt hat (vgl. Ambs, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, LadSchlG, Vorbemerkung Rn. 1 ; Thüsing/Stiebert, GewArch 2013, S. 425 <430 f.>; Mosbacher, Sonntagsschutz und Ladenschluß, 2007, S. 250 ff., 267; Neumann, in: Landmann/Rohmer, GewO, LadSchlG, Vorbemerkung ; Kämmerer/Thüsing, GewArch 2006, S. 266 <267 f., 727>; Kühling, AuR 2006, S. 384 <385 f.>; Schunder, NJW 2003, S. 2131 <2133>; Rose, DB 2003, S. 1223 <1225>; a.A. Försterling, ZG 2007, S. 36 <55 ff.>; Horstmann, NZA 2006, S. 1246 <1249 f.>; Kühn, AuR 2006, S. 418 <420 f.>). Das zeigt schon der abschließende Wortlaut der Vorschrift, die eine spezialrechtliche Regelung für den sonstigen Werktag Samstag (siehe zum Beispiel § 3 Abs. 2 BUrlG) enthält. Das Bedürfnis der Wirtschaft und der Arbeitnehmer nach der Ermöglichung von Samstagsarbeit zu Erwerbszwecken einerseits und das Bedürfnis der betroffenen Familien nach einem gemeinsamen Wochenende auf der anderen Seite hat der Bundesgesetzgeber mit der Regelung in § 17 Abs. 4 LadSchlG erschöpfend gegeneinander abgewogen.

7

Ausdrücklichkeit ist für eine abschließende Regelung gerade nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <234>; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 72 Rn. 29 m.w.N.). Für einen bundesrechtlichen Regelungsvorbehalt zugunsten der Länder (vgl. BVerfGE 29, 125 <137>; 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <235>) ist nichts ersichtlich. Genau einen solchen hätte es aber gebraucht, um die Arbeitszeitregelung den Ländern zu öffnen. Der Beschluss erweckt nur durch unvollständige Wiedergabe der Gesetzgebungsgeschichte den gegenteiligen Eindruck:

8

Die Vorschrift wurde im Jahre 2003 auf Vorschlag des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit vom Bundestag dem Gesetzentwurf der Bundesregierung hinzugefügt, um den Beschäftigten des Einzelhandels "zumindest einen arbeitsfreien Samstag im Monat ermöglichen" (BTDrucks 15/591, S. 2). Dass das "zumindest" - anders als dies der Beschluss andeutet - keinen Spielraum für die Länder eröffnen sollte, sondern - im Hinblick auf die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG - den Tarifparteien eine andere, auch weitergehende Regelung erlauben wollte, wird deutlich, wenn die Fraktion der SPD, die den Gesetzentwurf schließlich zusammen mit der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen verabschiedete (S. 2), in den Ausschussberatungen ausführte, dass die "vom Bundesrat geforderte Länderkompetenz <…> nach wie vor abgelehnt" werde (S. 12). Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte in den Ausschussberatungen, dass der Gesetzentwurf "einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Kunden und den Beschäftigten im Handel" herbeiführe und die Regelung des § 17 Abs. 4 LadSchlG "berechtigte Arbeitnehmerinteressen" berücksichtige (a.a.O.). Während also eine der damaligen Mehrheitsfraktionen den Ausschluss der Länderkompetenz hervorhob, betonte die andere den Charakter der Regelung als (abschließende) Gesamtabwägung. Für abweichende Regelungen der Länder ist daneben kein Platz, denn jede abweichende Abwägung würde diejenige des zuständigen Bundesgesetzgebers überspielen.

9

3. Die wegen des Grundsatzes der Gesetzesklarheit erforderliche ausdrückliche Öffnung des Gesetzes für Länderregelungen ist nicht erfolgt, auch nicht durch Gewohnheitsrecht.

10

a) Die Änderung des Grundgesetzes kann schwerlich rückwirkend aus der abschließenden Wahrnehmung einer Bundeskompetenz eine nicht abschließende machen. Der bloße Verweis auf "geänderte Vorzeichen", auf die der Beschluss rekurriert, reicht dafür nicht aus. Hierfür wäre nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats vielmehr eine ausdrückliche Gesetzesänderung durch Einfügung einer Abweichungsklausel erforderlich, um dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gesetzesklarheit gerecht zu werden (so ausdrücklich BVerfGE 109, 190 <235>). Warum der Grundsatz der Rechtsklarheit bei einer "umfassenden Reform des Rechts der Sicherungsverwahrung", nicht aber bei einer abschließenden Regelung der Arbeitszeit im Einzelhandel am Samstag gelten soll, wie der Beschluss meint (Rn. 49), bleibt unerfindlich. Für eine Beschränkung des Erfordernisses der Gesetzesklarheit bei Wahrnehmung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz auf bestimmte Bereiche oder auf "umfassende Reformen" ist weder nach der zitierten Rechtsprechung noch sonst ein Grund ersichtlich.

11

Das Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das nicht mit einem Schreiben der Bundesregierung gleichgesetzt werden kann (vgl. BVerfGE 109, 190 <234>; 132, 1 <21 Rn. 54>), steht einer ausdrücklichen Gesetzesänderung nicht gleich, zumal es sich nicht um eine gesetzgeberische, sondern eine exekutive Meinungsäußerung eines einzigen Bundesministeriums mit unverbindlichem Charakter handelt.

12

b) Allenfalls könnte man eine gewohnheitsrechtliche Abwandlung am Werke sehen. Aber auch hierfür fehlt es an allen Voraussetzungen (vgl. BVerfGE 22, 114 <121>): Die Regelungen bestehen erst relativ kurz. Auch der Beschluss führt nur die Arbeitszeitregelungen von vier Ländern an (Rn. 49), was für eine allgemeine Praxis bei weitem nicht ausreicht. Vor allem aber sagen die Existenz und die Hinnahme weiterer Länderregelungen nichts über deren Verfassungsmäßigkeit oder den abschließenden Charakter der Bundesregelung aus. Dafür ist allein die Rechtsüberzeugung des Bundesgesetzgebers, nicht die der Bundesregierung oder gar eines einzigen Fachministeriums maßgeblich (vgl. erneut BVerfGE 109, 190 <235>). Daran fehlt es jedoch soweit ersichtlich vollständig, und auch der Beschluss führt dazu nichts an.

13

c) Dass das Grundgesetz gerade beim Recht der Arbeit auch nach der Föderalismusreform von einer in der Regel abschließenden Bundesregelung ausgeht, wird auch darin deutlich, dass die Föderalismusreform dieses von der Bedürfnisklausel ausdrücklich freigestellt hat (Art. 72 Abs. 2 GG), so dass das Erfordernis des Nachweises des Bedürfnisses einer Bundesregelung entfällt (vgl. Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, Berlin 2005, S. 128 ff.). Dem widerspräche es, die Schwelle für eine Bundesregelung auf andere Art und Weise wieder anzuheben und vom Bundesgesetzgeber eine ausdrückliche Äußerung zum abschließenden Charakter seiner Regelungen zu verlangen. Schließlich wurden die Arbeitszeitregelungen erst recht nicht in den Bereich der Abweichungsgesetzgebung des Art. 72 Abs. 3 GG übernommen, der den Ländern ausnahmsweise (vgl. Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR VI, 3. Aufl. 2008, § 133 Rn. 47) das Abweichen von einem Bundesgesetz erlaubt.

14

Der Senatsbeschluss führt zu einer Vernebelung der Kompetenzregelung des Grundgesetzes nach Sachmaterien, die ein Markenzeichen des Föderalismus des Grundgesetzes im Vergleich zu den finalen Zuständigkeiten der Europäischen Union darstellt, die zur Kompetenzabgrenzung die nicht trennscharfen, dem Grundrechtsbereich entnommenen Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit heranzieht (vgl. Art. 5 Abs. 2-4 EUV und Art. 115, 114 AEUV). Als Konsequenz wäre dem Bundesgesetzgeber zu raten, künftig allen Gesetzen im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz eine salvatorische Klausel zur Abschließlichkeit der Regelung hinzuzufügen. Selbst eine solche Klarstellung liefe aber nach dem Senatsbeschluss Gefahr, von geänderten Umständen überholt zu werden. Das widerspricht der gesamten bisherigen Rechtsprechung beider Senate des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <235>). Auch der Beschluss verlangt mit zahlreichen Nachweisen "im Sinne einer möglichst eindeutigen vertikalen Gewaltenteilung eine strikte, dem Sinn der Kompetenznorm gerecht werdende Auslegung der Art. 70 ff. GG" (Rn. 28). Allein: er zieht für die Abgrenzung der Kompetenzbereiche im Ladenschlussrecht keine Konsequenzen daraus. Der rechtsstaatliche Grundsatz der Gesetzesklarheit (vgl. BVerfGE 109, 190 <235>) bleibt dabei ebenso auf der Strecke wie die Klarheit der Kompetenzzuordnung im Bundesstaat.

II.

15

Selbst wenn man aber den abschließenden Charakter von § 17 Abs. 4 LadSchlG als offen bezeichnen wollte, so weicht die Landesregelung des § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG durch die Einführung eines Arbeitsverbots im Einzelhandel an zwei Samstagen im Monat von der Bundesregelung so eindeutig ab, dass sie wegen Widerspruchs zur Bundesregelung nichtig ist (Art. 72, 31 GG), jedenfalls aber dem Verbot widersprüchlicher Länderregelungen unterfällt, da keine Abweichungskompetenz gemäß Art. 72 Abs. 3 GG vorliegt. Konzeptionelle Entscheidungen des Bundesgesetzgebers dürfen nach der Senatsrechtsprechung "auch durch auf Spezialzuständigkeiten gründende Einzelentscheidungen eines Landesgesetzgebers nicht verfälscht werden" (BVerfGE 98, 265 <301>).

16

Dem thüringischen Gesetz liegt aber eine solch abweichende Konzeption zugrunde. Während die Bundesregelung den Arbeitnehmern ein Recht auf Geltendmachung eines freien Samstags einräumt, schließt die Landesregelung eine Beschäftigung an zwei Samstagen im Monat auch mit Zustimmung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers völlig aus. Es handelt sich also nicht einfach um ein höheres Schutzniveau zugunsten der Beschäftigten, zum Beispiel ein Recht auf zwei statt einen arbeitsfreien Samstag, sondern um ein Arbeitsverbot an zwei Samstagen, also ein - vor dem Hintergrund von Art. 12 Abs. 1 GG problematisches (dazu unten III) - Arbeitsverbotsgesetz.

17

Mit Ausnahme der Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 GG kennt das Grundgesetz keine Regelungskonkurrenz zwischen Bund und Ländern. Vielmehr gibt es Wettbewerbsföderalismus nur zwischen mehreren Gesetzgebern auf gleicher Stufe (vgl. Korte, Standortfaktor Öffentliches Recht, Habil. FU Berlin 2013 , S. 377 ff.). Dies hat auch freiheitsschützende Funktion, weil so widersprüchliche Regelungen vermieden (vgl. BVerfGE 98, 83 <97 f.>; 98, 106 <118 f.>; 98, 265 <301>) und vor allem ein politischer "Schönheitswettbewerb" der Länder durch einseitiges "Draufsatteln" auf Bundesregelungen verhindert werden können.

III.

18

Angesichts des Verstoßes gegen die grundgesetzlichen Gesetzgebungskompetenzen kann im Ergebnis offen bleiben, ob die paternalistische Landesregelung, welche auch die Tariffreiheit einschränkt (Art. 9 Abs. 3 GG), dem - in der Tat weiten - Einschätzungs- und Prognosespielraum des Gesetzgebers zum Trotz materiell die Grundrechte verletzt. Hierfür wäre weiterer Vortrag der Beteiligten sinnvoll und notwendig gewesen (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BVerfGG).

19

Jedenfalls ist die Grundrechtsabwägung des thüringischen Gesetzgebers und auch diejenige des Senatsbeschlusses unvollständig, weil sie den Wechsel von dem bundesrechtlichen subjektiven Recht auf das landesgesetzliche objektive Arbeitsverbot im Einzelhandel an zwei Samstagen im Hinblick auf die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nicht reflektiert. Die Freiheitsrechte des Grundgesetzes setzen solch absoluten Regelungen durchaus Grenzen (vgl. zu vergleichbaren Konstellationen BVerfGE 85, 191 <206 ff.> - Nachtarbeitsverbot; abweichende Meinung Masing, BVerfGE 121, 317 <381, 388> - Rauchverbot). Durch das Arbeitsverbot wird das Gewicht, das der thüringische Gesetzgeber der Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin entgegensetzen kann, erheblich vermindert. So ist es eben keineswegs notwendigerweise im Interesse vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn sie jeden zweiten Samstag nicht arbeiten dürfen. Viele Familien verfügen nicht über eine Möglichkeit der externen Kinderbetreuung, so dass sich die Eltern abstimmen müssen, wenn sie auf den Doppelverdienst angewiesen sind. Andere hätten lieber am Montag als am Samstag frei, um selbst in Ruhe einkaufen zu können. Für viele Eltern kleiner Kinder ist nicht wesentlich, ob sie Samstag oder an einem anderen Wochentag arbeiten. Dass auch Alleinstehende besondere Verdienstmöglichkeiten am Samstag schätzen können, sei nur nebenbei erwähnt. Die Provisionsregelungen bestehen im übrigen durchaus auch im Arbeitnehmerinteresse. Über all dies verliert der Beschluss kaum ein Wort.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Personen, die zuletzt als Landwirt versichert waren und die nicht mehr versicherungspflichtig sind, können die Versicherung freiwillig fortsetzen, wenn sie

1.
die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben,
2.
die Wartezeit von 15 Jahren noch nicht erfüllt haben,
3.
noch keine Rente beziehen,
4.
die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben und
5.
die Fortsetzung der Versicherung innerhalb von sechs Monaten nach dem Ende der Versicherungspflicht beantragen.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem ersten Tag des Monats, der dem Monat folgt, in dem die Versicherungspflicht endet.

(3) Die Berechtigung zur freiwilligen Weiterversicherung endet mit Beginn des Kalendermonats, zu dessen Beginn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 2 bis 4 nicht mehr erfüllt sind.

(1) Versorgungsbezüge werden neben Renten nur bis zum Erreichen der in Absatz 2 bezeichneten Höchstgrenze gezahlt. Als Renten gelten

1.
Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen,
1a.
Renten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
2.
Renten aus einer zusätzlichen Alters- oder Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes,
3.
Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wobei für den Ruhegehaltempfänger ein dem Unfallausgleich (§ 35) entsprechender Betrag unberücksichtigt bleibt; bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent bleiben zwei Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 Prozent ein Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz unberücksichtigt,
4.
Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder aus einer befreienden Lebensversicherung, zu denen der Arbeitgeber auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat.
Wird eine Rente im Sinne des Satzes 2 nicht beantragt oder auf sie verzichtet oder wird an deren Stelle ein Kapitalbetrag gezahlt, so tritt an die Stelle der Rente der Betrag, der vom Leistungsträger ansonsten zu zahlen wäre. Erfolgt die Zahlung eines Kapitalbetrages, weil kein Anspruch auf eine laufende Rente besteht, so ist der Betrag zugrunde zu legen, der sich bei einer Verrentung der einmaligen Zahlung ergibt. Die Sätze 3 und 4 gelten nicht, wenn der Ruhestandsbeamte innerhalb von drei Monaten nach Zufluss den Kapitalbetrag zuzüglich der hierauf gewährten Zinsen an den Dienstherrn abführt. Zu den Renten und den Leistungen nach Nummer 4 rechnet nicht der Kinderzuschuss. Renten, Rentenerhöhungen und Rentenminderungen, die auf § 1587b des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder § 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich, jeweils in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung, beruhen, sowie übertragene Anrechte nach Maßgabe des Versorgungsausgleichsgesetzes und Zuschläge oder Abschläge beim Rentensplitting unter Ehegatten nach § 76c des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleiben unberücksichtigt. Der Verrentungsbetrag nach Satz 4 berechnet sich nach folgender Formel:

EP × aRW = VrB.
In dieser Formel bedeutet:
EP:
Entgeltpunkte, die sich ergeben durch Multiplikation des Kapitalbetrages in Euro mit dem für dessen Auszahlungsjahr maßgeblichen Faktor zur Umrechnung von Kapitalwerten in Entgeltpunkte nach § 187 Absatz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anschließende Division durch Euro; die Entgeltpunkte werden kaufmännisch auf vier Dezimalstellen gerundet;
aRW:
aktueller Rentenwert in Euro,
VrB:
Verrentungsbetrag in Euro.

(2) Als Höchstgrenze gelten

1.
für Ruhestandsbeamte der Betrag, der sich als Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1 ergeben würde, wenn der Berechnung zugrunde gelegt werden
a)
bei den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen die Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt berechnet,
b)
als ruhegehaltfähige Dienstzeit die Zeit vom vollendeten siebzehnten Lebensjahr bis zum Eintritt des Versorgungsfalles abzüglich von Zeiten nach § 12a und nicht ruhegehaltfähiger Zeiten im Sinne des § 6a, zuzüglich ruhegehaltfähiger Dienstzeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres sowie der Zeiten, um die sich die ruhegehaltfähige Dienstzeit erhöht, und der bei der Rente berücksichtigten Zeiten einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit nach Eintritt des Versorgungsfalles,
2.
für Witwen der Betrag, der sich als Witwengeld zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1, für Waisen der Betrag, der sich als Waisengeld zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1, wenn dieser neben dem Waisengeld gezahlt wird, aus dem Ruhegehalt nach Nummer 1 ergeben würde.
Ist bei einem an der Ruhensregelung beteiligten Versorgungsbezug das Ruhegehalt nach § 14 Abs. 3 gemindert, ist das für die Höchstgrenze maßgebende Ruhegehalt in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschrift festzusetzen. Ist bei einem an der Ruhensregelung beteiligten Versorgungsbezug der Ruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 oder 3 dieses Gesetzes in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung gemindert, ist der für die Höchstgrenze maßgebende Ruhegehaltssatz in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschrift festzusetzen.

(3) Als Renten im Sinne des Absatzes 1 gelten nicht

1.
bei Ruhestandsbeamten (Absatz 2 Nr. 1) Hinterbliebenenrenten aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit des Ehegatten,
2.
bei Witwen und Waisen (Absatz 2 Nr. 2) Renten auf Grund einer eigenen Beschäftigung oder Tätigkeit.

(4) Bei Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt außer Ansatz der Teil der Rente (Absatz 1), der

1.
dem Verhältnis der Versicherungsjahre auf Grund freiwilliger Weiterversicherung oder Selbstversicherung zu den gesamten Versicherungsjahren oder, wenn sich die Rente nach Werteinheiten berechnet, dem Verhältnis der Werteinheiten für freiwillige Beiträge zu der Summe der Werteinheiten für freiwillige Beiträge, Pflichtbeiträge, Ersatzzeiten und Ausfallzeiten oder, wenn sich die Rente nach Entgeltpunkten berechnet, dem Verhältnis der Entgeltpunkte für freiwillige Beiträge zu der Summe der Entgeltpunkte für freiwillige Beiträge, Pflichtbeiträge, Ersatzzeiten, Zurechnungszeiten und Anrechnungszeiten entspricht,
2.
auf einer Höherversicherung beruht,
3.
auf Entgeltpunkten beruht, die auf Zeiten einer Verwendung bei einer Einrichtung im Sinne des § 6a zurückzuführen sind, sofern diese Zeiten nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeiten nach § 6a berücksichtigt werden.
Dies gilt nicht, soweit der Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat.

(5) Bei Anwendung des § 53 ist von der nach Anwendung der Absätze 1 bis 4 verbleibenden Gesamtversorgung auszugehen.

(6) Beim Zusammentreffen von zwei Versorgungsbezügen mit einer Rente ist zunächst der neuere Versorgungsbezug nach den Absätzen 1 bis 4 und danach der frühere Versorgungsbezug unter Berücksichtigung des gekürzten neueren Versorgungsbezuges nach § 54 zu regeln. Der hiernach gekürzte frühere Versorgungsbezug ist unter Berücksichtigung des gekürzten neueren Versorgungsbezuges nach den Absätzen 1 bis 4 zu regeln; für die Berechnung der Höchstgrenze nach Absatz 2 ist hierbei die Zeit bis zum Eintritt des neueren Versorgungsfalles zu berücksichtigen.

(7) § 53 Abs. 6 gilt entsprechend.

(8) Den in Absatz 1 bezeichneten Renten stehen entsprechende wiederkehrende Geldleistungen gleich, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- oder Sonderversorgungssystemen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik geleistet werden oder die von einem ausländischen Versicherungsträger nach einem für die Bundesrepublik Deutschland wirksamen zwischen- oder überstaatlichen Abkommen gewährt werden. Für die Umrechnung von Renten ausländischer Versorgungsträger gilt § 17a Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.