Verwaltungsgericht Regensburg Gerichtsbescheid, 27. Okt. 2015 - RN 5 K 14.30058

published on 27/10/2015 00:00
Verwaltungsgericht Regensburg Gerichtsbescheid, 27. Okt. 2015 - RN 5 K 14.30058
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg

RN 5 K 14.30058

Im Namen des Volkes

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwältin I. G.-St. E2S2, M2.-str. ..., München

gegen

Bundesrepublik Deutschland,

vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Rothenburger Str. 29, Zirndorf

- Beklagte -

beteiligt:

Regierung von Niederbayern als Vertreter des öffentlichen Interesses, Postfach, Landshut

wegen Abschiebungsanordnung (Italien)

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 5. Kammer, durch den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Hohmann als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung

am 27. Oktober 2015

folgenden

Gerichtsbescheid:

I.

Das Verfahren wird eingestellt soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung eines Asylverfahrens beantragt hat und soweit sich die Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheids vom 17.12.2013 gerichtet hat.

II.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

IV.

Der Gerichtsbescheid ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Ursprünglich wendete sich der Kläger gegen einen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), der die Feststellung enthält, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig sei. Insoweit beantragte der Kläger zunächst die Bescheidsaufhebung sowie die Verpflichtung des Bundesamts zur Durchführung eines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland. Ferner begehrte er die Aufhebung der im Bescheid enthaltenen Abschiebungsanordnung nach Italien.

Der am 20.11.1988 geborene Kläger, ein sierra-leonischer Staatsangehöriger, reiste am 28.11.2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er am 19.2.2013 seine Anerkennung als Asylberechtigter beantragte. Er gab an, bereits im August 2011 nach Italien gekommen zu sein. Dort habe er sich ein Jahr und neun Monate aufgehalten. In Italien habe er sogar einen Aufenthaltstitel (Permesso di soggiorno) gehabt, der ein Jahr lang gültig gewesen sei. Er habe Italien verlassen, weil man dort die Durchführung einer notwendigen Operation abgelehnt habe.

Am 15.10.2013 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß der Dublin-Il-VO (Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.2.2003, ABI. L 50 vom 25.2.2003, S. 1 ff.) an Italien. Mit Schreiben vom 24.10.2013 erklärte sich das Ministero delflntemo in Übereinstimmung mit Art. 16 Abs. 2 Dublin-ll-VO bereit, den Kläger wieder aufzunehmen.

Auf Nachfrage des Gerichts hat das Bundesamt mit Schreiben vom 5.8.2014 mitgeteilt, dass der Kläger bereits am 6.3.2014 nach Italien überstellt worden ist. Zum Nachweis hat das Bundesamt eine entsprechende Bestätigung der zuständigen Ausländerbehörde vorgelegt.

Daraufhin hat das Gericht mit Schreiben an die Beteiligten vom 12.8.2014 den Erlass eines Gerichtsbescheides angekündigt. Aufgrund der durchgeführten Abschiebung des Klägers sei die Klage wohl unzulässig geworden, da keine ladungsfähige Anschrift des Klägers bekannt sei und sich der Bescheid wohl auch erledigt habe.

Zum Erlass eines Gerichtsbescheids kam es jedoch zunächst nicht, da die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 24.9.2014 mitgeteilt hat, dass der Kläger zwischenzeitlich erneut in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Er befinde sich wieder in der Gemeinschaftsunterkunft, die er bereits vor seiner Abschiebung bewohnt habe. Der angegriffene Bescheid vom 17.12.2013 sei aufzuheben, da die im Bescheid enthaltene Abschiebungsanordnung durch die erfolgte Rücküberstellung des Klägers nach Italien „verbraucht“ sei. Vor einer erneuten Rücküberstellung sei eine erneute Abschiebungsanordnung zu erlassen und ein erneutes Wiederaufnahmeverfahren nach der nunmehr geltenden Dublin-lll-VO (Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013, ABI. L 180 vom 29.6.2013, S. 31 ff.) durchzuführen.

Mit Schreiben vom 30.10.2014 hat das Bundesamt mitgeteilt, dass auch aus Sicht der Beklagten der Abschiebungsanordnung keine praktische Bedeutung mehr zukomme, da diese aufgrund der bereits vollzogenen Abschiebung „überholt“ sei. Um eine erneute Überstellung nach Italien zu erreichen, müsse erneut an diesen Mitgliedsstaat herangetreten werden.

Mit am 7.11.2014 bei Gericht eingegangenem Schreiben vom 6.11.2014 hat der Kläger seine Klage insoweit zurückgenommen, als die Verpflichtung beantragt war, ein Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen. Er beantrage nunmehr nur noch die Aufhebung der Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids. Soweit ursprünglich die Aufhebung der Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheids vom 17.12.2013 beantragt gewesen sei, werde der Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Mit Schriftsatz vom 10.11.2014, bei Gericht eingegangen am 13.11.2014, hat das Bundesamt der Teilerledigungserklärung zugestimmt.

Mit Bescheid vom 17.12.2013 stellte das Bundesamt daraufhin fest, dass der Asylantrag unzulässig sei (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Ziffer 2). Italien sei gemäß Art. 16 Abs. 2 Dublin-ll-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, welche die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin-ll-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei eine ärztliche Versorgung des Klägers in Italien sichergestellt. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Dieser Bescheid wurde gemäß § 4 Abs. 2 VwZG am15.1.2014 als Einschreiben zur Post gegeben.

Klage erheben. Das Asylverfahren in Italien leide an Systemmängeln, weshalb eine Abschiebung dorthin zu unterbleiben habe. In Italien drohe dem Kläger eine massive Unterversorgung hinsichtlich seiner Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, der Unterbringung und der medizinischen Versorgung.

Der Kläger beantragte zunächst schriftsätzlich,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17.12.2013 zu verpflichten, das Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen.

Die Beklagte beantragte unter Bezugnahme auf die Gründe des angegriffenen Bescheides,

die Klage abzuweisen.

Einen mit Klageerhebung gestellten Eilrechtsschutzantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung hat das Gericht mit Beschluss vom 29.1.2014 (Az. RN 5 S 14.30057) abgelehnt. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Inhalt dieses Beschlusses Bezug genommen.

Ferner hat das Bundesamt dem Gericht eine Aufgriffsakte vorgelegt, aus der sich Folgendes ergibt:

Am 10.12.2014 hat das Bundesamt gegenüber den italienischen Behörden ein erneutes Wiederaufnahmegesuch nach Art. 18 Abs. 1d) Dublin-lll-VO gestellt. Eine Reaktion der italienischen Behörden auf dieses Ersuchen erfolgte nicht.

Am 11.12.2014 ist beim Bundesamt ein Schreiben der für den Kläger zuständigen Ausländerbehörde eingegangen, aus dem hervorgeht, dass sich der Kläger bereits seit dem 4.12.2014 in Untersuchungshaft in der JVA München/Stadelheim befinde. Daraufhin hat das Bundesamt dem italienischen Ministero deirinterno am 13.1.2015 mitgeteilt, dass eine Überstellung des Klägers derzeit nicht möglich sei, da er inhaftiert sei. Die Überstellung werde bis spätestens 24.12.2015 gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin-lll-VO erfolgen.

Mit Bescheid vom 26.1.2015 ordnete das Bundesamt erneut die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Dieser Bescheid wurde dem Kläger persönlich am 28.1.2015 in der JVA Stadelheim zugestellt. Der Bescheid wurde vom Kläger nicht angegriffen.

Am 8.6.2015 hat die Klägerbevollmächtigte gegenüber dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass sich der Kläger seit dem 5.6.2015 im sogenannten „Kirchenasyl“ in der Pfarrei St. Joseph in Tutzing befinde.

Am 2.7.2015 ließ der Kläger einen Ambulanzbrief des Benedictus Krankenhauses Tutzing vom 18.6.2015 vorlegen. Darin werden folgende Diagnosen gestellt:

- Ankylosierende posttraumatische Coxarthrose des rechten Hüftgelenkes mit begleitender Beinverkürzung.

- Verdacht auf Plexusschädigung rechtes Bein.

In der Zusammenschau bestehe beim Kläger eine relative Notfall-Indikation zur operativen Intervention, ein weiter verbessernder Spontanverlauf im Sinne einer Spontan-Arthrodese sei bis auf weiteres nicht zu erwarten. Bei regelrechtem Heilungsverlauf nach Implantation der Hüftendoprothese sei 3 bis 6 Monate postoperativ das Leistungsbild einer vollschichtigen Arbeitsfähigkeit für leichte und mittlere körperliche Tätigkeiten zu erwarten, die noch resultierende Einschränkung werde voraussichtlich aus der verbleibenden Plexus-Restschädigung bestehen.

Aus einer weiteren fachärztlichen Bescheinigung des Benedictus Krankenhauses Tutzing vom 3.7.2015 ergibt sich, dass eine operative Versorgung der Hüftgelenkschädigung des Klägers für den 7.7.2015 geplant sei. Für den unmittelbaren postoperativen Behandlungszeitraum bis zur Entfernung des Nahtmaterials nach ca. 10 Tagen sei eine stationäre Behandlung mit begleitender Schmerzmedikation erforderlich. Anschließend erfolge eine zunehmende Mobilisation bis nach voraussichtlich 6 Wochen der Patient ohne Unterarmstützen laufen könne und die volle Mobilisation aufnehme. Eine vollschichtige Arbeitsfähigkeit für leichte bis mittlere Tätigkeiten werde voraussichtlich 3 Monate postoperativ erreicht. Im Anschluss an den stationären Aufenthalt sei noch eine Rehabilitationsmaßnahme für 2 bis 3 Wochen sinnvoll, so dass bei unkompliziertem Heilungsverlauf mit einer Reisefähigkeit 6 Wochen postoperativ zu rechnen sei.

Die Klägerseite ist der Auffassung, dass eine Rücküberstellung des Klägers nach Italien nicht (mehr) möglich sei. Der Kläger sei zwar inhaftiert gewesen, weshalb die Rücküberstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 Dublin-lll-VO auf höchstens 1 Jahr verlängert werden könne. Aus dem Gebrauch des Wortes „kann“ ergebe sich, dass das Bundesamt insoweit eine Ermessensentscheidung zu treffen habe. Bei der Jahresfrist handele es sich um eine Höchstfrist und nicht um eine festgeschriebene automatische Verlängerung. Die Beklagte habe weder hinsichtlich des „ob“ noch hinsichtlich der Dauer der Verlängerung dieser Frist eine Ermessensentscheidung getroffen, so dass dieser Ermessensausfall nicht korrigiert werden könne. Der Umstand, dass sich der Kläger zwischenzeitlich im Kirchenasyl befinde führe im Übrigen nicht dazu, dass er „flüchtig“ sei, was eine Verlängerung der Rücküberstellungsfrist auf 18 Monate ermögliche. Der Kläger habe die Anschrift des Kirchenasyls den zuständigen Behörden gemeldet, weshalb er nicht als „flüchtig“ angesehen werden könne.

Hinzu komme, dass der Kläger aufgrund der erst durchgeführten Hüftgelenksoperation nicht reisefähig sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Hauptsache- und Eilrechtsschutzverfahren sowie auf die Akten des Bundesamtes, die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, konnte das Gericht nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, § 84 Abs. 1 VwGO.

1. Soweit die Klage zurückgenommen worden ist (Antrag zur Verpflichtung des Bundesamts zur Durchführung eines Asylverfahrens) war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO findet darüber hinaus analoge Anwendung, soweit das Verfahren in der Hauptsache durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet worden ist, was vorliegend in Bezug auf die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheids vom 17.12.2013 geschehen ist. Auch insoweit war das Verfahren somit einzustellen.

2. Das ausschließlich noch streitgegenständliche Begehren, die Ziffer 1 des Bescheids des Bundesamts vom 17.12.2013 aufzuheben, ist als Anfechtungsklage zulässig. Diese ist jedoch unbegründet.

Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Anfechtungsklage die zutreffende Klageart gegen einen Bescheid, mit dem festgestellt wird, dass ein Asylverfahren unzulässig ist. Eine Klage auf Verpflichtung zur Durchführung eines Asylverfahrens - wie vom Kläger ursprünglich beantragt - bzw. auf Verpflichtung zur Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist dagegen unzulässig, da mit der Aufhebung des Bescheids die Beklagte kraft Gesetzes verpflichtet ist, das Asylverfahren fortzuführen. Außerdem ginge dem Kläger eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestaltet ist, wenn das Gericht durchentscheiden müsste (vgl. nur: BayVGH vom 28.2.2014, BayVBI 2014, 628; OVG Hamburg vom 2.2.2015, AuAS 2015, 103 m. w. N.).

Die Anfechtungsklage ist unbegründet, da die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, der gemäß § 77 Abs. 1 Alt. 2 AsylG für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, rechtmäßig ist. Grundlage für die rechtliche Prüfung durch das Gericht ist somit das seit dem 24.10.2015 geltende AsylG (vgl. dazu das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015, BGBl Teil I Nr. 40 vom 23.10.2015, S. 1722 ff.). Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Entscheidung des Bundesamts ist somit § 27a AsylG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

a) Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamts war Italien zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig, da die italienischen Behörden mit Schreiben vom 24.10.2013 ihre Zuständigkeit nach Art. 16 Abs. 2 der sog. Dublin-ll-VO (Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.2.2003, ABI. L50 vom 25.2.2003, Seiten 1 ff) ihre Zuständigkeit erklärt haben und sich zur Übernahme des Klägers bereit erklärt haben. Zwar trat die Dublin-lll-VO als Nachfolgeregelung bereits im Juli 2013 in Kraft. Allerdings fanden die Zuständigkeitskriterien der Dublin-ll-VO nach Art. 49 Abs. 2 Dublin-lll-VO zur damaligen Zeit noch Anwendung, da der Asylantrag vor dem 1.1,2014 gestellt worden ist.

b) Die streitgegenständliche Anordnung hat sich auch nicht durch die Überstellung des Klägers nach Italien am 6.3.2014 erledigt. Zwar hat die streitentscheidende Kammer in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, dass sich durch eine vollzogene Abschiebung auch der Ausspruch des Bundesamts, wonach das Asylverfahren unzulässig ist, erledigt. Die Zuständigkeit des aufnehmenden Mitgliedstaates sei aufgrund der Rückführung endgültig eingetreten und eine Änderung dieser Rechtsfolge sei gemeinschaftsrechtlich gar nicht mehr zulässig (VG Regensburg vom 18.7.2013, Az. RN 5 K 13.30027 und RN 5RN 5 K 13.30029 unter Übernahme der Rechtsprechung der 11. Kammer des VG Ansbach, Urteile vom 25.11.2010, Az. AN 11 K 10.30388 und vom 13.10.2010, Az. AN 11 K 10.30314 sowie Az. AN 11 K 10.30315 ).

Mit Blick auf die Regelungen der nunmehr geltenden Dublin-lll-VO dürfte diese Einschätzung nicht mehr haltbar sein. Dort ist in Art. 29 Abs. 3 ausdrücklich bestimmt, dass in den Fällen, in denen eine Person irrtümlich überstellt oder einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung oder der Überprüfung einer Überstellungsentscheidung nach Vollzug der Überstellung stattgegeben wird, der Mitgliedsstaat, der die Überstellung durchgeführt hat, die Person unverzüglich wieder aufnimmt. Hieraus folgt, dass sich eine Klage gegen die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig mit der Rückführung nicht erledigt und eine Überprüfung der Entscheidung des Bundesamts,

auch dann noch möglich sein muss, wenn der Ausländer bereits in den (vermeintlich) zuständigen Mitgliedsstaat überstellt worden ist. Zwar enthält die Dublin-ll-VO keine dem Art. 29 Abs. 3 Dublin-lll-VO entsprechende Regelung. Gleichwohl ist der nunmehr geltenden Regelung, bei der es sich um eine reine zwischenstaatliche Zuständigkeitsregelung handelt, der Rechtsgedanke zu entnehmen, dass der europäische Verordnungsgeber davon ausgeht, dass eine Überprüfung der nationalen „Unzuständigkeitsentscheidung“ auch noch nach Rücküberstellung in den zuständigen Mitgliedstaat möglich sein muss (vgl. VG Trier vom 27.5.2015, Az. 5 K 1176/14.TR Rn. 22).

c) Die Zuständigkeit Italiens blieb auch erhalten, nachdem der Kläger erneut in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Zu diesem Zeitpunkt galt bereits die Dublin-lll-VO. Da die italienischen Behörden dem Kläger bereits einmal einen Aufenthaltstitel erteilt haben, oblag ihnen nach wie vor die Prüfung des Asylantrags gemäß Art. 19 Abs. 1 Dublin-lll-VO. Zwar war zu diesem Zeitpunkt eine erneute Rücküberstellung nach Italien noch nicht möglich, da eine Rücküberstellung die Einleitung eines erneuten Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeverfahrens voraussetzt.

Vorliegend hat das Bundesamt ein entsprechendes Wiederaufnahmeverfahren auch fristgemäß eingeleitet und die Rücküberstellungsfrist ist noch nicht abgelaufen, weshalb die streitgegenständliche Entscheidung nach wie vor rechtmäßig ist. Erst wenn nämlich eine Überstellung nach Italien nicht mehr möglich ist, geht nach Art. 29 Abs. 2 Dublin-lll-VO die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland über.

Hier war Italien nach Art. 18 Abs. 1d) Dublin-lll-VO verpflichtet, den Kläger wieder aufzunehmen. Da das Bundesamt gemäß Art. 24 Abs. 2 Dublin-lll-VO eine erneute Abfrage über das Eurodac-System durchgeführt hat, war das Wiederaufnahmegesuch innerhalb von 2 Monaten nach dem Erhalt der Eurodac-Treffermeldung den italienischen Behörden zu unterbreiten. Dies ist vorliegend geschehen; denn die Eurodac-Treffermeldung datiert ausweislich der Akten des Bundesamts vom 5.12.2014. Das Übernahmeersuchen an Italien wurde bereits am 10.12.2014 gestellt.

Nachdem die italienischen Behörden auf dieses Gesuch nicht innerhalb der gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin-lll-VO geltenden Frist von 2 Wochen geantwortet haben, war gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-lll-VO davon auszugehen, dass die italienischen Behörden dem Wiederaufnahmegesuch mit Ablauf des 24.12.2015 stattgegeben haben.

Somit begann die Rücküberstellungsfrist, die grundsätzlich gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin-lll-VO 6 Monate beträgt, am 25.12.2014.

Allerdings war eine Verlängerung der Rücküberstellungsfrist möglich, da die Überstellung aufgrund einer Inhaftierung des Klägers zunächst nicht möglich war, was dem Bundesamt seitens der zuständigen Ausländerbehörde mitgeteilt worden ist.

Wegen dieser Inhaftierung konnte das Bundesamt grundsätzlich die Rücküberstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin-lll-VO auf höchstens 1 Jahr verlängern.

Soweit der Kläger diesbezüglich meint, das Bundesamt habe in Bezug auf die Fristverlängerung eine Ermessenentscheidung zu treffen und etwaige Ermessensdefizite würden sich zu seinen Gunsten auswirken, so ist zunächst zu bemerken, dass die Dublin-lll-VO grundsätzlich nur subjektive Rechte der Mitgliedsstaaten begründet, nicht aber der einzelnen Asylbewerber. Insbesondere sind aus dem Ablauf von Fristen keine subjektiven Rechte abzuleiten (vgl. Günther in: Beck-OK AusIR, § 27a AsylVfG, Rn. 29 f.). Subjektive Rechte eines Klägers können deshalb erst dann entstehen, wenn entweder eine unangemessen lange Verfahrensdauer verstrichen ist (vgi. EUGH vom 21.12.2011, Rs. C-411/10 Rn. 108) oder wenn in dem übernehmenden Staat systemische Mängel bestehen (EUGH vom 10.12.2013, NVwZ 2014, 208; BVerwG vom 19.3.2014, NVwZ2014, 1039).

Die Fristverlängerung gegenüber den italienischen Behörden ist hier seitens des Bundesamts ordnungsgemäß erfolgt. Aus Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin-lll-VO, wonach die Frist „verlängert werden kann“ folgt, dass eine Fristverlängerung eine Absprache zwischen den beteiligten Mitgliedsstaaten erfordert. Andernfalls hätte der Verordnungsgeber formuliert, dass „sich die Frist verlängert“. Angesichts der Wortwahl ist deshalb davon auszugehen, dass es einer einvernehmlichen Regelung zwischen der ersuchenden und dem ersuchten Mitgliedsstaat bedarf. Eine solche Vereinbarung kann ausdrücklich oder - wie vorliegend - dadurch konkludent getroffen werden, dass der ersuchende Mitgliedsstaat den ersuchten Mitgliedsstaat vor Ablauf der regulären 6-monatigen Frist über die Gründe der Verzögerung informiert, eine Fristverlängerung geltend macht und der ersuchte Mitgliedsstaat hierauf schweigt (VG Hamburg vom 15.3.2012, Az. 10 A 227/11 Rn. 21 unter Hinweis auf Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, § 27a, Rn. 261 f.).

Zum Schutz der Grundrechte der einzelnen Asylbewerber ist es der Beklagten aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer verwehrt, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der an sich unzuständige Mitgliedsstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin-ll-VO (jetzt: Art. 17 Abs. 1 Dublin-lll-VO) selbst prüfen (EUGH vom 21.12.2011, Rs. C-411/10 Rn. 108). Anhaltspunkte dafür, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäische Gerichtshof nicht gegeben. Aus Sicht des erkennenden Gerichts kann eine überlange Verfahrensdauer aber jedenfalls dann nicht angenommen werden, wenn die in der Dublin-lll-VO geregelten Fristen - wie dies vorliegend der Fall ist - noch nicht ausgeschöpft sind.

Ferner geht der zur Entscheidung berufene Einzelrichter nach wie vor davon aus, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien keine systemischen Mängel aufweisen, die dazu führen müssten, dass die Beklagte gemäß Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-lll-VO eine Überprüfung des Asylantrags vornehmen müsste. Nach der aktuellen Auskunftslage muss davon ausgegangen werden, dass Asylbewerbern im Falle ihrer Rücküberstellung nach Italien keine menschenunwürdige Behandlung droht. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern in Italien schon im Allgemeinen nicht eingehalten werden.

Die Situation von Migranten in Italien wird im Bericht von M. Bethke und D. Bender „Zur Situation von Flüchtlingen in Italien“, Februar 2011, veröffentlicht von ProAsyl und im gemeinsamen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und von Juss-Buss (Norwegen) „Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien“, Mai 2011 (veröffentlicht von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe) als äußerst dramatisch geschildert. Insbesondere aufgrund dieser Berichte haben verschiedene Gerichte in der Vergangenheit eine Überstellung von Flüchtlingen nach Italien als unzulässig angesehen und Abschiebungen nach Italien im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes ausgesetzt (vgl. nur: VG Meiningen vom 21.9.2011, Az. 8 E 20262/11Me ; VG Stuttgart vom 1.8.2011, Az. A 6 K 2577/11 ; VG Düsseldorf vom 29.7.2011, Az. 21 L 1127/11.A ; VG Augsburg vom 8.7.2011, Az. Au 6 S 11.30229 ; VG Köln vom 1.6.2011, Az. 14 L 564/11.A ; VG Braunschweig vom 9.5.2011, Az. 7 B 58/11 ; VG Regensburg vom 12.7.2011, Az. RN 9 E 11.30232 ).

Aus Sicht des entscheidenden Einzelrichters ist jedoch die sich aus den oben zitierten Berichten ergebende Einschätzung, dass die Situation in Italien im Hinblick auf die Versorgung von Asylbewerbern mit Unterkunft, Verpflegung und mit medizinischen Leistungen dem europäischen Mindeststandard nicht entspricht, aufgrund neuerer Berichte des Auswärtigen Amtes und insbesondere des UNHCR überholt. Grundaussagen der beiden oben zitierten Berichte war, dass den italienischen Behörden aufgrund der großen Anzahl von Asylbewerbern die Situation „über den Kopf gewachsen“ war und sie nicht in der Lage waren, Asylbewerbern in ausreichendem Maße die notwendige Versorgung mit Unterkunft etc. zukommen zu lassen. Zentraler systemischer Mangel war danach die unzureichende Kapazität an Unterkünften. Unterkünfte waren und sind die Basis für die Abdeckung der Grundbedürfnisse der Asylbewerber wie Nahrung oder persönliche Hygiene. Sie sind auch für den Zugang zur medizinischen Versorgung von großer Bedeutung. Die Berichte beruhen allerdings auf Erhebungen im Zeitraum September bis Dezember 2010. Die dort dargestellte Situation ist nunmehr jedoch überholt. Nach aktuellen dem Gericht vorliegenden Auskünften des Auswärtigen Amtes und des UNHCR hat sich die Situation in Italien wie folgt entwickelt:

Durch die sehr hohen Immigrationszahlen und Asylanträge (10.860) in der ersten Jahreshälfte 2011 („Notstand Nord-Afrika“) ist das Asylsystem Italiens vorübergehend unter Druck geraten (doppelte Antragsquote gegenüber Vorjahreszeitraum). Deshalb konnte die Verfahrensdauer vielfach nicht eingehalten werden und die Aufnahmezentren waren überbelegt. Mittlerweile hat sich die Situation jedoch mit nachlassendem Zustrom und der verbesserten Koordinierung der Unterbringung durch das Innenministerium und den Zivilschutz wieder reguliert (AA vom 9.12.2011 an VG Braunschweig; AA vom 29.11.2011 an VG Darmstadt). Das Aufnahmesystem in Italien wurde in den letzten Jahren verbessert und erst kürzlich um einen Notfallaufnahmeplan (verwaltet von der Abteilung für Zivilschutz) ergänzt, der eingeführt wurde, um auf die Migrationsbewegungen aus Nord-Afrika seit Januar 2011 zu reagieren (UNHCR vom 24.4.2012 an VG Braunschweig). Das Aufnahmesystem umfasst derzeit Aufnahmezentren für Asylsuchende (CARA), Aufnahmezentren für Migranten (CDA), lokale Projekte im Rahmen des Schutzsystems für Asylsuchende und Flüchtlinge (SPRAR) und Zentren in sogenannten „großstädtischen Gebieten“ (UNHCR vom 24.42012 an VG Braunschweig). Asylbewerber werden derzeit praktisch vollständig untergebracht und versorgt, da die Aufnahmekapazitäten vorhanden sind. Während des Asylverfahrens haben die Asylbewerber Anspruch auf Unterbringung, Verpflegung, medizinische Versorgung, psychologische Hilfe und Dolmetscher. Finanzielle Hilfe ist allerdings nur für den Fall vorgesehen, dass alle Plätze in den Aufnahmezentren belegt sind. Diese Möglichkeit wurde bisher nicht umgesetzt. Nach Italien zurückgeführten Personen wird eine Unterkunft zugeteilt, sofern ein Asylantrag gestellt wird bzw. das Asylverfahren noch weiter geführt wird. Allerdings stellen viele Rückkehrer, da sie nicht in Italien bleiben wollen, keinen Asyl- oder Schutzantrag, weshalb ihnen die staatlichen Aufnahmezentren und andere Leistungen nicht offen stehen (AA vom 29.11.2011 an VG Darmstadt; AA vom 9.12.2011 an VG Braunschweig; AA vom 11.7.2012 an VG Freiburg). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass aufgrund der dem Gericht vorliegenden Berichte davon auszugehen ist, dass Italien Asylbewerbern in ausreichendem Maß Unterkünfte zur Verfügung stellen und damit einhergehend auch deren Grundbedürfnisse nach Nahrung etc. decken kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein formeller Asylantrag gestellt worden ist. Wird dagegen kein Asylantrag gestellt, so ist die sich daraus ergebende Situation für den Ausländer nicht durch die Verfahrensregelungen des italienischen Asylverfahrens verursacht. Es ist vielmehr allein dem Drittstaatsangehörigen anzulasten, wenn er sich bewusst außerhalb des geltenden Asylsystems in Italien aufhält.

Nach alledem vermag das Gericht keine durchgreifenden Anhaltspunkte für systemische Mängel bezüglich des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen in Italien zu erkennen. Insbesondere lassen sich systemische Mängel auch nicht durch das von J. Gleitze (Flüchtlingsorganisation borderline-europe) erstellte Gutachten vom Dezember 2012 „Zur Lage von Asylsuchenden und Dublin-Rückkehrern“ (abgedruckt in: Asylmagazin 2013, 26), welches im Auftrag des Verwaltungsgerichts Braunschweig erstellt worden ist, herleiten. Das Gutachten beschäftigt sich in erster Linie mit den Aufnahmebedingungen, der Sicherung des Lebensunterhaltes und der Gesundheitsfürsorge der Asylsuchenden in Italien. Mit dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Beschluss vom 6.2.2013, Az. 17 L 150/13.A ) anerkennt auch das entscheidende Gericht, dass die Aufnahmebedingungen in Italien Mängel aufweisen. Insbesondere die durch überlastete Aufnahmeeinrichtungen bestehende Gefahr der Obdachlosigkeit, die etwa durch das vorzitierte Gutachten von J. Gleitze geschildert wird, ist vor dem Hintergrund der Art. 13 Abs. 2 und 14 der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.1.2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten (ABI. L 31 vom 6.2.2003, S. 18) durchaus prekär. Allerdings ist das Gericht mit dem Verwaltungsgericht Düsseldorf der Auffassung, dass es sich bei den im Gutachten von J. Gleitze aufgelisteten Missständen nicht um solche handelt, die einen systemischen Mangel charakterisieren. Es handelt sich nicht um strukturelle landesweite Missstände, die eine individuelle Gefährdung eines jeden einzelnen oder einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern im Falle der Abschiebung nach Italien begründen und von den italienischen Behörden tatenlos hingenommen werden. Eine erniedrigende und unmenschliche Behandlung herbeiführende beachtliche Unterschreitung der von dem Unionsrecht vorgesehenen Mindestanforderungen kann deshalb nicht ausgemacht werden.

Bestätigt wird dies durch eine neuere Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt vom 21.1.2013 (Gz. 508-9516.80/47560). Darin ist ausgeführt, dass nach Erkenntnissen der Botschaft derzeit alle Asylbewerber/Flüchtlinge in öffentlichen Zentren untergebracht werden können. Gegebenenfalls gebe es lokale/regionale Überbelegungen, Italienweit seien aber genügend Plätze vorhanden. Es sei nicht davon auszugehen, dass jene Personen, die in den staatlichen Aufnahmeeinrichtungen und staatlichen Unterkünften keinen Platz finden, regelmäßig oder überwiegend obdachlos „auf der Straße“ oder in „Elendsquartieren“ leben müssten. Auch könne in der Praxis nicht davon ausgegangen werden, dass Asylbewerber und Flüchtlinge ihren Lebensunterhalt regelmäßig durch Betteln und Prostitution sichern müssten. Auch seien die Verhältnisse in den staatlichen Aufnahmezentren und Unterkünften nicht dergestalt, dass die Bewohner in ständiger Angst leben müssten, „angegriffen, ausgeraubt oder gar vergewaltigt“ zu werden. Im Regelfall oder gar überwiegend sei nicht davon auszugehen, dass Asylbewerber und Flüchtlinge in Italien bzw. Rückkehrer nach der Dublin-ll-VO nach Italien dort unter Verhältnissen leben müssten, welche man gemeinhin als „Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums“ (Betteln, Leben auf der Straße etc.) bezeichnen könne. Hierbei handele es sich um Einzelfälle.

Ferner vermag auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien zu erkennen. Nach dessen Rechtsprechung steht Art. 3 EMRK der Überstellung von Asylbewerbern nach Italien im Rahmen des Dublin-Systems regelmäßig nicht entgegen. Dies gelte unter Berücksichtigung der zahlreichen Berichte von Nichtregierungsorganisationen auch für besonders schutzbedürftige Personengruppen, wie etwa Alleinerziehende mit Kleinkindern oder traumatisierte Personen (EGMR vom 2.4.2013, ZAR 2013, 336) sowie auch für Asylbewerber mit einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer somatoformen Schmerzstörung (EGMR vom 18.6.2013, ZAR 2013, 338). In der erstgenannten Entscheidung hat der Gerichtshof ferner ausgeführt, allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse der Beschwerdeführerin im dortigen Verfahren durch eine Rückführung nach Italien bedeutend geschmälert würden, sei nicht ausreichend, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. Allerdings verlangt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 4.11.2014 (ASYLMAGAZIN 12/2014, S. 424 f.) für die Abschiebung von Familien mit Kleinkindern, dass eine individuelle Garantie vor der Abschiebung vorliegen muss, dass die Familie gemeinsam untergebracht wird und eine dem Alter der Kinder angemessene Betreuung vorhanden ist. Ebenso verlangt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 17.9.2014, (Az. 2 BvR 732/14 ), dass - sofern belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen im Zielstaat der Abschiebung bestehen - diesen durch die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde angemessen Rechnung zu tragen ist. Jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit Neugeborenen (vgl. Art. 16 Abs. 1 Dublin-lll-VO) und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren sei in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhalte. Zu diesem besonders geschützten Personenkreis gehört der alleinstehende Kläger nicht.

Die medizinische Versorgung in Italien erscheint ebenso gesichert. Die Gesundheitsversorgung in Italien ist grundsätzlich für alle Ausländer, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, gewährleistet. Alle Ausländer müssen sich aber bei der Servizio Sanitanö Nazionale melden und registrieren lassen. Dafür benötigen sie einen Aufenthaltstitel, deren Codice Viscale sowie eine feste Adresse, wobei die Selbstauskunft für eine Adresse ausreicht. Die Caritas bietet darüber hinaus Sammeladressen für Personen an, die keinen festen Wohnsitz haben, diesen jedoch für alle bürokratischen und Verwaltungsangelegenheiten benötigen. Dementsprechend muss davon ausgegangen werden, dass in Italien ohne weiteres eine Nachbehandlung der beim Kläger durchgeführten Hüftgelenksoperation möglich ist.

Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Situation in Italien dergestalt ist, dass die Beklagte in Anwendung des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-lll-VO ausnahmsweise prüfen müsste, ob ein anderer Staat oder sie selbst zur Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig ist (vgl. auch die Beschlüsse der entscheidenden Kammer vom 6.3.2014, RN 5 S 14.30209 sowie vom 29.1.2014, Az. RN 5 S 14.30057 . Die dargestellte Einschätzung der Situation in Italien wird von der überwiegenden Rspr. geteilt. Vgl. statt vieler: OVG NRW vom 24.4.2015, Az. 14 A 2356/12.A und vom 26.5.2015, Az. 19 A 581/14.A ; Nds OVG vom 27.5.2014, Az. 2 LA 308/13 , BayVGH vom 28.2.2014, BayVBI 2014, 628; VGH BW vom 16.4.2014, InfAusIR 2014, 293; OVG Rheinland-Pfalz vom 21.2.2014, Az. 10 A 10656/13 ; OVG Berlin-Bbg vom 17.6.2013, Az. OVG 7 S 33.13 ; VG Hannover vom 29.9.2015, Az. 13 B 4725/15 ; VG Gelsenkirchen vom 11.8.2015, Az. 7a L 1680/15.A ; VG Augsburg vom 3.12.2014, Az. Au 7 S 14.50321 ; VG Würzburg vom 3,2.3014, Az. W 6 S 14.30079 ; VG Düsseldorf vom 31.3.2014, Az. 13 L 119/14.A ; VG Wiesbaden vom 6.3.2014, Az. 5 L 191/14.WI.A ; a. A.: VG Gießen vom 25.11.2013, Az. 1 K 844/11.GI.A ). Bestätigt wird diese Einschätzung durch eine aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 13.1.2015 (No. 51428/10), mit der eine Klage eines jungen, gesunden Mannes gegen seine Überstellung nach Italien abgewiesen worden ist.

Nach alledem ist die in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Regelung derzeit nicht zu beanstanden.

Soweit der Kläger im Verfahren geltend macht, er sei aufgrund der erst im Juli 2015 erfolgten Hüftgelenksoperation reiseunfähig, so spielt dies im vorliegenden Verfahren keine Rolle. Streitgegenständlich ist hier allein der Ausspruch des Bundesamtes, wonach das Asylverfahren unzulässig ist. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse können allenfalls einer nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG zu erlassenden Abschiebungsanordnung entgegenstehen, denn die genannte Vorschrift bestimmt, dass die Abschiebungsanordnung erst dann erfolgen darf, wenn feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Abschiebung muss daher nicht nur rechtlich möglich sein, sondern sie muss auch tatsächlich durchführbar sein. Andernfalls ist die Abschiebung auszusetzen (Duldung). Liegen somit Duldungsgründe im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG vor, so ist die Abschiebung unmöglich und kann auch im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht durchgeführt werden. Im Rahmen dieser Vorschrift sind folglich inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse zu überprüfen. Somit wird deutlich, dass eine mögliche Reiseunfähigkeit des Klägers im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides keine Rolle spielt, sondern ausschließlich im Rahmen der Prüfung der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Die derzeit gültige Abschiebungsanordnung vom 26.1.2015 wurde seitens des Klägers jedoch nicht angefochten und ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO, soweit die Klage zurückgenommen worden ist.

Soweit der Rechtsstreit dagegen übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, folgt die Kostenentscheidung aus § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Das Gericht hat danach nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Diesbezüglich war zu berücksichtigen, dass bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses (Rückführung des Klägers nach Italien) die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids nicht zu beanstanden war, was das Gericht bereits ausführlich im Eilrechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO(Beschluss vom 29.1.2014, Az. RN 5 S 14.30057) dargestellt hat. Insoweit wird auf den Inhalt des Beschlusses Bezug genommen.

Soweit dagegen eine streitige Entscheidung erfolgt ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 ff. ZPO.

6. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Rechtsmittelbelehrung

Soweit das Verfahren eingestellt worden ist (Ziffer I), ist der Gerichtsbescheid unanfechtbar, § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO, § 80 AsylVfG.

Im Übrigen steht den Beteiligten gegen diesen Gerichtsbescheid die Berufung zu, wenn sie von dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg schriftlich zu stellen (Haidplatz 1, 93047 Regensburg oder Postfach 110165, 93014 Regensburg).

Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg - Adresse wie oben - schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mündliche Verhandlung beantragen.

Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt. Dem Antrag eines Beteiligten sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.

Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

20 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
10 Referenzen - Urteile

moreResultsText

{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 03/12/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollzieh
published on 27/10/2015 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg RN 5 K 14.30058 Im Namen des Volkes In der Verwaltungsstreitsache ... - Kläger - bevollmächtigt: Rechtsanwältin I. G.-St. E2S2, M2.-str. ..., München gegen
published on 11/08/2015 00:00

Tenor Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Der Antrag, 2die aufschiebende Wirkung der Klage 7a K 3463/15.A gegen die Abs
published on 27/05/2015 00:00

Tenor 1. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2014 wird hinsichtlich der unter seiner Nr. 1 getroffenen Entscheidung aufgehoben. Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt. 2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, wobei ein D
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 27/10/2015 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg RN 5 K 14.30058 Im Namen des Volkes In der Verwaltungsstreitsache ... - Kläger - bevollmächtigt: Rechtsanwältin I. G.-St. E2S2, M2.-str. ..., München gegen
published on 29/01/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der Antragsteller begehrt die Anordnung der
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Ein Dokument kann durch die Post mittels Einschreiben durch Übergabe oder mittels Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden.

(2) Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Im Übrigen gilt das Dokument am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen. Der Tag der Aufgabe zur Post ist in den Akten zu vermerken.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.