Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 22. Apr. 2015 - 1 K 986/14.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2015:0422.1K986.14.NW.0A
bei uns veröffentlicht am22.04.2015

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 14. Juli 2014 und vom 22. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2014 verpflichtet, dem Kläger Beihilfe zu seinen Aufwendungen für das Präparat LactoStop 3300 FCC zu bewilligen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der beihilfeberechtigte Kläger ist Regierungsdirektor beim Polizeipräsidium. Er begehrt mit der Klage Beihilfeleistungen des Beklagten zu seinen Aufwendungen für das Mittel LactoStop 3300 FCC in Tablettenform, das ihm wegen der Diagnose einer Laktoseintoleranz ärztlich verordnet wurde.

2

Streitgegenständlich sind zwei Beihilfeanträge des Klägers vom 8. Juli und vom 18. August 2014, mit denen der Kläger unter Vorlage der ärztlichen Verordnungen Aufwendungen von dreimal 17,49 € für je 100 Tabletten LactoStop 3300 FCC zur Beihilfebewilligung einreichte. Mit Bescheiden vom 14. Juli und vom 22. August 2014 lehnte der Beklagte Beihilfeleistungen ab mit der Begründung, das Präparat sei kein beihilfefähiges Arzneimittel.

3

Hiergegen erhob der Kläger jeweils Widerspruch: Seit 2009 sei bei ihm die Diagnose einer Laktoseintoleranz gestellt und medizinisch gesichert. Es handele sich dabei um eine Stoffwechselstörung, der nach WHO Krankheitswert zukomme. Durch ein fehlendes Enzym im Dünndarm werde Laktose nicht verdaut, was zu krampfartigen Bauchschmerzen, Darmkrämpfen, Diarrhoe, Übelkeit, Erschöpfung und Schlafstörungen führe und bei ihm schon eine Dienstunfähigkeit ausgelöst habe. Das Mittel falle unter den Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes, weil es den eindeutig medizinisch-therapeutischen Zweck verfolge, das im Körper nicht produzierte Enzym zu ersetzen. Es handele sich nicht um ein Nahrungsergänzungsmittel, denn es beinhalte keine in Lebensmitteln vorkommenden Stoffe. Seine Wirksamkeit und Eignung stehe in der medizinischen Wissenschaft außer Frage. Hierzu könne ein amtsärztliches Attest eingeholt werden. Eine Vermeidungsernährung unter vollständigem Verzicht auf Laktose sei unrealistisch, insbesondere außerhalb des häuslichen Bereichs, z.B. bei geschlossenen polizeilichen Einsätzen. Über die Notwendigkeit des Arzneimittels im Einzelfall könne nicht der Beklagte, sondern nur der Arzt entscheiden.

4

Der Kläger legte ein ärztliches Attest des Allgemeinmediziners Dr. B.. vom 21. August 2014 vor, wonach bei ihm eine primäre Laktoseintoleranz bestehe, die durch genetische Mutationsanalyse bestätigt sei. Es komme zu kolikartigen abdominellen Beschwerden bei dem Genuss von Laktose, das Maß bloßer Befindlichkeitsstörungen sei bei weitem überschritten. Durch Ernährungsumstellung sei es gelungen, die Beschwerden zu verbessern, wegen Essensaufnahme außer Haus sei es aber nicht möglich, die Ernährung komplett umzustellen. In diesem Fall sei die Verordnung des Präparates als Medikament medizinisch indiziert.

5

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2014 zurück: Das Mittel besitze keine Zulassung oder Registrierung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Es diene der erhöhten Versorgung des menschlichen Körpers bzw. Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen. Nach den Herstellerangaben handele es sich um ein diätetisches Lebensmittel, das im Grenzbereich zwischen Lebensmittel und Arzneimittel liege. Um die schwierige Abgrenzung im Einzelfall zu vermeiden, komme es auf die objektive Zweckbestimmung des Mittels aus der Sicht des Verbrauchers und der allgemeinen Verkehrsanschauung nach typisierender und pauschalierender Betrachtung an. In § 21 Abs. 3 Beihilfenverordnung seien enumerativ Ausnahmen aufgezählt, in denen solche Mittel beihilfefähig seien. Wenn der Kläger sich entscheide, statt eines Arzneimittels ein diätetisches Lebensmittel einzunehmen, müsse er die Kosten dafür tragen. Der Wesenskern der Fürsorgepflicht des Dienstherrn sei schon wegen der Höhe der Aufwendungen nicht verletzt. In vielen Bundesländern seien mittlerweile nur noch verschreibungspflichtige Arzneimittel beihilfefähig.

6

Der Kläger hat am 13. November 2014 Klage erhoben.

7

Er wiederholt und vertieft seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren, legt zwei Atteste der Universitätsklinik des Saarlandes vom 18. September und 22. Oktober 2009 vor und ergänzt: LactoStop 3300 FCC sei im Unterschied zu anderen Mitteln, wie z.B. Lactobact 60+, ein Arzneimittel. Das vergleichbare Präparat Laluk sei in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 29. September 2006 (19 K 624/05, nachfolgend OVG NRW 3 A 24/07) als beihilfefähig anerkannt worden. Der Beklagte setze sich nicht ausreichend mit der medizinischen Problematik der Laktoseintoleranz auseinander. Die genetisch bedingte, primäre Laktoseintoleranz habe sich bei ihm durch Einnahme eines Antibiotikums herausgebildet, das den bestehenden Gendefekt ausgelöst bzw. aktiviert habe. Die Laktoseintoleranz werde sich deshalb nicht mehr zurückbilden. Schon kleinste Mengen Laktose führten bei ihm zu erheblichen Gesundheitsproblemen. Eine vollständige Vermeidungsdiät sei nicht möglich, weil er bei Einsätzen, Fortbildungen in der Landespolizeischule oder Dienstreisen Mahlzeiten einnehmen müsse, deren Laktosefreiheit nicht gesichert sei. Schließlich sei Laktose auch in Medikamenten enthalten, z.B. in Antibiotika. Da er zusätzlich an einer Fruktoseintoleranz leide, könne er das zugelassene Arzneimittel TilactaMed zur Behandlung der Laktoseintoleranz nicht einnehmen.

8

Der Kläger beantragt,

9

den Beklagten zu verpflichten unter Abänderung der Bescheide vom 14. Juli 2014 und 22. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2014 Beihilfe für das ärztlich verordnete Präparat „LactoStop 3300 FCC" zu gewähren.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er verweist auf den Widerspruchsbescheid und trägt vor: Zu den Mitteln, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, gehöre auch eine diätetische Kost. Wenn der Kläger das diätetische Lebensmittel krankheitsbedingt einnehmen müsse, stelle das eine krankheitsbedingte Verteuerung seiner allgemeinen Lebensführung dar, die alters- bzw. artbedingt sei, da die Fähigkeit, Laktose zu spalten, bei vielen Menschen im Laufe der Zeit verloren gehe und nur aufgrund einer Mutation erhalten bleibe. Es handele sich dabei um eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, keine Krankheit. Aus § 21 Abs. 3 Beihilfenverordnung ergebe sich, dass nach dem dritten Lebensjahr eine Vermeidungsdiät zumutbar sei. Durch LactoStop 3300 FCC werde keine körpereigene Funktion wiederhergestellt oder ein Organdefekt behoben. Auch das Mittel Lactobact 60+ sei nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2014 (1 K 772/14) nicht beihilfefähig. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln sei demgegenüber nicht einschlägig.

13

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die damit eingereichten Unterlagen sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. Hinsichtlich der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen (Bl. 126 ff. GA).

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die Bewilligung von Beihilfeleistungen des Beklagten zu den Aufwendungen für den Kauf des Produkts LactoStop 3300 FCC aufgrund der ärztlichen Verordnungen vom 2. und 25. Juni und vom 7. August 2014, § 113 Abs. 5 VwGO.

15

Gemäß § 66 Abs. 2 Landesbeamtengesetz – LBG – sind die notwendigen und angemessenen Aufwendungen im Krankheitsfall beihilfefähig. Zur näheren Ausgestaltung der gesetzlichen Bestimmung regelt § 8 Beihilfenverordnung – BVO –, dass Aufwendungen beihilfefähig sind, wenn sie medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen sind und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist (Abs. 1). Ob Aufwendungen aus Anlass einer Krankheit entstanden und medizinisch notwendig sind, ergibt sich aus der Diagnose des Arztes (Abs. 2). Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BVO sind beihilfefähig die im Rahmen einer Behandlung von einem Arzt vor der Beschaffung schriftlich verordneten Arzneimittel. Von der Beihilfefähigkeit ausdrücklich ausgeschlossen sind dagegen nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 d) die Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Hierzu gehören insbesondere Nahrungsergänzungsmittel und Diätkost.

16

Gemessen an diesen gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Vorgaben ist das Präparat LactoStop 3300 FCC hier beihilfefähig.

17

Das Gericht hat zunächst keine Zweifel daran, dass die streitgegenständlichen Aufwendungen des Klägers für die Beschaffung des Produktes medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen sind (§ 66 Abs. 2, § 8 BVO). Die medizinische Notwendigkeit ergibt sich aus der ärztlich festgestellten Diagnose einer Laktoseintoleranz. Diese ist jedenfalls dann als Krankheit im Sinne der Beihilfevorschriften anzusehen, wenn der Genuss auch kleinerer Mengen laktosehaltiger Lebensmittel wie beim Kläger erhebliche klinische Symptome und nicht nur geringfügige Beeinträchtigungen der Gesundheit auslöst (vgl. VG Köln, Urteil vom 29. September 2006 – 19 K 624/05 –, juris). Die Stoffwechselstörung ist auch von der WHO als Krankheitsbild anerkannt, worauf der Kläger zutreffend hinweist (vgl. die Nachweise bei VG Köln, a.a.O.). Bei der Erkrankung wird das zur Verdauung der in vielen Nahrungsmitteln enthaltenen Laktose erforderliche Enzym Laktase im Dünndarm des Patienten nicht oder in nicht ausreichender Menge produziert. Dadurch kann die Laktose während des Verdauungsvorgangs im Körper nicht aufgespalten werden, was im Dickdarm zu erheblichen gesundheitlichen Folgewirkungen wie Darmkoliken, osmotischer Diarrhoe, Übelkeit u.a. führt, die nicht nur auf den Verdauungstrakt beschränkt sind (vgl. erneut allgemein VG Köln, a.a.O. und die vom Kläger vorgelegten Arztberichte der Universitätsklinik des Saarlandes sowie das Attest behandelnden Arztes Dr. B.. vom 21. August 2014). Bei diesem Ausprägungsgrad der Symptome kann nicht mehr von einer bloßen Befindlichkeitsstörung im Sinne einer Nahrungsmittelunverträglichkeit gesprochen werden.

18

Das Mittel LactoStop 3300 FCC wirkt den beschriebenen Gesundheitsstörungen nach allgemeiner wissenschaftlicher Erkenntnis entgegen, indem es das im Körper des Patienten nicht oder nicht ausreichend gebildete Verdauungsenzym Laktase von außen zuführt und ersetzt. Dadurch wird die über die Nahrung konsumierte Laktose gespalten und der weitere Verdauungsvorgang im Dickdarm kann ungestört ablaufen.

19

Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger das Mittel über das medizinisch notwendige Maß hinaus ärztlich verordnet wurde. Er leidet, wie sich aus den genannten Attesten ergibt, an einer sog. primären Laktoseintoleranz, die genetisch bedingt ist. In seinem Fall wurde sie offenbar durch die Einnahme eines Antibiotikums ausgelöst, wie er in der mündlichen Verhandlung erläutert hat. Schon beim Genuss kleinerer Mengen laktosehaltiger Lebensmittel treten bei ihm die beschriebenen schwerwiegenden Gesundheitsstörungen auf. Das Krankheitsbild wird sich wegen der genetischen Disposition im Unterschied zu einer sekundär erworbenen Laktoseintoleranz nicht mehr zurückbilden. Ausweislich der weiteren Ausführungen des Dr. B.. im Attest vom 21. August 2014 lassen sich die Folgewirkungen auch durch eine bereits vom Kläger eingehaltene Reduktions- bzw. Vermeidungsdiät nicht vollständig verhindern.

20

Der behandelnde Arzt übernimmt mit der Verordnung des Präparates die ärztliche Verantwortung im Hinblick auf die medizinische Notwendigkeit, auch der Verordnungsmenge und -häufigkeit unter Berücksichtigung des konkreten Krankheitsbilds des Klägers. Sollten in dieser Hinsicht zukünftig Zweifel an der Angemessenheit der Aufwendungen beim Beklagten entstehen – etwa bezüglich der verordneten Menge – obliegt es ihm als Dienstherrn, diese Zweifel durch eine amtsärztliche Untersuchung des Klägers zu überprüfen, zu der dieser sich mehrfach bereit erklärt hat. Im vorliegenden Verfahren, in dem Beihilfe für drei Packungen des Mittels zu einem Preis von jeweils 17,49 € in einem Zeitraum von mehr als zwei Monaten im Streit stehen, lassen sich solche Bedenken gegen die beihilferechtliche Angemessenheit auch unter Einbeziehung der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht erkennen. Hier hat er glaubhaft beschrieben, dass er das Mittel lediglich ergänzend neben einer im Übrigen soweit wie möglich laktosefreien Ernährung und damit in einem zweifellos angemessenem Umfang einsetzt.

21

Das Präparat LactoStop 3300 FCC ist hier gemäß § 21 Abs. 1 BVO als beihilfefähiges, dem Kläger zuvor ärztlich verordnetes Arzneimittel zu erstatten.

22

Für die Abgrenzung zwischen beihilfefähigen Arzneimitteln einerseits und Lebensmitteln sowie von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossenen Mitteln, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen andererseits, sind folgende Maßgaben zu beachten:

23

Weder das Landesbeamtengesetz noch die Beihilfenverordnung definieren den Begriff des Arzneimittels näher. Die Legaldefinition eines Arzneimittels in § 2 Abs. 1 Arzneimittelgesetz – AMG – kann mit Rücksicht auf den andersartigen Regelungszweck der Norm nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, jedoch als Ausgangspunkt auch für die Bestimmung des beihilferechtlichen Arzneimittelbegriffs dienen. Im Rechtskreis des Beihilferechts sind unter Arzneimitteln Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2005 – 2 C 5/95 –; OVG RP, Urteile vom 9. Mai 2005 – 2 A 10106/05.OVG und vom 11. November 2011 – 10 A 10670/11.OVG). Die beihilferechtliche Qualifizierung als Arzneimittel richtet sich nicht nach der formellen Einordnung eines Mittels im arzneimittelrechtlichen Sinn, namentlich seiner arzneimittelrechtlichen Zulassung, sondern nach dem materiellen Zweckcharakter, also der Eignung des in Rede stehenden Mittels, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder jedenfalls zur Linderung einer Krankheit zu dienen (vgl. VGH BaWü, Urteil vom 2. August 2012 – 2 S 2631/10 -, juris).

24

Dabei ist nicht erforderlich, dass das Präparat die Eigenschaften eines sog. Funktionsarzneimittels gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG besitzt, also verabreicht wird, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Vielmehr können auch Medizinprodukte, die im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet sind, dass sie nicht pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch wirken, Arzneimittel sein, wenn sie die oben beschriebenen materiellen Voraussetzungen erfüllen (vgl. OVG RP, Urteil vom 11. November 2011, a.a.O.). Auch die Rechtsprechung zur Zulassung eines Produkts als Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz kann hier nicht herangezogen werden. Die fehlende Zulassungsfähigkeit als Arzneimittel, weil der Wirkstoff Laktase nicht unmittelbar den Stoffwechsel beeinflusst, sondern lediglich den Speisebrei verändert, kann die beihilferechtliche Entscheidung folglich nicht bestimmen (vgl. zu dieser Differenzierung OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. November 2008 – 5 B 18.06 –, die allerdings im Rahmen der GKV herangezogen wird von SG Mainz, Urteil vom 10. Februar 2015 – S 14 KR 549/13 –, beide juris). Schließlich kommt es im rheinland-pfälzischen Beihilferecht nicht darauf an, ob es sich um ein verschreibungs- oder apothekenpflichtiges Mittel handelt. Die insoweit unterschiedliche Rechtslage in anderen Bundesländern hat für die Einordnung als Arzneimittel nach der rheinland-pfälzischen Beihilfenverordnung vom 22. Juni 2011 den beschriebenen materiellen Arzneimittelbegriff nicht geändert.

25

Keine Arzneimittel im beschriebenen Sinn sind indessen Lebensmittel, d.h. Stoffe, die dazu bestimmt sind, in unverändertem, zubereitetem oder verarbeitetem Zustand von Menschen verzehrt zu werden; hierzu zählen grundsätzlich auch diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (vgl. § 2 Abs. 2 Lebensmittel- und FuttermittelgesetzbuchLFGB – i.V.m. Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002). Keine Lebensmittel und damit auch keine diätetischen Lebensmittel sind allerdings Stoffe, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden; hierzu gehören insbesondere die Arzneimittel (vgl. OVG RP, Urteil vom 9. Mai 2005, a.a.O.). Als nicht beihilfefähige Güter des täglichen Bedarfs bezeichnet die Beihilfenverordnung ferner die Nahrungsergänzungsmittel, d.h. Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten aus Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen wie z.B. Vitamine und Mineralstoffe (vgl. Urteil der Kammer vom 19. Dezember 2012 – 1 K 860/12.NW –). Bei Mitteln, die im Grenzbereich zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln bzw. Nahrungsergänzungsmitteln liegen, kommt es nach der Rechtsprechung entscheidend auf ihre überwiegende objektive Zweckbestimmung an, wie sie sich nach der wissenschaftlichen und allgemeinen Verkehrsanschauung darstellt. Ob das Produkt im Einzelfall aus Krankheitsgründen ärztlich verordnet und eingenommen wird, ist dagegen unerheblich (vgl. OVG RP, Urteile vom 9. Mai 2005 und vom 11. November 2011; VGH BaWü, Urteil vom 2. August 2012, jeweils a.a.O.). Lässt sich eine überwiegende objektive Zweckbestimmung als Arzneimittel nicht feststellen, ist das Mittel allerdings regelmäßig als Lebensmittel einzuordnen (vgl. VGH BaWü, Urteil vom 2. August 2012, a.a.O.).

26

Gemessen an der überwiegenden objektiven Zweckbestimmung nach allgemeiner oder wissenschaftlicher Verkehrsanschauung, ist das Mittel LactoStop 3300 FCC hier als beihilfefähiges Arzneimittel anzuerkennen.

27

Zwar sprechen einige Indizien auf den ersten Blick für eine Zweckbestimmung als Lebensmittel bzw. Diätkost im Sinne des § 21 Abs. 2 Nr. 1 d) BVO. Das sind insbesondere die Angaben des Herstellers, der das Produkt ausdrücklich als diätetisches Lebensmittel bezeichnet. Auch die Darreichungsweise des Mittels im Handel, die freie Verkäuflichkeit vieler vergleichbarer Laktaseprodukte u.a. in Drogerien, die dem Patienten überlassene Bedarfsdosierung und die unbedenkliche Einnahme des Mittels auch in größeren Mengen, sprechen aus Verbrauchersicht gegen die Arzneimitteleigenschaft des Produkts. Schließlich muss der Wirkstoff des Mittels, das Enzym Laktase, nicht in Kapsel- oder Tablettenform vom Patienten eingenommen werden, sondern kann in Pulverform der Speise vor dem Verzehr beigemischt werden; es wird außerdem zur Herstellung sog. laktosefreier Lebensmittel verwendet (vgl. www.ugb.de/exklusiv/fragen-service, Zugriff vom 15. April 2015). Der Beklagte verweist schließlich zutreffend darauf hin, dass das Enzym nicht unmittelbar auf den menschlichen Stoffwechsel einwirkt oder einen Organdefekt behebt.

28

Gegenüber diesen, gegen ein Arzneimittel sprechenden Indizien überwiegen aber nach Auffassung des Gerichts letztlich diejenigen Gesichtspunkte, die nach allgemeiner und wissenschaftlicher Verkehrsanschauung für eine objektive Zweckbestimmung des Mittels als Arzneimittel sprechen: Das ist zunächst der Umstand, dass das Produkt zweckgerichtet medizinisch-therapeutisch eingesetzt wird, um die beschriebenen Gesundheitsstörungen bei betroffenen Patienten zu vermeiden oder doch zu lindern. Es wird erwartungsgemäß nur von Personen eingenommen, die an der Stoffwechselstörung einer Laktoseintoleranz leiden. Es ersetzt einen körpereigenen Wirkstoff, nämlich ein notwendiges Verdauungsenzym im Dünndarm des Menschen. Mit dieser Eigenschaft unterfiel es sogar dem früheren Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 3 AMG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Juli 2007 (vgl. dazu VG Köln, Urteil vom 29. September 2006, a.a.O.). Das Enzym wirkt auf den menschlichen Körper ein zur Linderung erheblicher Krankheitserscheinungen (vgl. BGH BaWü, Urteil vom 2. August 2012 sowie OVG RP, Urteil vom 11. November 2011, jeweils a.a.O.). Es ermöglicht beim Vorliegen der Stoffwechselstörung den ungestörten physiologischen Prozess des Verdauungsvorgangs im menschlichen Körper, auch wenn die Stoffwechselstörung selbst nicht behoben wird, sondern nur der Speisebrei verdaulich gemacht wird. Diese Differenzierung, die zum Begriff des Funktionsarzneimittels gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2a) AMG entwickelt wurde, dürfte aus der objektiven Sicht der Verkehrskreise kaum getroffen werden. Aus der Sicht der Verbraucher wird die Zweckbestimmung des Mittels vielmehr im Wesentlichen in der Vermeidung der gesundheitlichen Auswirkungen einer Laktoseintoleranz liegen. Ob die Grunderkrankung geheilt werden kann oder nur deren Folgen für den Patienten gelindert werden, ist auch sonst weder für die Eigenschaft eines Arzneimittels noch für die Beihilfebewilligung erheblich. Die Bewertung, dass das Mittel LactoStop 3300 FCC auf den menschlichen Körper zur Linderung erheblicher Krankheitsfolgen einwirkt, gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Laktase alternativ in Pulverform der Speise beigefügt werden kann. Die Arzneimitteleigenschaft wird einem Medikament regelmäßig nicht deshalb abgesprochen, wenn der Patient es nicht in seiner ursprünglichen Form als Kapsel, Tablette oder Saft einnimmt, sondern in Speisen oder Getränken auflöst.

29

Das Präparat LactoStop 330 FCC ist ferner kein Nahrungsergänzungsmittel im Sinne des § 21 Abs. 2 d) BVO. Es zielt nicht wie ein Nahrungsergänzungsmittel auf die vermehrte Zufuhr eines in der Nahrung des Menschen vorkommenden Nähr- oder Mineralstoffes, Vitamins oder Spurenelements, sondern ersetzt ein körpereigenes, nicht in üblichen Nahrungsmitteln enthaltenes Verdauungsenzym. Es dient auch nicht wie ein Lebensmittel oder ein Nahrungsergänzungsmittel der (gehaltvolleren) Ernährung, denn es wird dem Körper zusätzlich zu der eigentlichen Nahrung zugeführt zur Unterstützung der Stoffwechselvorgänge (vgl. zu diesem Aspekt erneut OVG RP, Urteil vom 11. November 2011, a.a.O.).

30

Von erheblicher Bedeutung für die beihilferechtliche Anerkennung als Arzneimittel ist es schließlich, dass ein Präparat mit dem gleichen Wirkstoff Laktase als apothekenpflichtiges Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz zugelassen ist (Tilactamed Kautabletten, ATC-Code A09AA04). Der Kläger kann dieses zugelassene und damit unstreitig beihilfefähige Arzneimittel nicht einnehmen, weil es Fruktose enthält und er ausweislich des Attestes der Universitätskliniken des Saarlandes vom 22. Oktober 2009 auch an einer Fruktoseunverträglichkeit leidet. In dieser Situation ist indessen kein sachlicher Grund ersichtlich, die Beihilfefähigkeit des im Übrigen wirkstoffgleichen und für ihn verträglichen Mittels LactoStop 3300 FCC zu versagen. Dagegen sprechen letztlich auch Gründe der Fürsorgepflicht und des Dienstverhältnisses: § 21 Abs. 2 Satz 2 BVO sieht eine Ausnahme vom Ausschluss der Beihilfefähigkeit für die Fälle des Satzes 1 Nr. 1 Buchstabe a) bis c) vor, wenn die Mittel zur Behandlung einer Krankheit erforderlich sind und die zur Behandlung der Krankheit zugelassenen Arzneimittel im Einzelfall nicht verträglich sind. Der in dieser beihilferechtlichen Regelung konkretisierte Fürsorgegedanke ist auf den Fall des § 21 Abs. 2 Nr. 1 d) BVO übertragbar und im vorliegenden Fall einschlägig. Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Kläger im Polizeibereich eingesetzt ist und über das Jahr hinweg immer wieder an geschlossenen Polizeieinsätzen, Lehrgängen, Fortbildungen und Dienstreisen teilnehmen muss, im Rahmen derer eine Vermeidungsdiät nicht vollständig einzuhalten ist, wie er in der mündlichen Verhandlung überzeugend geschildert hat. Das bedeutet, dass er der beamtenrechtlichen Pflicht zum Erhalt seiner Dienstfähigkeit in diesen Situationen ohne die unterstützende Einnahme des Mittels LactoStop 3300 FCC nicht nachkommen könnte. Auch aus diesen, unmittelbar im Beamtenverhältnis begründeten Umständen ist der Dienstherr gehalten, die dafür entstehenden Aufwendungen beihilferechtlich zu erstatten.

31

Demgegenüber kann sich der Beklagte nicht auf die Entscheidung der Kammer zu dem Mittel Lactobact 60+ berufen. In diesem Mittel sind lediglich Bifidokulturen verarbeitet, wie sie auch in üblichen Lebensmitteln, insbesondere in probiotischen Produkten vorkommen, weshalb das Mittel nach überwiegender objektiver Zweckbestimmung aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise als Nahrungsergänzungsmittel anzusehen ist (vgl. Urteil der Kammer vom 17. Dezember 2014 – 1 K 772/14.NW).

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

33

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

34

Die Berufung wird zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, da soweit erkennbar eine obergerichtliche Entscheidung zur Beihilfefähigkeit eines Laktaseprodukts bei Laktoseintoleranz nicht vorliegt und von dieser Stoffwechselstörung ein nicht unerheblicher Teil der Beamten betroffen sein dürfte.

35

Beschluss

36

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 26,24 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

37

Gegen die Festsetzung des Streitwertes steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG dieBeschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

38

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung zur Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

39

Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, Robert-Stolz-Str. 20, 67433 Neustadt, schriftlich, in elektronischer Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen.

40

Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vom 9. Januar 2008 (GVBl. S. 33) in der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.

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(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2010 - 13 K 4425/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte.
Die Klägerin ist als Ruhestandsbeamtin mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Unter dem 11.8.2009 beantragte sie u.a. Beihilfe für die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte i.H.v. insgesamt 99,25 EUR. Mit Bescheid vom 31.8.2009 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die Gewährung von Beihilfeleistungen für diese Präparate ab, da nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO in der ab dem 1.1.2009 gültigen Fassung Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel von der Beihilfefähigkeit ausgenommen seien. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies es mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2009 zurück.
Die Klägerin hat am 30.11.2009 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, sie leide u.a. an folgenden Erkrankungen: Asthma bronchiale, Multiple Chemikalien-Sensitivität (im Folgenden: MCS), Vasculitis, Varikosis, Polyneuropathie, Rheumatoide Arthritis, gesicherte Allergien, neuromuskuläre Störungen, Histamin- und Laktoseintoleranzen sowie ausgeprägte Schimmelpilzallergie. Eine ausreichende Versorgung mit Mineralien und Vitaminen aus der täglichen Nahrung sei daher nicht möglich.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.6.2010 - zugestellt am 17.6.2010 - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Mit der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO habe der Verordnungsgeber den Ausschluss der Beihilfefähigkeit für bestimmte Aufwendungen über den zuvor geltenden Wortlaut hinaus ausdrücklich auf Nahrungsergänzungsmittel erweitert. Damit sei auch ein krankheitsbedingter Sonderbedarf, wie er bei ärztlich verordneten Nahrungsergänzungsmitteln in der Regel vorliege, von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Bei den streitgegenständlichen Präparaten handle es sich um Nahrungsergänzungsmittel. Dass diese Mittel aus Anlass von mehreren Erkrankungen der Klägerin ärztlich verordnet worden seien, könne am Ausschluss von der Beihilfefähigkeit nichts ändern.
Gegen das Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin. Der Senat hat am 18.4.2011 die Einholung eines Sachverständigengutach- tens beschlossen, das unter dem 2.12.2011 erstattet worden ist. Zusammenfassend wird darin ausgeführt, dass sich bei der körperlichen Untersuchung der Klägerin bis auf das Vorhandensein eines Bluthochdrucks keine weiteren Auffälligkeiten ergeben hätten. Die durchgeführten Laboruntersuchungen hätten keine nennenswerten Pathologica ergeben. Insbesondere die Bestimmung des Gesamt-IgE habe keinen Hinweis auf das Bestehen einer allergischen Reaktionsbereitschaft gezeigt. Insgesamt wäre sowohl bei einer grundsätzlichen allergischen Reaktionsbereitschaft wie auch bei einer derzeitigen allergischen Exposition ein deutlicher erhöhter Immunglobulin-E-Spiegel zu erwarten. Hinsichtlich des angegebenen MCS-Syndroms sei festzustellen, dass es sich hierbei um einen Symptom-Komplex handle, dessen Ursache multifaktorieller Art zu sein scheine. In den jetzt durchgeführten Untersuchungen hätten sich keine weiteren Hinweise auf das Vorliegen einer MCS ergeben.
Die Klägerin macht geltend, Nahrungsergänzungsmittel i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO könnten nur solche Präparate sein, die keine Arzneimittel darstellten. Sie leide an einem MCS-Syndrom, Asthma bronchiale, Histamin-Intoleranz, Laktose-Intoleranz, Schimmelpilzallergie, Polyneuropathie, Vasculitis, Varikosis, Fibromyalgie, Rheumatische Arthrose sowie vielen Allergien. Beim MCS-Syndrom komme es durch Manganmangel zu Stoffwechselveränderungen und Ansammlungen von Giften. Hiergegen werde Kryptosan forte angewandt. Gegen die bei ihr vorliegende Histamin-Intoleranz werde das Arzneimittel Histaminus-Komplex eingesetzt. Die Notwendigkeit des konsequenten Meidens allergieauslösender Stoffe führe zu einem erheblichen Ernährungs- problem mit Mangelerscheinungen. Gegen die Beschwerden und Schmerzen, die durch Polyneuropathie, Vasculitis, Fibromyalgie, Rheumatische Arthrose hervorgerufen würden, werde u.a. das Medikament Folplus verwendet. Die behandelnde Ärztin habe mit Bescheinigung vom 14.12.2010 ausgeführt, dass die angegebenen Vitamine und Mineralstoffe als Therapiestandard zu werten seien.
Das eingeholte Sachverständigengutachten sei unbrauchbar. Offensichtlich fehle es der Sachverständigen an Kenntnissen und Erfahrungen in der Diagnose und Therapie des MCS-Syndroms. In einem von Hill und anderen herausgegebenen Lehrbuch zur MCS werde die ihr angewandte antioxidative Vitamintherapie als naheliegender Therapieansatz beschrieben.
Zum Sachverhalt trägt die Klägerin ergänzend vor, die MCS sei erstmals 1998 nach einer vierjährigen Behandlung mit entsprechendem Krankheitsverlauf diagnostiziert worden. Bereits zuvor sei 1997 Asthma bronchiale festgestellt worden. Sie sei ab 1975 als Fachlehrerin für Bildende Kunst und Technik tätig gewesen. Bei dieser Tätigkeit sei sie zahlreichen Giftstoffen ausgesetzt gewesen. Im Jahr 1994 sei ihr körperlicher Zustand extrem schlecht gewesen; die Arbeitsbedingungen mit den entsprechenden Giftstoffen hätten zu immer weiteren Krankheitsbildern geführt. Die herkömmlichen Untersuchungsmethoden hätten keine eindeutigen Diagnosen ergeben. Ab 2006 sei sie von ihrer Heilpraktikerin nach Methoden der ganzheitlichen Medizin behandelt worden, worauf sich ihr Zustand langsam verbessert habe. Sie koche und backe seither alles selbst und bereite alle Speisen täglich frisch zu. Das Brot werde mit speziellen Mehlen selbst frisch gebacken, da sie aufgrund ihrer Histamin-Intoleranz und Schimmelpilzallergie Hefe und Sauerteig sowie Zusatzstoffe nicht vertrage. Zudem reagiere sie wegen der Schimmelpilzallergie überempfindlich auf alle Zitrusfrüchte und Konservierungsstoffe der Zitronensäure. Sie könne daher nur Naturheilmittel, Vitamine und Mineralien vertragen, bei denen auf jegliche Zusatzstoffe verzichtet werde. Am besten würden „Bio-Lebensmittel“ vertragen. Fleisch müsse „absolut Bio“ und ganz frisch sein, da sich mit jedem Tag der Lagerung der Histamingehalt erheblich erhöhe. Wegen ihrer Histamin-Intoleranz würden viele Gemüse- und Obstsorten ebenfalls nicht vertragen. Nur durch die konsequente Einnahme von Vitaminen und Mineralien könne der permanenten Unterversorgung entgegengewirkt werden.
Die Klägerin beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.6.2010 - 13 K 4425/09 - zu ändern und den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 31.8.2009 und dessen Widerspruchsbescheid vom 24.11.2009 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, ihr die beantragte Beihilfe für die Aufwendungen für die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte zu gewähren.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er bekräftigt seine Rechtsauffassung, wonach Nahrungsergänzungsmittel generell von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen seien. Sinn und Zweck der Neufassung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO sei eine einfache, in der Praxis handhabbare Regelung gewesen, nicht hingegen eine in jedem Einzelfall aufwendige Ermittlung, ob das Präparat ein Mittel sei, das geeignet sei, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Das im vorliegenden Fall eingeholte Gutachten komme zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständlichen Präparate weder abstrakt noch im konkreten Fall geeignet seien, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Eine MCS-Erkrankung gehe mit erhöhten Entzündungswerten einher. Nach dem Gutachten vom 2.12.2011 habe die Klägerin keine Hinweise auf Entzündungsreaktionen gezeigt. Die Mess- und Untersuchungsergebnisse seien allesamt unauffällig gewesen. Dabei seien auch umweltmedizinische Aspekte berücksichtigt worden. Beispielsweise sei die in einem Artikel von Prof. Dr. Huber geforderte Bestimmung des C-reaktiven Proteins zur Anzeige von Entzündungsprozessen erfolgt.
14 
Die streitgegenständlichen Mittel seien Nahrungsergänzungsmittel. Das Präparat Folplus werde als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht und stelle damit ein Nahrungsergänzungsmittel dar. Das Präparat Kryptosan forte sei kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne. Es enthalte neben Vitaminen und Mineralstoffen Alkoholverbindungen, Substanzen, die vom Körper selbst produziert würden sowie Glyzin, welches als Geschmacksverstärker in Lebensmitteln eingesetzt werde, und das Silikat-Mineral Zeolith. Ein über eine ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehender therapeutischer Nutzen sei von diesen Substanzen nicht zu erwarten. Gleiches gelte für das Präparat Histaminus-Komplex.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Akten des Verwal-tungsgerichts und die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht der Ansicht, die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte seien als Nahrungsergänzungsmittel nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung von der Beihilfefähigkeit generell ausgeschlossen (unten 1). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die begehrte weitere Beihilfe, weil die Aufwendungen für die genannten Präparate unter den in ihrem Fall gegebenen Umständen nicht als notwendig angesehen werden können (unten 2).
17 
1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern bei Leistungen nach Nr. 1 verbrauchte oder nach Art und Menge schriftlich verordnete Arzneimittel grundsätzlich beihilfefähig. Nach der Rechtsprechung der vormals für das Beihilferecht zuständigen Senate des erkennenden Gerichtshofs sind nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften unter „Arzneimitteln“ im Sinne dieser Vorschrift Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Die Frage, ob ein Mittel ein Arzneimittel im Sinne dieser Vorschrift ist, richtet sich nach dieser Rechtsprechung nicht nach der formellen Einordnung eines Mittels im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern nach dem materiellen Zweckcharakter, d. h. danach, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (ausführl.: Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.2.2010 - 13 S 2696/09 - juris). Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Der arznei- und lebensmittelrechtlichen Einordnung kommt jedoch eine indizielle Bedeutung zu: Lässt sich nicht feststellen, welcher Verwendungszweck eines Nahrungsergänzungsmittels überwiegt, ist es im Zweifel regelmäßig als Lebensmittel einzuordnen, denn nach dem ersten Anschein handelt es sich bei einem solchen Mittel auch im beihilferechtlichen Sinne nicht um ein Arzneimittel (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris-Rn. 30 u. 32).
18 
An dieser Rechtsprechung ist auch unter der Geltung der Beihilfeverordnung in ihrer seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung vom 30.8.2008 festzuhalten. Zwar ist in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel nicht beihilfefähig sind. Der Senat sieht jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber mit dieser die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO ergänzenden Bestimmung eine grundlegende Änderung des in der bisherigen Rechtsprechung vertretenen Arzneimittelbegriffs vornehmen und Nahrungsergänzungsmittel auch dann von der Beihilfefähigkeit ausschließen wollte, wenn es sich dabei im Sinne der bisherigen Rechtsprechung um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn handelt. Hätte der Verordnungsgeber eine solche Änderung tatsächlich beabsichtigt, hätte er dies mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck bringen müssen. Dies wäre z.B. durch einen Verweis auf die entsprechenden Definitionen des AMG, des LFGB oder der NemV (oder deren wörtlicher Übernahme in die BVO) ohne Weiteres möglich gewesen. Der Senat sieht deshalb in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nur eine Klarstellung, die lediglich für solche Nahrungsergänzungsmittel von Bedeutung ist, die keine Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne sind.
19 
Für ein solches Verständnis der Vorschrift spricht auch, dass nach ihr außer Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel auch Aufwendungen für Mittel von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs soll diese Ausschlussklausel nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten - so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist - eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird auch von dieser Ausschlussklausel hingegen nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/10 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307).
20 
Die hier vertretene Auslegung wird auch durch eine weitere Erwägung nahegelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126, insbes. juris-Rn. 13-16) hält die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht den Dienstherrn dazu an, Beihilfe für notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten auszuschließen. Er muss im Blick behalten, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet werden darf. Sollen hiernach Aufwendungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne auch dann von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen werden, wenn die herkömmlichen beihilferechtlichen Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit erfüllt sind, muss der Dienstherr Vorkehrungen treffen, damit dem Beamten nicht erhebliche Aufwendungen verbleiben, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar sind. Solche Folgen können etwa bei chronischen Erkrankungen auftreten. Für derartige Fallgestaltungen ist daher grundsätzlich eine entsprechende Härtefallregelung erforderlich. An einer solchen Regelung fehlt es hier jedoch. Die Tatsache, dass der baden-württembergische Verordnungsgeber keine Härtefallregelung getroffen hat, spricht demzufolge ebenfalls für eine Auslegung des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO geregelten Ausschlusstatbestands im Sinne einer bloßen deklaratorischen Klarstellung.
21 
2. Bei den hier in Rede stehenden Präparaten dürfte es sich arznei- und lebensmittelrechtlich gesehen um Nahrungsergänzungsmittel handeln. Insoweit kann auf die Ausführungen in dem Sachverständigengutachten vom 2.12.2011 sowie die Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 22.3.2011 Bezug genommen werden, die der Senat für überzeugend erachtet. Im Fall der Klägerin spricht jedoch Überwiegendes dafür, dass diese Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden, da sie durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit beitragen sollen. Das bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die ihr verordneten Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden sollen, ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob dieser Zweck hier erreicht werden kann und die verordneten Mittel insbesondere zur Behandlung einer Erkrankung erforderlich sind. Das ist eine Frage der beihilferechtlichen Notwendigkeit (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO), an der es unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen fehlt.
22 
a) Die Klägerin hat sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen Verfahren als Zweck der eingesetzten Präparate die Bekämpfung eines Mangelzustands genannt. Ausschließlich auf diesen Gesichtspunkt stützen sich auch die ursprünglichen Verordnungen der streitgegenständlichen Präparate durch die Ärztin von W. und die Heilpraktikerin V.. Daran hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren weitgehend festgehalten. Dementsprechend hat der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, die streitgegenständlichen Präparate dienten primär der Vorbeugung bzw. Bekämpfung von Mangelerscheinungen.
23 
Der Zweck, eine durch die Allergien der Klägerin verursachte Unterversorgung mit bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen auszugleichen, wird jedoch schon nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin hat zwar detailliert vorgetragen, welche Schwierigkeiten sie bei der Lebensmittelversorgung hat. Allerdings lassen diese Probleme den Schluss auf einen dadurch verursachten Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht zu. Nach der Schilderung der Klägerin verträgt sie zwar insbesondere keine vorgefertigten Lebensmittel. So kann sie ihrem Vortrag zufolge kein gewöhnliches, beim Bäcker erworbenes Brot zu sich nehmen; sie backt jedoch aus hochwertigen schad- und konservierungsstofffreien Zutaten ihr eigenes Brot. Auch Fleisch verträgt sie ihrem Vortrag zufolge, wenn es frisch und „absolut Bio“ ist. An Obst und Gemüse nimmt sie nach ihrer Aufstellung vom 16.4.2012 Karotten, Zwiebeln und Äpfel täglich, Brokkoli, gekochte Tomaten und Bananen zumindest einmal wöchentlich sowie Kohlrabi und Paprika in mehrwöchentlichem Abstand zu sich. Dass bei dieser Art der Ernährung Mangelerscheinungen auftreten könnten, ist nicht ersichtlich. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin weitestgehend daran gehindert ist, Fertigprodukte zu sich zu nehmen, und deshalb einen besonders hohen Aufwand beim Einkauf und der Zubereitung von Speisen treiben muss. Dieser hohe Aufwand führt aber im Ergebnis dazu, dass sie sogar besonders hochwertige Lebensmittel zu sich nimmt, und lässt damit nicht auf das Auftreten von Mangelerscheinungen schließen.
24 
Zudem ist ein Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht laborärztlich diagnostiziert worden. Eine Untersuchung des Vitaminstatus der Klägerin ist - soweit bekannt - niemals erfolgt. Aber auch ein Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen ist nicht festgestellt worden. Bei einer am 14.8.2006 durchgeführten Untersuchung ihrer Haare lagen die Werte für Mineralstoffe und Spurenelemente größtenteils im (unteren) Normalbereich; lediglich der Wert für Mangan lag mit 0,069 ppm minimal unter dem Wert für den Normalbereich mit 0,07 bis 1 ppm.
25 
Bei dieser Sachlage handelt es sich hier um eine Behandlung „ins Blaue“ hinein. Die streitgegenständlichen Präparate sind ohne hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich eine entsprechende Unterversorgung gegeben sein könnte, verordnet worden. Die Feststellung der Notwendigkeit einer Behandlung setzt aber immer eine entsprechende aussagekräftige Diagnose voraus. Eine bloße nicht abgesicherte Behandlung auf Verdacht ist beihilferechtlich nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
26 
b) Als Reaktion auf das seitens des Senats eingeholte Sachverständigengutachten hat die Klägerin allerdings vorgetragen, die streitgegenständlichen Mittel würden zur antioxidativen Therapie ihrer MCS eingesetzt. Diese Zweckbestimmung lässt sich jedoch den ursprünglichen ärztlichen Verordnungen und der Verordnung ihrer Heilpraktikerin nicht entnehmen. Jedenfalls aber fehlt es auch insoweit an der beihilferechtlichen Notwendigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
27 
Bei der MCS handelt es sich um eine Erkrankung, deren Entstehung umstritten ist. Die Spanne reicht von rein umweltmedizinischen bis zu rein psychosomatischen Erklärungen. Letztlich dürften sich vermittelnde Auffassungen durchgesetzt haben, wonach es sich um eine multifaktorielle Erkrankung handelt (s. das Gutachten mit Anlagen; Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al.; Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 334).
28 
Welcher Erklärungsansatz überzeugender ist, muss im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht geklärt werden. Sollte es sich um eine rein psychosomatische Erkrankung handeln, kann es sich bei der Gabe von Vitaminen und Spurenelementen von vornherein um keine notwendige Behandlung handeln. Aber auch wenn man dem von der Klägerin für richtig gehaltenen umweltmedizinischen Ansatz folgt, ist dies nicht der Fall.
29 
Es ist im Falle der Klägerin schon nicht eindeutig geklärt, ob eine MCS im Sinne einer umweltmedizinischen Erkrankung überhaupt vorliegt. Entsprechende objektive Messwerte, die auf eine MCS hinweisen könnten, liegen nicht vor. Das Sachverständigengutachten hat keine Laborwerte ergeben, die in diese Richtung deuten könnten. Bei der bereits erwähnten Haaranalyse vom 14.8.2006 wurden an toxischen Elementen lediglich Cadmium, Blei und Aluminium - allerdings jeweils im untersten Normalbereich - festgestellt. Auch sonst dürften die nach dem umweltmedizinischen Ansatz erforderlichen differentialdiagnostischen Abklärungen nicht erfolgt sein (s. hierzu: Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.).
30 
Jedenfalls aber ist die Behandlung als solche ebenfalls ohne die gebotene diagnostische Abklärung erfolgt. Gerade die Vertreter des umweltmedizinischen Ansatzes verlangen, dass eine antioxidative Therapie durch die Gabe von Vitaminen nicht „ins Blaue“ hinein erfolgt, sondern durch eine sorgfältige laboranalytische Untersuchung des Redoxstatus kontrolliert werden soll, um z.B. schädliche Vitamin-Überdosierungen zu vermeiden (so ausdrückl. Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.). Dass hier solche Untersuchungen erfolgt sind, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine bloße Behandlung auf Verdacht ist auch in diesem Zusammenhang nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
31 
3. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch die Einholung eines weiteren (oder die Ergänzung des vorliegenden) Gutachtens, die die Klägerin ursprünglich noch angeregt hatte, ist nach alledem nicht erforderlich. Die Bedeutung des eingeholten Sachverständigengutachtens liegt vor allem in der „klassischen“ Diagnostik, d.h. den erhobenen Werten an sich und dem Ausschluss herkömmlicher (internistischer) Erkrankungen mit Ausnahme eines Asthma bronchiale. Insoweit erhebt auch die Klägerin keine Einwendungen gegen die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen.
32 
Wie die Klägerin zu Recht geltend macht lässt sich eine abschließende Bewertung der Entstehung, Diagnose und Therapie einer MCS-Erkrankung - sowohl allgemein als auch in ihrem Einzelfall - dem Gutachten hingegen nicht entnehmen. Der Senat ist jedoch insoweit von dem umweltmedizinischen Ansatz ausgegangen, den auch die Klägerin vertritt. Soweit die Klägerin die Ausführungen des Gutachtens zur Frage der Arzneimitteleigenschaft angreift, hat der Senat zu ihren Gunsten angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Präparaten um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne handelt.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 2. August 2012
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 69,47 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
16 
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht der Ansicht, die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte seien als Nahrungsergänzungsmittel nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung von der Beihilfefähigkeit generell ausgeschlossen (unten 1). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die begehrte weitere Beihilfe, weil die Aufwendungen für die genannten Präparate unter den in ihrem Fall gegebenen Umständen nicht als notwendig angesehen werden können (unten 2).
17 
1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern bei Leistungen nach Nr. 1 verbrauchte oder nach Art und Menge schriftlich verordnete Arzneimittel grundsätzlich beihilfefähig. Nach der Rechtsprechung der vormals für das Beihilferecht zuständigen Senate des erkennenden Gerichtshofs sind nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften unter „Arzneimitteln“ im Sinne dieser Vorschrift Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Die Frage, ob ein Mittel ein Arzneimittel im Sinne dieser Vorschrift ist, richtet sich nach dieser Rechtsprechung nicht nach der formellen Einordnung eines Mittels im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern nach dem materiellen Zweckcharakter, d. h. danach, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (ausführl.: Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.2.2010 - 13 S 2696/09 - juris). Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Der arznei- und lebensmittelrechtlichen Einordnung kommt jedoch eine indizielle Bedeutung zu: Lässt sich nicht feststellen, welcher Verwendungszweck eines Nahrungsergänzungsmittels überwiegt, ist es im Zweifel regelmäßig als Lebensmittel einzuordnen, denn nach dem ersten Anschein handelt es sich bei einem solchen Mittel auch im beihilferechtlichen Sinne nicht um ein Arzneimittel (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris-Rn. 30 u. 32).
18 
An dieser Rechtsprechung ist auch unter der Geltung der Beihilfeverordnung in ihrer seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung vom 30.8.2008 festzuhalten. Zwar ist in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel nicht beihilfefähig sind. Der Senat sieht jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber mit dieser die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO ergänzenden Bestimmung eine grundlegende Änderung des in der bisherigen Rechtsprechung vertretenen Arzneimittelbegriffs vornehmen und Nahrungsergänzungsmittel auch dann von der Beihilfefähigkeit ausschließen wollte, wenn es sich dabei im Sinne der bisherigen Rechtsprechung um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn handelt. Hätte der Verordnungsgeber eine solche Änderung tatsächlich beabsichtigt, hätte er dies mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck bringen müssen. Dies wäre z.B. durch einen Verweis auf die entsprechenden Definitionen des AMG, des LFGB oder der NemV (oder deren wörtlicher Übernahme in die BVO) ohne Weiteres möglich gewesen. Der Senat sieht deshalb in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nur eine Klarstellung, die lediglich für solche Nahrungsergänzungsmittel von Bedeutung ist, die keine Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne sind.
19 
Für ein solches Verständnis der Vorschrift spricht auch, dass nach ihr außer Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel auch Aufwendungen für Mittel von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs soll diese Ausschlussklausel nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten - so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist - eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird auch von dieser Ausschlussklausel hingegen nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/10 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307).
20 
Die hier vertretene Auslegung wird auch durch eine weitere Erwägung nahegelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126, insbes. juris-Rn. 13-16) hält die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht den Dienstherrn dazu an, Beihilfe für notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten auszuschließen. Er muss im Blick behalten, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet werden darf. Sollen hiernach Aufwendungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne auch dann von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen werden, wenn die herkömmlichen beihilferechtlichen Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit erfüllt sind, muss der Dienstherr Vorkehrungen treffen, damit dem Beamten nicht erhebliche Aufwendungen verbleiben, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar sind. Solche Folgen können etwa bei chronischen Erkrankungen auftreten. Für derartige Fallgestaltungen ist daher grundsätzlich eine entsprechende Härtefallregelung erforderlich. An einer solchen Regelung fehlt es hier jedoch. Die Tatsache, dass der baden-württembergische Verordnungsgeber keine Härtefallregelung getroffen hat, spricht demzufolge ebenfalls für eine Auslegung des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO geregelten Ausschlusstatbestands im Sinne einer bloßen deklaratorischen Klarstellung.
21 
2. Bei den hier in Rede stehenden Präparaten dürfte es sich arznei- und lebensmittelrechtlich gesehen um Nahrungsergänzungsmittel handeln. Insoweit kann auf die Ausführungen in dem Sachverständigengutachten vom 2.12.2011 sowie die Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 22.3.2011 Bezug genommen werden, die der Senat für überzeugend erachtet. Im Fall der Klägerin spricht jedoch Überwiegendes dafür, dass diese Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden, da sie durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit beitragen sollen. Das bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die ihr verordneten Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden sollen, ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob dieser Zweck hier erreicht werden kann und die verordneten Mittel insbesondere zur Behandlung einer Erkrankung erforderlich sind. Das ist eine Frage der beihilferechtlichen Notwendigkeit (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO), an der es unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen fehlt.
22 
a) Die Klägerin hat sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen Verfahren als Zweck der eingesetzten Präparate die Bekämpfung eines Mangelzustands genannt. Ausschließlich auf diesen Gesichtspunkt stützen sich auch die ursprünglichen Verordnungen der streitgegenständlichen Präparate durch die Ärztin von W. und die Heilpraktikerin V.. Daran hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren weitgehend festgehalten. Dementsprechend hat der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, die streitgegenständlichen Präparate dienten primär der Vorbeugung bzw. Bekämpfung von Mangelerscheinungen.
23 
Der Zweck, eine durch die Allergien der Klägerin verursachte Unterversorgung mit bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen auszugleichen, wird jedoch schon nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin hat zwar detailliert vorgetragen, welche Schwierigkeiten sie bei der Lebensmittelversorgung hat. Allerdings lassen diese Probleme den Schluss auf einen dadurch verursachten Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht zu. Nach der Schilderung der Klägerin verträgt sie zwar insbesondere keine vorgefertigten Lebensmittel. So kann sie ihrem Vortrag zufolge kein gewöhnliches, beim Bäcker erworbenes Brot zu sich nehmen; sie backt jedoch aus hochwertigen schad- und konservierungsstofffreien Zutaten ihr eigenes Brot. Auch Fleisch verträgt sie ihrem Vortrag zufolge, wenn es frisch und „absolut Bio“ ist. An Obst und Gemüse nimmt sie nach ihrer Aufstellung vom 16.4.2012 Karotten, Zwiebeln und Äpfel täglich, Brokkoli, gekochte Tomaten und Bananen zumindest einmal wöchentlich sowie Kohlrabi und Paprika in mehrwöchentlichem Abstand zu sich. Dass bei dieser Art der Ernährung Mangelerscheinungen auftreten könnten, ist nicht ersichtlich. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin weitestgehend daran gehindert ist, Fertigprodukte zu sich zu nehmen, und deshalb einen besonders hohen Aufwand beim Einkauf und der Zubereitung von Speisen treiben muss. Dieser hohe Aufwand führt aber im Ergebnis dazu, dass sie sogar besonders hochwertige Lebensmittel zu sich nimmt, und lässt damit nicht auf das Auftreten von Mangelerscheinungen schließen.
24 
Zudem ist ein Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht laborärztlich diagnostiziert worden. Eine Untersuchung des Vitaminstatus der Klägerin ist - soweit bekannt - niemals erfolgt. Aber auch ein Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen ist nicht festgestellt worden. Bei einer am 14.8.2006 durchgeführten Untersuchung ihrer Haare lagen die Werte für Mineralstoffe und Spurenelemente größtenteils im (unteren) Normalbereich; lediglich der Wert für Mangan lag mit 0,069 ppm minimal unter dem Wert für den Normalbereich mit 0,07 bis 1 ppm.
25 
Bei dieser Sachlage handelt es sich hier um eine Behandlung „ins Blaue“ hinein. Die streitgegenständlichen Präparate sind ohne hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich eine entsprechende Unterversorgung gegeben sein könnte, verordnet worden. Die Feststellung der Notwendigkeit einer Behandlung setzt aber immer eine entsprechende aussagekräftige Diagnose voraus. Eine bloße nicht abgesicherte Behandlung auf Verdacht ist beihilferechtlich nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
26 
b) Als Reaktion auf das seitens des Senats eingeholte Sachverständigengutachten hat die Klägerin allerdings vorgetragen, die streitgegenständlichen Mittel würden zur antioxidativen Therapie ihrer MCS eingesetzt. Diese Zweckbestimmung lässt sich jedoch den ursprünglichen ärztlichen Verordnungen und der Verordnung ihrer Heilpraktikerin nicht entnehmen. Jedenfalls aber fehlt es auch insoweit an der beihilferechtlichen Notwendigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
27 
Bei der MCS handelt es sich um eine Erkrankung, deren Entstehung umstritten ist. Die Spanne reicht von rein umweltmedizinischen bis zu rein psychosomatischen Erklärungen. Letztlich dürften sich vermittelnde Auffassungen durchgesetzt haben, wonach es sich um eine multifaktorielle Erkrankung handelt (s. das Gutachten mit Anlagen; Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al.; Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 334).
28 
Welcher Erklärungsansatz überzeugender ist, muss im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht geklärt werden. Sollte es sich um eine rein psychosomatische Erkrankung handeln, kann es sich bei der Gabe von Vitaminen und Spurenelementen von vornherein um keine notwendige Behandlung handeln. Aber auch wenn man dem von der Klägerin für richtig gehaltenen umweltmedizinischen Ansatz folgt, ist dies nicht der Fall.
29 
Es ist im Falle der Klägerin schon nicht eindeutig geklärt, ob eine MCS im Sinne einer umweltmedizinischen Erkrankung überhaupt vorliegt. Entsprechende objektive Messwerte, die auf eine MCS hinweisen könnten, liegen nicht vor. Das Sachverständigengutachten hat keine Laborwerte ergeben, die in diese Richtung deuten könnten. Bei der bereits erwähnten Haaranalyse vom 14.8.2006 wurden an toxischen Elementen lediglich Cadmium, Blei und Aluminium - allerdings jeweils im untersten Normalbereich - festgestellt. Auch sonst dürften die nach dem umweltmedizinischen Ansatz erforderlichen differentialdiagnostischen Abklärungen nicht erfolgt sein (s. hierzu: Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.).
30 
Jedenfalls aber ist die Behandlung als solche ebenfalls ohne die gebotene diagnostische Abklärung erfolgt. Gerade die Vertreter des umweltmedizinischen Ansatzes verlangen, dass eine antioxidative Therapie durch die Gabe von Vitaminen nicht „ins Blaue“ hinein erfolgt, sondern durch eine sorgfältige laboranalytische Untersuchung des Redoxstatus kontrolliert werden soll, um z.B. schädliche Vitamin-Überdosierungen zu vermeiden (so ausdrückl. Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.). Dass hier solche Untersuchungen erfolgt sind, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine bloße Behandlung auf Verdacht ist auch in diesem Zusammenhang nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
31 
3. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch die Einholung eines weiteren (oder die Ergänzung des vorliegenden) Gutachtens, die die Klägerin ursprünglich noch angeregt hatte, ist nach alledem nicht erforderlich. Die Bedeutung des eingeholten Sachverständigengutachtens liegt vor allem in der „klassischen“ Diagnostik, d.h. den erhobenen Werten an sich und dem Ausschluss herkömmlicher (internistischer) Erkrankungen mit Ausnahme eines Asthma bronchiale. Insoweit erhebt auch die Klägerin keine Einwendungen gegen die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen.
32 
Wie die Klägerin zu Recht geltend macht lässt sich eine abschließende Bewertung der Entstehung, Diagnose und Therapie einer MCS-Erkrankung - sowohl allgemein als auch in ihrem Einzelfall - dem Gutachten hingegen nicht entnehmen. Der Senat ist jedoch insoweit von dem umweltmedizinischen Ansatz ausgegangen, den auch die Klägerin vertritt. Soweit die Klägerin die Ausführungen des Gutachtens zur Frage der Arzneimitteleigenschaft angreift, hat der Senat zu ihren Gunsten angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Präparaten um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne handelt.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 2. August 2012
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 69,47 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme aus der KKV für das Produkt Lactrase.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten gegen das Risiko einer Erkrankung versichert. Er reichte bei der Beklagten ein ärztliches Attest des Facharztes für Ernährungsmedizin Herr K. vom 7. August 2012 ein, aus dem hervorgeht, dass er unter Lactoseintoleranz leidet. Als Therapieempfehlung wird eine laktosefreie oder laktosearme Kost empfohlen. Es werden Lactrase (Lactase) und NICApur MagnaCuB6 (Magnesium) empfohlen. Das Attest enthält den Hinweis, Lactrase sei gemäß § 12 Abs. 6 AMR erstattungsfähig. Die entsprechenden Urteile der Sozialgerichte seien der Beklagten bekannt. Der Arzt stellte ein Rezept für Lactrase 12000 Fcc Kap 60 St aus, das der Kläger unter Vorauszahlung von 17,50 Euro in der Apotheke einlöste.

3

Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme mit Bescheid vom 24. August 2012 ab. Sie ist der Ansicht, Lactrase gehöre zu der Gruppe der Lebensmittel/Diätikum. Nahrungsergänzungsmittel und diätische Lebensmittel seien durch die Arzneimittelrichtlinie von der Leistungspflicht ausgenommen.

4

Mit Widerspruchsschreiben vom 6. September 2012 bat der Kläger um Überprüfung. Es handele sich um ein Arzneimittel. Die Beklagte schaltete zur Überprüfung den MDK ein. Der MDK teilte am 24. September 2012 mit, Lactrase werde im Handel nicht als Arzneimittel sondern als Nahrungsmittel geführt. Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel seien nicht verordnungsfähig. Die Alternative zur Einnahme von Lactrase bestehe in einer Umstellung der Ernährung auf milchzuckerarme oder milchzuckerfreie Kost.

5

Die Beklagte wies nach mehrfachem Briefwechsel den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2013 zurück.

6

Hiergegen richtet sich die Klage vom 25. September 2013. Der Kläger verweist darauf, dass nach dem Attest des behandelnden Arztes Lactrase erstattungsfähig sei. Laktoseintoleranz sei eine nicht beeinflussbare Krankheit. Laktosefreie Nahrungsmittel seien wesentlich teurer. Er ist der Auffassung bei Lactrase handele es sich nicht um ein Nahrungsmittel sondern um ein Heilmittel. Er könne seine Ernährung nicht völlig umstellen, da nicht auf allen Produkten angegeben sei, ob sie Milchzucker enthielten. Die Kosten für Unfälle in Extremsportarten würden auch übernommen, daher sei es gleichheitswidrig, wenn die Kosten für Lactrase nicht übernommen werden.

7

Der Kläger erschien in der mündlichen Verhandlung nicht. Er beantragte schriftsätzlich sinngemäß,

8

den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. August 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten für Lactrase 12000 Fcc in Höhe von 17,50 Euro zu erstatten.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie bezieht sich auf den Inhalt der Verwaltungsakte und ihres Widerspruchsbescheids.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13

1. Die Kammer konnte die Streitsache auch in Abwesenheit des Klägers nach Lage der Akten verhandeln und entscheiden (§ 126 Sozialgerichtsgesetz). Auf diese Möglichkeit ist der Kläger in der Terminsmitteilung hingewiesen worden. Die Beklagte war damit einverstanden.

14

2. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. August 2013 war rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Erstattung von Lactrase 12000 Fcc ist vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nicht umfasst.

15

a) Versicherte haben nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Gemäß § 2 Abs. 1 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) stellen die Krankenkassen den Versicherten ihre Leistungen nach dem Dritten Kapitel unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Diese grundlegende Unterscheidung setzt sich bei den Anspruchsnormen des Dritten Kapitels, das die Leistungen der Krankenkassen regelt, fort. Die Leistungsmöglichkeiten der Krankenkassen zu Behandlung von Krankheiten sind ausgehend von dieser Systematik durch den Gesetzgeber nicht unbegrenzt gewährleistet sondern im Nachgang zu vielfältigen Kostendämpfungsgesetze in einzelnen Anspruchsnormen im Dritten Kapitel des SGB V genau umschrieben. Ein Anspruch auf Leistung besteht grundsätzlich nur bei den vom Gesetzgeber vorgesehenen und vom Gemeinsamen Bundesausschuss konkretisierten Leistungen. Über diesen Leistungskatalog hinausgehende Leistungen sind der Eigenverantwortung zuzurechnen, soweit nicht besondere Notfällen vorliegen (vgl. etwa § 2 Abs. 1 SGB V für lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankungen).

16

b) Die Erstattung von Lactrase 12000 Fcc ist von den Ansprüchen des Dritten Kapitels des SGB V nicht umfasst. Ein Notfall, der zur Erstattung führen müsste, besteht beim Kläger nicht.

17

aa) Laktoseintoleranz ist eine Erkrankung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft die Laktoseintoleranz als eine Krankheit in Form einer Stoffwechselstörung ein (Vgl. VG Köln, Urteil vom 29.09.2006 - 19 K 624/05 -, juris, Rdn. 23 ff., VG Minden, Urteil vom 27. September 2012 – 4 K 88/12 –, Rn. 27, juris). Sie wird im ICD-10 unter E73 geführt.

18

bb) Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei Lactrase nicht um ein Heilmittel, auf das der Kläger nach § 32 SGB V einen Anspruch haben könnte. Nach der an § 30 SGB VII orientierten Rechtsprechung des BSG sind Heilmittel persönliche medizinische Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen. Hierzu gehören insbesondere Maßnahmen der physikalischen Therapie sowie der Sprach- und Beschäftigungstherapie (Beck in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 32 SGB V, Rn. 14). Hierunter fallen Lactrase-Tabletten augenscheinlich nicht.

19

cc) Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V auf Arzneimittelversorgung mit Lactrase. Versicherte haben nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Lactrase 12000 Fcc ist nicht apothekenpflichtig, wodurch der Anspruch ausscheidet. Lactrase 12000 Fcc wird auch in Drogerien, Reformhäusern oder bei Kaufportalen im Internet vertrieben.

20

dd) Der Kläger hat auch keinen Anspruch nach § 34 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit § 12 Abs. 6 der Arzneimittelrichtlinie (AMR).

21

(1) Gemäß § 34 Abs. 1 SGB V sind zwar nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 SGB V grundsätzlich ausgeschlossen. Sie können aber von der Krankenkasse finanziert werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss sie in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 aufgenommen hat, weil sie die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, der behandelnde Vertragsarzt sie zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung ausnahmsweise verordnet hat, und kein Ausschluss besteht.

22

Nach § 12 Abs. 6 der vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassenen Arzneimittelrichtlinie kann der behandelnde Arzt bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel für Anthroposophie und Homöopathie verordnen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete und Anwendungsvoraussetzungen nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist.

23

(2) Ob ein Ausschluss im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 5 SGB V besteht, wonach von der Versorgung solche Arzneimittel ausgeschlossen sind, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht, kann dahinstehen. Bei Lactrase handelt es sich schon um kein Arzneimittel, sondern um ein Lebensmittel.

24

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat überzeugend entschieden, dass Lactrase nicht dem europarechtlich geprägten Begriff des Arzneimittels sondern dem ebenfalls europarechtlich geprägten Begriff des Lebensmittels entspricht (OLG Stuttgart, Urteil v. 14. Februar 2008 – Az. 2 U 81/07 = OLGR Stuttgart 2008, 335-337). Die erkennende Kammer schließt sich dieser Entscheidung aus den nachfolgenden Gründen an.

25

Das europäische Recht unterscheidet zwischen Lebensmittel und Arzneimittel. Nach Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden und unter anderem keine Arzneimittel sind. Lactrase erfüllt alle Merkmale dieser Definition. Es ist kein Arzneimittel.

26

Arzneimittel sind gemäß § 2 Arzneimittelgesetz in europarechtskonformer Auslegung gemäß Art. 1 Nr. 2 Richtlinie 2001/83/EG alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet werden. Alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die dazu bestimmt sind, im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden, gelten ebenfalls als Arzneimittel.

27

Laktoseintoleranz wird von Lactrase, das überwiegend aus Laktase besteht, nicht geheilt oder verhütet. Lactrase dient auch nicht dazu, zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden. Das Unvermögen des Körpers bleibt auch bei Lactrase-Einnahme unverändert vorhanden.

28

Die Möglichkeit Laktase zu produzieren ist eine menschliche physiologische Funktion. Laktase kann im Verdauungstrakt Laktose (Milchzucker) spalten. Wer Laktase im ausreichenden Maße produziert kann milchzuckerhaltige Produkte ohne sonst auftretende Beschwerden wie Durchfall und/oder Blähungen zu sich nehmen. Das OLG Stuttgart gibt den Forschungsstand nach Erkenntnis der Kammer zutreffend wieder, wonach jeder Mensch ursprünglich mit fortschreitendem Alter die Fähigkeit verloren hat, das Enzym Laktase zu produzieren. Durch eine genetische Anpassung hat sich jedoch bei Teilen der Menschheit, und insbesondere bei der großen Mehrzahl der Zentral- und Nordeuropäer (bei den Deutschen 85-95 % laut Sachverständigengutachten im Verfahren beim OLG Stuttgart), aber auch der Mehrheit der Südeuropäer (bei 70 % laut Sachverständigengutachten) die Eigenschaft herausgebildet, auch im Erwachsenenalter noch Laktase bilden zu können. Manche Menschen verlieren diese Möglichkeit des Körpers mit fortschreitendem Alter dennoch.

29

Die in Lactrase enthaltene Laktase spaltet vielmehr die Laktose unmittelbar im Speisebrei. Es wird nicht die Verdauung beeinflusst, sondern vielmehr der Nahrungsbrei verdaulicher gemacht (OLGR Stuttgart 2008, 335, 337). Somit ist Lactrase kein Arzneimittel.

30

c) Eine Regelung im SGB V, wonach Leistungen in Form von Lebensmitteln durch die Beklagte erstattet werden dürfen, existiert nicht. Lactrase ist daher dem Bereich der Selbstverantwortung zuzurechnen.

31

d) Eine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Grundgesetz (GG) liegt nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln und ist verletzt, wenn gesetzliche Bestimmungen, eine Gruppe im Vergleich zu einer zweiten Gruppe anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 14.03.2000 – 1 BvR 284/96, 1 BvR 11 BvR 1659/96 Rn. 41). Risikosportler werden nach einem Unfall zur Heilung mit Arzneimitteln behandelt. Laktoseintolerante können kein Arzneimittel zur Heilung der fehlenden Möglichkeit ihres Körpers zur Laktaseproduktion erhalten, da es ein solches nicht gibt. Lactrase heilt nicht sondern macht eigentlich unverträgliche Lebensmittel verträglich. Insofern werden beide Gruppen, die sich in unterschiedlicher Situation befinden, zu Recht unterschiedlich behandelt werden.

32

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.

33

4. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

(1) Erzeugnisse sind Lebensmittel, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffen, Futtermittel, Mittel zum Tätowieren, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände.

(2) (weggefallen)

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) Bedarfsgegenstände sind

1.
Materialien und Gegenstände im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und zur Aufhebung der Richtlinien 80/590/EWG und 89/109/EWG (ABl. L 338 vom 13.11.2004, S. 4), die durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist,
2.
Packungen, Behältnisse oder sonstige Umhüllungen, die dazu bestimmt sind, mit kosmetischen Mitteln in Berührung zu kommen,
3.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit den Schleimhäuten des Mundes in Berührung zu kommen,
4.
Gegenstände, die zur Körperpflege bestimmt sind,
5.
Spielwaren und Scherzartikel,
6.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung zu kommen, wie Bekleidungsgegenstände, Bettwäsche, Masken, Perücken, Haarteile, künstliche Wimpern, Armbänder,
7.
Reinigungs- und Pflegemittel, die für den häuslichen Bedarf oder für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 1 bestimmt sind,
8.
Imprägnierungsmittel und sonstige Ausrüstungsmittel für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 6, die für den häuslichen Bedarf bestimmt sind,
9.
Mittel und Gegenstände zur Geruchsverbesserung in Räumen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.
Bedarfsgegenstände sind nicht
1.
Gegenstände, die
a)
nach § 2 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel gelten,
b)
nach Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung als Medizinprodukte oder als Zubehör für Medizinprodukte gelten,
c)
nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 334/2014 (ABl. L 103 vom 5.4.2014, S. 22; L 305 vom 21.11.2015, S. 55) geändert worden ist, Biozid-Produkte sind,
2.
die in Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 genannten Materialien und Gegenstände, Überzugs- und Beschichtungsmaterialien und Wasserversorgungsanlagen,
3.
veterinärmedizintechnische Produkte im Sinne von § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes.

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Beihilfefähigkeit des Präparates „Selen-Loges 100 NE“.

2

Nach der Produktinformation des Herstellers enthält dieses Präparat das Spurenelement Selen in Form von Natriumselenit. Es soll einer ungenügenden Selenversorgung entgegenwirken. Der Hersteller bewirbt sein Produkt ausweislich der zur Verwaltungsakte genommenen Produktbeschreibung als „Nahrungsergänzungsmittel“. Im Falle einer sinnvollen höheren Selenzufuhr wird von dem Hersteller das Präparat „Selen-Loges 200 NE“ beworben. Eine Tablette des Präparates „Selen-Loges 200 NE“ enthält im Vergleich zu einer Tablette des hier streitigen Präparats „Selen-Loges 100 NE“ die doppelte Menge an Natriumselenit.

3

Der Kläger steht als Justizhauptsekretär im Dienst des Beklagten. Am 21. Dezember 2010 beantragte er Beihilfe in Höhe von 18,41 € für 100 Tabletten des beschriebenen Präparats.

4

Mit Bescheid vom 24. März 2011 lehnte der Beklagte eine Beihilfe ab und verwies darauf, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht beihilfefähig seien.

5

Hiergegen erhob der Kläger am 18. April 2011 Widerspruch: Ausweislich der Bescheinigungen des Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. ... sowie von Frau Dr. med. ... sei davon auszugehen, dass er an einer gravierenden Unterversorgung mit dem Mineralstoff Selen und akut an einem Mangel an Vitamin B 12, Folsäure und Vitamin D 3 leide. Es müsse davon ausgegangen werden, dass er bei gesunder Ernährung nicht ausreichend mit Spurenelementen und Vitaminen versorgt werde. Aufgrund der sehr bewusst gesunden Lebensführung des Klägers müsse auf ein Malabsorbtionssyndrom geschlossen werden. Er bedürfe daher dringend einer lebenslangen Substitution mit Selen 100 µg TA. Aus diesem Grund sei ihm die Einnahme von 2 mal 2 Tabletten pro Woche ärztlich verordnet worden. Die den Kläger damals behandelnde Ärztin Dr. med. ... fügte ihrem Schreiben vom 26. November 2009 eine mehrseitige, zur Verwaltungsakte genommene Zusammenstellung über die Wirkungsweise des Selens im menschlichen Körper bei.

6

Der Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und erwiderte: Die rheinland-pfälzische Beihilfenverordnung (BVO) gehe von einem engen Arzneimittelbegriff aus, der sich im Wesentlichen mit § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) decke. Nahrungsergänzungsmittel unterlägen keinem Zulassungs- und Registrierungsverfahren nach diesem Gesetz. Sie unterfielen vielmehr dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB). Nahrungsergänzungsmittel würden ausdrücklich nicht als Arzneimittel definiert. Auch der Hersteller von „Selen-Loges 100 NE“ bezeichne sein Produkt als Nahrungsergänzungsmittel. Auf die ärztliche Verordnung des Präparates komme es beihilferechtlich nicht an.

7

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen: Aus den vom Beklagten genannten Gründen sei das streitige Präparat ein Nahrungsergänzungsmittel und damit nicht beihilfefähig. Bei der Vielzahl der im Handel angebotenen Nahrungsergänzungsmittel würde es den finanziellen Rahmen sprengen, für medizinisch erforderliche Lebensmittel eine Beihilfe zu gewähren. Hinzukomme die Schwierigkeit, die medizinische Notwendigkeit von Nahrungsergänzungsmitteln im Einzelfall zu bestimmen.

8

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids (30. August 2012) hat der Kläger am 28. September 2012 Klage erhoben.

9

Er trägt vor: Er sei aus gesundheitlichen Gründen auf das Präparat angewiesen. § 4 Abs. 1 Nr. 6 BVO a. F. schließe Nahrungsergänzungsmittel nicht grundsätzlich von der Beihilfefähigkeit aus.

10

Der Kläger beantragt,

11

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 24. März 2011 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2012 zu verurteilen, ihm die beantragte Beihilfe für das Präparat „Selen-Loges“ zu gewähren.“

12

Der Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er erwidert: Das streitbefangene Präparat sei kein beihilfefähiges Arzneimittel im Sinne des AMG. Eine Beihilfefähigkeit scheitere somit an § 4 Abs. 1 Nr. 6 BVO a. F.

15

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der Beratung des Gerichts.

Entscheidungsgründe

16

Der Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 101 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –), bleibt der Erfolg versagt.

17

Der Bescheid des Beklagten vom 24. März 2011 in der Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids vom 28. August 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die geltend gemachten Aufwendungen (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).

18

Rechtsgrundlage für die Beurteilung des Beihilfeanspruchs ist die Beihilfenverordnung vom 1. August 2006 (GVBl. 2006, 304 – BVO a. F. –) und die Verwaltungsvorschrift des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Finanzen vom 28. Juli 2005 (MinBl. 2005, 201 – VV 2005). Die Beihilfenverordnung ist in der früheren Fassung - trotz ihrer Unwirksamkeit - bis zu dem Inkrafttreten der neuen Beihilfenverordnung vom 1. August 2011 (GVBl. 2011, S. 199) und somit für einen Übergangszeitraum anwendbar (OVG RP, Urteil vom 10. September 2010 – 2 A 10664/10.OVG –). Sie bildet im vorliegenden Fall die einschlägige Rechtsgrundlage, weil maßgeblich für die Beihilfefähigkeit die Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung der geltend gemachten Aufwendungen ist (OVG RP, Urteil vom 15. April 2011 – 10 A 11331/10.OVG – esovg –).

19

Der Beklagte hat die Beihilfefähigkeit der vom Kläger getätigten Aufwendungen für das Präparat „Selen-Loges 100 NE“ im Ergebnis zu Recht verneint. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beihilfe gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1 Landesbeamtengesetz (LBG).

20

Dabei kann offenbleiben, ob dieses Produkt ein Arzneimittel i. S. d. § 2 Abs. 1 AMG ist (vgl. zum Arzneimittelbegriff: BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 – 2 C 5/95 –, juris; Urteil vom 18. Dezember 1997 – 3 C 46/96 –, juris; OVG RP, Urteil vom 11. November 2011 – 10 A 10670/11.OVG –, esovg sowie Urteil vom 9. Mai 2005 – 2 A 10106/05.OVG –, esovg). Weiterhin kann offenbleiben, ob das Präparat als „Stoff“ oder „Zubereitung“ gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 AMG als Arzneimittel gilt, obwohl das Beihilferecht eine dieser Norm entsprechende begriffliche Erweiterung des Arzneimittelbegriffs nicht kennt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996, a. a. O.). Schließlich kann auch offenbleiben, ob die Aufwendungen für das streitbefangene Präparat aus einem anderen beihilferechtlichen Gesichtspunkt als demjenigen der Beihilfegewährung für Arzneimittel beihilfefähig sein könnten, obwohl der Zusatz „und dergleichen“ in § 4 Abs. 1 Nr. 6 BVO a. F. nicht als Ergänzung des Begriffs „Arzneimittel“ sondern allein zur Ergänzung des hier nicht einschlägigen Begriffs „Verbandmittel“ dient (BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996, a. a. O.).

21

Denn unabhängig von der rechtlichen Kategorisierung des streitbefangenen Präparats scheitert die Beihilfefähigkeit an § 4 Abs. 1 Nr. 6d BVO a. F. i. V. m. Ziffer 5.4.4 VV 2005. Denn das hier maßgebliche Produkt ist geeignet, Güter des täglichen Lebens bzw. des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Es ist von der Beihilfefähigkeit ausgenommen.

22

Ob ein Mittel geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, richtet sich nach seiner objektiven Beschaffenheit; unerheblich ist, wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird (OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2008 – 6 A 1509/05 –, juris; OVG Nds., Beschluss vom 9. September 2008 – 5 LA 329/06 –, juris; VG Saarland, Urteil vom 9. März 2010 – 3 K 69/10 –, juris). Ob ein Präparat geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, entscheidet also die typische Wirkung des Mittels. Maßgeblich im beihilferechtlichen Sinne ist der überwiegende Zweck, dem das Mittel nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung zu dienen bestimmt ist; unerheblich ist, ob es im Einzelfall auch ohne Erkrankung beschafft worden wäre (OVG RP, Urteil vom 11. November 2011, a. a. O. und Urteil vom 9. Mai 2005, a. a. O.). Zu den Mitteln, die geeignet sind, Güter des täglichen Lebens zu ersetzen, gehören z. B. diverse Nahrungsmittel und Mineral- oder Heilwässer (vgl. Ziffer 5.4.4 VV 2005). Der Ausschluss dieser Mittel von der Beihilfefähigkeit beruht neben finanziellen Erwägungen auch auf dem Umstand, dass dem medizinisch regelmäßig nicht vorgebildeten Beihilfesachbearbeiter unabhängig vom Einzelfall und unabhängig davon, ob bei einer Anwendung im Einzelfall positive Wirkungen entstanden sind, die Möglichkeit eröffnet werden sollte, einen Beihilfeantrag ohne Sachverständigenstreit selbst zu entscheiden (VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 8. Mai 1990 – 6 K 1765/89.NW –; Urteil vom 9. Mai 2012 – 1 K 5/12.NW –).

23

Das Präparat „Selen-Loges“ ersetzt hier Nahrungsbestandteile durch eine gezielte Zufuhr erhöhter Dosen des Wirkstoffs Selen. Der Mineralstoff Selen wird jedoch ausweislich der zur Akte genommenen Anlage zum Schreiben von Dr. med. ... vom 26. November 2009 üblicherweise über die Nahrung zugeführt. Das Präparat dient damit als Substitut für Nahrungsbestandteile, also als Gut des täglichen Lebens. Die besondere Bedeutung des Selens für die in dieser Anlage beschriebenen Wirkungsweisen im menschlichen Körper spielt hierfür keine Rolle. Denn diese sind für Nahrungsergänzungsmittel, wie sie auch in anderer Form, beispielsweise als Vitaminpräparate oder Mineraltabletten angeboten werden, gerade typisch. Auch die ärztliche Verordnung des niedriger dosierten Präparats – verordnet wurde hier „Selen-Loges 100 µg“ und nicht das höher dosierte „Selen-Loges 200 NE“ – spricht für die Annahme, dass keine spezifisch krankheitsbedingte Anwendung erfolgt. Das Präparat ist zudem in Apotheken frei erwerblich und wird von dessen Hersteller selbst als Nahrungsergänzungsmittel beworben. Es ersetzt den normalerweise über die Nahrung zugeführten Anteil von Selen in Nahrungsmitteln. Das Präparat dient im Übrigen nach der Dosierungsempfehlung seines Herstellers der täglichen Anwendung, nicht aber der gezielten Medikation im Falle eines konkret umrissenen Krankheitsbildes oder der Heilung und Behebung organischer Fehlfunktionen. Es stärkt vielmehr das Immunsystems sowie die zellulären Abwehrkräfte, was im gleichen Maße auch für vitamin- oder mineralstoffreiche Ernährung oder vergleichbare Nahrungsergänzungsmittel gilt.

24

Doch selbst wenn man hilfsweise hier eine Prüfung durchführt, ob das Präparat „Selen-Loges 100 NE“ ein Arzneimittel im Rechtssinne darstellt, so führt dies zu keiner dem Kläger günstigeren Entscheidung. Denn das Präparat ist kein Arzneimittel i. S. d. § 4 Abs. 1 Nr. 6 1. Hs. BVO a. F.

25

Zwar liegt im vorliegenden Fall eine für die Beihilfefähigkeit u. a. erforderliche schriftliche ärztliche Verordnung vor. § 4 Abs. 1 Nr. 6 BVO a. F. geht jedoch von einem engen Arzneimittelbegriff aus, der sich im Ausgangspunkt mit dem Arzneimittelbegriff in § 2 Abs. 1 AMG deckt (BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996, a. a. O.; OVG RP, Urteil vom 9. Mai 2005 – 2 A 10106/05.OVG –). Zwar hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 11. November 2011 (a. a. O.) die Übertragbarkeit des Arzneimittelbegriffs des § 2 Abs. 1 AMG auf das Beihilferecht mit Rücksicht auf den andersartigen Regelungszweck nicht ohne Weiteres bejaht. Es sei zu berücksichtigen, dass der Arzneimittelcharakter eines Präparats nicht anhand dessen formeller Einordnung, sondern aufgrund dessen objektiver Eigenart und Beschaffenheit entsprechend der materiellen Zweckbestimmung zu ermitteln sei.

26

Legt man diese, rein an der Eigenart und der Beschaffenheit des Produkts orientierte Begrifflichkeit zugrunde, so mangelt es dem streitbefangenen Präparat an einer überwiegenden Zweckbestimmung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn. Wie bereits oben dargelegt, handelt es sich um ein Gut des täglichen Bedarfs, somit um ein Produkt, das zur allgemeinen Lebensführung auch von jedermann genutzt werden kann (vgl. VG München, Urteil vom 14. März 2012 – M 17 K 10/5250 –, juris, dort allgemein zu Nahrungsergänzungsmitteln). Das Präparat wird – wie oben ebenfalls ausgeführt – nicht zur gezielten Behandlung etwa eines Organs im menschlichen Körper oder zur Heilung einer körperlichen Fehlfunktion eingesetzt. Nach den vorgelegten Unterlagen dient es vielmehr dazu, eine defizitäre Aufnahme des Mineralstoffs Selen im menschlichen Körper durch tägliche Zufuhr (Anwendungsempfehlung des Herstellers) bzw. zweimal wöchentlich (Ärztliche Verordnung für den Kläger) auszugleichen. Damit ergibt sich kein gefestigtes Erscheinungsbild des streitgegenständlichen Erzeugnisses als Arzneimittel. Dieses wird vielmehr von dessen Hersteller als Nahrungsergänzungsmittel beworben und ist damit dem Bereich des Lebensmittels zugeordnet. Der bestimmungsgemäße Anwendungs- und Wirkungsbereich dieses Präparats entspricht nicht demjenigen eines Arzneimittels (so auch zu dem selenhaltigen Nahrungsergänzungsmittel „Selviteac“: VG Augsburg, Urteil vom 4. August 2005 – AU 7 K 05.257 –, juris). Daher kann offen bleiben, ob das vorliegende Präparat anorganische Selenverbindungen in Form von Selenit und Selenat enthält. Sollte dies zutreffen, so wäre bei der Beurteilung der objektiven Bestimmtheit und Beschaffenheit des Produktes noch zusätzlich zu berücksichtigen, dass anorganische Selenformen zur Behebung von Selenmangel weniger wirkungsvoll und in der Literatur als ineffektiv beschrieben werden, was die behandelnde Ärztin Dr. med. ... in der zur Verwaltungsakte genommenen Anlage zu ihrem Schreiben vom 26. November 2009 zur Kenntnis gebracht hatte.

27

Die hier vertretene Auffassung zur fehlenden Beihilfefähigkeit von Nahrungsergänzungsmitteln steht im Einklang mit der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung. Zwar hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 9. Mai 2005 (a. a. O.) eine Aminosäure-Mischung, die als „Milupa PKU 2“ am Markt war, und die dazu diente, die mit der „normalen“ Ernährung aufgenommenen Aminosäuren zu ersetzen, als beihilfefähiges Arzneimittel angesehen. Für diese Entscheidung war jedoch maßgeblich, dass die überwiegende Zweckbestimmung dieses Präparates darin lag, eine phenylalaninfreie Aminosäure-Mischung zur Deckung des täglichen phenylalaninfreien Proteinbedarfs sicherzustellen, was durch eine „normale“ Ernährung gerade nicht möglich war. Das dort streitbefangene Präparat war somit eingebunden in die aus damaliger Sicht einzige wissenschaftlich-medizinisch wirksame und ärztlicherseits allgemein anerkannte Therapie der Hyperphenylalaninämie. In der Einbindung in diese Therapieform sah der Senat offenkundig den Hauptgrund – im Unterschied etwa zu einer diätetischen Behandlung anderer Krankheiten – für eine Einordnung als Arzneimittel. Darüber hinaus kam dem damaligen Präparat nach den Feststellungen des Senats die Aufgabe zu, bei der Tochter des damaligen Klägers die ansonsten eintretenden schwerwiegenden Folgen ihrer Erkrankung, wie etwa nicht rückgängig zu machende Vergiftungen des Körpers einschließlich irreversibler Schädigungen des Gehirns, zu verhindern. Gab es im damaligen Fall keine Alternative, die Krankheit der betroffenen Tochter des Klägers anderweitig zu bekämpfen, so stellt sich die Situation im vorliegenden Fall anders dar. Hier dient das Präparat „Selen-Loges 100 NE“ – wie bereits mehrfach dargelegt – nicht der Bekämpfung einer anderweitig nicht heilbaren Erkrankung oder der Wiederherstellung einer körpereigenen Funktion infolge beispielsweise eines Organdefekts, sondern lediglich der Substitution von Nahrungsbestandteilen mit positiven Auswirkungen auf den menschlichen Organismus. Die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in dessen Urteil vom 9. Mai 2005 (a. a. O.) sind damit auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

28

Schließlich ist hier die Arzneimitteleigenschaft des streitbefangenen Präparats selbst bei einer rein terminologischen Abgrenzung von Arzneimitteln einerseits und Lebensmitteln andererseits zu verneinen.

29

Denn nach den vorstehenden Ausführungen fehlt es bereits an der gemäß § 2 Abs. 1 AMG erforderlichen Anwendungsbestimmung des Präparats „Selen-Loges 100 NE“ als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden. Hierzu kann auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen werden.

30

Auch eine rein formale Prüfung steht der Annahme als Arzneimittel insoweit entgegen, als eine der in § 21 Abs. 1 AMG genannten Zulassungen für dieses Präparat als Arzneimittel nicht vorliegt. Da auch keine Fiktion i. S. d. § 2 Abs. 4 AMG eingreift, kommt insoweit ebenfalls keine Begründung der Arzneimitteleigenschaft in Betracht.

31

Zudem ist die Arzneimitteleigenschaft zu verneinen, weil das Produkt als Lebensmittel i. S. d. §§ 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG; 2 Abs. 2 LFGB anzusehen ist.

32

§ 2 Abs. 1 LFGB definiert Lebensmittel, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffe - die somit Lebensmittel im Rechtssinne darstellen - als solche i. S. d. Art. 2 der VO (EG) Nr. 178/2002. Zu Lebensmitteln gemäß Art. 2 VO EG Nr. 178/2002 zählen alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind, oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Von diesem weiten Lebensmittelbegriff gedeckt ist die in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 LFGB vorgenommene Begriffsbestimmung, wonach Mineralstoffe und Spurenelemente sowie deren Verbindungen außer Kochsalz den Lebensmittelzusatzstoffen (und damit Lebensmitteln i. S. d. § 2 Abs. 1 LFGB) gleich stehen. Zur weiteren Begriffsbestimmung kann sodann auf die Erwägungen der Richtlinie 2002/46 EG zurückgegriffen werden. In den Erwägungen Nr. 1, 2 und 15 wird klargestellt, dass Nährstoffkonzentrate als Lebensmittel angesehen werden, soweit diese zur Ergänzung der Zufuhr dieser Nährstoffe aus der normalen Ernährung angeboten werden. Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt deshalb, dass die Richtlinie für Nahrungsergänzungsmittel gilt, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht und als solche aufgemacht werden. Nahrungsergänzungsmittel im Sinne der Richtlinie werden in Art. 2 lit. a als Lebensmittel definiert, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten aus Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen. Art. 2 lit. b (ii); 4 Abs. 1 und Ziffer 2 Anhang 1 der Richtlinie definieren Vitamine und Mineralstoffe als Nährstoffe. Ausweislich des Anhangs 1 ist Selen ein Mineralstoff und damit zulässiger Bestandteil eines Nahrungsergänzungsmittels. Dementsprechend darf gemäß Anhang 1 auch Natriumselenit bei der Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden.

33

Sonstige europarechtliche Vorgaben, aus denen sich möglicherweise ein erweiterter Arzneimittelbegriff ableiten ließe, stünden einer Begrenzung der Beihilfe, wie hier erfolgt, nicht entgegen. Denn europarechtliche Bestimmungen dienen lediglich der Harmonisierung der unterschiedlichen Rechtssysteme. Sie lassen das Recht der Mitgliedsstaaten unberührt, ihre öffentlichen Gesundheitssysteme und die Krankenversicherung zu organisieren und zu finanzieren. Sie berühren daher in diesen Rechtsbereichen nicht den Begriff des Arzneimittels (VGH Bayern, Urteil vom 17. Mai 2010 – 14 B 08.3164 – und OVG RP, Urteil vom 11. November 2011, a. a. O.). Sie begründen aus den gleichen Erwägungen auch keine eigenständigen Ansprüche des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn.

34

Mangelt es somit an der Arzneimitteleigenschaft des Präparates, stellt dieses vielmehr ein Lebensmittel i. S. d. § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG dar, so scheidet – ohne Hinzutreten besonderer Umstände – die Beihilfefähigkeit aus (OVG RP, Urteil vom 9. Mai 2005, a. a. O.). Auf den Erfolg der Anwendung des Produkts im Einzelfall kommt es im Beihilferecht nicht an (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995 – 2 C 15/94 –, juris).

35

Der Vollständigkeit halber sei hier noch angeführt, dass auch die aktuelle BVO Nahrungsergänzungsmittel von der Beihilfe ausschließt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2d BVO).

36

Schließlich kann der Kläger seinen Beihilfeanspruch auch nicht unmittelbar aus der Fürsorgepflicht des Beklagen (§ 87 Landesbeamtengesetz – LBG –) ableiten. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn fordert nicht den Ausgleich jeglicher krankheitsbedingter Aufwendungen. Aufgrund des ergänzenden Charakters der Beihilfe müssen von dem Kläger vielmehr Härten und Nachteile hingenommen werden, die sich aus der pauschalierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht durch die Beihilfevorschriften ergeben und die keine unzumutbare Belastung bedeuten. Im Übrigen muss sich der Kläger außerhalb des Wesenskerns der Fürsorgepflicht des Dienstherrn darauf verweisen lassen, dass es ihm möglich ist, durch eine entsprechend erweiterte Versicherung oder die Bildung von Rücklagen selbst Vorsorge zu treffen (OVG RP, Urteil vom 17. Mai 2002 – 2 A 11758/01.OVG –, esovg). Dies gilt jedenfalls bei über das Jahr gerechnet niedrigen Aufwendungen, die den angemessenen Lebensunterhalt des Klägers trotz der Versagung der Beihilfe nicht beeinträchtigen (vgl. zu diesem Kriterium: BVerfG, Urteil vom 13. November 1990 – 2 BvF 3/88 – = BVerfGE 83, 89, 100).

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

38

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

39

Beschluss

40

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 18,41 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.