Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 06. Dez. 2017 - 1 K 305/17.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2017:1206.1K305.17.00
bei uns veröffentlicht am06.12.2017

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für heilpraktische Behandlungen.

2

Die Klägerin ist beihilfeberechtigte Beamtin (im hier maßgeblichen Zeitraum mit einem Beihilfesatz 70 v.H.) im Dienst des Beklagten. Im Jahr 2008 erkrankte sie an einem Mammakarzinom der linken Brust. Sie wurde brusterhaltend operiert; anschließend erfolgten eine zytostatische Behandlung, eine Strahlentherapie sowie eine Antihormontherapie. 2013 wurde ein Rezidiv diagnostiziert. Es erfolgte eine weitere Operation sowie eine Umstellung der Antihormontherapie. Dennoch kam es im Mai 2014 wiederum zu einem Rezidiv, das eine erneute Operation nach sich zog. Außerdem begab sich die Klägerin in die Behandlung des Heilpraktikers Dr. phil. O. X (Mannheim). Dieser führte lokalregionale Hyperthermie-Behandlungen sowie parallel antitumorale und zytotoxische Infusionstherapien durch.

3

Die Aufwendungen für die Behandlung durch Dr. X machte die Klägerin mit mehreren Beihilfeanträgen geltend:

4

- Beihilfeantrag vom 5. Dezember 2014 in Höhe von 96,20 €. Mit Bescheid vom 8. Dezember 2014 (in der Fassung des Korrekturbescheids vom 1. Dezember 2015) erkannte der Beklagte 50 € als beihilfefähig an (= Kürzung 46,20 €).

5

- Beihilfeantrag vom 12. Februar 2015 in Höhe von 2.280,35 €. Mit Bescheid vom 12. Februar 2015 (in der Fassung des Korrekturbescheids vom 1. Dezember 2015) lehnte der Beklagte eine Erstattung ab (= Kürzung 2.280,35 €).

6

- Beihilfeantrag 3. März 2015 in Höhe von 434,72 €. Mit Bescheid vom 6. März 2015 erkannte der Beklagte 77 € als beihilfefähig an (= Kürzung 357,72 €).

7

- Beihilfeantrag vom 3. September 2015 in Höhe von 2.029,29 €. Mit Bescheid vom 14. September 2015 erkannte der Beklagte 553,49 € als beihilfefähig (= Kürzung 1.475,80 €).

8

- Beihilfeantrag vom 10. Dezember 2015 in Höhe von 817,10 €. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2015 (in der Fassung des Korrekturbescheids vom 29. Dezember 2016) erkannte der Beklagte 263,12 € als beihilfefähig an (= Kürzung 553,98 €).

9

- Beihilfeantrag vom 4. Januar 2016 in Höhe von 2.738 €. Mit Bescheid vom 13. Januar 2016 (in der Fassung der Korrekturbescheide vom 5. Februar 2016, vom 9. Juni 2016 und vom 17. Januar 2017) erkannte der Beklagte 814,48 € als beihilfefähig an (= Kürzung 1.923,52 €).

10

- Beihilfeantrag vom 2. Februar 2016 in Höhe von 820,95 €. Mit Bescheid vom 10. Februar 2016 (in der Gestalt der Korrekturbescheide vom 26. Februar 2016, 9. Juni 2016 und 17. Januar 2017) erkannte der Beklagte 263,12 € als beihilfefähig an (= Kürzung 557,83 €).

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Die im Einzelnen geltend gemachten Aufwendungen, die vorgenommenen Kürzungen, die Begründungen hierzu und die als beihilfefähig anerkannten Beträge können der Tabelle auf Blatt 4 bis 7 des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2017 entnommen werden.

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Zu den Kürzungen gab der Beklagte im Einzelnen an: Ab dem 1. Oktober 2014 seien ausschließlich die Leistungen nach der Anlage 5 zu § 8 der Beihilfenverordnung (BVO) beihilfefähig. Eine analoge Abrechnung anhand der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) sei demnach ausgeschlossen. Die in Anlage 5 aufgeführten Leistungen seien angemessen bis zu den dort genannten Beträgen. Die durch einen Heilpraktiker erbrachte Tiefenhyperthermie-Behandlung sei mangels Erwähnung in Anlage 5 zu § 8 BVO nicht beihilfefähig. Bei den Leistungen nach den Nummern 1, 2, 5, 25.3, 25.8 und 26.1 der Gebührenordnung für Heilpraktiker (GebüH) werde nur der Betrag anerkannt, der in der Anlage 5 zu § 8 BVO vorgesehen sei. Wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden, wie die Injektionen und Infusionen mit DCA und MitoMER ("Mitochondrien-Aktivität"), seien nicht beihilfefähig, weil es sich hierbei um eine Autohomologe Immuntherapie handele und damit um eine wissenschaftlich nicht allgemeine Behandlungsmethode, die vollständig von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sei.

13

Die Klägerin erhob gegen die Kürzungen bei der onkologischen Tiefentherapie Widerspruch und führte zur Begründung aus: Die Beihilfefähigkeit ergebe sich aus einer Stellungnahme des Dr. X vom 1. September 2014. Die Tiefenhyperthermie-Behandlung sei in ihrem Fall erfolgreich, was durch eine im November 2014 durchgeführte laborärztliche Untersuchung bestätigt werde. Da die Therapie kostenintensiv sei, sei die anteilige Kostenübernahme sehr wichtig. Zudem gebe es bereits Urteile, die die Beihilfefähigkeit dieser Therapie bejaht hätten. Sie leide unter einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe. Sofern für die durchgeführte Behandlung eine nicht ganz entfernte Aussicht auf Erfolg bestehe, zumindest spürbar positiv auf den Krankheitsverlauf einzuwirken, müssten die Aufwendungen im Rahmen einer Einzelfallentscheidung im Sinne des § 33 der Bundesbeihilfenverordnung als beihilfefähig anerkannt werden. Hinsichtlich der Tiefenhyperthermie-Behandlung lägen mittlerweile zudem ausreichend Studien und Publikationen vor, die höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen genügten und einen signifikanten klinischen Vorteil in der Behandlung von Karzinomen belegten. Es handele sich somit um eine wissenschaftlich fundierte Vorgehensweise.

14

Der Beklagte beteiligte mit Schreiben vom 14. September 2016 die Amtsärztin der Kreisverwaltung Bad Dürkheim zu der Frage, ob die Behandlung mit DCA und MitoMER einer der in Anlage 1 zu § 8 BVO aufgeführten wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden zugerechnet werden könne. Falls dies nicht der Fall sei, bat er ergänzend um Mitteilung, ob die Behandlung wissenschaftlich allgemein anerkannt und im vorliegenden Fall medizinisch notwendig sei. Die Amtsärztin teilte am 14. Oktober 2016 mit, dass die Behandlung keiner der in Anlage 1 zu § 8 BVO aufgeführten Behandlungsmethoden zugerechnet werden könne. Die Behandlung sei jedoch wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt. Im Falle der Klägerin sei sie auch nicht medizinisch notwendig. Auf Nachfrage des Beklagten teilte die Amtsärztin mit Schreiben vom 4. Januar 2017 - unter Vorlage von Stellungnahmen des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg - ergänzend mit, dass die Wirksamkeit von DCA gegen Krebs nicht durch klinische Studien belegt sei. Es handle sich um eine in der Europäischen Union nicht arzneimittelrechtlich geprüfte und laut aktuellem Kenntnisstand bisher nicht ausreichend wissenschaftlich geprüfte Substanz. Es bestehe zurzeit nicht die begründete Erwartung, dass Infusionen mit DCA und MitoMER nach einer medizinischen Erprobungsphase noch wissenschaftlich anerkannt würden. Von der Anwendung von MitoMER werde sogar explizit abgeraten.

15

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2017 wies der Beklagte die Widersprüche mit folgender Begründung zurück: Zu den Aufwendungen für die alternative Behandlung des Mammakarzinoms könne der Klägerin über die bereits gewährte Beihilfe hinaus keine weitere Beihilfe gewährt werden. Die im vorliegenden Fall anwendbaren unterschiedlichen Fassungen der Beihilfenverordnung unterschieden sich hinsichtlich der relevanten Vorschriften nur bezüglich der Aufwendungen für die Leistungen eines Heilpraktikers. Aufwendungen seien beihilfefähig, wenn sie medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen seien und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei (§ 8 Abs. 1 BVO). Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Behandlung beihilferechtlich nicht als Einheit zu betrachten, deren Kosten insgesamt als beihilfefähig anzuerkennen seien, sondern es werde für jede Behandlung die Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen sowie die wissenschaftliche Anerkennung überprüft. Zum 1. Oktober 2014 sei die BVO auch hinsichtlich der Angemessenheit von heilpraktischen Leistungen geändert worden. Bereits am 23. September 2011 hätten verschiedene Heilpraktikerverbände und das Bundesministerium des Innern eine Vereinbarung über beihilfefähige Höchstbeträge heilpraktischer Leistungen abgeschlossen. In § 1 dieser Vereinbarungen sei ausdrücklich geregelt, dass Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker den Beihilfeberechtigten keine anderen Leistungen und keine höheren als die in der Anlage aufgeführten Honorare berechnen sollten. Der Beklagte sei dieser Vereinbarung beigetreten (Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen vom 14. November 2011, MinBI. vom 30. Dezember 2011, Seite 275). Würden von solchen Vereinbarungen erfasste Leistungen erbracht, beurteile sich die beihilferechtliche Angemessenheit der Aufwendungen insoweit nach den Vergütungsregelungen, die mit den Vereinbarungen getroffen seien (§ 8 Abs. 4 BVO). Andere als die in der Vereinbarung vom 23. September 2011 aufgeführten heilpraktischen Leistungen könnten nicht als beihilfefähig anerkannt werden. Mit Vereinbarung vom 31. Juli 2013 sei die bereits abgeschlossene Vereinbarung geringfügig hinsichtlich verschiedener Gebührenziffern geändert worden. Auch dieser Vereinbarung sei der Beklagte beigetreten (Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen vom 5. August 2013, MinBI. vom 18. September 2013, Seite 342). Diese Vereinbarungen seien zunächst nur auf Leistungen von Heilpraktikern anzuwenden gewesen, die Mitglied in einem der an der Vereinbarung beteiligten Verbände seien. Dies habe jedoch zu einer Ungleichbehandlung von verbandsangehörigen Heilpraktikern gegenüber anderen Heilpraktikern geführt. Anlässlich der Änderung der BVO zum 1. Oktober 2014 seien daher die vereinbarten Leistungen und Höchstbeträge in die Anlage 5 der BVO übernommen worden und nun für die Prüfung der Angemessenheit der Aufwendungen von Heilpraktikerleistungen verbindlich (§§ 11 Abs. 1 Nr. 3, 8 Abs. 3 Satz 4 der ab dem 1. Oktober 2014 gültigen BVO). Der Beklagte trage insoweit auch dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. November 2009 (Az.: 2 C 61.08) Rechnung, nach dem ein neuer Gebührenrahmen angesetzt werden sollte. Daraus folge, dass die nach den Ziffern 1, 2, 5, 25.3, 25.8 und 26.1 GebüH abgerechneten Gebühren nur bis zu den in Anlage 5 BVO aufgeführten Höchstbeträgen beihilfefähig seien. Da die Auflistung der beihilfefähigen heilpraktischen Leistungen auf den Vereinbarungen vom 23. September 2011 und 31. Juli 2013 beruhe und nach diesen Vereinbarungen ausdrücklich nur die genannten Leistungen berechnet werden sollten, seien auch nur diese Leistungen beihilfefähig. Da die onkologische locoregionale Tiefenhyperthermie und die moderate Ganzkörperhyperthermie dort nicht aufgeführt seien, seien die Aufwendungen hierfür (die zuvor in Anlehnung an Ziffern 5854A GOÄ und 5851A GOÄ teilweise als beihilfefähig anerkannt worden seien) ab dem 1. Oktober 2014 nicht mehr beihilfefähig. Die Frage, ob diese Behandlungen wissenschaftlich allgemein anerkannt seien, stelle sich daher nicht. Die Infusion mit Dichloracetat (DCA) und MitoMER stelle eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode dar. Bei den Aufwendungen für diese Behandlung werde die Notwendigkeit der Aufwendungen verneint. Zwar werde bei der Prüfung der Notwendigkeit regelmäßig der Beurteilung des behandelnden Arztes zu folgen sein. Eine Ausnahme gelte jedoch für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden. Die Gewährung von Beihilfe, die aus allgemeinen Steuergeldern finanziert werde, gründe auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig sei und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie biete. Diesen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz gestalte § 8 Abs. 8 BVO, der den Ausschluss von Aufwendungen für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methode zulasse, normativ aus und präzisiere somit den Begriff "notwendig". Die Fürsorgepflicht werde hierdurch nicht verletzt. Wissenschaftlich anerkannt in diesem Sinne seien nur solche Heilmethoden, die von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für die Behandlung der jeweiligen Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995 - 2 C 15/94). Zu der Frage der wissenschaftlichen Anerkennung der Infusion mit DCA und MitoMER sei die Amtsärztin der Kreisverwaltung Bad Dürkheim, um Stellungnahme gebeten. Dies habe sie am 14. Oktober 2016 ausführlich getan. Es sei nicht ersichtlich, dass die amtsärztliche Stellungnahme auf unsachlichen Erwägungen beruhe oder unschlüssig sei. Es bestünden daher keine Bedenken, diese Stellungnahme der beihilferechtlichen Entscheidung über die Zuordnung zu Behandlungen nach Anlage 1 zu § 8 Abs. 8 BVO bzw. über die Notwendigkeit im Einzelfall zugrunde zu legen. Die durchgeführte Behandlung sei nach Aussage der Amtsärztin wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt. Sie sei allerdings keiner der Behandlungsmethoden zugeordnet, die in Anlage 1 zu § 8 Abs. 8 BVO ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen seien. Die medizinische Notwendigkeit sei deshalb im Einzelfall zu prüfen. Hierzu habe die Amtsärztin mitgeteilt, dass im vorliegenden Fall keine medizinische Notwendigkeit für die Anwendung der Therapie vorliege. Somit fehle es für die durchgeführten Infusionen mit DCA und MitoMER an einer medizinischen Notwendigkeit. Diese werde auch nicht dadurch begründet, dass die Anzahl der im Blut zirkulierenden, vitalen tumorverdächtigen Zellen laut Laborbefund abgefallen sei und die Behandlungen vermeintlich zu einem therapeutischen Erfolg geführt hätten. Eine derartige "Erfolgsabhängigkeit" sei dem Beihilferecht fremd (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2015, a.a.O.). Zudem sei auch fraglich und für den Beklagten nicht überprüfbar, ob dieser "Erfolg" den Infusionen zuzurechnen sei. Die Klägerin berufe sich hinsichtlich der medizinischen Notwendigkeit der durchgeführten Therapien auf § 33 der Bundesbeihilfenverordnung. Danach sei der Dienstherr gehalten, einem Patienten, der an einer lebensbedrohlichen oder sogar regelmäßig tödlichen Erkrankung leide, eine noch nicht anerkannte Behandlungsmethode zu erstatten, wenn für seine Erkrankung eine dem allgemein anerkannten medizinischen Stand entsprechende Behandlungsmethode nicht existiere. Weitere Voraussetzung sei, dass die gewählte Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspreche (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98). Die Klägerin verkenne jedoch, dass für die Gewährung von Beihilfen an Beihilfeberechtigte des Landes Rheinland-Pfalz einzig die BVO Rheinland-Pfalz maßgeblich sei, die eine entsprechende Ausnahmeregelung nicht explizit vorsehe. Eventuell abweichende Regelungen des Bundes oder anderer Bundesländer seien nicht maßgeblich. Allerdings habe das Bundesverwaltungsgericht diesen Rechtssatz mit demselben Inhalt generell für das Beihilferecht und damit auch für Rheinland-Pfalz aufgestellt (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995, a.a.O. sowie Beschluss vom 22. August 2007 - 2 B 37/07). Demnach könne die Fürsorgepflicht des Dienstherrn die Kostenerstattung für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nur dann gebieten, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für eine bestimmte Krankheit nicht herausgebildet habe, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden dürfe oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden sei. Darüber hinaus müsse für die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase, entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft, eine begründete Erwartung auf wissenschaftliche Anerkennung bestehen. Die bloße Möglichkeit einer solchen Anerkennung genüge nicht (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1998 - 2 C 24.97, VG Koblenz, Urteil vom 30. September 1999 - 6 K 1166/99.KO). Zur Beantwortung dieser Fragen habe der Beklagte die Amtsärztin der Kreisverwaltung Bad Dürkheim noch einmal um Stellungnahme gebeten. Dieser Bitte sei die Amtsärztin mit Schreiben vom 4. Januar 2017 nachgekommen. Auch hier bestehe keine Veranlassung davon auszugehen, dass die amtsärztliche Stellungnahme auf unsachlichen Erwägungen beruhe oder unschlüssig sei. Es bestünden daher erneut keine Bedenken, die Stellungnahme der beihilferechtlichen Entscheidung zugrunde zu legen; ob die Voraussetzungen nach den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichtes erfüllt seien. Bei der Anfrage an die Amtsärztin sei unterstellt worden, dass ein anerkanntes Heilverfahren bereits erfolglos eingesetzt worden und somit keine nach der Schulmedizin zur Verfügung stehende Behandlungsform mehr in Frage komme. Damit sei die erste Voraussetzung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts erfüllt. Die Amtsärztin habe jedoch nach eingehender Recherche mit Hilfe des Krebsinformationsdienstes des DKFZ Heidelberg bestätigt, dass nicht die begründete Erwartung bestehe, dass Infusionen mit DCA und MitoMER nach einer medizinischen Erprobungsphase noch wissenschaftlich anerkannt werden. Bezüglich des Produktes MitoMER werde von einigen Substanzen sogar explizit abgeraten. DCA sei in der Europäischen Union nicht arzneirechtlich und laut aktuellem Kenntnisstand bisher nicht ausreichend wissenschaftlich geprüft. Damit sei die zweite Voraussetzung nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes nicht erfüllt. Somit komme eine Anerkennung der Aufwendungen für die durchgeführte Infusionsbehandlung auch weiterhin, wegen fehlender Notwendigkeit, nicht in Betracht. Wenn sich die Klägerin - gegebenenfalls auf Empfehlung ihres behandelnden Heilpraktikers - für umstrittene Behandlungsmethoden entscheide, trage sie letztlich das Risiko, dass sich deren Notwendigkeit oder wissenschaftliche Anerkennung nicht erweisen lasse und sie die hierfür entstehenden Aufwendungen selbst tragen müsse.

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Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids (13. Februar 2017) hat die Klägerin am 13. März 2017 Klage erhoben.

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Sie trägt zur Begründung vor: Die Versagung der Beihilfegewährung zu den Aufwendungen für die hyperthermische Behandlung sei rechtswidrig. Die Behandlung der Klägerin sei notwendig im beihilferechtlichen Sinn. Die streitbefangene Hyperthermie-Behandlung durch den Heilpraktiker Dr. X habe positive Ergebnisse gezeitigt. Dies bestätige auch Prof. Dr. med. Y in seinem Schreiben vom 7. August 2015. Seit der wissenschaftlichen Methodenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss im Jahr 1995, bei der keine Einführung in die vertragsärztliche Untersuchung empfohlen worden sei, hätten langjährige klinische Erfahrungen den therapeutischen Nutzen dieser Behandlungsmethode belegt. Selbst bei einer fehlenden wissenschaftlichen Anerkennung der Hyperthermie lägen die Voraussetzungen für deren Beihilfefähigkeit vor. Gegebenenfalls könne die Beihilfefähigkeit mit der Fürsorgepflicht des Beklagten begründet werden, zumal die früheren Behandlungen der Klägerin nicht erfolgreich gewesen seien. Auch eine verfassungskonforme Auslegung des Beihilferechts gebiete die Gewährung weiterer Beihilfe im vorliegenden Fall. Alleine die geänderte Rechtslage zum Anlass zu nehmen, nunmehr die Beihilfefähigkeit der begonnenen Behandlung durch einen Heilpraktiker abzubrechen und der Klägerin einen Wechsel zu einem Arzt aufzuerlegen, sei dieser nicht zumutbar. Hier habe der Beklagte sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Letztlich genieße die Klägerin in Folge der früheren (Teil-)erstattung der angefallenen Aufwendungen durch die Beihilfe Vertrauensschutz auf die Weitergewährung von Beihilfe. Die streitbefangenen Injektionen seien auch ohne wissenschaftliche Anerkennung beihilfefähig.

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Die Klägerin beantragt wörtlich,

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den Beklagten zu verpflichten, ihr unter Abänderung der nachfolgenden Bescheide, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2017, weitere Beihilfe zu gewähren in Höhe von 32,44 € (Bescheid des Beklagten vom 8. Dezember 2014, in der Fassung des Korrekturbescheids vom 1. Dezember 2015), 1.596,25 € (Bescheid vom 12. Februar 2015 in Gestalt des Korrekturbescheids vom 1. Dezember 2015), 250,40 € (Bescheid vom 6. März 2015), 1.033,03 € (Bescheid vom 14. September 2015), 387,79 € (Bescheid vom 16. Dezember 2015 in der Fassung des Korrekturbescheids vom 29. Dezember 2016), 1.346,46 € (Bescheid vom 13. Januar 2016, in der Fassung der Korrekturbescheide vom 5. Februar 2016, vom 9. Juli 2016 und vom 17. Januar 2017) sowie 390, 48 € (Bescheid vom 10. Februar 2016 in Gestalt der Korrekturbescheide vom 26. Februar 2016, 6. Juni 2016 und 17. Januar 2017).

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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Er erwidert: Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Hyperthermie-Behandlung in den hier streitbefangenen Beihilfebescheiden entspreche der ab 1. Oktober 2014 geänderten Rechtslage in Rheinland-Pfalz. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 BVO seien Aufwendungen nur beihilfefähig für heilpraktische Leistungen nach § 8 Abs. 3 Satz 4 BVO. Satz 4 sei neu aufgenommen worden. Danach seien Aufwendungen für heilpraktische Leistungen angemessen bis zu den in der Anlage 5 genannten Beträgen. Damit beschränke § 11 Abs. 1 Nr. 3 BVO zugleich die heilpraktischen Leistungen auf die in der Anlage genannten Maßnahmen. Dieser Ausschluss basiere darauf, dass Heilpraktiker, anders als Ärzte, solche Behandlungsmethoden nicht erbringen sollten. Dies ergebe sich daraus, dass eine GOÄ-Ziffer für die onkologische locoregionale Tiefenhyperthermie - wie auch für die moderate Ganzkörperhyperthermie nach der GOÄ - gegeben seien. Diese Leistungen seien jedoch zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Vereinbarung der Heilpraktiker-Verbände mit dem Bundesinnenministerium gewesen, dem das Land Rheinland-Pfalz beigetreten sei. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen basiere insoweit auf der Qualifikation des Leistungserbringers nach § 66 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 b Landesbeamtengesetz (LBG). Die onkologische locoregionale Tiefenhyperthermie und die moderate Ganzkörperhyperthermie seien in der Anlage 5 nicht aufgeführt und somit nicht beihilfefähig. Die Ausführungen der Klägerin zur wissenschaftlichen Anerkennung der hyperthermischen Behandlung seien insoweit unerheblich. Die klägerischen Ausführungen seien im Grundsatz nur zu berücksichtigen für die Infusionen mit Dichloracetat (DCA) und MitoMER. Es handle sich insoweit um Aufwendungen für Injektionen, Dauertropfinfusionen und Sachkosten in den Anträgen vom 10. Februar, 3. März und 3. September 2015. Diese Behandlungen seien nicht wissenschaftlich anerkannt und unberücksichtigt geblieben. Der Ausschluss von der Beihilfefähigkeit finde in § 66 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 d LBG seine gesetzliche Ermächtigung. Die Amtsärztin habe sich - wie im Widerspruchsbescheid ausgeführt - mit der behandelnden Ärztin und dem Therapeuten in Verbindung gesetzt sowie eine Literaturrecherche beim Krebs-Informationsdienst des Deutschen Kernforschungszentrums Heidelberg in Auftrag gegeben. Danach sei die Infusionsbehandlung keiner Methode der Anlage 1 und 2 zu § 8 Abs. 8 BVO zuzuordnen. Es handle sich insoweit auch nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 1998 (Az.: 2 C 24/97), wonach Aufwendungen auch für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden anzuerkennen seien, wenn sich eine solche für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet habe, ein solches anerkannte Verfahren nicht angewendet werden dürfe oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden sei und in absehbarer Zeit mit einer wissenschaftlichen Anerkennung zu rechnen sei, sei die Amtsärztin mit Schreiben vom 30. Dezember 2016 noch einmal um eine Stellungnahme gebeten worden. Der Antwort vom 4. Januar 2017 sowie der zugrunde gelegten Auskunft des Deutsche Krebsvorsorgezentrums vom 22. September 2016 sei zu entnehmen, dass Dichloracetat (DCA) als Substanz in der Grundlagenforschung und früheren klinischen Forschung im Einsatz gegen Krebs erforscht worden sei. Die Wirksamkeit gegen Krebs sei bisher nicht durch klinische Studien belegt. Dennoch verkauften Anbieter DCA in Pulver- oder Kapselform. Dies sei aber arzneirechtlich nicht geprüft und nach aktuellem Kenntnisstand bisher auch nicht ausreichend wissenschaftlich geprüft, so dass die Anwender die Substanz auf eigene Rechnung und Risiko einsetzten. Die Amtsärztin komme daher zu dem Schluss, dass keine begründete Erwartung bestehe, dass die frühere Forschung zu DCA nach einer medizinischen Erprobungsphase noch wissenschaftlich anerkannt werde, zumal die Wirksamkeit klinisch nicht belegt sei. Was das Präparat MitoMER angehe, so seien auch dessen Inhaltsstoffe bei der Anfrage angegeben worden. Nach Auskunft des Krebsforschungszentrums handle es sich hierbei um Nahrungsergänzungsmittel. Krebspatienten werde in keiner aktuellen Leitlinie empfohlen, Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Sie seien weder zur Krebsvorbeugung, noch zur Krebstherapie oder Nachsorge zugelassen. Im Übrigen könnten sie zu Wechselwirkungen mit Arzneimitteln führen. Von einigen Substanzen des angegebenen Präparats rate die Arbeitsgemeinschaft gynäkologischer Onkologie explizit ab. Die S 3-Leitlinie zum Mammakarzinom enthalte ein Kapitel über komplementäre, alternative Therapien und betone, dass während der Behandlung Mikronährstoffe nur über die Nahrung zugeführt werden sollten. Der Einsatz von Antioxidantien könne die Wirkung der Chemo- oder Strahlentherapie beeinträchtigen. Somit könne mit einer wissenschaftlichen Anerkennung der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln zur Behandlung der Krebserkrankung in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden. Im Übrigen komme insoweit noch ein weiterer Ausschluss zum Tragen. Nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 d BVO seien Aufwendungen nicht beihilfefähig, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Hierzu gehörten insbesondere Nahrungsergänzungsmittel, worum es sich hierbei nach der Zusammensetzung auch handle. Da die Klägerin nur Ausführungen zur wissenschaftlichen Anerkennung der Tiefenhyperthermie mache, beschränke sich auch der Beklagte seinerseits auf Ausführungen zu den wesentlichen Punkten der Entscheidung und verweise im Übrigen auf den Widerspruchsbescheid.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Verfahrens 1 K 676/17.NW sowie der Verwaltungsakte verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Der vorliegenden Klage bleibt der Erfolg versagt.

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Die im Klageantrag bezeichneten Bescheide des Beklagten, in der Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2017, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in eigenen Rechten, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erstattung von weiteren Aufwendungen für die durch einen Heilpraktiker erbrachten Behandlungen (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

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Der Beklagte hat die weitere Kostenerstattung auf die streitbefangenen Rechnungen des Heilpraktikers Dr. Phil. X zu Recht abgelehnt.

27

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 10. Februar 2017 verwiesen, denen sich die Kammer anschließt (§ 117 Abs. 5 VwGO).

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Die nachfolgenden Ausführungen dienen lediglich der Zusammenfassung und geringfügigen Ergänzung der Ausführungen im Widerspruchsbescheid:

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1) Maßgeblich für die Beurteilung eines Beihilfeanspruchs ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (vgl. § 8 Abs. 5 Satz 2 BVO, wonach maßgeblich der Zeitpunkt der Leistungserbringung sein soll). Ob und wann indessen das Datum der Arztrechnung (OVG RP, Urteil vom 29. Juni 2016 - 2 A 10634/15) oder der Tag der Rechnungstellung (BVerwG, Urteil vom 2. April 2014 - 5 C 40/12) heranzuziehen ist, bedarf hier mangels Entscheidungserheblichkeit keiner weiteren Darlegungen. Für Aufwendungen, die ab dem 1. Oktober 2014 entstanden sind, findet die BVO vom 22. Juni 2011 in der Fassung der Ersten Landesverordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung vom 23. Juli 2014 (GVBI. S. 147), für Aufwendungen, die ab dem 1. Januar 2015 entstanden sind, die BVO vom 22. Juni 2011 in der Fassung der Vorgriffsregelung zur Änderung von Teil 3 der BVO vom 8. Januar 2015 (MinBI. 2015, S. 16), für Aufwendungen, die ab dem 18. August 2015 entstanden sind, die BVO vom 22. Juni 2011 (GVBI. S. 199) in der Fassung des Artikels 9 des Landesgesetzes zur Anpassung der Besoldung und Versorgung 2015/2016 vom 18. August 2015 (GVBI. S. 201), Anwendung.

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2) § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BVO - zuvor § 8 Abs. 3 Satz 4 BVO in der Fassung der Ersten Landesverordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung Rheinland-Pfalz - statuiert die grundsätzliche Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für bestimmte heilpraktische Leistungen. Diese Norm bringt damit zum Ausdruck, dass heilpraktische Leistungen - bei Vorliegen der entsprechenden medizinischen Voraussetzungen - grundsätzlich als notwendig anzusehen sind, sofern diese in Anlage 5 BVO angeführt sind. Zudem bestimmt Anlage 5 BVO Höchstbeträge für die Angemessenheit der Aufwendungen für heilpraktische Leistungen.

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3. Anlage 5 BVO enthält keinen Tatbestand, der die Beihilfefähigkeit für eine heilpraktisch angewandte Tiefenhyperthermie anführt.

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a) Die Beihilferegelungen finden insoweit ihre rechtliche Grundlage in § 66 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 b LBG. Danach kann durch die Rechtsverordnung - hier die BVO - die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen begrenzt werden; insbesondere kann die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen von bestimmten Qualifikationen der Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer abhängig gemacht werden.

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b) Zwar rechtfertigt § 66 Abs. 5 Satz 3 LBG keinen Ausschluss medizinisch notwendiger und angemessener Aufwendungen (OVG RP, Beschluss vom 13. Dezember 2016 - 2 A 10510/16).

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c) Allerdings erfolgt durch die Regelung in § 66 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2b BVO kein solcher Ausschluss von der Beihilfe für die hier streitbefangene Behandlung. Denn die Aufzählung erstattungsfähiger heilpraktischer Leistungen in Anlage 5 hat nicht zur Folge, dass für die Klägerin eine tiefenhyperthermische Behandlung versagt bliebe. Vielmehr hat der Ausschluss von der Erstattungsfähigkeit lediglich zur Konsequenz, dass eine Beihilfefähigkeit nur im Falle einer ärztlichen Anwendung gegeben ist. Dies bestätigt Nr. 2 Anlage 1 BVO, wonach eine Hyperthermie-Behandlung bei Geschwulstbehandlung - auch ein Tumor ist im medizinischen Sinne ein Geschwulst (https://de.wikipedia.org/wiki/Tumor) - beihilfefähig ist.

35

d) Die Differenzierung der Beihilfefähigkeit in Anlehnung an eine bestimmte (berufliche) Qualifikation des Leistungserbringers stellt ein sachgerechtes Kriterium dar, das - auch unter Berücksichtigung des Art 3 Grundgesetz (GG) - eine differenzierte Ausgestaltung beihilferechtlicher Vorschriften zulässt. Denn die berufliche Qualifikation eines Arztes unterscheidet sich erheblich von derjenigen eines Heilpraktikers. Dies bedarf in Anbetracht der Ausgestaltung der ärztlichen Approbationsvorgaben einerseits sowie des Heilpraktikergesetzes andererseits keiner vertieften Ausführungen. Damit bestehen zwischen der Ausbildung der Ärzte und der Heilpraktiker "typische Unterschiede" (BVerwG, Urteil vom 12. November 2009 - 2 C 61/08). Bei dieser Differenzierung im Bereich des Beihilferechts bedarf es keiner Einzelfallbetrachtung etwa dergestalt, dass die individuelle Qualifizierung für die Durchführung einer konkreten Behandlung maßgeblich wäre. Denn ein Beihilfeausschluss, wie er hier hinsichtlich einiger heilpraktischer Anwendungen erfolgt, kann unter Beachtung des Art. 3 GG durchaus pauschalierend und typisierend ausgestaltet werden, um die Praktikabilität der verwaltungstechnischen Umsetzung der verordnungsrechtlichen Vorgaben zu wahren (so allgemein: OVG RP, Beschluss vom 18. Januar 2017 - 2 A 11195/16.OVG und Beschluss vom 11. Januar 2017 - 2 A 11072/16.OVG).

36

e) Nach den vorstehenden Ausführungen kann dahinstehen, ob die locoregionale Tiefenhyperthermie eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode darstellt (verneinend: Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 18. Januar 2005, BAnz 2005, S. 7485; Zusammenfassender Bericht vom 15. Juni 2005 des Unterausschusses “Ärztliche Behandlung“ des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie, dort Nr. 8.15 zum Hyperthermie-Behandlungsverfahren bei Mammakarzinom; verneinend OVG NRW, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - 1 A 2861/09, zur Hyperthermie-Behandlung ohne vorausgegangene erfolglose wissenschaftlich anerkannte Chemo- oder Strahlentherapie; verneinend VG Bremen, Urteil vom 22. Mai 2015 - 2 K 2156/08; verneinend VG Sigmaringen, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 3 K 634/12, jedenfalls bei isolierter Anwendung und bei fortgeschrittenem Erkrankungsstadium bei bestimmten Krebsarten; verneinend VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. November 2016 - 3 K 4291/14; offengelassen bei additiver Behandlung z.B. mit Chemotherapie: VG Karlsruhe, Urteil vom 20. Oktober 2011 - 9 K 1098/10). Auch die aktualisierte Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung, zuletzt geändert am 15. Juni 2017 (BAnz AT 29.8.2017 B5), bezeichnet die Hyperthermie - auch in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie - nach wie vor als Methode, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden darf (S. 52, Nr. 42). Auch kann offen bleiben, ob die Rechtsauffassung der Klägerin zutrifft, wonach für die Erstattungsfähigkeit einer Behandlungsmethode nicht die medizinische Wirksamkeit sondern deren tatsächlicher Verbreitungsgrad maßgeblich sein soll. Denn die Anerkennung der Beihilfefähigkeit dieser Behandlungsform bei ärztlicher Anwendung in Nr. 2 Anlage 1 BVO macht die Klärung dieser Fragen obsolet, solange der Klägerin - wie hier - eine Behandlung durch einen Arzt zumutbar ist. Da unstreitig eine Tiefenhyperthermie auch an der Universitätsklinik Heidelberg verfügbar ist, bedarf es unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten keiner Beihilfefähigkeit bei der heilpraktischen Anwendung dieser Behandlungsform. Die Klägerin muss hierfür keineswegs eine laufende Behandlung unterbrechen. Denn durch die Vorlage der Unterlagen über die bisherigen Behandlungen und Erkenntnisse des Heilpraktikers im Zusammenhang mit der Behandlung der Klägerin, wird der behandelnde Arzt in die Lage versetzt, die Tiefenhyperthermie an die bisherigen heilpraktischen Anwendungen anknüpfend, fortzusetzen. Nur der Vollständigkeit halber sei hier auf den Vortrag der Klägerin hin noch angemerkt, dass nach den vorgelegten Unterlagen während der Änderung der maßgeblichen Vorschriften über die Beihilfefähigkeit heilpraktischer Leistungen zum 1. Oktober 2014 keine Tiefenhyperthermie-Behandlung lief. Vielmehr wurde vor der Änderung der Beihilfenverordnung am 15. August 2014 und danach wieder am 9. Dezember 2014 eine Tiefenhyperthermie-Behandlung angewandt.

37

f) Die Versagung von Beihilfeleistungen für heilpraktische Behandlungen und die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf die Erbringung dieser Leistungen durch Ärzte verstößt auch nicht gegen die Fürsorgepflicht des Beklagten. Auf den verfassungsrechtlich nach Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz (GG) vorgegebenen Grundsatz der Fürsorge kann ein Anspruch nur gestützt werden, wenn die Fürsorgepflicht des Dienstherrn anderenfalls in ihrem Wesenskern verletzt wäre (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 13. Februar 2008 – 2 BvR 613/06; OVG RP, Beschluss vom 11. Januar 2017 - 2 A 11072.OVG). Die Beihilfe muss allein sicherstellen, dass die Beamtin nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die für sie unabwendbar sind, denen sie sich also nicht entziehen kann und die sie nicht in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten kann (vgl. zur Eigenbeteiligung BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 27. September 2011 – 2 BvR 86/11; zur beihilferechtlichen Begrenzung von Kosten bei stationären Sanatoriumsbehandlungen: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. Juni 2015 – 2 A 11181/14.OVG; zusammenfassend: OVG RP, Beschluss vom 11. Januar 2017, a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da - wie oben bereits dargelegt - die Beihilfefähigkeit der bei der Klägerin angewandten Behandlung bei ärztlicher Anwendung gegeben ist. Damit kann sich die Klägerin dem mit einer Inanspruchnahme heilpraktischer Leistungen verbundenen finanziellen Aufwand im Rechtssinne entziehen. Diese Aufwendungen sind für die Klägerin nicht unabwendbar. Die Fürsorgepflicht gebietet es indessen nicht, die Behandlung in einer von der Beihilfeberechtigten gewählten Behandlungsvariante für diese kostenneutral zu ermöglichen (OVG RP, Beschluss vom 11. Januar 2017, a.a.O., dort zu höheren Fahrtkosten bei Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen an einem weiter entfernten Krankenhaus). Daher darf der Verordnungsgeber bestimmen, inwieweit er eine spezifische Behandlung nur im Falle ihrer Anwendung durch Ärzte der Beihilfefähigkeit unterstellt und festlegen in welchem Umfang er für dieselbe Behandlungsform auch die Beihilfefähigkeit im Falle der Anwendung durch einen Heilpraktiker bejaht. Ob in diesem Zusammenhang selbst ein vollständiger Ausschluss beihilferechtlicher Ansprüche für Behandlungen durch Heilpraktiker möglich wäre (so VG Bremen, Urteil vom 22. Mai 2015 - 2 K 2156/08, m.w.N.), kann hier offen bleiben. Schließlich sind die ärztlichen Leistungen für die Klägerin in der Uniklinik Mannheim/Heidelberg auch erreichbar.

38

g) Ein Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe kann im vorliegenden Fall auch nicht aus den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98) entwickelten und vom Bundesverwaltungsgericht auf das Beihilferecht übertragenen (BVerwG, Beschluss vom 22. August 2007 - 2 B 37/07) Grundsätzen zur Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung hergeleitet werden. Zum einen befasst sich das BVerfG zuvörderst mit der Beihilfefähigkeit ärztlich angewandter Behandlungsmethoden. Zum anderen gebietet es Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG zwar, Beihilfe auch für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden unter anderem dann zu gewähren, wenn zur Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gerade keine allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Therapien zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzungen liegen hier aber schon deshalb nicht vor, weil der Beklagte Beihilfe bei einer ärztlich angewandten Tiefenhyperthermie-Behandlung gewährt.

39

7) Schließlich stehen auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes oder Treu und Glauben einer Versagung der Beihilfe im vorliegenden Fall nicht entgegen. Zwar ermöglichte die vor dem 1. Oktober 2014 geltende Rechtslage auch die Gewährung von Beihilfe bei der Anwendung der Tiefenhyperthermie durch einen Heilpraktiker. Diese Rechtslage wurde aber für später durchgeführte Behandlungen durch die Anlage 5 BVO geändert. Eine Beihilfe unter analoger Anwendung von Nr. 5854 GOÄ scheidet damit ebenfalls aus. Die frühere Bewilligung der Beihilfe auf der Basis einer damals geltenden Fassung der BVO begründet nach Änderung der BVO auch keinen Vertrauensschutz auf Weitergewährung der beihilferechtlichen Leistungen oder gar eine keine Zusage der Bewilligung auch für zukünftige Behandlungen (OVG RP, Beschluss vom 11. Januar 2017 - 2 A 11072/16.OVG).

40

4. Soweit der Beklagte die Aufwendungen für Infusionen mit Dichloracetat (DCA) und MitoMER nicht als beihilfefähig anerkannt hat, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken.

41

a) Beide Infusionsarten stellen eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode dar. Der Ausschluss solcher Behandlungsmethoden von der Beihilfefähigkeit ist durch § § 66 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 Buchst. d LBG i. V. m. § 8 Abs. 7 BVO (zuvor § 8 Abs. 8 BVO a.F.) gedeckt (OVG RP, Beschluss vom 21. Dezember 2015 - 2 A 10438/15.OVG). So findet DCA zwar Anwendung bei angeborenen Formen der Laktatazidose. Dessen Vertrieb als "bester neuer Ansatz in der Tumortherapie seit Jahren" wurde freilich 2007 von der amerikanischen Gesundheitsbehörde gesperrt; kontrollierte klinische Studien zur Anwendung von DCA bei Tumorpatienten stehen nicht zur Verfügung; Eine Phase-I-Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit von DCA mit sieben Patientinnen erbrachte keine Anhaltspunkte für eine klinisch relevante Wirkung von DCA gegen Mammakarzinome. (Quelle: www.onkopedia.com). Für eine kommerzielle Vermarktung liegen bisher keine ausreichenden Belege für die klinische Wirksamkeit und Sicherheit vor (Quelle: de.wikipedia.org). Experten raten von einer Einnahme von DCA ab (Quelle: www.spiegel.de, 30. März 2007). Der Beklagte hat zur Abklärung der wissenschaftlichen Anerkennung die zuständige Amtsärztin eingeschaltet, die ihrerseits nach Rücksprache mit der behandelnden Ärztin, mit dem behandelnden Heilpraktiker und mit dem Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrum die wissenschaftliche Anerkennung verneint hat. Zudem hat sie nach erneuter Rückfrage des Beklagten auch die begründete Erwartung verneint, dass eine wissenschaftliche Anerkennung bevorsteht. Hieran zu zweifeln, besteht in Anbetracht der Ausführungen im Widerspruchsbescheid kein Anlass. Dies gilt umso mehr, als die amtsärztliche Einschätzung Vorrang vor derjenigen privater Ärzte genießt (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22/13; OVG RP, Urteil vom 9. Dezember 2014 - 2 A 10395/13.OVG).

42

b) Schließlich hat der Beklagte zu Recht festgestellt, dass eine ausnahmsweise Anerkennung wegen kurz bevorstehender wissenschaftlicher Anerkennung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur voraussetzt, dass die Methode im Einzelfall wirksam sein kann, sondern auch, dass eine Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Heilmethoden nicht oder nicht mehr möglich ist, weil diese entweder nicht existieren oder im Einzelfall erfolglos ausgeschöpft wurden, und dass zusätzlich die Methode nach ernst zu nehmender Auffassung Aussicht auf Erfolg bietet. Dafür muss nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Erwartung, nicht nur die Möglichkeit einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung bestehen (vgl. BVerwG, Beschluss des vom 19. Januar 2011 - 2 B 76.10). An diesen Voraussetzungen fehlt es nach den vorausgegangenen Darlegungen.

43

c) Ein Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe kann im vorliegenden Fall auch nicht aus den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005, a.a.O.) entwickelten und vom Bundesverwaltungsgericht auf das Beihilferecht übertragenen (BVerwG, Beschluss vom 22. August 2007, a.a.O.) Grundsätzen zur Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung hergeleitet werden. Zum einen befasst sich das BVerfG zuvörderst mit der Beihilfefähigkeit ärztlich angewandter Behandlungsmethoden. Zum anderen gebietet es Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG zwar, Beihilfe auch für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden unter anderem dann zu gewähren, wenn zur Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gerade keine allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Therapien zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf versprechen die beiden streitbefangenen Infusionen nicht. In Gestalt der "klassischen" Chemo- oder Strahlentherapie bestehen zum einen medizinische Standardbehandlungen. Weiter gewährt der Beklagte - wie dargelegt - selbst auf die wissenschaftlich nicht anerkannte Tiefenhyperthermie Beihilfe, wenn diese Behandlung durch einen Arzt erbracht wird. Darüber hinaus ist der Beklagte nicht verpflichtet, Beihilfe auch auf heilpraktischen Anwendungen zu gewähren, bei denen jegliche Wirksamkeit gegen Krebs bisher nicht durch klinische Studien in Aussicht steht und die zumindest eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf derzeit nicht versprechen. Hinzukommt, dass einige Substanzen bei der MitoMer-Behandlung bei der Krebsbehandlung sogar als kontraindiziert gelten. Sollte die Behauptung des Beklagten zutreffen, dass hier lediglich Nahrungsergänzungsmittel zum Einsatz kämen, bliebe die Beihilfefähigkeit auch mit Blick auf § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1d BVO versagt.

44

5. Soweit der Beklagte bei den Leistungen nach den Nummern 1, 2, 5, 25.3, 25.8 und 26.1 GebüH Aufwendungen nur im Rahmen der in der Anlage 5 zu § 8 BVO vorgesehenen Höchstbeträge anerkennt, ist dies aus den vorstehenden Gründen rechtlich unbedenklich.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

46

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt den § 167 VwGO, 708 ff. Zivilprozessordnung.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Anschaffung der ihm ärztlich verordneten zwei Hörgeräte.

2

Er ist als Bundesbeamter im Ruhestand Versorgungsempfänger der Beklagten mit einem Beihilfebemessungssatz von 70 v.H.

3

Am 17. Januar 2011 beantragte der Kläger die Gewährung von Beihilfe für die am selben Tag erfolgte Beschaffung von zwei Hörgeräten zu einem Preis von jeweils 2 099 € sowie für die Beschaffung von zwei Maßotoplastiken zu einem Preis von jeweils 69 €. Der Rechnungsbetrag belief sich nach Abzug eines Kundenrabatts auf 4 124,10 €. Mit Bescheid vom 26. Januar 2011 setzte die Beklagte die Beihilfe insoweit auf einen Betrag von 1 435 € fest. Sie stützte sich auf die Höchstbetragsregelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 der Bundesbeihilfeverordnung - BBhV - i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5, die die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte, einschließlich der Nebenkosten, auf einen Betrag von 1 025 € je Ohr beschränkte.

4

Auf die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 1 451,87 € zu gewähren.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aufwendungen für beide Hörgeräte seien zwar grundsätzlich beihilfefähig, da sie im Sinne des § 6 Abs. 1 BBhV notwendig sowie wirtschaftlich angemessen und die Hörgeräte - wie von § 25 Abs. 1 BBhV vorausgesetzt - erforderlich seien. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte einschließlich der Nebenkosten sei aber durch § 25 Abs. 1 Satz 2 BBhV i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 wirksam auf 1 025 € je Ohr begrenzt. Diese Höchstbetragsregelung finde ihre Rechtsgrundlage in § 80 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz. Sie verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Ebenso stehe sie mit der verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Einklang. Das Fehlen einer abstrakt-generellen Härtefallregelung für die Fälle, in denen ein Beamter wegen der Höhe seiner Alimentation in nicht mehr zumutbarer Weise mit krankheitsbedingten Aufwendungen belastet werde, ändere daran nichts. Denn unzumutbare Belastungen könnten, ohne dass es auf das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke ankomme, bis zum Erlass einer ausdrücklichen Regelung im Einzelfall durch die entsprechende Anwendung der Belastungsgrenze des § 50 Abs. 1 BBhV vermieden werden. Ob dem Kläger bei Anwendung der Belastungsgrenze eine weitere Beihilfe zustehe, sei in einem von ihm durch einen entsprechenden Antrag einzuleitenden gesonderten Verwaltungsverfahren zu ermitteln. Einen solchen Antrag habe der Kläger bisher nicht gestellt, so dass auch das (hilfsweise) auf Neubescheidung gerichtete Begehren keinen Erfolg habe.

6

Mit seiner Revision macht der Kläger Rechts- und Verfahrensfehler geltend. Er rügt eine Verletzung des Art. 33 Abs. 5 GG. Eine Höchstbetragsregelung, die - wie nach der hier noch maßgeblichen beihilferechtlichen Bestimmung - in den typischen Fällen keine ausreichende Versorgung mit Hörgeräten gewährleiste, verstoße gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Der für Hörgeräte festgesetzte Höchstbetrag von 1 025 € je Ohr sei willkürlich und mit den tatsächlichen durchschnittlichen Kosten für Hörgeräte nicht in Übereinstimmung zu bringen. Dies stelle auch eine Art der Altersdiskriminierung dar, da Schwerhörigkeit eine Erkrankung sei, die in der Regel im fortgeschrittenen Lebensalter auftrete. Das angefochtene Urteil verletze zudem § 50 Abs. 1 BBhV. Diese Regelung könne nicht analog angewandt werden, da es sowohl an einer planwidrigen Regelungslücke als auch an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte fehle. Erforderliche Hilfsmittel seien in der Regel erheblich teurer als nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel. Darüber hinaus habe das Oberverwaltungsgericht das Gebot der prozessualen Fairness verletzt und eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen.

7

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht entscheidungstragend angenommen hat, § 50 Abs. 1 der Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 (BGBl I S. 326) in der hier anzuwendenden Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 17. Dezember 2009 (BGBl I S. 3922) - BBhV - sei auf Aufwendungen, die den in der Bundesbeihilfeverordnung für Hörgeräte einschließlich Nebenkosten festgesetzten Höchstbetrag überstiegen, entsprechend anzuwenden. Vielmehr ist insoweit § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV analog heranzuziehen. Ob ein Anspruch auf die geltend gemachte weitere Beihilfe bei Berücksichtigung dieser Vorschrift abzulehnen ist und sich die Entscheidung somit aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist, kann der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden. Die Sache ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Damit bedarf es keiner Entscheidung über die von der Revision vorgebrachten Verfahrensrügen.

9

Die Voraussetzungen für die geltend gemachte weitere Beihilfe, die sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. Ziff. 1 Anlage 5 BBhV ergeben, sind dem Grunde nach erfüllt. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (stRspr, vgl. Urteil vom 8. November 2012 - BVerwG 5 C 4.12 - Buchholz 270.1 § 22 BBhV Nr. 1 Rn. 12 m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt ist danach hier der Tag der Rechnungsstellung des Hörgeräteakustikers am 17. Januar 2011. Nach den genannten Bestimmungen haben Versorgungsempfänger einen Anspruch auf Beihilfe zu den notwendigen und wirtschaftlich angemessenen Aufwendungen für ein ärztlich verordnetes Hilfsmittel, das im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Das Hilfsmittel muss zudem in Anlage 5 BBhV genannt sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Zu entscheiden ist allein darüber, ob die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Anschaffung von Hörgeräten einschließlich der Nebenkosten zum maßgeblichen Zeitpunkt wirksam auf den Höchstbetrag von 1 025 € je Ohr beschränkt war. Das war der Fall. Ein Ausschluss - oder wie hier - eine Begrenzung der Beihilfefähigkeit stellt sich als Einschränkung des im Beihilferecht verankerten Grundsatzes dar, dass Beihilfe gewährt wird, soweit die Aufwendungen notwendig und angemessen sind (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV). Sie bedürfen deshalb in formeller Hinsicht einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage (1.) und müssen in materieller Hinsicht mit höherrangigem Recht vereinbar sein (2.) (vgl. Urteile vom 8. November 2012 a.a.O. Rn. 17 und vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 28.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 19 Rn. 14 m.w.N.).

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1. § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV bestimmt, dass die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für die Anschaffung ärztlich verordneter Hörgeräte, einschließlich der Nebenkosten bis zu 1 025 € je Ohr gegebenenfalls zuzüglich der Aufwendungen einer medizinisch notwendigen Fernbedienung beihilfefähig sind.

11

Diese Verordnungsregelung beruht auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Verordnungsermächtigung. Denn sie wurde auf der Grundlage des § 80 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz - BBG - vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) in der rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes vom 14. November 2011 (BGBl I S. 2219) erlassen. Danach regelt das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Beihilfegewährung, insbesondere der Höchstbeträge, des völligen oder teilweisen Ausschlusses von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch und der Berücksichtigung von Kindern. Von dieser Verordnungsermächtigung ist die in Rede stehende Höchstbetragsregelung gedeckt. Konkrete inhaltliche Vorgaben für die Festlegung und Ausgestaltung der Höchstbeträge sind der Verordnungsermächtigung nicht zu entnehmen. Sie verpflichtet den Verordnungsgeber insbesondere nicht, sich insoweit an den Regelungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (z.B. § 36 Abs. 3 i.V.m. § 35 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. März 2014 ), zu orientieren. Dafür sprechen bereits deutlich der Wortlaut des § 80 Abs. 4 BBG und dessen binnensystematische Gliederung. Nach dem Satzbau bezieht sich das Gebot, sich an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch anzulehnen, nur auf den ebenfalls beispielhaft aufgezählten völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, nicht aber auf Höchstbeträge. Dieser Befund wird durch den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers bestätigt. In der Gesetzesbegründung zu § 80 Abs. 4 BBG wird zwischen der Festlegung von Höchstbeträgen und dem Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln unterschieden. Die entsprechenden Regelungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch werden dabei - wie sich aus dem Wort "insoweit" erschließt - allein im Hinblick auf die dem Verordnungsgeber eingeräumte Möglichkeit in Bezug genommen, die Beihilfefähigkeit von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln auszuschließen. Nur "insoweit" soll sichergestellt werden, dass für die Beihilfe das gleiche Leistungsprogramm wie für gesetzlich Krankenversicherte gilt (vgl. BTDrucks 16/70769 S. 119).

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2. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte auf den Höchstbetrag des § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz (a) noch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (b).

13

a) Die Höchstbetragsregelung für Hörgeräte ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie beruht auf einer angesichts der Begrenzung der Beihilfefähigkeit geforderten (vgl. Urteil vom 28. Mai 2009 a.a.O.) inneren, den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG standhaltenden Rechtfertigung (aa). Der Vergleich mit den Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung kann keinen Gleichheitsverstoß begründen (bb). Eine gleichheitswidrige Benachteiligung älterer Beihilfeberechtigter gegenüber jüngeren Beihilfeberechtigten liegt nicht vor (cc).

14

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es aber dem Normgeber frei, aufgrund autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen können (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - BVerfGE 118, 79 <100> und vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <68> m.w.N.). Knüpft die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte an oder hängt sie von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen ab, hat der Normgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum. Ein Gleichheitsverstoß ist nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereiches ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Normgeber dagegen regelmäßig engen rechtlichen Bindungen. Dies gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 a.a.O. m.w.N.). Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kann in diesen Fällen schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Für beide Fallgruppen gilt, dass die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilferecht angeführten Gründe auch vor der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn Bestand haben müssen, in der die Beihilfe ihre Grundlage hat (vgl. zu Vorstehendem insgesamt Urteile vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 29 und vom 5. Mai 2010 - BVerwG 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 10 f. jeweils m.w.N.). Zwar begründet die Durchbrechung einer vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit für sich genommen noch keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Sie kann jedoch ein Indiz für eine objektiv willkürliche Regelung oder das Fehlen eines nach Art und Gewicht hinreichenden Rechtfertigungsgrundes darstellen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. September 2009 - 1 BvR 2275/07 - ZOV 2009, 291 <295> m.w.N.). Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten "Mischsystem" aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist daher eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes indiziert, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit, dass notwendige und angemessene Aufwendungen beihilfefähig sind, ohne zureichenden Grund verlässt.

15

Hieran gemessen ist der für Hörgeräte in § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV festgesetzte Höchstbetrag nicht als willkürlich zu beanstanden. Der Senat ist auf eine Willkürprüfung beschränkt, da dieser Betrag an sachliche Unterschiede zwischen den in Anlage 5 BBhV genannten Hilfsmitteln anknüpft und hierdurch auch keine mittelbare Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt wird. Die durch den Höchstbetrag bedingte Leistungsbegrenzung beruht auf einem auch unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht plausiblen und sachlich vertretbaren Grund. Bei der Entscheidung, ob und für welche Hilfsmittel im Einzelnen die notwendigen und angemessenen Anschaffungskosten nur bis zu einer bestimmten Obergrenze als beihilfefähig anerkannt und demzufolge die Beihilfeberechtigten gegebenenfalls mit einem Teil dieser Kosten belastet werden, steht dem Normgeber ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. Urteile vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 51.08 - ZBR 2011, 379 Rn. 14 und vom 31. Januar 2002 - BVerwG 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 2 f.). Die Festlegung des in Rede stehenden Höchstbetrages für Hörgeräte überschreitet diesen Spielraum nicht. Sie erlaubt in einer Vielzahl von Fällen die Anschaffung medizinisch notwendiger und technisch hochwertiger Hörgeräte. Soweit eine Zuzahlung erforderlich ist, liegt dem Höchstbetrag erkennbar die willkürfreie Wertung zugrunde, dass es sich insoweit um hochpreisige Hilfsmittel handelt, die im Allgemeinen eine längere Lebensdauer aufweisen und nicht in kürzeren Abständen angeschafft werden müssen. Demzufolge verteilt sich eine etwaige den Beihilfeberechtigten treffende finanzielle Belastung rechnerisch auf mehrere Jahre, sodass dieser regelmäßig in der Lage sein wird, hierfür eine entsprechende Eigenvorsorge zu treffen.

16

bb) Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich auch nicht damit begründen, dass gesetzlich Krankenversicherte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - BSGE 105, 170) einen Anspruch auf kostenfreie Versorgung mit einem Hörgerät haben, das einen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung festgelegten Festbetrag übersteigt, wenn eine objektiv ausreichende Versorgung zum Festbetrag unmöglich ist. Unabhängig davon, ob hier überhaupt ein solcher Fall vorliegt, wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG in der Regel und so auch hier durch Unterschiede in der Leistungsgewährung nach den Beihilfevorschriften des Bundes und den Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht verletzt. Denn die Krankheitsvorsorge aufgrund von Beihilfe und ergänzender Privatversicherung unterscheidet sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen grundlegend von der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. Urteil vom 5. Mai 2010 a.a.O. Rn. 17 m.w.N.).

17

cc) Die höhenmäßige Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte benachteiligt - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht gleichheitswidrig Beihilfeberechtigte "im fortgeschrittenen Lebensalter" gegenüber jüngeren Beihilfeberechtigten. Sie unterscheidet nicht zwischen diesen beiden Personengruppen, sondern gilt unterschiedslos für alle Beihilfeberechtigten. Mithin wird der Beihilfeanspruch für ältere Beihilfeberechtigte nicht von anderen als den für jedermann geltenden Voraussetzungen abhängig gemacht. Zwar kann auch eine gesetzliche Regelung, deren Wortlaut eine Ungleichbehandlung vermeidet, dann dem Gleichheitssatz widersprechen, wenn sich aus ihrer praktischen Auswirkung eine offenbare und sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Ungleichheit ergibt und diese ungleiche Auswirkung gerade auf die rechtliche Gestaltung zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3 und 5/67 - BVerfGE 24, 300 <358> und Beschluss vom 9. August 1978 - 2 BvR 831/76 - BVerfGE 49, 148 <165>). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Es ist bereits nicht offensichtlich, dass die Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte typischerweise und damit in aller Regel einen Kreis von Beihilfeberechtigten in der Weise betrifft, dass eine Art. 3 Abs. 1 GG zuwiderlaufende "Altersdiskriminierung" - wie sie der Kläger geltend macht - in Erwägung gezogen werden könnte.

18

b) Die Höchstbetragsregelung für Hörgeräte muss mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die auf Bundesebene einfachgesetzlich in § 78 BBG normiert und als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankert ist (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 15 ff.), in Einklang stehen (aa). Dabei kann hier offenbleiben, ob die Bundesbeihilfeverordnung in Bezug auf die Leistungsbegrenzung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV den Anforderungen der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht nur dann in vollem Umfang gerecht wird, wenn sie eine abstrakt-generelle Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten im Einzelfall vorhält. Denn an einer solchen Härtefallregelung mangelt es hier nicht (bb).

19

aa) Die Fürsorgepflicht ergänzt die ebenfalls in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten bzw. Versorgungsempfänger und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt oder Tod sicherstellt. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 10. Oktober 2013 - BVerwG 5 C 32.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen Rn. 24 = NVwZ-RR 2014, 240 <242>; vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 18; vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 51.08 - ZBR 2011, 379 Rn. 14 und vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 25 jeweils m.w.N.). Für die genannten besonderen Belastungssituationen wird die Fürsorgepflicht grundsätzlich abschließend durch die Beihilfevorschriften konkretisiert (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 10. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 25 m.w.N.). Im Bereich der Krankenvorsorge verpflichtet sie den Dienstherrn, den Beamten bzw. Versorgungsempfänger von in Hinblick auf seine Alimentation unzumutbaren und unabwendbaren Belastungen freizuhalten (vgl. Beschluss vom 22. März 2005 - BVerwG 2 B 9.05 -), gebietet aber keine lückenlose Erstattung aller krankheitsbedingten Kosten. Daher ist der Dienstherr aus Gründen der Fürsorgepflicht grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Beihilfefähigkeit aus triftigen Gründen zu beschränken oder ganz auszuschließen (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 19; vom 24. Februar 2011 - BVerwG 2 C 9.10 - USK 2011, 88 Rn. 15 und vom 28. Mai 2008 a.a.O. Rn. 25 f. sowie Beschluss vom 18. Januar 2013 - BVerwG 5 B 44.12 - juris Rn. 8, jeweils m.w.N.). Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Dienstherr, wenn er sich - wie nach dem gegenwärtig praktizierten System - entscheidet, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, und dabei für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen einen Leistungsausschluss oder eine Leistungsbegrenzung vorsieht, dafür zu sorgen, dass der Beamte bzw. Versorgungsempfänger nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann. Geschieht dies nicht und führt eine Beschränkung zu unzumutbaren Belastungen, ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen oder begrenzt werden darf (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 21 m.w.N.).

20

bb) Es kann hier dahinstehen, ob und in wie vielen Fällen die mit dem Höchstbetrag verbundene Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte ausnahmsweise zu einer unzumutbaren Belastung der Beihilfeberechtigten führt. Ferner muss nicht entschieden werden, ob der Verordnungsgeber aus Gründen der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht für solche Fälle normative Vorkehrungen treffen musste. Ebenso kann offenbleiben, ob die Leistungsbegrenzung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV ohne eine abstrakt-generelle Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten insgesamt oder nur teilweise unwirksam gewesen ist. Denn selbst wenn es einer Härtefallregelung bedurfte, fehlte es zu dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt an einer solchen nicht. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar Bundesrecht verletzt, soweit es der Sache nach § 50 Abs. 1 BBhV analog angewandt hat ((1)). Eine etwaige Regelungslücke war aber durch analoge Anwendung des § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV zu schließen ((2)).

21

(1) Eine Analogie zu § 50 Abs. 1 BBhV scheidet aus. Jede Art der gesetzesimmanenten richterlichen Rechtsfortbildung - hier die Analogie - setzt eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes - hier im materiellen Sinne - voraus. Ob eine Regelungslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Verordnungsgebers erfassten Fälle in den Vorschriften der Verordnung tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Verordnungsregelungen nicht alle Fälle erfasst, die nach deren Sinn und Zweck erfasst sein sollten (vgl. z.B. für Gesetze im formellen Sinne Urteil vom 12. September 2013 - BVerwG 5 C 35.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen Rn. 27 = DVBl 2014, 307 <309> m.w.N.). Darüber hinaus ist eine vergleichbare Sach- und Interessenlage erforderlich. Die Bundesbeihilfeverordnung weist zwar für Härtefälle, die sich aus der Anwendung der Höchstbetragsregelung für Hörgeräte ergeben, eine planwidrige Regelungslücke auf ((a)). Die Sach- und Interessenlage in derartigen Fällen ist indessen nicht die gleiche, die der in § 50 Abs. 1 BBhV getroffenen Regelung zugrunde liegt ((b)).

22

(a) Die hier anzuwendende Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 in der Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 17. Dezember 2009 war lückenhaft. Sie traf - was zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht - für den in Rede stehenden Sachverhalt keine ausdrückliche Härtefallregelung. Allerdings war ihr zu entnehmen, dass den Beihilfeberechtigten nach dem Plan des Verordnungsgebers ausnahmsweise ein über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehender Anspruch zugestanden werden soll, wenn und soweit sie infolge eines teilweisen oder vollständigen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit mit Kosten belastet blieben, die ihre finanziellen Möglichkeiten erheblich übersteigen. Dafür sprechen die bereits in der hier anzuwendenden Fassung enthaltenen zahlreichen Härtefallregelungen für andere Konstellationen. So sind beispielsweise nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BBhV andere (als notwendige und wirtschaftlich angemessene) Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, soweit die Ablehnung der Beihilfe im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG eine besondere Härte darstellen würde. Darüber hinaus regelt § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV, dass getätigte Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV, die weder in Anlage 5 oder 6 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar sind, ausnahmsweise beihilfefähig sind, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Des Weiteren sieht § 31 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BBhV vor, dass Fahrtkosten einschließlich Flugkosten anlässlich von Behandlungen außerhalb der Europäischen Union ausnahmsweise beihilfefähig sind, soweit sie aus zwingenden medizinischen Gründen im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG erforderlich sind. In dieselbe Richtung weist § 41 Abs. 3 BBhV, wonach das Bundesministerium des Innern die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Maßnahmen zur Früherkennung, Überwachung und Verhütung von Erkrankungen, die nicht nach anderen Vorschriften dieser Verordnung beihilfefähig sind, in Verwaltungsvorschriften für diejenigen Fälle ausnahmsweise zulassen kann, in denen die Gewährung von Beihilfe im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Ebenso bestimmt § 47 Abs. 1 BBhV, dass die oberste Dienstbehörde oder eine von ihr bestimmte Behörde im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG den Bemessungssatz für Aufwendungen anlässlich einer Dienstbeschädigung angemessen erhöhen kann, soweit nicht bereits Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz bestehen; gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 BBhV kann sie den Bemessungssatz in weiteren besonderen Ausnahmefällen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern angemessen erhöhen, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG zwingend geboten ist. Dass der Verordnungsgeber die angeführten Regelungen nicht als abschließend und demzufolge den Höchstbetrag für Hörgeräte nicht als starre Obergrenze verstanden hat, zeigt sich daran, dass er in die am 20. September 2012 in Kraft getretene Dritte Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 8. September 2012 (BGBl I S. 1935) - BBhV n.F. - eine ausdrückliche Härtefallregelung für Hörgeräte aufgenommen hat. Nach Ziff. 8.8 der Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 und 4 BBhV n.F. kann der Höchstbetrag für Hörgeräte überschritten werden, soweit dies erforderlich ist, um eine ausreichende Versorgung bei beidseitiger an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit oder bei vergleichbar schwerwiegenden Sachverhalten zu gewährleisten. Zudem hat der Verordnungsgeber mit § 6 Abs. 7 Satz 1 BBhV n.F. eine allgemeine Härtefallregelung geschaffen.

23

(b) Eine Analogie scheidet jedoch aus, weil der hier zu beurteilende Sachverhalt mit dem von § 50 Abs. 1 BBhV erfassten Sachverhalt nicht vergleichbar ist. Der Verordnungsgeber wollte mit §§ 49 und 50 BBhV die Maßnahmen des zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG -) vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) wirkungsgleich auf den Beihilfebereich übertragen. Die Beihilfeberechtigten sollten in entsprechender Weise wie die gesetzlich Krankenversicherten zur Kostentragung herangezogen werden. Dementsprechend sieht § 49 BBhV vergleichbar der Regelung der gesetzlichen Krankenversicherung über die Zuzahlungspflicht (§ 61 SGB V) einen Abzug von Eigenbehalten vor (vgl. Begründung des Entwurfs der Bundesbeihilfeverordnung, Stand: 2. April 2007, S. 34). § 50 Abs. 1 BBhV setzt daneben die Regelung der gesetzlichen Krankenversicherung über die Begrenzung der Zuzahlungspflicht (§ 62 SGB V) um (vgl. Begründung des Entwurfs der Beihilfeverordnung a.a.O. S. 36). Danach sind auf Antrag Eigenbehalte nach § 49 BBhV von den beihilfefähigen Aufwendungen oder der Beihilfe für ein Kalenderjahr nicht abzuziehen, soweit sie die Belastungsgrenze nach Satz 4, d.h. zwei oder ein Prozent der jährlichen Einnahmen nach § 39 Abs. 3 Satz 3 bis 7 BBhV, übersteigen. Im Unterschied dazu geht es bei der Gewährung einer über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehenden Leistung nicht darum, eine wirkungsgleiche Belastung zwischen Beihilfeberechtigten und gesetzlich Krankenversicherten herzustellen. Die Einräumung eines Beihilfeanspruchs über den festgelegten Höchstbetrag hinaus dient allein der Erfüllung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Einzelfall.

24

(2) Die planwidrige Regelungslücke ist mit Blick auf die vergleichbare Sach- und Interessenlage durch entsprechende Heranziehung des § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV zu schließen.

25

Nach § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV sind getätigte Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, die weder in Anlage 5 oder 6 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar sind, ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Die Entscheidung hierüber ist von Amts wegen in dem durch Beihilfeantrag eingeleiteten Verfahren zu treffen. Bei wertender Betrachtung macht es aus der Sicht der Fürsorgepflicht keinen sachlichen Unterschied, ob bei der Anschaffung von Hilfsmitteln der vollständige Ausschluss der Beihilfefähigkeit oder deren höhenmäßige Begrenzung zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung der Beihilfeberechtigten führt. Sowohl in den in § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV geregelten Fallkonstellationen als auch in dem nicht geregelten Fall, dass für ein in der Anlage 5 genanntes Hilfsmittel ein Höchstbetrag als Obergrenze für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen festgelegt ist, bedarf es eines über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehenden Anspruchs, um zu gewährleisten, dass der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht auch unter Berücksichtigung des pauschalierenden und typisierenden Charakters der Beihilfevorschriften im Einzelfall genügt wird.

26

Das Oberverwaltungsgericht hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob die Ablehnung der Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Anschaffung der Hörgeräte eine besondere Härte für den Kläger darstellt. Die Sache ist daher an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen, damit es diese Prüfung nachholen kann.

(1) Wird in den Fällen des § 64 der Erlaß eines Enteignungsbeschlusses abgelehnt, so gilt § 42 Abs. 2 sinngemäß, sofern nicht in den folgenden Absätzen etwas anderes bestimmt ist.

(2) Die Entschädigung bemißt sich nach den Kosten, die notwendigerweise aufgewendet werden müssen, um die Veränderungen zu beseitigen und den früheren Zustand wiederherzustellen, soweit das Grundstück infolge der Veränderung seinem ursprünglichen Verwendungszweck nicht mehr zu dienen geeignet oder seine Benutzung wesentlich beeinträchtigt oder seine Bewirtschaftung wesentlich erschwert ist. Stehen die Kosten in keinem angemessenen Verhältnis zu den Nachteilen, die dem Eigentümer infolge der Veränderungen erwachsen, so beschränkt sich die Entschädigung auf einen Ausgleich für diese Nachteile.

(3) Die Auszahlung der Entschädigung nach Absatz 2 kann von der Bedingung abhängig gemacht werden, daß die Veränderungen tatsächlich beseitigt werden.

(4) Hat sich der Wert eines Grundstücks durch bauliche Veränderungen während der Inanspruchnahme erhöht, so bestimmt sich die Verpflichtung des Eigentümers zum Ausgleich der Werterhöhung nach dem in § 6 Abs. 2 des Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsschäden vom 1. Dezember 1955 (Bundesgesetzbl. I S. 734) vorbehaltenen Gesetz.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Beihilfefähigkeit einer Behandlung im Krankheitsfall.
Der Kläger wurde im Jahre 1950 geboren. Er war Realschullehrer und ist nunmehr Ruhestandsbeamter des beklagten Landes. Er leidet an einem Prostata-Karzinom.
Mit Schreiben vom 10.11.2011 beantragte der Kläger beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die Kostenerstattung für eine Behandlung nach einem von ihm beigelegten Therapie- und Kostenplan des Arztes für Allgemeinmedizin/Naturheilverfahren Th. In der beiliegenden Stellungnahme des Arztes Th. vom 09.11.2011 wird die Behandlungsmethode als „Immuntherapie eines metastasierten Prostatakarzinoms mit dendritischen Zellen und kostimulatorischen onkolytischen Viren, kombinierter Hyperthermie (aktiv + passiv), Hitzeschockproteinen und Thymuspräparaten“ beschrieben.
In der Folge ließ der Kläger durch seinen damaligen Verfahrensbevollmächtigten vortragen, er leide an einem fortgeschrittenen Prostata-Karzinom mit ossären und lymphatischen Metastasen. Es handle sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung, für die keine der beantragten Therapie gleichwertigen und anerkannten Behandlungsmethoden bestünden. Vorgelegt wurde ferner ein Schreiben von Prof. Dr. Sch., Urologische Klinik des Klinikums M., vom 25.10.2011 in der folgende Diagnosen getroffen werden:
Fortgeschrittenes Prostata-Karzinom mit einem PSA-Wert von über 80 ng/ml bei einem Gleason 8 Prostata-Karzinom sowie Verdacht auf ossäre und lymphatische Metastasen.
Internistische Begleiterkrankung mit einem Koronar-Syndrom und subtotaler LAD-Stenose, Zst. nach PTCA und Cypher-Stent-Implantation 8/2005 sowie arterieller Hypertonus, Fettstoffwechselstörung.
Weiter heißt es in dem Schreiben, mit dem Kläger sei ein multimodales Therapiekonzept diskutiert und dieser Behandlung die Standardtherapie einer Hormontherapie gegenüber gestellt worden. Der Kläger habe sich nach längeren familieninternen Beratungen letztlich gegen die Operation entschieden, was von Seiten des Arztes für eine völlig nachvollziehbare und leitlinienkonforme Entscheidung gehalten werde.
Unter dem Datum vom 13.12.2011 gab der Amtsarzt beim Landratsamt R. eine amtsärztliche Stellungnahme zu der vom Kläger gewählten Therapie ab. Dort heißt es, die Studienlage sei noch sehr uneinheitlich, es lasse sich jedoch festhalten, dass es sich bei allen hier fraglichen Methoden derzeit noch um experimentelle Therapieansätze handle. Wenn diese auch durchaus vielversprechend seien, so handle es sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht um wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethoden. Der Amtsarzt führt weiter aus, er habe Rücksprache mit Herrn Dr. K., Oberarzt der Urologischen Klinik M., genommen. Dieser habe fachärztlicherseits bestätigt, dass für den von dem Arzt Th. beschriebenen Therapieansatz bei fortgeschrittenem Prostata-Karzinom keine objektive medizinische Notwendigkeit bestehe und die Therapie auch nicht zur Beeinflussung des krankhaften Leidens medizinisch erforderlich sei. Zur Behandlung der Knochenmetastasen - so der Amtsarzt weiter - stünde die lokale Bestrahlung (Evidenzgrad A), die Applikation von Radionukliden und die Gabe von Biphosphonaten additiv zu einer Analgetika-Therapie (Evidenzgrad B) zur Verfügung. Abschließend gelangt der Amtsarzt zu der Einschätzung, dass es sich bei der hier fraglichen Behandlungsmethode um eine derzeit noch als experimentell einzustufende Therapieoption handle, weshalb eine Beihilfegewährung nicht befürwortet werden könne.
Mit Bescheid vom 20.01.2012 lehnte daraufhin das Landesamt für Besoldung und Versorgung den Antrag auf Anerkennung der Beihilfefähigkeit von Kosten der vom Kläger beabsichtigten Therapie ab. Zur Begründung wurde dargelegt, nach § 5 Abs.1 Beihilfeverordnung - BVO - seien Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie nach Umfang und Höhe angemessen sind. Die gutachterliche Stellungnahme des Gesundheitsamts habe eine medizinische Notwendigkeit in diesem Sinne für die hier fragliche Therapie nicht bestätigen können.
10 
Der hiergegen vom Kläger erhobene Widerspruch wurde durch Bescheid des Landesamts vom 28.02.2012 zurückgewiesen. Über die Ausführungen im Ausgangsbescheid hinaus wird dargelegt, zwar könnten die Kosten für eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode ausnahmsweise beihilfefähig sein, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet habe, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden dürfe oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden sei. Weitere Voraussetzung sei, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich anerkannt werden könne. Vorliegend könne nicht davon ausgegangen werden, dass wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden erfolglos bereits angewendet worden seien. Prof. Dr. Sch. weise vielmehr auf die Möglichkeit einer Operation und auf eine Hormontherapie hin.
11 
Am 28.03.2012 hat der Kläger Klage erhoben mit dem Ziel festzustellen, dass die Aufwendungen für eine Immuntherapie mit dendritischen Zellen, kostimulatorischen onkolytischen Viren nebst supportiver Hyperthermie, Hitzeschockproteinen und Thymuspräparaten beihilfefähig sind. Zur Begründung wird vorgetragen, die Beihilfefähigkeit ergebe sich - was die Hyperthermiebehandlung angehe - bereits aus einer vom Landesamt herausgegebenen Information zur Beihilfefähigkeit von wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methoden und Akkupunkturbehandlungen. Dort werde im Abschnitt „Welche wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden sind nur unter bestimmten Voraussetzungen beihilfefähig?“ ausdrücklich die Prostata-Hyperthermie-Behandlung erwähnt mit dem Zusatz „Die Aufwendungen sind nur beihilfefähig bei Krebsbehandlung.“ Weitere Einschränkungen würden dort nicht genannt. Auch im Übrigen sei eine Beihilfefähigkeit gegeben. Nach der Beihilfeverordnung sei ein Ausschluss der Beihilfefähigkeit der Therapie mit dendritischen Zellen nicht erfolgt. Zwar sei die autohomologe Immuntherapie von der Beihilfefähigkeit ausgenommen worden, die Therapie mit dendritischen Zellen sei jedoch hiermit nicht zu vergleichen. Die Therapie mit dendritischen Zellen sei auch geeignet, zu einer Heilung bzw. Linderung der Erkrankung zu führen. Hierbei dürfe unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen Auslegung der Beihilfevorschriften die Anforderungsschwelle nicht zu hoch gelegt werden. So habe das Bundesverfassungsgericht für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung mit Beschluss vom 06.12.2005 (sogenannter „Nikolausbeschluss“) festgestellt, dass es mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip nicht vereinbar sei, gesetzlich Krankenversicherten eine Leistung vorzuenthalten, die bei einer regelmäßig zum Tode führenden Krankheit, die mit schulmedizinischen Methoden nicht weiter behandelt werden könne, eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf biete. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in dieser Ausformung determiniere auch die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht. Die Grundsätze dieses Beschlusses seien daher auch im Beihilferecht zu beachten. Dass Prof. Dr. Sch. die Entscheidung des Klägers gegen eine Operation als leitlinienkonform angesehen habe, eine Operation hier also nicht mehr therapeutisch zielführend gewesen sei, habe das Landesamt bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen. Auch der behandelnde Onkologe des Klägers, Herr Dr. Schm., gehe in seinem Befundbericht vom 02.12.2011 davon aus, dass eine Operation keine Heilungschancen bringe. Ebenso wenig sei berücksichtigt worden, dass ausweislich der S3-Leitlinie zum Prostata-Karzinom die Hormontherapie in einem sehr ungünstigen Verhältnis zur fehlenden Verbesserung des Gesamtüberlebens stehe. Schulmedizinisch kämen im vorliegenden Fall nur noch palliative Behandlungsansätze in Betracht. Schulmedizinisch anerkannte Methoden, die zu einer Heilung oder einem signifikant verbesserten Gesamtüberleben führten, stünden nicht mehr zur Verfügung.
12 
Ferner wird vom Klägerbevollmächtigten Bezug genommen auf zwei sozialgerichtliche Entscheidungen, die sich u.a. mit der Frage auseinandersetzen, wann im Falle einer Außenseitermethode - genannt wird dabei auch die Anwendung dendritischer Zellen - von einer nicht ganz fernliegenden Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf auszugehen sei.
13 
Darüber hinaus - so der Klägerbevollmächtigte - dürfe nicht verkannt werden, dass dendritische Zellen sowohl in den USA als auch in der Schweiz mittlerweile als Arzneimittel zugelassen seien. Vor dem Hintergrund von behördlichen Zulassungen für diese autologen Zellpräparate, mit denen die Immunreaktion dendritischer Zellen genutzt würde, könnten keine ernsthaften Zweifel mehr daran bestehen, dass die Therapie mit dendritischen Zellen zumindest eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf eine Einwirkung auf den Krankheitsverlauf böte. Aus einem Aufsatz in der Zeitschrift „Der Urologe“ (1/2012) ergebe sich im Übrigen, dass die Immuntherapie beim Prostata-Karzinom nicht nur eine Aussicht auf positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf habe, sondern unmittelbar vor der wissenschaftlichen Anerkennung stehe.
14 
Was schließlich die Ablehnung der Aufwendungen für eine Therapie mit Thymuspräparaten angehe, so übersehe das Landesamt, dass eine solche Behandlung ausweislich der Informationen des Amtes zur Beihilfefähigkeit von wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methoden und Akkupunkturbehandlungen jedenfalls dann beihilfefähig sei, wenn sie bei Krebsbehandlungen eingesetzt werde und andere übliche Behandlungsmethoden nicht zum Erfolg geführt hätten. So verhalte es sich vorliegend. Zum Verfahren wurde ferner mitgeteilt, dass zwischenzeitlich Anträge auf Beihilfe für Teile der hier fraglichen Therapie gestellt worden seien.
15 
Der Kläger beantragt,
16 
den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung vom 20.01.2012 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 28.02.2012 aufzuheben und festzustellen, dass die Therapie des Prostata-Karzinoms des Klägers im Wege einer Immuntherapie mit dendritischen Zellen, kostimulatorischen onkolytischen Viren, kombinierter Hyperthermie (aktiv + passiv), Hitzeschockproteinen und Thymuspräparaten dem Grunde nach beihilfefähig ist.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Zur Begründung wird dargelegt, die Klage sei, nachdem konkrete Aufwendungen angefallen seien, unzulässig. Dem Kläger fehle das Rechtschutzbedürfnis für eine Voranerkennung. Der Kläger habe vielmehr konkret für diese Aufwendungen im Rahmen eines dafür vorgesehenen beihilferechtlichen Vorverfahrens sämtliche Aufwendungen geltend zu machen und könne dann ggf. nach Erlass eines entsprechenden ablehnenden Widerspruchsbescheids eine Verpflichtungsklage auf Gewährung von Beihilfe stellen. Die anhängige Feststellungsklage auf Voranerkennung der Beihilfefähigkeit dem Grunde nach für zukünftig geplante Aufwendungen sei subsidiär gegenüber einer solchen Verpflichtungsklage.
20 
Im Übrigen verspreche die Klage auch in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger begehre die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit für ein als „kombinierte Immuntherapie“ bezeichnetes einheitliches Gesamtkonzept, das aus mehreren einzelnen Behandlungsmethoden bestehen solle. Diese Therapie sei hinsichtlich des Gesamtkonzepts abgelehnt worden.
21 
Im Hinblick auf dendritische Zellen, onkologische Viren und Hitzeschockproteine wird vorgetragen, hierbei handle es sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode, nämlich um eine Immuntherapie, die nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO i.V.m. Nr. 1.5.1 der Anlage zur BVO und Nr. 1 A der Anlage 1 zur BBhV („Autohomologe Immuntherapie“) nicht beihilfefähig sei. Sofern diese Therapie nicht bereits nach den genannten Regelungen explizit von der Beihilfe ausgeschlossen sei, fehle es nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO zudem an der für die Beihilfefähigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen erforderlichen medizinischen Notwendigkeit dieser Behandlungsmethoden. Insoweit werde auf die Ausführungen in der amtsärztlichen Stellungnahme verwiesen.
22 
Was die Anwendung von Thymuspräparaten angehe, so handle es sich nach der Anlage 1 Nr. 2 BBhV insoweit wiederum um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Methode im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO i.V.m. Nr. 1.5.1 der Anlage zur BVO. Die Beihilfefähigkeit sei nur ausnahmsweise gegeben, wenn Thymuspräparate im Rahmen einer Krebstherapie eingesetzt würden und andere übliche Behandlungsmethoden nicht zum Erfolg geführt hätten. Diese Voraussetzungen lägen streitgegenständlich nicht vor, da die schulmedizinische Behandlung auf Wunsch des Klägers nicht begonnen worden sei. Im Übrigen fehle es bei einer Beurteilung auf der Grundlage der amtsärztlichen Stellungnahme an der medizinischen Notwendigkeit einer solchen Behandlung.
23 
Auch bei der Hyperthermie handle es sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Methode nach der Anlage 1 Nr. 2 zu § 6 Abs. 2 BBhV. Die Beihilfefähigkeit sei daher nur ausnahmsweise gegeben, wenn die Hyperthermie begleitend im Rahmen einer schulmedizinischen Krebstherapie durchgeführt werde. Vorliegend fehle es beim Kläger bereits an einem solchen kombinierten Einsatz, eine fachonkologische Therapie sei bisher nicht erfolgt.
24 
Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, beispielsweise aus dem sogenannten Nikolausbeschluss, lasse sich nichts für den Anspruch des Klägers ableiten, selbst wenn diese Grundsätze die für die gesetzliche Krankenversicherung entwickelt worden seien, auch im Beihilferecht anzuwenden wären. Denn Voraussetzung für eine Leistungsgewährung sei danach, dass keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung stehe. So verhalte es sich vorliegend jedoch nicht, da eine medizinische Standardmethode (Operation, Hormon-, Chemo- bzw. Strahlentherapie) zur Behandlung des Prostata-Karzinoms des Klägers existiere.
25 
Mit Beschluss vom 13.03.2014 hat das Gericht ein medizinisches Gutachten bei Prof. Dr. St., Universitätsklinik für Urologie, Tübingen, zu folgenden Fragen eingeholt:
26 
1. Handelt es sich bei der Therapie des Prostatakarzinoms des Klägers im Wege einer Immuntherapie mit dendritischen Zellen, kostimulatorischen onkolytischen Viren, kombinierter Hyperthermie (aktiv und passiv), Hitzeschockproteinen und Thymuspräparaten insgesamt oder in Teilbereichen um eine autohomologe Immuntherapie ?
27 
2. Handelt es sich bei der unter Ziff. 1 näher beschriebenen Therapie des Prostatakarzinoms des Klägers um eine - bezogen auf den konkreten Fall - insgesamt oder in Teilbereichen wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode zur Linderung oder Heilung seiner Prostataerkrankung ?
28 
3. Falls die Frage 2 verneint wird:
Gibt es wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden zur Linderung oder Heilung der Prostataerkrankung des Klägers; ggf., welche Methoden sind dies ?
29 
4. Falls die Frage 3 bejaht wird:
30 
a) Sind beim Kläger sämtliche wissenschaftlich allgemein anerkannte Therapien erfolglos durchgeführt worden ?
b) Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass - z.B. wegen einer Gegenindikation - im Falle des Klägers wissenschaftlich allgemein anerkannte Therapien nicht angewendet werden können oder nicht angewendet werden dürfen ?
31 
5. Falls die Frage 4a verneint und die Frage 4b bejaht wird:
32 
Bietet die unter Frage 1 beschriebene Behandlungsmethode insgesamt oder in Teilbereichen Aussicht darauf, dass dadurch die Prostataerkrankung des Klägers gelindert oder geheilt wird ?
33 
Prof. Dr. St. gelangt in seinem Gutachten vom 22.09.2014 zu dem Ergebnis, dass die Immuntherapie mit dendritischen Zellen nicht dem Begriff der autohomologen Immuntherapie zugeordnet werden könne. Ferner wird die Auffassung vertreten, bei allen vorliegend gegenständlichen Maßnahmen könne von einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung nicht ausgegangen werden. Wissenschaftlich anerkannte Therapien, die allerdings angesichts des konkreten Krankheitsstadiums nur palliativer, nicht aber kurativer Art sein könnten, stünden zur Verfügung.
34 
Speziell auf die Behandlung mit dendritischen Zellen eingehend wird im Gutachten ausgeführt, es liege eine Stellungnahme der Deutschen Krebsgesellschaft vor. Darin werde ausgeführt, obwohl schon eine Vielzahl verschiedener dendritischer Zellen-Impfstoffe in frühen und fortgeschrittenen Stadien der klinischen Testung an einer großen Anzahl von Patienten mit unterschiedlichen Tumorarten erprobt worden seien, seien die erzielten Erfolge bisher noch ernüchternd und würden nur in einer kleinen Anzahl von behandelten Patienten auftreten. Sipuleucel-T sei der bisher weltweit am weitesten entwickelte dendritische Zellen-Impfstoff, der zu Beginn dieses Jahres, nach etwa 10 Jahren der klinischen Entwicklung in mehreren Studien, in den USA eine Zulassung zur Behandlung bei Patienten mit bestimmten Verlaufsformen des Prostatakarzinoms erhalten habe. Damit sei erstmalig an einer großen Zahl von Patienten erwiesen, dass Impfstoffe zur Therapie von Krebserkrankungen wirksam sein könnten. Sipuleucel-T führe in der Gruppe der behandelten Patienten aber nicht zu einer kompletten Heilung von Tumorleiden, sondern verlängere das Überleben von Patienten im Durchschnitt um etwa 4,5 Monaten gegenüber der Standardtherapie. Im Hinblick hierauf führt der Gutachter aus, da beim Kläger nicht der hier genannte, klinisch getestete Impfstoff Sipuleucel-T, sondern ein anderes Präparat verwendet worden sei, könne zur Wahrscheinlichkeit des Behandlungserfolgs keine valide Aussage getroffen werden.
35 
Von Klägerseite wird im Hinblick auf das Gutachten vorgetragen, der Ausschluss der autohomologen Immuntherapie finde sich in der Anlage zur Bundesbeihilfeverordnung schon seit vielen Jahren und mithin bereits vor Entwicklung der Therapie mit dendritischen Zellen. Berücksichtige man dies so komme nur eine Auslegung in Betracht, die (nur) die autohomologe Immuntherapie nach Kief u.a. ohne „Beladung“ der körpereigenen Zellen - so aber das Verfahren bei Verwendung von dendritischen Zellen - explizit ausschließe und von der Beihilfefähigkeit ausschließe.
36 
Soweit der Sachverständige davon ausgehe, dass nach den Leitlinien die Therapie mit dendritischen Zellen nicht empfohlen werde, so übersehe er, dass dort im Jahre 2014 der Zusatz aufgenommen worden sei, dass unter anderem die Option einer Therapie mit Sipuleucel-T angeboten werde. Sipuleucel-T sei aber ein Präparat aus dendritischen Zellen. Soweit der Sachverständige auf den Umstand hinweise, dass vorliegend nicht der Wirkimpfstoff Sipuleucel-T zum Einsatz gekommen sei, übersehe dieser, dass es hier um die Frage gehe, ob eine Behandlungsmethode und nicht darum, ob der Einsatz eines ganz bestimmten Präparats wissenschaftlich anerkannt sei bzw. eine hinreichende Wahrscheinlichkeit auf eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf biete. Ferner erkläre der Sachverständige, dass die Behandlung mit Sipuleucel-T, also eine Therapie mit dendritischen Zellen, zu einer Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit von durchschnittlich 4,5 Monaten führe. Auf der anderen Seite weise er darauf hin, dass eine Verlängerung des Gesamtüberlebens bei der Androgendeprivationstherapie wissenschaftlich bis zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht belegt sei. Es sei deshalb die Frage zu stellen, ob eine solche Kastrationstherapie eine gleichwertige Therapiemöglichkeit darstelle. Hierzu sei noch eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen erforderlich.
37 
Soweit der Sachverständige verschiedene Chemotherapeutika benenne, fehle jegliche Ausführung dazu, ob und ggf. in welcher Kombination im konkreten Fall Chemotherapeutika hätten zum Einsatz kommen können und welche Therapieeffekte hiervon zu erwarten gewesen wären bzw. wissenschaftlich belegt sind.
38 
Das Landesamt für Besoldung und Versorgung sieht sich durch das Gutachten in seiner Einschätzung der mangelnden Beihilfefähigkeit der in Frage stehenden Behandlung bestätigt.
39 
In der am 02.12.2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung hörte das Gericht Prof. Dr. B. in Ergänzung und zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens an. Ihm wurden unter anderem Fragen gestellt, die von dem im Termin nicht erschienen Klägerbevollmächtigten schriftlich formuliert worden waren. Die Einzelheiten der Ausführungen von Prof. Dr. B. sind der Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung zu entnehmen.
40 
In Auseinandersetzung mit diesen Darlegungen machte der Klägerbevollmächtigte schriftsätzlich unter anderem geltend, der Wirkstoff Sipuleucel-T sei inzwischen unter dem Namen „Provenge“ auch in der gesamten EU zugelassen. Durch die Zulassung dieses Impfstoffes sei hinsichtlich von dendritischen Zellen ein „proof of principle“ erbracht. Jedenfalls sei durch Zulassung dieses Impfstoffs und aufgrund der Tatsache, dass sich ein weiterer Impfstoff auf der Grundlage dendritischer Zellen (Prostvac) im Stadium klinischer Studien befinde, erwiesen, dass eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch eine Therapie mit dendritischen Zellen jedenfalls nicht ganz fernliegend sei. Dabei könne auch nicht außer Acht gelassen werden, dass im Falle von Sipuleucel-T sogar deren Wirksamkeit nachgewiesen worden sei. Auch der Sachverständige bestätige, dass er es durchaus für möglich halte, dass weitere Impfstoffe zugelassen würden. Soweit im Gutachten auf die Androgendeprivation als schulmedizinische Therapie verwiesen werde, so sei insoweit zu beachten, dass diese nur einen vorübergehenden Effekt von 36 Monaten habe. Außerdem komme es dabei zu durchaus erheblichen Nebenwirkungen. Demgegenüber sei für Sipuleucel-T eine Verlängerung der Gesamtüberlebensdauer nachgewiesen. Würde also der Kläger auf die vom Sachverständigen für möglich gehaltene Androgendeprivationstherapie verwiesen, würde ihm eine Therapieoption vorenthalten, die im Gegensatz zur angesprochenen Androgendeprivation zu einem verlängerten Gesamtüberleben führt, und ihm statt dessen eine Therapie angeraten, die zu ganz erheblichen Nebenwirkungen führt, ohne einen nachgewiesenen Nutzen zu haben.
41 
Im Hinblick auf die Hyperthermiebehandlung gelte Vergleichbares. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass die Auffassungen zur Wirksamkeit einer Hyperthermiebehandlung im Falle eines Prostatakarzinoms uneinheitlich seien, dies bedeute jedoch, dass eine Wirksamkeit, mehr noch eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf, jedenfalls nicht ganz fernliegend sei.
42 
Der Kläger hat zwischenzeitlich einzelne Maßnahmen der beschriebenen Therapie durchführen lassen. Mit Antrag vom 29.12.2013 beantragte er Beihilfe für eine Rechnung der Praxisklinik Th., in der unter anderem eine „Aktive Fiebertherapie - Erhöhung der Körpertemperatur“ (Behandlungsdatum: 15.11.2011) in Höhe von 603,27 EUR und „Tumoradaptierte onkolytische Viren 6 Mrd.“ (18.11.2011) in Höhe von 1.500,00 EUR abgerechnet werden. Hierfür wurde dem Kläger mit Bescheid vom 09.01.2014 Beihilfe gewährt. Nach Mitteilung des Landesamtes wurde der Bescheid zwischenzeitlich widerrufen. Das hiergegen vom Kläger eingeleitete Widerspruchsverfahren wurde im Hinblick auf das vorliegende gerichtliche Verfahren ausgesetzt.
43 
Mit Antrag vom 11.03.2014 reichte der Kläger eine weitere Rechnung des Arztes Th. zum Zwecke der Beihilfegewährung ein. Abgerechnet werden dort u.a. „Tumoradaptierte onkolytische Viren 6 Mrd.“ (10.12.2011, 26.01.2012, 22.05.2012) und eine „Aktive Fiebertherapie - Erhöhung der Körpertemperatur“ (22.05.2012). Eine Beihilfegewährung lehnte das Landesamt mit Bescheid vom 13.03.2014 ab. Auch das hiergegen vom Kläger eingeleitete Widerspruchsverfahren wurde ausgesetzt.
44 
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.
45 
Dem Gericht haben die in der Sache angefallenen Akten des Landesamts vorgelegen. Auf sie und auf die Gerichtsakten wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
46 
Die Klage ist zulässig. Insbesondere kann sich der Kläger für die von ihm erhobene Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO auf ein Feststellungsinteresse berufen. Dieses besteht darin, dass er - vorab - geklärt wissen will, ob die von ihm beabsichtigte, in Teilen zwischenzeitlich bereits begonnene und im Klageantrag näher beschriebene Therapie seines Prostatakarzinoms dem Grunde nach beihilfefähig ist. Eine solche grundsätzliche Klärung kann er im Wege einer Verpflichtungsklage auf Gewährung einer Beihilfe für Einzelmaßnahmen nicht erreichen. Von daher scheitert das Begehren des Klägers auch nicht am Subsidiaritätsgrundsatz des § 43 Abs. 2 VwGO. Mit der vorliegend erhobenen Feststellungsklage sollen im Übrigen auch nicht die für eine Verpflichtungsklage geltenden Sonderregelungen - insbesondere über das Vorverfahren - umgangen werden; tatsächlich wurde ein solches durchgeführt.
47 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung.
48 
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Notwendig in diesem Sinne ist nur eine medizinisch geeignete Behandlung. Dabei ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg bei der Beurteilung der Geeignetheit einer medizinischen Behandlung zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen; ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 -, NVwZ-RR 2008, 713; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010 - 10 S 3384/08 -, DÖD 2010, 300 ff.). Eine differenzierte Betrachtung ist freilich bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Heilmethoden geboten (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010, a.a.O.).
49 
Das Gericht teilt die Auffassung des Landesamts für Besoldung und Versorgung, dass es sich bei der vorliegend im Streit stehenden Behandlung des Prostatakarzinoms des Klägers insgesamt und auch im Hinblick auf die beabsichtigten Einzelmaßnahmen um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt.
50 
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und auch des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist eine Behandlungsmethode dann wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in den jeweiligen medizinischen Fachrichtungen tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihre Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als aussichtslos oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010, a.a.O.).
51 
Danach kann derzeit nicht festgestellt werden, dass die vorliegend streitgegenständliche Kombinationstherapie insgesamt oder jedenfalls einzelne Maßnahmen dieser Therapie als allgemein wissenschaftlich anerkannt anzusehen wären. Dies entnimmt das Gericht dem im vorliegenden Verfahren eingeholten fachurologischen Gutachten vom 22.09.2014, bei dessen Erstellung sich der vom Gericht beauftragte Gutachter Prof. Dr. St. der Unterstützung durch den Oberarzt Prof. Dr. B. und Dr. R. bediente. Dieses Gutachten ist - ebenso wie die von Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2014 hierzu gegebenen Erklärungen - für das Gericht plausibel, die der Beurteilung zugrundeliegenden Erkenntnisse wurden ausführlich erläutert, das Gutachten enthält keine für das Gericht erkennbare fachlich-medizinische Fehler.
52 
Der Gutachter nimmt auf die Frage, ob es sich bei der bereits mehrfach beschriebenen Therapie des Prostatakarzinoms des Klägers um eine insgesamt oder in Teilbereichen wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode zur Linderung oder Heilung der Prostataerkrankung des Klägers handelt, zunächst Bezug auf die aktuell gültigen Leitlinien zur Behandlung des Prostatakarzinoms. Er stützt sich dabei einmal auf die „Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms in der Version 2.0 (Herausgeber: Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Deutsche Krebshilfe e.V., AWMF - Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.). Zum anderen bezieht sich der Gutachter auf die „Guideline on Prostate Cancer“ der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) in der Fassung vom April 2014. Der Gutachter weist in diesem Zusammenhang zur Qualität dieser Empfehlungen darauf hin, dass zu ihrer Erstellung jeweils der aktuelle Stand der Forschung in Diagnostik und Therapie durch ein nationales bzw. internationales europäisches Expertengremium beurteilt und ausgewertet werde. Alle wissenschaftlich allgemein anerkannten Therapiemethoden fänden daher hier Berücksichtigung.
53 
Ausgehend hiervon stellt der Gutachter zunächst fest, dass beim Kläger auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen Erkenntnisse ein fortgeschrittenes, primär bereits ossär und lymphogen metastasiertes Prostatakarzinom vorliegt. Der Sachverständige führt dann weiter aus, dass gemäß den genannten gängigen Leitlinien daher beim Kläger bereits zum Zeitpunkt der Diagnose im November 2011 eine palliative Therapiesituation ohne Aussicht auf eine Heilung vorgelegen habe. In diesem Stadium werde sowohl von der Deutschen Gesellschaft für Urologie als auch von der Europäischen Gesellschaft für Urologie keine der bei dem Patienten durchgeführten Therapien mit dendritischen Zellen und kostimulatorischen onkolytischen Viren, mit einer kombinierter Hyperthermie, mit Hitzeschockproteinen und Thymuspräparaten empfohlen und gelangt so zu dem Schluss, dass für die gesamte durchgeführte Therapie keine allgemeine wissenschaftliche Anerkennung festgestellt werden könne.
54 
Das Gericht sieht keinen Anlass, diese fachliche Wertung in Zweifel zu ziehen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Behandlung des Klägers mit einem Vakzin auf der Grundlage dendritischer Zellen. Diesbezüglich kann der Bevollmächtigte des Klägers so verstanden werden, dass er die Auffassung vertritt, eine Impfung mit dendritischen Zellen stelle heute - entgegen der Auffassung des Gutachters - eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode dar, denn ein unter Verwendung von dendritischen Zellen gewonnener Impfstoff, nämlich Sipuleucel-T, habe bereits seine Wirksamkeit in klinischen Studien bewiesen und sei deshalb - unter anderem auch in der Europäischen Union - unter dem Vertriebsnamen „Provenge“ als Arzneimittel für die Behandlung des Prostatakarzinoms zugelassen worden. Ferner weist der Klägerbevollmächtigte darauf hin, dass in einer Dissertation mit dem Titel „Immuntherapie des Glioblastoma multiforme mit dendritischen Zellen“ (Düsseldorf 2011) ausgeführt werde, die im Rahmen einer Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse könnten als „proof of principle“ für das verwendete Immuntherapiekonzept mit dendritischen Zellen gewertet werden. Nach allem sei der Einsatz dendritischer Zellen heute generell als wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode zu bewerten.
55 
Dieser Beurteilung vermag das Gericht unter Zugrundelegung der Ausführungen im Gutachten vom 22.09.2014 nicht zu folgen. Dort wird (Seite 8 f.) ausgeführt, obwohl schon eine Vielzahl verschiedener Dendritische-Zellen-Impfstoffe (DZ-Impfstoffe) in frühen und fortgeschrittenen Stadien der klinischen Testung an einer großen Anzahl von Patienten mit unterschiedlichen Tumorarten erprobt worden seien, seien Erfolge bisher nur bei einer kleinen Anzahl von behandelten Patienten aufgetreten. Sipuleucel-T sei der bisher weltweit am weitesten entwickelte DZ-Impfstoff. Mit diesem Impfstoff sei erstmalig an einer großen Zahl von Patienten erwiesen worden, dass Impfstoffe zur Therapie von Krebserkrankungen wirksam sein könnten. Sipuleucel-T habe aber bei den behandelten Patienten nicht zu einer kompletten Heilung der Tumorleiden geführt, sondern ausschließlich das Überleben von Patienten im Durchschnitt um etwa 4,5 Monaten gegenüber der Standardtherapie verlängert. Der Gutachter weist anschließend darauf hin, dass es eine große Vielzahl unterschiedlichster Arten von DZ-Impfstoffe gebe. Es sei wahrscheinlich, dass nur wenige der getesteten DZ-Impfstoffe gut wirksam seien. Das Beispiel Sipuleucel-T zeige, dass diese Wirksamkeit nur durch kontrollierte klinische Studien in einer großen Zahl von Patienten gezeigt werden könne. Daher sollte entsprechend der Empfehlung der deutschen Krebsgesellschaft die Behandlung mit neuen DZ-Impfstoffen bis zum Beweis deren Wirksamkeit ausschließlich in klinischen Studien erfolgen.
56 
Darüber hinaus hat Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass aus der Zulassung von Sipuleucel-T der Schluss darauf, dass dendritische Zellen allgemein eine Therapie für ein Prostatakarzinom darstellten, nicht zulässig sei, und hat diese Aussage durch eine eingehende Darstellung der Wirkprinzipien dendritischer Zellen im Zusammenhang mit einem Prostatakarzinom begründet. Dabei hat er ausgeführt, dass es nicht genüge, einem Patienten lediglich dendritische Zellen und antigenpräsentierende Zellen zu infundieren. Vielmehr müssten diesen Zellen für ein prostataspezifisches Antigen aktiviert sein. Er habe keine Hinweis darauf, dass die im Falle des Klägers zur Anwendung bestimmten dendritischen Zellen diesen Anforderungen genügten. Auch dem Gericht liegen derartige Erkenntnisse nicht vor, der Kläger hat keinerlei Angaben hierzu gemacht.
57 
Ferner hat Prof. Dr. B. im Hinblick auf die von Klägerseite erwähnten Ergebnisse bei der Behandlung eines Hirntumors mit dendritischen Zellen, darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse, die bei der Behandlung des einen Tumors erzielt worden sind, nicht auf die Ergebnisse der Behandlung eines andersartigen Tumors übertragen werden könnten.
58 
Nach allem kann auch unter Berücksichtigung der bei der Anwendung von Sipuleucel-T gewonnenen Erkenntnisse nach Auffassung des Gerichts nicht davon ausgegangen werden, dass damit generell die Wirksamkeit eines Impfstoffs auf der Grundlage dendritischer Zellen zur Behandlung eines Prostatakarzinoms erwiesen wäre, und deshalb die Anwendung dendritischer Zellen als für den vorliegenden Fall wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zu werten sei.
59 
Auch bei der Behandlung mit onkolytischen Viren handelt es sich nach Maßgabe der gutachterlichen Äußerungen nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode. Im Gutachten vom 22.09.2014 (S. 8) wird hierzu eine Stellungnahme der Deutschen Krebsgesellschaft zitiert in der es heißt, obwohl schon eine Vielzahl verschiedenster onkolytischer Viren in frühen und fortgeschrittenen Stadien der klinischen Testung an einer großen Anzahl von Patienten und unterschiedlichen Tumorarten erprobt worden sei, gebe es bisher noch keine Zulassung dieser Therapieform. Die bisherigen Studien hätten insoweit keinen überzeugenden Wirkungsnachweis erbracht. Die aktuellen Therapieergebnisse sprächen gegen den Einsatz onkolytischer Viren außerhalb von klinischen Studien. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass negative Auswirkungen auf den Patienten oder den Verlauf der Tumorerkrankung auftreten könnten. Es sei bekannt, dass Viren in menschlichen Zellen auch Schaden anrichten könnten, Viren könnten allgemein zu schweren Erkrankungen führen. Wenn ein Virus sich in eine Zelle einschleuse, so könne es zu Störungen von Eiweißsynthesevorgängen und damit zur Fehlfunktion der Zelle kommen. Darüber hinaus könnten Viren auch zu einer Fehlfunktion von Genen und damit ganzer Zellen und sogar zu einer Entartung normaler Zellen zu Krebszellen führen. Für Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen - um einen derartigen Fall handelt es sich vorliegend - stelle diese Therapie deshalb keine von der Deutschen Krebsgesellschaft empfohlene Therapie dar.
60 
Nach dem Erkenntnisstand der Kammer kann deshalb von einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Behandlungsmethode mit Blick auf die Anwendung onkolytischer Viren - jedenfalls im konkreten Fall des Klägers - nicht die Rede sein.
61 
Für die beim Kläger ferner beabsichtigte und in Teilen bereits durchgeführte Hyperthermiebehandlung gilt nichts anderes. Zwar hat Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2014 dargelegt, die Auffassungen zur Wirksamkeit einer Hyperthermietherapie im Falle eines Prostatakarzinoms seien uneinheitlich. Dies rechtfertigt jedoch nicht den vom Klägerbevollmächtigten gezogenen Schluss, dass eine Wirksamkeit im Sinne einer positiven Einwirkung auf den Krankheitsverlauf jedenfalls nicht ganz fernliegend sei. Denn Prof. Dr. B. hat nicht nur die Uneinheitlichkeit der Auffassung zur Wirksamkeit der Hyperthermietherapie referiert, sondern unmittelbar hieran anschließend darauf hingewiesen, man vermute eine Wirksamkeit im Zusammenhang mit einer Chemo- und Strahlentherapie. Das Gericht versteht diese Aussage so, dass nur im Zusammenwirken mit derartigen weiteren Therapiemaßnahmen von Teilen der Wissenschaft eine Wirksamkeit für möglich gehalten wird. Im Falle des Klägers ist jedoch weder die Durchführung einer Chemo-, noch einer Strahlentherapie beabsichtigt, solche Behandlungsmaßnahmen sind nicht Teil des vorliegend strittigen Behandlungskonzepts. Im Übrigen wird - so das Gutachten (S. 9) - in der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie von einer Hyperthermiebehandlung im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium - von einem solchen ist beim Kläger auszugehen - eindeutig abgeraten.
62 
Anderes gilt, was die wissenschaftliche Anerkennung angeht, auch nicht im Hinblick auf die weiter in Frage stehenden Einzelmaßnahmen, die Behandlung mit Hitzeschockproteinen und Thymuspräparaten. Auch hierzu wird im bezeichneten Gutachten ausgeführt, angesichts des Stadiums des Prostatakarzinoms des Klägers sei dieses ohnehin nicht mehr kurativ therapierbar, weshalb die beiden hier erörterten Einzelmaßnahmen bereits keine Aussicht auf heilende Wirkung haben könnten, es gebe aber auch keine Ergebnisse aus kontrollierten Studien, die eine Wirksamkeit zur Linderung der Erkrankung des Klägers belegen könnten.
63 
Nach allem handelt es sich bei den vom Kläger beabsichtigten Therapiemaßnahmen insgesamt und auch in Teilen nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode.
64 
Doch auch wenn von einer fehlenden allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung der hier im Streit stehenden Therapie des Prostatakarzinoms des Klägers auszugehen ist, ist damit ein Beihilfeanspruch nicht generell und absolut ausgeschlossen. Vielmehr sind insoweit die Grundsätze zu beachten, die der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in dem bereits mehrfach zitierten Urteil vom 26.07.2010 (a.a.O.) zur Frage der Beihilfefähigkeit von derartigen Therapieansätzen - dort zu Maßnahmen der Traditionellen Chinesischen Medizin - entwickelt hat:
65 
In jenem Urteil wird ausgeführt:
66 
... Entgegen der Auffassung des Beklagten führt die fehlende allgemeine wissenschaftliche Anerkennung der bei der Ehefrau des Klägers durchgeführten Behandlungsmethode nicht dazu, dass ein Anspruch auf Beihilfegewährung von vornherein ausgeschlossen ist. Vielmehr besteht ein Anspruch auf Beihilfe für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode dann, wenn das Finanzministerium keine Ausschlussregelung getroffen hat und die Notwendigkeit der Behandlung mit einer Außenseitermethode im Einzelfall bei Anlegung eines strengen Prüfungsmaßstabes nachgewiesen ist. Unerheblich ist in einer derartigen Fallgestaltung dann, ob nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Aussicht auf eine wissenschaftliche Anerkennung der Therapiemethode besteht.
67 
a) Die maßgeblichen Beihilfevorschriften enthalten, anders als etwa die Nordrhein-Westfälische Beihilfeverordnung (vgl. hierzu OVG Münster, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 - ZBR 2009, 270) oder etwa das Leistungsrecht der Postbeamtenkrankenkasse (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - zu § 30 Abs. 4 der Satzung a.F.), keine explizite Klausel, nach der wissenschaftlich nicht anerkannte Mittel nicht beihilfefähig sind. Jedoch sieht § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. (entsprechend § 6 Abs. 2 der Beihilfevorschriften des Bundes - BhV a.F.) vor, dass das Finanzministerium die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Untersuchung oder Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode begrenzen oder ganz ausschließen kann. Wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit steht, ist eine solche konkretisierende Ausschlussentscheidung durch das Finanzministerium, welche die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin begrenzen oder ausschließen würde, weder ausdrücklich in der Anlage zur Beihilfeverordnung noch durch die Bezugnahme in Nr. 1.5.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung auf die Entscheidungen des Bundesministers des Inneren in den Hinweisen 1 und 2 zu § 6 Abs. 2 BhV getroffen worden.
68 
Der vom Verordnungsgeber in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. getroffenen Regelung kommt jedoch in systematischer Hinsicht für die Lösung der hier vorliegenden Problematik maßgebliche Bedeutung zu. Denn sowohl dem Wortlaut als auch der systematischen Stellung von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lässt sich unzweideutig entnehmen, dass es nach der Vorstellung des Verordnungsgebers grundsätzlich Fallkonstellationen geben kann, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung einer Behandlungsmethode besteht. Für eine normausfüllende bzw. normkonkretisierende (vgl. hierzu mit weiteren Nachweisen Urteil des Senats vom 28.01.2010 - 10 S 2582/08 - juris) Entscheidung des Finanzministeriums bliebe kein Raum, wenn die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung einer Behandlungsmethode in jedem Fall Grundvoraussetzung für die Beihilfegewährung wäre. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. zeigt, dass der Normgeber der Beihilfeverordnung selbst Fallkonstellationen für denkbar und regelungsbedürftig hält, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung besteht. Bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden ist deshalb ein Anspruch auf Beihilfe nur dann von vornherein - vorbehaltlich der vom Bundesverwaltungsgericht auch für solche Fallkonstellationen aufgestellten Ausnahmen (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801; und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436) - ausgeschlossen, wenn das Finanzministerium auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO eine wirksame Ausschlussregelung getroffen hat. Diese Überlegungen verdeutlichen zugleich, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 29.06.1995 (2 C 15.94 - a.a.O.) für die Überprüfung von Ausschlussentscheidungen auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. entwickelten Maßstäbe nicht ohne Weiteres auf die hier vorliegende Konstellation übertragen werden können.
69 
b) Im Ausgangspunkt zu Recht geht der Beklagte davon aus, dass Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Ausschlussentscheidung auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. regelmäßig nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind. Die Beihilfe stellt eine aus der Fürsorgepflicht resultierende, die zumutbare Eigenvorsorge des Beamten ergänzende Leistung des Dienstherrn dar, bei deren Gewährung er an den Grundsatz der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel gebunden ist. Die Beihilfegewährung gründet daher auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb nicht ohne Belang, ob die von ihm (mit)finanzierte Behandlung Erfolg verspricht oder nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O.; OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47.01 - a.a.O.). Dass das öffentliche Interesse an einer effektiven und sparsamen Verwendung von Steuergeldern eine Begrenzung der Beihilfe auf Erfolg versprechende Heilbehandlungen zulässt, ist im Übrigen schon frühzeitig von der Rechtsprechung anerkannt worden (vgl. BAG, Urteil vom 24.11.1960 - 5 AZR 438/59 - AP 1961 BeihilfenGR Nr. 4; BVerwG, Urteil vom 28.11.1963 - 8 C 72.63 - Buchholz 238.91 Nr. 2). Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz liegt dem Begriff der Notwendigkeit der Aufwendungen zugrunde, der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lediglich ausgestaltet und präzisiert wird. Auch ohne eine förmliche Ausschlussentscheidung des Landesfinanzministeriums auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. ist deshalb von der Beihilfestelle im Rahmen der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO zu treffenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Heilbehandlung primär zu prüfen, ob diese allgemein wissenschaftlich anerkannt ist.
70 
c) Nach dem oben Dargelegten ist bei Nichtvorliegen einer förmlichen Ausschlussentscheidung und fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung der durchgeführten Behandlungsmethode ein Beihilfeanspruch jedoch nicht ohne Weiteres ausgeschlossen. Vielmehr ist in einer derartigen Fallgestaltung § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO a.F. anzuwenden mit der Folge, dass die Beihilfestelle in eine Einzelfallprüfung einzutreten und festzustellen hat, ob bei Anlegung eines strengen Maßstabes die medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen für eine Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode besteht (vgl. so schon VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.01.1999 - 4 S 1086/96 - IÖD 1999, 139 -; der Sache nach auch Urteil vom 17.12.2009 - 4 S 3040/07 -; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Erläuterungen, Anm. 33.2 zu § 6 BhV). In diesem Zusammenhang kommt der von § 5 Abs. 1 Satz 3 BVO a.F. vorgesehenen Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Heilbehandlung besondere Bedeutung zu. Das von der Fürsorgepflicht getragene Gebot des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO, eine Beihilfe zu „dem Grunde nach“ notwendigen Aufwendungen zu leisten, kann den Dienstherrn in Ausnahmefällen auch dazu verpflichten, die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode nach den jeweiligen Bemessungssätzen zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit - z. B. unbekannter Genese - noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall - z. B. wegen einer Gegenindikation - das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten (vgl. so auch BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O. und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - a.a.O.). ...“
71 
Danach setzt die Gewährung einer Beihilfe für die Durchführung einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode zunächst voraus, dass die Maßnahme keinem expliziten Ausschluss nach der Beihilfeverordnung unterliegt. Ein solcher Ausschluss greift vorliegend im Hinblick auf die in Frage stehende Hyperthermiebehandlung und die Behandlung mit Thymuspräparaten Raum.
72 
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVO sind Aufwendung für ärztliche Leistungen (nur) nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung beihilfefähig; die dort u.a. durch das zuständige Ministerium getroffenen Ausschlussentscheidungen finden ihre Ermächtigungsgrundlage - wie vom Verwaltungsgerichtshof im eben zitierten Urteil bereits dargelegt - in § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BVO. Nach Nr. 1.5.1 der genannten Anlage sind nicht beihilfefähig Aufwendungen für die vom Bundesministerium des Innern in Anlage 1 zur Bundesbeihilfeverordnung genannten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit den dort genannten Maßgaben.
73 
Unter Nr. 4 des Abschnitts 2 („Teilweiser Ausschluss“) der im Rahmen der vorliegenden Feststellungsklage zu berücksichtigenden derzeitigen Fassung der Anlage 1 zur Bundesbeihilfeverordnung vom 18.07.2014 wird die Hyperthermiebehandlung erwähnt, mit dem Zusatz „Aufwendungen sind nur beihilfefähig bei Tumorbehandlungen in Kombination mit Chemo- oder Strahlentherapie“. Nur in der danach beschriebenen Kombination ist also eine Hyperthermiebehandlung beihilfefähig, ansonsten ist die Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Da im Falle des Klägers keine Chemo- oder Strahlentherapie geplant ist oder durchgeführt wird, kann er eine Beihilfe nicht beanspruchen, ohne dass es auf die weiteren vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für eine Außenseitermethode ankäme.
74 
Anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus denjenigen Fassungen der Anlage 1 zur BBhV, die ab November 2011, dem Zeitpunkt, zu dem sich der Kläger erstmals an das Landesamt unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung vom 09.11.2011 gewandt hatte, Geltung beanspruchten. So wird zwar in Abschnitt 2 der in der Zeit vom 24.12.2009 bis 19.09.2012 geltenden Fassung der Anlage 1 die „Prostata-Hyperthermie-Behandlung“ mit dem Zusatz „Aufwendungen sind nur beihilfefähig bei Krebsbehandlung“, erwähnt. Aus dem Zweck der Anlage 1, die ihre Rechtsgrundlage in § 6 BBhV hat, ist jedoch zu schließen, dass mit der dort erwähnten Krebsbehandlung eine solche nach Maßgabe einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Behandlungsmethode gemeint ist, die - wie bereits ausgeführt - vorliegend jedoch nicht durchgeführt wurde und auch nicht durchgeführt werden soll. § 6 Abs. 2 BBhV in allen seit 14.02.2009 gültigen Fassungen schreibt nämlich der Grundsatz fest, dass die Notwendigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen voraussetzt, dass diese nach einer wissenschaftlich anerkannten Methode vorgenommen werden (Satz 1). Als nicht notwendig gelten danach in der Regel Untersuchungen und Behandlungen, soweit sie in der Anlage 1 ausgeschlossen werden (Satz 2). Danach geht die Bundesbeihilfeverordnung für die Beihilfefähigkeit von dem Prinzip aus, dass nur Aufwendungen für wissenschaftlich anerkannte Methoden beihilfefähig sind. Ausnahmevorschriften, wie die vorliegend diskutierte, sind deshalb eng auszulegen, weshalb der Schluss nicht gerechtfertigt ist, dass eine Hyperthermiebehandlung im Zusammenhang mit jedweder, vorgeblich einer Behandlung des Prostatakarzinoms dienenden Methode beihilfefähig wäre. Vielmehr bestand danach unter Geltung der hier diskutierten Fassung der Anlage 1 ein Anspruch auf Beihilfe zu einer Hyperthermiebehandlung auch nur im Rahmen einer Krebsbehandlung, die nach wissenschaftlich anerkannten Methoden durchgeführt wurde. So verhält es sich im Falle des Klägers allerdings nicht. Er vermag deshalb auch aus dem von ihm in Bezug genommenen Merkblatt, in dem eine Beihilfefähigkeit der Hyperthermiebehandlung in Verbindung mit einer Krebsbehandlung dargestellt wurde, keine Ansprüche für sich herzuleiten. Im Übrigen dient ein solches Merkblatt - auch für den Beamten ersichtlich - regelmäßig lediglich der Information und stellt damit auch keine Zusicherung im Sinne von § 38 LVwVfG dar. Letzteres wird von Klägerseite auch nicht behauptet.
75 
Ein völliger Ausschluss der Hyperthermiebehandlung von der Beihilfefähigkeit findet sich schließlich unter Abschnitt 1 Nr. 8.3 der Anlage 1 zur Bundesbeihilfeverordnung, die in der Zeit von 20.09.2012 bis 25.04.2014 Gültigkeit hatte.
76 
Ausgeschlossen ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Nr. 1.5.1 der Anlage zur BVO im konkreten Fall auch die Behandlung mit Thymuspräparaten. Denn solche Aufwendungen sind nach der aktuellen Anlage 1 zur BBhV (dort Abschnitt 2 Nr. 10) und auch nach den beiden, bereits genannten vorherigen Fassungen der Anlage 1 nur beihilfefähig bei Krebsbehandlungen, wenn andere übliche Behandlungsmethoden nicht zum Erfolg geführt haben. Andere übliche Behandlungsmethoden sind aber - worauf noch einzugehen sein wird - bisher beim Kläger nicht durchgeführt worden.
77 
Keiner Ausschlussentscheidung unterfällt allerdings die Behandlung mit dendritischen Zellen. Zwar wurde von Beklagtenseite angenommen, hierbei handle es sich um den Fall einer autohomologen Immuntherapie, die in allen seit November 2011 gültigen Fassungen der Anlage 1 zur BBhV unter den völligen Ausschlüssen zu finden ist. Insoweit wurde durch das Sachverständigengutachten jedoch geklärt, dass es sich bei der Behandlung mit dendritischen Zellen nicht um eine autohomologe Immuntherapie handelt; diese Aussage des Sachverständigen wird vom Beklagten auch nicht in Frage gestellt.
78 
Auch wenn eine Behandlungsmethode allerdings weder in der Beihilfeverordnung selbst noch über den Verweis in Nr. 1.5.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung auf die Anlage 1 zur BBhV ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgenommen wird, bedeutet dies im Umkehrschluss nicht, dass alle anderen Methoden beihilfefähig wären. Vielmehr bleibt es bei dem in § 5 Abs. 1 BVO niedergelegten beihilferechtlichen Grundsatz, dass Anspruch auf eine Leistung nur dann besteht, wenn eine medizinische Notwendigkeit für die geltend gemachten Aufwendungen besteht. In solchen Fällen ist deshalb eine Einzelfallprüfung der medizinischen Notwendigkeit durchzuführen.
79 
Dabei ist, wenn es wie hier um die Beihilfefähigkeit für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methode geht, nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Urteil vom 26.07.2010 (a.a.O.) zunächst die Frage zu stellen, ob eine solche allgemein anerkannte Behandlungsmethode existiert. Diese Frage ist vorliegend auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens zu bejahen.
80 
In den gutachterlichen Äußerungen und auch im Rahmen der mündlichen Erläuterung wurde von Gutachterseite dargelegt, dass beim Kläger schon zum Zeitpunkt seiner Entscheidung für die hier strittige Methode ein fortgeschrittenes lymphogen und ossär metastasiertes Erkrankungsstadium gegeben war. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe keine Möglichkeit zur Heilung der vorliegenden Krebserkrankung bestanden. Zur Beeinflussung des Krankheitsverlaufs im Sinne einer Linderung bestünden jedoch Empfehlungen. So empfehle die deutsche Leitlinie zur Behandlung des Prostatakarzinoms im metastasierten Erkrankungsstadium, dass dem Patienten im Falle einer vorliegenden Symptomatik eine Androgendeprivationstherapie empfohlen werden solle, im Falle einer fehlenden Symptomatik zumindest angeboten werden könne. Die Leitlinie weise ferner darauf hin, dass der Patient im Rahmen des Aufklärungsgespräches über die Therapiemethoden auf den palliativen Charakter der Therapie, den Einfluss auf die Lebensqualität, mögliche Nebenwirkungen sowie jedoch auch auf die Verlängerung des progressionsfreien Überlebens hingewiesen werden solle. Die Androgendeprivation (der Entzug von Testosteron im Sinne einer Kastration) könne mittels medikamentöser Dauerbehandlung oder mittels operativer Entfernung von Hodengewebe erfolgen. Auch die Möglichkeit der Behandlung mit einem nicht-steroidalen Antiandrogen stehe zur Verfügung, dies sei jedoch nach aktuellem wissenschaftlichen Stand möglicherweise mit einer kürzeren Gesamtüberlebenszeit assoziiert. Eine solche Androgendeprivationstherapie - so erklärte Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung - sei beim Kläger auch heute noch möglich.
81 
Weiter heißt es in den gutachterlichen Äußerungen, falls sich ein Patient aufgrund der zu erwartenden Nebenwirkungen bzw. Einschränkungen der Lebensqualität gegen eine hormonablative Therapie entscheiden sollte, stehe das Therapiekonzept des „watchful waiting“ zur Verfügung, bei dem lediglich palliativ intendierte symptomabhängige Interventionen durchgeführt werden. Hierzu zähle beispielsweise auch die lokale perkutane Bestrahlung von Knochenmetastasen. Diese werde gemäß den Leitlinien bei einem Evidenzgrad A, jedoch nur bei drohender spinaler Kompression oder erhöhtem Frakturrisiko primär empfohlen, könne jedoch bei PersiNr. 1.5.1 zur BVO und Nr. 1 A der Anlage 1 zur BBhV lokalisierter Knochenschmerzen ebenfalls angeboten werden. Daten über eine bestehende derartige Symptomatik lägen für den Kläger allerdings nicht vor. Zusätzlich könne bei Patienten mit Knochenmetastasen zur Vorbeugung von Komplikationen das Bisphosphonat Zoledronsäure oder der monoklonale Antikörper Denosumab eingesetzt werden. Sollte es im Rahmen der Behandlung des Patienten zu einer Kastrationsresistenz, also dem fehlenden Ansprechen auf die durchgeführte Hormonbehandlung kommen, stünden im weiteren leitliniengerechte Chemotherapien mit den Substanzen Docetaxel oder Carbacitaxel sowie zusätzliche Substanzen zur sekundären Hormonmanipulation zur Verfügung.
82 
Existiert danach aber eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode, so kommt eine Beihilfefähigkeit für eine andere Behandlungsmethode, die wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt ist, nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Urteil vom 26.07.2010 (a.a.O.) nur dann in Betracht, wenn eine schulmedizinisch anerkannte Methode bereits erfolgreich angewandt wurde oder diese Methode im Einzelfall, etwa wegen einer Kontraindikation, nicht angewendet werden darf.
83 
Festzustellen ist im konkreten Fall zunächst, dass der Kläger bisher eine leitlinienkonforme Behandlung nicht hat durchführen lassen, sich also keiner wissenschaftlich allgemein anerkannten Behandlungsmethode unterzogen hat. Danach wäre eine Beihilfefähigkeit nur dann gegeben, wenn die wissenschaftlich anerkannte Methode in seinem Falle nicht angewendet werden dürfte oder aus anderen Gründen nicht anwendbar wäre.
84 
Das Vorliegen eines derartigen Ausschlusstatbestands ist vorliegend aber nicht ersichtlich. Vielmehr spricht nichts dafür, dass die eben referierten leitliniengerechten Behandlungsmaßnahmen im Falle des Klägers nicht angewendet werden durften oder aktuell nicht anwendbar wären. Vielmehr hat der Gutachter bei seiner Befragung - wie bereits erwähnt - darauf hingewiesen, dass er keine Anhaltspunkte hat, die im Falle des Klägers gegen eine Androgendeprivationstherapie in der Vergangenheit hätten sprechen können oder auch noch heute gegen eine solche sprächen.
85 
Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass jedenfalls aufgrund der möglichen Nebenwirkungen einer Androgendeprivationstherapie der Behandlung mit einem Vakzin auf der Grundlage dendritischer Zellen der Vorzug gegeben werden müsste. In diesem Zusammenhang ist zunächst der gutachterliche Hinweis von Bedeutung, dass der Einsatz von dendritischen Zellen, konkret mittels des Impfstoffes Sipuleucel-T, keine echte Alternative zu der angesprochenen Androgendeprivationstherapie darstellt. Vielmehr kommt - so Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2014 - Sipuleucel-T erst dann zur Anwendung, wenn die Androgendeprivationstherapie beim Patienten nicht mehr anspricht, weil dieser eine Kastrationsresistenz entwickelt hat, mit der erfahrungsgemäß etwa 36 Monate nach Beginn der Androgendeprivationstherapie zu rechnen sei. Im Übrigen kann - entgegen der Annahme des Klägerbevollmächtigten - auch nicht davon gesprochen werden, eine Androgendeprivation habe keinen medizinischen Nutzen. Vielmehr führt eine solche zu einer Hemmung der weiteren Entwicklung des Tumors.
86 
Ganz entscheidend ist aber auch, dass die Annahme, eine Impfung mit dendritischen Zellen sei mit weitaus geringeren Nebenwirkungen verbunden als die vorgeschlagene Androgendeprivationstherapie nicht zu belegen ist.
87 
So hat Prof. Dr. B. bei seiner Anhörung vor Gericht die Nebenwirkungen der Androgendeprivation im Einzelnen beschrieben. Die dadurch hervorgerufene Einschränkung der Testosteronproduktion führe zu einer Libidominderung und es könne zu Erektionsstörungen bis zum Erektionsverlust kommen. Außerdem gebe es eine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit, die auf die Einstellung der Spermienproduktion zurückzuführen sei. Diese sei allerdings bei Absetzung der Medikamente im Falle einer medikamentösen Androgendeprivationstherapie reversibel. Diese Therapie könne auch zu Schmerzen in der Brust und zu Hitzewallungen führen. Die Schmerzen in der Brust könnten durch eine Strahlentherapie therapiert werden, gleichzeitig könnte aber das Risiko für eine Osteoporose steigen.
88 
Vergleicht man hiermit diejenigen Nebenwirkungen, die mit der Gabe des DZ-Impfstoffs Sipuleucel-T verbunden sein können, so zeigt sich dass die Risiken der letztgenannten Anwendung durchaus nicht als geringer zu werten sind, als diejenigen einer Androgendeprivationstherapie. So wird in der auch vom Kläger vorgelegten Information der European Medicines Agency zu dem seit September 2013 auch in der Europäischen Union zugelassenen Medikament „Provenge“, das auf Sipuleucel-T beruht, zu den Risiken von „Provenge“ folgendes dargelegt
89 
(vgl.: www.ema.europa.eu/docs/de_DE/document_library/EPAR_-_Summary_for_the_public/human/002513/WC500151157.pdf) :
90 
„Sehr häufige Nebenwirkungen von Provenge (die mehr als 1 von 10 Menschen betreffen können) sind Schüttelfrost, Müdigkeit, Fieber, Übelkeit, Arthralgie (Gelenkschmerzen), Kopfschmerzen und Erbrechen.
Schwerwiegende Nebenwirkungen von Provenge sind akute Infusionsreaktionen, schwere Infektionen (Katheter-Sepsis und Staphylokokken-Bakteriämie), Herzinfarkt und zerebrovaskuläre Ereignisse (die Blutversorgung des Gehirns betreffend). ...“
91 
Zwar ist im Falle des Klägers nicht die Anwendung von „Provenge“ beabsichtigt, dem Gericht liegen jedoch keinerlei Erkenntnisse darüber vor, dass der vom Arzt des Klägers eingesetzte DZ-Impfstoff keine derartigen Nebenwirkungen hätte.
92 
Auch mit Rücksicht auf die möglichen Nebenwirkungen kann deshalb nach den Erkenntnissen der Kammer nicht davon die Rede sein, dem Kläger könne eine Androgendeprivationstherapie nicht zugemutet werden, weil die von ihm gewählte Behandlungsmethode weniger riskant sei.
93 
Schließlich ist auch im Hinblick auf die Verwendung onkolytischer Zellen und von Hitzeschockproteinen darauf hinzuweisen, dass auch insoweit die Androgendeprivationstherapie und weitere gutachterlich genannte Behandlungsmethoden wissenschaftlich allgemein anerkannter Art zur Verfügung stehen, die im Falle des Klägers bisher nicht zur Anwendung gekommen sind. Auch diesbezüglich gibt es keine Anhaltspunkte, die gegen eine leitliniengerechte Behandlung sprechen könnten.
94 
Danach kommt es auf die Frage, ob die beim Kläger beabsichtigte Kombinationsmethode insgesamt oder in Teilen nach ernstzunehmender Auffassung Aussicht auf Erfolg bietet, nicht an. Denn diese Frage stellte sich nur dann, wenn im Einzelfall des Klägers eine wissenschaftlich allgemein anerkannte und anwendbare Behandlungsmethode nicht existent wäre. Eine solche gibt es jedoch.
95 
Dem Kläger steht nach allem der geltend gemachte Beihilfeanspruch nicht zu, die Klage ist abzuweisen.
96 
Zum selben Ergebnis gelangte man - dies sei abschließend erwähnt - auch dann, wenn man die Grundsätze des von Klägerseite mehrfach zitierten „Nikolausbeschlusses“ des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 06.12.2005, a.a.O.) zur Anwendung bringen würde, der im Übrigen die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung und nicht einen Fall der beamtenrechtlichen Beihilfe im Krankheitsfall betraf. Denn auch danach kommt ein Leistungsanspruch nur dann in Betracht, wenn eine medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht. So verhält es sich vorliegend jedoch - wie bereits mehrfach ausgeführt - nicht.
97 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 VwGO liegen nicht vor.
98 
Beschluss vom 19. Dezember 2014
99 
Der Streitwert wird gem. § 52 Abs. 1 GKG auf10.000,00 EUR festgesetzt.
100 
Gründe
101 
Angesichts des zu erwartenden Kostenaufwands bei Durchführung aller vom Kläger beabsichtigten Maßnahmen kommt nach Auffassung der Kammer allein die Festsetzung des Auffangstreitwerts von 5.000,00 EUR nach § 52 Abs. 2 GKG vorliegend nicht in Betracht. Im Hinblick auf die vom Kläger geplanten Maßnahmen und die von ihm zu erwartenden Beihilfeleistungen hält das Gericht den festgesetzten Betrag von 10.000,00 EUR für angemessen.

Gründe

 
46 
Die Klage ist zulässig. Insbesondere kann sich der Kläger für die von ihm erhobene Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO auf ein Feststellungsinteresse berufen. Dieses besteht darin, dass er - vorab - geklärt wissen will, ob die von ihm beabsichtigte, in Teilen zwischenzeitlich bereits begonnene und im Klageantrag näher beschriebene Therapie seines Prostatakarzinoms dem Grunde nach beihilfefähig ist. Eine solche grundsätzliche Klärung kann er im Wege einer Verpflichtungsklage auf Gewährung einer Beihilfe für Einzelmaßnahmen nicht erreichen. Von daher scheitert das Begehren des Klägers auch nicht am Subsidiaritätsgrundsatz des § 43 Abs. 2 VwGO. Mit der vorliegend erhobenen Feststellungsklage sollen im Übrigen auch nicht die für eine Verpflichtungsklage geltenden Sonderregelungen - insbesondere über das Vorverfahren - umgangen werden; tatsächlich wurde ein solches durchgeführt.
47 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung.
48 
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Notwendig in diesem Sinne ist nur eine medizinisch geeignete Behandlung. Dabei ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg bei der Beurteilung der Geeignetheit einer medizinischen Behandlung zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen; ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 -, NVwZ-RR 2008, 713; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010 - 10 S 3384/08 -, DÖD 2010, 300 ff.). Eine differenzierte Betrachtung ist freilich bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Heilmethoden geboten (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010, a.a.O.).
49 
Das Gericht teilt die Auffassung des Landesamts für Besoldung und Versorgung, dass es sich bei der vorliegend im Streit stehenden Behandlung des Prostatakarzinoms des Klägers insgesamt und auch im Hinblick auf die beabsichtigten Einzelmaßnahmen um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt.
50 
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und auch des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist eine Behandlungsmethode dann wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in den jeweiligen medizinischen Fachrichtungen tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihre Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als aussichtslos oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010, a.a.O.).
51 
Danach kann derzeit nicht festgestellt werden, dass die vorliegend streitgegenständliche Kombinationstherapie insgesamt oder jedenfalls einzelne Maßnahmen dieser Therapie als allgemein wissenschaftlich anerkannt anzusehen wären. Dies entnimmt das Gericht dem im vorliegenden Verfahren eingeholten fachurologischen Gutachten vom 22.09.2014, bei dessen Erstellung sich der vom Gericht beauftragte Gutachter Prof. Dr. St. der Unterstützung durch den Oberarzt Prof. Dr. B. und Dr. R. bediente. Dieses Gutachten ist - ebenso wie die von Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2014 hierzu gegebenen Erklärungen - für das Gericht plausibel, die der Beurteilung zugrundeliegenden Erkenntnisse wurden ausführlich erläutert, das Gutachten enthält keine für das Gericht erkennbare fachlich-medizinische Fehler.
52 
Der Gutachter nimmt auf die Frage, ob es sich bei der bereits mehrfach beschriebenen Therapie des Prostatakarzinoms des Klägers um eine insgesamt oder in Teilbereichen wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode zur Linderung oder Heilung der Prostataerkrankung des Klägers handelt, zunächst Bezug auf die aktuell gültigen Leitlinien zur Behandlung des Prostatakarzinoms. Er stützt sich dabei einmal auf die „Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms in der Version 2.0 (Herausgeber: Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Deutsche Krebshilfe e.V., AWMF - Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.). Zum anderen bezieht sich der Gutachter auf die „Guideline on Prostate Cancer“ der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) in der Fassung vom April 2014. Der Gutachter weist in diesem Zusammenhang zur Qualität dieser Empfehlungen darauf hin, dass zu ihrer Erstellung jeweils der aktuelle Stand der Forschung in Diagnostik und Therapie durch ein nationales bzw. internationales europäisches Expertengremium beurteilt und ausgewertet werde. Alle wissenschaftlich allgemein anerkannten Therapiemethoden fänden daher hier Berücksichtigung.
53 
Ausgehend hiervon stellt der Gutachter zunächst fest, dass beim Kläger auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen Erkenntnisse ein fortgeschrittenes, primär bereits ossär und lymphogen metastasiertes Prostatakarzinom vorliegt. Der Sachverständige führt dann weiter aus, dass gemäß den genannten gängigen Leitlinien daher beim Kläger bereits zum Zeitpunkt der Diagnose im November 2011 eine palliative Therapiesituation ohne Aussicht auf eine Heilung vorgelegen habe. In diesem Stadium werde sowohl von der Deutschen Gesellschaft für Urologie als auch von der Europäischen Gesellschaft für Urologie keine der bei dem Patienten durchgeführten Therapien mit dendritischen Zellen und kostimulatorischen onkolytischen Viren, mit einer kombinierter Hyperthermie, mit Hitzeschockproteinen und Thymuspräparaten empfohlen und gelangt so zu dem Schluss, dass für die gesamte durchgeführte Therapie keine allgemeine wissenschaftliche Anerkennung festgestellt werden könne.
54 
Das Gericht sieht keinen Anlass, diese fachliche Wertung in Zweifel zu ziehen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Behandlung des Klägers mit einem Vakzin auf der Grundlage dendritischer Zellen. Diesbezüglich kann der Bevollmächtigte des Klägers so verstanden werden, dass er die Auffassung vertritt, eine Impfung mit dendritischen Zellen stelle heute - entgegen der Auffassung des Gutachters - eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode dar, denn ein unter Verwendung von dendritischen Zellen gewonnener Impfstoff, nämlich Sipuleucel-T, habe bereits seine Wirksamkeit in klinischen Studien bewiesen und sei deshalb - unter anderem auch in der Europäischen Union - unter dem Vertriebsnamen „Provenge“ als Arzneimittel für die Behandlung des Prostatakarzinoms zugelassen worden. Ferner weist der Klägerbevollmächtigte darauf hin, dass in einer Dissertation mit dem Titel „Immuntherapie des Glioblastoma multiforme mit dendritischen Zellen“ (Düsseldorf 2011) ausgeführt werde, die im Rahmen einer Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse könnten als „proof of principle“ für das verwendete Immuntherapiekonzept mit dendritischen Zellen gewertet werden. Nach allem sei der Einsatz dendritischer Zellen heute generell als wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode zu bewerten.
55 
Dieser Beurteilung vermag das Gericht unter Zugrundelegung der Ausführungen im Gutachten vom 22.09.2014 nicht zu folgen. Dort wird (Seite 8 f.) ausgeführt, obwohl schon eine Vielzahl verschiedener Dendritische-Zellen-Impfstoffe (DZ-Impfstoffe) in frühen und fortgeschrittenen Stadien der klinischen Testung an einer großen Anzahl von Patienten mit unterschiedlichen Tumorarten erprobt worden seien, seien Erfolge bisher nur bei einer kleinen Anzahl von behandelten Patienten aufgetreten. Sipuleucel-T sei der bisher weltweit am weitesten entwickelte DZ-Impfstoff. Mit diesem Impfstoff sei erstmalig an einer großen Zahl von Patienten erwiesen worden, dass Impfstoffe zur Therapie von Krebserkrankungen wirksam sein könnten. Sipuleucel-T habe aber bei den behandelten Patienten nicht zu einer kompletten Heilung der Tumorleiden geführt, sondern ausschließlich das Überleben von Patienten im Durchschnitt um etwa 4,5 Monaten gegenüber der Standardtherapie verlängert. Der Gutachter weist anschließend darauf hin, dass es eine große Vielzahl unterschiedlichster Arten von DZ-Impfstoffe gebe. Es sei wahrscheinlich, dass nur wenige der getesteten DZ-Impfstoffe gut wirksam seien. Das Beispiel Sipuleucel-T zeige, dass diese Wirksamkeit nur durch kontrollierte klinische Studien in einer großen Zahl von Patienten gezeigt werden könne. Daher sollte entsprechend der Empfehlung der deutschen Krebsgesellschaft die Behandlung mit neuen DZ-Impfstoffen bis zum Beweis deren Wirksamkeit ausschließlich in klinischen Studien erfolgen.
56 
Darüber hinaus hat Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass aus der Zulassung von Sipuleucel-T der Schluss darauf, dass dendritische Zellen allgemein eine Therapie für ein Prostatakarzinom darstellten, nicht zulässig sei, und hat diese Aussage durch eine eingehende Darstellung der Wirkprinzipien dendritischer Zellen im Zusammenhang mit einem Prostatakarzinom begründet. Dabei hat er ausgeführt, dass es nicht genüge, einem Patienten lediglich dendritische Zellen und antigenpräsentierende Zellen zu infundieren. Vielmehr müssten diesen Zellen für ein prostataspezifisches Antigen aktiviert sein. Er habe keine Hinweis darauf, dass die im Falle des Klägers zur Anwendung bestimmten dendritischen Zellen diesen Anforderungen genügten. Auch dem Gericht liegen derartige Erkenntnisse nicht vor, der Kläger hat keinerlei Angaben hierzu gemacht.
57 
Ferner hat Prof. Dr. B. im Hinblick auf die von Klägerseite erwähnten Ergebnisse bei der Behandlung eines Hirntumors mit dendritischen Zellen, darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse, die bei der Behandlung des einen Tumors erzielt worden sind, nicht auf die Ergebnisse der Behandlung eines andersartigen Tumors übertragen werden könnten.
58 
Nach allem kann auch unter Berücksichtigung der bei der Anwendung von Sipuleucel-T gewonnenen Erkenntnisse nach Auffassung des Gerichts nicht davon ausgegangen werden, dass damit generell die Wirksamkeit eines Impfstoffs auf der Grundlage dendritischer Zellen zur Behandlung eines Prostatakarzinoms erwiesen wäre, und deshalb die Anwendung dendritischer Zellen als für den vorliegenden Fall wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zu werten sei.
59 
Auch bei der Behandlung mit onkolytischen Viren handelt es sich nach Maßgabe der gutachterlichen Äußerungen nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode. Im Gutachten vom 22.09.2014 (S. 8) wird hierzu eine Stellungnahme der Deutschen Krebsgesellschaft zitiert in der es heißt, obwohl schon eine Vielzahl verschiedenster onkolytischer Viren in frühen und fortgeschrittenen Stadien der klinischen Testung an einer großen Anzahl von Patienten und unterschiedlichen Tumorarten erprobt worden sei, gebe es bisher noch keine Zulassung dieser Therapieform. Die bisherigen Studien hätten insoweit keinen überzeugenden Wirkungsnachweis erbracht. Die aktuellen Therapieergebnisse sprächen gegen den Einsatz onkolytischer Viren außerhalb von klinischen Studien. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass negative Auswirkungen auf den Patienten oder den Verlauf der Tumorerkrankung auftreten könnten. Es sei bekannt, dass Viren in menschlichen Zellen auch Schaden anrichten könnten, Viren könnten allgemein zu schweren Erkrankungen führen. Wenn ein Virus sich in eine Zelle einschleuse, so könne es zu Störungen von Eiweißsynthesevorgängen und damit zur Fehlfunktion der Zelle kommen. Darüber hinaus könnten Viren auch zu einer Fehlfunktion von Genen und damit ganzer Zellen und sogar zu einer Entartung normaler Zellen zu Krebszellen führen. Für Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen - um einen derartigen Fall handelt es sich vorliegend - stelle diese Therapie deshalb keine von der Deutschen Krebsgesellschaft empfohlene Therapie dar.
60 
Nach dem Erkenntnisstand der Kammer kann deshalb von einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Behandlungsmethode mit Blick auf die Anwendung onkolytischer Viren - jedenfalls im konkreten Fall des Klägers - nicht die Rede sein.
61 
Für die beim Kläger ferner beabsichtigte und in Teilen bereits durchgeführte Hyperthermiebehandlung gilt nichts anderes. Zwar hat Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2014 dargelegt, die Auffassungen zur Wirksamkeit einer Hyperthermietherapie im Falle eines Prostatakarzinoms seien uneinheitlich. Dies rechtfertigt jedoch nicht den vom Klägerbevollmächtigten gezogenen Schluss, dass eine Wirksamkeit im Sinne einer positiven Einwirkung auf den Krankheitsverlauf jedenfalls nicht ganz fernliegend sei. Denn Prof. Dr. B. hat nicht nur die Uneinheitlichkeit der Auffassung zur Wirksamkeit der Hyperthermietherapie referiert, sondern unmittelbar hieran anschließend darauf hingewiesen, man vermute eine Wirksamkeit im Zusammenhang mit einer Chemo- und Strahlentherapie. Das Gericht versteht diese Aussage so, dass nur im Zusammenwirken mit derartigen weiteren Therapiemaßnahmen von Teilen der Wissenschaft eine Wirksamkeit für möglich gehalten wird. Im Falle des Klägers ist jedoch weder die Durchführung einer Chemo-, noch einer Strahlentherapie beabsichtigt, solche Behandlungsmaßnahmen sind nicht Teil des vorliegend strittigen Behandlungskonzepts. Im Übrigen wird - so das Gutachten (S. 9) - in der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie von einer Hyperthermiebehandlung im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium - von einem solchen ist beim Kläger auszugehen - eindeutig abgeraten.
62 
Anderes gilt, was die wissenschaftliche Anerkennung angeht, auch nicht im Hinblick auf die weiter in Frage stehenden Einzelmaßnahmen, die Behandlung mit Hitzeschockproteinen und Thymuspräparaten. Auch hierzu wird im bezeichneten Gutachten ausgeführt, angesichts des Stadiums des Prostatakarzinoms des Klägers sei dieses ohnehin nicht mehr kurativ therapierbar, weshalb die beiden hier erörterten Einzelmaßnahmen bereits keine Aussicht auf heilende Wirkung haben könnten, es gebe aber auch keine Ergebnisse aus kontrollierten Studien, die eine Wirksamkeit zur Linderung der Erkrankung des Klägers belegen könnten.
63 
Nach allem handelt es sich bei den vom Kläger beabsichtigten Therapiemaßnahmen insgesamt und auch in Teilen nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode.
64 
Doch auch wenn von einer fehlenden allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung der hier im Streit stehenden Therapie des Prostatakarzinoms des Klägers auszugehen ist, ist damit ein Beihilfeanspruch nicht generell und absolut ausgeschlossen. Vielmehr sind insoweit die Grundsätze zu beachten, die der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in dem bereits mehrfach zitierten Urteil vom 26.07.2010 (a.a.O.) zur Frage der Beihilfefähigkeit von derartigen Therapieansätzen - dort zu Maßnahmen der Traditionellen Chinesischen Medizin - entwickelt hat:
65 
In jenem Urteil wird ausgeführt:
66 
... Entgegen der Auffassung des Beklagten führt die fehlende allgemeine wissenschaftliche Anerkennung der bei der Ehefrau des Klägers durchgeführten Behandlungsmethode nicht dazu, dass ein Anspruch auf Beihilfegewährung von vornherein ausgeschlossen ist. Vielmehr besteht ein Anspruch auf Beihilfe für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode dann, wenn das Finanzministerium keine Ausschlussregelung getroffen hat und die Notwendigkeit der Behandlung mit einer Außenseitermethode im Einzelfall bei Anlegung eines strengen Prüfungsmaßstabes nachgewiesen ist. Unerheblich ist in einer derartigen Fallgestaltung dann, ob nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Aussicht auf eine wissenschaftliche Anerkennung der Therapiemethode besteht.
67 
a) Die maßgeblichen Beihilfevorschriften enthalten, anders als etwa die Nordrhein-Westfälische Beihilfeverordnung (vgl. hierzu OVG Münster, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 - ZBR 2009, 270) oder etwa das Leistungsrecht der Postbeamtenkrankenkasse (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - zu § 30 Abs. 4 der Satzung a.F.), keine explizite Klausel, nach der wissenschaftlich nicht anerkannte Mittel nicht beihilfefähig sind. Jedoch sieht § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. (entsprechend § 6 Abs. 2 der Beihilfevorschriften des Bundes - BhV a.F.) vor, dass das Finanzministerium die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Untersuchung oder Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode begrenzen oder ganz ausschließen kann. Wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit steht, ist eine solche konkretisierende Ausschlussentscheidung durch das Finanzministerium, welche die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin begrenzen oder ausschließen würde, weder ausdrücklich in der Anlage zur Beihilfeverordnung noch durch die Bezugnahme in Nr. 1.5.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung auf die Entscheidungen des Bundesministers des Inneren in den Hinweisen 1 und 2 zu § 6 Abs. 2 BhV getroffen worden.
68 
Der vom Verordnungsgeber in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. getroffenen Regelung kommt jedoch in systematischer Hinsicht für die Lösung der hier vorliegenden Problematik maßgebliche Bedeutung zu. Denn sowohl dem Wortlaut als auch der systematischen Stellung von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lässt sich unzweideutig entnehmen, dass es nach der Vorstellung des Verordnungsgebers grundsätzlich Fallkonstellationen geben kann, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung einer Behandlungsmethode besteht. Für eine normausfüllende bzw. normkonkretisierende (vgl. hierzu mit weiteren Nachweisen Urteil des Senats vom 28.01.2010 - 10 S 2582/08 - juris) Entscheidung des Finanzministeriums bliebe kein Raum, wenn die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung einer Behandlungsmethode in jedem Fall Grundvoraussetzung für die Beihilfegewährung wäre. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. zeigt, dass der Normgeber der Beihilfeverordnung selbst Fallkonstellationen für denkbar und regelungsbedürftig hält, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung besteht. Bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden ist deshalb ein Anspruch auf Beihilfe nur dann von vornherein - vorbehaltlich der vom Bundesverwaltungsgericht auch für solche Fallkonstellationen aufgestellten Ausnahmen (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801; und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436) - ausgeschlossen, wenn das Finanzministerium auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO eine wirksame Ausschlussregelung getroffen hat. Diese Überlegungen verdeutlichen zugleich, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 29.06.1995 (2 C 15.94 - a.a.O.) für die Überprüfung von Ausschlussentscheidungen auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. entwickelten Maßstäbe nicht ohne Weiteres auf die hier vorliegende Konstellation übertragen werden können.
69 
b) Im Ausgangspunkt zu Recht geht der Beklagte davon aus, dass Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Ausschlussentscheidung auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. regelmäßig nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind. Die Beihilfe stellt eine aus der Fürsorgepflicht resultierende, die zumutbare Eigenvorsorge des Beamten ergänzende Leistung des Dienstherrn dar, bei deren Gewährung er an den Grundsatz der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel gebunden ist. Die Beihilfegewährung gründet daher auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb nicht ohne Belang, ob die von ihm (mit)finanzierte Behandlung Erfolg verspricht oder nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O.; OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47.01 - a.a.O.). Dass das öffentliche Interesse an einer effektiven und sparsamen Verwendung von Steuergeldern eine Begrenzung der Beihilfe auf Erfolg versprechende Heilbehandlungen zulässt, ist im Übrigen schon frühzeitig von der Rechtsprechung anerkannt worden (vgl. BAG, Urteil vom 24.11.1960 - 5 AZR 438/59 - AP 1961 BeihilfenGR Nr. 4; BVerwG, Urteil vom 28.11.1963 - 8 C 72.63 - Buchholz 238.91 Nr. 2). Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz liegt dem Begriff der Notwendigkeit der Aufwendungen zugrunde, der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lediglich ausgestaltet und präzisiert wird. Auch ohne eine förmliche Ausschlussentscheidung des Landesfinanzministeriums auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. ist deshalb von der Beihilfestelle im Rahmen der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO zu treffenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Heilbehandlung primär zu prüfen, ob diese allgemein wissenschaftlich anerkannt ist.
70 
c) Nach dem oben Dargelegten ist bei Nichtvorliegen einer förmlichen Ausschlussentscheidung und fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung der durchgeführten Behandlungsmethode ein Beihilfeanspruch jedoch nicht ohne Weiteres ausgeschlossen. Vielmehr ist in einer derartigen Fallgestaltung § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO a.F. anzuwenden mit der Folge, dass die Beihilfestelle in eine Einzelfallprüfung einzutreten und festzustellen hat, ob bei Anlegung eines strengen Maßstabes die medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen für eine Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode besteht (vgl. so schon VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.01.1999 - 4 S 1086/96 - IÖD 1999, 139 -; der Sache nach auch Urteil vom 17.12.2009 - 4 S 3040/07 -; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Erläuterungen, Anm. 33.2 zu § 6 BhV). In diesem Zusammenhang kommt der von § 5 Abs. 1 Satz 3 BVO a.F. vorgesehenen Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Heilbehandlung besondere Bedeutung zu. Das von der Fürsorgepflicht getragene Gebot des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO, eine Beihilfe zu „dem Grunde nach“ notwendigen Aufwendungen zu leisten, kann den Dienstherrn in Ausnahmefällen auch dazu verpflichten, die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode nach den jeweiligen Bemessungssätzen zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit - z. B. unbekannter Genese - noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall - z. B. wegen einer Gegenindikation - das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten (vgl. so auch BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O. und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - a.a.O.). ...“
71 
Danach setzt die Gewährung einer Beihilfe für die Durchführung einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode zunächst voraus, dass die Maßnahme keinem expliziten Ausschluss nach der Beihilfeverordnung unterliegt. Ein solcher Ausschluss greift vorliegend im Hinblick auf die in Frage stehende Hyperthermiebehandlung und die Behandlung mit Thymuspräparaten Raum.
72 
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVO sind Aufwendung für ärztliche Leistungen (nur) nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung beihilfefähig; die dort u.a. durch das zuständige Ministerium getroffenen Ausschlussentscheidungen finden ihre Ermächtigungsgrundlage - wie vom Verwaltungsgerichtshof im eben zitierten Urteil bereits dargelegt - in § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BVO. Nach Nr. 1.5.1 der genannten Anlage sind nicht beihilfefähig Aufwendungen für die vom Bundesministerium des Innern in Anlage 1 zur Bundesbeihilfeverordnung genannten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit den dort genannten Maßgaben.
73 
Unter Nr. 4 des Abschnitts 2 („Teilweiser Ausschluss“) der im Rahmen der vorliegenden Feststellungsklage zu berücksichtigenden derzeitigen Fassung der Anlage 1 zur Bundesbeihilfeverordnung vom 18.07.2014 wird die Hyperthermiebehandlung erwähnt, mit dem Zusatz „Aufwendungen sind nur beihilfefähig bei Tumorbehandlungen in Kombination mit Chemo- oder Strahlentherapie“. Nur in der danach beschriebenen Kombination ist also eine Hyperthermiebehandlung beihilfefähig, ansonsten ist die Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Da im Falle des Klägers keine Chemo- oder Strahlentherapie geplant ist oder durchgeführt wird, kann er eine Beihilfe nicht beanspruchen, ohne dass es auf die weiteren vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für eine Außenseitermethode ankäme.
74 
Anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus denjenigen Fassungen der Anlage 1 zur BBhV, die ab November 2011, dem Zeitpunkt, zu dem sich der Kläger erstmals an das Landesamt unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung vom 09.11.2011 gewandt hatte, Geltung beanspruchten. So wird zwar in Abschnitt 2 der in der Zeit vom 24.12.2009 bis 19.09.2012 geltenden Fassung der Anlage 1 die „Prostata-Hyperthermie-Behandlung“ mit dem Zusatz „Aufwendungen sind nur beihilfefähig bei Krebsbehandlung“, erwähnt. Aus dem Zweck der Anlage 1, die ihre Rechtsgrundlage in § 6 BBhV hat, ist jedoch zu schließen, dass mit der dort erwähnten Krebsbehandlung eine solche nach Maßgabe einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Behandlungsmethode gemeint ist, die - wie bereits ausgeführt - vorliegend jedoch nicht durchgeführt wurde und auch nicht durchgeführt werden soll. § 6 Abs. 2 BBhV in allen seit 14.02.2009 gültigen Fassungen schreibt nämlich der Grundsatz fest, dass die Notwendigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen voraussetzt, dass diese nach einer wissenschaftlich anerkannten Methode vorgenommen werden (Satz 1). Als nicht notwendig gelten danach in der Regel Untersuchungen und Behandlungen, soweit sie in der Anlage 1 ausgeschlossen werden (Satz 2). Danach geht die Bundesbeihilfeverordnung für die Beihilfefähigkeit von dem Prinzip aus, dass nur Aufwendungen für wissenschaftlich anerkannte Methoden beihilfefähig sind. Ausnahmevorschriften, wie die vorliegend diskutierte, sind deshalb eng auszulegen, weshalb der Schluss nicht gerechtfertigt ist, dass eine Hyperthermiebehandlung im Zusammenhang mit jedweder, vorgeblich einer Behandlung des Prostatakarzinoms dienenden Methode beihilfefähig wäre. Vielmehr bestand danach unter Geltung der hier diskutierten Fassung der Anlage 1 ein Anspruch auf Beihilfe zu einer Hyperthermiebehandlung auch nur im Rahmen einer Krebsbehandlung, die nach wissenschaftlich anerkannten Methoden durchgeführt wurde. So verhält es sich im Falle des Klägers allerdings nicht. Er vermag deshalb auch aus dem von ihm in Bezug genommenen Merkblatt, in dem eine Beihilfefähigkeit der Hyperthermiebehandlung in Verbindung mit einer Krebsbehandlung dargestellt wurde, keine Ansprüche für sich herzuleiten. Im Übrigen dient ein solches Merkblatt - auch für den Beamten ersichtlich - regelmäßig lediglich der Information und stellt damit auch keine Zusicherung im Sinne von § 38 LVwVfG dar. Letzteres wird von Klägerseite auch nicht behauptet.
75 
Ein völliger Ausschluss der Hyperthermiebehandlung von der Beihilfefähigkeit findet sich schließlich unter Abschnitt 1 Nr. 8.3 der Anlage 1 zur Bundesbeihilfeverordnung, die in der Zeit von 20.09.2012 bis 25.04.2014 Gültigkeit hatte.
76 
Ausgeschlossen ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Nr. 1.5.1 der Anlage zur BVO im konkreten Fall auch die Behandlung mit Thymuspräparaten. Denn solche Aufwendungen sind nach der aktuellen Anlage 1 zur BBhV (dort Abschnitt 2 Nr. 10) und auch nach den beiden, bereits genannten vorherigen Fassungen der Anlage 1 nur beihilfefähig bei Krebsbehandlungen, wenn andere übliche Behandlungsmethoden nicht zum Erfolg geführt haben. Andere übliche Behandlungsmethoden sind aber - worauf noch einzugehen sein wird - bisher beim Kläger nicht durchgeführt worden.
77 
Keiner Ausschlussentscheidung unterfällt allerdings die Behandlung mit dendritischen Zellen. Zwar wurde von Beklagtenseite angenommen, hierbei handle es sich um den Fall einer autohomologen Immuntherapie, die in allen seit November 2011 gültigen Fassungen der Anlage 1 zur BBhV unter den völligen Ausschlüssen zu finden ist. Insoweit wurde durch das Sachverständigengutachten jedoch geklärt, dass es sich bei der Behandlung mit dendritischen Zellen nicht um eine autohomologe Immuntherapie handelt; diese Aussage des Sachverständigen wird vom Beklagten auch nicht in Frage gestellt.
78 
Auch wenn eine Behandlungsmethode allerdings weder in der Beihilfeverordnung selbst noch über den Verweis in Nr. 1.5.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung auf die Anlage 1 zur BBhV ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgenommen wird, bedeutet dies im Umkehrschluss nicht, dass alle anderen Methoden beihilfefähig wären. Vielmehr bleibt es bei dem in § 5 Abs. 1 BVO niedergelegten beihilferechtlichen Grundsatz, dass Anspruch auf eine Leistung nur dann besteht, wenn eine medizinische Notwendigkeit für die geltend gemachten Aufwendungen besteht. In solchen Fällen ist deshalb eine Einzelfallprüfung der medizinischen Notwendigkeit durchzuführen.
79 
Dabei ist, wenn es wie hier um die Beihilfefähigkeit für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methode geht, nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Urteil vom 26.07.2010 (a.a.O.) zunächst die Frage zu stellen, ob eine solche allgemein anerkannte Behandlungsmethode existiert. Diese Frage ist vorliegend auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens zu bejahen.
80 
In den gutachterlichen Äußerungen und auch im Rahmen der mündlichen Erläuterung wurde von Gutachterseite dargelegt, dass beim Kläger schon zum Zeitpunkt seiner Entscheidung für die hier strittige Methode ein fortgeschrittenes lymphogen und ossär metastasiertes Erkrankungsstadium gegeben war. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe keine Möglichkeit zur Heilung der vorliegenden Krebserkrankung bestanden. Zur Beeinflussung des Krankheitsverlaufs im Sinne einer Linderung bestünden jedoch Empfehlungen. So empfehle die deutsche Leitlinie zur Behandlung des Prostatakarzinoms im metastasierten Erkrankungsstadium, dass dem Patienten im Falle einer vorliegenden Symptomatik eine Androgendeprivationstherapie empfohlen werden solle, im Falle einer fehlenden Symptomatik zumindest angeboten werden könne. Die Leitlinie weise ferner darauf hin, dass der Patient im Rahmen des Aufklärungsgespräches über die Therapiemethoden auf den palliativen Charakter der Therapie, den Einfluss auf die Lebensqualität, mögliche Nebenwirkungen sowie jedoch auch auf die Verlängerung des progressionsfreien Überlebens hingewiesen werden solle. Die Androgendeprivation (der Entzug von Testosteron im Sinne einer Kastration) könne mittels medikamentöser Dauerbehandlung oder mittels operativer Entfernung von Hodengewebe erfolgen. Auch die Möglichkeit der Behandlung mit einem nicht-steroidalen Antiandrogen stehe zur Verfügung, dies sei jedoch nach aktuellem wissenschaftlichen Stand möglicherweise mit einer kürzeren Gesamtüberlebenszeit assoziiert. Eine solche Androgendeprivationstherapie - so erklärte Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung - sei beim Kläger auch heute noch möglich.
81 
Weiter heißt es in den gutachterlichen Äußerungen, falls sich ein Patient aufgrund der zu erwartenden Nebenwirkungen bzw. Einschränkungen der Lebensqualität gegen eine hormonablative Therapie entscheiden sollte, stehe das Therapiekonzept des „watchful waiting“ zur Verfügung, bei dem lediglich palliativ intendierte symptomabhängige Interventionen durchgeführt werden. Hierzu zähle beispielsweise auch die lokale perkutane Bestrahlung von Knochenmetastasen. Diese werde gemäß den Leitlinien bei einem Evidenzgrad A, jedoch nur bei drohender spinaler Kompression oder erhöhtem Frakturrisiko primär empfohlen, könne jedoch bei PersiNr. 1.5.1 zur BVO und Nr. 1 A der Anlage 1 zur BBhV lokalisierter Knochenschmerzen ebenfalls angeboten werden. Daten über eine bestehende derartige Symptomatik lägen für den Kläger allerdings nicht vor. Zusätzlich könne bei Patienten mit Knochenmetastasen zur Vorbeugung von Komplikationen das Bisphosphonat Zoledronsäure oder der monoklonale Antikörper Denosumab eingesetzt werden. Sollte es im Rahmen der Behandlung des Patienten zu einer Kastrationsresistenz, also dem fehlenden Ansprechen auf die durchgeführte Hormonbehandlung kommen, stünden im weiteren leitliniengerechte Chemotherapien mit den Substanzen Docetaxel oder Carbacitaxel sowie zusätzliche Substanzen zur sekundären Hormonmanipulation zur Verfügung.
82 
Existiert danach aber eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode, so kommt eine Beihilfefähigkeit für eine andere Behandlungsmethode, die wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt ist, nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Urteil vom 26.07.2010 (a.a.O.) nur dann in Betracht, wenn eine schulmedizinisch anerkannte Methode bereits erfolgreich angewandt wurde oder diese Methode im Einzelfall, etwa wegen einer Kontraindikation, nicht angewendet werden darf.
83 
Festzustellen ist im konkreten Fall zunächst, dass der Kläger bisher eine leitlinienkonforme Behandlung nicht hat durchführen lassen, sich also keiner wissenschaftlich allgemein anerkannten Behandlungsmethode unterzogen hat. Danach wäre eine Beihilfefähigkeit nur dann gegeben, wenn die wissenschaftlich anerkannte Methode in seinem Falle nicht angewendet werden dürfte oder aus anderen Gründen nicht anwendbar wäre.
84 
Das Vorliegen eines derartigen Ausschlusstatbestands ist vorliegend aber nicht ersichtlich. Vielmehr spricht nichts dafür, dass die eben referierten leitliniengerechten Behandlungsmaßnahmen im Falle des Klägers nicht angewendet werden durften oder aktuell nicht anwendbar wären. Vielmehr hat der Gutachter bei seiner Befragung - wie bereits erwähnt - darauf hingewiesen, dass er keine Anhaltspunkte hat, die im Falle des Klägers gegen eine Androgendeprivationstherapie in der Vergangenheit hätten sprechen können oder auch noch heute gegen eine solche sprächen.
85 
Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass jedenfalls aufgrund der möglichen Nebenwirkungen einer Androgendeprivationstherapie der Behandlung mit einem Vakzin auf der Grundlage dendritischer Zellen der Vorzug gegeben werden müsste. In diesem Zusammenhang ist zunächst der gutachterliche Hinweis von Bedeutung, dass der Einsatz von dendritischen Zellen, konkret mittels des Impfstoffes Sipuleucel-T, keine echte Alternative zu der angesprochenen Androgendeprivationstherapie darstellt. Vielmehr kommt - so Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2014 - Sipuleucel-T erst dann zur Anwendung, wenn die Androgendeprivationstherapie beim Patienten nicht mehr anspricht, weil dieser eine Kastrationsresistenz entwickelt hat, mit der erfahrungsgemäß etwa 36 Monate nach Beginn der Androgendeprivationstherapie zu rechnen sei. Im Übrigen kann - entgegen der Annahme des Klägerbevollmächtigten - auch nicht davon gesprochen werden, eine Androgendeprivation habe keinen medizinischen Nutzen. Vielmehr führt eine solche zu einer Hemmung der weiteren Entwicklung des Tumors.
86 
Ganz entscheidend ist aber auch, dass die Annahme, eine Impfung mit dendritischen Zellen sei mit weitaus geringeren Nebenwirkungen verbunden als die vorgeschlagene Androgendeprivationstherapie nicht zu belegen ist.
87 
So hat Prof. Dr. B. bei seiner Anhörung vor Gericht die Nebenwirkungen der Androgendeprivation im Einzelnen beschrieben. Die dadurch hervorgerufene Einschränkung der Testosteronproduktion führe zu einer Libidominderung und es könne zu Erektionsstörungen bis zum Erektionsverlust kommen. Außerdem gebe es eine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit, die auf die Einstellung der Spermienproduktion zurückzuführen sei. Diese sei allerdings bei Absetzung der Medikamente im Falle einer medikamentösen Androgendeprivationstherapie reversibel. Diese Therapie könne auch zu Schmerzen in der Brust und zu Hitzewallungen führen. Die Schmerzen in der Brust könnten durch eine Strahlentherapie therapiert werden, gleichzeitig könnte aber das Risiko für eine Osteoporose steigen.
88 
Vergleicht man hiermit diejenigen Nebenwirkungen, die mit der Gabe des DZ-Impfstoffs Sipuleucel-T verbunden sein können, so zeigt sich dass die Risiken der letztgenannten Anwendung durchaus nicht als geringer zu werten sind, als diejenigen einer Androgendeprivationstherapie. So wird in der auch vom Kläger vorgelegten Information der European Medicines Agency zu dem seit September 2013 auch in der Europäischen Union zugelassenen Medikament „Provenge“, das auf Sipuleucel-T beruht, zu den Risiken von „Provenge“ folgendes dargelegt
89 
(vgl.: www.ema.europa.eu/docs/de_DE/document_library/EPAR_-_Summary_for_the_public/human/002513/WC500151157.pdf) :
90 
„Sehr häufige Nebenwirkungen von Provenge (die mehr als 1 von 10 Menschen betreffen können) sind Schüttelfrost, Müdigkeit, Fieber, Übelkeit, Arthralgie (Gelenkschmerzen), Kopfschmerzen und Erbrechen.
Schwerwiegende Nebenwirkungen von Provenge sind akute Infusionsreaktionen, schwere Infektionen (Katheter-Sepsis und Staphylokokken-Bakteriämie), Herzinfarkt und zerebrovaskuläre Ereignisse (die Blutversorgung des Gehirns betreffend). ...“
91 
Zwar ist im Falle des Klägers nicht die Anwendung von „Provenge“ beabsichtigt, dem Gericht liegen jedoch keinerlei Erkenntnisse darüber vor, dass der vom Arzt des Klägers eingesetzte DZ-Impfstoff keine derartigen Nebenwirkungen hätte.
92 
Auch mit Rücksicht auf die möglichen Nebenwirkungen kann deshalb nach den Erkenntnissen der Kammer nicht davon die Rede sein, dem Kläger könne eine Androgendeprivationstherapie nicht zugemutet werden, weil die von ihm gewählte Behandlungsmethode weniger riskant sei.
93 
Schließlich ist auch im Hinblick auf die Verwendung onkolytischer Zellen und von Hitzeschockproteinen darauf hinzuweisen, dass auch insoweit die Androgendeprivationstherapie und weitere gutachterlich genannte Behandlungsmethoden wissenschaftlich allgemein anerkannter Art zur Verfügung stehen, die im Falle des Klägers bisher nicht zur Anwendung gekommen sind. Auch diesbezüglich gibt es keine Anhaltspunkte, die gegen eine leitliniengerechte Behandlung sprechen könnten.
94 
Danach kommt es auf die Frage, ob die beim Kläger beabsichtigte Kombinationsmethode insgesamt oder in Teilen nach ernstzunehmender Auffassung Aussicht auf Erfolg bietet, nicht an. Denn diese Frage stellte sich nur dann, wenn im Einzelfall des Klägers eine wissenschaftlich allgemein anerkannte und anwendbare Behandlungsmethode nicht existent wäre. Eine solche gibt es jedoch.
95 
Dem Kläger steht nach allem der geltend gemachte Beihilfeanspruch nicht zu, die Klage ist abzuweisen.
96 
Zum selben Ergebnis gelangte man - dies sei abschließend erwähnt - auch dann, wenn man die Grundsätze des von Klägerseite mehrfach zitierten „Nikolausbeschlusses“ des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 06.12.2005, a.a.O.) zur Anwendung bringen würde, der im Übrigen die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung und nicht einen Fall der beamtenrechtlichen Beihilfe im Krankheitsfall betraf. Denn auch danach kommt ein Leistungsanspruch nur dann in Betracht, wenn eine medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht. So verhält es sich vorliegend jedoch - wie bereits mehrfach ausgeführt - nicht.
97 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 VwGO liegen nicht vor.
98 
Beschluss vom 19. Dezember 2014
99 
Der Streitwert wird gem. § 52 Abs. 1 GKG auf10.000,00 EUR festgesetzt.
100 
Gründe
101 
Angesichts des zu erwartenden Kostenaufwands bei Durchführung aller vom Kläger beabsichtigten Maßnahmen kommt nach Auffassung der Kammer allein die Festsetzung des Auffangstreitwerts von 5.000,00 EUR nach § 52 Abs. 2 GKG vorliegend nicht in Betracht. Im Hinblick auf die vom Kläger geplanten Maßnahmen und die von ihm zu erwartenden Beihilfeleistungen hält das Gericht den festgesetzten Betrag von 10.000,00 EUR für angemessen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine Beihilfe zu Aufwendungen für eine bei seiner Ehefrau durchgeführte lokoregionale Tiefenhyperthermiebehandlung.
Der Kläger ist als Ruhestandsbeamter gegenüber dem Beklagten beihilfeberechtigt. Seine Ehefrau ist berücksichtigungsfähige Angehörige mit einem Beihilfebemessungssatz von 70 %. Sie ist seit dem Jahr 2007 im Besitz einer Vollmacht des Klägers.
Im April 2009 beantragte die Ehefrau des Klägers sinngemäß die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit einer Hyperthermiebehandlung. Sie machte unter Vorlage zweier Schreiben ihres Heilpraktikers Dr. B... vom 30.04.2009 und 09.04.2009, eines Schreibens der Fachärztin für Innere Medizin Dr. S... vom 27.07.2009 und eines ihrer Frauenärztin Dr. H... vom 06.05.2009 geltend, sie sei nach einer Operation eines Mammakarzinoms im April 2009, einer Knieoperation im Juli 2008, einer Cortisonbehandlung wegen seit September 2007 anhaltender Muskelschmerzen im Zusammenhang mit einer Polymyalgia rheumatica und aufgrund starker Schmerzen im Rücken nicht mehr bereit, nochmal eine schlechte Zeit mit Bestrahlungen und Medikamenten durchzumachen, zumal sie den Kläger pflege, die vielen Medikamente, die sie im Zusammenhang mit den beiden Operationen bekommen habe, nicht gut vertragen habe und bei den üblichen Verfahren unerwünschte Nebenwirkungen auftreten könnten. Alternativ zu den vom Tumorboard der Universität Heidelberg vorgesehenen Bestrahlungen und der Antihormontherapie zur weiteren, postoperativen, Krebstherapie sei ihr daher zu einer biologischen Krebstherapie und Hyperthermie geraten worden.
Nachdem das vorgelegte amtsärztliche Zeugnis vom 10.07.2009 nach einer Untersuchung der Ehefrau des Klägers die Notwendigkeit der Tiefenhyperthermie-behandlung mit der Begründung verneinte, sie habe im Anschluss an die operative Behandlung noch nicht die vom Tumorboard der Universität Heidelberg empfohlenen Behandlungen durchgeführt, teilte diese mit Schreiben vom 03.08.2009 mit, sie habe sich mittlerweile der Tiefenhyperthermiebehandlung unterzogen. Mit Bescheid vom 10.08.2009 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im folgenden: Landesamt) den Antrag auf Voranerkennung der Beihilfefähigkeit einer solchen Behandlung unter Verweis auf das amtsärztliche Gutachten ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2009 als unbegründet zurück und führte aus, Beihilfe zu Aufwendungen für eine Tiefenhyperthermiebehandlung sei nur dann zu gewähren, wenn im Einzelfall durch ein amtsärztliches Gutachten die medizinische Notwendigkeit einer solchen Krebsbehandlung nachgewiesen werde. Die gegen die Ablehnung einer Voranerkennung der Beihilfefähigkeit der Behandlungskosten von der Ehefrau des Klägers in eigenem Namen erhobene Klage wies die erkennende Kammer mit Urteil vom 24.02.2011 (Az. 9 K 2473/09) als unzulässig ab.
Bereits am 03.08.2009 beantragte der Kläger die Gewährung einer Beihilfe unter anderem für die seiner Ehefrau mit Schreiben vom 06.05.2009 und 02.06.2009 in Rechnung gestellten Kosten der im April und Mai 2009 durch den Heilpraktiker Dr. B... durchgeführten Tiefenhyperthermiebehandlung in Höhe von insgesamt 2.850,25 EUR.
Mit Bescheid vom 27.08.2009 lehnte das Landesamt die Gewährung einer Beihilfe insoweit unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid vom 25.08.2009 ab. Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 04.11.2009 legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2010 wies das Landesamt den Widerspruch unter Gewährung der Wiedereinsetzung als unbegründet zurück.
Mit seiner fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht unter Vorlage weiterer Arztberichte des Chefarztes des Krankenhauses Schwetzingen, Dr. G..., vom 26.02.2009, 27.02.2009 und 04.03.2009 geltend, nach völlig unauffälligem postoperativem Verlauf sei seiner Ehefrau am 27.02.2009 im Tumorboard der Universität Heidelberg zur Radiatio der Brust und zur endokrinen Therapie mit Aromatasehemmer (bei AV-Fistel und Kontraindikation gegen Tamoxifen) geraten worden. Diesen Therapien habe sie sich aufgrund ihres Alters, ihrer Angst vor einem neuen Schub der Polymyalgia rheumatica und aufgrund von schwerwiegenden Unverträglichkeiten, die bei einer früheren Cortisonbehandlung und einer Hormonbehandlung im Zusammenhang mit einer Osteoporose aufgetreten seien, nicht unterzogen. Im Übrigen sei er pflegebedürftig. Bei derartigen Nebenwirkungen hätte seine Ehefrau ihn nicht ausreichend pflegen können. Vor diesem Hintergrund habe sie sich für eine alternative, weniger aggressive Behandlung entschieden, die mit Erfolg durchgeführt worden sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 27.08.2009 in der Gestalt dessen Widerspruchsbescheides vom 08.04.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Beihilfe für die Kosten der Tiefenhyperthermiebehandlung seiner Ehefrau in Höhe von 1.995,17 EUR zu gewähren.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Zur Begründung verweist er auf die in den Bescheiden enthaltenen Ausführungen. Ergänzend führt er aus, nach einer von ihm eingeholten Stellungnahme des Gesundheitsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 10.05.2011 handele es sich bei der Brust-Tiefenhyperthermiebehandlung nicht um eine wissenschaftlich anerkannte Methode, da laut eines Beschlusses des Unterausschusses „Ärztl. Behandlung“ des gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V deren Nutzen, medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht valide belegt seien. Die Technologie befinde sich noch im Stadium der Forschung und Entwicklung, wie die Vielzahl der technischen Varianten und der fehlende wissenschaftliche Konsens hinsichtlich der Bewertung der Therapieergebnisse und der notwendigen Standardisierung zeigten. Es sei des Weiteren der Rechtsprechung die Notwendigkeit zu entnehmen, dass eine wissenschaftlich allgemein noch nicht anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase Aussicht auf eine wissenschaftliche allgemeine Anerkennung habe, wofür zumindest erforderlich sei, dass nicht nur einzelfallbezogene Erkenntnisse vorlägen, die belegten, dass die Methode zur Heilung geeignet sei und wirksam eingesetzt werden könne. Schließlich sei die Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Hyperthermiebehandlung bei Prostatakarzinomen durch Verweis von Ziff. 1.5.1. Anlage zur BVO auf Anlage 1 Nr. 2 zu § 6 Abs. 2 BBhV im Gegensatz zu einer solchen Behandlung bei Mammakarzinomen damit zu erklären, dass bei Prostatakrebs bereits mehrere austherapierte Einzelfälle durch Hyperthermiebehandlung vorlägen. Überdies sei vorgesehen, mit der nächsten Änderung der BBhV die Hyperthermiebehandlung bei Prostatakarzinomen wieder zu streichen, da keine wissenschaftlichen Erkenntnisse zu der sich noch im experimentellen Stadium befindlichen Therapieform vorlägen.
13 
Demgegenüber bringt der Kläger vor, es sei erwiesen, dass die Hyperthermiebehandlung die Überlebensrate von Krebspatienten signifikant erhöhe, was durch eine multizentrische klinische Studie bereits in den 90er Jahren nachgewiesen worden sei. Zudem sei die Unterscheidung des Beihilferechts zwischen der Hyperthermiebehandlung von Prostatakrebs einerseits und Mammakarzinomen andererseits nicht nachvollziehbar, da sie bei beiden zu einer lokalen Wirksamkeitsverstärkung führe und sich die Behandlung bei Mammakarzinomen keineswegs mehr in einem experimentellen Stadium befinde. Die Differenzierung der BBhV stelle eine unbegründete Ungleichbehandlung dar, insbesondere vor dem Hintergrund des Alters, der Vorerkrankung, der Medikamentenunverträglichkeit und äußeren Umstände seiner Ehefrau. Eine Hyperthermiebehandlung sei daher die einzige Behandlungsalternative zur Strahlenbehandlung und damit notwendig und angemessen. Des Weiteren sei unerheblich, ob die Hyperthermiebehandlung von Mammakarzinomen eine Standardbehandlung oder wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode darstelle, da allein ausschlaggebend sei, ob diese eine medizinisch notwendige Behandlung darstelle. Da sich eine solche Notwendigkeit aus den vorgelegten Attesten ergebe, sei eine Beihilfefähigkeit gegeben.
14 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Gerichtsakte zum Az. 9 K 2473/09 und die dem Gericht in beiden Verfahren vorgelegten Verwaltungsakten des Landesamts (2 Bände) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die zulässige Klage, über die die Kammer mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Die Versagung einer Beihilfegewährung zu den Kosten der Tiefenhyperthermie-behandlung mit Bescheid des Landesamtes vom 27.08.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe für die geltend gemachten Aufwendungen.
16 
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind die Aufwendungen für aus Anlass einer Krankheit gesondert erbrachte und berechnete Leistungen von Heilpraktikern nach Maßgabe der Anlage zur BVO beihilfefähig. Voraussetzung ist nach § 5 Abs. 1 S. 1 BVO, dass sie dem Grunde nach notwendig sind. Über die Notwendigkeit entscheidet nach § 5 Abs. 1 S. 2 BVO die Beihilfestelle. Sie kann hierzu nach § 5 Abs. 1 S. 3 BVO begründete medizinische Gutachten (§ 18 Abs. 5 BVO) einholen. Nach Ziffer 1.5.1 der Anlage zur BVO sind Aufwendungen für die vom Bundesministerium des Innern in Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 BBhV genannten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit den dort genannten Maßgaben von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Ein ausdrücklicher Ausschluss der Hyperthermiebehandlung bei Mammakarzinomen findet sich indes in Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 BBhV nicht. Vielmehr findet sich lediglich ein Ausschluss der Prostata-Hyperthermiebehandlung, jedoch wiederum mit der Rückausnahme, dass Aufwendungen im Falle einer Krebsbehandlung beihilfefähig sind. Damit ist die Beihilfefähigkeit der Hyperthermiebehandlung im Falle von Mammakarzinomen am Maßstab des § 5 Abs. 1 S. 1 BVO und der dem Grunde nach gegebenen Notwendigkeit zu messen.
17 
Die Tiefenhyperthermiebehandlung der Ehefrau des Klägers war nicht dem Grunde nach notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 BVO. Notwendig im Wortsinne ist eine Maßnahme, die eine Not abwendet und darum unerlässlich, bzw. unentbehrlich, unvermeidlich oder zwangsläufig ist. Welche Leistung im Einzelfall notwendig ist, muss in erster Linie aus medizinischer Sicht beurteilt werden. Aufwendungen, die im Zeitpunkt ihres Entstehens nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft aus ärztlicher Sicht als objektiv erforderlich anzusehen sind, sind auch notwendig im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 BVO (Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern/Zimmermann, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, Stand April 1990, § 5 BVO Rn. 3 <2.2>).
1.
18 
Aus den Beihilfevorschriften, vor allem aus der konkretisierungsfähigen und -bedürftigen Ausschlussnorm des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO, ergibt sich für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden ein Leistungsausschluss oder eine Leistungsbegrenzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.07.2010 - 11 S 2730/09 -, DÖV 2010, 903; BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, DÖV 1996, 37). Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden ist grundsätzlich mit der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Fürsorgepflicht des Dienstherrn, wie sie für den Bereich der Krankenvorsorge durch die Beihilferegelungen konkretisiert wird, vereinbar (BVerwG, Beschluss vom 22.08.2007 - 2 B 37.07 - [juris]). Denn die Gewährung von Beihilfen, die aus allgemeinen Steuergeldern finanziert werden und dem Gebot einer effektiven und sparsamen Verwendung unterliegen, gründet auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.1994 - 4 S 2953/93 -, ESVGH 44, 316).
19 
Die Kammer ist der Überzeugung, dass Hyperthermiebehandlung, zumindest in der bei der Ehefrau des Klägers durchgeführten Form, nicht die Voraussetzungen einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Behandlungsmethode erfüllt. Eine Behandlung ist wissenschaftlich allgemein anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für die Behandlung der jeweiligen Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird (BVerwG, Beschluss vom 15.07.2008 - 2 B 44.08 - [juris]; Urteile vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436 und vom 29.06.1995, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.07.2010, a.a.O.; Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, DÖD 2004, 109; Urteil vom 24.03.1994, a.a.O.). Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem Urheber - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010 - 10 S 3384/08 -, IÖD 2010, 231; Urteil vom 14.07.2010, a.a.O.). Die wissenschaftliche Anerkennung setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.07.2010, a.a.O.; Beschluss vom 16.06.2003, a.a.O.).
20 
Unter Anwendung der genannten Grundsätze ist nicht davon auszugehen, dass die Hyperthermiebehandlung, wie sie bei der Ehefrau des Klägers durchgeführt wurde, eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode darstellt. Bei ihr erfolgte eine Behandlung mittels Hyperthermie nach zwei erfolgten Operation bei unauffälligem postoperativem Verlauf und daher zur präventiven Behandlung. In den Auswertungen des Unterausschusses „Ärztliche Behandlung“ des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie heißt es, „therapeutischer Nutzen, medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der alleinigen oder begleitenden Hyperthermiebehandlung seien beim Mammakarzinom nicht belegt“ (vgl. Seite 337 des Zusammenfassenden Berichts vom 15.06.2005; http://www.g-ba.de/downloads/40-268-236/2005-06-15-BUB-Hyperthermie.pdf [20.10.2011]). Aus den im Internet verfügbaren Informationen des Deutschen Krebsforschungszentrums folgt zudem, dass die Hyperthermie keine Standardbehandlung der Krebstherapie darstellte und nur im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien zur Anwendung kommen sollte (http://www.krebsinformation.de/themen/behandlung/hyperthermie.php [20.10.2011]). Insbesondere wird darauf verwiesen, dass selbst die vorliegenden Wirksamkeitsnachweise nur einen Einsatz der Hyperthermie zur Verstärkung einer Chemotherapie beträfen und daher Hyperthermie meist nur zusätzlich zu Bestrahlung und Chemotherapie eingesetzt werde. Die verstärkende Wirkung der Hyperthermie sei darauf zurückzuführen, dass durch die Wärmebestrahlung diejenigen Zellen, die durch eine Strahlentherapie nicht geschädigt würden, durch Hitze angegriffen würden. Der Einsatz der Hyperthermie nicht als alleinige Therapie, sondern in Kombination mit Chemotherapie oder/und Radiotherapie wird auch durch die Deutsche Krebsgesellschaft betont (http://www.krebsgesellschaft.de/db_hyperthermie,10845.html [20.10.2011]). Ein Einsatz der Hyperthermie erfolge erst dann, wenn sich die konventionellen Therapieverfahren als unzureichend erwiesen hätten. Sofern gute Standard-Therapieverfahren für Tumorerkrankungen (wie Operation, Chemotherapie, Radiotherapie) bestünden, bzw. Aussicht auf Erfolg hätten, sei Hyperthermie nicht einzusetzen. Dem entspricht die Ansicht des Universitätsklinikums Tübingen, welches Hyperthermie nie alleine, sondern immer nur in Kombination mit Strahlen- und Chemotherapien einsetzt, da durch die Überwärmung die Durchblutung des Tumors verbessert und dadurch die Wirkung der genannten Therapien verbessert werde (S. 3 der Informationsbroschüre für Patienten, http://www.hyperthermie.org/hyperthermiezentren/pdf/patientenbroschuere_tuebingen.pdf [20.10.2011]). Das Universitätsklinikum Tübingen betont insbesondere, dass die Hyperthermiebehandlung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der parallel durchgeführten Strahlen- und Chemotherapie erfolgen solle. Aus den genannten Unterlagen ist zu folgern, dass die medizinische Wissenschaft überwiegend davon ausgeht, dass ein Einsatz von Hyperthermie lediglich zur unmittelbaren Krebsbehandlung selbst und nur additiv, also gemeinsam mit anderen schulmedizinischen Methoden, erfolgen soll. Ein Einsatz unabhängig von klassischen Methoden wird ebenso wenig als üblich betrachtet wie ein Einsatz zur postoperativen Behandlung. Damit ist schlusszufolgern, dass die Hyperthermiebehandlung - jedenfalls in der bei der Ehefrau des Klägers erfolgten Anwendungsweise, also ohne Zusammenwirken mit anderen traditionellen Behandlungsmethoden und nicht zur unmittelbaren Krebsbehandlung - nicht wissenschaftlich allgemein anerkannt ist. An dieser Folgerung vermögen auch die vom Kläger vorgelegten Unterlagen nichts zu ändern. Aus der genannten Studie aus dem Jahr 1996 mag zu folgern sein, dass die Überlebensrate von Krebspatienten signifikant erhöht werden konnte. Jedoch ist aus dem Vorliegen einer Studie keine allgemeine wissenschaftliche Anerkennung zu schließen, da eine allgemeine Anerkennung - wie erwähnt - voraussetzt, dass zumindest eine überwiegende wissenschaftliche Einordnung als wirksam und geeignet besteht. Dies schließt notwendigerweise ein, dass einzelne positive Bewertungen einer Behandlungsmethode, die nicht dieser überwiegenden Einschätzung entsprechen, unberücksichtigt zu bleiben haben.
2.
21 
Die Verneinung einer Einstufung der vorliegend erfolgten Hyperthermiebehandlung als wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode ist jedoch nicht zwingend gleichbedeutend mit deren fehlender Beihilfefähigkeit. Wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden sind nicht generell und von vornherein von einer Beihilfefähigkeit ausgenommen (vgl. Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern/Zimmer-mann, a.a.O., § 5 BVO Rn. 3 (7.12)). Anderenfalls wäre § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO obsolet, wonach das Finanzministerium die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ausschließen kann. Eine solche Ermächtigung zum Ausschluss wäre überflüssig, wenn Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methoden von vornherein nicht beihilfefähig wären (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010, a.a.O.; Urteil vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, DÖD 1980, 229). Die Beihilfefähigkeit solcher Maßnahmen wird jedoch nur in engen Grenzen von der Rechtsprechung anerkannt. Der VGH Baden-Württemberg geht im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.06.1995, a.a.O.) davon aus, dass die Fürsorgepflicht es in Ausnahmefällen gebieten kann, auch die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode zu erstatten, die Verpflichtung aber nur dann besteht, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010, a.a.O.; Urteil vom 14.07.2010, a.a.O.).
22 
Die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Beihilfefähigkeit der Hyperthermiebehandlung liegen hier nicht vor. Die Ehefrau des Klägers war gehalten, - zumindest zunächst - auf die genannten herkömmlichen Behandlungsmethoden zurückzugreifen. Für den vorliegenden Fall ist eine konkretisierende Ausschlussentscheidung durch das Finanzministerium, welche die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hyperthermiebehandlungen bei Mammakarzinomen begrenzen oder ausschließen würde, zwar weder ausdrücklich in der Anlage zur BVO noch durch die Bezugnahme in Nr. 1.5.1 der Anlage zur BVO auf Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 BBhV getroffen worden. Wie bereits dargelegt, findet sich in Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 BBhV lediglich ein Ausschluss der Prostata-Hyperthermiebehandlung mit der Rückausnahme, dass Aufwendungen im Falle einer Krebsbehandlung beihilfefähig sind. Aufgrund des anzulegenden strengen Maßstabs bei der Frage nach der medizinischen Notwendigkeit der Aufwendungen für eine Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode kommt der von § 5 Abs. 1 S. 3 BVO vorgesehenen Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Heilbehandlung besondere Bedeutung zu (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.08.2010, a.a.O.). Der Ehefrau des Klägers wurde am 27.02.2009 im Tumorboard der Universität Heidelberg zur Radiatio der Brust und zur endokrinen Therapie mit Aromatasehemmer zum Zwecke der postoperativen Weiterbehandlung geraten. Das Landesamt war nach § 5 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 18 Abs. 5 BVO berechtigt, ein begründetes medizinisches Gutachten zur Frage der Notwendigkeit der Behandlung beim Gesundheitsamt einzuholen. Die Untersuchung im Gesundheitsamt Rhein-Neckar-Kreis vom 23.06.2009 führte zu dem Ergebnis, dass die vom Tumorboard empfohlenen Maßnahmen noch nicht durchgeführt wurden und aus medizinischer Sicht keine Notwendigkeit für eine Tiefenhyperthermiebehandlung besteht. Die Kammer ist an diese Aussage zwar nicht gebunden, doch bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der amtsärztlichen Stellungnahme. Es steht vielmehr zur Überzeugung der Kammer fest, dass bei der Ehefrau des Klägers schulmedizinische, wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethoden zur Verfügung standen und angewandt werden konnten. Dies gilt umso mehr, als sowohl dem Tumorboard der Universität Heidelberg, als auch dem Chefarzt des Krankenhauses Schwetzingen, Dr. G..., die Krankheitsgeschichte der Ehefrau des Klägers bekannt gewesen sein dürfte. Die von der Ehefrau des Klägers genannten Gründe, die sie zu einer Ablehnung der empfohlenen Maßnahmen bewogen, beruhten weitestgehend auf ihrer jahrelangen Krankheitsgeschichte - nicht nur im Zusammenhang mit dem operierten Mammakarzinom. Diese Umstände waren auch dem Gesundheitsamt bei der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens bekannt, da dieses explizit auf die vorgelegten gynäkologischen Atteste und den Bericht des behandelnden Heilpraktikers Dr. B... verweist. In den Attesten und dem Bericht finden sich ausdrückliche Hinweise auf die von der Ehefrau des Klägers vorgebrachten Gründe gegen die Anwendung schulmedizinischer Maßnahmen. Nichtsdestotrotz kam es zu der Befürwortung der vom Tumorboard vorgeschlagenen Maßnahmen und keiner Einstufung einer Hyperthermiebehandlung als medizinisch notwendig. Damit ist davon auszugehen, dass eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung der Ehefrau des Klägers bestand und diese anerkannten Heilverfahren auch angewendet werden durften. Ein Bedarf für die Anerkennung der Beihilfefähigkeit der erfolgten Hyperthermiebehandlung besteht daher vorliegend nicht.
3.
23 
Ein Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe kann auch nicht aus den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 -, BVerfGE 115,25=NJW 2006, 891) entwickelten und vom Bundesverwaltungsgericht auf das Beihilferecht übertragenen (BVerwG, Beschluss vom 22.08.2007 - 2 B 37/07 - [juris]) Grundsätzen zur Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung hergeleitet werden. Danach gebietet es Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, Beihilfe auch für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden unter anderem dann zu gewähren, wenn zur Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gerade keine allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Therapien zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzung liegt vorliegend jedoch nicht vor. Zum einen stand bei der Ehefrau des Klägers keine unmittelbare Krebsbehandlung, sondern eine postoperative Behandlung bei unauffälligem postoperativem Verlauf im Raum. Zum anderen bestand - wie aufgezeigt - gerade die Möglichkeit einer Anwendung allgemein anerkannter Behandlungsmethoden.
4.
24 
Schließlich folgt aus dem allgemeinen Gleichheitssatz keine andere rechtliche Beurteilung. Der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Dabei hat er grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, also von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal anknüpft (BVerwG, Urteile vom 05.05.2010 - 2 C 12.10 -, ZBR 2011, 126; vom 25.10.2007 - 2 C 16.06 -, NVwZ-RR 2008, 177; vom 28.04.2005 - 2 C 1.04 -, BVerwGE 123, 308=NVwZ-RR 2005, 833). Betrifft die zu prüfende Maßnahme oder Regelung ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.06.1994 - 1 BvL 14, 15/88 -, BVerfGE 91, 118=NJW 1995, 581). Dies kann im Beihilferecht insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Normgeber die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt, etwa wenn er sich durch Leistungseinschränkungen zu seiner grundsätzlichen Entscheidung, Beihilfe zu gewähren, ohne einen derartigen Grund in Widerspruch setzt (BVerwG, Urteil vom 24.02.2011 - 2 C 40/09 -, NVwZ-RR 2011, 567; Urteil vom 06.11.2009 - 2 C 60.08 -, USK 2009-162; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2010 - 13 S 1749/09 - [juris]).
25 
Aus der Ungleichbehandlung von Mammakarzinomen einerseits und Prostatakarzinomen andererseits bei der beihilferechtlichen Einstufung von Hyperthermiebehandlungen ergibt sich kein Anspruch des Klägers. Durch den Verweis in Nr. 1.5.1 des Anhangs der BVO auf Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 BBhV findet der Ausschluss einer Beihilfefähigkeit von Prostata-Hyperthermiebehandlungen einschließlich der Rückausnahme im Falle von Krebsbehandlungen vorliegend grundsätzlich Anwendung. Aus dem Verweis folgt, dass im Falle von Prostatakarzinomen eine Hyperthermiebehandlung beihilfefähig ist. Daraus ergeben sich jedoch keine Konsequenzen für den vorliegenden Fall. Es mag zweifelhaft sein, ob die Hyperthermiebehandlung von Prostatakrebs eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode darstellt - die Auswertungen des Unterausschusses „Ärztliche Behandlung“ des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie kommen hinsichtlich der Behandlung von Prostatakrebs wortgleich zu demselben Ergebnis wie hinsichtlich der Behandlung von Brustkrebs (S. 366 des Zusammenfassenden Berichts vom 15.06.2005; http://www.g-ba.de/downloads/40-268-236/2005-06-15-BUB-Hyperthermie.pdf [20.10.2011]). Auch vermag die vom Beklagten eingeholte Erklärung der Ungleichbehandlung beider Karzinome durch das Bundesministerium des Inneren, wonach die Beihilfefähigkeit im Falle von Prostatakrebs auf mehreren austherapierten Einzelfällen beruhe und überdies mit der nächsten Änderung der BBhV entfallen werde, nur schwerlich einen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung darzustellen. Jedoch ist selbst unter Einbeziehung dieser Umstände kein Anspruch des Klägers gegeben. Denn aus Art. 3 Abs. 1 GG kann sich angesichts des genannten Gestaltungsspielraums des Normgebers nur dann eine andere Beurteilung ergeben, wenn ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Beihilfe im Raum steht und dafür keine innere Rechtfertigung und keine ausdrückliche Rechtsgrundlage bestehen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2010, a.a.O., unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 12.11.2009 - 2 C 61.08 -, NVwZ-RR 2010, 244). Es liegt jedoch gerade kein ausdrücklicher Ausschluss der Hyperthermiebehandlung von Mammakarzinomen vor. Dieser ergibt sich vielmehr aus der fehlenden Notwendigkeit der in Rede stehenden Behandlung nach § 5 Abs. 1 S. 1 BVO. Durch den Verweis auf Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 BBhV wird lediglich die Beihilfefähigkeit einer Hyperthermiebehandlung bei Prostatakrebs im Grundsatz anerkannt, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich dabei um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt oder - falls nicht - die weiteren Voraussetzungen einer Beihilfefähigkeit wissenschaftlich nicht allgemein anerkannter Methoden vorliegen. Damit liegt zwar eine Privilegierung der Hyperthermiebehandlung in Bezug auf Prostatakrebs vor, doch folgt daraus kein Beihilfeausschluss für eine solche Behandlung bei Brustkrebs. Deren Beihilfefähigkeit hat sich vielmehr an den allgemeinen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 S. 1 BVO messen zu lassen.
26 
Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
27 
Die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
28 
Beschluss
29 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 1.995,17 EUR festgesetzt.
30 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
15 
Die zulässige Klage, über die die Kammer mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Die Versagung einer Beihilfegewährung zu den Kosten der Tiefenhyperthermie-behandlung mit Bescheid des Landesamtes vom 27.08.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe für die geltend gemachten Aufwendungen.
16 
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind die Aufwendungen für aus Anlass einer Krankheit gesondert erbrachte und berechnete Leistungen von Heilpraktikern nach Maßgabe der Anlage zur BVO beihilfefähig. Voraussetzung ist nach § 5 Abs. 1 S. 1 BVO, dass sie dem Grunde nach notwendig sind. Über die Notwendigkeit entscheidet nach § 5 Abs. 1 S. 2 BVO die Beihilfestelle. Sie kann hierzu nach § 5 Abs. 1 S. 3 BVO begründete medizinische Gutachten (§ 18 Abs. 5 BVO) einholen. Nach Ziffer 1.5.1 der Anlage zur BVO sind Aufwendungen für die vom Bundesministerium des Innern in Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 BBhV genannten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit den dort genannten Maßgaben von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Ein ausdrücklicher Ausschluss der Hyperthermiebehandlung bei Mammakarzinomen findet sich indes in Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 BBhV nicht. Vielmehr findet sich lediglich ein Ausschluss der Prostata-Hyperthermiebehandlung, jedoch wiederum mit der Rückausnahme, dass Aufwendungen im Falle einer Krebsbehandlung beihilfefähig sind. Damit ist die Beihilfefähigkeit der Hyperthermiebehandlung im Falle von Mammakarzinomen am Maßstab des § 5 Abs. 1 S. 1 BVO und der dem Grunde nach gegebenen Notwendigkeit zu messen.
17 
Die Tiefenhyperthermiebehandlung der Ehefrau des Klägers war nicht dem Grunde nach notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 BVO. Notwendig im Wortsinne ist eine Maßnahme, die eine Not abwendet und darum unerlässlich, bzw. unentbehrlich, unvermeidlich oder zwangsläufig ist. Welche Leistung im Einzelfall notwendig ist, muss in erster Linie aus medizinischer Sicht beurteilt werden. Aufwendungen, die im Zeitpunkt ihres Entstehens nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft aus ärztlicher Sicht als objektiv erforderlich anzusehen sind, sind auch notwendig im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 BVO (Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern/Zimmermann, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, Stand April 1990, § 5 BVO Rn. 3 <2.2>).
1.
18 
Aus den Beihilfevorschriften, vor allem aus der konkretisierungsfähigen und -bedürftigen Ausschlussnorm des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO, ergibt sich für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden ein Leistungsausschluss oder eine Leistungsbegrenzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.07.2010 - 11 S 2730/09 -, DÖV 2010, 903; BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, DÖV 1996, 37). Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden ist grundsätzlich mit der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Fürsorgepflicht des Dienstherrn, wie sie für den Bereich der Krankenvorsorge durch die Beihilferegelungen konkretisiert wird, vereinbar (BVerwG, Beschluss vom 22.08.2007 - 2 B 37.07 - [juris]). Denn die Gewährung von Beihilfen, die aus allgemeinen Steuergeldern finanziert werden und dem Gebot einer effektiven und sparsamen Verwendung unterliegen, gründet auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.1994 - 4 S 2953/93 -, ESVGH 44, 316).
19 
Die Kammer ist der Überzeugung, dass Hyperthermiebehandlung, zumindest in der bei der Ehefrau des Klägers durchgeführten Form, nicht die Voraussetzungen einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Behandlungsmethode erfüllt. Eine Behandlung ist wissenschaftlich allgemein anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für die Behandlung der jeweiligen Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird (BVerwG, Beschluss vom 15.07.2008 - 2 B 44.08 - [juris]; Urteile vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436 und vom 29.06.1995, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.07.2010, a.a.O.; Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, DÖD 2004, 109; Urteil vom 24.03.1994, a.a.O.). Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem Urheber - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010 - 10 S 3384/08 -, IÖD 2010, 231; Urteil vom 14.07.2010, a.a.O.). Die wissenschaftliche Anerkennung setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.07.2010, a.a.O.; Beschluss vom 16.06.2003, a.a.O.).
20 
Unter Anwendung der genannten Grundsätze ist nicht davon auszugehen, dass die Hyperthermiebehandlung, wie sie bei der Ehefrau des Klägers durchgeführt wurde, eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode darstellt. Bei ihr erfolgte eine Behandlung mittels Hyperthermie nach zwei erfolgten Operation bei unauffälligem postoperativem Verlauf und daher zur präventiven Behandlung. In den Auswertungen des Unterausschusses „Ärztliche Behandlung“ des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie heißt es, „therapeutischer Nutzen, medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der alleinigen oder begleitenden Hyperthermiebehandlung seien beim Mammakarzinom nicht belegt“ (vgl. Seite 337 des Zusammenfassenden Berichts vom 15.06.2005; http://www.g-ba.de/downloads/40-268-236/2005-06-15-BUB-Hyperthermie.pdf [20.10.2011]). Aus den im Internet verfügbaren Informationen des Deutschen Krebsforschungszentrums folgt zudem, dass die Hyperthermie keine Standardbehandlung der Krebstherapie darstellte und nur im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien zur Anwendung kommen sollte (http://www.krebsinformation.de/themen/behandlung/hyperthermie.php [20.10.2011]). Insbesondere wird darauf verwiesen, dass selbst die vorliegenden Wirksamkeitsnachweise nur einen Einsatz der Hyperthermie zur Verstärkung einer Chemotherapie beträfen und daher Hyperthermie meist nur zusätzlich zu Bestrahlung und Chemotherapie eingesetzt werde. Die verstärkende Wirkung der Hyperthermie sei darauf zurückzuführen, dass durch die Wärmebestrahlung diejenigen Zellen, die durch eine Strahlentherapie nicht geschädigt würden, durch Hitze angegriffen würden. Der Einsatz der Hyperthermie nicht als alleinige Therapie, sondern in Kombination mit Chemotherapie oder/und Radiotherapie wird auch durch die Deutsche Krebsgesellschaft betont (http://www.krebsgesellschaft.de/db_hyperthermie,10845.html [20.10.2011]). Ein Einsatz der Hyperthermie erfolge erst dann, wenn sich die konventionellen Therapieverfahren als unzureichend erwiesen hätten. Sofern gute Standard-Therapieverfahren für Tumorerkrankungen (wie Operation, Chemotherapie, Radiotherapie) bestünden, bzw. Aussicht auf Erfolg hätten, sei Hyperthermie nicht einzusetzen. Dem entspricht die Ansicht des Universitätsklinikums Tübingen, welches Hyperthermie nie alleine, sondern immer nur in Kombination mit Strahlen- und Chemotherapien einsetzt, da durch die Überwärmung die Durchblutung des Tumors verbessert und dadurch die Wirkung der genannten Therapien verbessert werde (S. 3 der Informationsbroschüre für Patienten, http://www.hyperthermie.org/hyperthermiezentren/pdf/patientenbroschuere_tuebingen.pdf [20.10.2011]). Das Universitätsklinikum Tübingen betont insbesondere, dass die Hyperthermiebehandlung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der parallel durchgeführten Strahlen- und Chemotherapie erfolgen solle. Aus den genannten Unterlagen ist zu folgern, dass die medizinische Wissenschaft überwiegend davon ausgeht, dass ein Einsatz von Hyperthermie lediglich zur unmittelbaren Krebsbehandlung selbst und nur additiv, also gemeinsam mit anderen schulmedizinischen Methoden, erfolgen soll. Ein Einsatz unabhängig von klassischen Methoden wird ebenso wenig als üblich betrachtet wie ein Einsatz zur postoperativen Behandlung. Damit ist schlusszufolgern, dass die Hyperthermiebehandlung - jedenfalls in der bei der Ehefrau des Klägers erfolgten Anwendungsweise, also ohne Zusammenwirken mit anderen traditionellen Behandlungsmethoden und nicht zur unmittelbaren Krebsbehandlung - nicht wissenschaftlich allgemein anerkannt ist. An dieser Folgerung vermögen auch die vom Kläger vorgelegten Unterlagen nichts zu ändern. Aus der genannten Studie aus dem Jahr 1996 mag zu folgern sein, dass die Überlebensrate von Krebspatienten signifikant erhöht werden konnte. Jedoch ist aus dem Vorliegen einer Studie keine allgemeine wissenschaftliche Anerkennung zu schließen, da eine allgemeine Anerkennung - wie erwähnt - voraussetzt, dass zumindest eine überwiegende wissenschaftliche Einordnung als wirksam und geeignet besteht. Dies schließt notwendigerweise ein, dass einzelne positive Bewertungen einer Behandlungsmethode, die nicht dieser überwiegenden Einschätzung entsprechen, unberücksichtigt zu bleiben haben.
2.
21 
Die Verneinung einer Einstufung der vorliegend erfolgten Hyperthermiebehandlung als wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode ist jedoch nicht zwingend gleichbedeutend mit deren fehlender Beihilfefähigkeit. Wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden sind nicht generell und von vornherein von einer Beihilfefähigkeit ausgenommen (vgl. Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern/Zimmer-mann, a.a.O., § 5 BVO Rn. 3 (7.12)). Anderenfalls wäre § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO obsolet, wonach das Finanzministerium die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ausschließen kann. Eine solche Ermächtigung zum Ausschluss wäre überflüssig, wenn Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methoden von vornherein nicht beihilfefähig wären (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010, a.a.O.; Urteil vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, DÖD 1980, 229). Die Beihilfefähigkeit solcher Maßnahmen wird jedoch nur in engen Grenzen von der Rechtsprechung anerkannt. Der VGH Baden-Württemberg geht im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.06.1995, a.a.O.) davon aus, dass die Fürsorgepflicht es in Ausnahmefällen gebieten kann, auch die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode zu erstatten, die Verpflichtung aber nur dann besteht, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010, a.a.O.; Urteil vom 14.07.2010, a.a.O.).
22 
Die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Beihilfefähigkeit der Hyperthermiebehandlung liegen hier nicht vor. Die Ehefrau des Klägers war gehalten, - zumindest zunächst - auf die genannten herkömmlichen Behandlungsmethoden zurückzugreifen. Für den vorliegenden Fall ist eine konkretisierende Ausschlussentscheidung durch das Finanzministerium, welche die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hyperthermiebehandlungen bei Mammakarzinomen begrenzen oder ausschließen würde, zwar weder ausdrücklich in der Anlage zur BVO noch durch die Bezugnahme in Nr. 1.5.1 der Anlage zur BVO auf Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 BBhV getroffen worden. Wie bereits dargelegt, findet sich in Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 BBhV lediglich ein Ausschluss der Prostata-Hyperthermiebehandlung mit der Rückausnahme, dass Aufwendungen im Falle einer Krebsbehandlung beihilfefähig sind. Aufgrund des anzulegenden strengen Maßstabs bei der Frage nach der medizinischen Notwendigkeit der Aufwendungen für eine Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode kommt der von § 5 Abs. 1 S. 3 BVO vorgesehenen Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Heilbehandlung besondere Bedeutung zu (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.08.2010, a.a.O.). Der Ehefrau des Klägers wurde am 27.02.2009 im Tumorboard der Universität Heidelberg zur Radiatio der Brust und zur endokrinen Therapie mit Aromatasehemmer zum Zwecke der postoperativen Weiterbehandlung geraten. Das Landesamt war nach § 5 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 18 Abs. 5 BVO berechtigt, ein begründetes medizinisches Gutachten zur Frage der Notwendigkeit der Behandlung beim Gesundheitsamt einzuholen. Die Untersuchung im Gesundheitsamt Rhein-Neckar-Kreis vom 23.06.2009 führte zu dem Ergebnis, dass die vom Tumorboard empfohlenen Maßnahmen noch nicht durchgeführt wurden und aus medizinischer Sicht keine Notwendigkeit für eine Tiefenhyperthermiebehandlung besteht. Die Kammer ist an diese Aussage zwar nicht gebunden, doch bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der amtsärztlichen Stellungnahme. Es steht vielmehr zur Überzeugung der Kammer fest, dass bei der Ehefrau des Klägers schulmedizinische, wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethoden zur Verfügung standen und angewandt werden konnten. Dies gilt umso mehr, als sowohl dem Tumorboard der Universität Heidelberg, als auch dem Chefarzt des Krankenhauses Schwetzingen, Dr. G..., die Krankheitsgeschichte der Ehefrau des Klägers bekannt gewesen sein dürfte. Die von der Ehefrau des Klägers genannten Gründe, die sie zu einer Ablehnung der empfohlenen Maßnahmen bewogen, beruhten weitestgehend auf ihrer jahrelangen Krankheitsgeschichte - nicht nur im Zusammenhang mit dem operierten Mammakarzinom. Diese Umstände waren auch dem Gesundheitsamt bei der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens bekannt, da dieses explizit auf die vorgelegten gynäkologischen Atteste und den Bericht des behandelnden Heilpraktikers Dr. B... verweist. In den Attesten und dem Bericht finden sich ausdrückliche Hinweise auf die von der Ehefrau des Klägers vorgebrachten Gründe gegen die Anwendung schulmedizinischer Maßnahmen. Nichtsdestotrotz kam es zu der Befürwortung der vom Tumorboard vorgeschlagenen Maßnahmen und keiner Einstufung einer Hyperthermiebehandlung als medizinisch notwendig. Damit ist davon auszugehen, dass eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung der Ehefrau des Klägers bestand und diese anerkannten Heilverfahren auch angewendet werden durften. Ein Bedarf für die Anerkennung der Beihilfefähigkeit der erfolgten Hyperthermiebehandlung besteht daher vorliegend nicht.
3.
23 
Ein Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe kann auch nicht aus den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 -, BVerfGE 115,25=NJW 2006, 891) entwickelten und vom Bundesverwaltungsgericht auf das Beihilferecht übertragenen (BVerwG, Beschluss vom 22.08.2007 - 2 B 37/07 - [juris]) Grundsätzen zur Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung hergeleitet werden. Danach gebietet es Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, Beihilfe auch für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden unter anderem dann zu gewähren, wenn zur Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gerade keine allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Therapien zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzung liegt vorliegend jedoch nicht vor. Zum einen stand bei der Ehefrau des Klägers keine unmittelbare Krebsbehandlung, sondern eine postoperative Behandlung bei unauffälligem postoperativem Verlauf im Raum. Zum anderen bestand - wie aufgezeigt - gerade die Möglichkeit einer Anwendung allgemein anerkannter Behandlungsmethoden.
4.
24 
Schließlich folgt aus dem allgemeinen Gleichheitssatz keine andere rechtliche Beurteilung. Der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Dabei hat er grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, also von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal anknüpft (BVerwG, Urteile vom 05.05.2010 - 2 C 12.10 -, ZBR 2011, 126; vom 25.10.2007 - 2 C 16.06 -, NVwZ-RR 2008, 177; vom 28.04.2005 - 2 C 1.04 -, BVerwGE 123, 308=NVwZ-RR 2005, 833). Betrifft die zu prüfende Maßnahme oder Regelung ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.06.1994 - 1 BvL 14, 15/88 -, BVerfGE 91, 118=NJW 1995, 581). Dies kann im Beihilferecht insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Normgeber die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt, etwa wenn er sich durch Leistungseinschränkungen zu seiner grundsätzlichen Entscheidung, Beihilfe zu gewähren, ohne einen derartigen Grund in Widerspruch setzt (BVerwG, Urteil vom 24.02.2011 - 2 C 40/09 -, NVwZ-RR 2011, 567; Urteil vom 06.11.2009 - 2 C 60.08 -, USK 2009-162; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2010 - 13 S 1749/09 - [juris]).
25 
Aus der Ungleichbehandlung von Mammakarzinomen einerseits und Prostatakarzinomen andererseits bei der beihilferechtlichen Einstufung von Hyperthermiebehandlungen ergibt sich kein Anspruch des Klägers. Durch den Verweis in Nr. 1.5.1 des Anhangs der BVO auf Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 BBhV findet der Ausschluss einer Beihilfefähigkeit von Prostata-Hyperthermiebehandlungen einschließlich der Rückausnahme im Falle von Krebsbehandlungen vorliegend grundsätzlich Anwendung. Aus dem Verweis folgt, dass im Falle von Prostatakarzinomen eine Hyperthermiebehandlung beihilfefähig ist. Daraus ergeben sich jedoch keine Konsequenzen für den vorliegenden Fall. Es mag zweifelhaft sein, ob die Hyperthermiebehandlung von Prostatakrebs eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode darstellt - die Auswertungen des Unterausschusses „Ärztliche Behandlung“ des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie kommen hinsichtlich der Behandlung von Prostatakrebs wortgleich zu demselben Ergebnis wie hinsichtlich der Behandlung von Brustkrebs (S. 366 des Zusammenfassenden Berichts vom 15.06.2005; http://www.g-ba.de/downloads/40-268-236/2005-06-15-BUB-Hyperthermie.pdf [20.10.2011]). Auch vermag die vom Beklagten eingeholte Erklärung der Ungleichbehandlung beider Karzinome durch das Bundesministerium des Inneren, wonach die Beihilfefähigkeit im Falle von Prostatakrebs auf mehreren austherapierten Einzelfällen beruhe und überdies mit der nächsten Änderung der BBhV entfallen werde, nur schwerlich einen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung darzustellen. Jedoch ist selbst unter Einbeziehung dieser Umstände kein Anspruch des Klägers gegeben. Denn aus Art. 3 Abs. 1 GG kann sich angesichts des genannten Gestaltungsspielraums des Normgebers nur dann eine andere Beurteilung ergeben, wenn ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Beihilfe im Raum steht und dafür keine innere Rechtfertigung und keine ausdrückliche Rechtsgrundlage bestehen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2010, a.a.O., unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 12.11.2009 - 2 C 61.08 -, NVwZ-RR 2010, 244). Es liegt jedoch gerade kein ausdrücklicher Ausschluss der Hyperthermiebehandlung von Mammakarzinomen vor. Dieser ergibt sich vielmehr aus der fehlenden Notwendigkeit der in Rede stehenden Behandlung nach § 5 Abs. 1 S. 1 BVO. Durch den Verweis auf Anlage 1 zu § 6 Abs. 2 BBhV wird lediglich die Beihilfefähigkeit einer Hyperthermiebehandlung bei Prostatakrebs im Grundsatz anerkannt, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich dabei um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt oder - falls nicht - die weiteren Voraussetzungen einer Beihilfefähigkeit wissenschaftlich nicht allgemein anerkannter Methoden vorliegen. Damit liegt zwar eine Privilegierung der Hyperthermiebehandlung in Bezug auf Prostatakrebs vor, doch folgt daraus kein Beihilfeausschluss für eine solche Behandlung bei Brustkrebs. Deren Beihilfefähigkeit hat sich vielmehr an den allgemeinen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 S. 1 BVO messen zu lassen.
26 
Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
27 
Die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
28 
Beschluss
29 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 1.995,17 EUR festgesetzt.
30 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Minderung der ihr ausgezahlten Beihilfe um eine sogenannte Eigenbeteiligung.

I.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist Richterin im Ruhestand und Empfängerin von Versorgungsbezügen. Der für sie maßgebliche Beihilfebemessungssatz beträgt 70 %. Die Beschwerdeführerin unterhält mehrere private Krankenversicherungen. Dieser Umstand zieht es nach sich, dass sie erheblich mehr als 30 % ihrer krankheitsbedingten, beihilfefähigen Aufwendungen durch ihre private Krankenversicherungen ersetzt bekommt. Art. 96 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) vom 29. Juli 2008 (GVBl S. 500) in der Fassung des Dienstrechtneuregelungsgesetzes vom 5. August 2010 (GVBl S. 410) bestimmt, dass Beihilfen nur gewährt werden dürfen, soweit die Beihilfe und Leistungen Dritter aus demselben Anlass die dem Grunde nach beihilfefähigen Aufwendungen nicht überschreiten. Art. 96 Abs. 3 Satz 5 BayBG ordnet an, dass die festgesetzte Beihilfe um 6,00 Euro je Rechnungsbeleg bei bestimmten medizinischen Leistungen und um 3,00 Euro je verordnetem Arzneimittel, Verbandmittel und Medizinprodukt zu mindern ist. In Art. 96 Abs. 3 Satz 6 BayBG führt das Gesetz die Fälle auf, in denen eine Eigenbeteiligung unterbleibt. So ist eine Eigenbeteiligung unter anderem insoweit nicht vorgesehen, als sie für den Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähige Dritte zusammen eine sogenannte Belastungsgrenze überschreitet, die sich nach den Jahresdienst- beziehungsweise Jahresversorgungsbezügen bemisst. Die Vorschrift ist im Wesentlichen identisch mit ihrer Vorgängerregelung in Art. 86a BayBG a.F., die durch Gesetz vom 8. Dezember 2006 (GVBl S. 987) in das Bayerische Beamtengesetz in der Fassung der Neubekanntmachung vom 27. August 1998 (GVBl S. 702) eingefügt worden war.

3

Die Beschwerdeführerin stellte in den Jahren 2007 und 2008 mehrere Anträge auf Beihilfe wegen verschiedener dem Grunde nach beihilfefähiger Aufwendungen. Die Höhe der zu gewährenden Beihilfe ermittelte das Landesamt für Finanzen, indem es im ersten Schritt die der Höhe nach beihilfefähigen Aufwendungen mit dem Bemessungssatz von 70 % multiplizierte. Sodann addierte es die Kostenerstattungen durch die privaten Krankenversicherungen der Beschwerdeführerin. Von diesem Betrag zog es die dem Grunde nach beihilfefähigen Aufwendungen ab. Schließlich wurde dieser Differenzbetrag von dem im ersten Schritt ermittelten Betrag abgezogen. Zuletzt erfolgte eine Minderung um die Eigenbeteiligungen. Diese Berechnungsweise zieht es nach sich, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der Leistungen ihrer privaten Krankenversicherung und der Beihilfekasse keinesfalls mehr als den vollen Betrag ihrer beihilfefähigen Aufwendungen ersetzt bekommt und dass sie die Eigenbeteiligung stets selbst trifft.

4

Gegen die Beihilfebescheide erhob die Beschwerdeführerin nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage zum Verwaltungsgericht. Sie vertrat die Auffassung, dass sie die Eigenbeteiligung wegen ihrer mehr als lediglich komplementären privaten Krankenversicherungen nicht treffen dürfe. Die Eigenbeteiligung sei nicht erst im letzten Schritt in Ansatz zu bringen, vielmehr mindere sie bereits die in die Beihilfeberechnung einzustellende Höhe der beihilfefähigen Aufwendungen. Die Differenz zwischen der vom Landesamt für Finanzen und der von der Beschwerdeführerin für zutreffend erachteten Berechnungsweise belaufe sich stets auf die Höhe der Eigenbeteiligungen.

5

Die Klage der Beschwerdeführerin blieb ohne Erfolg, ihren Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der Verwaltungsgerichtshof ab. Wortlaut und Systematik der Art. 96 Abs. 3 BayBG und seiner Vorgängerregelung zeigten, dass die Eigenbeteiligung im letzten Berechnungsschritt von der Beihilfe abzuziehen sei. Der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Bereich des Beihilferechts lasse die Festlegung einer solchen Berechnungsweise zu, um Beihilfeaufwendungen steuernd zu begrenzen. Die Möglichkeit zur amtsangemessenen Lebensführung werde durch die Eigenbeteiligung nicht beeinträchtigt, denn die Belastungsgrenze verhindere eine unverhältnismäßige finanzielle Belastung.

6

2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde greift die Beschwerdeführerin die ergangenen Verwaltungsakte und gerichtlichen Entscheidungen an und verfolgt ihr Anliegen weiter. Sie rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 5 GG. Sie sieht in den Eigenbeteiligungen eine verdeckte Bearbeitungsgebühr und vertritt die Auffassung, Alimentations- und Fürsorgeleistungen des Dienstherrn dürften nicht an die Entrichtung einer solchen Gebühr geknüpft werden. Jedenfalls aber müsse es ihr möglich sein, die Aufwendungen für die Eigenbeteiligung durch ihre private Krankenversicherung auszugleichen. Dass dies nach der gerichtlich gebilligten Berechnungsweise des Dienstherrn nicht möglich sei, verletze zudem ihre allgemeine Handlungsfreiheit und die verfassungsrechtliche Garantie ihres Eigentums.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist die Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG rügt, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Im Übrigen ist sie unbegründet.

8

1. Die Beschwerdeführerin legt nicht in einer den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise dar, dass durch die Minderung der auszuzahlenden Beihilfe um die Eigenbeteiligung eine verfassungsrechtlich als Eigentum geschützte Rechtsposition beeinträchtigt ist. Ein teilweiser Entzug ihrer Forderung gegen ihre privaten Krankenversicherer, auf den die Beschwerdeführerin insoweit verweist, findet nicht statt. Hinsichtlich der Beihilfeminderung als solcher geht Art. 33 Abs. 5 GG als speziellere Grundgesetzbestimmung dem Art. 14 GG vor (vgl. BVerfGE 17, 337 <355>). Entsprechendes gilt mit Blick auf die gerügte Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG.

9

2. Die angegriffenen Verwaltungsakte und gerichtlichen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin nicht in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 33 Abs. 5 GG.

10

a) Die Gewährung von krankheitsbedingten Unterstützungsleistungen findet ihre Grundlage in der durch Art. 33 Abs. 5 GG statuierten Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. BVerfGE 83, 89 <99>; 106, 225 <232>). In einer bestimmten einfachrechtlichen Ausgestaltung, etwa in ihrer gegenwärtigen Gestalt, gehört die Beihilfe nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Dementsprechend besteht auch keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, den Beamten und Versorgungsempfängern für Krankheitsfälle und vergleichbare Belastungen Unterstützung gerade in Form von Beihilfen oder gar von solchen Beihilfen in einer bestimmten Höhe zu gewähren (vgl. BVerfGE 58, 68 <77>; 79, 223 <235>; 83, 89 <98>; 106, 225 <232>; BVerfGK 13, 278 <281>). Der Dienstherr muss allerdings Vorkehrungen dafür treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er dieser Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonstiger geeigneter Weise Genüge tut, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch die Eigenvorsorge des Beamten ergänzende Beihilfen nachzukommen, so muss er sicherstellen, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann. Der Dienstherr darf somit die Beihilfe - da er sie als eine die Eigenvorsorge ergänzende Leistung konzipiert hat - nicht ohne Rücksicht auf die vorhandenen Versicherungsmöglichkeiten ausgestalten. Eine in Ergänzung der zumutbaren Eigenvorsorge lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen verlangt die Fürsorgepflicht dagegen nicht (BVerfGE 106, 225 <233>; BVerfGK 13, 278 <282>; vgl. auch BVerfGE 83, 89 <101 f.>).

11

b) Die angegriffenen Rechtsakte genügen diesem Maßstab. Beihilfegesetzgeber und Dienstherr sind verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, gesetzliche Regelungen so zu gestalten beziehungsweise die bestehenden Regelungen so auszulegen, dass der Beamte seine nicht von der Beihilfe abgedeckten Aufwendungen vollständig versichern kann. Durch den Abschluss einer privaten Krankenversicherung werden die mit einer Krankheit verbundenen finanziellen Risiken besser beherrschbar und das Risiko einer ruinösen finanziellen Belastung wird weitestgehend ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund wäre es dem Gesetzgeber verwehrt, es dem Beamten durch die Ausgestaltung der beihilferechtlichen Regelungen unmöglich zu machen, die mit einer Krankheit verbundenen, individuell unkalkulierbaren finanziellen Risiken zu versichern. Die Eigenbeteiligungen nach Art. 96 Abs. 3 BayBG begründen dagegen für den Beamten kein unkalkulierbares finanzielles Risiko im Fall der Krankheit. Die Eigenbeteiligungen sind durch die Belastungsgrenze nach Art. 96 Abs. 3 Satz 7 und 8 BayBG der Höhe nach begrenzt. Dass bei der Entrichtung von Eigenbeteiligungen in Höhe der Belastungsgrenze eine amtsangemessene Alimentation nicht mehr gewährleistet ist, behauptet die Beschwerdeführerin ausdrücklich nicht; hierfür ist auch nichts ersichtlich. Zugleich ließ sich der Beihilfegesetzgeber bei der Einführung der Eigenbeteiligungen von sachlichen Gründen leiten, die einer Versicherbarkeit dieser Beiträge gerade entgegenstehen. Die Eigenbeteiligungen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers dieselbe Funktion erfüllen wie die Eigenbehalte (etwa die "Praxisgebühr") im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Die kaum modifizierte Übertragung dieses Regelungskomplexes auf den Bereich der Beihilfe hatte den Festsetzungsaufwand stark verkompliziert und sich damit als unzweckmäßig erwiesen. Die beihilferechtlichen Regelungen zur Eigenbeteiligung sollen die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen in gleicher Weise steuern, aber einfacher zu vollziehen sein (vgl. Bayerischer Landtag, LTDrucks 15/6302, S. 7).

12

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand, er rügt insbesondere die unterlassene Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements.

2

Der 1956 geborene Kläger stand als Fernmeldebetriebsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) im Dienst der Beklagten und ist durch gesetzliche Überleitung der Deutschen Telekom AG zur Dienstleistung zugewiesen. 2003 wies ihn diese der Personalserviceagentur Vivento zu. Der Kläger war ab 2005 wiederholt längerfristig und ist seit Mai 2007 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt.

3

Eine von der Beklagten daraufhin veranlasste ärztliche Begutachtung diagnostizierte eine Erschöpfungsdepression. Ein Leistungsvermögen bestehe aktuell nicht, prognostisch könne aber nach einer stufenweisen Wiedereingliederung mit der Wiederaufnahme vollschichtiger Arbeit gerechnet werden. Die Aufforderung, einen mit seinem Hausarzt abgestimmten Wiedereingliederungsplan vorzulegen, lehnte der Kläger unter Bezugnahme auf ein von diesem ausgestelltes Attest ab. Nach diesem war der Kläger weiterhin arbeitsunfähig und eine stufenweise Eingliederung in den Arbeitsprozess nicht möglich. Nach wiederholten Untersuchungen und erfolglosen Aufforderungen zur Vorlage eines Wiedereingliederungsplans kam der von der Beklagten beauftragte Gutachter im Oktober 2008 zu dem Ergebnis, dass die Leistungseinschränkung dauerhaft sei und auch unterhalbschichtige Tätigkeiten ausschließe. Angesichts der Tatsache, dass trotz regelmäßiger fachärztlicher Behandlung eine Verbesserung nicht habe erzielt werden können, sei eine positive Prognose nicht mehr möglich. Die Beklagte versetzte den Kläger daraufhin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.

4

Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch hat der Kläger insbesondere vorgetragen, bevor ein Beamter wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden könne, müsse der Dienstherr betriebliche Eingliederungsmaßnahmen durchführen und die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung umfassend prüfen. Beides habe nicht stattgefunden, vielmehr sei ihm ausschließlich eine seinem Gesundheitszustand nicht angemessene und unterwertige Tätigkeit als Wiedereingliederungsmaßnahme angeboten worden. Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück.

5

Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung insbesondere darauf verwiesen, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Voraussetzung für die Zurruhesetzung eines Beamten sei. Die Beklagte habe angesichts der fehlenden Restleistungsfähigkeit auch keine weitergehende Prüfung einer anderweitigen Verwendung des Klägers anstellen müssen. Bedenken gegen die ärztlichen Stellungnahmen bestünden nicht.

6

Mit der Revision beantragt der Kläger,

die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. März 2012 und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 3. Juni 2010 sowie den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 13. Januar 2009 in Gestalt deren Widerspruchsbescheids vom 20. April 2009 aufzuheben.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil es die Maßstäbe für die Dienstunfähigkeit eines Beamten (1.) unzutreffend auf den Tätigkeitsbereich bei einem Postnachfolgeunternehmen angewendet hat (2.). Die Entscheidung erweist sich im Ergebnis gleichwohl als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil diesem Fehler angesichts des körperlichen und gesundheitlichen Zustands des Klägers, der zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids jegliche Dienstleistung ausschloss, keine Entscheidungserheblichkeit zukommt (3.). Die angefochtene Versetzung des Klägers in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX unterblieben ist (4.).

9

1. Die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung der Dienstunfähigkeit voraus.

10

a) Rechtsgrundlage der angegriffenen Verfügung ist § 44 BBG in der Fassung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <170>), weil die Vorschriften des neuen Bundesbeamtengesetzes noch vor Erlass des Widerspruchsbescheids in Kraft getreten sind. Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 11 m.w.N.).

11

Der Anwendung des Bundesbeamtengesetzes steht nicht entgegen, dass der Kläger während seiner letzten Dienstjahre bei der Deutschen Telekom AG und nicht in der Bundesverwaltung tätig war. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost - PostPersRG - vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325 <2353>) in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <272>) finden auf die bei den Aktiengesellschaften tätigen Bundesbeamten die für Bundesbeamte allgemein geltenden Vorschriften Anwendung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (vgl. Urteil vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 = NVwZ-RR 2009, 893, jeweils Rn. 10 ff.).

12

Nach § 44 Abs. 1 BBG ist ein Beamter auf Lebenszeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dienstunfähig und nicht anderweitig verwendbar ist. Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist damit zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Nach dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" scheidet ein Beamter nur dann aus dem aktiven Dienst aus, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann (§ 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 bis 5 BBG). Für noch mögliche Verwendungen besteht eine gesetzliche Suchpflicht des Dienstherrn (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 25 ff.; hierzu auch Beschluss vom 6. März 2012 - BVerwG 2 A 5.10 - juris Rn. 4). Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, unter Beibehaltung des übertragenen Amtes aber seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, ist er für begrenzt dienstfähig zu erklären (§ 45 Abs. 1 BBG; hierzu auch Urteil vom 30. August 2012 - BVerwG 2 C 82.10 - Buchholz 237.6 § 54 NdsLBG Nr. 3 = NVwZ-RR 2012, 928, jeweils Rn. 11).

13

b) Dienstunfähig ist ein Beamter gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG, wenn er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist.

14

Der Dienstunfähigkeitsbegriff des § 44 BBG ist amtsbezogen (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 BBG: "anderes Amt"). Er knüpft an den Aufgabenkreis an, der dem Inhaber des jeweiligen Statusamts bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist (Amt im abstrakt-funktionellen Sinn: Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 11). Beschäftigungen in diesem Funktionsbereich sind amtsangemessen (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 - 2 BvL 16/82 - BVerfGE 70, 251 <266 f.>) und können dem Beamten jederzeit übertragen werden (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <56 f.>). Nicht maßgebend ist dagegen, ob der Beamte auch die Aufgaben des von ihm zuletzt wahrgenommenen Dienstpostens (Amt im konkret-funktionellen Sinn) erfüllen kann (Urteil vom 26. März 2009 a.a.O. Rn. 14). Dienstunfähigkeit setzt damit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (stRspr; vgl. Urteile vom 23. September 2004 a.a.O. S. 55, vom 30. August 2012 a.a.O. Rn. 11 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19).

15

Bei den privatrechtlich organisierten Unternehmen der Deutschen Telekom AG gibt es keine Ämterstruktur, wie sie § 18 BBesG für Behörden vorsieht. Die Bewertung der Funktionen und die Zuordnung der Aufgabenkreise zu einem bestimmten Statusamt, die Grundlage für die Bestimmung des amtsangemessenen und damit maßgeblichen Aufgabenkreises ist (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 27; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 - NVwZ 2013, 1603 Rn. 19), liegt hier nicht vor. Daher müssen die in § 18 BBesG verwendeten Begriffe der Ämter und ihrer Wertigkeit an die organisatorischen Gegebenheiten der Postnachfolgeunternehmen angepasst werden. Diese Aufgabe erfüllt § 8 PostPersRG, der anordnet, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Aktiengesellschaften als amtsgemäße Funktionen gelten. Die Gleichwertigkeit der einem Beamten übertragenen Tätigkeit ist aufgrund eines Funktionsvergleichs mit den Tätigkeiten bei der früheren Bundespost zu beurteilen. Eine nach diesem Maßstab gleichwertige Tätigkeit gilt als amtsangemessene Beschäftigung (vgl. Urteil vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - BVerwGE 123, 107 <113> = Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 28 S. 8).

16

Welche Anforderungen an die Erfüllung der jeweiligen Dienstpflichten zu stellen sind, legt der Dienstherr in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die Leistungsfähigkeit zu messen ist (Urteile vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 12 und vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 18). Er muss deshalb auch den ärztlichen Begutachtungen zugrunde gelegt werden.

17

c) Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt (Urteil vom 27. Juni 2013 - BVerwG 2 C 67.11 - NVwZ-RR 2013, 1007 Rn. 11). Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff. hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung; zum Erfordernis eines durch Gesetz eröffneten Beurteilungsspielraums auch BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <22>).

18

Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die gesundheitsbedingten Leistungsbeeinträchtigungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend sieht § 47 Abs. 1 Satz 1 BBG vor, dass die Einschätzung des Dienstherrn auf ein ärztliches Gutachten gestützt sein muss. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (Urteile vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11 und vom 30. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 31 ff.). Dies gilt insbesondere für die Feststellung, welche Folgen sich aus den ärztlich festgestellten Leistungseinschränkungen für die amtsbezogenen Dienstpflichten ergeben.

19

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BBG kann die ärztliche Untersuchung nur einem Amtsarzt oder einem Arzt, der als Gutachter zugelassen ist, übertragen werden. Welcher Arzt mit der Fertigung von Gutachten beauftragt werden kann, wird durch die oberste Dienstbehörde (oder durch eine von dieser ermächtigte nachgeordnete Behörde) bestimmt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 und 3 BBG). Durch diese generalisierende Regelung wurden die vorangegangenen Sonderregelungen zu Betriebs- und Vertrauensärzten - wie für den Bereich der Telekom in § 4 Abs. 4 PostPersRG in der Fassung des Gesetzes vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325 <2353>) - überflüssig (vgl. BTDrucks 14/7064, S. 49 und 54).

20

Allerdings kann das Gutachten eines vom Dienstherrn ausgewählten und beauftragten Arztes der Stellungnahme eines Amtsarztes nicht gleichgestellt werden. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist wiederholt klargestellt worden, dass der medizinischen Beurteilung eines Amtsarztes unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorrang gegenüber privatärztlichen Stellungnahmen eingeräumt werden kann (Urteile vom 9. Oktober 2002 - BVerwG 1 D 3.02 - juris Rn. 22, vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 37 und vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 2.05 - juris Rn. 35; Beschlüsse vom 15. Februar 2010 - BVerwG 2 B 126.09 - Buchholz 232.0 § 96 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 18 und vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn. 5). Dieser eingeschränkte Vorrang im Konfliktfall findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes, der Beamten und Dienststelle gleichermaßen fernsteht. Entsprechendes kann für die Gutachten eines von der Beklagten ausgewählten und bezahlten Gutachters nicht angenommen werden, auch wenn dieser Arzt als Gutachter zugelassen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BBG). Insoweit fehlt es sowohl an Rechtsnormen, die die Neutralität und Unabhängigkeit dieser Ärzte begründen und gewährleisten (vgl. Beschluss vom 15. Februar 2010 a.a.O. Rn. 18), als auch an der für die Annahme einer unabhängigen Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Distanz zu den Beteiligten.

21

2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch versäumt, den Maßstab für die Beurteilung der dem Kläger verbliebenen Leistungsfähigkeit, sein abstrakt-funktionelles Amt, zu bestimmen.

22

Aus der Amtsbezogenheit des Begriffs der Dienstunfähigkeit folgt, dass der Gesundheitszustand des Beamten und die sich hieraus ergebenen Einschränkungen seines Leistungsvermögens in Bezug zu den Anforderungen seines Amtes gesetzt werden müssen. Dienstunfähigkeit liegt vor, wenn der Beamte voraussichtlich dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Bezugspunkt dieses Aufgabenkreises ist das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, sodass alle Dienstposten in den Blick zu nehmen sind, die bei der Beschäftigungsbehörde in der Wertigkeit des dem Beamten übertragenen Statusamtes eingerichtet sind (Urteil vom 30. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 30). Dienstunfähig ist der Beamte, wenn seine amtsangemessene Beschäftigung - auf irgendeinem dieser Dienstposten - aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist.

23

Die Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Beamten nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG setzt damit die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten voraus. Nur so kann geprüft und festgestellt werden, ob ein Dienstposten - oder im Falle eines Postnachfolgeunternehmens eine Tätigkeit - zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und auch gesundheitlich für ihn geeignet ist. Welche Tätigkeiten bei dem Unternehmen, dem der Kläger nach § 4 Abs. 4 PostPersRG zugewiesen ist, als gleichwertig mit dem Funktionsbereich eines Fernmeldebetriebsinspektors der früheren Bundespost erachtet werden können (vgl. § 8 PostPersRG), hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt.

24

Hierzu hätte zunächst ermittelt werden müssen, welcher mögliche Aufgabenkreis für den Kläger in der ihn betreffenden Zuweisungsverfügung festgelegt worden ist. Dieser umschreibt - wie bei einem abstrakt-funktionellen Amt - den Kreis der bei dem Tochterunternehmen möglichen amtsangemessenen Tätigkeiten. Bei einer dauerhaften Zuweisung nach § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG müssen sowohl der mögliche als auch der konkret zu erfüllende Aufgabenbereich in der Zuweisungsverfügung festgelegt werden (Beschluss vom 3. April 2014 - BVerwG 2 B 70.12 - IÖD 2014, 124 <127>). Nur so kann der hergebrachte Grundsatz amtsangemessener Beschäftigung auch nach Überleitung zu einem Postnachfolgeunternehmen gewährleistet werden (Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 13 ff.).

25

Bei einer Zuweisung zu der Personalserviceagentur Vivento ist den Betroffenen nach den Erkenntnissen des erkennenden Senats jedenfalls in der Vergangenheit ein Aufgabenbereich nicht zugewiesen worden (vgl. Urteile vom 22. Juni 2006 a.a.O. Rn. 23 ff., vom 18. September 2008 - BVerwG 2 C 126.07 - BVerwGE 132, 40 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 99, jeweils Rn. 11 ff. und vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 20). Aufgrund dieses, mit Art. 33 Abs. 5 GG und den Vorgaben des Postpersonalrechtsgesetzes nicht in Einklang stehenden Fehlens einer amtsangemessenen Beschäftigung hat der erkennende Senat deshalb auch die Verpflichtung der Deutschen Telekom AG ausgesprochen, Beamte auf entsprechenden Antrag von Vivento "wegzuversetzen" (Urteil vom 18. September 2008 a.a.O. Rn. 13). Die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten im Falle der Zuweisung eines Beamten zur Personalserviceagentur Vivento im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bereitet daher Schwierigkeiten.

26

3. Dass das Oberverwaltungsgericht es versäumt hat, den maßgeblichen rechtlichen Maßstab in der gebotenen Weise näher zu bestimmen, also den Gesundheitszustand des Klägers in Bezug zu den Anforderungen eines ihm bei Vivento zugewiesenen Aufgabenbereichs zu setzen, ist jedoch im konkreten Fall unschädlich. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchs aus gesundheitlichen Gründen generell nicht in der Lage, Dienst zu leisten.

27

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - und den gemäß § 130b Satz 1 VwGO in Bezug genommenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts - verfügte der Kläger über keinerlei Restleistungsvermögen und konnte daher überhaupt keine berufliche Tätigkeit mehr ausüben. In sämtlichen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vorliegenden ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen hatte es selbst an Ansatzpunkten für eine wenigstens teilweise vorhandene Leistungsfähigkeit des Klägers im Bereich seines abstrakt-funktionellen Amtes sowie für anderweitige Verwendungen gefehlt.

28

Diese Feststellungen sind vom Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden und daher auch für die Beurteilung des Revisionsgerichts bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO).

29

Zwar hat der Kläger geltend gemacht, das Oberverwaltungsgericht habe dadurch gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, dass es weitere Maßnahmen zur Erforschung der Ursache des ermittelten Krankheitsbildes unterlassen habe. Bei zutreffender Beweiserhebung hätte sich ein direkter Zusammenhang zwischen "der vom Kläger durchlebten und für ihn frustrierenden beruflichen Phase" und seinem Gesundheitszustand ergeben. Diese Rüge ist indes nicht begründet.

30

Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die hier entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters (Beschluss vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn 4 m.w.N.). Das Gericht kann hierfür ein im Verwaltungsverfahren erstelltes ärztliches Gutachten heranziehen. Demgemäß hat das Oberverwaltungsgericht seine Feststellungen zum gesundheitlichen Zustand des Klägers und der hieraus folgenden Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit auf die Stellungnahme des von der Beklagten nach § 48 Abs. 1 BBG beauftragten Gutachters sowie die Atteste des Hausarztes des Klägers gestützt.

31

Über die Einholung eines weiteren Gutachtens entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO). Die unterlassene Einholung zusätzlicher Gutachten kann deshalb nur dann verfahrensfehlerhaft sein, wenn die vorliegenden Gutachten ihren Zweck nicht zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Liegen dem Gericht bereits sachverständige Äußerungen zu einem Beweisthema vor, muss es ein zusätzliches Gutachten nur einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Beschlüsse vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7 und vom 25. Feb-ruar 2013 - BVerwG 2 B 57.12 - juris Rn. 5).

32

Das Vorliegen eines solchen Mangels zeigt die Rüge nicht auf. Der Kläger hat die nunmehr vermisste Sachverhaltsaufklärung ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2 und § 165 ZPO) weder im Verfahren vor dem Tatsachengericht beantragt noch ist dargelegt, dass sich dem Oberverwaltungsgericht weitere Ermittlungen zu der bezeichneten Frage auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. zum Darlegungserfordernis Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 f. sowie zuletzt vom 31. Januar 2014 - BVerwG 2 B 88.13 - juris Rn. 5).

33

Die ärztlichen Befundberichte des Facharztes Dr. T., auf die in der Rüge Bezug genommen wird, sind vielmehr weder der Beklagten im Verwaltungsverfahren noch den Tatsachengerichten vorgelegt worden. Der Kläger hat im Klageverfahren zwar umfangreich zu seiner Erkrankung vorgetragen und auch nachträglich erstellte Gutachten vorgelegt, wie etwa das Attest seines Hausarztes Dr. S. vom 31. März 2010; eine Behandlung oder Begutachtung durch den Facharzt Dr. T. hat er jedoch nicht erwähnt. Die Existenz der fachärztlichen Bescheinigungen aus den Jahren 2007 und 2008 ist vielmehr erstmals im Rahmen der Begründung des Antrags auf Zulassung der Revision offenbart worden. Die Erkenntnisse aus den Gutachten konnten folglich weder von der Beklagten bei ihrer Entscheidung berücksichtigt werden noch konnten sie dem Oberverwaltungsgericht Anlass für weitere Aufklärungsmaßnahmen geben. Auf die weitere Frage, ob die Ermittlung der Krankheitsursache entscheidungserheblich gewesen wäre, kommt es daher nicht an.

34

b) Die Feststellung der amtsbezogenen Anforderungen ist indes entbehrlich, wenn der Beamte auf absehbare Zeit keinerlei Dienst leisten kann (Summer, in: GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil 2c, Stand: Mai 2014, L § 44 Rn. 6 und 16; zur Unfähigkeit "jedweder Beschäftigung" auch BAG, Urteil vom 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - NZA-RR 2008, 515 Rn. 32). Kann der Beamte gar nicht auf der Dienststelle erscheinen, weil er generell arbeits- und dienstunfähig ist, kommt es auf die konkreten Anforderungen der in Betracht kommenden Tätigkeitsfelder nicht mehr an.

35

Entsprechendes gilt für die aus § 44 Abs. 3 BBG folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung. Auch diese besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist (Urteil vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 40).

36

4. Die angefochtene Verfügung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil kein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX durchgeführt wurde.

37

Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX klärt der Arbeitgeber, wenn Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, mit der zuständigen Interessenvertretung, ggf. der Schwerbehindertenvertretung und der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).

38

a) Die Vorschrift findet auch auf Beamte Anwendung (ebenso Beschluss vom 4. September 2012 - BVerwG 6 P 5.11 - BVerwGE 144, 156 = Buchholz 251.7 § 65 NWPersVG Nr. 3, jeweils Rn. 12).

39

Nach § 68 Abs. 1 SGB IX gelten die Regelungen aus Teil 2 des SGB IX für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen; eine Ausnahme für Beamte ist nicht vorgesehen. Grundsätzlich richten sich die besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen aber auch an öffentliche Arbeitgeber (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB IX), bei denen Beamte beschäftigt werden (§ 73 Abs. 1 SGB IX). Anderes folgt auch nicht aus dem Regelungsgehalt des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX selbst. Die Norm gilt zwar trotz ihrer systematischen Stellung in Teil 2 des SGB IX auch für nicht behinderte Beschäftigte (BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 35), sie enthält indes keine Einschränkungen für Beamte. Dementsprechend nimmt § 93 Satz 2 SGB IX auch auf Personal-, Richter-, Staatsanwalts- und Präsidialräte Bezug.

40

§ 84 Abs. 2 SGB IX kann auch systematisch in Einklang mit den bestehenden Vorschriften zur Dienstunfähigkeit von Beamten gebracht werden. Die Verfahren stehen in den Fällen krankheitsbedingter Fehlzeiten in einem zeitlich gestaffelten Stufenverhältnis zueinander. Während das betriebliche Eingliederungsmanagement als frühzeitiges Instrumentarium auf die Wiederherstellung und dauerhafte Sicherung der Beschäftigungsmöglichkeit und damit auf die Vermeidung einer Dienstunfähigkeit zielt, knüpft das dienstrechtliche Instrumentarium an eine gesundheitsbedingte Dienstunfähigkeit an.

41

Voraussetzung für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX sind krankheitsbedingte Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres. Der Mechanismus greift daher oftmals früher als das dienstrechtliche Instrumentarium (vgl. z.B. § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG) und unabhängig davon, ob aus den Fehlzeiten auf eine mögliche Dienstunfähigkeit geschlossen werden kann (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 27). Auch die sich aus dem betrieblichen Eingliederungsmanagement ergebenen Reaktionsmöglichkeiten sind nicht auf den amtsbezogenen Dienstfähigkeitsbegriff ausgerichtet und umfassen damit auch "niederschwelligere" Vorfeldmaßnahmen, wie etwa den Einsatz von technischen Hilfsmitteln, die Anpassung des Arbeitsgeräts, die Umgestaltung des Arbeitsplatzes, die Verteilung von Arbeitszeiten oder Umsetzungen. Der Sache nach erfordert das betriebliche Eingliederungsmanagement eine Analyse der bestehenden Arbeitsbedingungen im Hinblick auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Beschäftigten, um Möglichkeiten einer leidensgerechten Anpassung des konkreten Arbeitsplatzes auszuloten. Bezugspunkt der Dienstfähigkeit einer Beamtin oder eines Beamten dagegen ist das jeweilige abstrakt-funktionelle Amt.

42

Können auch mit Hilfe des durch § 84 Abs. 2 SGB IX vorgegebenen Suchprozesses alternative Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht aufgezeigt werden, liegen ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die ernsthafte Besorgnis einer Dienstunfähigkeit vor (vgl. zum arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzverfahren auch BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - NZA 2010, 398 Rn. 24, dort sogar zur Präklusionswirkung des erfolglos durchgeführten betrieblichen Eingliederungsmanagements). Dem präventiv ausgerichteten betrieblichen Eingliederungsmanagement schließt sich ein dienstrechtliches Verfahren an, das die Prüfung der Dienstunfähigkeit in den Blick nimmt und - als ultima ratio - zur Versetzung in den Ruhestand führen kann.

43

Diese zeitliche Staffelung entspricht auch dem Übergang des vom Freiwilligkeitsprinzip gekennzeichneten betrieblichen Eingliederungsmanagements auf das dienstrechtliche Verfahren, mit der dort bestehenden Möglichkeit, den Beamten zur Durchführung einer ärztlichen Untersuchung anzuweisen. Der Gesetzgeber hat die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX an die Zustimmung des Betroffenen geknüpft. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass Wiedereingliederungsbemühungen ohne oder gar gegen den Willen des Betroffenen von vornherein zum Scheitern verurteilt sind (Beschluss vom 23. Juni 2010 - BVerwG 6 P 8.09 - BVerwGE 137, 148 = Buchholz 251.2 § 73 BlnPersVG Nr. 1, jeweils Rn. 40). In praktischer Hinsicht ergibt sich dies schon daraus, dass ohne Kenntnis der Krankheitsursachen und der einzelnen Krankheitswirkungen die vorgesehene Klärung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten nicht erfolgen kann.

44

Das dienstrechtliche Verfahren dagegen setzt eine Einwilligung des Betroffenen nicht voraus. Bestehen Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten, sind diese von der Behörde - schon im Interesse der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung - aufzuklären. Hierzu hat sich der Beamte gemäß § 44 Abs. 6 BBG nach Weisung auch ärztlich untersuchen zu lassen. Weigert sich der Beamte einer ordnungsgemäßen Untersuchungsanordnung (vgl. zu den hierfür bestehenden Anforderungen Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 18 ff.) Folge zu leisten, kann die Verweigerung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des betroffenen Beamten gewertet werden. Danach kann im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert (Urteil vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 12).

45

Das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX kann daher als Ausdruck und Konkretisierung der Fürsorgepflicht verstanden werden, mit dem ein "gesetzlich verankertes Frühwarnsystem" (Ritz/Schian, in: Cramer/Fuchs/Hirsch/Ritz, SGB IX, 6. Aufl. 2011, § 84 Rn. 24) etabliert wird. Der Dienstherr muss bereits zu einem frühen Zeitpunkt, überwacht und unterstützt durch den Personalrat und ggf. die Schwerbehindertenvertretung, die Initiative ergreifen und ein gesetzlich vorgegebenes Suchverfahren zur Überwindung der bestehenden Probleme anbieten. Kann damit keine Verbesserung erzielt werden, schließt sich ein dienstrechtliches Verfahren mit dem dort vorgesehenen Instrumentarium an. Der Beamte hat sich dann ggf. auch einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

46

b) Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist aber keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass einer Verfügung, mit der ein Beamter wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt wird.

47

§ 84 Abs. 2 SGB IX regelt die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht. Insbesondere ist das Verfahren nach § 84 Abs. 2 SGB IX - anders als die Zustimmung des Integrationsamts in § 85 SGB IX - nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung einer arbeitsrechtlichen Kündigung ausgestaltet (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 36). Ein Unterlassen führt daher auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht zur Rechtswidrigkeit einer Kündigung, sondern lediglich zur Verschiebung der Darlegungs- und Beweislastverteilung in einem hierauf bezogenen Gerichtsverfahren (vgl. BAG, Urteile vom 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - NZA-RR 2008, 515 Rn. 27, vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 17 ff., vom 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - BAGE 135, 361 Rn. 14 und vom 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - NZA 2011, 993 Rn. 25).

48

Diese Einschätzung gilt für das öffentliche Dienstrecht erst recht. Die Annahme einer zwingenden Rechtswidrigkeitsfolge der Ruhestandsversetzung im Falle eines unterbliebenen betrieblichen Eingliederungsmanagements ist mit dem Regelungssystem des Bundesbeamtengesetzes nicht in Einklang zu bringen. Ist ein Beamter wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten des ihm zuletzt übertragenen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn als dauernd unfähig anzusehen und kommt auch eine anderweitige oder zeitlich begrenzte Verwendung des Beamten nicht in Betracht, so ist er in den Ruhestand zu versetzen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BBG). Diese gesetzliche Anordnung steht nicht unter dem Vorbehalt, dass zuvor ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt worden ist; vielmehr ist im Falle der genannten Voraussetzungen für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements kein Raum mehr. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt vor, sind abweichende Entscheidungen auch dann nicht mehr denkbar, wenn die Möglichkeiten der präventiven Wiedereingliederung nach § 84 Abs. 2 SGB IX versäumt worden sind.

49

Die in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX enthaltene Verpflichtung ist auch kein Bestandteil des auf den Erlass einer Ruhestandsversetzung gerichteten Verwaltungsverfahrens (vgl. § 9 VwVfG). Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist bereits förmlich nicht als Verfahrensschritt eines Verfahrens nach § 44 ff. BBG ausgestaltet, das gesetzliche Regelungsgefüge sieht eine Verzahnung der jeweiligen Verfahren nicht vor. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist auch nicht auf den Abschluss eines Zurruhesetzungsverfahrens gerichtet; es dient vielmehr dazu, bereits den Eintritt einer Dienstunfähigkeit und damit den materiellen Anknüpfungspunkt entsprechender Verfahren zu vermeiden. Schließlich knüpft das betriebliche Eingliederungsmanagement materiell an andere Voraussetzungen an als § 44 Abs. 1 BBG. Die Anordnung in § 84 Abs. 2 SGB IX und das Dienstunfähigkeitsverfahren sind jeweils eigenständige Verfahren, die in rechtlicher Hinsicht nicht verknüpft sind.

50

Der Verstoß gegen die aus § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX folgende Verpflichtung des Dienstherrn, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen oder jedenfalls anzubieten, kann daher nur mittelbare Folgen für das Zurruhesetzungsverfahren eines Beamten wegen dauernder Dienstunfähigkeit entfalten (ähnlich auch BGH, Urteil des Dienstgerichts des Bundes vom 20. Dezember 2006 - RiZ (R) 2/06 - NVwZ-RR 2007, 328 zu § 84 Abs. 1 SGB IX).

51

Dies gilt insbesondere für die Einleitung des Verfahrens. Bereits die Anordnung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, setzt substanzielle Zweifel an der dauernden Dienstfähigkeit des Beamten voraus. Der Dienstherr ist nur dann zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn tatsächliche Umstände gegeben sind, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig (Urteile vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 19 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19). Diese liegen nach ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements regelmäßig vor. Unterlässt der Dienstherr dagegen die ihm gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX obliegende Verpflichtung, muss er die Begründung einer Untersuchungsanordnung auf anderweitige, ausreichende Tatsachenfeststellungen stützen.

52

Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Ausschluss einer anderweitigen Verwendbarkeit (§ 44 Abs. 1 Satz 3 BBG). Auch diese Voraussetzung einer Versetzung in den Ruhestand prüft das Verwaltungsgericht im Streitfall gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO von Amts wegen; kann sie nicht festgestellt werden, hat die Verfügung keinen Bestand. Dabei ist es Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 44 Abs. 3 BBG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 30). Auch insoweit entlastet es den Dienstherrn hinsichtlich des Bereichs der betroffenen Dienststelle, wenn auch die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten aufzuzeigen vermocht hat.

53

c) Der angefochtenen Verfügung haften auch keine sonstigen Verfahrensfehler an.

54

Der Kläger ist ordnungsgemäß angehört und auf die beabsichtige Versetzung in den Ruhestand hingewiesen worden. § 47 Abs. 1 BBG enthält insoweit keine Einschränkung auf den unmittelbaren Dienstvorgesetzten; Dienstvorgesetzter ist auch der Vorstand der Telekom AG (§ 1 Abs. 2 PostPersRG).

55

Eine Beteiligung des Betriebsrats war nicht erforderlich. Nach § 24 Abs. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 5 Satz 1 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG wirkt der Personalrat bei einer Versetzung in den Ruhestand zwar mit; er wird aber nur auf Antrag des Beschäftigten beteiligt (§ 29 Abs. 5 Satz 2 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 2 Satz 2 BPersVG). Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger nicht gestellt, obwohl er von der Beklagten auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist (vgl. hierzu Urteil vom 9. Dezember 1999 - BVerwG 2 C 4.99 - BVerwGE 110, 173 <177> = Buchholz 232 § 35 BBG Nr. 4 S. 3).

56

Die Beklagte hat auch ordnungsgemäß über die vom Kläger erhobenen Einwendungen befunden. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 BBG entscheidet die für die Ernennung zuständige Behörde im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde über die Einwendungen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG ernennt und entlässt das Bundesministerium der Finanzen die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten der Bundesbesoldungsordnung A; es kann diese Befugnis nach Satz 3 auf den Vorstand (und andere) übertragen. Von dieser Übertragungsmöglichkeit ist durch Abschnitt II der Anordnung zur Übertragung dienstrechtlicher Zuständigkeiten für den Bereich der Deutschen Telekom AG vom 17. Dezember 2003 (BGBl I S. 2919; geändert durch Anordnung vom 21. Dezember 2005, BGBl I S. 3727) Gebrauch gemacht worden. Der Vorstand der Deutschen Telekom AG war daher im maßgeblichen Zeitpunkt zur Entscheidung berufen.

57

Anstelle des Einvernehmens der obersten Dienstbehörde, deren Befugnisse der Vorstand der Deutschen Telekom AG selbst wahrnimmt (§ 1 Abs. 2 PostPersRG), sehen § 1 Abs. 6 Satz 1 PostPersRG, § 3 Abs. 1 Nr. 5 und § 16 BAPostG eine Rechtmäßigkeitsprüfung durch die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vor. Diese hat stattgefunden, dabei sind keine Einwände erhoben worden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.