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| Die Klage ist zulässig. Insbesondere kann sich der Kläger für die von ihm erhobene Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO auf ein Feststellungsinteresse berufen. Dieses besteht darin, dass er - vorab - geklärt wissen will, ob die von ihm beabsichtigte, in Teilen zwischenzeitlich bereits begonnene und im Klageantrag näher beschriebene Therapie seines Prostatakarzinoms dem Grunde nach beihilfefähig ist. Eine solche grundsätzliche Klärung kann er im Wege einer Verpflichtungsklage auf Gewährung einer Beihilfe für Einzelmaßnahmen nicht erreichen. Von daher scheitert das Begehren des Klägers auch nicht am Subsidiaritätsgrundsatz des § 43 Abs. 2 VwGO. Mit der vorliegend erhobenen Feststellungsklage sollen im Übrigen auch nicht die für eine Verpflichtungsklage geltenden Sonderregelungen - insbesondere über das Vorverfahren - umgangen werden; tatsächlich wurde ein solches durchgeführt. |
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| Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung. |
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| Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Notwendig in diesem Sinne ist nur eine medizinisch geeignete Behandlung. Dabei ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg bei der Beurteilung der Geeignetheit einer medizinischen Behandlung zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen; ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 -, NVwZ-RR 2008, 713; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010 - 10 S 3384/08 -, DÖD 2010, 300 ff.). Eine differenzierte Betrachtung ist freilich bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Heilmethoden geboten (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010, a.a.O.). |
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| Das Gericht teilt die Auffassung des Landesamts für Besoldung und Versorgung, dass es sich bei der vorliegend im Streit stehenden Behandlung des Prostatakarzinoms des Klägers insgesamt und auch im Hinblick auf die beabsichtigten Einzelmaßnahmen um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt. |
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| Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und auch des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist eine Behandlungsmethode dann wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in den jeweiligen medizinischen Fachrichtungen tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihre Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als aussichtslos oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2010, a.a.O.). |
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| Danach kann derzeit nicht festgestellt werden, dass die vorliegend streitgegenständliche Kombinationstherapie insgesamt oder jedenfalls einzelne Maßnahmen dieser Therapie als allgemein wissenschaftlich anerkannt anzusehen wären. Dies entnimmt das Gericht dem im vorliegenden Verfahren eingeholten fachurologischen Gutachten vom 22.09.2014, bei dessen Erstellung sich der vom Gericht beauftragte Gutachter Prof. Dr. St. der Unterstützung durch den Oberarzt Prof. Dr. B. und Dr. R. bediente. Dieses Gutachten ist - ebenso wie die von Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2014 hierzu gegebenen Erklärungen - für das Gericht plausibel, die der Beurteilung zugrundeliegenden Erkenntnisse wurden ausführlich erläutert, das Gutachten enthält keine für das Gericht erkennbare fachlich-medizinische Fehler. |
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| Der Gutachter nimmt auf die Frage, ob es sich bei der bereits mehrfach beschriebenen Therapie des Prostatakarzinoms des Klägers um eine insgesamt oder in Teilbereichen wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode zur Linderung oder Heilung der Prostataerkrankung des Klägers handelt, zunächst Bezug auf die aktuell gültigen Leitlinien zur Behandlung des Prostatakarzinoms. Er stützt sich dabei einmal auf die „Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms in der Version 2.0 (Herausgeber: Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Deutsche Krebshilfe e.V., AWMF - Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.). Zum anderen bezieht sich der Gutachter auf die „Guideline on Prostate Cancer“ der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) in der Fassung vom April 2014. Der Gutachter weist in diesem Zusammenhang zur Qualität dieser Empfehlungen darauf hin, dass zu ihrer Erstellung jeweils der aktuelle Stand der Forschung in Diagnostik und Therapie durch ein nationales bzw. internationales europäisches Expertengremium beurteilt und ausgewertet werde. Alle wissenschaftlich allgemein anerkannten Therapiemethoden fänden daher hier Berücksichtigung. |
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| Ausgehend hiervon stellt der Gutachter zunächst fest, dass beim Kläger auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen Erkenntnisse ein fortgeschrittenes, primär bereits ossär und lymphogen metastasiertes Prostatakarzinom vorliegt. Der Sachverständige führt dann weiter aus, dass gemäß den genannten gängigen Leitlinien daher beim Kläger bereits zum Zeitpunkt der Diagnose im November 2011 eine palliative Therapiesituation ohne Aussicht auf eine Heilung vorgelegen habe. In diesem Stadium werde sowohl von der Deutschen Gesellschaft für Urologie als auch von der Europäischen Gesellschaft für Urologie keine der bei dem Patienten durchgeführten Therapien mit dendritischen Zellen und kostimulatorischen onkolytischen Viren, mit einer kombinierter Hyperthermie, mit Hitzeschockproteinen und Thymuspräparaten empfohlen und gelangt so zu dem Schluss, dass für die gesamte durchgeführte Therapie keine allgemeine wissenschaftliche Anerkennung festgestellt werden könne. |
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| Das Gericht sieht keinen Anlass, diese fachliche Wertung in Zweifel zu ziehen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Behandlung des Klägers mit einem Vakzin auf der Grundlage dendritischer Zellen. Diesbezüglich kann der Bevollmächtigte des Klägers so verstanden werden, dass er die Auffassung vertritt, eine Impfung mit dendritischen Zellen stelle heute - entgegen der Auffassung des Gutachters - eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode dar, denn ein unter Verwendung von dendritischen Zellen gewonnener Impfstoff, nämlich Sipuleucel-T, habe bereits seine Wirksamkeit in klinischen Studien bewiesen und sei deshalb - unter anderem auch in der Europäischen Union - unter dem Vertriebsnamen „Provenge“ als Arzneimittel für die Behandlung des Prostatakarzinoms zugelassen worden. Ferner weist der Klägerbevollmächtigte darauf hin, dass in einer Dissertation mit dem Titel „Immuntherapie des Glioblastoma multiforme mit dendritischen Zellen“ (Düsseldorf 2011) ausgeführt werde, die im Rahmen einer Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse könnten als „proof of principle“ für das verwendete Immuntherapiekonzept mit dendritischen Zellen gewertet werden. Nach allem sei der Einsatz dendritischer Zellen heute generell als wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode zu bewerten. |
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| Dieser Beurteilung vermag das Gericht unter Zugrundelegung der Ausführungen im Gutachten vom 22.09.2014 nicht zu folgen. Dort wird (Seite 8 f.) ausgeführt, obwohl schon eine Vielzahl verschiedener Dendritische-Zellen-Impfstoffe (DZ-Impfstoffe) in frühen und fortgeschrittenen Stadien der klinischen Testung an einer großen Anzahl von Patienten mit unterschiedlichen Tumorarten erprobt worden seien, seien Erfolge bisher nur bei einer kleinen Anzahl von behandelten Patienten aufgetreten. Sipuleucel-T sei der bisher weltweit am weitesten entwickelte DZ-Impfstoff. Mit diesem Impfstoff sei erstmalig an einer großen Zahl von Patienten erwiesen worden, dass Impfstoffe zur Therapie von Krebserkrankungen wirksam sein könnten. Sipuleucel-T habe aber bei den behandelten Patienten nicht zu einer kompletten Heilung der Tumorleiden geführt, sondern ausschließlich das Überleben von Patienten im Durchschnitt um etwa 4,5 Monaten gegenüber der Standardtherapie verlängert. Der Gutachter weist anschließend darauf hin, dass es eine große Vielzahl unterschiedlichster Arten von DZ-Impfstoffe gebe. Es sei wahrscheinlich, dass nur wenige der getesteten DZ-Impfstoffe gut wirksam seien. Das Beispiel Sipuleucel-T zeige, dass diese Wirksamkeit nur durch kontrollierte klinische Studien in einer großen Zahl von Patienten gezeigt werden könne. Daher sollte entsprechend der Empfehlung der deutschen Krebsgesellschaft die Behandlung mit neuen DZ-Impfstoffen bis zum Beweis deren Wirksamkeit ausschließlich in klinischen Studien erfolgen. |
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| Darüber hinaus hat Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass aus der Zulassung von Sipuleucel-T der Schluss darauf, dass dendritische Zellen allgemein eine Therapie für ein Prostatakarzinom darstellten, nicht zulässig sei, und hat diese Aussage durch eine eingehende Darstellung der Wirkprinzipien dendritischer Zellen im Zusammenhang mit einem Prostatakarzinom begründet. Dabei hat er ausgeführt, dass es nicht genüge, einem Patienten lediglich dendritische Zellen und antigenpräsentierende Zellen zu infundieren. Vielmehr müssten diesen Zellen für ein prostataspezifisches Antigen aktiviert sein. Er habe keine Hinweis darauf, dass die im Falle des Klägers zur Anwendung bestimmten dendritischen Zellen diesen Anforderungen genügten. Auch dem Gericht liegen derartige Erkenntnisse nicht vor, der Kläger hat keinerlei Angaben hierzu gemacht. |
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| Ferner hat Prof. Dr. B. im Hinblick auf die von Klägerseite erwähnten Ergebnisse bei der Behandlung eines Hirntumors mit dendritischen Zellen, darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse, die bei der Behandlung des einen Tumors erzielt worden sind, nicht auf die Ergebnisse der Behandlung eines andersartigen Tumors übertragen werden könnten. |
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| Nach allem kann auch unter Berücksichtigung der bei der Anwendung von Sipuleucel-T gewonnenen Erkenntnisse nach Auffassung des Gerichts nicht davon ausgegangen werden, dass damit generell die Wirksamkeit eines Impfstoffs auf der Grundlage dendritischer Zellen zur Behandlung eines Prostatakarzinoms erwiesen wäre, und deshalb die Anwendung dendritischer Zellen als für den vorliegenden Fall wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zu werten sei. |
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| Auch bei der Behandlung mit onkolytischen Viren handelt es sich nach Maßgabe der gutachterlichen Äußerungen nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode. Im Gutachten vom 22.09.2014 (S. 8) wird hierzu eine Stellungnahme der Deutschen Krebsgesellschaft zitiert in der es heißt, obwohl schon eine Vielzahl verschiedenster onkolytischer Viren in frühen und fortgeschrittenen Stadien der klinischen Testung an einer großen Anzahl von Patienten und unterschiedlichen Tumorarten erprobt worden sei, gebe es bisher noch keine Zulassung dieser Therapieform. Die bisherigen Studien hätten insoweit keinen überzeugenden Wirkungsnachweis erbracht. Die aktuellen Therapieergebnisse sprächen gegen den Einsatz onkolytischer Viren außerhalb von klinischen Studien. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass negative Auswirkungen auf den Patienten oder den Verlauf der Tumorerkrankung auftreten könnten. Es sei bekannt, dass Viren in menschlichen Zellen auch Schaden anrichten könnten, Viren könnten allgemein zu schweren Erkrankungen führen. Wenn ein Virus sich in eine Zelle einschleuse, so könne es zu Störungen von Eiweißsynthesevorgängen und damit zur Fehlfunktion der Zelle kommen. Darüber hinaus könnten Viren auch zu einer Fehlfunktion von Genen und damit ganzer Zellen und sogar zu einer Entartung normaler Zellen zu Krebszellen führen. Für Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen - um einen derartigen Fall handelt es sich vorliegend - stelle diese Therapie deshalb keine von der Deutschen Krebsgesellschaft empfohlene Therapie dar. |
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| Nach dem Erkenntnisstand der Kammer kann deshalb von einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Behandlungsmethode mit Blick auf die Anwendung onkolytischer Viren - jedenfalls im konkreten Fall des Klägers - nicht die Rede sein. |
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| Für die beim Kläger ferner beabsichtigte und in Teilen bereits durchgeführte Hyperthermiebehandlung gilt nichts anderes. Zwar hat Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2014 dargelegt, die Auffassungen zur Wirksamkeit einer Hyperthermietherapie im Falle eines Prostatakarzinoms seien uneinheitlich. Dies rechtfertigt jedoch nicht den vom Klägerbevollmächtigten gezogenen Schluss, dass eine Wirksamkeit im Sinne einer positiven Einwirkung auf den Krankheitsverlauf jedenfalls nicht ganz fernliegend sei. Denn Prof. Dr. B. hat nicht nur die Uneinheitlichkeit der Auffassung zur Wirksamkeit der Hyperthermietherapie referiert, sondern unmittelbar hieran anschließend darauf hingewiesen, man vermute eine Wirksamkeit im Zusammenhang mit einer Chemo- und Strahlentherapie. Das Gericht versteht diese Aussage so, dass nur im Zusammenwirken mit derartigen weiteren Therapiemaßnahmen von Teilen der Wissenschaft eine Wirksamkeit für möglich gehalten wird. Im Falle des Klägers ist jedoch weder die Durchführung einer Chemo-, noch einer Strahlentherapie beabsichtigt, solche Behandlungsmaßnahmen sind nicht Teil des vorliegend strittigen Behandlungskonzepts. Im Übrigen wird - so das Gutachten (S. 9) - in der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie von einer Hyperthermiebehandlung im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium - von einem solchen ist beim Kläger auszugehen - eindeutig abgeraten. |
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| Anderes gilt, was die wissenschaftliche Anerkennung angeht, auch nicht im Hinblick auf die weiter in Frage stehenden Einzelmaßnahmen, die Behandlung mit Hitzeschockproteinen und Thymuspräparaten. Auch hierzu wird im bezeichneten Gutachten ausgeführt, angesichts des Stadiums des Prostatakarzinoms des Klägers sei dieses ohnehin nicht mehr kurativ therapierbar, weshalb die beiden hier erörterten Einzelmaßnahmen bereits keine Aussicht auf heilende Wirkung haben könnten, es gebe aber auch keine Ergebnisse aus kontrollierten Studien, die eine Wirksamkeit zur Linderung der Erkrankung des Klägers belegen könnten. |
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| Nach allem handelt es sich bei den vom Kläger beabsichtigten Therapiemaßnahmen insgesamt und auch in Teilen nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode. |
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| Doch auch wenn von einer fehlenden allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung der hier im Streit stehenden Therapie des Prostatakarzinoms des Klägers auszugehen ist, ist damit ein Beihilfeanspruch nicht generell und absolut ausgeschlossen. Vielmehr sind insoweit die Grundsätze zu beachten, die der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in dem bereits mehrfach zitierten Urteil vom 26.07.2010 (a.a.O.) zur Frage der Beihilfefähigkeit von derartigen Therapieansätzen - dort zu Maßnahmen der Traditionellen Chinesischen Medizin - entwickelt hat: |
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| In jenem Urteil wird ausgeführt: |
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| ... Entgegen der Auffassung des Beklagten führt die fehlende allgemeine wissenschaftliche Anerkennung der bei der Ehefrau des Klägers durchgeführten Behandlungsmethode nicht dazu, dass ein Anspruch auf Beihilfegewährung von vornherein ausgeschlossen ist. Vielmehr besteht ein Anspruch auf Beihilfe für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode dann, wenn das Finanzministerium keine Ausschlussregelung getroffen hat und die Notwendigkeit der Behandlung mit einer Außenseitermethode im Einzelfall bei Anlegung eines strengen Prüfungsmaßstabes nachgewiesen ist. Unerheblich ist in einer derartigen Fallgestaltung dann, ob nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Aussicht auf eine wissenschaftliche Anerkennung der Therapiemethode besteht. |
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| a) Die maßgeblichen Beihilfevorschriften enthalten, anders als etwa die Nordrhein-Westfälische Beihilfeverordnung (vgl. hierzu OVG Münster, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 - ZBR 2009, 270) oder etwa das Leistungsrecht der Postbeamtenkrankenkasse (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - zu § 30 Abs. 4 der Satzung a.F.), keine explizite Klausel, nach der wissenschaftlich nicht anerkannte Mittel nicht beihilfefähig sind. Jedoch sieht § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. (entsprechend § 6 Abs. 2 der Beihilfevorschriften des Bundes - BhV a.F.) vor, dass das Finanzministerium die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Untersuchung oder Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode begrenzen oder ganz ausschließen kann. Wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit steht, ist eine solche konkretisierende Ausschlussentscheidung durch das Finanzministerium, welche die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin begrenzen oder ausschließen würde, weder ausdrücklich in der Anlage zur Beihilfeverordnung noch durch die Bezugnahme in Nr. 1.5.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung auf die Entscheidungen des Bundesministers des Inneren in den Hinweisen 1 und 2 zu § 6 Abs. 2 BhV getroffen worden. |
|
| Der vom Verordnungsgeber in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. getroffenen Regelung kommt jedoch in systematischer Hinsicht für die Lösung der hier vorliegenden Problematik maßgebliche Bedeutung zu. Denn sowohl dem Wortlaut als auch der systematischen Stellung von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lässt sich unzweideutig entnehmen, dass es nach der Vorstellung des Verordnungsgebers grundsätzlich Fallkonstellationen geben kann, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung einer Behandlungsmethode besteht. Für eine normausfüllende bzw. normkonkretisierende (vgl. hierzu mit weiteren Nachweisen Urteil des Senats vom 28.01.2010 - 10 S 2582/08 - juris) Entscheidung des Finanzministeriums bliebe kein Raum, wenn die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung einer Behandlungsmethode in jedem Fall Grundvoraussetzung für die Beihilfegewährung wäre. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. zeigt, dass der Normgeber der Beihilfeverordnung selbst Fallkonstellationen für denkbar und regelungsbedürftig hält, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung besteht. Bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden ist deshalb ein Anspruch auf Beihilfe nur dann von vornherein - vorbehaltlich der vom Bundesverwaltungsgericht auch für solche Fallkonstellationen aufgestellten Ausnahmen (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801; und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436) - ausgeschlossen, wenn das Finanzministerium auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO eine wirksame Ausschlussregelung getroffen hat. Diese Überlegungen verdeutlichen zugleich, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 29.06.1995 (2 C 15.94 - a.a.O.) für die Überprüfung von Ausschlussentscheidungen auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. entwickelten Maßstäbe nicht ohne Weiteres auf die hier vorliegende Konstellation übertragen werden können. |
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| b) Im Ausgangspunkt zu Recht geht der Beklagte davon aus, dass Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Ausschlussentscheidung auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. regelmäßig nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind. Die Beihilfe stellt eine aus der Fürsorgepflicht resultierende, die zumutbare Eigenvorsorge des Beamten ergänzende Leistung des Dienstherrn dar, bei deren Gewährung er an den Grundsatz der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel gebunden ist. Die Beihilfegewährung gründet daher auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb nicht ohne Belang, ob die von ihm (mit)finanzierte Behandlung Erfolg verspricht oder nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O.; OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47.01 - a.a.O.). Dass das öffentliche Interesse an einer effektiven und sparsamen Verwendung von Steuergeldern eine Begrenzung der Beihilfe auf Erfolg versprechende Heilbehandlungen zulässt, ist im Übrigen schon frühzeitig von der Rechtsprechung anerkannt worden (vgl. BAG, Urteil vom 24.11.1960 - 5 AZR 438/59 - AP 1961 BeihilfenGR Nr. 4; BVerwG, Urteil vom 28.11.1963 - 8 C 72.63 - Buchholz 238.91 Nr. 2). Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz liegt dem Begriff der Notwendigkeit der Aufwendungen zugrunde, der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lediglich ausgestaltet und präzisiert wird. Auch ohne eine förmliche Ausschlussentscheidung des Landesfinanzministeriums auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. ist deshalb von der Beihilfestelle im Rahmen der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO zu treffenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Heilbehandlung primär zu prüfen, ob diese allgemein wissenschaftlich anerkannt ist. |
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| c) Nach dem oben Dargelegten ist bei Nichtvorliegen einer förmlichen Ausschlussentscheidung und fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung der durchgeführten Behandlungsmethode ein Beihilfeanspruch jedoch nicht ohne Weiteres ausgeschlossen. Vielmehr ist in einer derartigen Fallgestaltung § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO a.F. anzuwenden mit der Folge, dass die Beihilfestelle in eine Einzelfallprüfung einzutreten und festzustellen hat, ob bei Anlegung eines strengen Maßstabes die medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen für eine Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode besteht (vgl. so schon VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.01.1999 - 4 S 1086/96 - IÖD 1999, 139 -; der Sache nach auch Urteil vom 17.12.2009 - 4 S 3040/07 -; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Erläuterungen, Anm. 33.2 zu § 6 BhV). In diesem Zusammenhang kommt der von § 5 Abs. 1 Satz 3 BVO a.F. vorgesehenen Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Heilbehandlung besondere Bedeutung zu. Das von der Fürsorgepflicht getragene Gebot des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO, eine Beihilfe zu „dem Grunde nach“ notwendigen Aufwendungen zu leisten, kann den Dienstherrn in Ausnahmefällen auch dazu verpflichten, die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode nach den jeweiligen Bemessungssätzen zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit - z. B. unbekannter Genese - noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall - z. B. wegen einer Gegenindikation - das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten (vgl. so auch BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O. und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - a.a.O.). ...“ |
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| Danach setzt die Gewährung einer Beihilfe für die Durchführung einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode zunächst voraus, dass die Maßnahme keinem expliziten Ausschluss nach der Beihilfeverordnung unterliegt. Ein solcher Ausschluss greift vorliegend im Hinblick auf die in Frage stehende Hyperthermiebehandlung und die Behandlung mit Thymuspräparaten Raum. |
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| Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVO sind Aufwendung für ärztliche Leistungen (nur) nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung beihilfefähig; die dort u.a. durch das zuständige Ministerium getroffenen Ausschlussentscheidungen finden ihre Ermächtigungsgrundlage - wie vom Verwaltungsgerichtshof im eben zitierten Urteil bereits dargelegt - in § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BVO. Nach Nr. 1.5.1 der genannten Anlage sind nicht beihilfefähig Aufwendungen für die vom Bundesministerium des Innern in Anlage 1 zur Bundesbeihilfeverordnung genannten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit den dort genannten Maßgaben. |
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| Unter Nr. 4 des Abschnitts 2 („Teilweiser Ausschluss“) der im Rahmen der vorliegenden Feststellungsklage zu berücksichtigenden derzeitigen Fassung der Anlage 1 zur Bundesbeihilfeverordnung vom 18.07.2014 wird die Hyperthermiebehandlung erwähnt, mit dem Zusatz „Aufwendungen sind nur beihilfefähig bei Tumorbehandlungen in Kombination mit Chemo- oder Strahlentherapie“. Nur in der danach beschriebenen Kombination ist also eine Hyperthermiebehandlung beihilfefähig, ansonsten ist die Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Da im Falle des Klägers keine Chemo- oder Strahlentherapie geplant ist oder durchgeführt wird, kann er eine Beihilfe nicht beanspruchen, ohne dass es auf die weiteren vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für eine Außenseitermethode ankäme. |
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| Anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus denjenigen Fassungen der Anlage 1 zur BBhV, die ab November 2011, dem Zeitpunkt, zu dem sich der Kläger erstmals an das Landesamt unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung vom 09.11.2011 gewandt hatte, Geltung beanspruchten. So wird zwar in Abschnitt 2 der in der Zeit vom 24.12.2009 bis 19.09.2012 geltenden Fassung der Anlage 1 die „Prostata-Hyperthermie-Behandlung“ mit dem Zusatz „Aufwendungen sind nur beihilfefähig bei Krebsbehandlung“, erwähnt. Aus dem Zweck der Anlage 1, die ihre Rechtsgrundlage in § 6 BBhV hat, ist jedoch zu schließen, dass mit der dort erwähnten Krebsbehandlung eine solche nach Maßgabe einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Behandlungsmethode gemeint ist, die - wie bereits ausgeführt - vorliegend jedoch nicht durchgeführt wurde und auch nicht durchgeführt werden soll. § 6 Abs. 2 BBhV in allen seit 14.02.2009 gültigen Fassungen schreibt nämlich der Grundsatz fest, dass die Notwendigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen voraussetzt, dass diese nach einer wissenschaftlich anerkannten Methode vorgenommen werden (Satz 1). Als nicht notwendig gelten danach in der Regel Untersuchungen und Behandlungen, soweit sie in der Anlage 1 ausgeschlossen werden (Satz 2). Danach geht die Bundesbeihilfeverordnung für die Beihilfefähigkeit von dem Prinzip aus, dass nur Aufwendungen für wissenschaftlich anerkannte Methoden beihilfefähig sind. Ausnahmevorschriften, wie die vorliegend diskutierte, sind deshalb eng auszulegen, weshalb der Schluss nicht gerechtfertigt ist, dass eine Hyperthermiebehandlung im Zusammenhang mit jedweder, vorgeblich einer Behandlung des Prostatakarzinoms dienenden Methode beihilfefähig wäre. Vielmehr bestand danach unter Geltung der hier diskutierten Fassung der Anlage 1 ein Anspruch auf Beihilfe zu einer Hyperthermiebehandlung auch nur im Rahmen einer Krebsbehandlung, die nach wissenschaftlich anerkannten Methoden durchgeführt wurde. So verhält es sich im Falle des Klägers allerdings nicht. Er vermag deshalb auch aus dem von ihm in Bezug genommenen Merkblatt, in dem eine Beihilfefähigkeit der Hyperthermiebehandlung in Verbindung mit einer Krebsbehandlung dargestellt wurde, keine Ansprüche für sich herzuleiten. Im Übrigen dient ein solches Merkblatt - auch für den Beamten ersichtlich - regelmäßig lediglich der Information und stellt damit auch keine Zusicherung im Sinne von § 38 LVwVfG dar. Letzteres wird von Klägerseite auch nicht behauptet. |
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| Ein völliger Ausschluss der Hyperthermiebehandlung von der Beihilfefähigkeit findet sich schließlich unter Abschnitt 1 Nr. 8.3 der Anlage 1 zur Bundesbeihilfeverordnung, die in der Zeit von 20.09.2012 bis 25.04.2014 Gültigkeit hatte. |
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| Ausgeschlossen ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Nr. 1.5.1 der Anlage zur BVO im konkreten Fall auch die Behandlung mit Thymuspräparaten. Denn solche Aufwendungen sind nach der aktuellen Anlage 1 zur BBhV (dort Abschnitt 2 Nr. 10) und auch nach den beiden, bereits genannten vorherigen Fassungen der Anlage 1 nur beihilfefähig bei Krebsbehandlungen, wenn andere übliche Behandlungsmethoden nicht zum Erfolg geführt haben. Andere übliche Behandlungsmethoden sind aber - worauf noch einzugehen sein wird - bisher beim Kläger nicht durchgeführt worden. |
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| Keiner Ausschlussentscheidung unterfällt allerdings die Behandlung mit dendritischen Zellen. Zwar wurde von Beklagtenseite angenommen, hierbei handle es sich um den Fall einer autohomologen Immuntherapie, die in allen seit November 2011 gültigen Fassungen der Anlage 1 zur BBhV unter den völligen Ausschlüssen zu finden ist. Insoweit wurde durch das Sachverständigengutachten jedoch geklärt, dass es sich bei der Behandlung mit dendritischen Zellen nicht um eine autohomologe Immuntherapie handelt; diese Aussage des Sachverständigen wird vom Beklagten auch nicht in Frage gestellt. |
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| Auch wenn eine Behandlungsmethode allerdings weder in der Beihilfeverordnung selbst noch über den Verweis in Nr. 1.5.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung auf die Anlage 1 zur BBhV ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgenommen wird, bedeutet dies im Umkehrschluss nicht, dass alle anderen Methoden beihilfefähig wären. Vielmehr bleibt es bei dem in § 5 Abs. 1 BVO niedergelegten beihilferechtlichen Grundsatz, dass Anspruch auf eine Leistung nur dann besteht, wenn eine medizinische Notwendigkeit für die geltend gemachten Aufwendungen besteht. In solchen Fällen ist deshalb eine Einzelfallprüfung der medizinischen Notwendigkeit durchzuführen. |
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| Dabei ist, wenn es wie hier um die Beihilfefähigkeit für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methode geht, nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Urteil vom 26.07.2010 (a.a.O.) zunächst die Frage zu stellen, ob eine solche allgemein anerkannte Behandlungsmethode existiert. Diese Frage ist vorliegend auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens zu bejahen. |
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| In den gutachterlichen Äußerungen und auch im Rahmen der mündlichen Erläuterung wurde von Gutachterseite dargelegt, dass beim Kläger schon zum Zeitpunkt seiner Entscheidung für die hier strittige Methode ein fortgeschrittenes lymphogen und ossär metastasiertes Erkrankungsstadium gegeben war. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe keine Möglichkeit zur Heilung der vorliegenden Krebserkrankung bestanden. Zur Beeinflussung des Krankheitsverlaufs im Sinne einer Linderung bestünden jedoch Empfehlungen. So empfehle die deutsche Leitlinie zur Behandlung des Prostatakarzinoms im metastasierten Erkrankungsstadium, dass dem Patienten im Falle einer vorliegenden Symptomatik eine Androgendeprivationstherapie empfohlen werden solle, im Falle einer fehlenden Symptomatik zumindest angeboten werden könne. Die Leitlinie weise ferner darauf hin, dass der Patient im Rahmen des Aufklärungsgespräches über die Therapiemethoden auf den palliativen Charakter der Therapie, den Einfluss auf die Lebensqualität, mögliche Nebenwirkungen sowie jedoch auch auf die Verlängerung des progressionsfreien Überlebens hingewiesen werden solle. Die Androgendeprivation (der Entzug von Testosteron im Sinne einer Kastration) könne mittels medikamentöser Dauerbehandlung oder mittels operativer Entfernung von Hodengewebe erfolgen. Auch die Möglichkeit der Behandlung mit einem nicht-steroidalen Antiandrogen stehe zur Verfügung, dies sei jedoch nach aktuellem wissenschaftlichen Stand möglicherweise mit einer kürzeren Gesamtüberlebenszeit assoziiert. Eine solche Androgendeprivationstherapie - so erklärte Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung - sei beim Kläger auch heute noch möglich. |
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| Weiter heißt es in den gutachterlichen Äußerungen, falls sich ein Patient aufgrund der zu erwartenden Nebenwirkungen bzw. Einschränkungen der Lebensqualität gegen eine hormonablative Therapie entscheiden sollte, stehe das Therapiekonzept des „watchful waiting“ zur Verfügung, bei dem lediglich palliativ intendierte symptomabhängige Interventionen durchgeführt werden. Hierzu zähle beispielsweise auch die lokale perkutane Bestrahlung von Knochenmetastasen. Diese werde gemäß den Leitlinien bei einem Evidenzgrad A, jedoch nur bei drohender spinaler Kompression oder erhöhtem Frakturrisiko primär empfohlen, könne jedoch bei PersiNr. 1.5.1 zur BVO und Nr. 1 A der Anlage 1 zur BBhV lokalisierter Knochenschmerzen ebenfalls angeboten werden. Daten über eine bestehende derartige Symptomatik lägen für den Kläger allerdings nicht vor. Zusätzlich könne bei Patienten mit Knochenmetastasen zur Vorbeugung von Komplikationen das Bisphosphonat Zoledronsäure oder der monoklonale Antikörper Denosumab eingesetzt werden. Sollte es im Rahmen der Behandlung des Patienten zu einer Kastrationsresistenz, also dem fehlenden Ansprechen auf die durchgeführte Hormonbehandlung kommen, stünden im weiteren leitliniengerechte Chemotherapien mit den Substanzen Docetaxel oder Carbacitaxel sowie zusätzliche Substanzen zur sekundären Hormonmanipulation zur Verfügung. |
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| Existiert danach aber eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode, so kommt eine Beihilfefähigkeit für eine andere Behandlungsmethode, die wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt ist, nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Urteil vom 26.07.2010 (a.a.O.) nur dann in Betracht, wenn eine schulmedizinisch anerkannte Methode bereits erfolgreich angewandt wurde oder diese Methode im Einzelfall, etwa wegen einer Kontraindikation, nicht angewendet werden darf. |
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| Festzustellen ist im konkreten Fall zunächst, dass der Kläger bisher eine leitlinienkonforme Behandlung nicht hat durchführen lassen, sich also keiner wissenschaftlich allgemein anerkannten Behandlungsmethode unterzogen hat. Danach wäre eine Beihilfefähigkeit nur dann gegeben, wenn die wissenschaftlich anerkannte Methode in seinem Falle nicht angewendet werden dürfte oder aus anderen Gründen nicht anwendbar wäre. |
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| Das Vorliegen eines derartigen Ausschlusstatbestands ist vorliegend aber nicht ersichtlich. Vielmehr spricht nichts dafür, dass die eben referierten leitliniengerechten Behandlungsmaßnahmen im Falle des Klägers nicht angewendet werden durften oder aktuell nicht anwendbar wären. Vielmehr hat der Gutachter bei seiner Befragung - wie bereits erwähnt - darauf hingewiesen, dass er keine Anhaltspunkte hat, die im Falle des Klägers gegen eine Androgendeprivationstherapie in der Vergangenheit hätten sprechen können oder auch noch heute gegen eine solche sprächen. |
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| Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass jedenfalls aufgrund der möglichen Nebenwirkungen einer Androgendeprivationstherapie der Behandlung mit einem Vakzin auf der Grundlage dendritischer Zellen der Vorzug gegeben werden müsste. In diesem Zusammenhang ist zunächst der gutachterliche Hinweis von Bedeutung, dass der Einsatz von dendritischen Zellen, konkret mittels des Impfstoffes Sipuleucel-T, keine echte Alternative zu der angesprochenen Androgendeprivationstherapie darstellt. Vielmehr kommt - so Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2014 - Sipuleucel-T erst dann zur Anwendung, wenn die Androgendeprivationstherapie beim Patienten nicht mehr anspricht, weil dieser eine Kastrationsresistenz entwickelt hat, mit der erfahrungsgemäß etwa 36 Monate nach Beginn der Androgendeprivationstherapie zu rechnen sei. Im Übrigen kann - entgegen der Annahme des Klägerbevollmächtigten - auch nicht davon gesprochen werden, eine Androgendeprivation habe keinen medizinischen Nutzen. Vielmehr führt eine solche zu einer Hemmung der weiteren Entwicklung des Tumors. |
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| Ganz entscheidend ist aber auch, dass die Annahme, eine Impfung mit dendritischen Zellen sei mit weitaus geringeren Nebenwirkungen verbunden als die vorgeschlagene Androgendeprivationstherapie nicht zu belegen ist. |
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| So hat Prof. Dr. B. bei seiner Anhörung vor Gericht die Nebenwirkungen der Androgendeprivation im Einzelnen beschrieben. Die dadurch hervorgerufene Einschränkung der Testosteronproduktion führe zu einer Libidominderung und es könne zu Erektionsstörungen bis zum Erektionsverlust kommen. Außerdem gebe es eine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit, die auf die Einstellung der Spermienproduktion zurückzuführen sei. Diese sei allerdings bei Absetzung der Medikamente im Falle einer medikamentösen Androgendeprivationstherapie reversibel. Diese Therapie könne auch zu Schmerzen in der Brust und zu Hitzewallungen führen. Die Schmerzen in der Brust könnten durch eine Strahlentherapie therapiert werden, gleichzeitig könnte aber das Risiko für eine Osteoporose steigen. |
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| Vergleicht man hiermit diejenigen Nebenwirkungen, die mit der Gabe des DZ-Impfstoffs Sipuleucel-T verbunden sein können, so zeigt sich dass die Risiken der letztgenannten Anwendung durchaus nicht als geringer zu werten sind, als diejenigen einer Androgendeprivationstherapie. So wird in der auch vom Kläger vorgelegten Information der European Medicines Agency zu dem seit September 2013 auch in der Europäischen Union zugelassenen Medikament „Provenge“, das auf Sipuleucel-T beruht, zu den Risiken von „Provenge“ folgendes dargelegt |
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| (vgl.: www.ema.europa.eu/docs/de_DE/document_library/EPAR_-_Summary_for_the_public/human/002513/WC500151157.pdf) : |
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| „Sehr häufige Nebenwirkungen von Provenge (die mehr als 1 von 10 Menschen betreffen können) sind Schüttelfrost, Müdigkeit, Fieber, Übelkeit, Arthralgie (Gelenkschmerzen), Kopfschmerzen und Erbrechen. Schwerwiegende Nebenwirkungen von Provenge sind akute Infusionsreaktionen, schwere Infektionen (Katheter-Sepsis und Staphylokokken-Bakteriämie), Herzinfarkt und zerebrovaskuläre Ereignisse (die Blutversorgung des Gehirns betreffend). ...“ |
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| Zwar ist im Falle des Klägers nicht die Anwendung von „Provenge“ beabsichtigt, dem Gericht liegen jedoch keinerlei Erkenntnisse darüber vor, dass der vom Arzt des Klägers eingesetzte DZ-Impfstoff keine derartigen Nebenwirkungen hätte. |
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| Auch mit Rücksicht auf die möglichen Nebenwirkungen kann deshalb nach den Erkenntnissen der Kammer nicht davon die Rede sein, dem Kläger könne eine Androgendeprivationstherapie nicht zugemutet werden, weil die von ihm gewählte Behandlungsmethode weniger riskant sei. |
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| Schließlich ist auch im Hinblick auf die Verwendung onkolytischer Zellen und von Hitzeschockproteinen darauf hinzuweisen, dass auch insoweit die Androgendeprivationstherapie und weitere gutachterlich genannte Behandlungsmethoden wissenschaftlich allgemein anerkannter Art zur Verfügung stehen, die im Falle des Klägers bisher nicht zur Anwendung gekommen sind. Auch diesbezüglich gibt es keine Anhaltspunkte, die gegen eine leitliniengerechte Behandlung sprechen könnten. |
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| Danach kommt es auf die Frage, ob die beim Kläger beabsichtigte Kombinationsmethode insgesamt oder in Teilen nach ernstzunehmender Auffassung Aussicht auf Erfolg bietet, nicht an. Denn diese Frage stellte sich nur dann, wenn im Einzelfall des Klägers eine wissenschaftlich allgemein anerkannte und anwendbare Behandlungsmethode nicht existent wäre. Eine solche gibt es jedoch. |
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| Dem Kläger steht nach allem der geltend gemachte Beihilfeanspruch nicht zu, die Klage ist abzuweisen. |
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| Zum selben Ergebnis gelangte man - dies sei abschließend erwähnt - auch dann, wenn man die Grundsätze des von Klägerseite mehrfach zitierten „Nikolausbeschlusses“ des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 06.12.2005, a.a.O.) zur Anwendung bringen würde, der im Übrigen die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung und nicht einen Fall der beamtenrechtlichen Beihilfe im Krankheitsfall betraf. Denn auch danach kommt ein Leistungsanspruch nur dann in Betracht, wenn eine medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht. So verhält es sich vorliegend jedoch - wie bereits mehrfach ausgeführt - nicht. |
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| Beschluss vom 19. Dezember 2014 |
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| Angesichts des zu erwartenden Kostenaufwands bei Durchführung aller vom Kläger beabsichtigten Maßnahmen kommt nach Auffassung der Kammer allein die Festsetzung des Auffangstreitwerts von 5.000,00 EUR nach § 52 Abs. 2 GKG vorliegend nicht in Betracht. Im Hinblick auf die vom Kläger geplanten Maßnahmen und die von ihm zu erwartenden Beihilfeleistungen hält das Gericht den festgesetzten Betrag von 10.000,00 EUR für angemessen. |
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