Verwaltungsgericht München Urteil, 04. Okt. 2016 - M 9 K 15.50732
Gericht
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist sierra-leonischer Staatsangehöriger.
Er wurde am 17. Mai 2015 im Bundesgebiet aufgegriffen, in das er von Österreich kommend eingereist war. Hinsichtlich des Reisewegs gab er an, er sei von Sierra Leone in die Türkei geflogen. Von dort sei er nach einem Jahr mit dem Schiff weiter nach Griechenland und dann zu Fuß weiter nach Mazedonien, Serbien und Ungarn gelangt. Von dort sei er gegen Bezahlung mit dem Auto nach Deutschland gebracht worden.
Am 23. Juli 2015 stellte er einen Asylantrag.
Nachdem eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Kläger bereits in Ungarn registriert worden war, sandte die Beklagte am 1. Juli 2015 eine Übernahmeanfrage an Ungarn. Auf diese erfolgte keine Antwort binnen zweier Wochen.
Mit Bescheid vom ... August 2015 wurde der Antrag des Klägers als unzulässig ab-gelehnt (Nr. 1 des Bescheids) und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet (Nr. 2 des Bescheids). In Nr. 3 des Bescheids wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz auf null Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
Der Kläger erhob am 27. August 2015 Klage (M 9 K 15.50732) gegen den genannten Bescheid. Er beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes vom ... August 2015 aufzuheben.
Zur Begründung wurde vorgetragen, das Asylverfahren in Ungarn leide an systemischen Mängeln. Dem Kläger drohten in den ungarischen Aufnahmeeinrichtungen Zustände, die im Hinblick auf Art. 4 EU-Grundrechtecharta nicht hinnehmbar seien. In Ungarn würden Asylbewerber exzessiv inhaftiert. Die Plätze in offenen Einrichtungen reichten bei Weitem nicht aus. Die erneute Verschärfung des ungarischen Asylrechts zum 1. August 2015 führe dazu, dass rücküberstellte Asylbewerber keinen Zugang zum Asylverfahren mehr hätten. Mittlerweile könne jeder Asylantrag abgelehnt werden, wenn der Antragsteller die Unterkunft länger als 48 Stunden verlassen habe. Dies sei beim Kläger der Fall.
Einem Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage wurde mit Beschluss vom 3. Dezember 2015 stattgegeben (M 9 S 15.50733).
Mit Gerichtsbescheid vom 10. August 2016 wies das erkennende Gericht die Klage ab. Hiergegen hat der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 25. August 2016 Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.
In der mündlichen Verhandlung trug der Bevollmächtigte des Klägers ergänzend vor, dass Ungarn ausweislich eines Schreibens des Dublin-Verbindungsbüros in Budapest derzeit offenbar Rücküberstellungen im Rahmen des Dublin-Verfahrens ablehne. Es wurde beantragt hierzu Beweis zu erheben. Der diesbezügliche Beweisantrag wurde durch Beschluss des Gerichts in der mündlichen Verhandlung abgelehnt. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 4. Oktober 2016 wird hierzu Bezug genommen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Klägerbevollmächtigte mit Telefax vom 4. Oktober 2016 zwei Kopien von Schreiben der „Dublin Coordination Unit“ in Ungarn vom 14. Juni 2016 und vom 16. August 2016 vorgelegt. In diesen wird jeweils die Rücküberstellung im einem Dublinverfahren abgelehnt.
Zum weiteren Vorbringen und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren, dem Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO (M 9 S 15.50733) und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom ... August 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG in der Fassung der Änderung durch Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939; im Folgenden: AsylG; bisher § 27a AsylG) als unzulässig abgelehnt.
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Für die Prüfung des am 23. Juli 2015 in Deutschland gestellten Asylantrags ist gemäß Art. 13 Abs. 1 i.V.m 18 Abs. 1 b) VO (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und Rates vom 26. Juni 2013 - Dublin-III-VO - Ungarn zuständig. Aus dem EURODAC-Treffer der Kategorie 1 ergibt sich, dass der Kläger bereits in Ungern einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Da Ungarn auf das Übernahmeersuchen vom 1. Juli 2015 nicht fristgerecht geantwortet hat, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, trotz der Zuständigkeit Ungarns den Asylantrag des Klägers selbst inhaltlich zu prüfen.
Von Verfassungs wegen kommt eine Prüfungspflicht der Beklagten nur in Betracht, soweit ein von vornherein außerhalb der Reichweite des Konzepts der normativen Vergewisserung liegender Sachverhalt gegeben ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93) ist dies - be-zogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die, für die Qualifizierung des Drittstaates als sicher, maßgeblichen Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalles sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen.
Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 21. Dezember 2011 C-411/10 und C-493/10) ist Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-Grundrechtcharta) dahin auszulegen, dass es den Mitgliedsstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedsstaat“ im Sinne der Dublin-VO zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich der Tatrichter zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitglieds-staaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedsstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens mit beachtlicher, das heißt überwiegender Wahr-scheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Widerlegung dieser Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Fall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - juris).
Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in dem zuständigen Mit-gliedsstaat sind die regelmäßigen Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichte der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort. Den Berichten des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort kommt bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem nach der Dublin-III-VO zuständigen Mitgliedsstaat besondere Relevanz zu.
Nach diesen Grundsätzen ist auf Grundlage des dem Gericht vorliegenden, aktuellen Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern in Ungarn (vgl. Bericht des Hungarian Helsinki Commiittee zu den Änderungen des ungarischen Asylrechts vom 7. August 2015, abrufbar unter http://helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-HU-asylum-law-amendment-2015-August-info-note.pdf; Bericht des Hungarian Helsinki Committee zu Asylhaft und zu den Dublin-Verfahren in Ungarn, Stand Mai 2014; Stellungnahme des UNHCR vom 9.5.2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A jeweils abrufbar unter https://milo.bamf.de; Ungarn Länderbericht des AIDA (Asylum Information Database), Stand: 30.4.2014, abrufbar unter http://www.asylumineurope.org; Bericht von bordermonitoring.eu; Stand: Oktober 2013, abrufbar unter http://bordermonitoring.eu; Amnesty International Juli 2015: „Europe´s Borderlands - Violations against refugees and migrants in Macedonia, Serbia and Hungary“, abrufbar unter http://www.amnestyusa.org/research/europes-borderlands-violations-against-migrants-and-refugees-in-macedonia-serbia-and-hungary; Amnesty International zur Lage der Flüchtlinge in Ungarn Oktober 2015: „Fenced out-Hungary´s violations of the rights of refugees and migrants“, abrufbar unter http://www.amnesty.org/en/documents/eur27/2614/2015/en/; UNHCR: „Europe´s refugee emergency response update #10, 6. - 12. November 2015, abrufbar un-terhttp://www.refworld/org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain?page=search&skip=0&query=&coi
=HUN; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2016 gegenüber dem VG Augsburg) jedenfalls für die Person des Klägers derzeit nicht ernsthaft zu befürchten, dass in Ungarn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Asylbewerber systemische Mängel aufweisen, die einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK begründen könnten.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dessen Rechtsprechung grundsätzlich über den jeweils entschiedenen Einzelfall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion zukommt (vgl. BVerwG, U. v. 28.2.2013 - 2 C 3.12 - juris), hat mit Urteil vom 3. Juli 2014 im Ergebnis festgestellt, dass systemische Mängel hinsichtlich der Inhaftierungspraxis Ungarns nicht vorliegen und ein tatsächliches Risiko einer schwerwiegenden Beeinträchtigung im Sinne des Art. 3 EMRK bei einer Rückkehr nach Ungarn nicht bestehe (vgl. EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12). Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in zwei Entscheidungen ausgeführt, allein die Tatsache, dass das ungarische Asylrecht Inhaftierungsgründe für Asylbewerber enthalte und Ungarn auf dieser Grundlage Dublin-Rückkehrer inhaftiere, sei für sich genommen noch kein begründeter Anhaltspunkt für das Vorliegen systemischer Mängel des Asylsystems (so auch: VG Dresden, B. v. 9.9.2015 - 2 L 719/15.A). Er stützt sich weiterhin maßgeblich darauf, dass der UNHCR sich bisher nicht generell gegen Rücküberstellungen nach Ungarn ausgesprochen habe (BayVGH, B. v. 12.6.2015 - 13a ZB 15.50097 - juris; BayVGH, B. v. 27.4.2015 - 14 ZB 13.30076 - juris).
Solche Mängel folgen auch nicht aus dem Rechtsgutachten über ungarisches Asylrecht des Instituts für Ostrecht in München, Prof. Dr. Herbert Küpper, vom 2. Oktober 2015 gegenüber dem VG Düsseldorf (GB v. 2.12.2015, 22 K 3263/15.2, juris). Aus diesem Gutachten ergib sich im Wesentlichen, dass Ungarn Serbien als sicheren Drittstaat ansieht. Nachweise über mögliche Missstände im serbischen Asylsystem, die allein systemische Mängel durch die ungarische Drittstaatenregelung begründen könnten, lassen sich diesem Gutachten gerade nicht entnehmen.
Hingegen lässt sich aus einer Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2016 an das VG Augsburg schließen, dass für den Kläger im Falle einer Rückkehr nach Ungarn nicht die konkrete Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung besteht. Weder hinsichtlich behaupteter Unterbringungsprobleme noch in Bezug auf die vom Bevollmächtigten des Klägers angesprochene Asylhaft lassen sich Gesichtspunkte entnehmen, welche eine Verletzung von Art. 4 EUGRCh befürchten lassen. Das Auswärtige Amt führt in der Auskunft vom 27. Januar 2016 auszugsweise aus:
„Zu Frage c:
Es liegen keine offiziellen statistischen Informationen vor, ob Dublin-Rückkehrer regelmäßig oder ausnahmsweise inhaftiert werden. Es gelten für die Anordnung der Asylhaft die gleichen gesetzlichen Grundlagen wie für Nicht-Dublin-Fälle.
Zur durchschnittlichen Verweildauer von Dublin-Rückkehrern in Asylhafteinrichtungen liegen ebenfalls keine offiziellen statistischen Informationen vor. Die gesetzliche Höchstdauer beträgt 6 Monate, im Fall von Familien mit minderjährigen Kindern 1 Monat.
Die Asylverfahren von Personen, die sich in Asylhaft befinden, werden vor-rangig bearbeitet. Anzumerken ist, dass nach einer internen, nicht offiziellen Auswertung eines Verantwortlichen der Einrichtung Bekescsaba die durchschnittliche Haftdauer im Auswertungszeitraum 1.1.-10.12.2015 bei 24 Tagen lag.
Haftdauerverringernd wirkt sich neben dem Beschleunigungsgebot zum einen aus, dass die Asylbehörde nicht automatisch die maximal zulässige Haftverlängerung beantragt, zum anderen, dass das zuständige Gericht, welches über die Verlängerung der Haftanordnung entscheidet, kürzere Haftzeiten als beantragt gewährt. Anhand des Prüfungsaufwandes vom Einzelfall wird u. a. festgelegt, wie lange der Asylbewerber noch in Haft zu halten ist.
So sind zum einen Fälle bekannt, in denen die Haft sofort beendet wurde, als auch Fälle, in denen die Haft für eine Woche vom Gericht verlängert wurde.
Die Asylbehörde ist als Betreiber der Einrichtungen mit Sachbearbeitern vor Ort in den Einrichtungen vertreten. Die Sachbearbeiter führen Anhörungen durch und treffen Entscheidungen.
Die Praxis, Antragsteller aus bestimmten Herkunftsstaaten nicht in Asylhaft zu nehmen, wurde unter anderem deswegen aufgegeben, da vermehrt Staatsangehörigkeitstäuschungen festgestellt wurden.
Von Gesetzes wegen werden unbegleitete Minderjährige und Personen, die sich legal in Ungarn aufgehalten haben (z. B. nachweislich durch ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis) und einen Asylantrag stellen, nicht in Asylhaft genommen. Bei Zweifeln an der Minderjährigkeit wird eine ärztliche Untersuchung durchgeführt.
Asylhaft kann nach den gesetzlichen Regelungen angeordnet werden
1. bei unklarer Identität oder Staatsangehörigkeit zur Klärung dieser,
2. bei Ausländern, die sich im Ausweisungsverfahren befinden und einen Asylantrag stellen, obwohl sie diesen zweifelsfrei bereits zuvor hätten stellen können oder um eine drohende Aufenthaltsbeendigung zu verzögern oder abzuwenden,
3. wenn der Sachverhalt des Asylbegehrens aufgeklärt werden muss und eine Aufklärung nicht ohne Haft möglich ist, speziell wenn die Gefahr des Untertauchens besteht,
4. wenn der Asylbewerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt,
5. wenn der Asylantrag im Flughafenbereich gestellt wurde oder
6. zur Sicherstellung der Durchführung des Dublin-Verfahrens, wenn die ernsthafte Gefahr des Untertauchens besteht.
Die Entscheidung über die Asylhaft wird dem Ausländer mündlich in seiner Muttersprache oder einer ihm verständlichen Sprache mitgeteilt und ihm die Anordnungsverfügung in ungarischer Sprache ausgehändigt. Asylhaft kann erstmalig maximal für 72 Stunden angeordnet werden.
Asylhaft darf nicht nur deshalb angeordnet werden, weil ein Asylantrag gestellt wurde. Im Rahmen jeder Haftanordnung ist von der Asylbehörde zu prüfen, ob ein milderes Mittel zur Anwendung kommen kann. Wenn der Anordnungsgrund auch durch ein milderes Mittel erreicht werden kann, ist Haft nicht anzuordnen.
Die Asylbehörde kann die Hinterlegung einer Kaution als milderes Mittel anordnen. Sofern der Asylbewerber seine Anwesenheitspflicht erfüllt, ist die Kaution nach Abschluss des Asylverfahrens an ihn zurückzuzahlen.
Soll die Asylhaft für länger als 72 Stunden andauern, muss die Asylbehörde binnen 24 Stunden nach der Erstanordnungsverfügung einen Verlängerungsantrag um maximal 60 Tage beim örtlichen Gericht stellen. Es findet somit eine automatische Überprüfung der Maßnahme spätestens 72 Stunden nach Verhängung der Maßnahme durch das örtlich zuständige Gericht statt. Der Verlängerungsantrag ist zu begründen.
Bei dem Haftprüfungstermin muss der Betroffene anwaltlich vertreten sein und kann Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Maßnahme einle-gen. Auch nach gegebenfalls Bestätigung der Maßnahme durch das Gericht kann der Betroffene jederzeit Einwendungen erheben, über die das Gericht binnen 8 Tagen zu entscheiden hat, wobei eine wiederholte Beschwerde aus denselben Gründen nicht statthaft ist. Sollte der Betroffene aus sprachlichen oder anderen Gründen gehindert sein, selbst einen Anwalt zu beauftragen, wird von Amts wegen vom zuständigen Gericht ein Anwalt beigeordnet.
Die Verfahrenskosten trägt der ungarische Staat.
Die Haft ist ohne Verzögerung spätestens zu beenden, wenn
1. die Höchstdauer erreicht ist,
2. der Haftgrund nicht mehr existiert,
3. feststeht, dass der Asylbewerber minderjährig ist,
4. ein Krankenhausaufenthalt aus medizinischen Gründen erforderlich ist,
5. die Voraussetzungen zur Durchführung des Dublin-Verfahrens gegeben sind
oder
6. das Dublin-Verfahren nicht durchgeführt werden kann.
Die Punkte 5 und 6 betreffen nicht Dublin-Rückkehrer, sondern von Ungarn zu überstellende Personen in andere Mitgliedsstaaten.
Es gibt in Ungarn drei Asylhafteinrichtungen:
In allen ist eine 24/7 medizinische Versorgung gewährleistet. Psychologische Behandlung wird auf Nachfrage von einer Nichtregierungsorganisation durchgeführt, ist aber auch bei festgestelltem Bedarf in der nächstgelegenen Klinik verfügbar.
Beschwerden gegen die Haftbedingungen können bis zum Leiter des Asyldirektorates eingereicht werden. Kontrolliert wird die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu den Bedingungen der Unterbringung von Asylsuchenden in Asylhafteinrichtungen durch das Büro der ungarischen Staatsanwaltschaft, das regelmäßig Kontrollbesuche durchführt.
Der UNHCR hat jederzeit und ohne dass es irgendwelcher administrativer Voraussetzungen bedarf, ungehinderten Zugang zu den Unterbringungseinrichtungen. Angehörige von NGOen, mit denen die Asylbehörde Kooperationsvereinbarungen geschlossen hat (Ungarisches Helsinki Komitee, Cordelia Foundation, Menedék Associassion) haben ebenfalls Zugang zu den Einrichtungen, wobei es hierzu jedoch einer schriftlichen Erlaubnis bedarf. In der täglichen Praxis stellt dieses Verfahren aber lediglich eine Formalität dar und kein wirkliches Genehmigungsverfahren.
Die Einrichtungen verfügen in der Regel über Zimmer für die Insassen, einen Sozialraum, Verwaltungs- und Arztgebäude, eine Turn- oder Sporthalle sowie einen Innenhof. Der Sozialraum bietet Zugang zu Internet und Telefon.
In den Asylhafteinrichtungen arbeiten auch Sozialpädagogen zwecks Betreuung der Asylbewerber. Die Unterbringung erfolgt in Mehrbetträumen, wobei alleinstehende Frauen und Familien von minderjährigen Kindern, die nach den gesetzlichen Regelungen auch in Asylhaft genommen werden können, in separaten Gebäuden oder Flügeln getrennt von alleinstehenden Männern untergebracht werden müssen.“
Der Umstand, dass in Ungarn seit dem 1. August 2015 ein geändertes Asylverfahrensgesetz in Kraft getreten ist, das die Rechte von Asylsuchenden erneut ein-schränkt, ist nicht dazu geeignet, einen systemischen Mangel zu begründen. Die materielle-rechtliche Verschärfung des Asylrechts, wonach Asylanträge abgelehnt werden dürfen, wenn Asylsuchende über sichere Transitstaaten eingereist sind, ist eine einschränkende Bestimmung, die ebenso wenig wie die entsprechende Bestimmung des § 26a AsylG einen systemischen Mangel darstellt. Auch die Regelung, wonach die Asylverfahren verkürzt werden und Asylanträge dann abgelehnt werden, wenn sich ein Asylbewerber unentschuldigt länger als 48 Stunden aus der ihm zugewiesenen Unterkunft entfernt, kann nicht als systemischer Mangel betrachtet werden. Die Verkürzung der Asylverfahren durch Einführung eines Schnellverfahrens und die rasche Abschiebung ist der Versuch erkennbar, Einreise, Registrierung, Aufenthalt und Anerkennung von Flüchtlingen zu regulieren, um einem ungehinderten Zustrom auch von Flüchtlingen, die nicht in Ungarn Asyl beantragen, sondern weiterreisen wollen, Herr zu werden. Es ist kein systemischer Mangel, wenn nur Asylanträge bearbeitet werden, wenn der Betreffende sich noch an dem ihm zur Verfügung gestellten und zugewiesenen Aufenthaltsort aufhält. Aus dem Rechtsgutachten über das ungarische Asylrecht des Instituts für Ostrecht in München für das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 2. Oktober 2015, in dem das ungarische Asylrecht übersetzt und erläutert wird, folgt, ebenso wie aus der Stellungnahme des Auswärtigen Amts vom 27. Januar 2016 an das Verwaltungsgericht Augsburg, dass die ungarische Rechtslage umfangreiche Regelungen über eine Asyl- bzw. Flüchtlingsanerkennung, Rückschickungsverbote und Ausweisungen enthält und gegen die Entscheidung der Flüchtlingsbehörde sowie gegen die Ausweisung Rechtsmittel möglich sind. Danach findet das beschleunigte Verfahren statt, wenn u. a. ein Wiederholungsantrag gestellt wird, ohne dass neue Umstände oder Tatsachen vorliegen (§ 51 Abs. 2 Buchst. d) oder wenn ein sicherer Drittstaat existiert (§ 51 Abs. 2 Buchst. e). Dabei darf die Feststellung der Unzulässigkeit des Antrags wegen eines sicheren Drittstaats nur erfolgen, wenn der Antragsteller in diesem sicheren Drittstaat die Möglichkeit gehabt hätte, Schutz zu beanspruchen oder durch das Gebiet dieses Drittstaats durchgereist ist und dabei die Möglichkeit gehabt hätte, Schutz zu beanspruchen (§ 51 Abs. 4 Buchst. a und b). Eine Beweislastumkehr sieht Abs. 5 bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 4 vor. Sonstige Fälle eines beschleunigten Verfahrens regelt Abs. 7 u. a. für den Fall eines wiederholten Antrags, der nicht unzulässig ist, bei illegaler Einreise oder Aufenthalt ohne das Stellen eines Asylantrags in vernünftiger Frist, und u. a. bei der Weigerung, Fingerabdrücke abzugeben. Nach § 51 Abs. 11 hat der Antragsteller eine Frist von drei Tagen um zu erklären, warum in seinem individuellen Fall das angegebene Land kein sicheres Herkunfts- oder Drittland ist (abgedruckt und übersetzt S. 16 bis 18 des Gutachtens). Der verfahrensrechtliche Ablauf bei Unzulässigkeit oder im Schnellverfahren lässt nach der Rechtslage keinen systemischen Mangel erkennen, insbesondere ist nicht erkennbar, dass diese schnelle Durchführung den Zugang zum Asyl faktisch unmöglich machen könnte oder internationale menschen- und flüchtlingsrechtliche Standards dadurch verletzt werden könnten.
Die seit 1. August 2015 geltende Regelung, dass zu den sicheren Drittstaaten Serbien als EU-Aufnahmekandidat gehört, führt ebenfalls nicht zu einem systemischen Mangel in Ungarn. Nach dem Lagebericht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zum Mitgliedsstaat Ungarn vom 13. Januar 2016 des Mitarbeiters des BAMF beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft ist tatsächlich eher die Situation so, dass Serbien momentan die Übernahme von Drittstaatsangehörigen aus Ungarn ablehnt. Anhaltspunkte dafür, dass Serbien seinerseits Drittstaatsangehörige weiter zurückschiebt und so eine Rückschiebungskette entsteht, sind weder ernsthaft behauptet noch belegt.
Im Fall des Klägers ist eine Zurückschiebung nach Serbien ausweislich der Stellungnahme des Auswärtigen Amtes an das VG Augsburg vom 27.01.2016 ohnehin ausgeschlossen, da seit dem Grenzübertritt des Klägers von Serbien nach Ungarn mehr als ein Jahr vergangen ist und eine Rückübernahme durch Serbien nach Ablauf dieses Zeitraums nicht mehr erfolgt.
Auch der EuGH geht in seiner Entscheidung vom 17. März 2016 (C-695/15) davon aus, dass eine Rückführung nach Serbien durch ungarische Behörden unbedenklich möglich ist und offenbar nicht gegen den in Art. 33 Abs. 1 Genfer Flüchtlingskonvention enthaltenen Grundsatz der Nichtzurückweisung (sog. Refoulement-Verbot) verstößt.
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen auch nicht, soweit der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung am 4. Oktober 2016 erstmals vorgetragen hat, es bestünden Anhaltspunkte, dass Ungarn Rücküberstellungen im Rahmen des Dublin-Verfahrens ablehne.
Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Die Durchführbarkeit der Abschiebung ergibt sich bereits aus der aus Art. 18 Abs. 1 Dublin-III-VO resultierenden Übernahmeverpflichtung Ungarns, nachdem die Zustimmung Ungarns zur Wiederaufnahme gem. Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO fingiert wird. Die Behauptung, Ungarn weigere sich in einem Fall, Rückübernahmen durchzuführen ist nicht geeignet darzulegen, dass eine Rückführung des Klägers tatsächlich dauerhaft unmöglich sei. Aus der mit Telefax des Klägerbevollmächtigten vom 4. Oktober 2016 im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Antwort der „Dublin Coordination Unit“ vom 16. August 2016 zu einem Rückübernahmeersuchen kann nicht geschlossen werden, dass im Fall des Klägers, in dem eine fingierte Zustimmung zur Rückübernahme bereits vorliegt, die tatsächliche Rückführung ausgeschlossen sei. Eine generelle Nichtanwendung der Dublin-Regularien kann aus der Entscheidung in einem Einzelfall nicht geschlossen werden. Zudem liegt dem Gericht eine Stellungnahme des BAMF vom 19. August 2016 vor (Verfahren M 9 K 16.50065) wonach das Bundesamt weiterhin auf eine Überstellung nach Ungarn bestehe und diese Überstellungen nach Ungarn nach einer entsprechenden Remonstration problemlos verlaufen würden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
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Annotations
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn
- 1.
ein anderer Staat - a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder - b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
- 2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat, - 3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird, - 4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder - 5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.
(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.
(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.
(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn
- 1.
ein anderer Staat - a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder - b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
- 2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat, - 3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird, - 4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder - 5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.
(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.
(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.