Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 31. Jan. 2018 - 9 B 17.50039
Tenor
I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 4. Oktober 2016 wird der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 18. August 2015 aufgehoben.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
I.
II.
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(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
Tenor
I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Berufungszurückweisung.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist sierra-leonischer Staatsangehöriger.
Er wurde am 17. Mai 2015 im Bundesgebiet aufgegriffen, in das er von Österreich kommend eingereist war. Hinsichtlich des Reisewegs gab er an, er sei von Sierra Leone in die Türkei geflogen. Von dort sei er nach einem Jahr mit dem Schiff weiter nach Griechenland und dann zu Fuß weiter nach Mazedonien, Serbien und Ungarn gelangt. Von dort sei er gegen Bezahlung mit dem Auto nach Deutschland gebracht worden.
Am 23. Juli 2015 stellte er einen Asylantrag.
Nachdem eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Kläger bereits in Ungarn registriert worden war, sandte die Beklagte am 1. Juli 2015 eine Übernahmeanfrage an Ungarn. Auf diese erfolgte keine Antwort binnen zweier Wochen.
Mit Bescheid vom ... August 2015 wurde der Antrag des Klägers als unzulässig ab-gelehnt (Nr. 1 des Bescheids) und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet (Nr. 2 des Bescheids). In Nr. 3 des Bescheids wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz auf null Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
Der Kläger erhob am 27. August 2015 Klage (M 9 K 15.50732) gegen den genannten Bescheid. Er beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes vom ... August 2015 aufzuheben.
Zur Begründung wurde vorgetragen, das Asylverfahren in Ungarn leide an systemischen Mängeln. Dem Kläger drohten in den ungarischen Aufnahmeeinrichtungen Zustände, die im Hinblick auf Art. 4 EU-Grundrechtecharta nicht hinnehmbar seien. In Ungarn würden Asylbewerber exzessiv inhaftiert. Die Plätze in offenen Einrichtungen reichten bei Weitem nicht aus. Die erneute Verschärfung des ungarischen Asylrechts zum 1. August 2015 führe dazu, dass rücküberstellte Asylbewerber keinen Zugang zum Asylverfahren mehr hätten. Mittlerweile könne jeder Asylantrag abgelehnt werden, wenn der Antragsteller die Unterkunft länger als 48 Stunden verlassen habe. Dies sei beim Kläger der Fall.
Einem Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage wurde mit Beschluss vom 3. Dezember 2015 stattgegeben (M 9 S 15.50733).
Mit Gerichtsbescheid vom 10. August 2016 wies das erkennende Gericht die Klage ab. Hiergegen hat der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 25. August 2016 Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.
In der mündlichen Verhandlung trug der Bevollmächtigte des Klägers ergänzend vor, dass Ungarn ausweislich eines Schreibens des Dublin-Verbindungsbüros in Budapest derzeit offenbar Rücküberstellungen im Rahmen des Dublin-Verfahrens ablehne. Es wurde beantragt hierzu Beweis zu erheben. Der diesbezügliche Beweisantrag wurde durch Beschluss des Gerichts in der mündlichen Verhandlung abgelehnt. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 4. Oktober 2016 wird hierzu Bezug genommen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Klägerbevollmächtigte mit Telefax vom 4. Oktober 2016 zwei Kopien von Schreiben der „Dublin Coordination Unit“ in Ungarn vom 14. Juni 2016 und vom 16. August 2016 vorgelegt. In diesen wird jeweils die Rücküberstellung im einem Dublinverfahren abgelehnt.
Zum weiteren Vorbringen und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren, dem Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO (M 9 S 15.50733) und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom ... August 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG in der Fassung der Änderung durch Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939; im Folgenden: AsylG; bisher § 27a AsylG) als unzulässig abgelehnt.
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Für die Prüfung des am 23. Juli 2015 in Deutschland gestellten Asylantrags ist gemäß Art. 13 Abs. 1 i.V.m 18 Abs. 1 b) VO (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und Rates vom 26. Juni 2013 - Dublin-III-VO - Ungarn zuständig. Aus dem EURODAC-Treffer der Kategorie 1 ergibt sich, dass der Kläger bereits in Ungern einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Da Ungarn auf das Übernahmeersuchen vom 1. Juli 2015 nicht fristgerecht geantwortet hat, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, trotz der Zuständigkeit Ungarns den Asylantrag des Klägers selbst inhaltlich zu prüfen.
Von Verfassungs wegen kommt eine Prüfungspflicht der Beklagten nur in Betracht, soweit ein von vornherein außerhalb der Reichweite des Konzepts der normativen Vergewisserung liegender Sachverhalt gegeben ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93) ist dies - be-zogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die, für die Qualifizierung des Drittstaates als sicher, maßgeblichen Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalles sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen.
Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 21. Dezember 2011 C-411/10 und C-493/10) ist Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-Grundrechtcharta) dahin auszulegen, dass es den Mitgliedsstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedsstaat“ im Sinne der Dublin-VO zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich der Tatrichter zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitglieds-staaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedsstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens mit beachtlicher, das heißt überwiegender Wahr-scheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Widerlegung dieser Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Fall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - juris).
Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in dem zuständigen Mit-gliedsstaat sind die regelmäßigen Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichte der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort. Den Berichten des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort kommt bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem nach der Dublin-III-VO zuständigen Mitgliedsstaat besondere Relevanz zu.
Nach diesen Grundsätzen ist auf Grundlage des dem Gericht vorliegenden, aktuellen Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern in Ungarn (vgl. Bericht des Hungarian Helsinki Commiittee zu den Änderungen des ungarischen Asylrechts vom 7. August 2015, abrufbar unter http://helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-HU-asylum-law-amendment-2015-August-info-note.pdf; Bericht des Hungarian Helsinki Committee zu Asylhaft und zu den Dublin-Verfahren in Ungarn, Stand Mai 2014; Stellungnahme des UNHCR vom 9.5.2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A jeweils abrufbar unter https://milo.bamf.de; Ungarn Länderbericht des AIDA (Asylum Information Database), Stand: 30.4.2014, abrufbar unter http://www.asylumineurope.org; Bericht von bordermonitoring.eu; Stand: Oktober 2013, abrufbar unter http://bordermonitoring.eu; Amnesty International Juli 2015: „Europe´s Borderlands - Violations against refugees and migrants in Macedonia, Serbia and Hungary“, abrufbar unter http://www.amnestyusa.org/research/europes-borderlands-violations-against-migrants-and-refugees-in-macedonia-serbia-and-hungary; Amnesty International zur Lage der Flüchtlinge in Ungarn Oktober 2015: „Fenced out-Hungary´s violations of the rights of refugees and migrants“, abrufbar unter http://www.amnesty.org/en/documents/eur27/2614/2015/en/; UNHCR: „Europe´s refugee emergency response update #10, 6. - 12. November 2015, abrufbar un-terhttp://www.refworld/org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain?page=search&skip=0&query=&coi
=HUN; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2016 gegenüber dem VG Augsburg) jedenfalls für die Person des Klägers derzeit nicht ernsthaft zu befürchten, dass in Ungarn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Asylbewerber systemische Mängel aufweisen, die einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK begründen könnten.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dessen Rechtsprechung grundsätzlich über den jeweils entschiedenen Einzelfall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion zukommt (vgl. BVerwG, U. v. 28.2.2013 - 2 C 3.12 - juris), hat mit Urteil vom 3. Juli 2014 im Ergebnis festgestellt, dass systemische Mängel hinsichtlich der Inhaftierungspraxis Ungarns nicht vorliegen und ein tatsächliches Risiko einer schwerwiegenden Beeinträchtigung im Sinne des Art. 3 EMRK bei einer Rückkehr nach Ungarn nicht bestehe (vgl. EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12). Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in zwei Entscheidungen ausgeführt, allein die Tatsache, dass das ungarische Asylrecht Inhaftierungsgründe für Asylbewerber enthalte und Ungarn auf dieser Grundlage Dublin-Rückkehrer inhaftiere, sei für sich genommen noch kein begründeter Anhaltspunkt für das Vorliegen systemischer Mängel des Asylsystems (so auch: VG Dresden, B. v. 9.9.2015 - 2 L 719/15.A). Er stützt sich weiterhin maßgeblich darauf, dass der UNHCR sich bisher nicht generell gegen Rücküberstellungen nach Ungarn ausgesprochen habe (BayVGH, B. v. 12.6.2015 - 13a ZB 15.50097 - juris; BayVGH, B. v. 27.4.2015 - 14 ZB 13.30076 - juris).
Solche Mängel folgen auch nicht aus dem Rechtsgutachten über ungarisches Asylrecht des Instituts für Ostrecht in München, Prof. Dr. Herbert Küpper, vom 2. Oktober 2015 gegenüber dem VG Düsseldorf (GB v. 2.12.2015, 22 K 3263/15.2, juris). Aus diesem Gutachten ergib sich im Wesentlichen, dass Ungarn Serbien als sicheren Drittstaat ansieht. Nachweise über mögliche Missstände im serbischen Asylsystem, die allein systemische Mängel durch die ungarische Drittstaatenregelung begründen könnten, lassen sich diesem Gutachten gerade nicht entnehmen.
Hingegen lässt sich aus einer Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2016 an das VG Augsburg schließen, dass für den Kläger im Falle einer Rückkehr nach Ungarn nicht die konkrete Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung besteht. Weder hinsichtlich behaupteter Unterbringungsprobleme noch in Bezug auf die vom Bevollmächtigten des Klägers angesprochene Asylhaft lassen sich Gesichtspunkte entnehmen, welche eine Verletzung von Art. 4 EUGRCh befürchten lassen. Das Auswärtige Amt führt in der Auskunft vom 27. Januar 2016 auszugsweise aus:
„Zu Frage c:
Es liegen keine offiziellen statistischen Informationen vor, ob Dublin-Rückkehrer regelmäßig oder ausnahmsweise inhaftiert werden. Es gelten für die Anordnung der Asylhaft die gleichen gesetzlichen Grundlagen wie für Nicht-Dublin-Fälle.
Zur durchschnittlichen Verweildauer von Dublin-Rückkehrern in Asylhafteinrichtungen liegen ebenfalls keine offiziellen statistischen Informationen vor. Die gesetzliche Höchstdauer beträgt 6 Monate, im Fall von Familien mit minderjährigen Kindern 1 Monat.
Die Asylverfahren von Personen, die sich in Asylhaft befinden, werden vor-rangig bearbeitet. Anzumerken ist, dass nach einer internen, nicht offiziellen Auswertung eines Verantwortlichen der Einrichtung Bekescsaba die durchschnittliche Haftdauer im Auswertungszeitraum 1.1.-10.12.2015 bei 24 Tagen lag.
Haftdauerverringernd wirkt sich neben dem Beschleunigungsgebot zum einen aus, dass die Asylbehörde nicht automatisch die maximal zulässige Haftverlängerung beantragt, zum anderen, dass das zuständige Gericht, welches über die Verlängerung der Haftanordnung entscheidet, kürzere Haftzeiten als beantragt gewährt. Anhand des Prüfungsaufwandes vom Einzelfall wird u. a. festgelegt, wie lange der Asylbewerber noch in Haft zu halten ist.
So sind zum einen Fälle bekannt, in denen die Haft sofort beendet wurde, als auch Fälle, in denen die Haft für eine Woche vom Gericht verlängert wurde.
Die Asylbehörde ist als Betreiber der Einrichtungen mit Sachbearbeitern vor Ort in den Einrichtungen vertreten. Die Sachbearbeiter führen Anhörungen durch und treffen Entscheidungen.
Die Praxis, Antragsteller aus bestimmten Herkunftsstaaten nicht in Asylhaft zu nehmen, wurde unter anderem deswegen aufgegeben, da vermehrt Staatsangehörigkeitstäuschungen festgestellt wurden.
Von Gesetzes wegen werden unbegleitete Minderjährige und Personen, die sich legal in Ungarn aufgehalten haben (z. B. nachweislich durch ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis) und einen Asylantrag stellen, nicht in Asylhaft genommen. Bei Zweifeln an der Minderjährigkeit wird eine ärztliche Untersuchung durchgeführt.
Asylhaft kann nach den gesetzlichen Regelungen angeordnet werden
1. bei unklarer Identität oder Staatsangehörigkeit zur Klärung dieser,
2. bei Ausländern, die sich im Ausweisungsverfahren befinden und einen Asylantrag stellen, obwohl sie diesen zweifelsfrei bereits zuvor hätten stellen können oder um eine drohende Aufenthaltsbeendigung zu verzögern oder abzuwenden,
3. wenn der Sachverhalt des Asylbegehrens aufgeklärt werden muss und eine Aufklärung nicht ohne Haft möglich ist, speziell wenn die Gefahr des Untertauchens besteht,
4. wenn der Asylbewerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt,
5. wenn der Asylantrag im Flughafenbereich gestellt wurde oder
6. zur Sicherstellung der Durchführung des Dublin-Verfahrens, wenn die ernsthafte Gefahr des Untertauchens besteht.
Die Entscheidung über die Asylhaft wird dem Ausländer mündlich in seiner Muttersprache oder einer ihm verständlichen Sprache mitgeteilt und ihm die Anordnungsverfügung in ungarischer Sprache ausgehändigt. Asylhaft kann erstmalig maximal für 72 Stunden angeordnet werden.
Asylhaft darf nicht nur deshalb angeordnet werden, weil ein Asylantrag gestellt wurde. Im Rahmen jeder Haftanordnung ist von der Asylbehörde zu prüfen, ob ein milderes Mittel zur Anwendung kommen kann. Wenn der Anordnungsgrund auch durch ein milderes Mittel erreicht werden kann, ist Haft nicht anzuordnen.
Die Asylbehörde kann die Hinterlegung einer Kaution als milderes Mittel anordnen. Sofern der Asylbewerber seine Anwesenheitspflicht erfüllt, ist die Kaution nach Abschluss des Asylverfahrens an ihn zurückzuzahlen.
Soll die Asylhaft für länger als 72 Stunden andauern, muss die Asylbehörde binnen 24 Stunden nach der Erstanordnungsverfügung einen Verlängerungsantrag um maximal 60 Tage beim örtlichen Gericht stellen. Es findet somit eine automatische Überprüfung der Maßnahme spätestens 72 Stunden nach Verhängung der Maßnahme durch das örtlich zuständige Gericht statt. Der Verlängerungsantrag ist zu begründen.
Bei dem Haftprüfungstermin muss der Betroffene anwaltlich vertreten sein und kann Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Maßnahme einle-gen. Auch nach gegebenfalls Bestätigung der Maßnahme durch das Gericht kann der Betroffene jederzeit Einwendungen erheben, über die das Gericht binnen 8 Tagen zu entscheiden hat, wobei eine wiederholte Beschwerde aus denselben Gründen nicht statthaft ist. Sollte der Betroffene aus sprachlichen oder anderen Gründen gehindert sein, selbst einen Anwalt zu beauftragen, wird von Amts wegen vom zuständigen Gericht ein Anwalt beigeordnet.
Die Verfahrenskosten trägt der ungarische Staat.
Die Haft ist ohne Verzögerung spätestens zu beenden, wenn
1. die Höchstdauer erreicht ist,
2. der Haftgrund nicht mehr existiert,
3. feststeht, dass der Asylbewerber minderjährig ist,
4. ein Krankenhausaufenthalt aus medizinischen Gründen erforderlich ist,
5. die Voraussetzungen zur Durchführung des Dublin-Verfahrens gegeben sind
oder
6. das Dublin-Verfahren nicht durchgeführt werden kann.
Die Punkte 5 und 6 betreffen nicht Dublin-Rückkehrer, sondern von Ungarn zu überstellende Personen in andere Mitgliedsstaaten.
Es gibt in Ungarn drei Asylhafteinrichtungen:
In allen ist eine 24/7 medizinische Versorgung gewährleistet. Psychologische Behandlung wird auf Nachfrage von einer Nichtregierungsorganisation durchgeführt, ist aber auch bei festgestelltem Bedarf in der nächstgelegenen Klinik verfügbar.
Beschwerden gegen die Haftbedingungen können bis zum Leiter des Asyldirektorates eingereicht werden. Kontrolliert wird die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu den Bedingungen der Unterbringung von Asylsuchenden in Asylhafteinrichtungen durch das Büro der ungarischen Staatsanwaltschaft, das regelmäßig Kontrollbesuche durchführt.
Der UNHCR hat jederzeit und ohne dass es irgendwelcher administrativer Voraussetzungen bedarf, ungehinderten Zugang zu den Unterbringungseinrichtungen. Angehörige von NGOen, mit denen die Asylbehörde Kooperationsvereinbarungen geschlossen hat (Ungarisches Helsinki Komitee, Cordelia Foundation, Menedék Associassion) haben ebenfalls Zugang zu den Einrichtungen, wobei es hierzu jedoch einer schriftlichen Erlaubnis bedarf. In der täglichen Praxis stellt dieses Verfahren aber lediglich eine Formalität dar und kein wirkliches Genehmigungsverfahren.
Die Einrichtungen verfügen in der Regel über Zimmer für die Insassen, einen Sozialraum, Verwaltungs- und Arztgebäude, eine Turn- oder Sporthalle sowie einen Innenhof. Der Sozialraum bietet Zugang zu Internet und Telefon.
In den Asylhafteinrichtungen arbeiten auch Sozialpädagogen zwecks Betreuung der Asylbewerber. Die Unterbringung erfolgt in Mehrbetträumen, wobei alleinstehende Frauen und Familien von minderjährigen Kindern, die nach den gesetzlichen Regelungen auch in Asylhaft genommen werden können, in separaten Gebäuden oder Flügeln getrennt von alleinstehenden Männern untergebracht werden müssen.“
Der Umstand, dass in Ungarn seit dem 1. August 2015 ein geändertes Asylverfahrensgesetz in Kraft getreten ist, das die Rechte von Asylsuchenden erneut ein-schränkt, ist nicht dazu geeignet, einen systemischen Mangel zu begründen. Die materielle-rechtliche Verschärfung des Asylrechts, wonach Asylanträge abgelehnt werden dürfen, wenn Asylsuchende über sichere Transitstaaten eingereist sind, ist eine einschränkende Bestimmung, die ebenso wenig wie die entsprechende Bestimmung des § 26a AsylG einen systemischen Mangel darstellt. Auch die Regelung, wonach die Asylverfahren verkürzt werden und Asylanträge dann abgelehnt werden, wenn sich ein Asylbewerber unentschuldigt länger als 48 Stunden aus der ihm zugewiesenen Unterkunft entfernt, kann nicht als systemischer Mangel betrachtet werden. Die Verkürzung der Asylverfahren durch Einführung eines Schnellverfahrens und die rasche Abschiebung ist der Versuch erkennbar, Einreise, Registrierung, Aufenthalt und Anerkennung von Flüchtlingen zu regulieren, um einem ungehinderten Zustrom auch von Flüchtlingen, die nicht in Ungarn Asyl beantragen, sondern weiterreisen wollen, Herr zu werden. Es ist kein systemischer Mangel, wenn nur Asylanträge bearbeitet werden, wenn der Betreffende sich noch an dem ihm zur Verfügung gestellten und zugewiesenen Aufenthaltsort aufhält. Aus dem Rechtsgutachten über das ungarische Asylrecht des Instituts für Ostrecht in München für das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 2. Oktober 2015, in dem das ungarische Asylrecht übersetzt und erläutert wird, folgt, ebenso wie aus der Stellungnahme des Auswärtigen Amts vom 27. Januar 2016 an das Verwaltungsgericht Augsburg, dass die ungarische Rechtslage umfangreiche Regelungen über eine Asyl- bzw. Flüchtlingsanerkennung, Rückschickungsverbote und Ausweisungen enthält und gegen die Entscheidung der Flüchtlingsbehörde sowie gegen die Ausweisung Rechtsmittel möglich sind. Danach findet das beschleunigte Verfahren statt, wenn u. a. ein Wiederholungsantrag gestellt wird, ohne dass neue Umstände oder Tatsachen vorliegen (§ 51 Abs. 2 Buchst. d) oder wenn ein sicherer Drittstaat existiert (§ 51 Abs. 2 Buchst. e). Dabei darf die Feststellung der Unzulässigkeit des Antrags wegen eines sicheren Drittstaats nur erfolgen, wenn der Antragsteller in diesem sicheren Drittstaat die Möglichkeit gehabt hätte, Schutz zu beanspruchen oder durch das Gebiet dieses Drittstaats durchgereist ist und dabei die Möglichkeit gehabt hätte, Schutz zu beanspruchen (§ 51 Abs. 4 Buchst. a und b). Eine Beweislastumkehr sieht Abs. 5 bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 4 vor. Sonstige Fälle eines beschleunigten Verfahrens regelt Abs. 7 u. a. für den Fall eines wiederholten Antrags, der nicht unzulässig ist, bei illegaler Einreise oder Aufenthalt ohne das Stellen eines Asylantrags in vernünftiger Frist, und u. a. bei der Weigerung, Fingerabdrücke abzugeben. Nach § 51 Abs. 11 hat der Antragsteller eine Frist von drei Tagen um zu erklären, warum in seinem individuellen Fall das angegebene Land kein sicheres Herkunfts- oder Drittland ist (abgedruckt und übersetzt S. 16 bis 18 des Gutachtens). Der verfahrensrechtliche Ablauf bei Unzulässigkeit oder im Schnellverfahren lässt nach der Rechtslage keinen systemischen Mangel erkennen, insbesondere ist nicht erkennbar, dass diese schnelle Durchführung den Zugang zum Asyl faktisch unmöglich machen könnte oder internationale menschen- und flüchtlingsrechtliche Standards dadurch verletzt werden könnten.
Die seit 1. August 2015 geltende Regelung, dass zu den sicheren Drittstaaten Serbien als EU-Aufnahmekandidat gehört, führt ebenfalls nicht zu einem systemischen Mangel in Ungarn. Nach dem Lagebericht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zum Mitgliedsstaat Ungarn vom 13. Januar 2016 des Mitarbeiters des BAMF beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft ist tatsächlich eher die Situation so, dass Serbien momentan die Übernahme von Drittstaatsangehörigen aus Ungarn ablehnt. Anhaltspunkte dafür, dass Serbien seinerseits Drittstaatsangehörige weiter zurückschiebt und so eine Rückschiebungskette entsteht, sind weder ernsthaft behauptet noch belegt.
Im Fall des Klägers ist eine Zurückschiebung nach Serbien ausweislich der Stellungnahme des Auswärtigen Amtes an das VG Augsburg vom 27.01.2016 ohnehin ausgeschlossen, da seit dem Grenzübertritt des Klägers von Serbien nach Ungarn mehr als ein Jahr vergangen ist und eine Rückübernahme durch Serbien nach Ablauf dieses Zeitraums nicht mehr erfolgt.
Auch der EuGH geht in seiner Entscheidung vom 17. März 2016 (C-695/15) davon aus, dass eine Rückführung nach Serbien durch ungarische Behörden unbedenklich möglich ist und offenbar nicht gegen den in Art. 33 Abs. 1 Genfer Flüchtlingskonvention enthaltenen Grundsatz der Nichtzurückweisung (sog. Refoulement-Verbot) verstößt.
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen auch nicht, soweit der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung am 4. Oktober 2016 erstmals vorgetragen hat, es bestünden Anhaltspunkte, dass Ungarn Rücküberstellungen im Rahmen des Dublin-Verfahrens ablehne.
Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Die Durchführbarkeit der Abschiebung ergibt sich bereits aus der aus Art. 18 Abs. 1 Dublin-III-VO resultierenden Übernahmeverpflichtung Ungarns, nachdem die Zustimmung Ungarns zur Wiederaufnahme gem. Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO fingiert wird. Die Behauptung, Ungarn weigere sich in einem Fall, Rückübernahmen durchzuführen ist nicht geeignet darzulegen, dass eine Rückführung des Klägers tatsächlich dauerhaft unmöglich sei. Aus der mit Telefax des Klägerbevollmächtigten vom 4. Oktober 2016 im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Antwort der „Dublin Coordination Unit“ vom 16. August 2016 zu einem Rückübernahmeersuchen kann nicht geschlossen werden, dass im Fall des Klägers, in dem eine fingierte Zustimmung zur Rückübernahme bereits vorliegt, die tatsächliche Rückführung ausgeschlossen sei. Eine generelle Nichtanwendung der Dublin-Regularien kann aus der Entscheidung in einem Einzelfall nicht geschlossen werden. Zudem liegt dem Gericht eine Stellungnahme des BAMF vom 19. August 2016 vor (Verfahren M 9 K 16.50065) wonach das Bundesamt weiterhin auf eine Überstellung nach Ungarn bestehe und diese Überstellungen nach Ungarn nach einer entsprechenden Remonstration problemlos verlaufen würden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.
(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.
Das Oberverwaltungsgericht prüft den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht. Es berücksichtigt auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel.
Tenor
I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Berufungszurückweisung.
Gründe
I.
II.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 13. Februar 2016 - A 1 K 2059/14 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Berufungszurückweisung.
Gründe
I.
II.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 5. Kammer, Einzelrichter - vom 31. Oktober 2016 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Gründe
- 1
Der allein auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
- 2
Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
- 3
ob nach der aktuellen politischen Entwicklung in Ungarn, insbesondere den offiziellen Verlautbarungen der ungarischen Regierung und unter Berücksichtigung erstinstanzlicher und obergerichtlicher Erkenntnisse gemäß § 34a Abs. 1 AsylG feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
- 4
Zur Begründung verweist er auf Entscheidungen erstinstanzlicher Gerichte und die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 5. Juli 2016 - A 11 S 974/16 -, der Erkenntnisse aufführe, nach denen eine Abschiebung nach Ungarn nicht durchgeführt werden könne und sich dazu auf einen offiziellen Internetauftritt der ungarischen Regierung vom 26. Mai 2016 stütze, dass Ungarn keine Flüchtlinge aus Deutschland mehr übernehmen werde. Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Gerichtsbescheid 226 Überstellungen nenne, sei nicht klar, ob diese vor oder nach dem Internetauftritt der ungarischen Regierung erfolgt seien. Zudem gebe die vom Verwaltungsgericht herangezogene Erkenntnisquelle nicht wieder, wie viele zu Überstellende auf die genannte Zahl der tatsächlich Überstellten kämen, insgesamt dürften dies unter 1 % in 2016 sein. Sei danach die Überstellung nicht zeitnah durchführbar, so habe nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2016 – 1 C 24.15 – die Beklagte darzulegen, dass eine Überstellung noch zeitnah möglich sei. Zudem habe er dargelegt, dass der Beklagten in einem vor dem Verwaltungsgericht Stade entschiedenen Verfahren am 7. Juli 2016 von Ungarn mitgeteilt worden sei, dass Dublin-Überstellungen nicht mehr akzeptiert würden.
- 5
Die vom Kläger gestellte Frage ist schon nicht entscheidungserheblich. Das von ihm zitierte Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 5. Juli 2016 - A 11 S 974/16 – (juris Rn. 42 ff) und dessen nachfolgendes Urteil vom 13. Oktober 2016 - A 11 S 1596/16 – (juris Rn. 46) gehen von der Prämisse aus, dass § 34a Abs. 1 AsylG voraussetze, dass die Abschiebung in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgen könne und dies auch alsbald der Fall sein werde. Bestünden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass dieses nicht der Fall sein könnte, sei das Bundesamt ggf. darlegungspflichtig, dass diese Voraussetzungen gleichwohl (noch) vorlägen. Dazu stützt sich der Verwaltungsgerichtshof auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 - (juris). Für die nachfolgenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zu den Überstellungs-/Rückführungsquoten bei Rückführungen in Ungarn finden sich jedoch weder im Gesetz noch in der von ihm zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Anhaltspunkte.
- 6
Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG genügt es, dass feststeht, dass die Abschiebung in den Dublin-Staat durchgeführt werden kann. Dass dies alsbald der Fall sein muss oder irgendwelche Wahrscheinlichkeitsgrade finden sich in der Norm nicht. Das vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) verhält sich nicht zu dieser Vorschrift, sondern zu § 27a AsylG aF. Es hat entschieden, dass in den Fällen, in denen ein Mitgliedstaat nach den einschlägigen Dublin-Bestimmungen für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist, sich der Schutzsuchende im gerichtlichen Verfahren gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig nach § 27a AsylG jedenfalls dann auf die Zuständigkeit dieses Mitgliedstaats berufen kann, wenn die (Wieder-)Aufnahmebereitschaft eines anderen (unzuständigen) Mitgliedstaats nicht positiv feststeht (BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 – 1 C 24.15 –, LS und Rn. 20, juris). In dem von Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall hatte die Vorinstanz festgestellt, dass Ungarn nicht mehr zur (Wieder-)Aufnahme bereit ist (Rn. 21). Hierzu stellt das Bundesverwaltungsgericht dar (aaO Rn. 22), dass das Oberverwaltungsgericht die Beteiligten auf den Ablauf der Überstellungsfrist und den damit verbundenen Zuständigkeitsübergang hingewiesen hatte, so dass bei dieser Sachlage das Bundesamt, dem aufgrund seiner Mitwirkung bei der Durchführung von Dublin-Überstellungen bekannt ist, wie die einzelnen Mitgliedstaaten auf den mit dem Ablauf der Überstellungsfrist verbundenen Zuständigkeitswechsel reagieren, im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflichten substantiiert auf etwaige Besonderheiten speziell bei der Durchführung von Überstellungen nach Ungarn hätte hinweisen können und müssen.
- 7
Mit anderen Worten, nur in Fällen, in denen wegen Ablaufs der Überstellungsfrist der angefragte Dublin-Staat nicht mehr zuständig ist, muss feststehen, dass er gleichwohl noch aufnahmebereit ist. Hierfür ist - wegen des Fristablaufs – die Beklagte darlegungspflichtig. Nicht mehr und nicht weniger hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden und genau eine solche Konstellation ist vorliegend nicht zu entscheiden, da die reguläre Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 der Dublin-III-VO noch nicht abgelaufen ist.
- 8
Zutreffend heißt es deshalb in dem Gerichtsbescheid, dass allein der Umstand, dass der Umfang der in der Vergangenheit tatsächlich überfolgten Überstellungen - 404, davon 226 aus Deutschland - bescheiden anmute, nicht die Annahme rechtfertige, dass im Sinne des § 34a Abs. 1 AsylG feststehe, dass die Überstellung nach Ungarn nicht mehr durchgeführt werden könne. Hiergegen ist nach der dargestellten Rechtslage nichts zu erinnern. Der Verweis des Klägers auf offizielle Verlautbarungen der ungarischen Regierung vom Mai und vom Juli 2016, insbesondere in Internetauftritten, dass Rückführungen nicht mehr durchgeführt würden, ist nicht ergiebig. Eine Mitteilung von Ungarn, dass Dublin-Überstellungen nicht mehr akzeptiert würden, liegt hier nicht vor. Vielmehr gibt es im Verfahren des Klägers eine e-mail aus Ungarn vom 7. Juli 2016 mit folgendem Wortlaut: „Dear Collegues, We kindly inform you that we received your mail. Best regards, Hungarian Dublin Unit“. Die vom Verwaltungsgericht zitierte Quelle (helsinki.hu) schlüsselt die Abschiebungen nach Monaten auf. Danach waren es von Januar bis August insgesamt 404 Rückführungen, davon 226 aus Deutschland (http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-Hungary-asylum-figures-1-October-2016.pdf). Schaut man sich dieselbe Quelle vom 1. Juli 2016 an, waren es in den ersten fünf Monaten 300, davon 144 aus Deutschland (http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-Hungary-asylum-figures-1-July-2016.pdf). Allein daraus ergibt sich, dass trotz anderslautender offizieller Verlautbarungen der ungarischen Regierung tatsächlich weiter Rückführungen stattfinden.
- 9
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG; Gründe für eine Abweichung (§ 30 Abs. 2 RVG) sind nicht vorgetragen oder sonst erkennbar.
- 10
Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
- 11
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 13. Februar 2016 - A 1 K 2059/14 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Berufungszurückweisung.
Gründe
I.
II.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.