Verwaltungsgericht München Urteil, 15. März 2017 - M 9 K 15.4207, M 9 K 15.4208, M 9 K 15.4209, M 9 K 15.4210, M 9 K 15.4211

15.03.2017

Tenor

I. Die Verfahren M 9 K 15.4207, M 9 K 15.4208, M 9 K 15.4209, M 9 K 15.4210 und M 9 K 15.4211 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Klagen werden abgewiesen.

III. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

V. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erteilung von zweckentfremdungsrechtlichen Negativattesten für fünf Wohnungen in der O.straße in München.

Die Klägerin ist Eigentümerin der folgenden fünf Wohnungen:

– O.straße ..., .... Obergeschoss rechts, Wohnung Nr. 19 (= M 9 K 15.4207),

– O.straße ..., .... Obergeschoss links, Wohnung Nr. 9 (= M 9 K 15.4208),

– O.straße ..., .... Obergeschoss, Wohnung Nr. 32 (= M 9 K 15.4209),

– O.straße ..., .... Obergeschoss, Wohnung Nr. 16 (= M 9 K 15.4210),

– O.straße ..., .... Obergeschoss, Wohnung Nr. 8 (= M 9 K 15.4211).

Die Wohnungen sind zum Teil ganz zur O.straße hin situiert (Wohnung Nr. 9 und Nr. 16), im Übrigen verfügen sie über Räume zur O.straße sowie zur Hofseite hin (Wohnung Nr. 32, Wohnung Nr. 8 und Wohnung Nr. 19).

Mit nicht streitgegenständlicher Klage vom ... November 2011 (Az.: M 8 K 11.5472) beantragte die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten auf Erteilung eines Negativattestes für die Wohnung Nr. 19, was mit Bescheid vom 24. Oktober 2011 abgelehnt worden war. Im Zuge dieses Verfahrens fand am 14. Januar 2013 ein Augenschein und eine mündliche Verhandlung statt; auf den beigezogenen Gerichtsakt dieses Verfahrens, insbesondere auf das Protokoll über den Augenschein und die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen. Auf Grund formaler Fehler auf beiden Seiten (Bescheidadressierung, Kosten sowie Bezeichnung der Verfügungsberechtigten im Formblattantrag vom August 2010) hob die Beklagte den damaligen Bescheid auf. Das Verfahren wurde übereinstimmend für erledigt erklärt.

Unter dem ... August 2010 stellte die Klägerin für die Wohnungen Nr. 9 und 19 einen Antrag auf Erteilung von entsprechenden Negativattesten. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass die Wohnungen unvermietbar seien.

Unter dem ... Januar 2013 beantragte die Klägerin erneut die Erteilung eines Negativattestes für die Wohnung Nr. 19. Am selben Tag stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung eines Negativattestes für die Wohnung Nr. 16.

Unter dem ... Februar 2013 beantragte die Klägerin die Erteilung von Negativattesten für die Wohnungen Nr. 32 und 8.

Mit Schreiben vom .... März 2013 erhob der damalige Bevollmächtigte der Klägerin eine Untätigkeitsklage mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung Nr. 9 das am ... August 2010 beantragte Negativattest zu erteilen. Diese Klage ist hier ebenfalls nicht streitgegenständlich, auf den beigezogenen Gerichtsakt im Verfahren M 8 K 13.951 wird Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 19. April 2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom ... August 2010 auf Erteilung eines Negativattestes wegen Unvermietbarkeit und Unbewohnbarkeit der Wohnung Nr. 9 ab (Nr. 1). Weiterhin wurde der Klägerin aufgegeben, die Überlassung der Wohnung zu gewerblichen Zwecken an die „... und ... GmbH“ unverzüglich zu beenden (Nr. 2) und die Wohnung unverzüglich nach Beendigung der zweckfremden Nutzung wieder Wohnzwecken zuzuführen (Nr. 3). Für den Fall der Nichtbefolgung der Nrn. 2 und 3 wurde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,- € (Nr. 4 und 5) angedroht. Auf den Bescheid wird Bezug genommen.

Mit Bescheid vom selben Tag, auf den ebenfalls Bezug genommen wird, lehnte die Beklagte den (erneuten) Antrag auf Erteilung eines Negativattestes für die Wohnung Nr. 19 ab.

Mit Schreiben ihres damaligen Bevollmächtigten vom ... April 2013 ließ die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 19. April 2013 mit einem Verpflichtungsantrag hinsichtlich des Negativattestes für die Wohnung Nr. 9 erheben (= M 9 K 15.4208).

Am selben Tag ließ die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 19. April 2013 mit Verpflichtungsantrag hinsichtlich eines Negativattestes für die Wohnung Nr. 19 erheben (= M 9 K 15.4207).

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass es auf Grund der Ansiedlung einer Reihe von Vergnügungs- und Amüsierbetrieben im gesamten Bereich ...straße ... und ... nicht nur zu erheblichen Verwahrlosungstendenzen und Lärmproblemen, sondern insbesondere auch zu massiven Sicherheitsproblemen - insbesondere nachts - gekommen sei. Die in einem faktischen Kerngebiet gelegenen Wohnungen seien zu einem angemessenen Preis nicht mehr vermietbar. Im Übrigen wird auf die Begründung dieser und der weiteren Klagen Bezug genommen.

Mit gleichlautenden Bescheiden vom 25. Juli 2013 lehnte die Beklagte die Anträge der Klägerin auf Erteilung von Negativattesten für die Wohnungen Nr. 32 bzw. Nr. 8 vom 20. Februar 2013 sowie für die Wohnung Nr. 16 vom 15. Januar 2013 ab. Auf die Bescheide wird Bezug genommen.

Mit Schreiben ihres damaligen Bevollmächtigten vom .... August 2013 ließ die Klägerin gegen die Bescheide vom 25. Juli 2013 Klage erheben und Verpflichtungsanträge hinsichtlich der Negativatteste für die Wohnungen Nr. 32 (M 9 K 15.4209), Nr. 16 (M 9 K 15.4210) und Nr. 8 (M 9 K 15.4211) stellen.

Mit Urteil vom 19. Mai 2014 gab das Verwaltungsgericht München in den damaligen Verfahren M 8 K 13.1911, M 8 K 13.1912, M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3412 und M 8 K 13.3413 den erhobenen Klagen statt, d.h. die Beklagte wurde zur Erteilung der beantragten Negativatteste verpflichtet. Auf das Urteil, das sich bei den beigezogenen Gerichtsakten befindet, wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 17. Juli 2014 legte die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ein. Das Urteil des Verwaltungsgerichtes sei fehlerhaft, weil es seinen Rechtsausführungen unzutreffende Tatsachen zu Grunde lege und gegen den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 86 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) verstoße, indem es sich allein auf das Vorbringen der Klägerin und die von ihr vorgelegten Presseauszüge stütze, ohne eigene Ermittlungen anzustellen. Im Übrigen wird auf das Schreiben, das sich bei den beigezogenen Akten des Verwaltungsgerichtshofes befindet, Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 14. Oktober 2014 (Az.: 12 BV 14.1629, BayVBl. 2015, 416) hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichtes auf und verwies die Sache zur anderweitigen Entscheidung zurück.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die ohne jede Beweiserhebung getroffenen, mit der Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, nicht mehr in Einklang stehenden Feststellungen die Annahme nicht tragen, dass in den streitgegenständlichen Räumen unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz Baunutzungsverordnung (BauNVO) eine Wohnnutzung auch nicht ausnahmsweise zulässig sei mit der Folge, dass die begehrten Negativatteste zu erteilen seien. Im Übrigen wird auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in dessen beigezogenem Gerichtsakt Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 20. August 2015 lehnte das Bundesverwaltungsgericht (Az.: 5 B 14/15) die von der Klägerin erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ab.

Mit Beweisbeschluss vom 2. Mai 2016 ordnete das Verwaltungsgericht München die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Lärmbelastung an. Der Beweisbeschluss, auf den Bezug genommen wird, sah eine Messung bzw. Berechnung der Innenpegel vor (vgl. Seite 4 der Begründung des Beweisbeschlusses vom 2. Mai 2016, Bl. 31 der Gerichtsakte im Verfahren Az. M 9 K 15.4207) und beschloss außerdem die Beweiserhebung darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang mit baulichen Maßnahmen (Nr. II des Tenors des Beweisbeschlusses) eine Reduzierung der Lärm-Immissionen erfolgen kann.

In der Folge waren die Terminabstimmungen des beauftragten Sachverständigen mit den Mietern der Wohnungen der Klägerin schwierig und führten letztlich dazu, dass in den Wohnungen nicht gemessen werden konnte (vgl. die Schreiben der jeweiligen Mietparteien im Gerichtsakt M 9 K 15.4207, dort S. 72ff.). Am 16. September 2016 teilte der Sachverständige die Messtermine mit; im Januar 2017 ging das Schallschutzgutachten ein. Die Berechnungen darin stützen sich auf Messungen an drei Immissionsorten vor den Fenstern der betroffenen Wohnungen, da die Mieter dem Sachverständigen den Zutritt zu den Wohnungen verweigert haben.

Die Klägerin ließ durch ihren Bevollmächtigten zuletzt beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, die beantragten Negativatteste zu erteilen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur architektonischen Selbsthilfe durch passiven Lärmschutz nicht richtig angewendet; auch das Sachverständigengutachten werde dem nicht gerecht. Außerdem sei eine Wohnnutzung in jedem Fall nicht genehmigungsfähig iSv. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS. Es komme nicht nur auf § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, sondern auch auf § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO an. Hier widerspreche die Wohnnutzung der Eigenart des faktischen Kerngebiets im konkreten Fall. Wohnungen wären hier Fremdkörper. Auch hinsichtlich der Anzahl und der Lage gebe es einen Widerspruch zum Gebiet. Die Erteilung von Baugenehmigungen nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sei nicht bekannt. Daher sei die Wohnnutzung nicht genehmigungsfähig. Auch aus weiteren Gründen müsse die Klage auch unabhängig vom Ergebnis des Gutachtens Erfolg haben: Die Beklagte müsse das Gebiet überplanen, wenn sie Wohnnutzung wolle. Eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB liege auch deswegen nicht vor, weil städtebauliche Spannungen entstünden. Eine Ausnahme komme auch deswegen nicht in Betracht, weil eine entsprechende Festsetzung von Wohnnutzung nicht möglich sei. Auch die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung sei neben den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse von städtebaulicher Relevanz, vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB, was der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss übersehe. Eine derartige „polizeirechtliche Sicht“ entspreche nicht der Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts. Dass der Verwaltungsgerichtshof die Zurechenbarkeit der Störungen und der Kriminalität verneine, sei rechtsfehlerhaft. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz vom ... Februar 2017 Bezug genommen, ebenso auf den Schriftsatz vom .... März 2017, in dem der Klägerbevollmächtigte hauptsächlich Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten erhebt und schließlich auf den Schriftsatz vom ... März 2017.

Die Beklagte beantragte

Klageabweisung.

Sie nimmt zur Begründung auf die Äußerungen in den zeitlich früheren Gerichtsverfahren Bezug.

Das Gericht hat am 15. März 2017 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und anschließend die mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der bei dem Augenschein getroffenen Feststellungen sowie des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in den gegenständlichen Verfahren und in den beigezogenen früheren Verfahren des Verwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, das Sachverständigengutachten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klagen haben keinen Erfolg.

Die Klagen konnten gemäß § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden.

Die Klagen sind unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung der beantragten zweckentfremdungsrechtlichen Negativatteste, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, Art. 1, 2 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum i.d.F. v. 10.12.2007 (Zweckentfremdungsgesetz – ZwEWG), § 10 Var. 1 i.V.m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der Beklagten über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 30. Dezember 2013 (MüABl S. 550) (ZeS).

Gemäß § 10 Var. 1 ZeS besteht auf Antrag ein Anspruch auf Ausstellung eines Negativattests bei einer Maßnahme, für die eine Genehmigung nicht erforderlich ist, weil Wohnraum nicht vorhanden ist. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS liegt Wohnraum nicht vor, wenn baurechtlich eine Wohnnutzung nicht zulässig ist und auch nicht genehmigungsfähig ist. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die streitgegenständlichen Wohnungen sind nach wie vor Wohnraum, da baurechtlich eine Wohnnutzung zulässig bzw. genehmigungsfähig ist.

1. Der rechtliche Rahmen wird unter Zugrundelegung der Berufungsentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 14.10.2014 - 12 BV 14.1629 - juris Rn. 26ff.) davon bestimmt, ob nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 Var. 1 ZeS baurechtlich eine Wohnnutzung zulässig ist bzw. nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 Var. 2 ZeS eine Wohnnutzung genehmigungsfähig ist. Bei der näheren Umgebung, in der sich die streitgegenständlichen Wohnungen befinden, handelt es sich um ein faktisches Kerngebiet, § 34 Abs. 2 Hs. 1 BauGB i.V.m. § 7 BauNVO. Dort gilt für eine Wohnnutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, dass eine solche ausnahmsweise zugelassen werden kann. Es fehlt zwar insoweit an einer allgemeinen Zulässigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Hs. 1 BauGB, eine Wohnbebauung kann jedoch im faktischen Kerngebiet gemäß § 34 Abs. 2 Hs. 2 Var. 1 BauGB in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden. Da eine Wohnnutzung im faktischen Kerngebiet als Ausnahme zulässig und damit genehmigungsfähig ist, liegt grundsätzlich – vorbehaltlich der Unzumutbarkeit im Einzelfall, dazu sogleich – kein Fall des § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS vor; unter welche der beiden Varianten von § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS die ausnahmsweise zulässige Nutzung subsumiert wird, kann dabei dahinstehen. Auch ein Fall des § 3 Abs. 3 Nr. 5 ZeS liegt nicht vor. Gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 5 Satz 1 ZeS liegt kein Wohnraum vor, wenn ein dauerndes Bewohnen unzulässig oder unzumutbar ist, weil der Raum einen schweren Mangel bzw. Missstand aufweist oder unerträglichen Umwelteinflüssen ausgesetzt ist und die Wiederbewohnbarkeit nicht mit einem objektiv wirtschaftlichen und zumutbaren Aufwand hergestellt werden kann. Der Wortlaut der Vorschrift zeigt, dass es hier anders als bei § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS hauptsächlich um Mängel geht, die in der Substanz des Wohnraums selbst begründet liegen, weswegen für den vorliegenden Fall § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS speziell ist; jedenfalls aber reicht § 3 Abs. 3 Nr. 5 ZeS nicht weiter als § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS.

In den bisher im Rahmen dieses Verfahrens ergangenen Entscheidungen besteht außerdem Einigkeit, dass bei der bauplanungsrechtlichen Beurteilung der Wohnnutzung die Vorschrift des § 15 Abs. 1 BauNVO zu berücksichtigen ist. Nach dieser Vorschrift sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Sie sind auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Die Regelung ist eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO. Insbesondere § 15 Abs. 1 Satz 2 letzter Hs. BauNVO soll sicherstellen, dass eine an sich im Baugebiet zulässige, schutzwürdige Nutzung im Einzelfall – etwa an bestimmten Standorten oder wegen ihrer baulichen Eigenart – unzulässig ist, wenn sie unzumutbaren Belästigungen oder Störungen anderer zulässiger Anlagen ausgesetzt ist. Das gilt nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete, sondern anerkanntermaßen auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart – wie hier das faktische Kerngebiet – gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Gebiet der Baunutzungsverordnung (vorliegend § 7 BauNVO) entspricht. Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen nur ausnahmsweise zulässt, kommt § 15 Abs. 1 Satz 2 letzter Hs. BauNVO vorliegend besondere Bedeutung zu. Die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, müssen gegeneinander abgewogen werden (vgl. Roeser, in: König/ Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m.w.N.).

2. Vor diesem Hintergrund ist die Wohnnutzung der streitgegenständlichen Wohnungen keinen unzumutbaren Belästigungen oder Störungen ausgesetzt. Weder der nach der TA Lärm zu beurteilende Anlagenlärm aus der unmittelbaren Umgebung, der nach der 16. BImSchV zu beurteilende Verkehrslärm noch die Nachbarschaft zu Vergnügungsbetrieben als solchen und weitere geltend gemachte Gründe führen zur Unzumutbarkeit der Wohnnutzung.

Das Gericht hat hierzu Beweis erhoben insbesondere durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

a) Das Sachverständigengutachten hat dabei zunächst ergeben, dass der Verkehrslärm der Umgebung nicht zu einer Unzumutbarkeit führt.

Werden die – hier nicht (unmittelbar) geltenden – Grenzwerte der 16. BImSchV – VerkehrslärmschutzVO – vom 12.6.1990 (BGBl. I, S. 1036, zuletzt geändert durch G.v. 19.9.2006, BGBl. I, S. 2146) im Außenwohnbereich eingehalten, bildet dies regelmäßig ein gewichtiges Indiz dafür, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (noch) gewahrt sind (BayVGH, B.v. 14.10.2014 – 12 BV 14.1629 juris Rn. 32 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 12.12.1990 – 4 C 40/87 –, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.). Hinsichtlich der Beurteilung des Verkehrslärms konnte damit eine Orientierung an der 16. BImSchV erfolgen.

Diese hat ergeben, dass der Verkehrslärm die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV – Verkehrslärmschutzverordnung an allen Wohnungen einhält (vgl. das zusammenfassende Ergebnis im Gutachten auf S. 20 oben; vgl. außerdem Nr. 4.2 des Gutachtens auf den Seiten 17 – 20 und Anlage 5.8 sowie Anlage 2.5ff.). Danach sind die berechneten Verkehrslärmpegel jeweils deutlich niedriger als die Richtwerte der 16. BImSchV. Auch die gemessenen Werte sind mit einer Ausnahme (Wohnung 19 an einer Messung Freitag nachts vom ... auf den ...9.2016, wo eine Überschreitung um 1 dB(A) gemessen wurde) unterhalb der Richtwerte der 16. BImSchV. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es nicht direkt auf die gemessenen Pegel ankommt, da diese nur eine Momentaufnahme darstellen, sondern auf die im Jahresdurchschnitt berechneten Pegel, für die wiederum die Messungen eine Grundlage darstellen. Das bedeutet, dass die einmalige Überschreitung – unabhängig davon, dass diese ohnehin mit nur 1 dB(A) gerade die Relevanzschwelle erreicht – bei einer Messung nicht die Unzumutbarkeit der Wohnnutzung aus dem Gesichtspunkt des Verkehrslärms begründen kann, weil sie, wie die Berechnung des Sachverständigen zeigt, gerade nicht zu einer Überschreitung der maßgeblichen berechneten Pegel führt.

b) Das Sachverständigengutachten und die fachlichen Erläuterungen des Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung haben außerdem ergeben, dass der grundsätzlich nach der TA Lärm zu beurteilende Lärm, der bestimmten Anlagen in der Umgebung der Wohnungen zugeordnet werden kann, nicht zu einer Unzumutbarkeit führt.

Bezüglich der von den Vergnügungsbetrieben herrührenden Immissionen sind die Werte der TA Lärm vom 26.8.1998 (GMBl. 1998, 503) zugrunde zu legen (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2014 – 12 BV 14.1629 juris Rn. 32), was im Sachverständigengutachten auch erfolgt ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 14.10.2014 - 12 BV 14.1629 - juris Rn. 31) in rechtlicher Hinsicht davon auszugehen ist, dass bei der Entscheidung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO regelmäßig zu prüfen ist, ob durch dem Bauwerber zumutbare bauliche Maßnahmen der Immissionsvermeidung und -minderung ein Zustand erreicht werden kann, der ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren (noch) ermöglicht. Gesunde Wohnverhältnisse (vgl. hierzu auch § 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen allerdings stets gewahrt bleiben (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.1995 – 4 C 20/94 –, BVerwGE 98, 235 [246]). Die Grenze der Wohnunverträglichkeit macht insoweit deutlich, oberhalb welchen Grades der Immissionsbelastung eine Baugenehmigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 letzter Hs. BauNVO nicht mehr erteilt werden dürfte. Werden die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse jedoch eingehalten, so bietet § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO keine Handhabe, eine baurechtlich zulässige Nutzung zu untersagen (so ausdrücklich BVerwG, U.v. 18.5.1995 – 4 C 20/94 –, BVerwGE 98, 235 [246]). Dabei ist maßgeblich nicht auf den Außenwohn-, sondern auf den Innenwohnbereich (sog. „Innenpegel“) abzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2014 – 12 BV 14.1629 juris Rn. 31 unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 12.12.1990 – 4 C 40/87 –, NVwZ 1991, 879 [881]).

Vor diesem Hintergrund kommt eine Unzumutbarkeit des grundsätzlich nach der TA Lärm zu beurteilenden Anlagenlärms nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens unter Berücksichtigung der Erläuterungen des Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht in Betracht.

Nach dem Sachverständigengutachten gibt es lediglich zwei Anlagen, die nach der TA Lärm zu beurteilen sind, nämlich die Hintertür des Clubs „...“ sowie die Gastgartennutzung des Clubs an der ...-Str. während der ...festzeit (vgl. S. 20 des Gutachtens). Zwar handelt es sich bei der Gastgartennutzung wegen der nur vorübergehenden Nutzung während des ...fests wohl nicht um eine Anlage, die für den über ein Jahr zu mittelnden Pegel berücksichtigt werden müsste. Darauf kommt es jedoch deswegen nicht an, weil bei den Messungen wegen der Überlagerung durch den Verkehrslärm insoweit keine zurechenbaren Pegelanteile ermittelt werden konnten (Gutachten S. 20 unten); zwar wurde der Anteil trotzdem berechnet (Gutachten S. 21 oben), gleichwohl kann das Ergebnis dieser Berechnung außen vor bleiben, weil der Pegelanteil des Gastgartens keinen relevanten Einfluss hat (Gutachten S. 21 unten).

Somit bleibt lediglich die Hintertür des Clubs „...“, soweit geöffnet, die laut Gutachten als Anlage nach der TA Lärm zu begutachten ist. Das Sachverständigengutachten hat hierzu ergeben, dass insofern Überschreitungen der für ein Kerngebiet geltenden Immissionsrichtwerte von nachts 45 dB(A) hinsichtlich des Beurteilungspegels (Nr. 6.1 lit. c) TA Lärm) bzw. von 20 dB(A) zum Beurteilungspegel dazu addiert hinsichtlich des Spitzenpegels (Nr. 6.1 letzter Satz TA Lärm) vorliegen. Der Immissionsrichtwert nachts wird um bis zu 5 dB(A) beim Beurteilungspegel (vgl. die Zusammenfassung auf Seite 25f. des Gutachtens, die einzelnen Werte der fünf Wohnungen betragen 47, 48, 48, 49 und 50 dB(A)) und um bis zu 3 dB(A) beim Spitzenpegel (vgl. das zusammenfassende Ergebnis im Gutachten auf S. 22, zweiter Absatz von unten und Nr. 4.3 des Gutachtens auf den Seiten 20 – 22 sowie Anlage 2.9 untere Hälfte und die Anlagen 5.1ff.) überschritten.

Die Pegel-Überschreitungen der TA-Lärm Immissionsrichtwerte für ein Kerngebiet in der festgestellten Höhe führen nicht zu einer Unzumutbarkeit der Wohnnutzung für die hier zu Grunde zu legende Beurteilung vor dem Hintergrund des Zweckentfremdungsrechts. Das ergibt sich aus mehreren unabhängig voneinander Geltung beanspruchenden Gründen.

Zunächst sind ergänzend die Erläuterungen des Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung, insbesondere vor dem Hintergrund der vom Gericht zum Gutachten gestellten weiteren Fragen mit Schreiben vom 10. März 2017 zu berücksichtigen. Danach würden sich die durch die geöffnete Hintertür des Clubs „...“ verursachten Pegel-Überschreitungen soweit verringern, dass keine Überschreitung des anzusetzenden Richtwerts mehr vorliegen würde, wenn die Tür kürzer oder gar nicht mehr geöffnet wäre. Jedenfalls die kürzere Öffnung könnte die Beklagte ohne weiteres durchsetzen, da das beobachtete Verkeilen der Tür während nächtlicher Anlieferungen nicht regelgerecht ist und nach den Erläuterungen des Sachverständigen dazu führt, dass die Tür relativ lange offen steht. Daraus ergibt sich dann wiederum die Richtwertüberschreitung, die durch ein schlichtes Schließen der Hintertür vermeidbar ist. Die Beklagte hat bezüglich der verkeilten Hintertür bauaufsichtliche Maßnahmen in Aussicht gestellt.

Insbesondere ist aber nach der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 14.10.2014 - 12 BV 14.1629 - juris Rn. 31 und 33) für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Wohnnutzung im Ergebnis gar nicht die Frage nach der Überschreitung der Außenpegel entscheidend - deshalb erschöpft sich die Beurteilung der Zumutbarkeit auch nicht mit der Feststellung des Ergebnisses nach Anwendung von Nr. 6.1 lit. c) TA Lärm -, sondern explizit, ob die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB (vgl. auch § 1 Abs. 6 Nr. BauGB) (noch) gewahrt sind und ob ein Wohnen ohne Preisgabe des nach § 15 Abs. 1 Satz 2 letzter Hs. BauNVO gebotenen, nach objektiven Durchschnittskriterien zu beurteilenden Mindestmaßes an Wohnruhe, Erholungsbedürfnis und dem Erfordernis eines ungestörten Schlafs möglich ist. Dabei ist unter Zugrundelegung der Berufungsentscheidung zu prüfen, ob durch dem Bauwerber zumutbare bauliche Maßnahmen der Immissionsvermeidung und -minderung ein Zustand erreicht werden kann, der ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren (noch) ermöglicht. Außerdem ist für die Beurteilung, ob gesunde Wohnverhältnisse gewahrt sind, maßgeblich nicht auf den Außenwohn-, sondern auf den Innenwohnbereich (sog. „Innenpegel“) abzustellen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 12.12.1990 – 4 C 40/87 – juris Rn. 28).

Die Messung der Innenpegel war wegen der fehlenden Mitwirkung sämtlicher Mieter der Klägerin, die dem Sachverständigen keinen Zutritt zu den Wohnungen gewährten, nicht möglich. Unabhängig von beweisrechtlichen Konsequenzen kommt das Sachverständigengutachten aufgrund der auf den Außenmessungen beruhenden Berechnungen zu dem Ergebnis, dass gesunde Wohnverhältnisse in den streitgegenständlichen Wohnungen gewahrt sind. Auf Seite 25 des Gutachtens ist hierzu ausgeführt: „Zusammenfassend sind aus schallschutzfachlicher Sicht gesunde Wohnverhältnisse in der festgestellten Immissionssituation mit einfachen baulichen Maßnahmen gewährleistet, sofern die vorhandenen Wohnungen diese nicht bereits ohnehin aufweisen“. Ergänzend wird ausdrücklich auf die Ausführungen im Sachverständigengutachten unter Nr. 5, Ergänzende Feststellungen zum baulichen Schallschutz auf den Seiten 23 – 25 des Gutachtens, auf die zusammenfassende Antwort auf die unter Nr. II im Tenor des Beweisbeschlusses gestellte Beweisfrage auf S. 27 des Gutachtens sowie auf die ergänzenden Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung bzw. im gerichtlichen Augenschein bei der Besichtigung von zwei der streitgegenständlichen Wohnungen, Sitzungsprotokoll Seiten 8, 13 und 14 Bezug genommen.

Nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen bestehen keine Zweifel daran, dass in sämtlichen streitgegenständlichen Wohnungen die gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB erforderlichen gesunden Wohnverhältnisse gewahrt sind. Der gerichtliche Augenschein hat bestätigt, dass die Wohnungen an der Rückseite der Clubs liegen, sich dort – den Wohnungen zugewandt – keine Haupteingänge befinden und dass bereits die im innerstädtischen Bereich üblichen Fenster zu erheblichem Schallschutz in den Wohnungen und damit zur Wahrung gesunder Wohnverhältnisse i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB führen. Demzufolge bietet nach der Berufungsentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 14.10.2014 - 12 BV 14.1629 - juris Rn. 31) die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO keine Handhabe, eine baurechtlich zulässige Nutzung zu untersagen (unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 18.5.1995 – 4 C 20/94 –, BVerwGE 98, 235 [246]). Das wiederum bedeutet unter Zugrundelegung dieser Entscheidung, dass die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Wohnungen gemäß § 34 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB, § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO und § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausnahmefähig ist. Deshalb liegt konsequenterweise die Rechtsfolge des § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS, das Fehlen der Wohnraumeigenschaft, nicht vor, weil die Wohnnutzung gerade nicht unzulässig (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 Var. 1 ZeS), jedenfalls aber ausnahmsweise genehmigungsfähig ist (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 Var. 2 ZeS). Dann wiederum kann gemäß § 10 ZeS kein Anspruch auf die Erteilung der begehrten Negativatteste bestehen.

Die gegen die Wohnraumeigenschaft vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

Soweit der Klägerbevollmächtigte unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 einwendet, dass es keine Pflicht (bzw. genauer: Obliegenheit) zur Vornahme „architektonischer Selbsthilfe“ durch Maßnahmen des passiven Schallschutzes gebe, steht das dem Ergebnis, dass wegen der Nichterfüllung der Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS Wohnraum vorliegt, nicht entgegen. Hierzu ist zunächst auf die Nichtzulassungsentscheidung in den diesem Verfahren vorausgehenden Verfahren hinzuweisen (BVerwG, B.v. 20.8.2015 - 5 B 14/15 - juris Rn. 10), wonach die Berufungsentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 14.10.2014 - 12 BV 14.1629 - juris) nicht von der vom Klägerbevollmächtigten herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht, ebenso wenig wie von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Oktober 1986 (Az.: 8 C 53.85). Der Nichtzulassungsentscheidung ist ausdrücklich zu entnehmen, dass es sich bei der Aussage, dass das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt angesehen werden darf, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat (BVerwGE 145, 145 Rn. 14), um das Ergebnis im entschiedenen Einzelfall, nicht um einen eigenständigen allgemeinen Rechtssatz handelt.

Rechtlich betrifft die von der Klägerseite herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. November 2012 Bauplanungsrecht und damit ein anderes Rechtsgebiet und auch eine ganz andere Konstellation als das streitgegenständliche Verfahren. Während es in jener Entscheidung um die Anwendung des in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO normierten Rücksichtnahmegebots im Rahmen einer Anfechtungsklage eines baurechtlichen Nachbarn ging, geht es vorliegend um die Beurteilung, ob bezüglich der streitgegenständlichen Wohnungen noch Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts vorliegt. Unabhängig von der Wertung des § 15 Abs. 3 BauNVO sind die rechtlich nach unterschiedlichen Rechtsvorschriften zu beurteilenden Fälle auch differenziert nach dem jeweils für sie geltenden Recht zu entscheiden. Für das Zweckentfremdungsrecht, das den im öffentlichen Interesse liegenden Zweck einer ausreichenden Versorgung mit Wohnraum verfolgt, ist höchstrichterlich anerkannt, dass die Bewohnbarkeit betreffende Mängel unbeachtlich sind, wenn sie sich mit zumutbaren Mitteln beheben lassen (BVerwG, B.v. 17.12.2001 - 5 B 15/01 - juris Rn. 5; vgl. auch BVerwG, B.v. 9.5.2003 - 5 B 43/02 - juris). Ebenso ist rechtlich zu berücksichtigen, dass das Zweckentfremdungsrecht vorgeht, wo nach materiellem Baurecht neben einer Wohnnutzung auch andere Nutzungen zulässig sind (BVerwG, B.v. 6.11.1996 - 4 B 213/96 - juris Rn. 4f.). Für den Fall einer nur ausnahmsweise zulässigen Wohnnutzung gilt, dass diese den Wohnraumbegriff im Sinne des Zweckentfremdungsrechts dann erfüllt, wenn die Wohnnutzung zugelassen ist (BVerwG, U.v. 1.10.1986 - 8 C 53/86 - juris Leitsatz und Rn. 17, vgl. auch Rn. 15). Entgegen dem klägerischen Vortrag können insoweit die Wertungen des Zweckentfremdungsrechts nicht durch diejenigen des Bauplanungsrechts verdrängt werden.

Dem Ergebnis kann auch nicht der Einwand eines „aufgedrängten Bestandsschutzes“ entgegengehalten werden. Die Frage, ob die Klägerin durch die Versagung des Negativattests dazu gezwungen wird, einen bestehenden baurechtlichen „Bestandsschutz“ in Anspruch zu nehmen, stellt sich so nicht. Der baurechtliche Bestandsschutz ermöglicht dem Betroffenen nur, eine materiell baurechtswidrig gewordene, aber genehmigte Nutzung aufrechtzuerhalten, wenn er das will. Er kann sie auch aufgeben und ändern, wenn das rechtlich zulässig und die Änderung genehmigungsfähig ist. Das im öffentlichen Interesse normierte Zweckentfremdungsrecht kann ebenso wie baurechtliche - z.B. die BauNVO - oder sonstige Vorschriften die Änderung zu einer anderen Nutzung verhindern. Dieser Umstand tritt nicht nur im hiesigen Fall, sondern im Zweckentfremdungsrecht typischerweise auf: So ist es beispielsweise in jedem allgemeinen Wohngebiet i.S.v. § 4 BauNVO, soweit sich dieses im Geltungsbereich einer kommunalen Zweckentfremdungssatzung befindet, dem Betroffenen nicht erlaubt, eine grundsätzlich auch dort mögliche Nutzungsänderung von Wohnnutzung in eine gewerbliche Nutzung (z.B. gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 1 oder 2 BauNVO) vorzunehmen (vgl. für das Gebiet der Beklagten beispielsweise § 4 Abs. 1 Nr. 1 ZeS). Warum diese Wirkungsweise in einem Fall wie dem vorliegenden nicht (erst recht) gelten soll, erschließt sich nicht. Vielmehr normiert das Zweckentfremdungsrecht hier wie dort eine Einschränkung von sonst bestehenden Nutzungsmöglichkeiten. Der Einwand des aufgedrängten baurechtlichen Bestandsschutzes verkennt somit grundsätzlich das Institut des Zweckentfremdungsrechts sowie den Umstand, dass das Zweckentfremdungsrecht eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, darstellt.

3. Die vom Klägerbevollmächtigten erhobenen Einwände gegen das Sachverständigengutachten bzw. gegen die vom Sachverständigengutachten getroffenen Annahmen greifen sämtlich nicht durch.

Die vom Sachverständigen getroffene Bestimmung der nach der TA Lärm zu beurteilenden Schallquellen (Hintertür des „...“, dazu kommt noch der vom Klägerbevollmächtigten in diesem Zusammenhang übersehene Wirtsgarten) ist nicht zu beanstanden. Dass die übrigen Lärmquellen von der Straße keinen nach der TA Lärm zu beurteilenden anlagenbezogenen Lärm, sondern nach der 16. BImSchV zu beurteilenden Verkehrslärm darstellen, folgt daraus, dass nur diese beiden genannten Lärmquellen bestimmten Anlagen zuzurechnen sind. Insbesondere die Rechtsauffassung, der „Parkplatzlärm“ müsse in die Beurteilung nach der TA Lärm einbezogen werden, geht fehl. Der Lärm, der von den in der Umgebung der streitgegenständlichen Wohnungen parkenden und anfahrenden Kraftfahrzeuge ausgeht, rührt von allgemein dem Straßenverkehr unterfallenden „Jedermann“-Parkplätzen an den öffentlichen Straßen her, und betrifft nicht den umliegenden Vergnügungsbetrieben zugeordnete Parkplätzen. Gleiches gilt für den Hol- und Bringverkehr zu den Diskotheken u.ä. einschließlich von Taxen. Auch insofern verbietet sich mangels Zuordnung zu einem konkreten Betrieb eine Beurteilung nach der TA Lärm; vielmehr gilt hierfür gerade Nr. 7.4 der TA Lärm. Da es an allen drei Voraussetzungen von Nr. 7.4 Abs. 2 tir. 1 – 3 TA Lärm fehlt, gilt hier nicht einmal die dort geregelte Verminderungspflicht. Auch die vom Klägerbevollmächtigten genannten verhaltensbezogenen Einzelereignisse, wie „Kommunikation von Personen auf den Gehwegen, Rufen/Schreien, Schritte, Gelächter usw.“ sind eindeutig nicht nach der TA Lärm zu beurteilen (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 11.6.2013 - 8 ZB 12.784 – juris, insbesondere Rn. 28), da es nicht möglich ist, diese einem konkreten Betrieb (oder auch nur mehreren) zuzuordnen.

Die bezüglich der Hintertür des „...“ monierten Unterschiede in der Beschreibung im Sachverständigengutachten (einerseits S. 26 des Sachverständigengutachtens „regelmäßig“ geöffnet, andererseits S. 16 des Sachverständigengutachtens nur 2 Minuten Wirkzeit pro Stunde) hat der Sachverständige im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert und aufgeklärt (Sitzungsprotokoll S. 3 unten / S. 4 oben).

Der Umstand, dass es sich bei der Wohnung Nr. 19 (O.str. ..., .... OG rechts) um eine „durchgesteckte“ Wohnung handelt, die nicht nur zur O.str., sondern auch zum Innenhof orientiert ist, hat der Sachverständige im Gutachten nicht unberücksichtigt gelassen. Der Umstand, dass auch vom Innenhof Lärm ausgeht (Rückkühlsystem, Anlieferung, Freischankfläche), dies aber im Gutachten nicht berücksichtigt worden sei, trifft nicht zu. Denn der Sachverständige hat ausweislich des Gutachtens zahlreiche Messungen an den Immissionsorten durchgeführt; in diesen Messungen sind notwendigerweise alle auftretenden Lärmimmissionen abgegriffen. Dass an der Innenhofseite kein Messpunkt gebildet wurde, ist ebenfalls nicht fehlerhaft. Es ist unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten nach den Ergebnissen des Augenscheins zutreffend ermittelt worden, dass dieser Lärm marginal ist und deshalb die Messergebnisse an den Messpunkten, die allesamt zur O.str. hin ausgerichtet sind, höhere Pegel ergeben, als ein Messpunkt auf der Hinterhofseite. Daher könnte sich aus einer Messung an der Hinterhofseite und einer entsprechenden Berechnung erst recht keine Unzumutbarkeit der Wohnnutzung ergeben.

4. Soweit mit der Klage geltend gemacht wird, dass eine Unzumutbarkeit der Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Wohnungen auch aus einer erhöhten Kriminalität, einer entsprechenden Drogenszene und einer massiven Verschmutzung der näheren Umgebung der streitgegenständlichen Wohnräume folge, ist nichts dafür ersichtlich, dass derartige Belästigungen und Störungen den benachbarten Vergnügungsbetrieben unmittelbar zuzurechnen sind. Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO können nur solche Störungen und Belästigungen berücksichtigt werden, die von baulichen oder sonstigen Anlagen ausgehen (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 26 m.w.N.). Für auf den Straßen der Umgebung begangene Straftaten und etwaige Verschmutzungen fehlt es regelmäßig an einer Zurechenbarkeit (vgl. z.B. OVG NW, B.v. 18.3.2011 - 2 A 2579/09 - juris Rn. 53). Kriminelle Handlungen in den Vergnügungsstätten selbst beeinträchtigen das Wohnen nicht. Konkrete andere Erkenntnisse liegen nicht vor, sie wurden auch nicht vorgetragen. Dass es in der Umgebung eines Vergnügungsviertels Straftaten gibt, kann ohne weiteres als wahr unterstellt werden; in Ansehung dieser Straftaten fehlt es aber daran, dass sie auf die Wohnungen bezogen sind. Im Übrigen ist es Sache des allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsrechts und nicht des Bau- und Zweckentfremdungsrechts, auf die befürchteten und eventuell auch vorhandenen Belästigungen zu reagieren.

5. Da das Ergebnis der Beweisaufnahme ergeben hat, dass die Wohnnutzung nicht insbesondere wegen der Lärm-, aber auch sonstiger Immissionen unzumutbar, sondern wegen der Wahrung gesunder Wohnverhältnisse vor dem Hintergrund von § § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zumutbar ist, kommt es für die Erteilung der beantragten Negativatteste noch darauf an, ob der streitgegenständliche Wohnraum trotz objektiver Zumutbarkeit wegen des subjektiven Empfindens der Betroffenen nachweislich nicht mehr vom Markt angenommen wird, § 3 Abs. 3 Nr. 7 ZeS. Bei der Beurteilung ist nach der Berufungsentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu berücksichtigen, dass das auch vom geforderten Mietzins abhängt. Dieser muss die negative Vorbelastung der Lage der Wohnungen im faktischen Kerngebiet in unmittelbarer Nähe störungsintensiver Vergnügungsbetriebe angemessen widerspiegeln (BayVGH, B.v. 14.10.2014 - 12 BV 14.1629 - juris Rn. 36). Die Klägerin hat es im Rahmen der durch das Zweckentfremdungsrecht als Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG konkretisierten Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) hinzunehmen, dass in negativer Weise vorbelasteter Wohnraum gegebenenfalls nur noch deutlich unter der auch immissionsgeschütztere Lagen mit einbeziehenden „ortsüblichen Vergleichsmiete“ vermietet werden kann. Laut den Angaben der Beklagten ist insofern ein Grundmietwert von EUR 13,50 ggf. einschließlich von Zuschlägen anzusetzen. Es bestehen keine Zweifel daran, dass unter Zugrundelegung dieser Miethöhe eine Vermietung zu Wohnzwecken in München stattfinden kann.

6. Eine weitere Beweiserhebung war nicht erforderlich, insbesondere war nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ein Augenschein bei Nacht entbehrlich. Das gerichtliche Sachverständigengutachten und dessen Lärmberechnungen beruhen auf Messungen, die auch und insbesondere nachts vorgenommen wurden, insbesondere an den Wochenenden und zur ...festzeit. Außerdem haben sich hinsichtlich des Verkehrs- bzw. Umgebungslärms, zu dem die allgemeinen Belästigungen und Störungen zählen, die aus dem Umfeld zu den benachbarten Vergnügungsbetrieben stammen, gerade keine Überschreitungen ergeben. Die gemessenen und berechneten Lärmimmissionen sind vollkommen plausibel. Bei der Zurechnung der Straftaten und ähnlicher Belästigungen handelt es sich um eine Rechtsfrage. Der persönliche Eindruck des Gerichts von der Umgebung der streitgegenständlichen Wohnungen zur Nachtzeit hätte keine repräsentativen zusätzlichen Erkenntnisse erbracht.

Nach alledem waren die Klagen abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus

§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. 708 ff. ZPO. Die Zulassung der Berufung wurde auf der Grundlage von § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ausgesprochen.

Die Entscheidung unter Nr. I. ist unanfechtbar, im Übrigen gilt die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

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(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 4 Allgemeine Wohngebiete


(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,3. Anlagen für kirchliche, kulture

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 2 Kleinsiedlungsgebiete


(1) Kleinsiedlungsgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäuden mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen. (2) Zulässig sind 1. Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebä

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Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennt

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 7 Kerngebiete


(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur. (2) Zulässig sind 1. Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,2. Einzelhandelsbetriebe, Sch

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(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 - M 8 K 13.1911, M 8 K 13.1912, M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3412 und M 8 K 13.3413 - wird aufgehoben und die Streitsache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen.

II.

Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung vorbehalten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Erteilung von Negativattesten nach der Wohnraumzweckentfremdungssatzung (ZeS) der Beklagten.

1. Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungen ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts, Wohnung Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und im Anwesen ...-straße ... der Wohnungen im 3. Obergeschoss Nr. 9 (M 8 K 13.1912), im 6. Obergeschoss Nr. 32 (M 8 K 13.3411), im 4. Obergeschoss Nr. 16 (M 8 K 13.3412) sowie im 3. Obergeschoss Nr. 8 (M 8 K 13.3413). Die genannten Wohnungen sind zum Teil ganz zur ...-straße hin situiert (M 8 K 13.1912 u. M 8 K 13.3412), im Übrigen verfügen sie über Räume zur ...-straße sowie zur Hofseite hin (M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3413 u. M 8 K 13.1911).

2. Für die Wohnung ...-straße ... im 3. Obergeschoss (Nr. 9) wurde zusammen mit der Wohnung Nr. 19 im Anwesen ...-straße ... am 17. August 2010 ein Antrag auf Erteilung von entsprechenden Negativattesten mit der Begründung der Unvermietbarkeit der Wohnungen gestellt. Mit Schriftsatz vom 5. März 2013 erhoben die Be[9] [8] vollmächtigten der Klägerin Untätigkeitsklage mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss links, Nr. 9, das am 17. August 2010 beantragte Negativattest zu erteilen (M 8 K 13.951).

3. Mit Bescheid vom 19. April 2013 lehnte die Beklagte den Antrag vom 17. August 2010 auf Erteilung eines Negativattests wegen Unvermietbarkeit der Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links (Wohneinheit Nr. 9) und wegen Unbewohnbarkeit ab (Ziff. I). Weiterhin wurde der Klägerin aufgegeben, die Überlassung der Wohnung zu gewerblichen Zwecken an die „089-Bar- und Lounge-GmbH“ unverzüglich zu beenden (Ziff. II), die Wohnung unverzüglich nach Beendigung der zweckfremden Nutzung wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. III); für den Fall der Nichtbefolgung der Ziffern II und III wurde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,-- Euro (Ziff. IV u. V) angedroht.

Ein weiterer Antrag vom 15. Januar 2013 auf Erteilung eines Negativattests für die Wohnung im Gebäude ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts (Nr. 19) wurde mit weiterem Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 ebenfalls abgelehnt.

Mit jeweils gleichlautenden Bescheiden vom 25. Juli 2013 wurden auch die Anträge der Klägerin auf Erteilung von Negativattesten für die Wohnung ...-straße ... im 6. Obergeschoss Mitte links Nr. 32, vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3411) für die Wohnung ...-straße ... im 4. Obergeschoss Nr. 16, vom 15. Januar 2013 (M 8 K 13.3412) für die Wohnung im 4. Obergeschoss Nr. 16 und für die Wohnung im 3. Obergeschoss der ...-straße ... Nr. 8 vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3413) abgelehnt.

4. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin gegen den Bescheid vom 19. April 2013 (M 8 K 13.1912) Klage und beantragten, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links Nr. 9, ein Negativattest zu erteilen und den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin ferner Klage gegen den Bescheid vom 19. April 2013 betreffend die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und beantragten, den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 ein Negativattest zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Ansiedlung einer Reihe von Vergnügungs- und Amüsierbetrieben sei es im genannten Bereich ...-straße ... und ... nicht nur zur erheblichen Verwahrlosungstendenzen und Lärmproblemen, sondern insbesondere auch zu massiven Sicherheitsproblemen - insbesondere nachts - gekommen. Die in einem faktischen Kerngebiet gelegenen Wohnungen seien zu einem angemessenen Preis nicht mehr vermietbar.

Mit weiteren Schriftsätzen vom 5. August 2013 erhoben die Bevollmächtigen der Klägerin auch gegen die Bescheide vom 25. Juli 2013 - M 8 K 13.3411, Wohnung ...-straße ..., 6. Obergeschoss Nr. 32, M 8 K 13.3412, Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 16 und M 8 K 13.3413, ...-straße ..., 3. Obergeschoss Nr. 8 - Klage mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, auch insoweit Negativatteste zu erteilen.

5. Nachdem das Verfahren M 8 K 13.951 aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten eingestellt wurde, gab das Verwaltungsgericht den erhobenen Klagen nach vorheriger Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung mit Urteil vom 19. Mai 2014 statt. Die Klägerin habe Anspruch auf Erteilung der begehrten Negativatteste gemäß § 10 der Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München (ZeS) vom 30. Dezember 2013 (MüABl S. 550), die auf der Grundlage des Zweckentfremdungsgesetzes (ZwEWG) vom 10. Dezember 2007 (GVBl S. 864), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22. März 2013 (in Kraft getreten am 30.6.2013), erlassen worden sei.

Die Beklagte habe von der in Art. 2 ZwEWG enthaltenen Ermächtigung, nach der Gemeinden mit Wohnraummangel durch Satzung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren bestimmen können, dass im Gemeindegebiet Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf, Gebrauch gemacht und in § 3 Abs. 1 ZeS festgelegt, dass Wohnraum im Sinne dieser Satzung sämtliche Räume seien, die zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt seien. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS liege Wohnraum indes dann nicht vor, wenn eine Wohnungsnutzung baurechtlich nicht zulässig und auch nicht genehmigungsfähig sei.

Vorliegend beurteile sich die baurechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Die prägende nähere Umgebung der streitgegenständlichen Räume entspreche einem faktischen Kerngebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Neben zahlreichen gewerblichen und freiberuflichen Nutzungen fänden sich ein Konsulat und vor allem Einrichtungen der Wirtschaft mit überregionaler Bedeutung in einer nur für den Kernbereich einer Großstadt typischen Häufung. Das gleiche gelte für die hohe Anzahl an Vergnügungsstätten in Form von Discotheken und Nachtlokalen. Die Prägung des Gebiets durch die genannten Einrichtungen und Betriebe werde durch die noch vorhandene Wohnnutzung nicht relativiert. Diese sei nur noch marginal vorhanden. Selbst die Beklagte gehe von einem Anteil von lediglich 9% aus.

Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO seien Wohnungen nur nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans allgemein zulässig mit der Folge, dass es eine allgemeine Zulässigkeit einer Wohnnutzung im faktischen Kerngebiet nicht geben könne. Eine planungsrechtliche Zulässigkeit komme daher nur nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Betracht. Nach dieser Vorschrift könnten Wohnungen ausnahmsweise zugelassen werden. Für die hier maßgebliche Zulässigkeit im Sinne des Zweckentfremdungsrechts sei es nach Auffassung der Kammer grundsätzlich ausreichend, dass - unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 BauNVO - eine Ausnahme nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zugelassen werden könne.

Allerdings sei Letzteres vorliegend nicht der Fall. Bei der Frage nach der ausnahmsweisen Zulassungsfähigkeit einer Wohnnutzung im Kerngebiet müsse - ähnlich wie bei Festsetzungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO - auf die Kompatibilität mit den Nutzungen der Umgebung abgestellt werden. Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen (nur) ausnahmsweise zulasse, komme § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO besondere Bedeutung zu. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO seien die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen (auch) dann unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt würden, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar seien.

So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei bedingt durch die unmittelbare Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Zwar enthalte § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO die Einschränkung der Zumutbarkeit „nach der Eigenart des Gebiets“, so dass für eine Wohnnutzung im Kerngebiet andere Zumutbarkeitskriterien anzusetzen seien als etwa in Wohn- oder auch Mischgebieten. Dennoch könne eine ausnahmsweise Zulassung in unmittelbarer Nähe zu einer Ansammlung von hochgradig störungsintensiven Vergnügungsstätten keinen Bestand haben. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem auch die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt. Die im Umfeld der streitgegenständlichen Räume beklagten Belästigungen und Störungen - nicht nur in Form von Lärm, sondern auch massiver Verschmutzung, erhöhter Kriminalität und einer entsprechenden Drogenszene - seien insoweit typisch und würden letztlich auch von der Beklagten nicht bestritten. Eine Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen könne deshalb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden, weshalb im Sinne des Zweckentfremdungsrechts kein Wohnraum (mehr) vorliege (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS). Eine andere rechtliche Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen Bestandsschutz genieße. Diese verfassungsrechtliche Abschirmung habe bei der zweckentfremdungsrechtlichen Würdigung außer Betracht zu bleiben.

6. Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft, weil es seinen Rechtsausführungen unzutreffende Tatsachen zugrunde lege und gegen den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) verstoße, indem es sich allein auf das Vorbringen der Klägerin und die von ihr vorgelegten Presseauszüge stütze, ohne eigene Ermittlungen anzustellen. Das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, einen Augenschein zur Abend- und Nachtzeit durchzuführen und den Parteivortrag der Klägerin durch Einvernahme von Vertreterinnen und Vertretern sachkundiger Behörden zu überprüfen. Vor allem habe sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit von Ermittlungen bei der örtlich zuständigen Sicherheits- und Ordnungsbehörde, dem Kreisverwaltungsreferat der Beklagten, aufdrängen müssen. Im Hinblick auf die für die Entscheidungsfindung erkennbar gewichtige Lärmsituation vor Ort, wären zudem auch Ermittlungen des Verwaltungsgerichts bei der hierfür zuständigen Dienststelle, dem Referat für Gesundheit und Umwelt, angezeigt gewesen. Hieraus resultiere eine fehlerhafte Bewertung des Konflikt- und Störungspotenzials am betroffenen Standort. So sei beispielsweise in der ersten Quartalsauswertung 2014 ein Rückgang der Gesamtdelikte von 201 auf 174 zu verzeichnen. Die Rauschgiftdelikte seien zwar von 46 auf 66 Delikte angestiegen; eine Drogenszene sei nach Einschätzung der Polizei aber in keiner Weise gegeben. Auch im Rahmen nächtlicher Jugendschutzkontrollen sei der Bereich in und um die ...-straße nicht auffällig in Erscheinung getreten. Eine ausufernde Lautstärke habe bisher nicht festgestellt werden können. Die Lärmbelästigung vor Ort liege gemäß den Grundlagendaten für den Lärmaktionsplan 2012 nachts niedriger als am Tage (...-straße ...: Peg-Lden 35,9 - 48,6 dB (A) u. Peg-Ln 26,7 - 39,4 dB (A); ...-straße ...: Peg-Lden 38,1 - 52,4 dB (A) u. Peg-Ln 29,0 - 43,1 dB (A)). Eine Erteilung von Negativattesten komme danach nicht in Betracht. Ungeachtet dessen sei eine Unvermietbarkeit der Wohnungen nach wie vor nicht nachgewiesen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 aufzuheben und das Verfahren zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Antrag der Beklagten, die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, abzulehnen und die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Wohnnutzungen korrekt am Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 BauNVO gemessen und zu Recht festgestellt, dass sich deren Unzulässigkeit aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergebe. Dass in einem Bereich, in dem auf engem Raum mehr als ein Dutzend Discos und Amüsierbetriebe angesiedelt seien, die Nachtruhe durch die typischen Begleiterscheinungen wie Lärm durch Discobesucher, Parksuchverkehr, lautstarke Streitigkeiten auf öffentlichem Verkehrsgrund, Polizeieinsätze usw. permanent empfindlich gestört werde, ergebe sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Die Behauptung der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt, sei deshalb abwegig. Vielmehr liefere die Beklagte, gestützt auf die Stellungnahmen der Fachbehörden, selbst die Argumente für die Unbewohnbarkeit der in diesem Bereich liegenden Immobilien. Einzelne Momentaufnahmen durch irgendwelche Messergebnisse führten nicht weiter. Auch ein einzelner Ortstermin am Abend, wie von der Beklagten vermisst, könne keine Klarheit schaffen. Um überhaupt ein belastbares Ergebnis zu erhalten, müsse über einen mehrwöchigen Zeitraum täglich und vor allem bei unterschiedlichen Witterungslagen gemessen werden. Eine Wohnung in einem Umfeld wie dem vorliegenden zu einem angemessenen Preis zu vermieten, sei nahezu unmöglich und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren bestehe kein Einverständnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Der Senat entscheidet nach vorheriger Anhörung der Verfahrensbeteiligten in entsprechender Anwendung des § 130a VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130a Rn. 12 und § 130 Rn. 16) über die Berufung der Beklagten. Die Streitsache wird gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 VwGO zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen, weil das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nach der übereinstimmenden Auffassung aller Mitglieder des Senats an einem wesentlichen Mangel leidet, aufgrund dessen eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig ist und die Beklagte die Zurückverweisung beantragt hat. Ferner hat das Verwaltungsgericht mittels der Annahme, im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO komme es lediglich auf eine typisierende Betrachtung an, zugleich die Weichen seiner Entscheidung falsch gestellt und damit im Ergebnis nicht zur Sache selbst entschieden. Damit liegen auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vor (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

2. Das Verwaltungsgericht ist unter zutreffender Darlegung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Negativattests (vgl. § 10 ZeS i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), zunächst mit Recht davon ausgegangen, dass die baurechtliche Zulässigkeit einer Wohnnutzung sich in dem hier nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten vorliegenden faktischen Kerngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richtet und eine solche deshalb nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Auch wenn es insoweit an einer allgemeinen Zulässigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB fehlt, kann eine Wohnbebauung im faktischen Kerngebiet doch gleichwohl gemäß § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob auch eine lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung als zulässige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. ZeS anzusehen ist, der Begriff der Zulässigkeit im Sinne dieser Vorschrift also nicht nur die allgemein, sondern auch die lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung mit umfasst; jedenfalls handelt es sich insoweit unzweifelhaft um eine nach § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise genehmigungsfähige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS.

Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass insoweit - gleichviel, ob man nun § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. oder § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS Anwendung finden lässt - zugleich auch § 15 Abs. 1 BauNVO zu berücksichtigen ist. Nach dieser Vorschrift sind die in den §§ 2 bis 4 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Sie sind auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Die Regelung ist eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO. Insbesondere § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO soll sicherstellen, dass eine an sich im Baugebiet zulässige, schutzwürdige Nutzung im Einzelfall - etwa an bestimmten Standorten oder wegen ihrer baulichen Eigenart - unzulässig ist, wenn sie unzumutbaren Belästigungen oder Störungen anderer zulässiger Anlagen ausgesetzt ist (vgl. BR-Drucks. 354/89, S. 58). Dies gilt nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart - wie hier das faktische Kerngebiet - gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Gebiet der Baunutzungsverordnung (vorliegend § 7 BauNVO) entspricht (vgl. BVerwG, B. v. 12.2.1990 - 4 B 240/89 -, NVwZ 1990, 557 [558]; B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 -, ZfBR 2009, 376 f.). Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen nur ausnahmsweise zulässt, kommt § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO vorliegend besondere Bedeutung zu. Die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauwerbers und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, müssen gegeneinander abgewogen werden (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Insoweit entsprechen die Annahmen des Verwaltungsgerichts der allgemein anerkannten bau- und zweckentfremdungsrechtlichen Praxis, ohne Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufzuwerfen.

3. Ohne die hierfür erforderlichen Feststellungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu treffen, hat das Verwaltungsgericht sodann jedoch angenommen, die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei, bedingt durch die Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben, nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt.

Diese - ohne jede Beweiserhebung - gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen, [12] mit der Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht mehr in Einklang stehenden Feststellungen können die Annahme, in den streitgegenständlichen Räumen sei unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO eine Wohnnutzung auch nicht ausnahmsweise zulässig mit der Folge, dass die begehrten Negativatteste zu erteilen seien (§ 10 i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), nicht tragen.

Darüber hinaus verkennt das Verwaltungsgericht zugleich auch, dass es im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auf eine den konkreten Einzelfall in den Blick nehmende situationsbezogene, nicht aber auf eine, auf die abstrakte Schutzwürdigkeit einer Wohnbebauung abstellende typisierende Betrachtung ankommt (so ausdr. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [245 f.]; siehe auch Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 25 u. 32). Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Weichen der streitbefangenen Entscheidung falsch gestellt, so dass es an einer Entscheidung zur Sache selbst fehlt und insoweit zugleich auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vorliegen (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

Bei der Entscheidung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ist regelmäßig zu prüfen, ob durch dem Bauwerber zumutbare bauliche Maßnahmen der Immissionsvermeidung und -minderung ein Zustand erreicht werden kann, der ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren (noch) ermöglicht. Gesunde Wohnverhältnisse (vgl. hierzu auch § 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen allerdings stets gewahrt bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Die Grenze der Wohnunverträglichkeit macht insoweit deutlich, oberhalb welchen Grades der Immissionsbelastung eine Baugenehmigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO nicht mehr erteilt werden darf. Werden die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse jedoch eingehalten, so bietet § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO keine Handhabe, eine baurechtlich zulässige Nutzung zu untersagen (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Dabei ist maßgeblich nicht auf den Außenwohn-, sondern auf den Innenwohnbereich (sog. „Innenpegel“) abzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881]).

Erfahrungsgemäß können Lärmkonflikte in der Regel durch entsprechende bauliche Maßnahmen (Anordnung der Aufenthaltsräume überwiegend auf der vom [Verkehrs-]Lärm abgewandten Seite des Gebäudes und zusätzliche Lüftungseinrichtungen, siehe insoweit auch Art. 49 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 BayBO 1994) - gegebenenfalls auch nachträglich - gelöst werden (sog. „architektonische Selbsthilfe“, vgl. hierzu Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Nur in extremen Ausnahmefällen, etwa wenn kein einziger Aufenthaltsraum gelüftet werden kann, dürften die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht mehr gewahrt sein und ein entsprechendes Wohnbauvorhaben wäre unzulässig. Werden indes die - hier nicht (unmittelbar) geltenden - Grenzwerte der 16. BImSchV - VerkehrslärmschutzVO - vom 12.6.1990 (BGBl. I, S. 1036, zuletzt geändert durch G. v. 19.9.20062006, BGBl. I, S. 2146) im Außenwohnbereich eingehalten, so bildet dies regelmäßig ein gewichtiges Indiz dafür, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (noch) gewahrt sind (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.). Hinsichtlich der Beurteilung des Verkehrslärms kann damit eine Orientierung an der 16. BImSchV erfolgen, bezüglich der von den Vergnügungsbetrieben herrührenden Immissionen sind die Werte der TA Lärm vom 26.8.1998 (GMBl. 1998, 503) zugrunde zulegen (vgl. hierzu näher Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 35 u. 39).

4. Hiervon ausgehend wird das Verwaltungsgericht durch Einholung eines - gegebenenfalls auch längere Zeiträume umfassenden - Lärmschutzgutachtens für jede einzelne der streitgegenständlichen Wohnungen zu klären haben, ob die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse noch gewahrt sind und ein Wohnen ohne Preisgabe des nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO gebotenen, nach objektiven Durchschnittskriterien zu beurteilenden Mindestmaßes an Wohnruhe, Erholungsbedürfnis und ungestörtem Schlaf (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.) möglich ist. Die von der Beklagten ohne nähere Erläuterung in das Verfahren eingeführten Grundlagendaten aus dem Lärmaktionsplan 2012 können ein Lärmschutzgutachten nicht ersetzen, da sie weder die rechtlichen Grundlagen ihrer Entstehung noch die Art und Weise ihrer Ermittlung erkennen lassen. Ungeachtet dessen dürfte zugleich auch ein weiterer Augenscheintermin zur störungsrelevanten Abend- und Nachtzeit, sinnvollerweise am Sonnabend, erforderlich werden. Dies macht eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der das Verwaltungsgericht unter Verletzung von § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht nachgekommen ist. Dieser Verfahrensmangel im Bereich der Beweiserhebung ist vorliegend auch wesentlich, weil er sich auf das Urteil des Verwaltungsgerichts maßgeblich ausgewirkt hat und die von ihm ohne jede Grundlage gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen Feststellungen keine ordnungsgemäße Basis für eine instanzbeendende Entscheidung bilden können (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 9), zumal die Annahme - Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse seien nicht mehr gewahrt - nur in extremen Ausnahmefällen überhaupt in Betracht kommt.

Soweit das Verwaltungsgericht sich in der angefochtenen Entscheidung zugleich auch auf eine erhöhte Kriminalität, eine entsprechende Drogenszene und eine massive Verschmutzung der Umgebung der streitgegenständlichen Wohnräume bezogen hat, wird zu klären sein, ob und gegebenenfalls inwieweit diese Belästigungen und Störungen den benachbarten Vergnügungsbetrieben überhaupt unmittelbar zuzurechnen sind. Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO können nur solche Störungen und Belästigungen berücksichtigt werden, die von baulichen oder sonstigen Anlagen ausgehen (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 26 m. w. N.). Für auf den Straßen der Umgebung begangene Straftaten und etwaige Verschmutzungen wird es daher wohl regelmäßig an einer Zurechenbarkeit fehlen und kriminelle Handlungen in den Vergnügungsstätten selbst dürften das Wohnen wohl kaum beeinträchtigen. Insoweit ist das Sicherheits- und Ordnungsrecht, nicht aber das Bau- und Zweckentfremdungsrecht gefragt.

5. Der Senat hebt das angefochtene Urteil vom 19. Mai 2014 in Ausübung des ihm durch § 130 Abs. 2 und § 130a VwGO eingeräumten Ermessens (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 15 u. § 130a Rn. 14) ohne vorherige mündliche Verhandlung auf und verweist das Verfahren zur Durchführung einer Beweisaufnahme an das Verwaltungsgericht zurück. Für eine Zurückverweisung spricht hier vor allem, dass das Verwaltungsgericht eine gebotene umfangreiche Beweiserhebung unterlassen hat. Den Beteiligten würde eine Tatsacheninstanz genommen, wenn der Verwaltungsgerichtshof die Beweisaufnahme selbst durchführen würde. Eine Verfahrensverzögerung tritt durch die zeitnahe Entscheidung und Zurückverweisung durch den Senat nicht ein. Die Kammer kann - sofern die Klagen aufrechterhalten werden sollten - unmittelbar nach Eingang der Akten die erforderlichen Beweisbeschlüsse erlassen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, nur um über die Aufhebung des Urteils unter Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht zu entscheiden, ist nach der einstimmigen Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung des fehlenden - aber im Rahmen des § 130a VwGO in keiner Weise notwendigen - Einverständnisses der Klägerin nicht erforderlich. Dieser entsteht dadurch kein Nachteil, da eine Entscheidung in der Sache selbst erst auf der Grundlage einer vom Verwaltungsgericht noch durchzuführenden Beweisaufnahme erfolgen kann. Auf die Aufrechterhaltung eines unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO ergangenen Urteils besteht kein Anspruch.

6. Sollte es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für die Erteilung der beantragten Negativatteste darauf ankommen, ob der streitgegenständliche Wohnraum -trotz gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zumutbarer, aufgrund des subjektiven Empfindens der Betroffenen aber gleichwohl als inakzeptabel erscheinender Lärmimmissionen - nachweislich nicht mehr vom Markt angenommen wird (§ 3 Abs. 3 Nr. 7 ZeS), so wird das Verwaltungsgericht zu berücksichtigen haben, dass dies gegebenenfalls auch vom geforderten Mietzins abhängt. Dieser muss die negative Vorbelastung der Lage der Wohnungen im faktischen Kerngebiet in unmittelbarer Nähe störungsintensiver Vergnügungsbetriebe angemessen widerspiegeln. Die Klägerin hat es im Rahmen der durch das Zweckentfremdungsrecht konkretisierten Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) hinzunehmen, dass in negativer Weise vorbelasteter Wohnraum gegebenenfalls nur noch deutlich unter der (auch immissionsgeschütztere Lagen mit einbeziehenden) „ortsüblichen Vergleichsmiete“ vermietet werden kann.

7. Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht vorbehalten, auch eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.

[27] 8. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (1.), der Divergenz (2.) und eines Verfahrensmangels (3.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Beschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Dem genügt die Beschwerde nicht.

4

a) Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob das Bundesverwaltungsgericht die im Urteil vom 1. Oktober 1986 noch vorgenommene Unterscheidung zwischen qualifiziert beplanten Gebieten und unbeplanten Innenbereichen angesichts der inzwischen veränderten Rechtslage auch heute noch genauso treffen würde (vgl. Urteil v. 01.10.1986 - 8 C 155/81 - juris Rn. 16 a.E. unter Hinweis auf Urteil v. 02.12.1983)" (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 7).

5

Mit dieser Frage und ihrem weiteren Vorbringen wird die Beschwerde den Anforderungen an die Darlegung einer Grundsatzrüge nicht gerecht. Damit wird nicht die Auslegung einer konkreten Rechtsnorm des revisiblen Rechts angesprochen, wie dies für die Grundsatzrüge erforderlich ist. Vielmehr ist die Beschwerde darauf gerichtet, in Erfahrung zu bringen, ob das Bundesverwaltungsgericht an der im Urteil vom 1. Oktober 1986 - 8 C 53.85 - (Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 14) vertretenen, von der Beschwerde nicht näher dargelegten Rechtsauffassung festhält. Die höchstrichterliche Rechtsprechung als solche gehört indessen nicht zum revisiblen Recht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 137 Abs. 1 VwGO.

6

b) Das Vorbringen der Klägerin,

"Abgesehen davon begegnet die vom Verwaltungsgerichtshof - unausgesprochen unterstellte - generelle Zulässigkeit nicht akzessorischer Wohnnutzung im faktischen Kerngebiet grundsätzlichen Bedenken. Vielmehr wäre in Anbetracht der konkreten Umgebung (Feiermeile, verdichtete Ansiedlung von Diskos, Kneipen, Amüsierbetrieben) zu prüfen, ob eine Ausnahme (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) hier nicht schon prinzipiell ausscheidet, ohne dass es noch auf eine Einzelfallbeurteilung anhand § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ankommt" (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 8),

genügt ebenfalls schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Denn damit wird keine konkrete Rechtsfrage formuliert.

7

Der Sache nach rügt die Klägerin in der Art einer Revisionsbegründung die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs und setzt dieser ihre eigene, zu einem anderen Ergebnis führende Rechtsmeinung entgegen. Eine solche Kritik der vorinstanzlichen Entscheidung kann in der Regel und so auch hier die grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht begründen.

8

2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

9

Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. Die Beschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung der Rechtssätze, die das betreffende übergeordnete Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen nicht (stRspr, BVerwG, vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26, vom 22. Februar 2011 - 2 B 72.10 - juris Rn. 4 und vom 5. Juni 2013 - 5 B 7.13 - juris Rn. 2 m.w.N.). Gemessen daran ist die Beschwerde nicht ausreichend begründet.

10

a) Dies gilt zunächst, soweit die Beschwerde geltend macht, die angefochtene Entscheidung weiche mit den Ausführungen zum "Postulat nach architektonischer Selbsthilfe (RdNr 31 des Urteils)" sowohl vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Oktober 1986 - 8 C 53.85 - (Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 14) als auch vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 - (BVerwGE 145, 145) ab. Die Ausführungen im angegriffenen Beschluss stünden im Widerspruch zu dem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, dass das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO nicht dadurch gewahrt werde, dass der Bauherr im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen habe (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 3 f.). Dies genügt schon deshalb nicht den Anforderungen an die Darlegung einer Divergenz, weil die Beschwerde dieser Rechtsansicht keinen vom Verwaltungsgerichtshof in dem angefochtenen Beschluss aufgestellten, abweichenden abstrakten Rechtssatz gegenüberstellt. Ein solcher Rechtssatz ist insbesondere den weiteren Ausführungen der Beschwerde, "[g]erade das verlangt aber der BayVGH im Rahmen seiner Ausführungen zur Zulässigkeit der Ausnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vom Eigentümer für den Fall, dass bei der geforderten Beweisaufnahme die Überschreitung der Grenzwerte festgestellt werden sollte" (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 4), nicht zu entnehmen. Ebenso wenig zeigt die Beschwerde auf, inwiefern der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs auf der behaupteten Abweichung beruht, zumal sie selbst davon ausgeht, dass die Forderung nach architektonischer Selbsthilfe nur für den Fall erhoben wird, dass bei der erst noch vom Verwaltungsgericht durchzuführenden Beweisaufnahme die Überschreitung der Grenzwerte festgestellt werden sollte. Des Weiteren ist dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Oktober 1986 - 8 C 53.85 - (Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 14) der ihm von der Beschwerde zugeschriebene Rechtssatz nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 - (BVerwGE 145, 145). Soweit in diesem Urteil ausgeführt wird, "das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat" (BVerwGE 145, 145 Rn. 14), handelt es sich um das Ergebnis der Subsumtion des Sachverhalts unter die nachfolgend formulierten Rechtssätze, das nicht in einen eigenständigen allgemeinen Rechtssatz umgedeutet werden kann.

11

b) Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang bemängelt, "[d]ie Forderung nach architektonischer Selbsthilfe [...] beinhaltet darüber hinaus einen zusätzlichen Eingriff in die eigentumsrechtliche Position" und "ist in keiner Weise mehr verfassungsrechtlich vertretbar" (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 4), benennt sie keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von der abgewichen wird.

12

c) Soweit die Beschwerde eine Abweichung von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Juni 2012 (NJW-RR 2012, 1207) beanstandet (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 6), erfüllt dies die Begründungsanforderungen bereits deshalb nicht, weil Entscheidungen jenes Gerichts im Verfahren der verwaltungsgerichtlichen Nichtzulassungsbeschwerde nicht divergenzfähig sind.

13

3. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

14

Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Damit sind Verstöße gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf bzw. den Weg zu dem Urteil bzw. Beschluss und die Art und Weise des Urteils- bzw. Beschlusserlasses regeln, nicht jedoch Vorschriften, die den Urteils- bzw. Beschlussinhalt betreffen und deren Verletzung sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2015 - 5 B 28.14 - juris Rn. 8 m.w.N.). Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 12 m.w.N.). Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht.

15

Die Beschwerde sieht einen Verfahrensmangel darin, dass der Verwaltungsgerichtshof unter Verkennung der Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen habe. Denn die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hätten nicht vorgelegen. Das Verwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht verletzt. Es sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht verpflichtet gewesen, zur Klärung der Frage, ob die Wohnnutzung im Einzelfall vor allem unter Lärmgesichtspunkten ausnahmsweise baurechtlich zulässig sei, Beweis zu erheben, und könne hierzu auch in dem angefochtenen Beschluss nicht verpflichtet werden. Die Beklagte hätte entsprechende Ermittlungen durchführen müssen. Sie trage die Beweislast für die Zumutbarkeit der Wohnnutzung unter Lärmgesichtspunkten. Da sie derartige Ermittlungen unterlassen habe, hätte sie unter Aufhebung ihrer Bescheide zur Neubescheidung verpflichtet werden müssen (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 5 f.). Hiermit zeigt die Beschwerde keinen Verfahrensfehler auf, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht selbstständig tragend auch auf eine entsprechende Anwendung des § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützt, weil das Verwaltungsgericht aufgrund der Annahme, im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbs. BauNVO komme es lediglich auf eine typisierende Betrachtung an, die Weichen seiner Entscheidung falsch gestellt und damit im Ergebnis nicht in der Sache selbst entschieden habe (vgl. BA Rn. 25 und 30). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann bei einer solchen Mehrfachbegründung die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder der Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2015 - 3 B 6.14 - juris Rn. 6 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Gegen die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs zur entsprechenden Anwendung des § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, insbesondere zur Notwendigkeit, im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbs. BauNVO eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, hat die Beschwerde keine durchgreifenden Zulassungsgründe erhoben.

16

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

17

5. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 - M 8 K 13.1911, M 8 K 13.1912, M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3412 und M 8 K 13.3413 - wird aufgehoben und die Streitsache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen.

II.

Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung vorbehalten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Erteilung von Negativattesten nach der Wohnraumzweckentfremdungssatzung (ZeS) der Beklagten.

1. Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungen ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts, Wohnung Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und im Anwesen ...-straße ... der Wohnungen im 3. Obergeschoss Nr. 9 (M 8 K 13.1912), im 6. Obergeschoss Nr. 32 (M 8 K 13.3411), im 4. Obergeschoss Nr. 16 (M 8 K 13.3412) sowie im 3. Obergeschoss Nr. 8 (M 8 K 13.3413). Die genannten Wohnungen sind zum Teil ganz zur ...-straße hin situiert (M 8 K 13.1912 u. M 8 K 13.3412), im Übrigen verfügen sie über Räume zur ...-straße sowie zur Hofseite hin (M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3413 u. M 8 K 13.1911).

2. Für die Wohnung ...-straße ... im 3. Obergeschoss (Nr. 9) wurde zusammen mit der Wohnung Nr. 19 im Anwesen ...-straße ... am 17. August 2010 ein Antrag auf Erteilung von entsprechenden Negativattesten mit der Begründung der Unvermietbarkeit der Wohnungen gestellt. Mit Schriftsatz vom 5. März 2013 erhoben die Be[9] [8] vollmächtigten der Klägerin Untätigkeitsklage mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss links, Nr. 9, das am 17. August 2010 beantragte Negativattest zu erteilen (M 8 K 13.951).

3. Mit Bescheid vom 19. April 2013 lehnte die Beklagte den Antrag vom 17. August 2010 auf Erteilung eines Negativattests wegen Unvermietbarkeit der Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links (Wohneinheit Nr. 9) und wegen Unbewohnbarkeit ab (Ziff. I). Weiterhin wurde der Klägerin aufgegeben, die Überlassung der Wohnung zu gewerblichen Zwecken an die „089-Bar- und Lounge-GmbH“ unverzüglich zu beenden (Ziff. II), die Wohnung unverzüglich nach Beendigung der zweckfremden Nutzung wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. III); für den Fall der Nichtbefolgung der Ziffern II und III wurde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,-- Euro (Ziff. IV u. V) angedroht.

Ein weiterer Antrag vom 15. Januar 2013 auf Erteilung eines Negativattests für die Wohnung im Gebäude ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts (Nr. 19) wurde mit weiterem Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 ebenfalls abgelehnt.

Mit jeweils gleichlautenden Bescheiden vom 25. Juli 2013 wurden auch die Anträge der Klägerin auf Erteilung von Negativattesten für die Wohnung ...-straße ... im 6. Obergeschoss Mitte links Nr. 32, vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3411) für die Wohnung ...-straße ... im 4. Obergeschoss Nr. 16, vom 15. Januar 2013 (M 8 K 13.3412) für die Wohnung im 4. Obergeschoss Nr. 16 und für die Wohnung im 3. Obergeschoss der ...-straße ... Nr. 8 vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3413) abgelehnt.

4. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin gegen den Bescheid vom 19. April 2013 (M 8 K 13.1912) Klage und beantragten, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links Nr. 9, ein Negativattest zu erteilen und den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin ferner Klage gegen den Bescheid vom 19. April 2013 betreffend die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und beantragten, den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 ein Negativattest zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Ansiedlung einer Reihe von Vergnügungs- und Amüsierbetrieben sei es im genannten Bereich ...-straße ... und ... nicht nur zur erheblichen Verwahrlosungstendenzen und Lärmproblemen, sondern insbesondere auch zu massiven Sicherheitsproblemen - insbesondere nachts - gekommen. Die in einem faktischen Kerngebiet gelegenen Wohnungen seien zu einem angemessenen Preis nicht mehr vermietbar.

Mit weiteren Schriftsätzen vom 5. August 2013 erhoben die Bevollmächtigen der Klägerin auch gegen die Bescheide vom 25. Juli 2013 - M 8 K 13.3411, Wohnung ...-straße ..., 6. Obergeschoss Nr. 32, M 8 K 13.3412, Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 16 und M 8 K 13.3413, ...-straße ..., 3. Obergeschoss Nr. 8 - Klage mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, auch insoweit Negativatteste zu erteilen.

5. Nachdem das Verfahren M 8 K 13.951 aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten eingestellt wurde, gab das Verwaltungsgericht den erhobenen Klagen nach vorheriger Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung mit Urteil vom 19. Mai 2014 statt. Die Klägerin habe Anspruch auf Erteilung der begehrten Negativatteste gemäß § 10 der Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München (ZeS) vom 30. Dezember 2013 (MüABl S. 550), die auf der Grundlage des Zweckentfremdungsgesetzes (ZwEWG) vom 10. Dezember 2007 (GVBl S. 864), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22. März 2013 (in Kraft getreten am 30.6.2013), erlassen worden sei.

Die Beklagte habe von der in Art. 2 ZwEWG enthaltenen Ermächtigung, nach der Gemeinden mit Wohnraummangel durch Satzung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren bestimmen können, dass im Gemeindegebiet Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf, Gebrauch gemacht und in § 3 Abs. 1 ZeS festgelegt, dass Wohnraum im Sinne dieser Satzung sämtliche Räume seien, die zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt seien. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS liege Wohnraum indes dann nicht vor, wenn eine Wohnungsnutzung baurechtlich nicht zulässig und auch nicht genehmigungsfähig sei.

Vorliegend beurteile sich die baurechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Die prägende nähere Umgebung der streitgegenständlichen Räume entspreche einem faktischen Kerngebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Neben zahlreichen gewerblichen und freiberuflichen Nutzungen fänden sich ein Konsulat und vor allem Einrichtungen der Wirtschaft mit überregionaler Bedeutung in einer nur für den Kernbereich einer Großstadt typischen Häufung. Das gleiche gelte für die hohe Anzahl an Vergnügungsstätten in Form von Discotheken und Nachtlokalen. Die Prägung des Gebiets durch die genannten Einrichtungen und Betriebe werde durch die noch vorhandene Wohnnutzung nicht relativiert. Diese sei nur noch marginal vorhanden. Selbst die Beklagte gehe von einem Anteil von lediglich 9% aus.

Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO seien Wohnungen nur nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans allgemein zulässig mit der Folge, dass es eine allgemeine Zulässigkeit einer Wohnnutzung im faktischen Kerngebiet nicht geben könne. Eine planungsrechtliche Zulässigkeit komme daher nur nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Betracht. Nach dieser Vorschrift könnten Wohnungen ausnahmsweise zugelassen werden. Für die hier maßgebliche Zulässigkeit im Sinne des Zweckentfremdungsrechts sei es nach Auffassung der Kammer grundsätzlich ausreichend, dass - unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 BauNVO - eine Ausnahme nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zugelassen werden könne.

Allerdings sei Letzteres vorliegend nicht der Fall. Bei der Frage nach der ausnahmsweisen Zulassungsfähigkeit einer Wohnnutzung im Kerngebiet müsse - ähnlich wie bei Festsetzungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO - auf die Kompatibilität mit den Nutzungen der Umgebung abgestellt werden. Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen (nur) ausnahmsweise zulasse, komme § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO besondere Bedeutung zu. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO seien die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen (auch) dann unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt würden, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar seien.

So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei bedingt durch die unmittelbare Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Zwar enthalte § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO die Einschränkung der Zumutbarkeit „nach der Eigenart des Gebiets“, so dass für eine Wohnnutzung im Kerngebiet andere Zumutbarkeitskriterien anzusetzen seien als etwa in Wohn- oder auch Mischgebieten. Dennoch könne eine ausnahmsweise Zulassung in unmittelbarer Nähe zu einer Ansammlung von hochgradig störungsintensiven Vergnügungsstätten keinen Bestand haben. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem auch die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt. Die im Umfeld der streitgegenständlichen Räume beklagten Belästigungen und Störungen - nicht nur in Form von Lärm, sondern auch massiver Verschmutzung, erhöhter Kriminalität und einer entsprechenden Drogenszene - seien insoweit typisch und würden letztlich auch von der Beklagten nicht bestritten. Eine Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen könne deshalb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden, weshalb im Sinne des Zweckentfremdungsrechts kein Wohnraum (mehr) vorliege (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS). Eine andere rechtliche Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen Bestandsschutz genieße. Diese verfassungsrechtliche Abschirmung habe bei der zweckentfremdungsrechtlichen Würdigung außer Betracht zu bleiben.

6. Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft, weil es seinen Rechtsausführungen unzutreffende Tatsachen zugrunde lege und gegen den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) verstoße, indem es sich allein auf das Vorbringen der Klägerin und die von ihr vorgelegten Presseauszüge stütze, ohne eigene Ermittlungen anzustellen. Das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, einen Augenschein zur Abend- und Nachtzeit durchzuführen und den Parteivortrag der Klägerin durch Einvernahme von Vertreterinnen und Vertretern sachkundiger Behörden zu überprüfen. Vor allem habe sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit von Ermittlungen bei der örtlich zuständigen Sicherheits- und Ordnungsbehörde, dem Kreisverwaltungsreferat der Beklagten, aufdrängen müssen. Im Hinblick auf die für die Entscheidungsfindung erkennbar gewichtige Lärmsituation vor Ort, wären zudem auch Ermittlungen des Verwaltungsgerichts bei der hierfür zuständigen Dienststelle, dem Referat für Gesundheit und Umwelt, angezeigt gewesen. Hieraus resultiere eine fehlerhafte Bewertung des Konflikt- und Störungspotenzials am betroffenen Standort. So sei beispielsweise in der ersten Quartalsauswertung 2014 ein Rückgang der Gesamtdelikte von 201 auf 174 zu verzeichnen. Die Rauschgiftdelikte seien zwar von 46 auf 66 Delikte angestiegen; eine Drogenszene sei nach Einschätzung der Polizei aber in keiner Weise gegeben. Auch im Rahmen nächtlicher Jugendschutzkontrollen sei der Bereich in und um die ...-straße nicht auffällig in Erscheinung getreten. Eine ausufernde Lautstärke habe bisher nicht festgestellt werden können. Die Lärmbelästigung vor Ort liege gemäß den Grundlagendaten für den Lärmaktionsplan 2012 nachts niedriger als am Tage (...-straße ...: Peg-Lden 35,9 - 48,6 dB (A) u. Peg-Ln 26,7 - 39,4 dB (A); ...-straße ...: Peg-Lden 38,1 - 52,4 dB (A) u. Peg-Ln 29,0 - 43,1 dB (A)). Eine Erteilung von Negativattesten komme danach nicht in Betracht. Ungeachtet dessen sei eine Unvermietbarkeit der Wohnungen nach wie vor nicht nachgewiesen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 aufzuheben und das Verfahren zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Antrag der Beklagten, die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, abzulehnen und die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Wohnnutzungen korrekt am Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 BauNVO gemessen und zu Recht festgestellt, dass sich deren Unzulässigkeit aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergebe. Dass in einem Bereich, in dem auf engem Raum mehr als ein Dutzend Discos und Amüsierbetriebe angesiedelt seien, die Nachtruhe durch die typischen Begleiterscheinungen wie Lärm durch Discobesucher, Parksuchverkehr, lautstarke Streitigkeiten auf öffentlichem Verkehrsgrund, Polizeieinsätze usw. permanent empfindlich gestört werde, ergebe sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Die Behauptung der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt, sei deshalb abwegig. Vielmehr liefere die Beklagte, gestützt auf die Stellungnahmen der Fachbehörden, selbst die Argumente für die Unbewohnbarkeit der in diesem Bereich liegenden Immobilien. Einzelne Momentaufnahmen durch irgendwelche Messergebnisse führten nicht weiter. Auch ein einzelner Ortstermin am Abend, wie von der Beklagten vermisst, könne keine Klarheit schaffen. Um überhaupt ein belastbares Ergebnis zu erhalten, müsse über einen mehrwöchigen Zeitraum täglich und vor allem bei unterschiedlichen Witterungslagen gemessen werden. Eine Wohnung in einem Umfeld wie dem vorliegenden zu einem angemessenen Preis zu vermieten, sei nahezu unmöglich und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren bestehe kein Einverständnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Der Senat entscheidet nach vorheriger Anhörung der Verfahrensbeteiligten in entsprechender Anwendung des § 130a VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130a Rn. 12 und § 130 Rn. 16) über die Berufung der Beklagten. Die Streitsache wird gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 VwGO zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen, weil das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nach der übereinstimmenden Auffassung aller Mitglieder des Senats an einem wesentlichen Mangel leidet, aufgrund dessen eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig ist und die Beklagte die Zurückverweisung beantragt hat. Ferner hat das Verwaltungsgericht mittels der Annahme, im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO komme es lediglich auf eine typisierende Betrachtung an, zugleich die Weichen seiner Entscheidung falsch gestellt und damit im Ergebnis nicht zur Sache selbst entschieden. Damit liegen auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vor (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

2. Das Verwaltungsgericht ist unter zutreffender Darlegung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Negativattests (vgl. § 10 ZeS i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), zunächst mit Recht davon ausgegangen, dass die baurechtliche Zulässigkeit einer Wohnnutzung sich in dem hier nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten vorliegenden faktischen Kerngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richtet und eine solche deshalb nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Auch wenn es insoweit an einer allgemeinen Zulässigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB fehlt, kann eine Wohnbebauung im faktischen Kerngebiet doch gleichwohl gemäß § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob auch eine lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung als zulässige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. ZeS anzusehen ist, der Begriff der Zulässigkeit im Sinne dieser Vorschrift also nicht nur die allgemein, sondern auch die lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung mit umfasst; jedenfalls handelt es sich insoweit unzweifelhaft um eine nach § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise genehmigungsfähige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS.

Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass insoweit - gleichviel, ob man nun § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. oder § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS Anwendung finden lässt - zugleich auch § 15 Abs. 1 BauNVO zu berücksichtigen ist. Nach dieser Vorschrift sind die in den §§ 2 bis 4 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Sie sind auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Die Regelung ist eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO. Insbesondere § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO soll sicherstellen, dass eine an sich im Baugebiet zulässige, schutzwürdige Nutzung im Einzelfall - etwa an bestimmten Standorten oder wegen ihrer baulichen Eigenart - unzulässig ist, wenn sie unzumutbaren Belästigungen oder Störungen anderer zulässiger Anlagen ausgesetzt ist (vgl. BR-Drucks. 354/89, S. 58). Dies gilt nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart - wie hier das faktische Kerngebiet - gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Gebiet der Baunutzungsverordnung (vorliegend § 7 BauNVO) entspricht (vgl. BVerwG, B. v. 12.2.1990 - 4 B 240/89 -, NVwZ 1990, 557 [558]; B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 -, ZfBR 2009, 376 f.). Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen nur ausnahmsweise zulässt, kommt § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO vorliegend besondere Bedeutung zu. Die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauwerbers und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, müssen gegeneinander abgewogen werden (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Insoweit entsprechen die Annahmen des Verwaltungsgerichts der allgemein anerkannten bau- und zweckentfremdungsrechtlichen Praxis, ohne Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufzuwerfen.

3. Ohne die hierfür erforderlichen Feststellungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu treffen, hat das Verwaltungsgericht sodann jedoch angenommen, die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei, bedingt durch die Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben, nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt.

Diese - ohne jede Beweiserhebung - gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen, [12] mit der Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht mehr in Einklang stehenden Feststellungen können die Annahme, in den streitgegenständlichen Räumen sei unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO eine Wohnnutzung auch nicht ausnahmsweise zulässig mit der Folge, dass die begehrten Negativatteste zu erteilen seien (§ 10 i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), nicht tragen.

Darüber hinaus verkennt das Verwaltungsgericht zugleich auch, dass es im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auf eine den konkreten Einzelfall in den Blick nehmende situationsbezogene, nicht aber auf eine, auf die abstrakte Schutzwürdigkeit einer Wohnbebauung abstellende typisierende Betrachtung ankommt (so ausdr. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [245 f.]; siehe auch Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 25 u. 32). Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Weichen der streitbefangenen Entscheidung falsch gestellt, so dass es an einer Entscheidung zur Sache selbst fehlt und insoweit zugleich auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vorliegen (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

Bei der Entscheidung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ist regelmäßig zu prüfen, ob durch dem Bauwerber zumutbare bauliche Maßnahmen der Immissionsvermeidung und -minderung ein Zustand erreicht werden kann, der ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren (noch) ermöglicht. Gesunde Wohnverhältnisse (vgl. hierzu auch § 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen allerdings stets gewahrt bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Die Grenze der Wohnunverträglichkeit macht insoweit deutlich, oberhalb welchen Grades der Immissionsbelastung eine Baugenehmigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO nicht mehr erteilt werden darf. Werden die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse jedoch eingehalten, so bietet § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO keine Handhabe, eine baurechtlich zulässige Nutzung zu untersagen (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Dabei ist maßgeblich nicht auf den Außenwohn-, sondern auf den Innenwohnbereich (sog. „Innenpegel“) abzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881]).

Erfahrungsgemäß können Lärmkonflikte in der Regel durch entsprechende bauliche Maßnahmen (Anordnung der Aufenthaltsräume überwiegend auf der vom [Verkehrs-]Lärm abgewandten Seite des Gebäudes und zusätzliche Lüftungseinrichtungen, siehe insoweit auch Art. 49 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 BayBO 1994) - gegebenenfalls auch nachträglich - gelöst werden (sog. „architektonische Selbsthilfe“, vgl. hierzu Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Nur in extremen Ausnahmefällen, etwa wenn kein einziger Aufenthaltsraum gelüftet werden kann, dürften die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht mehr gewahrt sein und ein entsprechendes Wohnbauvorhaben wäre unzulässig. Werden indes die - hier nicht (unmittelbar) geltenden - Grenzwerte der 16. BImSchV - VerkehrslärmschutzVO - vom 12.6.1990 (BGBl. I, S. 1036, zuletzt geändert durch G. v. 19.9.20062006, BGBl. I, S. 2146) im Außenwohnbereich eingehalten, so bildet dies regelmäßig ein gewichtiges Indiz dafür, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (noch) gewahrt sind (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.). Hinsichtlich der Beurteilung des Verkehrslärms kann damit eine Orientierung an der 16. BImSchV erfolgen, bezüglich der von den Vergnügungsbetrieben herrührenden Immissionen sind die Werte der TA Lärm vom 26.8.1998 (GMBl. 1998, 503) zugrunde zulegen (vgl. hierzu näher Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 35 u. 39).

4. Hiervon ausgehend wird das Verwaltungsgericht durch Einholung eines - gegebenenfalls auch längere Zeiträume umfassenden - Lärmschutzgutachtens für jede einzelne der streitgegenständlichen Wohnungen zu klären haben, ob die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse noch gewahrt sind und ein Wohnen ohne Preisgabe des nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO gebotenen, nach objektiven Durchschnittskriterien zu beurteilenden Mindestmaßes an Wohnruhe, Erholungsbedürfnis und ungestörtem Schlaf (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.) möglich ist. Die von der Beklagten ohne nähere Erläuterung in das Verfahren eingeführten Grundlagendaten aus dem Lärmaktionsplan 2012 können ein Lärmschutzgutachten nicht ersetzen, da sie weder die rechtlichen Grundlagen ihrer Entstehung noch die Art und Weise ihrer Ermittlung erkennen lassen. Ungeachtet dessen dürfte zugleich auch ein weiterer Augenscheintermin zur störungsrelevanten Abend- und Nachtzeit, sinnvollerweise am Sonnabend, erforderlich werden. Dies macht eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der das Verwaltungsgericht unter Verletzung von § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht nachgekommen ist. Dieser Verfahrensmangel im Bereich der Beweiserhebung ist vorliegend auch wesentlich, weil er sich auf das Urteil des Verwaltungsgerichts maßgeblich ausgewirkt hat und die von ihm ohne jede Grundlage gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen Feststellungen keine ordnungsgemäße Basis für eine instanzbeendende Entscheidung bilden können (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 9), zumal die Annahme - Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse seien nicht mehr gewahrt - nur in extremen Ausnahmefällen überhaupt in Betracht kommt.

Soweit das Verwaltungsgericht sich in der angefochtenen Entscheidung zugleich auch auf eine erhöhte Kriminalität, eine entsprechende Drogenszene und eine massive Verschmutzung der Umgebung der streitgegenständlichen Wohnräume bezogen hat, wird zu klären sein, ob und gegebenenfalls inwieweit diese Belästigungen und Störungen den benachbarten Vergnügungsbetrieben überhaupt unmittelbar zuzurechnen sind. Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO können nur solche Störungen und Belästigungen berücksichtigt werden, die von baulichen oder sonstigen Anlagen ausgehen (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 26 m. w. N.). Für auf den Straßen der Umgebung begangene Straftaten und etwaige Verschmutzungen wird es daher wohl regelmäßig an einer Zurechenbarkeit fehlen und kriminelle Handlungen in den Vergnügungsstätten selbst dürften das Wohnen wohl kaum beeinträchtigen. Insoweit ist das Sicherheits- und Ordnungsrecht, nicht aber das Bau- und Zweckentfremdungsrecht gefragt.

5. Der Senat hebt das angefochtene Urteil vom 19. Mai 2014 in Ausübung des ihm durch § 130 Abs. 2 und § 130a VwGO eingeräumten Ermessens (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 15 u. § 130a Rn. 14) ohne vorherige mündliche Verhandlung auf und verweist das Verfahren zur Durchführung einer Beweisaufnahme an das Verwaltungsgericht zurück. Für eine Zurückverweisung spricht hier vor allem, dass das Verwaltungsgericht eine gebotene umfangreiche Beweiserhebung unterlassen hat. Den Beteiligten würde eine Tatsacheninstanz genommen, wenn der Verwaltungsgerichtshof die Beweisaufnahme selbst durchführen würde. Eine Verfahrensverzögerung tritt durch die zeitnahe Entscheidung und Zurückverweisung durch den Senat nicht ein. Die Kammer kann - sofern die Klagen aufrechterhalten werden sollten - unmittelbar nach Eingang der Akten die erforderlichen Beweisbeschlüsse erlassen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, nur um über die Aufhebung des Urteils unter Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht zu entscheiden, ist nach der einstimmigen Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung des fehlenden - aber im Rahmen des § 130a VwGO in keiner Weise notwendigen - Einverständnisses der Klägerin nicht erforderlich. Dieser entsteht dadurch kein Nachteil, da eine Entscheidung in der Sache selbst erst auf der Grundlage einer vom Verwaltungsgericht noch durchzuführenden Beweisaufnahme erfolgen kann. Auf die Aufrechterhaltung eines unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO ergangenen Urteils besteht kein Anspruch.

6. Sollte es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für die Erteilung der beantragten Negativatteste darauf ankommen, ob der streitgegenständliche Wohnraum -trotz gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zumutbarer, aufgrund des subjektiven Empfindens der Betroffenen aber gleichwohl als inakzeptabel erscheinender Lärmimmissionen - nachweislich nicht mehr vom Markt angenommen wird (§ 3 Abs. 3 Nr. 7 ZeS), so wird das Verwaltungsgericht zu berücksichtigen haben, dass dies gegebenenfalls auch vom geforderten Mietzins abhängt. Dieser muss die negative Vorbelastung der Lage der Wohnungen im faktischen Kerngebiet in unmittelbarer Nähe störungsintensiver Vergnügungsbetriebe angemessen widerspiegeln. Die Klägerin hat es im Rahmen der durch das Zweckentfremdungsrecht konkretisierten Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) hinzunehmen, dass in negativer Weise vorbelasteter Wohnraum gegebenenfalls nur noch deutlich unter der (auch immissionsgeschütztere Lagen mit einbeziehenden) „ortsüblichen Vergleichsmiete“ vermietet werden kann.

7. Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht vorbehalten, auch eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.

[27] 8. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 - M 8 K 13.1911, M 8 K 13.1912, M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3412 und M 8 K 13.3413 - wird aufgehoben und die Streitsache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen.

II.

Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung vorbehalten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Erteilung von Negativattesten nach der Wohnraumzweckentfremdungssatzung (ZeS) der Beklagten.

1. Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungen ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts, Wohnung Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und im Anwesen ...-straße ... der Wohnungen im 3. Obergeschoss Nr. 9 (M 8 K 13.1912), im 6. Obergeschoss Nr. 32 (M 8 K 13.3411), im 4. Obergeschoss Nr. 16 (M 8 K 13.3412) sowie im 3. Obergeschoss Nr. 8 (M 8 K 13.3413). Die genannten Wohnungen sind zum Teil ganz zur ...-straße hin situiert (M 8 K 13.1912 u. M 8 K 13.3412), im Übrigen verfügen sie über Räume zur ...-straße sowie zur Hofseite hin (M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3413 u. M 8 K 13.1911).

2. Für die Wohnung ...-straße ... im 3. Obergeschoss (Nr. 9) wurde zusammen mit der Wohnung Nr. 19 im Anwesen ...-straße ... am 17. August 2010 ein Antrag auf Erteilung von entsprechenden Negativattesten mit der Begründung der Unvermietbarkeit der Wohnungen gestellt. Mit Schriftsatz vom 5. März 2013 erhoben die Be[9] [8] vollmächtigten der Klägerin Untätigkeitsklage mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss links, Nr. 9, das am 17. August 2010 beantragte Negativattest zu erteilen (M 8 K 13.951).

3. Mit Bescheid vom 19. April 2013 lehnte die Beklagte den Antrag vom 17. August 2010 auf Erteilung eines Negativattests wegen Unvermietbarkeit der Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links (Wohneinheit Nr. 9) und wegen Unbewohnbarkeit ab (Ziff. I). Weiterhin wurde der Klägerin aufgegeben, die Überlassung der Wohnung zu gewerblichen Zwecken an die „089-Bar- und Lounge-GmbH“ unverzüglich zu beenden (Ziff. II), die Wohnung unverzüglich nach Beendigung der zweckfremden Nutzung wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. III); für den Fall der Nichtbefolgung der Ziffern II und III wurde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,-- Euro (Ziff. IV u. V) angedroht.

Ein weiterer Antrag vom 15. Januar 2013 auf Erteilung eines Negativattests für die Wohnung im Gebäude ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts (Nr. 19) wurde mit weiterem Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 ebenfalls abgelehnt.

Mit jeweils gleichlautenden Bescheiden vom 25. Juli 2013 wurden auch die Anträge der Klägerin auf Erteilung von Negativattesten für die Wohnung ...-straße ... im 6. Obergeschoss Mitte links Nr. 32, vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3411) für die Wohnung ...-straße ... im 4. Obergeschoss Nr. 16, vom 15. Januar 2013 (M 8 K 13.3412) für die Wohnung im 4. Obergeschoss Nr. 16 und für die Wohnung im 3. Obergeschoss der ...-straße ... Nr. 8 vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3413) abgelehnt.

4. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin gegen den Bescheid vom 19. April 2013 (M 8 K 13.1912) Klage und beantragten, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links Nr. 9, ein Negativattest zu erteilen und den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin ferner Klage gegen den Bescheid vom 19. April 2013 betreffend die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und beantragten, den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 ein Negativattest zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Ansiedlung einer Reihe von Vergnügungs- und Amüsierbetrieben sei es im genannten Bereich ...-straße ... und ... nicht nur zur erheblichen Verwahrlosungstendenzen und Lärmproblemen, sondern insbesondere auch zu massiven Sicherheitsproblemen - insbesondere nachts - gekommen. Die in einem faktischen Kerngebiet gelegenen Wohnungen seien zu einem angemessenen Preis nicht mehr vermietbar.

Mit weiteren Schriftsätzen vom 5. August 2013 erhoben die Bevollmächtigen der Klägerin auch gegen die Bescheide vom 25. Juli 2013 - M 8 K 13.3411, Wohnung ...-straße ..., 6. Obergeschoss Nr. 32, M 8 K 13.3412, Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 16 und M 8 K 13.3413, ...-straße ..., 3. Obergeschoss Nr. 8 - Klage mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, auch insoweit Negativatteste zu erteilen.

5. Nachdem das Verfahren M 8 K 13.951 aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten eingestellt wurde, gab das Verwaltungsgericht den erhobenen Klagen nach vorheriger Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung mit Urteil vom 19. Mai 2014 statt. Die Klägerin habe Anspruch auf Erteilung der begehrten Negativatteste gemäß § 10 der Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München (ZeS) vom 30. Dezember 2013 (MüABl S. 550), die auf der Grundlage des Zweckentfremdungsgesetzes (ZwEWG) vom 10. Dezember 2007 (GVBl S. 864), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22. März 2013 (in Kraft getreten am 30.6.2013), erlassen worden sei.

Die Beklagte habe von der in Art. 2 ZwEWG enthaltenen Ermächtigung, nach der Gemeinden mit Wohnraummangel durch Satzung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren bestimmen können, dass im Gemeindegebiet Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf, Gebrauch gemacht und in § 3 Abs. 1 ZeS festgelegt, dass Wohnraum im Sinne dieser Satzung sämtliche Räume seien, die zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt seien. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS liege Wohnraum indes dann nicht vor, wenn eine Wohnungsnutzung baurechtlich nicht zulässig und auch nicht genehmigungsfähig sei.

Vorliegend beurteile sich die baurechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Die prägende nähere Umgebung der streitgegenständlichen Räume entspreche einem faktischen Kerngebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Neben zahlreichen gewerblichen und freiberuflichen Nutzungen fänden sich ein Konsulat und vor allem Einrichtungen der Wirtschaft mit überregionaler Bedeutung in einer nur für den Kernbereich einer Großstadt typischen Häufung. Das gleiche gelte für die hohe Anzahl an Vergnügungsstätten in Form von Discotheken und Nachtlokalen. Die Prägung des Gebiets durch die genannten Einrichtungen und Betriebe werde durch die noch vorhandene Wohnnutzung nicht relativiert. Diese sei nur noch marginal vorhanden. Selbst die Beklagte gehe von einem Anteil von lediglich 9% aus.

Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO seien Wohnungen nur nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans allgemein zulässig mit der Folge, dass es eine allgemeine Zulässigkeit einer Wohnnutzung im faktischen Kerngebiet nicht geben könne. Eine planungsrechtliche Zulässigkeit komme daher nur nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Betracht. Nach dieser Vorschrift könnten Wohnungen ausnahmsweise zugelassen werden. Für die hier maßgebliche Zulässigkeit im Sinne des Zweckentfremdungsrechts sei es nach Auffassung der Kammer grundsätzlich ausreichend, dass - unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 BauNVO - eine Ausnahme nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zugelassen werden könne.

Allerdings sei Letzteres vorliegend nicht der Fall. Bei der Frage nach der ausnahmsweisen Zulassungsfähigkeit einer Wohnnutzung im Kerngebiet müsse - ähnlich wie bei Festsetzungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO - auf die Kompatibilität mit den Nutzungen der Umgebung abgestellt werden. Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen (nur) ausnahmsweise zulasse, komme § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO besondere Bedeutung zu. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO seien die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen (auch) dann unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt würden, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar seien.

So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei bedingt durch die unmittelbare Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Zwar enthalte § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO die Einschränkung der Zumutbarkeit „nach der Eigenart des Gebiets“, so dass für eine Wohnnutzung im Kerngebiet andere Zumutbarkeitskriterien anzusetzen seien als etwa in Wohn- oder auch Mischgebieten. Dennoch könne eine ausnahmsweise Zulassung in unmittelbarer Nähe zu einer Ansammlung von hochgradig störungsintensiven Vergnügungsstätten keinen Bestand haben. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem auch die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt. Die im Umfeld der streitgegenständlichen Räume beklagten Belästigungen und Störungen - nicht nur in Form von Lärm, sondern auch massiver Verschmutzung, erhöhter Kriminalität und einer entsprechenden Drogenszene - seien insoweit typisch und würden letztlich auch von der Beklagten nicht bestritten. Eine Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen könne deshalb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden, weshalb im Sinne des Zweckentfremdungsrechts kein Wohnraum (mehr) vorliege (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS). Eine andere rechtliche Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen Bestandsschutz genieße. Diese verfassungsrechtliche Abschirmung habe bei der zweckentfremdungsrechtlichen Würdigung außer Betracht zu bleiben.

6. Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft, weil es seinen Rechtsausführungen unzutreffende Tatsachen zugrunde lege und gegen den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) verstoße, indem es sich allein auf das Vorbringen der Klägerin und die von ihr vorgelegten Presseauszüge stütze, ohne eigene Ermittlungen anzustellen. Das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, einen Augenschein zur Abend- und Nachtzeit durchzuführen und den Parteivortrag der Klägerin durch Einvernahme von Vertreterinnen und Vertretern sachkundiger Behörden zu überprüfen. Vor allem habe sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit von Ermittlungen bei der örtlich zuständigen Sicherheits- und Ordnungsbehörde, dem Kreisverwaltungsreferat der Beklagten, aufdrängen müssen. Im Hinblick auf die für die Entscheidungsfindung erkennbar gewichtige Lärmsituation vor Ort, wären zudem auch Ermittlungen des Verwaltungsgerichts bei der hierfür zuständigen Dienststelle, dem Referat für Gesundheit und Umwelt, angezeigt gewesen. Hieraus resultiere eine fehlerhafte Bewertung des Konflikt- und Störungspotenzials am betroffenen Standort. So sei beispielsweise in der ersten Quartalsauswertung 2014 ein Rückgang der Gesamtdelikte von 201 auf 174 zu verzeichnen. Die Rauschgiftdelikte seien zwar von 46 auf 66 Delikte angestiegen; eine Drogenszene sei nach Einschätzung der Polizei aber in keiner Weise gegeben. Auch im Rahmen nächtlicher Jugendschutzkontrollen sei der Bereich in und um die ...-straße nicht auffällig in Erscheinung getreten. Eine ausufernde Lautstärke habe bisher nicht festgestellt werden können. Die Lärmbelästigung vor Ort liege gemäß den Grundlagendaten für den Lärmaktionsplan 2012 nachts niedriger als am Tage (...-straße ...: Peg-Lden 35,9 - 48,6 dB (A) u. Peg-Ln 26,7 - 39,4 dB (A); ...-straße ...: Peg-Lden 38,1 - 52,4 dB (A) u. Peg-Ln 29,0 - 43,1 dB (A)). Eine Erteilung von Negativattesten komme danach nicht in Betracht. Ungeachtet dessen sei eine Unvermietbarkeit der Wohnungen nach wie vor nicht nachgewiesen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 aufzuheben und das Verfahren zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Antrag der Beklagten, die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, abzulehnen und die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Wohnnutzungen korrekt am Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 BauNVO gemessen und zu Recht festgestellt, dass sich deren Unzulässigkeit aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergebe. Dass in einem Bereich, in dem auf engem Raum mehr als ein Dutzend Discos und Amüsierbetriebe angesiedelt seien, die Nachtruhe durch die typischen Begleiterscheinungen wie Lärm durch Discobesucher, Parksuchverkehr, lautstarke Streitigkeiten auf öffentlichem Verkehrsgrund, Polizeieinsätze usw. permanent empfindlich gestört werde, ergebe sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Die Behauptung der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt, sei deshalb abwegig. Vielmehr liefere die Beklagte, gestützt auf die Stellungnahmen der Fachbehörden, selbst die Argumente für die Unbewohnbarkeit der in diesem Bereich liegenden Immobilien. Einzelne Momentaufnahmen durch irgendwelche Messergebnisse führten nicht weiter. Auch ein einzelner Ortstermin am Abend, wie von der Beklagten vermisst, könne keine Klarheit schaffen. Um überhaupt ein belastbares Ergebnis zu erhalten, müsse über einen mehrwöchigen Zeitraum täglich und vor allem bei unterschiedlichen Witterungslagen gemessen werden. Eine Wohnung in einem Umfeld wie dem vorliegenden zu einem angemessenen Preis zu vermieten, sei nahezu unmöglich und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren bestehe kein Einverständnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Der Senat entscheidet nach vorheriger Anhörung der Verfahrensbeteiligten in entsprechender Anwendung des § 130a VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130a Rn. 12 und § 130 Rn. 16) über die Berufung der Beklagten. Die Streitsache wird gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 VwGO zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen, weil das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nach der übereinstimmenden Auffassung aller Mitglieder des Senats an einem wesentlichen Mangel leidet, aufgrund dessen eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig ist und die Beklagte die Zurückverweisung beantragt hat. Ferner hat das Verwaltungsgericht mittels der Annahme, im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO komme es lediglich auf eine typisierende Betrachtung an, zugleich die Weichen seiner Entscheidung falsch gestellt und damit im Ergebnis nicht zur Sache selbst entschieden. Damit liegen auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vor (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

2. Das Verwaltungsgericht ist unter zutreffender Darlegung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Negativattests (vgl. § 10 ZeS i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), zunächst mit Recht davon ausgegangen, dass die baurechtliche Zulässigkeit einer Wohnnutzung sich in dem hier nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten vorliegenden faktischen Kerngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richtet und eine solche deshalb nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Auch wenn es insoweit an einer allgemeinen Zulässigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB fehlt, kann eine Wohnbebauung im faktischen Kerngebiet doch gleichwohl gemäß § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob auch eine lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung als zulässige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. ZeS anzusehen ist, der Begriff der Zulässigkeit im Sinne dieser Vorschrift also nicht nur die allgemein, sondern auch die lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung mit umfasst; jedenfalls handelt es sich insoweit unzweifelhaft um eine nach § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise genehmigungsfähige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS.

Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass insoweit - gleichviel, ob man nun § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. oder § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS Anwendung finden lässt - zugleich auch § 15 Abs. 1 BauNVO zu berücksichtigen ist. Nach dieser Vorschrift sind die in den §§ 2 bis 4 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Sie sind auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Die Regelung ist eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO. Insbesondere § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO soll sicherstellen, dass eine an sich im Baugebiet zulässige, schutzwürdige Nutzung im Einzelfall - etwa an bestimmten Standorten oder wegen ihrer baulichen Eigenart - unzulässig ist, wenn sie unzumutbaren Belästigungen oder Störungen anderer zulässiger Anlagen ausgesetzt ist (vgl. BR-Drucks. 354/89, S. 58). Dies gilt nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart - wie hier das faktische Kerngebiet - gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Gebiet der Baunutzungsverordnung (vorliegend § 7 BauNVO) entspricht (vgl. BVerwG, B. v. 12.2.1990 - 4 B 240/89 -, NVwZ 1990, 557 [558]; B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 -, ZfBR 2009, 376 f.). Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen nur ausnahmsweise zulässt, kommt § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO vorliegend besondere Bedeutung zu. Die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauwerbers und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, müssen gegeneinander abgewogen werden (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Insoweit entsprechen die Annahmen des Verwaltungsgerichts der allgemein anerkannten bau- und zweckentfremdungsrechtlichen Praxis, ohne Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufzuwerfen.

3. Ohne die hierfür erforderlichen Feststellungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu treffen, hat das Verwaltungsgericht sodann jedoch angenommen, die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei, bedingt durch die Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben, nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt.

Diese - ohne jede Beweiserhebung - gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen, [12] mit der Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht mehr in Einklang stehenden Feststellungen können die Annahme, in den streitgegenständlichen Räumen sei unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO eine Wohnnutzung auch nicht ausnahmsweise zulässig mit der Folge, dass die begehrten Negativatteste zu erteilen seien (§ 10 i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), nicht tragen.

Darüber hinaus verkennt das Verwaltungsgericht zugleich auch, dass es im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auf eine den konkreten Einzelfall in den Blick nehmende situationsbezogene, nicht aber auf eine, auf die abstrakte Schutzwürdigkeit einer Wohnbebauung abstellende typisierende Betrachtung ankommt (so ausdr. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [245 f.]; siehe auch Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 25 u. 32). Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Weichen der streitbefangenen Entscheidung falsch gestellt, so dass es an einer Entscheidung zur Sache selbst fehlt und insoweit zugleich auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vorliegen (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

Bei der Entscheidung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ist regelmäßig zu prüfen, ob durch dem Bauwerber zumutbare bauliche Maßnahmen der Immissionsvermeidung und -minderung ein Zustand erreicht werden kann, der ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren (noch) ermöglicht. Gesunde Wohnverhältnisse (vgl. hierzu auch § 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen allerdings stets gewahrt bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Die Grenze der Wohnunverträglichkeit macht insoweit deutlich, oberhalb welchen Grades der Immissionsbelastung eine Baugenehmigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO nicht mehr erteilt werden darf. Werden die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse jedoch eingehalten, so bietet § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO keine Handhabe, eine baurechtlich zulässige Nutzung zu untersagen (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Dabei ist maßgeblich nicht auf den Außenwohn-, sondern auf den Innenwohnbereich (sog. „Innenpegel“) abzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881]).

Erfahrungsgemäß können Lärmkonflikte in der Regel durch entsprechende bauliche Maßnahmen (Anordnung der Aufenthaltsräume überwiegend auf der vom [Verkehrs-]Lärm abgewandten Seite des Gebäudes und zusätzliche Lüftungseinrichtungen, siehe insoweit auch Art. 49 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 BayBO 1994) - gegebenenfalls auch nachträglich - gelöst werden (sog. „architektonische Selbsthilfe“, vgl. hierzu Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Nur in extremen Ausnahmefällen, etwa wenn kein einziger Aufenthaltsraum gelüftet werden kann, dürften die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht mehr gewahrt sein und ein entsprechendes Wohnbauvorhaben wäre unzulässig. Werden indes die - hier nicht (unmittelbar) geltenden - Grenzwerte der 16. BImSchV - VerkehrslärmschutzVO - vom 12.6.1990 (BGBl. I, S. 1036, zuletzt geändert durch G. v. 19.9.20062006, BGBl. I, S. 2146) im Außenwohnbereich eingehalten, so bildet dies regelmäßig ein gewichtiges Indiz dafür, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (noch) gewahrt sind (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.). Hinsichtlich der Beurteilung des Verkehrslärms kann damit eine Orientierung an der 16. BImSchV erfolgen, bezüglich der von den Vergnügungsbetrieben herrührenden Immissionen sind die Werte der TA Lärm vom 26.8.1998 (GMBl. 1998, 503) zugrunde zulegen (vgl. hierzu näher Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 35 u. 39).

4. Hiervon ausgehend wird das Verwaltungsgericht durch Einholung eines - gegebenenfalls auch längere Zeiträume umfassenden - Lärmschutzgutachtens für jede einzelne der streitgegenständlichen Wohnungen zu klären haben, ob die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse noch gewahrt sind und ein Wohnen ohne Preisgabe des nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO gebotenen, nach objektiven Durchschnittskriterien zu beurteilenden Mindestmaßes an Wohnruhe, Erholungsbedürfnis und ungestörtem Schlaf (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.) möglich ist. Die von der Beklagten ohne nähere Erläuterung in das Verfahren eingeführten Grundlagendaten aus dem Lärmaktionsplan 2012 können ein Lärmschutzgutachten nicht ersetzen, da sie weder die rechtlichen Grundlagen ihrer Entstehung noch die Art und Weise ihrer Ermittlung erkennen lassen. Ungeachtet dessen dürfte zugleich auch ein weiterer Augenscheintermin zur störungsrelevanten Abend- und Nachtzeit, sinnvollerweise am Sonnabend, erforderlich werden. Dies macht eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der das Verwaltungsgericht unter Verletzung von § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht nachgekommen ist. Dieser Verfahrensmangel im Bereich der Beweiserhebung ist vorliegend auch wesentlich, weil er sich auf das Urteil des Verwaltungsgerichts maßgeblich ausgewirkt hat und die von ihm ohne jede Grundlage gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen Feststellungen keine ordnungsgemäße Basis für eine instanzbeendende Entscheidung bilden können (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 9), zumal die Annahme - Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse seien nicht mehr gewahrt - nur in extremen Ausnahmefällen überhaupt in Betracht kommt.

Soweit das Verwaltungsgericht sich in der angefochtenen Entscheidung zugleich auch auf eine erhöhte Kriminalität, eine entsprechende Drogenszene und eine massive Verschmutzung der Umgebung der streitgegenständlichen Wohnräume bezogen hat, wird zu klären sein, ob und gegebenenfalls inwieweit diese Belästigungen und Störungen den benachbarten Vergnügungsbetrieben überhaupt unmittelbar zuzurechnen sind. Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO können nur solche Störungen und Belästigungen berücksichtigt werden, die von baulichen oder sonstigen Anlagen ausgehen (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 26 m. w. N.). Für auf den Straßen der Umgebung begangene Straftaten und etwaige Verschmutzungen wird es daher wohl regelmäßig an einer Zurechenbarkeit fehlen und kriminelle Handlungen in den Vergnügungsstätten selbst dürften das Wohnen wohl kaum beeinträchtigen. Insoweit ist das Sicherheits- und Ordnungsrecht, nicht aber das Bau- und Zweckentfremdungsrecht gefragt.

5. Der Senat hebt das angefochtene Urteil vom 19. Mai 2014 in Ausübung des ihm durch § 130 Abs. 2 und § 130a VwGO eingeräumten Ermessens (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 15 u. § 130a Rn. 14) ohne vorherige mündliche Verhandlung auf und verweist das Verfahren zur Durchführung einer Beweisaufnahme an das Verwaltungsgericht zurück. Für eine Zurückverweisung spricht hier vor allem, dass das Verwaltungsgericht eine gebotene umfangreiche Beweiserhebung unterlassen hat. Den Beteiligten würde eine Tatsacheninstanz genommen, wenn der Verwaltungsgerichtshof die Beweisaufnahme selbst durchführen würde. Eine Verfahrensverzögerung tritt durch die zeitnahe Entscheidung und Zurückverweisung durch den Senat nicht ein. Die Kammer kann - sofern die Klagen aufrechterhalten werden sollten - unmittelbar nach Eingang der Akten die erforderlichen Beweisbeschlüsse erlassen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, nur um über die Aufhebung des Urteils unter Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht zu entscheiden, ist nach der einstimmigen Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung des fehlenden - aber im Rahmen des § 130a VwGO in keiner Weise notwendigen - Einverständnisses der Klägerin nicht erforderlich. Dieser entsteht dadurch kein Nachteil, da eine Entscheidung in der Sache selbst erst auf der Grundlage einer vom Verwaltungsgericht noch durchzuführenden Beweisaufnahme erfolgen kann. Auf die Aufrechterhaltung eines unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO ergangenen Urteils besteht kein Anspruch.

6. Sollte es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für die Erteilung der beantragten Negativatteste darauf ankommen, ob der streitgegenständliche Wohnraum -trotz gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zumutbarer, aufgrund des subjektiven Empfindens der Betroffenen aber gleichwohl als inakzeptabel erscheinender Lärmimmissionen - nachweislich nicht mehr vom Markt angenommen wird (§ 3 Abs. 3 Nr. 7 ZeS), so wird das Verwaltungsgericht zu berücksichtigen haben, dass dies gegebenenfalls auch vom geforderten Mietzins abhängt. Dieser muss die negative Vorbelastung der Lage der Wohnungen im faktischen Kerngebiet in unmittelbarer Nähe störungsintensiver Vergnügungsbetriebe angemessen widerspiegeln. Die Klägerin hat es im Rahmen der durch das Zweckentfremdungsrecht konkretisierten Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) hinzunehmen, dass in negativer Weise vorbelasteter Wohnraum gegebenenfalls nur noch deutlich unter der (auch immissionsgeschütztere Lagen mit einbeziehenden) „ortsüblichen Vergleichsmiete“ vermietet werden kann.

7. Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht vorbehalten, auch eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.

[27] 8. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 - M 8 K 13.1911, M 8 K 13.1912, M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3412 und M 8 K 13.3413 - wird aufgehoben und die Streitsache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen.

II.

Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung vorbehalten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Erteilung von Negativattesten nach der Wohnraumzweckentfremdungssatzung (ZeS) der Beklagten.

1. Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungen ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts, Wohnung Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und im Anwesen ...-straße ... der Wohnungen im 3. Obergeschoss Nr. 9 (M 8 K 13.1912), im 6. Obergeschoss Nr. 32 (M 8 K 13.3411), im 4. Obergeschoss Nr. 16 (M 8 K 13.3412) sowie im 3. Obergeschoss Nr. 8 (M 8 K 13.3413). Die genannten Wohnungen sind zum Teil ganz zur ...-straße hin situiert (M 8 K 13.1912 u. M 8 K 13.3412), im Übrigen verfügen sie über Räume zur ...-straße sowie zur Hofseite hin (M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3413 u. M 8 K 13.1911).

2. Für die Wohnung ...-straße ... im 3. Obergeschoss (Nr. 9) wurde zusammen mit der Wohnung Nr. 19 im Anwesen ...-straße ... am 17. August 2010 ein Antrag auf Erteilung von entsprechenden Negativattesten mit der Begründung der Unvermietbarkeit der Wohnungen gestellt. Mit Schriftsatz vom 5. März 2013 erhoben die Be[9] [8] vollmächtigten der Klägerin Untätigkeitsklage mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss links, Nr. 9, das am 17. August 2010 beantragte Negativattest zu erteilen (M 8 K 13.951).

3. Mit Bescheid vom 19. April 2013 lehnte die Beklagte den Antrag vom 17. August 2010 auf Erteilung eines Negativattests wegen Unvermietbarkeit der Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links (Wohneinheit Nr. 9) und wegen Unbewohnbarkeit ab (Ziff. I). Weiterhin wurde der Klägerin aufgegeben, die Überlassung der Wohnung zu gewerblichen Zwecken an die „089-Bar- und Lounge-GmbH“ unverzüglich zu beenden (Ziff. II), die Wohnung unverzüglich nach Beendigung der zweckfremden Nutzung wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. III); für den Fall der Nichtbefolgung der Ziffern II und III wurde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,-- Euro (Ziff. IV u. V) angedroht.

Ein weiterer Antrag vom 15. Januar 2013 auf Erteilung eines Negativattests für die Wohnung im Gebäude ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts (Nr. 19) wurde mit weiterem Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 ebenfalls abgelehnt.

Mit jeweils gleichlautenden Bescheiden vom 25. Juli 2013 wurden auch die Anträge der Klägerin auf Erteilung von Negativattesten für die Wohnung ...-straße ... im 6. Obergeschoss Mitte links Nr. 32, vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3411) für die Wohnung ...-straße ... im 4. Obergeschoss Nr. 16, vom 15. Januar 2013 (M 8 K 13.3412) für die Wohnung im 4. Obergeschoss Nr. 16 und für die Wohnung im 3. Obergeschoss der ...-straße ... Nr. 8 vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3413) abgelehnt.

4. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin gegen den Bescheid vom 19. April 2013 (M 8 K 13.1912) Klage und beantragten, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links Nr. 9, ein Negativattest zu erteilen und den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin ferner Klage gegen den Bescheid vom 19. April 2013 betreffend die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und beantragten, den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 ein Negativattest zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Ansiedlung einer Reihe von Vergnügungs- und Amüsierbetrieben sei es im genannten Bereich ...-straße ... und ... nicht nur zur erheblichen Verwahrlosungstendenzen und Lärmproblemen, sondern insbesondere auch zu massiven Sicherheitsproblemen - insbesondere nachts - gekommen. Die in einem faktischen Kerngebiet gelegenen Wohnungen seien zu einem angemessenen Preis nicht mehr vermietbar.

Mit weiteren Schriftsätzen vom 5. August 2013 erhoben die Bevollmächtigen der Klägerin auch gegen die Bescheide vom 25. Juli 2013 - M 8 K 13.3411, Wohnung ...-straße ..., 6. Obergeschoss Nr. 32, M 8 K 13.3412, Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 16 und M 8 K 13.3413, ...-straße ..., 3. Obergeschoss Nr. 8 - Klage mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, auch insoweit Negativatteste zu erteilen.

5. Nachdem das Verfahren M 8 K 13.951 aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten eingestellt wurde, gab das Verwaltungsgericht den erhobenen Klagen nach vorheriger Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung mit Urteil vom 19. Mai 2014 statt. Die Klägerin habe Anspruch auf Erteilung der begehrten Negativatteste gemäß § 10 der Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München (ZeS) vom 30. Dezember 2013 (MüABl S. 550), die auf der Grundlage des Zweckentfremdungsgesetzes (ZwEWG) vom 10. Dezember 2007 (GVBl S. 864), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22. März 2013 (in Kraft getreten am 30.6.2013), erlassen worden sei.

Die Beklagte habe von der in Art. 2 ZwEWG enthaltenen Ermächtigung, nach der Gemeinden mit Wohnraummangel durch Satzung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren bestimmen können, dass im Gemeindegebiet Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf, Gebrauch gemacht und in § 3 Abs. 1 ZeS festgelegt, dass Wohnraum im Sinne dieser Satzung sämtliche Räume seien, die zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt seien. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS liege Wohnraum indes dann nicht vor, wenn eine Wohnungsnutzung baurechtlich nicht zulässig und auch nicht genehmigungsfähig sei.

Vorliegend beurteile sich die baurechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Die prägende nähere Umgebung der streitgegenständlichen Räume entspreche einem faktischen Kerngebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Neben zahlreichen gewerblichen und freiberuflichen Nutzungen fänden sich ein Konsulat und vor allem Einrichtungen der Wirtschaft mit überregionaler Bedeutung in einer nur für den Kernbereich einer Großstadt typischen Häufung. Das gleiche gelte für die hohe Anzahl an Vergnügungsstätten in Form von Discotheken und Nachtlokalen. Die Prägung des Gebiets durch die genannten Einrichtungen und Betriebe werde durch die noch vorhandene Wohnnutzung nicht relativiert. Diese sei nur noch marginal vorhanden. Selbst die Beklagte gehe von einem Anteil von lediglich 9% aus.

Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO seien Wohnungen nur nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans allgemein zulässig mit der Folge, dass es eine allgemeine Zulässigkeit einer Wohnnutzung im faktischen Kerngebiet nicht geben könne. Eine planungsrechtliche Zulässigkeit komme daher nur nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Betracht. Nach dieser Vorschrift könnten Wohnungen ausnahmsweise zugelassen werden. Für die hier maßgebliche Zulässigkeit im Sinne des Zweckentfremdungsrechts sei es nach Auffassung der Kammer grundsätzlich ausreichend, dass - unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 BauNVO - eine Ausnahme nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zugelassen werden könne.

Allerdings sei Letzteres vorliegend nicht der Fall. Bei der Frage nach der ausnahmsweisen Zulassungsfähigkeit einer Wohnnutzung im Kerngebiet müsse - ähnlich wie bei Festsetzungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO - auf die Kompatibilität mit den Nutzungen der Umgebung abgestellt werden. Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen (nur) ausnahmsweise zulasse, komme § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO besondere Bedeutung zu. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO seien die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen (auch) dann unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt würden, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar seien.

So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei bedingt durch die unmittelbare Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Zwar enthalte § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO die Einschränkung der Zumutbarkeit „nach der Eigenart des Gebiets“, so dass für eine Wohnnutzung im Kerngebiet andere Zumutbarkeitskriterien anzusetzen seien als etwa in Wohn- oder auch Mischgebieten. Dennoch könne eine ausnahmsweise Zulassung in unmittelbarer Nähe zu einer Ansammlung von hochgradig störungsintensiven Vergnügungsstätten keinen Bestand haben. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem auch die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt. Die im Umfeld der streitgegenständlichen Räume beklagten Belästigungen und Störungen - nicht nur in Form von Lärm, sondern auch massiver Verschmutzung, erhöhter Kriminalität und einer entsprechenden Drogenszene - seien insoweit typisch und würden letztlich auch von der Beklagten nicht bestritten. Eine Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen könne deshalb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden, weshalb im Sinne des Zweckentfremdungsrechts kein Wohnraum (mehr) vorliege (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS). Eine andere rechtliche Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen Bestandsschutz genieße. Diese verfassungsrechtliche Abschirmung habe bei der zweckentfremdungsrechtlichen Würdigung außer Betracht zu bleiben.

6. Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft, weil es seinen Rechtsausführungen unzutreffende Tatsachen zugrunde lege und gegen den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) verstoße, indem es sich allein auf das Vorbringen der Klägerin und die von ihr vorgelegten Presseauszüge stütze, ohne eigene Ermittlungen anzustellen. Das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, einen Augenschein zur Abend- und Nachtzeit durchzuführen und den Parteivortrag der Klägerin durch Einvernahme von Vertreterinnen und Vertretern sachkundiger Behörden zu überprüfen. Vor allem habe sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit von Ermittlungen bei der örtlich zuständigen Sicherheits- und Ordnungsbehörde, dem Kreisverwaltungsreferat der Beklagten, aufdrängen müssen. Im Hinblick auf die für die Entscheidungsfindung erkennbar gewichtige Lärmsituation vor Ort, wären zudem auch Ermittlungen des Verwaltungsgerichts bei der hierfür zuständigen Dienststelle, dem Referat für Gesundheit und Umwelt, angezeigt gewesen. Hieraus resultiere eine fehlerhafte Bewertung des Konflikt- und Störungspotenzials am betroffenen Standort. So sei beispielsweise in der ersten Quartalsauswertung 2014 ein Rückgang der Gesamtdelikte von 201 auf 174 zu verzeichnen. Die Rauschgiftdelikte seien zwar von 46 auf 66 Delikte angestiegen; eine Drogenszene sei nach Einschätzung der Polizei aber in keiner Weise gegeben. Auch im Rahmen nächtlicher Jugendschutzkontrollen sei der Bereich in und um die ...-straße nicht auffällig in Erscheinung getreten. Eine ausufernde Lautstärke habe bisher nicht festgestellt werden können. Die Lärmbelästigung vor Ort liege gemäß den Grundlagendaten für den Lärmaktionsplan 2012 nachts niedriger als am Tage (...-straße ...: Peg-Lden 35,9 - 48,6 dB (A) u. Peg-Ln 26,7 - 39,4 dB (A); ...-straße ...: Peg-Lden 38,1 - 52,4 dB (A) u. Peg-Ln 29,0 - 43,1 dB (A)). Eine Erteilung von Negativattesten komme danach nicht in Betracht. Ungeachtet dessen sei eine Unvermietbarkeit der Wohnungen nach wie vor nicht nachgewiesen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 aufzuheben und das Verfahren zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Antrag der Beklagten, die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, abzulehnen und die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Wohnnutzungen korrekt am Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 BauNVO gemessen und zu Recht festgestellt, dass sich deren Unzulässigkeit aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergebe. Dass in einem Bereich, in dem auf engem Raum mehr als ein Dutzend Discos und Amüsierbetriebe angesiedelt seien, die Nachtruhe durch die typischen Begleiterscheinungen wie Lärm durch Discobesucher, Parksuchverkehr, lautstarke Streitigkeiten auf öffentlichem Verkehrsgrund, Polizeieinsätze usw. permanent empfindlich gestört werde, ergebe sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Die Behauptung der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt, sei deshalb abwegig. Vielmehr liefere die Beklagte, gestützt auf die Stellungnahmen der Fachbehörden, selbst die Argumente für die Unbewohnbarkeit der in diesem Bereich liegenden Immobilien. Einzelne Momentaufnahmen durch irgendwelche Messergebnisse führten nicht weiter. Auch ein einzelner Ortstermin am Abend, wie von der Beklagten vermisst, könne keine Klarheit schaffen. Um überhaupt ein belastbares Ergebnis zu erhalten, müsse über einen mehrwöchigen Zeitraum täglich und vor allem bei unterschiedlichen Witterungslagen gemessen werden. Eine Wohnung in einem Umfeld wie dem vorliegenden zu einem angemessenen Preis zu vermieten, sei nahezu unmöglich und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren bestehe kein Einverständnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Der Senat entscheidet nach vorheriger Anhörung der Verfahrensbeteiligten in entsprechender Anwendung des § 130a VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130a Rn. 12 und § 130 Rn. 16) über die Berufung der Beklagten. Die Streitsache wird gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 VwGO zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen, weil das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nach der übereinstimmenden Auffassung aller Mitglieder des Senats an einem wesentlichen Mangel leidet, aufgrund dessen eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig ist und die Beklagte die Zurückverweisung beantragt hat. Ferner hat das Verwaltungsgericht mittels der Annahme, im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO komme es lediglich auf eine typisierende Betrachtung an, zugleich die Weichen seiner Entscheidung falsch gestellt und damit im Ergebnis nicht zur Sache selbst entschieden. Damit liegen auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vor (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

2. Das Verwaltungsgericht ist unter zutreffender Darlegung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Negativattests (vgl. § 10 ZeS i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), zunächst mit Recht davon ausgegangen, dass die baurechtliche Zulässigkeit einer Wohnnutzung sich in dem hier nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten vorliegenden faktischen Kerngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richtet und eine solche deshalb nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Auch wenn es insoweit an einer allgemeinen Zulässigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB fehlt, kann eine Wohnbebauung im faktischen Kerngebiet doch gleichwohl gemäß § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob auch eine lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung als zulässige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. ZeS anzusehen ist, der Begriff der Zulässigkeit im Sinne dieser Vorschrift also nicht nur die allgemein, sondern auch die lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung mit umfasst; jedenfalls handelt es sich insoweit unzweifelhaft um eine nach § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise genehmigungsfähige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS.

Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass insoweit - gleichviel, ob man nun § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. oder § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS Anwendung finden lässt - zugleich auch § 15 Abs. 1 BauNVO zu berücksichtigen ist. Nach dieser Vorschrift sind die in den §§ 2 bis 4 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Sie sind auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Die Regelung ist eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO. Insbesondere § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO soll sicherstellen, dass eine an sich im Baugebiet zulässige, schutzwürdige Nutzung im Einzelfall - etwa an bestimmten Standorten oder wegen ihrer baulichen Eigenart - unzulässig ist, wenn sie unzumutbaren Belästigungen oder Störungen anderer zulässiger Anlagen ausgesetzt ist (vgl. BR-Drucks. 354/89, S. 58). Dies gilt nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart - wie hier das faktische Kerngebiet - gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Gebiet der Baunutzungsverordnung (vorliegend § 7 BauNVO) entspricht (vgl. BVerwG, B. v. 12.2.1990 - 4 B 240/89 -, NVwZ 1990, 557 [558]; B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 -, ZfBR 2009, 376 f.). Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen nur ausnahmsweise zulässt, kommt § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO vorliegend besondere Bedeutung zu. Die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauwerbers und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, müssen gegeneinander abgewogen werden (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Insoweit entsprechen die Annahmen des Verwaltungsgerichts der allgemein anerkannten bau- und zweckentfremdungsrechtlichen Praxis, ohne Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufzuwerfen.

3. Ohne die hierfür erforderlichen Feststellungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu treffen, hat das Verwaltungsgericht sodann jedoch angenommen, die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei, bedingt durch die Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben, nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt.

Diese - ohne jede Beweiserhebung - gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen, [12] mit der Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht mehr in Einklang stehenden Feststellungen können die Annahme, in den streitgegenständlichen Räumen sei unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO eine Wohnnutzung auch nicht ausnahmsweise zulässig mit der Folge, dass die begehrten Negativatteste zu erteilen seien (§ 10 i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), nicht tragen.

Darüber hinaus verkennt das Verwaltungsgericht zugleich auch, dass es im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auf eine den konkreten Einzelfall in den Blick nehmende situationsbezogene, nicht aber auf eine, auf die abstrakte Schutzwürdigkeit einer Wohnbebauung abstellende typisierende Betrachtung ankommt (so ausdr. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [245 f.]; siehe auch Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 25 u. 32). Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Weichen der streitbefangenen Entscheidung falsch gestellt, so dass es an einer Entscheidung zur Sache selbst fehlt und insoweit zugleich auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vorliegen (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

Bei der Entscheidung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ist regelmäßig zu prüfen, ob durch dem Bauwerber zumutbare bauliche Maßnahmen der Immissionsvermeidung und -minderung ein Zustand erreicht werden kann, der ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren (noch) ermöglicht. Gesunde Wohnverhältnisse (vgl. hierzu auch § 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen allerdings stets gewahrt bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Die Grenze der Wohnunverträglichkeit macht insoweit deutlich, oberhalb welchen Grades der Immissionsbelastung eine Baugenehmigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO nicht mehr erteilt werden darf. Werden die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse jedoch eingehalten, so bietet § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO keine Handhabe, eine baurechtlich zulässige Nutzung zu untersagen (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Dabei ist maßgeblich nicht auf den Außenwohn-, sondern auf den Innenwohnbereich (sog. „Innenpegel“) abzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881]).

Erfahrungsgemäß können Lärmkonflikte in der Regel durch entsprechende bauliche Maßnahmen (Anordnung der Aufenthaltsräume überwiegend auf der vom [Verkehrs-]Lärm abgewandten Seite des Gebäudes und zusätzliche Lüftungseinrichtungen, siehe insoweit auch Art. 49 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 BayBO 1994) - gegebenenfalls auch nachträglich - gelöst werden (sog. „architektonische Selbsthilfe“, vgl. hierzu Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Nur in extremen Ausnahmefällen, etwa wenn kein einziger Aufenthaltsraum gelüftet werden kann, dürften die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht mehr gewahrt sein und ein entsprechendes Wohnbauvorhaben wäre unzulässig. Werden indes die - hier nicht (unmittelbar) geltenden - Grenzwerte der 16. BImSchV - VerkehrslärmschutzVO - vom 12.6.1990 (BGBl. I, S. 1036, zuletzt geändert durch G. v. 19.9.20062006, BGBl. I, S. 2146) im Außenwohnbereich eingehalten, so bildet dies regelmäßig ein gewichtiges Indiz dafür, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (noch) gewahrt sind (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.). Hinsichtlich der Beurteilung des Verkehrslärms kann damit eine Orientierung an der 16. BImSchV erfolgen, bezüglich der von den Vergnügungsbetrieben herrührenden Immissionen sind die Werte der TA Lärm vom 26.8.1998 (GMBl. 1998, 503) zugrunde zulegen (vgl. hierzu näher Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 35 u. 39).

4. Hiervon ausgehend wird das Verwaltungsgericht durch Einholung eines - gegebenenfalls auch längere Zeiträume umfassenden - Lärmschutzgutachtens für jede einzelne der streitgegenständlichen Wohnungen zu klären haben, ob die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse noch gewahrt sind und ein Wohnen ohne Preisgabe des nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO gebotenen, nach objektiven Durchschnittskriterien zu beurteilenden Mindestmaßes an Wohnruhe, Erholungsbedürfnis und ungestörtem Schlaf (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.) möglich ist. Die von der Beklagten ohne nähere Erläuterung in das Verfahren eingeführten Grundlagendaten aus dem Lärmaktionsplan 2012 können ein Lärmschutzgutachten nicht ersetzen, da sie weder die rechtlichen Grundlagen ihrer Entstehung noch die Art und Weise ihrer Ermittlung erkennen lassen. Ungeachtet dessen dürfte zugleich auch ein weiterer Augenscheintermin zur störungsrelevanten Abend- und Nachtzeit, sinnvollerweise am Sonnabend, erforderlich werden. Dies macht eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der das Verwaltungsgericht unter Verletzung von § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht nachgekommen ist. Dieser Verfahrensmangel im Bereich der Beweiserhebung ist vorliegend auch wesentlich, weil er sich auf das Urteil des Verwaltungsgerichts maßgeblich ausgewirkt hat und die von ihm ohne jede Grundlage gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen Feststellungen keine ordnungsgemäße Basis für eine instanzbeendende Entscheidung bilden können (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 9), zumal die Annahme - Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse seien nicht mehr gewahrt - nur in extremen Ausnahmefällen überhaupt in Betracht kommt.

Soweit das Verwaltungsgericht sich in der angefochtenen Entscheidung zugleich auch auf eine erhöhte Kriminalität, eine entsprechende Drogenszene und eine massive Verschmutzung der Umgebung der streitgegenständlichen Wohnräume bezogen hat, wird zu klären sein, ob und gegebenenfalls inwieweit diese Belästigungen und Störungen den benachbarten Vergnügungsbetrieben überhaupt unmittelbar zuzurechnen sind. Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO können nur solche Störungen und Belästigungen berücksichtigt werden, die von baulichen oder sonstigen Anlagen ausgehen (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 26 m. w. N.). Für auf den Straßen der Umgebung begangene Straftaten und etwaige Verschmutzungen wird es daher wohl regelmäßig an einer Zurechenbarkeit fehlen und kriminelle Handlungen in den Vergnügungsstätten selbst dürften das Wohnen wohl kaum beeinträchtigen. Insoweit ist das Sicherheits- und Ordnungsrecht, nicht aber das Bau- und Zweckentfremdungsrecht gefragt.

5. Der Senat hebt das angefochtene Urteil vom 19. Mai 2014 in Ausübung des ihm durch § 130 Abs. 2 und § 130a VwGO eingeräumten Ermessens (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 15 u. § 130a Rn. 14) ohne vorherige mündliche Verhandlung auf und verweist das Verfahren zur Durchführung einer Beweisaufnahme an das Verwaltungsgericht zurück. Für eine Zurückverweisung spricht hier vor allem, dass das Verwaltungsgericht eine gebotene umfangreiche Beweiserhebung unterlassen hat. Den Beteiligten würde eine Tatsacheninstanz genommen, wenn der Verwaltungsgerichtshof die Beweisaufnahme selbst durchführen würde. Eine Verfahrensverzögerung tritt durch die zeitnahe Entscheidung und Zurückverweisung durch den Senat nicht ein. Die Kammer kann - sofern die Klagen aufrechterhalten werden sollten - unmittelbar nach Eingang der Akten die erforderlichen Beweisbeschlüsse erlassen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, nur um über die Aufhebung des Urteils unter Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht zu entscheiden, ist nach der einstimmigen Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung des fehlenden - aber im Rahmen des § 130a VwGO in keiner Weise notwendigen - Einverständnisses der Klägerin nicht erforderlich. Dieser entsteht dadurch kein Nachteil, da eine Entscheidung in der Sache selbst erst auf der Grundlage einer vom Verwaltungsgericht noch durchzuführenden Beweisaufnahme erfolgen kann. Auf die Aufrechterhaltung eines unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO ergangenen Urteils besteht kein Anspruch.

6. Sollte es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für die Erteilung der beantragten Negativatteste darauf ankommen, ob der streitgegenständliche Wohnraum -trotz gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zumutbarer, aufgrund des subjektiven Empfindens der Betroffenen aber gleichwohl als inakzeptabel erscheinender Lärmimmissionen - nachweislich nicht mehr vom Markt angenommen wird (§ 3 Abs. 3 Nr. 7 ZeS), so wird das Verwaltungsgericht zu berücksichtigen haben, dass dies gegebenenfalls auch vom geforderten Mietzins abhängt. Dieser muss die negative Vorbelastung der Lage der Wohnungen im faktischen Kerngebiet in unmittelbarer Nähe störungsintensiver Vergnügungsbetriebe angemessen widerspiegeln. Die Klägerin hat es im Rahmen der durch das Zweckentfremdungsrecht konkretisierten Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) hinzunehmen, dass in negativer Weise vorbelasteter Wohnraum gegebenenfalls nur noch deutlich unter der (auch immissionsgeschütztere Lagen mit einbeziehenden) „ortsüblichen Vergleichsmiete“ vermietet werden kann.

7. Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht vorbehalten, auch eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.

[27] 8. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 - M 8 K 13.1911, M 8 K 13.1912, M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3412 und M 8 K 13.3413 - wird aufgehoben und die Streitsache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen.

II.

Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung vorbehalten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Erteilung von Negativattesten nach der Wohnraumzweckentfremdungssatzung (ZeS) der Beklagten.

1. Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungen ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts, Wohnung Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und im Anwesen ...-straße ... der Wohnungen im 3. Obergeschoss Nr. 9 (M 8 K 13.1912), im 6. Obergeschoss Nr. 32 (M 8 K 13.3411), im 4. Obergeschoss Nr. 16 (M 8 K 13.3412) sowie im 3. Obergeschoss Nr. 8 (M 8 K 13.3413). Die genannten Wohnungen sind zum Teil ganz zur ...-straße hin situiert (M 8 K 13.1912 u. M 8 K 13.3412), im Übrigen verfügen sie über Räume zur ...-straße sowie zur Hofseite hin (M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3413 u. M 8 K 13.1911).

2. Für die Wohnung ...-straße ... im 3. Obergeschoss (Nr. 9) wurde zusammen mit der Wohnung Nr. 19 im Anwesen ...-straße ... am 17. August 2010 ein Antrag auf Erteilung von entsprechenden Negativattesten mit der Begründung der Unvermietbarkeit der Wohnungen gestellt. Mit Schriftsatz vom 5. März 2013 erhoben die Be[9] [8] vollmächtigten der Klägerin Untätigkeitsklage mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss links, Nr. 9, das am 17. August 2010 beantragte Negativattest zu erteilen (M 8 K 13.951).

3. Mit Bescheid vom 19. April 2013 lehnte die Beklagte den Antrag vom 17. August 2010 auf Erteilung eines Negativattests wegen Unvermietbarkeit der Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links (Wohneinheit Nr. 9) und wegen Unbewohnbarkeit ab (Ziff. I). Weiterhin wurde der Klägerin aufgegeben, die Überlassung der Wohnung zu gewerblichen Zwecken an die „089-Bar- und Lounge-GmbH“ unverzüglich zu beenden (Ziff. II), die Wohnung unverzüglich nach Beendigung der zweckfremden Nutzung wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. III); für den Fall der Nichtbefolgung der Ziffern II und III wurde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,-- Euro (Ziff. IV u. V) angedroht.

Ein weiterer Antrag vom 15. Januar 2013 auf Erteilung eines Negativattests für die Wohnung im Gebäude ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts (Nr. 19) wurde mit weiterem Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 ebenfalls abgelehnt.

Mit jeweils gleichlautenden Bescheiden vom 25. Juli 2013 wurden auch die Anträge der Klägerin auf Erteilung von Negativattesten für die Wohnung ...-straße ... im 6. Obergeschoss Mitte links Nr. 32, vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3411) für die Wohnung ...-straße ... im 4. Obergeschoss Nr. 16, vom 15. Januar 2013 (M 8 K 13.3412) für die Wohnung im 4. Obergeschoss Nr. 16 und für die Wohnung im 3. Obergeschoss der ...-straße ... Nr. 8 vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3413) abgelehnt.

4. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin gegen den Bescheid vom 19. April 2013 (M 8 K 13.1912) Klage und beantragten, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links Nr. 9, ein Negativattest zu erteilen und den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin ferner Klage gegen den Bescheid vom 19. April 2013 betreffend die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und beantragten, den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 ein Negativattest zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Ansiedlung einer Reihe von Vergnügungs- und Amüsierbetrieben sei es im genannten Bereich ...-straße ... und ... nicht nur zur erheblichen Verwahrlosungstendenzen und Lärmproblemen, sondern insbesondere auch zu massiven Sicherheitsproblemen - insbesondere nachts - gekommen. Die in einem faktischen Kerngebiet gelegenen Wohnungen seien zu einem angemessenen Preis nicht mehr vermietbar.

Mit weiteren Schriftsätzen vom 5. August 2013 erhoben die Bevollmächtigen der Klägerin auch gegen die Bescheide vom 25. Juli 2013 - M 8 K 13.3411, Wohnung ...-straße ..., 6. Obergeschoss Nr. 32, M 8 K 13.3412, Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 16 und M 8 K 13.3413, ...-straße ..., 3. Obergeschoss Nr. 8 - Klage mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, auch insoweit Negativatteste zu erteilen.

5. Nachdem das Verfahren M 8 K 13.951 aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten eingestellt wurde, gab das Verwaltungsgericht den erhobenen Klagen nach vorheriger Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung mit Urteil vom 19. Mai 2014 statt. Die Klägerin habe Anspruch auf Erteilung der begehrten Negativatteste gemäß § 10 der Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München (ZeS) vom 30. Dezember 2013 (MüABl S. 550), die auf der Grundlage des Zweckentfremdungsgesetzes (ZwEWG) vom 10. Dezember 2007 (GVBl S. 864), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22. März 2013 (in Kraft getreten am 30.6.2013), erlassen worden sei.

Die Beklagte habe von der in Art. 2 ZwEWG enthaltenen Ermächtigung, nach der Gemeinden mit Wohnraummangel durch Satzung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren bestimmen können, dass im Gemeindegebiet Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf, Gebrauch gemacht und in § 3 Abs. 1 ZeS festgelegt, dass Wohnraum im Sinne dieser Satzung sämtliche Räume seien, die zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt seien. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS liege Wohnraum indes dann nicht vor, wenn eine Wohnungsnutzung baurechtlich nicht zulässig und auch nicht genehmigungsfähig sei.

Vorliegend beurteile sich die baurechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Die prägende nähere Umgebung der streitgegenständlichen Räume entspreche einem faktischen Kerngebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Neben zahlreichen gewerblichen und freiberuflichen Nutzungen fänden sich ein Konsulat und vor allem Einrichtungen der Wirtschaft mit überregionaler Bedeutung in einer nur für den Kernbereich einer Großstadt typischen Häufung. Das gleiche gelte für die hohe Anzahl an Vergnügungsstätten in Form von Discotheken und Nachtlokalen. Die Prägung des Gebiets durch die genannten Einrichtungen und Betriebe werde durch die noch vorhandene Wohnnutzung nicht relativiert. Diese sei nur noch marginal vorhanden. Selbst die Beklagte gehe von einem Anteil von lediglich 9% aus.

Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO seien Wohnungen nur nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans allgemein zulässig mit der Folge, dass es eine allgemeine Zulässigkeit einer Wohnnutzung im faktischen Kerngebiet nicht geben könne. Eine planungsrechtliche Zulässigkeit komme daher nur nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Betracht. Nach dieser Vorschrift könnten Wohnungen ausnahmsweise zugelassen werden. Für die hier maßgebliche Zulässigkeit im Sinne des Zweckentfremdungsrechts sei es nach Auffassung der Kammer grundsätzlich ausreichend, dass - unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 BauNVO - eine Ausnahme nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zugelassen werden könne.

Allerdings sei Letzteres vorliegend nicht der Fall. Bei der Frage nach der ausnahmsweisen Zulassungsfähigkeit einer Wohnnutzung im Kerngebiet müsse - ähnlich wie bei Festsetzungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO - auf die Kompatibilität mit den Nutzungen der Umgebung abgestellt werden. Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen (nur) ausnahmsweise zulasse, komme § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO besondere Bedeutung zu. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO seien die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen (auch) dann unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt würden, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar seien.

So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei bedingt durch die unmittelbare Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Zwar enthalte § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO die Einschränkung der Zumutbarkeit „nach der Eigenart des Gebiets“, so dass für eine Wohnnutzung im Kerngebiet andere Zumutbarkeitskriterien anzusetzen seien als etwa in Wohn- oder auch Mischgebieten. Dennoch könne eine ausnahmsweise Zulassung in unmittelbarer Nähe zu einer Ansammlung von hochgradig störungsintensiven Vergnügungsstätten keinen Bestand haben. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem auch die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt. Die im Umfeld der streitgegenständlichen Räume beklagten Belästigungen und Störungen - nicht nur in Form von Lärm, sondern auch massiver Verschmutzung, erhöhter Kriminalität und einer entsprechenden Drogenszene - seien insoweit typisch und würden letztlich auch von der Beklagten nicht bestritten. Eine Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen könne deshalb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden, weshalb im Sinne des Zweckentfremdungsrechts kein Wohnraum (mehr) vorliege (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS). Eine andere rechtliche Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen Bestandsschutz genieße. Diese verfassungsrechtliche Abschirmung habe bei der zweckentfremdungsrechtlichen Würdigung außer Betracht zu bleiben.

6. Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft, weil es seinen Rechtsausführungen unzutreffende Tatsachen zugrunde lege und gegen den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) verstoße, indem es sich allein auf das Vorbringen der Klägerin und die von ihr vorgelegten Presseauszüge stütze, ohne eigene Ermittlungen anzustellen. Das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, einen Augenschein zur Abend- und Nachtzeit durchzuführen und den Parteivortrag der Klägerin durch Einvernahme von Vertreterinnen und Vertretern sachkundiger Behörden zu überprüfen. Vor allem habe sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit von Ermittlungen bei der örtlich zuständigen Sicherheits- und Ordnungsbehörde, dem Kreisverwaltungsreferat der Beklagten, aufdrängen müssen. Im Hinblick auf die für die Entscheidungsfindung erkennbar gewichtige Lärmsituation vor Ort, wären zudem auch Ermittlungen des Verwaltungsgerichts bei der hierfür zuständigen Dienststelle, dem Referat für Gesundheit und Umwelt, angezeigt gewesen. Hieraus resultiere eine fehlerhafte Bewertung des Konflikt- und Störungspotenzials am betroffenen Standort. So sei beispielsweise in der ersten Quartalsauswertung 2014 ein Rückgang der Gesamtdelikte von 201 auf 174 zu verzeichnen. Die Rauschgiftdelikte seien zwar von 46 auf 66 Delikte angestiegen; eine Drogenszene sei nach Einschätzung der Polizei aber in keiner Weise gegeben. Auch im Rahmen nächtlicher Jugendschutzkontrollen sei der Bereich in und um die ...-straße nicht auffällig in Erscheinung getreten. Eine ausufernde Lautstärke habe bisher nicht festgestellt werden können. Die Lärmbelästigung vor Ort liege gemäß den Grundlagendaten für den Lärmaktionsplan 2012 nachts niedriger als am Tage (...-straße ...: Peg-Lden 35,9 - 48,6 dB (A) u. Peg-Ln 26,7 - 39,4 dB (A); ...-straße ...: Peg-Lden 38,1 - 52,4 dB (A) u. Peg-Ln 29,0 - 43,1 dB (A)). Eine Erteilung von Negativattesten komme danach nicht in Betracht. Ungeachtet dessen sei eine Unvermietbarkeit der Wohnungen nach wie vor nicht nachgewiesen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 aufzuheben und das Verfahren zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Antrag der Beklagten, die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, abzulehnen und die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Wohnnutzungen korrekt am Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 BauNVO gemessen und zu Recht festgestellt, dass sich deren Unzulässigkeit aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergebe. Dass in einem Bereich, in dem auf engem Raum mehr als ein Dutzend Discos und Amüsierbetriebe angesiedelt seien, die Nachtruhe durch die typischen Begleiterscheinungen wie Lärm durch Discobesucher, Parksuchverkehr, lautstarke Streitigkeiten auf öffentlichem Verkehrsgrund, Polizeieinsätze usw. permanent empfindlich gestört werde, ergebe sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Die Behauptung der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt, sei deshalb abwegig. Vielmehr liefere die Beklagte, gestützt auf die Stellungnahmen der Fachbehörden, selbst die Argumente für die Unbewohnbarkeit der in diesem Bereich liegenden Immobilien. Einzelne Momentaufnahmen durch irgendwelche Messergebnisse führten nicht weiter. Auch ein einzelner Ortstermin am Abend, wie von der Beklagten vermisst, könne keine Klarheit schaffen. Um überhaupt ein belastbares Ergebnis zu erhalten, müsse über einen mehrwöchigen Zeitraum täglich und vor allem bei unterschiedlichen Witterungslagen gemessen werden. Eine Wohnung in einem Umfeld wie dem vorliegenden zu einem angemessenen Preis zu vermieten, sei nahezu unmöglich und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren bestehe kein Einverständnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Der Senat entscheidet nach vorheriger Anhörung der Verfahrensbeteiligten in entsprechender Anwendung des § 130a VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130a Rn. 12 und § 130 Rn. 16) über die Berufung der Beklagten. Die Streitsache wird gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 VwGO zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen, weil das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nach der übereinstimmenden Auffassung aller Mitglieder des Senats an einem wesentlichen Mangel leidet, aufgrund dessen eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig ist und die Beklagte die Zurückverweisung beantragt hat. Ferner hat das Verwaltungsgericht mittels der Annahme, im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO komme es lediglich auf eine typisierende Betrachtung an, zugleich die Weichen seiner Entscheidung falsch gestellt und damit im Ergebnis nicht zur Sache selbst entschieden. Damit liegen auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vor (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

2. Das Verwaltungsgericht ist unter zutreffender Darlegung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Negativattests (vgl. § 10 ZeS i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), zunächst mit Recht davon ausgegangen, dass die baurechtliche Zulässigkeit einer Wohnnutzung sich in dem hier nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten vorliegenden faktischen Kerngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richtet und eine solche deshalb nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Auch wenn es insoweit an einer allgemeinen Zulässigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB fehlt, kann eine Wohnbebauung im faktischen Kerngebiet doch gleichwohl gemäß § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob auch eine lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung als zulässige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. ZeS anzusehen ist, der Begriff der Zulässigkeit im Sinne dieser Vorschrift also nicht nur die allgemein, sondern auch die lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung mit umfasst; jedenfalls handelt es sich insoweit unzweifelhaft um eine nach § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise genehmigungsfähige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS.

Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass insoweit - gleichviel, ob man nun § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. oder § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS Anwendung finden lässt - zugleich auch § 15 Abs. 1 BauNVO zu berücksichtigen ist. Nach dieser Vorschrift sind die in den §§ 2 bis 4 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Sie sind auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Die Regelung ist eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO. Insbesondere § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO soll sicherstellen, dass eine an sich im Baugebiet zulässige, schutzwürdige Nutzung im Einzelfall - etwa an bestimmten Standorten oder wegen ihrer baulichen Eigenart - unzulässig ist, wenn sie unzumutbaren Belästigungen oder Störungen anderer zulässiger Anlagen ausgesetzt ist (vgl. BR-Drucks. 354/89, S. 58). Dies gilt nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart - wie hier das faktische Kerngebiet - gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Gebiet der Baunutzungsverordnung (vorliegend § 7 BauNVO) entspricht (vgl. BVerwG, B. v. 12.2.1990 - 4 B 240/89 -, NVwZ 1990, 557 [558]; B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 -, ZfBR 2009, 376 f.). Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen nur ausnahmsweise zulässt, kommt § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO vorliegend besondere Bedeutung zu. Die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauwerbers und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, müssen gegeneinander abgewogen werden (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Insoweit entsprechen die Annahmen des Verwaltungsgerichts der allgemein anerkannten bau- und zweckentfremdungsrechtlichen Praxis, ohne Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufzuwerfen.

3. Ohne die hierfür erforderlichen Feststellungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu treffen, hat das Verwaltungsgericht sodann jedoch angenommen, die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei, bedingt durch die Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben, nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt.

Diese - ohne jede Beweiserhebung - gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen, [12] mit der Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht mehr in Einklang stehenden Feststellungen können die Annahme, in den streitgegenständlichen Räumen sei unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO eine Wohnnutzung auch nicht ausnahmsweise zulässig mit der Folge, dass die begehrten Negativatteste zu erteilen seien (§ 10 i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), nicht tragen.

Darüber hinaus verkennt das Verwaltungsgericht zugleich auch, dass es im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auf eine den konkreten Einzelfall in den Blick nehmende situationsbezogene, nicht aber auf eine, auf die abstrakte Schutzwürdigkeit einer Wohnbebauung abstellende typisierende Betrachtung ankommt (so ausdr. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [245 f.]; siehe auch Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 25 u. 32). Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Weichen der streitbefangenen Entscheidung falsch gestellt, so dass es an einer Entscheidung zur Sache selbst fehlt und insoweit zugleich auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vorliegen (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

Bei der Entscheidung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ist regelmäßig zu prüfen, ob durch dem Bauwerber zumutbare bauliche Maßnahmen der Immissionsvermeidung und -minderung ein Zustand erreicht werden kann, der ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren (noch) ermöglicht. Gesunde Wohnverhältnisse (vgl. hierzu auch § 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen allerdings stets gewahrt bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Die Grenze der Wohnunverträglichkeit macht insoweit deutlich, oberhalb welchen Grades der Immissionsbelastung eine Baugenehmigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO nicht mehr erteilt werden darf. Werden die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse jedoch eingehalten, so bietet § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO keine Handhabe, eine baurechtlich zulässige Nutzung zu untersagen (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Dabei ist maßgeblich nicht auf den Außenwohn-, sondern auf den Innenwohnbereich (sog. „Innenpegel“) abzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881]).

Erfahrungsgemäß können Lärmkonflikte in der Regel durch entsprechende bauliche Maßnahmen (Anordnung der Aufenthaltsräume überwiegend auf der vom [Verkehrs-]Lärm abgewandten Seite des Gebäudes und zusätzliche Lüftungseinrichtungen, siehe insoweit auch Art. 49 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 BayBO 1994) - gegebenenfalls auch nachträglich - gelöst werden (sog. „architektonische Selbsthilfe“, vgl. hierzu Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Nur in extremen Ausnahmefällen, etwa wenn kein einziger Aufenthaltsraum gelüftet werden kann, dürften die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht mehr gewahrt sein und ein entsprechendes Wohnbauvorhaben wäre unzulässig. Werden indes die - hier nicht (unmittelbar) geltenden - Grenzwerte der 16. BImSchV - VerkehrslärmschutzVO - vom 12.6.1990 (BGBl. I, S. 1036, zuletzt geändert durch G. v. 19.9.20062006, BGBl. I, S. 2146) im Außenwohnbereich eingehalten, so bildet dies regelmäßig ein gewichtiges Indiz dafür, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (noch) gewahrt sind (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.). Hinsichtlich der Beurteilung des Verkehrslärms kann damit eine Orientierung an der 16. BImSchV erfolgen, bezüglich der von den Vergnügungsbetrieben herrührenden Immissionen sind die Werte der TA Lärm vom 26.8.1998 (GMBl. 1998, 503) zugrunde zulegen (vgl. hierzu näher Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 35 u. 39).

4. Hiervon ausgehend wird das Verwaltungsgericht durch Einholung eines - gegebenenfalls auch längere Zeiträume umfassenden - Lärmschutzgutachtens für jede einzelne der streitgegenständlichen Wohnungen zu klären haben, ob die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse noch gewahrt sind und ein Wohnen ohne Preisgabe des nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO gebotenen, nach objektiven Durchschnittskriterien zu beurteilenden Mindestmaßes an Wohnruhe, Erholungsbedürfnis und ungestörtem Schlaf (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.) möglich ist. Die von der Beklagten ohne nähere Erläuterung in das Verfahren eingeführten Grundlagendaten aus dem Lärmaktionsplan 2012 können ein Lärmschutzgutachten nicht ersetzen, da sie weder die rechtlichen Grundlagen ihrer Entstehung noch die Art und Weise ihrer Ermittlung erkennen lassen. Ungeachtet dessen dürfte zugleich auch ein weiterer Augenscheintermin zur störungsrelevanten Abend- und Nachtzeit, sinnvollerweise am Sonnabend, erforderlich werden. Dies macht eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der das Verwaltungsgericht unter Verletzung von § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht nachgekommen ist. Dieser Verfahrensmangel im Bereich der Beweiserhebung ist vorliegend auch wesentlich, weil er sich auf das Urteil des Verwaltungsgerichts maßgeblich ausgewirkt hat und die von ihm ohne jede Grundlage gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen Feststellungen keine ordnungsgemäße Basis für eine instanzbeendende Entscheidung bilden können (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 9), zumal die Annahme - Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse seien nicht mehr gewahrt - nur in extremen Ausnahmefällen überhaupt in Betracht kommt.

Soweit das Verwaltungsgericht sich in der angefochtenen Entscheidung zugleich auch auf eine erhöhte Kriminalität, eine entsprechende Drogenszene und eine massive Verschmutzung der Umgebung der streitgegenständlichen Wohnräume bezogen hat, wird zu klären sein, ob und gegebenenfalls inwieweit diese Belästigungen und Störungen den benachbarten Vergnügungsbetrieben überhaupt unmittelbar zuzurechnen sind. Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO können nur solche Störungen und Belästigungen berücksichtigt werden, die von baulichen oder sonstigen Anlagen ausgehen (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 26 m. w. N.). Für auf den Straßen der Umgebung begangene Straftaten und etwaige Verschmutzungen wird es daher wohl regelmäßig an einer Zurechenbarkeit fehlen und kriminelle Handlungen in den Vergnügungsstätten selbst dürften das Wohnen wohl kaum beeinträchtigen. Insoweit ist das Sicherheits- und Ordnungsrecht, nicht aber das Bau- und Zweckentfremdungsrecht gefragt.

5. Der Senat hebt das angefochtene Urteil vom 19. Mai 2014 in Ausübung des ihm durch § 130 Abs. 2 und § 130a VwGO eingeräumten Ermessens (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 15 u. § 130a Rn. 14) ohne vorherige mündliche Verhandlung auf und verweist das Verfahren zur Durchführung einer Beweisaufnahme an das Verwaltungsgericht zurück. Für eine Zurückverweisung spricht hier vor allem, dass das Verwaltungsgericht eine gebotene umfangreiche Beweiserhebung unterlassen hat. Den Beteiligten würde eine Tatsacheninstanz genommen, wenn der Verwaltungsgerichtshof die Beweisaufnahme selbst durchführen würde. Eine Verfahrensverzögerung tritt durch die zeitnahe Entscheidung und Zurückverweisung durch den Senat nicht ein. Die Kammer kann - sofern die Klagen aufrechterhalten werden sollten - unmittelbar nach Eingang der Akten die erforderlichen Beweisbeschlüsse erlassen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, nur um über die Aufhebung des Urteils unter Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht zu entscheiden, ist nach der einstimmigen Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung des fehlenden - aber im Rahmen des § 130a VwGO in keiner Weise notwendigen - Einverständnisses der Klägerin nicht erforderlich. Dieser entsteht dadurch kein Nachteil, da eine Entscheidung in der Sache selbst erst auf der Grundlage einer vom Verwaltungsgericht noch durchzuführenden Beweisaufnahme erfolgen kann. Auf die Aufrechterhaltung eines unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO ergangenen Urteils besteht kein Anspruch.

6. Sollte es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für die Erteilung der beantragten Negativatteste darauf ankommen, ob der streitgegenständliche Wohnraum -trotz gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zumutbarer, aufgrund des subjektiven Empfindens der Betroffenen aber gleichwohl als inakzeptabel erscheinender Lärmimmissionen - nachweislich nicht mehr vom Markt angenommen wird (§ 3 Abs. 3 Nr. 7 ZeS), so wird das Verwaltungsgericht zu berücksichtigen haben, dass dies gegebenenfalls auch vom geforderten Mietzins abhängt. Dieser muss die negative Vorbelastung der Lage der Wohnungen im faktischen Kerngebiet in unmittelbarer Nähe störungsintensiver Vergnügungsbetriebe angemessen widerspiegeln. Die Klägerin hat es im Rahmen der durch das Zweckentfremdungsrecht konkretisierten Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) hinzunehmen, dass in negativer Weise vorbelasteter Wohnraum gegebenenfalls nur noch deutlich unter der (auch immissionsgeschütztere Lagen mit einbeziehenden) „ortsüblichen Vergleichsmiete“ vermietet werden kann.

7. Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht vorbehalten, auch eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.

[27] 8. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

21

cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

27

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (1.), der Divergenz (2.) und eines Verfahrensmangels (3.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Beschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Dem genügt die Beschwerde nicht.

4

a) Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob das Bundesverwaltungsgericht die im Urteil vom 1. Oktober 1986 noch vorgenommene Unterscheidung zwischen qualifiziert beplanten Gebieten und unbeplanten Innenbereichen angesichts der inzwischen veränderten Rechtslage auch heute noch genauso treffen würde (vgl. Urteil v. 01.10.1986 - 8 C 155/81 - juris Rn. 16 a.E. unter Hinweis auf Urteil v. 02.12.1983)" (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 7).

5

Mit dieser Frage und ihrem weiteren Vorbringen wird die Beschwerde den Anforderungen an die Darlegung einer Grundsatzrüge nicht gerecht. Damit wird nicht die Auslegung einer konkreten Rechtsnorm des revisiblen Rechts angesprochen, wie dies für die Grundsatzrüge erforderlich ist. Vielmehr ist die Beschwerde darauf gerichtet, in Erfahrung zu bringen, ob das Bundesverwaltungsgericht an der im Urteil vom 1. Oktober 1986 - 8 C 53.85 - (Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 14) vertretenen, von der Beschwerde nicht näher dargelegten Rechtsauffassung festhält. Die höchstrichterliche Rechtsprechung als solche gehört indessen nicht zum revisiblen Recht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 137 Abs. 1 VwGO.

6

b) Das Vorbringen der Klägerin,

"Abgesehen davon begegnet die vom Verwaltungsgerichtshof - unausgesprochen unterstellte - generelle Zulässigkeit nicht akzessorischer Wohnnutzung im faktischen Kerngebiet grundsätzlichen Bedenken. Vielmehr wäre in Anbetracht der konkreten Umgebung (Feiermeile, verdichtete Ansiedlung von Diskos, Kneipen, Amüsierbetrieben) zu prüfen, ob eine Ausnahme (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) hier nicht schon prinzipiell ausscheidet, ohne dass es noch auf eine Einzelfallbeurteilung anhand § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ankommt" (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 8),

genügt ebenfalls schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Denn damit wird keine konkrete Rechtsfrage formuliert.

7

Der Sache nach rügt die Klägerin in der Art einer Revisionsbegründung die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs und setzt dieser ihre eigene, zu einem anderen Ergebnis führende Rechtsmeinung entgegen. Eine solche Kritik der vorinstanzlichen Entscheidung kann in der Regel und so auch hier die grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht begründen.

8

2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

9

Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. Die Beschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung der Rechtssätze, die das betreffende übergeordnete Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen nicht (stRspr, BVerwG, vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26, vom 22. Februar 2011 - 2 B 72.10 - juris Rn. 4 und vom 5. Juni 2013 - 5 B 7.13 - juris Rn. 2 m.w.N.). Gemessen daran ist die Beschwerde nicht ausreichend begründet.

10

a) Dies gilt zunächst, soweit die Beschwerde geltend macht, die angefochtene Entscheidung weiche mit den Ausführungen zum "Postulat nach architektonischer Selbsthilfe (RdNr 31 des Urteils)" sowohl vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Oktober 1986 - 8 C 53.85 - (Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 14) als auch vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 - (BVerwGE 145, 145) ab. Die Ausführungen im angegriffenen Beschluss stünden im Widerspruch zu dem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, dass das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO nicht dadurch gewahrt werde, dass der Bauherr im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen habe (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 3 f.). Dies genügt schon deshalb nicht den Anforderungen an die Darlegung einer Divergenz, weil die Beschwerde dieser Rechtsansicht keinen vom Verwaltungsgerichtshof in dem angefochtenen Beschluss aufgestellten, abweichenden abstrakten Rechtssatz gegenüberstellt. Ein solcher Rechtssatz ist insbesondere den weiteren Ausführungen der Beschwerde, "[g]erade das verlangt aber der BayVGH im Rahmen seiner Ausführungen zur Zulässigkeit der Ausnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vom Eigentümer für den Fall, dass bei der geforderten Beweisaufnahme die Überschreitung der Grenzwerte festgestellt werden sollte" (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 4), nicht zu entnehmen. Ebenso wenig zeigt die Beschwerde auf, inwiefern der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs auf der behaupteten Abweichung beruht, zumal sie selbst davon ausgeht, dass die Forderung nach architektonischer Selbsthilfe nur für den Fall erhoben wird, dass bei der erst noch vom Verwaltungsgericht durchzuführenden Beweisaufnahme die Überschreitung der Grenzwerte festgestellt werden sollte. Des Weiteren ist dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Oktober 1986 - 8 C 53.85 - (Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 14) der ihm von der Beschwerde zugeschriebene Rechtssatz nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 - (BVerwGE 145, 145). Soweit in diesem Urteil ausgeführt wird, "das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat" (BVerwGE 145, 145 Rn. 14), handelt es sich um das Ergebnis der Subsumtion des Sachverhalts unter die nachfolgend formulierten Rechtssätze, das nicht in einen eigenständigen allgemeinen Rechtssatz umgedeutet werden kann.

11

b) Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang bemängelt, "[d]ie Forderung nach architektonischer Selbsthilfe [...] beinhaltet darüber hinaus einen zusätzlichen Eingriff in die eigentumsrechtliche Position" und "ist in keiner Weise mehr verfassungsrechtlich vertretbar" (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 4), benennt sie keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von der abgewichen wird.

12

c) Soweit die Beschwerde eine Abweichung von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Juni 2012 (NJW-RR 2012, 1207) beanstandet (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 6), erfüllt dies die Begründungsanforderungen bereits deshalb nicht, weil Entscheidungen jenes Gerichts im Verfahren der verwaltungsgerichtlichen Nichtzulassungsbeschwerde nicht divergenzfähig sind.

13

3. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

14

Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Damit sind Verstöße gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf bzw. den Weg zu dem Urteil bzw. Beschluss und die Art und Weise des Urteils- bzw. Beschlusserlasses regeln, nicht jedoch Vorschriften, die den Urteils- bzw. Beschlussinhalt betreffen und deren Verletzung sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2015 - 5 B 28.14 - juris Rn. 8 m.w.N.). Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 12 m.w.N.). Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht.

15

Die Beschwerde sieht einen Verfahrensmangel darin, dass der Verwaltungsgerichtshof unter Verkennung der Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen habe. Denn die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hätten nicht vorgelegen. Das Verwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht verletzt. Es sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht verpflichtet gewesen, zur Klärung der Frage, ob die Wohnnutzung im Einzelfall vor allem unter Lärmgesichtspunkten ausnahmsweise baurechtlich zulässig sei, Beweis zu erheben, und könne hierzu auch in dem angefochtenen Beschluss nicht verpflichtet werden. Die Beklagte hätte entsprechende Ermittlungen durchführen müssen. Sie trage die Beweislast für die Zumutbarkeit der Wohnnutzung unter Lärmgesichtspunkten. Da sie derartige Ermittlungen unterlassen habe, hätte sie unter Aufhebung ihrer Bescheide zur Neubescheidung verpflichtet werden müssen (vgl. Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2014 S. 5 f.). Hiermit zeigt die Beschwerde keinen Verfahrensfehler auf, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht selbstständig tragend auch auf eine entsprechende Anwendung des § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützt, weil das Verwaltungsgericht aufgrund der Annahme, im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbs. BauNVO komme es lediglich auf eine typisierende Betrachtung an, die Weichen seiner Entscheidung falsch gestellt und damit im Ergebnis nicht in der Sache selbst entschieden habe (vgl. BA Rn. 25 und 30). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann bei einer solchen Mehrfachbegründung die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder der Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2015 - 3 B 6.14 - juris Rn. 6 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Gegen die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs zur entsprechenden Anwendung des § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, insbesondere zur Notwendigkeit, im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbs. BauNVO eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, hat die Beschwerde keine durchgreifenden Zulassungsgründe erhoben.

16

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

17

5. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 - M 8 K 13.1911, M 8 K 13.1912, M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3412 und M 8 K 13.3413 - wird aufgehoben und die Streitsache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen.

II.

Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung vorbehalten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Erteilung von Negativattesten nach der Wohnraumzweckentfremdungssatzung (ZeS) der Beklagten.

1. Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungen ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts, Wohnung Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und im Anwesen ...-straße ... der Wohnungen im 3. Obergeschoss Nr. 9 (M 8 K 13.1912), im 6. Obergeschoss Nr. 32 (M 8 K 13.3411), im 4. Obergeschoss Nr. 16 (M 8 K 13.3412) sowie im 3. Obergeschoss Nr. 8 (M 8 K 13.3413). Die genannten Wohnungen sind zum Teil ganz zur ...-straße hin situiert (M 8 K 13.1912 u. M 8 K 13.3412), im Übrigen verfügen sie über Räume zur ...-straße sowie zur Hofseite hin (M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3413 u. M 8 K 13.1911).

2. Für die Wohnung ...-straße ... im 3. Obergeschoss (Nr. 9) wurde zusammen mit der Wohnung Nr. 19 im Anwesen ...-straße ... am 17. August 2010 ein Antrag auf Erteilung von entsprechenden Negativattesten mit der Begründung der Unvermietbarkeit der Wohnungen gestellt. Mit Schriftsatz vom 5. März 2013 erhoben die Be[9] [8] vollmächtigten der Klägerin Untätigkeitsklage mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss links, Nr. 9, das am 17. August 2010 beantragte Negativattest zu erteilen (M 8 K 13.951).

3. Mit Bescheid vom 19. April 2013 lehnte die Beklagte den Antrag vom 17. August 2010 auf Erteilung eines Negativattests wegen Unvermietbarkeit der Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links (Wohneinheit Nr. 9) und wegen Unbewohnbarkeit ab (Ziff. I). Weiterhin wurde der Klägerin aufgegeben, die Überlassung der Wohnung zu gewerblichen Zwecken an die „089-Bar- und Lounge-GmbH“ unverzüglich zu beenden (Ziff. II), die Wohnung unverzüglich nach Beendigung der zweckfremden Nutzung wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. III); für den Fall der Nichtbefolgung der Ziffern II und III wurde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,-- Euro (Ziff. IV u. V) angedroht.

Ein weiterer Antrag vom 15. Januar 2013 auf Erteilung eines Negativattests für die Wohnung im Gebäude ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts (Nr. 19) wurde mit weiterem Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 ebenfalls abgelehnt.

Mit jeweils gleichlautenden Bescheiden vom 25. Juli 2013 wurden auch die Anträge der Klägerin auf Erteilung von Negativattesten für die Wohnung ...-straße ... im 6. Obergeschoss Mitte links Nr. 32, vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3411) für die Wohnung ...-straße ... im 4. Obergeschoss Nr. 16, vom 15. Januar 2013 (M 8 K 13.3412) für die Wohnung im 4. Obergeschoss Nr. 16 und für die Wohnung im 3. Obergeschoss der ...-straße ... Nr. 8 vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3413) abgelehnt.

4. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin gegen den Bescheid vom 19. April 2013 (M 8 K 13.1912) Klage und beantragten, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links Nr. 9, ein Negativattest zu erteilen und den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin ferner Klage gegen den Bescheid vom 19. April 2013 betreffend die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und beantragten, den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 ein Negativattest zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Ansiedlung einer Reihe von Vergnügungs- und Amüsierbetrieben sei es im genannten Bereich ...-straße ... und ... nicht nur zur erheblichen Verwahrlosungstendenzen und Lärmproblemen, sondern insbesondere auch zu massiven Sicherheitsproblemen - insbesondere nachts - gekommen. Die in einem faktischen Kerngebiet gelegenen Wohnungen seien zu einem angemessenen Preis nicht mehr vermietbar.

Mit weiteren Schriftsätzen vom 5. August 2013 erhoben die Bevollmächtigen der Klägerin auch gegen die Bescheide vom 25. Juli 2013 - M 8 K 13.3411, Wohnung ...-straße ..., 6. Obergeschoss Nr. 32, M 8 K 13.3412, Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 16 und M 8 K 13.3413, ...-straße ..., 3. Obergeschoss Nr. 8 - Klage mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, auch insoweit Negativatteste zu erteilen.

5. Nachdem das Verfahren M 8 K 13.951 aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten eingestellt wurde, gab das Verwaltungsgericht den erhobenen Klagen nach vorheriger Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung mit Urteil vom 19. Mai 2014 statt. Die Klägerin habe Anspruch auf Erteilung der begehrten Negativatteste gemäß § 10 der Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München (ZeS) vom 30. Dezember 2013 (MüABl S. 550), die auf der Grundlage des Zweckentfremdungsgesetzes (ZwEWG) vom 10. Dezember 2007 (GVBl S. 864), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22. März 2013 (in Kraft getreten am 30.6.2013), erlassen worden sei.

Die Beklagte habe von der in Art. 2 ZwEWG enthaltenen Ermächtigung, nach der Gemeinden mit Wohnraummangel durch Satzung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren bestimmen können, dass im Gemeindegebiet Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf, Gebrauch gemacht und in § 3 Abs. 1 ZeS festgelegt, dass Wohnraum im Sinne dieser Satzung sämtliche Räume seien, die zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt seien. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS liege Wohnraum indes dann nicht vor, wenn eine Wohnungsnutzung baurechtlich nicht zulässig und auch nicht genehmigungsfähig sei.

Vorliegend beurteile sich die baurechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Die prägende nähere Umgebung der streitgegenständlichen Räume entspreche einem faktischen Kerngebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Neben zahlreichen gewerblichen und freiberuflichen Nutzungen fänden sich ein Konsulat und vor allem Einrichtungen der Wirtschaft mit überregionaler Bedeutung in einer nur für den Kernbereich einer Großstadt typischen Häufung. Das gleiche gelte für die hohe Anzahl an Vergnügungsstätten in Form von Discotheken und Nachtlokalen. Die Prägung des Gebiets durch die genannten Einrichtungen und Betriebe werde durch die noch vorhandene Wohnnutzung nicht relativiert. Diese sei nur noch marginal vorhanden. Selbst die Beklagte gehe von einem Anteil von lediglich 9% aus.

Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO seien Wohnungen nur nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans allgemein zulässig mit der Folge, dass es eine allgemeine Zulässigkeit einer Wohnnutzung im faktischen Kerngebiet nicht geben könne. Eine planungsrechtliche Zulässigkeit komme daher nur nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Betracht. Nach dieser Vorschrift könnten Wohnungen ausnahmsweise zugelassen werden. Für die hier maßgebliche Zulässigkeit im Sinne des Zweckentfremdungsrechts sei es nach Auffassung der Kammer grundsätzlich ausreichend, dass - unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 BauNVO - eine Ausnahme nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zugelassen werden könne.

Allerdings sei Letzteres vorliegend nicht der Fall. Bei der Frage nach der ausnahmsweisen Zulassungsfähigkeit einer Wohnnutzung im Kerngebiet müsse - ähnlich wie bei Festsetzungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO - auf die Kompatibilität mit den Nutzungen der Umgebung abgestellt werden. Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen (nur) ausnahmsweise zulasse, komme § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO besondere Bedeutung zu. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO seien die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen (auch) dann unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt würden, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar seien.

So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei bedingt durch die unmittelbare Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Zwar enthalte § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO die Einschränkung der Zumutbarkeit „nach der Eigenart des Gebiets“, so dass für eine Wohnnutzung im Kerngebiet andere Zumutbarkeitskriterien anzusetzen seien als etwa in Wohn- oder auch Mischgebieten. Dennoch könne eine ausnahmsweise Zulassung in unmittelbarer Nähe zu einer Ansammlung von hochgradig störungsintensiven Vergnügungsstätten keinen Bestand haben. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem auch die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt. Die im Umfeld der streitgegenständlichen Räume beklagten Belästigungen und Störungen - nicht nur in Form von Lärm, sondern auch massiver Verschmutzung, erhöhter Kriminalität und einer entsprechenden Drogenszene - seien insoweit typisch und würden letztlich auch von der Beklagten nicht bestritten. Eine Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen könne deshalb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden, weshalb im Sinne des Zweckentfremdungsrechts kein Wohnraum (mehr) vorliege (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS). Eine andere rechtliche Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen Bestandsschutz genieße. Diese verfassungsrechtliche Abschirmung habe bei der zweckentfremdungsrechtlichen Würdigung außer Betracht zu bleiben.

6. Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft, weil es seinen Rechtsausführungen unzutreffende Tatsachen zugrunde lege und gegen den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) verstoße, indem es sich allein auf das Vorbringen der Klägerin und die von ihr vorgelegten Presseauszüge stütze, ohne eigene Ermittlungen anzustellen. Das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, einen Augenschein zur Abend- und Nachtzeit durchzuführen und den Parteivortrag der Klägerin durch Einvernahme von Vertreterinnen und Vertretern sachkundiger Behörden zu überprüfen. Vor allem habe sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit von Ermittlungen bei der örtlich zuständigen Sicherheits- und Ordnungsbehörde, dem Kreisverwaltungsreferat der Beklagten, aufdrängen müssen. Im Hinblick auf die für die Entscheidungsfindung erkennbar gewichtige Lärmsituation vor Ort, wären zudem auch Ermittlungen des Verwaltungsgerichts bei der hierfür zuständigen Dienststelle, dem Referat für Gesundheit und Umwelt, angezeigt gewesen. Hieraus resultiere eine fehlerhafte Bewertung des Konflikt- und Störungspotenzials am betroffenen Standort. So sei beispielsweise in der ersten Quartalsauswertung 2014 ein Rückgang der Gesamtdelikte von 201 auf 174 zu verzeichnen. Die Rauschgiftdelikte seien zwar von 46 auf 66 Delikte angestiegen; eine Drogenszene sei nach Einschätzung der Polizei aber in keiner Weise gegeben. Auch im Rahmen nächtlicher Jugendschutzkontrollen sei der Bereich in und um die ...-straße nicht auffällig in Erscheinung getreten. Eine ausufernde Lautstärke habe bisher nicht festgestellt werden können. Die Lärmbelästigung vor Ort liege gemäß den Grundlagendaten für den Lärmaktionsplan 2012 nachts niedriger als am Tage (...-straße ...: Peg-Lden 35,9 - 48,6 dB (A) u. Peg-Ln 26,7 - 39,4 dB (A); ...-straße ...: Peg-Lden 38,1 - 52,4 dB (A) u. Peg-Ln 29,0 - 43,1 dB (A)). Eine Erteilung von Negativattesten komme danach nicht in Betracht. Ungeachtet dessen sei eine Unvermietbarkeit der Wohnungen nach wie vor nicht nachgewiesen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 aufzuheben und das Verfahren zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Antrag der Beklagten, die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, abzulehnen und die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Wohnnutzungen korrekt am Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 BauNVO gemessen und zu Recht festgestellt, dass sich deren Unzulässigkeit aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergebe. Dass in einem Bereich, in dem auf engem Raum mehr als ein Dutzend Discos und Amüsierbetriebe angesiedelt seien, die Nachtruhe durch die typischen Begleiterscheinungen wie Lärm durch Discobesucher, Parksuchverkehr, lautstarke Streitigkeiten auf öffentlichem Verkehrsgrund, Polizeieinsätze usw. permanent empfindlich gestört werde, ergebe sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Die Behauptung der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt, sei deshalb abwegig. Vielmehr liefere die Beklagte, gestützt auf die Stellungnahmen der Fachbehörden, selbst die Argumente für die Unbewohnbarkeit der in diesem Bereich liegenden Immobilien. Einzelne Momentaufnahmen durch irgendwelche Messergebnisse führten nicht weiter. Auch ein einzelner Ortstermin am Abend, wie von der Beklagten vermisst, könne keine Klarheit schaffen. Um überhaupt ein belastbares Ergebnis zu erhalten, müsse über einen mehrwöchigen Zeitraum täglich und vor allem bei unterschiedlichen Witterungslagen gemessen werden. Eine Wohnung in einem Umfeld wie dem vorliegenden zu einem angemessenen Preis zu vermieten, sei nahezu unmöglich und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren bestehe kein Einverständnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Der Senat entscheidet nach vorheriger Anhörung der Verfahrensbeteiligten in entsprechender Anwendung des § 130a VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130a Rn. 12 und § 130 Rn. 16) über die Berufung der Beklagten. Die Streitsache wird gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 VwGO zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen, weil das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nach der übereinstimmenden Auffassung aller Mitglieder des Senats an einem wesentlichen Mangel leidet, aufgrund dessen eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig ist und die Beklagte die Zurückverweisung beantragt hat. Ferner hat das Verwaltungsgericht mittels der Annahme, im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO komme es lediglich auf eine typisierende Betrachtung an, zugleich die Weichen seiner Entscheidung falsch gestellt und damit im Ergebnis nicht zur Sache selbst entschieden. Damit liegen auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vor (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

2. Das Verwaltungsgericht ist unter zutreffender Darlegung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Negativattests (vgl. § 10 ZeS i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), zunächst mit Recht davon ausgegangen, dass die baurechtliche Zulässigkeit einer Wohnnutzung sich in dem hier nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten vorliegenden faktischen Kerngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richtet und eine solche deshalb nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Auch wenn es insoweit an einer allgemeinen Zulässigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB fehlt, kann eine Wohnbebauung im faktischen Kerngebiet doch gleichwohl gemäß § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob auch eine lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung als zulässige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. ZeS anzusehen ist, der Begriff der Zulässigkeit im Sinne dieser Vorschrift also nicht nur die allgemein, sondern auch die lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung mit umfasst; jedenfalls handelt es sich insoweit unzweifelhaft um eine nach § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise genehmigungsfähige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS.

Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass insoweit - gleichviel, ob man nun § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. oder § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS Anwendung finden lässt - zugleich auch § 15 Abs. 1 BauNVO zu berücksichtigen ist. Nach dieser Vorschrift sind die in den §§ 2 bis 4 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Sie sind auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Die Regelung ist eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO. Insbesondere § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO soll sicherstellen, dass eine an sich im Baugebiet zulässige, schutzwürdige Nutzung im Einzelfall - etwa an bestimmten Standorten oder wegen ihrer baulichen Eigenart - unzulässig ist, wenn sie unzumutbaren Belästigungen oder Störungen anderer zulässiger Anlagen ausgesetzt ist (vgl. BR-Drucks. 354/89, S. 58). Dies gilt nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart - wie hier das faktische Kerngebiet - gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Gebiet der Baunutzungsverordnung (vorliegend § 7 BauNVO) entspricht (vgl. BVerwG, B. v. 12.2.1990 - 4 B 240/89 -, NVwZ 1990, 557 [558]; B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 -, ZfBR 2009, 376 f.). Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen nur ausnahmsweise zulässt, kommt § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO vorliegend besondere Bedeutung zu. Die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauwerbers und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, müssen gegeneinander abgewogen werden (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Insoweit entsprechen die Annahmen des Verwaltungsgerichts der allgemein anerkannten bau- und zweckentfremdungsrechtlichen Praxis, ohne Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufzuwerfen.

3. Ohne die hierfür erforderlichen Feststellungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu treffen, hat das Verwaltungsgericht sodann jedoch angenommen, die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei, bedingt durch die Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben, nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt.

Diese - ohne jede Beweiserhebung - gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen, [12] mit der Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht mehr in Einklang stehenden Feststellungen können die Annahme, in den streitgegenständlichen Räumen sei unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO eine Wohnnutzung auch nicht ausnahmsweise zulässig mit der Folge, dass die begehrten Negativatteste zu erteilen seien (§ 10 i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), nicht tragen.

Darüber hinaus verkennt das Verwaltungsgericht zugleich auch, dass es im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auf eine den konkreten Einzelfall in den Blick nehmende situationsbezogene, nicht aber auf eine, auf die abstrakte Schutzwürdigkeit einer Wohnbebauung abstellende typisierende Betrachtung ankommt (so ausdr. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [245 f.]; siehe auch Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 25 u. 32). Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Weichen der streitbefangenen Entscheidung falsch gestellt, so dass es an einer Entscheidung zur Sache selbst fehlt und insoweit zugleich auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vorliegen (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

Bei der Entscheidung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ist regelmäßig zu prüfen, ob durch dem Bauwerber zumutbare bauliche Maßnahmen der Immissionsvermeidung und -minderung ein Zustand erreicht werden kann, der ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren (noch) ermöglicht. Gesunde Wohnverhältnisse (vgl. hierzu auch § 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen allerdings stets gewahrt bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Die Grenze der Wohnunverträglichkeit macht insoweit deutlich, oberhalb welchen Grades der Immissionsbelastung eine Baugenehmigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO nicht mehr erteilt werden darf. Werden die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse jedoch eingehalten, so bietet § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO keine Handhabe, eine baurechtlich zulässige Nutzung zu untersagen (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Dabei ist maßgeblich nicht auf den Außenwohn-, sondern auf den Innenwohnbereich (sog. „Innenpegel“) abzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881]).

Erfahrungsgemäß können Lärmkonflikte in der Regel durch entsprechende bauliche Maßnahmen (Anordnung der Aufenthaltsräume überwiegend auf der vom [Verkehrs-]Lärm abgewandten Seite des Gebäudes und zusätzliche Lüftungseinrichtungen, siehe insoweit auch Art. 49 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 BayBO 1994) - gegebenenfalls auch nachträglich - gelöst werden (sog. „architektonische Selbsthilfe“, vgl. hierzu Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Nur in extremen Ausnahmefällen, etwa wenn kein einziger Aufenthaltsraum gelüftet werden kann, dürften die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht mehr gewahrt sein und ein entsprechendes Wohnbauvorhaben wäre unzulässig. Werden indes die - hier nicht (unmittelbar) geltenden - Grenzwerte der 16. BImSchV - VerkehrslärmschutzVO - vom 12.6.1990 (BGBl. I, S. 1036, zuletzt geändert durch G. v. 19.9.20062006, BGBl. I, S. 2146) im Außenwohnbereich eingehalten, so bildet dies regelmäßig ein gewichtiges Indiz dafür, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (noch) gewahrt sind (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.). Hinsichtlich der Beurteilung des Verkehrslärms kann damit eine Orientierung an der 16. BImSchV erfolgen, bezüglich der von den Vergnügungsbetrieben herrührenden Immissionen sind die Werte der TA Lärm vom 26.8.1998 (GMBl. 1998, 503) zugrunde zulegen (vgl. hierzu näher Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 35 u. 39).

4. Hiervon ausgehend wird das Verwaltungsgericht durch Einholung eines - gegebenenfalls auch längere Zeiträume umfassenden - Lärmschutzgutachtens für jede einzelne der streitgegenständlichen Wohnungen zu klären haben, ob die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse noch gewahrt sind und ein Wohnen ohne Preisgabe des nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO gebotenen, nach objektiven Durchschnittskriterien zu beurteilenden Mindestmaßes an Wohnruhe, Erholungsbedürfnis und ungestörtem Schlaf (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.) möglich ist. Die von der Beklagten ohne nähere Erläuterung in das Verfahren eingeführten Grundlagendaten aus dem Lärmaktionsplan 2012 können ein Lärmschutzgutachten nicht ersetzen, da sie weder die rechtlichen Grundlagen ihrer Entstehung noch die Art und Weise ihrer Ermittlung erkennen lassen. Ungeachtet dessen dürfte zugleich auch ein weiterer Augenscheintermin zur störungsrelevanten Abend- und Nachtzeit, sinnvollerweise am Sonnabend, erforderlich werden. Dies macht eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der das Verwaltungsgericht unter Verletzung von § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht nachgekommen ist. Dieser Verfahrensmangel im Bereich der Beweiserhebung ist vorliegend auch wesentlich, weil er sich auf das Urteil des Verwaltungsgerichts maßgeblich ausgewirkt hat und die von ihm ohne jede Grundlage gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen Feststellungen keine ordnungsgemäße Basis für eine instanzbeendende Entscheidung bilden können (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 9), zumal die Annahme - Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse seien nicht mehr gewahrt - nur in extremen Ausnahmefällen überhaupt in Betracht kommt.

Soweit das Verwaltungsgericht sich in der angefochtenen Entscheidung zugleich auch auf eine erhöhte Kriminalität, eine entsprechende Drogenszene und eine massive Verschmutzung der Umgebung der streitgegenständlichen Wohnräume bezogen hat, wird zu klären sein, ob und gegebenenfalls inwieweit diese Belästigungen und Störungen den benachbarten Vergnügungsbetrieben überhaupt unmittelbar zuzurechnen sind. Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO können nur solche Störungen und Belästigungen berücksichtigt werden, die von baulichen oder sonstigen Anlagen ausgehen (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 26 m. w. N.). Für auf den Straßen der Umgebung begangene Straftaten und etwaige Verschmutzungen wird es daher wohl regelmäßig an einer Zurechenbarkeit fehlen und kriminelle Handlungen in den Vergnügungsstätten selbst dürften das Wohnen wohl kaum beeinträchtigen. Insoweit ist das Sicherheits- und Ordnungsrecht, nicht aber das Bau- und Zweckentfremdungsrecht gefragt.

5. Der Senat hebt das angefochtene Urteil vom 19. Mai 2014 in Ausübung des ihm durch § 130 Abs. 2 und § 130a VwGO eingeräumten Ermessens (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 15 u. § 130a Rn. 14) ohne vorherige mündliche Verhandlung auf und verweist das Verfahren zur Durchführung einer Beweisaufnahme an das Verwaltungsgericht zurück. Für eine Zurückverweisung spricht hier vor allem, dass das Verwaltungsgericht eine gebotene umfangreiche Beweiserhebung unterlassen hat. Den Beteiligten würde eine Tatsacheninstanz genommen, wenn der Verwaltungsgerichtshof die Beweisaufnahme selbst durchführen würde. Eine Verfahrensverzögerung tritt durch die zeitnahe Entscheidung und Zurückverweisung durch den Senat nicht ein. Die Kammer kann - sofern die Klagen aufrechterhalten werden sollten - unmittelbar nach Eingang der Akten die erforderlichen Beweisbeschlüsse erlassen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, nur um über die Aufhebung des Urteils unter Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht zu entscheiden, ist nach der einstimmigen Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung des fehlenden - aber im Rahmen des § 130a VwGO in keiner Weise notwendigen - Einverständnisses der Klägerin nicht erforderlich. Dieser entsteht dadurch kein Nachteil, da eine Entscheidung in der Sache selbst erst auf der Grundlage einer vom Verwaltungsgericht noch durchzuführenden Beweisaufnahme erfolgen kann. Auf die Aufrechterhaltung eines unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO ergangenen Urteils besteht kein Anspruch.

6. Sollte es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für die Erteilung der beantragten Negativatteste darauf ankommen, ob der streitgegenständliche Wohnraum -trotz gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zumutbarer, aufgrund des subjektiven Empfindens der Betroffenen aber gleichwohl als inakzeptabel erscheinender Lärmimmissionen - nachweislich nicht mehr vom Markt angenommen wird (§ 3 Abs. 3 Nr. 7 ZeS), so wird das Verwaltungsgericht zu berücksichtigen haben, dass dies gegebenenfalls auch vom geforderten Mietzins abhängt. Dieser muss die negative Vorbelastung der Lage der Wohnungen im faktischen Kerngebiet in unmittelbarer Nähe störungsintensiver Vergnügungsbetriebe angemessen widerspiegeln. Die Klägerin hat es im Rahmen der durch das Zweckentfremdungsrecht konkretisierten Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) hinzunehmen, dass in negativer Weise vorbelasteter Wohnraum gegebenenfalls nur noch deutlich unter der (auch immissionsgeschütztere Lagen mit einbeziehenden) „ortsüblichen Vergleichsmiete“ vermietet werden kann.

7. Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht vorbehalten, auch eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.

[27] 8. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 - M 8 K 13.1911, M 8 K 13.1912, M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3412 und M 8 K 13.3413 - wird aufgehoben und die Streitsache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen.

II.

Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung vorbehalten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Erteilung von Negativattesten nach der Wohnraumzweckentfremdungssatzung (ZeS) der Beklagten.

1. Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungen ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts, Wohnung Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und im Anwesen ...-straße ... der Wohnungen im 3. Obergeschoss Nr. 9 (M 8 K 13.1912), im 6. Obergeschoss Nr. 32 (M 8 K 13.3411), im 4. Obergeschoss Nr. 16 (M 8 K 13.3412) sowie im 3. Obergeschoss Nr. 8 (M 8 K 13.3413). Die genannten Wohnungen sind zum Teil ganz zur ...-straße hin situiert (M 8 K 13.1912 u. M 8 K 13.3412), im Übrigen verfügen sie über Räume zur ...-straße sowie zur Hofseite hin (M 8 K 13.3411, M 8 K 13.3413 u. M 8 K 13.1911).

2. Für die Wohnung ...-straße ... im 3. Obergeschoss (Nr. 9) wurde zusammen mit der Wohnung Nr. 19 im Anwesen ...-straße ... am 17. August 2010 ein Antrag auf Erteilung von entsprechenden Negativattesten mit der Begründung der Unvermietbarkeit der Wohnungen gestellt. Mit Schriftsatz vom 5. März 2013 erhoben die Be[9] [8] vollmächtigten der Klägerin Untätigkeitsklage mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss links, Nr. 9, das am 17. August 2010 beantragte Negativattest zu erteilen (M 8 K 13.951).

3. Mit Bescheid vom 19. April 2013 lehnte die Beklagte den Antrag vom 17. August 2010 auf Erteilung eines Negativattests wegen Unvermietbarkeit der Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links (Wohneinheit Nr. 9) und wegen Unbewohnbarkeit ab (Ziff. I). Weiterhin wurde der Klägerin aufgegeben, die Überlassung der Wohnung zu gewerblichen Zwecken an die „089-Bar- und Lounge-GmbH“ unverzüglich zu beenden (Ziff. II), die Wohnung unverzüglich nach Beendigung der zweckfremden Nutzung wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. III); für den Fall der Nichtbefolgung der Ziffern II und III wurde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,-- Euro (Ziff. IV u. V) angedroht.

Ein weiterer Antrag vom 15. Januar 2013 auf Erteilung eines Negativattests für die Wohnung im Gebäude ...-straße ... im 4. Obergeschoss rechts (Nr. 19) wurde mit weiterem Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 ebenfalls abgelehnt.

Mit jeweils gleichlautenden Bescheiden vom 25. Juli 2013 wurden auch die Anträge der Klägerin auf Erteilung von Negativattesten für die Wohnung ...-straße ... im 6. Obergeschoss Mitte links Nr. 32, vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3411) für die Wohnung ...-straße ... im 4. Obergeschoss Nr. 16, vom 15. Januar 2013 (M 8 K 13.3412) für die Wohnung im 4. Obergeschoss Nr. 16 und für die Wohnung im 3. Obergeschoss der ...-straße ... Nr. 8 vom 20. Februar 2013 (M 8 K 13.3413) abgelehnt.

4. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin gegen den Bescheid vom 19. April 2013 (M 8 K 13.1912) Klage und beantragten, die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 3. Obergeschoss Mitte links Nr. 9, ein Negativattest zu erteilen und den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin ferner Klage gegen den Bescheid vom 19. April 2013 betreffend die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 (M 8 K 13.1911) und beantragten, den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für die Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 19 ein Negativattest zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Ansiedlung einer Reihe von Vergnügungs- und Amüsierbetrieben sei es im genannten Bereich ...-straße ... und ... nicht nur zur erheblichen Verwahrlosungstendenzen und Lärmproblemen, sondern insbesondere auch zu massiven Sicherheitsproblemen - insbesondere nachts - gekommen. Die in einem faktischen Kerngebiet gelegenen Wohnungen seien zu einem angemessenen Preis nicht mehr vermietbar.

Mit weiteren Schriftsätzen vom 5. August 2013 erhoben die Bevollmächtigen der Klägerin auch gegen die Bescheide vom 25. Juli 2013 - M 8 K 13.3411, Wohnung ...-straße ..., 6. Obergeschoss Nr. 32, M 8 K 13.3412, Wohnung ...-straße ..., 4. Obergeschoss Nr. 16 und M 8 K 13.3413, ...-straße ..., 3. Obergeschoss Nr. 8 - Klage mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, auch insoweit Negativatteste zu erteilen.

5. Nachdem das Verfahren M 8 K 13.951 aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten eingestellt wurde, gab das Verwaltungsgericht den erhobenen Klagen nach vorheriger Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung mit Urteil vom 19. Mai 2014 statt. Die Klägerin habe Anspruch auf Erteilung der begehrten Negativatteste gemäß § 10 der Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München (ZeS) vom 30. Dezember 2013 (MüABl S. 550), die auf der Grundlage des Zweckentfremdungsgesetzes (ZwEWG) vom 10. Dezember 2007 (GVBl S. 864), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22. März 2013 (in Kraft getreten am 30.6.2013), erlassen worden sei.

Die Beklagte habe von der in Art. 2 ZwEWG enthaltenen Ermächtigung, nach der Gemeinden mit Wohnraummangel durch Satzung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren bestimmen können, dass im Gemeindegebiet Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf, Gebrauch gemacht und in § 3 Abs. 1 ZeS festgelegt, dass Wohnraum im Sinne dieser Satzung sämtliche Räume seien, die zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt seien. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS liege Wohnraum indes dann nicht vor, wenn eine Wohnungsnutzung baurechtlich nicht zulässig und auch nicht genehmigungsfähig sei.

Vorliegend beurteile sich die baurechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Die prägende nähere Umgebung der streitgegenständlichen Räume entspreche einem faktischen Kerngebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Neben zahlreichen gewerblichen und freiberuflichen Nutzungen fänden sich ein Konsulat und vor allem Einrichtungen der Wirtschaft mit überregionaler Bedeutung in einer nur für den Kernbereich einer Großstadt typischen Häufung. Das gleiche gelte für die hohe Anzahl an Vergnügungsstätten in Form von Discotheken und Nachtlokalen. Die Prägung des Gebiets durch die genannten Einrichtungen und Betriebe werde durch die noch vorhandene Wohnnutzung nicht relativiert. Diese sei nur noch marginal vorhanden. Selbst die Beklagte gehe von einem Anteil von lediglich 9% aus.

Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO seien Wohnungen nur nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans allgemein zulässig mit der Folge, dass es eine allgemeine Zulässigkeit einer Wohnnutzung im faktischen Kerngebiet nicht geben könne. Eine planungsrechtliche Zulässigkeit komme daher nur nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Betracht. Nach dieser Vorschrift könnten Wohnungen ausnahmsweise zugelassen werden. Für die hier maßgebliche Zulässigkeit im Sinne des Zweckentfremdungsrechts sei es nach Auffassung der Kammer grundsätzlich ausreichend, dass - unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 BauNVO - eine Ausnahme nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zugelassen werden könne.

Allerdings sei Letzteres vorliegend nicht der Fall. Bei der Frage nach der ausnahmsweisen Zulassungsfähigkeit einer Wohnnutzung im Kerngebiet müsse - ähnlich wie bei Festsetzungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO - auf die Kompatibilität mit den Nutzungen der Umgebung abgestellt werden. Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen (nur) ausnahmsweise zulasse, komme § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO besondere Bedeutung zu. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO seien die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen (auch) dann unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt würden, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar seien.

So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei bedingt durch die unmittelbare Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Zwar enthalte § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO die Einschränkung der Zumutbarkeit „nach der Eigenart des Gebiets“, so dass für eine Wohnnutzung im Kerngebiet andere Zumutbarkeitskriterien anzusetzen seien als etwa in Wohn- oder auch Mischgebieten. Dennoch könne eine ausnahmsweise Zulassung in unmittelbarer Nähe zu einer Ansammlung von hochgradig störungsintensiven Vergnügungsstätten keinen Bestand haben. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem auch die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt. Die im Umfeld der streitgegenständlichen Räume beklagten Belästigungen und Störungen - nicht nur in Form von Lärm, sondern auch massiver Verschmutzung, erhöhter Kriminalität und einer entsprechenden Drogenszene - seien insoweit typisch und würden letztlich auch von der Beklagten nicht bestritten. Eine Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen könne deshalb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden, weshalb im Sinne des Zweckentfremdungsrechts kein Wohnraum (mehr) vorliege (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS). Eine andere rechtliche Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen Bestandsschutz genieße. Diese verfassungsrechtliche Abschirmung habe bei der zweckentfremdungsrechtlichen Würdigung außer Betracht zu bleiben.

6. Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft, weil es seinen Rechtsausführungen unzutreffende Tatsachen zugrunde lege und gegen den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) verstoße, indem es sich allein auf das Vorbringen der Klägerin und die von ihr vorgelegten Presseauszüge stütze, ohne eigene Ermittlungen anzustellen. Das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, einen Augenschein zur Abend- und Nachtzeit durchzuführen und den Parteivortrag der Klägerin durch Einvernahme von Vertreterinnen und Vertretern sachkundiger Behörden zu überprüfen. Vor allem habe sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit von Ermittlungen bei der örtlich zuständigen Sicherheits- und Ordnungsbehörde, dem Kreisverwaltungsreferat der Beklagten, aufdrängen müssen. Im Hinblick auf die für die Entscheidungsfindung erkennbar gewichtige Lärmsituation vor Ort, wären zudem auch Ermittlungen des Verwaltungsgerichts bei der hierfür zuständigen Dienststelle, dem Referat für Gesundheit und Umwelt, angezeigt gewesen. Hieraus resultiere eine fehlerhafte Bewertung des Konflikt- und Störungspotenzials am betroffenen Standort. So sei beispielsweise in der ersten Quartalsauswertung 2014 ein Rückgang der Gesamtdelikte von 201 auf 174 zu verzeichnen. Die Rauschgiftdelikte seien zwar von 46 auf 66 Delikte angestiegen; eine Drogenszene sei nach Einschätzung der Polizei aber in keiner Weise gegeben. Auch im Rahmen nächtlicher Jugendschutzkontrollen sei der Bereich in und um die ...-straße nicht auffällig in Erscheinung getreten. Eine ausufernde Lautstärke habe bisher nicht festgestellt werden können. Die Lärmbelästigung vor Ort liege gemäß den Grundlagendaten für den Lärmaktionsplan 2012 nachts niedriger als am Tage (...-straße ...: Peg-Lden 35,9 - 48,6 dB (A) u. Peg-Ln 26,7 - 39,4 dB (A); ...-straße ...: Peg-Lden 38,1 - 52,4 dB (A) u. Peg-Ln 29,0 - 43,1 dB (A)). Eine Erteilung von Negativattesten komme danach nicht in Betracht. Ungeachtet dessen sei eine Unvermietbarkeit der Wohnungen nach wie vor nicht nachgewiesen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2014 aufzuheben und das Verfahren zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Antrag der Beklagten, die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, abzulehnen und die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Wohnnutzungen korrekt am Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 BauNVO gemessen und zu Recht festgestellt, dass sich deren Unzulässigkeit aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergebe. Dass in einem Bereich, in dem auf engem Raum mehr als ein Dutzend Discos und Amüsierbetriebe angesiedelt seien, die Nachtruhe durch die typischen Begleiterscheinungen wie Lärm durch Discobesucher, Parksuchverkehr, lautstarke Streitigkeiten auf öffentlichem Verkehrsgrund, Polizeieinsätze usw. permanent empfindlich gestört werde, ergebe sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Die Behauptung der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt, sei deshalb abwegig. Vielmehr liefere die Beklagte, gestützt auf die Stellungnahmen der Fachbehörden, selbst die Argumente für die Unbewohnbarkeit der in diesem Bereich liegenden Immobilien. Einzelne Momentaufnahmen durch irgendwelche Messergebnisse führten nicht weiter. Auch ein einzelner Ortstermin am Abend, wie von der Beklagten vermisst, könne keine Klarheit schaffen. Um überhaupt ein belastbares Ergebnis zu erhalten, müsse über einen mehrwöchigen Zeitraum täglich und vor allem bei unterschiedlichen Witterungslagen gemessen werden. Eine Wohnung in einem Umfeld wie dem vorliegenden zu einem angemessenen Preis zu vermieten, sei nahezu unmöglich und bedürfe keiner weiteren Beweisführung. Mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren bestehe kein Einverständnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Der Senat entscheidet nach vorheriger Anhörung der Verfahrensbeteiligten in entsprechender Anwendung des § 130a VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130a Rn. 12 und § 130 Rn. 16) über die Berufung der Beklagten. Die Streitsache wird gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 VwGO zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückverwiesen, weil das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nach der übereinstimmenden Auffassung aller Mitglieder des Senats an einem wesentlichen Mangel leidet, aufgrund dessen eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig ist und die Beklagte die Zurückverweisung beantragt hat. Ferner hat das Verwaltungsgericht mittels der Annahme, im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO komme es lediglich auf eine typisierende Betrachtung an, zugleich die Weichen seiner Entscheidung falsch gestellt und damit im Ergebnis nicht zur Sache selbst entschieden. Damit liegen auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vor (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

2. Das Verwaltungsgericht ist unter zutreffender Darlegung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Negativattests (vgl. § 10 ZeS i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), zunächst mit Recht davon ausgegangen, dass die baurechtliche Zulässigkeit einer Wohnnutzung sich in dem hier nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten vorliegenden faktischen Kerngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richtet und eine solche deshalb nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Auch wenn es insoweit an einer allgemeinen Zulässigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB fehlt, kann eine Wohnbebauung im faktischen Kerngebiet doch gleichwohl gemäß § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob auch eine lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung als zulässige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. ZeS anzusehen ist, der Begriff der Zulässigkeit im Sinne dieser Vorschrift also nicht nur die allgemein, sondern auch die lediglich ausnahmsweise zulässige Nutzung mit umfasst; jedenfalls handelt es sich insoweit unzweifelhaft um eine nach § 34 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. BauGB i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise genehmigungsfähige Nutzung im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS.

Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass insoweit - gleichviel, ob man nun § 3 Abs. 3 Nr. 4, 1. Alt. oder § 3 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. ZeS Anwendung finden lässt - zugleich auch § 15 Abs. 1 BauNVO zu berücksichtigen ist. Nach dieser Vorschrift sind die in den §§ 2 bis 4 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Sie sind auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Die Regelung ist eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO. Insbesondere § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO soll sicherstellen, dass eine an sich im Baugebiet zulässige, schutzwürdige Nutzung im Einzelfall - etwa an bestimmten Standorten oder wegen ihrer baulichen Eigenart - unzulässig ist, wenn sie unzumutbaren Belästigungen oder Störungen anderer zulässiger Anlagen ausgesetzt ist (vgl. BR-Drucks. 354/89, S. 58). Dies gilt nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart - wie hier das faktische Kerngebiet - gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Gebiet der Baunutzungsverordnung (vorliegend § 7 BauNVO) entspricht (vgl. BVerwG, B. v. 12.2.1990 - 4 B 240/89 -, NVwZ 1990, 557 [558]; B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 -, ZfBR 2009, 376 f.). Da das Kerngebiet wohnunverträgliche Nutzungen allgemein und wohnverträgliche Nutzungen nur ausnahmsweise zulässt, kommt § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO vorliegend besondere Bedeutung zu. Die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauwerbers und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, müssen gegeneinander abgewogen werden (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Insoweit entsprechen die Annahmen des Verwaltungsgerichts der allgemein anerkannten bau- und zweckentfremdungsrechtlichen Praxis, ohne Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufzuwerfen.

3. Ohne die hierfür erforderlichen Feststellungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu treffen, hat das Verwaltungsgericht sodann jedoch angenommen, die Wohnnutzung in den streitgegenständlichen Räumen sei, bedingt durch die Nachbarschaft zu störungsintensiven Vergnügungsbetrieben, nicht mehr zumutbaren Belästigungen und Störungen ausgesetzt. Das Störungspotenzial der benachbarten Vergnügungsbetriebe sei durch die vorgelegten Unterlagen und vor allem die mehrjährigen Pressedokumentationen hinreichend belegt.

Diese - ohne jede Beweiserhebung - gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen, [12] mit der Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht mehr in Einklang stehenden Feststellungen können die Annahme, in den streitgegenständlichen Räumen sei unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO eine Wohnnutzung auch nicht ausnahmsweise zulässig mit der Folge, dass die begehrten Negativatteste zu erteilen seien (§ 10 i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), nicht tragen.

Darüber hinaus verkennt das Verwaltungsgericht zugleich auch, dass es im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO auf eine den konkreten Einzelfall in den Blick nehmende situationsbezogene, nicht aber auf eine, auf die abstrakte Schutzwürdigkeit einer Wohnbebauung abstellende typisierende Betrachtung ankommt (so ausdr. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [245 f.]; siehe auch Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 25 u. 32). Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Weichen der streitbefangenen Entscheidung falsch gestellt, so dass es an einer Entscheidung zur Sache selbst fehlt und insoweit zugleich auch die Voraussetzungen analog § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO für eine Zurückverweisung vorliegen (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 13).

Bei der Entscheidung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ist regelmäßig zu prüfen, ob durch dem Bauwerber zumutbare bauliche Maßnahmen der Immissionsvermeidung und -minderung ein Zustand erreicht werden kann, der ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren (noch) ermöglicht. Gesunde Wohnverhältnisse (vgl. hierzu auch § 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen allerdings stets gewahrt bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Die Grenze der Wohnunverträglichkeit macht insoweit deutlich, oberhalb welchen Grades der Immissionsbelastung eine Baugenehmigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO nicht mehr erteilt werden darf. Werden die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse jedoch eingehalten, so bietet § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO keine Handhabe, eine baurechtlich zulässige Nutzung zu untersagen (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [246]). Dabei ist maßgeblich nicht auf den Außenwohn-, sondern auf den Innenwohnbereich (sog. „Innenpegel“) abzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881]).

Erfahrungsgemäß können Lärmkonflikte in der Regel durch entsprechende bauliche Maßnahmen (Anordnung der Aufenthaltsräume überwiegend auf der vom [Verkehrs-]Lärm abgewandten Seite des Gebäudes und zusätzliche Lüftungseinrichtungen, siehe insoweit auch Art. 49 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 BayBO 1994) - gegebenenfalls auch nachträglich - gelöst werden (sog. „architektonische Selbsthilfe“, vgl. hierzu Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43 m. w. N.). Nur in extremen Ausnahmefällen, etwa wenn kein einziger Aufenthaltsraum gelüftet werden kann, dürften die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht mehr gewahrt sein und ein entsprechendes Wohnbauvorhaben wäre unzulässig. Werden indes die - hier nicht (unmittelbar) geltenden - Grenzwerte der 16. BImSchV - VerkehrslärmschutzVO - vom 12.6.1990 (BGBl. I, S. 1036, zuletzt geändert durch G. v. 19.9.20062006, BGBl. I, S. 2146) im Außenwohnbereich eingehalten, so bildet dies regelmäßig ein gewichtiges Indiz dafür, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (noch) gewahrt sind (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.). Hinsichtlich der Beurteilung des Verkehrslärms kann damit eine Orientierung an der 16. BImSchV erfolgen, bezüglich der von den Vergnügungsbetrieben herrührenden Immissionen sind die Werte der TA Lärm vom 26.8.1998 (GMBl. 1998, 503) zugrunde zulegen (vgl. hierzu näher Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 35 u. 39).

4. Hiervon ausgehend wird das Verwaltungsgericht durch Einholung eines - gegebenenfalls auch längere Zeiträume umfassenden - Lärmschutzgutachtens für jede einzelne der streitgegenständlichen Wohnungen zu klären haben, ob die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse noch gewahrt sind und ein Wohnen ohne Preisgabe des nach § 15 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbs. BauNVO gebotenen, nach objektiven Durchschnittskriterien zu beurteilenden Mindestmaßes an Wohnruhe, Erholungsbedürfnis und ungestörtem Schlaf (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 -, NVwZ 1991, 879 [881] a.E.) möglich ist. Die von der Beklagten ohne nähere Erläuterung in das Verfahren eingeführten Grundlagendaten aus dem Lärmaktionsplan 2012 können ein Lärmschutzgutachten nicht ersetzen, da sie weder die rechtlichen Grundlagen ihrer Entstehung noch die Art und Weise ihrer Ermittlung erkennen lassen. Ungeachtet dessen dürfte zugleich auch ein weiterer Augenscheintermin zur störungsrelevanten Abend- und Nachtzeit, sinnvollerweise am Sonnabend, erforderlich werden. Dies macht eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der das Verwaltungsgericht unter Verletzung von § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht nachgekommen ist. Dieser Verfahrensmangel im Bereich der Beweiserhebung ist vorliegend auch wesentlich, weil er sich auf das Urteil des Verwaltungsgerichts maßgeblich ausgewirkt hat und die von ihm ohne jede Grundlage gleichsam „ins Blaue hinein“ getroffenen Feststellungen keine ordnungsgemäße Basis für eine instanzbeendende Entscheidung bilden können (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 9), zumal die Annahme - Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse seien nicht mehr gewahrt - nur in extremen Ausnahmefällen überhaupt in Betracht kommt.

Soweit das Verwaltungsgericht sich in der angefochtenen Entscheidung zugleich auch auf eine erhöhte Kriminalität, eine entsprechende Drogenszene und eine massive Verschmutzung der Umgebung der streitgegenständlichen Wohnräume bezogen hat, wird zu klären sein, ob und gegebenenfalls inwieweit diese Belästigungen und Störungen den benachbarten Vergnügungsbetrieben überhaupt unmittelbar zuzurechnen sind. Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO können nur solche Störungen und Belästigungen berücksichtigt werden, die von baulichen oder sonstigen Anlagen ausgehen (vgl. Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 26 m. w. N.). Für auf den Straßen der Umgebung begangene Straftaten und etwaige Verschmutzungen wird es daher wohl regelmäßig an einer Zurechenbarkeit fehlen und kriminelle Handlungen in den Vergnügungsstätten selbst dürften das Wohnen wohl kaum beeinträchtigen. Insoweit ist das Sicherheits- und Ordnungsrecht, nicht aber das Bau- und Zweckentfremdungsrecht gefragt.

5. Der Senat hebt das angefochtene Urteil vom 19. Mai 2014 in Ausübung des ihm durch § 130 Abs. 2 und § 130a VwGO eingeräumten Ermessens (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 15 u. § 130a Rn. 14) ohne vorherige mündliche Verhandlung auf und verweist das Verfahren zur Durchführung einer Beweisaufnahme an das Verwaltungsgericht zurück. Für eine Zurückverweisung spricht hier vor allem, dass das Verwaltungsgericht eine gebotene umfangreiche Beweiserhebung unterlassen hat. Den Beteiligten würde eine Tatsacheninstanz genommen, wenn der Verwaltungsgerichtshof die Beweisaufnahme selbst durchführen würde. Eine Verfahrensverzögerung tritt durch die zeitnahe Entscheidung und Zurückverweisung durch den Senat nicht ein. Die Kammer kann - sofern die Klagen aufrechterhalten werden sollten - unmittelbar nach Eingang der Akten die erforderlichen Beweisbeschlüsse erlassen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, nur um über die Aufhebung des Urteils unter Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht zu entscheiden, ist nach der einstimmigen Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung des fehlenden - aber im Rahmen des § 130a VwGO in keiner Weise notwendigen - Einverständnisses der Klägerin nicht erforderlich. Dieser entsteht dadurch kein Nachteil, da eine Entscheidung in der Sache selbst erst auf der Grundlage einer vom Verwaltungsgericht noch durchzuführenden Beweisaufnahme erfolgen kann. Auf die Aufrechterhaltung eines unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO ergangenen Urteils besteht kein Anspruch.

6. Sollte es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für die Erteilung der beantragten Negativatteste darauf ankommen, ob der streitgegenständliche Wohnraum -trotz gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zumutbarer, aufgrund des subjektiven Empfindens der Betroffenen aber gleichwohl als inakzeptabel erscheinender Lärmimmissionen - nachweislich nicht mehr vom Markt angenommen wird (§ 3 Abs. 3 Nr. 7 ZeS), so wird das Verwaltungsgericht zu berücksichtigen haben, dass dies gegebenenfalls auch vom geforderten Mietzins abhängt. Dieser muss die negative Vorbelastung der Lage der Wohnungen im faktischen Kerngebiet in unmittelbarer Nähe störungsintensiver Vergnügungsbetriebe angemessen widerspiegeln. Die Klägerin hat es im Rahmen der durch das Zweckentfremdungsrecht konkretisierten Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) hinzunehmen, dass in negativer Weise vorbelasteter Wohnraum gegebenenfalls nur noch deutlich unter der (auch immissionsgeschütztere Lagen mit einbeziehenden) „ortsüblichen Vergleichsmiete“ vermietet werden kann.

7. Die Kostenentscheidung bleibt der neuen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht vorbehalten, auch eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.

[27] 8. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.