Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Oktober 2014, Az.: ..., verpflichtet, über den Bauantrag der Kläger vom 3. Juli 2014 nach Plan-Nr. ... unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.

II.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte und die Kläger je zur Hälfte.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Verpflichtungsklage der Kläger ist auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau einer Terrassenüberdachung an ihr bestehendes Doppelhaus gerichtet.

Die Kläger sind Eigentümer des mit einer zweigeschossigen Doppelhaushälfte bebauten Grundstücks ...straße 68, Fl.Nr. ..., der Gemarkung .... Im Nordwesten ist das Gebäude der Kläger grenzständig errichtet und schließt sich profilgleich an das benachbarte Gebäude ...straße 66 auf der Fl.Nr. ..., die gemeinsam ein Doppelhaus bilden. Beide Häuser verfügen auf dessen Südseite jeweils über eine Terrasse, die durch eine ca. 3,2 m lange und 2 m hohe Sichtschutzwand an der gemeinsamen Grundstücksgrenze voneinander abgegrenzt sind.

Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... ... vom 15. Mai 2006, rechtskräftig seit 30. Mai 2006, der für das Baugebiet WA 9 Bauräume durch Festsetzung der Baugrenzen, offene Bauweise, Grundfläche von 890 m² und eine Geschossfläche von 1820 m² festsetzt. Gemäß § 3 Abs. 3 des Bebauungsplans kann die festgesetzte Grundfläche durch die in § 19 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 2 BauNVO bezeichneten Anlagen bis zu 2140 m² überschritten werden.

Südlich des Vorhabengrundstücks liegen die jeweils mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücke Fl.Nr. ... und ... (...straße 34 und 28). Beide Einfamilienhäuser sind teilweise außerhalb des festgesetzten Bauraums situiert und überschreiten die westliche Baugrenze um 4,5 bzw. 5 m. Weiterhin befinden sich auf einer Vielzahl von Grundstücken Garten- und Gerätehäuser außerhalb des Bauraums.

Bild

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Mit Bauantrag vom 3. Juli 2014 beantragten die Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Terrassenüberdachung auf der Südseite ihres Anwesens ...straße 68 nach Plan-Nr. .... Geplant ist der Anbau einer 5,19 breiten und 3,76 m tiefen, seitlich verglasten Terrassenüberdachung an die südliche Außenwand des klägerischen Doppelhauses. Durch den Anbau der Terrassenüberdachung soll der festgesetzte Bauraum um ca. 1,26 m nach Süden überschritten werden. Die geplante Terrassenüberdachung schließt sich mit einer Höhe von 2,63 m an die südliche Fassade des Doppelhauses an und fällt dann auf eine Höhe von 2,10 m in Richtung Süden herab. Im Westen soll die Terrassenüberdachung an der Grundstücksgrenze zu dem Nachbargrundstück Fl.Nr. ... mit einer Brandschutzwand F 90 abgeschlossen werden.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2014, der den Klägern mit Postzustellungsurkunde am 15. Oktober 2014 zugestellt wurde, lehnte die Beklagte die Erteilung der beantragten Baugenehmigung ab. Zur Begründung der Ablehnungsentscheidung führte sie unter Darstellung der planerischen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. ... ... aus, es seien eine Befreiung wegen Überschreitung der Baugrenze und eine Abweichung wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen zu dem westlichen Nachbar erforderlich, die vorliegend nicht erteilt werden könnten, da nachbarschützende Belange betroffen seien, insbesondere die Schutzgüter Belichtung und Belüftung sowie der Brandschutz. Die Erteilung einer Befreiung würde zu städtebaulichen Spannungen in Form von unerwünschten Vorbildwirkungen führen. Durch die zusätzliche Bebauung von 3,76 m Tiefe würde das Erscheinungsbild des Doppelhauses wesentlich verändert werden. Die Erteilung einer Abweichung wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen würde gegenüber den betroffenen Nachbarn, Fl.Nr. ..., die oben genannten geschützten Belange nachteilig beeinträchtigen. Dementsprechend sei hier gegenüber der Fl.Nr. ... das Rücksichtnahmegebot nach § 15 Baunutzungsverordnung (BauNVO) tangiert.

Mit Schriftsatz vom 14. November 2014, beim Verwaltungsgericht am 15. November 2014 eingegangen, erhoben die Kläger Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2014 und beantragten:

1. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2014, mit dem der Bauantrag der Kläger vom 3. Juli 2014 abgelehnt wurde, ist aufzuheben.

2. Die Beklagte ist zu verpflichten, den Bauantrag der Kläger vom 3. Juli 2014 nach Plan-Nr. ... zu genehmigen.

3. Hilfsweise ist die Beklagte zur erneuten Verbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten.

Zur Begründung führten die Kläger unter ausführlicher Darstellung der bestehenden Grundstückssituation, des streitgegenständlichen Vorhabens und des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB für die Erteilung einer Befreiung wegen Überschreitung der südlichen Baugrenze gegeben seien. Die planerische Grundkonzeption des Bebauungsplans sei insgesamt aufgeweicht und durch die tatsächlichen Entwicklungen überholt. So seien in der direkten Nachbarschaft des Grundstücks der Kläger zahlreiche Terrassen an der Südseite der jeweiligen Gebäude (Fl.Nr. ..., ..., ..., ... und ...) mit Terrassenüberdachungen überbaut worden. Die Beklagte selbst habe im gleichen Plangebiet in der direkten Nachbarschaft zu den Klägern eine Ausnahme für die realisierten Vorhaben der Einfamilienhäuser auf der Fl.Nr. ... und der Fl.Nr. ... außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche zugelassen. Damit sei der übliche Kontext der Baugrenze verloren gegangen. Die tatsächlichen Verhältnisse stimmten in wesentlichen Punkten nicht mehr mit der planerischen Grundkonzeption überein. Bereits hieraus folge, dass die streitgegenständliche Terrassenüberdachung die Grundzüge der Planung nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berühren könne.

Die Befreiung sei auch städtebaulich vertretbar, § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Städtebaulich vertretbar sei eine Befreiung dann, wenn eine solche Regelung auch im Bebauungsplan getroffen werden könnte. Dies sei vorliegend der Fall, da die Zulassung von Terrassen sowie deren Überdachungen außerhalb des Bauraums gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 3 BauNVO in einen Bebauungsplan Eingang finden könne. Insoweit könne offenbleiben, ob vorliegend nicht auch eine nicht beabsichtigte Härte nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vorliege. Demgegenüber entspreche die Errichtung von Terrassen und deren Überdachungen im Anschluss an die klägerische Doppelhaushälfte in den südlichen Garten hinein, einem nachvollziehbaren Bedürfnis und sei grundsätzlich üblich. Insoweit führe die Pflicht zur Einhaltung der Baugrenze - jedenfalls soweit es hier übliche Terrassen und deren Überdachungen betreffe - zu einer nicht beabsichtigten Härte. Hiermit lägen für die Nutzungsinteressen der Kläger nach den Umständen des Einzelfalls gewichtige Umstände vor.

Die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB sei auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Denn es lägen keine im Hinblick auf das Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme vor dem Hintergrund baugebietstypischer Schutzbedürftigkeit unzumutbare Störungen in Form von Beeinträchtigungen der Belichtung und Besonnung vor. Bloße Lästigkeiten reichten hierfür nicht aus. Es sei eine qualifizierte Störung erforderlich. Dafür würden die Ausführungen im Ablehnungsbescheid der Beklagten nichts herbringen. Das zu genehmigende Bauvorhaben einer Terrassenüberdachung an der Südseite der klägerischen Doppelhaushälfte sei nicht geeignet, die Belichtung und Besonnung der Terrasse und Gebäudefront an der Südseite der Doppelhaushälfte des Nachbarn zu beeinträchtigen. Die Befürchtung der Beklagten, die erforderliche Befreiung würde die Belüftung und Belichtung sowie den Brandschutz beeinträchtigen, sei zu allgemein gehalten, um eine unzumutbare Beeinträchtigung des Nachbarn darzutun. Aus Sicht der Kläger sei in einem solchen Fall das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert.

Da im weiteren die für die Nutzungsinteressen der Kläger schreitenden Gründe nach den Umständen des Einzelfalls so gewichtig seien (es sei mit allgemeinem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zu vereinbaren, einerseits abzulehnen und andererseits andere unbehelligt zu lassen), dass ein Festhalten am Plan ungerecht, insbesondere unverhältnismäßig und gleichheitswidrig wäre, sei die Befreiung von Verfassung wegen geboten. Hilfsweise sei, soweit der Beklagten aus Sicht des Gerichts ein Ermessensspielraum zukomme, die Beklagte zur erneuten Verbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten.

Städtebauliche Spannungen in Form von unerwünschter Vorbildwirkung seien ebenfalls nicht gegeben, da in der näheren Umgebung bereits zahlreiche Bezugsfälle vorhanden seien. Schließlich stelle die Errichtung der beantragten Terrassenüberdachung den Charakter des klägerischen Doppelhauses nicht in Frage. Durch die aus Glaselementen bestehende Terrassenüberdachung, die über die bestehende Terrasse der Kläger errichtet werden solle, entstehe ersichtlich nicht der Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2000 - 4 C 12.98). Die Gesamtanlage bestehend aus der Doppelhaushälfte der Kläger, ergänzt um die Terrassenüberdachung, und die Doppelhaushälfte des Nachbarn stelle weiterhin eine bauliche Einheit dar.

Mit Schreiben vom 21. April 2015 nahm die Beklagte Stellung und beantragte

Klageabweisung.

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von der festgesetzten offenen Bauweise oder vom festgesetzten Bauraum würden nicht vorliegen.

Das Vorhaben verstoße gegen die Festsetzung der offenen Bauweise (§ 22 Abs. 2 Satz 1, 2 BauNVO) und damit gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot in seiner besonderen Ausprägung der Grundsätze der sogenannten Doppelhausrechtsprechung, wobei die Grundsätze zum wechselseitigen Austauschverhältnis von Doppelhausnachbarn im Einzelnen dargelegt wurden. Das Bauvorhaben halte sich nach quantitativen Aspekten nicht mehr im Rahmen des durch die beidseitig grenzständige Bebauung begründeten nachbarschaftlichen Austauschverhältnisses. Das Vorhaben verursache einen Versatz, der den Eindruck einer Einheit des Doppelhauses nicht mehr unberührt lasse, sondern als einseitiger und damit unzulässiger Grenzanbau in Erscheinung trete. Das Vorhaben erstrecke sich mit einer Länge von 5,19 m nahezu über die gesamte Hausbreite der Doppelhaushälfte (5,61 m) und mit einer Höhe von maximal 2,63 m nahezu über die Hälfte der Wandhöhe (5,95 m). Die Doppelhaushälfte (Länge 11,9 m) werde durch das Bauvorhaben mit einer Tiefe von 3,76 m optisch erdgeschossig einseitig ca. um ein Drittel verlängert. Aus Sicht der Doppelhausnachbarn trete das Vorhaben wie ein 3,76 m tiefer erdgeschossiger Anbau mit einem Raumvolumen von ca. 45 m³ in Erscheinung. Die Eigentümer der benachbarten Doppelhaushälfte hätten dem Bauantrag nicht zugestimmt. Vergleichbare Anbauten seien im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... ... nicht vorhanden.

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB von der festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 BauNVO würden ebenfalls nicht vorliegen, da das Vorhaben aus oben genannten Gründen die nachbarlichen Interessen nicht berücksichtige und somit das Rücksichtnahmegebot verletze. Entgegen der Auffassung der Kläger komme eine Zulassung nach der Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO nicht in Betracht. Denn bei dem streitgegenständlichen Vorhaben handele es sich aufgrund seiner Dimensionierung nicht um einen Gebäudeteil, das im geringfügigen Ausmaß hervortrete. Beispiele hierfür seien Gesimse, Dachüberstände, untergeordnete Vorbauten, wie Balkone und eingeschossige Erker.

Die Bauraumbefreiungen betreffend die Gebäude ...straße 28 und 34 könnten erteilt werden, weil das System der offenen Bauweise nicht durchbrochen worden sei und daher die Grundzüge der Planung nicht berührt, sowie städtebauliche Spannungen nicht zu erwarten gewesen seien. Das streitgegenständliche Vorhaben an der Grundstücksgrenze sei wegen der Nachbarbetroffenheit damit nicht vergleichbar.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2014 setzten sich die Kläger vertieft mit der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Doppelhausproblematik - insbesondere mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 2015 (Az.: 4 C 12.14) - auseinander. Sie führten im Wesentlichen aus, das streitgegenständliche Bauvorhaben verletze weder unter Berücksichtigung der Grundsätze der Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch aus anderen Gründen das nachbarschützende planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Die nähere Umgebung sei durch eine offene Bauweise geprägt. Der für die offene Bauweise der Doppelhaushälfte der Kläger nötige seitliche Grenzabstand sei vom Süden aus zu beurteilen. Die Doppelhaushälfte der Kläger müsse daher einen seitlichen Grenzabstand nach Süden einhalten. Entsprechendes gelte im Norden. Dies sei in beiden Fällen vorliegend der Fall.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 19. März 2015 - 4 C 12.14 - juris Rn. 14) liege eine bauliche Einheit vor, wenn die beiden Doppelhaushälften einen harmonischen Gesamtkörper bildeten, der nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus vermittele. Ein einheitlicher Gesamtkörper könne auch noch vorliegen, werden aus gestalterischen Gründen die gemeinsame vordere und rückwärtige Außenwand des einheitlichen Baukörpers (hier Doppelhaus) durch kleinere Vor- und Rücksprünge aufgelockert werde (BayVGH, U.v. 9.2.1999 - 14 B 96.2272 - juris). Gemessen an den von der Rechtsprechung vorgegebenen Grund- sätzen liege auch nach Errichtung des klägerseits beantragten Anbaus noch ein einheitlicher Baukörper vor, welcher das nachbarliche Austauschverhältnis nicht aus dem Gleichgewicht bringe und die „harmonische Beziehung“ der Gebäude zu einander nicht in Frage stelle. Die Maße der geplanten Terrassenüberdachung zeigten, dass der geplante Anbau hinter allen Maßen des klägerischen Gebäudes zurückbleibe und dieses um deutlich weniger als die Hälfte unterschreite. Damit müsse das oberirdische Bruttoraumvolumen des Anbaus nicht mehr berechnet werden, da dieses zwangsläufig ebenfalls weniger als die Hälfte des Maßes des klägerischen Bestandes betragen werde. Auch hinsichtlich der Geschossigkeit ordne sich der geplante Anbau vorhandenem Bestand unter. Auch qualitativ liege eine entsprechende Unterordnung vor. Der geplante Anbau trete in seiner Kubatur als ein Nebengebäude in Erscheinung und schließe sich mit seinem leicht schrägen Dach an das Gebäude der klägerischen Doppelhaushälfte an. Zwar handele es sich hinsichtlich der Art der Nutzung nicht um ein klassisches Nebengebäude wie eine Garage oder ein Gartenhaus. Geplant sei vielmehr eine Wohnnutzung. Darauf komme es aber im Rahmen der qualitativen Merkmale nicht entscheidend an. Denn gerade in Fällen von Anbauten an bestehende Hausgruppen handele es sich in der Regel um eine Erweiterung der Hauptnutzung, zum Beispiel in Form eines Wintergartens. Entscheidend sei, dass der Charakter der Hausgruppe noch gewahrt werde.

Im Übrigen sei auch keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zu erkennen. Angesichts seiner Dimensionen sei eine erdrückende Wirkung des geplanten Vorhabens nicht denkbar.

Eine Bauraumbefreiung für das klägerische Vorhaben könne entsprechend den Befreiungen für die Gebäude ...straße 28 und 34 erteilt werden, da die offene Bauweise nicht durchbrochen worden sei und daher die Grundzüge der Planung nicht berührt würden und aus diesem Grund städtebauliche Spannungen nicht zu befürchten seien, da gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot in seiner Ausprägung der Grundsätze der sogenannten Doppelhausrechtsprechung nicht verstoßen worden sei.

Das Gericht hat am 25. Januar 2016 Beweis durch Einnahme eines Augenscheines auf dem streitgegenständlichen Grundstück und in dessen Umgebung erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der anschließenden mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre bereits schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird auf das Protokoll verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg, da die im Ablehnungsbescheid vom 13. Oktober 2014 angeführte Gründe die Ablehnung nicht zu tragen vermögen. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der am 3. Juli 2014 beantragten Baugenehmigung gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO kam gleichwohl nicht in Betracht, da die Verwaltungsstreitsache im Hinblick auf ein von der Beklagten nach § 31 Abs. 2 BauGB noch auszuübendes Ermessen noch nicht spruchreif ist (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), weshalb die Klage im Hinblick auf den Verpflichtungsantrag keinen Erfolg hat.

I.

Planungsrechtlich beurteilt sich die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens nach § 30 Abs. 1 BauGB, da das Vorhabengrundstück im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplanes Nr.... ... liegt. Im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes ist nach § 30 Abs. 1 BauGB ein Bauvorhaben zulässig, wenn es den Festsetzungen über die Art und Maß der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die örtlichen Verkehrsflächen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

Die streitgegenständliche Terrassenüberdachung soll mit einer Tiefe von 1,26 m außerhalb des festgesetzten Bauraums errichtet werden und widerspricht damit grundsätzlich der Festsetzung der überbaubaren Grundstücksfläche im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB i. V. m. § 23 Abs. 1 und 3 BauNVO.

1. Die Festsetzung der Baugrenze ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht nachträglich überholt bzw. obsolet geworden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine bauplanerische Festsetzung funktionslos sein, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung i. S. des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Das setzt voraus, dass die Festsetzung unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren hat, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (vgl. z. B. BVerwG, Urteile vom 17. Juni 1993 - BVerwG 4 C 7.91 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 30, vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 und vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71; Beschlüsse vom 6. Juni 1997 - BVerwG 4 NB 6.97 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 37 undvom 29. Mai 2001 - BVerwG 4 B 33.01 - Buchholz 406.12 § 5 BauNVO Nr. 7; BVerwG, B.v. 9.10.2003 - 4 B 85/03 - juris Rn. 8).

Nach diesem strengen Maßstab ist vorliegend nicht von der Funktionslosigkeit der Bauraumfestsetzungen des streitgegenständlichen Bebauungsplans auszugehen. Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass auf den südlich des Vorhabengrundstücks gelegenen Grundstücken mit Fl.Nrn. ... und ... bereits Bauraumüberschreitungen durch die Hauptnutzungen vorhanden sind. Auch befinden sich in der Umgebung des Baugrundstücks zahlreiche Nebengebäude außerhalb der festgesetzten Bauräume. Diese Bauraumüberschreitungen sind allerdings nicht geeignet die städtebauliche Gestaltungs- und Ordnungsfunktion der Bauraumfestsetzungen vollständig auszuschalten. Es kann unter gegeben Umständen nicht davon ausgegangen werden, dass die in Rede stehenden Bauraumfestsetzungen bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren haben, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern. Trotz den oben genannten Abweichungen, werden die festgesetzten Bauräume in dem Großteil des Baugebiets eingehalten. Insbesondere liegen die klägerseits angeführten Wintergärten in den Anwesen ...straße 72 und 88 innerhalb des festgesetzten Bauraums. Die gebotene Gesamtbetrachtung ergibt, dass die städtebauliche Zielsetzung der streitgegenständlichen Bauraumfestsetzungen - nämlich eine geordnete, aufgelockerte Bebauung zu ermöglichen - durch die bereits vorhandenen Bauraumüberschreitungen nicht vollständig unmöglich wird.

Daher ist vorliegend festzuhalten, dass die teilweise außerhalb des festgesetzten Bauraums geplante Terrassenüberdachung der Festsetzung über die überbaubare Grundstücksfläche widerspricht.

2. Von den Festsetzungen des Bebauungsplanes kann allerdings nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 BauGB befreit werden. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB steht grundsätzlich im Ermessen der Behörde, das vorliegend seitens der Beklagten bei ihrer Ablehnungsentscheidung vom 13. Oktober 2014 nicht ordnungsgemäß ausgeübt wurde. Da auch keine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich der Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung wegen Überschreitung der südlichen Baugrenze durch das streitgegenständliche Bauvorhaben vorliegt, scheidet eine Verpflichtung der Beklagten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, aus, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.

Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abwägung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

2.1 Vorliegend werden die Grundzüge der Planung durch die Verwirklichung des streitgegenständlichen Bauvorhabens nicht berührt.

Mit dem Begriff „Grundzug der Planung“ umschreibt § 31 Abs. 2 BauGB die planerische Grundkonzeption, die den Bebauungsplanfestsetzungen zugrunde liegt und in ihnen zum Ausdruck kommt. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-) Planung möglich ist. Von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind, kann nur dann befreit werden, wenn die jeweilige Abweichung für das Planungsgefüge von untergeordneter Bedeutung ist. Festsetzungen zu den überbaubaren Grundstücksflächen (Baulinien, Baugrenzen, Bebauungstiefen), mit denen Bauräume festgelegt und eine planerische Abgrenzung der überbaubaren von den nicht bebaubaren Grundstücksflächen erfolgt, gehören regelmäßig zu den das planerische Konzept wesentlich tragenden Regelungen. Eine Befreiung hiervon kommt daher nur in Betracht, wenn und soweit die Abweichung für das Planungsgefüge von untergeordneter Bedeutung ist.

Davon ist hier nach den Umständen des Falles und insbesondere unter Berücksichtigung der Bebauung auf den südlich des Vorhabens liegenden Grundstücken ...straße 28 und 34 (Fl.Nr. ... und ...) auszugehen. Für diese Bauraumüberschreitungen hat die Beklagte Befreiungen wegen Überschreitung der westlichen Baugrenze nach § 31 Abs. 1 BauGB erteilt. Zudem hat der gerichtliche Augenschein ergeben, dass sich auf den in unmittelbarer Nähe des Vorhabengrundstücks liegenden Grundstücken, zahlreiche Nebengebäude - wie Garten- und Gerätehäuser - außerhalb der festgesetzten Bauräume finden.

Bei der Bauraumüberschreitung durch die streitgegenständliche Terrassenüberdachung um 1,26 m handelt es sich um eine - gemessen an den Bauraumüberschreitungen auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und ... - geringfügige Abweichung, die mit Blick auf die Umgebungsbebauung keine ins Gewicht fallende Veränderung der planerischen Situation bewirkt, sich also im Rahmen der vorhandenen Überschreitungen bewegt und daher die Grundzüge der Planung nicht berührt.

2.2 Weiter liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB vor. Die Befreiung ist städtebaulich vertretbar, denn es steht außer Frage, dass die Zulassung einer Bebauung im Bereich außerhalb der festgesetzten Bauräume auch durch eine entsprechende bauplanerische Festsetzung hätte ermöglicht werden können (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.1998 - 4 C 16/97, BVerwGE 108, 190 - juris RdNr. 36).

Die Befreiung ist schließlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Insbesondere verletzt das streitgegenständliche Vorhaben entgegen der Auffassung der Beklagten nicht das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme in seiner besonderen Ausprägung der Grundsätze der sog. Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 19.3.2015 - 4 C 12/14 - juris; U.v. 19.03.2015 - 4 B 65/14 - juris; U.v. 5.12.2013 - 4 C 5/12, BVerwGE 148, 290 - juris; U.v. 24.02.2014 - 4 C 12/98 - juris; BayVGH, U.v. 11.12.2014 - 2 BV 13.789 - juris).

2.2.1 Ist in einem Bebauungsplangebiet - wie vorliegend - offene Bauweise festgesetzt, sind nach § 22 Abs. 2 BauNVO Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen mit einer Länge von bis zu 50 m zulässig. Ein Doppelhaus im Sinne dieser Vorschrift ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch ein Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Ein Doppelhaus entsteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann, wenn zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Erforderlich ist weiterhin, dass die beiden „Haushälften“ in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden, da insoweit das Erfordernis der baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element enthält (BVerwG, U.v. 24.2.2000, a. a. O., Rn. 20). Bei den quantitativen Kriterien handelt es sich um die Kriterien der Geschossigkeit, der Gebäudehöhe, des oberirdischen Brutto-Raumvolumens sowie der Bebauungstiefe. Bei dem qualitativen Element geht es um eine spezifische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes, die darin liegt, dass das Doppelhaus den Gesamteindruck einer offenen, aufgelockerten Bebauung nicht stört, weil es wie ein Gebäude erscheint. Entscheidend ist hier, ob die wechselseitige Verträglichkeit der grenzständigen Gebäude noch gegeben ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 - 4 C 12/14 - juris Rn. 19).

Die Zulässigkeit einer Bebauung als Doppelhaus setzt in Gebieten der offenen Bauweise den wechselseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze voraus (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - juris Rn. 22). Dieser Verzicht bindet die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs ein: Ihre Baufreiheit wird zugleich erweitert und beschränkt. Durch die Möglichkeit des Grenzanbaus wird die bauliche Nutzbarkeit der (häufig schmalen) Grundstücke erhöht. Diese enge Wechselbeziehung, die jeden Grundstückseigentümer zugleich begünstigt und belastet, ist Ausdruck einer planungsrechtlichen Konzeption, die ein nachbarliches Austauschverhältnis begründet, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden darf (vgl. BVerwG, U.v. 24.02.2000 - 4 C 12/98 - juris Rn. 21). Diese Interessenlage rechtfertigt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dem Bauherrn eine Rücksichtnahmeverpflichtung aufzuerlegen, die eine grenzständige Bebauung ausschließt, wenn er den bisher durch das Doppelhaus gezogenen Rahmen überschreitet.

2.2.2 Nach diesen Grundsätzen entspricht das streitgegenständliche Vorhaben den erhöhten Anforderungen an gegenseitiger Rücksichtnahme im Rahmen des besonderen nachbarlichen Austauschverhältnisses nach den oben dargestellten Grundsätzen der sog. Doppelhausrechtsprechung.

Bei dem Gebäude der Kläger und dem Nachbargebäude ...straße 66 handelt es sich um ein Doppelhaus im Sinne des § 22 Abs. 2 BauNVO, so dass das streitgegenständliche Bauvorhaben an diesen besonderen Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts zu messen ist. Beide Gebäude sind an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinandergebaut und bilden gemeinsam ein einheitliches Baukörper. Dieser Charakter eines Gesamtbaukörpers geht vorliegend auch nicht dadurch verloren, dass mit der Verwirklichung des beantragten Bauvorhabens an die südliche Außenwand der klägerischen Doppelhaushälfte eine seitlich verglaste Terrassenüberdachung angebaut wird. Es ist davon auszugehen, dass beide „Haushälften“ auch nach Verwirklichung der beantragten Baumaßnahme in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut bleiben, da sie sowohl nach den quantitativen als auch nach qualitativen Kriterien eine bauliche Einheit bilden.

Nach den quantitativen Kriterien bleibt vorliegend der Charakter eines Doppelhauses als eine bauliche Einheit gewahrt. Durch den Anbau der streitgegenständlichen Terrassenüberdachung verändert sich weder die Geschossigkeit noch die Gebäudehöhe des klägerischen Anwesens. Hierbei ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der gemeinsamen Höhe der aneinander gebauten Gebäude für das Maß der Übereinstimmung beider Gebäude eine besondere Bedeutung zukommt (BVerwG, U.v. 19.3.2015 - 4 C 12/14 - juris Rn. 17).

Zwar tritt die geplante Terrassenüberdachung 3,76 m vor die südliche Außenwand der klägerischen Doppelhaushälfte und entspricht damit nicht der Bebauungstiefe des Nachbarhauses. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann allerdings eine bauliche Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers selbst dann vorliegen, wenn die ein Doppelhaus bildenden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zueinander versetzt aneinandergebaut sind (BVerwG, U.v. 24.2.2000 - 4 C 12/98 - juris Rn. 18). Ein Doppelhaus ist erst dann nicht mehr gegeben, wenn sich die Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbstständige Baukörper erscheinen (BVerwG, U.v. 24.2.2000 - 4 C 12/98 - juris Rn. 19). Hier geht der Eindruck eines Gesamtbaukörpers nicht durch die gegenüber der Außenwand der nachbarlichen Doppelhaushälfte vortretende, seitlich verglaste Terrassenüberdachung verloren, da die Terrassenüberdachung sowohl wegen der geringen Maße als auch aufgrund der Gestaltung als verglaste Konstruktion nicht wie eine Verlängerung der Außenwand und damit nicht als ein echter Anbau wirkt. Aus der Sicht des westlichen Doppelhausnachbarn tritt die geplante Terrassenüberdachung nur mit der seitlichen Brandschutzwand, die mit der bestehenden Sichtschutzwand vergleichbar ist, und der verglasten, nach Süden herabfallenden Dachkonstruktion, in Erscheinung. Dies ist mit einem massiven Anbau nicht vergleichbar. Beide Doppelhaushälften wirken nach wie vor wie eine bauliche Einheit und nicht wie zwei selbstständige grenzständige Baukörper.

Auch bei der Betrachtung der qualitativen Kriterien ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass das bestehende nachbarliche Austauschverhältnis aufgehoben oder erheblich gestört wird.

Bei der geplanten Terrassenüberdachung handelt es sich um eine verglaste Konstruktion mit einem flach geneigten Dach, die sich von den bestehenden Baukörpern nicht stark abhebt, sondern sich diesen unterordnet. Der Gesamteindruck einer offenen, aufgelockerten Bebauung wird durch die geplante bauliche Veränderung des klägerischen Gebäudes nicht gestört.

2.2.3 Auch im Übrigen erweist sich das streitgegenständliche Bauvorhaben nicht als rücksichtslos. Der geplanten Terrassenüberdachung kommt weder erdrückende noch einmauernde Wirkung gegenüber dem Nachbaranwesen ...straße 66 zu. Insbesondere sind keine unzumutbare Beeinträchtigungen der Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse auf dem Nachbargrundstück durch die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze geplante Trennwand zu erwarten. Mit der Errichtung der geplanten Brandschutzwand wird für den westlichen Nachbarn keine nennenswerte Verschlechterung der bisherigen Situation eintreten, da bereits gegenwärtig eine 3,2 m lange und ca. 2 m hohe Sichtschutzwand an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtet ist.

2.3 Auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB besteht in der Regel kein Rechtsanspruch auf die begehrte Entscheidung. Insoweit erfordert § 31 Abs. 2 BauGB zusätzlich eine Ermessensentscheidung der Baugenehmigungsbehörde, wenn nicht ausnahmsweise eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist. Eine Ermessensreduzierung auf Null kommt allerdings nur in Betracht, wenn allgemein oder im konkreten Einzelfall keine Zweckmäßigkeitserwägungen denkbar sind, die eine Versagung der Befreiung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten rechtfertigen könnten (vgl. BayVGH, U.v. 09.08.2007 - 25 B 05.1339 - juris Rn. 44). Hier ist nicht davon auszugehen, dass keinerlei bauplanungsrechtliche Gesichtspunkte in Betracht kommen, die gegen die Erteilung einer Befreiung sprechen würden.

Die Beklagte hat vorliegend die Erteilung einer Befreiung im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, durch das streitgegenständliche Bauvorhaben trete eine wesentliche Veränderung des Erscheinungsbildes des Doppelhauses ein. Zudem beeinträchtige das Vorhaben nachbarschützenden Belange. Da die Beklagte sichtlich davon ausgegangen ist, dass bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht gegeben sind, lässt der streitgegenständliche Bescheid vom 13. Oktober 2014 jede Ermessenserwägungen vermissen. Insbesondere hätte sich die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung mit den in dem Plangebiet bereits vorhandenen Bauraumüberschreitungen durch Haupt- und Nebengebäude auseinander setzen müssen.

3. Im Übrigen entspricht das Bauvorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. ... ..., § 30 Abs. 1 BauGB. Insbesondere hält sich das Vorhaben im Rahmen der Festsetzung der offenen Bauweise nach § 22 Abs. 2 BauNVO, da das Doppelhaus der Kläger auch mit der Verwirklichung der geplanten Baumaßnahme das Erscheinungsbild des Gesamtbaukörpers behält (vgl. unter 2.2).

II.

Schließlich stehen dem Vorhaben keine sonstige Ablehnungsgründe bauordnungsrechtlicher Art gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO entgegen. Entgegen der Auffassung der Beklagten bedarf es vorliegend nicht der Erteilung einer Ausnahme wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen gemäß Art. 63 Abs. 2 BayBO. Für die geplante Brandschutzwand an der westlichen Grundstücksgrenze fallen gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen an, da vorliegend nach bauplanungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden darf. Die klägerische Doppelhaushälfte bildet gemeinsam mit der nachbarlichen Doppelhaushälfte ein Doppelhaus und ist somit zulässigerweise an die gemeinsame Grundstücksgrenze angebaut (vgl. ausführlich unter 2.2, 2.2.2). Durch den streitgegenständlichen Anbau verlässt der Grenzanbau der Kläger nicht den zulässigen Rahmen im Sinne der offenen Bauweise nach § 22 Abs. 2 BauNVO, da er nach wie vor einen Gesamtbaukörper mit dem Nachbargebäude bildet und daher ein Doppelhaus im Sinne des Gesetzes bleibt (vgl. ausführlich unter 2.2.2).

III.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 155 Abs. 1 VwGO, da die Kläger nur mit ihrem Hilfsantrag, nicht jedoch mit dem Verpflichtungsantrag Erfolg hatten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 6.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 5 Diplom-Juristen aus dem Beitrittsgebiet


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Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

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(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

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(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

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(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut wer

Baugesetzbuch - BBauG | § 10 Beschluss, Genehmigung und Inkrafttreten des Bebauungsplans


(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung. (2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden. (3) Die Er

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(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden. (2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der i

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 19 Grundflächenzahl, zulässige Grundfläche


(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind. (2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen An

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Verwaltungsgericht München Urteil, 25. Jan. 2016 - M 8 K 14.5171 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. August 2014 wird zurückgewiesen.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. März 2015 - 4 C 12/14

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Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Erweiterung ihres grenzständig errichteten Wohnhauses.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 05. Dez. 2013 - 4 C 5/12

bei uns veröffentlicht am 05.12.2013

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid für eine grenzständige Bebauung.

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(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind.

(2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf.

(3) Für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Ist eine Straßenbegrenzungslinie nicht festgesetzt, so ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die hinter der tatsächlichen Straßengrenze liegt oder die im Bebauungsplan als maßgebend für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche festgesetzt ist.

(4) Bei der Ermittlung der Grundfläche sind die Grundflächen von

1.
Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten,
2.
Nebenanlagen im Sinne des § 14,
3.
baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, durch die das Baugrundstück lediglich unterbaut wird,
mitzurechnen. Die zulässige Grundfläche darf durch die Grundflächen der in Satz 1 bezeichneten Anlagen bis zu 50 vom Hundert überschritten werden, höchstens jedoch bis zu einer Grundflächenzahl von 0,8; weitere Überschreitungen in geringfügigem Ausmaß können zugelassen werden. Im Bebauungsplan können von Satz 2 abweichende Bestimmungen getroffen werden. Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, kann im Einzelfall von der Einhaltung der sich aus Satz 2 ergebenden Grenzen abgesehen werden
1.
bei Überschreitungen mit geringfügigen Auswirkungen auf die natürlichen Funktionen des Bodens oder
2.
wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde.

(5) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, darf die zulässige Grundfläche in Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten durch die Grundflächen von Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme aus solarer Strahlungsenergie und Windenergie überschritten werden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.

(2) Zulässig sind

1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude,
2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen,
3.
sonstige Wohngebäude,
4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse,
5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
6.
sonstige Gewerbebetriebe,
7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
8.
Gartenbaubetriebe,
9.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Erweiterung ihres grenzständig errichteten Wohnhauses.

2

Der Kläger und die Beigeladenen sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Abgesehen von einer Baustufenordnung fehlen bauplanerische Festsetzungen. Auf dem Grundstück der Beigeladenen wurde 1967 grenzständig zum Grundstück des Klägers ein zweigeschossiges Wohnhaus mit traufständigem Satteldach (30°) und einer Wohnfläche von 127,93 qm errichtet; das Gebäude ist etwa 9 m tief und 9 m breit. Hinzu treten eine zum nordöstlich liegenden Nachbargrundstück grenzständige Garage sowie ein Wintergarten im hinteren Grundstücksteil. Das Grundstück des Klägers wurde 1983 grenzständig zum vorhandenen Gebäude auf dem Grundstück der Beigeladenen mit einem zweigeschossigen Wohngebäude mit traufständigem Satteldach (35°) bebaut. Dieses Gebäude verfügt über eine Wohnfläche von etwa 177 qm und trat sowohl zur Straßen- als auch zur Gartenseite um 1 m gegenüber dem Gebäude der Beigeladenen vor. Seine Firsthöhe liegt etwa 1,50 m höher als bei dem Gebäude der Beigeladenen.

3

Der angegriffene Bescheid der Beklagten genehmigt den Umbau und die Erweiterung des Gebäudes der Beigeladenen durch eine straßenseitige Erweiterung des Bestandsgebäudes mit einem zum Grundstück des Klägers hin grenzständigen, zweigeschossigen und 5 m tiefen Anbau, der gegenüber dem Gebäude des Klägers um 4 m hervortritt, mit einem Satteldach und einer Dachneigung von 30°. Die Giebelseite des Anbaus ist zur Straße ausgerichtet. Am Standort des früheren Wintergartens ist ein an die Garage angebauter Abstellraum mit einem gemeinsamen Satteldach vorgesehen.

4

Die gegen den Bescheid gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verstößt die angefochtene Baugenehmigung nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, insbesondere nicht gegen die Anforderungen der "Doppelhausrechtsprechung" des Bundesverwaltungsgerichts. Die beiden Gebäude bildeten auch nach dem genehmigten Umbau ein Doppelhaus. Maßgeblich seien sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte. Im Interesse einer möglichst rechtssicheren Handhabung sei ein einheitlicher Baukörper unter den quantitativen Aspekten Geschossigkeit, Bautiefe und Gebäudehöhe der grenzständigen Gebäudeteile sowie des oberirdischen Brutto-Raumvolumens im Regelfall nicht mehr anzunehmen, wenn sich nur eines der genannten Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheide. Diesen Rahmen wahre das Bauvorhaben der Beigeladenen. Auch qualitative Gesichtspunkte sprächen nicht gegen ein Doppelhaus. Das Haupthaus der Beigeladenen und das Haus des Klägers wiesen identische Dachformen und Neigungen auf. Die Firste beider Gebäude seien parallel zur Straße ausgerichtet. Auch der Anbau trage ein Satteldach. Dessen abweichende Ausrichtung sei dem Orts- und Stadtbild geschuldet. Durch den Anbau schließe das Haus zur Bauflucht des nordöstlich gelegenen Nachbargebäudes auf. Die Gebäude des Klägers und der Beigeladenen würden so optisch in die übrige Bebauung integriert. Das Gebot der Rücksichtnahme werde ferner weder durch eine Verschattung des klägerischen Wohnzimmers verletzt noch wirke der genehmigte Bau erdrückend. Beeinträchtigungen durch Regenwasser und Schneebretter seien im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen. Abstandflächenrechtliche Vorschriften seien nicht verletzt.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Fortentwicklung der Grundsätze der Rechtsprechung zum planungsrechtlichen Begriff des Doppelhauses zugelassen. Von diesem Rechtsmittel hat der Kläger Gebrauch gemacht. Die Beklagte und die Beigeladenen verteidigen das Urteil.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision führt zur Zurückverweisung an die Vorinstanz (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht ist unter Anlegung bundesrechtswidriger Maßstäbe (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zu dem Ergebnis gelangt, dass die angegriffene Baugenehmigung Rechte des Klägers nicht verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

7

1. Die Annahmen des Oberverwaltungsgerichts zum Außerkrafttreten der Baustufenordnung der Stadt D. und zum Prüfungsumfang eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 68 BauO NW beruhen auf der Auslegung irrevisiblen Landesrechts und unterliegen keiner revisionsgerichtlichen Prüfung (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO).

8

2. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, das genehmigte Vorhaben sei weder wegen seines Schattenwurfs noch wegen einer erdrückenden Wirkung dem Kläger gegenüber rücksichtslos.

9

Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Dies ist der Fall, wenn das genehmigte Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in unmittelbarer Nähe vorhandene Bebauung fehlt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385 f.>). Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen geprüft und als Tatgericht verneint. Dies ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

10

3. Das Berufungsurteil verletzt demgegenüber Bundesrecht, soweit es einen Verstoß gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme "im Hinblick auf die auch im unbeplanten Innenbereich anwendbare Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts" verneint hat.

11

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme kann vorliegen, wenn sich ein Vorhaben entgegen § 34 Abs. 1 BauGB nach den dort genannten Merkmalen nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Maßgebend für den Verstoß gegen Rechte eines Nachbarn ist insoweit, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 21 m.w.N.). Der Senat hat diese Aussagen für Doppelhäuser konkretisiert: Ist ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen im Sinne von § 22 Abs. 2 BauNVO den maßgeblichen Rahmen bilden, so fügt sich ein grenzständiges Vorhaben im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich nicht nach der Bauweise ein, das unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäude ein Doppelhaus zu bilden. Ein solches Vorhaben verstößt gegenüber dem Eigentümer der bisher bestehenden Doppelhaushälfte grundsätzlich gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Ls. 1). Diesen Rechtsgrundsatz legt das Oberverwaltungsgericht zugrunde, wenn es - stark verkürzend - auf die "Doppelhausrechtsprechung im unbeplanten Innenbereich" (UA S. 8 f.) verweist.

12

a) Das Oberverwaltungsgericht durfte ohne Verstoß gegen Bundesrecht bei der Auslegung des § 34 Abs. 1 BauGB die Vorschriften der Baunutzungsverordnung als Auslegungshilfe heranziehen. Sie definieren, was die Begriffe der offenen oder geschlossenen Bauweise meinen. Aus diesem Grund kann im unbeplanten Innenbereich auf den Begriff des Doppelhauses der Baunutzungsverordnung zurückgegriffen werden, um Vorhaben zu würdigen (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 12; Lemmel, in: FS Schlichter, 1995, S. 353 <355 f.>). Hieran hält der Senat fest. Der Revision ist zuzugeben, dass der Gesetzgeber nicht an die Begriffe der Baunutzungsverordnung gebunden ist und § 34 BauGB in seinem Absatz 1 anders als in Absatz 2 auf die Baunutzungsverordnung nicht Bezug nimmt. Angesichts des Wortlauts des § 34 Abs. 1 BauGB liegt jedoch die Annahme fern, der Gesetzgeber habe den dort verwendeten Begriffen eine von den Begriffen der Baunutzungsverordnung abweichende Bedeutung zumessen wollen. Auch die Revision benennt hierfür keinen Anhaltspunkt.

13

b) Das Oberverwaltungsgericht hat offengelassen, ob der nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebliche Rahmen der näheren Umgebung durch Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen i.S.v. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gebildet wird oder ob eine Gemengelage verschiedener Bauweisen vorliegt. Bundesrechtlich war ihm diese Vorgehensweise nicht versperrt. Ob die nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebende Umgebung einer Bebauung in offener Bauweise im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO entspricht oder mit Blick auf dieses Merkmal eine "Gemengelage" vorliegt, bedarf keiner Entscheidung, wenn das Gesamtgebäude auch nach Ausnutzung der Genehmigung ein Doppelhaus ist. Denn in beiden Fällen wäre der Bauweise nach ein Doppelhaus zulässig. Hiervon geht das Oberverwaltungsgericht zutreffend aus (UA S. 9). Es legt seiner tatrichterlichen Würdigung aber einen bundesrechtswidrigen Begriff des Doppelhauses zugrunde.

14

Das Oberverwaltungsgericht hat für das Vorliegen eines Doppelhauses quantitative und qualitative Aspekte betrachtet. Unter den quantitativen Aspekten der Geschossigkeit, der Bautiefe, der Gebäudehöhe und des oberirdischen Brutto-Raumvolumens könne ein Doppelhaus im Regelfall nicht mehr angenommen werden, wenn sich auch nur eines dieser Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheide (UA S. 10). Es müsse auch in qualitativer Hinsicht der Charakter eines Doppelhauses gewahrt bleiben. Diese Anforderungen versteht das Oberverwaltungsgericht nach den weiteren Ausführungen nicht als notwendige, sondern als hinreichende Bedingungen für das Vorliegen eines Doppelhauses, die getrennt voneinander zu prüfen sind. Wann das Fehlen eines Regelfalls zu einem anderen Ergebnis führen kann, bleibt offen. Dieses Begriffsverständnis ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

15

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual festlegen, in welchem Umfang die beiden Haushälften an der Grenze zusammengebaut sein müssen (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <360>). Hieran hält der Senat fest. Auch für die weiteren vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen quantitativen Kriterien ist eine mathematisch-prozentuale Festlegung nicht möglich.

16

Der Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO verlangt, dass das Doppelhaus ein Gebäude mit seitlichem Grenzabstand ist. Zwei selbständige Baukörper, die sich an der Grenze berühren, aber praktisch allseitig freistehend sind, bilden kein Doppelhaus (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <358 f.>). Der Begriff des Doppelhauses hat dabei vom Ziel der offenen Bauweise auszugehen. Leitbild ist ein Haus, das nach beiden Seiten mit Grenzabstand errichtet wird und so einen Vorgarten mit einem Hausgarten verbindet (Boeddinghaus, in: Boeddinghaus/Grigoleit, BauNVO, 6. Aufl. 2014, § 22 BauNVO Rn. 17). Die grundsätzlich nach beiden Seiten geforderten Grenzabstände sollen dabei als die Bebauung gliedernde und auflockernde Elemente wahrgenommen werden (König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 22 Rn. 17). Ein einseitig grenzständiger Bau fügt sich in dieses System nur ein, wenn das gegenseitige Abstandsgebot an der Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <359>).

17

Der vom Oberverwaltungsgericht gewählte mathematisch-prozentuale Ansatz trägt dem nicht Rechnung. Allerdings liegt es nahe, bei der Gebäudehöhe ein Verhältnis als Ausgangspunkt zu wählen, weil dieses nach außen besonders sichtbar wird. Eine gemeinsame Gebäudehöhe ist für das Maß der Übereinstimmung beider Gebäude deshalb von besonderer Bedeutung. Für eine feste oder indizielle Grenze von 50 % fehlt indes jeder Anhalt. Bei der Bautiefe liegt es anders: Ob ein Versprung durch unterschiedliche Bautiefen den Eindruck eines gemeinsamen Baukörpers aufhebt und das Grenzgrundstück abriegelt, hängt nur zum Teil davon ab, auf welcher Länge die Gebäude aneinander gebaut sind, namentlich, wenn die Länge der gemeinsamen Wand nicht sichtbar ist. Es sind regelmäßig weitere Kriterien in Betracht zu ziehen, etwa die Höhe der einseitig grenzständigen Wand sowie die Frage, ob der Versprung in voller Länge auf einer Gebäudeseite auftritt oder in jeweils geringerem Maße Vorder- und Rückseite belastet. Diese Einwände sprechen auch gegen einen mathematisch-prozentualen Maßstab beim oberirdischen Brutto-Raumvolumen, weil dieses durch Gebäudehöhe und Bautiefe maßgeblich mitbestimmt wird. Schließlich macht es für das Maß an hinnehmbarer Abweichung keinen Unterschied, ob die Gebäude ursprünglich übereinstimmend eingeschossig oder übereinstimmend zweigeschossig sind. Insoweit ist die Betrachtung eines Verhältnisses als Ausgangspunkt verfehlt.

18

Trotz des unzutreffenden rechtlichen Ansatzes verstößt die Annahme des Oberverwaltungsgerichts nicht gegen Bundesrecht, dass die quantitativen Kriterien jeweils für sich den Charakter eines Doppelhauses auch in der Gestalt der angegriffenen Genehmigung nicht aufheben. Dies liegt für die Kriterien der Geschossigkeit, der Gebäudehöhe und des oberirdischen Brutto-Raumvolumens auf der Hand. Hinsichtlich der Bautiefe gestatten die tatrichterlichen Feststellungen zum Schattenwurf und zur verneinten erdrückenden Wirkung den Schluss, dass der Charakter eines Doppelhauses insoweit noch gewahrt ist.

19

bb) Die tatrichterliche Würdigung der qualitativen Kriterien verstößt gegen Bundesrecht. Die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus hängt nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Es kann daher das Vorliegen eines Doppelhauses mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 16). Es geht um eine spezifische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <361>), die darin liegt, dass das Doppelhaus den Gesamteindruck einer offenen, aufgelockerten Bebauung nicht stört, eben weil es als ein Gebäude erscheint. Es kommt also für die Frage, ob grenzständige Gebäude ein Doppelhaus bilden, auf die wechselseitige Verträglichkeit dieser Gebäude an (so für eine Hausgruppe auch BVerwG, Beschluss vom 19. März 2015 - 4 B 65.14 - juris Rn. 6). Diesen Blick hat sich das Oberverwaltungsgericht verstellt, als es für die Würdigung der unterschiedlichen Dachausrichtung nicht das Gebäude des Klägers in den Blick genommen, sondern jedenfalls auch für maßgeblich gehalten hat, dass der Anbau zur Bauflucht des Hauses auf dem zur anderen Seite benachbarten Grundstück aufschließe und so optisch in die übrige Bebauung integriert werde.

20

cc) Schließlich verstößt das angegriffene Urteil gegen Bundesrecht, weil es an der gebotenen Gesamtwürdigung des Einzelfalls fehlt.

21

Qualitative und quantitative Kriterien dürfen nicht nur isoliert betrachtet werden: Denn es ist ebenso denkbar, dass größere quantitative Abweichungen bei deutlich einheitlicher Gestaltung hingenommen werden können, wie es vorstellbar ist, dass eine deutlich abweichende Gestaltung in ihrer Wirkung gemildert wird, weil die Gebäudeteile in quantitativer Hinsicht stark übereinstimmen. Eine isolierte Betrachtung vernachlässigt auch, dass Fälle denkbar sind, in denen erst das Zusammenwirken quantitativer und qualitativer Kriterien den Charakter eines Doppelhauses entfallen lässt. Das Oberverwaltungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob insbesondere der Unterschied in der Bautiefe zusammen mit der abweichenden Gestaltung des Anbaus in ihrem Zusammenwirken den Charakter eines Doppelhauses aufheben.

22

4. Die Auslegung der Regelungen zur Abstandfläche in § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 Buchst. b BauO NRW ist revisibel, soweit die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Doppelhausbebauung in Rede steht, weil die landesrechtliche Norm an die bundesrechtliche Regelung lediglich anknüpft (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 4. November 1976 - 5 C 73.74 - BVerwGE 51, 268 <273> und vom 7. Juni 2006 - 4 C 7.05 - BRS 70 Nr. 84 S. 449 f.; zum Begriff des Doppelhauses bei Auslegung des § 6 Abs. 1 BauO NW vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. April 2012 - 4 B 42.11 - BRS 79 Nr. 95 Rn. 8). Auch insoweit liegt ein Verstoß gegen Bundesrecht vor, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt.

23

5. Der Bundesrechtsverstoß zwingt zur Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO) zur Klärung der Fragen, ob das Gesamtgebäude nach dem Umbau weiterhin ein Doppelhaus bildet und - verneinendenfalls - ob die maßstabsetzende Bebauung nach der Bauweise eine einseitig grenzständige Bebauung nur in Form eines Doppelhauses zulässt.

24

Auf die Verfahrensrügen kommt es nicht an. Sie könnten, ihre Begründetheit unterstellt, ebenfalls nur zur Zurückverweisung führen. Zur Forderung der Revision, der Senat des Oberverwaltungsgerichts habe den Augenschein in voller Besetzung einholen müssen, weist der Senat aber auf Folgendes hin: Für die Frage, ob ein Gericht nach § 96 Abs. 2 VwGO schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen kann, gelten die Kriterien für die Beweisaufnahme durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter im vorbereitenden Verfahren nach § 87 Abs. 3 Satz 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. April 1994 - 1 B 14.94 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 54 S. 2 f.). Es kommt darauf an, dass von vornherein anzunehmen ist, dass das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag. Dies gilt auch für Ortsbesichtigungen (BVerwG, Beschluss vom 15. August 1997 - 4 B 130.97 - Buchholz 310 § 87 VwGO Nr. 9 S. 2). Dass nach diesen Maßstäben eine Ortsbesichtigung durch den Senat des Oberverwaltungsgerichts erforderlich sein könnte, hat die Revision nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 2014 - 7 B 27.14 - NVwZ-RR 2015, 94 Rn. 6).

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. August 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos.

2

I. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 9. April 2014 - 4 BN 3.14 - ZfBR 2014, 479 Rn. 2).

4

Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob

bei der Prüfung der Frage, ob ein grenzständiger Anbau noch das Erfordernis der baulichen Einheit gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO entsprechend den planerischen Festsetzungen wahrt, zu berücksichtigen ist,

welche weiteren Bebauungen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hausgrundstück der Betroffenen zulässig sind

und ob die Betroffenen selbst die Möglichkeit haben, durch eine intensivere bauliche Nutzung ihres Grundstückes die Nachbarbebauung zu kompensieren.

5

Diese Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Eine Klärung durch eine höchstrichterliche Entscheidung in einem Revisionsverfahren ist nicht erforderlich, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt (BVerwG, Beschlüsse vom 24. August 1999 - 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> und vom 16. November 2004 - 4 B 71.04 - NVwZ 2005, 449 <450>). So liegt es hier.

6

Nach der Rechtsprechung des Senats erfordert der planungsrechtliche Begriff des Doppelhauses im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (BVerwG, Urteile vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <357 ff.> und vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 13). Für den Begriff der Hausgruppe im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gelten diese Grundsätze entsprechend. Aus ihnen folgt, dass es für die Frage, ob grenzständige Gebäude eine Hausgruppe bilden, allein auf die wechselseitige Verträglichkeit dieser Gebäude ankommt. Dies schließt es sowohl aus, die Bebauung anderer Grundstücke als der Hausgruppe in den Blick zu nehmen, als auch, bestehende oder fehlende Bebauungsmöglichkeiten zu betrachten. Maßgebend ist allein, ob das Bauvorhaben mit der vorhandenen grenzständigen Bebauung eine Hausgruppe bildet.

7

II. Die Revision ist nicht wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

8

Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 - 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

9

Anders als die Beschwerde meint, weicht das angegriffene Urteil nicht von dem Senatsurteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - (BVerwGE 148, 290 Rn. 22 f.) ab. Das Oberverwaltungsgericht hat an der von der Beschwerde angeführten Stelle (UA S. 11) angenommen, dass es für die Auslegung des § 22 BauNVO allein auf die Verhältnisse innerhalb der jeweiligen Hausgruppe ankommt. Dies steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats, dass für den Zulässigkeitsmaßstab des § 34 Abs. 1 BauGB die Umgebungsbebauung maßgeblich ist (a.a.O.). Denn während sich das Oberverwaltungsgericht zu der Frage äußert, ob eine Bebauung in der offenen Bauweise zulässig ist, betrifft die Aussage des Senats die Frage, wann das Einfügen in die nähere Umgebung eine offene Bauweise erfordert. Dies sind unterschiedliche Fragen. Im Übrigen übersieht die Beschwerde, dass § 34 Abs. 1 BauGB im Streitfall keine Bedeutung zukommt, weil das angegriffene Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans errichtet wurde.

10

III. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

11

1. Die Beschwerde hält die gerichtliche Aufklärungspflicht für verletzt, weil das Oberverwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, die Örtlichkeit in Augenschein zu nehmen, abgelehnt und angenommen hat, dem Gericht erschlössen sich die örtlichen Verhältnisse durch die vorliegenden Lichtbilder und Karten (UA S. 15).

12

Dies führt nicht auf einen Verfahrensfehler. Lichtbilder und Lagepläne sind im Rahmen von § 86 Abs. 1 VwGO unbedenklich verwertbar, wenn sie die Örtlichkeiten in ihren für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Merkmalen so eindeutig ausweisen, dass sich der mit einer Ortsbesichtigung erreichbare Zweck mit ihrer Hilfe ebenso zuverlässig erfüllen lässt. Ist dies der Fall, so bedarf es unter dem Gesichtspunkt des Untersuchungsgrundsatzes keiner Durchführung einer Ortsbesichtigung. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein Beteiligter geltend macht, dass die Karten oder Lichtbilder in Bezug auf bestimmte, für die Entscheidung wesentliche Merkmale keine Aussagekraft besitzen, und dies zutreffen kann (BVerwG, Urteil vom 14. November 1991 - 4 C 1.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236; Beschluss vom 3. Dezember 2008 - 4 BN 26.08 - BRS 73 Nr. 91 Rn. 3).

13

Dem Oberverwaltungsgericht lagen Lichtbilder aus dem Eilverfahren und dem Hauptsacheverfahren vor, ferner Planunterlagen. Die Beschwerde legt nicht dar, inwieweit diese Unterlagen unzureichend gewesen sein sollten. Dass die Verhältnisse auf den Grundstücken beengt sind, hat das Oberverwaltungsgericht erkannt und gewürdigt (UA S. 11 f.) und hinsichtlich der Besonnung, Belichtung und Belüftung auf die bloße Eingeschossigkeit des Anbaus und den von der Klägerin errichteten Sichtschutz verwiesen (UA S. 13). Welche weiteren Erkenntnisse sich die Klägerin von einer Ortsbesichtigung verspricht, legt sie nicht substantiiert dar.

14

2. Die Klägerin zeigt auch keinen Verfahrensfehler mit der Rüge auf, das Oberverwaltungsgericht hätte aufklären müssen, ob es sich bei dem Anbau um einen unbeheizten Wintergarten oder eine beheizte Wohnraumerweiterung gehandelt habe, weil im letztgenannten Fall die Privilegierung nach § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 LBauO RP nicht eingreife und daher Abstandsflächen nach § 8 Abs. 1 LBauO RP einzuhalten seien. Maßgeblich für die Frage, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist der materiell-rechtliche Standpunkt des Tatsachengerichts, auch wenn dieser rechtlichen Bedenken begegnen sollte (stRspr, BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>). Das Oberverwaltungsgericht hat aber nicht angenommen, dass der streitgegenständliche Anbau wegen § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 LBauO RP keine Abstandsflächen einhalten müsse, sondern hat seine Annahme auf § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBauO RP gestützt. Dass es mit Blick auf diese Norm auf die Nutzung und Ausstattung des Anbaus ankommen könnte, legt die Beschwerde nicht dar.

15

3. Der Vorwurf der Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht habe den Umfang des Vorhabens unberücksichtigt gelassen, zeigt keinen Verfahrensfehler auf, sondern wendet sich gegen die Anwendung nicht revisiblen Landesrechts. Dies kann nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen. Dass es zur Feststellung der baulichen Maße des Anbaus und der Grundstücksgröße einer Ortsbesichtigung bedurft haben könnte, legt die Beschwerde nicht einmal im Ansatz dar.

16

Von einer weiteren Begründung, namentlich zur Beschwerdebegründung in dem Schriftsatz vom 11. November 2014, sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid für eine grenzständige Bebauung.

2

Kläger und Beigeladener sind Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke in K.... Diese sind mit einem Doppelwohnhaus mit jeweils zwei Geschossen und einem Dachgeschoss bebaut. Das Gebäude verfügt über ein Satteldach mit einer Firsthöhe von 11,60 m. Die Haushälften stehen mit vier bzw. sechs Metern Abstand zur festgesetzten Baufluchtlinie. Die Haushälfte des Beigeladenen wurde 1954, die des Klägers 1971 errichtet. Die übrige Bebauung der Straße besteht auf der einen Straßenseite - abgesehen von einem freistehenden zweigeschossigen Wohngebäude - aus zwei- oder mehrgeschossigen Häusern, Doppelhäusern oder Hausgruppen, auf der anderen Straßenseite herrscht eine zwei- bis dreigeschossige Bebauung mit Doppelhäusern oder Hausgruppen vor. Außer einem Fluchtlinienplan fehlen bauplanerische Festsetzungen.

3

Der Beigeladene beabsichtigt auf seinem Grundstück die Errichtung eines 15 m hohen viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses mit zusätzlichem Staffelgeschoss und Flachdach. Es soll anstelle der bestehenden Haushälfte ohne Einhaltung von Grenzabständen und unter Ausnutzung der Baufluchtlinie errichtet werden. Für das Vorhaben erteilte das Bauaufsichtsamt der Beklagten den streitgegenständlichen planungsrechtlichen Vorbescheid.

4

Das Verwaltungsgericht wies die gegen den Vorbescheid erhobene Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den streitgegenständlichen Vorbescheid aufgehoben. Der Vorbescheid sei rechtswidrig, weil das geplante Vorhaben mit § 34 Abs. 1 BauGB unvereinbar sei. Es füge sich nach seiner Bauweise nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, die in offener Bauweise gebaut sei. Das Vorhaben des Beigeladenen beseitige das bestehende Doppelhaus, ohne ein neues Doppelhaus zu schaffen. Die beiden Haushälften würden vielmehr bei Realisierung des Vorhabens den Eindruck disproportionaler, zufällig in grenzständiger Weise nebeneinander gestellter Baukörper erwecken. Auf diesen Verstoß gegen § 34 Abs. 1 BauGB könne sich der Kläger berufen. Denn mit der Doppelhausbebauung gingen die Grundstückseigentümer ein nachbarliches Austauschverhältnis ein, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden dürfe.

5

Mit seiner vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Beigeladene geltend, die Rechtsprechung zur nachbarschützenden Wirkung von Festsetzungen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <362 f.>) könne auf den unbeplanten Innenbereich nicht übertragen werden. Die maßgeblichen Fälle seien über das Gebot der Rücksichtnahme nach § 34 Abs. 1 BauGB zu lösen. Danach sei die Klage abzuweisen. Auf den Kläger sei umso weniger Rücksicht zu nehmen, als dieser sein Grundstück baulich nicht vollständig ausnutze.

6

Die Beklagte schließt sich dem Standpunkt des Beigeladenen an.

7

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der streitgegenständliche Vorbescheid ist rechtswidrig (1.) und verletzt den Kläger in seinen Rechten (2.) (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

9

1. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass sich das Vorhaben des Beigeladenen entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der Bauweise nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

10

a) Das Vorhaben des Beigeladenen ist hinsichtlich seiner Bauweise planungsrechtlich an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen, da es insoweit an bauplanerischen Festsetzungen fehlt und das Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegt. Maßstabsbildend im Sinne dieser Vorschrift ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr, Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 48). Das Oberverwaltungsgericht hat als nähere Umgebung die beiden Seiten der R...straße in den Blick genommen (UA S. 9), die Beteiligten haben hiergegen Einwände nicht erhoben.

11

b) In dieser Umgebung befindet sich nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts eine Bebauung mit Doppelhäusern, Hausgruppen und wenigen Einzelhäusern, die das Oberverwaltungsgericht als offene Bauweise bezeichnet.

12

Mit diesen Bezeichnungen greift das Oberverwaltungsgericht ohne Rechtsfehler auf Begriffe der Baunutzungsverordnung zurück. Denn deren Vorschriften können im unbeplanten Innenbereich als Auslegungshilfe herangezogen werden (Beschluss vom 27. Juli 2011 - BVerwG 4 B 4.11 - BRS 78 Nr. 102 Rn. 4; Urteile vom 23. März 1994 - BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278> = Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 168 S. 9 und vom 15. Dezember 1994 - BVerwG 4 C 19.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 173 S. 30). Sie enthalten definitorische Grundsätze, was etwa die Begriffe der offenen oder geschlossenen Bauweise meinen (Beschlüsse vom 7. Juli 1994 - BVerwG 4 B 131.94 - juris Rn. 3 und vom 11. März 1994 - BVerwG 4 B 53.94 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 166 S. 6). Aus diesem Grund konnte das Oberverwaltungsgericht auch auf den Begriff des Doppelhauses der Baunutzungsverordnung zurückgreifen, als es die Eigenart der Umgebungsbebauung, die bestehende Bebauung auf den Grundstücken des Klägers und des Beigeladenen und das streitgegenständliche Vorhaben gewürdigt hat.

13

Im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist ein Doppelhaus eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - a.a.O. S. 357 ff. = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 3 ff.; Beschluss vom 23. April 2013 - BVerwG 4 B 17.13 - BauR 2013, 1427 Rn. 5). Diese Begriffsbestimmung bezeichnet den Begriff des Doppelhauses im Sinne bauplanungsrechtlicher Vorschriften (Beschluss vom 10. April 2012 - BVerwG 4 B 42.11 - ZfBR 2012, 478, juris Rn. 9), also auch für den unbeplanten Innenbereich.

14

Die knappen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur Umgebungsbebauung bieten keinen Anlass für die Annahme, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Feststellung von Doppelhäusern in der näheren Umgebung einen hiervon abweichenden Begriff des Doppelhauses zugrunde gelegt. Nach den Urteilsgründen handelt es sich bei dem gegenwärtigen Gebäude des Klägers und des Beigeladenen "auch" um ein Doppelhaus (UA S. 9). Diese Formulierung setzt einen einheitlichen Begriffsinhalt voraus. Damit steht fest, dass sich in der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks nur solche einseitig grenzständigen Haushälften befinden, die das begrifflich geforderte Mindestmaß an Übereinstimmung aufweisen und deshalb Doppelhäuser im Sinne des Senatsurteils vom 24. Februar 2000 (a.a.O.) sind. Diese mit Revisionsrügen nicht angegriffene Feststellung bindet den Senat (§ 137 Abs. 2 VwGO), insbesondere ist sie nicht zweifelsfrei aktenwidrig (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 137 Rn. 70).

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c) Damit prägen solche Gebäude die nähere Umgebung, die bei bauplanerischer Festsetzung einer offenen Bauweise zulässig sind (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO). Dennoch bestimmt sich die Zulässigkeit des Vorhabens des Beigeladenen hinsichtlich der Bauweise nicht nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO. Die Vorschrift richtet sich an die planende Gemeinde (vgl. Urteil vom 16. September 1993 - BVerwG 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 <154> = Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 118 S. 97). Anders als § 34 Abs. 2 BauGB für die Art der baulichen Nutzung verweist § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Einfügens nach der Bauweise selbst dann nicht auf den Maßstab der Baunutzungsverordnung, wenn die nähere Umgebung der dort definierten offenen oder geschlossenen Bauweise entspricht. Den rechtlichen Maßstab bestimmt vielmehr § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wonach sich das Vorhaben des Beigeladenen nach seiner Bauweise in die nähere Umgebung einfügen muss.

16

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts beseitigt das Vorhaben des Beigeladenen das bestehende Doppelhaus, führt aber nicht zur Entstehung eines neuen Doppelhauses. Es stützt sich für diese Würdigung auf quantitative Abweichungen, die zwei zusätzlichen Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss, die unterschiedliche Höhe der Gebäudehälften und die Erweiterung im viergeschossigen Bereich sowie die zusätzliche Erweiterung im zweigeschossigen Bereich. Hinzu träten qualitative Gesichtspunkte, insbesondere die unterschiedlichen Dachformen (Satteldach auf der einen, Flachdach auf der anderen Seite). Diese Würdigung verstößt nicht gegen Bundesrecht. Zwar mahnt das Urteil vom 24. Februar 2000, den Begriff des Doppelhauses nicht bauordnungsrechtlich zu überladen. In dem städtebaulichen Regelungszusammenhang beurteilt sich die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude noch ein Doppelhaus bilden, allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Stadtbildes verfolgt wird (BVerwGE 110, 355 <361> = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 6). Dennoch hängt die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Es kann daher das Vorliegen eines Doppelhauses mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (Beschluss vom 10. April 2012 - BVerwG 4 B 42.11 - a.a.O. Rn. 12). Die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, bei Verwirklichung des Vorhabens des Beigeladenen entstände der Eindruck disproportionaler, zufällig in grenzständiger Weise nebeneinander gestellter Baukörper, wahrt diesen bundesrechtlichen Maßstab.

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d) Das Vorhaben des Beigeladenen fügt sich damit in den Rahmen der Umgebungsbebauung nicht ein. Denn seine Verwirklichung führt nicht zu einem Doppelhaus, sondern zu einer einseitig grenzständigen Bebauung, für die es in der Umgebung an Vorbildern fehlt. Das Oberverwaltungsgericht hat auch ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass das Vorhaben geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen (Urteile vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 53 und vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 S. 7). Bodenrechtlich beachtliche und bewältigungsbedürftige Spannungen sind dadurch gekennzeichnet, dass das Vorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet und das Bedürfnis hervorruft, die Voraussetzungen für seine Zulassung unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung zu schaffen (Urteil vom 16. September 2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 Rn. 23). Hierfür reicht die mögliche Vorbildwirkung des Vorhabens (Urteil vom 26. Mai 1978 a.a.O.), die ein Bedürfnis nach planerischer Gestaltung auslösen kann (vgl. § 22 Abs. 4 BauNVO).

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2. Das Oberverwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit Bundesrecht angenommen, dass dieser Rechtsverstoß Rechte des Klägers verletzt. Diese Auffassung wird in der Literatur geteilt (Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Juni 2013, § 22 BauNVO Rn. 50; Upmeier, Mampel, BRS-Info 4/2012, S. 19; Aschke, in: Ferner/Kröninger/Aschke, BauGB, 3. Aufl. 2013, § 22 BauNVO Rn. 16; Wolf, Drittschutz im Bauplanungsrecht, Band 11, 2012, S. 175 f.).

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a) Ein Drittschutz kann weder direkt noch analog aus § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hergeleitet werden. Die Vorschrift entfaltet selbst im beplanten Bereich keinen Nachbarschutz. Nachbarschutz vermittelt hier vielmehr die planerische Festsetzung (Urteil vom 24. Februar 2000 a.a.O. S. 362 = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 7), an der es im unbeplanten Bereich fehlt.

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b) Der vom Oberverwaltungsgericht angenommene Drittschutz folgt vielmehr aus dem Gebot der Rücksichtnahme.

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Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn eine angefochtene Baugenehmigung oder ein planungsrechtlicher Vorbescheid gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt (stRspr, Beschluss vom 13. November 1997 - BVerwG 4 B 195.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 189 S. 59; Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 4 C 34.85 - Buchholz 406.11 § 34 BBauGB Nr. 114 S. 64). Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme setzt dabei einen Verstoß gegen das objektive Recht voraus (Urteil vom 26. September 1991 - BVerwG 4 C 5.87 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 103 S. 76 ). Er kann vorliegen, wenn ein Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385 f.> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 52). Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann auch vorliegen, wenn sich ein Vorhaben objektiv-rechtlich nach seinem Maß der baulichen Nutzung, seiner Bauweise oder seiner überbauten Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (Beschluss vom 11. Januar 1999 - BVerwG 4 B 128.98 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 159 S. 3). Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (Urteil vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 S. 99). Es kommt darauf an, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (Urteil vom 19. September 1986 - BVerwG 4 C 8.84 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 71 S. 56).

22

Dies ist hier der Fall: Die Zulässigkeit einer Bebauung als Doppelhaus setzt den wechselseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze voraus. Dieser Verzicht bindet die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs ein. Ihre Baufreiheit wird zugleich erweitert und beschränkt. Durch die Möglichkeit des Grenzanbaus wird die bauliche Nutzbarkeit der Grundstücke erhöht. Das wird durch den Verlust seitlicher Grenzabstände an der gemeinsamen Grenze, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen, "erkauft" (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <359> = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 4). Diese Interessenlage rechtfertigt es, dem Bauherrn eine Rücksichtnahmeverpflichtung aufzuerlegen, die eine grenzständige Bebauung ausschließt, wenn er den bisher durch das Doppelhaus gezogenen Rahmen überschreitet. Sie ist im beplanten und unbeplanten Bereich identisch. Dass die Rücksichtnahmepflichten im beplanten Gebiet auf einer planerischen Konzeption beruhen, führt auf keinen Unterschied. Denn im Fall des § 34 Abs. 1 BauGB ergeben sich die Beschränkungen der Baufreiheit regelmäßig aus der Umgebungsbebauung und nicht aus einer planerischen Konzeption.

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Sachgesetzlichkeiten (Beschluss vom 19. Oktober 1995 - BVerwG 4 B 215.95 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 131 S. 12) fordern keine unterschiedliche Behandlung. Dass der Zulässigkeitsmaßstab bei § 34 Abs. 1 BauGB stets weniger scharf ist, lässt sich nicht sagen. Allerdings ist einzuräumen, dass den Nachbarn größere Hinnahmepflichten treffen, wenn die maßgebliche Umgebungsbebauung eine größere Wahlfreiheit als eine planerische Festsetzung eröffnet (vgl. Beschluss vom 11. März 1994 - BVerwG 4 B 53.94 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 166). So liegt es hier nicht, weil die Umgebungsbebauung nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts einen vergleichsweise engen Rahmen setzt. Anders als bei Festsetzungen nach den §§ 16 ff. BauNVO und § 23 BauNVO (vgl. Beschluss vom 19. Oktober 1995 a.a.O. S. 13) hängt es im Übrigen auch im beplanten Gebiet nicht vom Willen der Gemeinde ab, ob Festsetzungen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hinsichtlich der Nachbarn von Doppelhäusern dem Schutz des Nachbarn dienen. Schließlich kann für die "Doppelhaus"-Fälle eine so einheitliche Interessenlage angenommen werden, dass es jedenfalls grundsätzlich einer Betrachtung der konkreten Situation nicht bedarf. Dass hier ausnahmsweise etwas Anderes gelten könnte, ist nicht ersichtlich. Namentlich reicht der Hinweis des Beigeladenen nicht aus, dass die bestehenden Haushälften die Bebauungsmöglichkeiten derzeit nicht vollständig ausnutzen. Dies betrifft das Maß der baulichen Nutzung, berührt aber das nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu erfüllende Erfordernis eines Einfügens nach der Bauweise nicht.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 12. November 2012 wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die der Beigeladenen am 20. März 2012 im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilte Baugenehmigung zur Erweiterung eines Einfamilienhauses (Anbau) für das Grundstück FlNr. 12874/97 der Gemarkung M. (G-straße ...).

1. Die Kläger sind Eigentümer des östlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks FlNr. 12874/96 (G-straße ...) sowie Miteigentümer des südlich angrenzenden Wegegrundstücks FlNr. 12874/15 (Privatweg). Das Bestandsgebäude der Beigeladenen sowie das Bestandsgebäude der Kläger wurden ursprünglich mit Genehmigung vom 2. Februar 1934 als sogenannte Vierspänner-Siedlung Block I (G-straße ... und ...) genehmigt. Insgesamt besteht die Anlage aus drei aneinandergebauten Blöcken mit je vier aneinandergebauten Hauseinheiten auf jeweils eigenständigen Grundstücken. Die sogenannten Vierspänner-Häuser weisen jeweils im Zentrum einen kleinen Innenhof auf. Die Häuser der Beigeladenen und der Kläger bilden den südlichen Abschluss der zur G-straße hin eine Gesamtlänge von ca. 48 m aufweisenden Hausgruppe. Diese beiden Gebäude wiesen als Besonderheit einen erdgeschossigen Anbau nach Süden hin auf. Dabei war im Kellergeschoß der Beigeladenen eine Garage mit Zufahrt vom Süden und im Kellergeschoß der Kläger ein Kellerraum genehmigt. Im jeweiligen Erdgeschoß befindet sich ein Zimmer. Darauf ist eine Dachterrasse mit Pergola eingezeichnet. Mit Baugenehmigung vom 11. April 1960 wurde für das Kellergeschoss der Beigeladenen ein Umbau dahingehend genehmigt, dass der Garagenraum in eine Garage sowie eine Schleuse aufgeteilt wurde. Die Zufahrt war weiterhin von Süden vorgesehen. Mit Baugenehmigung vom 9. Dezember 1991 wurde im Süden ein grenzständiger Anbau an das Gebäude der Beigeladenen genehmigt. Der bisherige Garagenraum wurde zu einem Kellerraum. Der Anbau im Kellergeschoss enthält eine neue Garage mit einer Zufahrt über eine Rampe von Westen her. Zur gemeinsamen Grenze von Beigeladener und Kläger hin weist der grenzständige Garagenanbau eine Höhe von ca. 2,70 m auf. Davon befinden sich ca. 1,60 m unterhalb der eingezeichneten natürlichen Geländeoberfläche sowie ca. 1,10 m oberhalb der eingezeichneten Geländeoberfläche.

Auf dem Grundstück der Kläger wurde mit Baugenehmigung vom 4. Juni 1991 der ursprüngliche erdgeschossige Anbau um ein erstes Obergeschoss mit Tonnendach erweitert, in welchem sich zwei Kinderzimmer mit einem Südbalkon befinden. Eine geplante Außentreppe vom Balkon in den Garten wurde nicht genehmigt. Im Zusammenhang mit dieser Baugenehmigung hat die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen schriftlich erklärt, sie werde eine eventuelle Terrassenaufstockung im ersten Stock profilgleich mit der Aufstockung der Kläger vornehmen.

Für das Baugrundstück besteht ein übergeleiteter Baulinienplan, welcher eine Straßenbegrenzungslinie sowie eine vordere Baugrenze festsetzt. Weitergehende bauplanungsrechtliche Festsetzungen gibt es nicht.

Am 18. April 2011 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für einen Anbau an das bestehende Einfamilienhaus. Die bisher überwiegend unterirdische Garage soll durch einen Neubau ersetzt werden. Der Bestand wurde entgegen der Baugenehmigung nicht grenzständig ausführt, sondern hält bereits jetzt einen Abstand von ca. 0,86 m von der südlichen Grundstücksgrenze ein. Im Untergeschoss ist ein privates Arbeitszimmer vorgesehen. Im Erdgeschoss soll ein Schlafzimmer entstehen. Zur östlichen Grundstücksgrenze hin wird der Neubau grenzständig mit einer Brandwand ausgeführt. Er weist dabei eine Länge von ca. 4,23 m sowie eine Höhe von 2,75 m zum Grundstück der Kläger hin auf.

Die Beklagte genehmigte das Bauvorhaben im vereinfachten Genehmigungsverfahren mit Bescheid vom 20. März 2012. Hinsichtlich der von den Klägern vorgetragenen Einwände im Baugenehmigungsverfahren führte die Beklagte im Bescheid aus, das Vorhaben sei nach § 34 BauGB zu beurteilen. Im Rahmen der hinsichtlich des Rücksichtnahmegebots zu treffenden Abwägung sei festzustellen, dass sich das Bauvorhaben im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung einfüge. Südlich an der G-straße seien Gebäudelängen einer geschlossenen Bebauung von mehr als 60 m zu finden. Mit dem beantragten Anbau erlange der Gesamtbaukörper der Vierspänner-Häuser eine Länge von ca. 53 m und liege damit hinsichtlich der Gebäudelänge unter den im Straßenverlauf vorhandenen Baukörperlängen. Das Bauvorhaben halte die gesetzlichen Abstandsflächen ein und gewährleiste damit für sich und seine Nachbarn eine ausreichende Zufuhr von Licht, Luft und Sonne. Eine eventuell entstehende Verschattung oder Einsichtnahme führe nicht zu einer rücksichtslosen oder unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzung des Nachbargrundstücks. Der Anbau sei in seiner Höhenentwicklung lediglich erdgeschossig mit Unterkellerung und habe zur Grundstücksgrenze eine Wandhöhe von 2,75 m bei einer Tiefe von ca. 4,23 m. Diese zum Nachbarn zeigende Wandfläche entspreche der andernorts üblichen und zulässigen Grenzgarage und sei nur geringfügig größer als eine ohnehin verfahrensfrei zulässige Terrassentrennwand zwischen Doppelhäusern (Art. 57 Abs. 1 Nr. 7c) BayBO). Das Bauvorhaben verändere den Gebietscharakter nicht. Das klägerische Grundstück verfüge nach Osten und Südosten über ausreichende Erholungsflächen, so dass eine zu erwartende Beeinträchtigung nicht ins Gewicht falle.

Der mit Schriftsatz vom 16. April 2012 erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 12. November 2012 statt und hob unter Zulassung der Berufung die Baugenehmigung vom 20. März 2012 auf. Nach Einnahme eines Augenscheins kam das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass das Bauvorhaben gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße, in dessen Rahmen die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze der „Doppelhaus-Rechtsprechung“ zur Anwendung kämen. Eine Prüfung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen sei im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht erforderlich. Aufgrund des Augenscheins komme das Gericht zum Ergebnis, dass eine offene Bauweise in der näheren Umgebung überwiege. Die „Doppelhaus-Rechtsprechung“ sei auch auf andere Hausgruppen anwendbar. Dies gelte auch für den planungsrechtlichen Innenbereich. Hier werde der Charakter der Hausgruppe durch den einseitigen Anbau aufgehoben. Es handle sich zudem nicht lediglich um Nebenanlagen sondern um eine Erweiterung des Hauptgebäudes.

2. Mit Schriftsatz vom 10. April 2013 legten die Bevollmächtigten der Beigeladenen Berufung ein und beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12. November 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt die Beigeladene aus, § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO treffe zu vorderen und rückwärtigen Grundstücksgrenzen keine Aussage, sondern betreffe lediglich die seitliche Grundstücksgrenze von der Erschließungsstraße aus gesehen. Maßgeblich sei hier vielmehr das Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche. Da lediglich eine vordere Baugrenze im übergeleiteten Baulinienplan festgesetzt sei und sich das Bauvorhaben innerhalb dieser Grenzen befinde, liege das Bauvorhaben eindeutig im Bereich der überbaubaren Grundstücksfläche. Es verstoße auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Es halte sich von der Höhenentwicklung im Rahmen einer zulässigen Grenzgarage. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf völlige Freihaltung des fraglichen Grundstücksteils. Das Verwaltungsgericht wende § 22 Abs. 2 BauNVO quasi doppelt sowohl auf die seitliche als auch die rückwärtige Grundstücksgrenze an. Das Vorhaben entspreche der offenen Bauweise, da es einen seitlichen Grenzabstand aufweise. Auch bei Anwendung des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO sei das Vorhaben zulässig. In den drei vorhandenen Vierspänner-Hausgruppen gebe es bereits mehrere vergleichbare Anbauten. Das Gegenseitigkeitsverhältnis sei bereits durch die Aufstockung seitens der Kläger erheblich gestört. Auf dem Grundstück der Beigeladenen habe sich schon früher eine Rampe zur damals im Untergeschoss liegenden Garage befunden, welche den südlichen Gebäudeteil freigelegt habe. Auch dadurch sei der Charakter der Hausgruppe von Anfang an schon beeinträchtigt gewesen.

Die Bevollmächtigten der Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Einwendungen der Beigeladenen gingen ins Leere, denn bei der vorhandenen Vierspänner-Hausgruppe komme es im Hinblick auf die „Doppelhaus-Rechtsprechung“ sowohl auf die seitliche als auch auf die rückwärtige Grenzbebauung an. Das Rücksichtnahmegebot beziehe sich auf die Verträglichkeit der Bauweise im Nachbarschaftsverhältnis aufgrund des wechselseitigen Bezugs der Vierspänner-Häuser. Das Bauvorhaben der Beigeladenen füge sich in mehrfacher Hinsicht nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB ein. Die Grenzen der offenen Bauweise würden überschritten. Zudem würde die rückwärtige Grenze ohne wechselseitiges Pendant erstmals bebaut. Der einseitige Grenzanbau würde die Verhältnisse innerhalb der Hausgruppe sprengen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe hier die Beklagte im Bescheid selbst den Prüfungsrahmen erweitert und die Abstandsflächen geprüft. Diese seien jedoch nicht eingehalten.

Die Beklagte stellt keinen Antrag. Die erteilte Baugenehmigung verletze jedoch keine Nachbarrechte der Kläger. Es herrsche in der Umgebung eine diffuse Bebauung. Zudem sei unklar, ob die hier vorhandenen Vierspänner-Hausgruppen der offenen Bauweise eindeutig zuzuordnen seien. Selbst bei Anwendung der „Doppelhaus-Rechtsprechung“ ergebe sich keine Rechtsverletzung der Kläger, da die beiden Häuser auch nach dem Anbau sich noch als Einheit darstellten. Das Verwaltungsgericht lasse den Umstand unberücksichtigt, dass das klägerische Grundstück bereits über eine zweigeschossigen Anbau mit Tonnendach verfüge, wohingegen die Beigeladene an selber Stelle nur einen eingeschossigen Anbau mit Flachdach und Dachterrasse habe.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag. Auf seine Ausführungen wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschriften über den Augenschein vom 11. November 2014 und die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2014 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beigeladenen (§ 124 VwGO) ist begründet. Die Klage ist abzuweisen. Die Baugenehmigung der Beklagten vom 20. März 2012 verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Das Verwaltungsgericht hat die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zu Unrecht aufgehoben. Es hätte die Klage abweisen müssen, weil die Baugenehmigung die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt. Die Kläger können als Nachbarn die Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich angreifen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch ihrem Schutz dienen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen bestimmt sich nach § 30 Abs. 3, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach ist ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

Die angefochtene Baugenehmigung verletzt weder unter Berücksichtigung der Grundsätze der Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - juris; OVG NRW, U. v. 26.6.2014 - 7 A 2725/12 - juris) noch aus anderen Gründen das nachbarschützende planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme.

a) In diesem Zusammenhang bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob die Grundsätze der Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - juris) auf den vorliegenden Fall Anwendung finden, denn selbst wenn von einer Anwendbarkeit zugunsten der Kläger ausgegangen wird, liegt ein Verstoß nicht vor.

aa) Das Bundesverwaltungsgericht (vgl. U. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - juris) hat zwischenzeitlich abschließend geklärt, dass die von ihm aufgestellten Grundsätze zur Doppelhausrechtsprechung auch im in offener Bauweise bebauten unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB grundsätzlich zur Anwendung kommen können. Ein Doppelhaus im Sinn des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengeführt werden. Kein Doppelhaus bilden hingegen zwei Gebäude, welche sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbstständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (vgl. BVerwG, U. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - juris; U. v. 24.2.2000 - 4 C 12/98 - BVerwGE 110, 355).

Vorliegend geht das Erstgericht nach Einnahme eines Augenscheins sowie aufgrund der Lagepläne davon aus, dass die nähere Umgebung überwiegend durch eine „offene Bauweise“ geprägt ist. Die Vierspänner-Siedlung Block I, in welcher sich die Gebäude der Kläger sowie der Beigeladenen befinden, weist eine Gesamtlänge von 48 m auf. Der sich im Norden anschließende Block II der Vierspänner-Siedlung weist eine ähnliche Dimension auf. In der näheren Umgebung befinden sich überwiegend Einzelgebäude - teilweise als Mehrfamilienhäuser ausgestaltet - und Doppelhäuser. Lediglich das Gebäude am T-platz 1 - 4 überschreitet mit einer Länge von 61 m die heute nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO zulässige Gesamtlänge einer Hausgruppe von 50 m. Insoweit muss jedoch von einem sogenannten Ausreißer ausgegangen werden. Der Senat neigt ebenfalls zur Annahme einer offenen Bauweise. Es bedarf aber insoweit keiner abschließenden Entscheidung, da im Ergebnis auch bei Zugrundelegung der Doppelhausrechtsprechung zugunsten der Kläger kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vorliegt (s. u. Ziffer 1. a) cc)).

Zwar wird mit dem Bauvorhaben der Beigeladenen die nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO zulässige Gesamtlänge des Baukörpers überschritten, darauf können sich die Kläger als Nachbarn jedoch nicht berufen (vgl. NdsOVG, U. v. 11.4.1997 - 1 L 7286/95 - juris). Denn mit dieser Längenbegrenzung soll lediglich sichergestellt werden, dass die seitlichen Grenzabstände noch ihre städtebauliche Funktion erfüllen können, indem sie als die Bebauung gliedernde und auflockernde Elemente wahrgenommen werden. Ein Nachbarschutz wird dadurch jedoch nicht vermittelt.

bb) § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO nennt neben den Einzelhäusern und den Doppelhäusern die Hausgruppen. Eine Hausgruppe besteht aus mindestens drei auf benachbarten Grundstücken stehenden Gebäuden, die durch Aneinanderbauen an den gemeinsamen Grundstücksgrenzen zu einer Einheit zusammengefügt werden und deren Kopfhäuser einen seitlichen Grenzabstand einhalten (vgl. BayVGH, B. v. 22.3.2010 - 15 CS 10.355 - juris).

Eine Hausgruppe im klassischen Sinn ist eine Gruppe von Reihenhäusern. Der Begriff der Hausgruppe ist jedoch insoweit auch für andere Bauformen offen. Die oben genannte Definition beschränkt den Begriff einer Hausgruppe dabei gerade nicht auf das Aneinanderbauen an der jeweils seitlichen Grundstücksgrenze. Lediglich die Frage der offenen Bauweise regelt sich über die Stellung der Gebäude in Bezug auf die seitlichen Grundstücksgrenzen, welche von der das jeweilige Grundstück erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche aus zu beurteilen ist (vgl. VGH BW, B. v. 4.10.2007 - 8 S 1447/07 - VBlBW 2008, 272). Eine Hausgruppe kann daher durchaus auch aus Sonderformen wie den hier sowohl seitlich als auch rückwärtig aneinander gebauten Vierspänner-Häusern bestehen. Der für die offene Bauweise nötige seitliche Grenzabstand ist auch in diesem Fall von der G-straße als Erschließungsstraße aus zu beurteilen. Die Kopfhäuser im Süden bestehend aus dem klägerischen Gebäude sowie dem Gebäude der Beigeladenen müssen daher einen seitlichen Grenzabstand nach Süden einhalten. Entsprechend gilt dies für die Kopfhäuser im Norden (Hausnummern 75 und 77). Dies ist vorliegend jedoch der Fall.

cc) Für die Frage, wann von einer solchen Einheit bei einem Anbau an eine Hausgruppe noch auszugehen ist, kann auf die Grundsätze zum Doppelhaus zurückgegriffen werden. Demnach liegt eine bauliche Einheit vor, wenn die einzelnen Gebäude einen harmonischen Gesamtkörper bilden, der nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus vermittelt. Dies bedeutet zwar nicht, dass die einzelnen Häuser gleichzeitig und deckungsgleich errichtet werden müssen. Ein einheitlicher Gesamtbaukörper kann auch noch vorliegen, wenn zum Beispiel aus gestalterischen Gründen die gemeinsame vordere und rückwärtige Außenwand des einheitlichen Baukörpers durch kleinere Vor- und Rücksprünge aufgelockert wird (vgl. BayVGH, U. v. 9.2.1999 - 14 B 96.2272 - juris). Zu fordern ist jedoch, dass die einzelnen Gebäude - quantitativ - zu einem wesentlichen Teil und - qualitativ - in wechselseitig verträglicher und „harmonischer“ Weise aneinandergebaut sind (vgl. BVerwG, U. v. 24.2.2000 - 4 C 12/98 - BVerwGE 110, 355; BayVGH, B. v. 22.3.2010 - 15 CS 10.355 - juris; OVG NRW, U. v. 26.6.2014 - 7 A 2725/12 - juris). Im System der offenen Bauweise ordnet sich ein aus mehreren Gebäuden zusammengefügter Baukörper nämlich nur ein, wenn das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird. Zugunsten der Erhöhung der baulichen Nutzbarkeit wird auf Grenzabstände verzichtet, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen. Diese enge Wechselbeziehung begründet ein nachbarliches Austauschverhältnis, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden darf. In welchem Umfang vor diesem Hintergrund ein vorderer oder rückwärtiger Versatz möglich ist, ohne das nachbarliche Austauschverhältnis aus dem Gleichgewicht zu bringen oder die „harmonische Beziehung“, in der die einzelnen Gebäude zueinander stehen müssen, in Frage zu stellen, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BVerwG, U. v. 24.2.2000 - 4 C 12/98 - BVerwGE 110, 355; BayVGH, B. v. 10.11.2000 - 26 CS 99.2102 - juris; OVG NRW, U. v. 26.6.2014 - 7 A 2725/12 - juris). Quantitativ sind dabei insbesondere die Geschosszahl, die Gebäudehöhe, die Bebauungstiefe und -breite sowie das durch diese Maße im Wesentlichen bestimmte oberirdische Brutto-Raumvolumen zu berücksichtigen. Qualitativ kommt es unter anderem auch auf die Dachgestaltung und die sonstige Kubatur des Gebäudes an. Ein einheitlicher Baukörper kann jedenfalls dann nicht mehr angenommen werden, wenn sich auch nur eines der genannten quantitativen Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheidet (vgl. OVG NRW, U. v. 26.6.2014 - 7 A 2725/12 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt auch nach Errichtung des von der Beigeladenen geplanten Anbaus noch ein einheitlicher Baukörper vor, welcher das nachbarliche Austauschverhältnis nicht aus dem Gleichgewicht bringt und die „harmonische Beziehung“ der Gebäude zueinander nicht in Frage stellt. Der geplante Anbau weist entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine Länge von ca. 4,23 m auf. Der vorhandene aus den 1930er Jahren stammende Original-Baukörper bestehend aus zweigeschossigem Hauptgebäude und erdgeschossigem Anbau mit Dachterrasse besitzt entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze hingegen ebenso wie das klägerische Bestandsgebäude eine Länge von 11,94 m. Der unterkellerte Neubau wird eine Höhe von 2,75 m zum Grundstück der Kläger hin erreichen, während der originäre Anbau eine Höhe von etwas unter 4 m inklusive Brüstung der Dachterrasse und das zweigeschossige Hauptgebäude ca. 5,40 m Traufhöhe aufweisen. Allein diese Maße zeigen, dass der geplante Anbau hinter allen Maßen des bisherigen Bestands zurückbleibt bzw. diese um deutlich weniger als die Hälfte überschreitet. Damit muss das oberirdische Brutto-Raumvolumen des Anbaus nicht mehr berechnet werden, da dieses zwangsläufig ebenfalls weniger als die Hälfte des Maßes des Bestands betragen wird. Auch hinsichtlich der Geschossigkeit ordnet sich der geplante Anbau dem vorhandenen Bestand unter. Diese Unterordnung wird durch die vorhandene Aufstockung des klägerischen Anbaus auf zwei Geschosse mit Tonnendach in ihrer Wirkung noch verdeutlicht. Auch qualitativ liegt eine entsprechende Unterordnung vor. Der geplante Anbau tritt in seiner Kubatur eher als typischer Garagenanbau in Erscheinung und schließt mit seinem Flachdach auch in der Dachform an den bestehenden Anbau mit Dachterrasse an. Zwar handelt es sich hinsichtlich der Art der Nutzung nicht um ein klassisches Nebengebäude wie eine Garage oder ein Gartenhaus. Geplant ist vielmehr eine Wohnnutzung, also eine Erweiterung der bestehenden Hauptnutzung. Darauf kommt es aber im Rahmen der qualitativen Merkmale nicht entscheidend an. Denn gerade in Fällen von Anbauten an bestehende Hausgruppen handelt es sich in der Regel um eine Erweiterung der Hauptnutzung, z. B. in Form eines Wintergartens (vgl. OVG NRW, U. v. 19.7.2010 - 7 A 44/09 - NVwZ-RR 2010, 911). Entscheidend ist, dass der Charakter der Hausgruppe noch gewahrt wird.

b) Auch im Übrigen erkennt der Senat keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründen, wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zulasten der Kläger hier nicht vor. Zur Seite der Kläger weist der erdgeschossige Anbau eine Länge von ca. 4,23 m und eine Höhe von 2,75 m auf. Dies entspräche etwa einer an der Grundstücksgrenze zulässigen Grenzgarage gemäß Art. 6 Abs. 9 Nr. 1 BayBO. Auch ein nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 a) BayBO verfahrensfreier Sichtschutzzaun kann eine Höhe von bis zu 2 m an der Grundstücksgrenze aufweisen. Angesichts seiner Dimensionen ist eine erdrückende Wirkung des geplanten Bauvorhabens somit nicht denkbar. Da das Grundstück der Kläger insbesondere nach Osten und Süden noch größere Freiflächen aufweist, ist auch nach Errichtung des geplanten Anbaus eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung des klägerischen Grundstücks gewährleistet. Die Grenzwand zum klägerischen Grundstück ist zudem als Brandwand ausgestaltet, so dass auch insoweit keine Beeinträchtigungen durch die Nutzung des Anbaus auf das klägerische Grundstück zu erwarten sind. Zudem ist nicht geplant, dass beispielsweise die auf dem vorhandenen Altbestand befindliche Dachterrasse auf den neuen Anbau ausgedehnt werden soll. Der Einblick in das klägerische Grundstück vom Grundstück der Beigeladenen aus bleibt damit unverändert.

Die schriftliche Erklärung der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen vom 27. Februar 1991, sofern dieser überhaupt eine Bedeutung zukommt, beträfe lediglich den Fall einer Aufstockung des vorhandenen Anbaus („eventuelle Terrassenaufstockung“), welche dann im ersten Stock profilgleich vorgenommen werden müsste. Die Frage eines weiteren Anbaus wird darin jedoch nicht angesprochen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Erweiterung ihres grenzständig errichteten Wohnhauses.

2

Der Kläger und die Beigeladenen sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Abgesehen von einer Baustufenordnung fehlen bauplanerische Festsetzungen. Auf dem Grundstück der Beigeladenen wurde 1967 grenzständig zum Grundstück des Klägers ein zweigeschossiges Wohnhaus mit traufständigem Satteldach (30°) und einer Wohnfläche von 127,93 qm errichtet; das Gebäude ist etwa 9 m tief und 9 m breit. Hinzu treten eine zum nordöstlich liegenden Nachbargrundstück grenzständige Garage sowie ein Wintergarten im hinteren Grundstücksteil. Das Grundstück des Klägers wurde 1983 grenzständig zum vorhandenen Gebäude auf dem Grundstück der Beigeladenen mit einem zweigeschossigen Wohngebäude mit traufständigem Satteldach (35°) bebaut. Dieses Gebäude verfügt über eine Wohnfläche von etwa 177 qm und trat sowohl zur Straßen- als auch zur Gartenseite um 1 m gegenüber dem Gebäude der Beigeladenen vor. Seine Firsthöhe liegt etwa 1,50 m höher als bei dem Gebäude der Beigeladenen.

3

Der angegriffene Bescheid der Beklagten genehmigt den Umbau und die Erweiterung des Gebäudes der Beigeladenen durch eine straßenseitige Erweiterung des Bestandsgebäudes mit einem zum Grundstück des Klägers hin grenzständigen, zweigeschossigen und 5 m tiefen Anbau, der gegenüber dem Gebäude des Klägers um 4 m hervortritt, mit einem Satteldach und einer Dachneigung von 30°. Die Giebelseite des Anbaus ist zur Straße ausgerichtet. Am Standort des früheren Wintergartens ist ein an die Garage angebauter Abstellraum mit einem gemeinsamen Satteldach vorgesehen.

4

Die gegen den Bescheid gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verstößt die angefochtene Baugenehmigung nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, insbesondere nicht gegen die Anforderungen der "Doppelhausrechtsprechung" des Bundesverwaltungsgerichts. Die beiden Gebäude bildeten auch nach dem genehmigten Umbau ein Doppelhaus. Maßgeblich seien sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte. Im Interesse einer möglichst rechtssicheren Handhabung sei ein einheitlicher Baukörper unter den quantitativen Aspekten Geschossigkeit, Bautiefe und Gebäudehöhe der grenzständigen Gebäudeteile sowie des oberirdischen Brutto-Raumvolumens im Regelfall nicht mehr anzunehmen, wenn sich nur eines der genannten Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheide. Diesen Rahmen wahre das Bauvorhaben der Beigeladenen. Auch qualitative Gesichtspunkte sprächen nicht gegen ein Doppelhaus. Das Haupthaus der Beigeladenen und das Haus des Klägers wiesen identische Dachformen und Neigungen auf. Die Firste beider Gebäude seien parallel zur Straße ausgerichtet. Auch der Anbau trage ein Satteldach. Dessen abweichende Ausrichtung sei dem Orts- und Stadtbild geschuldet. Durch den Anbau schließe das Haus zur Bauflucht des nordöstlich gelegenen Nachbargebäudes auf. Die Gebäude des Klägers und der Beigeladenen würden so optisch in die übrige Bebauung integriert. Das Gebot der Rücksichtnahme werde ferner weder durch eine Verschattung des klägerischen Wohnzimmers verletzt noch wirke der genehmigte Bau erdrückend. Beeinträchtigungen durch Regenwasser und Schneebretter seien im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen. Abstandflächenrechtliche Vorschriften seien nicht verletzt.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Fortentwicklung der Grundsätze der Rechtsprechung zum planungsrechtlichen Begriff des Doppelhauses zugelassen. Von diesem Rechtsmittel hat der Kläger Gebrauch gemacht. Die Beklagte und die Beigeladenen verteidigen das Urteil.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision führt zur Zurückverweisung an die Vorinstanz (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht ist unter Anlegung bundesrechtswidriger Maßstäbe (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zu dem Ergebnis gelangt, dass die angegriffene Baugenehmigung Rechte des Klägers nicht verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

7

1. Die Annahmen des Oberverwaltungsgerichts zum Außerkrafttreten der Baustufenordnung der Stadt D. und zum Prüfungsumfang eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 68 BauO NW beruhen auf der Auslegung irrevisiblen Landesrechts und unterliegen keiner revisionsgerichtlichen Prüfung (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO).

8

2. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, das genehmigte Vorhaben sei weder wegen seines Schattenwurfs noch wegen einer erdrückenden Wirkung dem Kläger gegenüber rücksichtslos.

9

Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Dies ist der Fall, wenn das genehmigte Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in unmittelbarer Nähe vorhandene Bebauung fehlt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385 f.>). Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen geprüft und als Tatgericht verneint. Dies ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

10

3. Das Berufungsurteil verletzt demgegenüber Bundesrecht, soweit es einen Verstoß gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme "im Hinblick auf die auch im unbeplanten Innenbereich anwendbare Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts" verneint hat.

11

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme kann vorliegen, wenn sich ein Vorhaben entgegen § 34 Abs. 1 BauGB nach den dort genannten Merkmalen nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Maßgebend für den Verstoß gegen Rechte eines Nachbarn ist insoweit, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 21 m.w.N.). Der Senat hat diese Aussagen für Doppelhäuser konkretisiert: Ist ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen im Sinne von § 22 Abs. 2 BauNVO den maßgeblichen Rahmen bilden, so fügt sich ein grenzständiges Vorhaben im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich nicht nach der Bauweise ein, das unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäude ein Doppelhaus zu bilden. Ein solches Vorhaben verstößt gegenüber dem Eigentümer der bisher bestehenden Doppelhaushälfte grundsätzlich gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Ls. 1). Diesen Rechtsgrundsatz legt das Oberverwaltungsgericht zugrunde, wenn es - stark verkürzend - auf die "Doppelhausrechtsprechung im unbeplanten Innenbereich" (UA S. 8 f.) verweist.

12

a) Das Oberverwaltungsgericht durfte ohne Verstoß gegen Bundesrecht bei der Auslegung des § 34 Abs. 1 BauGB die Vorschriften der Baunutzungsverordnung als Auslegungshilfe heranziehen. Sie definieren, was die Begriffe der offenen oder geschlossenen Bauweise meinen. Aus diesem Grund kann im unbeplanten Innenbereich auf den Begriff des Doppelhauses der Baunutzungsverordnung zurückgegriffen werden, um Vorhaben zu würdigen (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 12; Lemmel, in: FS Schlichter, 1995, S. 353 <355 f.>). Hieran hält der Senat fest. Der Revision ist zuzugeben, dass der Gesetzgeber nicht an die Begriffe der Baunutzungsverordnung gebunden ist und § 34 BauGB in seinem Absatz 1 anders als in Absatz 2 auf die Baunutzungsverordnung nicht Bezug nimmt. Angesichts des Wortlauts des § 34 Abs. 1 BauGB liegt jedoch die Annahme fern, der Gesetzgeber habe den dort verwendeten Begriffen eine von den Begriffen der Baunutzungsverordnung abweichende Bedeutung zumessen wollen. Auch die Revision benennt hierfür keinen Anhaltspunkt.

13

b) Das Oberverwaltungsgericht hat offengelassen, ob der nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebliche Rahmen der näheren Umgebung durch Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen i.S.v. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gebildet wird oder ob eine Gemengelage verschiedener Bauweisen vorliegt. Bundesrechtlich war ihm diese Vorgehensweise nicht versperrt. Ob die nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebende Umgebung einer Bebauung in offener Bauweise im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO entspricht oder mit Blick auf dieses Merkmal eine "Gemengelage" vorliegt, bedarf keiner Entscheidung, wenn das Gesamtgebäude auch nach Ausnutzung der Genehmigung ein Doppelhaus ist. Denn in beiden Fällen wäre der Bauweise nach ein Doppelhaus zulässig. Hiervon geht das Oberverwaltungsgericht zutreffend aus (UA S. 9). Es legt seiner tatrichterlichen Würdigung aber einen bundesrechtswidrigen Begriff des Doppelhauses zugrunde.

14

Das Oberverwaltungsgericht hat für das Vorliegen eines Doppelhauses quantitative und qualitative Aspekte betrachtet. Unter den quantitativen Aspekten der Geschossigkeit, der Bautiefe, der Gebäudehöhe und des oberirdischen Brutto-Raumvolumens könne ein Doppelhaus im Regelfall nicht mehr angenommen werden, wenn sich auch nur eines dieser Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheide (UA S. 10). Es müsse auch in qualitativer Hinsicht der Charakter eines Doppelhauses gewahrt bleiben. Diese Anforderungen versteht das Oberverwaltungsgericht nach den weiteren Ausführungen nicht als notwendige, sondern als hinreichende Bedingungen für das Vorliegen eines Doppelhauses, die getrennt voneinander zu prüfen sind. Wann das Fehlen eines Regelfalls zu einem anderen Ergebnis führen kann, bleibt offen. Dieses Begriffsverständnis ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

15

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual festlegen, in welchem Umfang die beiden Haushälften an der Grenze zusammengebaut sein müssen (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <360>). Hieran hält der Senat fest. Auch für die weiteren vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen quantitativen Kriterien ist eine mathematisch-prozentuale Festlegung nicht möglich.

16

Der Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO verlangt, dass das Doppelhaus ein Gebäude mit seitlichem Grenzabstand ist. Zwei selbständige Baukörper, die sich an der Grenze berühren, aber praktisch allseitig freistehend sind, bilden kein Doppelhaus (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <358 f.>). Der Begriff des Doppelhauses hat dabei vom Ziel der offenen Bauweise auszugehen. Leitbild ist ein Haus, das nach beiden Seiten mit Grenzabstand errichtet wird und so einen Vorgarten mit einem Hausgarten verbindet (Boeddinghaus, in: Boeddinghaus/Grigoleit, BauNVO, 6. Aufl. 2014, § 22 BauNVO Rn. 17). Die grundsätzlich nach beiden Seiten geforderten Grenzabstände sollen dabei als die Bebauung gliedernde und auflockernde Elemente wahrgenommen werden (König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 22 Rn. 17). Ein einseitig grenzständiger Bau fügt sich in dieses System nur ein, wenn das gegenseitige Abstandsgebot an der Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <359>).

17

Der vom Oberverwaltungsgericht gewählte mathematisch-prozentuale Ansatz trägt dem nicht Rechnung. Allerdings liegt es nahe, bei der Gebäudehöhe ein Verhältnis als Ausgangspunkt zu wählen, weil dieses nach außen besonders sichtbar wird. Eine gemeinsame Gebäudehöhe ist für das Maß der Übereinstimmung beider Gebäude deshalb von besonderer Bedeutung. Für eine feste oder indizielle Grenze von 50 % fehlt indes jeder Anhalt. Bei der Bautiefe liegt es anders: Ob ein Versprung durch unterschiedliche Bautiefen den Eindruck eines gemeinsamen Baukörpers aufhebt und das Grenzgrundstück abriegelt, hängt nur zum Teil davon ab, auf welcher Länge die Gebäude aneinander gebaut sind, namentlich, wenn die Länge der gemeinsamen Wand nicht sichtbar ist. Es sind regelmäßig weitere Kriterien in Betracht zu ziehen, etwa die Höhe der einseitig grenzständigen Wand sowie die Frage, ob der Versprung in voller Länge auf einer Gebäudeseite auftritt oder in jeweils geringerem Maße Vorder- und Rückseite belastet. Diese Einwände sprechen auch gegen einen mathematisch-prozentualen Maßstab beim oberirdischen Brutto-Raumvolumen, weil dieses durch Gebäudehöhe und Bautiefe maßgeblich mitbestimmt wird. Schließlich macht es für das Maß an hinnehmbarer Abweichung keinen Unterschied, ob die Gebäude ursprünglich übereinstimmend eingeschossig oder übereinstimmend zweigeschossig sind. Insoweit ist die Betrachtung eines Verhältnisses als Ausgangspunkt verfehlt.

18

Trotz des unzutreffenden rechtlichen Ansatzes verstößt die Annahme des Oberverwaltungsgerichts nicht gegen Bundesrecht, dass die quantitativen Kriterien jeweils für sich den Charakter eines Doppelhauses auch in der Gestalt der angegriffenen Genehmigung nicht aufheben. Dies liegt für die Kriterien der Geschossigkeit, der Gebäudehöhe und des oberirdischen Brutto-Raumvolumens auf der Hand. Hinsichtlich der Bautiefe gestatten die tatrichterlichen Feststellungen zum Schattenwurf und zur verneinten erdrückenden Wirkung den Schluss, dass der Charakter eines Doppelhauses insoweit noch gewahrt ist.

19

bb) Die tatrichterliche Würdigung der qualitativen Kriterien verstößt gegen Bundesrecht. Die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus hängt nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Es kann daher das Vorliegen eines Doppelhauses mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 16). Es geht um eine spezifische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <361>), die darin liegt, dass das Doppelhaus den Gesamteindruck einer offenen, aufgelockerten Bebauung nicht stört, eben weil es als ein Gebäude erscheint. Es kommt also für die Frage, ob grenzständige Gebäude ein Doppelhaus bilden, auf die wechselseitige Verträglichkeit dieser Gebäude an (so für eine Hausgruppe auch BVerwG, Beschluss vom 19. März 2015 - 4 B 65.14 - juris Rn. 6). Diesen Blick hat sich das Oberverwaltungsgericht verstellt, als es für die Würdigung der unterschiedlichen Dachausrichtung nicht das Gebäude des Klägers in den Blick genommen, sondern jedenfalls auch für maßgeblich gehalten hat, dass der Anbau zur Bauflucht des Hauses auf dem zur anderen Seite benachbarten Grundstück aufschließe und so optisch in die übrige Bebauung integriert werde.

20

cc) Schließlich verstößt das angegriffene Urteil gegen Bundesrecht, weil es an der gebotenen Gesamtwürdigung des Einzelfalls fehlt.

21

Qualitative und quantitative Kriterien dürfen nicht nur isoliert betrachtet werden: Denn es ist ebenso denkbar, dass größere quantitative Abweichungen bei deutlich einheitlicher Gestaltung hingenommen werden können, wie es vorstellbar ist, dass eine deutlich abweichende Gestaltung in ihrer Wirkung gemildert wird, weil die Gebäudeteile in quantitativer Hinsicht stark übereinstimmen. Eine isolierte Betrachtung vernachlässigt auch, dass Fälle denkbar sind, in denen erst das Zusammenwirken quantitativer und qualitativer Kriterien den Charakter eines Doppelhauses entfallen lässt. Das Oberverwaltungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob insbesondere der Unterschied in der Bautiefe zusammen mit der abweichenden Gestaltung des Anbaus in ihrem Zusammenwirken den Charakter eines Doppelhauses aufheben.

22

4. Die Auslegung der Regelungen zur Abstandfläche in § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 Buchst. b BauO NRW ist revisibel, soweit die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Doppelhausbebauung in Rede steht, weil die landesrechtliche Norm an die bundesrechtliche Regelung lediglich anknüpft (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 4. November 1976 - 5 C 73.74 - BVerwGE 51, 268 <273> und vom 7. Juni 2006 - 4 C 7.05 - BRS 70 Nr. 84 S. 449 f.; zum Begriff des Doppelhauses bei Auslegung des § 6 Abs. 1 BauO NW vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. April 2012 - 4 B 42.11 - BRS 79 Nr. 95 Rn. 8). Auch insoweit liegt ein Verstoß gegen Bundesrecht vor, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt.

23

5. Der Bundesrechtsverstoß zwingt zur Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO) zur Klärung der Fragen, ob das Gesamtgebäude nach dem Umbau weiterhin ein Doppelhaus bildet und - verneinendenfalls - ob die maßstabsetzende Bebauung nach der Bauweise eine einseitig grenzständige Bebauung nur in Form eines Doppelhauses zulässt.

24

Auf die Verfahrensrügen kommt es nicht an. Sie könnten, ihre Begründetheit unterstellt, ebenfalls nur zur Zurückverweisung führen. Zur Forderung der Revision, der Senat des Oberverwaltungsgerichts habe den Augenschein in voller Besetzung einholen müssen, weist der Senat aber auf Folgendes hin: Für die Frage, ob ein Gericht nach § 96 Abs. 2 VwGO schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen kann, gelten die Kriterien für die Beweisaufnahme durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter im vorbereitenden Verfahren nach § 87 Abs. 3 Satz 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. April 1994 - 1 B 14.94 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 54 S. 2 f.). Es kommt darauf an, dass von vornherein anzunehmen ist, dass das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag. Dies gilt auch für Ortsbesichtigungen (BVerwG, Beschluss vom 15. August 1997 - 4 B 130.97 - Buchholz 310 § 87 VwGO Nr. 9 S. 2). Dass nach diesen Maßstäben eine Ortsbesichtigung durch den Senat des Oberverwaltungsgerichts erforderlich sein könnte, hat die Revision nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 2014 - 7 B 27.14 - NVwZ-RR 2015, 94 Rn. 6).

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid für eine grenzständige Bebauung.

2

Kläger und Beigeladener sind Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke in K.... Diese sind mit einem Doppelwohnhaus mit jeweils zwei Geschossen und einem Dachgeschoss bebaut. Das Gebäude verfügt über ein Satteldach mit einer Firsthöhe von 11,60 m. Die Haushälften stehen mit vier bzw. sechs Metern Abstand zur festgesetzten Baufluchtlinie. Die Haushälfte des Beigeladenen wurde 1954, die des Klägers 1971 errichtet. Die übrige Bebauung der Straße besteht auf der einen Straßenseite - abgesehen von einem freistehenden zweigeschossigen Wohngebäude - aus zwei- oder mehrgeschossigen Häusern, Doppelhäusern oder Hausgruppen, auf der anderen Straßenseite herrscht eine zwei- bis dreigeschossige Bebauung mit Doppelhäusern oder Hausgruppen vor. Außer einem Fluchtlinienplan fehlen bauplanerische Festsetzungen.

3

Der Beigeladene beabsichtigt auf seinem Grundstück die Errichtung eines 15 m hohen viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses mit zusätzlichem Staffelgeschoss und Flachdach. Es soll anstelle der bestehenden Haushälfte ohne Einhaltung von Grenzabständen und unter Ausnutzung der Baufluchtlinie errichtet werden. Für das Vorhaben erteilte das Bauaufsichtsamt der Beklagten den streitgegenständlichen planungsrechtlichen Vorbescheid.

4

Das Verwaltungsgericht wies die gegen den Vorbescheid erhobene Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den streitgegenständlichen Vorbescheid aufgehoben. Der Vorbescheid sei rechtswidrig, weil das geplante Vorhaben mit § 34 Abs. 1 BauGB unvereinbar sei. Es füge sich nach seiner Bauweise nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, die in offener Bauweise gebaut sei. Das Vorhaben des Beigeladenen beseitige das bestehende Doppelhaus, ohne ein neues Doppelhaus zu schaffen. Die beiden Haushälften würden vielmehr bei Realisierung des Vorhabens den Eindruck disproportionaler, zufällig in grenzständiger Weise nebeneinander gestellter Baukörper erwecken. Auf diesen Verstoß gegen § 34 Abs. 1 BauGB könne sich der Kläger berufen. Denn mit der Doppelhausbebauung gingen die Grundstückseigentümer ein nachbarliches Austauschverhältnis ein, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden dürfe.

5

Mit seiner vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Beigeladene geltend, die Rechtsprechung zur nachbarschützenden Wirkung von Festsetzungen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <362 f.>) könne auf den unbeplanten Innenbereich nicht übertragen werden. Die maßgeblichen Fälle seien über das Gebot der Rücksichtnahme nach § 34 Abs. 1 BauGB zu lösen. Danach sei die Klage abzuweisen. Auf den Kläger sei umso weniger Rücksicht zu nehmen, als dieser sein Grundstück baulich nicht vollständig ausnutze.

6

Die Beklagte schließt sich dem Standpunkt des Beigeladenen an.

7

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der streitgegenständliche Vorbescheid ist rechtswidrig (1.) und verletzt den Kläger in seinen Rechten (2.) (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

9

1. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass sich das Vorhaben des Beigeladenen entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der Bauweise nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

10

a) Das Vorhaben des Beigeladenen ist hinsichtlich seiner Bauweise planungsrechtlich an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen, da es insoweit an bauplanerischen Festsetzungen fehlt und das Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegt. Maßstabsbildend im Sinne dieser Vorschrift ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr, Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 48). Das Oberverwaltungsgericht hat als nähere Umgebung die beiden Seiten der R...straße in den Blick genommen (UA S. 9), die Beteiligten haben hiergegen Einwände nicht erhoben.

11

b) In dieser Umgebung befindet sich nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts eine Bebauung mit Doppelhäusern, Hausgruppen und wenigen Einzelhäusern, die das Oberverwaltungsgericht als offene Bauweise bezeichnet.

12

Mit diesen Bezeichnungen greift das Oberverwaltungsgericht ohne Rechtsfehler auf Begriffe der Baunutzungsverordnung zurück. Denn deren Vorschriften können im unbeplanten Innenbereich als Auslegungshilfe herangezogen werden (Beschluss vom 27. Juli 2011 - BVerwG 4 B 4.11 - BRS 78 Nr. 102 Rn. 4; Urteile vom 23. März 1994 - BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278> = Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 168 S. 9 und vom 15. Dezember 1994 - BVerwG 4 C 19.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 173 S. 30). Sie enthalten definitorische Grundsätze, was etwa die Begriffe der offenen oder geschlossenen Bauweise meinen (Beschlüsse vom 7. Juli 1994 - BVerwG 4 B 131.94 - juris Rn. 3 und vom 11. März 1994 - BVerwG 4 B 53.94 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 166 S. 6). Aus diesem Grund konnte das Oberverwaltungsgericht auch auf den Begriff des Doppelhauses der Baunutzungsverordnung zurückgreifen, als es die Eigenart der Umgebungsbebauung, die bestehende Bebauung auf den Grundstücken des Klägers und des Beigeladenen und das streitgegenständliche Vorhaben gewürdigt hat.

13

Im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist ein Doppelhaus eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - a.a.O. S. 357 ff. = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 3 ff.; Beschluss vom 23. April 2013 - BVerwG 4 B 17.13 - BauR 2013, 1427 Rn. 5). Diese Begriffsbestimmung bezeichnet den Begriff des Doppelhauses im Sinne bauplanungsrechtlicher Vorschriften (Beschluss vom 10. April 2012 - BVerwG 4 B 42.11 - ZfBR 2012, 478, juris Rn. 9), also auch für den unbeplanten Innenbereich.

14

Die knappen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur Umgebungsbebauung bieten keinen Anlass für die Annahme, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Feststellung von Doppelhäusern in der näheren Umgebung einen hiervon abweichenden Begriff des Doppelhauses zugrunde gelegt. Nach den Urteilsgründen handelt es sich bei dem gegenwärtigen Gebäude des Klägers und des Beigeladenen "auch" um ein Doppelhaus (UA S. 9). Diese Formulierung setzt einen einheitlichen Begriffsinhalt voraus. Damit steht fest, dass sich in der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks nur solche einseitig grenzständigen Haushälften befinden, die das begrifflich geforderte Mindestmaß an Übereinstimmung aufweisen und deshalb Doppelhäuser im Sinne des Senatsurteils vom 24. Februar 2000 (a.a.O.) sind. Diese mit Revisionsrügen nicht angegriffene Feststellung bindet den Senat (§ 137 Abs. 2 VwGO), insbesondere ist sie nicht zweifelsfrei aktenwidrig (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 137 Rn. 70).

15

c) Damit prägen solche Gebäude die nähere Umgebung, die bei bauplanerischer Festsetzung einer offenen Bauweise zulässig sind (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO). Dennoch bestimmt sich die Zulässigkeit des Vorhabens des Beigeladenen hinsichtlich der Bauweise nicht nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO. Die Vorschrift richtet sich an die planende Gemeinde (vgl. Urteil vom 16. September 1993 - BVerwG 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 <154> = Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 118 S. 97). Anders als § 34 Abs. 2 BauGB für die Art der baulichen Nutzung verweist § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Einfügens nach der Bauweise selbst dann nicht auf den Maßstab der Baunutzungsverordnung, wenn die nähere Umgebung der dort definierten offenen oder geschlossenen Bauweise entspricht. Den rechtlichen Maßstab bestimmt vielmehr § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wonach sich das Vorhaben des Beigeladenen nach seiner Bauweise in die nähere Umgebung einfügen muss.

16

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts beseitigt das Vorhaben des Beigeladenen das bestehende Doppelhaus, führt aber nicht zur Entstehung eines neuen Doppelhauses. Es stützt sich für diese Würdigung auf quantitative Abweichungen, die zwei zusätzlichen Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss, die unterschiedliche Höhe der Gebäudehälften und die Erweiterung im viergeschossigen Bereich sowie die zusätzliche Erweiterung im zweigeschossigen Bereich. Hinzu träten qualitative Gesichtspunkte, insbesondere die unterschiedlichen Dachformen (Satteldach auf der einen, Flachdach auf der anderen Seite). Diese Würdigung verstößt nicht gegen Bundesrecht. Zwar mahnt das Urteil vom 24. Februar 2000, den Begriff des Doppelhauses nicht bauordnungsrechtlich zu überladen. In dem städtebaulichen Regelungszusammenhang beurteilt sich die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude noch ein Doppelhaus bilden, allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Stadtbildes verfolgt wird (BVerwGE 110, 355 <361> = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 6). Dennoch hängt die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Es kann daher das Vorliegen eines Doppelhauses mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (Beschluss vom 10. April 2012 - BVerwG 4 B 42.11 - a.a.O. Rn. 12). Die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, bei Verwirklichung des Vorhabens des Beigeladenen entstände der Eindruck disproportionaler, zufällig in grenzständiger Weise nebeneinander gestellter Baukörper, wahrt diesen bundesrechtlichen Maßstab.

17

d) Das Vorhaben des Beigeladenen fügt sich damit in den Rahmen der Umgebungsbebauung nicht ein. Denn seine Verwirklichung führt nicht zu einem Doppelhaus, sondern zu einer einseitig grenzständigen Bebauung, für die es in der Umgebung an Vorbildern fehlt. Das Oberverwaltungsgericht hat auch ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass das Vorhaben geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen (Urteile vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 53 und vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 S. 7). Bodenrechtlich beachtliche und bewältigungsbedürftige Spannungen sind dadurch gekennzeichnet, dass das Vorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet und das Bedürfnis hervorruft, die Voraussetzungen für seine Zulassung unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung zu schaffen (Urteil vom 16. September 2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 Rn. 23). Hierfür reicht die mögliche Vorbildwirkung des Vorhabens (Urteil vom 26. Mai 1978 a.a.O.), die ein Bedürfnis nach planerischer Gestaltung auslösen kann (vgl. § 22 Abs. 4 BauNVO).

18

2. Das Oberverwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit Bundesrecht angenommen, dass dieser Rechtsverstoß Rechte des Klägers verletzt. Diese Auffassung wird in der Literatur geteilt (Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Juni 2013, § 22 BauNVO Rn. 50; Upmeier, Mampel, BRS-Info 4/2012, S. 19; Aschke, in: Ferner/Kröninger/Aschke, BauGB, 3. Aufl. 2013, § 22 BauNVO Rn. 16; Wolf, Drittschutz im Bauplanungsrecht, Band 11, 2012, S. 175 f.).

19

a) Ein Drittschutz kann weder direkt noch analog aus § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hergeleitet werden. Die Vorschrift entfaltet selbst im beplanten Bereich keinen Nachbarschutz. Nachbarschutz vermittelt hier vielmehr die planerische Festsetzung (Urteil vom 24. Februar 2000 a.a.O. S. 362 = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 7), an der es im unbeplanten Bereich fehlt.

20

b) Der vom Oberverwaltungsgericht angenommene Drittschutz folgt vielmehr aus dem Gebot der Rücksichtnahme.

21

Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn eine angefochtene Baugenehmigung oder ein planungsrechtlicher Vorbescheid gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt (stRspr, Beschluss vom 13. November 1997 - BVerwG 4 B 195.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 189 S. 59; Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 4 C 34.85 - Buchholz 406.11 § 34 BBauGB Nr. 114 S. 64). Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme setzt dabei einen Verstoß gegen das objektive Recht voraus (Urteil vom 26. September 1991 - BVerwG 4 C 5.87 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 103 S. 76 ). Er kann vorliegen, wenn ein Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385 f.> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 52). Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann auch vorliegen, wenn sich ein Vorhaben objektiv-rechtlich nach seinem Maß der baulichen Nutzung, seiner Bauweise oder seiner überbauten Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (Beschluss vom 11. Januar 1999 - BVerwG 4 B 128.98 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 159 S. 3). Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (Urteil vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 S. 99). Es kommt darauf an, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (Urteil vom 19. September 1986 - BVerwG 4 C 8.84 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 71 S. 56).

22

Dies ist hier der Fall: Die Zulässigkeit einer Bebauung als Doppelhaus setzt den wechselseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze voraus. Dieser Verzicht bindet die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs ein. Ihre Baufreiheit wird zugleich erweitert und beschränkt. Durch die Möglichkeit des Grenzanbaus wird die bauliche Nutzbarkeit der Grundstücke erhöht. Das wird durch den Verlust seitlicher Grenzabstände an der gemeinsamen Grenze, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen, "erkauft" (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <359> = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 4). Diese Interessenlage rechtfertigt es, dem Bauherrn eine Rücksichtnahmeverpflichtung aufzuerlegen, die eine grenzständige Bebauung ausschließt, wenn er den bisher durch das Doppelhaus gezogenen Rahmen überschreitet. Sie ist im beplanten und unbeplanten Bereich identisch. Dass die Rücksichtnahmepflichten im beplanten Gebiet auf einer planerischen Konzeption beruhen, führt auf keinen Unterschied. Denn im Fall des § 34 Abs. 1 BauGB ergeben sich die Beschränkungen der Baufreiheit regelmäßig aus der Umgebungsbebauung und nicht aus einer planerischen Konzeption.

23

Sachgesetzlichkeiten (Beschluss vom 19. Oktober 1995 - BVerwG 4 B 215.95 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 131 S. 12) fordern keine unterschiedliche Behandlung. Dass der Zulässigkeitsmaßstab bei § 34 Abs. 1 BauGB stets weniger scharf ist, lässt sich nicht sagen. Allerdings ist einzuräumen, dass den Nachbarn größere Hinnahmepflichten treffen, wenn die maßgebliche Umgebungsbebauung eine größere Wahlfreiheit als eine planerische Festsetzung eröffnet (vgl. Beschluss vom 11. März 1994 - BVerwG 4 B 53.94 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 166). So liegt es hier nicht, weil die Umgebungsbebauung nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts einen vergleichsweise engen Rahmen setzt. Anders als bei Festsetzungen nach den §§ 16 ff. BauNVO und § 23 BauNVO (vgl. Beschluss vom 19. Oktober 1995 a.a.O. S. 13) hängt es im Übrigen auch im beplanten Gebiet nicht vom Willen der Gemeinde ab, ob Festsetzungen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hinsichtlich der Nachbarn von Doppelhäusern dem Schutz des Nachbarn dienen. Schließlich kann für die "Doppelhaus"-Fälle eine so einheitliche Interessenlage angenommen werden, dass es jedenfalls grundsätzlich einer Betrachtung der konkreten Situation nicht bedarf. Dass hier ausnahmsweise etwas Anderes gelten könnte, ist nicht ersichtlich. Namentlich reicht der Hinweis des Beigeladenen nicht aus, dass die bestehenden Haushälften die Bebauungsmöglichkeiten derzeit nicht vollständig ausnutzen. Dies betrifft das Maß der baulichen Nutzung, berührt aber das nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu erfüllende Erfordernis eines Einfügens nach der Bauweise nicht.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Erweiterung ihres grenzständig errichteten Wohnhauses.

2

Der Kläger und die Beigeladenen sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Abgesehen von einer Baustufenordnung fehlen bauplanerische Festsetzungen. Auf dem Grundstück der Beigeladenen wurde 1967 grenzständig zum Grundstück des Klägers ein zweigeschossiges Wohnhaus mit traufständigem Satteldach (30°) und einer Wohnfläche von 127,93 qm errichtet; das Gebäude ist etwa 9 m tief und 9 m breit. Hinzu treten eine zum nordöstlich liegenden Nachbargrundstück grenzständige Garage sowie ein Wintergarten im hinteren Grundstücksteil. Das Grundstück des Klägers wurde 1983 grenzständig zum vorhandenen Gebäude auf dem Grundstück der Beigeladenen mit einem zweigeschossigen Wohngebäude mit traufständigem Satteldach (35°) bebaut. Dieses Gebäude verfügt über eine Wohnfläche von etwa 177 qm und trat sowohl zur Straßen- als auch zur Gartenseite um 1 m gegenüber dem Gebäude der Beigeladenen vor. Seine Firsthöhe liegt etwa 1,50 m höher als bei dem Gebäude der Beigeladenen.

3

Der angegriffene Bescheid der Beklagten genehmigt den Umbau und die Erweiterung des Gebäudes der Beigeladenen durch eine straßenseitige Erweiterung des Bestandsgebäudes mit einem zum Grundstück des Klägers hin grenzständigen, zweigeschossigen und 5 m tiefen Anbau, der gegenüber dem Gebäude des Klägers um 4 m hervortritt, mit einem Satteldach und einer Dachneigung von 30°. Die Giebelseite des Anbaus ist zur Straße ausgerichtet. Am Standort des früheren Wintergartens ist ein an die Garage angebauter Abstellraum mit einem gemeinsamen Satteldach vorgesehen.

4

Die gegen den Bescheid gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verstößt die angefochtene Baugenehmigung nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, insbesondere nicht gegen die Anforderungen der "Doppelhausrechtsprechung" des Bundesverwaltungsgerichts. Die beiden Gebäude bildeten auch nach dem genehmigten Umbau ein Doppelhaus. Maßgeblich seien sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte. Im Interesse einer möglichst rechtssicheren Handhabung sei ein einheitlicher Baukörper unter den quantitativen Aspekten Geschossigkeit, Bautiefe und Gebäudehöhe der grenzständigen Gebäudeteile sowie des oberirdischen Brutto-Raumvolumens im Regelfall nicht mehr anzunehmen, wenn sich nur eines der genannten Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheide. Diesen Rahmen wahre das Bauvorhaben der Beigeladenen. Auch qualitative Gesichtspunkte sprächen nicht gegen ein Doppelhaus. Das Haupthaus der Beigeladenen und das Haus des Klägers wiesen identische Dachformen und Neigungen auf. Die Firste beider Gebäude seien parallel zur Straße ausgerichtet. Auch der Anbau trage ein Satteldach. Dessen abweichende Ausrichtung sei dem Orts- und Stadtbild geschuldet. Durch den Anbau schließe das Haus zur Bauflucht des nordöstlich gelegenen Nachbargebäudes auf. Die Gebäude des Klägers und der Beigeladenen würden so optisch in die übrige Bebauung integriert. Das Gebot der Rücksichtnahme werde ferner weder durch eine Verschattung des klägerischen Wohnzimmers verletzt noch wirke der genehmigte Bau erdrückend. Beeinträchtigungen durch Regenwasser und Schneebretter seien im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen. Abstandflächenrechtliche Vorschriften seien nicht verletzt.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Fortentwicklung der Grundsätze der Rechtsprechung zum planungsrechtlichen Begriff des Doppelhauses zugelassen. Von diesem Rechtsmittel hat der Kläger Gebrauch gemacht. Die Beklagte und die Beigeladenen verteidigen das Urteil.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision führt zur Zurückverweisung an die Vorinstanz (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht ist unter Anlegung bundesrechtswidriger Maßstäbe (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zu dem Ergebnis gelangt, dass die angegriffene Baugenehmigung Rechte des Klägers nicht verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

7

1. Die Annahmen des Oberverwaltungsgerichts zum Außerkrafttreten der Baustufenordnung der Stadt D. und zum Prüfungsumfang eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 68 BauO NW beruhen auf der Auslegung irrevisiblen Landesrechts und unterliegen keiner revisionsgerichtlichen Prüfung (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO).

8

2. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, das genehmigte Vorhaben sei weder wegen seines Schattenwurfs noch wegen einer erdrückenden Wirkung dem Kläger gegenüber rücksichtslos.

9

Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Dies ist der Fall, wenn das genehmigte Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in unmittelbarer Nähe vorhandene Bebauung fehlt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385 f.>). Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen geprüft und als Tatgericht verneint. Dies ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

10

3. Das Berufungsurteil verletzt demgegenüber Bundesrecht, soweit es einen Verstoß gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme "im Hinblick auf die auch im unbeplanten Innenbereich anwendbare Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts" verneint hat.

11

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme kann vorliegen, wenn sich ein Vorhaben entgegen § 34 Abs. 1 BauGB nach den dort genannten Merkmalen nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Maßgebend für den Verstoß gegen Rechte eines Nachbarn ist insoweit, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 21 m.w.N.). Der Senat hat diese Aussagen für Doppelhäuser konkretisiert: Ist ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen im Sinne von § 22 Abs. 2 BauNVO den maßgeblichen Rahmen bilden, so fügt sich ein grenzständiges Vorhaben im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich nicht nach der Bauweise ein, das unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäude ein Doppelhaus zu bilden. Ein solches Vorhaben verstößt gegenüber dem Eigentümer der bisher bestehenden Doppelhaushälfte grundsätzlich gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Ls. 1). Diesen Rechtsgrundsatz legt das Oberverwaltungsgericht zugrunde, wenn es - stark verkürzend - auf die "Doppelhausrechtsprechung im unbeplanten Innenbereich" (UA S. 8 f.) verweist.

12

a) Das Oberverwaltungsgericht durfte ohne Verstoß gegen Bundesrecht bei der Auslegung des § 34 Abs. 1 BauGB die Vorschriften der Baunutzungsverordnung als Auslegungshilfe heranziehen. Sie definieren, was die Begriffe der offenen oder geschlossenen Bauweise meinen. Aus diesem Grund kann im unbeplanten Innenbereich auf den Begriff des Doppelhauses der Baunutzungsverordnung zurückgegriffen werden, um Vorhaben zu würdigen (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 12; Lemmel, in: FS Schlichter, 1995, S. 353 <355 f.>). Hieran hält der Senat fest. Der Revision ist zuzugeben, dass der Gesetzgeber nicht an die Begriffe der Baunutzungsverordnung gebunden ist und § 34 BauGB in seinem Absatz 1 anders als in Absatz 2 auf die Baunutzungsverordnung nicht Bezug nimmt. Angesichts des Wortlauts des § 34 Abs. 1 BauGB liegt jedoch die Annahme fern, der Gesetzgeber habe den dort verwendeten Begriffen eine von den Begriffen der Baunutzungsverordnung abweichende Bedeutung zumessen wollen. Auch die Revision benennt hierfür keinen Anhaltspunkt.

13

b) Das Oberverwaltungsgericht hat offengelassen, ob der nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebliche Rahmen der näheren Umgebung durch Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen i.S.v. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gebildet wird oder ob eine Gemengelage verschiedener Bauweisen vorliegt. Bundesrechtlich war ihm diese Vorgehensweise nicht versperrt. Ob die nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebende Umgebung einer Bebauung in offener Bauweise im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO entspricht oder mit Blick auf dieses Merkmal eine "Gemengelage" vorliegt, bedarf keiner Entscheidung, wenn das Gesamtgebäude auch nach Ausnutzung der Genehmigung ein Doppelhaus ist. Denn in beiden Fällen wäre der Bauweise nach ein Doppelhaus zulässig. Hiervon geht das Oberverwaltungsgericht zutreffend aus (UA S. 9). Es legt seiner tatrichterlichen Würdigung aber einen bundesrechtswidrigen Begriff des Doppelhauses zugrunde.

14

Das Oberverwaltungsgericht hat für das Vorliegen eines Doppelhauses quantitative und qualitative Aspekte betrachtet. Unter den quantitativen Aspekten der Geschossigkeit, der Bautiefe, der Gebäudehöhe und des oberirdischen Brutto-Raumvolumens könne ein Doppelhaus im Regelfall nicht mehr angenommen werden, wenn sich auch nur eines dieser Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheide (UA S. 10). Es müsse auch in qualitativer Hinsicht der Charakter eines Doppelhauses gewahrt bleiben. Diese Anforderungen versteht das Oberverwaltungsgericht nach den weiteren Ausführungen nicht als notwendige, sondern als hinreichende Bedingungen für das Vorliegen eines Doppelhauses, die getrennt voneinander zu prüfen sind. Wann das Fehlen eines Regelfalls zu einem anderen Ergebnis führen kann, bleibt offen. Dieses Begriffsverständnis ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

15

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual festlegen, in welchem Umfang die beiden Haushälften an der Grenze zusammengebaut sein müssen (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <360>). Hieran hält der Senat fest. Auch für die weiteren vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen quantitativen Kriterien ist eine mathematisch-prozentuale Festlegung nicht möglich.

16

Der Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO verlangt, dass das Doppelhaus ein Gebäude mit seitlichem Grenzabstand ist. Zwei selbständige Baukörper, die sich an der Grenze berühren, aber praktisch allseitig freistehend sind, bilden kein Doppelhaus (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <358 f.>). Der Begriff des Doppelhauses hat dabei vom Ziel der offenen Bauweise auszugehen. Leitbild ist ein Haus, das nach beiden Seiten mit Grenzabstand errichtet wird und so einen Vorgarten mit einem Hausgarten verbindet (Boeddinghaus, in: Boeddinghaus/Grigoleit, BauNVO, 6. Aufl. 2014, § 22 BauNVO Rn. 17). Die grundsätzlich nach beiden Seiten geforderten Grenzabstände sollen dabei als die Bebauung gliedernde und auflockernde Elemente wahrgenommen werden (König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 22 Rn. 17). Ein einseitig grenzständiger Bau fügt sich in dieses System nur ein, wenn das gegenseitige Abstandsgebot an der Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <359>).

17

Der vom Oberverwaltungsgericht gewählte mathematisch-prozentuale Ansatz trägt dem nicht Rechnung. Allerdings liegt es nahe, bei der Gebäudehöhe ein Verhältnis als Ausgangspunkt zu wählen, weil dieses nach außen besonders sichtbar wird. Eine gemeinsame Gebäudehöhe ist für das Maß der Übereinstimmung beider Gebäude deshalb von besonderer Bedeutung. Für eine feste oder indizielle Grenze von 50 % fehlt indes jeder Anhalt. Bei der Bautiefe liegt es anders: Ob ein Versprung durch unterschiedliche Bautiefen den Eindruck eines gemeinsamen Baukörpers aufhebt und das Grenzgrundstück abriegelt, hängt nur zum Teil davon ab, auf welcher Länge die Gebäude aneinander gebaut sind, namentlich, wenn die Länge der gemeinsamen Wand nicht sichtbar ist. Es sind regelmäßig weitere Kriterien in Betracht zu ziehen, etwa die Höhe der einseitig grenzständigen Wand sowie die Frage, ob der Versprung in voller Länge auf einer Gebäudeseite auftritt oder in jeweils geringerem Maße Vorder- und Rückseite belastet. Diese Einwände sprechen auch gegen einen mathematisch-prozentualen Maßstab beim oberirdischen Brutto-Raumvolumen, weil dieses durch Gebäudehöhe und Bautiefe maßgeblich mitbestimmt wird. Schließlich macht es für das Maß an hinnehmbarer Abweichung keinen Unterschied, ob die Gebäude ursprünglich übereinstimmend eingeschossig oder übereinstimmend zweigeschossig sind. Insoweit ist die Betrachtung eines Verhältnisses als Ausgangspunkt verfehlt.

18

Trotz des unzutreffenden rechtlichen Ansatzes verstößt die Annahme des Oberverwaltungsgerichts nicht gegen Bundesrecht, dass die quantitativen Kriterien jeweils für sich den Charakter eines Doppelhauses auch in der Gestalt der angegriffenen Genehmigung nicht aufheben. Dies liegt für die Kriterien der Geschossigkeit, der Gebäudehöhe und des oberirdischen Brutto-Raumvolumens auf der Hand. Hinsichtlich der Bautiefe gestatten die tatrichterlichen Feststellungen zum Schattenwurf und zur verneinten erdrückenden Wirkung den Schluss, dass der Charakter eines Doppelhauses insoweit noch gewahrt ist.

19

bb) Die tatrichterliche Würdigung der qualitativen Kriterien verstößt gegen Bundesrecht. Die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus hängt nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Es kann daher das Vorliegen eines Doppelhauses mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 16). Es geht um eine spezifische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <361>), die darin liegt, dass das Doppelhaus den Gesamteindruck einer offenen, aufgelockerten Bebauung nicht stört, eben weil es als ein Gebäude erscheint. Es kommt also für die Frage, ob grenzständige Gebäude ein Doppelhaus bilden, auf die wechselseitige Verträglichkeit dieser Gebäude an (so für eine Hausgruppe auch BVerwG, Beschluss vom 19. März 2015 - 4 B 65.14 - juris Rn. 6). Diesen Blick hat sich das Oberverwaltungsgericht verstellt, als es für die Würdigung der unterschiedlichen Dachausrichtung nicht das Gebäude des Klägers in den Blick genommen, sondern jedenfalls auch für maßgeblich gehalten hat, dass der Anbau zur Bauflucht des Hauses auf dem zur anderen Seite benachbarten Grundstück aufschließe und so optisch in die übrige Bebauung integriert werde.

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cc) Schließlich verstößt das angegriffene Urteil gegen Bundesrecht, weil es an der gebotenen Gesamtwürdigung des Einzelfalls fehlt.

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Qualitative und quantitative Kriterien dürfen nicht nur isoliert betrachtet werden: Denn es ist ebenso denkbar, dass größere quantitative Abweichungen bei deutlich einheitlicher Gestaltung hingenommen werden können, wie es vorstellbar ist, dass eine deutlich abweichende Gestaltung in ihrer Wirkung gemildert wird, weil die Gebäudeteile in quantitativer Hinsicht stark übereinstimmen. Eine isolierte Betrachtung vernachlässigt auch, dass Fälle denkbar sind, in denen erst das Zusammenwirken quantitativer und qualitativer Kriterien den Charakter eines Doppelhauses entfallen lässt. Das Oberverwaltungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob insbesondere der Unterschied in der Bautiefe zusammen mit der abweichenden Gestaltung des Anbaus in ihrem Zusammenwirken den Charakter eines Doppelhauses aufheben.

22

4. Die Auslegung der Regelungen zur Abstandfläche in § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 Buchst. b BauO NRW ist revisibel, soweit die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Doppelhausbebauung in Rede steht, weil die landesrechtliche Norm an die bundesrechtliche Regelung lediglich anknüpft (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 4. November 1976 - 5 C 73.74 - BVerwGE 51, 268 <273> und vom 7. Juni 2006 - 4 C 7.05 - BRS 70 Nr. 84 S. 449 f.; zum Begriff des Doppelhauses bei Auslegung des § 6 Abs. 1 BauO NW vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. April 2012 - 4 B 42.11 - BRS 79 Nr. 95 Rn. 8). Auch insoweit liegt ein Verstoß gegen Bundesrecht vor, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt.

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5. Der Bundesrechtsverstoß zwingt zur Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO) zur Klärung der Fragen, ob das Gesamtgebäude nach dem Umbau weiterhin ein Doppelhaus bildet und - verneinendenfalls - ob die maßstabsetzende Bebauung nach der Bauweise eine einseitig grenzständige Bebauung nur in Form eines Doppelhauses zulässt.

24

Auf die Verfahrensrügen kommt es nicht an. Sie könnten, ihre Begründetheit unterstellt, ebenfalls nur zur Zurückverweisung führen. Zur Forderung der Revision, der Senat des Oberverwaltungsgerichts habe den Augenschein in voller Besetzung einholen müssen, weist der Senat aber auf Folgendes hin: Für die Frage, ob ein Gericht nach § 96 Abs. 2 VwGO schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen kann, gelten die Kriterien für die Beweisaufnahme durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter im vorbereitenden Verfahren nach § 87 Abs. 3 Satz 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. April 1994 - 1 B 14.94 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 54 S. 2 f.). Es kommt darauf an, dass von vornherein anzunehmen ist, dass das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag. Dies gilt auch für Ortsbesichtigungen (BVerwG, Beschluss vom 15. August 1997 - 4 B 130.97 - Buchholz 310 § 87 VwGO Nr. 9 S. 2). Dass nach diesen Maßstäben eine Ortsbesichtigung durch den Senat des Oberverwaltungsgerichts erforderlich sein könnte, hat die Revision nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 2014 - 7 B 27.14 - NVwZ-RR 2015, 94 Rn. 6).

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.