Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Mai 2018 - M 4 K 17.4371
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
– Rechtskräftiger Strafbefehl des Amtsgerichts Ebersberg vom 20. Juli 2006 wegen falscher Verdächtigung zur Zahlung einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen.
– Wegen Erschleichens von Leistungen erging durch das Amtsgericht Ebersberg eine Verurteilung zu einer weiteren Geldstrafe von 15 Tagessätzen.
– Ab dem 26. Mai 2015 befand sich die Klägerin erstmals wegen einer Betäubungsmittelstraftat bis zum 12. August 2015 in Haft.
– Das Landgericht München I verurteilte die Klägerin am 21. Februar 2017 (3 KLs 367 Js 210179/16) wegen Handeltreibens mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten.
„Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU - FreizügG/EU) haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und deren Familienangehörige das Recht auf Einreise und Aufenthalt. Der Verlust dieses Rechtes kann aber nach § 6 Abs. 1 dieses Gesetzes aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, Ordnung und Gesundheit festgestellt werden (Art. 39 Abs. 3, Art. 46 Abs. 1 des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft).
Gemäß § 6 Abs. 2 FreizügG/EU darf die in Abs. 1 genannte Feststellung nur getroffen werden, wenn ein Ausländer durch sein persönliches Verhalten dazu Anlass gibt. Die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung allein genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr das Hinzutreten einer konkreten Gefahr neuer Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Über das Vorliegen einer derartigen Wiederholungsgefahr ist aufgrund aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu entscheiden; es muss eine tatsächliche und hinreichende Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.
Familienangehöriger ist nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU der Ehegatte der in § 2 Abs. 2 Nrn. 1 - 5 und 7 FreizügG/EU genannten Personen. Nach § 3 Abs. 5 FreizügG/EU behalten Ehegatten bei Scheidung der Ehe ein Aufenthaltsrecht, wenn sie die für Unionsbürger geltenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nrn. 1 - 3 oder Nr. 5 FreizügG/EU erfüllen und wenn die Ehe bis zur Scheidung mindestens 3 Jahre bestanden hat, davon mindestens 1 Jahr im Bundesgebiet.
Sie heirateten in der Dominikanischen Republik im Jahr 2000 den österreichischen Staatsangehörigen ... und reisten noch im selben Jahr zusammen mit der gemeinsamen Tochter im Familiennachzug in das Bundesgebiet ein. Nach den der Ausländerbehörde München vorliegenden Unterlagen ist die Ehe seit dem ... April 2010 rechtskräftig geschieden. Gemäß § 4a Satz 2 FreizügG/EU haben Sie somit ein Daueraufenthaltsrecht erworben.
Nach § 6 Abs. 5 FreizügG/EU darf eine Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt bei Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen, die ihren Aufenthalt in den letzten 10 Jahren im Bundesgebiet hatten, jedoch nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit getroffen werden.
Sie sind jedoch seit der Scheidung nicht mehr Familienangehöriger (§ 3 Abs. 2 FreizügG/EU i.V.m. Hoppe, HTK-AuslR / § 3 FreizügG/EU / zu Abs. 2, VG Augsburg v. 5.5.2009 - Au 1 K 08.449) eines Unionsbürgers.
Sie gelten auch nicht als Familienangehöriger ihrer Tochter N., die die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt. Sie sind zwar als Mutter eine Verwandte in aufsteigender Linie und fallen damit grundsätzlich unter den Begriff der Familienangehörigen des Kindes; Voraussetzung nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU ist aber, dass der Unionsbürger oder dessen Ehegatte den Familienangehörigen Unterhalt gewährt. Der stammberechtigte Unionsbürger (oder dessen Ehegatte oder Lebenspartner) muss den Familienangehörigen tatsächlich Unterhalt gewähren. Die Existenzmittel dürfen nicht aus anderer Quelle (z.B. eigner Erwerbstätigkeit) stammen. Eine Unterhaltsgewährung liegt vor, wenn dem Verwandten tatsächliche Leistungen zukommen, die vom Ansatz her als Mittel der Bestreitung des Lebensunterhalts angesehen werden können. Dazu gehört eine fortgesetzte regelmäßige Unterstützung in einem Umfang, der es ermöglich, zumindest einen Teil des Lebensunterhalts regelmäßig zu decken. Maßstab ist dabei das Lebenshaltungsniveau in dem EU-Mitgliedsstaat, in dem sich der Familienangehörige ständig aufhält. Es ist nicht erforderlich, dass derjenige, dem Unterhalt gewährt wird, einen Anspruch auf Unterhaltsgewährung hat oder seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten könnte (Punkt 3.2.2.1 der AVwV zum Freizügigkeitsgesetz/EU und Hoppe, HTKAuslR, § 3 FreizügG/EU zu Abs. 2 09/12 Nr. 2.3).
Ihre Tochter … wurde am … März 2015 in behördliche Obhut genommen und in einer Wohngemeinschaft untergebracht. Die Kosten hierfür trägt die öffentliche Hand. Wie Sie dem Landgericht München I in der Hauptverhandlung angaben, befindet sich Ihre Tochter noch in der Ausbildung zur Frisörin. Aufgrund dieser Umstände ist es ihr offensichtlich nicht möglich, Ihnen Unterhalt zu gewähren, sodass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU bei Ihnen nicht vorliegen.
Ausnahmsweise kann aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU auch dann ein Aufenthaltsrecht abgeleitet werden, wenn nicht der EU-Bürger seinem Verwandten den Unterhalt gewährt, sondern es sich umgekehrt verhält. Dies ist der Fall, wenn es sich bei dem EU-Bürger um einen freizügigkeitsberechtigten Minderjährigen handelt, der von einem drittstaatsangehörigen Elternteil tatsächlich betreut wird, diese Betreuung erforderlich ist und keine öffentlichen Mittel in Anspruch genommen werden. Würde dem drittstaatsangehörigen Elternteil des minderjährigen Unionsbürgers, der tatsächlich für das Kind sorgt, der Aufenthalt nicht erlaubt, so würde dem Aufenthaltsrecht des Kindes praktisch jede Wirksamkeit genommen (Pkt. 3.2.2.2 der AVwV zum FreizügG/EU und EuGH, U.v. 19.10.2014- Rs. C 200/02-Zu/Chen. Rn. 42 ff.).
Dies trifft in Ihrem Fall nicht zu, da seit dem ... März 2015 kein gemeinsamer Wohnsitz mehr besteht und Ihre Tochter zwischenzeitlich auch volljährig ist.
Die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 5 FreizügG/EU und damit die Schutzwirkung bei einem über 10-jährigen Aufenthalt im Bundesgebiet scheidet bei Ihnen somit aus.
Nachdem Sie sich seit aber 5 Jahren mit Ihrem österreichischen Ehemann ständig rechtmäßig in Deutschland aufgehalten haben, haben Sie ein Daueraufenthaltsrecht erworben. Somit darf nach § 6 Abs. 4 FreizügG/EU die Feststellung nur aus schwerwiegenden Gründen getroffen werden.
Ob die begangenen Straftaten den Tatbestand eines schwerwiegenden Grundes im Sinne des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU erfüllen, ist im Wesentlichen eine Frage des Einzelfalls. Solche Gründe liegen in ihrem Fall vor:
Die anderweitig Verurteilten M., Y. und G. schlossen sich zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 20. September 2015 zu einer Bande zusammen und kamen überein, im Stadtgebiet München den schwunghaften Handel mit Kokain zu betreiben. Der Y. stellte sodann den Kontakt zu M. her, der zwischen dem 3. September 2015 und dem 20. September 2015 mindestens 660,38 g Kokain zu einem Preis von 40.000,- EUR in Spanien vom anderweitigen so genannten „Ch.“ organisierte. Der anderweitig verurteilte V. schluckte in Madrid das in 70 Plomben verpackte Kokain und begab sich am 20. September 2015 mit dem Flugzeug nach München, wo er absprachegemäß von den anderweitig Verurteilten P. und M. in Empfang genommen und in die Wohnung des P. in der ... gebracht wurde. Dort sollte er die Betäubungsmittel wieder ausscheiden. Dieser hatte jedoch unerwartet Schwierigkeiten, die 70 Plomben auszuscheiden, so dass Sie sich in die Wohnung ... begaben, wo Sie den V. beim Ausscheiden des Kokains unterstützen sollten. Sie beabsichtigten, von dem gelieferten Kokain eine Menge von mindestens 200 g zu erwerben und gewinnbringend im Stadtgebiet München zu verkaufen. Zusammen mit G. kauften Sie in einer Apotheke Medikamente gegen Verstopfung, mit deren Hilfe V. die Drogen auszuscheiden versuchte. Am 22. September 2015 kehrten Sie in die Wohnung ... zurück, nachdem es dem V. immer noch nicht gelungen war, alle 70 Plomben auszuscheiden. Zu diesem Zeitpunkt waren außer Ihnen nur noch V. und M. in der Wohnung. … Das Gericht hat den toxikologischen Sachverständigen Herrn Prof. ... und die Sachverständige ... beigezogen. Dabei ergaben sich anhand der von ... vermittelten Sachkunde keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass bei Ihnen eine Persönlichkeitsstörung (oder auch ein sonstiges psychisches Störungsbild) vorliegt, dass dem Eingangsmerkmal des § 20 StGB subsumiert werden könnte. … Die Kammer sah einen minder schweren Fall im Sinne des § 29 a Abs. 2 BtMG nicht begründet. Im Wesentlichen wertete die Kammer zu Ihren Gunsten, dass
– es sich um ein polizeilich überwachtes Geschäft handelte,
– die Drogen nahezu vollständig sichergestellt werden konnten,
– die Möglichkeit eine größere Menge Kokain zum Verkauf zu erwerben aufgrund Ihrer prekären Lebenssituation eine besondere Verführungskraft hatte und
– auch in der Zusammenschau die Sache vom Feld der Gesetzgebung bei der Schaffung des Regelstrafrahmens gesehen und als typische bewertete Fallgestaltung sich nicht so weit nach unten absetzt, dass die Heranziehung des Regelstrafrahmens als unangemessen erscheint.
Bei der Strafzumessung im engeren Sinn ging die Kammer von der Menge und dem Wirkstoffgehalt des Kokains, das Ihrem Handeltreiben unterlag, aus und hat im Übrigen zu Ihren Gunsten die oben erwähnten Umstände gewürdigt.
Zu Ihren Lasten hat die Kammer die Vorahndungen gewertet, die nur in einem geringen Umfang eine Warnwirkung hatten.
In Abwägung aller für und gegen Sie sprechenden Umstände hielt die Kammer eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 2 Monaten für ausreichend aber auch erforderlich. … Strafrechtlichen Entscheidungen liegen unter anderem spezialpräventive Überlegungen zu Grunde. In die Strafzumessung fließt deshalb auch eine Prognose über die Gefährlichkeit des Täters ein. Eine strafgerichtete Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 2 Monaten wegen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ist deshalb auch hinreichender Gradmesser des im Rahmen des Verwaltungsrechts bestehenden Bedürfnisses vorbeugender Schutzmaßnahmen.
Kokain gehört neben Heroin zu den gefährlichsten Drogen. Es bewirkt eine Erhöhung der Atembzw. der Pulsfrequenz evtl. Atemunregelmäßigkeiten und gleichzeitig eine Verengung der Blutgefäße und damit eine Erhöhung des Blutdrucks. Dies kann unter anderem Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzanfall zur Folge haben. Beim Rauchkonsum erhöht sich zudem das Risiko eines Primär ischämischen Hirninfarkts, da durch den erhöhten Blutdruck und die Verengung der Blutgefäße das Platzen einer Arterie im Gehirn wahrscheinlicher wird. … Daneben haben Sie eine massive Gleichgültigkeit der körperlichen Unversehrtheit und dem Leben des V. an den Tag gelegt. Dieser reiste mit einer Menge von 660,38 g Kokain, verpackt in 70 Plomben, im Magen-Darm-Trakt am 20. September 2015 in das Bundesgebiet ein. Bei einem Platzen nur einer dieser Plomben hätte dies zum Tod des V. geführt. Trotz der massiven Probleme, die V. beim Ausscheiden der Drogen hatte, haben Sie keine Konsequenzen daraus gezogen und V. in ein Krankenhaus gebracht. Stattdessen versuchten Sie es 2 Tage mit Hilfe von Abführmitteln, dass V. die noch verbleibenden Plomben ausscheiden konnte. Erst durch den Eingriff der Polizeibeamten, die durch die polizeiliche Überwachung der Telekommunikation auf die mittlerweile schlechte gesundheitliche Lage aufmerksam wurden, erfolgte die Wohnungsdurchsuchung und die Einlieferung des V. in ein Krankenhaus.
Angesichts Ihrer offensichtlichen kriminellen Energie, Ihrer schlechten Einkommenssituation und der derzeit noch untherapierten Betäubungsmittelabhängigkeit kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zeit der Strafhaft Sie von weiteren Straftaten abschrecken wird. Sie haben im Drogenhandel eine Einkunftsquelle gesehen, um damit Ihre eigene Sucht und ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.
Aus der Eigenart der Straftaten mit denen Sie auf möglichst bequeme Art reich werden wollten, ergibt sich eine konkrete Wiederholungsgefahr. Sie haben eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass Sie sich außerhalb der Geltung der Rechtsordnung stellen und die Werte der Rechtsordnung für sich nicht annehmen wollen. Es ist nicht zu erwarten, dass Sie Ihre Einstellung zur Rechtsordnung ändern werden. Zudem verfügen sie weder über einen im Bundesgebiet anerkannten Schulabschluss noch über eine abgeschlossene Ausbildung, so dass nach Entlassung aus der Strafhaft befürchtet werden muss, dass Sie erneut in den Drogenhandel einsteigen werden, bzw. Sie Ihren Lebensunterhalt aus öffentlichen Mitteln bestreiten werden. … Die Ausländerbehörde ist bei der Gesamtwürdigung Ihres Verhaltens zu dem Ergebnis gekommen, dass in Ihrem Fall schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die von Ihnen begangenen schwerwiegenden Straftaten ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellt. Es liegt eine tatsächliche und hinreichende Gefährdung vor, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Die Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalts ist zum Schutz der hier lebenden Bevölkerung unumgänglich. Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 6 Abs. 4 FreizügG/EU liegen daher vor. Die Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 6 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 und 2 FreizügG/EU ist zum Schutz der hier lebenden Bevölkerung unumgänglich.
Ermessensausübung Es war nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu prüfen, ob die Feststellung des Rechtsverlustes geboten ist. Hierzu war eine Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen, für die folgende Gesichtspunkte in Betracht kamen:
Die Ausländerbehörde geht bei der Güter- und Interessenabwägung von dem vom Strafgericht festgestellten Tathergang aus. Eigene Ermittlungen waren in dieser Hinsicht nicht erforderlich.
Sie haben eine Betäubungsmittelstraftat begangen, die das Strafgericht zum Anlass nahm, eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 2 Monaten zu verhängen. Die von Ihnen begangene Straftat ist im Bereich der Schwerkriminalität anzusiedeln.
Strafrechtlichen Entscheidungen liegen auch spezialpräventive Überlegungen zu Grunde. In die Strafzumessung fließt deshalb auch eine Prognose über die Gefährlichkeit des Täters ein.
Eine strafgerichtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 2 Monaten ist deshalb auch hinreichender Gradmesser des im Rahmen des Verwaltungsrechts bestehenden Bedürfnisses vorbeugender Schutzmaßnahmen. Aus der Eigenart der Straftaten ergibt sich eine konkrete Wiederholungsgefahr.
Es liegt in Ihrem Fall eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vor, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Zudem besteht eine konkrete Gefahr weiterer schwerer Straftaten. Eine Aufenthaltsbeendigung ist somit trotz der Rechte, die Ihnen als Familienangehöriger eines EU-Staatsangehörigen zustehen, gerechtfertigt.
Um Wiederholungen zu vermeiden, wird bezüglich der Schwere der von Ihnen begangenen Straftaten und der Wiederholungsgefahr auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen.
Soweit die Interessen der Allgemeinheit in Betracht kommen, vor allem die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, ist Ihr Aufenthalt durch die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt zu beenden. Dies ist das geeignete, aber auch erforderliche Mittel der Gefahrenabwehr.
Schutzwürdige Interessen
… Beachtet wurden § 6 Abs. 3 FreizügG/EU sowie Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. Hierzu ist Folgendes auszuführen:
Ein Ausländer kann sich grundsätzlich auf die Regelung des Art. 8 Abs. 2 EMRK berufen, wenn er aufgrund seiner gesamten Entwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist und ihm wegen der Besonderheit des Falles ein Leben im Staat seiner Staatsangehörigkeit, zu dem er keinen Bezug (mehr) hat, nicht zugemutet werden kann (vgl. BVerwG v. 29.9.1998, InfAuslR 1999, 54).
Der Status des „faktischen Inländers“ kann Ihnen aufgrund der späten Einreise im Erwachsenenalter nicht zuerkannt werden. In Ihrem Fall ist zu sehen, dass Sie im Jahre 2000 zusammen mit Ihrer Tochter … im Rahmen des Familiennachzugs zu Ihrem hier lebenden Ehemann und Vater eingereist sind. In Ihrer Heimat haben Sie bis zum 22. Lebensjahr gewohnt, sodass Sie Ihre Muttersprache in Wort und Schrift beherrschen. Dies hat auch die Sichtung der Strafakte bestätigt.
Bis zu Ihrer Inhaftierung haben Sie hier 15 Jahre auf freiem Fuß gelebt. Die Ehe wurde im Jahr 2010 rechtskräftig geschieden. Ihre Tochter hat neben der dominikanischen auch die österreichische Staatsbürgerschaft. Mit ihr leben Sie seit dem Jahr 2015 nicht in familiärer Lebensgemeinschaft. Bereits während der Trennung von Ihrem Ehemann im Jahr 2006 lebte … teilweise beim Vater. Im Jahr 2015 war es notwendig, dass diese in behördliche Obhut gegeben und dann im betreuten Wohnen untergebracht wurde.
Bis zur Trennung von Ihrem Ehemann waren Sie Hausfrau und gingen keiner Arbeit nach. Gerichtlichen Angaben des Landgerichts München I vom … Februar 2017 haben Sie bis zur Festnahme am ... Februar 206 lediglich für kurze Zeit. Dann zogen Sie zu einem Bekannten und waren diesem sexuell gefällig.
Eine wie auch immer geartete Integration hat lediglich bis zur Trennung von Ihrem Ehemann stattgefunden. Danach haben Sie immer mehr den Halt verloren und gingen dazu über, Drogen zu konsumieren und mit dem Drogenhandel den Lebensunterhalt und den Drogenkonsum zu finanzieren.
Von Ihrer Tochter, die zwischenzeitlich auch volljährig ist, leben Sie seit dem Jahr 2015 getrennt. Allerdings hatte … ebenfalls Probleme mit dem Gesetz. Es scheint eher unwahrscheinlich, dass Ihnen Ihre Tochter nach der Entlassung aus der Strafhaft eine moralische Stütze sein wird.
Weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK stehen somit der im öffentlichen Interesse gelegenen Beendigung Ihres Aufenthalts in Deutschland entgegen.
Ihre persönlichen Interessen wurden berücksichtigt. Den gewichtigen öffentlichen Belangen stehen keine gleichgewichtigen persönlichen Interessen entgegen.
Ausreisepflicht und Wiedereinreiseverbot Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU sind Sie ausreispflichtig, da die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht.
Außer der gesetzlichen Ausreisepflicht hat der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt ein Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbot zur Folge (§ 7 Abs. 2 Satz 1 FreiügG/EU). Diese Folgen werden auf 8 Jahre befristet. Die Frist beginnt mit Ihrer Ausreise (§ 7 Abs. 2 Satz 7 FreizügG/EU).
Bei der Bestimmung der Länge der Frist ist das Gewicht des Grundes für die Aufenthaltsbeendigung und der mit der Verfügung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange Ihr Verhalten, das dieser zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Feststellung des Rechtsverlustes zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr mit Blick auf die im vorliegenden Fall bedeutsame Gefahrenschwelle des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU zu tragen vermag. Die sich an der Erreichung des Zwecks der Aufenthaltsbeendigung orientierende Höchstfrist muss sich aber an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 5 GG) und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK messen und gegebenfalls relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet uns ein rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbotes zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU genannten schutzwürdigen Belange in den Blick zu nehmen.
Wegen des Gewichts der gefährdeten Rechtsgüter (öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Betäubungsmittelstraftaten) und der festgestellten Wiederholungsgefahr erachten wir auch im Hinblick auf Ihre Bindungen im Bundesgebiet (Tochter) einen Zeitraum von 8 Jahren für erforderlich, um dem hohen Gefahrenpotential Rechnung tragen zu können. Vor dem Hintergrund der Rückfallgefahr bei den von Ihnen verübten Straften ist nicht zu erwarten, dass Sie die hier maßgebliche Gefahrenschwelle des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU vor Ablauf der festgesetzten Frist unterschreiten.
Besondere Härten, die sich durch die Sperrwirkung der Feststellung des Rechtsverlustes ergeben, können durch Ausnahmegenehmigungen nach § 11 Abs. 8 AufenthG gemildert werden.“
den Bescheid der Beklagten aufzuheben.
die Klage abzuweisen.
Gründe
I.
II.
III.
IV.
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(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen haben das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes.
(2) Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind:
- 1.
Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen, - 1a.
Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden, - 2.
Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige), - 3.
Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind, - 4.
Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen, - 5.
nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4, - 6.
Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4, - 7.
Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.
(3) Das Recht nach Absatz 1 bleibt für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei
- 1.
vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall, - 2.
unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit, - 3.
Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat.
(4) Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann festgestellt werden, wenn feststeht, dass die betreffende Person das Vorliegen einer Voraussetzung für dieses Recht durch die Verwendung von gefälschten oder verfälschten Dokumenten oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht hat. Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann bei einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, außerdem festgestellt werden, wenn feststeht, dass er dem Unionsbürger nicht zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft nachzieht oder ihn nicht zu diesem Zweck begleitet. Einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, kann in diesen Fällen die Erteilung der Aufenthaltskarte oder des Visums versagt werden oder seine Aufenthaltskarte kann eingezogen werden. Entscheidungen nach den Sätzen 1 bis 3 bedürfen der Schriftform.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
II.
Tatbestand
- 1
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Der Kläger, ein polnischer Staatsangehöriger, begehrt die Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 5 Abs. 6 Satz 1 FreizügG/EU.
- 2
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Der 1977 geborene Kläger reiste im September 1989 mit seiner Mutter und seinem Bruder nach Berlin (West) ein. Nach einem erfolglosen Asylverfahren erhielt er ab Juli 1991 bis April 2006 Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen. Nachdem er die Hauptschule abgeschlossen hatte, erteilte ihm das Arbeitsamt im Mai 1994 eine unbefristete und unbeschränkte Arbeitsgenehmigung. Der Kläger brach 1996 eine Lehre als Elektroinstallateur ab. Sein 2004 unternommener Versuch, ein Reinigungsunternehmen zu eröffnen, blieb ohne Erfolg. Der Kläger bezieht seit seiner Einreise immer wieder Sozialleistungen.
- 3
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Im Juli 2005 beantragte der Kläger die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen bzw. die Ausstellung einer Bescheinigung über sein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht. Im Oktober 2005 erteilte ihm das beklagte Land letztmalig eine bis April 2006 gültige Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Gleichzeitig wies es darauf hin, die Aufenthaltserlaubnis nicht über diesen Zeitpunkt hinaus verlängern zu wollen, wenn der Kläger weiterhin auf die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel angewiesen sei.
- 4
-
Mit Bescheid vom 22. März 2006 lehnte der Beklagte die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab, da der Lebensunterhalt des Klägers nach wie vor nicht gesichert sei. Die Voraussetzungen für Aufenthaltsansprüche nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU erfülle er nicht, da er weder Arbeitnehmer sei noch einen gesicherten Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel nachweisen könne. Bis auf den gescheiterten Versuch selbstständiger Tätigkeit seien keine Arbeitsbemühungen nachgewiesen worden. Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Polen für den Fall nicht fristgerechter Ausreise binnen 15 Tagen nach Unanfechtbarkeit des Bescheids angedroht. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch hat der Beklagte nicht entschieden.
- 5
-
Das Verwaltungsgericht gab der Klage, die auf Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines unbefristeten Daueraufenthaltsrechts gerichtet war, im Februar 2007 statt. Dabei ging es davon aus, dass Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG jedem Unionsbürger, der sich fünf Jahre rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten habe, ein Daueraufenthaltsrecht gewähre, ohne dass es darauf ankomme, ob er über ausreichende Existenzmittel verfüge.
- 6
-
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 28. April 2009 den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erfülle nicht die Anforderungen für das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 4a FreizügG/EU. Er halte sich zwar seit mehr als fünf Jahren im Bundesgebiet auf. Rechtmäßig im Sinne dieser Vorschrift sei aber nur ein Aufenthalt, der nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU auf einem Freizügigkeitsrecht beruhe. Berücksichtigungsfähig seien zudem nur Zeiten, in denen der Herkunftsstaat Mitglied der Europäischen Union gewesen sei. Nach dem Beitritt der Republik Polen zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 sei der Kläger nicht freizügigkeitsberechtigt gewesen, da er als nichterwerbstätiger Unionsbürger nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt habe (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 4 FreizügG/EU). Anders als bei Arbeitnehmern und selbstständig Erwerbstätigen seien in diesem Fall Zeiten des Sozialleistungsbezugs nicht als Zeiten rechtmäßigen Aufenthalts zu berücksichtigen. Dies stehe im Einklang mit Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG. Danach müsse ein Unionsbürger für ein Daueraufenthaltsrecht fünf Jahre die Voraussetzungen des Art. 7 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllen. Bei Nichterwerbstätigen verlange auch Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG, dass sie über ausreichende Existenzmittel verfügten, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssten.
- 7
-
Der Kläger erstrebt mit seiner Revision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Er ist der Auffassung, für den Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt genüge ein nach dem Recht des Aufnahmemitgliedstaats rechtmäßiger Aufenthalt von fünf Jahren.
- 8
-
Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.
- 9
-
Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt. Er hält die Revision ebenfalls für unbegründet, ist aber der Auffassung, dass § 4a FreizügG/EU nur verlangt, dass der Aufenthalt jedenfalls zuletzt nach Freizügigkeitsrecht rechtmäßig war. Insofern gehe die Vorschrift über die Richtlinie 2004/38/EG hinaus.
- 10
-
Mit Beschluss vom 13. Juli 2010 - BVerwG 1 C 14.09 - hat der seinerzeit zuständige 1. Senat das Verfahren ausgesetzt und eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Klärung der Voraussetzungen für den Erwerb eines Rechts auf Daueraufenthalt nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG eingeholt. Der EuGH hat die Vorlagefragen mit Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-424/10 u.a. - beantwortet.
Entscheidungsgründe
- 11
-
Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist zulässig und begründet. Das Berufungsgericht hat die Klage mit einer Begründung abgewiesen, die Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Denn es ist davon ausgegangen, dass sich ein Daueraufenthaltsrecht nur aus Aufenthaltszeiten des Klägers im Bundesgebiet nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union ergeben kann. Nach der zwischenzeitlichen Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) können aber auch Aufenthaltszeiten eines Drittstaatsangehörigen vor dem Beitritt seines Herkunftslands zur Europäischen Union ein Recht auf Daueraufenthalt begründen. Da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zum Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet vor dem Beitritt Polens zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 getroffen hat, kann der Senat in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden. Der Rechtsstreit ist daher zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
- 12
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1. Gegenstand des Verfahrens ist nur das Begehren des Klägers auf Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 5 Abs. 6 Satz 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU - FreizügG/EU). Dieses Begehren zielt auf ein schlicht hoheitliches Verwaltungshandeln, das mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen ist. Die Ablehnung des Beklagten, die humanitäre Aufenthaltserlaubnis des Klägers zu verlängern, sowie die Abschiebungsandrohung sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens geworden.
- 13
-
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei Verpflichtungsklagen, die auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gerichtet sind, grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen (stRspr, vgl. Urteile vom 16. Juni 2004 - BVerwG 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88> m.w.N. und vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 Rn. 37 ff.). Nichts anderes gilt, wenn im Wege der allgemeinen Leistungsklage die Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines unionsrechtlichen Daueraufenthaltsrechts begehrt wird. Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens - hier etwa das Inkrafttreten des Reformvertrags von Lissabon zum 1. Dezember 2009 - sind allerdings zu beachten, da das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (stRspr, vgl. Urteil vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 <279 f.>).
- 14
-
3. Das Berufungsurteil verstößt insoweit gegen Bundesrecht, als das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass sich ein Daueraufenthaltsrecht des Klägers nur aus Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 ergeben kann. Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 FreizügG/EU wird Unionsbürgern auf Antrag unverzüglich ihr Daueraufenthalt bescheinigt. Nach der hier allein in Betracht kommenden Grundnorm des § 4a Abs. 1 FreizügG/EU haben Unionsbürger, ihre Familienangehörigen und Lebenspartner, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). In § 2 Abs. 2 FreizügG/EU sind die nach Unionsrecht freizügigkeitsberechtigten Personengruppen aufgezählt. Der Formulierung in § 4a FreizügG/EU "unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2" ist zu entnehmen, dass nicht jeder nach nationalem Recht rechtmäßige Aufenthalt ausreicht, sondern das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU anknüpft und nur ein einmal entstandenes Daueraufenthaltsrecht durch einen späteren Wegfall dieser Voraussetzungen nicht mehr berührt wird (vgl. Vorlagebeschluss vom 13. Juli 2010 - BVerwG 1 C 14.09 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 41 Rn. 14).
- 15
-
Mit dem durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 eingefügten § 4a FreizügG/EU hat der Gesetzgeber das schon zuvor auf nationaler Ebene bestehende - und über das bisherige Unionsrecht hinausgehende - Daueraufenthaltsrecht für freizügigkeitsberechtigte Personen und die unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 - sog. Unionsbürgerrichtlinie - zusammengefasst (BTDrucks 16/5065 S. 210). Nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG hat jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitel III der Richtlinie 2004/38/EG geknüpft.
- 16
-
Zur Auslegung dieser Bestimmung hat der EuGH in seinem Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-424/10 u.a., Ziolkowski u.a. - (NVwZ-RR 2012, 121) darauf hingewiesen, dass ein Unionsbürger, der im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eine Aufenthaltszeit von über fünf Jahren nur aufgrund des nationalen Rechts dieses Staates zurückgelegt hat, nicht so betrachtet werden kann, als habe er das Recht auf Daueraufenthalt nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erworben, wenn er während dieser Aufenthaltszeit die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG nicht erfüllt hat (LS 1 und Rn. 51). Zur Begründung hat der Gerichtshof darauf abgestellt, dass es sich bei dem Begriff des "rechtmäßigen Aufenthalts" in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/38/EG um einen autonomen Begriff des Unionsrechts handelt, der in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen ist (Rn. 33). Rechtmäßig im Sinne des Unionsrechts ist daher nur ein Aufenthalt, der im Einklang mit den in der Richtlinie 2004/38/EG vorgesehenen, insbesondere mit den in Art. 7 der Richtlinie 2004/38/EG aufgeführten Voraussetzungen steht (Rn. 46). Hergeleitet hat der Gerichtshof diese Auslegung zum einen aus dem Ziel der Richtlinie, die bereichsspezifischen und fragmentarischen Ansätze des Freizügigkeits- und Aufenthaltsrechts zu überwinden und in einer Kodifikation zusammenzufassen (Rn. 35 ff.). Zum anderen hat er darauf abgestellt, dass sich aus der Systematik der Richtlinie ein gestuftes System von Aufenthaltsrechten ergibt, das im Recht auf Daueraufenthalt mündet (Rn. 38 ff.). Damit richtet sich die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts auch in Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG nicht nach dem im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat geltenden - möglicherweise günstigeren - nationalen Recht. Vielmehr setzt das Entstehen eines Rechts auf Daueraufenthalt unionsrechtlich voraus, dass der Betroffene während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hat.
- 17
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Nach der zwischenzeitlichen Klärung durch den EuGH kann sich ein Recht auf Daueraufenthalt allerdings auch aus Aufenthaltszeiten eines Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat ergeben, bevor der Drittstaat der Europäischen Union beigetreten ist. Diese Aufenthaltszeiten sind in Ermangelung spezifischer Bestimmungen in den Beitrittsakten für die Zwecke des Erwerbs des Rechts auf Daueraufenthalt gemäß Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG aber nur berücksichtigungsfähig, sofern der Betroffene nachweisen kann, dass sie im Einklang mit den Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG zurückgelegt wurden (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 a.a.O. LS 2 und Rn. 62 f.). Diese Vorwirkung der Richtlinie gilt bei der gebotenen unionskonformen Auslegung auch für die nationale Regelung in § 4a FreizügG/EU, die die unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG umsetzt.
- 18
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4. Der Senat kann weder in positiver noch in negativer Hinsicht abschließend in der Sache selbst entscheiden. Da nach dem Urteil des EuGH vom 21. Dezember 2011 (a.a.O.) auch Aufenthaltszeiten eines Drittstaatsangehörigen vor dem Beitritt seines Herkunftsstaats zur Europäischen Union für ein Daueraufenthaltsrecht zu berücksichtigen sind, wenn sie im Einklang mit den Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG zurückgelegt wurden, das Berufungsgericht zum Aufenthalt des Klägers vor dem Beitritt Polens am 1. Mai 2004 aber keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, ist der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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5. In dem erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht zu prüfen haben, ob der Kläger über einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hat und sein Aufenthalt deshalb für die Prüfung des Erwerbs eines Rechts auf Daueraufenthalt dem Aufenthalt eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers gleichzustellen ist.
- 20
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Die für diese Prüfung maßgebliche Frage, ob es für das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU erforderlich ist, dass der Betroffene während des gesamten Zeitraums von fünf Jahren freizügigkeitsberechtigt war, oder ob es - wie vom Vertreter des Bundesinteresses vorgetragen - ausreicht, wenn der Aufenthalt fünf Jahre lang erlaubt war und jedenfalls zuletzt auf einem Freizügigkeitsrecht beruhte (so auch Nr. 4a.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 26. Oktober 2009 - VwV-FreizügG/EU - GMBl S. 1270), hat der 1. Senat im Vorlagebeschluss vom 13. Juli 2010 - BVerwG 1 C 14.09 - (Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 41 Rn. 15) offengelassen. Der erkennende Senat entscheidet sie zugunsten der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung, dass sich der Betroffene während des gesamten Zeitraums von fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben muss und über den gesamten Zeitraum freizügigkeitsberechtigt war. Für eine insoweit - gemäß Art. 37 der Richtlinie 2004/38/EG zulässige - überschießende Umsetzung im Freizügigkeitsgesetz/EU sind weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte zu entnehmen. Der Gesetzgeber wollte das zuvor in § 2 Abs. 5 FreizügG/EU nicht unionsrechtlich vorgezeichnete, sondern aufgrund nationaler Regelungen ausgeformte Daueraufenthaltsrecht für freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger (vgl. dazu BTDrucks 15/420 S. 102 f.) mit den durch die Unionsbürgerrichtlinie eingeführten neuen Vorgaben in § 4a FreizügG/EU zusammenfassen (BTDrucks 16/5065 S. 210). Systematisch spricht entscheidend für einen engen, auch auf die Freizügigkeitsvoraussetzungen abstellenden Begriff des rechtmäßigen Aufenthalts in § 2 Abs. 5 FreizügG/EU a.F. und § 4a FreizügG/EU, dass der Gesetzgeber in der Anrechnungsregelung des § 11 Abs. 3 FreizügG/EU "Zeiten des rechtmäßigen Aufenthalt nach diesem Gesetz" den Zeiten eines (titelabhängigen) rechtmäßigen Aufenthalts nach dem Aufenthaltsgesetz gegenüber gestellt hat (BTDrucks 15/420 S. 106). Dass es im Kontext des Freizügigkeitsgesetzes/EU für die Annahme eines rechtmäßigen Aufenthalts der Freizügigkeitsberechtigung bedarf, entspricht auch der auf eine zunehmende Integration infolge eines gesicherten Aufenthalts abstellenden Begründung des Gesetzentwurfs (BTDrucks 15/420 S. 103) sowie dem Sinn und Zweck der Regelung, der durch den freizügigkeitsgestützten Voraufenthalt erhöhten Integration durch ein Daueraufenthaltsrecht Rechnung zu tragen.
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Die Zeitspanne, in der zur Begründung eines Daueraufenthaltsrechts fünf Jahre lang ununterbrochen die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG vorgelegen haben müssen, braucht indes nicht der Zeitraum unmittelbar vor der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu sein (a.A. VGH Mannheim, Beschluss vom 14. März 2006 - 13 S 220/06, AuAS 2006, 218 zu § 2 Abs. 5 FreizügG/EU). Der Senat entnimmt der Entscheidung des Gerichtshofs im Urteil vom 7. Oktober 2010 - Rs. C-162/09, Lassal - (NVwZ 2011, 32 Rn. 33 - 39), dass der ununterbrochene Fünfjahreszeitraum nicht bis zuletzt angedauert haben muss, sondern auch weiter zurück in der Vergangenheit liegen kann.
- 22
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Im vorliegenden Fall bestimmen sich die Voraussetzungen der Freizügigkeitsberechtigung auch für Aufenthaltszeiten, die vor dem Beitritt Polens am 1. Mai 2004 liegen, nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG. Im Unterschied zu der Fallgestaltung einer Unionsbürgerin der ersten Stunde, die dem Urteil vom 7. Oktober 2010 (a.a.O. Rn. 40) zugrunde lag, hat der Gerichtshof für die hier vorliegende Fallkonstellation eines ehemaligen Drittstaaters, dessen Herkunftsland mittlerweile der Union beigetreten ist, im Urteil vom 21. Dezember 2011 (a.a.O. Rn. 61 f.) die in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG enthaltenen Voraussetzungen als maßgeblich für den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts erachtet.
- 23
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Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben wird das Berufungsgericht insbesondere der Frage nachzugehen haben, ob der Kläger die Stellung eines Arbeitnehmers im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/38/EG erworben und die Erwerbstätigeneigenschaft über fünf Jahre behalten hat. Dafür könnte sprechen, dass er nach Aktenlage im Jahr 1994 eine Lehre zum Elektroinstallateur begonnen hat. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann eine in der Berufsausbildung befindliche Person Arbeitnehmer im Sinne des Art. 45 AEUV sein, wenn diese Ausbildung unter den Bedingungen einer tatsächlichen und echten Tätigkeit im Lohn- und Gehaltsverhältnis durchgeführt wird (EuGH, Urteile vom 26. Februar 1992 - Rs. C-3/90, Bernini - Slg. I-1071 Rn. 14 und vom 17. März 2005 - Rs. C-109/04, Kranemann - Slg. I-2421 Rn. 14, 17 f.). Mit Blick auf die Ausgestaltung der dualen Berufsausbildung in Deutschland dürfte nicht daran zu zweifeln sein, dass ein Lehrling den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff erfüllt.
- 24
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Zwar hat der Kläger nach Aktenlage die Lehre im Jahr 1996 abgebrochen. Das Berufungsgericht wird aber zu prüfen haben, ob er anschließend weiter als Arbeitnehmer tätig gewesen ist, so dass der (ergänzende) Bezug von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz seine Arbeitnehmereigenschaft nicht ohne Weiteres in Frage stellen würde (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Juni 1986 - Rs. C-139/85, Kempf - Slg. 1986, 1741 Rn. 14). Im Übrigen würde dem Kläger die Erwerbstätigeneigenschaft erhalten bleiben, solange er einen der Tatbestände des Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hätte.
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Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/38/EG genannten Voraussetzungen nicht über einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren erfüllt hat, würde sich die Frage stellen, ob er als Nichterwerbstätiger über ausreichende Existenzmittel verfügte, so dass er während seines Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen musste (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG). Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz sind Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG. Auch für ab dem 1. Januar 2005 bezogene Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) spricht viel dafür, dass es sich jedenfalls bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff. SGB II) um aufenthaltsrechtlich schädliche Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG handelt. Dafür ist es nicht entscheidend, dass finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, nicht als Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG angesehen werden können (EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009 - Rs. C-22/08 u.a., Vatsouras - Slg. 2009, I-4585 Rn. 45) und ob Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II eine solche Leistung bilden. Der in beiden Bestimmungen der Richtlinie enthaltene Begriff der Sozialhilfe muss nicht zwingend deckungsgleich sein (a.A. offenbar Breidenbach, ZAR 2011, 233 <236>). Denn die aufenthaltsrechtliche Fragestellung, ob ein Unionsbürger über ausreichend eigene Existenzmittel verfügt und keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen muss (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG), ist nach Sinn und Zweck der Regelung sowie ihrer systematischen Einordnung von der sozialrechtlichen Fragestellung zu unterscheiden, in welchem Umfange ein Aufnahmemitgliedstaat nach dem Gebot der Gleichbehandlung von Unionsbürgern mit Angehörigen des Mitgliedstaats (Art. 24 der Richtlinie 2004/38/EG) oder nach sonstigem Primär- (Art. 18 Abs. 1, Art. 21, 45 Abs. 2 AEUV) oder Sekundärrecht (vgl. z.B. der Verordnung
Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) gehindert ist, Unionsbürger aus anderen Mitgliedstaaten von dem Bezug bestimmter steuerfinanzierter Sozialleistungen auszuschließen.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
II.
Tatbestand
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Der Kläger, ein polnischer Staatsangehöriger, begehrt die Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 5 Abs. 6 Satz 1 FreizügG/EU.
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Der 1977 geborene Kläger reiste im September 1989 mit seiner Mutter und seinem Bruder nach Berlin (West) ein. Nach einem erfolglosen Asylverfahren erhielt er ab Juli 1991 bis April 2006 Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen. Nachdem er die Hauptschule abgeschlossen hatte, erteilte ihm das Arbeitsamt im Mai 1994 eine unbefristete und unbeschränkte Arbeitsgenehmigung. Der Kläger brach 1996 eine Lehre als Elektroinstallateur ab. Sein 2004 unternommener Versuch, ein Reinigungsunternehmen zu eröffnen, blieb ohne Erfolg. Der Kläger bezieht seit seiner Einreise immer wieder Sozialleistungen.
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Im Juli 2005 beantragte der Kläger die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen bzw. die Ausstellung einer Bescheinigung über sein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht. Im Oktober 2005 erteilte ihm das beklagte Land letztmalig eine bis April 2006 gültige Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Gleichzeitig wies es darauf hin, die Aufenthaltserlaubnis nicht über diesen Zeitpunkt hinaus verlängern zu wollen, wenn der Kläger weiterhin auf die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel angewiesen sei.
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Mit Bescheid vom 22. März 2006 lehnte der Beklagte die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab, da der Lebensunterhalt des Klägers nach wie vor nicht gesichert sei. Die Voraussetzungen für Aufenthaltsansprüche nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU erfülle er nicht, da er weder Arbeitnehmer sei noch einen gesicherten Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel nachweisen könne. Bis auf den gescheiterten Versuch selbstständiger Tätigkeit seien keine Arbeitsbemühungen nachgewiesen worden. Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Polen für den Fall nicht fristgerechter Ausreise binnen 15 Tagen nach Unanfechtbarkeit des Bescheids angedroht. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch hat der Beklagte nicht entschieden.
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Das Verwaltungsgericht gab der Klage, die auf Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines unbefristeten Daueraufenthaltsrechts gerichtet war, im Februar 2007 statt. Dabei ging es davon aus, dass Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG jedem Unionsbürger, der sich fünf Jahre rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten habe, ein Daueraufenthaltsrecht gewähre, ohne dass es darauf ankomme, ob er über ausreichende Existenzmittel verfüge.
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Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 28. April 2009 den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erfülle nicht die Anforderungen für das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 4a FreizügG/EU. Er halte sich zwar seit mehr als fünf Jahren im Bundesgebiet auf. Rechtmäßig im Sinne dieser Vorschrift sei aber nur ein Aufenthalt, der nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU auf einem Freizügigkeitsrecht beruhe. Berücksichtigungsfähig seien zudem nur Zeiten, in denen der Herkunftsstaat Mitglied der Europäischen Union gewesen sei. Nach dem Beitritt der Republik Polen zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 sei der Kläger nicht freizügigkeitsberechtigt gewesen, da er als nichterwerbstätiger Unionsbürger nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt habe (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 4 FreizügG/EU). Anders als bei Arbeitnehmern und selbstständig Erwerbstätigen seien in diesem Fall Zeiten des Sozialleistungsbezugs nicht als Zeiten rechtmäßigen Aufenthalts zu berücksichtigen. Dies stehe im Einklang mit Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG. Danach müsse ein Unionsbürger für ein Daueraufenthaltsrecht fünf Jahre die Voraussetzungen des Art. 7 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllen. Bei Nichterwerbstätigen verlange auch Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG, dass sie über ausreichende Existenzmittel verfügten, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssten.
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Der Kläger erstrebt mit seiner Revision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Er ist der Auffassung, für den Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt genüge ein nach dem Recht des Aufnahmemitgliedstaats rechtmäßiger Aufenthalt von fünf Jahren.
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Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.
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Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt. Er hält die Revision ebenfalls für unbegründet, ist aber der Auffassung, dass § 4a FreizügG/EU nur verlangt, dass der Aufenthalt jedenfalls zuletzt nach Freizügigkeitsrecht rechtmäßig war. Insofern gehe die Vorschrift über die Richtlinie 2004/38/EG hinaus.
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Mit Beschluss vom 13. Juli 2010 - BVerwG 1 C 14.09 - hat der seinerzeit zuständige 1. Senat das Verfahren ausgesetzt und eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Klärung der Voraussetzungen für den Erwerb eines Rechts auf Daueraufenthalt nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG eingeholt. Der EuGH hat die Vorlagefragen mit Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-424/10 u.a. - beantwortet.
Entscheidungsgründe
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Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist zulässig und begründet. Das Berufungsgericht hat die Klage mit einer Begründung abgewiesen, die Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Denn es ist davon ausgegangen, dass sich ein Daueraufenthaltsrecht nur aus Aufenthaltszeiten des Klägers im Bundesgebiet nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union ergeben kann. Nach der zwischenzeitlichen Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) können aber auch Aufenthaltszeiten eines Drittstaatsangehörigen vor dem Beitritt seines Herkunftslands zur Europäischen Union ein Recht auf Daueraufenthalt begründen. Da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zum Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet vor dem Beitritt Polens zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 getroffen hat, kann der Senat in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden. Der Rechtsstreit ist daher zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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1. Gegenstand des Verfahrens ist nur das Begehren des Klägers auf Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 5 Abs. 6 Satz 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU - FreizügG/EU). Dieses Begehren zielt auf ein schlicht hoheitliches Verwaltungshandeln, das mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen ist. Die Ablehnung des Beklagten, die humanitäre Aufenthaltserlaubnis des Klägers zu verlängern, sowie die Abschiebungsandrohung sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens geworden.
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2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei Verpflichtungsklagen, die auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gerichtet sind, grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen (stRspr, vgl. Urteile vom 16. Juni 2004 - BVerwG 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88> m.w.N. und vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 Rn. 37 ff.). Nichts anderes gilt, wenn im Wege der allgemeinen Leistungsklage die Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines unionsrechtlichen Daueraufenthaltsrechts begehrt wird. Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens - hier etwa das Inkrafttreten des Reformvertrags von Lissabon zum 1. Dezember 2009 - sind allerdings zu beachten, da das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (stRspr, vgl. Urteil vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 <279 f.>).
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3. Das Berufungsurteil verstößt insoweit gegen Bundesrecht, als das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass sich ein Daueraufenthaltsrecht des Klägers nur aus Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 ergeben kann. Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 FreizügG/EU wird Unionsbürgern auf Antrag unverzüglich ihr Daueraufenthalt bescheinigt. Nach der hier allein in Betracht kommenden Grundnorm des § 4a Abs. 1 FreizügG/EU haben Unionsbürger, ihre Familienangehörigen und Lebenspartner, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). In § 2 Abs. 2 FreizügG/EU sind die nach Unionsrecht freizügigkeitsberechtigten Personengruppen aufgezählt. Der Formulierung in § 4a FreizügG/EU "unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2" ist zu entnehmen, dass nicht jeder nach nationalem Recht rechtmäßige Aufenthalt ausreicht, sondern das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU anknüpft und nur ein einmal entstandenes Daueraufenthaltsrecht durch einen späteren Wegfall dieser Voraussetzungen nicht mehr berührt wird (vgl. Vorlagebeschluss vom 13. Juli 2010 - BVerwG 1 C 14.09 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 41 Rn. 14).
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Mit dem durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 eingefügten § 4a FreizügG/EU hat der Gesetzgeber das schon zuvor auf nationaler Ebene bestehende - und über das bisherige Unionsrecht hinausgehende - Daueraufenthaltsrecht für freizügigkeitsberechtigte Personen und die unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 - sog. Unionsbürgerrichtlinie - zusammengefasst (BTDrucks 16/5065 S. 210). Nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG hat jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitel III der Richtlinie 2004/38/EG geknüpft.
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Zur Auslegung dieser Bestimmung hat der EuGH in seinem Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-424/10 u.a., Ziolkowski u.a. - (NVwZ-RR 2012, 121) darauf hingewiesen, dass ein Unionsbürger, der im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eine Aufenthaltszeit von über fünf Jahren nur aufgrund des nationalen Rechts dieses Staates zurückgelegt hat, nicht so betrachtet werden kann, als habe er das Recht auf Daueraufenthalt nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erworben, wenn er während dieser Aufenthaltszeit die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG nicht erfüllt hat (LS 1 und Rn. 51). Zur Begründung hat der Gerichtshof darauf abgestellt, dass es sich bei dem Begriff des "rechtmäßigen Aufenthalts" in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/38/EG um einen autonomen Begriff des Unionsrechts handelt, der in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen ist (Rn. 33). Rechtmäßig im Sinne des Unionsrechts ist daher nur ein Aufenthalt, der im Einklang mit den in der Richtlinie 2004/38/EG vorgesehenen, insbesondere mit den in Art. 7 der Richtlinie 2004/38/EG aufgeführten Voraussetzungen steht (Rn. 46). Hergeleitet hat der Gerichtshof diese Auslegung zum einen aus dem Ziel der Richtlinie, die bereichsspezifischen und fragmentarischen Ansätze des Freizügigkeits- und Aufenthaltsrechts zu überwinden und in einer Kodifikation zusammenzufassen (Rn. 35 ff.). Zum anderen hat er darauf abgestellt, dass sich aus der Systematik der Richtlinie ein gestuftes System von Aufenthaltsrechten ergibt, das im Recht auf Daueraufenthalt mündet (Rn. 38 ff.). Damit richtet sich die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts auch in Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG nicht nach dem im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat geltenden - möglicherweise günstigeren - nationalen Recht. Vielmehr setzt das Entstehen eines Rechts auf Daueraufenthalt unionsrechtlich voraus, dass der Betroffene während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hat.
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Nach der zwischenzeitlichen Klärung durch den EuGH kann sich ein Recht auf Daueraufenthalt allerdings auch aus Aufenthaltszeiten eines Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat ergeben, bevor der Drittstaat der Europäischen Union beigetreten ist. Diese Aufenthaltszeiten sind in Ermangelung spezifischer Bestimmungen in den Beitrittsakten für die Zwecke des Erwerbs des Rechts auf Daueraufenthalt gemäß Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG aber nur berücksichtigungsfähig, sofern der Betroffene nachweisen kann, dass sie im Einklang mit den Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG zurückgelegt wurden (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 a.a.O. LS 2 und Rn. 62 f.). Diese Vorwirkung der Richtlinie gilt bei der gebotenen unionskonformen Auslegung auch für die nationale Regelung in § 4a FreizügG/EU, die die unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG umsetzt.
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4. Der Senat kann weder in positiver noch in negativer Hinsicht abschließend in der Sache selbst entscheiden. Da nach dem Urteil des EuGH vom 21. Dezember 2011 (a.a.O.) auch Aufenthaltszeiten eines Drittstaatsangehörigen vor dem Beitritt seines Herkunftsstaats zur Europäischen Union für ein Daueraufenthaltsrecht zu berücksichtigen sind, wenn sie im Einklang mit den Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG zurückgelegt wurden, das Berufungsgericht zum Aufenthalt des Klägers vor dem Beitritt Polens am 1. Mai 2004 aber keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, ist der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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5. In dem erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht zu prüfen haben, ob der Kläger über einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hat und sein Aufenthalt deshalb für die Prüfung des Erwerbs eines Rechts auf Daueraufenthalt dem Aufenthalt eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers gleichzustellen ist.
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Die für diese Prüfung maßgebliche Frage, ob es für das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU erforderlich ist, dass der Betroffene während des gesamten Zeitraums von fünf Jahren freizügigkeitsberechtigt war, oder ob es - wie vom Vertreter des Bundesinteresses vorgetragen - ausreicht, wenn der Aufenthalt fünf Jahre lang erlaubt war und jedenfalls zuletzt auf einem Freizügigkeitsrecht beruhte (so auch Nr. 4a.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 26. Oktober 2009 - VwV-FreizügG/EU - GMBl S. 1270), hat der 1. Senat im Vorlagebeschluss vom 13. Juli 2010 - BVerwG 1 C 14.09 - (Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 41 Rn. 15) offengelassen. Der erkennende Senat entscheidet sie zugunsten der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung, dass sich der Betroffene während des gesamten Zeitraums von fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben muss und über den gesamten Zeitraum freizügigkeitsberechtigt war. Für eine insoweit - gemäß Art. 37 der Richtlinie 2004/38/EG zulässige - überschießende Umsetzung im Freizügigkeitsgesetz/EU sind weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte zu entnehmen. Der Gesetzgeber wollte das zuvor in § 2 Abs. 5 FreizügG/EU nicht unionsrechtlich vorgezeichnete, sondern aufgrund nationaler Regelungen ausgeformte Daueraufenthaltsrecht für freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger (vgl. dazu BTDrucks 15/420 S. 102 f.) mit den durch die Unionsbürgerrichtlinie eingeführten neuen Vorgaben in § 4a FreizügG/EU zusammenfassen (BTDrucks 16/5065 S. 210). Systematisch spricht entscheidend für einen engen, auch auf die Freizügigkeitsvoraussetzungen abstellenden Begriff des rechtmäßigen Aufenthalts in § 2 Abs. 5 FreizügG/EU a.F. und § 4a FreizügG/EU, dass der Gesetzgeber in der Anrechnungsregelung des § 11 Abs. 3 FreizügG/EU "Zeiten des rechtmäßigen Aufenthalt nach diesem Gesetz" den Zeiten eines (titelabhängigen) rechtmäßigen Aufenthalts nach dem Aufenthaltsgesetz gegenüber gestellt hat (BTDrucks 15/420 S. 106). Dass es im Kontext des Freizügigkeitsgesetzes/EU für die Annahme eines rechtmäßigen Aufenthalts der Freizügigkeitsberechtigung bedarf, entspricht auch der auf eine zunehmende Integration infolge eines gesicherten Aufenthalts abstellenden Begründung des Gesetzentwurfs (BTDrucks 15/420 S. 103) sowie dem Sinn und Zweck der Regelung, der durch den freizügigkeitsgestützten Voraufenthalt erhöhten Integration durch ein Daueraufenthaltsrecht Rechnung zu tragen.
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Die Zeitspanne, in der zur Begründung eines Daueraufenthaltsrechts fünf Jahre lang ununterbrochen die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG vorgelegen haben müssen, braucht indes nicht der Zeitraum unmittelbar vor der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu sein (a.A. VGH Mannheim, Beschluss vom 14. März 2006 - 13 S 220/06, AuAS 2006, 218 zu § 2 Abs. 5 FreizügG/EU). Der Senat entnimmt der Entscheidung des Gerichtshofs im Urteil vom 7. Oktober 2010 - Rs. C-162/09, Lassal - (NVwZ 2011, 32 Rn. 33 - 39), dass der ununterbrochene Fünfjahreszeitraum nicht bis zuletzt angedauert haben muss, sondern auch weiter zurück in der Vergangenheit liegen kann.
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Im vorliegenden Fall bestimmen sich die Voraussetzungen der Freizügigkeitsberechtigung auch für Aufenthaltszeiten, die vor dem Beitritt Polens am 1. Mai 2004 liegen, nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG. Im Unterschied zu der Fallgestaltung einer Unionsbürgerin der ersten Stunde, die dem Urteil vom 7. Oktober 2010 (a.a.O. Rn. 40) zugrunde lag, hat der Gerichtshof für die hier vorliegende Fallkonstellation eines ehemaligen Drittstaaters, dessen Herkunftsland mittlerweile der Union beigetreten ist, im Urteil vom 21. Dezember 2011 (a.a.O. Rn. 61 f.) die in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG enthaltenen Voraussetzungen als maßgeblich für den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts erachtet.
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Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben wird das Berufungsgericht insbesondere der Frage nachzugehen haben, ob der Kläger die Stellung eines Arbeitnehmers im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/38/EG erworben und die Erwerbstätigeneigenschaft über fünf Jahre behalten hat. Dafür könnte sprechen, dass er nach Aktenlage im Jahr 1994 eine Lehre zum Elektroinstallateur begonnen hat. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann eine in der Berufsausbildung befindliche Person Arbeitnehmer im Sinne des Art. 45 AEUV sein, wenn diese Ausbildung unter den Bedingungen einer tatsächlichen und echten Tätigkeit im Lohn- und Gehaltsverhältnis durchgeführt wird (EuGH, Urteile vom 26. Februar 1992 - Rs. C-3/90, Bernini - Slg. I-1071 Rn. 14 und vom 17. März 2005 - Rs. C-109/04, Kranemann - Slg. I-2421 Rn. 14, 17 f.). Mit Blick auf die Ausgestaltung der dualen Berufsausbildung in Deutschland dürfte nicht daran zu zweifeln sein, dass ein Lehrling den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff erfüllt.
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Zwar hat der Kläger nach Aktenlage die Lehre im Jahr 1996 abgebrochen. Das Berufungsgericht wird aber zu prüfen haben, ob er anschließend weiter als Arbeitnehmer tätig gewesen ist, so dass der (ergänzende) Bezug von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz seine Arbeitnehmereigenschaft nicht ohne Weiteres in Frage stellen würde (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Juni 1986 - Rs. C-139/85, Kempf - Slg. 1986, 1741 Rn. 14). Im Übrigen würde dem Kläger die Erwerbstätigeneigenschaft erhalten bleiben, solange er einen der Tatbestände des Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hätte.
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Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/38/EG genannten Voraussetzungen nicht über einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren erfüllt hat, würde sich die Frage stellen, ob er als Nichterwerbstätiger über ausreichende Existenzmittel verfügte, so dass er während seines Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen musste (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG). Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz sind Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG. Auch für ab dem 1. Januar 2005 bezogene Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) spricht viel dafür, dass es sich jedenfalls bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff. SGB II) um aufenthaltsrechtlich schädliche Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG handelt. Dafür ist es nicht entscheidend, dass finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, nicht als Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG angesehen werden können (EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009 - Rs. C-22/08 u.a., Vatsouras - Slg. 2009, I-4585 Rn. 45) und ob Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II eine solche Leistung bilden. Der in beiden Bestimmungen der Richtlinie enthaltene Begriff der Sozialhilfe muss nicht zwingend deckungsgleich sein (a.A. offenbar Breidenbach, ZAR 2011, 233 <236>). Denn die aufenthaltsrechtliche Fragestellung, ob ein Unionsbürger über ausreichend eigene Existenzmittel verfügt und keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen muss (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG), ist nach Sinn und Zweck der Regelung sowie ihrer systematischen Einordnung von der sozialrechtlichen Fragestellung zu unterscheiden, in welchem Umfange ein Aufnahmemitgliedstaat nach dem Gebot der Gleichbehandlung von Unionsbürgern mit Angehörigen des Mitgliedstaats (Art. 24 der Richtlinie 2004/38/EG) oder nach sonstigem Primär- (Art. 18 Abs. 1, Art. 21, 45 Abs. 2 AEUV) oder Sekundärrecht (vgl. z.B. der Verordnung
Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) gehindert ist, Unionsbürger aus anderen Mitgliedstaaten von dem Bezug bestimmter steuerfinanzierter Sozialleistungen auszuschließen.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsantragsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsantragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Auf Antrag der Beklagten wird die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg
II.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, soweit sein Zulassungsantrag abgelehnt worden ist.
IV.
Unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg
Gründe
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.