Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Aug. 2018 - M 12 K 17.4882

bei uns veröffentlicht am09.08.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten der Verfahren zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die am … … … geborene Klägerin begehrt die Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sowie die Anerkennung weiterer Unfallfolgen.

Die Klägerin steht als Lehrerin im Dienst des Beklagten.

Die Klägerin erlitt am … März 2006 einen Unfall, als sie sich beim Zurückhalten von Schülern den Arm verdrehte. Ein Teil eines Wettbewerbes wurde außerhalb der Turnhalle abgehalten, dabei sahen ca. 200 Schüler zu. Nachdem die Wettbewerbe draußen abgeschlossen waren, versuchten diese Schüler alle gleichzeitig durch den schmalen Eingang der Turnhalle zu gelangen. Dabei kamen zwei Schüler zu Fall. Die Klägerin sowie drei ihrer Kollegen versuchten, um einem der Schüler zu helfen, die nachdrängenden Schüler aufzuhalten. Die Klägerin sperrte sich zwischen die Schüler und den Eingang, damit eine Kollegin dem Schüler aufhelfen konnte. Dabei drückten die übrigen Schüler den Arm der Klägerin so unglücklich gegen den Türrahmen, dass ihr Handgelenk verdreht wurde.

Das Ereignis wurde mit Bescheid vom 27. Juli 2006 als Dienstunfall anerkannt (Akte Teil 1 Bl. 15 f.). Als Körperschaden wurde zunächst eine Handgelenksdistorsion rechts anerkannt.

Laut eines orthopädischen Gutachtens des Facharztes für Orthopädie Dr. … A* … vom … Juli 2007 werde bei der Klägerin ein Zustand nach Handgelenksdistorsion rechts, der Verdacht auf Überdehnung des Nervus ulnaris in der Loge de Guyon, ein Zustand nach Ruptur der rechten radiocarpalen Bänder, Resektion der Narbe und operativem Shrinking, ein Zustand nach radialer Ruptur des rechten Diskus trangularis und Teilresektion mit daraus folgendem Teildefekt des Discus, eine bedeutungslose Narbe nach Schürfung am Unterarm und ein Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Der Unfallhergang habe durch die maximale Überstreckung des Handgelenks zu einer Ruptur von Handgelenksbändern und wohl auch zu einer Dehnung des nervus ulnaris geführt. Der Defekt im Discus triangularis werde auch eine Belastungseinschränkung des Handgelenks auf Dauer verursachen. Da der operative Eingriff durch die Unfallverletzungen verursacht worden sei, seien auch die nun vorliegenden Gelenksveränderungen mittelbare Unfallfolge. Im Rahmen der Anamnese wird unter anderem auf eine Arthroskopie bei Dr. B* … vom … Februar 2007 eingegangen. Danach finde sich im Bereich der radiocarpalen Bänder eine Bandnarbe, hier auch am radialen Anteil ein vermutlich alter Abriss am Radius. Der gesamte Knorpel im Radiocarpalgelenk sei unauffällig, das scapholunäre Band stabil (Akte Teil 1 Bl. 55 ff.)

Mit Bescheid vom 18. Oktober 2007 wurden die anerkannten Unfallfolgen um eine Ruptur der rechten radiocarpalen Bänder, eine radiale Ruptur des rechten Discus triangularis sowie eine Irritation des Nervus ulnaris rechts erweitert (Akte Teil 1 Bl. 113 f.)

In einem neuropsychiatrischen Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. … S* … vom … November 2013 wurde bei der Klägerin eine Anpassungsstörung mit verlängerter depressiver Reaktion und Angstreaktion, jeweils gering bis mittelschwer ausgeprägt bei chronischem Schmerzsyndrom der rechten Hand bei vordiagnostizierter Handgelenksdistorsion rechts, Ruptur der rechten radio-karpalen Bänder und Irritation des Nervus ulnaris rechts diagnostiziert. Dies sei durch den Unfall vom … März 2006 verursacht. Der unfallbedingte MdE auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei bezüglich der psychiatrischen Unfallfolgen auf 30 von 100 einzuschätzen (Akte Teil 2 Bl. 259 ff.).

Mit Bescheid vom 28. November 2013 wurden die anerkannten Unfallfolgen um eine Anpassungsstörung mit gering bis mittelschwerer depressiver Symptomatik und gering bis mittelschwerer Angstsymptomatik erweitert (Akte Teil 2 Bl. 273 ff.).

In einer gutachterlichen Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. … S* … vom *. Dezember 2013 wird die dienstunfallbedingte Gesamt-MdE ab 1. Januar 2009 bis auf weiteres auf 40 von 100 eingeschätzt. Die psychiatrischen Beschwerden seien mit einer MdE von 30 von 100 einzuschätzen (Akte Teil 2 Bl. 283 ff.).

Laut dem Schlussgutachten des Arztes am Gesundheitsamt … Dr. A* … vom … Januar 2014 bestehe bei der Klägerin weiterhin eine schmerzhaft eingeschränkte Bewegung im rechten Handgelenk sowie eine Kraftminderung und Gefühlsstörung der rechten Hand bei Rechtshändigkeit, es müsse eine Schiene zur Entlastung weiterhin getragen werden, Ergotherapie und Krankengymnastik in Intervallen seien erforderlich und es bestehe ein Zustand nach Ruptur der rechten radiocarpalen Bänder, radiale Ruptur des rechten Discus triangularis, eine Irritation des Nervus ulnaris rechts und eine Anpassungsstörung mit gering bis mittelschwerer depressiver Symptomatik und gering bis mittelschwerer Angstsymptomatik. Die Höhe der MdE werde ab 1. Juni 2011 mit 30 von 100 festgestellt (Akte Teil 2 Bl. 297 f.).

Mit Bescheid vom 27. Januar 2014 wurde der Klägerin rückwirkend ab 1. Juni 2011 eine MdE von 30 von 100 zuerkannt. Der Beklagte stützte sich dabei auf das amtsärztliche Gutachten vom … Januar 2014 (Akte Teil 2 Bl. 299 ff.).

Mit Schreiben vom … Februar 2014 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. Januar 2014 ein (Akte 2 Bl. 303 f.). Die Festsetzung der MdE erscheine als zu gering. Nach den Gutachten des Herrn Dr. S* … sei alleine auf psychiatrischem Fachgebiet von einer MdE in Höhe von 30 auszugehen. Hinzu kämen aber noch die ganz erheblichen Beschwerden der rechten Hand (Akte Teil 2 Bl. 303 f.)

Laut einem Befundbericht der …klinik (Frau Dr. B* …*) vom *. August 2014 sei in der Untersuchung bei aktiver Radial- und Ulnadeviation im Handgelenk ein deutlicher Niveauunterschied zwischen Os lunatum und Os triquetrum mit einem Konturunterschied des zweiten Karpalbogens festgestellt worden. Zusammenfassend gehe man davon aus, dass es bei dem schweren Distorsionstrauma im März 2006 zu einer sehr umfassenden Verletzung der Weichteile des rechten Handgelenkes gekommen sei mit verbliebener Instabilität des Handgelenks. Dafür spreche auch der bei der ersten Arthroskopie erhobene Befund, welcher die Narbenbildung und teilweise Zerreißung der radiocarapalen Bänder beschreibe. Dieses Bandsystem sei beim Trauma offensichtlich umfangreich geschädigt worden (Akte Teil 2 Bl. 338 f.).

In einem Arztbrief der …klinik (Frau Dr. B* …*) vom … Oktober 2014 wurde bei der Klägerin ein Zustand nach schwerem Distorsionstrauma des rechten Handgelenkes mit verbliebener lunotriquetraler Instabilität diagnostiziert. Infolge der bestehenden intercarpalen Instabilität habe man am 6. Oktober 2014 eine Fusion des lunotriquetralen Überganges mit einer Kompressionsschraube und Spongiosatransplantat vom distalen Radius vorgenommen (Akte Teil 2 Bl. 383 f.)

Mit Schreiben vom … Januar 2015 führte der Bevollmächtigte der Klägerin aus, dass die Bewertung der orthopädischen Beschwerden der rechten Hand mit einer MdE von 10 von 100 deutlich zu niedrig sei. Die Klägerin leide unter erheblichen Bewegungseinschränkungen sowie praktisch permanenten Schmerzen. Sie könne das Handgelenk weder in der Handflächenebene bewegen noch ausreichend rotieren. Es liege daher tatsächlich eine Beschwerdesymptomatik vor, die einen weit höheren Grad der MdE rechtfertige. Hinsichtlich der Objektivierbarkeit dieser Beschwerden sei darauf hingewiesen, dass unzweifelhaft bei der Klägerin eine hohe Instabilität bestehe, wegen der die Klägerin bereits mehrfach operiert worden sei. Diese Instabilität führe dazu, dass die Klägerin die rechte Hand praktisch nicht mehr belasten könne. Vor diesem Hintergrund sei die mit 10 von 100 auf orthopädischem Gebiet eingeschätzte MdE deutlich zu niedrig. Hinsichtlich der Gesamt-MdE sei zu beachten, dass die orthopädischen Beschwerden die Einschränkungen der Klägerin auf psychiatrischem Gebiet bedingen, wobei letztere mit einem Grad von 30 von 100 zu niedrig angesetzt seien (Akte Teil 3 Bl. 362 f.)

Laut einem traumatologischen Fachgutachten von Dr. W* … vom … Juli 2015 fänden sich in der Kernspintomographie des rechten Handgelenks vom 10. Oktober 2006 hinsichtlich der Bandverbindung insbesondere zwischen Os lunamentum und Os scaphoideum keine Auffälligkeiten. Auch in der Handgelenkskinematographie vom 22. November 2006 könne nach mehrfacher Betrachtung der vorliegenden Videoclips keine relevante Distanzvergrößerung zwischen Kahn- und Mondbein gesehen werden. Das Kernspintomogramm des rechten Handgelenkes vom 12. März 2013 zeige in der koronaren T2-Schichtung keine höhergradige Distanzvergrößerung zwischen Kahn- und Mondbein, zumindest proximal existiere eine bandähnliche Verbindung. Es werde eine Funktionsbeeinträchtigung des rechten Handgelenkes bei Zustand nach operativ versorgter Discus articularis Läsion diagnostiziert. Die Insuffizienz der Bandverbindung zwischen Kahn- und Mondbein könne sowohl Folge eines Unfallgeschehens als auch einer Stoffwechselstörung sein. Unfallbedingt komme es zu einer Zerreißung des Bandapparates zwischen Kahn- und Mondbein meist durch einen Sturz auf die gestreckte Hand oder ein Anpralltrauma beim Ballsport. Die Instabilität entwickle sich häufig erst über Jahre, die Erstdiagnostik sei schwierig. Bei frischen Verletzungen seien die Zeichen einer Instabilität meist nicht evident, das Röntgenbild häufig unauffällig. Meist bedinge die frische Ruptur des Bandapparates keine direkt nachweisbare vergrößerte Distanz zwischen Kahn- und Mondbein. Eine bereits auf Nativaufnahmen sichtbare vergrößerte scapholunäre Distanz stelle sich häufig erst nach fünf bis sechs Monaten ein. Unfallunabhängig könnten verschiedene Stoffwechselstörungen eine Insuffizienz des scapholunären Bandes verursachen. Beiden Entstehungsursachen sei gemeinsam, dass die unbehandelte scapholunäre Dissoziation zu erheblichen Veränderungen der Handfunktionen führe. Die stabile Verbindung in Form eines funktionierenden SL-Bandes spiele eine zentrale Rolle in der Gelenkbiomechanik der Hand. Lockerungen dieser Verbindung verursachten eine vermehrte Dehnung des Kahn- und Mondbeines; bei längerem Bestehen komme es zu einer stadienhaft verlaufenden Arthrose im Bereich des Handgelenks. Gegen einen kausalen Zusammenhang einer bestehenden Verletzung des Bandapparates zwischen Kahn- und Mondbeines spreche der schriftlich vorliegende Bericht des Kernspintomogramms vom Oktober 2006 sowie die im Original durchgeführte Handgelenkskinematographie vom November 2006. Beschrieben würden keine Verletzung der Bandhaft zwischen Kahn- und Mondbein. Auf den Funktionsbildern könne sowohl unter Neutralstellung als auch unter maximaler Belastungsstellung keine relevante Distanzvergrößerung zwischen Kahn- und Mondbein gesehen werden. Eine solche wäre aber rund sieben Monate nach einer stattgehabten Zerreißung des Bandapparates zu fordern. Es sei davon auszugehen, dass sich die Klägerin im Rahmen des Unfallgeschehens vom … März 2006 einen Teilabriss des Discus articularis an der speichenwärtigen Anhefungsstelle sowie eine strukturelle Läsion im Bereich der Bandhaft zwischen Speiche und Elle zugezogen habe. Eine daraus resultierende Luxationsneigung der in diesem Bereich verlaufenden Extensor carpi ulnaris-Sehne sei gut nachvollziehbar, so dass diese Veränderungen, aber auch die wahrscheinlich operationsbedingte Nervenschädigung des Ramus superficialis des Nervus ulnaris auf das Unfallgeschehen zurückzuführen sei. Ein mittelbarer Zusammenhang der dann im Jahr 2014 diagnostizierten Instabilität zwischen Mond- und Dreiecksbein sei dagegen nicht zwanglos nachvollziehbar, da unfallzeitnah funktionell bildgebend eindeutig eine Instabilität in diesem Bereich ausgeschlossen habe werden können. Mithin könnten diese Operationen aus dem Jahr 2014 sowie zuletzt auch 2015 nicht mit erforderlicher Sicherheit auf das Unfallgeschehen zurückgeführt werden. Die Atrophie des Musculus triceps rechts und die im Jahr 2014 festgestellten Veränderungen zwischen Kahn- und Dreiecksbein sowie die resultierend nachgewiesene Fehlstellung des Erbsenbeins seien nicht wesentlich durch den Unfall verursacht. Die MdE betrage ab 1. Juni 2011 auf neurologischem Fachgebiet 10 von 100, auf psychiatrischem Fachgebiet 10 von 100 und somit in der Summe auf neuropsychiatrischem Fachgebiet 20 von 100. Seitens des traumatologischen Fachgebietes betrage die MdE ab dem 1. Juni 2011 auf Dauer 10 von 100. Im Vergleich zum Bescheid vom 27. Januar 2014 sei in den Unfallfolgen keine wesentliche Änderung eingetreten. Seitens des traumatologischen Fachgebietes habe sich die Symptomatik verbessert, die Klägerin sei wieder vollschichtig für die Berufstätigkeit belastbar und könne auch ihren privaten Aktivitäten in besserem Umfang nachgehen (Akte Teil 3 Bl. 393 ff.)

In einem neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten von Dr. G* … vom *. September 2015 wird bei der Klägerin ein Zustand nach Handgelenksdistorsion rechts mit Läsion rechter Diskus triangularis, eine Hypästhesie im Versorgungsgebiet des Nervus ulnaris rechts distal, bei Läsion des Ramus superficiales des Nervus ulnaris rechts distal im Sinne einer Loge de Guyon-Läsion und eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion diagnostiziert, sowie unfallunabhängig eine Tricepsatrophie rechter Arm unklarer Ätiologie und ein Zustand nach Facialisparese rechts. Neurologischerseits sei die Tricepsatrophie unfallunabhängig, die Ätiologie sei unklar. Die Läsion des Nervus ulnaris distal bestehe in einer Läsion des Ramus superficialis des Nervus ulnaris rechts, der klinische Befund passe hierzu gut. Eine weiter proximal gelegene Läsion des Nervus ulnaris sei durch die unauffälligen elektrophysiologischen Befunde ausgeschlossen, insbesondere eine Läsion im Sulcus ulnaris rechts durch die unauffällige Nervenleitgeschwindigkeit einschließlich inching. Eine höhergradige, weiter proximal gelegene Läsion der sensiblen Nerven sei durch die unauffällige Nervenleitgeschwindigkeit ausgeschlossen. Vom klinischen Bild entspreche die Läsion einer sogenannten Loge de Guyon-Läsion, die in diesem Fall eine Komplikation durch das Unfallgeschehen und zusätzlich der unfallbedingten Operationen sei. Die unfallgeschädigten und operierten Handwurzelknochen Os lunatum und Os triquetrum verliefen in unmittelbarer Nähe des Ramus superficialis. Somit sei die Schädigung des Ramus superficialis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die Unfallfolgen, Komplikationen, OP etc. zurückzuführen. Auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion. Die Klägerin sei durch den Unfall und seine Folgen beruflich und privat relevant eingeschränkt und gezwungen gewesen, sowohl beruflich als auch privat Lebensveränderungen durchzuführen, um sich der neuen gesundheitlichen Situation anzupassen. Mittlerweile habe sich die seelische Situation bei der Klägerin im Vergleich zu vor einigen Jahren stabilisiert, sie arbeite wieder, könne Aktivitäten wahrnehmen und Freude entwickeln, die Medikation mit Duloxetin und die Psychotherapie habe der Klägerin geholfen. Belastend sei für die Klägerin weiterhin die bestehende Angst, aufgrund ihrer Verletzung nicht in das permanente Beamtenverhältnis übernommen zu werden. Diese Angst sei auch der Hintergrund für die weiterlaufende Auseinandersetzung mit dem Dienstherrn um die Anerkennung der Unfallfolgen. Im Rahmen der Untersuchung seien keine weiteren Körperschäden als die bereits anerkannten Körperschäden festgestellt worden. Die Atrophie des Musculus triceps rechts sei unfallunabhängig. Auf neurologischem Fachgebiet betrage die MdE ab 1. Juni 2011 10 von 100, auf psychiatrischem Fachgebiet ebenso 10 von 100 und somit in der Summe auf nervenärztlichem Fachgebiet 20 von 100. Im Vergleich zu den Unfallfolgen, die für die Feststellung des Unfallausgleichs mit Bescheid vom 27. Januar 2014 maßgeblich gewesen seien, habe sich auf psychiatrischem Gebiet die Symptomatik gebessert (Akte Teil 3 Bl. 420 ff.).

In einer ergänzenden Stellungnahme vom … November 2015 führte Dr. W* … aus, dass von einer geringen Überlappung seitens des neurologischen und des traumatologischen Fachgebietes ausgehend die voraussichtliche dauernde MdE fachübergreifen mit 25 von 100 eingeschätzt werde. Es sei zudem richtig, dass die Atrophie des Musculus triceps als auch die Veränderungen zwischen Kahn- und Dreiecksbein sowie eine Fehlstellung des Erbsenbeines nicht mit ausreichender Sicherheit auf das Unfallgeschehen zurückzuführen seien, darüber hinaus könne auch keine allein oder wesentlich durch den Unfall hervorgerufene Verschlimmerung nachgewiesen werden. Resultierend könnten die im Jahr 2015 durchgeführten Behandlungen (Rechnungen vom … April 2015, … Mai 2015, … Mai 2015 und *. September 2015) nicht kausal auf das Unfallgeschehen zurückgeführt werden (Akte Teil 3 Bl. 451 f.).

Mit Bescheid vom 2. Februar 2016 lehnte der Beklagte die Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen ab (Nr. 1) und stellte fest, dass die im Jahr 2014 und 2015 bei der Klägerin durchgeführten operativen Heilmaßnahmen nicht im kausalen Zusammenhang mit dem Schadensereignis vom … März 2006 stehen und hierfür keine beamtenrechtlichen Unfallfürsorgeleistungen gewährt werden können. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß dem traumatologischen Fachgutachten von Dr. W* … vom … Juli 2015 und der ergänzenden Stellungnahme vom … November 2015 die im Jahre 2014 diagnostizierte Instabilität zwischen Mond- und Dreiecksbein an der rechten Hand nicht wesentlich kausal durch das Schadensereignis vom … März 2006 verursacht worden sei, da aufgrund der vorliegenden, aktenkundigen bildgebenden Diagnostik, die zeitnah zum Unfallgeschehen gefertigt worden sei, eine Instabilität in diesem Bereich eindeutig ausgeschlossen worden sei. Aufgrund dessen sei auch die Fehlstellung des Erbsenbeins, die 2014 und 2015 operativ behandelt worden sei, nicht mit der dienstunfallrechtlich erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit auf das Schadensereignis vom … März 2006 zurückzuführen. Gemäß dem neurologischen-psychiatrischen Fachgutachten von Dr. G* … vom *. September 2015 sei bei der Klägerin die Atrophie des Musculus triceps rechts unfallunabhängiger Natur und somit nicht kausal auf das Schadensereignis vom … März 2006 zurückzuführen. Der Antrag der Klägerin auf Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen neben bereits anerkannten Körperschäden sei daher abzulehnen. Kosten könnten nur für die in den Bescheiden vom 21. Juli 2006, 18. Oktober 2007 und 28. November 2014 genannten Dienstunfallfolgen übernommen und der Klägerin im Rahmen der Unfallfürsorge erstattet werden.

Mit Schreiben vom … März 2015 legte der Bevollmächtigte der Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 2. Februar 2016 ein (Akte Teil 3 Bl. 458).

Mit Schreiben vom *. April 2016 führte der Bevollmächtigte der Klägerin widerspruchsbegründend aus, dass auf einem der Videoclips der handchirurgischen Abteilung der TU München vom … November 2006 eine relevante Distanzveränderung zwischen Kahn- und Mondbein erkannt werden könne. Dies sei eindeutig von der Chirurgin Dr. B* …, bei der sich die Klägerin seit 18. Juni 2014 in handchirurgischer Behandlung befunden habe, angegeben worden. Daher beruhe das Gutachten des Dr. W* … auf fehlerhaften Grundlagen. Die vom Gutachter Dr. G* … vorgenommene Beurteilung, dass sich mittlerweile die seelische Situation der Klägerin im Vergleich zu vor einigen Jahren wieder stabilisiert habe, beruhe auf fehlerhafter Anamnese der Angaben der Klägerin. Die Klägerin arbeite in Teilzeit mit einer Wochenarbeitszeit von acht Stunden. Auch passiere es öfter, dass die Klägerin, ganz im Gegenteil zu der gutachterlichen Darlegung, früh morgens aufwache und dann nicht mehr einschlafen könne. Es sei hervorzuheben, dass die Klägerin seit Jahren auf die Einnahme von Antidepressiva angewiesen sei. Eine Stabilisierung ihrer Situation könne hieraus nicht abgeleitet werden. Vor diesem Hintergrund sei im Übrigen auch die Einschätzung der dauernden MdE der Klägerin mit 25 von 100 deutlich zu niedrig angesetzt (Akte Teil 3 Bl. 460 ff.).

In einer ergänzenden Stellungnahme vom … Mai 2016 führte Dr. G* … aus, er habe im Falle der Klägerin die Schlafanamnese genau abgefragt und nach dem Einschlafen, dem Durchschlafen, dem Morgentief und dem sog. Früherwachen gefragt. Er habe dies auch explizit in seinen eigenen handschriftlichen Notizen vermerkt, dass die Klägerin das Früherwachen, das er ihr laienhaft umschrieben habe, verneint habe. Der Bevollmächtigte weise darauf hin, dass die Klägerin seit Jahren auf die Einnahme von Antidepressiva angewiesen sei und dies gegen eine Stabilisierung in psychiatrischer Hinsicht spreche. Dies stelle die Medizin insgesamt auf den Kopf. Medikamente würden ja gerade von Ärzten gegeben, damit es den Patienten besser gehe. Aus der Tatsache, dass jemand jahrelang Medikamente einnehme, abzuleiten, er sei deswegen instabil, sei unlogisch, da medizinische Behandlungen ja immer mit dem Ziel erfolgten, die gesundheitliche Situation zu verbessern und stabile Verhältnisse zu erzeugen. Der Akte sei zu entnehmen, dass die Klägerin seit Jahren Cymbalta nehme. Die Tatsache, dass von ärztlicher Seite die Medikation nicht umgestellt worden sei, belege im Gegenteil, dass eine stabile Situation vorliege. Andernfalls hätte der behandelnde Psychiater die Medikation leitliniengerecht ändern müssen oder andere Maßnahmen ergriffen, wie z. B. eine stationäre Einweisung, da er andernfalls einer Gesundheitsverschlechterung oder einem schlechten bzw. sich verschlechternden Gesundheitszustand tatenlos zusehen würde. Die Tatsache, dass die Medikation seit einigen Jahren anscheinend unverändert laufe, weise darauf hin, dass es eben keine Instabilität gebe (Akte Teil 3 Bl. 500).

Laut einem radiologischen Zusatzgutachten vom … August 2017 zeige sich in allen Aufnahmen eine reguläre Beweglichkeit im Handgelenk ohne sichtbare, relevante Erweiterung des Gelenkspalts zwischen Os naviculare und Os lunatum. Es zeige sich keine atypische Beweglichkeit, Verkippung oder Dislokation zwischen Os lunatum und Os naviculare. Es zeigten sich diskret degenerative Veränderungen im Bereich des radialen Gelenkspalts (Akte Teil 3 Bl. 484 f.).

Laut einer Stellungnahme auf traumatologischem Fachgebiet des Dr. W* … vom … August 2017 sei aus Sicht des Arztes unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes in Form des radiologischen Zusatzgutachtens vom … August 2017 eine stattgehabte relevante Kapsel-Band-Verletzung zwischen Kahn- und Mondbein und damit eine sich daraus entwickelnde sog. scapholunäre Dissoziation auszuschließen. Auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme von Dr. G* … das neuro-psychiatrische Fachgebiet betreffend ergebe sich keine veränderte Einschätzung der MdE.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 2017 wies der Beklagte die Widersprüche vom 18. Februar 2014 und 23. März 2015 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Festsetzung des Unfallausgleichs rechtsfehlerfrei erfolgt sei. Aus den Gutachten des Amtsarztes des Landratsamtes … vom … Januar 2014 ergebe sich, dass die MdE mit 30 von 100 einzustufen sei. Das traumatologische Fachgutachten von Dr. W* … vom … Juli 2015 und das neurologisch-psychiatrische Fachgutachten von Dr. G* … vom *. September 2015 bestätigten die Festsetzung der MdE. Eine andere Entscheidung ergebe sich aufgrund der Einwendungen im Widerspruchsverfahren nicht. Unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes sei aus Sicht des Gutachters eine stattgehabte relevante Kapsel-Band-Verletzung zwischen Kahn- und Mondbein und damit eine sich daraus entwickelnde sogenannte scapholunäre Dissoziation auszuschließen. Auch unter Berücksichtigung der beiliegenden Stellungnahme von Dr. G* … ergebe sich keine veränderte Einschätzung der MdE.

Mit Schreiben vom … Oktober 2017, bei Gericht eingegangen am selben Tag, erhob der Klägerbevollmächtigte Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte zuletzt,

  • 1.den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 27. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2017 zu verpflichten, die aus den Folgen des Dienstunfalles der Klägerin vom … März 2006 resultierende Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von mehr als 40 von 100 ab frühestmöglichem Zeitpunkt festzustellen.

  • 2.den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 2. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2017 zu verpflichten, als weitere Dienstunfallfolge des Dienstunfalls der Klägerin vom … März 2006 eine Instabilität des rechten Handgelenks anzuerkennen und der Klägerin die gesetzlichen beamtenrechtlichen Unfallfürsorgeleistungen hierfür zu gewähren.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der traumatologische Fachgutachter Dr. W* … davon ausgehe, dass die Instabilität des rechten Handgelenks der Klägerin und die Athrophie nicht unfallbedingt seien. Zudem gehe Dr. W* … davon aus, dass eine stattgehabte relevante Kapsel-Band-Verletzung zwischen Kahn- und Mondbein auszuschließen sei. Der Gutachter mache seine Einschätzung daran fest, dass nach dem vorliegenden bildgebenden Material keine relevante Distanzvergrößerung zwischen Kahn- und Mondbein gesehen werden könne. Eine solche wäre aber nach stattgehabter Zerreißung der Bandapparatur zu fordern. Dem sei nicht zu folgen. Die Klägerin sei bereits mehrfach am rechten Handgelenk operiert worden, zuletzt am 17. November 2017. Die Operationen seien jeweils von Dr. … B* … durchgeführt worden. Frau Dr. B* … habe bereits bei der ersten Operation auf eine Kapsel-Band-Verletzung zwischen Kahn- und Mondbein geschlossen und zwar aufgrund des vorhandenen bildgebenden Materials. Dementsprechend habe Frau Dr. B* … auch eine posttraumatische Instabilität des rechten Handgelenks nach länger zurückliegendem Hyperextensionstrauma diagnostiziert. Unterstellt, dass die Instabilität des rechten Handgelenks der Klägerin unfallbedingt sei, ergebe sich insgesamt eine deutlich höhere unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin als die derzeit festgestellten 30 von 100. Der Klage lag ein Austrittsbericht des Spitals B* … vom … November 2017 bei, wonach bei der Klägerin eine posttraumatische Instabilität des rechten Handgelenks nach länger zurückliegendem Hyperextensionstrauma sowie ein Zustand nach lunotriquetraler Arthrodese diagnostiziert werden; weiter ein Sprechstundenbericht des Spitals B* … vom … November 2017, wonach bei der Klägerin eine carpale Instabilität des rechten Handgelenks nach Hyperextensionstrauma im Rahmen einer Massenpanik in einer …schule, ein Zustand nach lunotriquetraler Fusion 2013 sowie ein Zustand nach Resektion des Os pisiforme 2014 diagnostiziert werden; zudem ein Operationsbericht des Spitals B* … vom … November 2017, wonach bei der Klägerin eine posttraumatische Instabilität des rechten Handgelenks nach länger zurückliegendem Hyperextensionstrauma sowie ein Zustand nach lunotriquetraler Arthrodese diagnostiziert werden.

Mit Schreiben vom 20. April 2018 beantragte der Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage sich alleine auf die Diagnose einer posttraumatischen Instabilität in den Befundberichten der behandelnden Ärztin Frau Dr. B* … stütze. Diese habe sich jedoch in keiner Weise mit der Ursache der zurückliegenden Instabilität auseinandergesetzt. Dem angegriffenen Bescheid und Widerspruchsbescheid liege dagegen das nachvollziehbar und überzeugend begründete Gutachten des Instituts für Medizinische Begutachtung, Dr. W* …, vom … Juli 2015 zu Grunde, wonach die geklagten weiteren Schäden am Handgelenk, insbesondere eine Atrophie des Musculus triceps rechts sowie die Veränderungen zwischen Kahn- und Dreiecksbein sowie die resultierend nachgewiesene Fehlstellung des Erbsenbeins nicht mit ausreichender Sicherheit auf das Unfallgeschehen zurückzuführen seien. Das Gutachten des Dr. W* … gehe im Gegensatz zu den Befundberichten der Frau Dr. B* … dezidiert auf die vorliegenden Körperschäden und deren Ursachen ein und begründe dies auch eingehend unter Berücksichtigung aller Untersuchungsergebnisse und des vorliegenden Bildmaterials. Die vorliegenden Ausführungen zu den medizinisch-gutachterlichen Fragen seien nicht geeignet, das Gutachten des Sachverständigen Dr. W* … substantiiert in Frage zu stellen. Begründete Zweifel am Ergebnis dieses Gutachtens würden sich nicht ergeben. Eine weitere Begutachtung sei nicht angezeigt. Damit seien weder weitere Unfallfolgen anzuerkennen noch sei mangels weiterer Unfallfolgen die auf der Basis der anerkannten richtig festgestellte unfallbedingte MdE höher zu bewerten.

In der mündlichen Verhandlung vom 9. August 2018 wurden Herr Dr. G* … und Herr Dr. W* … als sachverständige Zeugen vernommen. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. August 2018 wird insoweit Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Verfahrensgegenstand ist der Bescheid vom 27. Februar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2017, mit dem der Klägerin eine MdE von 30 von 100 zuerkannt wurde und der Bescheid des Beklagten vom 2. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2017, mit dem die Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen abgelehnt wurde.

Die Klage ist bezüglich des vom Klägerbevollmächtigten gestellten Klageantrags in Nr. 2, der Klägerin die gesetzlichen beamtenrechtlichen Unfallfürsorgeleistungen für die weitere Unfallfolge einer Instabilität des rechten Handgelenks zu gewähren, mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Gewährung von Heilfürsorgeleistungen ist zwingende gesetzliche Folge (Art. 45 BayBeamtVG), wenn sich die Nichtanerkennung weiterer Dienstunfallfolgen als rechtswidrig erweist und der Beklagte verpflichtet wird, eine Instabilität des rechten Handgelenks anzuerkennen. Eine Klage auf Gewährung dementsprechender Unfallfürsorgeleistungen ist nicht erforderlich.

Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Anerkennung weiterer Körperschäden als Folge des Dienstunfalls am … März 2006 noch auf Gewährung von Unfallausgleich mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mehr als 40 von 100 (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Der Bescheid vom 27. Februar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2017 und der Bescheid des Beklagten vom 2. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2017 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO.

Auf die vorliegende Verpflichtungsklage ist das Bayerische Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410, 528, berichtigt S. 764), zuletzt geändert durch § 8 des Gesetzes vom 18. Mai 2018 (GVBl. S. 286) anzuwenden.

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung weiterer Körperschäden als Folge des Dienstunfalls am … März 2006.

Nach der Legaldefinition des Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder als Folge des Dienstes eingetreten ist. Als Folgen eines Dienstunfalls können nur Körperschäden anerkannt werden, die durch diesen verursacht wurden.

Ein äußeres, den Dienstunfall verursachendes Ereignis kann dabei nicht nur ein physisch auf den Körper des Beamten einwirkendes Ereignis sein, sondern auch ein solches, das nur mittelbar krankhafte Vorgänge im Körper auslöst, etwa durch die Verursachung eines seelischen Schocks (vgl. BVerwG, U.v. 9.4.1970 - juris Rn. 14). Unter einem Körperschaden im Sinne des Dienstunfallrechts ist jede über Bagatelleinbußen hinausgehende Verletzung der körperlichen oder seelischen Integrität zu verstehen, mithin auch eine als Folge einer Traumatisierung eingetretene seelische Erkrankung (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2009 - 2 C 134.07 - juris Rn. 24).

Als Ursachen im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Der Ursachenzusammenhang ist nicht schon dann ausgeschlossen, wenn außer dem Unfall auch andere Umstände (namentlich eine anlage- oder schicksalsbedingte Krankheit oder ein anderes Unfallereignis) als Ursachen in Betracht kommen. In derartigen Fällen ist der Dienstunfall vielmehr dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) beigetragen hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt (vgl. BVerwG, U.v. 7.5.1999 - 2 B 117/98 - juris).

Löst ein Unfallereignis ein bereits vorhandenes Leiden aus oder beschleunigt oder verschlimmert es dieses, so ist das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewissermaßen „der letzte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte“ bei einer Krankheit, „die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“. Das Unfallereignis tritt dann im Verhältnis zu der schon gegebenen Bedingung (dem vorhandenen Leiden oder der krankhaften Veranlagung) derartig zurück, dass die bereits gegebene Bedingung als allein maßgeblich anzusehen ist. Nicht Ursache im Rechtssinn sind demgemäß sogenannte Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, d.h. wenn die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Eigenart unersetzlicher Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis denselben Erfolg herbeigeführt hätte (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2009 - 2 C 134.07 - juris Rn. 26; U.v. 18.4.2002 - 2 C 22.01 - juris Rn. 10; OVG NRW, U.v. 6.5.1999 - 12 A 2983/96 - juris Rn. 50; Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Anm. 1 a und 5 zu § 31).

Der Grundgedanke dieser aus der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung übernommenen Kausaltheorie liegt darin, dass der Dienstherr nicht für Folgen haften soll, die nicht seiner Risikosphäre zugerechnet werden können. Die beamtenrechtliche Unfallfürsorge darf nicht dazu führen, dass dem Beamten jedes denkbare Risiko abgenommen wird, auch wenn es sich in gar keiner Weise aus dem Dienst ableitet; vielmehr kann nur eine solche Risikoverteilung sinnvoll sein, die dem Dienstherrn die eigentümlichen und spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit auferlegt, dagegen dem Beamten mindestens die Risiken belässt, die sich aus seinen persönlichen Anlagen und etwa bereits bestehenden Beeinträchtigungen seines Gesundheitszustandes ergeben. Körperschäden auch psychischer Art sind so dem individuellen Lebensschicksal des Beamten und damit seinem Risikobereich zuzurechnen, wenn der Körperschaden jederzeit auch außerhalb des Dienstes bei einer im Alltag vorkommenden Belastungssituation hätte eintreten können (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.2002, a.a.O., juris Rn. 11).

Für das Vorliegen eines Dienstunfalls, eines Körperschadens und der Ursächlichkeit des Dienstunfalls für den Körperschaden ist grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen. Der Beamte trägt das Feststellungsrisiko bzw. die materielle Beweislast, sowohl für das Vorliegen des behaupteten Körperschadens als auch dafür, dass die Schädigungsfolge wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution zurückzuführen ist. Bleibt nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht offen, ob die anspruchsbegründenden Voraussetzungen erfüllt sind, geht dies damit zu Lasten des Beamten. Ein Anspruch ist nur dann zuzuerkennen, wenn sowohl das Vorliegen des behaupteten Körperschadens als auch der Kausalzusammenhang mit dem Dienstunfallgeschehen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sind (ständige Rechtsprechung; vgl. BVerwG, U.v. 25.2.2010 - 2 C 81.08 - NVwZ 2010, 708; BVerwG, B.v. 4.4.2011 - 2 B 7.10 - juris).

Gemessen an diesen Vorgaben ist zur Überzeugung des Gerichts nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass durch den Dienstunfall vom … März 2006 eine Instabilität des rechten Handgelenks hervorgerufen wurde und diese somit als weitere Dienstunfallfolge anzuerkennen wäre.

Vorliegend kommt das vom Beklagten eingeholte traumatologische Fachgutachten von Dr. W* … vom … Juli 2015 zu dem Ergebnis, dass eine unfallbedingte Instabilität des rechten Handgelenks nicht gegeben ist. In der Kernspintomographie des rechten Handgelenks vom 10. Oktober 2006 fänden sich hinsichtlich der Bandverbindung insbesondere zwischen Os lunamentum und Os scaphoideum keine Auffälligkeiten. Auch in der Handgelenkskinematographie vom 22. November 2006 könne nach mehrfacher Betrachtung der vorliegenden Videoclips keine relevante Distanzvergrößerung zwischen Kahn- und Mondbein gesehen werden. Das Kernspintomogramm des rechten Handgelenkes vom 12. März 2013 zeige in der koronaren T2-Schichtung keine höhergradige Distanzvergrößerung zwischen Kahn- und Mondbein, zumindest proximal existiere eine bandähnliche Verbindung. Gegen einen kausalen Zusammenhang einer bestehenden Verletzung des Bandapparates zwischen Kahn- und Mondbeines spreche der schriftlich vorliegende Bericht des Kernspintomogramms vom Oktober 2006 sowie die im Original durchgeführte Handgelenkskinematographie vom November 2006. Beschrieben würden keine Verletzung der Bandhaft zwischen Kahn- und Mondbein. Auf den Funktionsbildern könne sowohl unter Neutralstellung als auch unter maximaler Belastungsstellung keine relevante Distanzvergrößerung zwischen Kahn- und Mondbein gesehen werden. Eine solche wäre aber rund sieben Monate nach einer stattgehabten Zerreißung des Bandapparates zu fordern. Ein mittelbarer Zusammenhang der dann im Jahr 2014 diagnostizierten Instabilität zwischen Mond- und Dreiecksbein sei nicht zwanglos nachvollziehbar, da unfallzeitnah funktionell bildgebend eindeutig eine Instabilität in diesem Bereich ausgeschlossen werden habe können. Mithin könnten diese Operationen aus dem Jahr 2014 sowie zuletzt auch 2015 nicht mit erforderlicher Sicherheit auf das Unfallgeschehen zurückgeführt werden. Die im Jahr 2014 festgestellten Veränderungen zwischen Kahn- und Dreiecksbein sowie die resultierend nachgewiesene Fehlstellung des Erbsenbeins seien nicht wesentlich durch den Unfall verursacht. Das radiologische Zusatzgutachten vom … August 2017 kommt zu dem Ergebnis, dass sich eine reguläre Beweglichkeit im Handgelenk ohne sichtbare, relevante Erweiterung des Gelenkspalts zwischen Os naviculare und Os lunamentum zeigt. Zudem würden sich diskrete degenerative Veränderungen im Bereich des radialen Gelenkspalts zeigen. Die Stellungnahme von Dr. W* … auf traumatologischem Fachgebiet vom … August 2017 ergibt, dass unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes eine stattgehabte relevante Kapsel-Band-Verletzung zwischen Kahn- und Mondbein und damit eine sich daraus entwickelnde sog. scapholunäre Dissoziation auszuschließen ist.

Das Gericht folgt den überzeugenden und in sich schlüssigen Ausführungen der Gutachten und Stellungnahmen. Das Gutachten vom … Juli 2015 ist nachvollziehbar und weist keine offen erkennbaren Mängel auf. Das Gutachten überzeugt des Weiteren nach Methodik und Durchführung der Erhebungen. Der Gutachter hat die relevanten Gutachten und Befunde der Akten umfassend ausgewertet und im Rahmen der Anamnese die Beschwerden der Klägerin ausführlich eruiert. Seine Folgerungen beruhen sowohl auf eigenen medizinischen Erkenntnissen als auch auf Befunden, die in nachprüfbarer Weise in dem Gutachten selbst angegeben sind. Zusätzlich wurde ein radiologisches Zusatzgutachten vom … August 2017 eingeholt, das die Ergebnisse des Gutachtens und der Stellungnahmen stützt.

An der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters bestehen für die Kammer keine Zweifel.

Nach ständiger Rechtsprechung stellen im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässige Beweismittel dar, sofern sie inhaltlich und nach der Person des Sachverständigen den Anforderungen entsprechen, die an ein gerichtliches Gutachten zu stellen sind (BVerwG, B.v. 20. 2.1998 - 2 B 81/97 - juris). Die von einer Verwaltungsbehörde bestellten Gutachter sind grundsätzlich als objektiv urteilende Gehilfen der das öffentliche Interesse wahrenden Verwaltungsbehörde und nicht als parteiische Sachverständige anzusehen (BVerwG, U.v. 28. 8.1964 - VI C 45.61 - juris).

Die Ausführungen des Gutachters werden auch nicht durch privatärztliche Befunde bzw. Atteste durchgreifend in Frage gestellt.

- In dem Austrittsbericht des Spitals B* … vom … November 2017 werden bei der Klägerin eine posttraumatische Instabilität des rechten Handgelenks nach länger zurückliegendem Hyperextensionstrauma sowie ein Zustand nach lunotriquetraler Arthrodese diagnostiziert.

Über die reine Diagnose „posttraumatisch“ hinausgehend wird in diesem Bericht ein kausaler Zusammenhang mit dem Dienstunfall nicht dargestellt. Dementsprechend kann der Bericht die überzeugenden und in sich schlüssigen Ausführungen der Gutachten und Stellungnahmen von Dr. W* … nicht in Frage stellen.

- In dem Sprechstundenbericht des Spitals B* … vom … November 2017 werden bei der Klägerin eine carpale Instabilität des rechten Handgelenks nach Hyperextensionstrauma im Rahmen einer Massenpanik in einer …schule, ein Zustand nach lunotriquetraler Fusion 2013 sowie ein Zustand nach Resektion des Os pisiforme 2014 diagnostiziert. Auch dieser Bericht trifft über die reine Diagnose hinaus keine Aussagen darüber, aufgrund welcher Ursachen es zur Instabilität des rechten Handgelenks gekommen ist.

- Im Operationsbericht des Spitals B* … vom … November 2017 werden bei der Klägerin eine posttraumatische Instabilität des rechten Handgelenks nach länger zurückliegendem Hyperextensionstrauma sowie ein Zustand nach lunotriquetraler Arthrodese diagnostiziert. Darüber hinaus wird in dem Bericht das technische Vorgehen der Operation sowie das postoperative Prozedere beschrieben. Aussagen darüber, wie es zu der Instabilität des rechten Handgelenks gekommen sein soll, werden nicht getroffen.

- Im Befundbericht der …klinik (Dr. B* …*) vom *. August 2014 heißt es, man gehe davon aus, dass es bei dem schweren Distorsionstrauma im März 2006 zu einer sehr umfassenden Verletzung der Weichteile des rechten Handgelenkes mit verbliebener Instabilität des Handgelenks gekommen sei. Dafür spreche auch der bei der ersten Arthroskopie erhobene Befund, welcher die Narbenbildung und teilweise Zerreißung der radiocarpalen Bänder beschreibe. Dieses Bandsystem sei beim Trauma offensichtlich umfangreich geschädigt worden.

Wie Frau Dr. B* … zu diesem Ergebnis kommt, erschließt sich weder für den Gutachter Dr. W* … noch für das Gericht. So berichtet Dr. A* … in seinem orthopädischen Gutachen vom … Juli 2007 auf Seite 5 auch über den Bericht der Arthroskopie vom 21. Februar 2007. Er beschreibt im Bereich der radiocarpalen Bänder eine Bandnarbe und am radialen Anteil einen vermutlich alten Abriss am Radius. Der gesamte Knorpel im Radiocarpalgelenk sei unauffällig, das scapholunäre Band stabil.

- Die übrigen in der Behördenakte befindlichen ärztlichen Dokumente enthalten keine über bloße Diagnosen hinausgehenden Aussagen darüber, wie es zu einer posttraumatischen Instabilität des rechten Handgelenks gekommen sein soll.

Zur Überzeugung des Gerichts steht daher fest, dass die Klägerin keine weiteren Körperschäden erlitten hat, die sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf den Dienstunfall zurückführen lassen.

II.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Unfallausgleich mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mehr als 40 von 100 als Folge der bei dem Dienstunfall vom … März 2006 erlittenen Körperschäden.

Gem. Art. 52 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG erhält ein Beamter, der infolge eines Dienstunfalls in der Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 von 100 beschränkt ist, neben der Besoldung einen Unfallausgleich in Höhe der Grundrente nach § 31 Abs. 1 bis 4 BVG, solange dieser Zustand andauert. Eine unfallunabhängige Minderung der Erwerbsfähigkeit bleibt außer Betracht, Art. 52 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG. Die Vorschriften stimmen inhaltlich mit den bis 31. Dezember 2010 geltenden Normen des § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG überein. Gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der seit dem Dienstunfall unverändert gültigen Fassung erhält ein verletzter Beamter, der infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt Unfallausgleich, solange dieser Zustand andauert. Wesentlich ist eine Minderung der Erwerbsfähigkeit, wenn sie wenigstens 25 v.H. beträgt. Dies folgt aus der Verweisung in § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG auf § 31 Bundesversorgungsgesetz (Weinbrenner in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, § 35 Rn. 36).

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (im Folgenden: MdE) ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Dabei handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Erwerbsfähigkeit ist die Kompetenz des Verletzten, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm abstrakt im gesamten Bereich des Erwerbslebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen. Auf den bisherigen Beruf oder die bisherige Tätigkeit wird nicht abgestellt. Es kommt nicht auf die individuellen Verhältnisse, also die persönlichen Kenntnisse oder die geistigen, körperlichen, psychischen und sozialen Fähigkeiten an. Die Festsetzung der MdE im Versorgungsrecht folgt den unfallversicherungsrechtlichen Anforderungen. Sie richtet sich auch dort nach den verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens, die sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergeben (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Voraussetzung ist ein Vergleich der vor und nach dem Dienstunfall bestehenden individuellen Erwerbsfähigkeit.

Im Bereich des Unfallausgleichs gelten ebenfalls die allgemeinen Beweisgrundsätze (vgl. VG Augsburg, U.v. 21.2.2013 - Au 2 K 11.1459). Derjenige, der aus einer Norm eine ihm günstige Rechtsfolge ableitet, trägt die materielle Beweislast, wenn das Gericht in Erfüllung seiner Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen zu seiner vollen Überzeugungsgewissheit („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“) weder feststellen noch ausschließen kann („non liquet“) und wenn sich aus der materiellen Anspruchsnorm nichts Abweichendes ergibt (BVerwG, U.v. 28.4.2011 - 2 C 55.09, ZBR 2012, 38).

Der Grad der MdE ist aufgrund eines ärztlichen Gutachtens zu ermitteln. Dabei bilden allgemeine Erfahrungssätze, in Tabellen und Empfehlungen enthaltene Richtwerte, also antizipierte Sachverständigengutachten, in der Regel die Basis für die Bewertung der MdE durch den Sachverständigen. Die konkrete Bewertung muss jedoch stets auf die Besonderheiten der MdE des betroffenen Beamten abstellen. Entscheidend ist, dass der Sachverständige bei seiner dienstunfallrechtlichen Bewertung als Maßstab die körperliche Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu Grunde legt (OVG NRW, B.v. 25.8.2011 - 3 A 3339/08, juris; BayVGH, B.v. 1.2.2013 - 3 ZB 11.1166, juris; Weinbrenner in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 35, Rn. 54).

Die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) regelt nunmehr verbindlich die Grundsätze und Einzelheiten der Bildung des Grades der Schädigung (GdS). Sie schreibt dabei nahezu wortgleich die früher für die Feststellung des Grades der Behinderung nach § 69 SGB IX und der Voraussetzungen für den Unfallausgleich (vgl. BVerwG U.v. 21.9.2000 - 2 C 27.99 - BVerwGE 112, 92 = DÖD 2001, 68 = NVwZ-RR 2001, 168 = DÖV 2001, 294 = DVBl 2001, 732 = ZBR 2001, 251 = Buchholz 239.1 § 35 BeamtVG Nr. 4) heranziehbare, im Interesse der gleichmäßigen Beurteilung der Behinderungen anerkannte GdB/MdE-Tabelle der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP 2008) fort. Hierbei handelte es sich nach der nun obsolet gewordenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zu den entsprechenden Vorauflagen) um antizipierte Sachverständigengutachten, die (im sozialen Entschädigungsrecht) wie untergesetzliche Normen anzuwenden waren (BSG U.v. 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R - RegNr. 26835 (BSG-Intern); U.v. 18.9.2003 - B 9 SB 3/02 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 2 = BSGE 91, 205 = Breith 2004, 297). Das bedeutet, dass für die Bildung des GdS dieselben Grundsätze gelten wie für die Bildung der MdE, wobei es sich bei ersterem Begriff um einen Grad handelt, während der letztere ein Vomhundertsatz ist.

Nach Nr. 3 a) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A sind bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen zwar Einzel-GdS anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdS durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdS ungeeignet. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. Nach Nr. 3 c) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdS in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdS bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdS 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Von Ausnahmefällen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit) abgesehen, führen dabei zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdS von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen (Nr. 3 d) ee) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A).

In Anwendung dieser Maßstäbe ist das Gericht auf der Grundlage der VersMedV und der vorliegenden Gutachten zu der Überzeugung gelangt, dass bei der Klägerin für den hier maßgeblichen Zeitraum ab dem 1. Februar 2016 eine MdE von allenfalls 30 von 100 und nicht mehr als 40 von 100 vorliegt. Dies ergibt sich aus dem traumatologischen Fachgutachten von Dr. W* … vom … Juli 2015, dem neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten von Dr. G* … vom *. September 2015 und deren Stellungnahmen vom … November 2015, … Mai 2016 und … August 2017 sowie den Erläuterungen des sachverständigen Zeugen Dr. G* … und Dr. W* … in der mündlichen Verhandlung.

Auszugehen ist dabei von den als dienstunfallbedingt anerkannten Körperschäden Handgelenksdistorsion rechts, Ruptur der rechten radiocarpalen Bänder, radiale Ruptur des rechten Discus triangularis sowie eine Irritation des Nervus ulnaris rechts, Anpassungsstörung mit gering bis mittelschwerer depressiver Symptomatik und gering bis mittelschwerer Angstsymptomatik. Weitere Körperschäden müssen außer Betracht bleiben, da diese nicht als Dienstunfallfolgen anerkannt sind.

Der sachverständige Zeuge Dr. W* … führte in der mündlichen Verhandlung überzeugend aus, er habe sich am Tatbestand der Anlage zur VersMedV „Versteifung des Handgelenks“ orientiert und zwar in günstiger Stellung. Dies sei in der vorgenannten Vorschrift mit 20 von 100 beschrieben. Für die Beurteilung der MdE bei der Klägerin habe er dann für die Bewegungseinschränkungen 10 von 100 genommen. Den Tatbestand „Bewegungseinschränkung“ in der VersMedV habe er nicht gesehen, er gehe aber bei dessen Berücksichtigung davon aus, dass es sich um eine „Bewegungseinschränkung geringen Grades Streckung/Beugung bis 40-0-40“ handele, so dass er bei der Einschränkung der MdE von 10 von 100 bleibe. Mit der MdE von 10 von 100 seien alle anerkannten Dienstunfallfolgen auf orthopädischem Fachgebiet abgedeckt. Die Bewertung der MdE im orthopädischen Bereich ergibt sich aus den geringen Bewegungseinschränkungen des Handgelenks der Klägerin. Die Anlage der VersMedV enthält dafür einen Wert von 0 - 10 von 100, so dass die Bewertung des sachverständigen Zeugen Dr. W* … plausibel und nachvollziehbar ist.

Der sachverständige Zeuge Dr. G* … führte in der mündlichen Verhandlung überzeugend aus, bei einer schwergradigen Anpassungsstörung würde er eine MdE von 20 von 100 vergeben. Eine solche liege bei der Klägerin nicht vor. Sie könne ihre Alltagsaktivitäten weitestgehend durchführen, sie habe nach dem Dienstunfall geheiratet, Kinder bekommen und sei beruflich wieder tätig, so dass er von dem Mittelwert MdE von 10 von 100 ausgehe. Dies könne man auch unter 3.7 der Anlage der VersMedV („Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen, leichtere psychovegetative oder psychische Störungen“) subsumieren. Die Anlage der VersMedV führt unter dem Oberpunkt „Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen, leichtere psychovegetative oder psychische Störungen“ für „leichtere psychovegetative Störungen“ einen Wert von 0 - 20 von 100, für „stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägte depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) einen Wert von 30 - 40 von 100 und für „schwere Störungen (z. B.) schwere Zwangskrankheit“, soweit diese „mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten“ einhergehen, einen Wert von 50 - 70 von 100 und soweit diese mit „schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten“ eingehen einen Wert von 80 - 100 von 100 auf. Der sachverständige Zeuge Dr. G* … hat in seinem Gutachten vom *. September sowie in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass die Klägerin weiterhin psychisch belastet ist, sie aber ihre Alltagsaktivitäten weitgehend durchführen kann, geheiratet und Kinder bekommen hat und wieder arbeitet. Dementsprechend ist es für das Gericht plausibel und nachvollziehbar, dass der sachverständige Zeuge Dr. G* … die psychischen Dienstunfallfolgen mit einem MdE von 10 von 100 für eine leichtere psychische Störung im mittleren Bereich bewertet hat.

Zur den Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. … S* … vom … November 2013 und *. Dezember 2013, in denen dieser von einer unfallbedingten MdE hinsichtlich der psychiatrischen Folgen von 30 von 100 und einer Gesamt-MdE von 40 von 100 ausgeht, führte der sachverständige Zeuge Dr. G* … überzeugend aus, diese MdE widerspreche der von Dr. S* … selbst gestellten Diagnose und sei nicht zu begründen. Es fehlten in dem Gutachten auch Ausführungen, wie Dr. S* … zu von 30 von 100 und einer Gesamt-MdE von 40 von 100 ausgeht, führte der sachverständige Zeuge Dr. G* … überzeugend aus, diese MdE widerspreche der von Dr. S* … selbst gestellten Diagnose und sei nicht zu begründen. Es fehlten in dem Gutachten auch Ausführungen, wie Dr. S* … zu dieser MdE komme. Diese Argumentation ist für das Gericht schlüssig, da Dr. S* … in seinem Gutachten eine Anpassungsstörung mit verlängerter depressiver Reaktion und Angstreaktion, jeweils gering bis mittelschwer ausgeprägt, diagnostiziert hat und diese Diagnose einer leichteren psychischen Störung und nicht einer stärker behindernden Störung zugeordnet werden muss. Zudem ergibt sich aus den Gutachten von Dr. S* … auch nicht, wie vom Klägerbevollmächtigten beantragt, eine Gesamt-MdE von mehr als 40 von 100.

Hinsichtlich der MdE wegen der neurologischen Defizite führte der sachverständige Zeuge Dr. G* … überzeugend aus, dass bei der Klägerin eine Teilläsion vorliege, die den Gefühlsbereich, nicht aber den motorischen Bereich betreffe. Bei einem Totalschaden des Nervs werde eine MdE von 20 von 100 angesetzt. Die motorische Funktion der Finger sei an sich wichtiger als die gefühlsmotorische, dennoch habe der sachverständige Zeuge eine MdE von 10 von 100 angesetzt. Dies ist zur Überzeugung des Gerichts plausibel und nachvollziehbar, da laut der Anlage zur VersMedV Teilausfälle von Nerven entsprechend geringer bewertet werden müssen.

Auch die Ermittlung der Gesamt-MdE durch die beiden sachverständigen Zeugen ist überzeugend. Dr. W* … führte aus, er habe wegen der Überlappung des neurologischen und orthopädischen Bereichs eine Gesamt-MdE von 25 von 100 gebildet. Dr. G* … führte aus, es gebe Überlappungen im orthopädischen und neurologischen Bereich bei der Gebrauchsfähigkeit der Hand und es gebe Überschneidungen bei der Anpassungsstörung und den körperlichen Beschwerden der Klägerin. Deshalb sehe er eine Gesamt-MdE von jedenfalls unter 30 von 100, mit 25 von 100 wie der Kollege Dr. W* … Ausweislich der VersMedV sind für die Ermittlung der Gesamt-MdE die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander maßgebend. Eine solche Ermittlung erfolgte durch die sachverständigen Zeugen in überzeugender und plausibler Art und Weise in ihrem jeweiligen Fachgebiet.

Der GdS- bzw. MdE-Wert umfasst auch die Schmerzen der Klägerin. Gemäß Nr. 2 j) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A sind bei der Beurteilung des Grades der Schädigungsfolgen auch seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu beachten. Die in der GdS (Grad der Schädigungsfolgen) - Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen erfahrungsgemäß auch besonders schmerzhafte Zustände. Ist nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden. Das kommt zum Beispiel bei Kausalgien und bei stark ausgeprägten Stumpfbeschwerden nach Amputationen in Betracht. Solche Zustände liegen bei der Klägerin nicht vor bzw. sind nicht nachgewiesen.

Mit diesen vom Beklagten eingeholten Gutachten liegen dem Gericht ärztliche Sachverständigengutachten zu den entscheidungserheblichen Tatsachen vor, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden können (BVerwG, B.v. 30. 9. 2010 - 8 B 15/10 - juris). Die Einholung weiterer Sachverständigengutachten liegt bei diesem Sachverhalt im Ermessen des Gerichts (§ 98 VwGO; § 412 Abs. 1 ZPO). Eine weitere Beweiserhebung wäre nur dann erforderlich, wenn sich die Einholung eines zusätzlichen Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Gutachten aufdrängen würde. Dies wäre dann der Fall, wenn die vorhandenen Gutachten grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen würden, wenn sie von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgingen, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters bestünde, ein anderer Sachverständige über neue oder überlegene Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügte oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert werden würde (vgl. BVerwG, B.v. 3. 2. 2010 - 7 B 38/09- juris).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die vorhandenen ärztlichen Sachverständigengutachten sind für das Gericht nachvollziehbar und weisen, soweit ersichtlich, keine Mängel oder Widersprüche auf; sie vermitteln dem Gericht einen hinreichenden Einblick in die Zusammenhänge zwischen dem Unfallereignis und der Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Der Einwand des Klägerbevollmächtigten, hinsichtlich der Gesamt-MdE sei zu beachten, dass die orthopädischen Beschwerden die Einschränkungen der Klägerin auf psychiatrischen Gebieten bedingen, wobei letztere mit einem Grad von 30 von 100 zu niedrig angesetzt seien, verfängt nicht. Zum einen ist wie oben bereits ausgeführt, die Bewertung einer MdE von 30 von 100 für die psychischen Beschwerden durch Dr. S* …, nicht überzeugend und plausibel, zum anderen ist bei der Bewertung der Gesamt-MdE, wie die VersMedV vorschreibt, gerade aufgrund der Beziehung der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen untereinander keine einfache Addition der einzelnen MdE-Werte vorzunehmen, sondern die Gesamt-MdE unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen zueinander zu ermitteln.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 98


Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 412 Neues Gutachten


(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet. (2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein S

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 69 Kontinuität der Bemessungsgrundlage


Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnun

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 56 Voraussetzungen und Höhe des Rentenanspruchs


(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versich

Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV | § 2 Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“


Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung#F1_771649als deren Bestandteil festgelegt.

Bundesversorgungsgesetz - BVG | § 31


(1) Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen1.von 30in Höhe von 171 Euro,2.von 40in Höhe von 233 Euro,3.von 50in Höhe von 311 Euro,4.von 60in Höhe von 396 Euro,5.von 70in Höhe von 549 Euro,6.von 80in Höhe v

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 35 Unfallausgleich


(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt ei

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Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Aug. 2018 - M 12 K 17.4882 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Aug. 2018 - M 12 K 17.4882 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 30. Sept. 2010 - 8 B 15/10

bei uns veröffentlicht am 30.09.2010

Gründe 1 Die Beschwerde des Klägers, der ausschließlich Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erhebt, hat Erfolg.

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 04. März 2010 - 7 B 38/09

bei uns veröffentlicht am 04.03.2010

Gründe I. 1 Rechtsvorgänger der Klägerin betrieben seit Mitte der 1960er Jahre auf dem

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen

1.
von 30in Höhe von 171 Euro,
2.
von 40in Höhe von 233 Euro,
3.
von 50in Höhe von 311 Euro,
4.
von 60in Höhe von 396 Euro,
5.
von 70in Höhe von 549 Euro,
6.
von 80in Höhe von 663 Euro,
7.
von 90in Höhe von 797 Euro,
8.
von 100in Höhe von 891 Euro.

Die monatliche Grundrente erhöht sich für Schwerbeschädigte, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, bei einem Grad der Schädigungsfolgen

von 50 und 60um 35 Euro,
von 70 und 80um 43 Euro,
von mindestens 90um 53 Euro.

(2) Schwerbeschädigung liegt vor, wenn ein Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 50 festgestellt ist.

(3) Beschädigte, bei denen Blindheit als Folge einer Schädigung anerkannt ist, erhalten stets die Rente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100. Beschädigte mit Anspruch auf eine Pflegezulage gelten stets als Schwerbeschädigte. Sie erhalten mindestens eine Versorgung nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 50.

(4) Beschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100, die durch die anerkannten Schädigungsfolgen gesundheitlich außergewöhnlich betroffen sind, erhalten eine monatliche Schwerstbeschädigtenzulage, die in folgenden Stufen gewährt wird:

Stufe I103 Euro,
Stufe II212 Euro,
Stufe III316 Euro,
Stufe IV424 Euro,
Stufe V527 Euro,
Stufe VI636 Euro.


Die Bundesregierung wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung den Personenkreis, der durch seine Schädigungsfolgen außergewöhnlich betroffen ist, sowie seine Einordnung in die Stufen I bis VI näher zu bestimmen.

(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Dieser wird in Höhe der Grundrente nach § 31 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bundesversorgungsgesetzes gewährt. Wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Feststellung gestaffelt eingeschätzt, ist der Unfallausgleich in Höhe desjenigen Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu zahlen, der wenigstens sechs Monate Bestand hat.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieser individuellen Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall gemindert wurde. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden.

(3) Der Unfallausgleich wird neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Zu diesem Zweck ist der Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(4) Der Unfallausgleich wird auch während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewährt.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Dieser wird in Höhe der Grundrente nach § 31 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bundesversorgungsgesetzes gewährt. Wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Feststellung gestaffelt eingeschätzt, ist der Unfallausgleich in Höhe desjenigen Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu zahlen, der wenigstens sechs Monate Bestand hat.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieser individuellen Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall gemindert wurde. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden.

(3) Der Unfallausgleich wird neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Zu diesem Zweck ist der Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(4) Der Unfallausgleich wird auch während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewährt.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Klägers, der ausschließlich Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erhebt, hat Erfolg.

2

1. Zu Recht rügt der Kläger eine Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO, auf der das angegriffene Urteil beruhen kann.

3

Zwar hat der Kläger keinen nach § 86 Abs. 2 VwGO beachtlichen Beweisantrag gestellt, weil er die Vernehmung des Dr. F. im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht nur bedingt beantragt und sich im Übrigen auf schriftsätzliche Beweisanregungen beschränkt hat. Soweit diese aber auf eine interdisziplinäre gutachtliche Klärung der Auswirkungen der Multi- oder Polymorbidität auf die Berufsfähigkeit des Klägers abzielten und unter Hinweis auf entsprechende fachärztliche Stellungnahmen vom 20. März und vom 10. und 18. April 2006 geltend machten, die von den Vorinstanzen angenommene Fähigkeit des Klägers zur Teilzeittätigkeit als Aktengutachter sei jedenfalls bis Ende des Jahres 2003 entfallen, hätte sich dem Oberverwaltungsgericht eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen durch Einholen eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens aufdrängen müssen.

4

Nach § 86 Abs. 1 VwGO ist das Gericht verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären und die erforderlichen Beweise zu erheben. Erfordert die Tatsachenfeststellung besondere Sachkunde, darf ohne Zuziehung von Sachverständigen nur entschieden werden, wenn das Gericht nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen selbst über die nötige Sachkunde verfügt und dies für die Beteiligten nachvollziehbar darlegt (vgl. Beschlüsse vom 28. August 1995 - BVerwG 3 B 5.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 270 S. 16 und vom 13. Januar 2009 - BVerwG 9 B 64.08 - Buchholz a.a.O. Nr. 372 Rn. 6). Allerdings kann es im Verwaltungsverfahren eingeholte und von den Beteiligten vorgelegte Sachverständigengutachten im Wege des Urkundenbeweises verwerten. In diesem Fall ist es zum Einholen eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nur verpflichtet, wenn die vorgelegten Gutachten an offen erkennbaren Mängeln oder unlösbaren Widersprüchen leiden, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Beschlüsse vom 4. Dezember 1991 - BVerwG 2 B 135.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 238 S. 67 und vom 7. Juni 1995 - BVerwG 5 B 141.94 - Buchholz a.a.O. Nr. 268 S. 14). Ein Mangel in diesem Sinne liegt unter anderem vor, wenn die vorgelegten Gutachten im Hinblick auf die beweiserhebliche Frage unvollständig sind oder wenn ihre Ergebnisse durch neues beweiserhebliches Vorbringen eines Beteiligten ernsthaft erschüttert werden.

5

Nach diesen Kriterien hätte über die Frage, ob und in welchem Umfang die Fähigkeiten des Klägers zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit zur Einkommenserzielung, bei der die ärztliche Aus- und Weiterbildung ganz oder teilweise verwendet werden kann infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte im vom Oberverwaltungsgericht für maßgeblich gehaltenen Zeitraum vom 4. Dezember 2003 bis zum 1. Februar 2004 eingeschränkt waren, durch Einholen eines medizinischen Sachverständigengutachtens Beweis erhoben werden müssen, weil die im Verwaltungsverfahren eingeholten oder vorgelegten Gutachten sich zu diesen vom Berufungsgericht für entscheidungserheblich gehaltenen Tatsachen nicht äußerten. Sie gaben weder über das Eintreten einer Berufsfähigkeit des Klägers zu einem nach ihrer Erstellung liegenden Zeitpunkt Aufschluss, noch nahmen sie Stellung zur auch nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts entscheidungsrelevanten Frage möglicher Auswirkungen der Polymorbidität des Klägers auf seine Berufsfähigkeit.

6

Die Gutachten aus dem psychiatrischen Fachgebiet, in dem die weitestgehenden gesundheitlich bedingten Einschränkungen festgestellt wurden, datieren bereits von Juni und November 2002, also mehr als ein Jahr vor dem vom Oberverwaltungsgericht für maßgeblich gehaltenen Zeitraum vom 4. Dezember 2003 bis zum 1. Februar 2004. Zur Frage, ob die angenommene eingeschränkte Berufsfähigkeit des Klägers bis zum Ablauf dieses Zeitraums entfallen sein könnte, liegen keine Gutachten vor. Die angefochtene Entscheidung legt auch keine eigene fachärztliche Sachkunde des Oberverwaltungsgerichts dar, auf die sich dessen Annahme stützen könnte, die gutachtlichen Feststellungen träfen auch für den späteren, allein maßgeblichen Zeitraum noch zu. Dass die übrigen ärztlichen Atteste, Befundberichte und Stellungnahmen des Dr. G., des Dr. F. und des Dipl.-med. Z. diese Einschätzung tragen könnten, legt die vorinstanzliche Beweiswürdigung nicht dar. Es ergibt sich auch nicht aus den Unterlagen selbst. Die Stellungnahmen des Dr. F. vom 17. August 2005 und 18. April 2006 und des Dipl.-med. Z. vom 7. August 2005 enthalten vielmehr konkrete Hinweise auf eine stetige Verschlechterung und Chronifizierung der verschiedenen Erkrankungen sowie auf eine psychische Destabilisierung trotz fortgesetzter Therapien. Danach drängt sich die Frage auf, ob dieser Prozess bis zum 1. Februar 2004 so weit fortgeschritten war, dass er auch eine im Jahr zuvor noch für möglich gehaltene Teilzeittätigkeit des Klägers als Aktengutachter ausschloss. Dieser Frage hätte das Oberverwaltungsgericht durch Einholen eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens nachgehen müssen, da es die nach dem 1. Februar 2004 vorgelegten Belege nur für unergiebig oder nicht beweiskräftig, aber nicht für geeignet hielt, die Berufsfähigkeit im maßgeblichen Zeitraum positiv oder negativ zu klären. Soweit das Berufungsgericht meint, auf die bescheinigten Verschlechterungen des Krankheitsbildes komme es nicht an, übersieht es, dass eine Verschlechterung im Zeitraum von 2002/03 bis zum 1. Februar 2004 nach seinen materiell-rechtlichen Annahmen durchaus entscheidungserheblich war.

7

Darüber hinaus musste sich dem Oberverwaltungsgericht eine sachverständige Klärung der fachärztlich-interdisziplinären Gesamtbewertung der Wechselwirkungen psychischer und physischer Erkrankungen aufdrängen. Eine solche Wechselwirkung ergab sich nicht erst aus den zuletzt vorgelegten Attesten wie dem fachärztlichen Befundbericht des Dipl.-med. Z. vom 20. März 2006, sondern bereits aus der internistischen Stellungnahme des Dr. G. vom 6. November 2003, der Krankheitsbilder anderer Fachrichtungen auflistete und darauf hinwies, keine diese Disziplinen einbeziehende Beurteilung abgeben zu können. Auf eine relevante Wechselwirkung deutete auch die Stellungnahme Dr. F. vom 17. August 2005 hin, nach der die Schmerzchronifizierung mit einer psychischen Destabilisierung einherging.

8

Die fachärztlich-psychiatrischen Gutachten vom 30. November 2002/25. Februar 2003 sowie vom 24. Juni 2003 und das fachärztlich-orthopädische Gutachten vom 22. September 2003 klären die Wechselwirkungen der verschiedenen Erkrankungen und die Folgen der Polymorbidität für die Berufsfähigkeit des Klägers nicht, sondern beschränken sich - dem jeweiligen Gutachtenauftrag entsprechend - jeweils auf ein Fachgebiet. Dies erklärt ihre erheblich voneinander abweichenden Einschätzungen, nach denen der Kläger - aus orthopädischer Sicht - im September 2003 noch vollschichtig aufsichtsführend tätig sein konnte, während ihm aus psychiatrischer Sicht bereits im Juni 2003 nur noch eine Teilzeitbeschäftigung von fünf Stunden täglich möglich war. Ob der Kläger aus psychiatrischer Sicht eine aufsichtsführende Tätigkeit hätte ausführen können, oder ob er aus orthopädischer Sicht zu einer trotz der psychischen Erkrankung für möglich gehaltenen Erwerbstätigkeit als Aktengutachter in der Lage gewesen wäre, wurde nicht gutachtlich geklärt.

9

Die erforderliche Beweiserhebung durfte auch nicht schon deshalb unterbleiben, weil der Kläger sich nicht der in einem Gutachten angeregten stationären psychiatrischen Behandlung unterzog. Soweit das angegriffene Urteil in der Beweiswürdigung hierauf Bezug nimmt, übersieht es, dass nach seinen eigenen Ausführungen zu § 10 Abs. 1 Satz 1 der Versorgungssatzung jedenfalls zu klären war, ob bis zum möglichen Erfolg der vorgeschlagenen stationären psychosomatischen Rehabilitation - deren Geeignetheit vorausgesetzt - eine zumindest vorübergehende Berufsunfähigkeit vorlag (§ 10 Abs. 3 Satz 2 der Versorgungssatzung).

10

Auf die Frage, inwieweit neben der Verletzung der Aufklärungspflicht auch die gleichzeitig gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs vorliegt, kommt es danach nicht mehr an.

11

Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der Möglichkeit der Aufhebung der Entscheidung und der Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht Gebrauch (§ 133 Abs. 6 VwGO).

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

Gründe

I.

1

Rechtsvorgänger der Klägerin betrieben seit Mitte der 1960er Jahre auf dem Grundstück ... der Gemarkung A. eine bauaufsichtlich genehmigte Legehennenstallanlage (insgesamt 5 Ställe - Farm A.); deren Anzeige nach § 67 Abs. 2 BImSchG erfolgte im Juli 1975. Mit der Übernahme der Anlage durch die - später lediglich umfirmierte - Klägerin im Mai 2002 sind die letzten Legehennen ausgestallt worden; zugleich wurde dem Landratsamt die beabsichtigte Umnutzung der Legehennenanlage zur Entenaufzucht und Entenmast (mit jeweils 24 000 Tiereinheiten) gemäß § 15 BImSchG angezeigt. Das Landratsamt verwies hierzu mit Schreiben vom 23. Mai 2002 darauf, dass die Umnutzung der Hühnerfarm keine wesentliche genehmigungspflichtige Änderung im Sinne von § 16 BImSchG darstelle, infolge der Nutzungsänderung sei aber eine bauaufsichtliche Genehmigung erforderlich. Diese erteilte das Landratsamt der Klägerin mit Bescheid vom 10. Dezember 2004. Hiergegen erhoben die Beigeladenen, Eigentümer umliegender, zum Gemüseanbau und zu Wohnzwecken genutzter Grundstücke, Widerspruch und im Weiteren - nach zuvor zum Teil erfolgreichen Anträgen auf vorläufigen Rechtschutz - Klage; dieses Verfahren ist vor dem Verwaltungsgericht noch anhängig.

2

Im April 2005 und 2006 beantragte die Klägerin angesichts der aufgetretenen Verzögerungen im bauaufsichtlichen Verfahren die Verlängerung der immissionsschutzrechtlichen Rechtsposition gemäß § 18 Abs. 3 BImSchG um jeweils ein Jahr. Das Landratsamt lehnte die Verlängerungsanträge mit der Begründung ab, dass § 18 Abs. 3 BImSchG auf nach § 67 BImSchG übergeleitete Anlagen nicht anwendbar sei.

3

Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof den Beklagten unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verpflichtet, die der Klägerin durch § 67 Abs. 2 und § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG vermittelte immissionsschutzrechtliche Rechtsposition mit einer sechsmonatigen Umsetzungsfrist zu verlängern. § 18 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 BImSchG fänden auch auf übergeleitete Altanlagen Anwendung. Die Ermessensentscheidung über die Fristverlängerung sei auf Null reduziert, wenn das Landratsamt zuvor bereits eine Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG sowie die erforderliche Baugenehmigung für die Umnutzung der Hühnerfarm zur Entenaufzucht und Entenmast erteilt habe.

4

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Beigeladenen.

II.

5

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

6

1. Die von den Beigeladenen als klärungsbedürftig aufgeworfene Frage (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO),

ob § 18 Abs. 3 BImSchG auch auf nur übergeleitete Altanlagen im Sinne des § 67 BImSchG anwendbar ist,

rechtfertigt nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Sie lässt sich anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Verlängerungsfähigkeit einer genehmigungsersetzenden Anzeige nach § 67a BImSchG ohne Weiteres im Sinne des vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen Rechtsstandpunktes beantworten. Nach der Rechtsprechung des Senats sind § 18 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 BImSchG auf nach § 67a BImSchG angezeigte Anlagen entsprechend anwendbar (Urteil vom 25. August 2005 - BVerwG 7 C 25.04 - BVerwGE 124, 156 <159, 162> = Buchholz 406.25 § 18 BImSchG Nr. 3). Auf einen vor Ablauf der Dreijahresfrist gestellten Antrag nach § 18 Abs. 3 BImSchG kann die Frist auch nachträglich noch verlängert werden. Diese Rechtsprechung ist auf gemäß § 67 Abs. 2 BImSchG angezeigte Anlagen übertragbar.

7

Die Anzeigepflicht nach § 67a Abs. 1 BImSchG ist der Regelung des § 67 Abs. 2 BImSchG nachgebildet und leitet bereits bestehende (ggf. lediglich bauaufsichtlich genehmigte) Anlagen in das Immissionsschutzrecht über (Führ, in: Koch/Scheuing, GK-BImSchG, § 67a Rn. 2, 17). Von § 67a BImSchG erfasste Anlagen (auf dem Gebiet der ehemaligen DDR) weisen damit dieselbe Rechtsstellung auf wie unter § 67 Abs. 2 BImSchG fallende Anlagen, die mit Inkrafttreten der 4. BImSchV genehmigungsbedürftig geworden sind (Hansmann, in: Landmann/Rohmer, BImSchG, § 67a Rn. 7). Angesichts der Identität der Rechtsfolgen im Hinblick auf die genehmigungsersetzende Wirkung der Anzeige ist nicht nur für den Fall der Überleitungsregelung des § 67a Abs. 1 BImSchG, sondern auch für die Übergangsvorschrift des § 67 Abs. 2 BImSchG von einer entsprechenden Anwendbarkeit der § 18 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 BImSchG auszugehen.

8

2. Die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) genügt nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Danach ist der Zulassungsgrund der Divergenz nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz in Ansehung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die Beschwerde muss daher die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen. Diese Voraussetzung erfüllt die vorliegende Beschwerdebegründung im Hinblick auf die beiden benannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 1972 - BVerwG 5 C 23.71 - und vom 14. November 2001 - BVerwG 11 A 31.00 - nicht. Sie hält dem Verwaltungsgerichtshof vielmehr eine nach ihrer Ansicht unrichtige Auslegung des Verlängerungsantrags und eine fehlerhafte Ermessensreduzierung auf Null vor. Ein Anwendungsfehler ist indessen keine Divergenz im Sinne des Revisionszulassungsrechts. Mit Angriffen gegen die vorinstanzliche Tatsachenwürdigung und Rechtsanwendung im Einzelfall lässt sich ein abstrakter Rechtssatzwiderspruch nicht belegen (stRspr, vgl. Beschluss vom 13. Juli 1999 - BVerwG 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9).

9

3. Ebenso wenig ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen ein für das angefochtene Urteil erheblicher Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

10

Die Beschwerde sieht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) darin, dass das Berufungsgericht in seinem Urteil in eigener Bewertung der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lichtbilder über den baulichen Zustand der Gebäude der Legehennenanlage davon ausgegangen sei, dass deren Substanz nachgebessert werden könne und keine völlige Neuerrichtung erfordere. Darin liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör oder - naheliegender - des Grundsatzes der freien Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Der bauliche Zustand der mehr als 40 Jahre alten Gebäude der Anlage war den Beteiligten über die Dauer des Verfahrens hinweg ebenso bekannt wie die Notwendigkeit deren baulicher Umgestaltung für die künftige Nutzung zur Entenaufzucht und Entenmast. Auch die entsprechende Baugenehmigung aus dem Jahr 2004, die die Beigeladenen zum Gegenstand der vor dem Verwaltungsgericht noch anhängigen Klage gemacht haben, geht von einer Weiternutzung vorhandener Gebäude als Vor- und Endmastställe aus und hat daher nur eine "Fassadenänderung und Umnutzung" zum Gegenstand. Wenn hiervon auch das Berufungsgericht in seinen Entscheidungsgründen ausgeht, ist dies verfahrensrechtlich unter den genannten Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.

11

Dasselbe gilt, soweit die Beschwerde meint, das Berufungsgericht hätte ohne ausreichenden gerichtlichen Hinweis den Beigeladenen und dem Beklagten die Verpflichtung zur Vorlage weiterer Beweise im Hinblick auf von der Anlage ausgehende Immissionsbelastungen und auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 18 Abs. 3 BImSchG nicht auferlegen bzw. sie insoweit nicht als darlegungspflichtig ansehen dürfen. Derartiges ist den zitierten Passagen des angegriffenen Urteils nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat bei Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes sowie der Gefährdung des Gesetzeszwecks im Sinne von § 18 Abs. 3 BImSchG abstellend auf das Parteivorbringen nur die Notwendigkeit einer weiteren gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung mangels entsprechender Anhaltspunkte oder substantiierten Vorbringens der Beigeladenen und des Beklagten sowie angesichts der Möglichkeit nachträglicher Anordnungen gemäß § 17 BImSchG auch für übergeleitete Altanlagen nicht für erforderlich gehalten. Dass Defizite auf der Immissionsseite bei Wiederinbetriebnahme der Anlage ggf. durch nachträgliche Anordnungen bereinigt werden können, war seitens der Klägerin im Berufungsverfahren wiederholt eingewendet worden und für die Beigeladenen damit kein neuer Umstand, auf den das Gericht hätte hinweisen müssen.

12

Auch eine Verletzung des § 88 VwGO, nämlich der Bindung des Gerichts an das Klagebegehren scheidet aus; entgegen der Ansicht der Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof der Klägerin nicht mehr als tatsächlich beantragt zuerkannt. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof genau den Antrag gestellt, dem das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil stattgegeben hat. Schon aus diesem Grund scheidet ein Verstoß gegen § 88 VwGO aus.

13

Dass dieser umformulierte Antrag vom Verwaltungsgerichtshof nicht als Klageänderung angesehen und deshalb nicht an § 91 VwGO gemessen wurde, greift die Beschwerde nicht an. Im Übrigen hat das Berufungsgericht im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen es die jetzige Antragsformulierung als unveränderte Wiedergabe des von vornherein erkennbaren gleichgebliebenen Antragsbegehrens ansieht (vgl. UA Rn. 20 f.). Dass darin ein Verstoß gegen allgemeine Auslegungsgrundsätze liegen könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.