Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Okt. 2016 - M 9 S 16.50785
Gericht
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage
II.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Überstellung in die Schweiz im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.
Der Antragsteller ist (alles nach eigenen Angaben) Staatsangehöriger von Sierra Leone mit der Volkszugehörigkeit der Limba und geboren am ... 1999. Mit dem Formblatt (Bl. 2 der vorgelegten Bundesamtsakte mit dem Az.: ...; für den Antragsteller wurden 2 Bundesamtsakten vorgelegt, die mit dem soeben genannten Aktenzeichen und eine weitere unter dem Az.: ...; soweit nicht besonders gekennzeichnet, ist bei Bezugnahmen die zuerst genannte, umfangreichere Bundesamtsakte gemeint) „Meldung Aufgriffsfall gemäß EU (VO) Nr. 604/2013“ wurde von der Bundespolizeiinspektion ... unter dem Aufgriffsdatum ... Mai 2016 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) der Aufgriff des Antragstellers gemeldet. Im Formular ist als Geburtsdatum der ... 1999 eingetragen. Beigefügt ist (Bl. 3 der Bundesamtsakten) ein Übergabebericht Jugendamt ebenfalls vom ... Mai 2016, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller im Anschluss an die Aufgriffsaufnahme dem Jugendamt ... übergeben wurde, von diesem wiederum wurde er im Jugendhilfswerk „...“ in ... untergebracht. Begründet wurde die Übergabe an das Jugendamt im Bericht der Bundespolizeiinspektion folgendermaßen: „Da der D. noch Jugendlicher ist, wird er dem Jugendamt ...,,Haus ...‘ überstellt“.
Für den Antragsteller folgt aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang ein EURODAC-Treffer für die Schweiz (CH...; Bl. 5 der Bundesamtsakten).
In den vom Bundesamt vorgelegten Akten wird der Antragsteller wechselnd als am ... 1999 bzw. ... 1998 geboren geführt, wobei aus den Akten nicht hervorgeht, woher das Geburtsdatum ... 1998 stammt, wohingegen das Datum ... 1999 aus der Aufgriffsmeldung der Bundespolizeiinspektion ... herrührt.
Am
Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom
Die Bundesamtsakte enthält ein Schreiben der Stadt ...
Mit Bescheid vom ... September 2016 ordnete das Bundesamt die Abschiebung in die Schweiz an (Nr. 1). Die Nr. 2 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.
Mit Begleitschreiben vom
Der Antragsteller ließ hiergegen mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten ebenfalls vom
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom ... September 2016 hinsichtlich der Androhung (sic!) der Abschiebung anzuordnen.
Mit Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 10. Oktober, auf den Bezug genommen wird, wurden Klage und Antrag begründet.
Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren und der Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat Erfolg.
Der Antrag ist sachdienlich dahin auszulegen, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Abschiebungsanordnung begehrt wird und nicht, wie der Bevollmächtigte des Antragstellers unzutreffend beantragt hat, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Abschiebungsandrohung; durch die Bezugnahme auf den streitgegenständlichen Bescheid ist ausreichend klar, was gemeint sein soll, da dieser Bescheid eben nur eine Abschiebungsanordnung, aber keine Abschiebungsandrohung enthält.
Der Antrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG zulässig, insbesondere rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG) bei Gericht gestellt worden.
2. Der Antrag ist auch begründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage im Fall des hier einschlägigen gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG) ganz oder teilweise anordnen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob die Interessen, die für einen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten oder die, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen (beispielsweise BVerwG, B. v.
Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG kommt es für den vorliegenden Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, der ohne mündliche Verhandlung ergeht, maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung an.
Nach derzeitiger Sach- und Rechtslage wird die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsanordnung voraussichtlich Erfolg haben. Damit überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin.
Die Klage ist voraussichtlich begründet, da das Bundesamt nach der Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt zu Unrecht die Abschiebung in die Schweiz angeordnet hat.
1.1. Zwar bestehen keinerlei Zweifel daran, dass das Asylsystem in der Schweiz den anzulegenden Maßstäben gerecht wird. In der Schweiz sind keine sog. systemischen Mängel des Asylverfahrens vorhanden (vgl. nur VG Hannover, B. v.
1.2. Allerdings ist die Annahme der Antragsgegnerin im Bescheid vom ... September 2016, wonach die Schweiz gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO für die Bearbeitung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, voraussichtlich falsch. Daher fehlt es nach jetzigem Stand folgerichtig auch am Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 a Abs. 1 AsylG, da die Abschiebung in die Schweiz aus Rechtsgründen nicht durchgeführt werden kann.
Im Fall des Antragstellers ist voraussichtlich die Antragsgegnerin aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist vorliegend die am
Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Die Zuständigkeitskriterien kommen dabei gemäß Art. 7 Abs. 1 Dublin III-VO in der in dem Kapitel III genannten Rangfolge zur Anwendung.
Zwar ergibt sich hier grundsätzlich eine Zuständigkeit der Schweiz aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO, da der Antragsteller über die Schweiz in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Im Fall des Antragstellers kommt jedoch die gegenüber Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO vorrangige Zuständigkeitsbestimmung des Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO zum Tragen.
Diese Vorschrift enthält besondere Zuständigkeitsbestimmungen für Asylanträge von unbegleiteten Minderjährigen. Nach der Begriffsdefinition in Art. 2 j) Dublin III-VO sind als unbegleitete Minderjährige Personen unter 18 Jahren zu verstehen sind, die ohne Begleitung eines für sie nach dem Gesetz oder dem Gewohnheitsrecht verantwortlichen Erwachsenen in einen Mitgliedstaat einreisen, solange sie sich nicht tatsächlich in der Obhut eines solchen Erwachsenen befinden.
Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO bestimmt, dass bei unbegleiteten Minderjährigen der Mitgliedstaat, in dem sich ein Familienangehöriger oder eines der Geschwister des Asylsuchenden rechtmäßig aufhält, für die Prüfung seines Asylantrags zuständig ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ist kein Familienangehöriger anwesend, so ist nach Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Minderjährige seinen Asylantrag gestellt hat.
Im Fall des Antragstellers sind die Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO erfüllt.
a) Derzeit ist davon auszugehen, dass der Antragsteller im maßgeblichen Zeitpunkt der Asylantragstellung unbegleiteter Minderjähriger im vorgenannten Sinne war (und immer noch ist).
Seinem eigenen Vortrag nach ist der Antragsteller am ... 1999 geboren und war damit sowohl bei seiner Antragstellung in der Schweiz als auch bei seiner Antragstellung in Deutschland noch minderjährig. Bei seiner Ankunft im Bundesgebiet bzw. bei seinem ersten Kontakt mit Behördenvertretern hier hat er ausweislich der Niederschrift der Bundespolizeiinspektion ... vom ... Mai 2016 den ... 1999 als sein Geburtsdatum angegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass und warum dieses Geburtsdatum sicher falsch sein sollte. Daher ist dieses Datum zunächst zugrunde zu legen.
Die dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel geben weder Anlass, Grund noch auch nur nachvollziehbare Anhaltspunkte, an der Altersangabe des Antragstellers durchgreifende Zweifel zu hegen.
Aus der vorgelegten Behördenakte geht nicht nachvollziehbar hervor, auf welchen tatsächlichen Anhaltspunkten die von den Angaben des Antragstellers abweichende Altersfeststellung durch das Bundesamt beruht.
Aus dem vorgelegten Bundesamtsvorgang ergibt sich lediglich, dass erstens als Geburtsdatum des Antragstellers abwechselnd einerseits der ... 1999, andererseits der ... 1998 aufgenommen wurde. Woher das Datum ... 1998 überhaupt stammt - wie oben ausgeführt ist der Antragsteller zunächst mit Geburtsdatum ... 1999 erfasst und anschließend konsequenterweise auch als Minderjähriger behandelt worden -, ist nicht nachvollziehbar.
Zweitens ergibt sich aus dem Vorgang, dass das Jugendamt der Stadt ... mit Schreiben vom
Weiterhin ist auf die Vorschrift des § 42f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII hinzuweisen. Danach hat das Jugendamt auf Antrag des Betroffenen oder seines Vertreters oder von Amts wegen in Zweifelsfällen eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung zu veranlassen. Ob das hier vom zuständigen Jugendamt veranlasst worden ist, ist ebenso vollkommen unklar; von einem Zweifelsfall und infolgedessen einer Untersuchungspflicht von Amts wegen dürfte nach Aktenlage jedenfalls auszugehen sein, aber auch dazu fehlt jegliche Angabe in den Behördenakten, ebenso wenig hat das Bundesamt hierzu Stellung genommen.
Weiterer Vortrag seitens der Antragsgegnerin zum Alter des Antragstellers und insbesondere dazu, worauf es beruhen soll, dass das Bundesamt vom Geburtsdatum ... 1998 ausgeht, erfolgte bisher während des gerichtlichen Verfahrens nicht. Ob ein nicht aussagekräftiges bzw. nicht gesichertes Datum in z. B. Aufenthaltsgestattungen oder in Formulare u.ä. geschrieben wird, ist unerheblich.
Nach alledem ist aufgrund der dargelegten Umstände aktuell davon auszugehen, dass der Antragsteller minderjährig ist. Darüber hinaus ist auch aus jetziger Sicht bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage davon auszugehen, dass diese Erfolg haben wird. Insofern könnte die Antragsgegnerin zwar noch reagieren, als sie beispielsweise die Unterlagen vorlegen könnte, die Aufschluss darüber geben, welche tatsächlichen Umstände das Jugendamt ... dazu bewogen haben, den Antragsteller für volljährig zu halten. Oder die Antragsgegnerin könnte den Antragsteller zur Altersbestimmung ärztlich untersuchen lassen und das Ergebnis vorlegen. Bislang ist in diese Richtung allerdings nichts geschehen. Bleibt das so, wird auch in der Hauptsacheklage von der Minderjährigkeit des Antragstellers zum maßgeblichen Zeitpunkt der Asylantragstellung auszugehen sein. Es ist nicht Sache des Gerichts, sondern des dafür zuständigen Bundesamts, bei Vorliegen eines Zweifelsfalles das Alter eines Asylantragstellers festzustellen. Erfolgt das nicht, mit der Folge, dass die Zweifel bestehen bleiben, gilt als Rechtsfolge, dass von einer Minderjährigkeit auszugehen ist. Der deutsche Gesetzgeber hat es unterlassen, im Rahmen der Regelung des § 42f SGB VIII über das behördliche Verfahren zur Altersfeststellung eine Regelung dahingehend aufzunehmen, wie in den Fällen zu entscheiden ist, in denen das tatsächliche Alter auch nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten unklar bleibt. Diesem Fall steht der Fall gleich, dass die zuständigen Behörden es trotz in der Sache offensichtlicher Notwendigkeit versäumen, von bestehenden Erkenntnismöglichkeiten und den dazugehörigen Befugnissen Gebrauch zu machen; denn auch in diesem Fall bedarf es letztlich einer Regelung, wie damit umzugehen ist. Die Rechtsfolge der - bei bestehen bleibenden Zweifeln - Annahme der Minderjährigkeit ergibt sich auch außerhalb des Anwendungsbereichs der Regelungen des SGB VIII; dort gilt nach den allgemeinen Grundsätzen der materiellen Beweis- bzw. Feststellungslast unter Berücksichtigung des anzuwendenden materiellen Rechts, dass bei Nichtauflösbarkeit bestehender Zweifel die Antragsgegnerin die Folgen der Nichterweislichkeit trägt. Denn der nationale Gesetzgeber ist insofern durch Art. 25 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU, die seit dem 21. Juli 2015 in Kraft ist, gebunden. Nach Satz 1 dieser Norm können die Mitgliedstaaten im Rahmen der Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz ärztliche Untersuchungen des Alters unbegleiteter Minderjähriger durchführen lassen, wenn aufgrund allgemeiner Aussagen oder anderer einschlägiger Hinweise Zweifel bezüglich des Alters des Antragstellers bestehen. Nach Satz 2 der Norm gehen die Mitgliedstaaten, wenn diese Zweifel bezüglich des Alters des Antragstellers danach fortbestehen, davon aus, dass der Antragsteller minderjährig ist. Die Anwendung dieser Regelung auf Fälle wie den vorliegenden ist auch angemessen, da es sich für das Bundesamt im Falle des Antragstellers geradezu aufdrängt, bei diesem durch eine ärztliche Untersuchung den Versuch zu unternehmen, sein Alter zu bestimmen.
b) Zum maßgeblichen Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung hielt sich auch kein Familienangehöriger des Antragstellers rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates auf.
c) Liegen die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 Dublin III-VO für eine Zuständigkeit nicht vor, so ist nach der subsidiären Regelung in Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Minderjährige seinen Asylantrag gestellt hat. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat die Vorgängervorschrift zu Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO in einem Fall, in dem Minderjährige in mehreren Mitgliedstaaten Asylanträge gestellt hatten, über die noch nicht entschieden war (konkurrierende Asylanträge), dahingehend ausgelegt, dass der Mitgliedstaat zuständig ist, in dem sich der Minderjährige aufhält, nachdem er dort einen Asylantrag gestellt hat (vgl. EuGH, U. v.06.06.2013 - C-648/11 -, juris). Dieser Entscheidung liegt zentral zugrunde, dass aufgrund von Art. 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Minderjährigen, die in keinem EU-Mitgliedstaat Angehörige haben, besonderer Schutz zukommt. Dieser gebietet es, sie bei einer Asylantragstellung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union grundsätzlich nicht in einen anderen EU-Mitgliedstaat zu überstellen, weil - jedenfalls solange ein in einem anderen EU-Staat gestellter Asylantrag noch nicht beschieden wurde - regelmäßig der EU-Staat zuständiger Staat im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Dublin II-VO ist, in dem er einen Asylantrag gestellt hat und sich tatsächlich aufhält, ohne dass es auf die vorherige Asylantragstellung in dem anderen EU-Staat ankommt (vgl. auch VG Trier, U. v.
d) Hiervon ausgehend obliegt die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers der Bundesrepublik Deutschland als dem Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller seinen Asylantrag gestellt hat und in dem er sich seitdem aufhält, ohne dass es hier auf die vorherige Antragstellung in der Schweiz ankommt. Denn es ist davon auszugehen, dass es dem Kindeswohl entspricht, dem Antragsteller einen raschen und effektiven Zugang zu dem Verfahren zur Gewährung des internationalen Schutzes zu gewährleisten und ihn nicht unbegleitet auf einen anderen Mitgliedstaat zu verweisen. Des Weiteren ist auch nicht ersichtlich, dass das Asylbegehren des Antragstellers in der Schweiz bereits abgelehnt bzw. überhaupt entschieden worden ist.
e) Der Zuständigkeit Deutschlands zur Prüfung des Asylantrags des Antragstellers steht auch nicht die Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch die Schweiz mit Schreiben vom 29. Juni 2016 entgegen. Die Annahme eines (Wieder-) Aufnahmeersuchens verpflichtet den ersuchten Mitgliedstaat zwar gemäß Art. 18 bzw. Art. 20 Abs. 1 d) Dublin III-VO zur (Wieder-) Aufnahme des Asylsuchenden, führt jedoch nach dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen nicht zu einem Zuständigkeitswechsel (vgl. BVerwG, U. v.
f) Die Zustimmung der Schweiz beinhaltet schließlich auch keine zuständigkeitsbegründende Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 der Dublin III-VO. Der Dublin III-VO lässt sich eine Unterscheidung zwischen den (originären) Zuständigkeitskriterien im Kapitel III, dem (fakultativen) Selbsteintrittsrecht der Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 2 und Art. 17 Dublin III-VO und dem in Kapitel V geregelten (Wieder-) Aufnahmeverfahren entnehmen. Mit der ausdrücklich auf Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-VO gestützten Annahme des Wiederaufnahmeersuchens hat die Schweiz vorliegend lediglich ihre Bereitschaft erklärt, den Antragsteller wieder aufzunehmen. Eine Entscheidung, den Asylantrag des Antragstellers - unabhängig von den in der Dublin III-VO niedergelegten Zuständigkeitskriterien - im Wege des Selbsteintritts zu prüfen, ist dem - ungeachtet der Frage, ob ein solcher Selbsteintritt überhaupt zulässig wäre - nicht zu entnehmen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine konkludente Ausübung des Selbsteintrittsrechts vor. Hierfür genügen reine Verfahrenshandlungen regelmäßig nicht (vgl. BVerwG, U. v.
g) Der Antragsteller hat auch einen subjektiven Anspruch darauf, dass sein Asylantrag in Deutschland geprüft wird.
Der Unionsgesetzgeber hat zur zügigen Bearbeitung von Asylanträgen in der Dublin III-VO organisatorische Vorschriften für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats festgelegt. Diese sind individualschützend, wenn sie nicht nur die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln, sondern (auch) dem Grundrechtsschutz dienen. Ist dies der Fall, hat der Asylsuchende ein subjektives Recht auf Prüfung seines Asylantrags durch den danach zuständigen Mitgliedstaat und kann eine hiermit nicht im Einklang stehende Entscheidung des Bundesamts erfolgreich angreifen (vgl. BVerwG, U. v.
1.3. Darauf, dass die weitere Begründung des Bevollmächtigten des Antragstellers zu Art. 5 Dublin III-VO nicht trägt, da ein persönliches Gespräch ja durchgeführt wurde (zunächst am
3. Nach alledem ist dem Antrag stattzugeben. Die Kosten sind der Antragsgegnerin aufzuerlegen, § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Behörden dürfen unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 die auf dem elektronischen Speicher- und Verarbeitungsmedium eines Dokuments nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 und 2 gespeicherten biometrischen und sonstigen Daten auslesen, die benötigten biometrischen Daten beim Inhaber des Dokuments erheben und die biometrischen Daten miteinander vergleichen. Darüber hinaus sind auch alle anderen Behörden, an die Daten aus dem Ausländerzentralregister nach den §§ 15 bis 20 des AZR-Gesetzes übermittelt werden, und die Meldebehörden befugt, Maßnahmen nach Satz 1 zu treffen, soweit sie die Echtheit des Dokuments oder die Identität des Inhabers überprüfen dürfen. Biometrische Daten nach Satz 1 sind nur die Fingerabdrücke und das Lichtbild.
(2) Jeder Ausländer ist verpflichtet, gegenüber den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden auf Verlangen die erforderlichen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und Staatsangehörigkeit zu machen und die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder vermutlich besitzt, geforderten und mit dem deutschen Recht in Einklang stehenden Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben.
(3) Bestehen Zweifel über die Person, das Lebensalter oder die Staatsangehörigkeit des Ausländers, so sind die zur Feststellung seiner Identität, seines Lebensalters oder seiner Staatsangehörigkeit erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn
- 1.
dem Ausländer die Einreise erlaubt, ein Aufenthaltstitel erteilt oder die Abschiebung ausgesetzt werden soll oder - 2.
es zur Durchführung anderer Maßnahmen nach diesem Gesetz erforderlich ist.
(4) Die Identität eines Ausländers ist durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern, wenn eine Verteilung gemäß § 15a stattfindet.
(4a) Die Identität eines Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 beantragt und der das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern. Bei Ausländern nach Satz 1, die das sechste, aber noch nicht das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, soll die Identität durch erkennungsdienstliche Maßnahmen gesichert werden.
(5) Zur Feststellung und Sicherung der Identität sollen die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden,
- 1.
wenn der Ausländer mit einem gefälschten oder verfälschten Pass oder Passersatz einreisen will oder eingereist ist; - 2.
wenn sonstige Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Ausländer nach einer Zurückweisung oder Beendigung des Aufenthalts erneut unerlaubt ins Bundesgebiet einreisen will; - 3.
bei Ausländern, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, sofern die Zurückschiebung oder Abschiebung in Betracht kommt; - 4.
wenn der Ausländer in einen in § 26a Abs. 2 des Asylgesetzes genannten Drittstaat zurückgewiesen oder zurückgeschoben wird; - 5.
bei der Beantragung eines nationalen Visums; - 6.
bei Ausländern, die für ein Aufnahmeverfahren nach § 23, für die Gewährung von vorübergehendem Schutz nach § 24 oder für ein Umverteilungsverfahren auf Grund von Maßnahmen nach Artikel 78 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgeschlagen und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in die Prüfung über die Erteilung einer Aufnahmezusage einbezogen wurden, sowie in den Fällen des § 29 Absatz 3; - 7.
wenn ein Versagungsgrund nach § 5 Abs. 4 festgestellt worden ist.
(6) Maßnahmen im Sinne der Absätze 3 bis 5 mit Ausnahme des Absatzes 5 Nr. 5 sind das Aufnehmen von Lichtbildern, das Abnehmen von Fingerabdrücken sowie Messungen und ähnliche Maßnahmen, einschließlich körperlicher Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zum Zweck der Feststellung des Alters vorgenommen werden, wenn kein Nachteil für die Gesundheit des Ausländers zu befürchten ist. Die Maßnahmen sind zulässig bei Ausländern, die das sechste Lebensjahr vollendet haben. Zur Feststellung der Identität sind diese Maßnahmen nur zulässig, wenn die Identität in anderer Weise, insbesondere durch Anfragen bei anderen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann.
(6a) Maßnahmen im Sinne des Absatzes 5 Nr. 5 sind das Aufnehmen von Lichtbildern und das Abnehmen von Fingerabdrücken.
(7) Zur Bestimmung des Herkunftsstaates oder der Herkunftsregion des Ausländers kann das gesprochene Wort des Ausländers auf Ton- oder Datenträger aufgezeichnet werden. Diese Erhebung darf nur erfolgen, wenn der Ausländer vorher darüber in Kenntnis gesetzt wurde.
(8) Die Identität eines Ausländers, der in Verbindung mit der unerlaubten Einreise aufgegriffen und nicht zurückgewiesen wird, ist durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern. Nach Satz 1 dürfen nur Lichtbilder und Abdrucke aller zehn Finger aufgenommen werden. Die Identität eines Ausländers, der das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist unter den Voraussetzungen des Satzes 1 nur durch das Aufnehmen eines Lichtbildes zu sichern.
(9) Die Identität eines Ausländers, der sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhält, ist durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern. Nach Satz 1 dürfen nur Lichtbilder und Abdrucke aller zehn Finger aufgenommen werden. Die Identität eines Ausländers, der das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist unter den Voraussetzungen des Satzes 1 nur durch das Aufnehmen eines Lichtbildes zu sichern.
(10) Der Ausländer hat die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 3 bis 9 zu dulden.
(1) Das Jugendamt hat im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme der ausländischen Person gemäß § 42a deren Minderjährigkeit durch Einsichtnahme in deren Ausweispapiere festzustellen oder hilfsweise mittels einer qualifizierten Inaugenscheinnahme einzuschätzen und festzustellen. § 8 Absatz 1 und § 42 Absatz 2 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.
(2) Auf Antrag des Betroffenen oder seines Vertreters oder von Amts wegen hat das Jugendamt in Zweifelsfällen eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung zu veranlassen. Ist eine ärztliche Untersuchung durchzuführen, ist die betroffene Person durch das Jugendamt umfassend über die Untersuchungsmethode und über die möglichen Folgen der Altersbestimmung aufzuklären. Ist die ärztliche Untersuchung von Amts wegen durchzuführen, ist die betroffene Person zusätzlich über die Folgen einer Weigerung, sich der ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, aufzuklären; die Untersuchung darf nur mit Einwilligung der betroffenen Person und ihres Vertreters durchgeführt werden. Die §§ 60, 62 und 65 bis 67 des Ersten Buches sind entsprechend anzuwenden.
(3) Widerspruch und Klage gegen die Entscheidung des Jugendamts, aufgrund der Altersfeststellung nach dieser Vorschrift die vorläufige Inobhutnahme nach § 42a oder die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 abzulehnen oder zu beenden, haben keine aufschiebende Wirkung. Landesrecht kann bestimmen, dass gegen diese Entscheidung Klage ohne Nachprüfung in einem Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung erhoben werden kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.