Verwaltungsgericht München Beschluss, 30. Okt. 2014 - M 8 SN 14.2427

bei uns veröffentlicht am30.10.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 25. März 2014 (M 8 K 14.1266) gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom ... März 2014 (Az. ...) wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. ... der Gemarkung ..., ...str. 66, das mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut ist und an der Ecke ...-/...straße liegt. Mit ihrer in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage (M 8 K 14.1266) wendet sich die Antragstellerin gegen eine von der Antragsgegnerin der Beigeladenen unter dem ... März 2014 erteilte Baugenehmigung für den Neubau des Umspannwerks ... auf dem nördlich angrenzenden Grundstück FlNr. ..., ...sstr. 68 - 74. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... der Antragsgegnerin für den Bereich ...straße, ...platz, ...- und ...straße vom ... April 1966. Dieser setzt für den Bereich des Vorhabengrundstücks in § 1 Abs. 3 Satz 1 eine Versorgungsfläche (Elektrizität) als Sondergebiet i. S. von §§ 1 Abs. 2 Nr. 4b, 11 BauNVO 1962 und für das Grundstück der Antragstellerin ein Kerngebiet i. S. von § 7 BauNVO 1962 fest.

Lageplan, Maßstab 1:1000

Bild

Mit der Baugenehmigung vom ... März 2014 hat die Antragsgegnerin der Beigeladenen, einem Tochterunternehmen der ... GmbH, deren Gesellschaftsanteile zu 100% im Eigentum der Antragsgegnerin stehen, nach Art. 60 und 68 BayBO die Genehmigung zum Neubau eines Umspannwerks erteilt, das das bisher an der nördlichen Grundstücksgrenze seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts betriebene Umspannwerk ersetzen soll und wie dieses der Versorgung des Stadtteils... mit elektrischer Energie dient. Das Umspannwerk soll an der ...straße mit einer Länge von 35,40 m und einer Tiefe von 18,40 m errichtet werden. In dem Neubau soll die derzeit auf mehrere Gebäude verteilte Anlagentechnik zusammengeführt werden. Vorgesehen sind drei Transformatoren, zwei Gleichrichtertrafos, ein E-Spulenraum, zwei 10 kV-Anlagen, eine 110 kV-Schaltanlage sowie ein Relaisraum. Auf dem Dach sind fünf Lüftungsaggregate vorgesehen.

Die Genehmigung enthält unter Ziffer 2. umweltschutztechnische Auflagen zum Immissionsschutz, zu Altlasten und zum Wasserrecht. Im Immissionsschutzteil wird bezüglich des Lärmschutzes verfügt, dass die Bestimmungen der TA Lärm zu beachten sind und an den maßgeblichen Immissionsorten nach Ziffer 2.3 TA Lärm die Immissionsrichtwerte nicht überschritten werden dürfen. Zum Grundstück der Antragstellerin hin werden als Immissionsrichtwerte tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) festgelegt. Nähere Vorgaben zur Betriebsweise der insgesamt drei Transformatoren enthält die Baugenehmigung nicht. In der Betriebsbeschreibung vom 25.04.2013 wird ausgeführt, dass die technischen Einrichtungen (Transformatoren, Sammelschienen etc.) sowie die Leitungen redundant ausgelegt sind, so dass bei Ausfall eines Betriebsmittels die Versorgung weiterhin gewährleistet ist.

Daneben enthält die Genehmigung Befreiungen gem. § 31 Abs. 2 BauGB „wegen Überschreitung der rückwärtigen Baugrenze um ca. 5,60 m“, „wegen fehlender geschlossener Bebauung“, „wegen Überschreitung der zulässigen Grundstücksfläche“ sowie Abweichungen gem. Art. 63 Abs. 1 BayBO „wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen“ zum Grundstück der Antragstellerin und „wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen gegenüberliegender Bauteile“.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. März 2014, am selben Tag bei Gericht eingegangen, hat die Antragstellerin Klage gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom ... März 2014 erhoben.

Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2014, am 6. Juni 2014 bei Gericht eingegangen, hat die Antragstellerin beantragt:

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 25. März 2014 (Az. M 8 K 14.1266) gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom ... März 2014 (...) wird angeordnet.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das streitgegenständliche Vorhaben führe zu erheblichen Beeinträchtigungen des klägerischen Grundstücks, insbesondere wegen der massiven Unterschreitung der gesetzlichen Abstandsflächen und wegen der mit dem Betrieb des Umspannwerkes verbundenen erheblichen Immissionen. Zudem habe die Antragsgegnerin drei massive Befreiungen von wesentlichen Festsetzungen des im Bereich der Grundstücke geltenden Bebauungsplans Nr. ... vom ... Mai 1966 erteilt, wodurch das an sich zulässige Baurecht um deutlich mehr als 50% überschritten werde. Von drei weiteren Festsetzungen des Bebauungsplanes (Art der baulichen Nutzung, festgesetzte Zahl von drei Vollgeschossen und festgesetzte Dachform Giebeldach), die das streitgegenständliche Vorhaben ebenfalls nicht einhalte, seien Befreiungen weder beantragt noch erteilt worden.

Richtung Süden, zum Grundstück der Antragstellerin hin, habe die Antragsgegnerin eine massive Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen zugelassen, wodurch die vorgeschriebene Abstandsflächentiefe von 1 H auf eine Abstandsflächentiefe von ca. 0,44 H reduziert worden sei. Weitere massive Abweichungen habe die Antragsgegnerin Richtung Norden und Richtung Osten gegenüber den auf dem Baugrundstück selbst vorhandenen Gebäuden zugelassen. Nicht beantragt und nicht zugelassen worden sei eine Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächenvorschriften Richtung Westen zur ...straße hin, die aber ebenfalls erforderlich gewesen wäre. Zur Genehmigung des Vorhabens seien Abweichungen von den gesetzlichen Abstandsflächenvorschriften nach allen vier Seiten erforderlich gewesen.

Sowohl die erteilten und unterlassenen Befreiungen als auch die zugelassenen und unterlassenen Abweichungen seien rechtswidrig und verletzten die Antragstellerin in ihren Rechten, überwiegend bereits jede für sich, jedenfalls aber in ihrer Gesamtheit (BayVGH, B.v. 4.11.2009 - 9 CS 09.2422 - juris RdNr. 9).

Die gerügten erheblichen Immissionen auf dem Grundstück der Antragstellerin bestünden im Wesentlichen aus den mit dem täglich und rund um die Uhr stattfindenden Betrieb verbundenen Lärmimmissionen sowie den damit verbundenen elektromagnetischen Feldern. Im Baugenehmigungsverfahren sei nicht nachgewiesen worden, dass es der Beigeladenen möglich sein werde, die für diese Immissionen maßgeblichen Grenz- und Richtwerte einzuhalten und die weiteren Anforderungen der insoweit maßgeblichen Regelwerke zu erfüllen. Es sei sicher damit zu rechnen, dass die maßgeblichen Grenz- und Richtwerte nicht eingehalten werden könnten. Die von der Beigeladenen vorgelegten Gutachten seien ersichtlich fehlerhaft und von der Antragsgegnerin - jedenfalls teilweise - nicht auf ihre Richtigkeit geprüft worden. Sie gingen zudem von für die Beigeladene günstigen Voraussetzungen aus, deren Einhaltung aber von der Beigeladenen weder beantragt noch verbindlich erklärt worden seien und die in der streitgegenständlichen Baugenehmigung auch nicht durch entsprechende Nebenbestimmungen vorgeschrieben worden seien.

Die Baugenehmigung sei auch deshalb rechtswidrig, weil die bereits für die Genehmigung des streitgegenständlichen Vorhabens erforderliche Änderung des Bebauungsplans Nr. ... unterlassen worden sei. Das Vorhaben sei Teil der geplanten Umstrukturierung des gesamten Baugrundstückes, was nur nach Änderung des Bebauungsplans Nr. ... realisierungsfähig sei. Damit habe es die Antragsgegnerin unterlassen, nach Maßgabe des Abwägungsgebotes und unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Antragstellerin den für das streitgegenständliche Vorhaben geeignetsten Standort zu suchen und damit auch die Beteiligungsrechte der Antragstellerin in einem Bebauungsplanverfahren abgeschnitten. Die Antragsgegnerin versuche mit dieser Vorgehensweise vollendete Tatsachen zu schaffen.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin weist auf die wirtschaftlichen Interessenlagen der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen hin. Danach habe die Beigeladene wesentliche Teile des Baugrundstücks bereits im Sommer 2013 an die ...sparkasse ... verkauft, die dort mit einem Investitionsvolumen von etwa 75.000.000,-- EUR ca. 200 neue Wohnungen zu errichten beabsichtige. Mit der Zulassung dieser 200 Wohnungen werde eine Wertsteigerung des Baugrundstückes von mindestens 45.000.000,-- EUR einhergehen. Diese Wertsteigerung werde der Beigeladenen und/oder der ...sparkasse ... und damit letztlich der Antragsgegnerin selbst zugutekommen, da es sich bei beiden Unternehmen um 100%ige Eigengesellschaften bzw. -anstalten der Antragsgegnerin handele. Sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene seien sich darüber im Klaren, dass diese Wertsteigerung sowie eine Kapitalrendite von 4,25% bis 4,5% nur zu erzielen seien, wenn das streitgegenständliche Vorhaben vorab am genehmigten Standort realisiert werde, denn nur dann stünde der freiwerdende Teil des Baugrundstückes für die Realisierung des Gesamtprojektes zur Verfügung.

Diesem Wertzuwachs und der aus dem Gesamtprojekt generierten Rendite stünde auf Seiten der Antragstellerin ein Wertverlust gegenüber, der sich nach sachverständiger Schätzung auf mindestens 1.200.000,-- EUR belaufe.

Das Grundstück der Antragstellerin sei mit einem Gebäude bebaut, in dem sich im Erdgeschoss zwei Ladengeschäfte und in den Obergeschossen Wohnungen befänden, wobei in allen Geschossen Wohn- und Schlafräume mit Fenstern zum streitgegenständlichen Vorhaben hin orientiert seien. Das Gebäude der Antragstellerin sei mit Baugenehmigung vom ... Dezember 1889 genehmigt worden. Aufgrund von kriegsbedingten Schäden habe die Antragsgegnerin am 25. Januar 1962 eine Genehmigung zur Fassadenerneuerung erteilt. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin weist darauf hin, dass sowohl die Genehmigung von 1889 als auch die (erneute) Genehmigung von 1962 in vollständiger Übereinstimmung mit den damals jeweils maßgeblichen baurechtlichen Vorschriften erteilt worden seien. Dies gelte zum einen im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche. Der mit Genehmigungsvermerk versehene Lageplan zur Baugenehmigung vom ... Januar 1962 zeige, dass das Gebäude in seiner gesamten Länge an der ...straße an der auch noch im Januar 1962 dort festgesetzten Baulinie errichtet worden sei. Die heute parallel zur ...straße verlaufende Baugrenze sei erst im Bebauungsplan Nr. ... vom Mai 1966 dort festgesetzt worden. Sowohl zum Zeitpunkt der Baugenehmigung aus dem Jahr 1889 als auch der Baugenehmigung aus dem Jahr 1962 habe das Gebäude der Antragstellerin die nach dem damals jeweils maßgeblichen Recht geltenden Abstandsflächen bzw. Grenzabstände eingehalten. Die nördliche Außenwand des entlang der ...straße errichteten Gebäudeteils sei von der nördlichen Grundstücksgrenze 4,41 m entfernt. Das Gebäude habe entlang der ...straße eine Länge 25,00 m, die nördliche Außenwand des Gebäudeteils habe eine Tiefe von 12,30 m. Die Höhe dieser Außenwand betrage bis zur Traufe etwa 15,65 m und bis zum First ca. 18 m. Zum Zeitpunkt der ersten Baugenehmigung im Jahr 1889 sei die aufgrund der Bauordnung für die Haupt- und Residenzstadt ... vom 3. April 1879 (MBO 1879) in Verbindung mit den Vollzugs-Vorschriften zur Bauordnung vom 10. Januar 1880 einzuhaltende Abstandsfläche von 3,50 m eingehalten worden. Ebenso habe das Gebäude bei Erteilung der zweiten Baugenehmigung im Januar 1962 den aufgrund von § 68 Abs. 2 MBO 1895 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 der Staffelbauordnung in der Fassung vom 23. Dezember 1959 einzuhaltenden Grenzabstand von 4,00 m eingehalten.

Die auf dem Vorhabengrundstück entlang der ...straße bestehende Bebauung habe die Beigeladene, nachdem ihr hierfür von der Antragsgegnerin am ... April 2013 die erforderliche Baugenehmigung erteilt worden war, abgebrochen. Das Gebäude sei dreigeschossig gewesen und habe Richtung Süden zum klägerischen Grundstück eine Außenwand mit einer Wandhöhe von maximal 7,50 m gehabt, die auf der hier im Bebauungsplan festgesetzten seitlichen Baugrenze gestanden sei. Das Bestandsgebäude habe über ein Giebeldach verfügt, das zum klägerischen Grundstück hin eine Dachneigung von jedenfalls deutlich unter 45° aufgewiesen habe. Im nördlichen Bereich im unmittelbaren südlichen Anschluss an den ...-Platz bzw. im Bebauungsplan Nr. ... als „... Markt“ bezeichneten ...-Markt befinde sich eine viergeschossige Bebauung, die im westlichen Bereich über ein Giebeldach verfüge. Hier befänden sich zwei 110 kV-Anlagen, die östliche mit drei Transformatoren und die westliche mit einem Transformator. Die gesamte westliche 110 kV-Anlage werde für den Betrieb des Umspannwerkes nicht benötigt und könne ohne Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit bereits heute beseitigt werden. In jedem Fall könne der unmittelbar an der ...straße gelegene Gebäudeteil - der im Plan der Baugenehmigung vom ... April 2013 mit „Warte“ gekennzeichnet sei - bereits heute beseitigt werden.

Das streitgegenständliche Vorhaben habe entlang der ...straße eine Länge von 39,075 m und sei an seinen Außenkannten 12,31 m hoch. Es verfüge - insoweit seien die genehmigten Pläne allerdings unklar - wohl umlaufend an allen vier Seiten über ca. 0,70 m hohe (burgähnliche) „Zinnen“, die das Erscheinungsbild des Gebäudes maßgeblich prägten und als gestalterische Elemente offensichtlich auch prägen sollten. Jedenfalls verfüge das Vorhaben über diese „Zinnen“ an seiner West- und Ostseite. Damit trete das Gebäude mit einer Gesamthöhe von etwa 13,00 m städtebaulich in Erscheinung.

Von der ...straße aus betrage die Tiefe des streitgegenständlichen Vorhabens an seiner nördlichen Außenwand 18,76 m und an seiner südlichen Außenwand - gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin - 19,46 m. Es habe eine Grundfläche von 735 m².

Mit dieser Tiefe überschreite das streitgegenständliche Vorhaben die im Bebauungsplan festgesetzte rückwärtige Baugrenze im Bereich der nördlichen Außenwand um 7,00 m und im Bereich der südlichen Außenwand, zum Grundstück der Antragstellerin hin, um mindestens 5,50 m. Die teilweise anderen Angaben über das Ausmaß der Überschreitung in den Bauantragsunterlagen seien nicht richtig; insbesondere sei die Angabe im entsprechenden Antrag auf Befreiung, die rückwärtige Baugrenze werde „um ca. 5,60 m“ überschritten, nicht zutreffend. Daher sei es ebenfalls unzutreffend, dass in der streitgegenständlichen Baugenehmigung eine Befreiung wegen Überschreitung der rückwärtigen Baugrenze ausdrücklich nur „um ca. 5,60 m“ erteilt worden sei.

Der Bebauungsplan Nr. ... setze für den Teil des Baugrundstücks, auf dem das streitgegenständliche Vorhaben genehmigt wurde, eine zulässige Grundfläche von 420 m² sowie 50 m², insgesamt also 470 m², fest. Die genehmigte Grundfläche des Vorhabens mit 735 m² überschreite die zulässige Grundfläche somit um 265 m², was einer Überschreitung von ca. 56% entspreche. Für diese Abweichung sei eine Befreiung beantragt und erteilt worden.

Das streitgegenständliche Vorhaben entspreche auch nicht der Festsetzung des Bebauungsplans „geschlossene Bauweise“, von der ebenfalls eine Befreiung beantragt und erteilt worden sei.

Das streitgegenständliche Vorhaben verfüge - jedenfalls ganz überwiegend - nur über ein oder zwei oberirdische Vollgeschosse, es verfüge jedenfalls nicht durchgehend über drei Vollgeschosse. Dies widerspreche ebenfalls den Festsetzungen des Bebauungsplans, der für diesen Teil des Baugrundstücks zwingend drei Vollgeschosse festsetze. Für diese Abweichung sei weder eine Befreiung beantragt noch erteilt worden.

Das streitgegenständliche Vorhaben widerspreche außerdem den Festsetzungen des Bebauungsplans zur Art der baulichen Nutzung. Die Festsetzung „Neues Umspannwerk“ sei nur im nordöstlichen Teil des Geltungsbereichs an der ...straße erfolgt, womit diese Art der baulichen Nutzung im Übrigen Geltungsbereich ausgeschlossen sei. Auch für diese Abweichung vom Bebauungsplan sei eine Befreiung weder beantragt noch erteilt worden.

Das streitgegenständliche Vorhaben widerspreche auch der Festsetzung des Bebauungsplans, dass es über ein Giebeldach verfügen müsse. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sei für das streitgegenständliche Vorhaben keine Traufhöhe festgesetzt, weshalb es über ein Giebeldach verfügen müsse. Auch für diese Abweichung sei weder eine Befreiung beantragt noch erteilt worden.

Sämtliche besonders lärmintensiven Aggregate auf dem Dach des streitgegenständlichen Vorhabens seien nur 1,3 m von der südlichen Außenwand entfernt geplant, also in unmittelbarer Nachbarschaft zum Grundstück der Antragstellerin. Für diese Anordnung gebe es keine technische Notwendigkeit, alle Aggregate könnten deutlich vom klägerischen Grundstück bis zu 30 m Richtung Norden abgerückt werden. Die dort vorhandene gewerbliche Nutzung im Sondergebiet „Versorgungsfläche (Elektrizität)“ sei offensichtlich deutlich weniger störempfindlich als die im Grundstück der Antragstellerin erfolgende überwiegende Nutzung zu Wohnzwecken.

Den Grund für die Positionierung der Aggregate sieht die Antragstellerseite in der Entstehungsgeschichte und dem Gesamtzusammenhang, in dem das streitgegenständliche Vorhaben steht. Würden die Aggregate Richtung Norden abgerückt, würden sie der als Teil des Gesamtvorhabens bereits geplanten Aufstockung des streitgegenständlichen Vorhabens um zwei Bürogeschosse im Wege stehen. Den in Betracht kommenden Alternativstandort der Aggregate an der nördlichen Außenwand des streitgegenständlichen Vorhabens hätten die Beigeladene und die Antragsgegnerin deshalb vermieden, um die dort geplanten Wohnungen vor diesen Immissionen zu schützen. Auch sollte dieser Teil des Betriebsgrundstücks von den Wertminderungen verschont werden, die mit diesen Immissionen einhergingen und stattdessen die Nachteile vollständig dem Grundstück der Antragstellerin zugemutet werden.

Da das Baugrundstück als „Sondergebiet“ festgesetzt sei und keiner der Privilegierungstatbestände des Art. 6 Abs. 5 und Abs. 6 BayBO gelte, betrage die vom streitgegenständlichen Vorhaben einzuhaltende Abstandsflächentiefe gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO das Maß H, also 12,31 m. Insbesondere gelte für das streitgegenständliche Vorhaben nicht die Privilegierung des Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO. Die Abstandsfläche Richtung Süden falle an der westlichen Außenwandseite des Vorhabens mit einer Tiefe von ca. 5,50 m auf das Baugrundstück und mit einer Tiefe von ca. 7,81 m auf das Grundstück der Antragstellerin. Im Bereich dieser Abstandsflächenunterschreitung halte das Vorhaben unmittelbar gegenüber den auf dem Grundstück der Antragstellerin vorhandenen Wohnungen mit schutzbedürftigen Wohn- und Schlafräumen sowie Fenstern eine Abstandsflächentiefe von 0,44 H (5,5 m/12,31 m) ein.

In rechtlicher Hinsicht führt der Bevollmächtigte der Antragstellerin zur erteilten Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächenvorschriften zum Grundstück der Antragstellerin hin unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus, dass diese rechtswidrig sei, da es bereits an der Grundvoraussetzung für eine solche Abweichung in Gestalt der dafür erforderlichen atypischen Grundstückssituation fehle. Die Situation auf dem Baugrundstück sei nicht atypisch, sondern in jeder Hinsicht typisch. Das Baugrundstück sei mehr oder weniger rechteckig und insgesamt ausreichend groß, das von der Beigeladenen geplante neue Umspannwerk auch ohne die Zulassung von Verkürzungen der gesetzlichen Abstandsflächen dort zu verwirklichen.

In der Begründung der streitgegenständlichen Baugenehmigung werde sinngemäß ausgeführt, der Standort des streitgegenständlichen Vorhabens sei „aus betriebstechnischen Gründen alternativlos“. Diese Begründung sei jedoch offensichtlich nicht richtig. Die Alternativlosigkeit aus betriebstechnischen Gründen werde noch nicht einmal von der Beigeladenen selbst behauptet. Der wahre Grund für den gewählten und genehmigten Standort sei aus städtebaulichen Gründen erfolgt, wofür auf ein Protokoll der Sitzung der Stadtgestaltungskommission vom ... Oktober 2013 Bezug genommen wird. Aus den zur Verfügung stehenden Unterlagen ergebe sich, dass es auf dem Betriebsgrundstück der Beigeladenen mindestens einen aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen besser geeigneten Alternativstandort für das neue Umspannwerk gebe. Dieser befinde sich in der derzeit nicht bebauten und im Bebauungsplan als überbaubar festgesetzten Grundstücksfläche entlang der ...straße. Es kämen für das neue Umspannwerk auch andere Standorte auf dem Grundstück in Betracht, zumal die Argumentation der Antragsgegnerin zur Alternativlosigkeit des Standortes weder hinsichtlich der Größe des Vorhabens noch etwaiger technischer Notwendigkeiten schlüssig sei.

Die konkrete Standortentscheidung sei aus wirtschaftlichen Gründen getroffen worden, da erst damit die Möglichkeit geschaffen werde, auf dem übrigen Teil des Betriebsgrundstücks das bereits seit Jahren hinter verschlossenen Türen geplante „Gesamtvorhaben“ zu realisieren, um die damit verbundene ganz erhebliche Wertschöpfung und Rendite zu generieren. Dies könne eine Atypik aber nicht begründen (BayVGH, U.v. 15.12.2008 - 22 B 07.143 - juris RdNr. 39). Zudem gebe es auf dem Baugrundstück die Möglichkeit, das Vorhaben an anderer Stelle ohne die Zulassung von Abweichungen von den gesetzlichen Abstandsflächen zu realisieren, weshalb es ebenfalls an der erforderlichen Atypik fehle (BayVGH, U.v. 22.11.2006 - 25 B 05.1714 - juris RdNr. 20).

Die erteilte Abweichung von den Abstandsflächen sei auch ermessensfehlerhaft. Gemäß Art. 40 BayVwVfG müsse eine Behörde das ihr eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten.

Die Begründung der Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Bescheid zur Zulassung einer Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächenvorschriften enthalte keine einzige Ermessenserwägung, die nach Maßgabe des Art. 40 BayVwVfG rechtmäßig sei. Die offenbar zentrale Ermessenserwägung des wechselseitigen Abstandsflächenverstoßes sei nicht zielführend, da das Gebäude der Antragstellerin sowohl im Einklang mit den jeweils geltenden Abstandsflächenvorschriften als auch bauplanungsrechtlichen Vorschriften errichtet worden sei. Insoweit sei der Abstandsflächenverstoß der Antragstellerin nicht „wertungsmäßig vergleichbar“, weshalb ihr nicht mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris RdNr. 24) gem. § 242 BGB die Berufung auf den Abstandsflächenverstoß der Beigeladenen genommen werden könne. Die gegenteilige Ansicht der erkennenden Kammer, die sich auf Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin (U.v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris RdNr. 29) und des Oberverwaltungsgerichts Schleswig (U.v. 15.12.1992 - 1 L 118/91 - juris RdNr. 37) stütze, sei nicht richtig.

Im Übrigen bestehe der Zweck der Ermächtigung zur Zulassung von Abweichungen von den gesetzlichen Abstandsflächenvorschriften bestehe nicht darin, einen Zustand zu perpetuieren oder gar zu verschärfen, der dem heute geltenden Abstandsflächenrecht nicht entspreche, in dem einem Bauherrn die gleiche Abstandsflächenunterschreitung zugestanden werde, wie sie auf dem Nachbargrundstück bereits vorhanden sei. Vielmehr sei es Zweck des Gesetzes, dass abstandsflächenwidrige Bebauungsverhältnisse nach Möglichkeit bereinigt und nicht verewigt würden (BayVGH, U.v. 22.11.2006 - 25 B 05.1714 - juris RdNr. 20).

Weiterhin wurde dargelegt, dass der Abstandsflächenverstoß ausschließlich aus der Situierung relevanter Teile des Vorhabens außerhalb des Bauraums resultiere. Bei einer vergleichbaren Lage der Dinge habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Zulassung einer Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen ausdrücklich auch nach Maßgabe des das Abstandsflächenrecht prägenden Grundsatzes der nachbarlichen Gleichbehandlung für rechtswidrig erklärt und ausgeführt, dass dem legal errichteten, bestandsgeschützten Gebäude der Antragstellerin der neue Genehmigungswunsch des Beigeladenen für ein Vorhaben gegenüberstehe, das er auf seinem Grundstück unter Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften auch an anderer Stelle verwirklichen könnte (BayVGH, U.v. 22.11.2006 - 25 B 05.1714 - juris RdNr. 20).

Detailliert begründet wurde auch, dass die zur Begründung der Abweichung herangezogene angebliche „Höhenfestsetzung“ im Bebauungsplan die Abweichung nicht rechtfertigen könne. Gleiches gelte für die Argumentation, die Abweichung könne zugelassen werden, weil die südliche Baugrenze nicht überschritten werde und zur platzsparenden Anordnung der technisch notwendigen Anlagen.

Von Seiten der Antragstellerin wurde auch dargelegt, dass vorliegend auch die Regelung des Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO nicht anwendbar sei.

Auch die Festsetzung in § 1 Abs. 5 der Bebauungsplansatzung sei nicht anwendbar, denn diese sei unwirksam, weil sie ebenfalls nicht eindeutig regele, welche Abstandsflächen einzuhalten seien (BayVGH, B.v. 20.11.1986 - 2 CS 86.02888; Dhom, a. a. O., Art. 6 RdNr. 291).

Auch die Ausführungen zur Beeinträchtigung von Haupt- und Nebengebäude seien ermessensfehlerhaft, da die gesetzlichen Abstandsflächen des streitgegenständlichen Vorhabens gerade zu einem wesentlichen Teil auf den mit dem Hauptgebäude bebauten Teil des Grundstücks der Antragstellerin fallen würden. Hinzu komme, dass sich gerade hier schutzbedürftige Wohn- und Schlafräume mit Fenstern befänden, die durch die Nichteinhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen erheblich beeinträchtigt würden. In diesem Bereich werde die gesetzliche Abstandsfläche auf ein Maß von bis zu ca. 0,44 H reduziert. Insoweit greife auch die Überlegung, dass der von der Abstandsfläche des streitgegenständlichen Vorhabens in Anspruch genommene Teil des Grundstücks der Antragstellerin nur dessen Nordseite betreffe, nicht. Vielmehr müsse nach der gesetzlichen Regelung der Bauherr die gesetzlichen Abstandsflächen grundsätzlich nach allen Seiten einhalten und auf seinem Grundstück unterbringen.

Auch die Ermessenserwägung, es trete keine Verschlechterung der Bestandssituation ein, sei aus mehreren Gründen, die ausführlich dargelegt wurden, fehlerhaft, zumal es zum Zeitpunkt der Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung im Bereich des Vorhabens keinen baulichen Bestand mehr gegeben habe.

Ermessensfehlerhaft sei schließlich auch der Hinweis auf das „städtebauliche Gesamtkonzept“, und zwar schon deshalb, weil dieses nach wie vor insbesondere hinsichtlich der Durchgrünung des Baugrundstücks völlig offen sei.

Bei Zulassung der Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächenvorschriften habe die Antragsgegnerin nicht berücksichtigt, dass sich durch die erhebliche Verkürzung der Abstandsflächen die Immissionssituation - unabhängig von der Einhaltung von Grenz- und Richtwerten - erheblich verschlechtere, was die Ermessensentscheidung wegen der Nichtberücksichtigung maßgeblicher Gesichtspunkte fehlerhaft mache.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs könne der davon betroffene Nachbar bei Zulassung einer Abweichung von nachbarschützenden Vorschriften, insbesondere von Abstandsflächenvorschriften, jeden Rechtsverstoß der Abweichung als Verletzung in eigenen Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rügen (BayVGH, B.v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris RdNr. 17; U.v. 22.09.2011 - 2 B 11.762 - juris RdNr. 37).

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin stellt im Übrigen für die seines Erachtens erforderliche Gesamtbetrachtung eingehend auch die weiteren zugelassenen Abweichungen, nicht zugelassene, aber ebenfalls erforderliche Abweichungen sowie erteilte Befreiungen und nicht erteilte, seines Erachtens aber erforderliche Befreiungen dar. Hinsichtlich der weiteren zugelassenen Abweichungen wird insbesondere die erteilte Abweichung wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen gegenüber auf dem Baugrundstück selbst vorhandener Gebäude gerügt, dass dies keine Abweichung von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO sei, da die Abstandsflächen auf dem Baugrundstück lägen, sondern vielmehr eine Abweichung von Art. 6 Abs. 3 Halbsatz 1 BayBO vorliege, weil sich diese Abstandsflächen überdeckten. Sie seien bereits deshalb rechtswidrig, weil sie unbestimmt seien. Weder aus dem Abstandsflächenplan noch aus sonstigen Unterlagen ergebe sich hinreichend präzise, von welchen Abstandsflächen welche Abweichungen zugelassen worden seien, insbesondere stelle der Abstandsflächenplan die Richtung Norden fallende Abstandsfläche des Vorhabens nicht dar. Ebenso werde die Abstandsfläche, die das dort vorhandene Bestandsgebäude Richtung Süden auslöse, nicht dargestellt. Die Zulassung unbestimmter Abweichungen von den gesetzlichen Abstandsflächen sei gemäß Art. 37 BayVwVfG rechtswidrig. Zum Hinweis bezüglich der Richtung Osten fallenden Abstandsfläche und des hierin liegenden Gebäudes (Trambahn-Gleichrichterwerk), das nach Fertigstellung der Baumaßnahme abgebrochen werden solle, wird von Seiten der Antragstellerin darauf hingewiesen, dass die Abbruchmaßnahme in keinster Weise sichergestellt sei. Weder habe sie die Beigeladene bislang beantragt, noch habe die Antragsgegnerin diesen Abbruch etwa durch eine entsprechende Auflage sichergestellt. Gleiches gelte für das Bestandsgebäude im Norden des Baugrundstücks.

Von der Abweichung Richtung Osten sei auch das zweigeschossige Bestandsgebäude im Südosten des Baugrundstücks betroffen, in dem sich mehrere Wohnungen befänden. Bei einer Abstandsflächentiefe von 1 H müsste zwischen dem streitgegenständlichen Vorhaben und dem Bestandsgebäude ein Gesamtabstand von 18,33 m eingehalten werden, tatsächlich betrage dieser nur ca. 8 m. Die erforderliche Abweichung sei weder beantragt noch zugelassen worden, was bereits rechtswidrig sei.

Das streitgegenständliche Vorhaben habe schließlich auch einer Abweichung Richtung Westen bedurft, was aber weder beantragt noch zugelassen worden sei. Das Vorhaben habe auch Richtung Westen eine Wandhöhe von mindestens 12,31 m. Als Abstandsfläche stehe dem Vorhaben gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO Richtung Westen nur die Hälfte der angrenzenden...straße zur Verfügung, die in diesem Bereich eine Gesamtbreite von ca. 18,15 m habe.

Im Hinblick auf die erteilte Befreiung von der rückwärtigen Baugrenze im nördlichen Bereich des Vorhabens überschreite das Vorhaben die rückwärtige Baugrenze um mindestens 7,0 m und im südlichen Bereich, zum Grundstück der Antragstellerin hin, mindestens um 5,5 m. Beantragt und erteilt sei ausdrücklich nur eine Befreiung um ca. 5,60 m, damit sei die für das konkret zur Genehmigung beantragte Vorhaben erforderliche Befreiung gar nicht erteilt worden.

Eingehend wird auch die von der Antragstellerin angenommene Rechtswidrigkeit der erteilten Befreiung von der festgesetzten Grundfläche im Bebauungsplan (50 m² und 420 m²) dargelegt. Gleiches gelte für die aus ihrer Sicht notwendige, aber nicht erteilte Befreiung von den Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung.

Eine ähnliche Problematik bestehe hinsichtlich der Festsetzung der Vollgeschosse und der fehlenden Festsetzung der Traufhöhe, was zur Folge habe, dass ein hier zu errichtendes Gebäude über ein Giebeldach verfügen müsse.

Vorliegend sei ausnahmsweise von einer nachbarschützenden Wirkung der Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung auszugehen, denn aus der Begründung des Bebauungsplans ergebe sich, dass bei dessen Aufstellung auf den „legalen, vorhandenen Baubestand an der Nordseite der ...straße“ ausdrücklich Rücksicht genommen worden sei. Teil dieser Rücksichtnahme sei insbesondere auch die durch die auf dem Baugrundstück festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen erfolgte Freihaltung des Baugrundstücks von Bebauung außerhalb der dort festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen, was gerade auch für und zugunsten des klägerischen Grundstücks gelte.

Die Antragstellerin werde auch durch die nicht erteilten, für das Vorhaben aber ebenfalls erforderlichen weiteren Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt, insbesondere im Hinblick auf die festgesetzte Art der baulichen Nutzung. Vorliegend würde es offensichtlich nicht zu der erheblichen Beeinträchtigung des Grundstücks der Antragstellerin kommen, wenn das neue Umspannwerk an dem Standort gebaut werden würde, wo es der Bebauungsplan allein zulasse. Auch käme es dann nicht zu den erheblichen Immissionen auf das klägerische Grundstück, denen es nur deshalb ausgesetzt sein würde, weil das streitgegenständliche Vorhaben in seiner unmittelbaren Nachbarschaft errichtet werden solle, anders als im Bebauungsplan festgesetzt. Da mit der Festsetzung der überbaubaren Grundstücksfläche bei der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. ... ausdrücklich auf den baulichen Bestand entlang der ...straße Rücksicht genommen werden sollte, könne vorliegend auch die Frage des „baugebietsübergreifenden“ Nachbarschutzes bei Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung dahingestellt bleiben.

Selbst wenn die Antragstellerin durch die einzelnen bzw. einzelne der erteilten und unterlassenen Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht in eigenen Rechten verletzt werde, werde sie durch die Vielzahl der erteilten und unterlassenen Befreiungen jedenfalls im nachbarschützenden Gebot der Rücksichtnahme verletzt. Auch Befreiungen von nicht nachbarschützenden Festsetzungen verletzten den Nachbarn in seinen Rechten, wenn er handgreiflich betroffen sei und die Behörde seinen Interessen nicht die gebotene Beachtung schenke. Insoweit sei eine Bewertung nach allen maßgeblichen Umständen des Einzelfalls vorzunehmen, bei der der objektiven Rechtmäßigkeit des Vorhabens und der Anzahl und dem Umfang der erteilten und erforderlichen, aber nicht erteilten Befreiungen sowie den damit verfolgten Gesamtzweck maßgebliche Bedeutung zukomme (BayVGH, B.v. 4.11.2009 - 09 CS 09.2422 - juris RdNr. 9, 10). Vorliegend sei das streitgegenständliche Vorhaben Teil einer von der Antragsgegnerin geplanten Umstrukturierung des gesamten Baugebiets. Zudem bedürfe das Vorhaben mehrerer erheblicher Abweichungen von den gesetzlichen Abstandsflächen. Vorliegend sei der Bauherr bzw. die Beizuladende schon deshalb nicht schutzwürdig, weil das streitgegenständliche Vorhaben bereits seit Jahren geplant werde und es trotz seiner „Nähe“ zur Antragsgegnerin unterlassen worden sei, frühzeitig und rechtzeitig ein Bebauungsplanänderungsverfahren zu initiieren, bei dem die Erteilung von Befreiungen überhaupt nicht mehr erforderlich gewesen wäre.

Schließlich wird ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme wegen unzulässiger Emissionen durch den mit dem Betrieb des streitgegenständlichen Vorhabens verbundenen Lärm und den mit dem Betrieb ebenfalls verbundenen elektromagnetischen Feldern gerügt.

Die von der Beigeladenen vorgelegte schalltechnische Immissionsprognose vom 9. Oktober 2013 sei entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht geeignet, nachzuweisen, dass die Immissionsrichtwerte an den maßgeblichen Immissionsorten eingehalten würden und keine schädlichen Geräuschemissionen zu erwarten seien. Sie beziehe sich auf Planunterlagen mit Stand „Dezember 2012“, die mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung genehmigten Pläne trügen demgegenüber das Datum 23. Juli 2013 und seien danach nochmals handschriftlich geändert worden. Damit sei bereits nicht sichergestellt, dass sich die schalltechnische Immissionsprognose überhaupt auf das konkret genehmigte Vorhaben beziehe. Mehrere Umstände machten deutlich, dass sich die Immissionsprognose nicht mit dem konkret genehmigten Vorhaben befasse. Der schalltechnischen Immissionsprognose sei als „Abbildung 1“ ein Lageplan beigefügt, auf den der dort abgebildete Neubau Umspannwerk ersichtlich nicht dem genehmigten Vorhaben entspreche. In der Immissionsprognose würden zwischen den Aggregaten auf dem Dach des Vorhabens und der mit „IO 2“ bezeichneten nördlichen Außenwand des Gebäudes der Antragstellerin Abstände von 15 m bis 21 m behauptet. Diese Abstände seien jedoch nicht richtig, tatsächlich seien die Aggregate vom sogenannten IO 2 nur 13 m bis maximal 19 m entfernt. Insoweit habe die Immissionsprognose vom 9. Oktober 2013 gar nicht das konkret genehmigte streitgegenständliche Vorhaben behandelt. Zudem belege dies, dass auch die Ergebnisse der Immissionsprognose in der Sache falsch seien und sowohl der Gutachter und in der Folge die Antragsgegnerin bei Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung von zu niedrigen Immissionen auf dem Grundstück der Antragstellerin ausgegangen seien, da die Abstände zwischen Schallquelle und Immissionsort für das Maß der Immissionen aus physikalischen Gründen von entscheidender Bedeutung seien.

Des Weiteren seien die in der Immissionsprognose genannten schalltechnischen Angaben zu einzelnen Lüftungsaggregaten und den einzubauenden Transformatoren nicht nachvollziehbar, insbesondere auch nicht aus dem der schalltechnischen Immissionsprognose beigefügten Anhang. Die Immissionsprognose stelle damit keine belastbare Grundlage für die Beurteilung der mit dem streitgegenständlichen Vorhaben verbundenen Immissionen in der Nachbarschaft dar. Dies zeige sich auch daran, dass in der zweiten Immissionsprognose gegenüber den Angaben in der ersten Immissionsprognose vom 3. April 2013 die angegebenen Schalldruckpegel für die Zuluftkanäle der Trafokammern von 110 dB(A) auf 100 dB(A), also um 10 dB(A) reduziert worden sei, ohne dafür irgendeine Begründung anzugeben.

Weiter wird hinsichtlich der Ausführungen zu den Immissionen der geplanten drei Transformatoren kritisiert, dass in der Immissionsprognose ausgeführt werde, für die Nachtzeit sei durch eine Reduzierung der Drehzahl der Ventilatoren auf ca. 2/3-Last eine Pegelminderung von ca. 8 dB(A) zu erreichen. Insoweit sei die Pegelminderung in der Nachtzeit nicht sichergestellt, wodurch die Immissionsrichtwerte in der Nachbarschaft, insbesondere auch auf dem Grundstück der Antragstellerin, nicht eingehalten würden, da die streitgegenständliche Baugenehmigung diese Pegelminderung und/oder die ihr zugrunde liegende reduzierende Drehzahl der Ventilatoren auf ca. 2/3-Last nicht verbindlich vorschreibe.

Bei der schalltechnischen Immissionsprognose sei ausschließlich der gleichzeitige Betrieb von nur zwei Transformatoren zugrunde gelegt worden. Der Gutachter der Beigeladenen gehe aber selbst ausdrücklich davon aus, dass nur in der Regel zwei Transformatoren gleichzeitig in Betrieb seien. Als Ausnahme von dieser Regel gebe es dennoch offensichtlich auch den Fall, dass alle drei Transformatoren gleichzeitig in Betrieb seien, was auch technisch ohne weiteres möglich sei. Diesen Fall habe der Gutachter aber nicht untersucht und die mit diesem Betriebszustand verbundenen Immissionen also auch nicht ermittelt. Damit sei die Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte in der Nachbarschaft bei Maximalauslastung weder sichergestellt noch nachgewiesen.

Schließlich seien die Aggregate auf dem Dach des streitgegenständlichen Vorhabens an der für die Antragstellerin ungünstigsten Stelle situiert worden, für die es auch aus schalltechnischer Sicht keinen Grund gebe. Zudem würde bei einer Einhaltung der Abstandsflächen der maßgebliche Teilbeurteilungspegel um ca. 3 dB(A) geringer.

Die beiden Stellungnahmen der ... GmbH vom 19. Dezember 2012, die die Beigeladene hinsichtlich der elektromagnetischen Felder vorgelegt habe, und die die zu dem Ergebnis kämen, die zulässigen Werte der 26. BImSchV würden eingehalten, habe die Antragsgegnerin nicht auf ihre Richtigkeit geprüft und sei damit bereits ihrer grundlegenden Verpflichtung nicht gerecht geworden, die Einhaltung der maßgeblichen Vorgaben der 26. BImSchV zu prüfen.

Weiterhin wurde detailliert ausgeführt, dass die beiden Gutachten aus mehreren Gründen fehlerhaft und unzureichend seien.

Abschließend stellt der Bevollmächtigte der Antragstellerin unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerfG, B.v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - juris RdNrn. 52 ff.; BVerwG, B.v. 16.12.1992 - 4 B 202/92 - juris RdNrn. 10 ff.; BVerwG, U.v. 24.9.1998 - 4 CN 2/98 - juris RdNr. 8) eingehend dar, dass zur Genehmigung des streitgegenständlichen Vorhabens der Bebauungsplan Nr. ... hätte geändert werden müssen und die Antragstellerin durch die unterlassene Bebauungsplanänderung in eigenen Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt werde.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2014 hat die Antragsgegnerin beantragt:

Der Antrag wird abgelehnt.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos sein werde, da weder eine Verletzung des Abstandsflächenrechts, noch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vorliege und auch eine sonstige Verletzung von Nachbarrechten nicht ersichtlich sei.

Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Abweichung von den Abstandsflächen lägen vor. Es sei eine atypische Situation gegeben und der Abweichung stünden nachbarliche Belange von ausreichendem Gewicht nicht entgegen.

Ausnahmen vom generalisierenden Abstandsflächenrecht müssten auch zugelassen werden, wenn in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen mit historischer Bausubstanz Instandsetzung, Aufwertung oder Erneuerung der zum Teil überalterten Bausubstanz ermöglicht werden solle. Dies gelte insbesondere, wenn im dicht bebauten innerstädtischen Bereich kaum ein Anwesen die Abstandflächen wahre. Entscheidend für das Vorliegen einer Atypik sei nicht, ob sich ein Grundstück von den umliegenden Grundstücken unterscheide, sondern, ob sich ein Vorhaben vom normativen Regelfall unterscheide (BayVGH, v. 5.12.2011 - 2 CS 11.1902 - juris RdNr. 3; v. 9.6.2011 - 2 ZB 10.2289 - juris RdNr. 10). Vorliegend sei eine atypische Situation gegeben, da es sich um ein Grundstück im dicht bebauten innerstädtischen Bereich handle und Abstandflächen überwiegend nicht gewahrt würden. Zwischen den beiden Gebäuden, die beide bestimmte Abstände von der Grundstücksgrenze aufwiesen, verlaufe eine schräge Grundstücksgrenze, die in Verbindung mit der auf den Grundstücksvorhabens vorhandenen, seitlichen Baugrenze und unter Berücksichtigung des Gebäudes der Antragstellerin, das die Baugrenze überschreite und einen Abstand zur Grundstücksgrenze aufweise, zu einer insgesamt für die Möglichkeit der Einhaltung der Abstandsflächen ungünstigen Grundstückssituation führe. Hinzu komme, dass nach Aussage der Beigeladenen ein anderer Standort technisch und betrieblich nicht realisierbar sei.

Weiter wurde ausführlich dargelegt, weshalb dem Bedürfnis nach Bebauung des Grundstücks der Beigeladenen nachbarliche Belange von ausreichendem Gewicht nicht entgegenstünden.

Eine Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung ergebe sich auch nicht in Bezug auf die weiteren zugelassenen sowie die angeblich nicht zugelassenen, aber erforderlichen Abweichungen, da insoweit die Antragstellerin bereits selbst vortrage, dass sie durch diese Abweichungen nicht unmittelbar in eigenen Rechten verletzt werde.

Zudem werde das Gebot der Rücksichtnahme weder im Hinblick auf Lärmimmissionen, noch im Hinblick auf elektromagnetische Felder verletzt. Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen sei grundsätzlich auf die Bestimmungen des Immissionsschutzrechts und dessen materiell-rechtliche Maßstäbe zurückzugreifen, wobei der TA Lärm Bindungswirkung zukomme, diese jedenfalls regelmäßig als Richtschnur herangezogen werden könnte. Es sei sichergestellt worden, dass durch das Vorhaben keine unzumutbaren Lärmbelästigungen für die Nachbarn entstünden, in dem durch die Beigeladene eine schalttechnische Immissionsprognose vorgelegt worden sei und unter Ziffer 2 der streitgegenständlichen Baugenehmigung die Festsetzung von Auflagen zum Immissionsschutz erfolgt sei. Das Lärmschutzgutachten vom 9. Oktober 2013 komme zu dem Ergebnis, dass die Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm an den maßgeblichen Immissionsorten tagsüber und nachts eingehalten bzw. sogar unterschritten würden. Die vorgetragenen Kritikpunkte am Gutachten änderten hieran nichts, da aufgrund der erhobenen Einwände das erste Gutachten vom 3. April 2013 überarbeitet worden sei, was in dem genehmigten Gutachten vom 9. Oktober 2013 gemündet habe. Dieses sei vom Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) überprüft und für vollständig und nicht zu beanstanden befunden worden. Die vorgetragenen falschen Abstände im Gutachten griffen nicht durch, da insbesondere offengelassen werde, ob dies zu anderen Ergebnissen, vor allem einer Nichteinhaltung der Beurteilungspegel führen würde. Im Ergebnis handle es sich um Vermutungen und Annahmen der Antragstellerin. Eine konkrete eigene Berechnung, die als Ergebnis die Nichteinhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte enthalte, werde dagegen nicht vorgelegt.

Auch hinsichtlich der elektromagnetischen Felder liege kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor. Diesbezüglich sei der Genehmigung die Beurteilung elektromagnetischer Felder vom 19. Dezember 2012 zugrunde gelegt worden, wonach die zulässigen Werte nach der 26. BImSchV eingehalten würden. Das vorgelegte Schreiben vom 24. April 2014 vermöge das Gutachten nicht zu erschüttern, zumal darin mitgeteilt werde, dass eine Überprüfung mit vertretbarem Aufwand nicht durchgeführt werden könne. Zudem werde lediglich die Vermutung geäußert, dass die elektromagnetischen Felder der außenliegenden Anschlussleitungen nicht berücksichtigt worden seien. Auch insoweit handle es sich um Annahmen und Vermutungen.

Auch eine sonstige Verletzung von Nachbarrechten sei nicht ersichtlich, was sowohl im Hinblick auf die erteilten Befreiungen, als auch in Bezug auf ein Bebauungsplanverfahren gelte. Aus den erteilten Befreiungen unter Ziffern 1 bis 3 ergebe sich keine Nachbarrechtsverletzung, wofür von der Antragsgegnerin auf die rechtsaufsichtliche Prüfung durch die Regierung ... ... vom ... Februar 2014 hingewiesen wird.

Bezüglich der gerügten Befreiungen sei hinsichtlich des Nachbarschutzes zu berücksichtigen, dass es sich um Befreiungen von nicht nachbarschützenden Normen handle. Da keine Anhaltspunkte ersichtlich seien, dass Dritten ein gerichtlicher durchsetzbarer Abwehranspruch gegen eine Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans eingeräumt werden sollte, sei keine andere Beurteilung angezeigt. In der Begründung des Bebauungsplans werde lediglich die vorhandene städtebauliche Struktur dargestellt und beschrieben. Eine ausdrückliche Rücksichtnahme auf die Bebauung der Antragstellerin sei gerade nicht erfolgt, so dass die überbaubaren Grundstücksflächen lediglich städtebaulichen Charakter hätten.

Die unter Ziffer 2 erteilte Befreiung von der fehlenden geschlossenen Bebauung tangiere der Klägerin nicht, da sich diese auf den nördlich anschließenden Teil beziehe.

Eine Nachbarrechtsverletzung durch ein unterlassenes Bebauungsplanverfahren komme nicht in Betracht, da die Verfahrensvorschriften des BauGB über die Aufstellung von Bebauungsplänen dem öffentlichen Interesse dienten und keinen Nachbarrechtsschutz vermittelten. Insbesondere könne sich ein Nachbar nicht auf Planungsalternativen berufen, so lange nicht das konkret geplante Vorhaben ihm gegenüber rücksichtslos sei, da Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens nur der vom Bauherren im konkreten Fall eingereichte Bauantrag sei (BayVGH, v. 26.6.2014 - 2 CS 14.1095).

Mit Schriftsatz vom 8. August 2014 haben die Bevollmächtigten der Beigeladenen beantragt:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Ersetzung des alten Umspannwerks könne nur im Wege eines zeitweisen Parallelbetriebs der neuen sowie der alten Anlage von statten gehen, da die aus technischen Gründen nicht mehr über längere Zeit funktionssicheren Anlagen des alten Umspannwerks nach Errichtung der neuen Anlagen erst den Betrieb übernehmen könnten.

Im neuen Umspannwerk würden als Hauptkomponenten die Leistungstransformatoren mit 110/10 kV, die 110 kV Schaltanlage und die 10 kV Schaltanlage untergebracht werden. Die Anordnung der Anlagen innerhalb des Gebäudes erfolge auf der Grundlage statischer und betriebstechnischer Gründe. Ein Leistungstransformator mit 110/10 kV wiege ca. 100 t, so dass dieser zwingend im Erdgeschoss unterzubringen sei. Von einer technisch möglichen Unterbringung der 10 kV-Anlage im Erdgeschoss (Anmerkung: gemeint ist wohl Obergeschoss) sei seitens der Beigeladenen insbesondere deshalb abgesehen worden, weil sich bei einer solchen Anordnung eine Gebäudeerhöhung von ca. 5,5 m ergäbe, was sich dann auch zulasten der Antragstellerin auswirken könne. Aufgrund der Anordnung der 10 kV-Schaltanlage im Erdgeschoss zur Höhenreduzierung sowie aufgrund technischer und betrieblicher Vorgaben, ergebe sich eine Bautiefe von maximal 19,46 m, da in West-Ost-Richtung im Erdgeschoss des Vorhabens die Luftansaugung, die Trafokammer, der Kabelschacht für die 110 kV Kabelsysteme sowie der Schaltanlagenraum 10 kV untergebracht werden müsse.

Es wurden ausführliche Feststellungen zu den Modalitäten des Bebauungsplans Nr. ... und der der Antragstellerin erteilen Baugenehmigung vom ... März 2009 getroffen. Weiterhin ging der Bevollmächtigte der Beigeladenen eingehend auf das von der Antragstellerin eingeleitete rechtsaufsichtliche Verfahren ein.

Die Höhendifferenz des früheren Bestandsgebäudes und des Vorhabens sei gering. Die beanstandeten Befreiungen seien von nicht nachbarschützenden Normen erfolgt, weshalb der Nachbar insoweit einen Abwehranspruch nur geltend machen könne, als die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung nicht die gebotene Rücksichtnahme auf dessen Interessen genommen habe. Abgesehen davon berühre die streitgegenständliche Befreiung die Grundzüge der Planung gerade nicht. Entscheidend hierfür sei, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderlaufe. Da vorliegend das planerische Grundkonzept auf der Festlegung des damaligen Bestands fuße und die Festlegung der überbaubaren Grundstücksfläche letztendlich allein am Bestand orientiert erfolgt sei, lasse sich erkennen, dass bei einem damals größeren Bestand auch die überbaubare Grundstücksfläche entsprechend größer ausgefallen wäre.

Im Rahmen der Ermessensentscheidung bei Erteilung der Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB habe die Antragsgegnerin ausreichend Rücksicht auf die Belange der Antragstellerin genommen, so dass das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt sei. Hinsichtlich der Situierung und Dimensionierung des Gebäudes sei die Schwelle der Rücksichtslosigkeit regelmäßig erst dann überschritten, wenn das Vorhaben gegenüber der Bebauung auf dem Nachbargrundstück eine „abriegelnde“ oder „erdrückende“ Wirkung entfalte, was vorliegend nicht der Fall sei, da das beantragte Vorhaben mit einer Höhe der Dachkante von 12,31 m deutlich niedriger sei als das Gebäude der Antragstellerin mit einer Traufhöhe von ca. 15,60 m und einer Firsthöhe von ca. 18 m.

Hinsichtlich der Befreiung vom Maß der baulichen Nutzung (Grundfläche) gemäß § 31 Abs. 2 BauGB wurde hinsichtlich einer möglichen Nachbarrechtsverletzung auf die vorstehenden Ausführungen zur Befreiung von der rückwärtigen Baugrenze verwiesen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei die Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen zum antragstellerischen Grundstück rechtmäßig erteilt worden, insbesondere weil die im Rahmen einer Abweichung nach Art. 63 BayBO erforderliche atypische Situation gegeben sei. Zudem könne sich die Antragstellerin nicht auf einen möglichen Abstandsflächenverstoß berufen, da sie ihrerseits die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhalte. Ferner werde die abstandsflächenrechtliche Situation gegenüber dem bisherigen Bestand nicht wesentlich verschlechtert.

Eine Atypik könne sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, aber auch aus der Eigenart der zu errichtenden Anlage und dem mangelnden Angebot an geeigneten Flächen ergeben (BayVGH, U.v. 28.7.2009 - 22 BV 08.3427). Vorliegend ergebe sich durch die an der ...straße liegende, abknickende Grundstücksgrenze ein nicht mit dem Normalfall vergleichbarer Grundstückszuschnitt, was schon für sich allein die Atypik der vorliegenden Situation rechtfertige. Hinzu kämen technische Zwänge und Gegebenheiten, die korrespondierend mit dem Zuschnitt des Vorhabensgrundstücks eine Sondersituation schafften, die sich deutlich vom Regelfall abhebe. Insbesondere sei die Anordnung der drei Hauptbestandteile des Umspannwerks in einem Gebäude wegen der baulichen Gegebenheiten am Standort alternativlos. Eine Aufteilung auf mehrere Gebäude sei auf dem Vorhabensgrundstück aufgrund des notwendigen Parallelbetriebs des neuen und des alten Umspannwerks nicht möglich.

Im einzelnen wurden die Gründe, durch die sich das Vorhaben durch eine atypische Fallgestaltung vom Regelfall unterscheide, da sich letztlich aus technisch zwingenden Gründen, die sich aus der Sicherstellung der Versorgungssicherheit des Stadtteils ... ergäben, eine Grundstückssituation ergebe, die die Einbuße an Belichtung und Belüftung im konkreten Fall vertretbar erscheinen lasse, näher dargelegt und hierbei auch die schon von der Antragsgegnerin vorgebrachten Argumente unter besonderer Berücksichtigung der Problematik wechselseitiger Abstandsflächenverstöße und der Zumutbarkeit von Veränderungen der Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse vertieft.

Schließlich verstoße das streitgegenständliche Vorhaben weder in Bezug auf Lärmimmissionen noch in Bezug auf elektromagnetische Strahlung gegen das Gebot der Rücksichtnahme aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Unter Berücksichtigung der der Baugenehmigung vom ... März 2014 beigefügten Auflagen sowie den durch die Beigeladene vorgelegten schalltechnischen Immissionsprognosen vom 3. April 2013 und vom 9. Oktober 2013 seien durch den Betrieb des Vorhabens keine Lärmimmissionen zu erwarten, die sich für die Antragstellerin als unzumutbar erwiesen. Seitens des RGU der Antragsgegnerin sei insbesondere festgestellt worden, dass eine gewerbliche Vorbelastung nicht vorhanden sei, so dass die im Rahmen der von der Antragstellerin vorgelegten Stellungnahme vom 21. Juni 2013 ermittelten Immissionsansätze als nicht tragfähig eingestuft werden müssten. Zudem habe das RGU ausdrücklich festgestellt, dass das Gutachten vom 9. Oktober 2013 vollständig und hinsichtlich Plausibilität nicht zu beanstanden sei. Bei der Lösung einer Immissionskonfliktlage reiche es in der Regel aus, wenn dem Emitenten - wie vorliegend - aufgegeben werde, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten. Erst wenn durch die Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze überschritten, müssten über die Festigung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte hinaus weitere Nebenbestimmungen vorbehalten werden.

Auch in Bezug auf elektromagnetische Felder liege im Hinblick auf die Anforderungen der 26. BImSchV kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor. Die Beigeladene habe mit Bericht vom 19. Dezember 2012 nachgewiesen, dass gemäß 26. BImSchV zulässigen Werte für elektrische Feldstärke sowie für magnetische Flussdichte nicht relevant seien und zum anderen an keiner zugänglichen Stelle erreicht oder überschritten würden. Die elektrische Feldstärke sei danach nicht relevant, da alle spannungsführenden Anlagenteile eingehaust und elektrische Felder vollständig abgeschirmt seien. Der zulässige Wert für die magnetische Flussdichte werde demnach an der äußeren Gebäudewand an keiner zugänglichen Stelle erreicht oder überschritten. Die von der Antragstellerin vorgelegte Stellungnahme, wonach die Vermutung naheliege, dass bei der Berechnung der Feldstärken im Außenbereich nur die Beiträge von Anlagenteilen im Gebäudeinneren berechnet worden seien, könne nicht als substantiierter Angriff auf die seitens der Beigeladenen vorgelegte immissionsschutzfachliche Stellungnahme zu elektromagnetischen Feldern gewertet werden. In der Rechtsprechung sei geklärt, dass ein Gutachten nur dann nicht verwertbar sei, wenn es unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend sei oder die Erkenntnisse, die in dem vorliegenden Gutachten ihren Niederschlag gefunden hätten, durch substantiierte Einwände eines Beteiligten in Frage gestellt erschienen. Allein durch die Behauptung, dass die Vermutung naheliege, elektromagnetische Felder außenliegender Anschlussleitungen seien nicht berücksichtigt worden, könne nach diesen Grundsätzen eine Nichtverwertbarkeit nicht dargelegt werden.

Mit Schriftsatz vom 1. September 2014 haben die Bevollmächtigten der Beigeladenen eine ergänzende Stellungnahme der von ihnen beauftragten Lärmschutzgutachter zu den von Seiten der Antragstellerin bzw. dem von dieser beauftragten Lärmschutzgutachter vorgetragenen Kritikpunkte vorgelegt. Die Bevollmächtigten der Beigeladenen führen hierzu aus, dass mit der vorgelegten Stellungnahme nachgewiesen werde, dass die der schalltechnischen Stellungnahme vom 9. Oktober 2013 zugrundeliegenden Annahmen korrekt seien. Auch sei klargestellt worden, dass es sich bei den differierend angegebenen Schalldruckpegeln in der Immissionsprognose vom 3. April 2013 und der Immissionsprognose vom 9. Oktober 2013 nicht um eine Reduzierung handele, sondern lediglich ein Schreibfehler vorgelegen habe, der schon in den Berechnungen des Gutachtens vom 3. April 2013 keinen Niederschlag gefunden habe. Auch sei der Immissionsansatz in den schalltechnischen Immissionsprognosen jeweils vollständig, da im geplanten Vorhaben immer nur zwei Trafos gleichzeitig in Betrieb seien und insofern den vorgelegten Schallimmissionsprognosen jeweils die Maximalauslastung zugrunde liege.

Des Weiteren wurde mit Schriftsatz vom 1. September 2014 eine Stellungnahme der von der Beigeladenen beauftragten Gutachterin zu elektromagnetischen Feldern vorgelegt. Damit sei im Einzelnen nachgewiesen, dass auch bei Mitbetrachtung der elektromagnetischen Felder der Kabeltrasse (Zu- und Ableitung) die Grenzwerte des 26. BImSchV (100 µT) bei weitem eingehalten würden und nachgewiesen, dass bei Mitbetrachtung der Zu- und Ableitungen an der Gebäudehülle des Umspannwerks der Maximalwert der magnetischen Flussdichte an der zum Gebäude der Antragstellerin zugewandten südlichen Gebäudewand sogar geringer werde.

Mit Schriftsatz vom 10. September 2014 hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin zur Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 31. Juli 2014 und den Schriftsätzen der Beigeladenen vom 8. August 2014 und vom 1. September 2014 Stellung genommen. Zum Sachverhalt wird klargestellt, dass die Antragstellerin von der Baugenehmigung vom ... März 2009 bislang in keiner Weise Gebrauch gemacht habe. Entgegen dem Vortrag der Beigeladenen sei das antragstellerische Gebäude im Bebauungsplan nicht gelb markiert bzw. als abzubrechendes Gebäude dargestellt. Vielmehr sei es schwarz gekennzeichnet und damit nicht als abzubrechendes Gebäude dargestellt.

Im Hinblick auf den Vortrag der Antragsgegnerin und der Beigeladenen geht der Bevollmächtigte der Antragstellerin nochmals auf die Problematik des vermeintlichen wechselseitigen, gleichwertigen Abstandsflächenverstoßes ein und vertiefte sein bisheriges Vorbringen zur Verschlechterung der Situation durch die Realisierung des streitgegenständlichen Vorhabens.

Entgegen dem Vortrag der Beigeladenen habe die Antragstellerin nicht zugestanden, dass das streitgegenständliche Vorhaben die maßgeblichen Lärmimmissionsrichtwerte einhalte, vielmehr sei sicher damit zu rechnen, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte deutlich überschritten würden.

Die vorgetragene Dringlichkeit des streitgegenständlichen Vorhabens werde ausdrücklich bestritten und darauf hingewiesen, dass im Fall des Vorliegens einer Dringlichkeit dies nichts anderes wäre, als Ausdruck und Ergebnis einer völlig unzureichenden Unternehmensplanung auf Seiten der Beigeladenen.

Im Übrigen wird der bisherige Vortrag zur rechtlichen Würdigung nochmals mit weiteren Ausführungen zur Rechtswidrigkeit der Befreiungen und zum Nichtvorliegen einer atypischen Grundstückssituation vertieft.

Zur Stellungnahme des von der Beigeladenen beauftragten Lärmgutachters vom 21. August 2014 wird darauf hingewiesen, dass darin behauptet werde, eine Überprüfung der Pläne mit Stand vom 24. April 2014 habe ergeben, dass sich aus schalltechnischer Sicht keine relevanten Änderungen ergeben hätten. Derartige Pläne mit Stand vom 24. April 2014 gebe es nicht, vermutlich handele es sich um einen Schreibfehler, die genehmigten Pläne trügen jedenfalls zum Teil das Datum 24. April 2013, die meisten genehmigten Pläne trügen allerdings das Datum 29. Juli 2013. Daher gebe es bis zum heutigen Tag kein Gutachten zu dem konkret genehmigten Vorhaben. Der Gutachter der Beigeladenen räume ausdrücklich ein, dass er nur die Immissionen untersucht habe, die bei einem gleichzeitigen Betrieb von zwei Transformatoren entstünden. Genehmigt sei aber der Betrieb von drei Transformatoren. Damit sei die gutachterliche Stellungnahme nicht geeignet, die Einhaltung der Immissionsrichtwerte bei der genehmigen Maximalauslastung nachzuweisen.

Auch im Hinblick auf die durch das streitgegenständliche Vorhaben erzeugten elektromagnetischen Felder gelte, dass die Begutachtung auch insoweit nur von einem gleichzeitigen Betrieb von zwei Transformatoren ausgehe, während der gleichzeitige Betrieb von drei Transformatoren genehmigt sei.

Mit Schriftsatz vom 26. September 2014 haben die Bevollmächtigten der Beigeladenen nochmals zu den Schriftsätzen der Antragstellerin vom 10. September 2014 sowie vom 16. September 2014 repliziert. Demnach ergebe das streitige Vorhaben zwar eine Veränderung der durch das Abstandsflächenrecht geschützten Belange der Belichtung, Belüftung und Besonnung - im Vergleich zu dem Zustand vor Abbruch des Umspannwerks - im Hinblick auf das Grundstück der Antragstellerin, die aber nicht über das hinaus gingen, was in städtischen Verdichtungslagen, die durch ähnliche Verhältnisse geprägt seien, üblich sei.

Weiterhin wurden detaillierte Ausführungen zu dem von der Antragstellerin angeführten Alternativstandort an der ...straße und zur atypischen Grundstückssituation gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten sowie die äußerst detaillierten Ausführungen in den bis zu 103-seitigen Schriftsätzen verwiesen.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin ist zulässig und auch in der Sache begründet, da die Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben wird, da die angefochtene Baugenehmigung vom ... März 2014 bei summarischer Prüfung nachbarschützenden Vorschriften des Bauplanungs- und Bauordnungsrechtes verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Nach § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt, a. a. O., § 80 Rn. 73 ff.).

2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechts-widrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Bau-genehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 - 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 - juris RdNr. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris RdNr. 3).

3. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung, sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegeständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben sowohl in bauplanungsrechtlicher als auch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (Art. 60 Satz 1 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Im vorliegenden Fall wurde ein Baugenehmigungsverfahren nach Art. 60 BayBO durchgeführt, da das Umspannwerk als Sonderbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 BayBO eingestuft wurde. Dementsprechend gehören gem. Art. 60 Satz 1 zum Prüfungsmaßstab die Vorschriften über die Zulässigkeit baulicher Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB sowie vollumfänglich die bauordnungsrechtlichen Anforderungen nach der BayBO.

4. Vorliegend bestimmt sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit dem Bebauungsplan Nr.... der Antragsgegnerin. Danach ist ein Vorhaben zulässig, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

4.1 Für den Bereich des Vorhabens setzt der Bebauungsplan Nr. ... gem. § 1 Abs. 3 ein Sondergebiet „Versorgungsfläche (Elektrizität)“ fest, so dass das Umspannwerk nach Art der baulichen Nutzung grundsätzlich der Festsetzung des Bebauungsplans entspricht. Dass aufgrund der Eintragung im nordöstlichen Bereich „Neues Umspannwerk“ im Planteil eine derartige Anlage nur im nördlichen Bereich zulässig sein sollte, kann nicht angenommen werden, da die gelb gestrichelte Kennzeichnung der Versorgungsfläche eindeutig alle vier damals vorhandenen Grundstücke (FlNrn. ....), die mittlerweile zum Vorhabengrundstück (FlNr. ...) vereinigt wurden, umfasst.

Insoweit scheidet auch ein Gebietserhaltungsanspruch der Antragstellerin aus. Unabhängig von der Fragestellung, ob ein baugebietsübergreifender Gebietserhaltungsanspruch anzuerkennen ist (ablehnend BayVGH, U.v. 23.3.2013 - 14 B 12.169, BayVBl. 2014, 146 - juris Rn. 19), gibt der Gebietserhaltungsanspruch Eigentümern von Grundstücken, die - wie hier - in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet liegen, unabhängig von konkreten Beeinträchtigungen das Recht, sich gegen Vorhaben zur Wehr zu setzen, die in dem Gebiet hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässig sind. Der Gebietserhaltungsanspruch des Nachbarn setzt voraus, dass die Grundstücke in einem festgesetzten oder faktischen Baugebiet im Sinne der BauNVO liegen und ist im Ergebnis darauf gerichtet, Vorhaben zu verhindern, die weder regelmäßig noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig sind (vgl. BVerwG U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91 BVerwGE 94, 151 - juris RdNr. 13). Da aber das genehmigte Umspannwerk der festgesetzten Art der baulichen Nutzung im Sondergebiet entspricht, scheidet ein entsprechender Anspruch vorliegend aus.

4.2 Das Vorhaben bzw. seine Genehmigung verstößt jedoch voraussichtlich gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962 sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die für die Umgebung nach der Eigenart des Gebietes unzumutbar sind. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO stellt eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots dar und ergänzt insoweit die §§ 2 bis 14 BauNVO, (BVerwG B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08, ZfBR 2009, 376 - juris RdNr. 4).

Bei der in diesem Zusammenhang anzustellenden Interessenbewertung ist ausschlaggebend, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und dem zur Rücksichtnahme Verpflichteten nach der jeweiligen Situation, in der sich die betroffenen Grundstücke befinden, im Einzelfall zuzumuten ist. Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann auf die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zurückgegriffen werden (BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75, BVerwGE 52, 122 - juris RdNr. 22; BayVGH, B.v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris RdNr. 29). Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen, die das nach § 5 Nr. 1 BImSchG zulässige Maß nicht überschreiten, begründen keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots (BVerwG, U.v. 30.9.1983 - 4 C 74/78, BVerwGE 68, 58 - juris RdNrn. 11/14). Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

4.2.1 Normkonkretisierende Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 26. August 1998 (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm, GMBl. 1998 S. 503). Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z. B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z. B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 - juris RdNr. 12; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris RdNr. 18). Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 AltBauNVOuNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98, BVerwGE 109, 314 - juris RdNr. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris RdNr. 19).

Geht es um die Lösung einer Immissions-Konfliktlage, reicht es in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (BVerwG U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15 - juris RdNr. 11; U. v. 24.6.1971 - I C 39.67 - BVerwGE 38, 209 - juris RdNr. 8; BayVGH B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris RdNr. 31). Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH U. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945, BayVBl. 2003, 503 - juris RdNr. 53-61; B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris RdNr. 31).

Vorliegend geht die schalltechnische Immissionsprognose vom 9. Oktober 2013 davon aus, in der Regel seien immer nur zwei Transformatoren in Betrieb (S. 5). Für die Nachtzeit sei durch eine Reduzierung der Drehzahl der Zuluftventilatoren auf ca. 2/3 Last eine Pegelminderung von ca. 8 dB zu erreichen (S. 6).

Beide Vorgaben finden sich weder als Auflage in der Baugenehmigung noch als ausdrückliche Vorgabe in der Betriebsbeschreibung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass mit der Baugenehmigung ein 24-Stunden-Betrieb der Anlage mit allen drei Transformatoren genehmigt wurde und entsprechend auch die Zuluftventilatoren uneingeschränkt zum Einsatz kommen können. Allenfalls dem Hinweis in der Betriebsbeschreibung vom 25.04.2013, die technischen Einrichtungen (Transformatoren) seien redundant ausgelegt, lässt sich entnehmen, dass wohl nicht alle drei Transformatoren parallel betrieben werden sollen. Allerdings erscheint dieser Hinweis zu vage, um den tatsächlichen Betrieb von vornherein auf den maximal zulässigen Betrieb von zwei Transformatoren zu beschränken. Insoweit wäre eine eindeutige Klarstellung durch eine Auflage oder Ergänzung und Klarstellung der Betriebsweise erforderlich. Ohne eine derartige verbindliche und eindeutige Betriebsbeschreibung sind aufgrund der erteilten Baugenehmigung in dem geplanten Umspannwerk alle Nutzungsmöglichkeiten genehmigt, die in dieser Einrichtung überhaupt denkbar bzw. technisch möglich sind. Die derzeit genehmigte Betriebssituation wurde jedoch von der schalltechnischen Immissionsprognose vom 9. Oktober 2013 nicht betrachtet und bewertet. Es ist daher durchaus naheliegend, dass bei einem derartigen Betrieb die Immissionsrichtwerte am Anwesen der Antragstellerin nicht einhalten werden.

Gleiches gilt für die in der schalltechnischen Immissionsprognose vom 9. Oktober 2013 vorgesehene und berücksichtigte Reduzierung der Drehzahl der Zuluftventilatoren auf ca. 2/3 Last, um eine Pegelminderung von ca. 8 dB zu erreichen. Auch diese Betriebsweise ist weder durch eine Auflage noch in der Betriebsbeschreibung sicher gestellt, weshalb derzeit die Verletzung des Rücksichtnahmegebots den Nachbarn gegenüber nicht ausgeschlossen werden kann.

4.2.2 Für die Beurteilung elektromagnetischer Felder enthält die Sechsundzwanzigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV) die maßgeblichen Anforderungen und Grenzwerte zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen und zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder. Mit zwei Prüfberichten zur Beurteilung elektromagnetischer Felder gemäß 26. BImSchV vom 19. Dezember 2012 (Berechnungsergebnisse und Beurteilung Bericht M101727/08 und Modellbildung Bericht M101727/09) hat hierzu die von der Beigeladenen beauftragte Gutachterin Stellung genommen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die zulässigen Werte der 26. BImSchV von 5 Kilovolt pro Meter (kV/m) für die elektrische Feldstärke und 100 Mikrotesla (µT) für die magnetische Flussdichte eingehalten würden. Die elektrische Feldstärke sei nicht relevant, da alle spannungsführenden Anlagenteile eingehaust und elektrische Felder damit vollständig eingehaust seien. Der zulässige Wert für die magnetische Flussdichte werde an der äußeren Gebäudewand an keiner zugänglichen Stelle erreicht oder überschritten. Der Beurteilungswert bei maximaler Anlagenauslastung betrage 43,93 µT. Für die Beurteilung seien die Werte bei „höchster betrieblicher Auslastung“ zu ermitteln, was nicht durch die tatsächlich zu erwartende maximale Auslastung, sondern durch eine technische Grenze definiert sei, bei Umspannanlagen beispielsweise durch die Nennleistung der Transformatoren.

Nach den Abbildungen A 1 und A 2 der Berechnungsergebnisse wurden offenbar nur die beiden nördlichen Transformatoren, nicht aber der südliche Transformator in der Beurteilung berücksichtigt. Hier ergibt sich dieselbe Problematik zur Betriebsweise wie bei den Lärmimmissionen. Hinzu kommt, dass bei der Betrachtung der elektromagnetischen Felder der zum Grundstück der Antragstellerin nächstgelegene Transformator nicht betrachtet wurde. Selbst wenn es sich hierbei um den Reservetransformator handeln sollte, ist jedoch auch dessen Betrieb bei Ausfall eines der anderen beiden Transformatoren genehmigt, weshalb im Hinblick auf die an der südlichen Außenwand des Gebäudes im Falle seines Betriebs höhere Werte zu erwarten sind, als bislang errechnet (Berechnungsergebnisse und Beurteilung Bericht M101727/08 S. 7).

Hinzu kommt, dass bislang eine Berücksichtigung des Minimierungsgebots nach § 4 Abs. 2 Satz 1 26. BImSchV bislang nicht erfolgt ist.

5. In Bauordnungsrechtlicher Hinsicht stellt sich die erteilte Abweichung von der zum Grundstück der Antragstellerin einzuhaltenden Abstandsfläche bei summarischer Prüfung als rechtswidrig dar und führt voraussichtlich zum Erfolg ihrer Anfechtungsklage.

5.1 Bei der Zulassung einer Abweichung von einer dem Nachbarschutz dienenden Vorschrift des Bauordnungsrechts kann der Nachbar nicht nur eine ausreichende Berücksichtigung seiner Interessen beanspruchen, sondern ist er auch dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Abweichung aus einem anderen Grunde objektiv rechtswidrig ist (BayVGH, B.v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris RdNr. 17). Die Vorschriften des Abstandsflächenrechts dienen in ihrer Gesamtheit dem Schutz der Nachbarn (BayVGH, U.v. 14.10.1985 - 14 B 85 A.1224, BayVBl. 1986, 143, 145 - juris nur LS 3).

Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Während bei bautechnischen Anforderungen der Zweck der Vorschriften vielfach auch durch eine andere als die gesetzlich vorgesehene Bauausführung gewahrt werden kann (die dann im Wege der Abweichung zuzulassen ist), wird der Zweck des Abstandsflächenrechts, der vor allem darin besteht, eine ausreichende Belichtung und Lüftung der Gebäude zu gewährleisten und die für Nebenanlagen erforderlichen Freiflächen zu sichern, regelmäßig nur dann erreicht, wenn die Abstandsflächen in dem gesetzlich festgelegten Umfang eingehalten werden. Da somit jede Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO zur Folge hat, dass die Ziele des Abstandsflächenrechts nur unvollkommen verwirklicht werden, setzt die Zulassung einer Abweichung Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Lüftung (sowie eine Verringerung der freien Flächen des Baugrundstücks) im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen. Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (BayVGH, B.v. 13.2.2002 - 2 CS 01.1506 - juris RdNr. 16; B.v. 23.5.2005 - 25 ZB 03.881 - juris RdNr. 8; B.v. 15.11.2005 - 2 CS 05.2817 - juris RdNr. 2; B. v. 29.11.2006 - 1 CS 06.2717 - juris RdNr. 24; B.v. 11.1.2007 - 14 B 03.572 - juris RdNr. 22; B.v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris RdNr. 16; B. v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris RdNr. 23; B.v. 5.12.2011 - 2 CS 11.1902 - juris RdNr. 3; U. v. 22.12.2011 - 2 B 11.2231, BayVBl. 2012, 535 - juris RdNr. 16). Diese kann sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben (BayVGH, B.v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris RdNr. 16; B.v. 22.9.2006 - 25 ZB 01.1004 - juris RdNr. 4). In solchen Lagen kann auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch Zulassung einer Abweichung rechtfertigen. Weitere Voraussetzung ist die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung nachbarlicher Interessen. Mit der Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen verlangt das Gesetz - wie bei dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme - eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn (BayVGH, B. v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 17). Ob eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden kann, beurteilt sich dabei nicht allein danach, wie stark die Interessen des betroffenen Nachbarn beeinträchtigt werden. Es ist stets auch zu prüfen, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherrn oder überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (BayVGH, B. v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 20).

Von Bedeutung ist bei der Beurteilung des Vorliegens der erforderlichen Atypik insbesondere, ob eine sinnvolle Ausnutzung des Baugrundstücks unter Beachtung der Anforderungen des Art. 6 Abs. 5 BayBO unmöglich oder unzumutbar ist (BayVGH, B.v. 30.8.2011 - 15 CS 11.1640 - juris RdNr. 16). Demgegenüber ist in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen eine atypische Situation dann anzunehmen, wenn jedwede bauliche Veränderung der historischen Bausubstanz geeignet ist, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris RdNr. 23). Zu berücksichtigen ist schließlich, dass tatsächlich vorhandene abstandsflächenwidrige Bebauungsverhältnisse nach Möglichkeit bereinigt und nicht verewigt werden sollen (vgl. BayVGH, U. v. 22.11.2006 - 25 B 05.1714, BayVBl. 2007, 276 - juris RdNr. 20), weshalb eine Abstandsflächenüberschreitung durch einen Altbestand als solche und für sich allein nicht geeignet ist, die erforderliche Atypik zu begründen. Die erforderliche Atypik ist in Bezug auf die Einhaltung der Abstandsflächen des Art. 6 Abs. 5 BayBO nicht stets allein schon deshalb gegeben, weil das Vorhaben Außenwände eines Altbestands einbezieht, der die Abstandsflächenvorschriften nicht einhält (BayVGH, B. v. 23.5.2005 - 25 ZB 03.881 - juris RdNr. 8). Die gesetzlichen Ziele, ein bestimmtes Mindestmaß an Belichtung, Belüftung und Wohnfrieden sicherzustellen, gelten vielmehr für Neubauten und Umbauten gleichermaßen. Dass der Bauherr dadurch vor die Wahl gestellt ist, entweder seinen vom Gesetz abweichenden Altbestand im bisherigen Umfang weiter zu nutzen oder bei einer neuen Genehmigung das geltende Recht einzuhalten, ist im Gesetz selbst angelegt und kann nicht als anormaler, nicht bedachter Ausnahmefall angesehen werden (BayVGH, B. v. 23.5.2005 - 25 ZB 03.881 - juris RdNr. 8). Das Vorhandensein eines Altbestandes stellt lediglich eine objektive Gegebenheit dar, die bei Hinzutreten weiterer objektiver Umstände - z. B. Anforderungen der Stadtgestaltung - im Einzelfall eine atypische Sondersituation begründen kann.

Vorliegend hat sich die Beigeladene dazu entschieden, den bisherigen Altbestand entlang der ...straße vollständig zu beseitigen und einen Neubau zu errichten, der damit vollumfänglich den Anforderungen des geltenden Abstandsflächenrechts genügen muss (BayVGH, B. v. 23.5.2005 - 25 ZB 03.881 - juris RdNr. 8).

Im Hinblick auf die Größe des Baugrundstücks von 7.278 m² ist vorliegend nicht erkennbar, inwieweit eine atypische, von der gesetzlichen Regel des Art. 6 BayBO nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung vorliegen soll.

Es mag aus Sicht der Beigeladenen und der Beklagten aus wirtschaftlichen Gründen nachvollziehbar sein, das neue Umspannwerk, das gegenüber dem alten Umspannwerk nur mehr 20% des Platzbedarfs aufweist, möglichst am gewählten Standort an der ...straße zu errichten. Es dürfte sich hierbei um den aus technischer und wirtschaftlicher Sicht optimalen Standort handeln, da einerseits die vorhandene Infrastruktur möglichst ohne großen Umbauaufwand in das neue Umspannwerk integriert werden kann. Zum anderen kann nach der Übergangsphase des Parallelbetriebs der Umspannwerke das Grundstück von der bisherigen Bebauung mit dem alten Umspannwerk im nördlichen Bereich, dem Gleichrichterwerk sowie dem Betriebsgebäude im südlichen Bereich freigemacht und - bei einer entsprechenden Änderung des Bebauungsplans - einer weiteren städtebaulichen Entwicklung und Bebauung zugeführt werden. Diese Gründe vermögen gleichwohl, angesichts der Größe des Baugrundstücks und der vorhandenen Möglichkeit, das Vorhaben an anderer Stelle unter Einhaltung der Abstandsflächen zu errichten, keine atypische Grundstückssituation zu begründen. Ein dahingehender Vortrag, das Umspannwerk mit integriertem Gleichrichterwerk könne und müsse alternativlos nur am gewählten Standort errichtet werden, wurde weder von der Beklagten noch von der Beigeladenen vorgebracht. Beide argumentieren im Wesentlichen mit wirtschaftlichen Gesichtspunkten, die für sich jedoch an der gegebenen Grundstückssituation nichts zu ändern vermögen und die in der abstandsflächenrechtlichen Bewertung keine Rolle spielen.

Soweit sich die Beklagte auf die Lage im dicht bebauten innerstädtischen Bereich beruft und einen ungünstigen Grundstückszuschnitt geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass angesichts des nur teilweise bebauten Vorhabengrundstücks schon fraglich ist, ob damit eine Situation gegeben ist, wie sie den Fällen zugrunde lag, die zur Bejahung einer Atypik durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs führten. Zudem waren diese Fälle dadurch gekennzeichnet, dass sie den Umbau, Ausbau und die Änderung von vorhandenen Gebäuden betraf, nicht aber den Abriss des Altbestands mit anschließender Neubebauung. Der vermeintlich ungünstige Grundstückszuschnitt wegen der abknickenden westlichen Grundstücksgrenze und der unregelmäßige Verlauf der südlichen Grundstückgrenze vermögen ebenfalls für die gewährte Abweichung nicht die erforderliche Atypik zu begründen. Der abknickende Verlauf der westlichen Grundstücksgrenze hat ersichtlich keinen Einfluss auf die Frage der Einhaltung der südlichen Abstandsfläche zum Grundstück der Antragstellerin. Auch der unregelmäßige Verlauf der südlichen Grundstücksgrenze spielt im Verhältnis zum hier betroffenen Bereich keine Rolle.

Auch die Tatsache, dass es sich bei dem Umspannwerk um eine für die Versorgung der Bevölkerung mit Elektrizität wichtige Einrichtung handelt, die nach dem Energiewirtschaftsgesetz u.U. sogar mittels einer Enteignung durchgesetzt werden könnte, spielt für die Frage, ob eine atypische Grundstückssituation vorliegt, keine Rolle.

Da es sich bei den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften um Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums i. S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG handelt, ist das Vorliegen einer Atypik im Sinne einer von der gesetzlichen Regel des Art. 6 BayBO nicht zureichend erfassten oder bedachten Fallgestaltung auch verfassungsrechtlich geboten. Inhalt und Schranken und damit die Sozialbindung des Eigentums bestimmt allein der Gesetzgeber (vgl. Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand 71. Ergänzungslieferung 2014, Art. 14 RdNr. 306). Eine Geltung der Abstandsflächen allein nach Ermessen der Bauaufsichtsbehörden wäre mit diesem spezifischen Gesetzesvorbehalt bei Inhalts- und Schrankenbestimmungen nicht vereinbar. Von der vom parlamentarischen Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung zur Ausgestaltung der bei einer Bebauung eines Grundstücks einzuhaltenden Abstandsflächen darf daher nur dann abgewichen werden, wenn eine derart vom Regelfall abweichende Fallgestaltung vorliegt, dass sie von der gesetzlichen Normierung nicht mehr zutreffend erfasst wir. Ohne Vorliegen einer Atypik kann daher weder allein ein besonderes Interesse des Bauherren an einer möglichst wirtschaftlichen Ausnutzung der Bebauung seines Grundstücks noch ein besonderes öffentliches Interesse eine Abweichung von den Abstandsflächen rechtfertigen. Diese Belange können erst dann zur Geltung kommen, wenn die atypische Grundstückssituation vorliegt und damit der Weg zu einer umfassenden Abwägung der privaten und öffentlichen Interessen im Rahmen der Abweichungsentscheidung auf der Grundlage des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO eröffnet ist.

5.2 Im vorliegenden Fall kann sich die Antragstellerin auch mit Erfolg darauf berufen, dass sie durch die erteilte Abweichung von den nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen in eigenen Rechten verletzt wird. Eine solche Rüge ist ihr nicht aufgrund des auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt.

Aus dem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsflächen freihält. Dies führt dazu, dass nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Nachbar sich gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Einhaltung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen kann, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht und wenn die beiderseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris RdNr. 37; VGH BW, B.v. 29.9.2010 - 3 S 1752/10, BauR 2011, 148 - juris RdNr. 5; VGH BW, B. v. 4.1.2007 - 8 S 1802/06 - juris RdNr. 4). Derjenige, der mit seinem Gebäude selbst nicht den erforderlichen Grenzabstand einhält, kann billigerweise nicht verlangen, dass der Nachbar die Abstandsfläche, die er selbst auf dem eigenen Grundstück nicht zur Verfügung hat, auf dem fremden Grundstück frei hält (BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris RdNr. 37). Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (OVG Berlin, U. v. 11.02.2003 - 2 B 16.99 - juris RdNr. 30; OVG Lüneburg, U.v. 30.03.1999 - 1 M 897/99 - juris LS 1, RdNr. 43).

Im Hinblick darauf, dass schon die beiderseitigen Abweichungen nicht gleichgewichtig sind, kann vorliegend offen bleiben, ob es hierbei von Bedeutung ist, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt (vgl. OVG Berlin, U. v. 11.02.2003 - 2 B 16.99 - juris RdNr. 29; VGH SH U.v. 15.12.1992 - 1 L 118/91 - juris; OVG Lüneburg B.v. 30.03.199 - 1 M 897/99 - juris RdNr. 43; VG München U.v. 07.10.2013 - M 8 K 12.6342 - juris RdNr. 26; VG München B.v. 02.01.2014 - M 8 SN 13.5141 - juris RdNr. 43; VG München B.v. 20.06.2013 - M 8 SN 13.1890 - juris RdNr. 37; VG München U.v. 11.03.2013 - M 8 K 12.3508 - juris RdNr. 40; VG München U.v. 21.01.2013 - M 9 E1 12.6080 - juris RdNr. 36 m. w. N.; a.A. OVG Münster U.v. 24.04.2001 - 10 A 1402/98 - juris RdNr. 11; kritisch auch Kuchler, jurisPR-UmwR 6/2014 - Anm. 1).

Nach den vom Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgelegten Abstandsflächendarstellungen (ASt 25 und 26), die weder von der Antragsgegnerin noch der Beigeladenen In Frage gestellt wurden, beträgt die auf das Grundstück der Antragstellerin fallende Abstandsfläche des Vorhabens (bei 1 H = 12,31 m) 84,85 m². Umgekehrt beträgt die auf das Vorhabengrundstück fallende Abstandsfläche des Anwesens der Antragstellerin (bei ½ H = 7,61 m) 41,54 m². Damit ist - auch wenn keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert ist - offensichtlich schon quantitativ keine Entsprechung gegeben. Hinzu kommt, dass auch qualitativ die Abstandsfläche des Vorhabens auf das Gebäude der Antragstellerin fällt und insoweit schwerer wiegt, als die Abstandsfläche des Anwesens der Antragstellerin auf dem Vorhabengrundstück, zumal das Gebäude der Antragstellerin Fenster in Richtung des Vorhabens aufweist.

6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat, konnten ihr gem. § 154 Abs. 3 VwGO die Kosten zur Hälfte auferlegt werden.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 30. Okt. 2014 - M 8 SN 14.2427

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 30. Okt. 2014 - M 8 SN 14.2427

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Beschluss, 30. Okt. 2014 - M 8 SN 14.2427 zitiert 25 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 1 Allgemeine Vorschriften für Bauflächen und Baugebiete


(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als 1.Wohnbauflächen(W)2.gemischte Bauflächen(M)3.gewerbliche Bauflächen(G)4.Sonderbauflächen

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 5 Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 2 Kleinsiedlungsgebiete


(1) Kleinsiedlungsgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäuden mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen. (2) Zulässig sind 1. Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebä

Baugesetzbuch - BBauG | § 212a Entfall der aufschiebenden Wirkung


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absa

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 7 Kerngebiete


(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur. (2) Zulässig sind 1. Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,2. Einzelhandelsbetriebe, Sch

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 48 Verwaltungsvorschriften


(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften,

Sechsundzwanzigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes


Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Beschluss, 30. Okt. 2014 - M 8 SN 14.2427 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 30. Okt. 2014 - M 8 SN 14.2427 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 29. Nov. 2012 - 4 C 8/11

bei uns veröffentlicht am 29.11.2012

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinhe

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Sept. 2010 - 3 S 1752/10

bei uns veröffentlicht am 29.09.2010

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2010 - 1 K 2236/10 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kos

Referenzen

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

21

cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

27

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über

1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen,
2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist,
3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen,
4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen,
5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten,
6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
Bei der Festlegung der Anforderungen sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten.

(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.

(1b) Abweichend von Absatz 1a

1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Emissionswerte und Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten.

(2) (weggefallen)

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

21

cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

27

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2010 - 1 K 2236/10 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss vom 29.06.2010 ist statthaft und auch sonst zulässig. Allerdings bestehen Bedenken, ob die Beschwerdebegründung im Schriftsatz vom 09.08.2010, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt, wonach sich der Beschwerdeführer mit den von ihm in Frage gestellten Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts inhaltlich auseinandersetzen muss (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.07.2002 - 11 S 1293/02 -, NVwZ 2002, 1388 ff.). Dies gilt insbesondere für die Rüge, das Verwaltungsgericht habe wesentliche Teile des Vorbringens des Antragstellers in der Stellungnahme zur Angrenzerbenachrichtigung unter zu enger Auslegung des § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO als materiell präkludiert angesehen. Denn insofern hat der Antragsteller sich mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts nicht auseinandergesetzt. Das Verwaltungsgericht hat die im Einwendungsschreiben des Antragstellers vom 20.07.2009 unter Ziff. 1 bis 5 vorgetragenen - und im Beschwerdebegründungsschriftsatz lediglich wiederholten - Beeinträchtigungen vollumfänglich in sein Prüfprogramm aufgenommen (vgl. S. 2 und 3 des Entscheidungsabdrucks). Der Antragsteller übersieht darüber hinaus, dass das Verwaltungsgericht sich nicht auf die bloße Prüfung der im Einwendungsschreiben vom 20.07.2009 genannten Punkte beschränkt, sondern letztlich eine „Vollprüfung“ anhand auch anderer relevanter bauplanungsrechtlicher Kriterien vorgenommen hat (Vereinbarkeit mit Festsetzungen der Ortsbausatzung, Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nach Kriterien des Maßes der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche, dazu nachfolgend).
Ungeachtet dessen hat die Beschwerde aber jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage (Az.: 1 K 670/10) gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 13.10.2009 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 29.01.2010 anzuordnen, zu Recht abgelehnt. Auch nach Auffassung des Senats kommt dem Interesse der Beigeladenen an der - dem gesetzlichen Regelfall entsprechenden - sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung Vorrang vor dem Interesse des Antragstellers an einem vorläufigen Baustopp zu. Nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben. Denn die (unter Abbruch eines bestehenden Wohnhauses) genehmigten zwei Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... - es handelt sich um einen zweigeschossigen Flachdachanbau mit vier Wohnungen (Haus 1), einen Zwischenbau und ein weiteres Gebäude mit Satteldach und sechs Wohnungen (Haus 2) - verstoßen nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz des Antragstellers zu dienen bestimmt sind.
Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend und in Würdigung des Beschwerdevorbringens ist Folgendes auszuführen:
I.
1. Zutreffend dürfte die - vom Antragsteller nicht angegriffene - Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts sein, die den Gegenstand der Befreiung bildenden Festsetzungen der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin über die Begrenzung der Stockwerkszahl (§ 29 Abs. 3 OBS) und der Wohnungszahl je Stockwerk (§ 10 Abs. 1 und 2 OBS) sowie über den Mindestabstand von Hintergebäuden zu den straßenseitigen Baulinien (§ 40 Abs. 2 OBS) dienten jeweils nur städtebaulich-gestalterischen Zielen und nicht (zumindest auch) dem Schutz der übrigen Gebietsanlieger. Insoweit kann auf die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung verwiesen werden, die zu einer bezüglich der Wohnungszahlbegrenzung inhaltlich weitgehend identischen Regelung in der Ortsbausatzung der Stadt Stuttgart ergangen ist (VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 06.03.2001 - 8 S 425/01 -, juris, und vom 09.08.1996 - 8 S 2012/96 -, VBlBW 1997, 26 f.). Der Verwaltungsgerichtshof hat dort - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zur Auslegung der früheren „Zwei-Wohnungs-Klausel“ in § 3 Abs. 4 BauNVO 1962/1977 - entschieden, dass derartige Regelungen zur Wohnungszahlbegrenzung trotz ihrer Nähe zur Art der baulichen Nutzung nicht schlechthin nachbarschützend sind, sondern nur dann, wenn sich aus ihrem Inhalt, aus den konkreten örtlichen Verhältnissen oder aus dem erkennbar gewordenen Willen des Satzungsgebers ergibt, dass ein besonderer Gebietscharakter mit begrenzter Siedlungsdichte zugunsten eines gehobenen Wohnens beabsichtigt ist, wobei weder eine Regelvermutung für oder gegen eine nachbarschützende Zielrichtung anzunehmen ist (vgl. auch Beschluss vom 22.02.1995 - 3 S 243/95 -, VGH BW - Ls 1995, Beilage 6, B 7). Derartige Anhaltspunkte wurden für die Stuttgarter „Wohnungsklausel“ unter anderem unter Hinweis darauf verneint, dass im dortigen Wohngebiet auch Gebäude mit eher „wohnwertmindernden“ Auswirkungen zulässig sind, wie Schulen oder Krankenhäuser. Es spricht einiges dafür, dass diese Grundsätze auch für die Auslegung der hier maßgeblichen Ortsbausatzung der Antragsgegnerin von 1923/24 gelten, zumal auch dort außer Wohnhäusern ebenfalls Gebäude für „Bildungs- und Erholungszwecke“ errichtet werden dürfen.
2. Letztlich kann die Frage des Drittschutzes der „Wohnungsklausel“ in § 10 Abs. 2 OBS aber offen bleiben. Denn auf deren Verletzung könnte sich der Antragsteller jedenfalls nicht berufen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mehrfach für den Bereich des bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrechts entschieden, dass ein Nachbar, der seinerseits den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert ist, die Verletzung des Grenzabstands beim Bauherrn zu rügen, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht schwerer wiegt als der eigene Verstoß und in gefahrenrechtlicher Hinsicht keine völlig untragbaren Zustände entstehen (vgl. Beschlüsse vom 04.01.2007 - 8 S 1802/06 - juris, vom 24.01.2006 - 8 S 638/05 - und vom 16.11.2004 - 3 S 1898/04 - juris, sowie Urteil vom 18.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 235). Diese übergeordneten Grundsätze für den Ausschluss bzw. die Begrenzung treuwidriger Rügen müssen in gleicher Weise auch bei Verstößen gegen drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts gelten, seien es Verstöße gegen Festsetzungen in Bebauungsplänen oder seien es Zuwiderhandlungen gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Betroffene Nachbarn können auch solche bauplanungsrechtlichen Rechtsverstöße grundsätzlich dann nicht geltend machen, wenn sie selbst mit (bei objektiver Betrachtung) qualitativ und quantitativ mindestens gleichem Gewicht von eben diesen Vorschriften abgewichen sind; nur in solchen einer nach ihrem Gewicht „überschießenden“ Rechtsverletzung des Nachbarn ist das - auf fairen Ausgleich angelegte - nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis zu dessen Lasten gestört (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.11.2002, a.a.O. m.w.N.). Gemessen daran wäre dem Antragsteller die Rüge verwehrt, das streitige Mehrfamilienhaus verstoße gegen die Wohnungszahlbeschränkung in § 10 Abs. 2 OBS. Denn er muss sich Verstöße gleichen Gewichts zurechnen lassen. Seine Eigentumswohnung befindet sich in einem dem Vorhaben gegenüberliegenden Wohnhaus mit 3 Vollgeschossen, in dem die Zahl von einer Wohnung je Stockwerk ebenfalls überschritten wird, ungeachtet, ob das Gebäude als Einheit oder als Doppelhaus mit zwei Gebäuden beurteilt wird. In dem Gebäude befinden sich nach Auskunft des Bauordnungsamts der Antragsgegnerin (vgl. Aktenvermerk vom 28.09.2010 sowie die in den Akten befindlichen Luftbilder) insgesamt 11 Wohnungen, von denen 3 im Erdgeschoss und jeweils 4 in den beiden Obergeschossen liegen; darauf, dass die Überschreitung der Wohnungszahl und Geschosszahl genehmigt worden ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
II.
Entscheidungserheblich - und gerügt - ist demnach allein die Frage, ob das streitige Mehrfamilienhaus gegen das Gebot der Rücksichtnahme in seiner nachbarschützenden Ausprägung zulasten des Antragstellers verstößt, der Eigentümer einer Eigentumswohnung im 2. OG des Wohnhauses auf dem angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... ist. Hierbei ist das Rücksichtnahme- gebot bezüglich der Befreiungen von Festsetzungen der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin aus § 31 Abs. 2 BauGB (Würdigung nachbarlicher Interessen) zu entnehmen und im Übrigen in § 34 Abs. 1 BauGB (Begriff des „Sich Einfügens“) enthalten (st. Rspr., vgl. zum einen BVerwG, Urteil vom 19.04.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409, zum anderen BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, BauR 1981, 155).
Das Verwaltungsgericht hat eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Recht verneint. Der Antragsteller wird - unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Beteiligten und des Gewichts der ihn treffenden Nachteile - in der Nutzung seiner Eigentumswohnung nicht unzumutbar in städtebaulich erheblichen Belangen beeinträchtigt (zu diesen Kriterien vgl. die st. Rspr. des Senats seit dem Beschluss vom 16.02.1990 - 3 S 155/90 -, juris). Dies gilt auch bei Berücksichtigung des Grundsatzes, dass die Anforderungen an die erforderliche Schwere der Beeinträchtigungen dann etwas geringer sein können, wenn es sich um ein befreiungsbedürftiges oder gar objektiv rechtswidriges Vorhaben handelt (vgl. den auch vom Antragsteller angeführten Beschluss des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff.).
1. Soweit der Antragsteller sich gegen die Ausmaße des Baukörpers mit der ihm gegenübertretenden Nordseite wendet und insofern Überschreitungen des Nutzungsmaßes der näheren Umgebung (§ 34 Abs. 1 BauGB) geltend macht, verhilft dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Eine unzumutbare Beeinträchtigung des Antragstellers lässt sich hieraus nicht herleiten. Ob sich das genehmigte Gebäude nach dem Maß der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung „einfügt“, d.h. sich im vorgegebenen prägenden Umgebungsrahmen hält, ist nicht nach den „relativen“ Kriterien der Grund- oder Geschossflächenzahl, sondern in erster Linie nach „absoluten“, das äußere oberirdische Erscheinungsbild abbildenden Kriterien, nach der „Lage im Raum“ zu beurteilen. Hierfür maßgeblich sind insbesondere die Parameter der Gebäudehöhe (§ 16 Abs. 1 BauNVO), der Grundfläche und der Baumasse (§ 16 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 BauNVO; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 21.06.2007 - 4 B 8.07 -, BauR 2007, 515 f.).
2. Gemessen daran dürfte sich das Vorhaben schon objektiv-rechtlich noch innerhalb des durch das Straßengeviert zwischen ..., ... und ... gebildeten Umgebungsrahmens halten. Zu diesem maßgeblichen Umgebungsrahmen gehört, was der Antragsteller verkennt, auch das nach Größe und Ausstrahlung durchaus gebietsprägende Mehrfamilienhaus ... ..., in dem sich die Eigentumswohnung des Antragstellers befindet. Mit diesem Wohnhaus, einem potenziellen „Sündenfall“, ist die vom Antragsteller nunmehr beanstandete bauliche Verdichtung und Umstrukturierung des Gevierts eingeleitet bzw. verfestigt worden. Der Charakter eines durchgängigen unversehrten klassischen Landhausgebiets ist dadurch, aber auch durch andere Gebäude, verloren gegangen. Daran ändert nichts, dass sich, wie der Antragsteller vorträgt, südlich des Baugrundstücks in „hangaufwärtiger Lage“ noch Grundstücke mit geringer Verdichtung und größeren unbebauten Grünflächen befinden.
10 
Das streitige Mehrfamilienhaus der Beigeladenen hält sich nach dem Maß der baulichen Nutzung innerhalb dieses Rahmens. Mit seiner Gesamtlänge von 38,65 m überschreitet es die Länge des Mehrfamilienhauses ... ... von ca. 36 m nur geringfügig, bei der Gebäudehöhe bleibt es hinter jenem sogar zurück. Die Wandhöhe des Vorhabens beträgt bei Haus 1 6,60 m, bei Haus 2 liegt die Traufhöhe bei ca. 7 m und die Firsthöhe bei ca. 13 m. Demgegenüber weist das Mehrfamilienhaus ... ... durchgehend eine Traufhöhe von etwa 10,5 m und eine Firsthöhe von etwa 14 m auf. Auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche dürfte das Vorhaben den Umgebungsrahmen jedenfalls nicht erheblich überschreiten. Denn ausweislich von Luftbildern sind in dem bezeichneten Straßengeviert auch an anderer Stelle ähnliche Bebauungstiefen mit „in zweiter Reihe“ errichteten Gebäuden anzutreffen.
11 
Angesichts der vergleichbaren Größenordnung beider Gebäude und ihres Abstands von immerhin etwa 15 m geht von dem genehmigten Vorhaben auch keine optisch erdrückende oder einmauernde Wirkung auf die nach Süden gerichtete im 2. Obergeschoss gelegene Wohnung des Antragstellers aus. Ebenso wenig werden den Wohnräumen und dem Südbalkon unzumutbar Luft, Licht und Sonne entzogen, zumal das Vorhaben nach den nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen durchgehend einhält. Der massive Eindruck des Baukörpers wird ferner durch die Gliederung der Gebäude deutlich gemindert. Der Antragsteller wird sich keiner durchgehenden Gebäudewand gegenüber sehen, da sich zwischen Haus 1 und Haus 2 der 7,50 m lange, lediglich eingeschossige und zudem optisch unauffällige (verglaste) Zwischenbau befindet. Auf die Beibehaltung der bisher günstigen Bebauung mit nur einem Einfamilienhaus sowie auf die Erhaltung des bislang hohen Grünflächenanteils auf dem Baugrundstück haben der Antragsteller und die übrigen Wohnungseigentümer im Gebäude ... ... keinen Anspruch. Sie konnten entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht darauf vertrauen, dass die - von ihnen selbst durchbrochene - landhaustypische Bebauung im Süden ihres Grundstücks auf Dauer erhalten bleibt.
12 
Es fehlt schließlich auch an jeglichen substantiierten Anhaltspunkten dafür, dass sich die Belastung mit Feinstäuben aufgrund der Errichtung und Nutzung des streitigen Mehrfamilienwohnhauses nennenswert erhöht oder gar ein nach den Grenzwerten kritisches Ausmaß erreicht. Des Weiteren führt die Baugenehmigung auch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen aus Richtung des genehmigten Müllplatzes. Nach dem Lageplan liegt der Müllplatz nunmehr nicht mehr an der Nordgrenze des Baugrundstücks, sondern wird südlich des Fahrradaufstellplatzes angeordnet. Bei Verwendung der vorgeschriebenen Müllgefäße und deren ordnungsgemäßer Befüllung ist mit erheblichen Geruchsbelästigungen nicht zu rechnen.
13 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
14 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.