Verwaltungsgericht München Beschluss, 24. Juli 2017 - M 5 S 17.1703
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 20. April 2017 gegen die Entlassungsverfügung der Regierung von O. vom 31. März 2017 wird wiederhergestellt.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 10.285,06 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Entlassungsbescheid der Regierung von O. vom 31. März 2017 wiederherzustellen.
den Antrag abzulehnen.
II.
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Die Versetzung in den Ruhestand setzt die Erfüllung einer versorgungsrechtlichen Wartezeit voraus.
(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie
- 1.
den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern, - 2.
nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist, - 3.
dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet, - 4.
die Entlassung in schriftlicher Form verlangen oder - 5.
nach Erreichen der Altersgrenze berufen worden sind.
(2) Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie in Fällen des § 7 Abs. 2 die Eigenschaft als Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes verlieren.
(3) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können entlassen werden,
- 1.
wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte, - 2.
wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben oder - 3.
wenn ihr Aufgabengebiet bei einer Behörde von der Auflösung dieser Behörde oder einer auf landesrechtlicher Vorschrift beruhenden wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung dieser Behörde mit einer anderen oder von der Umbildung einer Körperschaft berührt wird und eine andere Verwendung nicht möglich ist.
(4) Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden. Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
Die Versetzung in den Ruhestand setzt die Erfüllung einer versorgungsrechtlichen Wartezeit voraus.
(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie
- 1.
den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern, - 2.
nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist, - 3.
dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet, - 4.
die Entlassung in schriftlicher Form verlangen oder - 5.
nach Erreichen der Altersgrenze berufen worden sind.
(2) Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie in Fällen des § 7 Abs. 2 die Eigenschaft als Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes verlieren.
(3) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können entlassen werden,
- 1.
wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte, - 2.
wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben oder - 3.
wenn ihr Aufgabengebiet bei einer Behörde von der Auflösung dieser Behörde oder einer auf landesrechtlicher Vorschrift beruhenden wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung dieser Behörde mit einer anderen oder von der Umbildung einer Körperschaft berührt wird und eine andere Verwendung nicht möglich ist.
(4) Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden. Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden.
(1) Beamtinnen und Beamte können für Zwecke der Verteidigung auch ohne ihre Zustimmung zu einem anderen Dienstherrn abgeordnet oder zur Dienstleistung bei über- oder zwischenstaatlichen zivilen Dienststellen verpflichtet werden.
(2) Beamtinnen und Beamten können für Zwecke der Verteidigung auch Aufgaben übertragen werden, die nicht ihrem Amt oder ihrer Laufbahnbefähigung entsprechen, sofern ihnen die Übernahme nach ihrer Vor- und Ausbildung und im Hinblick auf die Ausnahmesituation zumutbar ist. Aufgaben einer Laufbahn mit geringeren Zugangsvoraussetzungen dürfen ihnen nur übertragen werden, wenn dies aus dienstlichen Gründen unabweisbar ist.
(3) Beamtinnen und Beamte haben bei der Erfüllung der ihnen für Zwecke der Verteidigung übertragenen Aufgaben Gefahren und Erschwernisse auf sich zu nehmen, soweit diese ihnen nach den Umständen und den persönlichen Verhältnissen zugemutet werden können.
(4) Beamtinnen und Beamte sind bei einer Verlegung der Behörde oder Dienststelle auch in das Ausland zur Dienstleistung am neuen Dienstort verpflichtet.
(1) Ein Ruhegehalt wird nur gewährt, wenn der Beamte
- 1.
eine Dienstzeit von mindestens fünf Jahren abgeleistet hat oder - 2.
infolge Krankheit, Verwundung oder sonstiger Beschädigung, die er sich ohne grobes Verschulden bei Ausübung oder aus Veranlassung des Dienstes zugezogen hat, dienstunfähig geworden ist.
(2) Der Anspruch auf Ruhegehalt entsteht mit dem Beginn des Ruhestandes, in den Fällen des § 4 des Bundesbesoldungsgesetzes nach Ablauf der Zeit, für die Dienstbezüge gewährt werden.
(3) Das Ruhegehalt wird auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt. Das beklagte Land trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2013 für das Verfahren erster Instanz und für das Zulassungsverfahren jeweils auf die Wertstufe bis 16.000,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I. Der Antrag des beklagten Landes auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO ist die Berufung zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Das beklagte Land legt die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe entweder nicht genügend dar oder sie liegen nicht vor.
41. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen schon dann, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt.
5Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 2010 – 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546 (547), Rdnr. 17 a.E. m.w.N.
6Dies ist dem beklagten Land nicht gelungen.
7a) Es macht zunächst ohne Erfolg geltend, die vom Verwaltungsgericht vorgenommene europarechtskonforme Auslegung des § 4 Abs. 1 BeamtVG sei nicht möglich, weil sie dem eindeutigen Wortlaut der §§ 4, 6 und 10 LBeamtVG widerspreche, und das Verwaltungsgericht hätte eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union herbeiführen müssen.
8aa) Hiermit stellt es die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 4 Abs. 1 BeamtVG sei einer europarechtskonformen Auslegung zugänglich, schon deshalb nicht schlüssig in Frage, weil es lediglich behauptet, der Wortlaut der §§ 4, 6 und 10 BeamtVG sei eindeutig, dies jedoch nicht näher darlegt. Der 6. Senat des beschließenden Gerichts hat in seinem vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Beschluss vom 8. Juni 2012 – 6 B 390/12 -, NWVBl. 2012, 420 = juris, Rdnr. 5 – 9, dargelegt, der Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG lasse es zu, die Einschränkung „soweit sie ruhegehaltfähig ist“ sowohl dahin zu verstehen, dass Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung nur anteilig auf die versorgungsrechtliche Wartezeit anzurechnen seien, als auch dahin, dass Zeiträume, in denen der Beamte teilzeitbeschäftigt gewesen sei, voll zu berücksichtigen seien. Die Einschränkung „soweit sie ruhegehaltfähig ist“ könne so verstanden werden, dass sie sich auf die Ruhegehaltfähigkeit der Dienstzeit dem Grunde oder dem Umfang nach beziehe. Hiermit setzt sich das beklagte Land in der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung nicht auseinander.
9bb) Außerdem würde es im Ergebnis auch dann auf keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts führen, wenn der Wortlaut der §§ 4, 6 und 10 BeamtVG eindeutig dahin zu verstehen wäre, dass Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung nur zu dem Teil auf die Wartezeit nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG anzurechnen sind, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht (§ 6 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG). Das Verwaltungsgericht hat angenommen, ein solches Verständnis des § 4 Abs. 1 BeamtVG widerspreche § 4 Nr. 1 des Anhangs der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl. EG Nr. L 14 vom 20. Januar 1998 S. 9). Europarechtskonform sei (allein) ein Verständnis, dass es für die Berechnung der Wartezeit ohne Bedeutung sei, ob der Beamte während der Mindestzeit von 5 Jahren in einem Vollzeit- oder in einem Teilzeitverhältnis gestanden habe. Wenn allein dieses Verständnis europarechtskonform ist, dann durfte das Verwaltungsgericht § 4 Abs. 1 BeamtVG nur in diesem Sinne anwenden, auch wenn sein Wortlaut etwas anderes besagen würde. Denn bei einem Widerspruch zwischen nationalem und Europarecht gebührt dem europäischen Recht der Anwendungsvorrang. Das nationale Gericht muss dann das entgegenstehende nationale Recht außer Acht lassen.
10Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2010 – C-395/08 und C-396/08 -, NZA 2010, 753 (759), Rdnr. 74, und BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 – 2 C 72.08 -, BVerwGE 136, 165 (166), Rdnr. 7.
11Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es hierfür nicht. Der Gerichtshof der Europäischen Union besitzt – anders als das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG – kein Verwerfungsmonopol für das nationale Recht, sondern der Vorrang des europäischen vor dem nationalen Recht wird, wie dargelegt, dadurch sichergestellt, dass das nationale Gericht im Konfliktfall das entgegenstehende nationale Recht nicht anwendet.
12b) Das beklagte Land macht ferner ohne Erfolg geltend, das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10. Juni 2010 – C-395/08 und C-396/08 – betreffe (nur) die Gleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten im Zusammenhang mit einer Rahmenvereinbarung, die die Arbeitgeberverbände Europas, der Europäische Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft und der Europäische Gewerkschaftsbund auf Gebieten getroffen hätten, die der Tarifautonomie unterlägen, und beziehe sich (nur) auf ein Beschäftigungsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
13aa) Aufgrund der Übernahme in den Anhang der Richtlinie 97/81/EG vom 15. Dezember 1997 ist die Rahmenvereinbarung der Union der Europäischen Industrie- und Arbeitgeberverbände, des Europäischen Gewerkschaftsbunds und des Europäischen Zentralverbands der öffentlichen Wirtschaft über Teilzeitarbeit seit dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie am 20. Januar 2000 (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 97/81/EG) für die Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 – 2 C 72.08 -, a.a.O., Rdnr. 17.
15Mit seinem Hinweis darauf, dass die Rahmenvereinbarung den nationalen Versicherungsträgern, die nicht Vertragsparteien seien, keine Verpflichtungen auferlegen soll,
16vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2010 – C-395/08 und C-396/08 -, a.a.O., Rdnr. 44,
17begründet der Gerichtshof der Europäischen Union lediglich, warum Versorgungsbezüge keine Beschäftigungsbedingungen im Sinne des § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung sind, wenn sie weniger von einem Beschäftigungsverhältnis abhängen, sondern vielmehr durch sozialpolitische Erwägungen bestimmt werden.
18Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2010 – C-395/08 und C-396/08 -, a.a.O., Rdnr. 42.
19bb) Deutsche Beamte fallen in den persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 97/81/EG vom 15. Dezember 1997. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist (Teilzeit-) Beschäftigter im Sinne des § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung, wer während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisungen Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Ohne Belang ist es, in welchem Status diese Tätigkeit ausgeübt wird. Beamte fallen daher, wenn auch als besondere Gruppe, ebenfalls unter den Begriff des Beschäftigten im Sinne des § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 – 2 C 61.03 -, BVerwGE 122, 65 (72) = juris, Rdnr. 27, mit Nachweisen aus der Rspr. des EuGH.
21c) Nach dem oben zu a) bb) Dargelegten kommt es nicht darauf an, ob die Auslegung des § 4 Abs. 1 BeamtVG durch das Verwaltungsgericht im Widerspruch zum System der Beamtenversorgung steht, weil insoweit dem europäischen Recht, hier § 4 Nr. 1 des Anhangs zur Richtlinie 97/81/EG vom 15. Dezember 1997, der Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht der Beamtenversorgung zukommt.
22d) Das beklagte Land dringt auch nicht mit dem Argument durch, die Alimentation für geleistete Dienste stelle keine Ungleichbehandlung dar, denn die Abgeltung der geleisteten Dienste sei für alle Versorgungsempfänger gleich. Nach § 4 Nr. 1 des Anhangs zur Richtlinie 97/81/EG vom 15. Dezember 1997 dürfen Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden. Im vorliegenden Fall würde bei der vom beklagten Land favorisierten Auslegung des § 4 Abs. 1 BeamtVG ein vollzeitbeschäftigter Beamter gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG bereits nach fünf Jahren der Beschäftigung im Beamtenverhältnis zu einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG) in den Genuss einer Versorgung gelangen, ein teilzeitbeschäftigter Beamter wegen der nur verhältnismäßigen Anrechnung seiner Dienstzeit (§ 6 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG) aber erst später. Dies ist eine Ungleichbehandlung allein wegen der Teilzeitbeschäftigung im Sinne des § 4 Nr. 1 des Anhangs der Richtlinie 97/81/EG vom 15. Dezember 1997.
23Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2010 – C-395/08 und C-396/08 -, a.a.O., Rdnr. 61.
24e) Schließlich dringt das beklagte Land mit seinen weiteren Ausführungen nicht durch, die Erfüllung einer Mindestarbeitszeit und nicht eines Arbeitszeitraums sei auch unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, dass der Versorgungsempfänger die Mindestversorgung von zur Zeit 1.417,36 € erhalte, sobald er eine Dienstzeit von fünf Jahren erbracht habe, hierfür müsse ein Beamter wie die Mutter und Ehefrau der Kläger eine Dienstzeit von ca. 23 Jahren leisten und dies rechtfertige es, diese hohe Vergütung von der Erfüllung einer Mindestarbeitsleistung abhängig zu machen. Hiermit legt es nicht dar, dass die oben zu d) aufgezeigte Ungleichbehandlung aus objektiven Gründen im Sinne des § 4 Nr. 1 des Anhangs der Richtlinie 97/81/EG vom 15. Dezember 1997 gerechtfertigt ist. Unter objektiven Gründen im Sinne des § 4 Nr. 1 des Anhangs der Richtlinie 97/81/EG vom 15. Dezember 1997 sind Gründe zu verstehen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Beschäftigungsumfangs zu tun haben und auch nicht dazu führen, dass tragende Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ausgehöhlt werden.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 – 2 C 27.09 -, NVwZ 2011, 296 (297), Rdnr. 14, mit Nachweisen aus der Rspr. des EuGH.
26Mit seinem Hinweis auf die geringere Arbeitsleistung eines Teilzeitbeschäftigten will das beklagte Land die Ungleichbehandlung aber gerade mit dem geringeren Beschäftigungsumfang des Teilzeitbeschäftigten rechtfertigen. Daher verfängt auch sein Einwand nicht, gerade die Höhe der Versorgung sei ein Argument, ein Mindestmaß an tatsächlicher Dienstleistung zu fordern. Der ungleiche Umfang an tatsächlicher Dienstleistung rechtfertigt lediglich eine Ungleichbehandlung „pro rata temporis“, soweit dies angemessen ist (vgl. § 4 Nr. 2 des Anhangs der Richtlinie 97/81/EG vom 15. Dezember 1997), also eine Reduzierung der Gegenleistung im Verhältnis zur Arbeitszeit, aber keinen völligen Ausschluss.
27Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. März 2010 – 2 C 72.08 -, a.a.O., Rdnr. 19, und vom 26. März 2009 – 2 C 12.08 -, NVwZ-RR 2009, 608 (609), Rdnr. 14.
282. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage u.a. dann nicht, wenn sie bereits geklärt ist.
29BVerwG, Beschluss vom 15. April 2013 – 1 B 22.12 -, NVwZ-RR 2013, 774, Rdnr. 3.
30Die vom beklagten Land aufgeworfene Rechtsfrage,
31ob die Anknüpfung der Versorgung an die geleistete Arbeitszeit eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne der Richtlinie 97/81 darstellt, die die Gerichte befugt, entgegenstehende Gesetze europarechtskonform auszulegen und entsprechende Versorgungsbezüge zuzusprechen,
32ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt. Demnach rechtfertigt die Anknüpfung an die geleistete Arbeitszeit lediglich einen Unterschied in der Höhe der Versorgung, nicht jedoch in der Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem ein Versorgungsanspruch besteht.
33Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2010 – C-395/08 und 396/08 -, a.a.O., Rdnr. 65 f.
34Ferner ist es Aufgabe des nationalen Gerichts, eine innerstaatliche Vorschrift unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Unionsrechts auszulegen und anzuwenden.
35Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2010 – C-395/08 und 396/08 -, a.a.O., Rdnr. 74, m.w.N.
36Weitere konkrete klärungsbedürftige Rechtsfragen wirft das beklagte Land in der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung nicht auf.
37II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
38III. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 und 3, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Der Senat hat – unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung – für die Gewährung von Witwer- und Waisengeld in Anwendung der Teilstatus-Rechtsprechung den pauschalierten Zweijahresbetrag festgesetzt.
39Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2009 ‑ 2 C 48.07 ‑, NVwZ-RR 2010, 127, Rdnr. 3; OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2009 - 3 E 331/09 -.
40Nach Angaben des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen beläuft sich das Witwergeld auf 234,84 Euro und das (Halb-) Waisengeld für die beiden Kinder auf jeweils 180,48 Euro. Hieraus ergibt sich ein Streitwert für das Witwergeld von 5.636,16 Euro (24 x 234,84 Euro) und für das (Halb-) Waisengeld von jeweils 4.331,52 Euro (24 x 180,48 Euro).
41Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.