Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Okt. 2018 - M 5 K 17.916

bei uns veröffentlicht am09.10.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Bescheid des Präsidiums der … … vom 10. Februar 2017 wird aufgehoben.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Der Kläger stand seit dem 1. August 2013 bis zu der hier streitgegenständlichen Entlassung als Polizeimeister auf Probe in Diensten des Beklagten. Nachdem er beginnend im Jahr 2011 die Polizeianwärterausbildung bei der … … (Außenstelle N …) absolviert hatte, war er ab August 2013 bei der vierten … der … I. in M … tätig. Dort teilte er sich in der dienstlichen Unterkunft ein Zimmer mit dem Kollegen H.J. Der letzte Bekleidungsnachweis über die Ausgabe von Dienstkleidung an den Kläger datiert auf den 2. März 2011.

An einem nicht mehr genau bestimmbaren Tag im Jahr 2014 oder 2015 war die Kleidung mehrerer Polizeibeamter in der Antrethalle abgelegt. Nach der Erteilung des Einsatzbefehles legten die Beamten ihre Kleidung an. Der Kläger zog anstelle seiner eigenen Lederjacke die - ihm selbst viel zu kleine - Lederjacke des Kollegen H. an. Von diesem hierauf angesprochen gab der Kläger die Jacke heraus und erhielt seine Lederjacke von dem Kollegen D.K. zurück, der fälschlicherweise die Jacke des Klägers angezogen hatte.

An einem Tag im April 2014 legte Polizeimeister D.D. seine Dienstmütze auf einem Verbandskasten ab und verließ anschließend den Raum. Bei seiner Rückkehr befand sich die Mütze nicht mehr auf dem Verbandskasten. Stattdessen hielt sie der Kläger, der sich gerade entfernen wollte, in den Händen. Hierauf angesprochen gab der Kläger die Mütze an Polizeimeister D.D. zurück mit der Bemerkung, er habe sie für seine Mütze gehalten.

Am 5. Januar 2015 absolvierte der Kläger (u.a. als Fahrer) zusammen mit der Kollegin D.S. sowie zwei weiteren Kollegen einen Einsatz. Nach Einsatzende legte D.S. ihren Parka in dem Einsatzfahrzeug ab. Als der Parka am 6. Januar 2015 in dem Einsatzfahrzeug nicht auffindbar war, informierte D.S. ihre mitfahrenden Kollegen darüber und bat um Nachschau nach dem Parka. Ab dem 8. Januar befand sich der Kläger im Urlaub. Bei einer Durchsuchung seiner dienstlicher Unterkunft am 15. Januar 2015 wurde ein Damenparka in der Größe der Kollegin - erkennbar als Damenkleidungsstück an den kleineren Schulterklappen - offen sichtbar auf einem Schrank hinter dem Bett des Klägers vorgefunden (Asservat 4).

Bei der daraufhin erfolgten polizeilichen Durchsuchung am 16. Januar 2015 wurden im Zimmer des Klägers weitere Kleidungsstücke aufgefunden. Darunter:

- ein Paar schwarze Lederhandschuhe Größe 8,5 (Asservat 1), die nicht auf dem Bekleidungsnachweis des Klägers aufgelistet sind

- ein Paar schwarze Lederhandschuhe mit Protektoren Größe 8 (Schlagschutzhandschuhe), der linke Handschuh in der Damen-, der rechte Handschuh in der Herrenausführung (Asservate 2, 2a). Dabei war der Kläger im Besitz seiner eigenen Schlagschutzhandschuhe (Größe 10) und diese werden nur einmal pro Beamten ausgegeben. Allerdings wurden weder der Damen- noch der Herrenhandschuh in der Truppe vermisst.

- zwei Uniformhemden Größe 38 sowie Größe 37/38 (Asservate 3, 3a), wobei der Kläger laut Bekleidungsnachweis fünf Uniformhemden in Größe 39/40 erhalten hat. Allerdings werden in der Truppe keine Uniformhemden vermisst.

- eine Einsatzoveralljacke Größe 48 mit der im Innenfutter vermerkten handschriftlichen Kennzeichnung “D K” (Asservat 5), wobei der Kläger laut Bekleidungsnachweis Größe 106 trägt. In der Truppe passen diese Initialen nur auf den Beamten D.K., der jedoch laut seinem Bekleidungsnachweis Größe 52 trägt und das Fehlen seiner Einsatzoveralljacke erst im Anschluss an die polizeiliche Durchsuchung beim Kläger und den daraufhin ergangenen Truppenappell zur Bekleidungsnachschau bemerkte.

- eine Regenjacke Größe S mit dem Namensschild “ …” (Asservat 7), wobei der Kläger während seiner Anwärterausbildung in N* … die dienstliche Unterkunft mit dem Kollegen … teilte. Dieser vermisste seine Regenjacke seit dem Wechsel in die Einsatzhundertschaft ab August/September 2013, machte den Verlust allerdings nur in seiner eigenen Gruppe - nicht auch in der des Klägers - bekannt. Daneben wurde bei dem Kläger eine weitere Regenjacke Größe M aufgefunden, die ihm laut Bekleidungsnachweis ausgegeben wurde.

- ein Lederblouson (Lederjacke) Größe 48 (Asservat 9) mit der handschriftlichen Kennzeichnung ”D K”, welche durchgestrichen und mit dem Namen des Klägers ersetzt wurde, wobei der Kläger laut Bekleidungsnachweis Größe 50 trägt. Ein Lederblouson wird in der Truppe allerdings nicht vermisst.

- eine grüne Schirmmütze Größe 59 ½ versehen mit einem Papierstreifen mit der Beschriftung „… auf der einen Seite und „… auf der anderen Seite (Asservat 11). Der Kläger trägt laut Bekleidungsnachweis Größe 59 ½. Der in der Truppe tätigte Kollege … vermisst nach eigener Aussage keine Schirmmütze und hat seine Schirmmütze auch nie verloren (vgl. Bl. 5 d. StA-Akte).

- ein Paar schnitthemmende schwarze Lederhandschuhe Größe 7/XS (Asservat 12), wobei der Kläger Größe S trägt. Die Kollegin N.P. vermisst ein derartiges Paar Handschuhe, konnte das beim Kläger aufgefundene aber nicht als das ihre identifizieren.

Mit Bescheid vom 29. Januar 2015 verfügte das Präsidium der … … mit sofortiger Wirkung ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gegenüber dem Kläger. Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos (VG München, U.v. 23.02.2016 - M 5 K 15.1981 - BeckRS 2016, 44641; BayVGH, B.v. 20.03.2017 - 3 ZB 16.921 - BeckRS 2017, 105365).

Das gegen den Kläger eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde hinsichtlich „drei Paar Handschuhe, Schirmmütze, Lederblouson, zwei Uniformhemden“ mit staatsanwaltschaftlicher Verfügung vom … November 2015 gem. § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt, da diese Gegenstände keinem Geschädigten zuordenbar seien. Im Übrigen (hinsichtlich des Damenparkas, der Einsatzoveralljacke und der Regenjacke) erfolgte nach Erlass eines Strafbefehls und dagegen gerichtetem Einspruch des Klägers mit rechtskräftigem Urteil vom 4. Februar 2016 (Amtsgericht München, Az. 836 Cs 124 Js 170099/15) ein Freispruch. Im Urteil wurde ausgeführt, dass das Gericht nicht sicher ausschließen könne, dass der Kläger Kleidungsstücke schlicht aus Unachtsamkeit verwechselt und damit unvorsätzlich gehandelt habe. Für eine Unterschlagung sei bereits kein Motiv erkennbar. Die dagegen seitens der Staatsanwaltschaft eingelegte Berufung wurde am … Juli 2016 zurückgenommen.

Mit Schreiben vom … November 2016 informierte der Beklagte den Kläger darüber, dass aufgrund der Vorfälle mit der Lederjacke, der Dienstmütze, dem Damenparka sowie der weiteren bei der Durchsuchung aufgefundenen Gegenstände seine Entlassung wegen charakterlicher Nichteignung beabsichtigt sei, und gab ihm Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

Am 2. Februar 2017 stimmte der Bezirkspersonalrat der … … der beabsichtigten Entlassung zu.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 10. Februar 2017 verfügte das Präsidium der … … die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Ablauf des … März 2017. Dabei wurden ihm die benannten Vorfälle betreffend die verwechselte Lederjacke, die Dienstmütze, den Damenparka sowie die bei der Durchsuchung aufgefundenen Gegenstände (Lederschandschuhe ohne Erwähnung im Bekleidungsnachweis; Lederhandschuhe Größe 8 mit Protektoren, Uniformhemden; Einsatzoverall(jacke); Regenjacke mit Namensschild „…“, Lederjacke mit handschriftlicher Kennzeichnung „D K“, schnitthemmende Lederhandschuhe Größe 7/XS) zur Last gelegt. In Anbetracht des Fehlverhaltens stehe fest, dass sich der Kläger nicht bewährt habe. Seine charakterliche Nichteignung komme in seinem wiederholten - wenn auch straflosen - Behalten von Kleidungsstücken Anderer zum Ausdruck. Unterstellt, er habe ohne Zueignungsabsicht und Vorsatz gehandelt, habe er hierdurch einen äußerst nachlässigen Umgang mit eigenen bzw. den Ausrüstungsgegenständen von Kollegen gezeigt. Er habe erkennbar fremde Bekleidungsgegenstände (Damenbekleidung; Bekleidung mit Größenabweichung oder Überzahl laut Bekleidungsnachweis; Bekleidung mit fremden Namenskennzeichen) in Besitz gehabt. Auch habe er sich nicht bemüht, diese zeitnah wieder ihren rechtmäßigen Besitzern zuzuführen, obgleich es bekannt gewesen sei, dass in der Klasse des Klägers im Vergleich zu anderen Klassen recht häufig Bekleidungsgegenstände abhandenkämen und Kollegen Kleidungsstücke vermissten.

Dadurch habe der Kläger das für den Betriebsfrieden und eine reibungslose Zusammenarbeit erforderliche Vertrauen zerstört und das Ansehen der Bayerischen Polizei beschädigt. An der negativen Prognose könne auch das übrige Verhalten des Klägers nichts ändern. Er habe im Laufe der Ausbildung mangelnden Arbeitseifer gezeigt, minimalistisch agiert und sich teilweise Routineaufgaben entzogen. In der Leistungsreihung 2015 habe er den vorletzten Platz belegt. Im Allgemeinen habe sein Verhalten Kollegialität vermissen lassen.

Hiergegen hat der Kläger am 3. März 2017 Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid des Präsidiums der … … vom 10. Februar 2017 aufzuheben.

Er habe keine Gegenstände entwendet. Ihm sei weder bewusst gewesen, dass er im Besitz fremder Kleidungsstücke war, noch habe er Kenntnis davon gehabt, dass Kollegen Bekleidungsstücke vermissten. Zudem habe er sich, sobald er eine Verwechslung erkannt habe, stets um Rückgabe fremder Gegenstände bemüht. Die bei ihm aufgefundenen Kleidungsstücke seien keinem anderen Kollegen zuordenbar, würden nicht vermisst und seien bei ihm laut Bekleidungsnachweis auch nicht in Überzahl vorhanden oder jedenfalls sei ihm die Überzahl nicht aufgefallen. Im Laufe der Jahre komme es unvermeidlich zu Auswechslungen und Größenveränderungen. Im Übrigen betreffe der Bekleidungsnachweis nur die Erstausstattung.

Der Vorfall mit der Lederjacke basiere auf einer bloßen Verwechslung, die in der Hektik des Einsatzbefehles immer wieder vorkommen könne. Die Jacke des Klägers selbst sei von einem dritten Kollegen getragen worden. Bei der Dienstmütze des Polizeimeisters D.D. habe es sich um eine Verwechslung im Rahmen eines Einsatzes gehandelt. Er habe sich privat zwei Paar Lederhandschuhe gekauft, daher habe er mehr als die vom Dienstherrn ausgegebene Anzahl in Besitz gehabt. Im Übrigen sei ihm keine Überzahl an Handschuhen aufgefallen. Die aufgefundenen Lederhandschuhe mit Protektoren wiesen keine individuelle Kennzeichnung auf und seien von keinem Kollegen vermisst worden. Gleiches gelte für die Uniformhemden. Der Kläger habe entsprechend dem Bekleidungsnachweis fünf Hemden besessen, eine Überzahl liege nicht vor. Auch hinsichtlich des Einsatzoveralls liege keine Überzahl vor, ein solcher sei auch - jedenfalls in dieser Größe - von keinem Kollegen vermisst worden. Es sei unzutreffend, dass der Kläger durchgehend Größe 106 trage. Der Kläger habe mit dem Kollegen … bis August 2013 gemeinsam ein Zimmer bewohnt, weshalb versehentlich dessen Regenjacke zu seinen Sachen geraten sein könne. Diese habe er aber nie benutzt. Bzgl. des Damenparkas sei er sich nicht sicher, wie dieser in seinen Besitz geraten sei. Aufgrund seines Urlaubs zwei Tage nach Verschwinden des Parkas habe er diesen nicht zeitnah zurückgeben können. Von „Behalten“ könne daher keine Rede sein. Der Vorwurf des Beklagten, er entziehe sich Routineaufgaben, sei unzutreffend. Seine Teamfähigkeit und Kollegialität seien nie bemängelt worden. In der Truppe sei ein Vertrauensverlust weder allgemein noch speziell ihm gegenüber feststellbar. Auch sei sein Verhalten nie nach außen gedrungen.

Im Ergebnis könne das ihm vorgeworfene Verhalten auch nicht schwerwiegend bzw. für den Beklagten unzumutbar sein, da der Beklagte knapp neun Monate seit dem Freispruch im Strafverfahren bis zu der Anhörung zu dem hier streitgegenständlichen Entlassungsbescheid habe verstreichen lassen. Zudem sei die Entlassung aufgrund der geringen Fallzahl in Anbetracht seiner vier Dienstjahre und mangels Abmahnung unverhältnismäßig.

Das Präsidium der … … hat für den Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem gleichfalls erhobenen Antrag des Klägers vom … März 2017 auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der hiesigen Klage hat das Gericht mit Beschluss vom 6. Juli 2017 stattgegeben (M 5 S 17.1290 - nicht veröffentlicht). Auf Beschwerde des Beklagten hin hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof diesen Beschluss aufgehoben und den Antrag abgelehnt (B.v. 16.08.2017 - 3 CS 17.1342 - juris).

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten in diesem Verfahren sowie in dem Verfahren M 5 S 17.1290 und die beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft M* … I (Az. 124 Js 170099/15) sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2018 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

1. Rechtsgrundlage für die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz - BeamtStG). Danach kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt hat. Nach Art. 56 Abs. 3 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) ist die Entlassungsverfügung unter Angabe des Grundes und des Zeitpunktes der Entlassung zuzustellen. Der Entlassungstatbestand steht im Zusammenhang mit § 10 Satz 1 BeamtStG, wonach in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur berufen werden darf, wer sich in der Probezeit hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat. Steht die fehlende Bewährung fest, ist der Beamte zu entlassen, Art. 12 Abs. 5 Gesetz über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz - LlbG). Mangelnde Bewährung liegt bereits dann vor, wenn begründete Zweifel bestehen, ob der Beamte die Anforderungen, die mit der Wahrnehmung der Ämter seiner Laufbahn verbunden sind, erfüllen kann (Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand Februar 2018, § 23 BeamtStG, Rn. 136). Die diesbezügliche Prognoseentscheidung ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des dem Dienstherrn zukommenden Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (vgl. zum Ganzen BayVGH, U.v. 13.1.2016 - 3 B 14.1487 - juris Rn. 33 ff. m.N.).

2. Es ist bereits fraglich, ob der Entlassungsbescheid in formeller Hinsicht den Anforderungen gem. Art. 56 Abs. 3 BayBG genügt, wonach die Entlassungsverfügung u.a. unter Angabe des Grundes der Entlassung zuzustellen ist. Dies dürfte dahingehend zu verstehen sein, dass der Entlassungsgrund bereits im Tenor zumindest in allgemeiner Form benannt werden muss.

a) Entlassungsgrund ist primär der Entlassungstatbestand. Bei der - zweckmäßigen - Aufteilung der Entlassungsverfügung in den Entscheidungssatz (Tenor) und die Begründung genügt es zwar, wenn die näheren Angaben zur Entlassung in der Begründung festgehalten werden. Der Tenor muss den Entlassungstatbestand aber zumindest allgemein bezeichnen, z.B. „Entlassung auf Antrag“ oder „Beamter wird wegen mangelnder Bewährung entlassen“. Der Entlassungsgrund ist deswegen genau festzulegen, weil sich je nach dem Entlassungsgrund unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben können. Nicht nur der - unbestritten im Tenor anzugebende - Entlassungszeitpunkt, sondern auch der jeweilige Entlassungsgrund hat somit Regelungswirkung. Auch können mehrere Entlassungsgründe vorliegen, auf welche die Entlassungsverfügung sowohl alternativ als auch kumulativ gestützt werden kann. Eine Entlassungsverfügung ist hinsichtlich des Entlassungsgrundes zwar auslegungsfähig, so bei einem unvollständigen oder unklaren Entscheidungssatz (vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., Art. 56 BayBG, Rn. 30; so auch schon zur Vorschrift des Art. 44 Abs. 2 BayBG a.F.: Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/ Zängl, BayBG, Stand September 2007, Art. 44 Anm. 4c; Weißgerber/Maier in Brinktrine/Voitl, BeckOK Beamtenrecht Bayern, Stand 1.2.2018, Art. 56 Rn. 11). Der Tenor muss aber jedenfalls überhaupt eine Aussage zum Entlassungsgrund enthalten (VG München, B.v. 6.7.2018 - M 5 S 18.2145 - BeckRS 2018, 20952; B.v. 24.7.2017 - M 5 S 17.1703 - nicht veröffentlicht).

Das ist vorliegend nicht der Fall. Der angegriffene Bescheid enthält in seinem Entscheidungssatz (Tenor) nur den Zeitpunkt der Entlassung („mit Ablauf des …03.2017“), nicht jedoch den Entlassungsgrund.

b) Bei Art. 56 Abs. 3 BayBG handelt es sich nicht nur um eine reine Ordnungsvorschrift. Vielmehr führt dessen Nichtbeachtung grundsätzlich zur formellen Rechtswidrigkeit des Bescheids. Hinsichtlich der Angabe des Zeitpunkts der Entlassung besteht darüber - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung auch Einigkeit. Für den Grund der Entlassung - in Art. 56 Abs. 3 BayBG gleichberechtigt neben dem Zeitpunkt der Entlassung genannt - kann daher nichts anderes gelten.

c) Allerdings ist denkbar, dass dieser formale Fehler die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst hat und daher gem. Art. 46 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) unbeachtlich ist.

3. Jedenfalls aber hält der angegriffene Entlassungsbescheid einer materiell-rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Beklagte hat aufgrund des angeblich äußerst nachlässigen Umgangs des Klägers mit eigenen bzw. den Ausrüstungsgegenständen anderer Kollegen begründete Zweifel an dessen charakterlicher Eignung angenommen. Sein Verhalten zerstöre das notwendige Vertrauen des Dienstherrn und der Bediensteten in den Kläger und untereinander. Die Negativprognose bestätige sich durch seinen mangelnden Arbeitseifer. Diese Bewertung und die darauf basierende Entlassungsverfügung sind in mehrfacher Hinsicht rechtlich fehlerhaft. Teilweise basiert die angegriffene Entscheidung auf einem unzutreffenden Sachverhalt, teilweise werden entscheidungserhebliche Umstände nicht bedacht. Im Ergebnis erweist sich die Entlassung gemessen an den zu berücksichtigen Umständen als unverhältnismäßig.

a) Zum einen ist bereits nicht erkennbar, inwiefern der Kläger einen nachlässigen Umgang mit seinen eigenen Gegenständen gezeigt haben soll. Es ist nicht vorgetragen, dass eigene Bekleidungsstücke des Klägers abhandengekommen sind, beschädigt wurden oder in sonstiger Weise beeinträchtigt waren. Soweit dem Kläger beim Schlussantreten im Jahr 2014 oder 2015 seine Lederjacke kurzzeitig abhandenkam und er in der Folge stattdessen die eines Kollegen trug, ließ sich diese Verwechslung zeitnah aufklären. Der Kläger erhielt seine eigene Jacke zurück. Es finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass er seine eigenen Gegenstände nicht ordnungsgemäß behandelt habe. Etwas anderes ist vom Beklagten jedenfalls nicht konkret dargelegt.

Insgesamt erweckt die Schilderung des Klägers und der beteiligten Kollegen den Eindruck, dass es sich bei dem Vorfall mit der Lederjacke um ein allgemeines Missverständnis gehandelt hat. Schließlich befand sich nach den Angaben des D.K. bei dessen polizeilicher Vernehmung auch die Jacke des Klägers nicht an ihrem üblichen Platz. Es sei eine hektische Situation gewesen. Letztlich fand D.K. seine eigene Jacke, sodass er ein überzähliges Exemplar besaß. Der Kläger, der zwar fälschlich die Lederjacke des Kollegen H. trug, kam eigenständig auf D.K. zu und sprach ihn auf die Lederjacke an. Daraus lässt sich ableiten, dass der Kläger die Verwechslung scheinbar bemerkt hatte und wohl auf der Suche nach seiner Jacke war. Ein nachlässiger Umgang oder fehlendes Bemühen lassen sich hieran nicht festmachen.

b) Auch im Hinblick auf den Umgang mit den Gegenständen anderer Kollegen ist der Vorwurf fehlender charakterliche Eignung nicht nachvollziehbar, soweit er sich auf ein bewusstes Behalten stützt.

Der Beklagte ist an den strafrechtlichen Freispruch bei der Beurteilung der beamtenrechtlichen Eignung nicht gebunden. Der Dienstherr kann daher den einem Strafverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt bei der Beurteilung der Eignung des Betroffenen - wie im vorliegenden Fall - zugrunde legen, auch wenn das Verfahren zu einem strafrechtlichen Freispruch geführt hat. Denn es ist insoweit gesetzlich keine ausdrückliche Bindungswirkung angeordnet. Der strafgerichtliche Freispruch verbietet grundsätzlich nur materielle strafrechtliche Folgen aus der Tat. Bei der Frage der Entlassung eines Beamten wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit handelt es sich aber nicht um ein Strafverfahren (zum Ganzen: BVerwG, B.v. 24.1.2017 - 2 B 75/16 - NJW 2017, 2295 Rn. 8 ff.).

Vorliegend fehlt es jedoch an einer ausdrücklichen und hinreichenden Begründung dafür, dass beim Kläger ein bewusstes Behalten fremder Uniformteile vorgelegen hätte. Der Beklagte hat nichts vorgetragen, was den Schluss zulässt, der Kläger sei bewusst untätig geblieben und habe die Gegenstände trotz der Kenntnis nicht zurückgegeben, dass es sich nicht um seine eigenen handelte. Ein vorsätzliches Entwenden oder Behalten der Kleidungsstücke kann dem Kläger daher grundsätzlich nicht vorgeworfen werden. Soweit der Beklagte dem Kläger im streitgegenständlichen Bescheid zur Last legt, Gegenstände anderer - wenn auch straflos - behalten zu haben, impliziert dies jedoch die Unterstellung eines absichtlichen bzw. bewussten Verhaltens, nämlich die unterbliebene Rückgabe der Gegenstände trotz Erkennens ihrer Fremdheit.

Im Übrigen stützt sich der Beklagte teilweise auch auf bloße Vermutungen. So habe der Kollege D.D. gesehen, dass der Kläger neben dessen Dienstmütze einen kleinen Zettel in der Hand gehalten habe. Der Beklagte leitet daraus ab, der Kläger habe diesen Zettel mit seinem Namen beschriftet und die fremde Dienstmütze damit kennzeichnen wollen. Es ist aber weder gesichert festgestellt, dass der Kläger eine solche Kennzeichnung vornehmen wollte, noch, ob auf dem Zettel überhaupt sein Name stand oder ob dem Kläger bewusst war, dass es sich um die Mütze des Kollegen D.D. handelte. Er selbst gibt an, er habe gedacht, die Mütze gehöre ihm. Auf die Mütze angesprochen, gab der Kläger diese ohne Weiteres zurück.

c) Die begründeten Zweifel an der charakterlichen Eignung könnten allenfalls darauf gestützt werden, dass der Kläger die Fremdheit zwar tatsächlich nicht erkannte, diese aber hätte erkennen müssen. Dieser Vorwurf trifft aber allenfalls auf den Damenparka (weil Damenbekleidung), das Paar Lederhandschuhe mit Protektoren (weil Damenhandschuh und Überzahl) und die Regenjacke (weil Kennzeichnung mit „…“ und Überzahl) zu. Allerdings kann dieser bereits quantitativ dürftige Vorwurf (drei fremde Bekleidungsstücke innerhalb von vier Dienstjahren) die Entlassungsverfügung auch in qualitativer Hinsicht angesichts der in der Truppe insgesamt ungeordneten Bekleidungssituation und mangels negativer Auswirkungen innerhalb und außerhalb der Truppe nicht rechtfertigen.

(1) Es ist bereits für einen objektiven Dritten größtenteils nicht erkennbar, welche Gegenstände dem Kläger zuzuordnen und welche für ihn fremd waren.

So legt der Beklagte dem Kläger zur Last, er habe überzählige Handschuhpaare (Asservat 1) besessen, welche ihm nicht von seinem Dienstherrn ausgegeben wurden. Es hat sich jedoch kein anderer Kollege gefunden, der die entsprechenden Handschuhe vermisste. Möglich ist vielmehr - wie vom Kläger auch vorgetragen - dass sich der Beamte diese Exemplare privat angeschafft hat. Allein die Tatsache, dass der Kläger im Besitz von mehr als einem Paar Handschuhe war, lässt nicht darauf schließen, dass er diese unrechtmäßig besessen hat.

Eine Überzahl lag laut dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers bezüglich der Hemden (Asservat 3, 3a), der Einsatzoveralljacke mit der Kennzeichnung „D K“ (Asservat 5), der Lederjacke mit der durchgestrichenen und mit „… ersetzten Kennzeichnung „D K“ (Asservat 9) und der schnitthemmenden Lederhandschuhe (Asservat 12) nicht vor.

Diese Gegenstände wurden auch nicht (Hemden, Einsatzoveralljacke, Lederjacke) bzw. jedenfalls nicht so, als dass der Kläger dies hätte wissen können (schnitthemmende Lederhandschuhe), vermisst.

Auch die vom Bekleidungsnachweis des Klägers abweichenden Größen sprechen nicht für eine Fremdheit dieser Gegenstände. Die Zeugenaussagen der Kollegen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren haben ergeben, dass sie zum Teil die an sie ausgegebenen Kleidergrößen nicht kennen und bei Verlust von Bekleidungsgegenstände diese entweder auf eigene Rechnung in ggf. anderer Größe nachkaufen oder vom Dienstherrn (zum Teil gegen Kostenerstattung) erneut ausgegeben bekommen, ohne dass dies im Bekleidungsnachweis vermerkt werden würde. Die im Bekleidungsnachweis des Klägers ersichtlichen Größen sind zudem nicht einheitlich, sondern variieren. So hat er die Regenschutzjacke in Größe M erhalten, den Parka dagegen in Größe L; eine RV-Jacke in Größe 48, die Dienstjacke demgegenüber in Größe 52. Darüber hinaus argumentiert der Beklagte selbst, dass die Größen im Bekleidungsnachweis häufig nicht mit den ausgegebenen Größen übereinstimmen. Denkbar ist etwa, dass sich durch einen Austausch im Laufe der Zeit Größenabweichungen ergeben haben, sei es wegen körperlicher Veränderungen, sei es aus Zufall. Der Bekleidungsnachweis datiert vom 2. März 2011 und betrifft daher lediglich die Erstausstattung. Auch könnten Gegenstände tatsächlich zwischen den Kollegen vertauscht worden sein, was jedoch unter Umständen von keinem der beteiligten Beamten negativ empfunden wurde. Auch andere Kollegen tragen wohl Dienstkleidung in Größen, die nicht der ursprünglich an sie ausgegebenen entspricht. Zudem weichen die aufgefundenen Größen von denen des Bekleidungsnachweises nicht in einem Ausmaß ab, dass dies sofort hätte ins Auge springen müssen (vorgefundener Lederblouson mit Größe 48 statt 50, Hemd mit Größe 38 statt 39/40).

Ebenso kann - insbesondere hinsichtlich der Einsatzoveralljacke - nicht von den in den Kleidungsstücken teilweise vorgefundenen Namens- bzw. Initialeneintragungen auf deren Fremdheit geschlossen werden. Die mit „D K“ gekennzeichnete Einsatzoveralljacke deutet zwar auf eine Zugehörigkeit zu dem Kollegen D.K. hin. Dieser hat laut Bekleidungsnachweis eine Einsatzoveralljacke allerdings Größe 52 und nicht in der aufgefundenen Größe 48 erhalten. Es scheint vielmehr so, dass in der Truppe Namen und Initialen auch in (fremde) Kleidungsstücke eingetragen werden, diese dann jedoch zu einem anderen Kollegen (zurück-)gelangen, ohne dass es insgesamt bei jemandem zu einem Bekleidungsdefizit kommen würde. So finden sich auch in der beim Kläger aufgefundenen Lederjacke die Initialen „D K“, obwohl der Kollege D.K. laut eigener Aussage seine Lederjacke bei dem Verwechslungsvorfall im Jahr 2014 oder 2015 zurückerhalten hat und weder D.K. noch ein anderer Beamter eine Lederjacke seither vermisst. Gleiches gilt für die aufgefundene Schirmmütze mit der durchgestrichenen Namenseintragung „…“: Der Kollege … vermisst keine Schirmmütze und gibt an, seine nie verloren zu haben.

Soweit keine Überzahl vorlag und Bekleidungsstücke nicht vermisst wurden, kann der Vorwurf eines nachlässigen Umgangs mit Bekleidungsstücken anderer daher trotz Größenabweichungen und fremder Namens- oder Initialeneintragung nicht überzeugen.

(2) Für eine Einschätzung, ob der Kläger die Fremdheit hätte erkennen müssen, ist auch die in dem Entlassungsbescheid aufgestellte Behauptung des Beklagten näher in den Blick zu nehmen, in der Gruppe des Klägers seien häufiger als in anderen Gruppen Dinge verschwunden, Kollegen hätten Bekleidungstücke vermisst; dies sei dem Kläger bekannt gewesen. In diese Richtung haben sich die Kollegin D.S. sowie der in einer anderen Klasse befindliche Kollege H.J. geäußert, der angab, er habe dies von anderen Personen gehört. D.K. hat hingegen ausgesagt, ihm sei über den Vorfall mit der Lederjacke hinaus nicht bekannt gewesen, dass andere Kollegen Gegenstände vermisst hätten oder Bekleidung öfters verschwinde. Auch der Kläger selbst trägt vor, er habe weder allgemein noch konkret von verschwundenen Gegenständen Kenntnis gehabt. Die Kollegen F.M., D.K. sowie N.P. sagten aus, dass der Kläger von ihnen nicht explizit darüber informiert worden war, dass sie Gegenstände vermissten. Es scheint mithin eher so, dass weder allgemein in der Truppe noch konkret dem Kläger ein (gehäuftes) Verschwinden von Gegenständen bekannt war. Der Beklagte hat zudem keine Nachweise erbracht, dass es gewisse Unregelmäßigkeiten gegeben hat und dass der Kläger dies wusste oder hätte wissen müssen.

(3) Dem Kläger kann aus diesem Grund (nur) zur Last gelegt werden, dass er ihm offensichtlich nicht zugehörige Kleidungstücke nicht bemerkt hat.

Dies betrifft den Damenparka, welcher laut der Kollegin D.S. wegen der kleineren Damenschulterklappen leicht erkennbar gewesen sei, sowie die Regenjacke Größe S, die beim Kläger in Überzahl vorhanden und mit dem Namen „…“ gekennzeichnet war, und das Paar Lederhandschuhe mit Protektoren, das links in der Damenausführung und insgesamt in Überzahl vorhanden war. Bei diesen Kleidungsstücken ist wohl davon auszugehen, dass die geschlechtsverschiedene Ausführung bzw. die Überzahl einem gewissenhaften Beamten hätten auffallen müssen. Fraglich ist aber, ob dieser Vorwurf hinreichend schwer wiegt und daher allein ausreicht, um eine charakterliche Ungeeignetheit des Klägers zu begründen.

(a) Dies ist bereits deshalb zu verneinen, weil in der Truppe insgesamt ein - wohl systemimmanenter - ungeordneter Umgang mit Kleidungsstücken vorherrscht.

Die Dienstkleidung ist für alle Beamte dem Grunde nach die Gleiche. Der Bekleidungsnachweis stimmt allerdings nicht immer mit der (ggf. erneut) ausgegebenen oder privat (nach-)gekauften Bekleidung überein, die Beamten kennen ihre eigene Größe nicht, Namens- bzw. Initialeneintragungen werden in fremden Kleidungsstücken getätigt. Dementsprechend kommt es immer wieder - nicht nur seitens des Klägers - zu Verwechslungen. Dies hat jedoch ausweislich der polizeilichen Zeugenvernehmungen - und entgegen der Darstellung des Beklagten in dem angefochtenen Bescheid - bisher nicht zu einem Vertrauensverlust innerhalt der Truppe oder gar zu einer Beeinträchtigung des Außenbildes der Bayerischen Polizei geführt.

Einigen Richtern der erkennenden Kammer ist aus eigener Erfahrung als frühere Soldaten bekannt, wie schnell es gerade bei Einsätzen zu einem unabsichtlichen Vertauschen von Uniformteilen kommen kann. Aufgrund des gleichen Aussehens ist es relativ schwer, die vertauschten Gegenstände dem ursprünglichen Besitzer zuzuordnen.

Auch das Risiko eines zukünftigen Vertrauens- und Ansehensverlusts dürfte zu verneinen sein, da die Bekleidungsverwechslungen in der Truppe als reguläre Begleiterscheinung wahrgenommen werden (vgl. polizeiliche Zeugenvernehmung des D.G. Bl. 220 d. StA-Akte sowie des D.K. Bl. 221 d. StA-Akte). Darüber hinaus dürfte das Verhalten des Klägers angesichts dieser Gesamtsituation kein Einzelfall sein. So haben bspw. auch der Kollege D.K. (Lederjacke) zumindest kurzzeitig und wohl auch der Kollege … (Schirmmütze) fremde Bekleidungsgegenstände unerkannt in Besitz gehabt. Der Kollege D.K. hatte den Verlust seiner Einsatzoveralljacke bis zu der dienstlichen Aufforderung zur Nachschau nicht bemerkt. Eine gesteigerte, mithin „äußerste“ Nachlässigkeit kann dem Kläger daher nicht zum Vorwurf gemacht werden.

(b) Im Hinblick auf die Regenjacke sowie die Lederhandschuhe mit Protektoren bestand aus Sicht eines objektiven gewissenhaften Dritten in der Gruppe des Klägers - und damit erst recht subjektiv für den Kläger - schon keine Veranlassung zur Nachschau. Der Verlust dieser Gegenstände war - jedenfalls in der Gruppe des Klägers - nicht bekannt. Auch ein allgemeiner Eindruck dahingehend, dass in der Gruppe des Klägers gehäuft Gegenstände abhandenkamen, bestand wie oben aufgezeigt nicht. Vielmehr spricht das bisherige Verhalten des Klägers dafür, dass er als fremd erkannte Gegenstände (vgl. Lederjacke des D.K. und Dienstmütze des D.D.) umgehend zurückgab. Dieser Eindruck wird auch nicht dadurch relativiert, dass der Kläger trotz ausdrücklicher Aufforderung der Kollegin D.S. den (wohl ihrigen) Damenparka in seinem Zimmer nicht als fremd erkannte und zurückgab. Denn zum einen war der Parka beim Kläger ausweislich der vorgelegten Akten nicht in Überzahl vorhanden. Zum anderen verblieb dem Kläger zur Nachschau aufgrund seines baldigen Urlaubsantritts nur knapp ein Tag.

(c) Darüber hinaus hatte das (geringfügige) Fehlverhalten des Klägers keine negativen Auswirkungen auf die Truppe selbst oder die Außenwahrnehmung der Bayerischen Polizei. Ausweislich der polizeilichen Zeugenvernehmungen werden Bekleidungsverwechslungen in der Truppe als regulärer Vorgang empfunden, von dem sich das Fehlverhalten des Klägers weder quantitativ noch qualitativ abhebt. Ein Vertrauensverlust in der Truppe insgesamt oder konkret gegenüber dem Kläger ist damit nicht eingetreten. Zudem handelt es sich hier um rein interne Vorfälle, die - soweit ersichtlich - bisher keinerlei Außenwirkung gezeigt haben und auch wenig geeignet erscheinen, an die Öffentlichkeit zu dringen und Schaden zu hinterlassen. Die pauschale Begründung des Beklagten, es sei gegenüber der Öffentlichkeit nicht vertretbar, dass Polizeibeamte Sachen Anderer finden und keine Bemühungen zeigen, diese zurückzugeben, vermag insofern nicht zu überzeugen.

(4) Darüber hinaus ist der Kläger durch seinen Dienstherrn nicht zuvor abgemahnt worden. Eine Abmahnung ist jedoch erforderlich, wenn die Mängel behebbar sind und eine Entlassung für den Beamten andernfalls überraschend käme, es sei denn, das fragliche Verhalten ist offensichtlich gravierend dienstpflichtwidrig (BVerfG, B.v. 15.12.1976 - 2 BvR 841/73 - BVerfGE 43, 154-197 - juris Rn. 113; BVerwG, B.v. 24.1.2017 - 2 B 75/16 - NJW 201, 2295 Rn. 28; BayVGH, U.v. 28.7.2016 - 3 B 14.1431 - BeckRS 2016, 50748 Rn. 91; B.v. 10.9.2009 - 3 ZB 07.2118 - BeckRS 2009, 43688 Rn. 16; B.v. 16.6.1998 - 3 B 96.2870 - BeckRS 1998, 19250 Rn. 38; Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., Art. 23 BeamtStG, Rn. 150). Bei Leistungsmängeln sowie dienstlich zu beanstandendem Verhalten ist für den Beamten nämlich häufig nicht deutlich erkennbar, welches Gewicht diesen Mängeln seitens des Dienstherrn beigemessen wird. So liegt der Fall auch hier. Die benannten Vorfälle waren zudem nicht so gravierend, dass sie eine sofortige Entlassung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen würden.

(a) Bis zu der Zimmerdurchsuchung war dem Kläger augenscheinlich nicht bewusst, dass ein Fehlverhalten vorliegen und er Anlass haben könnte, sich sorgfältiger zu verhalten. Zwar liegen zwischen dem Auffinden der Gegenstände und der Entlassungsverfügung mehr als zwei Jahre; in dieser Zeit war dem Kläger jedoch die Führung der Dienstgeschäfte untersagt, sodass er keine Gelegenheit hatte, sein Verhalten zu ändern und die Entlassung für ihn daher überraschend kam.

(b) Es ist auch grundsätzlich zu erwarten, dass ein Beamter seinen nachlässigen Umgang mit Bekleidungsstücken nach einer dahingehenden Abmahnung bessert und einen derart aufmerksamen Kleidungsumgang pflegt, dass ihm geschlechtsverschiedene Kleidungsstücke oder Überzahlen auffallen und er entsprechend handeln kann. Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem hier in Streit stehenden Verhalten um einen (behaupteten) charakterlichen Eignungsmangel handelt. Auch charakterliche Eigenschaften können sich - je nach ihrer Art und Intensität - entwickeln und ändern. Zu den änderungsfähigen Eigenschaften zählt jedenfalls die Nachlässigkeit im Umgang mit fremden Kleidungsstücken, die durch gehörige Anspannung der Aufmerksamkeit abgemildert und sogar abgestellt werden kann (vgl. zur Abänderbarkeit von u.a. nachlässiger Nichteinhaltung von Terminen und Hinwegsetzen über dienstliche Anordnungen BayVGH, B.v. 27.8.2014 - 3 ZB 13.2214 - BeckRS 2014, 55966 Rn. 20, 31). Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die gegen die Fähig- und Willigkeit des Klägers sprechen, seine Aufmerksamkeit dahingehend zu intensivieren, zumal es sich um ein jeweils punktuelles, unvorsätzliches Fehlverhalten handelt, das der fortlaufenden Kontrolle des Dienstherrn zugänglich ist (anders in BGH, U.v. 7.5.2009 - RiZ(R) 1/08, IBRRS 2009, 2326).

(c) Das dem Kläger i.E. vorwerfbare Verhalten (Nichterkennen der Fremdheit von drei Kleidungsstücken in vier Dienstjahren) ist weder in seiner Quantität noch in seiner Qualität derart dienstpflichtwidrig und hat auch keine derartigen weiteren Folgen gezeitigt, dass eine Entlassung ausnahmsweise ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt wäre.

d) Soweit im streitgegenständlichen Bescheid angeführt ist, auch das übrige dienstliche Verhalten könne nichts an der negativen Prognose ändern, ist dies ohne Gewicht. Zum einen ist das Vorbringen in diesen Punkten - zu denen auch keine Anhörung des Klägers erfolgte - unsubstantiiert. Es ist nicht konkret dargelegt, inwiefern sich mangelnder Arbeitseifer, minimalistisches Verhalten und ein Entzug von Routineaufgaben gezeigt haben sollen. Zum anderen hat der Dienstherr das offenbar selbst nicht als Grundlage für die Entlassungsverfügung angesehen, sondern die Erwägungen lediglich im Rahmen einer Interessenabwägung ergänzend herangezogen. Sie sind für sich gesehen nicht geeignet, eine Entlassung wegen charakterlicher Ungeeignetheit zu begründen.

4. Die Kosten waren dem Beklagten als unterlegenem Beteiligten aufzuerlegen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 709 Satz 2 Zivilprozessordnung.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 23 Entlassung durch Verwaltungsakt


(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie 1. den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern,2. nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Warte

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 10 Voraussetzung der Ernennung auf Lebenszeit


Die Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit oder zum Beamten auf Lebenszeit ist nur zulässig, wenn die Beamtin oder der Beamte sich in einer Probezeit von mindestens sechs Monaten und höchstens fünf Jahren bewährt hat. Von der Mindestprobezeit können du

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Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 5 K 15.1981

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 23. Februar 2016

5. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1330

Hauptpunkte:

Verbot der Führung der Dienstgeschäfte;

Polizeibeamter;

Verdacht der Begehung von Straftaten unter Kollegen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

..., vertreten durch: Präsidium der ... Bereitschaftspolizei

- Beklagter -

wegen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 5. Kammer,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2016 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger steht seit ... 2013 als Beamter auf Probe als Polizeimeister in den Diensten des Beklagten. Er ist Angehöriger der vierten Bereitschaftspolizeihundertschaft der Bereitschaftspolizei ... Abteilung ...

An einem nicht mehr genau bestimmbaren Tag im Jahr 2014 oder 2015 war die Kleidung mehrerer Polizeibeamter in der Antretehalle abgelegt. Nach der Erteilung des Einsatzbefehles legten die Beamten ihre Kleidung an. Der Kläger zog anstelle seiner eigenen Lederjacke die eines Kollegen, des Polizeimeisters H., an. Von diesem hierauf angesprochen gab der Kläger die Jacke heraus. Der Kläger stand bereits … im Verdacht des Beklagten, mit dem Abhandenkommen von Dienstbekleidung in Verbindung zu stehen.

Gegen den Kläger wurde ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Diebstahls bzw. Fundunterschlagung) eingeleitet (Az. ...).

Es fand am ... Januar 2015 in der dienstlichen Unterkunft des Klägers eine Durchsuchung statt. Dabei wurden acht Bekleidungsgegenstände aufgefunden, deren Eigentümer unklar ist. Hierbei handelt es sich um dünne schwarze Lederhandschuhe, welche nicht im Bekleidungsnachweis des Klägers aufgelistet sind, einen linken Damenlederhandschuh mit Protektoren sowie das nämliche Modell in der Herrenausführung, wobei der Kläger im Besitz seiner eigenen Schlagschutzhandschuhe war und diese nur einmal pro Beamter ausgegeben werden, zwei Uniformhemden Größe 38 sowie Größe 37/38, wobei der Kläger Größe 39/40 trägt, einen Damenparka Größe 38, einen Einsatzoverall Größe 48 mit der Kennzeichnung „...“, wobei der Kläger Größe 106 trägt, eine Regenjacke Größe S mit dem Namensschild „...“, einen Lederblouson Größe 48 mit der handschriftlichen Kennzeichnung „...“, welche durchgestrichen wurde und bei dem stattdessen der Name des Klägers eingetragen wurde, wobei der Kläger Größe 50 trägt, sowie ein Paar schnitthemmende schwarze Lederhandschuhe ESKA Größe 7/XS, wobei ein solches Paar von einer Kollegin des Klägers vermisst wurde.

Mit Bescheid vom ... Januar 2015 verfügte die Bayerische Bereitschaftspolizei ohne vorherige Anhörung ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 16. Februar 2015 Widerspruch ein. Das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom ... April 2015, dem Kläger zugegangen am 20. April 2015, zurück.

Am 16. April 2015 wurden disziplinarrechtliche Ermittlungen gegen den Kläger eingeleitet. Das Disziplinarverfahren wurde für die Dauer des Ermittlungsverfahrens ausgesetzt.

Die Staatsanwaltschaft ... beantragte gegen den Kläger wegen der Unterschlagung von drei bei dem Beamten aufgefundenen Uniformteilen (Damen-Winterparka, Regenjacke, Einsatzoverall) den Erlass eines Haftbefehls unter Verhängung einer Geldstrafe von 3000,00 Euro. Wegen der übrigen beim Kläger aufgefundenen Ausrüstungsgegenstände wurde das Verfahren nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung/StPO eingestellt.

Gegen den Strafbefehl hat der Kläger Einspruch erhoben.

Mit noch nicht rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichtes ... vom ... Februar 2016 (Az. ...) wurde der Kläger freigesprochen.

Der Kläger hat am 18. Mai 2015 Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom ... Januar 2015 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom ... April 2015 aufzuheben.

Der Kläger habe keine Kleidungsstücke entwendet. Der Vorfall mit der Lederjacke basiere auf einer bloßen Verwechslung, die in der Hektik des Einsatzbefehles immer wieder vorkommen könne. Die Jacke des Klägers selbst sei von einem dritten Kollegen getragen worden. Hinsichtlich der bei der Durchsuchung aufgefundenen Gegenstände sei der Diebstahlsvorwurf nur belegt, wenn die Kleidungsstücke anderen Kollegen konkret zuordenbar seien. Da dies nicht der Fall sei, handele es sich um eine reine Vermutung. Dienstkleidung könne auch frei käuflich erworben werden. Im Zuge der Ermittlungen seien entlastende Tatsachen vorgetragen worden, die von dem Beklagten nicht berücksichtigt worden seien.

Das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei hat für den Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bestehe der dringende Verdacht, der Kläger habe Kleidungsstücke von Kollegen entwendet. Selbst wenn der Kläger die Kleidungsstücke nicht gestohlen habe, so liege zumindest Fundunterschlagung nahe. Besonders auffallend sei der Fund eines Damen-Uniformparkas Größe 38 im Zimmer des Klägers, wobei einer Kollegin wenige Tage vorher ein Parka gleicher Größe abhandengekommen sei. Das vom Beamten gezeigte äußerst unkollegiale Verhalten stelle unabhängig von einer eventuellen strafrechtlichen Bewertung einen erheblichen Verstoß gegen Dienstpflichten dar und rechtfertige ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die vorgelegten Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom ... Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ... April 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO.

Gemäß § 39 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern - Beamtenstatusgesetz/BeamtStG - i. V. m. Art. 6 Abs. 4 S. 1 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG - kann die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verbieten. Diese vorläufige und zeitlich befristete Maßnahme dient dazu, ein weiteres dienstliches Tätigwerden des Beamten bis zur Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens oder eines sonstigen auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren zu unterbinden.

1. Auch wenn der Kläger vor Ergehen der streitgegenständlichen Verfügung nicht angehört worden ist, folgt daraus nicht die formelle Rechtswidrigkeit der Verfügung. Nach Art. 6 Abs. 4 Satz 2 BayBG soll der Beamte vor Erlass des Verbots gehört werden. Auch wenn die Anhörung als Sollvorschrift und nicht als zwingende Norm ausgestaltet ist, so binden auch Sollvorschriften die Verwaltung, soweit kein triftiger Grund für eine Ausnahme vorliegt (vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Bayerisches Beamtengesetz, Stand: November 2015, § 39 BeamtStG Rn. 34, § 6 BayBG Rn. 19). Selbst wenn man von einer ursprünglich vor Bescheidserlass zu Unrecht unterbliebenen Anhörung ausgeht, wäre dieser Verfahrensmangel geheilt. Nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz/BayVwVfG kann die erforderliche Anhörung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit heilender Wirkung nachgeholt werden. Jedenfalls durch die Auseinandersetzung des Beklagten mit den gegen das Verbot vorgebrachten Argumenten im Rahmen des Widerspruchs- und Klageverfahrens wurde das in der Anhörungspflicht enthaltene Gebot gewahrt, ein etwaiges Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und - im Hinblick auf eine etwaige Abänderung der getroffenen Verfügung - in Erwägung zu ziehen.

2. Bei dem Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe im Sinne von § 39 BeamtStG handelt es sich nach herrschender Lehre um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Dienstliche Gründe können sowohl im dienstlichen als auch im außerdienstlichen Verhalten des Beamten oder in seiner Person begründet sein, soweit sie sich auf die dienstlichen Bereiche auswirken können. Die dienstlichen Gründe müssen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte zwingend erfordern. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist eine Notmaßnahme, um eine erhebliche Beeinträchtigung oder Gefährdung dienstlicher oder öffentlicher Belange zu verhindern oder zu unterbinden. Es müssen also Umstände vorliegen, die eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Beamten zumindest im Augenblick als nicht vertretbar erscheinen lassen und es darf keine anderen, weniger einschneidenden Möglichkeiten geben, die dienstlichen Nachteile abzuwenden. Die zu befürchtenden Nachteile müssen also so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann. Schließlich ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte darf nicht außer Verhältnis zur Schwere des inkriminierenden Verhaltens und dem Grad der zu befürchtenden Unzuträglichkeiten stehen. Soweit jedoch gewichtige Bedenken gegen eine Fortführung der Dienstgeschäfte bestehen, hat das Individualinteresse des Beamten an der Führung seiner Dienstgeschäfte gegenüber den dienstlichen Interessen zurückzutreten (vgl. zum Ganzen: VG München, B. v. 7.5.2013 - M 5 S 13.1380; VG München, B. v. 13.10.2006 - 5 S 06.3478 - juris; VG Kassel, B. v. 16.10.2006 - 1 L 1108/09.KS - juris; Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Bayerisches Beamtengesetz, Stand: November 2015, § 39 BeamtStG Rn. 21 ff. m. w. N.).

Zwingende dienstliche Gründe können bereits bei Vorliegen des Verdachtes einer Straftat bestehen. Voraussetzung ist nicht etwa, dass nachgewiesen ist, dass der Beamte eine Straftat tatsächlich begangen hat. Bereits der Verdacht kann genügen, um ein Verbot nach § 39 BeamtStG auszusprechen (vgl. Praxis der Kommunalverwaltung, Stand Juni 2014, S. 387). Dies ist insofern gerechtfertigt, als das Verbot nach § 39 BeamtStG lediglich zeitweise gilt und kurzfristig zum Einsatz kommt, bis eine endgültige Klärung erreicht werden kann.

3. Durch den der streitgegenständlichen Maßnahme zugrunde liegenden Sachverhalt liegen solche Umstände vor, die eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger im Zeitpunkt des Ausspruchs des Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte als nicht vertretbar erscheinen lassen.

a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte ist der Zeitpunkt der Anordnung des Verbotes (Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Bayerisches Beamtengesetz, Stand: November 2015, § 39 BeamtStG Rn. 60; Sächsisches OVG, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 2 A 133/11 - juris Rn. 16). Nachträglich eingetretene Umstände sind für die Rechtmäßigkeit der Anordnung nicht von Einfluss. Aus diesem Grund ist der Ausgang des gegen den Kläger geführten Strafverfahrens auch ohne weitere Bedeutung. Auch ist unerheblich, ob etwaige Verdachtsmomente zu einem späteren Zeitpunkt ausgeräumt wurden.

b) Als das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen wurde, hatten sich zuvor verschiedene Vorfälle ereignet. Der Kläger war mehrfach in Verbindung mit Ungereimtheiten bezüglich des Verschwindens von Bekleidungsstücken aufgefallen. Der Kläger hat selbst eingeräumt, die Lederjacke des Kollegen H. angezogen zu haben. Bei der durchgeführten Durchsuchung wurden verschiedene Kleidungsstücke aufgefunden, die dem Kläger nicht eindeutig zuzuordnen waren. Die Eigenarten der aufgefundenen Gegenstände legen den Verdacht nahe, dass diese nicht dem Kläger gehören. Denn hierbei handelte es sich um Damenbekleidungsstücke oder Kleidungsstücke, die nicht die Größe des Klägers aufwiesen. Zum Teil waren Bekleidungsgegenstände doppelt vorhanden oder enthielten fremde Namenskennzeichnungen.

Darüber hinaus wurden von anderen Kollegen Ereignisse geschildert, bei denen der Kläger Kleidungsstücke von Kollegen an sich genommen haben soll oder solche in seinem Zimmer aufgefunden worden. Bei solchen Vorfällen kann es sich im Einzelnen sicherlich, wie vom Kläger vorgetragen, um Verwechslungen handeln. Soweit sie wie im vorliegenden Fall allerdings gehäuft auftreten, legen sie demgegenüber den Verdacht nahe, dass die Vorfälle über unabsichtliche Verwechslungen hinausgehen könnten.

Die Verdachtsmomente gegen den Kläger hatten sich für die Strafverfolgungsbehörden auch dergestalt verdichtet, dass gegen den Kläger ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist.

Da es für § 39 BeamStG nicht erforderlich ist, dass die Begehung einer Straftat erwiesen ist, kann ein solches Verdachtsmoment ausreichen. Die verschiedenen Anhaltspunkte begründen jedenfalls objektiv den Verdacht, dass der Kläger Straftaten begangen haben könnte. Die vom Kläger vorgebrachten Behauptungen dienen indes nicht dazu, diesen Verdacht auszuräumen, sondern könnten auch bloße Schutzbehauptungen sein.

Selbst wenn der Beamte keine Straftaten begangen haben sollte, sondern es sich - wie von ihm behauptet - um bloße Versehen handelt, so liegt jedenfalls der Verdacht eines grob nachlässigen Verhaltens vor, welches wiederum eine Verletzung der Dienstpflichten begründen kann. Der Kläger hat entsprechend seinem Vortrag nicht bloß vereinzelt, sondern mehrfach Kleidungsstücke von Kollegen verwechselt und in seine Räume verbracht. Auch ist kein Bemühen des Klägers ersichtlich gewesen, den Sachverhalt insgesamt aufzuklären und die Gegenstände zeitnah wieder ihrem rechtmäßigen Besitzer zuzuführen. Gerade in größeren Einheiten ist es von grundlegender Bedeutung, dass jeder Beamte darauf achtet, zu einem gewissen Maß an Ordnung beizutragen. Zudem müssten sich die Bekleidungsgegenstände über einen längeren Zeitraum angesammelt haben. Je länger der Kläger mit der Rückgabe der Gegenstände zuwartet, umso schwieriger wird die Aufklärung, welchem Beamten ein Gegenstand zugeordnet werden kann. Selbst wenn der Kläger vom strafrechtlichen Vorwurf des Diebstahls freigesprochen wurde, wobei das Urteil noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, ist eine strafrechtliche Verurteilung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte unmaßgeblich.

In Anbetracht dieser Umstände durfte der Beklagte im Zeitpunkt des Ausspruchs des Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte zu Recht davon ausgehen, dass sich der Kläger eines beträchtlichen Fehlverhaltens schuldig gemacht haben könnte und eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte als nicht vertretbar erschien.

4. Die Maßnahme ist auch verhältnismäßig gewesen. Der Beklagte hat das ihm nach eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt (§ 114 VwGO).

Das Verbot war angemessen. Die Interessen des Klägers, seine Dienstgeschäfte fortzuführen, müssen hinter den Interessen des Beklagten zurückstehen.

Die Anhaltspunkte waren hinreichend konkret und massiv, weshalb zu besorgen war, dass der Kläger Straftaten im Kollegenbereich begangen oder sich jedenfalls grob nachlässig und unkollegial verhalten haben könnte. Nach § 34 S. 3 BeamtStG muss das Verhalten der Beamten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Der Dienstherr muss sich darauf verlassen können, dass Beamte sich entsprechend diesem Grundsatz verhalten. Aufgrund der Umstände und des bestehenden Verdachtes war es dem Beklagten nicht zuzumuten, weiterhin darauf zu vertrauen, dass der Kläger diesen Grundsatz erfüllen werde. Bis zur Bestätigung oder endgültigen Ausräumung eines solchen Verdachtes ist ein Verbot des Führens von Dienstgeschäften das angemessene Mittel.

Nicht zuletzt trifft den Beklagten eine Fürsorgepflicht aus Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland - Grundgesetz/GG - nicht nur gegenüber dem Kläger, sondern auch gegenüber den übrigen Bediensteten. Darüber hinaus ist ein Kollegendiebstahl auch geeignet, das Vertrauensverhältnis zwischen den Beamten zu stören. In dem Näheverhältnis, das zwischen Kollegen, gerade bei den Einsätzen der Bereitschaftspolizei, besteht, sind Diebstähle verhältnismäßig leicht möglich. Besteht ein begründeter Verdacht, dass ein Beamter seine Kollegen bestiehlt, ist der Betriebsfrieden in nicht unerheblichem Maße gefährdet. Auch wenn ein solches Verhalten nicht den Tatbestand einer Straftat erfüllen sollte, kann darin ein erhebliches pflichtwidriges Handeln liegen, das den internen Dienstbetrieb ganz bedeutend stört und zu Reibereien innerhalb des Kollegenkreises führen kann und deshalb vom Beklagten negativ bewertet werden durfte.

5. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1, 2 des Gerichtskostengesetzes.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1, 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

Der auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

1.1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Klage gegen den Bescheid der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 29. Januar 2015, mit dem gegen den Kläger sofort vollziehbar ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte angeordnet worden ist, abgewiesen. Dabei hat es ausgeführt, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung zwingende Gründe im Sinne von § 39 Satz 1 BeamtStG vorgelegen hätten. Eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger sei seinerzeit nicht mehr vertretbar gewesen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich, insbesondere sei das Verbot verhältnismäßig gewesen. Aus Sicht des Senats, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden

1.2 Die Einwände, die mit dem Zulassungsvorbringen gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts erhoben werden, greifen nicht durch.

Gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Bei dem Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Diese liegen vor, wenn bei einer weiteren Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären. Die zu befürchtenden Nachteile müssen so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann (OVG NW, B.v. 30.7.2015 - 6 A 1454/13 - juris Rn. 4 ff.; B.v. 17.6.2013 - 6 A 2586/12 - juris Rn. 11 ff.).

Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren kommt es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes (BVerwG, B.v. 17.7.1979 - 1 WB 67.78 - juris Rn. 39; v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG, juris-online, 18. Update 07/15, § 39 Rn. 29). Die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist (vgl. v. Roetteken/Rothländer a.a.O.). Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen (OVG NW, B.v. 17.6.2013 a.a.O Rn. 13. mit weiteren Nachweisen). Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende Verdacht, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln erfordern und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als zwingend geboten erscheinen lassen (vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschluss vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 - juris Rn. 8; OVG Lüneburg, B.v. 20.4.2010 - 5 ME 282/09 - juris Rn. 13; VG München, B.v. 17.4.2002 - M 5 S. 02.1111 - juris Rn. 28). Die endgültige Aufklärung ist den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten weiteren Verfahren vorbehalten (OVG NW, B.v. 17.6.2013 a.a.O).

1.2.1 Das Vorliegen zwingender dienstlicher Gründe wird durch das Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Hierfür kann bereits der Verdacht einer Straftat ausreichen (vgl. von Roetteken/Rothländer a.a.O. § 39 BeamtStG Rn. 31; VG Düsseldorf, B.v. 18.5.2016 - 13 L 832/16 - juris Rn. 42).

Zum Zeitpunkt der Anordnung des Verbots hatten sich zuvor verschiedene Vorfälle im Zusammenhang mit dem Kläger ereignet, die bezüglich seiner Person den Verdacht aufkommen ließen, er habe über einen längeren Zeitraum hinweg verschiedene dienstliche Kleidungsstücke seiner Kollegen entwendet oder unterschlagen. Bei der daraufhin durchgeführten Untersuchung seiner dienstlichen Unterkunft am 16. Januar 2015 wurden acht verschiedene Kleidungsstücke aufgefunden, die dem Kläger nicht eindeutig zuordenbar waren, unter anderem Damenbekleidungsstücke bzw. Kleidungsstücke, die nicht die Größe des Klägers aufwiesen. Unter den aufgefundenen Kleidungsstücken befand sich auch ein Damenparka Größe 38 von der Art und Größe, wie er kurz zuvor von einer Kollegin als vermisst gemeldet worden war. Zum Teil waren Kleidungsstücke doppelt vorhanden oder enthielten fremde Namenskennzeichnungen. Die Verdachtsmomente gegen den Kläger hatten sich für die Strafverfolgungsbehörden bereits dergestalt verdichtet, dass gegen den Kläger ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war. Soweit das Verwaltungsgericht deshalb mit dem Beklagten davon ausging, dass zum Zeitpunkt der Verbotsanordnung am 29. Januar 2015 zwingende dienstliche Gründe gemäß § 39 BeamtStG vorlagen, so ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.

Gerade bei der Polizei müssen sich die Beamten im Rahmen der Zusammenarbeit in besonderer Weise auf ihre Kollegen verlassen können. Ein im Raum stehender Verdacht des Kollegendiebstahls oder einer Unterschlagung dienstlicher Bekleidung im Kollegenkreis ist deshalb geeignet, das für eine reibungslose Zusammenarbeit notwendige Vertrauen innerhalb der Dienststelle zu zerstören und den Betriebsfrieden zu gefährden. Soweit der Beklagte bei Verbotserlass der Auffassung war, dass die erhebliche Störung des Vertrauensverhältnisses die weitere Ausübung der Dienstverrichtung durch den Kläger bis auf weiteres unvertretbar mache, ist hiergegen nichts zu erinnern. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen.

1.2.2 Mit seinem Vorbringen, bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verbotsanordnung hätte das Verwaltungsgericht berücksichtigen müssen, dass aufgrund des zwischenzeitlich erfolgten Freispruchs im Urteil des Amtsgerichts M … vom 4. Februar 2016 (Az. …) alle Verdachtsmomente gegenüber dem Kläger ausgeräumt gewesen seien, so dass spätestens ab diesem Zeitpunkt der Bescheid vom 29. Januar 2015 rechtswidrig geworden sei, kann der Kläger ebenfalls nicht durchdringen.

Unabhängig von der Frage, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Anordnung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 BeamtStG maßgeblich ist, ist das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang zu Recht davon ausgegangen, dass mangels rechtskräftigem Strafurteil die strafrechtlichen Verdachtsmomente gegenüber dem Kläger auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht noch nicht endgültig ausgeräumt gewesen sind. Das Verwaltungsgericht folgte zudem der Auffassung des Beklagten, dass unabhängig von der Verwirklichung von Straftatbeständen beim Kläger nach wie vor der Verdacht eines erheblichen dienstlichen Fehlverhaltens bestehe, welches ebenfalls ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtfertigen würde. Der Kläger habe keinerlei Bemühungen gezeigt, die von ihm verursachten behaupteten Verwechslungen aufzuklären und die Gegenstände zeitnah wieder ihrem rechtmäßigen Besitzern zuzuführen, obwohl ihm hätte bewusst sein müssen, dass die Aufklärung sich mit Zeitablauf immer schwieriger gestalten würde. Soweit das Verwaltungsgericht insofern zur Überzeugung gelangte, dass die vom Kläger vorgebrachten Behauptungen nicht dazu gedient hätten, den Verdacht eines dienstlichen Fehlverhaltens auszuräumen, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Hiergegen wendet sich der Kläger auch nicht. Konkrete Erklärungen, wie, wann und zu welchem Zweck die ihm nicht zuordenbaren, dienstlichen Bekleidungsstücke in seinen Besitz gelangt sind, hat der Kläger bis heute nicht abgegeben.

1.2.3 Soweit das Verwaltungsgericht als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte den Zeitpunkt der Anordnung heranzieht, so ist dies rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Bayerisches Beamtengesetz, Stand November 2015, § 39 BeamtStG Rn. 60; Sächsisches OVG, B.v. 14.2.2012 - 2 A 133/11 - juris Rn. 16; OVG Lüneburg, B.v. 20.4.2010 a.a.O. Rn. 13; OVG NW, B.v. 30.7.2015 a.a.O. Rn. 48; VG Aachen, B.v. 6.2.2017 - 1 L 50/17 - juris Rn. 32).

Zwar erschöpft sich die Anordnung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG nicht in einem einmaligen Verbot, sondern ist in seiner Wirkung auf Dauer angelegt (vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl a.a.O. § 39 BeamtStG Rn. 60; VG Gelsenkirchen, U.v. 4.11.2015 - 1 K 515/15 - juris Rn. 46, BVerwG, B.v. 29.10.2014 - 9 B 32/14 - juris Rn. 3), so dass hier von einem Dauerverwaltungsakt auszugehen ist, für dessen Beurteilung der Rechtmäßigkeit im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich die jeweilige aktuelle Sach- und Rechtslage maßgeblich ist (vgl. BVerwG, B.v. 29.10.2014 a.a.O.). Allerdings kann mit der Anfechtungsklage vorliegend nicht zugleich auch eine Prüfung der Frage herbeigeführt werden, ob ein auf einer Ermessensentscheidung beruhender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung wegen einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist. Vielmehr steht auch diese Entscheidung im Ermessen der Behörde (vgl. OVG Münster, U.v. 16.7.1974 - XII A 572/72 - ZBR 1975, 319/321), die hierbei im Rahmen des § 39 Satz 1 BeamtStG auch neue oder andere Gesichtspunkte in ihre Entscheidung miteinbeziehen kann. Ist deshalb der Beamte der Auffassung, dass die Voraussetzungen für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nachträglich entfallen sind, so kann er wegen der Dauerwirkung des Verwaltungsakts bei der zuständigen Behörde die Aufhebung des Verbots beantragen. Gegen die Ablehnung oder Nichtentscheidung des Antrags wäre dann die Verpflichtungsklage richtige Klageart, bei deren Prüfung alle Umstände berücksichtigt werden müssten, die bis zur letzten Tatsacheninstanz eingetreten sind (vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl a.a.O. § 39 BeamtStG Rn. 61). Zudem hat der Beklagte im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zum Ausdruck gebracht, dass auch zum aktuellen Zeitpunkt aufgrund des vertrauensschädigenden Verhaltens des Klägers unabhängig von dessen strafrechtlicher Beurteilung eine Aufhebung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte nicht in Betracht kommt.

1.2.4 Zu Recht ging das Verwaltungsgericht von der Verhältnismäßigkeit des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte aus. Soweit der Kläger vorbringt, die streitgegenständliche Maßnahme vom 29. Januar 2015 sei deshalb unverhältnismäßig, weil sie mittlerweile eineinhalb Jahre andauere, einen massiven Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 GG darstelle und es sich bei den inkriminierten Gegenständen insgesamt um einen Wert von unter 250,- Euro handele, kann er nicht durchdringen. Die Bewertung des Verwaltungsgerichts, das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sei deshalb angemessen gewesen, weil die Anhaltspunkte für Straftaten im Kollegenbereich oder zumindest für grob nachlässig und unkollegiales Verhalten hinreichend konkret gewesen seien, um eine erhebliche Störung des Vertrauensverhältnisses zu rechtfertigen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat ersichtlich nicht auf den Wert und Nutzen der beim Kläger aufgefundenen Gegenstände abgestellt, sondern auf die Schwere des inkriminierten Verhaltens und die Auswirkungen des hierdurch bedingten Vertrauensschadens für die Zusammenarbeit mit den Kollegen auf der Dienststelle (VG München, B v. 13.10.2006 - M 5 S. 06.3478 - juris Rn. 19). Die Entscheidung des Beklagten, deshalb das Individualinteresse des Klägers an der Führung seiner Dienstgeschäfte gegenüber dienstlichen Interessen zurücktreten zu lassen, hat das Verwaltungsgericht zu Recht nicht als unverhältnismäßig erachtet. Gleiches gilt für die Entscheidung, zunächst den Ausgang des Strafverfahrens abzuwarten.

1.2.5 Das Vorbringen des Klägers, das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe auf einem unrichtigen Tatbestand, ist ebenfalls nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen. Es fehlt bereits an substantiierten Darlegungen, inwieweit das Urteil auf diesem Umstand beruht.

Einen Antrag des Klägers vom 4. April 2016 auf Berichtigung des Tatbestands gemäß § 119 Abs. 1 und 2 Satz 1 VwGO hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. April 2016 abgelehnt. Gemäß § 119 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist dieser Beschluss unanfechtbar. Gegen die Ablehnung seines Antrags hat der Kläger gleichwohl Beschwerde erhoben, die der Senat mit Beschluss vom 20. März 2017 als unstatthaft verworfen hat (Az. 3 C 16.1094). Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung kann der Kläger jedoch hierauf nicht stützen (vgl. Rennert in Eyermann, a.a.O. § 119 Rn. 6). Auch deshalb kann der Kläger mit seinem Vorbringen, das erstinstanzliche Urteil beruhe auf einem unrichtigen Tatbestand, im Rahmen des Zulassungsverfahrens nicht durchdringen.

2. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit oder zum Beamten auf Lebenszeit ist nur zulässig, wenn die Beamtin oder der Beamte sich in einer Probezeit von mindestens sechs Monaten und höchstens fünf Jahren bewährt hat. Von der Mindestprobezeit können durch Landesrecht Ausnahmen bestimmt werden.

(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie

1.
den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern,
2.
nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist,
3.
dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet,
4.
die Entlassung in schriftlicher Form verlangen oder
5.
nach Erreichen der Altersgrenze berufen worden sind.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 3 ist § 26 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.

(2) Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie in Fällen des § 7 Abs. 2 die Eigenschaft als Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes verlieren.

(3) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können entlassen werden,

1.
wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte,
2.
wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben oder
3.
wenn ihr Aufgabengebiet bei einer Behörde von der Auflösung dieser Behörde oder einer auf landesrechtlicher Vorschrift beruhenden wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung dieser Behörde mit einer anderen oder von der Umbildung einer Körperschaft berührt wird und eine andere Verwendung nicht möglich ist.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 2 ist § 26 Abs. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung entsprechend anzuwenden.

(4) Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden. Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 3 B 14.1487

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 13. Januar 2016

(VG Ansbach, Entscheidung vom 14. Januar 2014, Az.: AN 1 K 13.1631)

3. Senat

Sachgebietsschlüssel: 1330

Hauptpunkte:

Beamtenrecht

Entlassung eines Polizeibeamten auf Probe (Polizeioberwachtmeister) wegen fehlender charakterlicher Eignung

Beurteilungsspielraum

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Freistaat Bayern, vertreten durch: Landesanwaltschaft Bayern, Ludwigstr. 23, 80539 München,

- Beklagter -

Wegen Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Januar 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Läpple, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Neumüller, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weizendörfer aufgrund mündlicher Verhandlung vom 11. Januar 2016 am 13. Januar 2016 folgendes Urteil:

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 19... geborene Kläger ist Polizeibeamter auf Probe (2. Qualifizierungsebene) im Polizeivollzugsdienst des Beklagten.

Er wurde am 1. September 2011 als Polizeimeisteranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei eingestellt und mit Wirkung vom 1. September 2012 unter gleichzeitiger Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister ernannt.

Der Kläger war ab dem 4. Mai 2013 der Polizeiinspektion (PI) L. zur Ableistung des Praktikums II zugeteilt. Er beantragte für das Pfingstwochenende (18. bis 19. Mai 2013) Überstundenausgleich, den er mit einem Fußballspiel und einer privaten Feier begründete. Der Überstundenausgleich wurde dem Kläger für die Nachmittagsschicht am Samstag und die Frühschicht am Sonntag gewährt. Für den Sonntag, den 19. Mai 2013, war er ab 18:00 Uhr zur Nachtschicht eingeteilt.

Der Kläger spielte am Samstag, den 18. Mai 2013, ab 15:00 Uhr in der Fußballmannschaft des FC L. bei einem Spiel der Bezirksliga West bis zur 52. Spielminute aktiv mit. Von 18.00 Uhr bis 22:00 Uhr befand er sich eigenen Angaben zufolge auf der Geburtstagsfeier seiner Patentante in L. und fuhr danach auf das Beach-Soccer-Turniergelände in I. Der Kläger fragte bereits am Samstagabend per SMS bei der stellvertretenden Dienstgruppenleiterin der PI L., Frau Polizeihauptkommissarin (PHK) H. nach, ob ihm am Sonntagabend Arbeitszeitausgleich gewährt werden könne. Frau PHK H. teilte ihm mit, dass dies aufgrund der Erkrankung eines anderen Kollegen nicht möglich sei. Der Kläger erklärte darauf, er sei ebenfalls krank, würde es aber „probieren“. Frau PHK H. bot ihm daraufhin an, im Innendienst bleiben zu können. Der Kläger erklärte ihr daraufhin per SMS, am Sonntagmorgen darüber Bescheid zu geben.

In der Nacht von Samstag, den 18. Mai 2013, auf Sonntag, den 19. Mai 2013 (Pfingstsonntag), betätigte sich der Kläger auf dem Gelände des in I. stattfindenden Beach-Soccer-Turniers zwischen 23:00 Uhr und 24:00 Uhr in einem umgebauten Imbisswagen als DJ und übernachtete anschließend in seinem auf dem Festivalgelände geparkten Pkw.

Nachdem sich der Kläger am Sonntagvormittag nicht, wie vereinbart, bei der Dienststelle meldete, versuchte PHK H. mehrfach vergeblich, ihn auf seinem Handy zu erreichen. Gegen 14:30 Uhr spielte der Kläger beim Beach-Soccer-Turnier mit. Zu weiteren Spielen kam es aufgrund der heftigen Regenfälle an diesem Tag nicht mehr.

Um 15:44 Uhr meldete sich der Kläger beim diensthabenden Gruppenleiter der PI L., Herrn Polizeioberkommissar (POK) B., per Mobiltelefon dienstunfähig. Gegen 17:57 Uhr teilte er Frau PHK H. per SMS mit, an „Magen-Darm“ erkrankt zu sein.

Gegen 20:00 Uhr traf der Dienststellenleiter der PI L., Polizeioberrat L., den Kläger in dessen auf dem Gelände des Beach-Soccer-Turniers parkenden, privaten Pkw in alkoholisiertem Zustand an. Der Kläger wurde daraufhin mit dem Streifenwagen zur PI L. verbracht. Ein Atemalkoholtest um 20:27 Uhr ergab einen Wert von 76 mg/l, ein um 20:45 Uhr durchgeführter weiterer Atemalkoholtest einen Wert von 73 mg/l.

Am Dienstag, den 21. Mai 2013, begab sich der Kläger beim Medizinischen Dienst der IV. Bereitschaftspolizeiabteilung (BPA) N. in ärztliche Behandlung. Herr Medizinaldirektor F. attestierte ihm Dienstunfähigkeit rückwirkend von Sonntag, den 19. Mai 2013, bis einschließlich Freitag, den 24. Mai 2013.

Ab dem 28. Mai 2013 war der Kläger der PI N. West zur Dienstleistung zugewiesen.

Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 erklärte Herr Medizinaldirektor F. gegenüber dem Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei, dass bei Kenntnis des Sachverhalts mit großer Wahrscheinlichkeit eine rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsattestierung nicht erfolgt wäre.

Nach vorheriger Anhörung mit Schreiben vom 11. Juli 2013 wurde der Kläger mit Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 14. August 2013 mit Ablauf des 30. September 2013 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung von Amts wegen aus dem Beamtenverhältnis auf Probe bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei wegen mangelnder Bewährung gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG entlassen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die der Entlassung zugrunde liegenden Geschehnisse begründete Zweifel hervorgerufen hätten, ob der Beamte den an ihn gestellten Anforderungen genügen werde können. Die Geschehnisse zeigten gravierende Mängel an Zuverlässigkeit, Pflichtbewusstsein, Kollegialität und Aufrichtigkeit auf und würden begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers hervorrufen. Obwohl der Kläger zur Dienstleistung für die Nachtschicht am 19. Mai 2013 eingeteilt gewesen und darauf hingewiesen worden sei, dass aufgrund der personellen Situation nicht auf ihn verzichtet werden könne, habe er sich dienstunfähig gemeldet und seinen Dienst nicht angetreten. Zwar sei er zum Zeitpunkt des Dienstbeginns tatsächlich dienstunfähig gewesen, die Dienstunfähigkeit habe sich jedoch allein aus seiner hohen Alkoholisierung ergeben. Das Verhalten des Klägers stelle deshalb einen gravierenden Verstoß gegen seine beamtenrechtliche Verpflichtung dar, dienstliche Weisungen und Anordnungen zu befolgen. Er sei den ganzen Vormittag des 19. Mai 2013 für die Kollegen der Dienststelle nicht erreichbar gewesen, zudem habe er sich nicht bei PHK H. - wie am Vorabend vereinbart - gemeldet. Zwar habe er behauptet, bereits am 18. Mai 2013 abends krank gewesen zu sein, dies entspreche aber nicht den Tatsachen, da er gleichwohl um Überstundenausgleich für Sonntag nachgefragt, den gesamten Abend und die Nacht auf dem Beach-Soccer-Gelände verbracht und dort schließlich sogar als DJ für Unterhaltung gesorgt habe. Zudem habe er später erklärt, erst am Nachmittag des 19. Mai 2013 erkrankt zu sein. Selbst wenn der Kläger jedoch bereits am 18. Mai 2013 krank gewesen sein sollte, hätte er im Rahmen seiner beamtenrechtlichen Gesunderhaltungspflicht alles unterlassen müssen, was seinem Gesundheitszustand zuwider laufe. Im Wissen um seine Dienstpflicht am nächsten Tag und die personelle Situation auf der Dienststelle seien das Verweilen auf dem Beach-Soccer-Turnier, der Auftritt als DJ in der Nacht, die aktive Teilnahme am Turnier, insbesondere der hohe Alkoholkonsum, keinesfalls mit seinen beamtenrechtlichen Pflichten vereinbar gewesen. Dem ihm von seinen Kollegen und Dienstvorgesetzten entgegengebrachten Vertrauen sei der Kläger in keiner Weise gerecht geworden, das Praktikum bei der PI L. habe anlässlich des Vorfalls abgebrochen werden müssen. Es bestünden begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers, die Entlassung sei verhältnismäßig.

Hierauf erhob der Kläger am 5. September 2013 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach und beantragte, den Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 14. August 2013 aufzuheben. Mit einem am 13. September 2013 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz beantragte der Kläger gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen (Az.: AN 1 S 13.01683).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen (ergänzt durch den Schriftsatz vom 18. Oktober 2013) vorgetragen, dass sich die Anweisung, seine Erreichbarkeit sicherzustellen, nur auf den Pfingstsamstag bezogen habe. Am Samstagabend habe der Kläger erklärt, dass er krank sei, es aber „probieren“ würde. Er habe dies nur gesagt, weil er gespürt habe, dass möglicherweise eine Krankheit im Anmarsch gewesen sei (Rumoren im Magen-Darm-Bereich). Er habe hierüber möglichst zügig Bescheid geben wollen. Nachdem es dem Kläger im Laufe des Abends besser als erwartet gegangen sei, habe er in der Zeit von 23:00 Uhr bis 24:00 Uhr als DJ in einem umgebauten Imbisswagen sitzend am Mischpult für Unterhaltung gesorgt. Zu diesem Zeitpunkt sei er davon ausgegangen, dass er seinen Dienst am nächsten Tag um 18:00 Uhr abends würde antreten können. Er habe auch die Nacht auf dem Veranstaltungsgelände verbracht, wo der Akku seines Mobiltelefons aufgrund fehlender Lademöglichkeit über Nacht zur Neige gegangen sei. Er sei da aber immer noch davon ausgegangen, dass er seine Schicht abends um 18:00 Uhr problemlos würde antreten können. Er habe dann am Pfingstsonntag um 14:30 Uhr für ca. 8 bis 10 Minuten zum ersten Mal in seinem Beach Soccer-Team gespielt. Nach dem Ende des Spiels gegen 15:30 Uhr seien dann bei ihm derart massive Magen-Darm-Probleme mit einem Brechdurchfall aufgetreten, verbunden mit Übelkeit, Magenkrämpfen, starkem Durchfall, der ihn zu mehrmaligen Toilettengängen gezwungen, aber auch erhöhte Temperatur und Schüttelfrost hervorgerufen habe. Gegen 15:44 Uhr habe er sich sofort mit dem Mobiltelefon seines Freundes P. K. beim diensthabenden Gruppenleiter, POK B., krank gemeldet. Die Nummer der stellvertretenden Dienstgruppenleiterin seiner Schicht, PHK H., habe er nicht zur Hand gehabt. Diese sei in seinem leeren Handy gespeichert gewesen. Nicht zutreffend sei, dass POK B. ihn aufgefordert habe, umgehend Frau H. zu kontaktieren. Nach seiner Krankmeldung habe er eine Tablette gegen Magenkrämpfe genommen. Als diese nicht geholfen habe, habe er versucht, mit mehreren hochprozentigen Schnäpsen sein Wohlbefinden zu verbessern. In seinem Zustand habe der Kläger nicht nach Hause fahren wollen, so dass er sich in sein Auto zurückgezogen habe. Auch habe er, nachdem er sein Handy an der Autobatterie wieder aufgeladen hatte, um 17:57 Uhr seiner stellvertretenden Dienstgruppenleiterin persönlich mitgeteilt, dass er an „Magen-Darm“ erkrankt sei, da er zu diesem Zeitpunkt sicher gewusst habe, dass diese aufgrund der beginnenden Nachtschicht erreichbar sei. Der Kläger habe nach seinem Eintreffen auf der Dienststelle als erstes die Toilette aufgesucht, was die ihn begleitenden Beamten bestätigen könnten. Er habe den gesamten Pfingstmontag versucht, sich zu Hause auszukurieren. Nachdem die Symptome auch noch am Dienstag, den 21. Mai 2013, vorgelegen hätten, habe er sich zur ärztlichen Behandlung beim Medizinischen Dienst begeben. Dieser habe ihm nicht nur rückwirkend für den Sonntag, sondern aufgrund des offensichtlich noch weiterhin bestehenden Krankheitsbildes sogar noch weitere vier Tage ab dem 21. Mai 2013 bis einschließlich 24. Mai 2013 Dienstunfähigkeit attestiert. Nicht maßgeblich sei insofern, ob Medizinaldirektor F. bei Kenntnis dieses Sachverhalts das Attest auch rückwirkend für Sonntag, den 19. Mai 2013, ausgestellt hätte. Eine Rücknahme der medizinischen Einschätzung sei nicht erfolgt. Keineswegs stehe fest, dass sich seine Dienstunfähigkeit allein aus seiner hohen Alkoholisierung ergeben habe, seine Magen-Darm-Krankheit sei nachvollziehbar und vom Medizinischen Dienst bestätigt. Eine Entlassung des Klägers sei unverhältnismäßig.

Der Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 20. September 2013 und beantragte mit Schreiben vom 15. November 2013, die Klage abzuweisen. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass der Einwand des Klägers, er habe am Samstagabend lediglich ein Rumoren in seinem Magen-Darm-Bereich verspürt, seinem anschließend gezeigten Verhalten sowie seiner Mitteilung an die Kollegin widerspreche, er sei krank. Unabhängig davon dass PHK H. zwischen 9:00 Uhr und 12:00 Uhr am Sonntagvormittag mehrfach vergeblich versucht habe, den Kläger zu erreichen, hätte er für ein aufgeladenes Handy Sorge tragen müssen. Sein Verhalten nach dem Beach-Soccer-Turnier am Sonntagnachmittag sei vor dem Hintergrund einer Magen-Darm-Erkrankung wenig glaubwürdig. Zudem sei er zum Zeitpunkt seines Auffindens lediglich mit T-Shirt und kurzer Hose bekleidet und barfuß gewesen. Hätte er tatsächlich unter Schüttelfrost gelitten, hätte er sich wärmende Kleidung angezogen, sich nicht bei naßkaltem Wetter auf einem Festivalgelände aufgehalten und zum Schlafen in den Kofferraum seines Autos gelegt. Die Beamten der PI L. hätten übereinstimmend angegeben, dass der Kläger auf der Dienststelle die Toilette nicht aufgesucht habe. Dass der Kläger am Dienstag, den 21. Mai 2013, angeblich an Symptomen einer Magen-Darm-Erkrankung gelitten habe, belege nicht, dass eine solche bereits zwei Tage zuvor bestanden habe.

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 30. September 2013 (Az.: AN 1 S 13.01683) stellte das VG Ansbach gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der gegenständlichen Klage wieder her, da nicht auszuschließen sei, dass der Beklagte seiner Entscheidung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt habe.

Mit Urteil vom 14. Januar 2014 wies das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet ab. Die Entlassung des Klägers habe auf § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG gestützt werden können, da begründete Zweifel an seiner persönlichen Eignung vorgelegen hätten. Nach der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer auch fest, dass der Beklagte seiner Entscheidung keinen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt habe. Zwar lasse sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Dienstunfähigkeit des Klägers am Pfingstsonntag 2013 nicht allein auf die festgestellte hohe Alkoholisierung des Klägers zurückführen, da nach Einvernahme des Polizeiarztes nicht auszuschließen sei, dass der Kläger am Nachmittag des 19. Mai 2013 tatsächlich im Magen-Darm-Bereich erkrankt gewesen sei. Die vom Beklagten für die Entlassung des Klägers zugrunde gelegten Mängel an Zuverlässigkeit, Pflichtbewusstsein, Kollegialität und Aufrichtigkeit seien jedoch für die Kammer nach der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Einvernahme sowohl des Klägers als auch der Zeugen H., B. und H. im Hinblick auf das gesamte, den Kläger betreffende Geschehen am Pfingstwochenende 2013 klar und eindeutig zu Tage getreten. So sei er weder seiner Pflicht nachgekommen, während der ihm als Arbeitszeitausgleich gewährten Freizeit erreichbar zu sein, noch habe er den ausdrücklich für Sonntagvormittag zugesagten Rückruf bei seiner stellvertretenden Dienstgruppenleiterin H. vorgenommen, obwohl ihn hierum auch POK B. bei seiner Krankmeldung um 15.44 Uhr gebeten habe. Dieser Bitte sei er erst per SMS um 17:57 Uhr, also 3 Minuten vor Dienstbeginn, mit der lapidaren Mitteilung „ja hab Magen Darm“ nachgekommen. Dieses Verhalten lasse auf ein völliges Desinteresse des Klägers an notwendigen dienstlichen Belangen und mangelnde Aufrichtigkeit gegenüber seinen Kollegen schließen. In seinem Verhalten am 18./19. Mai 2013 liege zudem ein erheblicher Verstoß des Klägers gegen die beamtenrechtliche Gesunderhaltungspflicht; trotz Krankheitssymptomen habe er sich nach einer privaten Feier auf das Festivalgelände begeben, sich dort als DJ betätigt und im Fahrzeug übernachtet anstatt nach Hause zu fahren und sich auszukurieren. Nach seiner Krankmeldung um 15.44 Uhr habe er sich durch massiven Genuss alkoholischer Getränke in den Zustand der Trunkenheit versetzt. Seine Erklärung, er habe versucht, mit dem Schnaps die Krankheitssymptome zu bekämpfen, sei im Hinblick auf den intensiven Alkoholkonsum nicht glaubwürdig. Vielmehr dränge sich der Eindruck auf, der Kläger habe nach der Krankmeldung gedacht, er könne sich nun unbeschwert seinem Freizeitvergnügen hingeben. Der in der mündlichen Verhandlung festgestellte Sachverhalt trage die Feststellung des Beklagten, dass sich der Kläger in der Probezeit nicht bewährt habe. Ob der Beklagte auch ein milderes Mittel hätte wählen können, unterfalle dem Beurteilungsspielraum des § 23 BeamtStG.

Hiergegen beantragte der Kläger am 14. Februar 2014 die Zulassung der Berufung (Az.: 3 ZB 14.383). Im Rahmen des Antrags wurde unter anderem vorgetragen, es würden bereits ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vorliegen, weil die für das Gericht äußerst maßgebliche Zeugin H. dem Antragsteller gegenüber per Textnachricht bestätigt habe, dass sie und drei weitere Zeugen in der mündlichen Verhandlung falsch zu seinen Lasten ausgesagt hätten. Die entsprechende Textnachricht wurde als Handy-Screenshot vorgelegt.

Zum 28. Februar 2014 beendete der Kläger seine auf zweieinhalb Jahre angelegte Ausbildung und ist seit dem 1. März 2014 bei der IV. BPA in N. im Innendienst beschäftigt.

Am 2. Mai 2014 beantragte der Beklagte unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 30. September 2013 gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO die sofortige Vollziehbarkeit der Entlassungsverfügung vom 14. August 2013 für die Zukunft wieder herzustellen (Az.: 3 AS 14.970). Nach übereinstimmender Erledigungserklärung wurde dieses Verfahren mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Juli 2014 eingestellt.

Nachdem der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 23. Juni 2014 mitgeteilt hatte, dass die aufschiebende Wirkung der in erster Instanz abgewiesenen Klage mit Ablauf des 25. Juni 2014 gemäß § 80b Abs. 1 VwGO ende und die BPA N. bereits angewiesen sei, die Entlassung trotz der noch offenen Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu vollziehen, beantragte der Kläger am 24. Juni 2014 die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der erstinstanzlich abgewiesenen Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 14. August 2013 gemäß § 80b Abs. 2 VwGO anzuordnen (Az. 3 AS 14.1352).

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Juli 2014 wurde die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 14. August 2014 angeordnet. Der Senat sah auch nach der Durchführung der Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht den Sachverhalt als noch nicht vollständig aufgeklärt an, da im Zulassungsverfahren aufgrund eines Handy-Screenshots die Richtigkeit der Zeugenaussagen in Frage gestellt worden und die Urheberschaft dieses Screenshots noch nicht endgültig geklärt sei. Die strafrechtlichen Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen, eine eindeutige Erklärung der Zeugin H. liege nicht vor, so dass im Moment noch nicht beurteilt werden könne, ob die Vorfälle am Pfingstwochenende geeignet seien, die Entlassungsverfügung vom 14. August 2013 zu tragen. Bei der gebotenen Interessenabwägung überwiege vorliegend das Interesse des Klägers.

Ebenfalls mit Beschluss vom 2. Juli 2014 ließ der Senat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Januar 2014 wegen tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zu.

Mit Verfügung vom 23. Juli 2014 stellt die Staatsanwaltschaft N. - ... das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Verleumdung gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Im Zuge der Ermittlungen sei festgestellt worden, dass die Textnachricht tatsächlich nicht von der Zeugin H. verfasst worden sei. Zwar habe der Verdacht bestanden, dass sich der Kläger einer Verleumdung zum Nachteil der Zeugin H. schuldig gemacht habe, der Tatnachweis habe jedoch nicht geführt werden können.

Mit Schriftsatz vom 4. September 2014 begründete der Kläger seine Berufung und beantragte,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2014 den Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 14. August 2013 aufzuheben.

Das Verwaltungsgericht habe eine Überraschungsentscheidung erlassen, Beweisanträge des Klägers übergangen und sich aufdrängende Beweise nicht erhoben. Zudem sei der Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Insbesondere der Zeuge K. hätte gehört werden müssen. Dieser hätte bestätigen können, dass der Kläger tatsächlich am Sonntag Magen-Darmkrank gewesen sei und erst danach Alkohol getrunken habe. Ebenso, dass der Kläger nur aus diesem Grund nicht mehr mit dem eigenen Auto nach Hause gefahren sei, sich aufgrund der wolkenbruchartigen Regenfälle und des Morastes auf dem Festivalgeländer auch nicht habe abholen lassen können, dass er sich bereits um 18 Uhr krank schlafen gelegt und nicht seinem Privatvergnügen gefrönt habe. Das Gericht hätte sich durch die Einvernahme weiterer ausdrücklich benannter Zeugen ein wesentlich differenzierteres und ausgewogenes Bild vom Kläger machen können. Es habe weder die positive Prognose der Bewährung in der Beurteilung vom 23. Juli 2013 berücksichtigt noch die Tatsache, dass es sich vorliegend - wenn überhaupt - um eine einmalige Verfehlung gehandelt habe, die eine Entlassung nicht rechtfertigen würde. Zudem stehe der der Entlassung zugrunde liegende Sachverhalt noch nicht endgültig fest. Der Kläger habe zwar versucht, seine Krankheit mit Alkohol zu behandeln, hierin liege aber gerade kein Verstoß gegen beamtenrechtliche Pflichten, da er zu diesem Zeitpunkt bereits krank gemeldet gewesen sei. Der Vorfall habe sich zu Anfang des Praktikums II ereignet, die ausführliche Beurteilung über den gesamten Zeitraum von 3 Monaten bescheinige dem Kläger jedoch, dass er für den Polizeiberuf „gut geeignet“ sei. Im Übrigen sollte der Kläger lediglich am Samstag und nicht ausdrücklich auch am Sonntag als Personalreserve erreichbar sein. Nachdem der Kläger davon ausgegangen sei, dass er seinen Dienst am Sonntagabend werde antreten können, habe er sich auch nicht bei Frau PHK H. gemeldet. Der Kläger bleibe dabei, dass er erst am Sonntagnachmittag erkrankt sei. Unstreitig habe er sich dann auch ordnungsgemäß bei der PI L. (POK B.) um 15.44 Uhr krank gemeldet. Zudem liege für den Zeitraum vom 19. Mai 2013 bis 24. Mai 2013 ein amtsärztliches Attest vor, das die Dienstunfähigkeit des Klägers bescheinige. Insofern sei nicht maßgeblich, dass der Amtsarzt ein solches bei Kenntnis dieses Sachverhalts mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rückwirkend ausgestellt hätte. Der Kläger habe sich bis zu diesem Vorfall und seit diesem Zeitpunkt nichts mehr zuschulden kommen lassen. Das Erstgericht habe sein Urteil im Hinblick auf die beim Kläger zu Tage getretenen gravierenden Mängel an Zuverlässigkeit, Pflichtbewusstsein, Kollegialität und Aufrichtigkeit insbesondere auf die Zeugenaussagen der Kollegen gestützt, die sich in der Zwischenzeit als einseitig falsch und abgesprochen herausgestellt hätten.

Die Beklagte verteidigte das angegriffene Urteil und beantragte mit Schriftsatz vom 13. November 2014,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 2. Dezember 2015 und 11. Januar 2016 mündlich zur Sache verhandelt und Zeugen einvernommen. Auf die hierzu gefertigten Niederschriften wird verwiesen.

Zu Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen. Dem Senat haben neben den behördlichen Akten auch die Personalakten sowie die Strafakte vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Entlassungsbescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 14. August 2013 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Rechtsgrundlage für die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG. Danach kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt hat. Der Entlassungstatbestand steht im Zusammenhang mit § 10 Satz 1 BeamtStG, wonach in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur berufen werden darf, wer sich in der Probezeit hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat (BayVGH, B. v. 15.4.2011 - 3 CS 11.5 - juris). Steht die fehlende Bewährung fest, ist der Beamte zu entlassen (Art. 12 Abs. 5 LlbG, vgl. BVerwG, U. v. 31.5.1990 - 2 C 35/88 - BVerwGE 85, 177; BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 3 CS 14.917; BayVGH, B. v.16.3.2011 - 3 CS 11.13; BayVGH, B. v. 16.12.2015 - 3 CS 15.2220 - jeweils in juris). Die Beurteilung, ob sich der Beamte auf Probe bewährt hat, besteht in der prognostischen Einschätzung, ob er den Anforderungen, die mit der Wahrnehmung der Ämter seiner Laufbahn verbunden sind, voraussichtlich gerecht wird (BVerwG, U. v. 18.7.2001 - 2 A 5/00 - NVwZ-RR 2002, 49). Mangelnde Bewährung liegt bereits dann vor, wenn begründete Zweifel bestehen, dass der Beamte diese Anforderungen erfüllen kann (Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Mai 2015, § 23 BeamtStG, Rn. 136 m. w. N.).

Ausgehend hiervon stellt der Begriff der Bewährung einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, hinsichtlich dessen der Behörde ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommt (BayVGH, B. v. 19.7.2010 - 3 CS 10.887 - juris Rn. 27). Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob der Beamte sich in der Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis, so dass die Einschätzung über Bewährung und Nichtbewährung eines Beamten ausschließlich dem Dienstherrn vorbehalten ist und durch die Verwaltungsgerichte nicht ersetzt werden kann (BVerwG, U. v. 19.3.1998 - 2 C 5.97 - juris Rn. 20). Die Prognoseentscheidung ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des dem Dienstherrn zukommenden Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (BVerwG, U. v. 18.7.2001 - 2 A 5/00 - juris Rn. 15; U. v. 31.5.1990 a. a. O.). Die Zweifel müssen jedoch auf tatsächlichen Feststellungen und Erkenntnissen basieren und dürfen sich nicht im Bereich bloßer Mutmaßungen bewegen. Zweifel an der charakterlichen Eignung können sich grundsätzlich auch aus einem einzigen gravierenden Vorfall ergeben.

2. Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen Zweifeln an der charakterlichen Eignung als rechtmäßig.

Vorliegend stützt sich die Entlassung auf die Einschätzung des Dienstherrn, der Kläger habe sich, obwohl er zur Dienstleistung für die Nachtschicht am 19. Mai 2013 um 18:00 Uhr eingeteilt und von seinen Kollegen mehrfach darauf hingewiesen worden war, dass auf ihn aufgrund der damaligen personellen Situation nicht verzichtet werden könne, gegen 15:44 Uhr dienstunfähig gemeldet und seinen Dienst nicht angetreten. Eine Dienstunfähigkeit zum Zeitpunkt des Dienstbeginns habe zwar tatsächlich vorgelegen, diese habe sich jedoch allein aus seiner hohen Alkoholisierung ergeben.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte seiner Entscheidung keinen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat und dieser geeignet ist - ungeachtet der sonstigen Leistungen des Klägers - erhebliche Zweifel an dessen charakterlicher Eignung zu begründen.

Der Zeuge H. erklärte in der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2015, dass er dem Beamten aufgrund einer Familienfeier und eines geplanten Fußballspiels zwar für die Samstagsschicht (18. Mai 2013) sowie für die Schicht am Sonntagvormittag (19. Mai 2013) Arbeitszeitausgleich unter der Prämisse gewährt habe, sich an diesen beiden Tagen bereit zu halten und ständig auf seinem Handy erreichbar zu sein. Es sei nämlich gängige Praxis, Arbeitszeitausgleich gegen Erreichbarkeit zu gewähren, wenn die Gefahr - wie am Pfingstwochenende 2013 - bestehe, dass die Mindeststärke auf der Dienststelle nicht eingehalten werden könne. Dies treffe immer den letzten Beamten, der seinen Antrag auf Arbeitszeitausgleich stelle, vorliegend den Kläger, dem er dies auch mitgeteilt habe. Er habe aber dem Kläger von Anfang an gesagt, dass er den Nachtdienst am Sonntag, den 19. Mai 2013, auf jeden Fall durchführen müsse. Gleichwohl hat der Kläger am Abend des 18. Mai 2013 über einen Kollegen bei der stellvertretenden Dienststellenleiterin H. per SMS nachfragen lassen, ob ihm nicht doch für die Spätschicht am Sonntag Arbeitszeitausgleich gewährt werden könnte. Sie hat dies unter Hinweis auf einen erkrankten Kollegen ausdrücklich verneint. In der mündlichen Verhandlung nahm die Zeugin H. auch auf den diesbezüglich in den Akten dokumentierten SMS - Verkehr zwischen ihr und dem Kläger Bezug.

Die Einschätzung des Dienstherrn, die vom Kläger behauptete Dienstunfähigkeit am 19. Mai 2013 habe zwar vorgelegen, sich letztendlich aber allein aus seiner hohen Alkoholisierung ergeben, ist nicht zu beanstanden.

2.1. Der Beklagte hat am Sonntag, den 19. Mai 2016, gegen 14:30 Uhr aktiv am Beach-Soccer-Termin teilgenommen, sich gegen 15.44 Uhr mit dem Handy seines Freundes bei seiner Dienststelle krankgemeldet und sich nach eigener Aussage zwischen 17:15 Uhr und 17:30 Uhr in sein Auto begeben. Dort wurde er zwischen 19 Uhr und 20 Uhr auf dem Beach-Soccer-Turnier-Gelände stark alkoholisiert, barfuß und mit kurzen Sporthosen bekleidet in seinem Pkw liegend aufgefunden. Ein gegen 20:27 Uhr auf der Dienststelle durchgeführter Atemalkoholtest ergab 0,76mg/l Atemalkoholkonzentration.

Das Vorbringen des Klägers, er habe am 19. Mai 2013 um 14:30 Uhr für ca. 8 bis 10 Minuten in seinem Beach-Soccer-Team gespielt, nach dem Spiel gegen 15:30 Uhr seien dann bei ihm derart massive Magen-Darm-Probleme mit Brechdurchfall, Übelkeit, Magenkrämpfen und starkem Durchfall aufgetreten, dass er alle zehn Minuten die Toilette aufsuchen musste, hat sich im Rahmen der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Der Kläger gab an, dass er sich ab Spielende mindestens zehn Mal auf die Toilette begeben habe, an erhöhter Temperatur und Schüttelfrost gelitten und sich gegen 15:44 Uhr dann mit dem Mobiltelefon seines Freundes K. beim diensthabenden Gruppenleiter, POK B., krank gemeldet habe. Er habe mit anderen zusammengesessen, denen aufgefallen sei, dass er laufend „aufs Klo“ gehe. Diesen Personen habe er auch erklärt, dass es ihm nicht gut gehe. Der vom Kläger benannte Zeuge K. konnte jedoch lediglich bestätigen, dass er mit dem Kläger ca. 30 bis 60 Minuten in einer Gruppe nebeneinander gesessen ist und auf Nachfrage dem Kläger sein Handy geliehen hat. Weder ist ihm etwas Besonderes am Kläger aufgefallen noch hat der Kläger ihm etwas über eine Krankheit berichtet. Er hatte auch nicht den Eindruck, dass der Kläger alkoholisiert oder krank gewesen ist. Beide hätten sich ganz normal unterhalten. Er hat während dieser Zeit nicht gesehen, dass der Kläger auf die Toilette gegangen ist bzw. gespuckt hat. Einen Grund für die Handynutzung hat ihm der Kläger nicht genannt. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zum Zeitpunkt seiner Krankmeldung gegen 15:44 Uhr tatsächlich an einer Magen-Darm-Erkrankung gelitten hat, liegen damit nicht vor. Weitere Zeugen, die die vom Kläger geschilderten Symptome einer akuten Magen-Darm-Erkrankung bestätigen hätten können, hat der Kläger nicht benannt. Auch aus den Aussagen der Kollegen H. und B., die den Kläger nach seinem Auffinden auf dem Truniergelände gegen ca. 20:00 Uhr im Dienstfahrzeug zur Dienststelle verbrachten, lassen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, die eine Magen-Darm-Erkrankung, wie der Kläger sie geschildert hat, bestätigen würden. Beide Zeugen gaben an, dass bei ihrer Ankunft auf dem Festgelände der Kläger barfuß in Sportsachen im strömenden Regen stand. Zittern, Frösteln oder Gesichtsblässe seien nicht feststellbar gewesen, der Kläger habe lediglich über Übelkeit geklagt. Von ihm sei ein starker Alkoholgeruch ausgegangen, ansonsten habe er „gestanden wie eine Eins“.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, dass er erst nach seinem mit der Dienststelle (POK B.) um 15:44 Uhr geführten Telefonat Alkohol in Form von Schnaps getrunken habe, der ihm auf dem Weg zur Toilette von einer befreundeten Mannschaft angeboten worden sei. Die Behauptung des Klägers, er habe seine Erkrankung mit ein paar hochprozentigen Schnäpsen kurieren wollen, hat der Beklagte angesichts der großen Menge an Alkohol, die der Kläger konsumiert haben muss - ca. 10 Schnäpse ohne Berücksichtigung eines evtl. bereits eingetretenen Alkoholabbaus zum Zeitpunkt der Messung - nachvollziehbar als nicht glaubwürdig eingestuft.

2.2 Soweit der Beklagte im Rahmen der Entlassungsentscheidung das nachträglich am 21. Mai 2013 von Medizinaldirektor F. ausgestellte ärztliche Attest unberücksichtigt lässt, so ist das nicht zu beanstanden.

Der Kläger hatte am 21. Mai 2013 den ärztlichen Bereitschaftsdienst in N. aufgesucht und alle Merkmale einer viralen Gastroenteritis - wie Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, Schwindel und Kopfschmerzen - geschildert. Nach Aussage des Zeugen F. erfolgte eine Attestierung der Arbeitsunfähigkeit am 21. Mai 2013 aufgrund anamnestischer und ärztlicher Feststellungen am selbigen Tag. Eine körperliche Untersuchung wurde nicht vorgenommen. Der Kläger hatte erklärt, dass die Symptome bereits zwei Tage vorher aufgetreten seien. Da sich keine Zweifel an der wahrheitsgemäßen Darstellung der Krankheitssituation ergeben hätten und der Kläger auf ihn einen kranken Eindruck gemacht hat, ist die Attestierung rückwirkend auf den 19. Mai 2013 unter Beachtung der Analogie zur AU-Richtlinie § 5 Abs. 3 erfolgt.

2.2.1 Wird ein ärztliches Attest vorgelegt, so begründet dies in der Regel den Beweis für die Tatsache der arbeitsunfähigen Erkrankung. Ein solches Attest hat einen hohen Beweiswert, denn es ist der gesetzlich vorgesehene und wichtigste Beweis für die Tatsache der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Bezweifelt der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, beruft er sich insbesondere darauf, der Arbeitnehmer habe den die Bescheinigung ausstellenden Arzt durch Simulation getäuscht oder der Arzt habe den Begriff der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit verkannt, dann muss er die Umstände, die gegen die Arbeitsunfähigkeit sprechen, näher darlegen und notfalls beweisen, um dadurch die Beweiskraft des Attests zu erschüttern (BAG, U. v. 26.8.1993 - 2 AZR 154/93 - juris Rn. 36 m. w. N.). Dies können Umstände im Zusammenhang mit der Bescheinigung selbst und durch das Verhalten des Arbeitnehmers vor oder während der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit sein (LAG Niedersachsen, U. v. 17.9.2015 - 6 Sa 1328/14 - juris Rn. 33).

Soweit der Beklagte in der Entlassungsverfügung davon ausgeht, dass der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 21. Mai 2013 im Hinblick auf die rückwirkende Ausstellung auf den 19. Mai 2013 angesichts des vom Kläger an diesem Tag gezeigten Verhaltens erschüttert ist, so ist dies nicht zu beanstanden. Die Teilnahme an einem Beach-Soccer-Turnier kurz vor der Krankmeldung, die erhebliche Alkoholisierung des Klägers im Zeitpunkt des Auffindens und sein Zustand, der nach den Zeugenaussagen auf seine Kollegen lediglich stark alkoholisiert, jedoch nicht krank wirkte, sind Umstände, die gegen das Vorliegen einer Magen-Darm-Erkrankung am 19. Mai 2013 sprechen. Zudem haben sich die vom Kläger geschilderten Krankheitssymptome auch im Rahmen der Einvernahme des vom Kläger benannten Zeugen K. nicht bestätigt. Zu berücksichtigen im Hinblick auf den Beweiswert des Attests ist auch, dass der Kläger dem behandelnden Arzt im Rahmen des Diagnosegesprächs einen unvollständigen Sachverhalt schilderte, als er im Zusammenhang mit der Beschreibung seiner Symptome einen erheblichen Alkoholkonsum am 19. Mai 2013 verschwieg.

2.2.2 Ist es dem Arbeitgeber gelungen, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern bzw. zu entkräften, so tritt hinsichtlich der Behauptungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor Vorlage des Attestes bestanden hat. Jedenfalls muss dann der Arbeitgeber nicht „zwingend“ nachweisen, dass irgendeine Krankheit überhaupt nicht vorgelegen haben kann. Es ist vielmehr wiederum Sache des Arbeitnehmers, nunmehr angesichts der Umstände, die gegen eine Arbeitsunfähigkeit sprechen, seine Behauptung weiter zu substantiieren. Es ist in derartigen Fällen auch stets zu prüfen, ob die Umstände, die den Beweiswert des ärztlichen Attests erschüttern, nicht als so gravierend anzusehen sind, dass sie ein starkes Indiz für die Behauptung des Arbeitgebers darstellen, die Krankheit sei nur vorgetäuscht gewesen, so dass der Arbeitnehmer dieses Indiz entkräften muss (vgl. insgesamt BAG, U. v. 26.8.1993 a.a.O Rn. 36, 37, 38).

So verhält es sich auch hier: Aufgrund der Indizwirkung der ermittelten Umstände konnte der Beklagte zur Einschätzung gelangen, der Kläger habe seine Magen-Darm-Erkrankung am 19. Mai 2013 nur vorgetäuscht, um letztendlich doch nicht Dienst am Sonntagabend leisten zu müssen. Weitere Nachweise einer tatsächlichen Erkrankung am 19. Mai 2013 hat der Kläger nicht erbracht (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 - 17 P 13.2526 - juris Rn. 30). Auch die rückwirkend auf den 19. Mai 2013 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beruhte allein auf den Schilderungen des Klägers. Der Zeuge F. erklärte zwar hierzu im Rahmen seiner Einvernahme, dass der Kläger am 21. Mai 2013 durchaus einen kranken Eindruck machte, eine körperliche Untersuchung des Klägers hat er jedoch nicht durchgeführt. Ob die vom Kläger hierbei geschilderten Symptome einer viralen Gastroenteritis wie Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, Schwindel und Kopfschmerzen tatsächlich bereits - wie von ihm behauptet - zwei Tage zuvor aufgetreten sind, lässt sich hieraus nicht ableiten. Im Rahmen der Beweisaufnahme wurde durch die Zeugin H. lediglich bestätigt, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Auffindens und Verbringens auf die Dienststelle am Abend des 19. Mai 2013 über Übelkeit klagte. Eine solche hätte sich allerdings auch als Folge des übermäßigen Alkoholkonsums des Klägers einstellen können und ist für sich genommen nicht geeignet, das Vorliegen einer vom Kläger behaupteten Magen-Darm-Erkrankung am 19. Mai 2013 zu bestätigen.

Soweit der Zeuge F. erklärt, dass er bei Kenntnis des erheblichen Alkoholkonsums zwar die Krankheitssituation des Klägers hinterfragt und natürlich die Umstände über den Verlauf der Erkrankung differenziert betrachtet hätte, aber auch jetzt keinen Anlass sehe, deshalb seine Diagnose zu ändern, da sich allenfalls Übelkeit, Erbrechen, Schwindel und Kopfschmerzen, aber nicht der Durchfall auf die Alkoholproblematik zurück führen ließen, so spricht auch dies nicht für das Vorliegen einer Magen-Darm-Erkrankung am 19. Mai 2013. Das tatsächliche Bestehen einer Durchfallsymptomatik zu diesem Zeitpunkt beruht allein auf den Behauptungen des Klägers. Wie der Zeuge F. bestätigt, ist eine auf den Schilderungen des Patienten beruhende Diagnose letztendlich immer spekulativ, da der behandelnde Arzt auf die Angaben des Patienten angewiesen ist, auf deren Richtigkeit er im Regelfall vertrauen muss. Die ermittelten Umstände am 19. Mai 2013 sprechen allerdings gegen die Richtigkeit dieser Behauptung, die auch Grundlage für das rückwirkend ausgestellte Attest war. Der weitere Vortrag des Klägers war nicht geeignet, diese Zweifel zu entkräften. Auch die Beweisaufnahme ergab keine weiteren Anhaltspunkte für die behauptete Magen-Darm-Erkrankung, so dass die Einschätzung des Beklagten, die Dienstunfähigkeit am 19. Mai 2013 sei letztlich nur auf den erheblichen Alkoholkonsum des Klägers zurückzuführen, angesichts der ermittelten Umstände, rechtlich nicht zu beanstanden ist.

2.3 Der Beklagte hat auch den gesetzlichen Begriff der Bewährung und die Grenzen der Beurteilungsermächtigung nicht verkannt. Im Polizeidienst kommt es gerade auf Charaktereigenschaften wie Zuverlässigkeit, Pflichtbewusstsein, Aufrichtigkeit und Kollegialität an, gegenseitiges Vertrauen ist unabdingbar. Das vom Kläger gezeigte Verhalten war durchaus geeignet, nachhaltige Zweifel an seiner charakterlichen Eignung zu begründen. Hierbei durfte der Beklagte auch berücksichtigen, dass das Praktikum des Klägers bei der PI L. anlässlich des Vorfalls abgebrochen werden musste und dem Kläger angesichts seines Alters und seiner Ausbildung im fortgeschrittenen Stadium bewusst hätte sein müssen, dass ein solches, vom Kläger am 19. Mai 2013 gezeigtes Verhalten vom Dienstherrn keinesfalls geduldet werden würde. Die Einschätzung des Beklagten, die bisherigen Leistungen des Klägers und die positive Bewertung seiner restlichen Praktikumszeit seien nicht geeignet, die gezeigten charakterlichen Mängel auszugleichen, ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden, so dass sich der Bescheid vom 14. August 2013 unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums des Beklagten insgesamt als rechtmäßig erweist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG nicht erfüllt sind.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des anderen Oberverwaltungsgerichts (Verwaltungsgerichtshofs), des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die angefochtene Entscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Januar 2014 wird der Streitwert für das Ausgangsverfahren auf 12.388,40 Euro und für das Berufungsverfahren auf 12.756,38 Euro festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 52 Abs. 5 Nr. 2 GKG).

Gründe:

Gemäß § 40 GKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.

Zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 5. September 2013 bezog der Kläger das Grundgehalt in der Stufe A 5 (1. Erfahrungsstufe) in Höhe von 1932,26 Euro und eine Strukturzulage gemäß Art. 33 S. 1 BayBesG in Höhe von 18,67 Euro, also insgesamt monatlich 1950,93 Euro. Gemäß § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 GKG (in der Fassung vom 23.07.2013, BGBl. I S. 2586, § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG) ist Streitwert in Verfahren, die die Beendigung eines besoldeten öffentlichrechtlichen Dienst- oder Arbeitsverhältnis betreffen und kein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit im Raum steht, die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, also vorliegend 12.388,40 Euro (6x 1950,93 Euro), wobei sich die Strukturzulage gem. Art. 12 Abs. 1 Nr. 2 BayBeamtVG als ruhegehaltsfähig erweist.

Im Berufungsverfahren war gemäß § 40 GKG für die Streitwertberechnung vom Zeitpunkt des Antrags auf Zulassung der Berufung am 20. Februar 2014 auszugehen und damit von monatlichen Bezügen von insgesamt 2008,88 Euro (BesGr. A 5, 1. Erfahrungsstufe) einschließlich der Strukturzulage in Höhe von 19,62 Euro. Hieraus ergibt sich für das Berufungsverfahren ein Streitwert gemäß § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 GKG (in der Fassung vom 27.2.2014, BGBl. I S. 154, § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG) in Höhe von 12.756,38 Euro (6x 2008,88 Euro).

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 4. Mai 2018 gegen den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 9. April 2018 wird wiederhergestellt.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 7.760,79 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die 1973 geborene Antragstellerin steht als Regierungssekretärin (Besoldungsgruppe A 6 / Stufe 6) in Diensten des Antragsgegners. Sie wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit ihrer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe, das seit dem 11. November 2011 besteht.

Bei der Regierung von Oberbayern ist die Antragstellerin seit dem 1. November 2012 beschäftigt. Seit dem 9. September 2013 war sie krankgeschrieben, unterbrochen nur von Zeiten des Mutterschutzes und von Elternzeit.

Nach vorheriger Anhörung und Zustimmung des Personalrats erließ die Regierung von Oberbayern am 9. April 2018 folgenden Bescheid:

„1. Frau …, geb. …1973, wird mit Ablauf des 30.06.2018 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen.

2. Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 dieses Bescheids wird angeordnet.

3. Dieser Bescheid ergeht kostenfrei.“

Unter Gründe II. wurde die Entlassungsverfügung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 BeamtStG im Wesentlichen darauf gestützt, dass sich die Antragstellerin in der Probezeit hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht bewährt habe. Unabhängig davon sei die Antragstellerin auch in gesundheitlicher Hinsicht nicht geeignet. Eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sei somit gem. § 10 Satz 1 BeamtStG nicht zulässig und die Antragstellerin daher nach Art. 12 Abs. 5 LlbG zu entlassen.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung unter Nr. 2 des Bescheids wurde auf Seite 5 im Wesentlichen damit begründet, dass das öffentliche Interesse an der zügigen Nachbesetzung der Stelle und an der Sparsamkeit des Staatshaushalts und damit an der sofortigen Vollziehung der Entlassung das private Interesse der Antragstellerin an der Aufrechterhaltung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage überwiege. Eine unverzügliche Nachbesetzung der Stelle der Antragstellerin sei dringend erforderlich, um im Sachgebiet der Antragstellerin Bearbeitungszeiten zu verkürzen und Rückstände abzubauen. Eine Unterstützung aus anderen Sachgebieten sei wegen der sehr knappen Personaldecke und derzeit insgesamt hoher Arbeitsbelastung nicht möglich. Bei einem unter Umständen Jahre dauernden Rechtsstreit würde es außerdem zu erheblichen Überzahlungen an die Antragstellerin, die nicht für eine Übernahme auf Lebenszeit geeignet sei, kommen, verbunden mit einem erheblichen Rückzahlungsrisiko für den Dienstherrn.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2018, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am 7. Mai 2018, haben die Bevollmächtigten der Antragstellerin für diese dagegen Klage erhoben mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids (M 5 K 18.2142). Außerdem haben sie mit weiterem Schriftsatz vom 4. Mai 2018 beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Entlassungsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 9. April 2018 wiederherzustellen.

Zur Begründung trugen sie im Kern vor, dass die Probezeit bei der Regierung von Oberbayern noch nicht einmal ein Jahr gedauert habe und die behaupteten Schwierigkeiten im Jahr 2012/13 entstanden sein sollen. Eine Möglichkeit, behauptete Fehler abzustellen, sei der Antragstellerin nicht gegeben worden. Nicht nachvollziehbar sei es auch, von fehlender gesundheitlicher Eignung auszugehen, gehe doch ein Gesundheitszeugnis vom 15. Januar 2015 von der Möglichkeit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit aus.

Auch die Anordnung des Sofortvollzugs sei rechtswidrig. Im Hinblick auf die Tatsache, dass die Antragstellerin sich nur bis zum 6. September 2013 in einem aktiven Dienstverhältnis befunden habe, sei es nicht nachvollziehbar, nach mehr als viereinhalb Jahren die Notwendigkeit einer unverzüglichen Nachbesetzung zu behaupten.

Die Regierung von Oberbayern legte mit Schriftsatz vom 6. Juni 2018 die Personalakte vor. Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2018 zeigte die Regierung von Oberbayern – Prozessvertretung – die Vertretung des Antragsgegners an. Mit Schriftsatz vom 14. Juni 2018 hat die Prozessvertretung beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Entlassungsverfügung sei umfassend rechtmäßig. Es sei zutreffend von der fehlenden Bewährung der Antragstellerin in fachlicher Hinsicht ausgegangen worden. Probezeitbeurteilungen vom 5. September 2013 und 23. Mai 2016 hätten das Ergebnis „noch nicht geeignet“ bzw. „nicht geeignet“ gehabt. Hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung lägen ebenfalls ausreichend erhebliche Zweifel vor.

Die Notwendigkeit der unverzüglichen Nachbesetzung der Stelle habe die ganze Zeit über bestanden. Die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten hätten sich mit Zeitablauf naturgemäß verstärkt. Wegen der Krankheitszeiten, Schwangerschaften und Elternzeit habe nicht eher reagiert werden können und die Stelle sei durch die Antragstellerin ohne jede tatsächliche Dienstleistung „blockiert“ worden.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten in diesem Verfahren sowie im Verfahren M 5 K 18.2142 verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist begründet.

1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für das Begehren der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der eingelegten Klage wiederherzustellen.

Zwar hat der Bescheid vom 9. April 2018 unabhängig von dem Umstand seiner Anfechtung mit der Klage mit Ablauf des 30. Juni 2018 seine Gestaltungswirkung (innere Wirksamkeit) entfaltet. Die Rechtsschutzmöglichkeiten der Antragstellerin bleiben hiervon jedoch unberührt. Im Falle einer Aufhebung der Entlassungsverfügung würde diese Gestaltungswirkung rückwirkend entfallen, so dass das Beamtenverhältnis als durchgehend nicht berührt zu behandeln wäre (vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand Februar 2018, Art. 56 BayBG, Rn. 60 mit Rechtsprechungsnachweisen).

2. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 2 des Bescheids vom 9. April 2018 genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in: Eyermann, VwGOVerwaltungsgerichtsordnung, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43).

Dem genügt die ersichtlich auf den vorliegenden Einzelfall abstellende Begründung auf Seite 5 im Bescheid vom 9. April 2018. Die Regierung von Oberbayern hat dort dargelegt, warum sie konkret im Fall der Antragstellerin im besonderen öffentlichen Interesse die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung in Nr. 1 des Bescheids anordnet. Sie hat dies auf den konkret vorliegenden Einzelfall bezogen, dass es wegen des Arbeitsanfalls und der knappen Personalausstattung erforderlich ist, die Stelle der Antragstellerin so schnell wie möglich nachzubesetzen. Damit hat sie nicht nur ein fiskalischen Interesse geltend gemacht, der Antragstellerin für die Dauer eines Rechtsstreits über die Entlassung keine Leistungen gewähren zu müssen. Es wurde eine Abwägung mit dem privaten Interesse der Antragstellerin an der Aufrechterhaltung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage vorgenommen. Es kann sich dabei – mangels speziellen Vortrags der Antragstellerin in dieser Hinsicht – im Kern nur um das Interesse an einer weiteren Leistung von Bezügen und Beihilfe handeln.

3. Hinsichtlich der in Nr. 2 des Bescheides vom 9. April 2018 angeordneten sofortigen Vollziehung war jedoch die aufschiebende Wirkung der Klage bzgl. der Nr. 1 des Bescheids wiederherzustellen.

a) Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO hat eine Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat.

Gegen die behördlich angeordnete sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts kann der Betroffene gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO beim Gericht der Hauptsache die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragen.

Das Gericht trifft eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat dabei abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze war antragsgemäß zu entscheiden, weil sich die in Nr. 1 des Bescheids vom 9. April 2018 enthaltene Entlassung der Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als rechtswidrig darstellt und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt, so dass die hiergegen erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

aa) Der Antragsgegner stützt die Entlassung der Antragstellerin auf § 23 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG). Danach können Beamtinnen und Beamte auf Probe entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben.

bb) Nach Art. 56 Abs. 3 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) ist die Entlassungsverfügung unter Angabe des Grundes und des Zeitpunkts der Entlassung zuzustellen.

Entlassungsgrund ist primär der Entlassungstatbestand. Bei der – zweckmäßigen – Aufteilung der Entlassungsverfügung in den Entscheidungssatz (Tenor) und die Begründung genügt es zwar, wenn die näheren Angaben in der Begründung festgehalten werden. Der Tenor muss den Entlassungstatbestand aber zumindest allgemein bezeichnen, z.B. „Entlassung auf Antrag“ oder „Beamter wird wegen mangelnder Bewährung entlassen“. Der Entlassungsgrund ist deswegen genau festzulegen, weil sich je nach dem Entlassungsgrund unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben können. Es können auch mehrere Entlassungsgründe vorliegen, auf welche die Entlassungsverfügung sowohl alternativ als auch kumulativ gestützt werden kann. Die Entlassungsverfügung ist hinsichtlich des Entlassungsgrundes zwar auslegungsfähig, so bei einem unvollständigen oder unklaren Entscheidungssatz (vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., Art. 56 BayBG, Rn. 30; so auch schon zur Vorschrift des Art. 44 Abs. 2 BayBG a.F.: Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/ Zängl, BayBG, Stand: September 2007, Art. 44 Anm. 4c; Weißgerber/Maier in Brinktrine/Voitl, BeckOK Beamtenrecht Bayern, 9. Edition, Stand: 1.2.2018, Art. 56 Rn. 11). Der Tenor muss aber jedenfalls überhaupt eine Aussage zum Entlassungsgrund enthalten (VG München, B.v. 24.7.2017 – M 5 S 17.1703 – nicht veröffentlicht).

Das ist vorliegend nicht der Fall. Der – zugestellte – Bescheid vom 9. April 2018 enthält in seinem Entscheidungssatz (Tenor) nur den Zeitpunkt der Entlassung („mit Ablauf des 30.06.2018“), nicht jedoch den Entlassungsgrund.

cc) Bei Art. 56 Abs. 3 BayBG handelt es sich nicht nur um eine reine Ordnungsvorschrift. Vielmehr führt dessen Nichtbeachtung zur formellen Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung und damit zu ihrer Aufhebung auf einen Widerspruch oder eine Anfechtungsklage hin.

Hinsichtlich der Angabe des Zeitpunkts der Entlassung besteht darüber – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung auch Einigkeit. Für den Grund der Entlassung – in Art. 56 Abs. 3 BayBG gleichberechtigt neben dem Zeitpunkt der Entlassung genannt – kann daher nichts anderes gelten.

dd) Aus dem vom Antragsgegner zitierten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. März 2011 (3 CS 11.13) ergibt sich nichts anderes. Soweit es dort unter Rn. 51 (nach juris) heißt, dass sich aus der Begründung des Entlassungsbescheids ergebe, dass der Antragsgegner nach der ihm als Dienstherr zukommenden Einschätzung davon ausgegangen sei, dass der Antragsteller sich während der Probezeit nach dem insofern u.a. maßgeblichen Kriterium der charakterlichen Eignung nicht bewährt habe (…), beziehen sich diese Ausführungen ersichtlich (vgl. Rn. 50) auf die materielle Rechtmäßigkeit der dort streitgegenständlichen Entlassungsverfügung. Insbesondere ist aus der Sachverhaltsdarstellung in diesem Beschluss (Rn. 7) nicht ersichtlich, dass der dortige Bescheid auf die Angabe des Entlassungsgrundes im Entscheidungssatz verzichtet und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof dies stillschweigend gebilligt hätte. Allenfalls könnte davon ausgegangen werden, dass die hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage schlicht nicht thematisiert wurde, insbesondere nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof auf die Prüfung der im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe beschränkt ist, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO (vgl. auch Rn. 45).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 Satz 1 und 10.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 20. April 2017 gegen die Entlassungsverfügung der Regierung von O. vom 31. März 2017 wird wiederhergestellt.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 10.285,06 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die 1979 geborene Antragstellerin steht als Lehrerin (Besoldungsgruppe A12 / Stufe 5) in Diensten des Antragsgegners. Sie wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit ihrer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit.

Die Antragstellerin leistete in der Zeit vom 12. September 2005 bis 10. September 2007 den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Grundschulen im Beamtenverhältnis auf Widerruf ab.

Vom 14. September 2009 bis 12. September 2010 wurde sie als Lehrkraft auf Arbeitsvertragsbasis eingestellt.

Seit dem 12. September 2012 arbeitete die Antragstellerin zunächst wiederum als Lehrkraft auf Arbeitsvertragsbasis, wurde am 8. Oktober 2012 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Lehrerin ernannt und anschließend mit Wirkung vom 8. Oktober 2013 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen.

In der gesamten Zeit seit 12. September 2012 war die Antragstellerin mit wechselnden Anteilen teilzeitbeschäftigt, zuletzt seit 1. August 2014 wiederholt (über das Datum der späteren Entlassung hinaus bis einschließlich 31.7.2017) mit einer Reduzierung ihrer Unterrichtspflichtzeit von 28,00 auf 11,00 Unterrichtsstunden.

Nach wiederholter längerer Erkrankung stellte die medizinische Untersuchungsstelle (MUS) der Regierung von O. mit Gesundheitszeugnis vom 7. Oktober 2016 bei der Antragstellerin dauernde Dienstunfähigkeit fest. Es wurde eine Nachuntersuchung in einem Jahr empfohlen.

Nachdem die Regierung von O. zunächst das Einverständnis des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 22. November 2016 eingeholt hatte, die Antragstellerin in den Ruhestand zu versetzen, wies das Landesamt für Finanzen am 9. Dezember 2016 darauf hin, dass die Antragstellerin die fünfjährige Wartezeit nicht erfüllt habe. Eine Versetzung in den Ruhestand sei deshalb nicht möglich. Dem lag eine „Dienstzeitberechnung - Versorgung“ unter anteiliger Berücksichtigung der jeweiligen Teilzeitbeschäftigung zu Grunde, aus der sich eine Gesamtzeit von drei Jahren und 304,82 Tagen ergab (Bl. 7 des Behördenvorgangs).

Im Rahmen der Anhörung zur nun beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis wegen Dienstunfähigkeit wurde zunächst vorgetragen, dass die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Die Antragstellerin habe bereits eine Dienstzeit von über fünf Jahren abgeleistet. Nach der neueren Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen müsse die Ruhegehaltfähigkeit der Dienstzeit zur Erlangung einer Versorgung ohne Teilzeitfaktor berücksichtigt werden. Das gebiete eine europarechtskonforme Auslegung. Dafür seien auch Teilzeiten in vollem Umfang und die Zeiten in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen zu berücksichtigen. Die Antragstellerin sehe auch einen Zusammenhang zwischen der Dienstunfähigkeit und ihrem Einsatz in einer Grundschule, bei der es sich um eine „Brennpunktschule“ gehandelt habe. Hierzu legte sie zwei (fach-) ärztliche Atteste vom 18. Februar 2017 und 23. Februar 2017 vor.

Mit Bescheid vom 31. März 2017 verfügte die Regierung von O. in Nr. 1: „Hiermit wird Frau …, geb. …, mit Ablauf des 30.06.2017 aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit entlassen.“ In Nr. 2 des Bescheids wurde die Nr. 1 für sofort vollziehbar erklärt.

Auf Grundlage des amtsärztlichen Gutachtens vom 7. Oktober 2016 der Medizinischen Untersuchungsstelle und der Tatsache, dass die Antragstellerin seit 8. März 2016 durchgehend krankheitsbedingt vom Dienst abwesend sei, komme man zu der Einschätzung, dass sie dauernd dienstunfähig sei.

Die Antragstellerin erfülle nicht die versorgungsrechtliche Wartezeit von fünf Jahren. „Zum Stichtag 01.01.2017 berücksichtigungsfähig“ seien das Beamtenverhältnis auf Widerruf vom 12. September 2005 bis 10. September 2007 von 1 Jahr und 364 Tagen sowie der Beamtenrechtliche Übergangsvertrag und das Beamtenverhältnis auf Probe / Lebenszeit vom 12. September 2012 bis 31. Dezember 2016 von 1 Jahr und 305,82 Tagen. Daraus ergebe sich eine berücksichtigungsfähige Dienstzeit von insgesamt 3 Jahren und 304,82 Tagen. Zeiten, in denen die Antragstellerin teilzeitbeschäftigt war, seien nur in dem Umfang zu berücksichtigen, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Dienstzeit entspreche.

Mit Schriftsatz vom 20. April 2017, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am 21. April 2017, erhoben die Bevollmächtigten der Antragstellerin für diese Klage gegen den Bescheid vom 31. März 2017 mit dem Begehren, diesen aufzuheben. Über diese Klage, die unter dem Aktenzeichen M 5 K 17.1702 geführt wird, ist noch nicht entschieden.

Mit weiterem Schriftsatz vom 20. April 2017 stellten die Bevollmächtigten der Antragstellerin außerdem den Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Entlassungsbescheid der Regierung von O. vom 31. März 2017 wiederherzustellen.

Zur Begründung wiederholten und vertieften sie ihren bisherigen Vortrag hinsichtlich einer vollen Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung hinsichtlich der Wartezeit und einer Dienstbeschädigung durch die Tätigkeit der Antragstellerin an der Grundschule W.-Straße. Aufgrund der Rechtswidrigkeit des Bescheides aus diesen Gründen überwiege das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Der Antragsgegner legte mit Schriftsatz vom 18. Mai 2017 seine Akten vor und beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Für die Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit bei Teilzeitbeschäftigung gelte der gesetzliche Grundsatz, dass nur der Teil ruhegehaltfähig sei, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspreche. Diese Regelung entspreche dem Grundsatz der Dienstzeitabhängigkeit der Beamtenversorgung als einem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, wonach sich die Länge der aktiven Dienstzeit in der Höhe der Versorgung niederschlagen müsse.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Europarecht. Die Anknüpfung an eine Mindestdienstleistung für das Entstehen eines Anspruchs auf Ruhegehalt bedeute keine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten im Sinne der Richtlinie. Vielmehr würden beide Gruppen hinsichtlich des zurückzulegenden Arbeitsumfangs gleich behandelt. Richtig sei, dass der Erwerb eines Anspruchs auf Beamtenversorgung bei freiwilliger Teilzeitbeschäftigung regelmäßig länger dauern werde als bei Vollzeitbeschäftigung. Aber auch bei Vollzeitbeschäftigten, die ihr Beschäftigungsverhältnis durch nicht ruhegehaltfähige Zeiten (z.B. Elternzeit) unterbrechen, sei eine Dienstleistung über einen längeren Zeitraum als fünf Jahre zum Erwerb von Ansprüchen auf Ruhegehalt nötig.

Den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen sei nicht zu folgen, denn die in Bezug genommene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Juni 2010 sei nicht übertragbar, weil dieser sich nicht mit der Mindestverwendungsdauer in einem Beamtenversorgungssystem, sondern mit der Wartezeit in einem Betriebsrentensystem zu befassen gehabt habe, in dem keine Mindestversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gewährleistet worden sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass Beamte bei Nichterfüllung der versorgungsrechtlichen Wartezeit nicht unversorgt ausschieden, sondern nachversichert würden und gegebenenfalls Unterhaltsbeiträge erhielten.

Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Ruhegehalts wegen einer Dienstbeschädigung lägen nicht vor. Nach der Stellungnahme des Staatlichen Schulamts vom 23. März 2017 gehöre es in der heutigen Zeit zum Anforderungsprofil eines jeden Grundschullehrers, Kinder mit Einschränkungen und Defiziten zu unterrichten und sich auf deren besondere Bedürfnisse einzustellen.

Die Bevollmächtigten der Antragstellerin trugen daraufhin mit Schriftsatz vom 2. Juni 2017 noch ergänzend vor, dass der Antragsgegner im Hinblick auf die von der Antragstellerin erlittene Dienstbeschädigung eine Prüfung der Voraussetzungen bereits bei Bescheidserlass nicht vorgenommen, sondern sich auf die Stellungnahmen des Staatlichen Schulamts und der Schulleitung beschränkt habe, die lediglich allgemeine Aussagen zum Anforderungsprofil einer Grundschullehrkraft beinhalteten.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten in diesem Verfahren sowie im Verfahren M 5 K 17.1702 verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist begründet.

1. Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat.

Gegen die behördlich angeordnete sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts kann der Betroffene gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO beim Gericht der Hauptsache die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragen.

Das Gericht trifft eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat dabei abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.

2. Vorliegend besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für das Begehren der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der eingelegten Klage wiederherzustellen.

Zwar hat der Bescheid vom 31. März 2017 unabhängig von dem Umstand seiner Anfechtung mit der Klage mit Ablauf des 30. Juni 2017 seine Gestaltungswirkung (innere Wirksamkeit) entfaltet. Die Rechtsschutzmöglichkeiten der Antragstellerin bleiben hiervon jedoch unberührt. Im Falle einer Aufhebung der Entlassungsverfügung würde diese Gestaltungswirkung rückwirkend entfallen, so dass das Beamtenverhältnis als durchgehend nicht berührt zu behandeln wäre (vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand Februar 2017, Art. 56 BayBG, Rn. 60 mit Rechtsprechungsnachweisen).

3. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sind die Erfolgsaussichten der Klage vom 20. April 2017 gegen die Entlassungsverfügung vom 31. März 2017 jedoch zumindest als offen anzusehen.

a) Der Antragsgegner stützt die Entlassung der Antragstellerin auf § 23 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz - BeamtStG) sowie § 32 BeamtStG i.V.m. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) und Art. 56 Abs. 5 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG).

Nach § 23 Abs. 1 BeamtStG sind Beamtinnen und Beamte zu entlassen, wenn sie (Nr. 1) nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist und (Nr. 2) dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet.

Die dauernde Dienstunfähigkeit ist geregelt in § 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtStG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 BayBG und wird amtsärztlich festgestellt, Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG.

Nach § 32 BeamtStG setzt die Versetzung in den Ruhestand die Erfüllung einer versorgungsrechtlichen Wartezeit voraus. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG setzt für die Gewährung eines Ruhegehalts die Ableistung einer Dienstzeit von mindestens fünf Jahren voraus.

Nach der - vom Antragsgegner im Bescheid nicht explizit genannten - Regelung in Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG wird die Dienstzeit vom Zeitpunkt der ersten Berufung in das Beamtenverhältnis ab gerechnet und nur berücksichtigt, soweit sie ruhegehaltfähig ist. Im Unterabschnitt 3 „Ruhegehaltfähige Dienstzeit“ gibt Art. 24 Abs. 1 BayBeamtVG - auf den der Antragsgegner im Bescheid ausdrücklich abgestellt hat - vor, dass Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung und einer eingeschränkten Verwendung wegen begrenzter Dienstfähigkeit nur zu dem Teil ruhegehaltfähig sind, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht.

Im Falle einer Entlassung nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG ist bei einer Beschäftigungszeit von mehr als drei Monaten eine Frist von sechs Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres einzuhalten, § 56 Abs. 5 Satz 1 BeamtStG. Als Beschäftigungszeit gilt die Zeit ununterbrochener Tätigkeit im Beamtenverhältnis, § 56 Abs. 5 Satz 2 BeamtStG.

b) Der angefochtene Bescheid vom 31. März 2017 begegnet schon in formell-rechtlicher Hinsicht Bedenken. Denn Art. 56 Abs. 3 BayBG verlangt, die Entlassungsverfügung unter Angabe des Grundes und des Zeitpunkts der Entlassung zuzustellen. Der - zugestellte - Bescheid vom 31. März 2017 enthält in seinem Tenor jedoch nur den Zeitpunkt der Entlassung („mit Ablauf des 30.06.2017“), nicht jedoch den Entlassungsgrund.

Entlassungsgrund ist primär der Entlassungstatbestand. Bei der - zweckmäßigen - Aufteilung der Entlassungsverfügung in den Entscheidungssatz (Tenor) und die Begründung genügt es zwar, wenn die näheren Angaben in der Begründung festgehalten werden. Der Tenor muss den Entlassungstatbestand aber zumindest allgemein bezeichnen, z.B. „Entlassung auf Antrag“ oder „Beamter wird wegen mangelnder Bewährung entlassen“. Der Entlassungsgrund ist deswegen genau festzulegen, weil sich je nach dem Entlassungsgrund unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben können. Es können auch mehrere Entlassungsgründe vorliegen, auf welche die Entlassungsverfügung sowohl alternativ als auch kumulativ gestützt werden kann. Die Entlassungsverfügung ist hinsichtlich des Entlassungsgrundes zwar auslegungsfähig, so bei einem unvollständigen oder unklaren Entscheidungssatz (vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., Art. 56 BayBG, Rn. 30). Der Tenor muss aber jedenfalls überhaupt eine Aussage zum Entlassungsgrund enthalten. Das ist vorliegend nicht der Fall.

c) Der Bescheid vom 31. März 2017 begegnet aber auch in materiell-rechtlicher Hinsicht Bedenken.

aa) Es ist bereits offen, ob die Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung der Antragstellerin aufgrund einer Dienstbeschädigung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG vorliegen. Die hierfür erforderlichen Umstände sind nicht weiter aufgeklärt.

Nach dieser Norm wird ein Ruhegehalt unabhängig von einer Dienstzeit von fünf Jahren im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG gewährt, wenn der Beamte oder die Beamtin infolge Krankheit, Verwundung oder sonstiger Beschädigung, die er oder sie sich ohne grobes Verschulden bei Ausübung oder aus Veranlassung des Dienstes zugezogen hat, dienstunfähig geworden ist (Dienstbeschädigung).

Schon der frühere Bevollmächtigte der Antragstellerin trug bereits mit Schreiben vom 18. Januar 2017 hierzu unter Darstellung der beruflichen Belastung der Antragstellerin in einer „Brennpunktschule“ Entsprechendes vor. Die nunmehrigen Bevollmächtigten der Antragstellerin vertieften hierzu mit Schriftsatz vom 10. März 2017 und legten (fach-) ärztliche Atteste vom 18. Februar 2017 und 23. Februar 2017 vor.

Zu dieser Problematik findet sich im angefochtenen Bescheid jedoch lediglich eine Darstellung im Sachverhalt unter Gründe I. In den rechtlichen Ausführungen unter Gründe II. wird diesem Vorbringen nicht mehr Rechnung getragen. Hierzu hätte aber Veranlassung bestanden, denn bei Vorliegen einer Dienstbeschädigung hätte die Antragstellerin doch in den Ruhestand versetzt werden können, anstatt aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit entlassen zu werden.

Schon im Vorfeld der Entlassungsverfügung hätte der Antragsgegner diesbezüglich Ermittlungen vornehmen müssen, um den Sachverhalt aufzuklären. Denn im sog. Entlassungsverfahren gelten die (subsidiären, vgl. Art. 1 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz - BayVwVfG) Vorschriften des BayVwVfG, soweit im Beamtenrecht keine eigenständige Regelung getroffen wurde (vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., Art. 56 BayBG, Rn. 18). Für das Entlassungsverfahren eines Beamten auf Lebenszeit gelten jedoch keine verfahrensrechtlichen Sondervorschriften, so dass Art. 24 BayVwVfG, der Untersuchungsgrundsatz, zur Geltung kommt. Unter Berücksichtigung der Regelungen in Art. 65 BayBG hätte aufgrund der vorgelegten Atteste also Anlass bestanden, die Frage einer Dienstbeschädigung durch ein amtsärztliches Gutachten klären zu lassen. Der Antragsgegner hat es nicht allein damit bewenden lassen können, dem Vortrag der Dienstbeschädigung lediglich die Stellungnahmen der Grundschule vom 23. März 2017 und des Staatlichen Schulamtes vom 23. März 2017 entgegen zu setzen, noch dazu nur in der Sachverhaltsdarstellung des Bescheids. Denn die Antragstellerin hat hierzu entsprechende (fach-) ärztliche Atteste vorgelegt.

bb) Zum anderen setzt sich der Bescheid nur sehr oberflächlich und einseitig mit der Frage auseinander, ob im Rahmen der Prüfung der Dienstzeit von mindestens fünf Jahren nach Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG wegen Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG die Regelung des Art. 24 Abs. 1 BayBeamtVG (im Sinne des Pro-rata-temporis-Grundsatzes) uneingeschränkt zur Anwendung kommen kann.

Diese Frage ist im Fall der Antragstellerin entscheidungsrelevant (1), kann aber im vorliegenden summarischen Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes offen bleiben (2). Die endgültige Klärung dieser schwierigen Rechtsfrage bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

(1) Entscheidungsrelevant ist die oben dargestellte Frage auch dann, wenn zu Gunsten der Antragstellerin über den im Bescheid auf Seite 7 Mitte genannten „Stichtag 01.01.2017“ hinaus bei ihr weitere Dienstzeit anzurechnen wäre. Denn selbst bis zum Zeitpunkt der Entlassung mit Ablauf des 30. Juni 2017 hätte sie keine Dienstzeit von fünf Jahren erreicht, wenn die Zeiten ihrer Teilzeitbeschäftigung auch nur anteilig zu rechnen wären.

Woraus sich allerdings der angebliche Stichtag 1. Januar 2017 ergeben sollte, warum also die Dienstzeit der Antragstellerin nur bis zum 31. Dezember 2016 berechnet wurde, obwohl vorliegend kein Entlassungstatbestand kraft Gesetzes vorlag, sondern es einer konstitutiven Entlassungsverfügung bedurfte, ist in rechtlicher Hinsicht nicht erkennbar.

(2) Es ist umstritten und für das vorliegende summarische Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes als offen anzusehen, ob Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BayBeamtVG - ggf. europarechtskonform - dahin auszulegen ist, dass Zeiträume, in denen ein Beamter teilzeitbeschäftigt war, nicht nur zu dem Teil auf die versorgungsrechtliche Wartezeit anzurechnen sind, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht, sondern voll zu berücksichtigen sind.

(a) Der Antragsgegner ist ausweislich seines Bescheids vom 31. März 2017 der Auffassung, dass Art. 24 Abs. 1 BayBeamtVG über Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG uneingeschränkt zur Anwendung kommt, und verweist insoweit auf eine entsprechende Ansicht in der Literatur (Kazmaier in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: April 2017, Art. 11 BayBeamtVG Rn. 10). Auch die Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Versorgungsrecht (BayVV-Versorgung) des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 20. September 2012 gehen unter Nr. 11.1.1 hiervon aus. Einschlägige Rechtsprechung bayerischer Verwaltungsgerichte oder des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hierzu wird nicht zitiert und ist auch nicht ersichtlich.

(b) Dagegen ist das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 des Beamtenversorgungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtenversorgungsgesetz - LBeamtVG NRW) - mit einer inhaltsgleichen Regelung wie Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG - der Auffassung, dass diese Norm europarechtskonform dahin auszulegen sei, dass Zeiträume, in denen der Beamte teilzeitbeschäftigt war, für die versorgungsrechtliche Wartezeit - also für den Zugang zum Versorgungssystem als solchem - voll zu berücksichtigen sind. Dies sei in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) geklärt. Nach dessen Urteil vom 10. Juni 2010 - C-395/08 und C-396/08 - rechtfertige die Anknüpfung an die geleistete Arbeitszeit lediglich einen Unterschied in der Höhe der Versorgung, nicht jedoch in der Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem ein Versorgungsanspruch besteht (OVG NRW, B.v. 8.6.2012 - 6 B 390/12 - juris; B.v. 27.6.2014 - 3 A 125/14 - juris).

Der EuGH hat in diesem Urteil vom 10. Juni 2010 für Recht erkannt, dass § 4 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in Bezug auf Altersversorgung dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die bei Beschäftigten mit zyklisch-vertikaler Teilzeitarbeit arbeitsfreie Zeiträume bei der Berechnung der für den Erwerb eines Anspruchs auf Altersversorgung erforderlichen Zeit nicht berücksichtigt, es sei denn, eine solche Ungleichbehandlung ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt (Anm.: nach dem damals gegenständlichen italienischen Recht war ein „horizontales Teilzeitarbeitsverhältnis“ ein Arbeitsverhältnis, bei dem die Reduzierung der Arbeitszeit im Vergleich zu einer Vollzeitbeschäftigung durch Herabsetzung der üblichen täglichen Arbeitszeit erfolgt, ein „vertikales Teilzeitarbeitsverhältnis“ war eines, bei dem die Arbeit vollzeitlich, jedoch beschränkt auf im Voraus festgelegte Zeiträume in jeder Woche, jedem Monat oder jedem Jahr zu verrichten ist; damals ging es um Kabinenpersonal der Fluggesellschaft Alitalia).

(c) Ob demgegenüber, wie nachträglich vom Antragsgegner vorgetragen - und auch in der o.g. Kommentierung von Kazmaier ausgeführt -, ein rechtfertigender sachlicher Grund darin liegen kann, dass es nach Erreichen der versorgungsrechtlichen Wartezeit sofort zu einer beamtenversorgungsrechtlichen Mindestversorgung kommt, ist fraglich. Denn diese betrifft die Höhe der Versorgung unter Berücksichtigung des Alimentationsprinzips. Der EuGH erklärt in seiner Entscheidung vom 10. Juni 2010 zwar den Pro-rata-temporis-Grundsatz explizit auf die Höhe der Versorgung für anwendbar, nicht aber auf die Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem ein Anspruch auf Altersversorgung besteht, da dieser ausschließlich von den berücksichtigungsfähigen Zeiten abhängt, die der Arbeitnehmer erworben hat. Diese Zeiten entsprechen der tatsächlichen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und nicht dem Umfang der während des Beschäftigungsverhältnisses geleisteten Arbeit. Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten erfordere daher, dass die Zeiten, die bei der Bestimmung des Zeitpunkts berücksichtigt werden, ab dem ein Anspruch auf Altersversorgung besteht, bei einem Teilzeitbeschäftigten so berechnet werden, als hätte dieser eine Vollzeitstelle innegehabt, und arbeitsfreie Zeiträume insoweit in vollem Umfang berücksichtigt werden.

Diesbezüglich erscheint dann auch die Argumentation des Antragsgegners hinsichtlich einer vom Beamten zu erbringenden „Mindestdienstleistung als Voraussetzung für das Entstehen eines Anspruchs auf Beamtenversorgung“, also „ein bestimmter Umfang an Arbeitsleistung“, bei dem „gerade nicht auf eine Zeitspanne abgestellt“ werde (Schriftsatz vom 18.5.2017), als nicht durchgreifend.

(d) Hingegen ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Zeit vom 14. September 2009 bis 12. September 2010 nicht bei der Berechnung der Dienstzeit mit berücksichtigt worden ist, weil die Antragstellerin damals in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis beschäftigt war und ihre Tätigkeit nicht zu einer Ernennung geführt hat, Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3, Art. 18 Satz 1 BayBeamtVG. Insoweit wird auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen im Bescheid verwiesen, insbesondere hinsichtlich Art. 19Nr. 1.b) BayBeamtVG.

4. Die Interessensabwägung des Gerichts fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus.

Ihr Interesse daran, bis zur Klärung der oben dargestellten schwierigen Rechtsfragen in der Hauptsache weiterhin Bezüge und Leistungen der Beihilfe zu erhalten um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, wiegt ungleich schwerer als die mögliche Folge für den Antragsgegner, diese Leistungen eventuell nicht oder nicht in voller Höhe zurückerhalten zu können, sollte er letztlich obsiegen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

6. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 Satz 1 und 10.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist.

2

1. Der 1967 geborene Kläger war von Februar 2002 bis Mitte September 2005 als angestellter Lehrer zunächst an einer Mädchenschule kirchlicher Trägerschaft und anschließend an einer staatlichen Schule tätig. Mit Wirkung zum 12. September 2005 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat zur Anstellung ernannt. Er war an einem staatlichen Gymnasium als Lehrer für Mathematik und Physik tätig. Im Juli 2006 teilte ein im August 1992 geborener Schüler der Leitung der Schule mit, er sei vom Kläger im Sommer 2005 bei Aufenthalten in Sommerlagern eines Sportvereins, für den der Kläger auch als Trainer tätig war, wiederholt im Genitalbereich berührt worden. Das vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Staatsministerium) eingeleitete Verfahren zur Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wurde im August 2006 ausgesetzt, um das Ergebnis der strafrechtlichen Ermittlungen abzuwarten. Dem Kläger wurde im September 2006 bestandskräftig die Weiterführung seiner Dienstgeschäfte verboten.

3

Das Amtsgericht verurteilte den Kläger im Oktober 2008 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf selbstständigen Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, in zwei Fällen zudem in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch widerstandsunfähiger Personen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren. Der Kläger habe bei drei Trainingslagern im Sommer 2005 an einem minderjährigen Jungen, dessen Alter ihm bekannt gewesen sei, sexuelle Handlungen vorgenommen, nachdem er es organisiert habe, dass er mit diesem Jungen, dessen Angaben glaubhaft seien, in einer engen Kammer eines Zeltes gemeinsam geschlafen habe. Anfang März 2010 hob das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts auf und sprach den Kläger - rechtskräftig - frei. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, es habe nicht mit der für eine strafgerichtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen können, dass es zu den dem Kläger zur Last gelegten sexuellen Übergriffen gegenüber dem Jungen gekommen sei.

4

Mitte September 2010 verfügte das Staatsministerium die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen fehlender charakterlicher und gesundheitlicher Eignung für eine Tätigkeit als Lehrkraft im Gymnasialschuldienst.

5

Das Verwaltungsgericht hat die vom Kläger gegen die Entlassungsverfügung erhobene Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts sowie die Entlassungsverfügung des Staatsministeriums vom 16. September 2010 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 17. August 2011 und unter Berücksichtigung der vom Beklagten zu Protokoll gegebenen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 27. März 2012 aufgehoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

6

Es sei nicht festzustellen, dass der Kläger in gesundheitlicher oder körperlicher Hinsicht ungeeignet sei. Ließen sich gesicherte Feststellungen zur gesundheitlichen Verfassung eines Probebeamten nicht treffen, gehe dies zu Lasten des Dienstherrn. Nach den nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Ausführungen des vom Gericht bestellten Sachverständigen leide der Kläger nicht an einer sexuellen Präferenzstörung in Form der Pädophilie. Auch für eine pädohebephile Orientierung lägen keine objektiven und belastbaren Umstände vor. Die Voraussetzungen der beiden Systeme zur Klassifikation der Pädophilie seien nicht erfüllt. Der Kläger verspüre keine intensiven sexuellen Impulse und berichte nicht von wiederholt auftretenden sexuellen Phantasien, die sich auf ungewöhnliche Gegenstände oder Aktivitäten bezögen. Zwar könne die Diagnose der Pädophilie auch dann gestellt werden, wenn der Betroffene das Interesse an Kindern leugne, sofern er sich mehreren Kindern bei verschiedenen Gelegenheiten sexuell genähert habe. Dies treffe auf den Kläger aber nicht zu. Den Ausführungen des vom Beklagten beauftragten Gutachters könne nicht gefolgt werden. Bei der Bewertung müssten die inkriminierten Sachverhalte wegen der Unschuldsvermutung außer Betracht bleiben. Nach einem rechtskräftigen Freispruch sei das Äußern eines Schuldverdachts gegen den Betroffenen mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung, die eine besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips sei und damit Verfassungsrang habe, unvereinbar. Weder der Umstand, dass der Kläger Nachhilfeunterricht erteilt habe, noch sein außerordentliches pädagogisches Engagement im Sportbereich rechtfertigten den Rückschluss auf eine pädophile Neigung des Klägers. Auch die Ergebnisse des Affinity-Tests, wenn man diesen Test überhaupt heranziehen wollte, sprächen nicht für eine Pädophilie des Klägers. Der Gutachter des Beklagten habe die entscheidende Feststellung, dass bei dem Kläger keine pädophile Neigung habe festgestellt werden können, unterschlagen. Es handele sich um ein Parteigutachten, das ersichtlich von einem gewünschten Ergebnis getragen sei. Auch die die Verfügung selbstständig tragende Annahme der fehlenden charakterlichen Eignung des Klägers sei rechtsfehlerhaft. Die vom Beklagten vorgebrachten Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers bewegten sich im Bereich bloßer Mutmaßungen. Nach den gutachterlichen Feststellungen bestehe beim Kläger keine pädophile Neigung. Zwar habe der Beklagte für die von ihm angenommenen Grenzverletzungen im Lehrer-Schüler-Verhältnis konkrete Verhaltensweisen des Klägers benannt. Aber auch diese rechtfertigten die Entlassung des Klägers wegen mangelnder charakterlicher Eignung ohne vorherige Abmahnung nicht. Die dem Kläger vorgehaltene Distanzlosigkeit gegenüber Schülern sei zuvor nicht thematisiert worden. Die dem Kläger vorgeworfenen Verhaltensweisen könnten aufgegeben und geändert werden, sodass ein behebbarer Mangel gegeben sei.

7

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat im angegriffenen Urteil wiederholt darauf abgehoben, bei der Bewertung der Eignung des Klägers dürften die "inkriminierten Sachverhalte" nicht mehr berücksichtigt werden. Dies sei Folge der Rechtskraft des den Kläger freisprechenden Strafurteils sowie der Unschuldsvermutung. Beide Aspekte tragen die rechtliche Schlussfolgerung des Berufungsgerichts nicht.

8

a) Die Entscheidung über die Bewährung eines Beamten auf Probe während der Probezeit aufgrund von § 10 Satz 1 und § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG knüpft anders als § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG nicht an ein den Beamten rechtskräftig wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilenden Strafurteil eines deutschen Gerichts an. Ist der Beamte vom Vorwurf einer Straftat rechtskräftig freigesprochen worden, so sind andere Gerichte an diese Wertung des Sachverhalts durch das Strafgericht grundsätzlich nicht gebunden, soweit es bei ihren Verfahren nicht um die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Betroffenen geht. Eine Bindung anderer Gerichte oder auch von Behörden an das Ergebnis eines strafgerichtlichen Verfahrens tritt nur ein, wenn und soweit der Gesetzgeber dies ausdrücklich anordnet, wie er dies z.B. in § 190 Satz 2 StGB oder in § 14 Abs. 2 BDG getan hat. Eine solche gesetzliche Vorschrift besteht hier nicht.

9

Jenseits solcher Fälle einer gesetzlich ausdrücklich angeordneten Bindungswirkung ist bei einem freisprechenden strafgerichtlichen Urteil die materielle Rechtskraft auf den Tenor beschränkt. Das Urteil regelt insoweit die zukünftige Zulässigkeit von strafrechtlichen Sanktionen gegen denselben Täter wegen derselben Tat. Materielle strafrechtliche Rechtsfolgen wegen dieser Tat sind für die Zukunft grundsätzlich (vgl. z.B. die Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten nach § 362 StPO) ausgeschlossen (Fischer, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 7. Aufl. 2013, Einleitung Rn. 482 f.). Auf die Entscheidungsgründe eines Urteils bezieht sich die Wirkung der Rechtskraft dagegen nicht. Auch hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen tritt keine Rechtskraft ein.

10

Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass in einem späteren Strafverfahren das dort entscheidende Gericht hinsichtlich der Würdigung des Geschehens nicht an die Bewertungen in einem rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteil gebunden ist. Vielmehr muss sich das neu entscheidende Tatgericht ohne Bindung an das frühere Urteil eine eigene Überzeugung verschaffen (BGH, Beschluss vom 3. Juni 1997 - 1 StR 183/97 - BGHSt 43, 106 <108 f.>; Urteil vom 30. März 2004 - 1 StR 354/03 - NStZ-RR 2004, 238 <240>). Dies gilt z.B. für die Frage einer etwaigen Bindungswirkung der Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils gegen den Täter eines Betäubungsmitteldelikts im weiteren Strafverfahren gegen einen Gehilfen. In diesem weiteren Strafverfahren muss sich das Tatgericht hinsichtlich der Haupttat ungeachtet der Rechtskraft des den Haupttäter verurteilenden Strafurteils eine eigene Gewissheit verschaffen (BGH, Beschluss vom 9. März 2010 - 4 StR 640/09 - NStZ 2010, 529).

11

b) Die Unschuldsvermutung hat ihre Wurzeln im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und wird auch in Art. 6 Abs. 2 EMRK ausdrücklich hervorgehoben (BVerfG, Beschluss vom 16. März 2006 - 2 BvR 170/06 - NJW 2006, 1336 Rn. 21).

12

Die Unschuldsvermutung schützt den Beschuldigten vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, denen aber kein rechtsstaatliches prozessordnungsgemäßes Verfahren zur Schuldfeststellung und Strafzumessung vorausgegangen ist, nicht jedoch vor Rechtsfolgen, die keinen Strafcharakter haben (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 - 2 BvR 254, 1343/88 - BVerfGE 82, 106 <117>; Kammerbeschlüsse vom 16. Mai 2002 - 1 BvR 2257/01 - NJW 2002, 3231 f. = juris Rn. 9 ff. und vom 29. Oktober 2015 - 2 BvR 388/13 - juris Rn. 31 m.w.N.). Bei einem Freispruch aus Mangel an Beweisen dürfen z.B. die nicht ausgeräumten Verdachtsmomente zur Rechtfertigung von Rechtsfolgen herangezogen werden, die ihrerseits weder Strafcharakter haben noch dem Betroffenen in einer strafgerichtlichen Entscheidung Schuld zuweisen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Mai 2002 - 1 BvR 2257/01 - NJW 2002, 3231 f. = juris Rn. 11 m.w.N. zur Zulässigkeit einer Speicherung und Verwendung von im Strafermittlungsverfahren gewonnenen Daten zur Verhütung oder Verfolgung künftiger Straftaten nach einem rechtskräftigen Freispruch vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern).

13

Die Beurteilung der gesundheitlichen und charakterlichen Eignung eines Beamten auf Probe im Rahmen von § 10 Satz 1 und § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG dient der Sicherung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, indem die Lebenszeitverbeamtung von solchen Probebeamten ausgeschlossen wird, die sich in der Probezeit nicht bewährt haben. Nach den Kriterien, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei der Qualifikation einer staatlichen Maßnahme als strafrechtliches Verfahren im Sinne von Art. 6 EMRK zugrunde legt (EGMR, Urteil vom 8. Juni 1976 - 5100/71 - EGMR-E 1,178 - Engel u.a./Niederlande), handelt es sich bei der Entlassung eines Probebeamten wegen fehlender Bewährung in der Probezeit nicht um ein Strafverfahren. Weder ordnet das innerstaatliche Recht der Bundesrepublik das Geschehen als Strafverfahren ein, noch spricht die Natur des Vergehens für ein Strafverfahren noch hat die Rechtsfolge Strafcharakter oder will abschrecken.

14

Auf Verfahren, die nach ihrer Zielsetzung nicht auf die Feststellung und Ahndung strafrechtlicher Schuld gerichtet sind, sondern die außerhalb der eigentlichen Strafrechtspflege eine Entscheidung über andere Rechtsfolgen eines (auch) strafrechtlich relevanten Sachverhalts zum Gegenstand haben, erstreckt sich die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK nicht (Esser, in Löwe-Rosenberg, StPO, Bd. 11, 26. Aufl. 2012, EMRK, Art. 6 Rn. 520 ff.). Diese anderweitigen Entscheidungen von Verwaltungsbehörden oder auch Zivil- und Verwaltungsgerichten, die sich nach anderen rechtlichen Voraussetzungen beurteilen als eine strafgerichtliche Verurteilung, dürfen aber keine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Betroffenen zum Ausdruck bringen oder dessen strafrechtliche Schuld feststellen (Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl. 2011, Art. 6 Rn. 217; Karpenstein/Mayer, EMRK, 2. Aufl. 2015, Art. 6 Rn. 168 jeweils m.w.N.).

15

3. Das angegriffene Urteil weicht mit der Ansicht, bei der Bewertung der gesundheitlichen und charakterlichen Eignung des Klägers müssten die "inkriminierten Sachverhalte" wegen der Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK) in jeglicher Hinsicht unberücksichtigt bleiben, im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ab und beruht auf dieser Abweichung. Art. 6 Abs. 2 EMRK, auf den sich sowohl die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts als auch das Berufungsurteil beziehen, hat aufgrund des Zustimmungsgesetzes des Bundes (Gesetz über die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 7. August 1952, BGB II, S. 685) innerstaatlich den Rang eines Bundesgesetzes (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. - BVerfGE 128, 326 <367>).

16

Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt entschieden, dass die Unschuldsvermutung den Betreffenden nicht vor Nachteilen schützt, die keinen Strafcharakter haben (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 - 2 BvR 254, 1343/88 - BVerfGE 82, 106 <117>; Kammerbeschlüsse vom 16. Mai 2002 - 1 BvR 2257/01 - NJW 2002, 3231 f. = juris Rn. 9 ff. und vom 29. Oktober 2015 - 2 BvR 388/13 - juris Rn. 31 m.w.N.). Die Beurteilung der gesundheitlichen und charakterlichen Eignung eines Beamten auf Probe im Rahmen von § 10 Satz 1 und § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG hat keinen solchen Strafcharakter, sondern dient der Sicherung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung. Der Verwaltungsgerichtshof ist in seiner Entscheidung von einem rechtsgrundsätzlich abweichenden umfassenderen Verständnis des Art. 6 Abs. 2 EMRK ausgegangen.

17

Das angegriffene Urteil beruht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auch auf dieser Abweichung, weil es sich auf den gerichtlich bestellten Gutachter stützt, der entsprechend der Vorgabe des Berufungsgerichts die "inkriminierten Sachverhalte" unberücksichtigt gelassen hat. Dem vom Beklagten beauftragten Gutachter ist der Verwaltungsgerichtshof gerade mit der Begründung nicht gefolgt, dieser habe ausgehend von den "inkriminierten Sachverhalten" ein Hypothesengebäude aufzubauen versucht, das nicht überzeuge.

18

3. Die in der Beschwerdebegründung als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage,

ob "bei einer Prüfung der Bewährung im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG ein Geschehen ohne Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 EMRK auch dann ganz oder in Teilen verwertet werden kann, wenn es in einem vorangegangenen Strafverfahren als nicht erwiesen gewürdigt wurde",

lässt sich ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Reichweite der Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens klären. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Unschuldsvermutung für gerichtliche oder behördliche Entscheidungen - z.B. über die Ausweisung eines Ausländers oder über ein Vereinsverbot - nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist, weil es sich insoweit weder um eine repressive Strafe noch um eine individuelle Schuldzuweisung handelt (BVerwG, Urteile vom 17. Juni 1998 - 1 C 27.96 - BVerwGE 107, 58 <63> und vom 7. Januar 2016 - 1 A 3.15 - BVerwGE 154, 22 Rn. 44).

19

4. Ausgehend von der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die "inkriminierten Sachverhalte" dürften zur Prüfung der Eignung des Klägers im Sinne von § 10 Satz 1 und § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG nicht herangezogen werden, leidet das Berufungsurteil des Weiteren an einem vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung auch beruhen kann (§ 133 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

20

a) Die Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs, der Kläger sei nicht gesundheitlich ungeeignet, beruht auf einem Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, weil das Berufungsgericht den festgestellten Sachverhalt nicht vollständig berücksichtigt hat.

21

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht einzelne entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei der Würdigung des Sachverhalts außer Acht lassen, insbesondere nicht Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. November 2008 - 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 27 und vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 26 Rn. 40 ff.).

22

In dem an den Gutachter gerichteten Begleitschreiben zum Beweisbeschluss vom 19. März 2015 hat das Berufungsgericht dem Gutachter vorgegeben, dass bei der Begutachtung, ob beim Kläger eine sexuelle Präferenzstörung in der Form der Pädophilie vorliege, das diesen freisprechende strafrechtliche Urteil zu beachten sei. In dem auf das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen gestützten Berufungsurteil ist der Verwaltungsgerichtshof durchgängig davon ausgegangen, aus Rechtsgründen an der Berücksichtigung der "inkriminierten Sachverhalte" gehindert zu sein.

23

Bei der Frage, ob das Berufungsurteil an einem Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO leidet, ist der materiell-rechtliche Standpunkt des Berufungsgerichts maßgeblich, auch wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 - 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 4 = juris Rn. 16). Aber selbst auf der Grundlage der Rechtsansicht, die Rechtskraft des strafgerichtlichen Urteils sowie die Unschuldsvermutung stünden der Berücksichtigung der "inkriminierten Sachverhalte" entgegen, hätte der Verwaltungsgerichtshof die Aspekte, die nicht Bestandteil des eigentlichen strafrechtlichen Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs von Kindern, des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und des sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen waren, in den Blick nehmen müssen. Dies gilt insbesondere für den - jenseits der Tatbestandshandlungen dieser Delikte liegenden - Umstand, dass der Kläger dem damals knapp 13-jäh-rigen Jungen jeweils vorgeschlagen hatte, während der Trainingslager bei ihm in einem recht beengten Zelt zu übernachten. Hieraus können sich ohne Weiteres Anhaltspunkte für eine - vom Verwaltungsgerichtshof so bezeichnete - "unnatürliche" Verhaltensweise des Klägers und einen eignungsrelevanten Mangel an gebotener körperlicher Distanz zu ihm anvertrauten Kindern ergeben.

24

b) Auf die übrigen vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängel kommt es nicht mehr an.

25

5. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der Ermächtigung des § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch, die Berufungsentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

26

Für das erneute Berufungsverfahren weist der Senat auf das Folgende hin: Die konkrete Begründung, auf die der Beklagte die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe gestützt hat, ist unerheblich. Da die Begründung eines belastenden Verwaltungsakts ein allein formelles Erfordernis ist, ist für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur maßgeblich, ob die Voraussetzungen der tatsächlich einschlägigen Ermächtigungsgrundlage vorliegen.

27

Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof nunmehr durch eine eigenständige Beweisaufnahme zu klären, ob der Kläger im Juni und Juli 2005 an einem ihm anvertrauten Jungen sexuelle Handlungen vorgenommen hat. Lässt sich dies nicht aufklären, ist weiter zu prüfen, ob andere Umstände den Schluss der mangelnden Bewährung des Klägers in der Probezeit rechtfertigen. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof sämtliche vorliegenden Unterlagen auszuwerten, insbesondere die Akten des Strafverfahrens. Es ist auch zu klären, ob es dem Kläger im Rahmen der - mehrtägigen - Veranstaltungen darauf angekommen ist, mit einem oder mehreren der Jungen in einem Zelt zu übernachten, und, sofern ein solches Bemühen des Klägers nachweisbar ist, mit welchen Mitteln der Kläger dieses Ziel verfolgt hat. Zu klären sind ferner die räumlichen Verhältnisse, unter denen der Kläger gemeinsam mit den ihm anvertrauten Jungen übernachtet hat. Hinweise ergeben sich z.B. aus dem Schriftsatz des Verteidigers des Klägers im Strafverfahren vom 6. Oktober 2008, dem eine Skizze des Zelts beigefügt ist.

28

Im Hinblick auf die Ausführungen im Berufungsurteil zum Erfordernis einer vorherigen "Abmahnung" des betroffenen Beamten weist der Senat darauf hin, dass es im Lehrer-Schüler-Verhältnis, das stets von einer ausreichenden körperlichen Distanz geprägt sein muss, auch Verhaltensweisen gibt, die auch ohne vorherigen Hinweis des Dienstherrn auf ihre Unangemessenheit den Schluss rechtfertigen, der betreffende Lehrer habe sich im Laufe der Probezeit nicht bewährt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof beanstandet, ein solches Verhalten sei gegenüber dem Kläger zuvor nicht "thematisiert" worden, wird im Übrigen zu berücksichtigen sein, dass die Verhaltensweisen des Klägers erst im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bekanntgeworden sind.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. März 2012 und der Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 16. September 2010 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 17. August 2011 und unter Berücksichtigung der vom Beklagten zu Protokoll gegebenen Ergänzungen in der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2012 werden aufgehoben.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung ... in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am ... geborene Kläger erwarb am 15. Februar 2002 die Befähigung für das Lehramt an Gymnasien für Mathematik und Physik.

Mit Wirkung zum 12. September 2005 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat zur Anstellung ernannt. Er stand als Lehrer beim staatlichen ...Gymnasium in ... im Dienst des Beklagten.

Ein Schüler des Klägers meldete der Schulleitung im Juli 2006, dass er vom Kläger im Sommer 2005 bei Aufenthalten in Handballlagern des M. (der Kläger war auch als Trainer tätig) wiederholt im Genitalbereich berührt worden sei. Er wolle die Schule verlassen.

Am 21. Juli 2006 teilte das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Staatsministerium) dem Kläger mit, dass aufgrund der Vorwürfe die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Wirkung zum 31. August 2006 beabsichtigt sei. Das Entlassungsverfahren wurde am 24. August 2006 durch das Staatsministerium ausgesetzt, um das Ergebnis der strafrechtlichen Ermittlungen abzuwarten.

Wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen wurde dem Kläger mit Bescheid vom 7. September 2006 mit Wirkung zum 11. September 2006 verboten, seine Dienstgeschäfte weiterzuführen. Dieser für sofort vollziehbar erklärte Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 20. Oktober 2008 wurde der Kläger wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf selbstständigen Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, in zwei Fällen zudem in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch widerstandsunfähiger Personen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Der Kläger habe bei drei Wochenend-Trainingslagern im Juni und Juli 2005 an einem Jungen (geb. 26.8.1992), dessen Alter ihm bekannt gewesen sei, sexuelle Handlungen vorgenommen, nachdem er es organisiert habe, dass er mit dem Jungen in einer engen Kammer eines Zeltes gemeinsam geschlafen habe. Die Angaben des geschädigten Jungen seien glaubhaft.

Das Landgericht ... hob mit rechtskräftigem Urteil vom 1. März 2010 das Urteil des Amtsgerichts ... vom 20. Oktober 2008 auf und sprach den Kläger frei. Das Gericht habe nicht mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellen können, dass es bei den Handballturnieren zu den dem Beamten zur Last gelegten sexuellen Übergriffen gegenüber dem Jungen gekommen sei.

In einer dienstlichen Stellungnahme der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft vom 24. Juli 2010 ist festgehalten, dass der Vorsitzende Richter der Strafkammer des Landgerichts ... im Rahmen der Urteilsbegründung mitgeteilt habe, dass die Hauptverhandlung im Berufungsverfahren deutlich ergeben habe, dass der Beamte pädophile Neigungen zeige. Es sei zu Grenzüberschreitungen gegenüber Schülern gekommen, die einem üblichen und akzeptablen Lehrer-Schüler-Verhältnis nicht entsprächen. Die Grenzüberschreitungen hätten sich durchgängig im für pädophil veranlagte Personen tätertypischen Verhaltensmuster bewegt.

Mit Schreiben vom 30. Juli 2010 nahm das Staatsministerium das für die Dauer des Strafverfahrens ausgesetzte Entlassungsverfahren wieder auf.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 16. September 2010 verfügte das Staatsministerium mit Ablauf des 31. Dezember 2010 die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Dem Beamten fehle nach den Äußerungen des Vorsitzenden Richters der Strafkammer des Landgerichts ... die erforderliche charakterliche Eignung für eine Tätigkeit als Lehrkraft im Gymnasialschuldienst.

Am 20. Oktober 2010 erhob der Kläger hiergegen Klage.

Am 15. November 2010 beantragte er, die aufschiebende Wirkung seiner Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2010 (Az. M 5 S 10.5528) stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Staatsministeriums wieder her. Es fehle an der konkreten Ermittlung und Bewertung der Umstände, die die charakterliche Ungeeignetheit des Klägers begründen sollen, auf die die Entlassung gestützt sei. Ob beim Kläger pädophile Neigungen vorlägen und wie diese hinsichtlich der Frage einer gesundheitlichen Eignung zu bewerten seien, sei im Rahmen einer sachverständigen Begutachtung zu klären. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die hiergegen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 15. April 2011 (Az. 3 CS 11.5) zurück. Nur eine durch ein fundiertes psychiatrisches Gutachten festgestellte pädophile Veranlagung stelle eine Anknüpfungstatsache dar, aus der der Dienstherr die Wertung der fehlenden Eignung als Lehrer ableiten könne. Die bisher der Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnisse seien für einen solchen Schluss nicht ausreichend.

Das Staatsministerium beauftragte das Referat für Gesundheit und Umwelt ... (RGU) mit der Begutachtung der gesundheitlichen Eignung des Klägers.

Das Gesundheitszeugnis des RGU vom 9. August 2011 attestiert dem Kläger eine sexuelle Präferenzstörung in Form einer Pädophilie. Die gesundheitliche Eignung für die Tätigkeit als Lehrer und für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sei aus amtsärztlicher Sicht nicht gegeben. Eine Therapie in Form einer sexualmedizinischen Behandlung sei erforderlich. Würde eine solche Therapie absolviert, wäre eine Beschäftigung als Lehrer aus amtsärztlicher Sicht nur unter der Voraussetzung denkbar, dass der Kläger im Unterricht kontinuierlich von einer zweiten Person supervidiert werde und er nicht zu schulischen Klassenfahrten u. a. herangezogen werde, bei denen er ohne externe Überwachung Kontakt zu Schülern habe. Dieser Beurteilung liege ein forensisch-psychiatrisches Fachgutachten von Prof. Dr. O. (Universität R.) zugrunde, das im Auftrag des Beklagten erstellt worden sei.

Prof. Dr. O. war in seinem für das RGU erstellten forensisch-psychiatrischen Fachgutachten vom 19. Mai 2011 zusammenfassend zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger eine sexuelle Präferenzstörung in Form einer Pädophilie (vornehmlich vom nicht ausschließlich Typus) vorliege. Gutachterlicherseits sei nicht davon auszugehen, dass aktuell ein konkretes Risiko für strafrechtlich relevante Übergriffe auf Kinder und Jugendliche bestehe.

Das Staatsministerium ergänzte daraufhin mit Schreiben vom 17. August 2011 den Entlassungsbescheid vom 16. September 2010 gegenüber den Bevollmächtigten des Klägers um folgende Begründung:

„Ihr Mandant erweist sich auch in gesundheitlicher Hinsicht als nicht geeignet für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit.

Ausweislich des Gesundheitszeugnisses des Referats für Gesundheit und Umwelt ... vom 9. August 2011 liegt bei Ihrem Mandanten eine sexuelle Präferenzstörung in Form der Pädophilie vor.

Eine Eignung für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis ist aufgrund o.g. Störung aus amtsärztlicher Sicht daher nicht gegeben.

Diese Ausführungen macht sich das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus zu Eigen.

Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass eine Lehrkraft, der die Erziehung von Schülerinnen und Schülern obliegt und die die o.g. Neigung besitzt, für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet ist.“

Der Sachverständige Prof. Dr. O. erläuterte in der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2012 vor dem Verwaltungsgericht sein Gutachten und fasste seine Hypothesen als Indizien für eine pädo-hebephile Orientierung beim Kläger wie folgt zusammen:

- Angegebene Asexualität,

- Studienwechsel,

- Fortgesetzter Kontakt mit Jugendlichen auch während des Begutachtungsverfahrens,

- Außerordentliches pädagogisches Engagement im Sportbereich und Einbringung in die kindliche und jugendliche Lebenswelt,

- Ergebnis der Testung, das auf eine bisexuelle und auf erwachsene Personen wie auch Jugendliche während und nach der Pubertät orientierte Präferenz hinweist und

- gleichzeitiges Fehlen jeglicher altersadäquater Sexualkontakte.

Er ist der Ansicht, dass eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit (größer als 60%) für eine pädophile Neigung des Klägers besteht.

Die Vertreterin des Beklagten ergänzte daraufhin in der mündlichen Verhandlung den Entlassungsbescheid vom 16. September 2010 in der Fassung vom 17. August 2011 (vgl. Niederschrift vom 27. März 2012):

„Wir haben erhebliche Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Klägers. Der Gutachter Prof. Dr. O. ist davon ausgegangen, dass mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit, über 60%, eine gesundheitliche Störung im Sinne von ICD-10 F 65.4. vorliegt. Die Amtsärztin hat ausdrücklich festgehalten, dass davon auszugehen ist, dass eine solche Störung vorliegt und hat das Gutachten von Prof. Dr. O. entsprechend interpretiert. Sie hat auch ausdrücklich gesagt, dass der Kläger den gesundheitlichen Anforderungen als Lehrer nicht genügen kann. Damit sehen wir die gesundheitliche Eignung als nicht gegeben an, dies auch vor dem Hintergrund, dass es sich nach den Angaben des Gutachters um eine lebenslange, nicht heilbare Erkrankung handelt. Da nicht jedes Risiko ausgeschlossen werden kann, kann damit auch nicht davon ausgegangen werden, dass es nicht zu einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit kommt.“

Der Kläger übergab in der mündlichen Verhandlung eine Stellungnahme (methodenkritische Prüfung) von Prof. Dr. S. vom 26. März 2012. Danach sei die Diagnose einer Pädophilie bei dem Kläger nicht zu stellen. Auch hinsichtlich der „pädophilen Neigungen“ lägen nur Vermutungen, nicht aber sichere Anhaltspunkte vor.

Mit Urteil vom 27. März 2012 wies das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Bescheid vom 16. September 2010 in der Fassung der Ergänzungsbescheide vom 17. August 2011 und 27. März 2012 ab. Das Staatsministerium habe den Kläger ohne Rechtsfehler wegen fehlender gesundheitlicher Eignung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Die gesundheitliche Nichteignung des Klägers für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit folge aus dem Gesundheitszeugnis des RGU vom 9. August 2011, das auf dem forensisch-psychiatrischen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. O. beruhe. Sowohl das Gesundheitszeugnis als auch das Sachverständigengutachten seien nachvollziehbar und in sich schlüssig. Die ergänzenden Begründungen des Staatsministeriums, die die amtsärztliche Einschätzung übernähmen, hielten sich im Rahmen des dem Dienstherrn zustehenden Beurteilungsermessens. Auch wenn eine Störung der sexuellen Präferenz nach Prof. Dr. O. nicht mit Sicherheit diagnostiziert, sondern nur mit einem relativ hohen Grad an Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne, sei es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte angesichts der mit dem Amt als Lehrer verbundenen täglichen Arbeit mit Kindern in entsprechendem Alter erhebliche Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Klägers hege. Die nach der Rechtsprechung ausreichenden begründeten Zweifel an der gesundheitlichen Eignung hinsichtlich der dauerhaften Erfüllung der mit dem Amt verbundenen Anforderungen lägen durch die hohe Wahrscheinlichkeit hinsichtlich des Vorliegens der dargestellten sexuellen Präferenzstörung vor. Dabei sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte in seine Erwägung auch den Umstand einbeziehe, dass es sich bei der Pädophilie um eine Erkrankung handele, die lebenslang bestehe und nicht heilbar sei. Auch gegen die Erwägung, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass es beim Kläger nicht zu einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit komme, sei rechtlich nichts zu erinnern. Denn der Kläger müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit sein Verhalten bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen besonders kontrollieren, was einen zusätzlichen Belastungsfaktor in dem durch zahlreiche andere erhebliche gesundheitliche Belastungen gekennzeichneten Beruf des Lehrers darstelle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die durch den Senat mit Beschluss vom 2. Juli 2014 zugelassene Berufung des Klägers, mit der er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2013 abzuändern und den Bescheid es Bayerischen Staatsministeriums vom 16. September 2010 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 18. August 2011 und unter Berücksichtigung der vom Beklagten zu Protokoll gegebenen Ergänzungen in der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2012 aufzuheben.

Das Gutachten von Prof. Dr. O. sei mangelhaft. Es beruhe ausschließlich auf Verdachtsmomenten. Zu Unrecht sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass dem Dienstherrn hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung des Beamten als Akt wertender Erkenntnis ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen sei, der nur eingeschränkt gerichtlich zu überprüfen sei. Damit habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG nicht von seiner vollen Prüfkompetenz Gebrauch gemacht.

Der Beklage beantragte,

die Berufung zurückzuweisen.

Er legte eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. O. vom 7. November 2014 vor. Es werde daran festgehalten, dass im Falle des Klägers ein relevantes Risiko für Sexualstraftaten zum Nachteil von Kindern bestehe, das einen weiteren Einsatz im Schuldienst ausschließe. In seiner Stellungnahme zeigte sich der Sachverständige zusammenfassend weiterhin überzeugt, dass bei dem Kläger pädophile Neigungen mit hoher Wahrscheinlichkeit (über 60% Prozent) vorlägen.

Der Senat hat am 19. März 2015 Beweis erhoben über die Frage, ob bei dem Kläger eine sexuelle Präferenzstörung in der Form der Pädophilie vorliegt und ob er - bejahendenfalls - deshalb als Lehrer ungeeignet ist.

Unter dem 2. Dezember 2015 hat Prof. Dr. L. ein wissenschaftlich begründetes psychiatrisches Gutachten vorgelegt. Darin kommt der Sachverständige zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass sich eine sexuelle Präferenzstörung in Form einer Pädophilie beim Kläger nicht feststellen lasse. Es lasse sich ebenfalls nicht feststellen, dass die Wahrscheinlichkeit einer solchen Störung bei ihm höher läge als bei anderen Lehrern.

Der Beklagte sieht das Gutachten von Prof. Dr. O. vom 19. Mai 2011 als nicht entkräftet an. Es bestünden weiterhin begründete Zweifel, ob sich der Kläger gegenüber Kindern und Jugendlichen und damit auch den anvertrauten Schülerinnen und Schülern dauerhaft angemessen verhalten werde. Er legte eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. O. vom 19. April 2016 vor. Hinsichtlich des Inhalts der Stellungnahme wird auf den Gerichtsakt verwiesen.

Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. L. nahm hierzu unter dem 23. Mai 2016 Stellung.

In der mündlichen Verhandlung vom 27. Juli 2016 erläuterte der Sachverständige sein Gutachten.

Zur Ergänzung wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Entlassungsbescheid vom 16. September 2010 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 17. August 2011 und der weiteren Ergänzung vom 27. März 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte durfte den Kläger nicht wegen mangelnder gesundheitlicher bzw. charakterlicher Eignung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen.

1. Rechtsgrundlage für die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG. Danach kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt hat. Der Entlassungstatbestand steht im Zusammenhang mit § 10 Satz 1 BeamtStG, wonach in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur berufen werden darf, wer sich in der Probezeit hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat (BayVGH, B. v. 15.4.2011 - 3 CS 11.5 - juris). Steht die fehlende Bewährung fest, ist der Beamte zu entlassen (Art. 12 Abs. 5 LlbG, vgl. BVerwG, U. v. 31.5.1990 - 2 C 35/88 - BVerwGE 85, 177; BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 3 CS 14.917; BayVGH, B. v.16.3.2011 - 3 CS 11.13; BayVGH, B. v. 16.12.2015 - 3 CS 15.2220 - jeweils in juris).

2. Im Falle des Klägers bestehen weder gesundheitliche noch charakterliche Eignungsmängel, die eine Entlassung rechtfertigen würden.

2.1. Der Kläger leidet nicht an einer sexuellen Präferenzstörung im Form der Pädophilie (F 65.4 ICD-10).

2.1.1 Die Entscheidung über die gesundheitliche Eignung für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ist ohne Beurteilungsspielraum gerichtlich voll überprüfbar (vgl. BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - juris Rn. 11/17 ff. zu § 31 BBG a. F.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der gesundheitlichen Eignung ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. In die Entscheidung dürfen nur solche Umstände Eingang finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (vgl. erneut BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - juris Rn. 12 und 14 m. w. N.). Die Prognose, ob der Probebeamte dem angestrebten Amt in körperlicher und psychischer Hinsicht gewachsen sein wird und damit für die Übernahme ins Lebenszeitbeamtenverhältnis geeignet ist, muss aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage getroffen werden, die im Regelfall die besondere medizinische Sachkunde eines Arztes bzw. Amtsarztes voraussetzt (vgl. BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - juris Rn. 30). Lassen sich solchermaßen gesicherte Feststellungen zur gesundheitlichen Verfassung des Probebeamten nicht treffen, geht das zulasten des Dienstherrn (vgl. BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - juris Rn. 10, 20, 29 unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung z. B. im U. v. 18.7.2001 - 2 A 5/00 - ZBR 2002, 184 - juris). Gelangt der Dienstherr dagegen aufgrund objektiver und belastbar festgestellter Umstände zur Überzeugung, dass der Beamte nicht behebbare Eignungsmängel aufweist, so muss er ihn, ohne dass hierfür ein Ermessensspielraum verbleibt, aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen (vgl. BVerwG, U. v. 19.3.1998 - 2 C 5.97 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen kommt der Senat aufgrund der ihm obliegenden Bewertung und unter Berücksichtigung der nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen im vorliegenden Fall zur Überzeugung, dass im Falle des Klägers keine gesundheitlichen Eignungsmängel bestehen.

Der gerichtliche Sachverständige hat ausgehend von den Diagnoseschlüsseln der ICD-10 und der DMS-5 eine sexuelle Präferenzstörung in Form der Pädophilie verneint, die der Beklagte ausweislich seines Ergänzungsbescheids vom 17. August 2011 zur Begründung der aus seiner Sicht nicht gegebenen gesundheitlichen Eignung als ausschließlich tragende Erwägung angegeben hat. Auch die weitere Ergänzung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung am 27. März 2012 begründet die Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Klägers mit der behaupteten Pädophilie.

Laut ICD-10 bedarf es für die Diagnose einer Pädophilie zunächst des Vorliegens der allgemeinen Kriterien für die Störung der Sexualpräferenz (F 65). Diese Kriterien lauten wie folgt:

G 1. Wiederholt auftretende intensive sexuelle Impulse (dranghaftes Verlangen) und Fantasien, die sich auf ungewöhnliche Gegenstände oder Aktivitäten beziehen.

G 2. Handelt entsprechend den Impulsen oder fühlt sich durch die deutlich beeinträchtigt.

G 3. Diese Präferenz besteht seit mindestens sechs Monaten.

Für die Pädophilie (F 65.4 ICD-10) gelten folgende Kriterien:

A. Die allgemeinen Kriterien für eine Störung der Sexualpräferenz (F 65) müssen erfüllt sein.

B. Anhaltende und dominierende Präferenz für sexuelle Handlungen mit einem oder mehreren Kindern vor deren Pubertät.

C. Die Betroffenen müssen mindestens 16 Jahre und mindestens 5 Jahre älter sein als das Kind oder die Kinder.

Der Sachverständige konnte anhand dieser Kriterien das Vorliegen einer Pädophilie beim Kläger nicht feststellen. Es lägen, so der Sachverständige Prof. Dr. L., bereits die allgemeinen Kriterien für eine Störung der Sexualpräferenz bei dem Kläger nicht vor. Der Kläger verspüre gerade keine intensiven sexuellen Impulse und berichte nicht von wiederholt auftretenden sexuellen Fantasien, die sich auf ungewöhnliche Gegenstände oder Aktivitäten bezögen.

Im DSM-5 werden für die Diagnose der Pädophilie folgende diagnostische Kriterien angegeben:

A. Über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten wiederkehrende intensive sexuell erregende Fantasien, sexuelle Bedürfnisse oder Verhaltensweisen, die sexuelle Handlungen mit einem präpubertären Kind oder Kindern (in der Regel 13 Jahre oder jünger) beinhalten.

B. Die Person hat die sexuell dranghaften Bedürfnisse ausgelebt oder die sexuell dranghaften Bedürfnisse oder Fantasien verursachen deutliches Leiden oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten.

C. Die Person ist mindestens 16 Jahre und mindestens 5 Jahre älter als das Kind oder die Kinder nach Kriterium A.

Auch hier lasse sich, so Prof. Dr. L., anhand der vorliegenden Informationen weder das Kriterium A noch das Kriterium B feststellen. Der Kläger habe seinen Angaben nach nie entsprechende sexuelle Fantasien gehabt und nie dranghafte Bedürfnisse nach sexuellen Handlungen mit Kindern verspürt. Dabei könne zwar laut Erläuterungen im DSM-5 die Diagnose der Pädophilie auch dann gestellt werden, wenn die Personen ihr Interesse an Kindern leugneten, sofern sie sich „mehreren Kindern bei verschiedenen Gelegenheiten sexuell genähert haben“. Dies treffe aber auf den Kläger nicht zu. Die inkriminierten Sachverhalte müssten außer Betracht bleiben.

Prof. Dr. L. kommt daher zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass sich anhand beider Klassifikationssysteme die Diagnose der Pädophilie beim Kläger nicht stellen lasse. Es gebe auch anhand der vorliegenden Informationen keinen konkreten Hinweis darauf, dass bei dem Kläger eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer solchen Störung bestünde.

2.1.2 Die Besonderheit im vorliegenden Fall besteht darin, dass sich gerade im Bereich sexueller Präferenzstörungen insbesondere dann diagnostische Probleme ergeben, wenn sich die fragliche Präferenz nicht bereits in entsprechenden Handlungen geäußert hat. Insoweit hat auch der gerichtliche Sachverständige darauf hingewiesen, dass der hier entscheidende Bereich der sexuellen Wünsche und Fantasien keiner direkten Beobachtung zugänglich sei.

Gleichwohl folgt der Senat den gutachterlichen Ausführungen, zumal auch der Beklagte mit seinen Parteigutachten keine gesicherten Feststellungen im Sinne der eingangs zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung hinsichtlich einer sexuellen Präferenzstörung in Form der Pädophilie treffen konnte. Lassen sich aber gesicherte Feststellungen zur gesundheitlichen Verfassung des Probebeamten nicht treffen, geht dies zulasten des Dienstherrn (vgl. BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - juris Rn. 29).

Der Sachverständige des Freistaats Bayern, Prof. Dr. O., hat zwar zur Kenntnis genommen, dass der Kläger in den Anamnesegesprächen angegeben hat, bisher „keine sexuell orientierte Partnerschaft“ gehabt zu haben und sich in seiner Fantasie nicht mit Sexualität beschäftige („Nein, da bin ich eher uninteressiert. Das ist für mich absolut nebensächlich, mir fehlt auch gar nichts“.). Letztlich wenig überzeugend formuliert Prof. Dr. O. in seinem forensisch-psychiatrischen Sachverständigengutachten vom 19. Mai 2011 die These, dass hinter der vorgegebenen Asexualität des Klägers das subjektive Erleben einer pädophilen Neigung seit der Pubertät eine Rolle spiele und sich der Kläger diese Neigung nicht eingestehen wolle. Einen Nachweis für seine Hypothese lässt der Sachverständige freilich missen. Überhaupt fällt bei seinen gutachterlichen Stellungnahmen auf, dass er ausgehend von den inkriminierten Sachverhalten ein Hypothesengebäude aufzubauen versucht, das nicht überzeugt.

Auch Prof. Dr. L. erscheinen die von Prof. Dr. O. angeführten Argumente für das Vorliegen einer Pädophilie beim Kläger „sämtlich recht konstruiert“. Er führt zur Hypothese des Studienfachwechsels aus:

„Der durch Herrn ... erfolgte Wechsel seines Studienfachs hatte einen sachlichen Hintergrund (endgültiges Nichtbestehen des Vordiploms). Den anschließenden Wechsel auf ein Lehramtsstudium als solchen bereits als Hinweis auf eine pädophile Orientierung zu werten, erscheint ausgesprochen spekulativ. Auch wenn sich unter Lehrern tatsächlich statistisch gehäuft Menschen mit einer pädophilen Neigung befinden sollten, wofür es bislang nach Kenntnis des Unterzeichners nur wenig empirisch ermittelte Hinweise gibt, ist es angesichts der Vielzahl nicht-pädophiler Lehrer wohl kaum als Indiz für eine pädophile Orientierung zu werten, dass sich jemand für den Lehrerberuf entschieden hat.“

Dem tritt der Senat bei. Insbesondere auch deshalb, weil der Sachverständige Prof. Dr. O. die Hypothese des Studienwechsels „zumindest … im Kontext der damals inkriminierten Sachverhalte“ für diskussionswürdig gehalten hat. Mit der Einschränkung „zumindest“ gibt er deutlich zu verstehen, dass der Wechsel des Studienfachs für sich genommen keinerlei Bedeutung hat. Der Parteisachverständige verkennt mit dem Beklagten, dass die inkriminierten Sachverhalte gutachterlich keine Berücksichtigung mehr finden dürfen. Eine entsprechende Berücksichtigung verstößt gegen das Gebot der Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK).

Der Kläger wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts ... vom 1. März 2010 aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die Strafkammer konnte nicht mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellen, dass es bei den jeweiligen Handballturnieren zu sexuellen Übergriffen des Klägers auf den jugendlichen Zeugen gekommen war. Der Tatvorwurf konnte mithin nicht bewiesen werden.

Die Unschuldsvermutung ist eine besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und hat damit Verfassungsrang. Sie ist kraft Art. 6 Abs. 2 EMRK zugleich Bestandteil des positiven Rechts der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BVerfG, B. v. 16.5.2002 - 1 BvR 2257/01 - NJW 2002, 3231 - juris Rn. 9). Der Schutzbereich der Unschuldsvermutung endet erst dann, wenn ein Beschuldigter der ihm zur Last gelegten Straftaten für schuldig befunden wurde, was bei einem Freispruch niemals der Fall sein kann (vgl. EGMR, U. v. 15.1.2015 - 48144/09 - juris Rn. 64; BVerfG, B. v. 16.5.2002 - 1 BvR 2257/01 - NJW 2002, 3231 - juris Rn. 11).

Nach einem rechtskräftigen Freispruch (und sei es ein Freispruch, bei dem die Zweifel nach Art. 6 Abs. 2 EMRK zugunsten des Angeklagten gewertet wurden) ist das Äußern eines Schuldverdachts gegen den Betroffenen - einschließlich der in den Gründen für den Freispruch geäußerten Verdächtigungen - mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung unvereinbar. Der Tenor eines freisprechenden Urteils ist von allen staatlichen Stellen, die direkt oder indirekt auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit der betroffenen Person Bezug nehmen, zu achten (vgl. EGMR, U. v. 15.1.2015 - 48144/09 - juris Rn. 58 m. w. N.; einschränkend BVerfG: B. v. 16.5.2002 - 1 BvR 2257/01 - NJW 2002, 3231 - juris Rn. 11: Freispruch, der ausweislich der Gründe aus Mangel an Beweisen erfolgte).

Hinsichtlich der weiteren Indizien als Hypothesen, die der Sachverständige des Beklagten zur Begründung der von ihm angenommenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit für eine Pädophilie aufgezählt hat, macht sich der Senat die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zu eigen, die auch aus der Laiensphäre ohne weiteres nachvollziehbar sind. Weder der Umstand, dass der Kläger Nachhilfeunterricht erteilt, noch dass er ein „außerordentliches pädagogisches Engagement im Sportbereich“ gezeigt hat, vermag bei verständiger Würdigung den Rückschluss auf eine pädophile Neigung des Klägers zu rechtfertigen. Angesichts der Vielzahl nicht-pädophiler Jugendtrainer ist es wohl kaum als Indiz für eine pädophile Orientierung zu werten, dass jemand auch Jugendmannschaften trainiert hat. Wieso ein Gespräch mit Eltern, um einem Schüler eine Teilnahme an einem Handballturnier zu ermöglichen, als ein für einen Lehrer „außergewöhnliches Engagement“ anzusehen ist, mit dem sich „Herr ... in unnatürlicher Weise mit dem betroffenen Kind ... auseinandergesetzt hat und sich weit über seine Verantwortung als Trainer bzw. Lehrer in die Erlebniswelt des betroffenen Kindes hineinversetzte“, erschließt sich dem Senat nicht. Der Kläger war selbst seit seiner Jugend dem Handball sehr zugetan, er hat aktiv gespielt, hat Mannschaften trainiert, u. a. auch die Schulmannschaft. Von daher mag er durchaus auch ein eigenes Interesse daran gehabt haben, Schüler für diesen Sport zu gewinnen, was aber für sein Interesse an diesem Sport und nicht für eine Pädophilie sprechen würde. Eine „unnatürliche“ Verhaltensweise vermag der Senat insoweit nicht ansatzweise zu erkennen.

Auch das Ergebnis des Affinity-Testverfahrens spricht nicht für eine Pädophilie des Klägers.

Zwischen den Sachverständigen ist streitig, ob das sogenannte Affinity-Verfahren für die gutachterliche Beurteilung im Einzelfall in Betracht kommen kann. Der Senat schließt sich insoweit dem gerichtlichen Sachverständigen an, der unter Hinweis auf die Beitrag von Müller/Fromberger/Jordan, Wie können psychophysiologische Techniken zu Diagnose und Prognose beitragen am Beispiel der Pädophilie?, dargelegt hat, dass gegen die forensisch psychiatrische Nutzung des Affinity-Verfahrens starke methodische Bedenken bestehen. Das Verfahren sei bislang nie für eine Einzeldiagnose verwendet worden, es gebe keine Normwerte. Dem ist der Parteisachverständige Prof. Dr. O. nicht substantiiert entgegen getreten. Dass im Rahmen des Projekts „Kein Täter werden“ bundesweit elf Klinken beteiligt sind und dort das Affinity-Verfahren im Rahmen der Diagnose mit berücksichtigt wird, vermag angesichts der dortigen Probanden keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Das Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ bietet ein kostenloses und durch die Schweigepflicht geschütztes Behandlungsangebot für Menschen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen und deshalb therapeutische Hilfe suchen (vgl. https://www.kein-taeter-werden.de/, zuletzt besucht am 9.8.2016). Insoweit werden dort Probanden untersucht, die sich zumindest in der eigenen Wahrnehmung zu Kindern hingezogen fühlen. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, das Verfahren sei bei Probanden mit einer verminderten sexuellen Appetenz für eine Einzelfalldiagnose geeignet.

Aber selbst wenn man vorliegend die im Affinity-Verfahren gewonnenen Ergebnisse im Falle des Klägers verwerten wollte, ergeben sich daraus keinerlei Anhaltspunkte für eine sexuelle Präferenzstörung. Im Gegenteil: Ausweislich des testpsychologischen Zusatzgutachtens der Diplompsychologin D. vom 27. Mai 2011, das erst im Berufungsverfahren vorgelegt worden ist, zeigte der Kläger bei dem indirekten Verfahren die längsten Betrachtungszeiten für Bilder von erwachsenen Frauen und Männern, worauf lediglich in sehr kurzem Abstand Jugendliche beiderlei Geschlechts folgten. Zusammenfassend wird in dem testpsychologischen Zusatzgutachten festgestellt, dass die Ergebnisse für eine bisexuelle Orientierung mit einer Präferenz für Erwachsene und Jugendliche sprechen. Dies könne zwar ein Hinweis darauf sein, dass beim Kläger zumindest eine hebephile (sexuelle Präferenz für pubertierende Jungen und Mädchen) Nebenströmung vorliege. Es sei aber auch nicht ungewöhnlich, dass hetero- und homosexuelle Männer auch sexuelles Interesse für ältere Jugendliche zeigten. Da der Kläger selbst hierzu jedoch nur verneinende Angaben gemacht habe, könne dies nicht abschließend beurteilt werden. Eine pädophile Neigung habe aber aus testpsychologischer Sicht nicht bestätigt werden können.

Herr Prof. Dr. O. hat die o.g. Feststellungen in seinem forensisch-psychiatrischen Sachverständigengutachten vom 19. Mai 2011 nur unvollständig übernommen. Insbesondere hat er die entscheidende Feststellung, dass bei dem Kläger keine pädophile Neigung festgestellt werden konnte, unterschlagen. Aufgrund der unvollständigen Übernahme und des Verschweigens einer für den Kläger günstigen Feststellung, vermag der Senat eine unabhängige bzw. unparteiische und vorurteilsfreie Begutachtung nicht mehr zu erkennen. Das Sachverständigengutachten trägt den Makel eines Parteigutachtens, das ersichtlich von einem gewünschten Ergebnis getragen ist, und zudem mit dem Manko behaftet ist, dass es in unzulässiger Weise maßgeblich an die inkriminierten Sachverhalte anknüpft.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass valide Anhaltspunkte für eine sexuelle Präferenzstörung in Form der Pädophilie im Falle des Klägers nicht gegeben sind, so dass die gesundheitliche Eignung des Klägers zu bejahen ist. Gleiches gilt für eine etwaige pädo-hebephile Orientierung. Auch insoweit liegen keine objektiven und belastbaren Umstände vor.

2.2 Der Beklagte hat die Entlassung des Beamten neben der fehlenden gesundheitlichen Eignung selbstständig tragend auch auf die fehlende charakterliche Eignung gestützt. In Bezug auf die Feststellung der fehlenden charakterlichen Eignung erweist sich die Entlassungsverfügung ebenfalls als rechtsfehlerhaft, weil sich die Zweifel an der charakterlichen Eignung ausschließlich im Bereich bloßer Mutmaßungen bewegen.

Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob der Beamte sich in der Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis seines für diese Beurteilung zuständigen Organs. Dabei genügen bereits begründete ernsthafte Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die Eignung und Befähigung besitzt und die fachlichen Leistungen erbringt, die für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit notwendig sind, um eine Bewährung zu verneinen. Diese Entscheidung ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeingültige Wertmaßstäbe beachtet oder sachfremde Erwägungen vermieden worden sind (BVerwG, Urteil vom 18.7.2001 - BVerwG 2 A 5.00 - juris Rn. 15). Die Zweifel müssen jedoch auf tatsächlichen Feststellungen und Erkenntnissen basieren und dürfen sich nicht im Bereich bloßer Mutmaßungen bewegen. Zweifel an der charakterlichen Eignung können sich grundsätzlich auch aus einem einzigen gravierenden Vorfall ergeben (vgl. BayVGH, U. v. 13.1.2016 - 3 B 14.1487 - juris Rn. 34).

Gemessen ab diesen Grundsätzen erweist sich die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen Zweifeln an der charakterlichen Eignung als rechtswidrig.

2.2.1 Die Prognoseentscheidung fehlender charakterlicher Eignung wurde in der Entlassungsverfügung vom 16. September 2010 mit pädophiler Veranlagung und darauf beruhender Neigung des Antragstellers zu „Grenzverletzungen des Lehrer-Schüler-Verhältnisses“ begründet. Eine pädophile Neigung konnte beim Kläger nicht festgestellt werden (vgl. 2.1). Im Übrigen fehlte es dieser Begründung an tatsächlichen Feststellungen und Erkenntnissen für die behaupteten Zweifel an der charakterlichen Eignung. Der Begriff „Grenzverletzungen“ bleibt blass und eröffnet eine große Spanne möglicher Szenarien, ohne auf tatsächliche Vorkommnisse abzustellen. Letztlich wurden unreflektiert Einschätzungen dritter Personen übernommen. Auf welche tatsächlichen Erkenntnisse und Feststellungen sich die im Entlassungsbescheid genannten „Grenzverletzungen“ bezogen, hat der Beklagte erst im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach erfolgter Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft mit Schriftsatz vom 29. November 2010 dargelegt. Er hat ausgeführt, dass im Rahmen der Urteilsbegründung als „grenzüberschreitend“ bzw. tätertypisch für pädophile Täter gewertet worden sei, dass

- der Kläger seine Freizeit in großen Teilen mit dem Umgang mit Jugendlichen und Kindern verbracht habe, wohingegen ein erwachsenes Umfeld kaum zu erkennen gewesen sei,

- es dem Kläger im Rahmen der durchgeführten Handballlager darauf angekommen sei, mit einem oder mehreren der Jungen in einem Zelt zu übernachten,

- er eigenes kinder- bzw. jugendtypisches Verhalten gezeigt habe, sich also mehr mit den Schülern denn mit seiner Altersklasse solidarisiert habe, was z. B. darin zum Ausdruck gekommen sei, dass er jugendtypische Kartenspiele selbst gekauft und mitgebracht habe, sich nachts über lange Zeit mit den Jungen unterhalten habe, statt sie zum Schlafen anzuhalten und

- die Kinder und Jugendlichen regelmäßig zu seinen Geburtstagsfeiern eingeladen habe, bei denen dann auch Übernachtungen in seinem Haus erwünscht gewesen wären.

Soweit aus diesen Verhaltensweisen auf eine pädophile Neigung geschlossen wird, ist dies angesichts der gutachterlichen Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen widerlegt. Dass in den genannten Verhaltensweisen des Klägers vom Beklagten „Grenzverletzungen“ im Lehrer-Schüler-Verhältnis (also unterhalb etwaiger pädophiler Neigungen) erkannt werden, vermag eine Entlassung wegen mangelnder charakterlicher Eignung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Zwar ist es dem Dienstherrn grundsätzlich überlassen, zu beurteilen, welches Näheverhältnis im Lehrer-Schüler-Verhältnis für ihn (noch) tolerabel ist. Hierfür müssen aber eindeutige Vorgaben mittels entsprechender Weisungen (für den Einzelfall oder Allgemein) geschaffen werden. Für sich genommen rechtfertigt das Verhalten ohne vorherige „Abmahnung“ keine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Eine Abmahnung ist erforderlich, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich einerseits die Entlassung für den Beamten überraschend käme und andererseits die Mängel grundsätzlich behebbar erscheinen (vgl. BayVGH, B. v. 10.9.2009 - 3 ZB 07.2118 - juris Rn. 16). Die dem Kläger nunmehr vorgeworfene Distanzlosigkeit im Rahmen des Lehrer-Schüler-Verhältnisses war zuvor nicht thematisiert worden, so dass dem Kläger nicht deutlich war, dass entsprechende Verhaltensweisen nicht erwünscht sind. Insoweit ist der Überraschungsmoment zu bejahen. Hinsichtlich der vorgeworfenen Verhaltensweisen geht der Senat davon aus, dass diese grundsätzlich aufgegeben bzw. geändert werden können und somit ein behebbarer Mangel vorliegt.

2.2.2 Die Vertreterin der Landesanwaltschaft Bayern ließ in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anklingen, die inkriminierten Vorwürfe reichten für die Annahme der mangelnden charakterlichen Eignung des Klägers aus. Diese Annahme trägt der Unschuldsvermutung (s.o.) nicht Rechnung und ist daher mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar.

2.2.3 Soweit die Landesanwaltschaft Bayern in der mündlichen Verhandlung den Artikel „Täter sind nicht zwingend pädophil“ vorlegte und nunmehr die mangelnde charakterliche Eignung an einer Gefahrenprognose festzumachen versuchte, fehlt ein belastbarer Hinweis auf ein etwaiges Gefährdungspotential des Klägers. Selbst der Sachverständige des Beklagten ist in seinen Stellungnahmen nicht davon ausgegangen, dass von dem Kläger eine konkrete Gefahr für die Schülerinnen und Schüler ausgeht. Auch hier bewegt sich die Landesanwaltschaft in einem ausgesprochen spekulativen Bereich, der wiederum den strafrechtlichen Freispruch negiert und an Umstände anzuknüpfen versucht, für die die Unschuldsvermutung gilt. Die Überlegung „Irgendetwas wird schon dran sei an den Vorwürfen“ reicht für die Bewertung der charakterlichen Eignung des Klägers bei weitem nicht aus.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG nicht erfüllt sind.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des anderen Oberverwaltungsgerichts (Verwaltungsgerichtshofs), des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die angefochtene Entscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 27.631,24 € festgesetzt (§ 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 27.631,24 € festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) und des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen die Entlassung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zu Recht stattgegeben, da die Entlassungsverfügung vom 15. Februar 2012 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die darin im Einzelnen angeführten Umstände, auf die der Beklagte die Entlassung der Klägerin stützt, rechtfertigen nicht die Einschätzung, dass sich die Klägerin in der verlängerten Probezeit endgültig nicht bewährt hat und deshalb für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet ist, sondern lediglich die Beurteilung, dass die Klägerin für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit noch nicht geeignet ist. In dieser Situation hätte es einer Ermessensentscheidung des Beklagten bedurft, ob die Probezeit der Klägerin nochmals zu verlängern ist.

1.1 Soweit der Beklagte diesbezüglich rügt, das Verwaltungsgericht habe seinem Urteil zu Unrecht einen „verkürzten“ Sachverhalt zugrunde gelegt, indem es darauf abgestellt habe, dass der Beklagte hinsichtlich der endgültigen Nichteignung der Klägerin nur deren in der um ein Jahr bis 30. November 2011 verlängerten Probezeit erbrachten Leistungen in den Blick genommen und als ausschlaggebend für die Einschätzung der Nichteignung angesehen habe, obwohl die Entlassungsverfügung sich auf das Verhalten der Klägerin in der gesamten Probezeit stütze, steht das Urteil des Erstgerichts im Einklang mit der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung.

Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG können Beamte auf Probe entlassen werden, wenn sie sich in der - ggf. verlängerten - Probezeit nicht bewährt haben. Der Entlassungstatbestand steht im Zusammenhang mit § 10 Satz 1 BeamtStG, wonach in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur berufen werden darf, wer sich in einer Probezeit hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung bewährt hat (BayVGH B. v. 15.4.2011 - 3 CS 11.5 - juris Rn. 30). Dem Dienstherrn steht dabei kein Ermessen zu, den Beamten auf Probe weiter im Dienst zu belassen, wenn die Nichtbewährung bereits endgültig feststeht (BVerwG U. v. 31.5.1990 - 2 C 35/88 - BVerwGE 85, 177 juris Rn. 23; U. v. 19.3.1998 - 2 C 5/97 - BVerwGE 106, 263 juris Rn. 35; BayVGH B. v. 16.3.2011 - 3 CS 11.13 - juris Rn. 51). Demgemäß bestimmen die Laufbahnvorschriften, dass ein Beamter, der sich nicht bewährt hat oder nicht geeignet ist, entlassen wird (vgl. § 8 Abs. 6 LbV a. F., § 6 Abs. 4 LbV n. F. bzw. Art. 12 Abs. 5 LlbG). Mit dem Wort „können“ trägt § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG nur dem Gesichtspunkt Rechnung, dass der Dienstherr die Probezeit des Beamten auch bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren verlängern kann (vgl. § 8 Abs. 5 LbV a. F., § 6 Abs. 5 LbV n. F. bzw. Art. 12 Abs. 4 LlbG), wenn seine Nichtbewährung noch nicht endgültig feststeht (BVerwG U. v. 31.5.1990 a. a. O. Rn. 23).

Die Beurteilung, ob sich der Beamte auf Probe bewährt hat und für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit geeignet ist, besteht in der prognostischen Einschätzung, ob er den Anforderungen, die mit der Wahrnehmung der Ämter seiner Laufbahn verbunden sind, voraussichtlich gerecht wird (BVerwG U. v. 18.7.2001 - 2 A 5/00 - NVwZ-RR 2002, 49 juris Rn. 16). Ausgangspunkt für die prognostische Entscheidung ist das Verhalten des Beamten in der Probezeit. Formale Grundlage für die Feststellung der fachlichen Bewährung ist in erster Linie die Probezeitbeurteilung (BayVGH B. v. 16.12.2010 - 3 CS 10.1598 - juris Rn. 40).

Hierbei ist auch bei einer Verlängerung der Probezeit grundsätzlich auf die gesamte Probezeit abzustellen; den in der verlängerten Probezeit erbrachten Leistungen kommt aber insoweit besonderes Gewicht zu. Nur wenn der Dienstherr nach der gebotenen sorgfältigen Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass sich der Beamte hinsichtlich seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung nicht bewährt hat, ist dieser zu entlassen (BVerwG U. v. 31.5.1990 a. a. O. Rn. 20).

Nach dem Sinn und Zweck der laufbahnrechtlichen Probezeit ist dem Beamten auf Probe grundsätzlich während der vollen (regulären oder verlängerten) Probezeit die Möglichkeit zu geben, seine Eignung und Befähigung nachzuweisen. Nur wenn die mangelnde Bewährung auch während der restlichen Probezeit nicht mehr behoben werden kann und unumstößlich bereits vor Ablauf der (regulären oder verlängerten) Probezeit feststeht, ist die Entlassung schon zu diesem Zeitpunkt auszusprechen (BVerwG U. v. 31.5.1990 a. a. O. Rn. 20; BayVGH B. v. 6.11.2002 - 3 CS 02.2001 - juris Rn. 26). Steht die Bewährung eines Beamten nach Ablauf der (regulären oder verlängerten) Probezeit hingegen noch nicht endgültig fest, ist dem Dienstherrn in Übereinstimmung mit § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG ein Ermessen eingeräumt, die Probezeit auch zu verlängern (BVerwG U. v. 31.5.1990 a. a. O. Rn. 23).

Vorliegend ist der Beklagte aufgrund bestimmter Vorfälle (Besuch einer Gruppe von Amazonasindianern, Präsentation der Sammlung A., Ankauf der Sammlung F., Verhältnis zu anderen Mitarbeitern) in der ersten Probezeitbeurteilung vom 13. Oktober 2010 zu der Einschätzung gekommen, die Erfüllung der Dienstaufgaben durch die Klägerin lasse - trotz der durchaus vorhandenen fachlichen, v.a. wissenschaftlichen Voraussetzungen - in wesentlichen Bereichen zu wünschen übrig und bedürfe der deutlichen Verbesserung. Er hat die Klägerin deshalb als „noch nicht geeignet“ für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit angesehen und zugleich die (damalige) reguläre Probezeit von drei Jahren für Beamte im (früheren) höheren Dienst (vgl. § 40 Abs. 1 LbV a. F./§ 49 Abs. 1 LbV n. F.) um ein Jahr bis 30. November 2011 verlängert. Dadurch hat er aber zum Ausdruck gebracht, dass die mangelnde Bewährung der Klägerin im damaligen Zeitpunkt noch nicht unumstößlich feststand, sondern ihr durch Verlängerung der Probezeit um ein Jahr nochmals die Möglichkeit eingeräumt, sich zu bewähren. Wäre die Nichteignung der Klägerin bereits damals uneingeschränkt festgestellt worden, hätte das Gesamturteil nämlich auf (endgültig) „nicht geeignet“ lauten müssen und die Probezeit nicht verlängert werden dürfen.

Nach Ablauf der verlängerten Probezeit ist der Beklagte in der zweiten Probezeitbeurteilung vom 30. November 2011 zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin sich endgültig nicht bewährt habe und für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit „nicht geeignet“ sei, weil eine deutliche Verbesserung der Aufgabenerfüllung auch während der verlängerten Probezeit nicht festgestellt habe werden können. Hiernach hat der Beklagte seine Beurteilung, dass die Klägerin (endgültig) „nicht geeignet“ sei, entscheidend auf deren Verhalten in der verlängerten Probezeit gestützt. Auch in der Entlassungsverfügung vom 15. Februar 2012 hat der Beklagte maßgeblich auf die dort im Einzelnen unter I.4 angeführten Vorfälle seit 1. Dezember 2010 abgestellt, um seine Einschätzung zu begründen, dass sich die Klägerin in der verlängerten Probezeit (endgültig) nicht bewährt habe, auch wenn er die Vorfälle unter II.1 in Relation zu den bereits vor Ablauf der regulären dreijährigen Probezeit festgestellten Defiziten setzt, um die fehlende Verbesserung zu verdeutlichen.

Daher ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Frage, ob die Beurteilung (endgültig) „nicht geeignet“ rechtmäßig ist, maßgeblich auf das Verhalten der Klägerin in der verlängerten Probezeit abgestellt hat, da die bereits nach Ablauf der regulären Probezeit festgestellten Defizite auch nach Ansicht des Beklagten nur die Beurteilung „noch nicht geeignet“ tragen. Es ist deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass das in der Probezeitbeurteilung vom 13. Oktober 2010 bewertete Verhalten der Klägerin für sich genommen nicht für die Feststellung der mangelnden Bewährung ausschlaggebend ist, sondern dass es für das Urteil in der Probezeitbeurteilung vom 30. November 2011, die Klägerin sei (endgültig) „nicht geeignet“, entscheidend auf das ab 1. Dezember 2010 gezeigte Verhalten ankommt. Insoweit vermag der Senat auch keinen Widerspruch darin zu erblicken, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren M 5 K 11.626 mit Urteil vom 14. September 2011 die gegen die erste Probezeitbeurteilung vom 13. Oktober 2010 gerichtete Klage abgewiesen hat, weil es zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die der Klägerin darin vorgehaltenen Ereignisse hinreichend belegt sind, um die Beurteilung „noch nicht geeignet“ zu rechtfertigen, wohingegen es vorliegend das der Klägerin vorgeworfene Fehlverhalten in der verlängerten Probezeit nicht für ausreichend (belegt) hält, um die Beurteilung (endgültig) „nicht geeignet“ und die Entlassung der Klägerin aufgrund unumstößlich feststehender fehlender Bewährung zu rechtfertigen. Daher kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, dass nach dem klageabweisenden Urteil im Verfahren M 5 K 11.626 die jetzige Entscheidung nicht zu erwarten gewesen sei.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass sich die der Klägerin, die im Verlauf ihrer Probezeit von drei verschiedenen Vorgesetzten beurteilt wurde, vorgeworfenen Defizite nach Ansicht des Beklagten „wie ein roter Faden“ durch die Beurteilungen ziehen. Dies ändert nämlich nichts daran, dass der frühere Direktor Dr. M. angesichts der Beurteilung mit „noch nicht geeignet“ und der Verlängerung der Probezeit um ein Jahr, damit sich die Klägerin bewähren kann, ersichtlich davon ausgegangen ist, dass die Nichteignung der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt noch nicht feststand.

1.2 Soweit der Beklagte darüber hinaus rügt, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die getroffene Einschätzung, die Klägerin sei (endgültig) „nicht geeignet“, sich nicht auf die im Entlassungsbescheid konkret geschilderten Vorfälle, die lediglich der Illustration der in der Beurteilung vorgenommenen Gesamtwürdigung gedient hätten, sondern auf eine Vielzahl von im Einzelnen nicht eigens benannter Eindrücke und Bewertungen gestützt habe, legt er schon nicht substantiiert dar, inwiefern sich dies auf die Richtigkeit des Ersturteils ausgewirkt haben sollte.

Die Prüfung der einzelnen angeführten Vorfälle durch das Verwaltungsgericht ist nicht zu beanstanden. Da sich der Beklagte im angefochtenen Entlassungsbescheid nicht auf einen Verweis auf die Probezeitbeurteilung vom 30. November 2011 beschränkt hat, sondern die zur Begründung der fehlenden Eignung der Klägerin konstatierten fachlichen und charakterlichen Defizite anhand von bestimmten Vorfällen ausführlich erläutert hat, hat das Verwaltungsgericht zu Recht die Rechtmäßigkeit der Entlassung der Klägerin anhand dieser konkret benannten Vorfälle geprüft.

Eine mangelnde Bewährung i. S. d. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG ist zu bejahen, wenn begründete Zweifel bestehen, ob der Beamte den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich und fachlich gewachsen sein wird. Die Zweifel müssen auf einer hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage beruhen (BayVGH B. v. 16.12.2010 - 3 CS 10.1598 - juris Rn. 42; B. v. 6.11.2002 - 3 CS 02.2001 - juris Rn. 28). Die zur Begründung der Entlassung herangezogenen Zweifel an der fachlichen und charakterlichen Eignung der Klägerin erläutert der streitgegenständliche Entlassungsbescheid anhand der dort im einzelnen angeführten Vorwürfe. Mit der ausführlichen Erläuterung bestimmter Vorfälle, aus denen sich nach Ansicht des Beklagten die fehlende Eignung der Klägerin ergibt, hat der Beklagte die Grundlage seiner Entscheidung transparent gemacht (BayVGH B. v. 30.11.2009 - 3 CS 09.1773 - juris Rn. 40).

Tatsächliche Grundlagen, auf denen Werturteile beruhen, brauchen nicht notwendig in die Beurteilung aufgenommen werden. Der Dienstherr kann sich auch auf die Wiedergabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke und Einzelbeobachtungen beschränken (BVerwG U. v. 26.6.1980 - 2 C 8.78 - BVerwGE 60, 245 juris Rn. 20). Soweit der Dienstherr die Beurteilung allerdings auf bestimmte Tatsachen, insbesondere auf konkrete Einzelvorkommnisse gründet, muss er im Bestreitensfall diese Tatsachen darlegen und trägt das Risiko ihres Nachweises. Der Grad der gerichtlichen Nachprüfung der einer Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachen hängt deshalb davon ab, in welchem Umfang die Beurteilung sich erkennbar auf Tatsachen beziehen will. Wenn - wie hier - die Beurteilung auf der Angabe einzelner konkreter Tatsachen beruht, aus denen sich die Nichteignung des Beamten ergibt, hat das Gericht deshalb die einzelnen Vorfälle zu überprüfen (vgl. BVerwG U. v. 26.6.1980 a. a. O. Rn. 22).

1.3 Mit der von ihm vorgenommenen Prüfung der in der Entlassungsverfügung im einzelnen angeführten Vorfälle hat das Verwaltungsgericht auch nicht die Grenzen des ihm zustehenden Prüfungsrahmens überschritten und seine eigene Bewertung an die Stelle der Beurteilung des Dienstherrn gesetzt sowie die an die Begründung der Feststellung der Nichteignung zu stellenden Anforderungen überspannt. Die von ihm gezogene Schlussfolgerung, die Bewertung des Beklagten, die Klägerin habe sich aufgrund der festgestellten Defizite in fachlicher und charakterlicher Hinsicht endgültig nicht bewährt und sei daher für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, weil sie auf der Nichtbeachtung allgemeiner Wertmaßstäbe beruhe, hält sich vielmehr im Rahmen der den Verwaltungsgerichten zukommenden Prüfungskompetenz.

Die Beurteilung, ob sich der Beamte in der Probezeit bewährt hat, ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des dem Dienstherrn zukommenden Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe beachtet oder sachfremde Erwägungen vermieden worden sind (BVerwG U. v. 31.5.1990 a. a. O. Rn. 18). Auch ist das Verwaltungsverfahren so zu gestalten, dass die Beurteilung der Bewährung sachgerecht und fair ist und dass der Beamte auf Probe seiner Ansicht nach fehlerhaften Annahmen und Einschätzungen wirksam entgegentreten kann (BVerwG U. v. 19.3.1998 a. a. O. Rn. 26).

Je undurchsichtiger eine Situation ist, je schwieriger es ist, die Motive einer Entlassung zu ergründen, je deutlicher parteiliche Interessen hervortreten, die bei der Entscheidung eine Rolle gespielt haben könnten, umso genauer, detaillierter und sorgfältiger muss den Einzelheiten nachgegangen werden, auf denen die Entscheidung über die Entlassung fußt, und umso stärkeres Gewicht gewinnen bei der Frage, ob die Entlassung Bestand haben kann, die Umstände des Verfahrens (BVerfG B. v. 15.12.1976 - 2 BvR 841/73 - BVerfGE 43, 154 juris Rn. 44).

Zwar hat die Klägerin nach den von Frau Dr. St. bestätigten Angaben des Beklagten in der verlängerten Probezeit u. a. Termine nicht eingehalten (Besprechung mit den Restauratorinnen am 2. August 2011) oder nicht rechtzeitig über Termine informiert (Besuch von Herrn K. am 27. Oktober 2011), sich über Anordnungen der Direktorin hinweggesetzt (Anruf bei Herrn J. am 29. August 2011), Aufgaben nicht (Wiederbespielung zweier Ausstellungsräume), nicht ordnungsgemäß (Erstellung eines museumspädagogischen Konzepts; Betreuung der Ausstellung „Weiter als der Horizont“; Bewerbung eines Vortrags) oder nicht rechtzeitig (Anmeldung von Anschaffungen für die Depots) erledigt, die Durchführung von Katalogauszeichnung, Büchersonntagsverkauf oder Aufräumarbeiten und die Teilnahme an Veranstaltungen (Interviewanfrage BR vom 18. Oktober 2011; „Jodeln im indigenen Amerika“ am 30. September 2011, „Christianisierung und koloniale Transformation in Südafrika“ am 14. Oktober 2011, „Drama und Humor bei Indianern der Westküste“ am 28. Oktober 2011, „Zielgruppen-Workshop“ im November 2011) abgelehnt, zu Besprechungen ungefragt weitere Mitarbeiter mitgebracht (Besprechung wegen des Umzugs der Werkstätten am 30. September 2011), Besucher nicht professionell betreut (Besuch von Herrn M. am 12. Juli 2011) und sich gegenüber Mitarbeitern auch „konfliktträchtig“ verhalten (Beschwerden von Herrn K. und Herrn Sch.).

Hinsichtlich einiger vom Beklagten angeführter Vorfälle ist - sofern es sich, wie etwa im Fall der Aufräumarbeiten, dabei nicht ersichtlich um Marginalien handelt - jedoch unklar geblieben, was diesen konkret zugrunde lag, wie etwa ob die Klägerin vor Besuchen selbst rechtzeitig vorher informiert worden war, welchen Inhalt von der Direktorin getroffene Anordnungen hatten, was unter „professioneller Besucherbetreuung“ zu verstehen ist, ob und ggf. welche Anforderungen hinsichtlich der auf die Klägerin übertragenen Aufgaben bestanden und ob es verbindliche, insbesondere auch der Klägerin bekannte Vorgaben gab.

So steht keineswegs fest, dass sich die Klägerin mit ihrem Anruf bei Herrn J. am 29. August 2011, in dem sie diesem mitgeteilt hat, dass der von ihm für einen Vortrag reservierte Raum anderweitig vermietet worden sei, über eine ausdrücklich so zu verstehende Weisung der Direktorin hinweggesetzt hat, mit diesem keinen Kontakt mehr aufzunehmen, weil die Klägerin diese Weisung auch so aufgefasst haben konnte, diesen nicht mehr wegen der Frage der Anmietung des betreffenden Raums zu kontaktieren.

Hinsichtlich der der Klägerin vorgehaltenen mangelhaften Leistungen wie der durch die Direktorin abgebrochenen Vorstellung des museumspädagogischen Konzepts „Bildung und Vermittlung“ am 11. Juli 2011 ist unklar geblieben, ob und ggf. welche Vorgaben der Klägerin gemacht wurden. So ist zwar aufgrund der Aussage von Frau Dr. St. davon auszugehen, dass die Klägerin entgegen deren Anordnung lediglich ein einseitiges Konzept ohne Ausarbeitung und Computerunterstützung vorgelegt hat. Offen ist jedoch, ob es hierfür hinsichtlich Form, Inhalt sowie dem zeitlichen Rahmen verbindliche Vorgaben oder zumindest konkrete Vorstellungen die Direktorin gab, an denen die Klägerin sich hätte ggf. orientieren können und müssen. Auch hinsichtlich sonstiger der Klägerin übertragener Aufgaben ist nicht hinreichend klar geworden, was im einzelnen von der Klägerin verlangt wurde bzw. was konkret von ihr geleistet werden sollte. Diese sind - größtenteils - auch nicht selbstverständlich.

Auch was den Vorwurf angeht, die Klägerin habe Anmeldungen für die seit 1. Juni 2011 in ihre Zuständigkeit fallenden Depots nicht rechtzeitig und nicht in der richtigen Form vorgelegt und ihre Zuständigkeit nicht wahrgenommen, ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin weder vorher eingewiesen worden ist noch man ihr eine andere Hilfestellung gegeben hat. Dabei ist zugunsten der Klägerin auch zu berücksichtigen, dass Anlaufschwierigkeiten für eine Berufsanfängerin nicht leicht zu meistern sind, wenn sie - wie die Klägerin - gleichzeitig verschiedenen Bereichen zugewiesen ist und während eines Jahres die Aufgabenzuteilung geändert wird. Ein kontinuierliches Einarbeiten in die jeweilige Materie und in deren besondere Anforderungen wird dadurch zusätzlich erschwert.

Hinsichtlich der Teilnahme der Klägerin an bestimmten Veranstaltungen ist bereits unklar, ob die Teilnahme der Klägerin freiwillig oder von der Direktorin doch eindeutig angeordnet war.

Der Beklagte kann sich diesbezüglich auch nicht darauf berufen, dass letztlich nur die Dienstbehörde sachverständig beurteilen kann, welche fachlichen und persönlichen Anforderungen an ein konkretes Aufgabengebiet zu stellen sind und ob der Beamte auf Probe diesen Anforderungen gewachsen ist (BayVGH B. v. 15.6.1998 - 3 B 96.2815 - juris Rn. 12).

Denn insoweit steht nicht in Frage, dass die Klägerin die für das Berufsbild eines Konservators (bzw. Kustoden) an einem staatlichen Museum charakteristischen Anforderungen (wie etwa Pflege und Erweiterung der Sammlung, Ordnen der Sammlungsstücke, Bearbeitung im Inventar des Museums, Verfassen von Vorträgen, Zusammenarbeit mit Kollegen und anderen Instituten, Führung durch die Abteilung, Organisation von Ausstellungen, Erstellen von Publikationen usw., vgl. BVerwG B. v. 26.1.1968 - VII P 8/67 - BVerwGE 29, 77 juris Rn. 49 f.), die dem Beruf das Gepräge geben und auch der Dienstaufgabenbeschreibung für die an Museen tätigen Wissenschaftler (Schreiben des Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 5. April 1995 XII/3 - K 4020 - 18/56 143) zugrunde liegen, erfüllen muss, sondern, ob der Klägerin die Nicht- bzw. Schlechterfüllung bestimmter, ihr übertragener Aufgaben vorgehalten werden kann, obwohl ihr hierzu keine konkreten Vorgaben gemacht wurden bzw. obwohl keine allgemein verbindlichen konkreten Anforderungen an die Aufgabenerfüllung bestanden.

So mag beispielsweise das Erstellen eines museumspädagogischen Konzepts zwar grundsätzlich von den Aufgaben eines Konservators umfasst sein; dies ändert jedoch nichts daran, dass vorliegend unklar geblieben ist, ob und ggf. welche Vorgaben die Direktorin der Klägerin hierzu hinsichtlich Form, Inhalt und zeitlichem Rahmen der Ausarbeitung des Konzepts gemacht hat.

Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die der Klägerin vorgehaltenen Defizite auch nicht „selbsterklärend“, zumal da der Klägerin zusätzlich zu ihren Aufgaben als Konservatorin ab 1. Juni 2011 auch die Zuständigkeit für den Bereich Restauratoren und Depots sowie weitere Verwaltungsaufgaben übertragen wurden, bei denen - gerade bei einer Berufsanfängerin - nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass sie - insbesondere ohne die erforderliche Einweisung und Hilfestellung - sofort auch solche (eher fachfremden und außerhalb der eigentlichen Tätigkeit einer Konservatorin liegenden) Aufgaben ohne Anlaufschwierigkeiten wahrnehmen kann.

Insoweit hat das Verwaltungsgericht auch nicht unter Verkennung der dem Amt einer Kuratorin immanenten Anforderungen die von der Klägerin zu erfüllenden Aufgaben aufgrund einer unzulässigen eigenen Bewertung in Haupt- und Nebenpflichten unterteilt, sondern zutreffend zwischen der konkreten wissenschaftlichen Tätigkeit der Klägerin als Konservatorin und den ihr zusätzlich übertragenen „Randtätigkeiten“ wie z. B. Aushilfe beim Buchverkauf unterschieden, deren Verletzung nicht das gleiche Gewicht zukommen kann, wie einer Verletzung von Pflichten im Kernbereich ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit.

Hinzu kommt, dass die Klägerin nach Angaben der Direktorin von dieser auch nicht (rechtzeitig) auf die ihr vorgehalten Mängel hingewiesen worden ist, so dass ihr nicht deren Bedeutung für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit vor Augen geführt wurde, um ihr zeitnah die Möglichkeit zu geben, ihre Leistungen zu verbessern. Zwar mag die Klägerin durch die erste Probezeitbeurteilung insoweit bereits „vorgewarnt“ worden sein, als ihr darin bestimmte Vorkommnisse vorgehalten worden waren, doch erforderten die ihr nunmehr vorgehaltenen konkreten Vorfälle grundsätzlich eine weitere „Abmahnung“, weil diese nicht „selbsterklärend“ waren. Ohne diese war für die Klägerin nicht erkennbar, welches Gewicht der Beklagte den von ihm festgestellten Leistungsmängeln und einem dienstlich zu beanstandenden Verhalten zumessen würde. Gerade bei Tätigkeiten, die - wie Verwaltungsaufgaben - nicht den Kernbereich der wissenschaftlichen Tätigkeit als Konservatorin betreffen, wäre deshalb ein Hinweis, was von der Klägerin erwartet worden wäre, erforderlich gewesen. Auch sonst wurde der Klägerin keine konkrete Hilfestellung etwa durch Kritikgespräche, Anleitung in neuen Aufgabenbereichen oder fachliche Unterstützung angeboten, um die Defizite rechtzeitig beheben zu können (vgl. BayVGH B. v. 30.11.2009 - 3 CS 09.1773 - juris Rn. 52).

Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das angeführte Verhalten sicherlich Anlass sein konnte, der Klägerin ihre Pflichten als Beamtin auf Probe nochmals deutlich in Erinnerung zu rufen und ihre Fehlleistungen in fachlicher und charakterlicher Hinsicht vorzuhalten; dieses Verhalten weckt auch Zweifel an der Teamfähigkeit der Klägerin und an ihrer Bereitschaft, sich in Hierarchien einzuordnen. Als tragender Grund für die endgültige Nichteignung der Klägerin kann es jedoch nicht angesehen werden (vgl. BayVGH B. v. 27.8.2007 - 3 B 05.210 - juris Rn. 45).

Gegen die Feststellung, dass die fehlende Bewährung der Klägerin im Zeitpunkt der zweiten Probezeitbeurteilung bzw. der Entlassungsverfügung aufgrund der Defizite endgültig feststand, spricht darüber hinaus auch die Bewertung in der ersten Probezeitbeurteilung vom 13. Oktober 2010, in der der Klägerin „durchaus vorhandene fachliche, v. a. wissenschaftliche Voraussetzungen“ bescheinigt wurden. So hat sich der Beurteiler Dr. M. in seiner Einvernahme vor dem Verwaltungsgericht im Verfahren M 5 K 11.626 am 7. Juni 2011 in fachlicher Hinsicht sehr positiv über die Klägerin geäußert („vorzügliche Wissenschaftlerin“, „ideal für diese Stelle“), ohne dass dies mit dem zukommenden Gewicht in die Bewertung eingestellt worden wäre. Auch der stellvertretende Direktor Dr. St. äußert sich in seiner Stellungnahme vom 11. April 2011 eher positiv über die Klägerin. Positiv werden auch die von der Klägerin im Bereich der Werkstätten eingeführten Verbesserungen gesehen (vgl. Schreiben Dr. R. vom 22. Dezember 2011 und Frau St. vom 9. Januar 2012). Dem vermochte die Direktorin - unspezifisch - lediglich eine angeblich „fehlende Neugier“ der Klägerin entgegenzuhalten, ohne dies jedoch näher begründen zu können.

2. Aus den unter 1. dargestellten Gründen ergibt sich, dass die Sache auch nicht die behaupteten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist. Dies wäre nur zu bejahen, wenn das Verfahren überdurchschnittlich schwierige Tatsachen- bzw. Rechtsfragen aufwirft, die sich nicht in einem Zulassungsverfahren beantworten lassen, und der Ausgang des Rechtsstreits deshalb als offen anzusehen ist.

Weder aus dem hinsichtlich der Entlassung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe anzuwendenden Prüfungsrahmen, der in der Rechtsprechung geklärt ist, noch aus dem dafür maßgeblichen Sachverhalt, den das Verwaltungsgericht ermittelt hat, ergeben sich außergewöhnlich schwierige Fragen, die nur im Rahmen eines Berufungsverfahrens beantwortet werden könnten. Etwas anderes folgt auch nicht aus den umfangreichen Erwägungen, die im erst- und zweitinstanzlichen Eilverfahren zur Frage der Erfolgsaussichten angestellt wurden. Dies war zwar durch den umfänglichen, vom Beklagten der Entlassung zugrunde gelegten Sachverhalt bedingt, bedeutet aber nicht zugleich, dass es sich auch um eine tatsächlich bzw. rechtlich besonders schwierige Materie handelte; auch umfangreiche Rechtssachen können sich - wie hier - aus zahlreichen, jeweils aber nicht überdurchschnittlich schwierigen Einzelkomplexen zusammensetzen.

Auch die Tatsache, dass das Verwaltungsgericht die erste Probezeitbeurteilung, die „noch nicht geeignet“ lautete, für rechtmäßig erachtet hat, während es die zweite Probezeitbeurteilung, die zu dem Ergebnis „nicht geeignet“ kam, als rechtswidrig aufgehoben hat, führt nicht dazu, dass der Streitstoff außergewöhnlich umfangreich wäre, die tatsächlichen Feststellungen besonders schwierig wären oder die hierauf anzulegenden rechtlichen Maßstäbe besonders schwer zu finden wären. Wie unter 1.1 ausgeführt, ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht bezüglich der beiden Probezeitbeurteilungen aufgrund der jeweils unterschiedlichen Ausgangslage im ersten Fall zur Klageabweisung, im zweiten zur Klagestattgabe gelangt ist.

3. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.