Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtschutz gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des mit einem Wohngebäude und einer Garage bebauten Grundstücks FlNr. 812/10 und des westlich hieran angrenzenden, unbebauten Grundstücks FlNr. 812/11 Gemarkung ... Die Beigeladenen sind Miteigentümer des südlich an die Grundstücke der Antragstellerin anschließenden Grundstücks FlNr. 812/12. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des 1994 in Kraft getretenen und seither oftmals geänderten qualifizierten Bebauungsplans Nr. 33 „...“ der Gemeinde B. Nach dessen zeichnerischen und textlichen Festsetzungen werden „die überbaubaren Grundstücksflächen … durch Baugrenzen eingegrenzt“. Weitere Ausführungen zu den Baugrenzen enthält der Bebauungsplan nicht.

Unter dem Datum des ... November 2015 beantragten die Beigeladenen beim Landratsamt Altötting die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage auf ihrem Grundstück. Unmittelbar an der östlichen Grundstücksgrenze soll ein circa 7,5 x 9 m großes, unterkellertes Garagengebäude mit Speicher entstehen; südwestlich hieran schließt sich - getrennt durch einen Verbindungsbau mit Maßen von circa 4 x 8 m - das Wohngebäude mit einer Grundfläche von circa 11 x 10 m an, das über Erdgeschoss, Obergeschoss und nicht ausgebautes Dachgeschoss verfügt und zwischen 52 und 86 cm über dem natürlichen Gelände verwirklicht werden soll. Die Garage und der östliche Teil des Wohnhauses liegen innerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen; der westliche Teil des Wohnhauses überschreitet diese. Die Beigeladenen beantragten deshalb im Rahmen des Bauantrags auch die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans.

Die Antragstellerin wandte sich mit Schreiben vom ... Februar 2016 gegen das Vorhaben.

Im Genehmigungsverfahren äußerte das Sachgebiet Wasserwirtschaft des Landratsamts mit Schreiben vom ... März 2016, das Baugrundstück liege im faktischen Überschwemmungsgebiet der Alz. Im Zuge der Änderung des Bebauungsplans sei ein hydraulisches Gutachten erstellt worden, das die örtlichen Verhältnisse detailliert beschreibe. Im Bereich des Grundstücks ergäben sich Fließtiefen von großteils bis zu 0,2 m, teilweise bis zu 0,8 m. Für die Alz sei für 2016 die Neuberechnung des Überschwemmungsgebiets (HQ 100) vorgesehen. Der Nachweis der hochwasserangepassten Planung sei nach dem Kenntnisstand der Fließtiefe erbracht. Ein Retentionsausgleich sei nicht erforderlich. Der Einfluss durch den geplanten Bau im Bereich außerhalb der Baugrenzen auf die Bebauung in der Nachbarschaft werde bei einem Hochwasser als unwesentlich angesehen. Gegebenenfalls könne ein Nachweis von den Bauherrn gefordert werden.

Das Wasserwirtschaftsamt Traunstein brachte mit Schreiben vom 15. April 2016 vor, zur Abschätzung des Retentionsraumverlusts und eventueller kleinräumiger Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss sei die Vorlage hydraulischer Untersuchungen durch die Bauherrn erforderlich. Mit E-Mail vom 10. Mai 2016 führte das Wasserwirtschaftsamt aus, die vorläufige Sicherung des Überschwemmungsgebiets sei mittlerweile aufgehoben worden, weshalb es sich um ein faktisches Überschwemmungsgebiet handle. Weiter verwies es das Landratsamt zur Klärung der Fragen zu Retentionsraumausgleich und Erbringung hydraulischer Nachweise auf das eigene Sachgebiet Wasserrecht. Dieses führte mit E-Mail vom 19. Mai 2016 aus, der Ortsteil ... liege in einem faktischen Überschwemmungsgebiet. Flächen eines Bebauungsplans hätten in der Regel die Funktion der Rückhaltung verloren. Für das Vorhaben sei weder ein Retentionsraumausgleich noch die Beibringung hydraulischer Nachweise hinsichtlich möglicher nachteiliger Veränderungen des Wasserstandes und des Abflusses bei Hochwasser erforderlich.

Das Landratsamt erteilte den Beigeladenen mit Bescheid vom 20. Mai 2016, der Antragstellerin zugestellt am 24. Mai 2016, die beantragte Baugenehmigung und zugleich eine Befreiung hinsichtlich der Baugrenzen. Wasserrechtliche Ausführungen enthält der Bescheid nicht.

Die Antragstellerin erhob am ... Juni 2016 Klage gegen den Bescheid zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (M 1 K 16.2809). Gleichzeitig beantragt sie,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen,

hilfsweise, diese insoweit anzuordnen, als die Beigeladenen ein Gebäude außerhalb der Baugrenzen errichten.

Neben der Darstellung des Sachverhalts trägt sie zur Begründung vor, die erteilte Befreiung sei nicht durch § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG gedeckt; vielmehr liege ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 WHG vor. Eine Befreiungsmöglichkeit sei nur gegeben, wenn ein Vorhaben den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändere. Hierüber sagten die vorliegenden fachlichen Stellungnahmen nichts aus. Vielmehr werde floskelartig angegeben, dass Belange des Hochwasserschutzes nicht verändert worden seien, was durch die aktuelle Hochwassersituation widerlegt werde. Es bestehe die Gefahr, dass die heranfließenden Gewässer gestaut und direkt in ihr Grundstück eingeleitet würden. Bei einem Bau innerhalb der Baugrenzen könne ein Hochwasserschaden zwar nicht ausgeschlossen werden, jedoch sei das Risiko insoweit geringer. Drittschutz liege vor und ergebe sich indirekt aus § 5 Abs. 2 WHG. Baugrenzen dienten in Bezug auf die Hochwassergefährdung gerade der Vermeidung von Schäden.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

den Antrag abzulehnen.

Er führt aus, nach einer Handreichung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz hätten Flächen im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans ihre Funktion als Rückhalteflächen verloren, weshalb die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens allein nach § 30 Baugesetzbuch (BauGB) zu beurteilen sei. Die Befreiung von den Baugrenzen habe erteilt werden können, weil ein Grundzug der Planung nicht berührt und die Abweichung städtebaulich vertretbar sowie im Hinblick auf die Interessen der Nachbarn mit öffentlichen Belangen vereinbar sei.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

In einer Stellungnahme vom 13. Juli 2016 hielt das Sachgebiet Wasserrecht an der mit E-Mail vom 19. Mai 2016 geäußerten Ansicht fest.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakte und der Gerichtsakten verwiesen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg, und zwar weder im Hauptantrag noch im Hilfsantrag.

Nach § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Erhebt ein Dritter Anfechtungsklage gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die nach § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen.

Im Rahmen dieser Entscheidung trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches Indiz zu berücksichtigen. Hier wird die Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Altötting vom 20. Mai 2016 voraussichtlich erfolglos bleiben. Der Bescheid verletzt die Antragstellerin voraussichtlich nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).

Dabei hat ein Nachbar einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung nicht schon dann, wenn diese objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr ist Voraussetzung, dass er durch die Baugenehmigung gerade in eigenen Rechten verletzt wird. Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat. Eine Verletzung drittschützender Vorschriften liegt hier voraussichtlich nicht vor. Die Antragstellerin kann sich nicht auf eine Verletzung drittschützender wasserrechtlicher Vorschriften berufen (1.). Die in der Baugenehmigung erteilte Befreiung von den Baugrenzen führt ebenfalls nicht zu einer Verletzung in drittschützenden Rechten (2.). Auch das Gebot der Rücksichtnahme ist nicht verletzt (3.).

1. Eine Verletzung drittschützender Vorschriften des Wasserrechts liegt nicht vor. Die erteilte Baugenehmigung trifft keine Aussage zum Wasserrecht. Jedenfalls wäre das wasserrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt.

Der streitgegenständliche Bescheid des Landratsamts Altötting vom 20. Mai 2016 enthält allein eine Baugenehmigung nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Bayerische Bauordnung (BayBO), nicht aber eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (WHG). Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG ist die Errichtung baulicher Anlagen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten untersagt; dieses Verbot gilt nach § 78 Abs. 6 WHG auch für nach § 76 Abs. 3 WHG ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete. Abweichend von diesem Verbot kann die zuständige Behörde nach § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG unter bestimmten Voraussetzungen die Errichtung einer baulichen Anlage genehmigen. Die wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG steht dabei neben der Baugenehmigung; es handelt sich hierbei um zwei getrennte Genehmigungen mit unterschiedlichen Voraussetzungen und unterschiedlichem Regelungsinhalt (Rossi in Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, Stand Sept. 2015, § 78 Rn. 64). Der vorliegenden Baugenehmigung lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass das Landratsamt - über die baurechtliche Freigabe des Vorhabens nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO hinaus - gleichzeitig eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilten wollte. Dies ergibt sich weder aus dem Tenor noch aus den Gründen des Bescheids.

Nach überschlägiger Prüfung bedurfte es einer wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigung für das Bauvorhaben der Beigeladenen auch nicht. Dieses liegt weder im festgesetzten noch im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet. Eine Verordnung nach § 76 Abs. 2 WHG existiert nicht; die vorläufige Sicherung wurde nach dem Vorbringen des Wasserwirtschaftsamts Traunstein mit E-Mail vom 10. Mai 2016 mittlerweile aufgehoben. Für nur faktische Überschwemmungsgebiete gilt § 78 WHG aber nach seinem klaren Wortlaut nicht. Für diese ist vielmehr § 77 Satz 1 WHG einschlägig, wonach Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 WHG in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten sind. Selbst wenn man diese Vorschrift nicht allein als Planungsleitsatz begreift, der im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden und der Antragstellerin keinen Drittschutz vermitteln würde, sondern als Zulassungsvoraussetzung für ein Vorhaben (zum Meinungsstreit vgl. Rossi in Sieder/Zeitler/Dahme, a. a. O., § 77 WHG Rn. 9), könnte sie hieraus für ihre Rechtsposition nichts herleiten. Die Zulässigkeit einer Nutzung richtet sich im qualifiziert beplanten Innenbereich allein nach den Festsetzungen des Bebauungsplans; insoweit sind aber nur Rückhalteflächen denkbar, wenn der Bebauungsplan etwa von der Bebauung freizuhaltende Flächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB), öffentliche oder private Grünflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) oder wasserrechtlich bedeutsame Flächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB) festsetzt (Rossi in Sieder/Zeitler/Dahme, a. a. O.), was hier für das Grundstück der Beigeladenen nicht der Fall ist.

Wegen der fehlenden Entscheidung über § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG in dem streitgegenständlichen Bescheid und der nicht vorliegenden Genehmigungspflicht nach dieser Vorschrift kann hier offen bleiben, ob dieser Vorschrift oder den Vorschriften über den Hochwasserschutz generell drittschützende Wirkung zukommt (sehr str.; bejahend etwa BayVGH, B. v. 16.9.2005 - 15 CS 09.1924 - juris Rn. 12, allerdings ohne Begründung; Rossi in Sieder/Zeidler/Dahme, a. a. O., § 78 WHG Rn. 82; Fassbender/Gläßl, Drittschutz im Wasserrecht, NVwZ 2011, 1094 ff.; verneinend etwa VG Augsburg, U. v. 19.4.2016 - Au 3 K 15.516 - juris Rn. 63 f.; VG Hamburg, B. v. 27.11.2015 - 9 E 4484/15 - juris Ls. 1; VG Würzburg, U. v. 8.10.2013 - W 4 K 13.143 - juris Rn. 27 ff.).

Jedenfalls verlangt auch die Auffassung, die den Vorschriften der § 5 Abs. 2 und der §§ 77 f. WHG direkt oder über das wasserrechtliche Gebot der Rücksichtnahme Drittschutz beimisst, für die Begründetheit eines Rechtsbehelfs einen qualifizierten Nachteil für den Betroffenen, der nur bei der Gefahr eines erheblichen Nachteils oder bei einer unzumutbaren Verschärfung der Hochwassergefahren vorliegt (Rossi in Sieder/Zeidler/Dahme, a. a. O., § 78 WHG Rn. 81). Ein solcher qualifizierter Nachteil für die Grundstücke der Antragstellerin ist aber hier nicht ersichtlich. Das - von den Außenmaßen moderate - Vorhaben der Beigeladenen berücksichtigt in seiner Gestaltung die Vorgaben des Hochwasserschutzes. Die Garage und der östliche Teil des Wohnhauses sind innerhalb der Baugrenzen situiert; nur der westliche Teil liegt außerhalb. Das Wohnhaus ist nicht unterkellert und liegt zwischen 52 und 86 cm über dem normalen Gelände und damit weitgehend oberhalb der ermittelten Fließtiefen. Überdies kommen alle eingeholten fachlichen Stellungnahmen, denen hohes Gewicht beizumessen ist (BayVGH, B. v. 17.11.2014 - 26 B 03.2579 - juris Rn. 9 m. w. N.), letztendlich zu dem Schluss, dass das Bauvorhaben den Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt.

2. Die erteilte Befreiung von den Baugrenzen verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.

Ist eine Baugrenze in einem Bebauungsplan festgesetzt, dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) nicht überschreiten. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Hinsichtlich des Nachbarschutzes im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB ist grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit wird oder von nicht drittschützenden Festsetzungen. Weicht ein Bauvorhaben von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans ab, so kann es nur zugelassen werden, wenn die Abweichung durch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB gerechtfertigt wird. Dabei hat der Dritte einen Rechtsanspruch auf Einhaltung der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB. Geht es folglich um die Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans, kommt es also nicht nur darauf an, ob die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, sondern auch darauf, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB im konkreten Fall erfüllt sind. Im Falle des Abweichens von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans hat der Nachbar lediglich ein subjektiv öffentliches Recht auf Würdigung seiner nachbarlichen Interessen; unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung die Rechte des Nachbarn verletzt, ist dabei nach den Maßstäben des Gebots der Rücksichtnahme zu beantworten. Für den Nachbarn bedeutet dies, dass er ein Bauvorhaben, für das eine Befreiung erteilt wurde, in diesem Fall nur dann mit Erfolg angreifen kann, wenn dieses ihm gegenüber rücksichtslos ist (BVerwG, B. v. 8.7.1998 - 4 B 64.98 - NVwZ-RR 1999, 8 - juris Rn. 5 f.; BayVGH, B. v. 3.2.2012 - 14 CS 11.2284 - juris Rn. 37 f.).

Im vorliegenden Fall dient die Festsetzung der Baugrenzen in dem einschlägigen Bebauungsplan nicht dem Schutz einzelner Nachbarn im Bebauungsplangebiet. Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche vermitteln Drittschutz nur dann‚ wenn sie nach dem Willen der Gemeinde als Planungsträgerin diese Funktion haben sollen. Ein nachbarlicher Interessenausgleich und damit der Schutz von Nachbarn sind hier nur ausnahmsweise bezweckt. Eine solche ausnahmsweise drittschützende Zielrichtung muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan‚ seiner Begründung oder aus sonstigen Unterlagen der planenden Gemeinde (Gemeinderatsprotokolle etc.) ergeben (vgl. BayVGH, B. v. 23.11.2015 - 1 CS 15.2207 - juris Rn. 8). Für einen solchen Drittschutz ist hier jedoch nichts erkennbar. Der maßgebliche Bebauungsplan enthält über die bloße Festsetzung der Baugrenze hinaus keinen Hinweis, insbesondere nicht in seiner Begründung, dass der Festsetzung der Baugrenzen hier ausnahmsweise Drittschutz zukommen sollte. Ein Anhaltspunkt dafür, dass sich die Gemeinde bei der Festsetzung von Nachbarinteressen hat leiten lassen, liegt nicht vor. Ebenso ist nichts dafür erkennbar, dass die Gemeinde bei der Aufstellung des Bebauungsplans im Jahr 1994 die Absicht hatte, durch Festsetzung der Baugrenzen Hochwasserschutz zu betreiben.

3. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ist nicht erkennbar. Ein solcher könnte sich - entsprechend dem rein baurechtlichen Regelungsumfang der erteilten Baugenehmigung - nur insoweit ergeben, als das Gebot der Rücksichtnahme in baurechtlichen Vorschriften enthalten ist. Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, in welcher Weise das geplante Wohngebäude mit Garage von jeweils geringem Umfang zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Grundstücke der Antragstellerin führen könnte.

Der Antrag war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Da die Beigeladenen keinen eigenen Sachantrag gestellt und sich daher keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben, entspricht es billigem Ermessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, § 154 Abs. 3 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. Nr. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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(2) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn

1.
keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können,
2.
das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt,
3.
eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu erwarten sind,
4.
der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst werden,
5.
die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
6.
der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,
7.
keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger zu erwarten sind,
8.
die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und
9.
die Bauvorhaben so errichtet werden, dass bei dem Bemessungshochwasser nach § 76 Absatz 2 Satz 1, das der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes zugrunde liegt, keine baulichen Schäden zu erwarten sind.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 bis 8 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen.

(3) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten hat die Gemeinde bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für die Gebiete, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger,
2.
die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
3.
die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.
Dies gilt für Satzungen nach § 34 Absatz 4 und § 35 Absatz 6 des Baugesetzbuches entsprechend. Die zuständige Behörde hat der Gemeinde die hierfür erforderlichen Informationen nach § 4 Absatz 2 Satz 6 des Baugesetzbuches zur Verfügung zu stellen.

(4) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches untersagt. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung und des Hochwasserschutzes sowie des Messwesens.

(5) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 4 Satz 1 die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage im Einzelfall genehmigen, wenn

1.
das Vorhaben
a)
die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
b)
den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert,
c)
den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
d)
hochwasserangepasst ausgeführt wird oder
2.
die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Für die Erteilung der Genehmigung gilt § 11a Absatz 4 und 5 entsprechend, wenn es sich um eine Anlage zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen handelt.

(6) Bei der Festsetzung nach § 76 Absatz 2 kann die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen auch allgemein zugelassen werden, wenn sie

1.
in gemäß Absatz 2 neu ausgewiesenen Gebieten nach § 30 des Baugesetzbuches den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen oder
2.
ihrer Bauart nach so beschaffen sind, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.
In den Fällen des Satzes 1 bedarf das Vorhaben einer Anzeige.

(7) Bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur, die nicht unter Absatz 4 fallen, dürfen nur hochwasserangepasst errichtet oder erweitert werden.

(8) Für nach § 76 Absatz 3 ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend.

(1) Jede Person ist verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um

1.
eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu vermeiden,
2.
eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers sicherzustellen,
3.
die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts zu erhalten und
4.
eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden.

(2) Jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, ist im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen, insbesondere die Nutzung von Grundstücken den möglichen nachteiligen Folgen für Mensch, Umwelt oder Sachwerte durch Hochwasser anzupassen.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen oder in sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch untersagt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Ausweisung ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dient, sowie für Bauleitpläne für Häfen und Werften.

(2) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn

1.
keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können,
2.
das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt,
3.
eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu erwarten sind,
4.
der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst werden,
5.
die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
6.
der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,
7.
keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger zu erwarten sind,
8.
die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und
9.
die Bauvorhaben so errichtet werden, dass bei dem Bemessungshochwasser nach § 76 Absatz 2 Satz 1, das der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes zugrunde liegt, keine baulichen Schäden zu erwarten sind.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 bis 8 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen.

(3) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten hat die Gemeinde bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für die Gebiete, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger,
2.
die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
3.
die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.
Dies gilt für Satzungen nach § 34 Absatz 4 und § 35 Absatz 6 des Baugesetzbuches entsprechend. Die zuständige Behörde hat der Gemeinde die hierfür erforderlichen Informationen nach § 4 Absatz 2 Satz 6 des Baugesetzbuches zur Verfügung zu stellen.

(4) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches untersagt. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung und des Hochwasserschutzes sowie des Messwesens.

(5) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 4 Satz 1 die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage im Einzelfall genehmigen, wenn

1.
das Vorhaben
a)
die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
b)
den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert,
c)
den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
d)
hochwasserangepasst ausgeführt wird oder
2.
die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Für die Erteilung der Genehmigung gilt § 11a Absatz 4 und 5 entsprechend, wenn es sich um eine Anlage zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen handelt.

(6) Bei der Festsetzung nach § 76 Absatz 2 kann die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen auch allgemein zugelassen werden, wenn sie

1.
in gemäß Absatz 2 neu ausgewiesenen Gebieten nach § 30 des Baugesetzbuches den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen oder
2.
ihrer Bauart nach so beschaffen sind, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.
In den Fällen des Satzes 1 bedarf das Vorhaben einer Anzeige.

(7) Bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur, die nicht unter Absatz 4 fallen, dürfen nur hochwasserangepasst errichtet oder erweitert werden.

(8) Für nach § 76 Absatz 3 ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend.

(1) Überschwemmungsgebiete sind Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden. Dies gilt nicht für Gebiete, die überwiegend von den Gezeiten beeinflusst sind, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Landesregierung setzt durch Rechtsverordnung

1.
innerhalb der Risikogebiete oder der nach § 73 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 zugeordneten Gebiete mindestens die Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist, und
2.
die zur Hochwasserentlastung und Rückhaltung beanspruchten Gebiete
als Überschwemmungsgebiete fest. Gebiete nach Satz 1 Nummer 1 sind bis zum 22. Dezember 2013 festzusetzen. Die Festsetzungen sind an neue Erkenntnisse anzupassen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(3) Noch nicht nach Absatz 2 festgesetzte Überschwemmungsgebiete sind zu ermitteln, in Kartenform darzustellen und vorläufig zu sichern.

(4) Die Öffentlichkeit ist über die vorgesehene Festsetzung von Überschwemmungsgebieten zu informieren; ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie ist über die festgesetzten und vorläufig gesicherten Gebiete einschließlich der in ihnen geltenden Schutzbestimmungen sowie über die Maßnahmen zur Vermeidung von nachteiligen Hochwasserfolgen zu informieren.

(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen oder in sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch untersagt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Ausweisung ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dient, sowie für Bauleitpläne für Häfen und Werften.

(2) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn

1.
keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können,
2.
das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt,
3.
eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu erwarten sind,
4.
der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst werden,
5.
die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
6.
der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,
7.
keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger zu erwarten sind,
8.
die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und
9.
die Bauvorhaben so errichtet werden, dass bei dem Bemessungshochwasser nach § 76 Absatz 2 Satz 1, das der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes zugrunde liegt, keine baulichen Schäden zu erwarten sind.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 bis 8 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen.

(3) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten hat die Gemeinde bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für die Gebiete, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger,
2.
die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
3.
die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.
Dies gilt für Satzungen nach § 34 Absatz 4 und § 35 Absatz 6 des Baugesetzbuches entsprechend. Die zuständige Behörde hat der Gemeinde die hierfür erforderlichen Informationen nach § 4 Absatz 2 Satz 6 des Baugesetzbuches zur Verfügung zu stellen.

(4) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches untersagt. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung und des Hochwasserschutzes sowie des Messwesens.

(5) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 4 Satz 1 die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage im Einzelfall genehmigen, wenn

1.
das Vorhaben
a)
die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
b)
den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert,
c)
den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
d)
hochwasserangepasst ausgeführt wird oder
2.
die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Für die Erteilung der Genehmigung gilt § 11a Absatz 4 und 5 entsprechend, wenn es sich um eine Anlage zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen handelt.

(6) Bei der Festsetzung nach § 76 Absatz 2 kann die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen auch allgemein zugelassen werden, wenn sie

1.
in gemäß Absatz 2 neu ausgewiesenen Gebieten nach § 30 des Baugesetzbuches den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen oder
2.
ihrer Bauart nach so beschaffen sind, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.
In den Fällen des Satzes 1 bedarf das Vorhaben einer Anzeige.

(7) Bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur, die nicht unter Absatz 4 fallen, dürfen nur hochwasserangepasst errichtet oder erweitert werden.

(8) Für nach § 76 Absatz 3 ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend.

(1) Überschwemmungsgebiete sind Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden. Dies gilt nicht für Gebiete, die überwiegend von den Gezeiten beeinflusst sind, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Landesregierung setzt durch Rechtsverordnung

1.
innerhalb der Risikogebiete oder der nach § 73 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 zugeordneten Gebiete mindestens die Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist, und
2.
die zur Hochwasserentlastung und Rückhaltung beanspruchten Gebiete
als Überschwemmungsgebiete fest. Gebiete nach Satz 1 Nummer 1 sind bis zum 22. Dezember 2013 festzusetzen. Die Festsetzungen sind an neue Erkenntnisse anzupassen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(3) Noch nicht nach Absatz 2 festgesetzte Überschwemmungsgebiete sind zu ermitteln, in Kartenform darzustellen und vorläufig zu sichern.

(4) Die Öffentlichkeit ist über die vorgesehene Festsetzung von Überschwemmungsgebieten zu informieren; ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie ist über die festgesetzten und vorläufig gesicherten Gebiete einschließlich der in ihnen geltenden Schutzbestimmungen sowie über die Maßnahmen zur Vermeidung von nachteiligen Hochwasserfolgen zu informieren.

(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen oder in sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch untersagt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Ausweisung ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dient, sowie für Bauleitpläne für Häfen und Werften.

(2) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn

1.
keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können,
2.
das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt,
3.
eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu erwarten sind,
4.
der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst werden,
5.
die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
6.
der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,
7.
keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger zu erwarten sind,
8.
die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und
9.
die Bauvorhaben so errichtet werden, dass bei dem Bemessungshochwasser nach § 76 Absatz 2 Satz 1, das der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes zugrunde liegt, keine baulichen Schäden zu erwarten sind.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 bis 8 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen.

(3) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten hat die Gemeinde bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für die Gebiete, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger,
2.
die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
3.
die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.
Dies gilt für Satzungen nach § 34 Absatz 4 und § 35 Absatz 6 des Baugesetzbuches entsprechend. Die zuständige Behörde hat der Gemeinde die hierfür erforderlichen Informationen nach § 4 Absatz 2 Satz 6 des Baugesetzbuches zur Verfügung zu stellen.

(4) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches untersagt. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung und des Hochwasserschutzes sowie des Messwesens.

(5) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 4 Satz 1 die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage im Einzelfall genehmigen, wenn

1.
das Vorhaben
a)
die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
b)
den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert,
c)
den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
d)
hochwasserangepasst ausgeführt wird oder
2.
die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Für die Erteilung der Genehmigung gilt § 11a Absatz 4 und 5 entsprechend, wenn es sich um eine Anlage zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen handelt.

(6) Bei der Festsetzung nach § 76 Absatz 2 kann die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen auch allgemein zugelassen werden, wenn sie

1.
in gemäß Absatz 2 neu ausgewiesenen Gebieten nach § 30 des Baugesetzbuches den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen oder
2.
ihrer Bauart nach so beschaffen sind, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.
In den Fällen des Satzes 1 bedarf das Vorhaben einer Anzeige.

(7) Bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur, die nicht unter Absatz 4 fallen, dürfen nur hochwasserangepasst errichtet oder erweitert werden.

(8) Für nach § 76 Absatz 3 ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend.

(1) Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 sind in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten. Soweit überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem entgegenstehen, sind rechtzeitig die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. Ausgleichsmaßnahmen nach Satz 2 können auch Maßnahmen mit dem Ziel des Küstenschutzes oder des Schutzes vor Hochwasser sein, die

1.
zum Zweck des Ausgleichs künftiger Verluste an Rückhalteflächen getroffen werden oder
2.
zugleich als Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme nach § 15 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes dienen oder nach § 16 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes anzuerkennen sind.

(2) Frühere Überschwemmungsgebiete, die als Rückhalteflächen geeignet sind, sollen so weit wie möglich wiederhergestellt werden, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem nicht entgegenstehen.

(1) Überschwemmungsgebiete sind Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden. Dies gilt nicht für Gebiete, die überwiegend von den Gezeiten beeinflusst sind, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Landesregierung setzt durch Rechtsverordnung

1.
innerhalb der Risikogebiete oder der nach § 73 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 zugeordneten Gebiete mindestens die Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist, und
2.
die zur Hochwasserentlastung und Rückhaltung beanspruchten Gebiete
als Überschwemmungsgebiete fest. Gebiete nach Satz 1 Nummer 1 sind bis zum 22. Dezember 2013 festzusetzen. Die Festsetzungen sind an neue Erkenntnisse anzupassen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(3) Noch nicht nach Absatz 2 festgesetzte Überschwemmungsgebiete sind zu ermitteln, in Kartenform darzustellen und vorläufig zu sichern.

(4) Die Öffentlichkeit ist über die vorgesehene Festsetzung von Überschwemmungsgebieten zu informieren; ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie ist über die festgesetzten und vorläufig gesicherten Gebiete einschließlich der in ihnen geltenden Schutzbestimmungen sowie über die Maßnahmen zur Vermeidung von nachteiligen Hochwasserfolgen zu informieren.

(1) Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 sind in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten. Soweit überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem entgegenstehen, sind rechtzeitig die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. Ausgleichsmaßnahmen nach Satz 2 können auch Maßnahmen mit dem Ziel des Küstenschutzes oder des Schutzes vor Hochwasser sein, die

1.
zum Zweck des Ausgleichs künftiger Verluste an Rückhalteflächen getroffen werden oder
2.
zugleich als Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme nach § 15 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes dienen oder nach § 16 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes anzuerkennen sind.

(2) Frühere Überschwemmungsgebiete, die als Rückhalteflächen geeignet sind, sollen so weit wie möglich wiederhergestellt werden, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem nicht entgegenstehen.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen oder in sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch untersagt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Ausweisung ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dient, sowie für Bauleitpläne für Häfen und Werften.

(2) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn

1.
keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können,
2.
das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt,
3.
eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu erwarten sind,
4.
der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst werden,
5.
die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
6.
der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,
7.
keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger zu erwarten sind,
8.
die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und
9.
die Bauvorhaben so errichtet werden, dass bei dem Bemessungshochwasser nach § 76 Absatz 2 Satz 1, das der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes zugrunde liegt, keine baulichen Schäden zu erwarten sind.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 bis 8 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen.

(3) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten hat die Gemeinde bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für die Gebiete, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger,
2.
die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
3.
die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.
Dies gilt für Satzungen nach § 34 Absatz 4 und § 35 Absatz 6 des Baugesetzbuches entsprechend. Die zuständige Behörde hat der Gemeinde die hierfür erforderlichen Informationen nach § 4 Absatz 2 Satz 6 des Baugesetzbuches zur Verfügung zu stellen.

(4) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches untersagt. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung und des Hochwasserschutzes sowie des Messwesens.

(5) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 4 Satz 1 die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage im Einzelfall genehmigen, wenn

1.
das Vorhaben
a)
die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
b)
den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert,
c)
den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
d)
hochwasserangepasst ausgeführt wird oder
2.
die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Für die Erteilung der Genehmigung gilt § 11a Absatz 4 und 5 entsprechend, wenn es sich um eine Anlage zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen handelt.

(6) Bei der Festsetzung nach § 76 Absatz 2 kann die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen auch allgemein zugelassen werden, wenn sie

1.
in gemäß Absatz 2 neu ausgewiesenen Gebieten nach § 30 des Baugesetzbuches den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen oder
2.
ihrer Bauart nach so beschaffen sind, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.
In den Fällen des Satzes 1 bedarf das Vorhaben einer Anzeige.

(7) Bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur, die nicht unter Absatz 4 fallen, dürfen nur hochwasserangepasst errichtet oder erweitert werden.

(8) Für nach § 76 Absatz 3 ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat der Kläger zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine wasserrechtliche Genehmigung, die das Landratsamt ... dem Beigeladenen im Zusammenhang mit der beabsichtigten Errichtung einer Straße erteilt hat.

1. Der Beigeladene plant die Errichtung einer ca. 3,9 km langen Ortsumfahrung (Staatsstraße ….) zur Entlastung des Ortskerns des Marktes ..., insbesondere vom Durchgangsverkehr. Für die Straßentrasse einschließlich der Nebenanlagen stellte der Beigeladene einen (isolierten) Straßenbebauungsplan („Ortsumfahrung ... im Zuge der St ….“) auf, der nach dem Vortrag beider Parteien am 14. August 2013 in Kraft getreten ist.

Die vorgesehene Trasse verläuft in Nord-Süd-Richtung westlich des Siedlungsbereichs des Marktes im M., im Wesentlichen im vorläufig (für den Planfall HQ100) gesicherten Überschwemmungsgebiet der Mindel (Gewässer erster Ordnung). Sie zweigt nördlich des Siedlungsbereichs von der bestehenden Trasse der Staatsstraße …. nach Westen ab, quert mit einem Brückenbauwerk die Mindel und führt dann in etwa parallel zur Mindel nach Süden, wo sie wieder nach Osten zurückschwenkt, mit einem Brückenbauwerk erneut die Mindel überquert, und dann am südlichen Ortsende in einem Kreisverkehr wieder in die (vorhandene) St …. einmündet. Im Verlauf der Trasse werden mehrere Gräben, Straßen und landwirtschaftliche Wege über- bzw. unterquert. Die geplante Umfahrungstrasse sowie teilweise auch die zu querenden Straßen und Wege sollen überwiegend auf einem Damm mit unterschiedlichen Höhen geführt werden. Neben Brücken- und sonstigen Querungsbauwerken sind auch eine Reihe von Durchlässen geplant.

Der Beigeladene hat zum Ausgleich der mit dem Straßenbau verbundenen Eingriffe in privates Eigentum beim Amt für ländliche Entwicklung eine Unternehmensflurbereinigung beantragt; das Verfahren wurde bereits eingeleitet.

Der Kläger ist Eigentümer des als Ackerland landwirtschaftlich genutzten Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ..., auf dem sich ein landwirtschaftliches Gebäude befindet. Über das Grundstück verläuft die vorgesehene Trasse der Umfahrungsstraße. Entlang der südlichen Grenze soll auf dem klägerischen Grundstück außerdem eine Straßendammböschung für den Unteren Riedweg, der hier über die Umfahrung geführt werden soll, errichtet werden.

2. Der Beklagte plant entlang des Oberlaufs der Mindel, d. h. südlich von ..., verschiedene Hochwasserschutzmaßnahmen. U. a. wird im Bereich B./B. ein (bestandskräftig planfestgestelltes) Hochwasserrückhaltebecken errichtet, mit dessen Bau im Juli 2015 begonnen wurde. Die Fertigstellung des Rückhaltebeckens, das einen überörtlichen Hochwasserrückhalteraum von ca. 880.000 m3 bereitstellen soll, ist für Mai 2018 vorgesehen.

3. Am 4. November 2014 beantragte der Beigeladene unter Vorlage von Planunterlagen beim Landratsamt ... die Erteilung der „wasserrechtlichen Genehmigung/Anlagengenehmigung gemäß §§ 68 und 78 Wasserhaushaltsgesetz sowie Art. 20 Bayerisches Wassergesetz für die Bauwerke der geplanten Ortsumfahrung“.

Das Landratsamt gab daraufhin dem Kläger sowie den Eigentümern der weiteren von dem Vorhaben unmittelbar betroffenen Grundstücke Gelegenheit zur Äußerung.

Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 17. Dezember 2014 ließ der Kläger „Einwendungen“ erheben.

Im Gutachten vom 11. März 2015 führte das Wasserwirtschaftsamt als amtlicher Sachverständiger u. a. aus, dass die Straße nicht hochwasserschutzwirksam ausgeführt und mit großzügig dimensionierten Durchlässen versehen werde, so dass sich Hochwasser beidseitig des Straßendamms ausbreiten könne. Hierdurch werde der Retentionsraumverlust und der nach dem Status quo erforderliche Retentionsausgleich minimiert. Der erforderliche Retentionsausgleich beschränke sich auf den Straßendamm und sei in der Hochwasserschutzmaßnahme B./B. enthalten, mit deren Realisierung im Frühjahr 2015 begonnen werde. Für den Fall, dass sich insoweit Verzögerungen ergäben und mit dem Bau der Umfahrung vorher begonnen werde, sei Retentionsausgleich über naturschutzfachliche Ausgleichsmaßnahmen oder den Fortschritt von Kiesabbau nachzuweisen. Bedingt durch die großzügig bemessenen Durchlässe könne sich „das Überschwemmungsgebiet“ nahezu unverändert ausbreiten. Umlenkungs- und Aufstaueffekte seien unerheblich. Aus fachlicher Sicht könne eine Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 3 WHG (wie auch die weiter beantragten Gestattungen) - unter „Inhalts- und Nebenbestimmungen“ (wie vorgeschlagen) - erteilt werden.

Mit Bescheid vom 16. März 2015, den Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 18. März 2015, erteilte das Landratsamt dem Beigeladenen

- die Genehmigung nach Art. 20 Abs. 1 BayWG für die geplante Errichtung zweier Brücken über die Mindel,

- die „Genehmigung nach § 78 WHG für den Bau der Straße in Dammlage im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet der Mindel“ und

- die Plangengenehmigung nach § 68 WHG zur Anpassung von Grabenverläufen sowie die Anpassung an bestehende Feldwegdurchlässe.

Unter „II. Inhalts- und Nebenbestimmungen“ enthält der Bescheid folgende Regelung:

3. Straßendamm im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet

3.1 Sollte zu Beginn des Straßenbaues das Hochwasserrückhaltebecken B./B. noch nicht im Bau oder fertig gestellt sein, so darf der Bau der Straße erst begonnen werden, wenn für den Straßendamm ausreichender Retentionsausgleich in Form von Kiesabbau, naturschutzfachlicher Ausgleichsmaßnahmen oder sonstiger Geländeabtrag nachgewiesen ist. Mit unwesentlich Retentionsraum beanspruchenden Teilmaßnahmen wie z. B. Brücken kann vorher begonnen werden.

Auf die Ausführungen zur Begründung des Bescheids wird verwiesen.

4. Am 16. April 2016 ließ der Kläger zum Verwaltungsgericht Klage erheben.

Er beantragt,

den Bescheid des Landratsamts ... vom 16. März 2015 aufzuheben, soweit dem Beigeladenen eine Genehmigung nach § 78 Abs. 3 WHG erteilt wurde.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass von dem klägerischen Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung ..., das eine Gesamtfläche von 54.380 m2 aufweise, eine Teilfläche von 8.724 m2 in Anspruch genommen werde; hinzu komme noch eine zum Zwecke der Baudurchführung vorübergehend benötigte Fläche von ca. 2.881 m2. Als „unmittelbar Enteignungsbetroffener“ brauche der Kläger eine rechtswidrige Straßenbaumaßnahme nicht hinnehmen. Die vom Landratsamt erteilte Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 3 WHG sei rechtswidrig, denn die Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor. Im Übrigen sei es nach § 67 Abs. 2 Satz 3, § 68 Abs. 1 WHG erforderlich gewesen, ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.

Der Bau einer Straße im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet sei grundsätzlich verboten. Das Vorhaben erfülle die Verbotstatbestände

- nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG (Errichtung baulicher Anlagen),

- nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG (Errichtung von Mauern, Wällen oder ähnlichen Anlagen quer zur Fließrichtung des Wassers bei Überschwemmungen) und

- nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WHG (Errichtung von Baum- und Strauchplanzungen),

die vom Landratsamt teilweise übersehen worden seien. Die Behörde habe das abwägungserhebliche Material teilweise nicht erhoben, geschweige denn geprüft, so dass ein Abwägungsausfall vorliege.

Die geplanten Brückenbauwerke zur Querung der Mindel, der H-Straße und des Unteren R-wegs mit den damit verbundenen hohen Dämmen und Rampenbauwerken lägen ganz oder zumindest zum erheblichen Teil quer zur Fließrichtung des Hochwassers. Gleiches gelte auch für das große Kreuzungsbauwerk E-Straße. Die Hochwasserrückhaltung werde teilweise wesentlich beeinträchtigt.

Der Straßenbebauungsplans enthalte nach der Planzeichnung auch umfangreiche Festsetzungen zur Bepflanzung (Bäume, Sträucher, zum Teil auch „flächige Gehölzpflanzungen“ und „geschlossene Abpflanzungen“). Dies sei ebenfalls übersehen worden.

Das Landratsamt habe ausschließlich den Verbotstatbestand nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG (Errichtung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 BauGB) angenommen und rechtsfehlerhaft einen Ausnahmetatbestand nach § 78 Abs. 3 WHG angenommen. Das Vorhaben beeinträchtige aufgrund seiner Dimensionierung und geplanten Dämme, die teilweise quer zur Fließrichtung des Hochwassers lägen, wesentlich die Hochwasserrückhaltung. Weiter werde - entgegen der Annahme des Landratsamts - auch der Wasserstand und der Abfluss bei Hochwasser nachteilig verändert. Es sei offenkundig, dass der Hochwasserabfluss beeinflusst werde, so dass nach § 67 Abs. 2 Satz 3, § 68 Abs. 1 WHG ein Planfeststellungsverfahren erforderlich gewesen (jedoch nicht durchgeführt worden) sei.

Zu Unrecht gehe das Landratsamt auch davon aus, dass der vorhabensbedingte Verlust von Retentionsraum zeitgleich ausgeglichen werden könne, wobei es irritiere, dass im Bescheid mit keinem Wort auf die Größenordnung des Verlustes eingegangen werde. Jedenfalls sei der vom Beigeladenen veranschlagte Verlust von ca. 20.000 m3 als völlig unrealistisch, weil viel zu gering, einzuschätzen. Ausgehend von der im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet liegenden Trassenlänge (3,5 km), einem Regelquerschnitt von 10,50 m und einer durchschnittlichen Höhenlage von 1,50 m ergebe sich bereits ein Retentionsraumverlust von 55.000 m3. Unter Berücksichtigung der Böschungsflächen sei die Kubatur sogar eher in einer Größenordnung von 70.000 m3 anzusiedeln. Nicht nachvollziehbar sei, inwieweit der Retentionsraumverlust „pauschal“ durch die staatliche Hochwasserschutzmaßnahme B./B. ausgeglichen werde. Auch die unter II. 3.1. des angefochtenen Bescheids getroffene Nebenbestimmung sei unschlüssig und unbestimmt. Um einen wirksamen Ausgleich an Retentionsraum zu bewirken, reiche es nicht aus, dass sich das Hochwasserrückhaltebecken B./B. im Bau befindet; vielmehr müsse es fertig gestellt sein. Ob eine Fertigstellung bis Mai 2018 zu erwarten sei, sei fraglich. Darüber hinaus werde weder definiert, in welcher Größenordnung ein Retentionsausgleich erfolgen müsse, noch werde konkret festgelegt, welche Nachweise zu erbringen sind.

5. Für den Beklagten beantragt das Landratsamt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger sei nicht „unmittelbar Enteignungsbetroffener“, da der angefochtene Bescheid keine enteignungsrechtliche Vorwirkung entfalte. Die Probleme der Inanspruchnahme von Grundstücken seien bereits durch den seit dem 14. August 2013 rechtsverbindlichen Straßenbebauungsplan mit Grünordnungsplan „Ortsumfahrung ... im Zuge der St ….“ „gelöst“. Mangels enteignungsrechtlicher Vorwirkung habe der Kläger auch keinen „Vollüberprüfungsanspruch“, sondern könne sich lediglich auf die Verletzung eigener Rechte - als Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. ... der Gemarkung ... - berufen.

Der Kläger gehe zu Unrecht von der Erforderlichkeit eines Planfeststellungverfahrens aus. Nachdem das Vorhaben wegen der großen Durchlässe, durch die sich Hochwasser beidseitig ausbreiten könne, nicht zu einer Veränderung des Hochwasserabflusses führe und Zweck des Straßen(damm)baus auch nicht der Hochwasserschutz sei, sei der Tatbestand des § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG nicht erfüllt.

Der Straßendammkörper weise planungsrechtliche Relevanz auf und sei daher als bauliche Anlage i. S. d. §§ 29 ff. BauGB zu qualifizieren. Diese schließe begrifflich die dazu notwendigen Wälle und Mauern quer zur Fließrichtung mit ein. Nach dem Gutachten des amtlichen Sachverständigen ergebe sich die befürchtete Veränderung des Hochwasserstrands bzw. des Hochwasserabflusses nicht.

Eine Genehmigung für Bepflanzungen sei weder beantragt noch erteilt worden.

Die Hochwasserrückhaltung werde nach Prüfung durch den amtlichen Sachverständigen aufgrund der Durchlässe nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. An Retentionsflächen gingen lediglich die für die Bauwerke in Anspruch genommenen Flächen verloren. Der Retentionsraumverlust betrage nach Angaben des amtlichen Sachverständigen ca. 20.000 m3 und werde durch das Hochwasserrückhaltebecken B./B., mit dem ein überörtlicher Hochwasserrückhalteraum von ca. 880.000 m3 geschaffen werde, ausgeglichen. Die Fertigstellung der Schutzmaßnahme in B./B. sei im Mai 2018 zu erwarten.

Lediglich für den unwahrscheinlichen Fall, dass das Rückhaltebecken nicht rechtzeitig zur Verfügung steht, habe das Landratsamt dem Beigeladenen im Hinblick auf die Bedeutung der geplanten Umfahrung für die Allgemeinheit die Möglichkeit eröffnet, einen „temporären Retentionsausgleich“ zu wählen. Dieser müsse nachgewiesen werden und bedürfe einer Zulassung durch das Landratsamt nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i. V. m. Abs. 4 WHG.

6. Der mit Beschluss vom 21. April 2015 zum Verfahren beigeladene Vorhabensträger beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung macht er insbesondere geltend, dass die hochwasserschutzrechtlichen Regelungen, deren Verletzung der Kläger rügt, nicht drittschützend seien.

7. Mit Bescheid vom 18. November 2015 ordnete das Landratsamt die sofortige Vollziehung seines Bescheids vom 16. März 2015 in Ziffer I (Gegenstand der Gestattungen) und II (Inhalts- und Nebenbestimmung) an.

8. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19. April 2016, sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, die ausschließlich die erteilte wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 3 WHG betrifft, ist bereits unzulässig, weil es dem Kläger an der nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis fehlt.

1. Eine öffentlich-rechtliche Gestattung kann von einem Dritten, der nicht Adressat des Verwaltungsakts (d. h. Gestattungsinhaber) ist, nur dann angefochten werden, wenn er sich auf die mögliche Verletzung von Vorschriften, die ausschließlich oder zumindest auch seinem Schutz dienen (drittschützende Normen), berufen kann. Aus den Darlegungen des Klägers muss sich ergeben, dass eine Verletzung eigener subjektiver Rechte nicht offensichtlich ausgeschlossen, sondern möglich ist (sog. Möglichkeitstheorie, vgl. z. B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 93).

1.1 Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass er als „unmittelbar Enteignungsbetroffener“ eine (objektiv) rechtswidrige Straßenbaumaßnahme nicht hinnehmen müsse, kann damit die Klagebefugnis nicht begründet werden. Eine unmittelbare Verletzung des Eigentumsrechts des Klägers nach Art. 14 GG durch die angefochtene (Ausnahme-) Genehmigung nach § 78 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 6, § 76 Abs. 3 WHG für das im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet geplante Straßenbauvorhaben ist ausgeschlossen. Denn die Genehmigung bewirkt keinen unmittelbaren Eigentumsentzug, stellt daher keine Enteignungsentscheidung dar, und weist auch keine enteignungsrechtliche Vorwirkung auf. Bei der Genehmigung handelt es sich nicht um eine wasserrechtliche Planfeststellung oder Plangenehmigung nach § 68 Abs. 1 oder Abs. 2 WHG mit ausdrücklicher Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung nach § 71 WHG (vgl. zum Erfordernis der Feststellung nach § 71 Satz 1 und 2 WHG z. B. BayVGH, B.v. 24.7.2015 - 8 ZB 14.1403 - juris, Leitsatz und Rn. 6). Eine enteignungsrechtliche Vorwirkung ergibt sich auch nicht aus Art. 28 BayEG, da über die Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 3 WHG nicht in einem förmlichen Verfahren zu entscheiden ist (vgl. Art. 69 Satz 2 BayWG). Auch aus Art. 56 Satz 1 BayWG folgt keine enteignungsrechtliche Vorwirkung der streitgegenständlichen Genehmigung, da die Bestimmung die Enteignung für bestimmte Arten von wasserwirtschaftlichen Vorhaben nur allgemein zulässt, somit lediglich die möglichen Enteignungszwecke im Bereich der Wasserwirtschaft in Ausfüllung des Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayEG festlegt und auch keine Bindungswirkung für die Enteignungsbehörde - wie etwa § 71 Satz 3 WHG - vorschreibt. Darüber hinaus dient die streitgegenständliche Genehmigung nach § 78 Abs. 3 WHG auch nicht einem der in Art. 56 Satz 1 BayWG genannten Enteignungszwecke.

Zur Bejahung der Klagebefugnis reicht deshalb der Hinweis, dass für die Realisierung des Vorhabens Grund und Boden des Klägers in Anspruch genommen werden müsse, nicht aus.

1.2 Die Klagebefugnis ergibt sich auch nicht daraus, dass - wie der Kläger meint - das Landratsamt ein (wasserrechtliches) Planfeststellungsverfahren hätte durchführe müssen. Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die geplante „Straße in Dammlage“ im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet den Tatbestand des § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG („…Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen…“) erfüllt und deshalb als dem Gewässerausbau gleichstehende Maßnahme grundsätzlich der Planfeststellungspflicht (§ 68 Abs. 1 WHG) unterliegt. Selbst wenn letzteres zuträfe, wäre (allein) durch die Erteilung einer „falschen“ Genehmigung nach Durchführung eines „falschen“ Verfahrens eine Verletzung eigener Rechte des Klägers nicht möglich, denn es gibt grundsätzlich keinen Anspruch eines Dritten auf Durchführung des richtigen Verfahrens. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in einem vergleichbaren Fall, in dem eine Baugenehmigung von einem Dritten mit der Begründung, dass anstelle der Baugenehmigung eine wasserrechtliche Planfeststellung erforderlich gewesen wäre, angefochten worden war, folgendes ausgeführt (B.v. 3.11.2011 - 14 ZB 11.2209 - juris Rn. 6):

„Verfahrensvorschriften sind - mit Ausnahme der sog. absoluten Verfahrensrechte (siehe hierzu etwa Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 73 zu § 42 Abs. 2) - grundsätzlich nicht drittschützend. Sie sind nur dann den Interessen eines Drittbetroffenen zu dienen bestimmt, wenn sie eine nach materiellem Recht geschützte Rechtsstellung des Nachbarn berühren (Kopp/Schenke, a. a. O., RdNr. 95 zu § 42). Der Drittbetroffene hat damit grundsätzlich nur einen Anspruch auf Schutz seiner materiellen Rechte (vgl. VGH BW vom 25.4.2006 DÖV 2006, 656 = VBlBW 2006, 314; wohl auch BVerwG vom 17.3.1998 NVwZ 1998, 737). Hieraus folgt, dass ein Nachbar grundsätzlich weder einen Anspruch auf Durchführung des richtigen Verfahrens hat noch einen solchen auf Durchführung eines Verfahrens überhaupt, denn die Vorschriften über die Genehmigungspflicht, die Genehmigungsfreiheit und das Genehmigungsverfahren dienen i. d. R. nicht dem Schutz des Nachbarn, sondern „nur“ dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Verwaltungsverfahren (BayVGH vom 14.1.2009 BayVBl. 2009, 694/695; ebenso OVG Bautzen vom 20.1.2010 BauR 2010, 947 (LS); OVG Saarl vom 27.5.2010 Az.: 2 B 95/10; OVG MV vom 21.12.2010 Az. 3 M 244/10 alle für das Baugenehmigungsverfahren). Das gilt auch für die Vorschriften über das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren, denn auch diese Vorschriften begründen für einen durch ein Ausbauvorhaben möglicherweise betroffenen Dritten kein subjektives Recht auf Einleitung und Durchführung des objektivrechtlich gebotenen Planfeststellungsverfahrens (vgl. grundlegend BVerwG vom 29.5.1981 BVerwGE 62, 243). Ein subjektives Recht i. S. e. allgemeinen Gesetzesvollzugsanspruchs auf die „richtige Verfahrensart“ sieht die Rechtsordnung zudem nicht vor. Das ist auch gar nicht erforderlich, denn wird ein Vorhaben ohne die erforderliche Planfeststellung oder mit fälschlicher Weise erteilter Baugenehmigung verwirklicht, so kann sich ein von dem genehmigungsbedürftigen Vorhaben (nachteilig) betroffener Dritter gegen jede Beeinträchtigung seiner materiellen Rechte, die durch das Vorhaben hervorgerufen werden können, ohne weiteres zur Wehr setzen (so schon BVerwG vom 21.5.1965 Buchholz 407.2 KreuzungsG Nr. 1). Ihm stehen insbesondere alle aus seiner materiellen Rechtsposition folgenden öffentlich-rechtlichen Abwehr-, Unterlassungs- und (Folgen-) Beseitigungsansprüche zu (BVerwG vom 29.5.1981 a. a. O.). Im vorliegenden Fall begründet daher die Behauptung der Klägerinnen, es hätte ein Planfeststellungsverfahren anstelle eines Baugenehmigungsverfahrens durchgeführt werden müssen, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, weil die entsprechenden Regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes und des Bayerischen Wassergesetzes in Verbindung mit dem Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetz keine Wirkung zugunsten der Klägerinnen entfalten.“

Das erkennende Gericht schließt sich dieser Rechtsauffassung, die die herrschende Meinung wiedergibt, an.

Da im vorliegenden Fall offensichtlich keine absoluten Verfahrensrechte des Klägers im Raum stehen - als solche sind lediglich bestimmte enteignungsrechtliche Verfahrensvorschriften, Beteiligungsrechte von Gemeinden und Gemeindeverbänden im luftrechtlichen Genehmigungsverfahren und Beteiligungsrechte von anerkannten (Naturschutz-) Verbänden bei bestimmten Planfeststellungsverfahren anerkannt (vgl. Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Okt. 2015, § 42 Abs. 2 Rn. 63; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 113 Rn. 40 f.; jeweils m. w. N.) - kann das Unterlassen des möglicherweise richtigen Verfahrens und die Erteilung einer möglicherweise nicht zutreffenden Genehmigung allein, d. h. unabhängig davon, ob die Verletzung eines subjektiven materiellen Rechts möglich ist, nicht zur Klagebefugnis führen.

1.3 Zur Begründung seiner Klagebefugnis kann sich der Kläger weiter auch nicht auf eine Verletzung hochwasserschutzrechtlicher Bestimmungen stützen, denn diese weisen weder eine unmittelbar drittschützende Wirkung auf noch vermitteln sie in Verbindung mit dem Gebot der Rücksichtnahme Drittschutz.

1.3.1 Das Landratsamt hat das Vorhaben (auf das die bauordnungsrechtlichen Regelungen der Bayerischen Bauordnung nicht anwendbar sind [Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayBO]) als „bauliche Anlage nach den §§ 30, 33, 34 und 35 BauGB“ qualifiziert, somit den Untersagungstatbestand nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 78 Abs. 6 WHG bejaht. Dementsprechend hat es die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Dispensentscheidung in § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG verortet. Dies hat zur Folge, dass für die Frage, ob sich der Kläger auf eine drittschützende Regelung berufen kann, ausschließlich diese Regelungen in den Blick zu nehmen sind. Soweit klägerseits geltend gemacht wird, dass aufgrund der Situierung eines Teils der Dammtrasse quer zur Fließrichtung des Wassers bei Überschwemmungen (insbesondere im Süden) sowie der im Zusammenhang mit der Querung von Straßen und Wegen geplanten Aufschüttungen (Querdämme) und der Anlage von Baum- und Strauchpflanzungen auch die Untersagungstatbestände nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 7 WHG erfüllt seien und das Vorhaben deshalb auch an § 78 Abs. 4 WHG zu messen sei, kann dem nicht gefolgt werden. Wie das Landratsamt zutreffend ausführt, handelt es sich bei den „Querbauwerken“ um unselbstständige Teile des nach § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG zu beurteilenden Gesamtvorhabens (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2014 - 8 CS 13.1848 - juris Rn. 26, der insoweit auf die ähnliche baurechtliche Problematik und die entsprechende Kommentierung von Lechner in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Dezember 2013, Art. 2 Rn. 344 m f. verweist). Darüber hinaus ist, worauf das Landratsamt ebenfalls zutreffend hinweist, die Anlage von Bepflanzungen nicht Gegenstand des vom Beigeladenen gestellten Antrags.

1.3.2 Die hochwasserschutzrechtlichen Regelungen in § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 WHG, an denen das Vorhaben nach den vorstehenden Darlegungen ausschließlich zu messen ist, sind nicht drittschützend.

In der Rechtsprechung und im Schrifttum wird die Frage nach der drittschützenden Wirkung der genannten (seit dem 1.3.2010 gültigen) Bestimmungen des vorbeugenden Hochwasserschutzes bzw. der Vorgängerregelungen

- § 32 WHG i. d. F. vom 27.Juli 1957,

- § 32 WHG i. d. F. vom 12. November 1996 und

- § 31b WHG i. d. F. vom 3. Mai 2005

(ggf. in Verbindung mit landesrechtlichen Vorschriften) nicht einheitlich beantwortet. Ein Teil der Rechtsprechung und des Schrifttums bejaht eine drittschützende Wirkung zumindest einzelner Vorschriften über den Hochwasserschutz jedenfalls insoweit, als in diesen ein hochwasserrechtliches Rücksichtnahmegebot enthalten sei, wobei teilweise allerdings an Landesrecht angeknüpft wird (vgl. z. B. BayVGH, U.v. 8.11.1990 - 2 B 90.310 - BayVBl 1991, 247; U.v. 14.2.2005 - 26 B 03.2579 - BayVBl 2005, 726; B.v. 16.9.2005 - 15 CS 09.1924 - sämtliche juris, jeweils allerdings ohne eingehende Begründung; OVG RhPf, U.v. 2.3.2010 - 1 A 10176/09 -; VG Saarl, B.v. 8.5.2012 - 5 L 240/12 -; VG Regensburg, U.v. 21.3.2013 - RO 2 K 11.2064 -; wohl auch (noch) U.v. 11.10.2013 - RO 8 K 13.1095 -; sämtliche juris; Rossi in Sieder/Zeidler/Dahme, WHG und AbwAG, Stand: September 2015, § 78 WHG Rn. 81 f.; Reinhardt in Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 78 Rn. 46; Fassbender/Gläßl, Drittschutz im Wasserrecht, NVwZ 2011, 1094 ff.).

Demgegenüber wird, ausgehend von der grundlegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur (fehlenden) drittschützenden Wirkung der Vorschriften des vorbeugenden Hochwasserschutzes im Beschluss vom 17. August 1972 (Az. IV B 162.71 - Buchholz 445.4 § 32 WHG Nr. 1), von einem weiteren Teil der Rechtsprechung sowie der Literatur eine drittschützende Wirkung verneint (vgl. z. B. NdsOVG, B.v. 20.7.2007 - 12 ME 210/07 - NVwZ 2007,1210; SächsOVG, U.v. 9.6.2011 - 1 A 504/09 - NVwZ-RR 2011, 937; VG Dresden, U.v. 16.6.2009 - 4 K 2574/07 - juris; VG Würzburg, U.v. 8.10.2013 - W 4 K 13.143 - juris; VG Regensburg, U.v. 12.5.2014 - RO 8 K 13.841 - nicht veröffentlicht; Hünneke, in: Landmann/Rohmer, UmweltR I, Stand August 2014, vor § 72 WHG Rn. 36; Jeromin/Praml, Hochwasserschutz und wasserrechtliches Rücksichtnahmegebot, NVwZ 2009, 1079).

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat - soweit ersichtlich - die Frage bislang offen gelassen (B.v. 18.11.2013 - 5 S 2037/13 - NVwZ-RR 2014, 265). Gleiches gilt für den 8. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v.4.2.2014 - 8 CS 13.1848 - und B.v. 16.12.2015 - 8 ZB 14.1471 - beide juris).

Nach Auffassung der Kammer vermitteln die vorliegend inmitten stehenden Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes (§ 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1), die sich von der Vorgängerregelung in § 31b Abs. 4 Satz 3 und 4 WHG i. d. bis zum 28. Februar 2010 gültigen Fassung nur insoweit unterscheiden, als die Genehmigung nunmehr als Ermessensentscheidung ausgestaltet ist, weder unmittelbar noch über das (wasserrechtliche) Rücksichtnahmegebot Drittschutz, so dass die Klagebefugnis nicht mit der möglichen Verletzung der genannten Bestimmungen begründet werden kann.

Nach dem genannten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. August 1972 (Az. IV B 162.71 - Buchholz 445.4 § 32 WHG Nr. 1) ist die Rechtsprechung zum Nachbarschutz im Baurecht sinngemäß auch im Wasserrecht zu berücksichtigen. Danach kann eine Vorschrift nur dann drittschützende Wirkung haben, wenn ein Verstoß gegen sie „Rechte“ des Dritten (Nachbarn) im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG verletzen kann (vgl. bereits BVerwG, U.v. 5.10.1965 - IV C 3.65 - BVerwGE 22, 129, 130). Ob dies der Fall ist, kann nur der jeweiligen Vorschrift entnommen werden. Es ist demnach zu prüfen, ob die Vorschrift dem Dritten ein „Recht“, also eine Rechtsposition einräumen will, die auf dem Klagewege durchgesetzt werden kann. Das ist nur dann zu bejahen, wenn die in Rede stehende Vorschrift einen überschaubaren Personenkreis, seine geschützten Interessen und die Art der Rechtsverletzungen, bezüglich derer Drittschutz gelten soll, hinreichend klar bestimmt (sog. Schutznormtheorie, vgl. z. B. BVerwG, U.v. 17.6.1993 - 3 C 3.89 - BVerwGE 92, 313; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86). Für das Wasserhaushaltsrecht hat die Rechtsprechung eine (unmittelbare) drittschützende Wirkung solchen Vorschriften zuerkannt, die ausdrücklich die Interessen eines betroffenen „Dritten“ als Beteiligten berücksichtigen, wie etwa § 14 Abs. 3 und 4 WHG. Zu den derart gekennzeichneten Vorschriften mit drittschützender Wirkung gehören die Regelungen in § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 WHG nicht. Diese Normen, wie auch deren Vorgängerregelungen, dienen erkennbar allein dem Allgemeinwohl und nicht - auch - bestimmten Dritten. Sie sehen weder ausdrücklich noch nach ihrem Sinn die Berücksichtigung von Interessen oder Rechten dritter „Betroffener“ vor und bestimmen auch nicht hinreichend klar einen überschaubaren Kreis von „Nachbarn“, deren Rechte, zu deren Schutz sie bestimmt sein könnten, und die Art der Rechtsverletzungen, gegen die sie Schutz gewähren könnten. Vielmehr dienen sie ausschließlich dem vorbeugenden Hochwasserschutz zur Vermeidung von unnötigem Wasseraufkommen und richten sich auch nicht an einen überschaubaren Personenkreis. Sie sind damit (wie beispielsweise auch die Regelungen über immissionsschutzrechtliche Vorsorgepflichten, vgl. z. B. BVerwG, B.v. 16.1.2009 - 7 B 47/08 - Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 27) nicht (unmittelbar) drittschützend.

Zur Begründung der drittschützenden Wirkung der genannten Vorschriften kann auch nicht das (wasserrechtliche) Gebot der Rücksichtnahme herangezogen werden. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht auch für wasserrechtliche Gestattungstatbestände ein Rücksichtnahmegebot anerkannt (vgl. BVerwG, U.v. 15.7.1987 - 4 C 56/83 - BVerwGE 78, 40), gleichzeitig jedoch ausgeführt, dass der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz grundsätzlich auch im Wasserrecht aus Rechtsnormen abzuleiten ist, die der Behörde den Schutz bestimmter nachbarlicher Belange auferlegen. Denn das Rücksichtnahmegebot ist keine allgemeine Härteklausel, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften, die damit zugleich Inhalt und Reichweite dieses Gebots bestimmen (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 16.3.1989 - 4 C 36.85 - BVerwGE 81, 329). Entscheidend ist stets nur, was eine konkrete Norm des materiellen Rechts „hergibt“ (Happ, in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 42 Rn.158). Den genannten Vorschriften, an denen das Vorhaben des Beigeladenen wasserrechtlich zu messen ist, lässt sich jedoch, wie oben bereits dargelegt, kein zu schützender bestimmbarer Personenkreis in Abgrenzung zu jedem möglicherweise vom Hochwasser Betroffenen entnehmen (vgl. zum Ganzen SächsOVG, U.v. 9.6.2011 - 1 A 504/09 - NVwZ-RR 2011, 937). Im konkreten Fall reicht das vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiet der Mindel zumindest von B. im Süden bis zur Mündung in die Donau im Norden. Zudem ist die Berechnung der Pegelerhöhung, die der Bau der Ortsumfahrung mit sich bringt, mit erheblichen Ungenauigkeiten, die bei +/- 10 cm liegen, belastet. Es lässt sich demnach nicht hinreichend sicher feststellen, welche Grundstücke dann bei einem 100jährigen Hochwasser zusätzlich geflutet werden.

2. Die Klage ist daher als unzulässig abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; als unterlegener Teil hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Da sich der Beigeladene mit der ausdrücklichen Stellung eines Antrags auf Klageabweisung einem Prozessrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es billigem Ermessen, eine Erstattungspflicht hinsichtlich seiner außergerichtlichen Aufwendungen aus § 162 Abs. 3 VwGO im Urteil auszusprechen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

3. Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob den Vorschriften des vorbeugenden Hochwasserschutzes (§§ 76 ff. WHG) im allgemeinen und § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG im besonderen drittschützende Wirkung zukommt, zugelassen (§ 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs).

Tenor

Hinsichtlich des Antrags der Antragsteller zu 1), 2), 3) und 4) wird das Verfahren eingestellt.

Die aufschiebende Wirkung der Klage (9 K 5196/15) der Antragsteller zu 5) und 6) vom 21. September 2015 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung wird insoweit angeordnet, als die Baugenehmigung auch die Aufschüttung des in dem Lageplan vom 2. Oktober 2014 (Vorlage 8 / 8) als Baufeld B bezeichneten Bereichs erlaubt. Im Übrigen wird der Antrag der Antragsteller zu 5) und 6) abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt, tragen die Antragsteller zu 1) bis 4) und die Antragsgegnerin jeweils zu 1/6, und die Antragsteller zu 5) und 6) jeweils zu 1/12.

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine Baugenehmigung, mit der der Beigeladenen genehmigt wird, ein Baufeld aufzuschütten und eine Unterkunft zur Unterbringung von wohnraumbedürftigen Personen zu errichten.

2

Die Antragsteller zu 1) und 2) sind Eigentümer des Grundstücks A, die Antragsteller zu 3) und 4) des Grundstücks B und die Antragsteller zu 5) und 6) des Grundstücks C.

3

Die Grundstücke der Antragsteller und das Vorhabengrundstück (Flurstück 191 derselben Gemarkung) liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans L. 14 vom 7. Oktober 1999 (HmbGVBl. S. 239). Die Grundstücke der Antragsteller sind als reines Wohngebiet mit eingeschossiger offener Bebauung (WR I o) ausgewiesen. Für das 27.878 m² große Vorhabengrundstück gilt die Festsetzung Gewerbegebiet (GE). Im Norden grenzt an das Vorhabengrundstück ein Grünstreifen entlang des oberirdischen Wasserlaufs der Alten K. und im Anschluss daran im nordwestlichen Teil ein Gewerbegebiet und im nordöstlichen Teil ein ca. 3 ha großer Betriebsplatz, der als Bauhof genutzt wird. Im Osten folgt zunächst das Flurstück 190, das im Bebauungsplan als Parkanlage ausgewiesen ist und das von den Eigentümern der Häuser entlang A-Straße als Gartenfläche genutzt wird und dann ein reines Wohngebiet, in dem das Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) liegt. Dieses ist ca. 30 m vom Vorhabengrundstück entfernt. Im Westen schließt sich ein allgemeines Wohngebiet an. Im Süden liegt zunächst die B-Straße und dann im südwestlichen Bereich das reine Wohngebiet, in dem die Grundstücke der Antragsteller zu 1) bis 4) liegen und im südöstlichen Bereich ein Rückhaltebecken für die G..

4

Im Bebauungsplan sind die folgenden weiteren Festsetzungen getroffen: In der Mitte des Vorhabengrundstücks sind ein ca. 12.650 m² großes Baufeld für eine zwei- bis dreigeschossige, 9 m bzw. 12 m hohe Gewerbebebauung und ein ca. 3400 m² großes Baufeld für eine Stellplatzanlage (St) ausgewiesen. Im südlichen und östlichen Bereich des Vorhabengrundstücks ist eine Fläche als Oberflächenentwässerung unverbindlich vorgemerkt. An der gesamten südlichen Grundstücksgrenze hin zur Straße H. ist eine Fläche zur Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern vorgesehen. Das Vorhabengrundstück soll von Norden her über den W.-weg. und eine noch herzustellende Überfahrt über die Alte K. etwa in der Mitte der nördlichen Grundstückseite erschlossen werden.

5

Das derzeit unbebaute und mit Hochstauden und Büschen bewachsene Vorhabengrundstück und das Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) befinden sich in dem seit dem 16. Juli 2014 vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet der K.. Dieses umfasst die Gewässer K., Alte K. und G.. Die Alte K. fließt erstmalig oberirdisch am nördlichen Ende der Straße H.. Die Quelle besteht aus einem Sielauslass mit 300 mm Durchmesser auf 7,02 m (+NN). Danach fließt sie in östlicher Richtung u.a. entlang der nördlichen Seite des Vorhabengrundstücks bis sie nach 410 m in ein Rohr (Durchmesser 600 mm), nach weiteren 9 m in das unter dem W.-weg. liegende und bereits die G. führende Regenwassersiel (Durchmesser 1100 mm) und nach weiteren 195 m in die K. mündet. Die K. fließt in östliche Richtung u.a. unter der Brücke N. Straße hindurch und mündet in die T., die ihrerseits in die Alster mündet. Die westlich und östlich des W.-weg.s gelegenen Abschnitte der Alten K. sind durch eine Mauer getrennt.

6

Die Geländehöhe des Vorhabengrundstücks im derzeitigen Zustand liegt zwischen 7,40 m (+ NN) im nordöstlichen und etwa 8 m (+ NN) im südwestlichen Teil. Dabei besteht ein leichtes Gefälle sowohl nach Norden zur Alten K. als auch nach Osten. Die exakte Geländehöhe des Grundstücks der Antragsteller zu 5) und 6) liegt dem Gericht nicht vor. Aus dem FHH-Atlas und dem von den Antragstellern vorgelegten Ausschnitt aus der allgemeinen Vermessungskarte des Landesbetriebs Geoinformation und Vermessung ergibt sich eine Geländehöhe zwischen etwa 7,6 m (+ NN) an der westlichen Grundstücksgrenze und ca. 8,2 m (+ NN) vor der östlichen Seite des auf dem Grundstück befindlichen Wohngebäudes. Die Geländehöhen um das Wohngebäude herum liegen zwischen etwa 7,8 m (+ NN) vor der nördlichen und ca. 8,2 m (+ NN) vor dem südlichen Teil der östlichen Gebäudeseite. Das Wohngebäude ist nicht unterkellert.

7

Im Oktober 2014 beantragte die Beigeladene, ein städtisches Unternehmen, das soziale Dienstleistungen im Bereich der Betreuung und des Wohnens erbringt, eine Baugenehmigung gemäß § 62 HBauO zur Errichtung von 13 Pavillon-Häusern zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung von bis zu 288 wohnraumbedürftigen Personen. Sie beabsichtigt, die Geländehöhe des 16.245 m² großen Baufeldes (Baufeld A ca. 9215 m² und Baufeld B ca. 7030 m²) von derzeit zwischen 7,50 m und 8 m (+ NN) auf 8,10 m (+ NN) aufzuhöhen. Die Pavillon-Häuser sollen auf dem Baufeld A errichtet werden. Die das Baufeld umgebende Fläche des Vorhabengrundstücks (im Folgenden: Flutmulde) soll auf 7,40 m (+ NN) abgesenkt werden. Für die Regenrückhaltung waren zunächst zwei gesonderte Becken geplant. Nunmehr soll die Fläche für die Regenrückhaltung in der Flutmulde liegen und auf 7,20 m (+ NN) abgegraben werden. An der nordöstlichen und der nordwestlichen Ecke des Vorhabengrundstücks (in einer Entfernung von ca. 27 m von der östlichen bzw. westlichen Grundstücksgrenze) sind jeweils Einleitstellen als Öffnungen in der Böschung zur Alten K. mit einem Abtrag auf 7,20 m (+ NN) und dem Einbau von Ablaufdrosselungen vorgesehen.

8

In seinem Bericht zu den wasserwirtschaftlichen Auswirkungen des Bauvorhabens H. 60 vom 21. Oktober 2014 stellte der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer Hamburg (LSBG) fest, dass durch das Vorhaben das Hochwasserretentionsvolumen nicht verringert und der Wasserspiegel bei einem Hochwasser – selbst im Fall eines hundertjährlichen Regenereignisses HQ100 – nicht verändert werde.

9

Mit Bescheid vom 26. Januar 2015 erteilte die Antragsgegnerin die beantragte Baugenehmigung. Diese umfasst u.a. zwei wasserrechtliche Ausnahmegenehmigungen gemäß § 78 WHG für die Errichtung der geplanten Unterkünfte und der dazu notwendigen Geländeaufhöhungen und Erdbewegungen im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet sowie zur Einleitung von Oberflächenwasser vom Vorhabengrundstück über zwei Einleitstellen im Umfang von insgesamt maximal 1,96 l/Sekunde. Außerdem wurden der Beigeladenen Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB von der Anforderung, die Dachflächen mit 20 cm starkem Substrataufbau zu begrünen (§ 2 Nr. 4 der Verordnung zum Bebauungsplan L. 14), für das Überschreiten der maximalen Bautiefe der Gebäudezeilen (18,75 m statt 16 m) und von der vorgesehenen Nord-Süd-Ausrichtung der Gebäude auf den im Bebauungsplan mit (A) gekennzeichneten Flächen in zwei Fällen (§ 2 Nr. 5 der Verordnung zum Bebauungsplan L. 14) sowie für die Reduzierung von 5 m auf 2 m Breite und teilweise Veränderung der Lage des zu bepflanzenden Bereichs entlang der westlichen und südlichen Grundstücksgrenze erteilt. Des Weiteren erhielt die Beigeladene eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB für das Abweichen von der zulässigen Art der baulichen Nutzung im Gewerbegebiet für eine Anlage für soziale Zwecke.

10

Gemäß der hochwassergefahrenrechtlichen Auflagen der Baugenehmigung sind – wie beantragt – das Baufeld aufzuhöhen und die Flutmulde und die Fläche für die Regenrückhaltung abzusenken. Nach den wasserrechtlichen Auflagen ist das anfallende Niederschlagswasser derart auf dem Vorhabengrundstück zurückzuhalten, dass die höchstzulässigen Einleitungen in die Alte K. gemäß der wasserrechtlichen Einleiterlaubnis eingehalten werden.

11

Gegen die Baugenehmigung erhoben die Antragsteller Widerspruch. Sie führten u.a. aus, dass das Vorhaben nicht genehmigungsfähig sei, da die Voraussetzungen des drittschützenden § 78 Abs. 4 i.V.m. Abs. 6 WHG nicht eingehalten würden. Durch das Vorhaben werde der Retentionsraum im Überschwemmungsgebiet der K., Alten K. und G. erheblich verringert. Der Bericht des LSBG vom 21. Oktober 2014 sei fehlerhaft, insbesondere seien die Auswirkungen des hohen Grundwasserspiegels auf dem Vorhabengrundstück nicht berücksichtigt worden. Außerdem sei das Einzugsgebiet der Alten K. von der Antragsgegnerin fehlerhaft dargestellt worden. Der unmittelbar angrenzende 3,3 ha große und großflächig versiegelte Bauhof am W.-weg. sei nicht berücksichtigt worden, obwohl mehrere große Betonrohre vom Bauhofgelände zur Alten K. führen würden. Schließlich sei der Pegel des Jahrhunderthochwassers im Bereich der K. zu niedrig angegeben. Bereits das Hochwasser im Jahr 2013, das ein zehnjähriges Hochwasser gewesen sei, habe den der Berechnung zugrunde gelegten Pegel um ca. 33 cm überschritten.

12

Im Auftrag der Beigeladenen erstellte die BBI Geo- und Umwelttechnik Ingenieurgesellschaft mbH ein Gutachten vom 11. Juni 2015 zur „Abschätzung der Interaktion zwischen Grundwasser und Oberflächengewässern und Auswirkungen auf die Höhe des Grundwasserstandes insbesondere während der kritischen Nassphasen“. Darin stellte sie fest, dass der Grundwasserspiegel auf dem Vorhabengrundstück voraussichtlich unter 7,4 m (+NN) bleiben werde. Selbst bei einem unwahrscheinlichen Anstieg des Grundwasserspiegels auf 7,4 m (+NN) würde sich die Überschwemmungssituation im Umfeld nicht verschlechtern.

13

Am 6. August 2015 haben die Antragsteller den vorliegenden Antrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Sie wiederholen und vertiefen ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend tragen sie vor, dass trotz der Untersuchung der BBI vom 11. Juni 2015 die Auswirkungen eines hohen Grundwasserstandes auf dem Vorhabengrundstück weiterhin unklar seien. Bestehende Zweifel würden aber zu Lasten der Beigeladenen gehen, da diese nachzuweisen habe, dass ihr Vorhaben alle Genehmigungsvoraussetzungen erfülle. Die Genehmigung, auch das Baufeld B aufzuhöhen, für das noch keine Bebauung genehmigt sei, sei eine Vorratsgenehmigung, die nicht mit der Pflicht, die Auswirkungen auf den Hochwasserschutz zu minimieren, vereinbar sei. Auch die erteilten Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB bezüglich der Begrünung der Dachflächen und hinsichtlich der Ausrichtung der Gebäude seien rechtswidrig. Des Weiteren sei die Baugenehmigung hinsichtlich der Baufelder A und B nicht teilbar. Eine solche Teilung sei auch deshalb problematisch, weil das Gelände des Vorhabengrundstücks von West nach Ost in der Höhe abfalle. Der überwiegende zusätzliche Retentionsraum werde im Bereich der Flutmulde um das Baufeld B herum geschaffen. Werde diese nicht hergerichtet sondern lediglich das Baufeld A realisiert, so verschärfe sich die Hochwassersituation für die östlichen Anlieger im Vergleich zur Realisierung beider Baufelder.

14

Die Antragsteller haben im laufenden Verfahren ein Gutachten des Ingenieurbüros GMTU vom 31. August 2015 zur Entwässerungssituation im Umfeld des Bauvorhabens, einen ersten Nachtrag zu diesem Gutachten vom 10. September 2015 sowie ein Schreiben des Ingenieurbüros GMTU vom 6. November 2015 an die Antragsteller zu 5) und 6) vorgelegt. Die Antragsgegnerin hat eine ergänzende Stellungnahme der BBI vom 11. September 2015 und eine ergänzende Stellungnahme des LSBG und des Amtes für Umweltschutz „Beitrag zur Frage der höchsten zu erwartenden Grundwasserstände“ (Bl. 392 d.A.) zur Akte gereicht. Auf den Inhalt dieser Stellungnahmen wird Bezug genommen.

15

Die Antragsteller tragen außerdem vor, dass auch das ergänzende Gutachten der BBI vom 11. September 2015 die Zweifel an dem ausreichenden Hochwasserschutz nicht beseitige. Die Grundwassersituation auf dem Vorhabengrundstück müsse in Interaktionen mit Starkregenereignissen über einen längeren Zeitraum ermittelt und bewertet werden. Dies sei bisher nicht ausreichend geschehen. Bei einem Hochwasserfall und einem dadurch verursachten Rückstau in der Alten K. werde die Flutmulde auf dem Vorhabengrundstück geflutet. Dieses einfließende Wasser könne direkt den hydrostatischen Druck des Grundwassers erhöhen und so bewirken, dass das Grundwasser entsprechend beschleunigt in Richtung der Keller der Nachbarbebauung gedrückt werde. Die Gefahr solcher Flutmulden bestehe gerade darin, dass die direkte Verbindung zum Grundwasser geöffnet werde. Bei der Bemessung der Flutmulden und Regenrückhaltebecken seien die Regenreihen der Antragsgegnerin angewendet worden. Richtigerweise hätten aber die Daten des KOSTRA-Atlas, der von höheren Regenmengen ausgehe, angewendet werden müssen.

16

Die Hochwassergefahr und der zu erwartende Wasserstand bei einem Hochwasser würden von der Antragsgegnerin falsch eingeschätzt, weil sie allein auf den automatischen Pegel Nr. 99344 an der K. abstelle. Von diesem Pegel ausgehend berechne sie den Wasserstand in der K. stromaufwärts und auch in der Alten K.. Dieser Pegel liege aber vom Vorhabengrundstück aus stromabwärts hinter der Brücke N. Straße, welche einen Engpass darstelle. Dieser Engpass führe zusammen mit einer zu befürchtenden Verklausung (sich ansammelndes Treibgut) im Brückenbereich dazu, dass der Wasserstand stromaufwärts vor der Brücke N. Straße aufgrund der Aufstauung deutlich höher als berechnet sei. Dies sei auch der Grund, weshalb das Hochwasser im Jahr 2013 einen derart hohen Stand flussaufwärts in der K. und in der Alten K. erreichen konnte. Die Verklausung dürfe nicht aus der Modellrechnung herausgerechnet werden. Denn dass sich Treibgut bei einem Hochwasser in dem Engpass der Brücke N. Straße festsetze, sei regelmäßig zu erwarten.

17

Bereits ein einziger Dauerregentag, wie der 15. November 2015, führe dazu, dass es stromaufwärts vor der Brücke N. Straße zu einem Rückstau komme, der sich auf den Wasserstand der Alten K. und der G. auswirke. An diesem Tag sei am Pegel Nr. 99344 ein Wasserstand von etwa 6,5 m (+NN) gemessen worden, während die Alte K. einen Wasserstand von 7,4 m (+NN) erreicht habe. Auf dem Grundstück Wehmerstieg 15b sei der Grundwasserspiegel vom 15. November (20.30 Uhr) bis zum 16. November 2015 (5.47 Uhr) um 50 cm angestiegen.

18

Das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens überwiege auch nicht deshalb, weil die Pavillonhäuser kurzfristig wieder entfernt werden könnten. Denn die Hochwassergefahr werde vor allem durch die Aufschüttung der Vorhabenfläche ausgelöst. Es sei nicht ersichtlich, dass die Aufschüttung leicht wieder rückgängig gemacht werden könnte.

19

Die Antragsteller beantragen,

20

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 5. Juni 2014 gegen den Bescheid des Fachamtes Bauprüfung vom 26. Januar 2015 anzuordnen.

21

Die Antragsgegnerin beantragt,

22

den Antrag abzulehnen.

23

Zur Begründung führt sie u.a. aus, dass die Baugenehmigung die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletze. § 78 WHG sei nicht drittschützend. Das Vorhaben sei nicht rücksichtslos. Es sei schon fraglich, ob das Rücksichtnahmegebot überhaupt zur Anwendung komme. Selbst wenn das wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot anwendbar sein sollte, so wäre es im vorliegenden Fall nicht verletzt. Denn das Vorhaben verschärfe die Hochwassergefahr nicht unzumutbar. Selbst bei einem hundertjährlichen Hochwasserereignis (HQ100) zeige die Detailkarte des vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiets der K., dass lediglich der rückwärtige Gartenbereich der Antragsteller zu 5) und 6) mit einem niedrigen Pegel überschwemmt sei. Es sei den Antragstellern zu 5) und 6) zuzumuten, zunächst eigene Schutzmaßnahmen für ihren Garten zu ergreifen. Darüber hinaus werde die Situation des Grundstücks der Antragsteller zu 5) und 6) durch das genehmigte Vorhaben nicht verschlechtert. Weder die Hochwasserrückhaltung noch der Abfluss des Hochwassers würden durch das Vorhaben beeinträchtigt. Zwar vergrößere sich bei Hochwassern zwischen HQ1 und HQ10 der Abfluss, er verbleibe aber auch nach Umsetzung des Bauvorhabens im Flussbett der Alten K.. Diese ufere nicht aus. Bei Wasserständen oberhalb eines HQ10 vergrößere sich zwar der Abfluss des Hochwassers ebenfalls und das Gewässer ufere aus. Jedoch werde die Ausuferung nicht vergrößert. Die Änderungen würden sich ausschließlich auf die Fläche des Vorhabengrundstücks beziehen. Grundwasserstand, Regenereignis und Hochwasser seien drei Ereignisse, die sich unabhängig voneinander verhalten würden. Nur in einem äußerst unwahrscheinlichen Szenario würden ein sehr hoher Grundwasserstand, ein fünfjährliches Regenereignis und ein 100jährliches Hochwasser aufeinandertreffen. Selbst für dieses Szenario würden die Vorkehrungen auf dem Vorhabengrundstück ausreichen.

24

Das bislang höchste gemessene Hochwasser an der K. am Pegel 99344 habe einen Wasserstand von 6,84 m (+ NN) am 22. Mai 2013 gehabt. Das hundertjährliche Hochwasser HW 100 liege an dieser Stelle bei 7,02 m (+ NN).

25

Es liege keine unzulässige Vorratsgenehmigung vor, da die Geländeaufhöhung und die Errichtung der Pavillonhäuser untrennbar miteinander verbunden seien und eine bauliche Anlage im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 HBauO darstellen würden.

26

Ein Anstieg des Grundwasserpegels auf über 7,40 m (+ NN) sei auf dem Vorhabengrundstück nicht zu erwarten. Die am Nordrand des Vorhabengrundstücks liegende Sohle der Alten K. befinde sich auf einem Niveau von ca. 6,70 m (+ NN), das Regenwassersiel unter dem W.-weg. liege auf einem Niveau von 6,10 m (+ NN), die K. habe an der Einmündung des Regenwassersiels eine Sohlenhöhe von 5,80 m (+ NN) und die T. liege an der Einmündung der K. auf 4,30 m (+ NN). Das Grundwasser folge diesem Gefälle und fließe deshalb regelmäßig ab. Da Grundwasser nur eine sehr geringe Fließgeschwindigkeit aufweise und ein Anstieg damit zeitlich verzögert eintrete, würde sich die Retentionsfläche stets zunächst mit Niederschlagswasser füllen.

27

Selbst wenn es bei Hochwasserereignissen zu einer Umkehr der Fließrichtung des Grundwassers kommen würde, so wäre das wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot nicht verletzt, denn diese Umkehr trete bei länger anhaltenden Regenereignissen und einem Rückstau aus der K. unabhängig von der Durchführung des Vorhabens auf.

28

Die genehmigte Aufhöhung und Abtragung des Bodens wirke sich auch nicht auf den Grundwasserstand auf dem Vorhabengrundstück und in der Umgebung aus. Das Grundwasser sickere unterhalb der Abtragungs- und anschließend der Aufhöhungsfläche hindurch und werde über das natürliche Gefälle über die Alte K. abgeleitet.

29

Das Einzugsgebiet der Alten K. sei richtig dargestellt. Der Bauhof entwässere überwiegend und damit maßgeblich in ein eigenes internes Sielsystem (Ringsystem). Große Teilflächen des Geländes, insbesondere der zwischen den Gebäuden befindliche Waschplatz für Fahrzeuge, würden in ein Schmutzwassersiel entwässern. Da sich Niederschlagswasser, das auf diesen Flächen anfalle, nicht von dem Schmutzwasser trennen lasse, werde dieses ebenfalls in das Schmutzwassersiel eingeleitet.

30

Der Wasserstand am 22. Mai 2013 sei nicht heranzuziehen, da es sich um einen gestörten Wert handele. Infolge von Niederschlägen am 18., 21. und 22. Mai 2013 sei der Boden vollkommen gesättigt gewesen, so dass eine Versickerung nicht mehr möglich gewesen und es zu einem direkten Oberflächenabfluss gekommen sei. Dieser Abfluss habe eine Jährlichkeit aufgewiesen, die seltener eintrete als ein Abfluss mit entsprechender Versickerung. Darüber hinaus sei es aller Voraussicht nach zu einer Verklausung an der Brücke N. Straße gekommen. Nach Auskunft der zuständigen Wasserbehörde habe trotz vorheriger Reinigung des Durchlasses unter der Brücke N. Straße am 22. Mai 2013 eine Verklausung vorgelegen. Der Durchlass sei am 22. und 24. Mai 2013 gereinigt worden und es seien ca. 1,8 m³ und 1,9 m³ Äste entfernt worden. Diese Verklausung sei bei der Modellrechnung außer Betracht zu lassen. Sie lasse sich als spontanes Ereignis auch nicht in die Rechnung einspeisen. Das Vorhaben wirke sich nicht negativ auf den Durchlass unter der N. Straße und einen ggf. eintretenden Rückstau aus.

31

Die zuständigen Behörden würden Maßnahmen gegen die auftretenden Verklausungen an der Brücke N. Straße unternehmen. Im Normalfall kontrolliere der Gewässerwart die Brücke alle drei bis vier Wochen und bei Hochwasser oder Starkwindlage mehrmals pro Woche. Würden Verklausungen entdeckt, so würden sie noch am selben oder am darauffolgenden Tag beseitigt. Darüber hinaus sei geplant, die Leistungsfähigkeit des Durchlasses zu erhöhen. Zwar seien die in dem Durchlass die K. querenden Hauptstromleitungen nicht mit vertretbarem Aufwand zu verlegen. Jedoch seien die Leitungen bisher durch längs der Fließrichtung verlaufende Stahlbänder gegen Treibgut geschützt. In diesen Stahlbändern würde sich Treibgut verfangen und zu Verklausungen führen. Die Leitungen würden zukünftig vollflächig mit Blechen verkleidet, um die Verklausungsgefahr zu verringern. Zudem solle – soweit technisch möglich – die Sohle des Durchlasses vertieft werden, um den Abflussquerschnitt zu vergrößern. Eine Umsetzung der Maßnahmen werde im Frühsommer 2016 angestrebt.

32

In Hamburg seien zur Berechnung der benötigten Größe von Regenrückhaltebecken die Hamburger Regenreihen anzuwenden. Selbst wenn die höhere Niederschlagsspende nach KOSTRA angewendet würde, würde sich dies auf das Rückhaltevolumen nur geringfügig auswirken.

33

Die Baugenehmigung sei teilbar. Die Aufhöhung und Errichtung der Pavillonhäuser in Baufeld A lasse sich unabhängig von der Aufhöhung des Baufeldes B realisieren. Die bisherigen Ausführungen bezögen sich nur auf die Frage, ob eine einheitliche bauliche Anlage vorliege. Entscheidend komme es auf den Willen des Bauherrn an.

34

Im Rahmen der Interessenabwägung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sei zu berücksichtigen, dass kein typischer Fall gegeben sei. Der Eintritt der von den Antragstellern geltend gemachten Beeinträchtigungen und die Gefahr einer weiteren Verfestigung des Vorhabens seien von geringer Wahrscheinlichkeit. Die Pavillonhäuser könnten in kurzer Zeit entfernt und an anderer Stelle wieder aufgestellt werden.

35

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie schließt sich dem Sachvortrag und der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin an. Ergänzend trägt sie vor, dass weder nach dem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck des § 78 Abs. 3 WHG eine Ausnahmegenehmigung voraussetze, dass jede denkbare Beeinträchtigung aus unwahrscheinlichen Kumulationen von extremen Hochwassern, Grundwasserständen und ggf. Regenfällen auszuschließen sei. Durch das Vorhaben der Beigeladenen werde sich die Hochwassergefährdung der Grundstücke der Antragsteller nicht in erheblicher Weise verschlechtern. Die Antragsteller hätten schon nicht vorgetragen, inwiefern sich ihre Situation konkret verschlechtern werde. Die Antragsteller zu 5) und 6) würden durch die von ihnen genutzten Gebäude den Hochwasserabfluss bzw. die Grundwasserverhältnisse in ähnlicher Weise beeinträchtigen wie das Vorhaben der Beigeladenen. Sie könnten der Beigeladenen nicht verwehren, was sie selbst für sich in Anspruch nehmen würden.

36

Die Baugenehmigung sei in Bezug auf die Baufelder A und B teilbar. Die Beigeladene habe auch an einer isolierten Verwirklichung des auf dem Baufeld A geplanten Bauvorhabens ein gewichtiges Interesse. Im Übrigen bestehe eine Notlage angesichts des Mangels an Plätzen für die öffentlich-rechtliche Unterbringung in Hamburg.

37

Mit Widerspruchsbescheiden vom 14. August 2015, den Antragstellern am 19. August 2015 zugestellt, hat die Antragsgegnerin die Widersprüche der Antragsteller zurückgewiesen. Dagegen haben lediglich die Antragsteller zu 5) und 6) am 21. September 2015, einem Montag, Klage erhoben (9 K 5196/15). Mit Schreiben vom 20. November 2015 haben die Antragsteller zu 1) bis 4) ihren Antrag zurückgenommen.

38

Mit Zwischenverfügung vom 17. August 2015 hat das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 2. März 2015 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 26. Januar 2015 hinsichtlich der Aufschüttung des Baufeldes B bis zu einer abschließenden Entscheidung des Gerichts über den Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes angeordnet.

II.

39

Da die Antragsteller zu 1) bis 4) ihren Antrag zurückgenommen haben, ist das Verfahren insoweit gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

40

Den Antrag der Antragsteller zu 5) und 6) legt die Kammer gemäß § 88 VwGO i.V.m. § 122 Abs. 1 VwGO dahingehend aus, dass diese beantragen, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (9 K 5196/15) gegen die Baugenehmigung vom 26. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2015 anzuordnen.

41

1. Dieser Antrag hat teilweise Erfolg. Er ist zulässig, insbesondere gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO statthaft, da der Klage der Antragsteller zu 5) und 6) gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung zukommt.

42

Der Antrag ist teilweise begründet. Er ist nicht deshalb in vollem Umfang abzulehnen, weil – nach Auffassung der Antragsgegnerin – im Rahmen der Interessenabwägung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes das öffentliche Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsplätze unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung und den Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren die Interessen der Antragsteller zu 5) und 6) überwiege [a)]. Vielmehr überwiegt unter Berücksichtigung der offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache [b)] das Interesse der Antragsteller zu 5) und 6) daran, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Rechtsbehelf keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, das öffentliche Vollzugsinteresse und die Interessen der Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung insoweit, als bei einer Aufschüttung auch des Baufeldes B die Gefahr besteht, dass das Vorhaben die Hochwassersituation auf dem Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) unzumutbar beeinträchtigt [c)]. Deshalb ist die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auszusprechen. Im Übrigen überwiegen die Interessen der Beigeladenen und das öffentliche Vollzugsinteresse.

43

a) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin überwiegt im Rahmen der Interessenabwägung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes das öffentliche Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsplätze nicht unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung und den Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren die Interessen der Antragsteller zu 5) und 6). Die Antragsgegnerin verweist insoweit auf den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 1992 (Bs II 122/92, juris). Dieser Beschluss beruhte maßgeblich darauf, dass dem Gericht die Gefahr einer weiteren Verfestigung des Vorhabens (eines Containerdorfs), die es den damaligen Antragstellern erschweren würde, später eintretende Beeinträchtigungen effektiv abzuwenden, gering erschien. Die Eigenart des errichteten Containerdorfes ermögliche es, die Baukörper in kurzer Zeit wieder zu entfernen und an anderer Stelle aufzustellen, ohne dass damit Bausubstanz zerstört würde (OVG Hamburg, Beschl. v. 14.12.1992, a.a.O., Rn. 15). Diese Wertung ist nicht auf das vorliegende Verfahren zu übertragen, denn die Antragsteller wehren sich nicht gegen die Errichtung der (vergleichsweise leicht zu versetzenden) Pavillonhäuser, sondern gegen die geplanten großflächigen Aufschüttungen und Abgrabungen. Diese umfangreichen Erdarbeiten führen zu einer erheblichen Verfestigung des Vorhabens und sind nicht ohne erheblichen Aufwand wieder rückgängig zu machen.

44

b) Die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache sind nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung offen. Ob die angegriffene Baugenehmigung vom 26. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2015 die Antragsteller in ihren subjektiven Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt und deshalb im Hauptsacheverfahren aufzuheben sein wird, ist offen. Ein Grundstückseigentümer kann sich gegen ein Bauvorhaben auf einem Nachbargrundstück nur dann mit Erfolg zur Wehr setzen, wenn die Genehmigung dieses Vorhabens ihn in seinen eigenen Rechten verletzt, also gegen solche baurechtlichen Bestimmungen verstößt, die nach dem erkennbaren Willen des Normgebers ein subjektiv-öffentliches (eigenes) Abwehrrecht des betroffenen Nachbarn begründen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.9.1986, 4 C 8/84, juris, Rn. 11; OVG Hamburg, Beschl. v. 7.5.1990, Bs II 65/90, juris, Rn. 6). Demgegenüber kann durch den Drittbetroffenen weder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes noch im Hauptsacheverfahren eine umfassende Kontrolle der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Baugenehmigung erreicht werden. Insofern kommt es nicht darauf an, ob das Bauvorhaben objektiv genehmigungsfähig war oder ist. Entscheidungserheblich ist vielmehr allein, ob durch die Baugenehmigung solche Normen verletzt sind, die die Antragsteller zu 5) und 6) schützen sollen.

45

Ob dies hier der Fall ist, ist offen. Zwar verletzt die angegriffene Baugenehmigung aller Voraussicht nach keine nachbarschützenden Vorschriften des Bauordnungsrechts. Insbesondere hält die Baugenehmigung die gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 1 HBauO allein nachbar-schützende Mindesttiefe der Abstandsflächen von 2,50 m ein. Auch steht den Antragstellern zu 5) und 6) kein Gebietserhaltungsanspruch zu [aa)]. Des Weiteren sind die der Beigeladenen erteilten Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Vorgaben des Bebauungsplans lediglich am Rücksichtnahmegebot zu messen [bb)]. Außerdem ist die Vorschrift des § 78 Abs. 3 und 4 WHG nicht unmittelbar drittschützend [cc)]. Jedoch ist offen, ob das Gebot der Rücksichtnahme – sei es das wasserrechtliche oder das baurechtliche – durch die von dem Vorhaben der Beigeladenen verursachten Auswirkungen auf die Hochwassersituation verletzt wird [dd)].

46

aa) Die Antragsteller zu 5) und 6) haben zu Recht nicht geltend gemacht, dass ihnen ein Gebietserhaltungsanspruch gegen das in einem anderen Baugebiet liegende Vorhaben zusteht, denn Anhaltspunkte dafür, dass ein gebietsübergreifender Gebietserhaltungsanspruch besteht, sind nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund kann auch dahinstehen, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB für das Abweichen von der zulässigen Art der baulichen Nutzung im Gewerbegebiet vorliegen.

47

bb) Es muss nicht entschieden werden, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB - etwa die Wahrung der Grundzüge der Planung - für die der Beigeladenen erteilten Befreiungen von der Anforderung, die Dachflächen mit 20 cm starkem Substrataufbau zu begrünen, für das Überschreiten der maximalen Bautiefe der Gebäudezeilen (18,75 m statt 16 m), von der vorgesehenen Nord-Süd-Ausrichtung der Gebäude in auf den im Bebauungsplan mit (A) gekennzeichneten Flächen in zwei Fällen sowie für die Verkleinerung und teilweise Veränderung der Lage des zu bepflanzenden Bereichs entlang der westlichen und südlichen Grundstücksgrenze vorliegen. Hinsichtlich des Nachbarschutzes im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB ist nämlich danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans oder von nichtdrittschützenden Festsetzungen befreit wird (hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Beschl. v. 8.7.1998, 4 B 64/98, juris, Rn. 5 f.; OVG Hamburg, Beschl. v. 7.9.2012, 2 Bs 165/12, juris, Rn. 27). Weicht ein Bauvorhaben von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans ab, hat der Dritte einen Rechtsanspruch auf Einhaltung der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB. Bei der Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans hat der Nachbar lediglich ein subjektiv öffentliches Recht auf Würdigung seiner nachbarlichen Interessen; unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung die Rechte des Nachbarn verletzt, ist dabei nach den Maßstäben zu beantworten, die das Bundesverwaltungsgericht zum drittschützenden Gebot der Rücksichtnahme i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO entwickelt hat (BVerwG, Beschl. v. 8.7.1998, a.a.O.). Für den Nachbarn bedeutet das, dass er ein Bauvorhaben, für das eine Befreiung erteilt wurde, in diesem Fall nur dann mit Erfolg angreifen kann, wenn dieses ihm gegenüber rücksichtslos ist (OVG Hamburg, Beschl. v. 7.9.2012, a.a.O, Rn. 29).

48

Vor diesem Hintergrund können sich die Antragsteller zu 5) und 6) gegen die der Beigeladenen erteilten Befreiungen nur im Rahmen des Rücksichtnahmegebots wehren. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Festsetzungen, von deren Einhaltung die Beigeladene nach § 31 Abs. 2 BauGB befreit wurde, zum Schutz der Antragsteller zu 5) und 6) getroffen wurden. Vielmehr dienen diese Festsetzungen ausweislich der Begründung des Bebauungsplans L. 14 dazu, „eine städtebaulich und ökologisch möglichst verträgliche Einbindung“ des Gewerbegebiets in angrenzende Wohn- und Grünflächen zu erreichen (S. 5).

49

cc) Die Antragsteller zu 5) und 6) können eine Rechtsverletzung nicht allein darauf stützen, dass die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 78 Abs. 3 bzw. 4 WHG nicht vorliegen, denn diese Norm ist nicht unmittelbar drittschützend.

50

Etwas Anderes folgt nicht aus den von den Antragstellern zitierten rechtswissenschaftlichen Texten. Faßbender/Gläß gehen ausschließlich von einem Drittschutz im Rahmen des Rücksichtnahmegebots aus (NVwZ 2011, 1094, 1097). Allerdings dürfte ein unmittelbarer Drittschutz von der Kommentierung von Czychowski/Reinhardt zum Wasserhaushaltsgesetz vertreten werden. Diese ist zwar nicht eindeutig, da der Autor lediglich ausführt, dass sich ein Nachbar gegen die Genehmigung von Vorhaben in Überschwemmungsgebieten mit der Anfechtungsklage wehren kann (Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl., 2014, § 78, Rn. 46). Dies dürfte aber im Sinne eines unmittelbaren Drittschutzes des § 78 WHG zu verstehen sein, da Reinhardt an anderer Stelle davon ausgeht, dass die Schutzvorschriften für Überschwemmungsgebiete unmittelbar drittschützend sind (DÖV 2011, 135, 140). Dies beruht aber nicht auf einer detaillierten Auslegung des § 78 WHG, sondern darauf, dass Reinhardt die Rechtsfigur des Rücksichtnahmegebots als zu konturlos ablehnt, um entscheiden zu können, welche wasserhaushaltsgesetzlichen Vorschriften Drittschutz vermitteln (Reinhardt, a.a.O., 142). Demgegenüber ist die Kammer der Ansicht, dass entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Wasserhaushaltsgesetz ein Drittschutz nur im Rahmen des Rücksichtnahmegebots – sei es wasserrechtlich oder baurechtlich – in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.7.1987, 4 C 56/83, juris).

51

Etwas anderes folgt auch nicht aus den von den Antragstellern zitierten Entscheidungen. Soweit sich die Antragsteller auf den nicht veröffentlichten Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes des Oberverwaltungsgerichts Koblenz vom 19. Juni 2008 (1 B 10321/07) berufen, folgt dies schon daraus, dass das Gericht in seinem Urteil im nachfolgenden Hauptsacheverfahren klargestellt hat, dass es für die Entscheidung unerheblich sei, ob ein Vorhaben objektiv rechtmäßig im Überschwemmungsgebiet zugelassen worden sei (OVG Koblenz, Urt. v. 2.3.2010, 1 A 10176/09, juris, Rn. 28). Denn Drittschutz könne alleine in dem aus der maßgeblichen wasserrechtlichen Norm ableitbaren Rücksichtnahmegebot begründet sein. Dieses sei nur dann verletzt, wenn die angegriffene behördliche Maßnahme zu einer von den Betroffenen nicht hinnehmbaren Beeinträchtigung führe.

52

Auch das Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) wendet in seinem Beschluss zu § 78 Abs. 2 Nr. 3 und 7 WHG vom 27. April 2012 der Sache nach die Anforderungen des Rücksichtnahmegebots an. Drittschutz komme nur in Betracht, wenn aufgrund der konkreten Umstände des jeweiligen Falles tatsächlich feststellbare Beeinträchtigungen der Nachbarn zu erwarten sind (VG Neustadt (Weinstraße), Beschl. v. 27.4.2012, 4 L 290/12.NW, juris, Rn. 51 unter expliziter Bezugnahme auf OVG Koblenz, Urt. v. 2.3.2010, a.a.O., das sich auf das Rücksichtnahmegebot stützt).

53

Der Verwaltungsgerichtshof München hat zwar in seinem Beschluss vom 16. September 2009 (15 CS 09.1924, juris, Rn. 12) ausgeführt, dass sich der von Hochwasser bedrohte Gewässeranlieger grundsätzlich gegen die nachteilige Veränderung der Grundstückssituation durch ein Bauvorhaben zur Wehr setzen könne. Dabei zitiert der Verwaltungsgerichtshof sein Urteil vom 14. Februar 2005 (26 B 03.2579, juris, Rn. 21) und seinen Beschluss vom 30. April 1997 (NVwZ-RR 1998, 358). Gemäß dieser beiden Entscheidungen kommt Nachbarschutz nur in Betracht, wenn der Nachbar durch die wasserwirtschaftlichen Auswirkungen eines Bauvorhabens in unzumutbarer, das Rücksichtnahmegebot verletzender Weise beeinträchtigt wird (VGH München, Urt. v. 14.2.2005, a.a.O., Rn. 21; Beschl. v. 30.4.1997, a.a.O., 359 f.). Da der Verwaltungsgerichtshof München in seinem Beschluss vom 16. September 2009 keine weiteren Ausführungen macht, ist davon auszugehen, dass er nicht von den beiden zitierten Entscheidungen abweichen wollte. Gegen einen weitergehenden Drittschutz spricht auch, dass der Verwaltungsgerichtshof München in einer aktuellen Entscheidung sogar dahinstehen lässt, ob § 78 Abs. 3 WHG überhaupt Drittschutz vermittelt (VGH München, Beschl. v. 4.2.2014, 8 CS 13.1848, juris, Rn. 12).

54

Die Verwaltungsgerichte Saarlouis und Regensburg haben in zwei Entscheidungen ausgeführt, dass eine Rechtsverletzung des Nachbarn nur dann zu bejahen sei, wenn ein Vorhaben die Hochwassersituation in einer dem Nachbarn unzumutbaren Weise ändere, wobei beide Gerichte offen gelassen haben, ob sich dieser Nachbarschutz aus dem baurechtlichen Gebot der Rücksichtnahme, aus dem aus der maßgeblichen wasserrechtlichen Norm ableitbaren Rücksichtnahmegebot oder unmittelbar aus dem nachbarschützender Charakter der wasserrechtlichen Normen, die den Hochwasserschutz regeln, ergebe (VG Saarlouis, Beschl. v. 8.5.2012, 5 L 240/12, juris, Rn. 33 ff.; VG Regensburg, Urt. v. 21.3.2013, RO 2 K 11.2064, juris, Rn. 37). In beiden Entscheidungen wenden die Gerichte der Sache nach die Anforderungen des Rücksichtnahmegebots – Schutz vor unzumutbaren Beeinträchtigungen – an. Der – nichtentscheidungserhebliche – Hinweis in diesen Entscheidungen auf die unmittelbar drittschützende Wirkung der wasserrechtlichen Normen als mögliche Rechtsgrundlage für diesen Nachbarschutz ist systemwidrig, weil bei einem unmittelbaren Drittschutz nur die Voraussetzungen der jeweiligen Norm zu prüfen wären und es auf eine unzumutbare Beeinträchtigung der Nachbarn – auf die beide Gerichte abstellen – nicht ankommen würde.

55

dd) Derzeit ist offen, ob das Gebot der Rücksichtnahme – sei es das wasserrechtliche oder das baurechtliche – durch die von dem Vorhaben der Beigeladenen verursachten Auswirkungen auf die Hochwassersituation verletzt wird. Zwar ist das Gebot der Rücksichtnahme auf die von dem Vorhaben im Falle eines Hochwassers ausgehenden Auswirkungen auf das Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) anwendbar [(1)], wobei nicht entschieden werden muss, ob es sich um das wasserrechtliche oder das baurechtliche Rücksichtnahmegebot handelt [(2)]. Die Antragsteller zu 5) und 6) können sich auch auf das Rücksichtnahmegebot berufen [(3)]. Jedoch ist offen, ob von dem Vorhaben unzumutbare Auswirkungen auf die Hochwassersituation auf dem Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) ausgehen [(4)].

56

(1) Das Gebot der Rücksichtnahme ist auf die von dem Vorhaben im Falle eines Hochwassers ausgehenden Auswirkungen auf das Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) anwendbar. Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt eine drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist; das gilt für diejenigen Ausnahmefälle, in denen die tatsächlichen Umstände handgreiflich ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen ist, und eine besondere rechtliche Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist (zum baurechtlichen Rücksichtnahmegebot: BVerwG, Urt. v. 5.8.1983, 4 C 96/79, juris, Rn. 26; zum wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebot: BVerwG, Urt. v. 15.7.1987, 4 C 56/83, juris). Im Bereich des Immissionsschutzes ist allgemein anerkannt, dass sich die Nachbarn eines Vorhabens im Rahmen des Rücksichtnahmegebots gegen unzumutbare Immissionen wehren können (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 29.11.2012, 4 C 8/11, juris, Rn. 16). Nach Ansicht der Kammer ist diese Wertung auf den Hochwasserschutz übertragbar. Soweit ein Vorhaben die Hochwassersituation derart verändert, dass ein Nachbar unzumutbar beeinträchtigt wird, kann sich dieser Nachbar dagegen unter Rückgriff auf das Rücksichtnahmegebot wehren (so auch: OVG Koblenz, Urt. v. 2.3.2010, 1 A 10176/09, juris, Rn. 28; VGH München, Beschl. v. 16.9.2009, 15 CS 09.1924, juris, Rn. 12; Urt. v. 14.2.2005, 26 B 03.2579, Rn. 21; VG München, Beschl. v. 11.2.2015, M 8 SN 14.4430, juris, Rn. 52 ff.; Faßbender/Gläß, NVwZ 2011, 1094, 1097; zu § 68 WHG: OVG Magdeburg, Beschl. v. 18.5.2015, 2 M 33/15, juris, Rn. 14).

57

Dagegen spricht nicht der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. August 1972, mit dem das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, dass der damalige § 32 WHG zur Freihaltung von Überschwemmungsgebieten nicht unmittelbar drittschützend ist (IV B 162.71, juris, Rn. 4). Denn dieser Beschluss setzt sich nicht mit der Anwendbarkeit des subjektiv-rechtlichen Rücksichtnahmegebots im Bereich des Hochwasserschutzes auseinander. Dazu hatte das Bundesverwaltungsgericht auch keine Veranlassung, denn im Jahre 1972 lag noch keine gefestigte Rechtsprechung zum Nachbarschutz in Form des subjektiv-rechtlichen Rücksichtnahmegebots vor (vgl. zur Entstehung dieser Rechtsprechung: Löhr in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl., 2009, § 31, Rn. 78). Erst im Jahre 1977 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass dem objektiv-rechtlichen Rücksichtnahmegebot auch eine drittschützende Wirkung zukommen kann (Urt. v. 25.2.1977, IV C 22.75, juris, Rn. 27).

58

Der Drittschutz im Rahmen des Rücksichtnahmegebots scheitert auch nicht daran, dass der zu schützende Personenkreis zu unbestimmt sei, weil der gesetzliche Hochwasserschutz des Wasserhaushaltsgesetzes einer vorsorgenden Risikovermeidung und damit dem Schutz der Allgemeinheit diene (so aber: Elgeti/Lambers, BauR 2011, 204, 208; Hünnekens in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, WHG, vor § 72, Stand: August 2014, Rn. 36; zu § 31 WHG a.F.: OVG Bautzen, Urt. v. 9.6.2011, 1 A 504/09, juris, Rn. 61; zur Frage, ob ein Anspruch des Bürgers auf Wiederherstellung früher vorhandenen Retentionsraums gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. §§ 77, 78 WHG besteht: VG Würzburg, Urt. v. 8.10.2013, W 4 K 13.143, juris, Rn. 28 ff.). Denn der zum Baurecht ergangenen Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot entsprechend ergibt sich gerade durch die Voraussetzungen des Rücksichtnahmegebots (Abwehr unzumutbarer Beeinträchtigungen) eine Begrenzung des Personenkreises, der sich auf den Schutz vor Beeinträchtigungen, die im Falle eines Hochwassers durch das Vorhaben ausgelöst werden, berufen kann. Das vorliegende Verfahren einer vergleichsweise großen Aufschüttung in dem vergleichsweise kleinen Überschwemmungsgebiet entlang des westlichen Arms der Alten K. zeigt, dass durch das Merkmal der unzumutbaren Beeinträchtigung der Hochwassersituation der Personenkreis, der sich auf die Auswirkungen eines Vorhabens in einem (vorläufig) festgesetzten Überschwemmungsgebiet berufen kann, hinreichend deutlich von der Allgemeinheit abgegrenzt werden kann. Beispielsweise lässt sich der Kreis der Grundstücksnachbarn, die im Falle eines Hochwassers von einem durch das Vorhaben erhöhten Wasserstand betroffen sind, anhand der Geländehöhen der jeweiligen Grundstücke ausreichend eingrenzen.

59

Schließlich ist die Anwendbarkeit des Rücksichtnahmegebots – entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin – nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Rücksichtnahmegebot keine allgemeine Härteklausel darstelle und nur verletzt sein könne, wenn sich ein Vorhaben objektiv rechtlich nach Art oder Maß seiner baulichen Nutzung, seiner Bauweise oder nach der zu überbauenden Grundstücksfläche nicht in die Eigenart seiner näheren Umgebung einfüge (so aber: VGH Mannheim, Beschl. v. 18.11.2013, 5 S 2037/13, juris, Rn. 13, unter Rückgriff auf: BVerwG, Beschl. v. 11.1.1999, 4 B 128/98, juris, Rn. 6). Diese zu § 34 Abs. 1 BauGB ergangene Rechtsprechung lässt sich nicht auf das vorliegend einschlägige Rücksichtnahmegebot aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO übertragen, da nach dieser Norm bauliche Anlagen u.a. unzulässig sind, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, ohne dass die Belästigungen oder Störungen aus der Art oder dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise oder der zu überbauenden Grundstücksfläche resultieren müssen. Davon unabhängig hat das Bundesverwaltungsgericht auch im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB nicht an dieser einschränkenden Auslegung des Rücksichtnahmegebots festgehalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2012, 4 C 11/11, juris, Rn. 32 zu den im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu berücksichtigenden Auswirkungen eines Störfallbetriebs).

60

(2) Nach Ansicht der Kammer spricht vieles dafür, die von einem Vorhaben ausgehende unzumutbare Beeinträchtigung der Hochwassersituation bereits im Rahmen des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots zu behandeln, wenn – wie vorliegend – für das Vorhaben im Rahmen des konzentrierten Genehmigungsverfahrens nach § 62 HBauO eine wasserrechtliche Genehmigung nach § 78 WHG als Bestandteil der Baugenehmigung erteilt wird. Denn ein wasserrechtlicher Drittschutz im Rahmen des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots ist im konzentrierten Genehmigungsverfahren, in dem auch die wasserrechtlichen Vorschriften geprüft werden, nicht erforderlich.

61

Etwas anderes folgt nach Ansicht der Kammer nicht aus dem Urteil des OVG Bautzen vom 9. Juni 2011 (1 A 504/09, juris, Rn. 48). Danach sei der vorbeugende Hochwasserschutz nach dem Wasserhaushaltsgesetz nicht vom baurechtlichen Gebot der Rücksichtnahme umfasst, weil im Rahmen dieses baurechtlichen Gebots allein maßgeblich sei, ob vom Vorhaben selbst schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen. Insbesondere das den Abfluss beeinträchtigende Treibgut stelle nur die mittelbare Folge einer Naturkatastrophe und keine vom Bauvorhaben direkt und unmittelbar ausgehende Gefährdung oder Beeinträchtigung für Dritte dar. Nach Ansicht der Kammer lässt sich diese Wertung auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Wenn sich ein Vorhaben – wie vorliegend die geplante Aufschüttung – dadurch erhöhend auf den Wasserstand eines möglichen Hochwassers auf benachbarten Grundstücken auswirken kann, dass (möglicherweise) Retentionsraum verloren geht, dann geht diese Gefahr direkt und unmittelbar von dem Vorhaben aus.

62

Das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. April 1997 (Bf V 64/95, juris, Rn. 42), wonach eine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots nicht in Betracht komme, weil die vom damaligen Kläger geltend gemachten Beeinträchtigungen einen wasserrechtlichen Ursprung hätten, ist nicht einschlägig, weil Gegenstand des Verfahrens eine Baugenehmigung, in der das Wasserrecht nicht geprüft wurde, und eine gesonderte wasserrechtliche Genehmigung waren.

63

Die Frage nach der rechtlichen Verortung des Rücksichtnahmegebots kann aber letztlich dahinstehen, denn nach Ansicht der Kammer sind die Anforderungen des baurechtlichen und des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots – zumindest im vorliegenden Verfahren – identisch, da sich ein Nachbar nach beiden Geboten gegen unzumutbare Beeinträchtigungen der Hochwassersituation seines eigenen Grundstücks durch ein benachbartes Vorhaben wenden kann.

64

(3) Entgegen der Ansicht der Beigeladenen können sich die Antragsteller zu 5) und 6) auf das Rücksichtnahmegebot berufen, obwohl sich die von ihnen genutzten Gebäude selbst im vorläufig festgesetzten Überschwemmungsgebiet befinden und damit den Hochwasserabfluss und die Grundwasserverhältnisse ebenfalls beeinträchtigen. Zum einen genießt das Gebäude der Antragsteller zu 5) und 6) Bestandsschutz, da es genehmigt wurde, bevor das faktische Überschwemmungsgebiet entlang der Alten K. vorläufig festgesetzt wurde. Zum anderen sind die Auswirkungen der Gebäude der Antragsteller zu 5) und 6) und des Vorhabens der Beigeladenen nicht vergleichbar, da die Antragsteller keine umfangreichen Abgrabungen und Aufschüttungen auf ihrem Grundstück vorgenommen haben.

65

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht deshalb ausgeschlossen, weil es den Antragstellern zu 5) und 6) zumutbar sei, Schutzmaßnahmen auf ihrem Grundstück gegen ein mögliches Hochwasser zu errichten. Das Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6), das sich in dem vorläufig festgesetzten Überschwemmungsgebiet entlang der Alten K. befindet, unterliegt gemäß § 78 Abs. 6 WHG den Beschränkungen des § 78 Abs. 1 WHG. Insbesondere ist gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 6 WHG eine Erhöhung der Erdoberfläche auf dem Grundstück, etwa zur Errichtung eines Deiches an der Grundstücksgrenze zum Schutz des Gartens und des Gebäudes der Antragsteller, unzulässig. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des vorläufig festgesetzten Überschwemmungsgebiets, keine zusätzlichen Beeinträchtigungen der Hochwassersituation in diesem Gebiet zuzulassen. Zwar sind nach § 78 Abs. 4 WHG Ausnahmen zulässig. Die Zulassung der Ausnahme für die Antragsteller zu 5) und 6) würde aber dazu führen, dass es der Antragsgegnerin kaum möglich wäre, anderen Grundstückseigentümern in dem Überschwemmungsgebiet zu verwehren, vergleichbare Schutzmaßnahmen zu treffen. In der Folge würde das Überschwemmungsgebiet – zumindest in der Nachbarschaft des Vorhabengrundstücks – weitgehend funktionslos. Soweit die Antragsgegnerin an temporäre Maßnahmen – z.B. Sandsäcke – gedacht haben sollte, führen diese Maßnahmen nicht dazu, dass den Antragstellern zu 5) und 6) eine Verschärfung ihrer Hochwassersituation ohne Weiteres zuzumuten wäre, denn es bestehen erhebliche Zweifel, ob temporäre Maßnahmen die Hochwassergefährdung effektiv beseitigen würden.

66

(4) Derzeit ist offen, ob von dem Vorhaben der Beigeladenen unzumutbare Auswirkungen auf die Hochwassersituation auf dem Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) ausgehen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2004, 4 C 1/04, juris, Rn. 22, m.w.N.). Die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, sind dann gegeneinander abzuwägen (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.10.1989, 4 C 14/87, juris, Rn. 14). Bezogen auf die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Hochwassersituation führt dies dazu, dass ein Vorhaben nur dann rücksichtslos ist, wenn es die Hochwassergefahr unzumutbar verschärft (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.11.2010, 9 CS 10.2197, juris, Rn. 15).

67

Gemessen an diesem Maßstab ist offen, ob das Vorhaben der Beigeladenen rücksichtslos ist, weil es die Hochwassergefahr für das Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) unzumutbar verschärft.

68

Dem Gericht ist es aufgrund der vorgelegten Unterlagen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht möglich, abschließend darüber zu entscheiden, ob die Antragsteller zu 5) und 6) durch das genehmigte Vorhaben einer ihnen nicht zumutbaren Erhöhung der Hochwassergefahr ausgesetzt werden. Zwar geht der Projektbericht des Landesbetriebs Straßen, Brücken, Gewässer Hamburg (LSBG) vom 21. Oktober 2014 davon aus, dass durch das Vorhaben eine Verschlechterung weder hinsichtlich des Hochwasserrückhalteraumes noch in Bezug auf den Hochwasserabfluss zu befürchten sei. Jedoch begegnet dieser Bericht mehreren Bedenken, die auch im weiteren Verlauf des Verfahrens von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen nicht ausgeräumt werden konnten.

69

Allerdings dürften die Auswirkungen des Vorhabens auf den Grundwasserstand auf dem Vorhabengrundstück, zu denen der Bericht vom 21. Oktober 2014 keine Aussagen trifft – entgegen der Bedenken in der gerichtlichen Zwischenverfügung vom 17. August 2015 – die Hochwassergefahr für das Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) nicht unzumutbar verschärfen. Der Gutachter der Antragsteller trägt in seinem Schreiben vom 6. November 2015 selbst vor, dass auch im Fall hoher Grundwasserstände nur mit einem geringen Zufluss von Grundwasser in den geplanten Retentionsraum auf dem Vorhabengrundstück zu rechnen sei. Dieser habe keinen nennenswerten Einfluss auf den maximalen Wasserstand (Bl. 422 d.A.). Vielmehr bestehe die Gefahr des Rückflusses von Wasser in das Grundwasser und damit eine mögliche Gefährdung unterkellerter Gebäude. Diese Gefahr besteht im Hinblick auf die Antragsteller zu 5) und 6) nicht, da ihr Wohngebäude nach eigenen Angaben nicht unterkellert ist (Bl. 492 d.A.). Die Gefahr, dass bei einem hohen Grundwasserstand aufgrund der geplanten Abgrabungen und Aufschüttungen auf dem Vorhabengrundstück nennenswert Retentionsraum verloren gehen und der Pegel eines etwaigen Hochwassers aufgrund dieser Maßnahmen unzumutbar ansteigen wird, erscheint danach so gut wie ausgeschlossen.

70

Jedoch bleibt weiterhin unklar, weshalb der LSBG in seinem Bericht vom 21. Oktober 2014 (S. 13) den ca. 3 ha großen weitgehend versiegelten Betriebshof nördlich des Vorhabengrundstücks nicht in das Einzugsgebiet der Alten K. einbezogen hat. Zwar hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass der Betriebshof nicht in vollem Umfang in die Alte K. entwässere. Vielmehr seien große Teilflächen an ein Schmutzwassersiel angeschlossen. Sie hat aber nicht dargelegt, welcher Anteil des Betriebshofs in die Alte K. entwässert und warum sie diesen Anteil nicht in die Berechnung einbezogen hat. Sie hat sich auch nicht zu den vier großen Betonrohren (Durchmesser nach Angaben der Antragsteller jeweils 500 mm) geäußert, die nach Angaben der Antragsteller und den von ihnen vorgelegten Fotos vom Betriebshof in die Alte K. führen. Ein deutlich vergrößertes Einzugsgebiet, das in die Alte K. entwässert, dürfte nicht unerhebliche Auswirkungen auf den für die Alte K. errechneten Wasserstand im Falle eines Hochwassers haben.

71

Außerdem bestehen erhebliche Zweifel an dem Hochwasserstand von 7,68 m (+NN) für ein hundertjährliches Regenereignis HQ100, den der LSBG der Berechnung des Retentionsvolumens im Ist- und im Planzustand zu Grunde gelegt hat (S. 17 des Berichts vom 21. Oktober 2014). Der Hochwasserstand von 7,68 m (+NN) beruht auf einer Modellrechnung der Antragsgegnerin, die anhand des am automatischen Pegel Nr. 99344 an der K. gemessenen Wasserstandes den Wasserstand in der K. stromaufwärts und auch in der Alten K. berechnet. Dieser Pegel liegt aber vom Vorhabengrundstück und der Einmündung des westlichen Arms der Alten K. in die K. betrachtet stromabwärts hinter der Brücke N. Straße, welche aufgrund des geringen Durchflussquerschnitts einen Engpass darstellt. Außerdem bilden sich – auch nach Angaben der Antragsgegnerin – aufgrund der Stahlbänder, mit denen die unter der Brücke verlaufenden Stromleitungen geschützt werden, regelmäßig Verklausungen im Brückenbereich, die den Durchflussquerschnitt weiter reduzieren. Dadurch staut sich im Falle eines Hochwassers die K. vor der Brücke N. Straße und der Wasserstand stromaufwärts vor der Brücke N. Straße liegt deutlich höher als stromabwärts beim automatischen Pegel. Da die Modellrechnung der Antragsgegnerin diesen Engpass und insbesondere die Verklausung nicht abbildet, ist der tatsächliche Wasserstand bei einem Hochwasser stromaufwärts von der Brücke N. Straße aller Voraussicht nach deutlich höher als berechnet. So tragen die Antragsteller substantiiert vor, dass unter der Fußgängerbrücke über die K. am Wehmer Weg (von der Brücke N. Straße stromaufwärts gelegen) bei dem Hochwasser im Mai 2013, das nach den Angaben des LSBG etwa einem zehnjährlichen Hochwasserereignis HQ10 entsprach (S. 13 des Berichts vom 21. Oktober 2014), der Wasserstand 7,65 m (+NN) betragen habe, während an dem Pegel Nr. 99344 an der N. Straße nach Angaben der Antragsgegnerin lediglich ein Pegel von 6,84 m (+NN) gemessen worden sei.

72

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Möglichkeit der Verklausung bei der Ermittlung des Wasserstandes und damit der Hochwassergefahr nicht als „spontanes Ereignis“ außer Betracht zu lassen. Vielmehr handelt es sich aller Voraussicht nach um ein regelmäßig auftretendes Phänomen. Nach den Angaben der Antragsgegnerin wurde der Durchlass unter der Brücke N. Straße sowohl vor dem Hochwasserereignis vom 21. und 22. Mai 2013 als auch am 22. Mai 2013 selbst gereinigt und trotzdem kam es zu erheblichen Verklausungen (nach Angaben der Antragsgegnerin befanden sich am 22. Mai 2013 etwa 2,5 m³ Treibgut im Durchlass). Für eine regelmäßig zu erwartende Verklausung spricht auch, dass der Durchlass alle drei bis vier Wochen und bei Hochwasser und Starkwindlagen mehrfach die Woche kontrolliert und ggf. gereinigt wird.

73

Dass der Engpass des Durchlasses unter der Brücke N. Straße sich erheblich auf die Hochwassersituation auswirken kann, zeigt sich auch daran, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, zeitnah Maßnahmen zu ergreifen, um die Leistungsfähigkeit des Durchlasses zu erhöhen. So sollen die Stahlbänder, die die Stromleitungen unter der Brücke schützen, durch durchgehende Bleche ersetzt werden, um die Verklausungsgefahr zu verringern. Außerdem soll die Sohle der K. an dieser Stelle – soweit technisch möglich – vertieft werden. Ob diese Maßnahmen wie von der Antragsgegnerin geplant im Frühsommer 2016 durchgeführt werden und ob sie den Rückstau der K. bei Hochwasser erheblich verringern können, ist derzeit offen.

74

Sollte der Hochwasserstand in der K. und der Alten K. bei einem Hochwasser deutlich höher liegen als von dem LSBG im Bericht vom 21. Oktober 2014 angenommen, dürften sich die von dem Vorhaben für das Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) ausgehenden Auswirkungen auf die Hochwassersituation erheblich vergrößern. Je höher der Hochwasserstand desto stärker wirken sich nämlich die erhöhten Bauinseln auf das Retentionsvolumen aus. Mit jedem Zentimeter steigenden Wasserstandes fallen weitere Flächen, die im nicht aufgeschütteten Zustand als Retentionsraum zur Verfügung gestanden hätten, wegen der Aufschüttung weg. Bereits bei einem Pegel eines möglichen Hochwassers von 7,75 m (+NN) auf dem Vorhabengrundstück fallen die zusätzlichen 530 m³ Retentionsvolumen, die nach dem LSBG Bericht vom 21. Oktober 2014 bei einem Hochwasserstand von 7,68 m (+NN) im Planzustand im Vergleich zum Ist-Zustand gegeben sind, weg und das Retentionsvolumen von Plan- und Istzustand ist gleich groß (Bericht des BBI vom 11. Juni 2015, S. 10). Wenn der Wasserstand eines möglichen Hochwassers noch höher steigt, fällt im Planzustand bis zu der Höhe der geplanten Aufschüttung von 8,10 m (+NN) die gesamte Fläche von 16.245 m², die aufgeschüttet werden soll, als Retentionsraum weg, während im Istzustand nur die Fläche als Retentionsraum entfällt, die höher als der zu erwartende Hochwasserpegel liegt. Pro Zentimeter, den ein möglicher Hochwasserstand 8,00 m (+NN) übersteigen würde, würde im Planzustand ein Hochwasserretentionsraum von 162,45 m³ auf dem Vorhabengrundstück entfallen, da die derzeitige Geländehöhe des gesamten Grundstücks 8,00 m (+NN) nicht überschreitet.

75

Allerdings ist es dem Gericht aufgrund der vorgelegten Unterlagen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich, abschließend zu klären, ob das Vorhaben der Beigeladenen rücksichtslos ist, weil es die Hochwassergefahr für das Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) unzumutbar verschärft. Denn es ist weiterhin unklar, wie hoch der Hochwasserstand des westlichen Teils der Alten K. bei einem hundertjährlichen Regenereignis sein wird, wenn sowohl das Einzugsgebiet der Alten K. im tatsächlichen Umfang als auch der Engpass der K. beim Durchlass unter der Brücke N. Straße angemessen berücksichtigt wird. Damit ist auch unklar, wieviel Retentionsraum bei einem korrekt berechneten Hochwasserstand durch das Vorhaben im Vergleich des Ist- und des Planzustands wegfällt und inwieweit sich dies auf den Hochwasserstand auf dem Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) auswirkt. Da die Geländehöhen um das Wohngebäude der Antragsteller zu 5) und 6) herum etwa 7,8 m (+ NN) vor dem nördlichen und ca. 8,2 m (+ NN) vor dem südlichen Teil der östlichen Gebäudeseite und damit zu weiten Teilen unterhalb des aufzuschüttenden Bereichs auf dem Vorhabengrundstück in Höhe von 8,10 m (+NN) liegen, ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass ein Hochwasser aufgrund der Auswirkungen des Vorhabens erstmals an das Gebäude der Antragsteller heranreicht bzw. in dieses eindringt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bisher keine exakten Höhendaten für das Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) vorliegen.

76

c) Unter Berücksichtigung der offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache hinsichtlich der Auswirkungen des geplanten Vorhabens auf die Hochwassergefahr für das Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) überwiegen für die geplante Aufschüttung des in dem Lageplan vom 2. Oktober 2014 (Vorlage 8 / 8) als Baufeld A bezeichneten Bereichs und die Errichtung der öffentlichen Unterbringungsmöglichkeiten in diesem Bereich – unter der Voraussetzung, dass alle geplanten Abgrabungen (auch um das Baufeld B herum) zur Schaffung des gesamten in dem Bericht des LSBG vom 21. Oktober 2014 vorgesehenen Retentionsraums durchgeführt werden – die Interessen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse der Antragsteller zu 5) und 6) [aa)]. Hinsichtlich der Aufschüttung des Baufeldes B überwiegt das Interesse der Antragsteller zu 5) und 6) [bb)]. Dabei ist eine teilweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung möglich, da die Baugenehmigung hinsichtlich der Aufschüttung der beiden Baufelder teilbar ist [cc)]. Die Ungewissheit, ob das Vorhaben die Hochwassersituation auf dem Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) unzumutbar beeinträchtigt, führt nicht zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung in vollem Umfang [dd)].

77

aa) Angesichts der stark gestiegenen Asylbewerberzahlen besteht derzeit ein sehr großes öffentliches Interesse an der zeitnahen Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für wohnraumbedürftige Personen. Dieses öffentliche Interesse überwiegt das Interesse der Antragsteller daran, dass vor der Durchführung des Vorhabens in Bezug auf das Baufeld A endgültig über die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung entschieden wird. Dabei geht das Gericht davon aus, dass die geplanten Abgrabungen – auch um das Baufeld B herum – zur Schaffung des gesamten in dem Bericht des LSBG vom 21. Oktober 2014 vorgesehenen Retentionsraums durchgeführt werden. Wenn dieser gesamte Retentionsraum geschaffen und zunächst nur das Baufeld A aufgeschüttet wird, erscheint es dem Gericht ausgeschlossen, dass die Antragsteller zu 5) und 6) einer nicht zumutbaren erhöhten Hochwassergefahr ausgesetzt sein werden. Sollte sich bei der notwendigen weiteren Untersuchung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Hochwassersituation auf dem Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) unter Berücksichtigung des Einzugsgebiets der Alten K. im tatsächlichen Umfang und des Engpasses der K. beim Durchlass unter der Brücke N. Straße ergeben, dass zusätzlicher Hochwasserretentionsraum auf dem Vorhabengrundstück erforderlich sein sollte, so könnte dieser ohne Weiteres in dem als Baufeld B bezeichneten, nicht aufgeschütteten Bereich geschaffen werden. Dabei kann hinsichtlich der Dimensionierung des Baufeldes B und des benötigten Retentionsraums auch berücksichtigt werden, ob der Engpass unter der Brücke N. Straße – wie von der Antragsgegnerin angekündigt – im Frühsommer 2016 vollständig oder teilweise beseitigt wird.

78

bb) Hinsichtlich der Aufschüttung des in dem Lageplan vom 2. Oktober 2014 (Vorlage 8 / 8) als Baufeld B bezeichneten Bereichs überwiegen hingegen die Interessen der Antragsteller zu 5) und 6) die Interessen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin. Zum einen besteht zum jetzigen Zeitpunkt hinsichtlich des Baufeldes B ein deutlich geringeres öffentliches Interesse an der Durchführung der Aufschüttung. Zwar besteht auch in Bezug auf dieses Baufeld bereits der politische Wille für eine Nutzung als Unterbringungsmöglichkeit für wohnraumbedürftige Personen (vgl. die Vermerke der Antragsgegnerin vom 11.5. und 5.6.2015). Jedoch liegt insoweit weder ein Bauantrag vor noch besteht ein fester Zeitplan, wann dieser zweite Bauabschnitt umgesetzt werden soll. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene bei einem akuten Handlungsbedarf hinsichtlich des Baufeldes B nicht daran gehindert sind, auf diesem Baufeld Stelzenbauten ohne Auswirkungen auf die Hochwassersituation zu genehmigen und zu errichten. Zum anderen würde eine Aufschüttung auch des Baufeldes B die Interessen der Antragsteller zu 5) und 6) deutlich stärker beeinträchtigen. Denn bei einer Aufschüttung der beiden Baufelder ist die Gefahr einer unzumutbaren Verschärfung der Hochwassergefahr für das Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) gerade nicht ausgeschlossen [s.o. a) dd) (4)].

79

cc) Die teilweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Aufschüttung des Baufeldes B ist möglich, da die Baugenehmigung insoweit teilbar ist. Eine Baugenehmigung ist teilbar, wenn eine Teilung der baulichen Anlage bautechnisch möglich und mit ihrer vom Bauherrn bestimmten Funktion zu vereinbaren ist (OVG Hamburg, Beschl. v. 18.6.2015, 2 Bs 99/15, juris, Rn. 25). Diese Voraussetzungen liegen vor. Die beiden Baufelder sind bautechnisch teilbar, zumal der überwiegende Teil der Grenze zwischen den beiden Baufeldern als Entwässerungsgraben ausgestaltet ist, der auch bei gleichzeitiger Aufschüttung der Baufelder eine jeweils eigenständige Böschung voraussetzt. Eine Aufteilung ist auch mit der vom Bauherrn bestimmten Funktion zu vereinbaren. Die Aufschüttung des Baufeldes A und die Errichtung der Pavillonhäuser ist ein eigenständig sinnvoll nutzbares Vorhaben, da die Erschließung vom W.-weg. von der nördlichen Grundstückseite über das Baufeld A erfolgt [vgl. den Lageplan vom 2. Oktober 2014 (Vorlage 8 / 8)]. Sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene gehen von einer Teilbarkeit der Baugenehmigung in Bezug auf die beiden Baufelder aus.

80

Entgegen der Ansicht der Antragsteller spricht gegen die Teilbarkeit der Baugenehmigung nicht, dass dadurch die Hochwassergefahr für die Antragsteller zu 5) und 6) im Vergleich zu einer Verwirklichung des Gesamtvorhabens erhöht wird. Denn die aufschiebende Wirkung ist nur hinsichtlich der Aufschüttung des geplanten Baufelds B angeordnet. Hingegen liegt der Interessenabwägung des Gerichts zu Grunde, dass die geplanten Abgrabungen – auch um das Baufeld B herum – zur Schaffung des gesamten in dem Bericht des LSBG vom 21. Oktober 2014 vorgesehenen Retentionsraums durchgeführt werden. Sollte dies nicht der Fall sein, können die Antragsteller zu 5) und 6) ihre Rechte durch einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO sichern.

81

dd) Die Ungewissheit, ob das Vorhaben die Hochwassersituation auf dem Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) unzumutbar beeinträchtigt, führt nicht zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung in vollem Umfang. Etwas Anderes folgt nicht aus der Rechtsprechung zur Pflicht des Bauherrn, im Baugenehmigungsverfahren nachzuweisen, dass sein Vorhaben die Vorgaben der TA Lärm einhält (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 22.1.2015, 8 B 1178/14, juris, Rn. 10 ff.). Diese Rechtsprechung zielt darauf ab, den Nachbarn eines Vorhabens vor unzumutbaren Umwelteinwirkungen hinreichend sicher zu schützen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 22.1.2015, a.a.O., Rn. 20). Einen solchen hinreichenden Schutz der Antragsteller zu 5) und 6) hat die Kammer im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bis zum Abschluss des Klageverfahrens (9 K 5196/15) sichergestellt. Sie hat aufgrund der derzeit offenen Erfolgsaussichten der Klage eine Interessenabwägung vorgenommen. In diese hat sie die offenen Erfolgsaussichten im Hinblick auf das Rücksichtnahmegebot eingestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass das Vorhaben die Hochwassersituation auf dem Grundstück der Antragsteller zu 5) und 6) aller Voraussicht nach nicht unzumutbar beeinträchtigen wird, wenn der gesamte geplante Retentionsraum geschaffen und zunächst nur das Baufeld A aufgeschüttet wird. Eine weitere Sachaufklärung hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens auf die Hochwassersituation hat im Hauptsacheverfahren zu erfolgen.

82

Eine Pflicht zur weitergehenden Anordnung der aufschiebenden Wirkung folgt auch nicht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Januar 2007 (9 A 20/05, juris). Entgegen der Ansicht der Antragsteller lässt sich diesem Urteil kein allgemeiner Grundsatz des Planungsrechts entnehmen, dass Zweifel immer zu Lasten des Planenden gehen würden. Vielmehr setzt sich dieses Urteil mit den spezifischen Anforderungen an die Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Verträglichkeitsprüfung im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens auseinander. Dabei führt das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die europarechtlichen Vorgaben aus, dass ein Vorhaben in einem FFH-Gebiet nur dann zugelassen werden dürfe, wenn die Behörde Gewissheit darüber erlangt habe, dass sich das Vorhaben nicht nachteilig auf das Gebiet als solches auswirke (hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urt. v. 17.1.2007, a.a.O., Rn. 62). In Ansehung des Vorsorgegrundsatzes sei dabei die objektive Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr erheblicher Beeinträchtigungen im Grundsatz nicht anders einzustufen als die Gewissheit eines Schadens. Diese Rechtsprechung lässt sich nicht als Grundsatz jeglichen Planungsrechts verallgemeinern, da sie auf den besonderen Vorgaben der FFH-Richtlinie (92/43/EWG vom 21. Mai 1992) beruht, die nicht ohne Weiteres auf das baurechtliche bzw. wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot übertragen werden können. Davon unabhängig führt auch diese Rechtsprechung nicht dazu, dass sich in der Interessenabwägung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei offenen Erfolgsaussichten wegen der Ungewissheit, ob Nachbarn unzumutbaren Umwelteinwirkungen durch ein Vorhaben ausgesetzt werden, zwingend die Nachbarinteressen durchsetzen.

83

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 3, § 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Die Antragsteller zu 1) bis 4) haben ihren Antrag zurückgenommen. Nach dieser teilweisen Antragsrücknahme war wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung über die gesamten Kosten des Rechtsstreits quotenmäßig zu entscheiden (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 9.4.2002, 3 BS 143/01, juris, Rn. 5, VG Freiburg (Breisgau), Urt. v. 19.6.2012, 3 K 1339/10, juris, Rn. 33). Die Antragsteller zu 5) und 6) haben hinsichtlich der Aufschüttung eines der beiden geplanten Baufelder obsiegt. Diesen Anteil beziffert das Gericht mit 1/2 der nicht von den Antragstellern zu 1) bis 4) zu tragenden Kosten (1/3), also mit 1/6 und damit 1/12 pro Kopf. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, so dass ihr einerseits keine Kosten auferlegt werden können und es andererseits der Billigkeit entspricht, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

84

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Dabei folgt die Kammer der ständigen Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts, wonach der Streitwert für eine baurechtliche Nachbarklage in einem Hauptsacheverfahren einem Rahmen zwischen 7.500,-- und 30.000,-- Euro zu entnehmen ist (Beschl. v. 29.11.2006, 2 Bs 148/06, juris). Angesichts der Beeinträchtigung der Antragsteller in der Nutzung ihrer drei Einfamilienhäuser hält die Kammer einen Streitwert von 30.000,-- Euro in der Hauptsache für angemessen. Da es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, ist der Streitwert um die Hälfte zu reduzieren.

(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen oder in sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch untersagt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Ausweisung ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dient, sowie für Bauleitpläne für Häfen und Werften.

(2) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn

1.
keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können,
2.
das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt,
3.
eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu erwarten sind,
4.
der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst werden,
5.
die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
6.
der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,
7.
keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger zu erwarten sind,
8.
die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und
9.
die Bauvorhaben so errichtet werden, dass bei dem Bemessungshochwasser nach § 76 Absatz 2 Satz 1, das der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes zugrunde liegt, keine baulichen Schäden zu erwarten sind.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 bis 8 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen.

(3) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten hat die Gemeinde bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für die Gebiete, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger,
2.
die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
3.
die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.
Dies gilt für Satzungen nach § 34 Absatz 4 und § 35 Absatz 6 des Baugesetzbuches entsprechend. Die zuständige Behörde hat der Gemeinde die hierfür erforderlichen Informationen nach § 4 Absatz 2 Satz 6 des Baugesetzbuches zur Verfügung zu stellen.

(4) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches untersagt. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung und des Hochwasserschutzes sowie des Messwesens.

(5) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 4 Satz 1 die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage im Einzelfall genehmigen, wenn

1.
das Vorhaben
a)
die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
b)
den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert,
c)
den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
d)
hochwasserangepasst ausgeführt wird oder
2.
die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Für die Erteilung der Genehmigung gilt § 11a Absatz 4 und 5 entsprechend, wenn es sich um eine Anlage zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen handelt.

(6) Bei der Festsetzung nach § 76 Absatz 2 kann die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen auch allgemein zugelassen werden, wenn sie

1.
in gemäß Absatz 2 neu ausgewiesenen Gebieten nach § 30 des Baugesetzbuches den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen oder
2.
ihrer Bauart nach so beschaffen sind, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.
In den Fällen des Satzes 1 bedarf das Vorhaben einer Anzeige.

(7) Bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur, die nicht unter Absatz 4 fallen, dürfen nur hochwasserangepasst errichtet oder erweitert werden.

(8) Für nach § 76 Absatz 3 ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 7. September 2015 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von den Antragstellern innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe‚ auf die sich die Prüfung zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen‚ dass die Nachbarklage der Antragsteller voraussichtlich erfolglos bleiben wird und deshalb ihr Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage weniger Gewicht hat als das gegenläufige Interesse des Beigeladenen‚ das Bauvorhaben möglichst bald zu verwirklichen.

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen‚ dass die streitgegenständliche‚ auf ca. sechs Jahre befristete Baugenehmigung für die Errichtung einer zweigeschossigen Containeranlage zur Unterbringung von 52 Asylbewerbern die Antragsteller nicht in ihrem Gebietserhaltungsanspruch verletzt.

Ein Nachbar‚ dessen Grundstück nicht im jeweiligen Baugebiet liegt‚ hat grundsätzlich keinen von konkreten Beeinträchtigungen unabhängigen Anspruch auf Schutz vor gebietsfremden Nutzungen im angrenzenden Baugebiet (vgl. BVerwG‚ B. v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 - juris Rn. 6). Dies gilt auch dann‚ wenn die beiden (unterschiedlichen) Baugebiete in demselben Bebauungsplan festgesetzt wurden (vgl. BayVGH‚ U. v. 25.3.2013 - 14 B 12.169 - juris Rn. 19). Allerdings kann eine Baugebietsfestsetzung im Einzelfall auch den Zweck verfolgen‚ Gebietsnachbarn einen Anspruch auf Gebietserhaltung zu geben. Bei der gebotenen Auslegung können nicht nur die amtliche Begründung‚ sondern auch Unterlagen des Planaufstellungsverfahrens herangezogen werden (vgl. BayVGH‚ U. v. 25.3.2013 a. a. O. Rn. 21). Gleichwohl lässt sich im vorliegenden Fall ein entsprechender Planungswille der Gemeinde nicht feststellen.

Dass sich die Gemeinde im Aufstellungsverfahren ausdrücklich gegen eine Erweiterung der Bebauung auf dem TU-Gelände ausgesprochen hat‚ ist für die Frage nach einem gebietsübergreifenden Gebietserhaltungsanspruch ohne Bedeutung. Die (Nicht-)Ausweitung der vorhandenen Bebauung betrifft nicht die Art‚ sondern das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubare Grundstücksfläche. Im Übrigen war die Ausweisung eines Sondergebiets für das V... Institut der Technischen Universität München gerade nicht im Sinn der benachbarten Grundstückseigentümer. Ihrem Anliegen‚ das TU-Gelände aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans herauszunehmen‚ wurde ausdrücklich nicht entsprochen. Wäre stattdessen in ihrem Interesse ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt worden‚ so würde dies eher für einen gebietsübergreifenden Gebietserhaltungsanspruch sprechen.

2. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung fehlt bereits jegliche Darlegung‚ dass die angefochtene Baugenehmigung mit den diesbezüglichen Festsetzungen des Bebauungsplans im Widerspruch steht. Hierzu hätte schon deshalb Veranlassung bestanden‚ weil insoweit eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht erteilt wurde.

3. Aus den Darlegungen des Antragstellers ergibt sich nicht‚ dass die in dem Sondergebiet festgesetzten Baugrenzen die Eigentümer der in den benachbarten reinen Wohngebieten gelegenen Grundstücke schützen sollen.

Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche vermitteln Drittschutz nur dann‚ wenn sie nach dem Willen der Gemeinde als Planungsträgerin diese Funktion haben sollen (BayVGH‚ B. v. 30.6.2009 - 1 ZB 07.3058 - juris Rn. 29 m. w. N.). Ein nachbarlicher Interessenausgleich und damit der Schutz von Nachbarn sind hier nur ausnahmsweise bezweckt. Eine solche ausnahmsweise drittschützende Zielrichtung muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan‚ seiner Begründung oder aus sonstigen Unterlagen der planenden Gemeinde (Gemeinderatsprotokolle etc.) ergeben (BayVGH‚ B. v. 30.6.2009 a. a. O.). Günstige Auswirkungen einer Festsetzung auf die Nachbargrundstücke reichen zur Annahme eines Nachbarschutzes nicht aus (vgl. VGH BW‚ B. v. 11.1.1995 - 3 S 3096/94 - BauR 1995‚ 512). Ebenso wenig reicht es aus‚ dass die Gemeinde ihrer Pflicht aus § 1 Abs. 7 BauGB zur gerechten Abwägung der betroffenen Belange - hier der angrenzenden Wohnbebauung - nachgekommen ist.

Der einschlägige Bebauungsplan lässt erkennen‚ dass die Gemeinde bestandsorientiert vorgegangen ist (vgl. Nr. 3.1 der Begründung: „Das zu überplanende Gebiet ist weitestgehend verkehrsmäßig erschlossen und bebaut“). Dies gilt auch bei den im Sondergebiet festgesetzten Baugrenzen. Zudem orientieren sich diese an den Biotopen Nr. 55 und 56 und an als erhaltenswert angesehenen Bäumen. Sie stimmen damit mit dem städtebaulichen Planungsziel überein‚ wonach sich die Bebauung weiterhin in den Randbereichen entlang der vorhandenen Straßen entfalten soll (vgl. Nr. 3.2.1 der Begründung zum Bebauungsplan). Dies zeigt‚ dass sich die Gemeinde bei der Festsetzung der Baugrenzen nicht von Nachbarinteressen, sondern von anderen‚ an öffentlichen Belangen orientierten Erwägungen hat leiten lassen.

Es erscheint auch lebensfremd‚ dass mit den fraglichen Baugrenzen sämtliche Grundstückseigentümer in den beiden benachbarten Wohngebieten geschützt werden sollten‚ obwohl jedenfalls bei den im Süden des Plangebiets gelegenen und über die Fuchsbergstraße bzw. Olchinger Straße erschlossenen Grundstücken eine faktische Betroffenheit nicht ansatzweise erkennbar ist. Eine Beschränkung des Kreises der Begünstigten auf die „unmittelbare“ Nachbarschaft würde zu mit dem Gebot der Rechtssicherheit kaum vereinbaren Abgrenzungsschwierigkeiten führen.

4. Das Verwaltungsgericht hat auch im Übrigen eine Verletzung der Antragsteller in eigenen Rechten zutreffend verneint. Das Beschwerdevorbringen zum angeblichen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme und das Willkürverbot‚ zum Erfordernis einer immissionsschutzfachlichen Untersuchung‚ zur zu geringen Anzahl von Stellplätzen und zur unterbliebenen Berücksichtigung von Alternativstandorten ist nicht geeignet‚ die substanziierten Ausführungen des Verwaltungsgerichts ernstlich in Frage zu stellen (vgl. § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

5. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen‚ weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2‚ § 159 Satz 2 VwGO). Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat‚ entspricht es der Billigkeit‚ dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3‚ § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 1.1.3‚ 1.5 Satz 1 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ Heft 23/2013 Beilage 2). Bei einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung sieht Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs einen Wert von 7.500‚- bis 15.000‚- Euro vor‚ soweit - wie hier - nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Im vorliegenden Fall wird nach Auffassung des Senats weder der untere noch der obere Wert der Bedeutung der Angelegenheit für die Antragsteller gerecht. Vielmehr erscheint ein (mittlerer) Betrag von 10.000‚- Euro angemessen. Dieser Betrag ist zu halbieren‚ weil es sich hier um ein Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes handelt. Die Befugnis zur Änderung der Streitwertentscheidung des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus § 63 Abs. 3 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.