Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 12. Juli 2017 - 3 K 1256/16.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2017:0712.3K1256.16.00
12.07.2017

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein eingetragener Verein, begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung einer Straßensondernutzungserlaubnis zum Verkauf von Fastnachtsartikeln aus einem Bauchladen heraus.

2

Am 8. November 2015 beantragte die 1. Vorsitzende des Klägers bei der Beklagten die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis u.a. für den Verkauf von Fastnachtsartikeln in der Zeit vom 11. November 2015 bis zum 9. Februar 2016 im Stadtgebiet von M. mittels Bauchladen. Sie gab an, dass die Einnahmen dem Vereinszweck zu Gute kommen und gespendet werden sollten.

3

Mit Bescheid vom 30. November 2015 lehnte die Beklagte die beantragte Sondernutzungserlaubnis für den Bauchladenverkauf von Fastnachtsartikeln ab und führte zur Begründung aus, mobile Verkaufsaktionen könnten aus Gründen der Gleichbehandlung und der Vielzahl bereits gestellter Anträge auf öffentlichen Flächen grundsätzlich nicht zugelassen werden. Es sei jedoch möglich, auf einer öffentlichen Fläche in der S.-G.-Passage für insgesamt 3 Wochen einen Stand zu betreiben.

4

Am 7. Dezember 2015 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Ablehnung seines Antrags dem Gleichbehandlungsgrundsatz gerade widerspreche, weil dem XXV (XXV) eine Sondernutzungserlaubnis u.a. für den Bauchladenverkauf erteilt worden sei.

5

Mit Bescheid vom 7. Januar 2016 wurde dem Kläger eine Sondernutzungserlaubnis zur Errichtung eines Verkaufsstands zum Verkauf von Fastnachtsartikeln für einen Zeitraum im Januar 2016 erteilt.

6

Unter dem 15. Februar 2016 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass sich sein Widerspruch mit Ablauf der Fastnachtskampagne 2016 erledigt habe und mithin unzulässig geworden sei. Er bat um Mitteilung, ob der Widerspruch gleichwohl aufrecht erhalten bleiben solle.

7

Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, dass er von einer kostenneutralen Einstellung des Widerspruchsverfahrens ausgehe, stellte der Stadtrechtsausschuss der Beklagten das Widerspruchsverfahren mit Beschluss vom 8. September 2016 wegen Erledigung ein.

8

Am 19. Oktober 2016 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, seine Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Er habe ein berechtigtes Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Die Versagung einer Sondernutzungserlaubnis für einen Bauchladenverkauf sei rechtswidrig gewesen. So sei er vor Erlass des Versagungsbescheids nicht angehört worden. Die Ablehnung sei ermessensfehlerhaft erfolgt. Straßenrechtliche Aspekte, die der Erteilung der Sondernutzungserlaubnis entgegenstünden, seien nicht ersichtlich. Insbesondere würden weder die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs noch Belange des Straßen- und Stadtbildes durch einen Bauchladenverkauf beeinträchtigt. Die Richtlinie der Beklagten „Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum – Bereich Innenstadt“ sei nicht einschlägig. Festlegungen des Wirtschaftsausschusses der Beklagten, mobilen Verkauf im Stadtgebiet nicht zuzulassen, seien nicht belegt. Die Beklagte habe sich durch ihre in der Vergangenheit geübte Praxis, dem XXV eine Sondernutzungserlaubnis u.a. für den mobilen Verkauf zu erteilen, gebunden. Er – der Kläger – sei mit dem XXV vergleichbar, denn er wolle ebenfalls während der Fastnachtszeit diesbezügliche Artikel mittels eines Bauchladens für einen gemeinnützigen Zweck im Stadtgebiet verkaufen. Es sei keine sachliche Rechtfertigung dafür ersichtlich, warum allein dem XXV der Bauchladenverkauf gestattet werde. Insbesondere stelle das seitens der Beklagten angeführte Argument der Brauchtumspflege keinen sachlichen Differenzierungsgrund dar; vielmehr stärke der Einsatz von Bauchläden unterschiedlicher Verkäufer das Brauchtum in seiner Pluralität.

9

Der Kläger beantragt,

10

festzustellen, dass der Bescheid vom 30. November 2015 rechtswidrig gewesen ist.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie trägt zur Begründung vor, die Klage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Der Kläger sei vor Erlass des Bescheids angehört worden. Im Übrigen habe es mit der Vorsitzenden des Klägers im Vorfeld Telefon- und E-Mail-Verkehr gegeben. Die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis für einen Bauchladenverkauf sei auch in der Sache gerechtfertigt. Sie habe sich bei ihrer Entscheidung ausschließlich an Belangen orientiert, die einen sachlichen Bezug zur Straße aufwiesen. Ein Warenverkauf durch Bauchladen beeinträchtige die Leichtigkeit des Verkehrs sowie Belange des Straßen- und Stadtbildes und widerspreche dem Gestaltungskonzept der Beklagten, das durch die Richtlinie „Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum – Bereich Innenstadt“ sowie über Festlegungen des Wirtschaftsausschusses umgesetzt werde. Überdies hätten Bauchladenverkäufer einen erheblichen hindernden Effekt auf den Fußgängerverkehr in der M. Innenstadt zur Folge. Ausgehend von diesen Gründen sei sie bestrebt, die Innenstadt von Bauchladenverkäufern freizuhalten und habe sich dazu entschlossen, grundsätzlich keinen mobilen Verkauf in der Innenstadt zuzulassen. Anhaltspunkte dafür, zugunsten des Klägers von dieser Handhabung ausnahmsweise abzuweichen, seien nicht ersichtlich. Der vom Kläger angestrebte Verkauf stelle genau die Art der Sondernutzung dar, die die Leichtigkeit des Verkehrs zu beeinträchtigen geeignet sei und verhindert werden solle. Schließlich könne die Klägerin auch nichts aus dem Umstand für sich herleiten, dass dem XXV seit Jahrzehnten in der Fastnachtszeit eine Sondernutzungserlaubnis erteilt werde, die auch den mobilen Verkauf umfasse, denn eine etwaige Ungleichbehandlung sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Bei dem mobilen Verkauf von „Zugplakettchen“ und als Annex dazu von Fastnachtsartikeln stehe nicht der Kommerzgedanke im Vordergrund. Der Verkauf der „Zugplakettchen“ diene vielmehr der Finanzierung des Rosenmontagszugs, sei Brauchtumspflege und gewollter Bestandteil des städtischen Erscheinungsbilds. Hiervon unterscheide sich der vom Kläger beabsichtigte Verkauf von Fastnachtsartikeln deutlich.

14

Ein von der Vorsitzenden des Klägers gestellter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, die dem XXV erteilte Sondernutzungserlaubnis in der Fastnachtskampagne 2015/2016 aufzuheben, wurde vom erkennenden Gericht durch Beschluss vom 15. Januar 2016 im Verfahren 3 L 4/16.MZ abgelehnt, die hiergegen erhobene Beschwerde durch unanfechtbaren Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 2016 (1 B 10555/16.OVG) zurückgewiesen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten in den Gesichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten einschließlich der Gerichtsakte 3 L 4/16.MZ Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Sie ist in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft, weil sich das klägerische Begehren infolge Zeitablaufs im Sinne von § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i. V. m. § 43 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz –VwVfG – mit Ablauf des beantragten Verkaufszeitraums im Februar 2016 erledigt hatte. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Gestalt der Wiederholungsgefahr dargetan (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2.8.2006 – 11 A 2642/04 –, juris, Rn. 17).

17

In der Sache hat die Klage indes keinen Erfolg. Der Versagungsbescheid der Beklagten vom 30. November 2015 war rechtmäßig und hat die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.

18

Rechtsgrundlage für die Erteilung der begehrten Sondernutzungserlaubnis ist § 41 Abs. 1 Satz 1 des Landestraßengesetzes – LStrG –. Nach dieser Vorschrift bedarf der Gebrauch der Straße über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde.

19

Der Versagungsbescheid der Beklagten war formell rechtmäßig. Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Beklagte vor dessen Erlass insbesondere nicht gegen das Anhörungserfordernis des § 28 Abs. 1 VwVfG verstoßen. Ungeachtet dessen, dass eine Anhörung im Sinne von § 28 Abs. 1 VwVfG grundsätzlich nicht erforderlich ist, wenn – wie vorliegend – der Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts abgelehnt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Oktober 1982 – 3 C 46/81 –, BVerwGE 66, 184 = juris Rn. 35, und vom 30. April 1981 – 3 C 13 5/79 –, Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 3 = juris Rn. 64; SächsOVG, Urteil vom 20. August 2015 – 5 A 104/16 –, juris Rn. 28; OVG M-V, Beschluss vom 23. Juni 2014 – 3 M 58/14 –, juris Rn. 6), hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass die 1. Vorsitzende des Klägers am 18. November 2015 in Bezug auf den beabsichtigten Bauchladenverkauf bei ihr vorgesprochen hatte und es vor Erlass des Bescheids zudem Telefon- und E-Mail-Verkehr gab, so dass dem Anhörungserfordernis insoweit Genüge getan wurde.

20

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 LStrG lagen zwar vor. Bei dem vom Kläger beabsichtigten Verkauf von Fastnachtsartikeln aus einem Bauchladen heraus im Gebiet der M. Innenstadt handelt es sich um eine erlaubnispflichtige Sondernutzung (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 17. September 2003 – 1 B 15.03 –, LRE 47, 239 = juris Rn. 14; OVG NRW, Beschluss vom 21. Oktober 1996 – 23 B 2966/95 –, juris Rn. 14; VG Karlsruhe, Urteil vom 2. Juni 2003 – 5 K 2371/02 –, GewArch 2005, 39), denn er beabsichtigt mit dieser Tätigkeit die Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums zu vorrangig gewerblich-kommerziellen Zwecken und damit über den in § 34 Abs. 1 Satz 1 LStrG definierten Gemeingebrauch hinaus. Insbesondere handelt es sich bei dem Bauchladenverkauf nicht um ein Erscheinungsbild des sogenannten kommunikativen Gemeingebrauchs, auch wenn etwa in der Fußgängerzone Passanten an den Verkäufer herantreten bzw. dieser Passanten anspricht. Zwar entspricht es dem modernen Funktionsbild insbesondere von Fußgängerbereichen (Fußgängerzonen und -passagen), dass dort neben den klassischen Erscheinungsformen des Verkehrs (Fortbewegung von Menschen und Sachen einschließlich des ruhenden Verkehrs) auch andere Verhaltensweisen wie etwa das Betrachten von Schaufenstern oder aber die Begegnung und Kommunikation mit anderen Passanten üblich sind, die in der Aufenthaltsfunktion eines Fußgängerbereichs angelegt sind und vom Widmungszweck dieser Verkehrsflächen gefördert werden. Gleichwohl steht auch bei dem sogenannten kommunikativen Gemeingebrauch die Nutzung der Straße als Verkehrseinrichtung für den ungehinderten Verkehr und nicht als Kommunikationsmedium im Vordergrund (vgl. VGH BW, Urteil vom 31. Januar 2002 – 5 S 311/00 –, NVwZ-RR 2002, 740 = juris Rn. 23). Hiervon ausgehend kann ein Bauchladenverkauf nicht als dem kommunikativen Gemeingebrauch unterfallende Nutzung des Straßenraums angesehen werden. Es handelt sich vielmehr um eine gewerbliche Betätigung, bei der ein Verkehrsinteresse nicht vorhanden oder allenfalls nebensächlich ist und die nicht auf individuelle Begegnung angelegt ist; er unterfällt damit nicht mehr dem Gemeingebrauch (vgl. VGH BW, Urteil vom 9. Dezember 1999 – 5 S 2051/98 –, ESVGH 50, 143 = juris Rn. 41; VG Karlsruhe, a.a.O.).

21

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Erteilung der danach erforderlichen Sondernutzungserlaubnis gehabt. In Anbetracht dessen, dass die Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis grundsätzlich im Ermessen der Straßenbaubehörde steht (vgl. OVG RP, Urteil vom 4. Dezember 2014 – 1 A 10294/14.OVG –, AS 43, 126 = juris Rn. 20), hätte die Verpflichtung zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts nur ausgesprochen werden können, wenn mit Blick auf die konkreten Umstände des Falls nur eine einzige, bestimmte und ermessensfehlerfreie Entscheidung in Betracht gekommen wäre (sog. Ermessensreduktion auf Null). Dies war hier jedoch nicht gegeben.

22

Das behördliche Ermessen ist auf Null reduziert, wenn die für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis sprechenden Umstände derart überwiegen, dass nur die Erteilung der Erlaubnis rechtmäßig sein kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Sondernutzungserlaubnis entgegenstehende straßenrechtlich relevante Gesichtspunkte nicht ersichtlich sind, mithin kein straßenrechtlicher Bezug besteht. Ferner kommt eine Ermessensreduzierung auf Null in Fällen der Selbstbindung der Verwaltung in Betracht, insbesondere wenn die Behörde ihr Ermessen durch eine bestimmte Verwaltungspraxis in der Vergangenheit gebunden hat. Schließlich kann sich eine Reduktion des Ermessens auf Null im Einzelfall auch daraus ergeben, dass sich die zur Verfügung stehenden Entscheidungsmöglichkeiten deshalb verringern, weil alle übrigen zu unzulässigen, weil unverhältnismäßigen oder unzumutbaren Ergebnissen führen (vgl. zu alledem VG Aachen Beschluss vom 30. April 2008 – 6 L 176/08 –, juris Rn. 25 f.). Derartige Umstände sind weder ersichtlich noch vom Kläger geltend gemacht worden.

23

a) Entgegen der Ansicht des Klägers lagen der Versagung der Sondernutzungserlaubnis hinreichend gewichtige Belange mit straßenrechtlichem Bezug zugrunde. Die Beklagte hat die Versagung zum einen damit begründet, dass die Zulassung von Verkäufern mit Bauchläden die Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigte (aa). Zum anderen hat sie die Versagung auf Aspekte des Stadt- und Straßenbildes gestützt (bb).

24

aa) Zu den im Rahmen der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis berücksichtigungsfähigen Gründen mit straßenrechtlichem Bezug gehört u.a. auch die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs (vgl. OVG RP, Beschluss vom 15.8.2013 – 1 B 10669/13 –, juris Rn. 10; NRW, Urteil vom 7. April 2017 – 11 A 2068/14 –, juris Rn. 54; OVG Saarland, Beschluss vom 22. Februar 2017 – 1 D 166/17 –, juris Rn. 57). Der Oberbegriff der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs hat zum Ziel, dass kein Verkehrsteilnehmer gefährdet (Sicherheit) oder mehr als nach den Umständen unvermeidlich behindert oder belästigt wird (Leichtigkeit). Die Sicherheit hat also die Abwendung von Gefahren für den Verkehr und von diesem, die Leichtigkeit den möglichst ungehinderten Verkehrsfluss im Blick (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 4. September 2012 – W 4 K 12.364 –, juris Rn. 33). Legt man dieses Verständnis zugrunde, so erschließt es sich ohne Weiteres, dass durch den mobilen Verkauf von Waren aus einem Bauchladen heraus – zumal in einer durch Fußgängerverkehr stark frequentierten Fußgängerzone – ein möglichst ungehinderter Verkehrsfluss beeinträchtigt wird, weil stehenbleibende Kunden den Verkehr auf der Straße behindern können (vgl. auch VG Aachen, a.a.O. Rn. 53) und damit deren Funktion als Verkehrsträger berührt ist (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 19. März 2007 – AN 10 K 05.04197 –, juris Rn. 25). Dies gilt umso mehr, als die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für einen Bauchladenverkauf an den Kläger letztlich Signalwirkung für anderen Bewerber hätte, denen dann eine solche Erlaubnis aus Gründen der Leichtigkeit des Verkehrs nicht verwehrt werden könnte.

25

bb) Darüber hinaus durfte die Beklagte auch Aspekte des Straßen- und Stadtbildes zur Versagung der Sondernutzungserlaubnis anführen.

26

Bei der Entscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis darf neben wegerechtlichen Belangen im engeren Sinne auch auf andere Gesichtspunkte abgestellt werden, sofern sie mit der Straße und ihrem Widmungszweck (noch) in einem hinreichend engen sachlichen Zusammenhang stehen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 15.8.2013 – 1 B 10669/13 –, juris, Rn. 10; Urteil vom 4. Dezember 2014, a.a.O. = juris Rn. 21; VGH BW, Urteil vom 18. März 2014 – 5 S 348/13 –, NVwZ-RR 2014, 539 = juris Rn. 36 [jeweils m.w.N.]). Dies gilt namentlich auch für Belange der Straße, ihres Umfelds und ihrer Funktion städtebaulicher oder baugestalterischer Art. Ein entsprechend enger sachlicher Bezug zur Straße liegt vor, soweit es um den Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes geht. Demgegenüber können Belange, die – wie etwa der Schutz des Ortsbildes als Ganzes – unmittelbar keine sachliche Beziehung zu dem jeweiligen „Straßengrund“ haben, die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis grundsätzlich nicht rechtfertigen. Etwas anderes kommt insoweit nur in Betracht, soweit diese Belange im konkreten „Straßenbild“ der Straße, in der die Sondernutzung ausgeübt werden soll, einen fassbaren Niederschlag gefunden hat (vgl. OVG RP, Urteil vom 4. Dezember 2014, a.a.O. = juris Rn. 22; VGH BW, Urteil vom 9. Dezember 1999, a.a.O. = juris Rn. 45). Des Weiteren setzt die Berücksichtigung entsprechender Belange voraus, dass ihnen ein konkretes, vom Gemeinderat beschlossenes Gestaltungskonzept der Gemeinde zugrunde liegt, welches dem in den Blick genommenen Bereich – etwa in Bezug auf Bereiche der Gemeinde – ein spezifisches „Flair“ verleihen soll. Einer Festlegung in Satzungsform bedarf es hierzu indessen nicht; ausreichend sind verwaltungsinterne Richtlinien (vgl. OVG RP, Urteil vom 4. Dezember 2014 a.a.O. = juris Rn 22; VGH BW, Urteil vom 9. Dezember 1999, a.a.O. = juris Rn. 46). Dabei dürfen an die Konkretisierung der Gestaltungsvorstellungen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Ausreichend ist, wenn es sich aus dem Inhalt der vom Gemeinderat beschlossenen Regelungen ohne weiteres ablesen lässt. Auch genügt es, wenn das Konzept nur die für die Einzelfallentscheidung wesentlichen Grundsätze bestimmt. Abgrenzungsprobleme im Einzelfall sind bei Umsetzung des Konzepts im Rahmen der Ermessensausübung anhand der festgelegten Grundsätze unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens, insbesondere des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG – zu lösen (vgl. VGH BW, Urteil vom 9. Dezember 1999, a.a.O. = Rn. 46).

27

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt dem Handeln der Beklagten, grundsätzlich keine mobilen Bauchladenverkäufe in der Innenstadt zuzulassen, ein hinreichend konkretes, von den städtischen Gremien beschlossenes Gestaltungskonzept zugrunde. So hat die Beklagte auf der Grundlage eines Stadtratsbeschlusses vom 20. Juli 2005 eine Richtlinie („Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum – Bereich Innenstadt“) aufgestellt, die Vorgaben enthält, die von der Verwaltung im Rahmen des bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen auszuübenden Ermessens zu beachten sind. Zwar ist diese Richtlinie nicht unmittelbar auf die Fallgruppe des mobilen, zeitlich beschränken Warenverkaufs mittels Bauchläden anwendbar (vgl. Abschnitt III. Gestaltung und Bedeutung, S. 6 der Richtlinie). Sie lässt jedoch die grundsätzlichen, von der Beklagten verfolgten gestalterischen Belange des Straßenbildes in der M. Innenstadt erkennen, die letztlich der Erhaltung eines attraktiven Stadtbildes der in durch eine intakte Altstadt bzw. durch historische und repräsentative sowie architektonisch anspruchsvolle Neubauten geprägten M. Innenstadt als Visitenkarte und Schaufenster der Stadt dienen (vgl. Abschnitt II. Städtebauliches Erfordernis einer Gestaltungsrichtlinie, S. 5 f.). Es liegt auf der Hand, dass diese Aspekte nicht nur für die in der Richtlinie beispielhaft aufgeführten Elemente der „Stadtmöblierung“, sondern gleichermaßen auch für Sondernutzungen in Gestalt des mobilen, zeitlich beschränkten Warenverkaufs gelten, denn diese Sondernutzungen sind gleichermaßen geeignet, auf das Straßen- und damit auf das Stadtbild der Beklagten einzuwirken und konkreten Einfluss auf das Ambiente und den Flair der M. Innenstadt zu nehmen (vgl. auch Abschnitt VI Begründung 3. Aufgaben und Regelungsbereich der Richtlinie, S. 25 „…Der Charakter der Sondernutzungen ist jedoch per se dominant…“). Zur Umsetzung der gestalterischen Belange hat die Beklagte in Bezug auf den mobilen Warenverkauf durch Festlegungen des Wirtschaftsausschusses die Regelung getroffen, dass dieser Verkauf von Waren – etwa aus einem Bauchladen heraus – grundsätzlich nicht zugelassen werden soll. Diese Festlegungen lassen vor dem Hintergrund der von der Beklagten grundsätzlich verfolgten gestalterischen Belange hinreichend deutlich erkennen, dass auch der mobile, zeitlich beschränkte Warenverkauf als das Straßen- und Stadtbild beeinträchtigend empfunden wird. Unbeachtlich ist insoweit, dass diese Festlegungen nicht vom Stadtrat, sondern von einem seiner Ausschüsse getroffen wurden. Zum einen handelt es sich bei der Festlegung eines das Straßen- und Stadtbild betreffenden Gestaltungskonzepts nicht um eine gemeindliche Angelegenheit, die gemäß § 32 Abs. 2 Gemeindeordnung – GemO – der ausschließlichen Entscheidungskompetenz des Stadtrats unterliegt. Zum anderen handelt es sich beim Wirtschaftsausschuss um einen mit Ratsmitgliedern besetzten Ausschuss des Stadtrats der Beklagten im Sinne von § 44 ff. GemO, dem durch die Hauptsatzung der Beklagten sogar Entscheidungskompetenzen anstelle des Stadtrats übertragen wurden. Damit ist sichergestellt, dass an der Aufstellung des Gestaltungskonzepts auch in Bezug auf den mobilen Verkauf von Waren in hinreichendem Maße demokratisch legitimierte Entscheidungsträger beteiligt sind (vgl. zur ausdrücklichen Regelung auch des mobilen Warenverkaufs die Richtlinie zur Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums im Stadtgebiet der L.-Stadt M. vom 28. Juni 2017, Amtsblatt Nr. 27 vom 7. Juli 2017).

28

b) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich vorliegend eine Ermessensreduktion auf Null auch nicht aus Gründen der Selbstbindung der Beklagten.

29

Aus dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. dem aus dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 1997 – 3 C 6/95 –, BVerwGE 104, 220 = juris Rn. 19 ) folgt, dass eine seitens der Behörde ausgeübte Verwaltungspraxis in der Vergangenheit zu einer Ermessensbindung gegenüber dem Bürger führt, von der in vergleichbaren Fällen nicht willkürlich abgewichen werden darf (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2012 – 8 C 18/11 –, BVerwGE 143, 50 = juris Rn. 32; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Auflage 2010, § 40 Rn. 25). Eine derartige Verwaltungspraxis der Beklagten, die das ihr zustehende Ermessen hin zur Erteilung von Sondernutzungsgenehmigungen für einen Bauchladenverkauf binden würde, ist indes nicht ersichtlich. Die Beklagte hat substantiiert dargetan, dass auch schon in der Vergangenheit auf der Grundlage der Festlegungen des Wirtschaftsausschusses Sondernutzungserlaubnisse für den mobilen Verkauf von Waren abgelehnt wurden (vgl. Protokoll über das Routinegespräch am 28. April 2011, TPO 15 „Eisfahrrad“). Dem ist der Kläger nicht entgegen getreten; er hat vielmehr sogar selbst bestätigt, dass auch anderen Vereinen keine Sondernutzungserlaubnis für mobile Verkaufsaktionen mittels Bauchladen erteilt würde (vgl. Schriftsatz vom 2. Juni 2017). In Anbetracht dessen ist für eine zur Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für den mobilen Bauchladenverkauf führende ermessensbindende Verwaltungspraxis der Beklagten kein Raum.

30

Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb angezeigt, weil die Beklagte in der Vergangenheit und auch in dem hier in Rede stehenden Zeitraum dem XXV (XXV) Sondernutzungserlaubnisse erteilt hat, die u.a. auch den Verkauf von Fastnachtsartikeln mittels Bauchladen umfassten. Soweit der Kläger aus diesem Umstand eine willkürliche Ungleichbehandlung zu seinen Lasten daraus herleiten will, dass er ebenfalls den Verkauf von Fastnachtsartikeln aus einem Bauchladen heraus beabsichtigt habe, vermag er hiermit nicht durchzudringen.

31

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2012 – 1 BvL 14/07 –, BVerfGE 130, 240 = juris Rn. 40 m.w.N.).

32

Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Dem Normgeber kommt im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Eine strengere Bindung des Normgebers kann sich allerdings aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2012, a.a.O. = juris Rn. 42 m.w.N.).

33

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte sachlich gerechtfertigte Gründe für die regelmäßige Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen an den XXV dargetan. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargestellt, dass dem dem XXV genehmigte Verkauf von „Zugplakettchen“ u.a. mit Bauchläden einem herkömmlichen (gewerblichen) Verkauf von Waren (von Fastnachtsartikeln) eine besondere Bedeutung zukomme, weil er als ein das Straßenbild in der Fastnachtszeit gestaltendes Element der Brauchtumspflege anzusehen sei, das eine im Vergleich zum Kläger unterschiedliche Behandlung erlaube (vgl. zum Aspekt der Brauchtumspflege als anerkennenswertes Interesse bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen VG Münster, Urteil vom 8. Mai 2014 – 8 K 2350/13 –, juris Rn. 29; VG Düsseldorf, Urteil vom 6.2.2001 – 16 K 4925/98 –, juris Rn. 21). Hiergegen ist nichts zu erinnern. Wie allgemein bekannt, werden auf den Straßen der Innenstadt durch vom XXV bestellte fastnachtlich gekleidete Verkäufer im Wesentlichen die sogenannten „Zugplaketten“ verkauft, die der Finanzierung des vom XXV seit 1838 in eigener Verantwortung und seit vielen Jahren auf eigene Rechnung veranstalteten Rosenmontagszugs dienen. Der Zugplakettenverkauf, der seit den 1950er Jahren stattfindet, gehört in der Fastnachtszeit zum Erscheinungsbild auf den Straßen und Fußgängerbereichen in der M. Innenstadt und ist – ebenso wie der Rosenmontagszug selbst – ein mittlerweile traditionelles Element, das in der besagten Zeit das Straßenbild in der M. Innenstadt (mit)prägt. Von daher ist es wie andere fastnachtliche Ereignisse im öffentlichen Straßenraum (z.B. Rosenmontagszug, Neujahrsempfang auf dem S.-Platz, Jugendmaskenzug, Umzug der Garden, Kappen-Fahrt) als Teil der die M. Fastnacht betreffenden Brauchtumspflege anzusehen. Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen Rechtsbedenken, dass die Beklagte in ihre Entscheidung, dem XXV – anders als dem Kläger – eine entsprechende Sondernutzungsnutzungserlaubnis zum Verkauf in erster Linie von Zugplaketten (und nur im Annex von Fastnachtsartikeln) mit einem Bauchladen zu erteilen, die Herkömmlichkeit und Tradition des Zugplakettenverkaufs als ein aus ihrer Sicht das Straßenbild mitgestaltendes Element in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl. auch OVG RP, Beschluss vom 15.8.2013 – 1 B 10669/13 –, juris, Rn. 11; VG Osnabrück, Beschluss vom 24.3.2003 – 1 B 6/03 –, juris, Rn. 13).

34

Anders als der Kläger meint, wird auch nicht anderen Vereinen oder Gruppen seitens der Beklagten der Verkauf von der Finanzierung des Rosenmontagszugs dienenden Zugplaketten oder sonstigen Fastnachtsartikeln erlaubt. Genehmigungen hierfür werden nach der Darstellung der Beklagten allein dem XXV erteilt, der insoweit allein Berechtigter und Verpflichteter ist. Dieser organisiert den Verkaufsablauf unter Beteiligung verschiedener (teilweise wohl auch nicht fastnachtlich ausgerichteter) Gruppen. Insoweit besteht kein öffentlich-rechtlicher Bezug zur hier streitgegenständlichen Sondernutzungsgenehmigung nach dem Landesstraßengesetz, auf den sich der Kläger berufen könnte.

35

c) Schließlich ergibt sich vorliegend eine Reduktion des Ermessens auf Null auch nicht aus dem Umstand, dass die sich zur Verfügung stehenden Entscheidungsmöglichkeiten deshalb verringern, weil alle übrigen zu unzulässigen, weil unverhältnismäßigen oder unzumutbaren Ergebnissen führen. Hiergegen spricht bereits, dass der Beklagte die (wirtschaftlichen) Belange mobiler Verkäufer bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen berücksichtigt hat, indem sie in der M. Fußgängerzone in der S.-G.-Passage einen Bereich für mobile Verkaufsstände eingeräumt hat, für den zeitlich befristete Sondernutzungserlaubnisse zum Verkauf von Waren erteilt werden. Hiervon hat der Kläger im fraglichen Zeitraum im Übrigen auch Gebrauch gemacht hat (vgl. Sondernutzungserlaubnis vom 7. Januar 2016).

36

Die Ablehnung der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für einen Bauchladenverkauf war schließlich auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil es sich bei dem Kläger nach seinen Angaben um einen gemeinnützigen Verein handelt und der Erlös des Verkaufs dem Vereinszweck zu Guten kommen (gespendet werden) sollte (vgl. Antrag vom 8. November 2015). Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger als gemeinnütziger Verein sozial anerkennenswerte Interessen verfolgt, begründet dies für ihn keine Sondersituation. Es verbleibt dabei, dass er gewerblich tätig sein will und dies dazu führen würde, dass auch vergleichbare gewerbliche Tätigkeiten von Dritten nicht verhindert werden könnten. Allein die Unterscheidung nach der Verwendung des Gewinns aus dieser Tätigkeit (fremd- oder eigennützig) wäre kein straßenrechtlich haltbares Differenzierungskriterium, das im Gegensatz zu anderen Bewerbern die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für den Kläger rechtfertigen würde (vgl. VG Köln, Urteil vom 6. August 2007 – 11 K 6707/05 –, juris Rn. 29).

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

38

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Beschluss vom 12. Juli 2017

39

Der Streitwert wird auf 5.000,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 12. Juli 2017 - 3 K 1256/16.MZ

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 12. Juli 2017 - 3 K 1256/16.MZ

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 12. Juli 2017 - 3 K 1256/16.MZ zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 28 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach de

Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG | § 8 Voraussetzungen der Förderung


(1) Die Krankenhäuser haben nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Förderung, soweit und solange sie in den Krankenhausplan eines Landes und bei Investitionen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 in das Investitionsprogramm aufgenommen sind. Die zuständige Lande

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 12. Juli 2017 - 3 K 1256/16.MZ zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 12. Juli 2017 - 3 K 1256/16.MZ zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 23. Juni 2014 - 3 M 58/14

bei uns veröffentlicht am 23.06.2014

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. Mai 2014 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird

Verwaltungsgericht Münster Urteil, 08. Mai 2014 - 8 K 2350/13

bei uns veröffentlicht am 08.05.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betra

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. März 2014 - 5 S 348/13

bei uns veröffentlicht am 18.03.2014

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. Juli 2012 - 6 K 625/12 - geändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerich

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 15. Aug. 2013 - 1 B 10669/13

bei uns veröffentlicht am 15.08.2013

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 17. Juni 2013 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerde

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 25. Apr. 2012 - 8 C 18/11

bei uns veröffentlicht am 25.04.2012

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die teilweise Rücknahme und Rückforderung von Finanzhilfen für eine Straßenbaumaßnahme der Klägerin, soweit Kosten für die Änd

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 07. Feb. 2012 - 1 BvL 14/07

bei uns veröffentlicht am 07.02.2012

Tenor 1. Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Gesetzes zur Gewährung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes (Bayerisches Landeserziehungsgeldgesetz
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 12. Juli 2017 - 3 K 1256/16.MZ.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Okt. 2018 - 1 A 11842/17

bei uns veröffentlicht am 11.10.2018

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 12. Juli 2017 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Re

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Die Krankenhäuser haben nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Förderung, soweit und solange sie in den Krankenhausplan eines Landes und bei Investitionen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 in das Investitionsprogramm aufgenommen sind. Die zuständige Landesbehörde und der Krankenhausträger können für ein Investitionsvorhaben nach § 9 Abs. 1 eine nur teilweise Förderung mit Restfinanzierung durch den Krankenhausträger vereinbaren; Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen, den Ersatzkassen und den Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 ist anzustreben. Die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan wird durch Bescheid festgestellt. Gegen den Bescheid ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(1a) Krankenhäuser, die bei den für sie maßgeblichen planungsrelevanten Qualitätsindikatoren nach § 6 Absatz 1a auf der Grundlage der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 136c Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch übermittelten Maßstäbe und Bewertungskriterien oder den im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Qualitätsvorgaben nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweisen, dürfen insoweit ganz oder teilweise nicht in den Krankenhausplan aufgenommen werden. Die Auswertungsergebnisse nach § 136c Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind zu berücksichtigen.

(1b) Plankrankenhäuser, die nach den in Absatz 1a Satz 1 genannten Vorgaben nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweisen, sind insoweit durch Aufhebung des Feststellungsbescheides ganz oder teilweise aus dem Krankenhausplan herauszunehmen; Absatz 1a Satz 2 gilt entsprechend.

(1c) Soweit die Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 6 Absatz 1a Satz 2 nicht Bestandteil des Krankenhausplans geworden sind, gelten die Absätze 1a und 1b nur für die im Landesrecht vorgesehenen Qualitätsvorgaben.

(2) Ein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan und in das Investitionsprogramm besteht nicht. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern entscheidet die zuständige Landesbehörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird; die Vielfalt der Krankenhausträger ist nur dann zu berücksichtigen, wenn die Qualität der erbrachten Leistungen der Einrichtungen gleichwertig ist.

(3) Für die in § 2 Nr. 1a genannten Ausbildungsstätten gelten die Vorschriften dieses Abschnitts entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.250,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die für sofortig vollziehbar erklärte Baueinstellungsverfügung des Antragsgegners, durch die dem Antragsteller die Umgestaltung eines Bootshauses untersagt wird.

2

Der Antragsteller reichte am 05.12.2013 einen Bauantrag im vereinfachten Verfahren gemäß § 63 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern – LBauO M-V – ein. Gegen-stand des Bauantrages soll die Erneuerung eines bestehenden Bootshauses sein. Mit Schreiben vom 11.03.2014 teilte der Antragsgegner mit, die beantragte Baumaßnahme bedürfe einer Genehmigung nach § 63 LBauO M-V. Das Vorhaben sei als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB planungsrechtlich nicht zulässig. Außerdem könne die notwendige naturschutzrechtliche Genehmigung für eine Ausnahme von der Landschaftsschutzgebietverordnung „Mecklenburger Großseenlandschaft“ und eine Genehmigung des mit dem Vorhaben verbundenen Eingriffs in Natur und Landschaft nicht in Aussicht gestellt werden. Schließlich verstoße das Vorhaben gegen § 61 Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG – i.V.m. § 29 Naturschutzausführungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern - NatSchAG M-V -, wonach an Gewässern erster Ordnung bauliche Anlagen in einem Abstand von 50 m land- und gewässerseits von der Mittelwasserlinie angerechnet nicht errichtet oder wesentlich geändert werden dürften. Am 14.03.2014 ordnete der Antragsgegner mündlich einen Baustopp für die begonnenen Bauarbeiten an, der durch Bescheid vom 18.03.2014 schriftlich bestätigt wurde. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung dieser Anordnung ausgesprochen.

3

Den hiergegen gerichteten Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung lehnte das Verwaltungsgericht Greifswald durch Beschluss vom 07.05.2014 im Wesentlichen mit der Begründung ab, die zuvor unterbliebene Anhörung sei durch die Widerspruchsbegründung geheilt worden. Der Antragsteller sei nicht in Besitz einer durch Zeitablauf entstandenen Baugenehmigung nach § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V, da das Vorhaben nicht unter die in Abs. 1 der Vorschrift genannten falle. Die Baueinstellungsverfügung sei bereits deswegen gerechtfertigt, weil das Vorhaben wegen der fehlenden Baugenehmigung formell baurechtswidrig sei. Wegen der im Verwaltungsverfahren aufgezeigten rechtlichen Bedenken sei es auch nicht offensichtlich materiell genehmigungsfähig. Die Zwangsgeldandrohung begegne keinen Bedenken, ebenso wenig die Begründung des besonderen öffentlichen Interesses für die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

II.

4

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers, die allein nach deren Vorbringen gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beurteilen ist, hat keinen Erfolg.

5

Der Antragsteller macht zunächst geltend, der Antragsgegner habe vergleichbare Vorhaben in der Vergangenheit und Gegenwart als Bauantragsverfahren im vereinfachten Verfahren nach § 63 LBauO M-V behandelt. Er sei zuvor dazu anzuhören gewesen, dass der Antragsgegner das Verfahren nicht als vereinfachtes, sondern als Baugenehmigungsverfahren nach § 64 LBauO M-V behandeln wolle. Überdies sei die Fiktionswirkung der Baugenehmigung nach § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO eingetreten.

6

Dieses Vorbringen vermag den angefochtenen Beschluss nicht in Frage zu stellen. Für die Anwendung des § 63 LBauO M-V kommt es allein darauf an, ob hier die objektiven Voraussetzungen dieser Vorschrift gem. § 63 Abs. 1 LBauO vorliegen. Danach ist das vereinfachte Genehmigungsverfahren nur dann möglich und vorgeschrieben, wenn es sich um ein Wohngebäude handelt, eine sonstige bauliche Anlage, die kein Gebäude ist oder ein Nebengebäude oder eine Nebenanlage zu Bauvorhaben der eben genannten Art. Der Antragsteller trägt selbst nicht vor, dass der Bootsschuppen zukünftig ein Wohngebäude im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 2 LBauO M-V sein soll (dazu OVG Greifswald, B. v. 15.07.2009 - 3 L 182/08 - juris) oder dass die Anlage kein Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 LBauO darstellt. Es kommt nicht darauf an - und zwar auch nicht für den Eintritt der Fiktionswirkung nach § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V – ob der Antragsteller sein Vorhaben so beurteilt, dass das vereinfachte Genehmigungsverfahren aus seiner Sicht in Betracht kommt (so bereits OVG Greifswald, B. v. 09.03.2004 - 3 M 253/03 - juris). Anderenfalls könnte er nämlich die Fiktionswirkung und die eingeschränkte baurechtliche Überprüfung in Hinblick auf bauordnungsrechtliche Fragen gem. § 63 Abs. 1 Nr. 2 LBauO M-V allein dadurch herbeiführen, dass er einen derartigen Antrag stellt. Dies ist nicht Sinn und Zweck der verschieden ausgestalteten Genehmigungsverfahren der Landesbauordnung. Vielmehr ist es Sache der Baugenehmigungsbehörden objektiv zu beurteilen, ob und nach welchen Verfahrensvorschriften das jeweilige Vorhaben verfahrensrechtlich zu beurteilen ist. Eine andere Auslegung der Vorschriften im Sinne des Antragstellers würde im Ergebnis zu einer Wahlfreiheit der Genehmigungsverfahren unabhängig von den normierten Voraussetzungen führen. Eine solche Wahlfreiheit hat – anders als teilweise die Bauordnungen anderer Bundesländer – der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern den Bauherrn nicht eingeräumt. Daraus folgt zugleich, dass der Antragsgegner nicht gehalten war, den Antragsteller zuvor darauf hinzuweisen, dass sein Vorhaben nach § 64 LBauO M-V zu beurteilen ist. Überdies ist eine Anhörung nach § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz Mecklenburg-Vorpommern – VwVfG M-V – nur bei Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes vorgesehen. Die Versagung eines begünstigenden Verwaltungsaktes fällt hierunter nach überwiegender Ansicht nicht. Selbst wenn dies nicht in dem Fall gelten sollte, in dem von einer früheren Verwaltungspraxis abgewichen werden soll (so OVG Münster, U. v. 01.07.1983 - 4 A 248/82, NVwZ 1983, 746), rechtfertigte dies nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, weil die Anhörung im Widerspruchverfahren nachgeholt wird (§ 45 Abs. 2 VwVfG M-V). Gleiches gilt im übrigen, wenn sich der Einwand des Antragstellers auf den Erlass der Baueinstellungsanordnung beziehen sollte. Schließlich kann sich der Antragsteller nicht darauf berufen, dass in anderen – aus seiner Sicht vergleichbaren – Fällen der Antragsgegner das Genehmigungsverfahren nach § 63 LBauO M-V durchgeführt hat. Auf die Weiterführung eines solchen rechtwidrigen Verwaltungshandelns hätte der Antragsteller keinen Anspruch.

7

Der Antragsteller macht in seiner Beschwerdeschrift weiter geltend, die Erwägungen des Antragsgegners zur vermeintlichen Vorbildwirkung würden das Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs nicht rechtfertigen. Ihm sei nicht bekannt, dass vergleichbare bauliche Anlagen im Landkreis durch den Antragsgegner nicht genehmigt würden oder gegen eben jene Anlagen offensichtlich eingeschritten werden müsse. Mit diesem Einwand verkennt der Antragsteller die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes. Es hat in dem angefochtenen Beschluss unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 17.11.2010 – 3 M 210/10 – ausgeführt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung wegen der Vorbildwirkung des rechtswidrigen Vorhabens für andere Personen regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Dieser Gesichtspunkt weist erkennbar auf zukünftiges Verhalten und wird nicht dadurch widerlegt, dass – wie der Antragsteller behauptet – in der Vergangenheit nicht in vergleichbaren Fällen unter Anordnung des Sofortvollzugs eingeschritten worden sei.

8

Soweit der Antragsteller schließlich geltend macht, das Vorhaben sei materiell genehmigungsfähig, weil es als Außenbereichsvorhaben sich an den bereits errichteten Bootshäusern orientiere, die Wasserfläche ohnehin zulässigerweise als Liegefläche für ein Boot genutzt werde, er Ausgleichsflächen zu schaffen angeboten habe und schließlich eine Vorbildwirkung nicht bestehe, vermag das der Erwägung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage zu stellen. Danach wird aus den Gründen, die der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung seines Bauantrages aufgezeigt habe, deutlich, dass eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht besteht. Insoweit geht der Antragsteller in seiner Beschwerdeschrift, unabhängig davon, ob die geltend gemachten Einwendungen in der Sache zutreffen, jedenfalls nicht darauf ein, dass das Vorhaben einer Befreiung von der Landschaftsschutzgebietverordnung „Mecklenburger Großseenlandschaft“ und einer Befreiung von der Vorschrift über den Gewässerschutzstreifen nach § 61 BNatSchG i.V.m. § 29 NatSchAG M-V bedarf.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

10

Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 47, 53 Abs. 2 und 52 Abs. 2 GKG.

11

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 5 und § 66 Abs. 3 S. 3 GKG unanfechtbar.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 17. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2013 hinsichtlich der in Ziff. I. des Bescheides enthaltenen Beseitigungsanordnung zu Recht angeordnet hat. Im Rahmen der im vorliegenden Eilverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung ist dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin, bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens die streitige Anordnung durchsetzen zu können, der Vorrang einzuräumen.

2

Das Verwaltungsgericht hat bereits die Grundsätze einer Interessenabwägung im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Entscheidung dargelegt, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Das Vorbringen der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung, das der Senat alleine berücksichtigen kann (§ 146 Abs. 4 Satz 1, 3 und 6 VwGO), rechtfertigt keine Abänderung oder Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2013 unter Ziffer I. aufgeführte und auf § 41 Abs. 8 LStrG gestützte Beseitigungsanordnung, durch die der Antragstellerin aufgegeben worden ist, die vor der Gaststätte „A...Tisch“ auf dem J... Platz an dessen Rand aufgestellten Möbelelemente in Form von „Sessel- und Sofaelementen“ zu beseitigen. Gemäß § 80 Abs. 2 Ziffer 4 VwGO hat die Antragsgegnerin diesbezüglich die sofortige Vollziehung angeordnet. Der Antragstellerin war unter dem 15. März 2013 eine Sondernutzungserlaubnis u.a. zur Aufstellung von „Tischen und Stühlen“ auf zwei voneinander getrennten Teilflächen auf dem J... Platz erteilt worden. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die auf der - kleineren - zwischen der Hauswand der Gaststätte und der Durchfahrt der F... Straße gelegenen „Sondernutzungsfläche A“ aufgestellten Sitzmöbel der genannten Sondernutzungserlaubnis entsprechen oder ob sie, sofern sie von der Erlaubnis nicht erfasst sein sollten, was die Antragsgegnerin annimmt und daher diesbezüglich von einer unerlaubten Sondernutzung ausgeht, jedenfalls zuzulassen wären. Des Weiteren besteht Streit darüber, ob die Voraussetzungen für die Anordnung des Sofortvollzuges erfüllt waren.

3

Sofern eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird, kann nach § 41 Abs. 8 LStrG die Straßenbaubehörde - hier die Antragsgegnerin - die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung anordnen. Das Verwaltungsgericht hat zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen der genannten Norm als erfüllt angesehen, weil die von der Antragstellerin aufgestellten Sitzmöbel den unter Ziffer I. der erteilten Sondernutzungserlaubnis aufgeführten Möbeln nicht entsprechen. Es ist aber der von der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer im Bescheid vom 27. Mai 2013 dargelegten Ermessenserwägungen vertretenen Rechtsauffassung nicht gefolgt, die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die von der Antragstellerin tatsächlich aufgestellten Möbelelemente sei unter Berücksichtigung der „Richtlinie Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum Bereich Innenstadt“ der Antragsgegnerin grundsätzlich ausgeschlossen. Das Verwaltungsgericht ist vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, die Erfolgsaussichten des Widerspruches der Antragstellerin seien offen, soweit sie geltend macht, die Beseitigungsanordnung sei ermessensfehlerhaft. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf eine entsprechende Sondernutzungserlaubnis, da dem die genannte Richtlinie nicht entgegenstehe. Die sich hier stellenden sowohl tatsächlichen als auch rechtlichen Fragen könnten in dem summarischen Verfahren nicht abschließend beantwortet werden. Dabei hat das Verwaltungsgericht insbesondere die Frage angesprochen, ob und inwieweit sämtliche Vorgaben der Richtlinie bei der Frage der Genehmigungsfähigkeit der Sondernutzung durch das Aufstellen der streitigen Sitzmöbel berücksichtigt werden dürfen, weil bei der Ermessensentscheidung nach § 41 Abs. 1 LStrG über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis nur solche Belange Berücksichtigung finden könnten, die einen sachlichen Bezug zur Straße hätten. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, zwar seien die formalen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 VwGO bezüglich der Anordnung des Sofortvollzuges erfüllt, im Rahmen der im gerichtlichen Eilverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung könne unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles indessen nicht von einer den Sofortvollzug tragenden Dringlichkeit ausgegangen werden. Diese rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts sind nicht zu beanstanden. Die Darlegungen der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren rechtfertigen keine hiervon abweichende Beurteilung.

4

Im Beschwerdeverfahren streiten die Beteiligten nach wie vor im Wesentlichen darüber, ob die von der Antragstellerin konkret aufgestellten Sitzgelegenheiten überhaupt mit den Vorgaben der genannten „Richtlinie Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum Bereich Innenstadt“ kollidieren und des Weiteren, sofern dies der Fall sein sollte, ob die der Gastronomiemöblierung der Antragstellerin entgegengehaltenen gestalterischen Vorgaben der genannten Richtlinie rechtlich zulässig auf der Grundlage des Landesstraßengesetzes umgesetzt werden können. Die demgemäß zu klärenden Streitfragen lassen sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin keineswegs auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen abschließend beurteilen, weshalb es, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hierzu der Durchführung eines Hauptsacheverfahrens bedarf. Zwar lässt sich anhand der in den Verwaltungs- und Gerichtsakten enthaltenen Fotografien der streitigen Sitzmöbel ein Eindruck über deren Aussehen gewinnen und damit gegebenenfalls auch eine Bewertung desselben vornehmen. Darin allein könnte sich indessen die notwendige Klärung nicht erschöpfen. Vielmehr wäre, soweit von der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang städtebauliche Belange ins Feld geführt werden, darüber hinaus die konkrete städtebauliche Situation in den Blick zu nehmen, die sich allenfalls vor Ort erschließen lässt. Unabhängig davon bestehen jedoch auch, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angemerkt hat, bislang nicht abschließend geklärte rechtliche Fragen. Es stellt sich nämlich durchaus die Frage, ob die aus den Vorgaben der Richtlinie ableitbaren gestalterischen Vorstellungen der Antragsgegnerin tatsächlich allesamt unter die „städtebaulichen Belange“ zu fassen sind, die im Rahmen der Erlaubnis einer straßenrechtlichen Sondernutzung bei der von der Antragsgegnerin diesbezüglich zutreffenden Ermessensentscheidung berücksichtigt werden können. Zwar können, wie der Senat bereits in der Vergangenheit mehrfach entschieden hat (vgl. Beschluss vom 13. Juli 1995 - 1 B 12046/95.OVG - und Urteil vom 29.06. 2000 - 1 A 12364/99.OVG - jeweils m.w.N.; vgl. auch Bogner/Bitterwolf-de Boer/Probstfeld/Kaminski/Schwarz/Witte, Praxis der Kommunalverwaltung Rheinland-Pfalz L 12, § 41 LStrG Anm. 2.5.2), neben verkehrlichen Gesichtspunkten auch städtebauliche Gesichtspunkte bei der Entscheidung über die Erlaubnis einer Sondernutzung berücksichtigt werden. Ob daraus allerdings geschlossen werden kann, die hier in Rede stehenden gestalterischen Vorgaben der genannten Richtlinie könnten sämtlich auf der Grundlage des LStrG durchgesetzt werden, erscheint fraglich. Mit einen vergleichbaren Sachverhalt ist der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht befasst worden, weshalb das vorliegende Verfahren Anlass geben wird, grundsätzlich zu klären, wie weitgehend ästhetische Gestaltungsvorstellungen einer Gemeinde bei straßenrechtlichen Sondernutzungen berücksichtigt werden können und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit diese noch einen konkreten Bezug zur jeweiligen Straße haben. Im vorliegenden Eilverfahren ist hierfür kein Raum.

5

Soweit die Antragstellerin allerdings auch im Beschwerdeverfahren weiterhin an ihrer Auffassung fest hält, die streitigen Sitzmöbel seien unter den in der Sondernutzungserlaubnis vom 15. März 2013 genannten Begriff „Stühle“ zu fassen, folgt dem der Senat nicht, sondern schließt sich der Beurteilung des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Beschluss an, das eingehend dargelegt hat, dass die streitigen Sitzmöbel keine „Stühle“ sind, deren Aufstellung durch die Sondernutzungserlaubnis zugelassen worden ist. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen.

6

Gleichsam wie ein roter Faden zieht sich durch die gesamte Argumentation der Antragsgegnerin im Verwaltungs- wie auch im gerichtlichen Verfahren ihre Wertung, die streitigen Sitzgelegenheiten bewirkten eine unzulässige „Wohnzimmeratmosphäre“ und ein „unruhiges Stadtbild“. Diese Argumentation erscheint aber kaum nachvollziehbar. Nach den vorliegenden Fotografien wird wohl eher von einer Terrassenmöblierung gesprochen werden können und der Hinweis auf ein „unruhiges Stadtbild“ erscheint mit Blick auf den Standort der Sitzmöbel überzogen. Angesichts der geringen Ausdehnung der so möblierten kleinen „Sondernutzungsfläche A“ vor dem linken Schaufenster des Anwesens F... Straße ..., der geringen Tiefe der Fläche zwischen der Hauswand und der freigehaltenen Durchfahrt der F... Straße relativiert sich die von der Antragsgegnerin beschworene „Unruhe“ des Stadtbildes erheblich. Unabhängig davon liegt der ständige Verweis der Antragsgegnerin auf die „Wohnzimmeratmosphäre“ aber auch deshalb neben der Sache, weil sich für die Intention, solches abzuwehren, in der Richtlinie, auf die sie sich stützt, keine Grundlage findet. Eine diesbezügliche Vorgabe der Richtlinie benennt die Antragsgegnerin auch gar nicht. Sie ist ersichtlich der Auffassung, die Aufstellung von Sesseln, wie sie auch auf einer privaten Terrasse stehen könnten, verstoße schlechterdings gegen die Vorgaben der Richtlinie, weil es sich dabei nicht um Stühle handele. Das lässt sich der Richtlinie jedoch nicht entnehmen.

7

Darauf hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen. Soweit die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren geltend macht, bei dem auf S. 12 der Richtlinie verwandten Begriff der „Gastronomiemöblierung“, handele es sich lediglich um eine Überschrift, aus der nicht geschlossen werden könne, dass auch Sessel aufgestellt werden dürften, überzeugt nicht. Es ist zwar richtig, dass diese Überschrift der Ziffer 2 in der Richtlinie vorangestellt ist. Allerdings beachtet die Antragsgegnerin nicht, dass unter Ziffer 2.1 ausdrücklich definiert wird, was als Gastronomiemöblierung gelten kann, nämlich „Stühle, Bänke, Tische, Stehtische etc.“. Insbesondere bei dem Begriff „Stühle“ handelt sich somit um eine beispielhafte, aber nicht um eine abschließende Beschreibung dessen, was nach der Vorstellung der Antragsgegnerin unter „Gastronomiemöblierung“ gefasst werden soll. Damit steht die Richtlinie, an der sich die Antragsgegnerin bei ihrer Ermessenentscheidung orientiert hat, dem Aufstellen von Sesseln nicht entgegen. Soweit sich die Antragsgegnerin, wie dies aus der Verwaltungsakte ersichtlich ist, auch daran gestoßen hat, dass die streitigen Sessel mit Sitzkissen versehen sind, ist anzumerken, dass vergleichbare Sitzkissen auch auf den Fotos zu erkennen sind, die in der Richtlinie unter Ziffer 2.4 genannten Beispiele geeigneter Maßnahmen abgedruckt sind. Angesichts dessen schließt die Definition der Gastronomiemöblierung, wie sie in der Richtlinie enthalten ist, Sessel zweifellos nicht aus.

8

Fraglich könnte deshalb allenfalls sein, ob die unter Ziffer 2.3 der Richtlinie aufgeführten zu beachtenden Grundsätze der Zulassung der streitigen Sitzmöblierung entgegenstehen könnten. Soweit darin ästhetische Vorgaben gemacht werden, ist allerdings anzumerken, dass die in diesem Zusammenhang verwandten Begriffe zu einem nicht unerheblichen Teil unklar oder schwammig sind, was die Frage nach deren Bestimmtheit aufwirft. Das gilt zunächst bezüglich der Vorgabe in Ziffer 2.3.1, soweit diese überhaupt auf die Gestaltung der einzelnen Gastronomiemöbel und nicht lediglich auf deren Platzierung im Straßenraum zielt. Die Vorgabe, wonach eine „Überfrachtung des öffentlichen Straßenraumes“ vermieden und ein „ruhiges Straßenbild“ erzeugt werden soll, lässt eher darauf schließen, dass es um die räumliche Begrenzung der Gastronomiemöblierung und um deren Anordnung auf der Straße geht. Ob aus dem Begriff des „ruhigen Straßenbildes“ eine hinreichend bestimmte Vorgabe bezüglich der zulässigen Gestaltung von Sitzmöbeln gewonnen werden könnte, dürfte wohl eher zweifelhaft sein. Der erforderlichen Bestimmtheit ermangelt es zweifellos der Vorgabe unter Ziffer 2.3.3, wonach das Material der Möblierung eine „optisch ansprechende und angenehme Erscheinung“ gewährleisten solle. Von sonderlicher Klarheit ist ebenfalls nicht der in Ziffer 2.3.5 verwandte Begriff der „massiv und aufdringlich gestalteten Gastronomiemöblierung“. Das zeigt schon die eigene Handhabung der Antragsgegnerin, die die auf den Fotos Bl. 28 f. Verwaltungsakte ersichtlichen, aus Fässern gestalteten Stehtische der Antragstellerin offensichtlich anders beurteilt, als die daneben kleiner wirkenden einzelnen Sitzgelegenheiten.

9

Damit verbleibt letztlich als einziger hinreichend bestimmter bei der Sondernutzung durch Gastronomiemöblierung zu beachtender Grundsatz allenfalls der der Ziffer 2.3.2 der Richtlinie, wonach pro Gastronomiebetrieb die Möblierung einheitlich gestaltet werden soll. Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob das noch den städtebaulichen Belangen zugeordnet werden kann, die im Rahmen der straßenrechtlichen Ermessensbetätigung zum Tragen gebracht werden können. Zu einem vergleichbaren Sachverhalt hat sich der Senat in der Vergangenheit bislang nicht geäußert. Soweit im Zusammenhang mit Sondernutzungen städtebauliche Belange angesprochen worden sind, lagen die Sachverhalte ersichtlich anders. Das gilt auch für die vergleichbare Rechtsprechung anderer Obergerichte.

10

Zwar hat der Senat, wie bereits ausgeführt worden ist, entschieden, dass die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nicht allein darauf beschränkt sei, nur eventuelle Behinderungen des Verkehrs zu berücksichtigen, sondern über straßenrechtliche Belange im engen Sinne hinaus weitere Gesichtspunkte berücksichtigen darf, die mit dem Widmungszweck der Straße noch in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Angesprochen wurde in diesem Zusammenhang auch der Schutz des Stadtbildes vor Verschandlungen und Verschmutzungen. Gleichwohl gilt dies alles nicht schrankenlos, sondern nur insoweit, als das einen Bezug zur städtebaulichen Konzeption der jeweiligen Fläche hat (vgl. Beschluss 1 B 12046/95.OVG S. 5). In seinem Urteil vom 29. Juni 2000 (1 A 12364/99.OVG) hat der Senat ebenfalls dargelegt, dass in jenem Fall die beklagte Gemeinde zulässigerweise auch städtebauliche Gesichtspunkte berücksichtigt und hierauf gestützt die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis abgelehnt hatte. Indessen lag in jenem Verfahren der Fall so, dass sich diese städtebaulichen Gründe aus einem Gestaltungskonzept für einen Platz ableiteten, das eine räumliche Aufteilung der Platznutzung zwischen gastronomisch nutzbaren Teilflächen und Freiflächen um einen Brunnen vorsah. Auf ein konkretes städtebauliches Gestaltungskonzept stellt auch das OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 2. August 2006 (11 A 2642/04 in juris) ab. Gleiches gilt für das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 9. Dezember 1999 (NVwZ-RR 2000, 837 ff.).

11

Hintergrund der jeweils in der Rechtsprechung angestellten Erwägungen, über die Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs hinausgehende weitere Belange, nämlich städtebauliche Belange, könnten im Rahmen der straßenrechtlichen Ermessensausübung bei der Entscheidung über eine Sondernutzungserlaubnis Berücksichtigung finden, waren mithin konkrete städtebauliche Konzepte für die jeweilige Straße oder den jeweiligen Platz, für die die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis begehrt wurde. Solche städtebaulichen Konzepte können beispielsweise auf eine flächenmäßige Aufteilung von Freiflächen und sondergenutzten Flächen, auf die Freihaltung von Sichtachsen auf einen Freiraum um Brunnen oder Denkmäler oder auf die Steuerung von Einzelhandels- oder Gastronomiesondernutzungen zielen. Maßgeblich ist aber ein räumlich abgegrenztes städtebauliches Gestaltungskonzept für einen bestimmten Straßenraum oder einen Platz. Belange, die keine unmittelbare sachliche Beziehung zu dem jeweiligen „Straßengrund“ haben, können die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis dagegen grundsätzlich nicht rechtfertigen (vgl. Bogner/Bitterwolf-de Boer/Probst/Kaminski/Schwarz/Witte a.a.O.).

12

Ob bezüglich des J… Platzes, um den es hier geht, ein derartiges städtebauliches Konzept vorliegt und ob daraus die von der Antragsgegnerin gegen die von der Antragstellerin aufgestellten Sitzmöbel ins Feld geführten Grundsätze ihrer Richtlinie über die Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum tatsächlich ableitbar sind, bedarf einer weiteren tatsächlichen und rechtlichen Klärung in einem Hauptsacheverfahren. Dabei ist anzumerken, dass lediglich der Grundsatz unter Ziffer 2.3.5 der genannten Richtlinie überhaupt einen räumlichen - allerdings einen sehr weiten, weit über den J... Platz hinausgehenden - Bezug benennt. Alle übrigen von der Antragsgegnerin angesprochenen Grundsätze der Richtlinie machen hingegen, wie vorstehend erläutert worden ist, mit unklaren Formulierungen ästhetische Vorgaben für das gesamte Innenstadtgebiet, denen mithin der konkrete Bezug zum einzelnen Straßenraum fehlt. Insoweit stellt sich die Frage, ob zur Durchsetzung derartiger Vorstellungen auf straßenrechtliche Bestimmungen zurückgegriffen werden kann oder ob andere rechtliche Möglichkeiten ergriffen werden müssen. Das vorliegende Eilverfahren, das nur eine summarische Prüfung erlaubt, gibt nicht den Raum, diese von dem Senat bislang nicht erörterte Frage grundsätzlich zu klären. Dementsprechend ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragstellerin als offen einzuschätzen sind.

13

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist angesichts der konkreten Umstände aber auch keine Dringlichkeit erkennbar, die es im Rahmen der hier vorzunehmenden Interessenabwägung geboten erscheinen lassen könnte, von der durch den Gesetzgeber in § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich vorgegebenen aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abzurücken. Zwar hat die Antragsgegnerin, wie das Verwaltungsgericht dargelegt hat, den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO formal genügt. Das von der Antragsgegnerin geltend gemachte besondere Vollzugsinteresse setzt aber darüber hinaus eine besondere Dringlichkeit voraus, die auch im Hinblick auf die Art und Bedeutung der betroffenen Rechte und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 80 VwGO Rn. 96). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es im vorliegenden Fall nicht etwa um eine Gefahrenabwehr geht oder darum, dass die Antragstellerin eine Straßenfläche nutzt, für die schlechterdings eine Sondernutzung ausgeschlossen ist. Vielmehr geht es lediglich darum, dass ein Streit über die Art der Sitzmöblierung besteht. Dass die auf einer verhältnismäßig kleinen Fläche am äußeren Rand des J… Platzes aufgestellten Sitzmöbel ein hier noch weiter aufzuklärendes städtebauliches Konzept so gravierend stören könnten, dass der Antragsgegnerin nicht zugemutet werden könnte, dies bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinzunehmen, ist nach den vorliegenden Fotografien auszuschließen. Gewichtige Argumente für ein überwiegendes Interesse der Antragsgegnerin lassen sich aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles auch nicht daraus ableiten, dass den Sitzmöbeln der Antragstellerin eine besondere Vorbildwirkung zukommen müsste. Vergleichbare Sitzmöbel finden sich nämlich in unmittelbarer Nähe des gastronomischen Betriebes der Antragstellerin. Soweit die Antragsgegnerin vorgetragen hat, die vor dem lediglich zwei Häuser weiter östlich gelegenen Betrieb „... ...“ aufgestellten - ebenfalls sofamäßigen - Sitzmöbel seien entfernt worden, trifft das nämlich nicht zu. Solche stehen immer noch dort und nicht nur in der F... Straße, sondern auch um die Ecke herum in der E... Straße. Darüber hinaus finden sich auch an anderer Stelle im Innenstandbereich vergleichbare Sitzmöbel. Das gilt zunächst für den von den Beteiligten bereits angesprochenen Betrieb D unmittelbar neben dem Dienstgebäude des erkennenden Gerichts. Insoweit muss der Senat lediglich aus dem Fenster sehen, um eine den streitigen Sitzmöbeln vergleichbare Möblierung festzustellen. Darüber hinaus finden sich aber auch, wie gerichtsbekannt ist, im Innenstadtbereich - Löhrrondell/Stegemannstaße und Entenpfuhl/Durchgang zur Liebfrauenkirche - vergleichbare Sitzelemente. Es ist also, worauf das Verwaltungsgericht bereits hingewiesen hat, keineswegs so, dass es sich bei den hier streitigen Sitzmöbeln um den ersten Ansatz einer aus der Sicht der Antragsgegnerin unerwünschten Entwicklung handeln würde, weshalb es aus ihrer Sicht als geboten erscheinen könnte, den Anfängen durch einen Sofortvollzug zu wehren. Der bloße Hinweis, wegen der Sitzmöbel der Antragstellerin mit Anfragen anderer Gastronomen beschäftigt zu werden, begründet die gebotene Dringlichkeit hingegen nicht.

14

Nach alledem war die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

15

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. Juli 2012 - 6 K 625/12 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Außenbewirtschaftung.
Der Kläger ist Inhaber eines Eiscafés am historischen Marktplatz in ......, der Beigeladene ist Inhaber der neben dem Eiscafé gelegenen Gaststätte „D...“. Erstmals am 14.01.2009 beantragte der Kläger die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, um die vor seinem Gaststättenbetrieb gelegene Fläche zur Außenbewirtung nutzen zu können. Mit Bescheid vom 06.03.2009 erteilte die Beklagte ihm für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.09.2009 die beantragte Erlaubnis zum Aufstellen von Tischen und Stühlen vor seinem Gaststättenbetrieb auf einer Fläche von 45 m² oberhalb einer dort befindlichen Treppenanlage.
Am 25.05.2009 beantragte der Kläger zusätzlich die Erweiterung der ihm genehmigten „Außenbestuhlung“ auf die Fläche unterhalb der Treppenanlage bis zur Gebäudekante des benachbarten Anwesens, in dem der Beigeladene die Gaststätte „D...“ betreibt. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 28.05.2009 unter Hinweis darauf ab, dass die Fläche vor den jeweiligen Außenkanten der Gebäude bis zur Straße des Marktplatzes lediglich als „Hilfslinien“ für die von Gaststätten nutzbare Außenfläche in den Bereichen des Marktplatzes dienten, in denen nicht durch bauliche Gegebenheiten (Stufen) Grenzen vorgegeben seien. Den hiergegen zunächst eingelegten Widerspruch nahm der Kläger am 07.07.2009 wieder zurück. Gleichzeitig beantragte er die Erweiterung der Außenbewirtungsfläche für die Zeit vom 01.04. bis 30.09.2010; am 05.03.2010 nahm er auch diesen Antrag wieder zurück.
Am 08.04.2010 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Tischen und Stühlen vor dem Eiscafé oberhalb der Treppenanlage für eine Fläche von 45 m² in der Zeit vom 01.04. bis 30.09.2010.
Unter dem 11.01.2011 beantragte der Kläger erneut die Erweiterung der ihm genehmigten Außenbewirtungsfläche auf den Bereich unterhalb der Treppenanlage. Mit Bescheid vom 15.03.2011 erteilte ihm die Beklagte die begehrte Sondernutzungserlaubnis für eine Fläche von 70 m² vor dem Anwesen ...... „zwischen den Gebäudeaußenkanten, ab Gebäudefront bis zur Fahrbahnbegrenzung ...“ (also für den gesamten Bereich ober- und unterhalb der Treppenanlage) für die Zeit vom 01.04.2011 bis 30.9.2011. Danach wurde zwischen dem Kläger, dem Beigeladenen und der Beklagten „für 2011“ eine einvernehmliche Regelung gefunden, aufgrund derer der Kläger der Gaststätte „D...“ ein Viertel der genehmigten Außenbestuhlungsfläche überließ. Dementsprechend erteilte die Beklagte dem Kläger unter dem 28.10.2011 eine Sondernutzungserlaubnis für eine Fläche von 53 m² vor dem Anwesen ... „zwischen den Gebäudeaußenkanten, ab Gebäudefront bis zur Fahrbahnbegrenzung ...“ für die Zeit vom 01.04.2011 bis 30.09.2011 und erklärte gleichzeitig die Sondernutzungserlaubnis vom 15.03.2011 für gegenstandslos.
Unter dem 25.10.2011 beantragte der Kläger „für die Saison 2012“ wiederum die Erweiterung der Außenbewirtungsfläche. Er habe einen Anspruch darauf, dass ihm wie anderen Inhabern von Gastronomiebetrieben am Marktplatz auch die gesamte Fläche zwischen den Gebäudeaußenkanten bis zur Fahrbahnbegrenzung ... zur Außenbestuhlung zugewiesen werde.
Unter dem 03.01.2012 beantragte der Beigeladene seinerseits, ihm „den Platz vor dem ‚D...‘ zur Nutzung für das Jahr 2012“ zu überlassen, wobei er von einer Nutzung „direkt vor dem Gebäude inklusive bis zu den Treppen oberhalb des ‚D...‘“ ausgehe, „wie im Jahr 2010 und den Jahrzehnten davor“.
Mit Bescheid vom 21.03.2012 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Tischen und Stühlen vor dem Anwesen ... „oberhalb der Treppenanlage“ für eine Fläche von 45 m² für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.09.2012. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass während der vergangenen Saison (2011) zu den unterschiedlichsten Zeiten festgestellt worden sei, dass eine Erweiterung der Außenfläche auch im Hinblick auf die tatsächliche Nutzung/Auslastung, nicht erforderlich sei. Ebenfalls unter dem 21.03.2012 erhielt der Beigeladene von der Beklagten die Erlaubnis, für die Außenbewirtung vor seiner Gaststätte die auch vom Kläger begehrte Fläche unterhalb der Treppenanlage zu nutzen.
Mit Verfügung vom 23.03.2012 lehnte die Beklagte außerdem die beantragte Erweiterung der Außenbewirtschaftungsfläche ab. Zur Begründung führte sie aus: Dort, wo keine trennende Treppe zwischen den Betrieben oder Geschäften bestehe, werde auf dem Marktplatz in den meisten Fällen die Fläche „innerhalb der Grundstücksgrenzen (Gebäudeaußenkanten)“ bis zur Straßenbegrenzung als Außenbestuhlungsfläche gewählt. Außerdem habe sie im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung auch berücksichtigt, dass die oberhalb der Treppenanlage befindliche Außenbestuhlungsfläche von insgesamt 45 m² sowohl im Hinblick auf die festgestellte Auslastung als auch im Verhältnis zum Innenraum des Eiscafés als angemessen und ausreichend anzusehen sei. Die Praxis der letzten Jahre habe gezeigt, dass die Auslastung der Außenbewirtschaftungsfläche des Eiscafés nicht so hoch sei, dass die beantragte Erweiterung gerechtfertigt wäre; außerdem habe sich gezeigt, dass die Bestuhlung unterhalb der Treppenanlage von den Gästen des Eiscafés kaum angenommen werde. Schließlich sei noch zu berücksichtigen, dass die Außentreppe für das Bedienungspersonal eine - möglichst zu vermeidende - potentielle Gefahrenquelle darstelle. Die Begrenzung der Außenbewirtschaftung auf den oberen Plateaubereich diene somit auch der Sicherheit des Personals und der Gäste.
10 
Am 04.04.2012 legte der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid vom 28.10.2011 Widerspruch ein, über den im Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt bereits anhängige Klage nicht mehr entschieden wurde.
11 
Bereits am 19.03.2012 hatte der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 23.03.2012 zu verpflichten, die Erweiterung der Außenbestuhlungsfläche vor dem Anwesen ........., gemäß seinem Antrag vom 25.10.2011 zu bewilligen. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend: Die im Ablehnungsbescheid der Beklagten angestellten Ermessenserwägungen seien nicht geeignet, die getroffene Ablehnungsentscheidung zu rechtfertigen. So stehe es der Beklagten nicht zu, die Auslastung der Außenbewirtungsflächen zu berücksichtigen. Diese falle allein in sein „Unternehmerrisiko“. Unabhängig davon habe ein Eiscafébetreiber - gerade bei guter Wetterlage - sehr wohl eine hohe Auslastung an Sitzplätzen. Außerdem habe er gerade im Geschäftsjahr 2011 im Vergleich zu 2010 eine Umsatzsteigerung von 32 % zu verzeichnen gehabt. Auch der Hinweis darauf, dass die Treppenanlage eine potentielle Gefahrenquelle für Bedienungspersonal und Gäste darstelle, überzeuge nicht. Denn die Treppenanlage stelle - unabhängig davon, wie die Außenbewirtungsflächen auf die Gaststätten verteilt würden - immer einen Gefahrenbereich dar. Schließlich verhalte sich die Beklagte insoweit auch widersprüchlich, als sie ihm für 2011 gerade auch für die Fläche unterhalb der Treppenanlage eine Sondernutzungserlaubnis erteilt habe, ohne irgendwelche Sicherheitsbedenken zu äußern.
12 
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die beantragten Sondernutzungen am Marktplatz seien nach pflichtgemäßem Ermessen erteilt worden. Im Falle des Klägers habe letztlich das Gefahrenrisiko für eine Bewirtung über eine sechsstufige Treppe den Ausschlag dafür gegeben, die Außenbestuhlungsfläche auf das Plateau oberhalb der Treppenanlage zu beschränken. Konkrete wirtschaftliche Nachteile für den Gaststättenbetrieb des Klägers aufgrund dieser Beschränkung habe dieser nicht vorgetragen und hätten auch nicht festgestellt werden können. Das Eiscafé habe nach ihren Beobachtungen auch „deutlich mehr Laufkundschaft“ als Gäste, die einen Sitzplatz suchten. Nachdem seit Jahrzehnten die ebene Fläche unterhalb der Treppe von der Gaststätte „D...“ bewirtschaftet worden sei, habe die Zuordnung dieser Fläche im Jahr 2011 zum Eiscafé des Klägers bei den Gästen auch zu Irritationen geführt, zumal diese Fläche auch aufgrund der räumlichen Gegebenheiten nicht im Zusammenhang mit dem Gaststättenbetrieb des Klägers gebracht werde.
13 
Mit Urteil vom 09.07.2012 - 6 K 625/12 - hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Sondernutzungserlaubnis für die Erweiterung der Außenbestuhlungsfläche vor dem Anwesen ...... gemäß seinem Antrag vom 25.10.2011 zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das der Beklagten eingeräumte Ermessen sich zugunsten des Klägers in einer Weise verdichtet habe, dass die Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis die einzig rechtmäßige Entscheidung sei. Dies ergebe sich allerdings nicht schon unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung. Lediglich die Grundstückssituation vor den Gaststätten in den Gebäuden ...... und ... sei mit der vor dem Eiscafé des Klägers und dem Restaurant „D...“ des Beigeladenen vergleichbar, da sich dort ebenfalls eine Treppenanlage befinde. Dort werde zwar ein nur über vier Treppenstufen erreichbares Podest zur Außenbestuhlung genutzt, hierfür habe die Beklagte jedoch keine Sondernutzungserlaubnis erteilt. Das Ermessen habe sich jedoch deshalb auf null reduziert, weil die von der Beklagten angeführten Belange eine Ablehnung der beantragten Sondernutzungserlaubnis nicht rechtfertigten und im Übrigen keine Ermessensbelange ersichtlich seien, die gegen die Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis sprächen. Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass Beobachtungen in der Saison 2011 ergeben hätten, dass eine Erweiterung der Außenfläche für den Kläger nicht erforderlich sei, seien keine nachprüfbaren Feststellungen getroffen worden. Im Übrigen weise der Einwand fehlender Rentabilität auch nicht den notwendigen Bezug zum Straßenrecht auf. Auch der Hinweis auf Gefahren für das Personal und die Gäste trage die ablehnende Entscheidung nicht. Insoweit stelle die Beklagte nicht auf eine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ab, sodass es auch insoweit am erforderlichen straßenrechtlichen Bezug fehle. Der von der Beklagten angeführte Belang der Vermeidung einer Gefährdung von Personal und Gästen könne vielmehr Anknüpfungspunkt für ein gaststättenrechtliches, jedenfalls polizeirechtliches Handeln sein; er könne jedoch nicht zur Ablehnung des Antrags auf eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis herangezogen werden. Ob die Vermeidung einer Gefährdung von Personal und Gästen als bauplanerischer Belang anzusehen sei, der grundsätzlich in das Ermessen nach § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG eingestellt werden dürfe, könne dahingestellt bleiben. Denn insoweit fehle es an der erforderlichen Beschlussfassung des Gemeinderates.
14 
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 18.02.2013 - 5 S 1610/12 -, ihr zugestellt am 21.02.2013, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen.
15 
Am 21.03.2013 hat die Beklagte ihre Berufung wie folgt begründet: Das Verwaltungsgericht sei zunächst richtigerweise davon ausgegangen, dass sich ein Anspruch des Klägers auf die von ihm begehrte Ausweitung der Sondernutzungserlaubnis nicht aus Gründen der Selbstbindung der Verwaltung ergebe. Sie habe in keinem anderen Fall am Marktplatz eine Gastronomie über eine Treppenanlage in Form der Sondernutzungserlaubnis gestattet. Selbst in dem Bereich der Anwesen am ...... und ..., in dem ein Treppenpodest noch innerhalb des Bereichs vor einer Hausfront liege, habe die Beklagte dieses von einer Nutzung durch die anliegenden Gastronomiebetriebe ausgeklammert, indem jeweils nur eine ebene Fläche oberhalb der Treppenanlage oder unterhalb der Treppenanlage dem jeweils dort räumlich nächstliegenden Gastronomiebetrieb auf gleicher Ebene als Außenbewirtschaftungsfläche zugeteilt worden sei. Bei den übrigen Gastronomiebetrieben am Marktplatz befänden sich vor der jeweiligen Hausfront keine die vergleichsweise ebenen Außenbewirtungsflächen durchquerende oder in sie hineinragenden Treppenstufen, weshalb sie in diesen Fällen das Prinzip „von Hauskante zu Hauskante“ anwende, um die zu genehmigenden Sondernutzungsflächen für die Außenbewirtung voneinander abzugrenzen. Dieses Prinzip sei jedoch im Falle des Klägers und des Beigeladenen zur Verteilung der möglichen Außenbewirtungsflächen nicht anwendbar, da hier wegen der vorhandenen Treppenanlage keine vergleichbare Situation vorliege. Eine Ermessensreduktion auf Null ergebe sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht aus dem Fehlen von entgegenstehenden Belangen, die einen straßenrechtlichen Bezug hätten. Es dürfe im Rahmen des Verteilungsermessens berücksichtigt werden, dass die dem Kläger genehmigte Außenbewirtungsfläche mit 45 m² oberhalb der Treppenanlage für den Betrieb eines Eiscafés wie dem des Klägers völlig ausreichend sei. Der Kläger habe damit bereits eine Außenbewirtungsfläche zur Verfügung, die nicht wesentlich kleiner sei als diejenige, die Restaurantbetriebe am Marktplatz bewirtschafteten. Es komme hinzu, dass nach ihren Beobachtungen in vergangenen Saisonzeiten die genehmigte -kleinere - Außenbewirtungsfläche innerhalb der Hauptnutzungszeiten eines Eiscafés nicht einmal annähernd mit Gästen ausgelastet gewesen sei. Sie habe diese Beobachtungen nunmehr auch für den Zeitraum vom 02.08.2012 bis 21.08.2012 schriftlich festgehalten. Aus dieser Dokumentation ergebe sich, dass die Außenbewirtungsfläche selbst bei bestem Wetter in der Hauptsaison und zu den Hauptnutzungszeiten nur eine sehr geringe Auslastung aufgewiesen habe. Auch wenn man annehme, dass die Rentabilität eines Betriebes nicht den notwendigen Bezug zum Straßenrecht habe, so fehle es bei einer Konstellation wie der vorliegenden doch am berechtigten Interesse des Klägers auf Erweiterung einer Außenbewirtungsfläche, zumal wenn sich diese unterhalb einer Treppenanlage befinde, die eine klare bauliche Zäsur darstelle. Schließlich habe als weiterer zu berücksichtigender Belang bei der Ermessensausübung auch berücksichtigt werden können, dass mit der Zulassung eines Gaststättenbetriebes über Treppenstufen hinweg ein erhöhtes Gefährdungspotential für Personal und Gäste geschaffen werde. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass sie als Straßeneigentümerin und Unterhaltspflichtige auch darauf zu achten habe, dass durch die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen Situationen nicht erst geschaffen würden, die ein gesteigertes Gefährdungs- und Haftungspotential eröffneten, indem sie eine für einen Gaststättenbetrieb ungeeignete und gefahrenträchtige Fläche zur Nutzung freigebe. Dass eine öffentliche Straßenfläche in ihrer konkreten baulichen Ausgestaltung für den vom Kläger begehrten Zweck gefahrlos nicht geeignet sei, sei eine sonstige, auf den Straßengrund bezogene sachliche Erwägung, die sich im Rahmen des der Straßenbaubehörde eingeräumten Ermessens bei der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis halte.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. Juli 2012 - 6 K 625/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, ihm eine Sondernutzungserlaubnis für die Erweiterung der Außenbestuhlungsfläche vor dem Anwesen ......, ......, gemäß seinem Antrag vom 25.10.2011 zu erteilen.
20 
Zur Begründung führt der Kläger im Wesentlichen aus: Zutreffend und frei von Rechtsfehlern habe das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die von der Beklagten angestellten Ermessenserwägungen die Versagung der beantragten Sondernutzungserlaubnis nicht rechtfertigten. Darüber hinaus halte er auch an seiner Auffassung fest, dass ihm schon aus Gründen der Selbstbindung der Verwaltung der geltend gemachte Anspruch zustehe. Die von der Beklagten erneut angeführte, angeblich fehlende Auslastung der Außenbewirtungsfläche vor seinem Gaststättenbetrieb habe nicht nur keinen straßenrechtlichen Bezug und greife unzulässig in seine unternehmerische Freiheit ein, sondern entspreche darüber hinaus auch nicht den Tatsachen. So habe er selbst für den Zeitraum vom 11.09.2011 bis 21.10.2012 eine Dokumentation angefertigt, die umgekehrt - im Gegensatz zur Nachbargaststätte „D...-...“ - die Auslastung seines Betriebes belege. Dasselbe ergebe sich aus einer von ihm am 16.04.2013 gefertigten Fotodokumentation. Es treffe auch nicht zu, dass er auch ohne die begehrte Erweiterungsfläche bereits jetzt über einen flächenmäßig gleichwertigen Bereich zur Außenbestuhlung wie andere Gaststätten am Marktplatz verfüge. Vielmehr seien die Außenbewirtschaftungsflächen von 5 Cafés oder Gaststätten am Marktplatz etwa 1,5 bis 3mal so groß wie die derzeit genehmigte Fläche oberhalb der Treppenanlage. Entgegen der Auffassung der Beklagten beeinträchtige ihn deren Entscheidung sehr wohl in unzumutbarer Weise, da ihm durch die räumliche Beschränkung der Außenbestuhlungsfläche fast 50 % der Sitzplätze vor seinem Gaststättenbetrieb fehlten. Was den Ablehnungsgrund des angeblich gesteigerten Gefährdungs- und Haftungspotentials betreffe, so sei dieser letztlich nur „vorgeschoben“, um die Nichterteilung der Sondernutzungserlaubnis ergänzend zu begründen. In der ersten ablehnenden Verfügung vom 28.05.2009 werde auf diesen Gesichtspunkt noch in keiner Weise abgehoben. Wenn man von einer Gefahrenquelle sprechen wolle, so gelte dies letztendlich - völlig unabhängig von der Frage der Verteilung der Außenbewirtungsflächen - für die gesamte bauliche Anlage des Marktplatzes. Denn dieser sei durchweg von Treppen oder Absätzen durchzogen. So würden auch die Treppenstufen vom oberen zum unteren Plateau vor seinem Eiscafé ständig von Kunden oder Touristen benutzt, völlig unabhängig davon, welchem Betrieb die Fläche unterhalb der Treppenanlage zugeteilt werde. Schließlich ergebe sich bei einer Gesamtbetrachtung der geltend gemachte Anspruch auch aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. Zum einen werde die Podestfläche vor dem Gebäude ...... nach wie vor zur Außenbewirtschaftung genutzt. Zum anderen habe die Beklagte in einer Mitteilung vom 19.02.2013 selbst noch einmal darauf hingewiesen, dass die Außenbestuhlung „nicht über das genehmigte Maß (seitliche Gebäudegrenzen bis vor zur Begrenzungsrinne der Fahrtrasse) hinaus“ vorgenommen werden dürfe. Entsprechend dieser Genehmigungspraxis der Beklagten habe auch er wie die übrigen Gastwirte am Marktplatz einen Anspruch darauf, die gesamte zwischen den Gebäudeaußenkanten befindliche Fläche bis zur Straßenbegrenzung zur Außenbewirtung zu nutzen.
21 
Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
22 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. Juli 2012 - 6 K 625/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
23 
Zur Begründung macht er geltend: Zu Unrecht sei das Verwaltungsgericht von einer Ermessensreduktion auf null ausgegangen, weil keine Belange ersichtlich seien, die gegen die Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis sprächen. Vielmehr müssten jedenfalls auch die Belange des von ihm betriebenen Restaurants „D...“ im Rahmen einer Interessenabwägung berücksichtigt werden. Als er im Jahr 2010 den Betrieb übernommen habe, sei er - insbesondere auch bei seinen betriebswirtschaftlichen Annahmen - davon ausgegangen, dass die Außenbewirtungsfläche unverändert bleibe. Die vom Kläger begehrte Erweiterung seiner Sondernutzungserlaubnis hätte indes zur Folge, dass er zwei von vier Reihen der Außenbestuhlung verlieren würde. Dies würde einen Verlust von ca. 40 % des Gesamtumsatzes bedeuten, was wiederum zur Folge hätte, dass er schätzungsweise die Hälfte seines Personals entlassen müsste. Eine Bestuhlung durch den Kläger unterhalb der Treppe wäre auch verwirrend für die Gäste, da für diese nicht gleich erkennbar sei, ob sie sich an einem Tisch seines Restaurants oder an einem Tisch der Eisdiele befänden. Im Gegensatz zu ihm habe der Kläger bei der Anmietung der Räume der Eisdiele im Jahr 2009 nicht davon ausgehen können, eine erweiterte Außenbewirtungsfläche zu erhalten. Eine Eisdiele habe auch in erheblich größerem Umfang Laufkundschaft und sei deshalb deutlich weniger auf die Bereitstellung von Sitzplätzen angewiesen. Auch beim Kläger seien die Sitzplätze auf der Außenbewirtungsfläche nie in vollem Umfang besetzt. Die vom Kläger vorgenommene Erhebung der Gastzahlen seines Restaurants sei nicht repräsentativ, da diese zwischen 15.00 Uhr und 16.00 Uhr erfolgt sei. Richtigerweise hätten die Stichproben mittags oder abends erhoben werden müssen.
24 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der zur Sache gehörenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 20.03.2014 gibt dem Senat keinen Anlass, die Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO wieder zu eröffnen.
26 
Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten gegen das der Verpflichtungsklage stattgebende verwaltungsgerichtliche Urteil ist nach § 124 Abs. 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde insbesondere innerhalb der einmonatigen Berufungsbegründungsfrist gegenüber dem erkennenden Gerichtshof begründet (vgl. § 124a Abs. 3 Satz 4 und Abs. 6 VwGO).
27 
Die Berufung hat auch Erfolg. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 23.03.2012 verpflichtet, dem Kläger eine Sondernutzungserlaubnis für die Erweiterung der Außenbestuhlungsfläche vor dem Anwesen ...... in ... gemäß seinem Antrag vom 25.10.2011 zu erteilen. Denn die vom Kläger erhobene Klage ist - auch mit dem nunmehr allein noch sachdienlichen Fortsetzungsfeststellungsantrag - nicht begründet. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf die beantragte Erweiterung der Sondernutzungserlaubnis.
28 
Die Klage ist (nur noch) mit dem Fortsetzungsfeststellungsantrag zulässig. Die Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO findet nach allgemeiner Meinung auf Verpflichtungsklagen entsprechende Anwendung mit der Folge, dass auch bei solchen Klagen das Verfahren trotz Erledigung - hier durch Zeitablauf - u.a. mit dem Ziel fortgesetzt werden kann, durch das Gericht feststellen zu lassen, dass der Beklagte zur Erteilung des beantragten Verwaltungsakts verpflichtet war (vgl. Eyermann/Schmidt, VwGO, 13. Aufl., § 113 Rn. 97). Der beantragte Verwaltungsakt hat sich hier spätestens mit Ablauf des Jahres 2012 erledigt, da der Antrag des Klägers auf Erlaubniserteilung vom 25.10.2011 und dementsprechend auch der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 23.03.2012 „auf die Saison 2012“ beschränkt waren und es überdies ständiger Praxis der Beklagten entspricht, Sondernutzungserlaubnisse zur Außenbewirtung stets nur befristet auf sechs Monate eines Jahres zu erteilen. Die Erledigung ist auch in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen (BVerwG, Urt. vom 30.06.2004 - 4 C 1.03 - , BVerwGE 121, 169 für die Revisionsinstanz). Die Stellung des Fortsetzungsfeststellungsantrages war für den Kläger auch noch in der mündlichen Verhandlung möglich, da er nicht Berufungsführer ist und für ihn daher die Berufungsbegründungsfrist, innerhalb derer auch ein bestimmter Antrag zu stellen ist (§ 124a Abs. 6 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO), nicht gilt (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. vom 12.04.2005 - 6 A 10085/05 -, juris). Das für die Erhebung einer Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse ist hier ebenfalls gegeben. Dieses liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. hierzu Beschluss vom 24.04.1993 - 4 B 31.93 -, NVwZ 1994, 282) unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr dann vor, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird. Davon ist im vorliegenden Fall ohne weiteres auszugehen. Der Kläger begehrt auch für die Jahre nach 2012 eine Sondernutzungserlaubnis zur Außenbewirtung vor seinem Eiscafé am Marktplatz entsprechend seinem Antrag vom 25.10.2012 und die Beklagte beabsichtigt, an ihrer bisherigen Praxis festzuhalten. Auch eine Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist nicht zu erwarten.
29 
Das Feststellungsbegehren ist jedoch nicht begründet, da die Beklagte nicht verpflichtet war, dem Kläger die für das Jahr 2012 beantragte Sondernutzungserlaubnis für eine erweiterte Außenbewirtungsfläche zu erteilen.
30 
Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Straßengesetz (StrG) bedarf die Benutzung einer Straße über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis. Dass es sich bei dem beabsichtigten Aufstellen von Tischen und Stühlen für den Gaststättenbetrieb des Klägers auf dem Marktplatz, einem öffentlichen Platz im Stadtzentrum von ..., um eine Sondernutzung im Sinne dieser Vorschrift handelt, steht außer Frage.
31 
Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG entscheidet über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis die Straßenbaubehörde - im vorliegenden Fall also nach § 50 Abs. 3 Nr. 3 StrG die Beklagte als Gemeinde - nach pflichtgemäßem Ermessen. Aus dieser Vorschrift ergibt sich daher grundsätzlich nur ein Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Einen Anspruch auf Erlaubniserteilung kann er nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn die Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis die einzig rechtmäßige Entscheidung darstellt und keine andere rechtmäßige Entscheidung der Beklagten möglich erscheint.
32 
Das der Beklagten nach § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG eingeräumte Ermessen ist entsprechend dem Zweck der Vorschrift unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen, insbesondere des Gebots der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), auszuüben (§ 40 LVwVfG). Die gerichtliche Kontrolle der dabei getroffenen Behördenentscheidung beschränkt sich gemäß § 114 Satz 1 VwGO auf die Einhaltung dieses rechtlichen Rahmens.
33 
Hiervon ausgehend ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis entgegen seiner Auffassung nicht bereits aus dem in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung in Verbindung mit der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten.
34 
Bei den vom Kläger genannten Berufungsfällen, in denen die Beklagte ebenfalls Sondernutzungen für Gaststätten zur Außenbewirtung auf dem Marktplatz zugelassen hat, liegen keine im Wesentlichen vergleichbaren Sachverhalte vor. Für die Fläche auf dem nur über Treppen erreichbaren Podest, das nach Angaben der Klägers vom Restaurant „T...“ mit einem Tisch zur Außenbewirtung genutzt wird, hat die Beklagte nach ihren Angaben, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, schon keine entsprechende Sondernutzungserlaubnis erteilt. Darüber hinaus waren im Zeitpunkt der Einnahme des Augenscheins auf dieser Fläche weder Tisch noch Stühle aufgestellt. Im Falle des Restaurants „L… ...“, für das die Beklagte eine Sondernutzungserlaubnis zur Außenbewirtung erteilt hat, unterscheidet sich die örtliche Situation wesentlich von der vor den Gaststätten der Beteiligten. Denn dort befindet sich keine mehrstufige Treppenanlage, die die gesamte für Zwecke der Außenbewirtung nutzbare Straßenfläche durchzieht; vielmehr ist lediglich - wie der Augenschein ergeben hat - der Eingang zum Restaurant über zwei Treppenstufen zu erreichen, völlig unabhängig davon, ob auf der Fläche vor der Gaststätte eine Außenbewirtung stattfindet oder nicht. Im Übrigen erstreckt sich die für die Außenbewirtung zugelassene Fläche - wie derzeit beim Kläger und dem Beigeladenen ober- oder unterhalb der Treppenanlage - ebenerdig vor der Gaststätte, ohne von Stufen unterbrochen zu werden.
35 
Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Sondernutzungserlaubnis ergibt sich aber auch nicht daraus, dass aus anderen Gründen ein Fall der sogenannten „Ermessensreduzierung auf null“ vorliegt. Die von der Beklagten angestellten Ermessenserwägungen, die jede für sich die getroffene Entscheidung selbständig tragen sollen, sind - mit einer Ausnahme - rechtlich nicht zu beanstanden; sie halten sich insbesondere innerhalb des vorgegebenen straßenrechtlichen Rahmens.
36 
Entsprechend dem Zweck des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG erfasst das Ermessensprogramm dieser Vorschrift in erster Linie nur spezifisch straßenrechtliche Erwägungen im Hinblick auf die mit der beabsichtigten Sondernutzung verbundene Beeinträchtigung des widmungsgemäßen Gemeingebrauchs. Andere Erwägungen halten sich nur dann im Rahmen des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG, wenn sie (noch) einen sachlichen Bezug zur Straße haben; dies gilt beispielsweise für städtebauliche oder baugestalterische Aspekte (Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes), die auf einem konkreten gemeindlichen Gestaltungskonzept beruhen (vgl. etwa Senatsurteile vom 01.08.1996 - 5 S 3300/95 -, NVwZ-RR 1997, 677 und vom 17.03.2000 - 5 S 369/99 -, NVwZ-RR 2001, 159; Senatsbeschluss vom 02.11.2009 - 5 S 3121/08 -, NVwZ-RR 2010, 164).
37 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die vom Kläger beantragte Sondernutzungserlaubnis allerdings nicht unter Berufung auf das beschriebene (spezifisch) straßenrechtliche Ermessensprogramm, insbesondere nicht wegen einer Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs oder eines auf einem Gemeinderatsbeschluss beruhenden städtebaulichen Gestaltungskonzepts, sondern aus anderen Gründen abgelehnt. Dies ist indessen in Fällen wie dem vorliegenden entgegen der vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung nicht zu beanstanden. Es ist vielmehr in der Rechtsprechung anerkannt, dass Schutzzweck des für Sondernutzungen bestehenden Erlaubnisvorbehalts (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StrG) auch das öffentlich-rechtliche Bedürfnis ist, beim Zusammentreffen gegenläufiger Straßennutzungsinteressen verschiedener Nutzungsinteressenten (hier an ein- und derselben Straßenfläche) den erforderlichen Interessenausgleich zu schaffen. Diese Ausgleichs- und Verteilungsfunktion der Sondernutzungserlaubnis kann bei entsprechender Ermessenshandhabung und Abwägung der gegenseitigen Belange durch die Erlaubnisbehörde auch unabhängig von den Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs zu einer räumlichen und (oder) zeitlichen Begrenzung bestimmter Sondernutzungen führen. Dies begegnet jedenfalls dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn Grundrechte des Antragstellers oder anderer Nutzer nicht oder nur geringfügig berührt werden. Ist der beabsichtigte Straßengebrauch als Grundrechtsausübung zu werten, ist - auch im Rahmen des „Verteilungsermessens“ - die Bedeutung des jeweils einschlägigen Grundrechts zu berücksichtigen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 12.08.1980 - 7 B 155.79 -, Buchholz 11 GG Art. 21 Nr. 21; Urteil vom 07.06.1978 - 7 C 5.78 -, BVerwGE 56, 63; Senatsbeschluss vom 18.02.2013 - 5 S 1610/12 -; BayVGH, Beschluss vom 12.12.2007 - 8 CS 0.72952 -, GewArch. 2008, 370). Dabei kann das Verteilungsermessen grundsätzlich auch durch Richtlinien „gesteuert“ werden (vgl. hierzu Senatsurteil vom 17.03.2000 - 5 S 369/99 -, ESVGH 50, 200).
38 
Allerdings dürfen auch im Rahmen des „Verteilungsermessens“ nicht solche Belange herangezogen werden, die überhaupt keinen Bezug zum Bestand und zur Nutzung der Straße haben, also keine straßenbezogenen Belange mehr darstellen (Senatsurteil vom 17.03.2000, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 12.12.2007 - 8 CS 07.29525 -, juris; vgl. auch Dietz, Grundrechtskollisionen im Öffentlichen Raum, AöR, 133, 556; 577; 587). Was insoweit sachlich gerechtfertigt ist, bestimmt sich nach dem allgemeinen Gleichheitssatz unter Berücksichtigung des Lebenssachverhalts in dessen Rahmen das Ermessen ausgeübt wird. Straßenrechtlich zu beanstanden sind etwa rein subjektive oder geschäftsbezogene Merkmale (vgl. Senatsurteil vom 17.03.2000, a.a.O. zum marktbezogenen Kriterium „bekannt und bewährt“ sowie VG Gießen, Urteil vom 14.12.2000 - 10 E 31/00 -, NVwZ-RR 2001, 436 zum Kriterium der Gemeinnützigkeit eines Unternehmens). Dagegen sind etwa alle auf den Straßenkörper bezogenen oder mit dem Widmungszweck im Zusammenhang stehenden Erwägungen ohne weiteres zulässig (Senatsurteil vom 14.10.1996 - 5 S 1775/96 -, VBlBW 1997, 107; BayVGH, Beschluss vom 12.12.2007 a.a.O.).
39 
Danach war die Beklagte jedenfalls nicht verpflichtet, dem Kläger die beantragte Sondernutzungserlaubnis zur Erweiterung der Außenbewirtungsfläche zu erteilen. Denn sie durfte bei ihrer Ermessensentscheidung maßgeblich berücksichtigen, dass sich vor dem Gebäude, in dem das Eiscafé betrieben wird, eine mehrstufige Treppenanlage befindet und dementsprechend die Erlaubnis für den Kläger auf den Bereich oberhalb der Treppenanlage beschränken, der sich ebenerdig vor dem Eingang zum Eiscafé erstreckt. Dementsprechend war es auch sachgerecht, dem Beigeladenen den Bereich unterhalb der Treppenanlage im Wege der Sondernutzung zu überlassen, da von dessen Restaurant insoweit ebenfalls ein ungehinderter, nicht von den Treppenstufen unterbrochener Zugang besteht. Die Berücksichtigung der konkreten örtlichen Situation stellt eine sachliche und straßenbezogene Erwägung dar, um die gegenläufigen Nutzungsinteressen des Klägers und des Beigeladenen auszugleichen; Grundrechte waren nicht ausschlaggebend zu berücksichtigen, da sich sowohl der Kläger als auch der Beigeladene als Gewerbetreibende im vorliegenden Fall gleichermaßen auf den Schutz der Berufsfreiheit berufen können. Die konkrete Situation vor den beiden Gaststätten ist außerdem auch eine hinreichende sachliche Rechtfertigung dafür, um von dem sonst geltenden Grundsatz der Beklagten abzuweichen, die gesamte Fläche vor den Gebäuden („von Außenkante zu Außenkante“) den Gaststätteninhabern zur Außenbewirtung zu überlassen.
40 
Darüber hinaus und unabhängig davon stellt es im vorliegenden Fall eine im Rahmen des Verteilungsermessens zulässige weitere straßenbezogene Erwägung dar, dass durch eine die Flächen ober- und unterhalb der Treppe einbeziehende einheitliche Sondernutzungserlaubnis für den Kläger durch die dann notwendige Mitbenutzung der Treppe für Bedienungspersonal und Gäste eine erhöhte Gefahr geschaffen wird, aufgrund derer Ersatzansprüche gegen den Träger der Straßenbaulast - etwa wegen unzulänglicher Verkehrssicherungsmaßnahmen - geltend gemacht werden können (vgl. hierzu Stahlhut, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl., Kap. 27 Rn. 17). Dass auch sonst - unabhängig vom Gaststättenbetrieb - Passanten die Treppenanlage benutzen, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Klägers keine andere Beurteilung. Denn insoweit hat die Beklagte - anders, als wenn sie eine Sondernutzung zur Außenbewirtung über die Treppenanlage hinweg gestatten würde - keine erhöhte Gefahrenlage für Gaststättenbesucher und Bedienungspersonal geschaffen.
41 
Dagegen dürfte es sich bei der Frage, ob beim Eiscafé des Klägers die zusätzlich beantragte Fläche mehr oder weniger ausgelastet ist als bei der Gaststätte des Beigeladenen, um keinen zulässigen Ermessensgesichtspunkt mehr handeln. Der Gesichtspunkt der unterschiedlichen Auslastung stellt eine ausschließlich geschäftsbezogene und keine mit dem Bestand und der Nutzung der Straße zusammenhängende Erwägung mehr dar. Anders verhielte es sich, wenn etwa der eine Nutzungsinteressent zur Grundrechtsausübung auf eine bestimmte Straßenfläche angewiesen wäre, der andere dagegen nicht. Eine solche Fallkonstellation liegt hier jedoch - wie oben ausgeführt - nicht vor. Es kommt hinzu, dass die mehr oder weniger gegebene Auslastung von Außenbewirtungsflächen - wie der Kläger zu Recht geltend macht - ständigen Schwankungen unterworfen ist und auch deshalb kaum ein sachangemessenes Unterscheidungskriterium darstellt. Die Heranziehung dieses -unzulässigen - Gesichtspunktes durch die Beklagte ändert indes nichts daran, dass der Kläger wegen der bereits dargestellten zulässigen Ermessenserwägungen keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis hatte. Darüber hinaus ist aber auch sein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, den der Senat vom gestellten Antrag als mit umfasst ansieht, nicht verletzt. Denn die Beklagte hat die Ablehnung der beantragten erweiterten Sondernutzungserlaubnis - wie oben ausgeführt - auf mehrere selbständig tragende Erwägungen gestützt. Für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung genügt es daher, dass ein selbständig tragender Grund rechtlich fehlerfrei ist (vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 19.05.1981 - 1 C 169.79 - BVerwGE 62, 215, vom 26.11.1987 - 2 C 53.86 - Buchholz 237.7 § 85 NWLBG Nr. 6 und vom 21.09.2000 - 2 C 5.99 - Buchholz 237.1 Art. 86 BayLBG Nr. 10). Um solche selbständig tragende Gründe handelt es bei den oben im Rahmen des Verteilungsermessens als zulässig beurteilten Erwägungen zur durch die Treppenanlage gegebenen besonderen örtlichen Situation und zur Schaffung einer erhöhten Gefahrenlage bei einer erlaubten Sondernutzung über die Treppenanlage hinweg.
42 
Nach alledem ist das angefochtene Urteil auf die Berufung der Beklagten zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
43 
Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entsprach der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser durch die Stellung eines Sachantrages ein Kostenrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) eingegangen ist.
44 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
45 
Beschluss vom 18. März 2014
46 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird - mangels Anhaltspunkten für den auf den umstrittenen Teil der Sondernutzungsfläche entfallenden Jahresgewinn - gemäß §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
25 
Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 20.03.2014 gibt dem Senat keinen Anlass, die Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO wieder zu eröffnen.
26 
Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten gegen das der Verpflichtungsklage stattgebende verwaltungsgerichtliche Urteil ist nach § 124 Abs. 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde insbesondere innerhalb der einmonatigen Berufungsbegründungsfrist gegenüber dem erkennenden Gerichtshof begründet (vgl. § 124a Abs. 3 Satz 4 und Abs. 6 VwGO).
27 
Die Berufung hat auch Erfolg. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 23.03.2012 verpflichtet, dem Kläger eine Sondernutzungserlaubnis für die Erweiterung der Außenbestuhlungsfläche vor dem Anwesen ...... in ... gemäß seinem Antrag vom 25.10.2011 zu erteilen. Denn die vom Kläger erhobene Klage ist - auch mit dem nunmehr allein noch sachdienlichen Fortsetzungsfeststellungsantrag - nicht begründet. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf die beantragte Erweiterung der Sondernutzungserlaubnis.
28 
Die Klage ist (nur noch) mit dem Fortsetzungsfeststellungsantrag zulässig. Die Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO findet nach allgemeiner Meinung auf Verpflichtungsklagen entsprechende Anwendung mit der Folge, dass auch bei solchen Klagen das Verfahren trotz Erledigung - hier durch Zeitablauf - u.a. mit dem Ziel fortgesetzt werden kann, durch das Gericht feststellen zu lassen, dass der Beklagte zur Erteilung des beantragten Verwaltungsakts verpflichtet war (vgl. Eyermann/Schmidt, VwGO, 13. Aufl., § 113 Rn. 97). Der beantragte Verwaltungsakt hat sich hier spätestens mit Ablauf des Jahres 2012 erledigt, da der Antrag des Klägers auf Erlaubniserteilung vom 25.10.2011 und dementsprechend auch der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 23.03.2012 „auf die Saison 2012“ beschränkt waren und es überdies ständiger Praxis der Beklagten entspricht, Sondernutzungserlaubnisse zur Außenbewirtung stets nur befristet auf sechs Monate eines Jahres zu erteilen. Die Erledigung ist auch in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen (BVerwG, Urt. vom 30.06.2004 - 4 C 1.03 - , BVerwGE 121, 169 für die Revisionsinstanz). Die Stellung des Fortsetzungsfeststellungsantrages war für den Kläger auch noch in der mündlichen Verhandlung möglich, da er nicht Berufungsführer ist und für ihn daher die Berufungsbegründungsfrist, innerhalb derer auch ein bestimmter Antrag zu stellen ist (§ 124a Abs. 6 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO), nicht gilt (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. vom 12.04.2005 - 6 A 10085/05 -, juris). Das für die Erhebung einer Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse ist hier ebenfalls gegeben. Dieses liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. hierzu Beschluss vom 24.04.1993 - 4 B 31.93 -, NVwZ 1994, 282) unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr dann vor, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird. Davon ist im vorliegenden Fall ohne weiteres auszugehen. Der Kläger begehrt auch für die Jahre nach 2012 eine Sondernutzungserlaubnis zur Außenbewirtung vor seinem Eiscafé am Marktplatz entsprechend seinem Antrag vom 25.10.2012 und die Beklagte beabsichtigt, an ihrer bisherigen Praxis festzuhalten. Auch eine Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist nicht zu erwarten.
29 
Das Feststellungsbegehren ist jedoch nicht begründet, da die Beklagte nicht verpflichtet war, dem Kläger die für das Jahr 2012 beantragte Sondernutzungserlaubnis für eine erweiterte Außenbewirtungsfläche zu erteilen.
30 
Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Straßengesetz (StrG) bedarf die Benutzung einer Straße über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis. Dass es sich bei dem beabsichtigten Aufstellen von Tischen und Stühlen für den Gaststättenbetrieb des Klägers auf dem Marktplatz, einem öffentlichen Platz im Stadtzentrum von ..., um eine Sondernutzung im Sinne dieser Vorschrift handelt, steht außer Frage.
31 
Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG entscheidet über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis die Straßenbaubehörde - im vorliegenden Fall also nach § 50 Abs. 3 Nr. 3 StrG die Beklagte als Gemeinde - nach pflichtgemäßem Ermessen. Aus dieser Vorschrift ergibt sich daher grundsätzlich nur ein Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Einen Anspruch auf Erlaubniserteilung kann er nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn die Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis die einzig rechtmäßige Entscheidung darstellt und keine andere rechtmäßige Entscheidung der Beklagten möglich erscheint.
32 
Das der Beklagten nach § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG eingeräumte Ermessen ist entsprechend dem Zweck der Vorschrift unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen, insbesondere des Gebots der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), auszuüben (§ 40 LVwVfG). Die gerichtliche Kontrolle der dabei getroffenen Behördenentscheidung beschränkt sich gemäß § 114 Satz 1 VwGO auf die Einhaltung dieses rechtlichen Rahmens.
33 
Hiervon ausgehend ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis entgegen seiner Auffassung nicht bereits aus dem in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung in Verbindung mit der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten.
34 
Bei den vom Kläger genannten Berufungsfällen, in denen die Beklagte ebenfalls Sondernutzungen für Gaststätten zur Außenbewirtung auf dem Marktplatz zugelassen hat, liegen keine im Wesentlichen vergleichbaren Sachverhalte vor. Für die Fläche auf dem nur über Treppen erreichbaren Podest, das nach Angaben der Klägers vom Restaurant „T...“ mit einem Tisch zur Außenbewirtung genutzt wird, hat die Beklagte nach ihren Angaben, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, schon keine entsprechende Sondernutzungserlaubnis erteilt. Darüber hinaus waren im Zeitpunkt der Einnahme des Augenscheins auf dieser Fläche weder Tisch noch Stühle aufgestellt. Im Falle des Restaurants „L… ...“, für das die Beklagte eine Sondernutzungserlaubnis zur Außenbewirtung erteilt hat, unterscheidet sich die örtliche Situation wesentlich von der vor den Gaststätten der Beteiligten. Denn dort befindet sich keine mehrstufige Treppenanlage, die die gesamte für Zwecke der Außenbewirtung nutzbare Straßenfläche durchzieht; vielmehr ist lediglich - wie der Augenschein ergeben hat - der Eingang zum Restaurant über zwei Treppenstufen zu erreichen, völlig unabhängig davon, ob auf der Fläche vor der Gaststätte eine Außenbewirtung stattfindet oder nicht. Im Übrigen erstreckt sich die für die Außenbewirtung zugelassene Fläche - wie derzeit beim Kläger und dem Beigeladenen ober- oder unterhalb der Treppenanlage - ebenerdig vor der Gaststätte, ohne von Stufen unterbrochen zu werden.
35 
Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Sondernutzungserlaubnis ergibt sich aber auch nicht daraus, dass aus anderen Gründen ein Fall der sogenannten „Ermessensreduzierung auf null“ vorliegt. Die von der Beklagten angestellten Ermessenserwägungen, die jede für sich die getroffene Entscheidung selbständig tragen sollen, sind - mit einer Ausnahme - rechtlich nicht zu beanstanden; sie halten sich insbesondere innerhalb des vorgegebenen straßenrechtlichen Rahmens.
36 
Entsprechend dem Zweck des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG erfasst das Ermessensprogramm dieser Vorschrift in erster Linie nur spezifisch straßenrechtliche Erwägungen im Hinblick auf die mit der beabsichtigten Sondernutzung verbundene Beeinträchtigung des widmungsgemäßen Gemeingebrauchs. Andere Erwägungen halten sich nur dann im Rahmen des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG, wenn sie (noch) einen sachlichen Bezug zur Straße haben; dies gilt beispielsweise für städtebauliche oder baugestalterische Aspekte (Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes), die auf einem konkreten gemeindlichen Gestaltungskonzept beruhen (vgl. etwa Senatsurteile vom 01.08.1996 - 5 S 3300/95 -, NVwZ-RR 1997, 677 und vom 17.03.2000 - 5 S 369/99 -, NVwZ-RR 2001, 159; Senatsbeschluss vom 02.11.2009 - 5 S 3121/08 -, NVwZ-RR 2010, 164).
37 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die vom Kläger beantragte Sondernutzungserlaubnis allerdings nicht unter Berufung auf das beschriebene (spezifisch) straßenrechtliche Ermessensprogramm, insbesondere nicht wegen einer Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs oder eines auf einem Gemeinderatsbeschluss beruhenden städtebaulichen Gestaltungskonzepts, sondern aus anderen Gründen abgelehnt. Dies ist indessen in Fällen wie dem vorliegenden entgegen der vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung nicht zu beanstanden. Es ist vielmehr in der Rechtsprechung anerkannt, dass Schutzzweck des für Sondernutzungen bestehenden Erlaubnisvorbehalts (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StrG) auch das öffentlich-rechtliche Bedürfnis ist, beim Zusammentreffen gegenläufiger Straßennutzungsinteressen verschiedener Nutzungsinteressenten (hier an ein- und derselben Straßenfläche) den erforderlichen Interessenausgleich zu schaffen. Diese Ausgleichs- und Verteilungsfunktion der Sondernutzungserlaubnis kann bei entsprechender Ermessenshandhabung und Abwägung der gegenseitigen Belange durch die Erlaubnisbehörde auch unabhängig von den Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs zu einer räumlichen und (oder) zeitlichen Begrenzung bestimmter Sondernutzungen führen. Dies begegnet jedenfalls dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn Grundrechte des Antragstellers oder anderer Nutzer nicht oder nur geringfügig berührt werden. Ist der beabsichtigte Straßengebrauch als Grundrechtsausübung zu werten, ist - auch im Rahmen des „Verteilungsermessens“ - die Bedeutung des jeweils einschlägigen Grundrechts zu berücksichtigen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 12.08.1980 - 7 B 155.79 -, Buchholz 11 GG Art. 21 Nr. 21; Urteil vom 07.06.1978 - 7 C 5.78 -, BVerwGE 56, 63; Senatsbeschluss vom 18.02.2013 - 5 S 1610/12 -; BayVGH, Beschluss vom 12.12.2007 - 8 CS 0.72952 -, GewArch. 2008, 370). Dabei kann das Verteilungsermessen grundsätzlich auch durch Richtlinien „gesteuert“ werden (vgl. hierzu Senatsurteil vom 17.03.2000 - 5 S 369/99 -, ESVGH 50, 200).
38 
Allerdings dürfen auch im Rahmen des „Verteilungsermessens“ nicht solche Belange herangezogen werden, die überhaupt keinen Bezug zum Bestand und zur Nutzung der Straße haben, also keine straßenbezogenen Belange mehr darstellen (Senatsurteil vom 17.03.2000, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 12.12.2007 - 8 CS 07.29525 -, juris; vgl. auch Dietz, Grundrechtskollisionen im Öffentlichen Raum, AöR, 133, 556; 577; 587). Was insoweit sachlich gerechtfertigt ist, bestimmt sich nach dem allgemeinen Gleichheitssatz unter Berücksichtigung des Lebenssachverhalts in dessen Rahmen das Ermessen ausgeübt wird. Straßenrechtlich zu beanstanden sind etwa rein subjektive oder geschäftsbezogene Merkmale (vgl. Senatsurteil vom 17.03.2000, a.a.O. zum marktbezogenen Kriterium „bekannt und bewährt“ sowie VG Gießen, Urteil vom 14.12.2000 - 10 E 31/00 -, NVwZ-RR 2001, 436 zum Kriterium der Gemeinnützigkeit eines Unternehmens). Dagegen sind etwa alle auf den Straßenkörper bezogenen oder mit dem Widmungszweck im Zusammenhang stehenden Erwägungen ohne weiteres zulässig (Senatsurteil vom 14.10.1996 - 5 S 1775/96 -, VBlBW 1997, 107; BayVGH, Beschluss vom 12.12.2007 a.a.O.).
39 
Danach war die Beklagte jedenfalls nicht verpflichtet, dem Kläger die beantragte Sondernutzungserlaubnis zur Erweiterung der Außenbewirtungsfläche zu erteilen. Denn sie durfte bei ihrer Ermessensentscheidung maßgeblich berücksichtigen, dass sich vor dem Gebäude, in dem das Eiscafé betrieben wird, eine mehrstufige Treppenanlage befindet und dementsprechend die Erlaubnis für den Kläger auf den Bereich oberhalb der Treppenanlage beschränken, der sich ebenerdig vor dem Eingang zum Eiscafé erstreckt. Dementsprechend war es auch sachgerecht, dem Beigeladenen den Bereich unterhalb der Treppenanlage im Wege der Sondernutzung zu überlassen, da von dessen Restaurant insoweit ebenfalls ein ungehinderter, nicht von den Treppenstufen unterbrochener Zugang besteht. Die Berücksichtigung der konkreten örtlichen Situation stellt eine sachliche und straßenbezogene Erwägung dar, um die gegenläufigen Nutzungsinteressen des Klägers und des Beigeladenen auszugleichen; Grundrechte waren nicht ausschlaggebend zu berücksichtigen, da sich sowohl der Kläger als auch der Beigeladene als Gewerbetreibende im vorliegenden Fall gleichermaßen auf den Schutz der Berufsfreiheit berufen können. Die konkrete Situation vor den beiden Gaststätten ist außerdem auch eine hinreichende sachliche Rechtfertigung dafür, um von dem sonst geltenden Grundsatz der Beklagten abzuweichen, die gesamte Fläche vor den Gebäuden („von Außenkante zu Außenkante“) den Gaststätteninhabern zur Außenbewirtung zu überlassen.
40 
Darüber hinaus und unabhängig davon stellt es im vorliegenden Fall eine im Rahmen des Verteilungsermessens zulässige weitere straßenbezogene Erwägung dar, dass durch eine die Flächen ober- und unterhalb der Treppe einbeziehende einheitliche Sondernutzungserlaubnis für den Kläger durch die dann notwendige Mitbenutzung der Treppe für Bedienungspersonal und Gäste eine erhöhte Gefahr geschaffen wird, aufgrund derer Ersatzansprüche gegen den Träger der Straßenbaulast - etwa wegen unzulänglicher Verkehrssicherungsmaßnahmen - geltend gemacht werden können (vgl. hierzu Stahlhut, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl., Kap. 27 Rn. 17). Dass auch sonst - unabhängig vom Gaststättenbetrieb - Passanten die Treppenanlage benutzen, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Klägers keine andere Beurteilung. Denn insoweit hat die Beklagte - anders, als wenn sie eine Sondernutzung zur Außenbewirtung über die Treppenanlage hinweg gestatten würde - keine erhöhte Gefahrenlage für Gaststättenbesucher und Bedienungspersonal geschaffen.
41 
Dagegen dürfte es sich bei der Frage, ob beim Eiscafé des Klägers die zusätzlich beantragte Fläche mehr oder weniger ausgelastet ist als bei der Gaststätte des Beigeladenen, um keinen zulässigen Ermessensgesichtspunkt mehr handeln. Der Gesichtspunkt der unterschiedlichen Auslastung stellt eine ausschließlich geschäftsbezogene und keine mit dem Bestand und der Nutzung der Straße zusammenhängende Erwägung mehr dar. Anders verhielte es sich, wenn etwa der eine Nutzungsinteressent zur Grundrechtsausübung auf eine bestimmte Straßenfläche angewiesen wäre, der andere dagegen nicht. Eine solche Fallkonstellation liegt hier jedoch - wie oben ausgeführt - nicht vor. Es kommt hinzu, dass die mehr oder weniger gegebene Auslastung von Außenbewirtungsflächen - wie der Kläger zu Recht geltend macht - ständigen Schwankungen unterworfen ist und auch deshalb kaum ein sachangemessenes Unterscheidungskriterium darstellt. Die Heranziehung dieses -unzulässigen - Gesichtspunktes durch die Beklagte ändert indes nichts daran, dass der Kläger wegen der bereits dargestellten zulässigen Ermessenserwägungen keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis hatte. Darüber hinaus ist aber auch sein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, den der Senat vom gestellten Antrag als mit umfasst ansieht, nicht verletzt. Denn die Beklagte hat die Ablehnung der beantragten erweiterten Sondernutzungserlaubnis - wie oben ausgeführt - auf mehrere selbständig tragende Erwägungen gestützt. Für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung genügt es daher, dass ein selbständig tragender Grund rechtlich fehlerfrei ist (vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 19.05.1981 - 1 C 169.79 - BVerwGE 62, 215, vom 26.11.1987 - 2 C 53.86 - Buchholz 237.7 § 85 NWLBG Nr. 6 und vom 21.09.2000 - 2 C 5.99 - Buchholz 237.1 Art. 86 BayLBG Nr. 10). Um solche selbständig tragende Gründe handelt es bei den oben im Rahmen des Verteilungsermessens als zulässig beurteilten Erwägungen zur durch die Treppenanlage gegebenen besonderen örtlichen Situation und zur Schaffung einer erhöhten Gefahrenlage bei einer erlaubten Sondernutzung über die Treppenanlage hinweg.
42 
Nach alledem ist das angefochtene Urteil auf die Berufung der Beklagten zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
43 
Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entsprach der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser durch die Stellung eines Sachantrages ein Kostenrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) eingegangen ist.
44 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
45 
Beschluss vom 18. März 2014
46 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird - mangels Anhaltspunkten für den auf den umstrittenen Teil der Sondernutzungsfläche entfallenden Jahresgewinn - gemäß §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5000,-- EUR festgesetzt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die teilweise Rücknahme und Rückforderung von Finanzhilfen für eine Straßenbaumaßnahme der Klägerin, soweit Kosten für die Änderung von Versorgungsleitungen der Beigeladenen als zuwendungsfähig erachtet und gefördert worden sind.

2

Mit Bescheid vom 10. Dezember 1996 bewilligte das zuständige Ministerium des Beklagten der Klägerin auf ihren Antrag vom 6. Oktober 1995 Zuwendungen für den Bau der verlängerten Industriestraße in Mainz-Mombach in Höhe von 75 % der zuwendungsfähigen Kosten. Die Finanzierung erfolgte als Mischfinanzierung; 45 % der förderfähigen Kosten wurden aus Finanzhilfen des Bundes nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG - und 30 % gemäß dem Landesgesetz über den Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz - FAG - getragen. Nach dem geprüften Schlussverwendungsnachweis der Klägerin beliefen sich die zuwendungsfähigen Kosten auf 6 733 311 €. Der Beklagte hatte auch Kosten für die durch die Baumaßnahme bedingte Änderung an Versorgungseinrichtungen der Beigeladenen (Umlegung von Leitungen und Kabeln) von 16 337 € als zuwendungsfähig anerkannt und in Höhe von 75 % gefördert.

3

Die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betriebene Beigeladene ist 100%ige Tochter der Klägerin, die ihr u. a. die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser übertragen hat. Aufgrund eines Benutzungsvertrages vom 19. Juli 1971 und später eines am 28. November bzw. 19. Dezember 1995 unterzeichneten Konzessionsvertrages ist die Beigeladene berechtigt, für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen das Eigentum der Klägerin an den öffentlichen Verkehrsflächen zu nutzen. Die Kosten von Veränderungen an Versorgungseinrichtungen hat die Beigeladene nach § 10 Abs. 1 Satz 2 des Konzessionsvertrages zu tragen. Etwas anderes gilt gemäß § 10 Abs. 3 des Konzessionsvertrages, soweit die Kosten von einem Dritten getragen werden.

4

Im Jahr 2005 beanstandete der Rechnungshof Rheinland-Pfalz die Förderung von Arbeiten an Versorgungsleitungen im Stadtgebiet der Klägerin. Hiergegen wies die Klägerin darauf hin, dass die Frage der Förderung von Folgekosten bereits in den Jahren 1977 bis 1980 auf der Grundlage des inhaltsgleichen früheren Benutzungsvertrages streitig gewesen sei. Zwischen der Straßenbauverwaltung Rheinland-Pfalz und dem Rechnungshof sei damals Einigkeit darüber erzielt worden, dass straßenbaubedingte Leitungsverlegungen durch rechtlich selbstständige Versorgungsunternehmen als zuwendungsfähig anerkannt werden könnten, wenn das Versorgungsunternehmen voll im Eigentum der Kommune stehe.

5

Nach Anhörung der Klägerin nahm der Beklagte mit Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 18. Mai 2009 mit Wirkung zum jeweiligen Erlasszeitpunkt die Förderzusage vom 2. August 1996, den Bewilligungsbescheid von 10. Dezember 1996 sowie die Mittelbereitstellungen aus den Jahren 2002 bis 2005 hinsichtlich der Leitungsverlegungskosten zurück (Ziffer 1), forderte Zuwendungen in Höhe von 12 253 € zurück (Ziffer 2) und ordnete die Verzinsung des Rückforderungsbetrages ab dem 22. Dezember 2005 an (Ziffer 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Kosten für die Verlegung von Versorgungsleitungen seien zu Unrecht als zuwendungsfähig anerkannt und in die Förderung mit einbezogen worden. Hieraus resultiere eine Überzahlung in Höhe von 12 253 €. Die in den Jahren 1977 bis1980 erzielte Einigung widerspreche der Rechtslage. § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG schließe die Zuwendungsfähigkeit derartiger Kosten aus. Nach § 10 Abs. 1 des Konzessionsvertrages seien der Beigeladenen die Folgekosten grundsätzlich auferlegt worden. Die Voraussetzungen einer Ausnahme von § 10 Abs. 3 des Konzessionsvertrages seien schon begrifflich nicht erfüllt. Aus Gründen der Gleichbehandlung könnten die zu Unrecht gewährten Zuwendungen der Klägerin auch im Einzelfall nicht belassen werden.

6

Mit Urteil vom 1. Juli 2010 hat das Verwaltungsgericht die Klage der Klägerin gegen den streitgegenständlichen Bescheid abgewiesen. Der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid sei rechtmäßig. Die Rücknahmeentscheidung verstoße trotz der zwischen den Beteiligten und dem Rechnungshof 1980 erzielten Übereinkunft zur Zuwendungsfähigkeit der Aufwendungen kommunaler Eigengesellschaften nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Auch die übrigen Ermessenserwägungen des Beklagten seien nicht zu beanstanden.

7

Mit Urteil vom 11. Februar 2011 hat das Oberverwaltungsgericht Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides aufgehoben, die Berufung der Klägerin im Übrigen aber zurückgewiesen. Rechtsgrundlage sei § 48 Abs. 1 VwVfG. Gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG i.V.m. den einschlägigen Verwaltungsvorschriften seien nur solche Kosten zuwendungsfähig, die bei einem anderen als dem Träger des Vorhabens anfielen. Die Beigeladene sei eine Andere im Sinne dieses Gesetzes, weil sie eine eigene Rechtspersönlichkeit aufweise. Die Folgekosten fielen nicht bei der Kommune als Trägerin der Straßenbaulast an, sondern bei der Beigeladenen. Sie hätten keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt. Die Beigeladene sei nach § 10 Abs. 1 Satz 2 des Konzessionsvertrages verpflichtet, die Kosten für die Verlegung von Versorgungsleitungen zu tragen. Hieran ändere auch § 10 Abs. 3 Satz 1 des Konzessionsvertrages nichts. Die von der Klägerin vorgenommene Auslegung der getroffenen Regelung widerspreche dem Gesetzeszweck und bewirke eine Umgehung des Gesetzes. Die Klägerin könne sich weder auf Vertrauensschutz noch auf den Ablauf der Jahresfrist berufen. Als Selbstverwaltungskörperschaft übe sie mittelbare Staatsgewalt aus und sei an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden. Deshalb könne sie sich auch nicht darauf berufen, dass sich die Beteiligten und der Rechnungshof seit den 1970er Jahren bis November 2006 über die Zuwendungsfähigkeit von Folgekosten einer kommunalen Eigengesellschaft einig gewesen seien. Die Rückforderung nach Ziffer 2 des Bescheides vom 18. Mai 2009 finde ihre Rechtsgrundlage in § 49a Abs. 1 VwVfG. Zu beanstanden sei aber die angeordnete Verzinsung des Rückforderungsbetrages. Der Beklagte habe die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht angemessen gewichtet. Angesichts der mit dem Rechnungshof abgestimmten praktischen Handhabung der Förderung über mehr als 25 Jahre habe die Klägerin die Umstände, die zur Rücknahme geführt hätten, nicht zu vertreten.

8

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 48 VwVfG. Die nötigen Änderungen an den Versorgungsleitungen der Beigeladenen seien zuwendungsfähig. Die Beigeladene sei weder eine "andere" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG noch sei sie zur Tragung der Folgekosten verpflichtet. Von ihrer grundsätzlichen Kostentragungspflicht nach § 10 Abs. 1 des Konzessionsvertrages mache § 10 Abs. 3 des Konzessionsvertrages eine Ausnahme, soweit die Kosten ganz oder teilweise von einem Dritten getragen werden. Der Beklagte sei nach dieser Regelung Dritter.

9

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Februar 2011 und des Verwaltungsgerichts Mainz vom 1. Juli 2010 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2009 insgesamt aufzuheben.

10

Der Beklagte tritt der Revision entgegen und begehrt im Wege der Anschlussrevision die Abweisung der Klage auch bezüglich der Zinsforderung.

Er beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen sowie

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Februar 2011 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 1. Juli 2010 insgesamt zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,

die Anschlussrevision des Beklagten zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

12

Die Beigeladene und der Vertreter des Bundesinteresses stellen keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

14

Das Oberverwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Berufung zulässig ist. Der ihm elektronisch übermittelte Berufungsbegründungsschriftsatz vom 28. September 2010 wahrt mangels qualifizierter elektronischer Signatur zwar nicht die Berufungsbegründungsfrist. Der Klägerin war jedoch gemäß § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (1.). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Rücknahme der Förderzusage vom 2. August 1996 und des Bewilligungsbescheides vom 10. Dezember 1996 sowie der hierauf beruhenden Mittelbereitstellungen sei gerechtfertigt, weil diese das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und das Landesfinanzausgleichsgesetz verletzten, verstößt jedoch gegen Bundesrecht. Da das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz nur das Rechtsverhältnis zwischen Bund und Ländern regelt, kommt es nicht als Rechtsgrundlage für die Bewilligung einer Subvention und damit nicht als Prüfungsmaßstab für die Gewährung von Fördermitteln an den Zuwendungsempfänger in Betracht (2.). Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (3.).

15

1. a) Das Revisionsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Sachurteilsvoraussetzungen für das Berufungsverfahren gegeben waren. Das Oberverwaltungsgericht hat übersehen, dass die Berufungsbegründungsschrift der Klägerin vom 28. September 2010 nicht der Schriftform entspricht und eine formgerechte Begründung nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist bis zum 8. Oktober 2012 nachgeholt worden ist.

16

Gemäß § 124a Abs. 3 Satz 1 VwGO ist die Berufung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Als bestimmender Schriftsatz muss die Begründung der Schriftform genügen (vgl. § 125 Abs. 1, §§ 81, 82 VwGO). Eine elektronische Berufungsbegründung verlangt damit die Übersendung eines qualifiziert elektronisch signierten Dokuments nach § 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 der rheinland-pfälzischen Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vom 9. Januar 2008 (GVBl Nr. 2 S. 33). Nach der gerichtsinternen Eingangsmitteilung des Oberverwaltungsgerichts zur Berufungsbegründung der Klägerin (vgl. Gerichtsakte II, Bl. 279) war die elektronisch übermittelte Datei nicht signiert.

17

Vom Formerfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur kann auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden, selbst wenn sich aus einer E-mail oder begleitenden Umständen die Urheberschaft und der Wille, das elektronische Dokument in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher ergibt (zur Nichtübertragbarkeit der Computerfax-Rechtsprechung: OVG Koblenz, Beschluss vom 21. April 2006 - 10 A 11741/05 - AS RP-SL 33, 182; BFH, Beschluss vom 26. Juli 2011 - VII R 30/10 - BFHE 234, 118 <123 ff.>; BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - VII ZB 112/08 - BGHZ 184, 75 <82 f.> und vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08 - NJW-RR 2009, 357 <358>; für das Verwaltungsverfahren: BVerwG, Beschluss vom 17. Juni 2011 - BVerwG 7 B 79.10 - juris). Elektronische Dokumente zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur mittels Datenverarbeitung erstellt werden und auf einem Datenträger gespeichert werden können, sondern ausschließlich in elektronischer Form von einem Computer zum anderen über das Internet übertragen werden (vgl. Geiger, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 13. Aufl. 2010, § 55a Rn. 4; Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Bd. I, Stand September 2011, § 55a Rn. 21). Während die prozessuale Schriftform allein die Urheberschaft eines Dokuments gewährleisten soll, dienen die hohen Anforderungen an die Signatur elektronischer Dokumente zusätzlich dem Schutz vor nachträglichen Änderungen, also ihrer Integrität (BTDrucks 15/4067 S. 8 f., S. 37; Beschluss vom 30. März 2006 - BVerwG 8 B 8.06 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 18; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 55a Rn. 10). Abstriche von den dafür normierten Sicherheitsanforderungen können nicht zugelassen werden.

18

b) Der Klägerin war jedoch nach § 60 Abs. 1 VwGO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Berufungsbegründungsfrist zu gewähren. Zwar trägt auch bei der elektronischen Signatur der Absender das Risiko des form- und fristgerechten Zugangs; allerdings verpflichtet § 55a Abs. 2 Satz 3 VwGO das Gericht zu einer unverzüglichen Mitteilung, wenn das übermittelte Dokument nicht den Anforderungen genügt. Das gilt auch hinsichtlich der qualifizierten elektronischen Signatur und nicht nur bezüglich technischer Erfordernisse der Übersendung, etwa bei Übermittlung einer Datei in einem nicht zugelassenen Format (zur vergleichbaren Vorschrift des § 52a Abs. 2 Satz 3 FGO: BFH, Beschluss vom 26. Juli 2011 a.a.O. <125>). Da die Klägerin den Berufungsbegründungsschriftsatz am 28. September 2010 übermittelt hatte und dieser bereits am darauf folgenden Tag vom Berufungsgericht sachlich behandelt worden war, hätte eine zeitnahe Information der Klägerin ermöglicht, dem Berufungsgericht innerhalb der noch offenen Frist den Begründungsschriftsatz mit der erforderlichen elektronischen Signatur zukommen zu lassen. Ohne die Verletzung der gerichtlichen Mitteilungspflicht hätte ihr Übermittlungsfehler nicht zur Fristversäumnis geführt. Deshalb ist eine Wiedereinsetzung aus Gründen der Fürsorge geboten (BTDrucks 15/4067 S. 37; OVG Koblenz, Urteil vom 8. März 2007 - 7 A 11548/06 - AS RP-SL 34, 231 <232>).

19

Die Wiedereinsetzung kann auch im Revisionsverfahren rückwirkend gewährt werden. Dem Revisionsgericht obliegt nicht nur die Prüfung der Sachentscheidungsvoraussetzungen, es ist insofern auch entscheidungsbefugt (Bier, in: Schoch/Schmidt/Aßmann a.a.O. § 60 Rn. 71; BGH, Urteil vom 4. November 1981 - IVb ZR 625/80 - NJW 1982, 1873). Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2012 den Inhalt der Berufungsbegründungsschrift wiederholt und bestätigt und damit die versäumte Rechtshandlung nachgeholt.

20

Die Gewährung der Wiedereinsetzung scheitert nicht an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO. Die Ausschlussfrist des § 60 Abs. 3 VwGO findet keine Anwendung in Fällen höherer Gewalt. Dem steht es gleich, wenn die Ursache des verspäteten Antrags in der Sphäre des Gerichts liegt (BVerwG, Beschluss vom 2. April 1992 - BVerwG 5 B 50.92 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 177; Kopp/Schenke a.a.O. § 60 Rn. 28).

21

2. Revisionsrechtlich fehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 1996, die vorausgegangene Förderzusage und die nachfolgenden Mittelbereitstellungen seien rechtswidrig und könnten deshalb gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG zurückgenommen werden, weil die Förderung der Kosten aus der Verlegung der Leitungen der Beigeladenen mit dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz unvereinbar sei.

22

Das Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG) in der Bekanntmachung vom 28. Januar 1988 (BGBl I S. 100), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 5. April 2011 (BGBl I S. 554), regelt nur das rechtliche Verhältnis des Bundes zu den Ländern. Insofern bestimmt es die Voraussetzungen, unter denen ein Land Bundesmittel zur Förderung einer kommunalen Investition erhält und einsetzen darf. Das Gesetz regelt aber nicht das rechtliche Verhältnis eines Landes zu seinen Kommunen. Namentlich begründet es keine Ansprüche der Gemeinden auf Finanzhilfen oder auf ermessensfehlerfreie Bescheidung von Förderanträgen, und zwar auch nicht soweit es um vom Land weitergeleitete Finanzmittel des Bundes geht. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut von § 1 GVFG, wonach der Bund den Ländern Finanzhilfen gewährt, und aus dem Fehlen von Vorschriften über den Vollzug des Gesetzes durch die Länder gegenüber den Kommunen. Auch mit § 2 GVFG wollte der Gesetzgeber nur die Arten der förderfähigen Maßnahmen bestimmen, aber keinen Anspruch der Gemeinden auf Zuwendungen für derartige Maßnahmen begründen (BTDrucks VI/1117 S. 7, 8). Damit respektiert das Gesetz die kompetenzrechtlichen Grenzen, die sich aus seiner verfassungsrechtlichen Grundlage in Art. 104a Abs. 4 GG a.F. ergeben. Danach kann der Bund den Ländern unter bestimmten Voraussetzungen Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen auch der Gemeinden und Gemeindeverbände gewähren. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, oder aufgrund des Bundeshaushaltsgesetzes durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. Gerade das Letztere zeigt, dass allein an eine "nähere" Regelung im Verhältnis des Bundes zu den Ländern gedacht ist. Eine darüber hinausgehende Einflussnahme auf die Aufgabenerfüllung durch die Länder lässt Art. 104a Abs. 4 GG nicht zu (BVerfG, Urteil vom 4. März 1975 - 2 BvF 1/72 - BVerfGE 39, 96 <107 ff., 111>; Beschluss vom 10. Februar 1976 - 2 BvG 1/74 - BVerfGE 41, 291 <311>).

23

Dementsprechend ist der Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 10. Dezember 1996 nicht unmittelbar auf das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz gestützt, sondern auf einen Ansatz im Haushaltsgesetz des Landes (Kapitel 0811, Titel 88303) sowie auf "Bewilligungsbedingungen", die ihrerseits auf die einschlägigen Förderrichtlinien des Landes Bezug nehmen, namentlich auf die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr über die Förderung der Verkehrswege, Verkehrsanlagen und sonstigen verkehrswirtschaftlichen Investitionen kommunaler und privater Bauträger (VV-GVFG/FAG) vom 12. Oktober 1992 (GMinBl 1992 S. 454). Dabei handelt es sich jeweils um irrevisible Regelungen. Soweit sie auf das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz des Bundes oder das Finanzausgleichsgesetz des Landes verweisen, bewirkt dies nicht, dass diese Gesetze unmittelbare Rechtsgrundlage der Förderung kommunaler Investitionen durch das Land werden. Dadurch werden lediglich die Maßstäbe, die das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz für die Förderung aufstellt, nach ihrem Inhalt in das Richtlinienrecht übernommen und zugleich auf die Förderung aus eigenen Mitteln des Landes nach dem Finanzausgleichsgesetz des Landes erstreckt. Die Rechtsnatur des Richtlinienrechts ändert sich nicht.

24

3. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Zwar trifft seine Auffassung zu, dass die Kosten für die Verlegung der Leitungen der Beigeladenen nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG nicht förderfähig waren. Die Förderung war daher richtlinienwidrig (a). Sie war jedoch gleichwohl nicht rechtswidrig (b).

25

a) Die Förderung der Kosten der Leitungsverlegung widersprach den erwähnten Förderrichtlinien.

26

Das Vorhaben selbst - der Ausbau der Industriestraße in Mainz-Mombach - war allerdings nach Nummer 2.1 VV-GVFG/FAG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a GVFG förderungsfähig. Die Förderungsfähigkeit umfasst nach Nummer 6.1 VV-GVFG/FAG sämtliche Kosten des Vorhabens. Gemäß Nummer 6.4.2 VV-GVFG/FAG i.V.m. § 2 Abs. 1 der Richtlinien über den Wertausgleich für Ver- und Entsorgungsanlagen im Zusammenhang mit Vorhaben nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (Wertausgleichsrichtlinien - RL-Wertausgleich) vom 6. Mai 1975 (VerkBl S. 332) gehören auch die Aufwendungen, die bei der Durchführung des Vorhabens durch eine notwendige Verlegung oder sonstige Veränderung von Anlagen anfallen (sog. Folgekosten), zu den zuwendungsfähigen Kosten.

27

Nach Nummer 6.3.1 VV-GVFG/FAG nicht zuwendungsfähig sind jedoch Kosten, die "ein anderer als der Träger des Vorhabens" zu tragen verpflichtet ist. Mit dieser Formulierung schließt sich die Verwaltungsvorschrift an § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG an. Der Verweis in Nummer 6.4.2 VV-GVFG/FAG auf § 3 Abs. 1 und 2 RL-Wertausgleich stellt klar, dass dies auch für Folgekosten gilt. Die Kosten aus der infolge des Straßenbauvorhabens notwendigen Verlegung oder Veränderung einer Versorgungsleitung, deren Träger nicht der Vorhabenträger selbst ist, zählen hiernach nicht zu den förderfähigen Kosten, wenn und soweit den Träger der Anlage eine Folgepflicht trifft und wenn er die Kosten der Verlegung oder Veränderung der Anlage zu tragen hat. Eine derartige Folgekostenpflicht kann sich nach § 3 Abs. 2 Satz 2 RL-Wertausgleich aus Gesetz, Vertrag oder Verkehrssitte ergeben.

28

Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, auch eine kommunale Eigengesellschaft sei gegenüber ihrer Muttergemeinde "ein anderer" im Sinne dieser Regelung. Diese Auslegung der Nr. 6.3.1 VV-GVFG/FAG steht im Einklang mit § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG. Dessen Entstehungsgeschichte zeigt, dass der Gesetzgeber die eigene Rechtspersönlichkeit als maßgebliches Kriterium angesehen hat (wie hier BGH, Urteil vom 16. September 1993 - III ZR 136/91 - BGHZ 123, 256 <260>). Auch der Regelungszweck spricht gegen eine wirtschaftliche Betrachtung, die kommunale Eigengesellschaften nicht von der sie tragenden Kommune unterscheidet. Die Zuwendungsfähigkeit soll nach dem Willen des Gesetzgebers - nur - dann nicht entfallen, wenn die Folgekosten bei der Gebietskörperschaft als Vorhabenträger selbst entstanden sind (BTDrucks VI/1117 S. 9 f.). Maßgeblich ist danach eine unmittelbare Haushaltsbelastung des Vorhabenträgers durch die Folgekostenpflicht, nicht seine eventuelle mittelbare Belastung durch den Finanzierungsbedarf einer kommunalen Eigengesellschaft.

29

Die Folge- und die Folgekostenpflicht für die Leitungsverlegung trifft hier die Beigeladene. Das ergibt sich aus § 10 Abs. 1 ihres Konzessionsvertrages mit der Klägerin. Daran ändert auch § 10 Abs. 3 des Vertrages nichts, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat. Hiernach gilt die Regelung des Absatzes 1 nicht bei Maßnahmen, deren Kosten ganz oder teilweise von einem Dritten getragen werden; die Verpflichtung der Beigeladenen beschränkt sich in diesen Fällen auf den Teil der Kosten, der nicht von Dritten erstattet wird. Diese Klausel regelt keine Ausnahme von der Übertragung der Folgekostenpflicht auf die Beigeladene nach Absatz 1, unterstreicht sie im Gegenteil nur. Zuwendungen Dritter sollen hiernach die Beigeladene und nicht die Klägerin entlasten; ohne die Zuwendung soll aber die Folgekostenpflicht der Beigeladenen unberührt bleiben. Dass die Klägerin die Beigeladene von ihrer Verpflichtung aus Absatz 1 befreit und die Folgekosten selbst übernimmt, ergibt sich daraus gerade nicht.

30

b) Aus der Unvereinbarkeit der Förderung mit den Förderrichtlinien des beklagten Landes folgt jedoch nicht, dass sie auch rechtswidrig war. Die Abweichung von den Förderrichtlinien führt nur dann zur Rechtswidrigkeit des Förderbescheides, wenn darin zugleich ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt. Das ist nicht der Fall.

31

Die Förderrichtlinien sind keine Rechtssätze. Sie sind dazu bestimmt, für die Verteilung der Fördermittel Maßstäbe zu setzen, und suchen auf diese Weise die Ausübung des Ermessens durch die Bewilligungsbehörden zu steuern. Deshalb bewirken sie zunächst nur eine interne rechtliche Bindung des Verwaltungsermessens (stRspr, BVerwG, vgl. Urteile vom 26. April 1979 - BVerwG 3 C 111.79 - BVerwGE 58, 45 <49> = Buchholz 424.3 Förderungsmaßnahmen Nr. 4 und vom 8. April 1997 - BVerwG 3 C 6.95 - BVerwGE 104, 220 <222> = Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 102; Rennert, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 13. Aufl. 2010, § 114 Rn. 28 m.w.N.). Der bloße Verstoß gegen eine derartige Verwaltungsvorschrift macht eine Ermessensausübung daher nicht rechtswidrig (Urteil vom 23. April 2003 - BVerwG 3 C 25.02 - Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 104), die bloße Beachtung nicht rechtmäßig (vgl. Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 17 = Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 16).

32

In ihrem rechtlichen Verhältnis zum Förderempfänger ist die Bewilligungsbehörde - abgesehen von den sonstigen gesetzlichen Grenzen des Verwaltungshandelns - nur durch den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Wenn sich die Behörde an ihre Förderrichtlinien hält, ist sie daher durch das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe im Einzelfall eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten (Urteil vom 18. Mai 1990 - BVerwG 8 C 48.88 - BVerwGE 85, 163 <167> m.w.N. = Buchholz 454.32 § 25 WoBindG Nr. 13). Weicht sie hingegen generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese insoweit ihre ermessensbindende Wirkung; ob das Verwaltungshandeln mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis.

33

Im vorliegenden Fall lag in der Einbeziehung der streitigen Folgekosten in die Bewilligung von Fördermitteln keine gleichheitswidrige Begünstigung der Klägerin. Vielmehr entsprach es jahrelanger Verwaltungspraxis des Beklagten, auch die Folgekosten der Beigeladenen als zuwendungsfähig anzuerkennen. Hierzu hat der Beklagte seine Förderrichtlinien generell dahin ausgelegt und gehandhabt, dass Versorgungsunternehmen wie die Beigeladene, deren Anteile zu 100 % von einer Gemeinde gehalten werden, dieser gegenüber nicht als "andere" im Sinne der Richtlinien und des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG gelten sollten. Diese Verwaltungspraxis hatte das zuständige Ministerium des Beklagten in Abstimmung mit dem Landesrechnungshof 1980 begründet und nahezu 25 Jahre lang beibehalten. Dass hiervon nur die Klägerin begünstigt wurde, findet seinen Grund darin, dass im Land Rheinland-Pfalz nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten allein die Klägerin die Versorgung ihrer Einwohner mit Strom, Gas und Wasser einer Eigengesellschaft übertragen hat; wie der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung bekundet hat, wären auch andere Gemeinden bei gleicher Sachlage in den Genuss dieser Verwaltungspraxis gekommen. Erst 2005 hat der Rechnungshof auf eine Änderung dieser Praxis hingewirkt.

34

Die konsequent praktizierte, generelle Abweichung von den Förderrichtlinien erscheint auch nicht als willkürlich. Der Beklagte konnte die Förderung von Folgekosten kommunaler Eigengesellschaften mit deren wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Muttergemeinde begründen. Außerdem hat er darauf hingewiesen, dass die Anwendung der Regeln über den Wertausgleich zu einer Anrechnung von Wertzuwächsen aus einer Leitungsverlegung führt, wenn der Träger der Anlage zugleich Träger des Vorhabens ist oder eine eigene Rechtspersönlichkeit hat, aber nicht folgekostenpflichtig ist (vgl. § 2 Abs. 4 RL-Wertausgleich), was die Begünstigung der Gemeinde reduziert.

35

Die zulässige Anschlussrevision (§ 141 Satz 1 i.V.m. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 121 Satz 1 i.V.m. § 127 Abs. 4 VwGO) erweist sich als unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Zinsforderung in dem angefochtenen Bescheid im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Das ergibt sich schon daraus, dass die Hauptforderung nicht besteht.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Gesetzes zur Gewährung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes (Bayerisches Landeserziehungsgeldgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. November 1995 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 818), Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Bayerischen Gesetzes zur Zahlung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 26. März 2001 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 76), Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Bayerischen Gesetzes zur Zahlung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2004 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 133) und Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 des Gesetzes zur Neuordnung des Bayerischen Landeserziehungsgeldes vom 9. Juli 2007 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 442) sind mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.

2. Ersetzt der Gesetzgeber die verfassungswidrigen Regelungen nicht bis zum 31. August 2012 durch eine Neuregelung, tritt Nichtigkeit der beanstandeten Vorschriften ein.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob es mit Art. 3 Abs. 1 GG und mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar ist, dass Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Gewährung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes (Bayerisches Landeserziehungsgeldgesetz - BayLErzGG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. November 1995 (GVBl S. 818) die Gewährung von Landeserziehungsgeld auf Deutsche und andere Personen beschränkt, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzen.

I.

2

Der Freistaat Bayern erließ 1989 ein Landeserziehungsgeldgesetz. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollten Leistungen nach diesem Gesetz zeitlich an den Bezug von Leistungen nach dem Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub (Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG) anschließen und es Eltern so ermöglichen, über einen längeren Zeitraum Elternzeit zu nehmen und ihre Kinder selbst zu betreuen. Erziehungsgeld wurde gemäß Art. 3 Abs. 1 BayLErzGG in der Fassung des Jahres 1995 ab dem Ende des Bezugs von Bundeserziehungsgeld für weitere zwölf Lebensmonate des Kindes, längstens bis zur Vollendung seines dritten Lebensjahres, gezahlt. Die Höhe des Landeserziehungsgeldes betrug nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayLErzGG 500 DM monatlich. Die Bezugsberechtigung war in Art. 1 Abs. 1 BayLErzGG geregelt. Berechtigt war nach der hier allein zur Prüfung gestellten Regelung des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG nur, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besaß.

3

Art. 1 Abs. 1 BayLErzGG hatte in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. November 1995 folgenden Wortlaut:

4

(1) 1 Anspruch auf Landeserziehungsgeld hat, wer

5

1. seine Hauptwohnung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit der Geburt des Kindes, mindestens jedoch fünfzehn Monate in Bayern hat,

6

2. mit einem nach dem 30. Juni 1989 geborenen Kind, für das ihm die Personensorge zusteht, in einem Haushalt lebt,

7

3. dieses Kind selbst betreut und erzieht,

8

4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt und

9

5. die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.

10

2 Der Anspruch auf Landeserziehungsgeld setzt nicht voraus, dass der Berechtigte zuvor Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz bezogen hat.

II.

11

In der Begründung des Gesetzentwurfs vom 11. April 1989 heißt es zur Einführung des Landeserziehungsgeldes, die Ergebnisse der Forschung und Praxis hätten in den letzten Jahren zu der allgemeinen Überzeugung geführt, dass die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung in den ersten drei Lebensjahren die Grundlage für die Entwicklung einer stabilen Persönlichkeit bilde, die Sicherheit und Lebenstüchtigkeit mit emotionaler Bindungsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein und ausgeprägtem Gemeinschaftssinn verbinde. Die frühe soziale Prägung durch die Familie sei deshalb für Gesellschaft und Staat von besonderer Bedeutung. Die Einführung des Erziehungsgeldes und Erziehungsurlaubs für die ersten zwölf Lebensmonate durch das Bundeserziehungsgeldgesetz auf Bundesebene ab dem 1. Januar 1986 habe diese Erkenntnisse politisch umgesetzt. Der Landesgesetzgeber sei von der Richtigkeit des Erziehungsgeldgedankens zutiefst überzeugt. Angesichts einer anstehenden Verlängerung der Bezugsdauer des Bundeserziehungsgeldes habe sich die Bayerische Staatsregierung entschlossen, Landesleistungen der Familienförderung neu zu ordnen und ein Landeserziehungsgeld einzuführen. Das Landeserziehungsgeld verstehe sich als Anerkennung für die intensive Erziehungsleistung von Müttern und Vätern und solle zugleich die finanzielle Lage junger Familien verbessern (BayLTDrucks 11/11033, S. 4).

12

Um "Mitnahmeeffekte" zu verhindern, müsse der Antragsteller seit der Geburt, mindestens aber seit 15 Monaten in Bayern seinen Hauptwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Damit werde eine gezielte Förderung von "Landeskindern" gewährleistet (BayLTDrucks 11/11033, S. 5).

III.

13

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist polnische Staatsangehörige und begehrt Landeserziehungsgeld für die Betreuung ihres im Februar 2000, und damit vor dem Beitritt Polens zur Europäischen Union zum 1. Mai 2004 geborenen Kindes. Sie wohnt seit 1984 in M. und besitzt eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Seit 1988 hat sie wiederholt gearbeitet. So war sie längere Zeit als Fotolaborantin und kurzfristig in einem Textillager tätig. Seit 2002 arbeitete sie mit circa sieben Wochenstunden in der Gastronomie. Für das erste und zweite Lebensjahr ihres Kindes hatte sie Bundeserziehungsgeld in voller Höhe erhalten. Ihr Antrag auf Landeserziehungsgeld wurde zurückgewiesen, weil ihr aufgrund ihrer polnischen Staatsangehörigkeit Landeserziehungsgeld nicht zustehe. Nachdem auch ihr gegen die Ablehnung gerichteter Widerspruch erfolglos blieb, erhob sie Klage vor dem Sozialgericht München und begehrte die Gewährung von Landeserziehungsgeld unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids in der Fassung des Widerspruchsbescheids. Das Sozialgericht München setzte das Verfahren aus und legte zunächst dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof die Frage vor, ob Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz der Verfassung des Freistaats Bayern verstoße. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof entschied, die vorgelegte Regelung des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes sei mit der bayerischen Verfassung vereinbar (BayVerfGH, Entscheidung vom 19. Juli 2007 - Vf. 6-V-06 -, juris).

14

2. Das Sozialgericht München hat das Verfahren sodann gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, § 13 Nr. 11, § 80 Abs. 1 BVerfGG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG verstößt und nichtig ist.

15

Das vorlegende Gericht hält die zur Prüfung gestellte Norm für verfassungswidrig. Art. 3 Abs. 1 GG verlange eine umso strengere Kontrolle, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken könne. Der hier zu berücksichtigende Schutz von Ehe und Familie sei nicht nur gegenüber Deutschen gewährleistet. Aufgrund von Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG erhielten Eltern bestimmter Staatsangehörigkeit unabhängig von der familiären Erziehungssituation und der Verfestigung ihres Aufenthalts in Bayern kein Landeserziehungsgeld. Es gebe keine Gründe, die diese Ungleichbehandlung nach Art und Gewicht rechtfertigen könnten.

16

Die sachliche Differenzierung müsse von den Zielen des Erziehungsgeldgesetzes im Lichte des Ehe- und Familienschutzes ausgehen. Im Vordergrund stehe dabei, Eltern die eigene Betreuung ihrer Kinder durch Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit oder durch deren Einschränkung zu ermöglichen. Der Gesetzgeber handle im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er diejenigen Antragsteller ausschließe, die aus Rechtsgründen einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen könnten. Diese könnten das Hauptziel des Erziehungsgeldes, Kinderbetreuung unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit oder unter deren Einschränkung zu leisten, nicht erreichen. Diesem Ziel diene die Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit jedoch nicht, sie stehe dazu in keinem sachlichen Zusammenhang.

17

Verfassungsrechtlich sei auch legitim, wenn der Gesetzgeber nur denjenigen Erziehungsgeld zukommen lasse, von denen erwartet werden könne, dass sie dauerhaft in Bayern blieben. Bei Sukzessivleistungen wie dem Erziehungsgeld werde die Zielerreichung durch eine Aufenthaltskontinuität des Empfängers wesentlich befördert. Diese Voraussetzung werde aber für alle Leistungsempfänger - nicht nur für ausländische Staatsangehörige - bereits durch die Voraussetzung der Vorwohnzeit des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayLErzGG erfüllt.

18

Die gewählte Unterscheidung diene lediglich Fiskalinteressen. Die Verhinderung fiskalischer Mehrbelastungen könne die vorgenommene Differenzierung jedoch nicht begründen. Zwar könne der Gesetzgeber ohne Verfassungsverstoß von der Gewährung "freiwilliger familienpolitischer Zusatzleistungen", die nicht zum Familienlastenausgleich beziehungsweise nicht zum Existenzminimum des Kindes beitragen, absehen. Verzichtete der Gesetzgeber generell auf die Gewährung von Landeserziehungsgeld, würde dies auch die problematischen Differenzierungen zwischen verschiedenen Personengruppen beenden. Entscheide er sich jedoch dafür, eine derartige Leistung zu gewähren, dürften trotz der Freiwilligkeit der Leistung die Differenzierungsregeln des Art. 3 Abs. 1 GG nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Fiskalischen Interessen könne der Freistaat Bayern auch im Wege von Leistungskürzungen Rechnung tragen, ohne ausländische Staatsangehörige vom Leistungsbezug auszuschließen.

19

Die Staatsangehörigkeit komme als Unterscheidungskriterium nicht in Betracht. Zwar könne sie nicht grundsätzlich als Differenzierungskriterium ausgeschlossen werden. Die Eignung als Differenzierungskriterium müsse jedoch konkret bezogen auf das zu regelnde Sachgebiet bestimmt werden. Sei durch die Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit ein Grundrecht beeinträchtigt, bedürfe es einer an der Schwere der Beeinträchtigung ausgerichteten Rechtfertigung. Eine solche Rechtfertigung sei nicht ersichtlich. Keinesfalls dürfe die Staatsangehörigkeit zu einem isolierten Differenzierungskriterium degenerieren. In eine solche Richtung weise jedoch der Beschluss des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, der das "Motiv einer gezielten Förderung der Landeskinder" in diese Richtung aufwerte.

IV.

20

Zu der Vorlage haben die Bayerische Staatsregierung, der 10. Senat des Bundessozialgerichts, der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Familiengerichtstag sowie der Deutsche Juristinnenbund Stellung genommen.

21

1. Die Bayerische Staatsregierung hält die vorgelegte Regelung für verfassungsgemäß. Der Gleichheitssatz verlange keine schematische Gleichbehandlung, sondern lasse Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt seien. Bei einer rechtsgewährenden Regelung komme dem Gesetzgeber für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise eine besonders weitreichende Gestaltungsfreiheit zu. Der Gestaltungsspielraum im Bereich der Leistungsverwaltung ende erst dort, wo eine ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise vereinbar sei und mangels einleuchtender Gründe als willkürlich beurteilt werden müsse.

22

Der Gesetzgeber habe diese Grenze nicht überschritten. Die Regelung differenziere nach der Staatsangehörigkeit und nicht - wie die vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 6. Juli 2004 (BVerfGE 111, 176) für mit der Verfassung unvereinbar erklärte Regelung über die Gewährung von Bundeserziehungsgeld - nach dem ausländerrechtlichen Aufenthaltsstatus. Das Kriterium der Staatsangehörigkeit ziele gerade nicht auf die Erwartung, dass der Ausländer dauerhaft in Bayern bleibe. Dieses Ziel werde durch die Vorwohndauer in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayLErzGG erreicht und gelte für Antragsteller aller Herkunftsländer. Das Gesetz bezwecke auch keine Förderung der Integration von Ausländern. Zu einer solchen Förderung sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet.

23

Vielmehr könnten bereits bloße finanzpolitische Überlegungen sachliche Gründe für die vorgelegte Norm darstellen. Das gelte jedenfalls für Leistungen, zu deren Gewährung keine Verpflichtung bestehe. Der Gesetzgeber müsse allerdings den Kreis der Betroffenen sachgerecht abgrenzen. Das Ermessen des Gesetzgebers sei jedoch nicht durch die Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 6. Juli 2004 (BVerfGE 111, 160) zur Gewährung von Kindergeld eingeschränkt. Die dortige Argumentation stehe in engem Zusammenhang mit dem Charakter des Kindergeldes als Komponente des dualen Systems des Familienlastenausgleichs. Die wirtschaftliche Belastung der Eltern solle teilweise ausgeglichen werden und diene damit der Einhaltung der in Art. 6 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG vorgegebenen Mindestvoraussetzungen, das Existenzminimum von Kindern steuerlich frei zu halten. Zur Zahlung des Erziehungsgeldes sei der Staat demgegenüber nicht verpflichtet. Das Landeserziehungsgeld könne ersatzlos wegfallen.

24

Außerdem sei die Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit auch unter dem Gesichtspunkt der Gegenseitigkeit gerechtfertigt. Die Gegenseitigkeitsverbürgung sei eine Erscheinungsform des völkerrechtlichen Gegenseitigkeitsprinzips, das der Wahrnehmung eigener staatlicher Belange gegenüber anderen Staaten und der Verbesserung der Rechtsstellung deutscher Staatsbürger im Ausland diene. Die Bevorzugung von Deutschen bei der Erteilung von Leistungen im Vergleich zu ausländischen Staatsangehörigen, in deren Heimatländern Deutschen entsprechende Leistungen verwehrt blieben, sei gerechtfertigt. Andernfalls bestehe kein Anreiz für andere Staaten, Gegenseitigkeitsabkommen abzuschließen. Die Orientierung am Gegenseitigkeitsprinzip zeige sich auch darin, dass neben deutschen Staatsangehörigen auch Angehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum privilegiert würden. Denn gegenüber diesen Ländern bestünden völkerrechtliche Differenzierungsverbote.

25

2. Der 10. Senat des Bundessozialgerichts teilt mit, er habe die Vorschrift noch nicht angewandt. Das Sozialgericht München habe beachtliche verfassungsrechtliche Argumente vorgebracht. Das Grundgesetz verbiete zwar nicht generell Ungleichbehandlungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Diese gehöre auch nicht zu den in Art. 3 Abs. 3 GG verbotenen Differenzierungskriterien. Prüfungsmaßstab sei daher allein der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Rechtsprechung stets betont, dass Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehre und ihm insbesondere im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme. Für den Gesetzgeber ergäben sich allerdings aus dem allgemeinen Gleichheitssatz umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken könne. Der im vorliegenden Fall zu berücksichtigende Schutz von Ehe und Familie durch Art. 6 Abs. 1 GG enthalte keine Beschränkung auf Deutsche. Da es sich bei dem Differenzierungskriterium der Staatsangehörigkeit um ein personenbezogenes Merkmal handele, sei eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung angezeigt.

26

Nach der Rechtsprechung des 10. Senats des Bundessozialgerichts gebe es zwischen dem Bundeserziehungsgeldgesetz und dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz nach Voraussetzungen und Zweck keine Unterschiede von Gewicht. Es stelle sich deshalb vor allem die Frage, ob die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit ein geeignetes Kriterium sei, um den mit dem Bundeserziehungsgeld und dem zeitlich nachfolgenden Landeserziehungsgeld verfolgten Zweck zu erreichen, Eltern die eigene Betreuung ihrer Kinder durch Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit oder durch deren Einschränkung zu ermöglichen. Auf diesen Punkt bezögen sich in erster Linie die verfassungsrechtlichen Bedenken des vorlegenden Gerichts.

27

3. Der Deutsche Landkreistag hält die Argumentation des Sozialgerichts München für überzeugend. Fiskalische Ziele könnten die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen.

28

4. Auch der Deutsche Familiengerichtstag teilt die Bedenken des vorlegenden Gerichts. Zwar sei dem Gesetzgeber im Rahmen der gewährenden Staatstätigkeit ein weitreichender Gestaltungsspielraum zuzuerkennen. Staatlichem Handeln seien aber umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich eine Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken könne. Der gemäß Art. 6 GG gewährleistete Schutz von Ehe und Familie sei unabhängig von der Staatsangehörigkeit.

29

Die Staatsangehörigkeit sei ein gleichheitswidriger Gegenstand der Differenzierung. Das Kriterium diene nicht der Verfolgung des Ziels des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes, Eltern im Anschluss an die Förderung durch das Bundeserziehungsgeldgesetz ein weiteres Jahr die eigene Betreuung ihrer Kinder zu ermöglichen, ohne einer Berufstätigkeit nachgehen zu müssen. Das legitime Interesse des dauerhaften Aufenthalts werde durch die Vorwohnzeit sichergestellt. Für eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit bestehe kein sachlicher Grund. Das Merkmal sei damit ausgrenzend und diskriminierend.

30

Bei freiwilligen Leistungen wie dem Erziehungsgeld dürften fiskalische Interessen berücksichtigt werden. Trotzdem dürften Berechtigte nicht durch sachfremde Erwägungen von der Leistung ausgeschlossen werden. Könne der Gesetzgeber nur beschränkte Mittel einsetzen, stehe es ihm frei, die Leistung einzustellen, das Leistungsniveau abzusenken oder nicht diskriminierende Kriterien einzuführen.

31

Die Staatsangehörigkeit stelle sich als ein familienfeindliches und Kinder ungleich behandelndes Abgrenzungskriterium dar. Das Ziel der Regelung, eine Betreuung kleiner Kinder in der gemäß Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Familie sicherzustellen beziehungsweise die ökonomische Grundlage für die Entscheidung zugunsten einer Betreuung in der Familie zu schaffen, würde vielmehr durch die Voraussetzung der privilegierten Staatsangehörigkeit konterkariert. Eltern mit nicht privilegierter Staatsangehörigkeit müssten einer Erwerbstätigkeit nachgehen und könnten sich im Gegensatz zu anderen Eltern nicht der Familienarbeit widmen, obwohl ihre Familien ebenso unter dem Schutz des Art. 6 GG ständen. Auch die Kinder von Eltern mit und ohne privilegierte Staatsangehörigkeit würden entgegen Art. 3 GG durch das Bayerische Landeserziehungsgeldgesetz ungleich behandelt.

32

5. Der Deutsche Juristinnenbund schließt sich in seiner Stellungnahme der Auffassung des vorlegenden Gerichts an. Das Bayerische Landeserziehungsgeldgesetz sei eine Leistung zur Förderung von Familien. Dabei komme dem Gesetzgeber ein weiter Ermessensspielraum zu. Bei der Abgrenzung der Leistungsberechtigten dürfe aber nicht sachwidrig differenziert werden. Dies müsse nach dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beurteilt werden. Prüfungsmaßstab bei Familienförderleistungen sei nicht das Willkürverbot, sondern das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Es sei zu prüfen, ob Gründe von solcher Art und solchem Gewicht vorlägen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten.

33

Der Deutsche Juristinnenbund erklärt, beim Landeserziehungsgeld handele es sich um eine unter dem Aspekt der Gestaltungsfreiheit von Familien und der Förderung von Gleichberechtigung insgesamt verfassungsrechtlich und rechtspolitisch fragwürdige Leistung. Der Gesetzgeber habe sich allerdings noch im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen gehalten. Mit der Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit habe der Freistaat Bayern diese Grenze jedoch überschritten. Eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit sei zwar nicht generell unzulässig. In Bezug auf die Einhaltung des Gleichheitssatzes im Rahmen der Gewährung von Erziehungsgeld sei jedoch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2004 (BVerfGE 111, 176) zu beachten. Das Gericht habe zum Bundeserziehungsgeldgesetz Grundsätze formuliert, die bezogen auf die familienpolitischen Zwecke des Erziehungsgeldes auch beim Landeserziehungsgeld eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit sachwidrig erscheinen ließen. Die Förderung der Entscheidung für Kinder, die Abmilderung finanzieller Nachteile und die Anerkennung der Betreuungsleistung betreffe Eltern unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits entschieden, dass die Zwecke des Erziehungsgeldes bei Ausländern mit Aufenthaltserlaubnis und Aufenthaltsberechtigung nicht weniger zur Geltung kommen als bei Deutschen oder Ausländern mit anderen Aufenthaltstiteln. Wenn das Bundesverfassungsgericht schon einen Ausschluss von Personen mit bestimmten Aufenthaltstiteln für unzulässig erachtet habe, müsse eine an der Staatsangehörigkeit orientierte Differenzierung erst recht unzulässig sein. Eine Bezugsberechtigung ausländischer Eltern sei sinnvoll und der Integration dienlich. Fiskalische Argumente könnten nicht überzeugen.

B.

34

Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG verstößt nicht gegen Art. 6 GG, ist jedoch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar, weil er Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzen, generell vom Anspruch auf Landeserziehungsgeld ausschließt.

I.

35

Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG verstößt nicht gegen Art. 6 GG.

36

Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG statuiert eine gesetzliche Bedingung des Anspruchs auf Landeserziehungsgeld. Die Vorschrift regelt damit die Voraussetzungen staatlicher Leistungsgewährung im Bereich der Familienförderung, greift jedoch nicht in die abwehrrechtlichen Verbürgungen des Familiengrundrechts, insbesondere des durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG speziell (vgl. BVerfGE 24, 119 <135>; 31, 194 <204>) geschützten Elternrechts ein.

37

Ob das durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG gewährleistete Recht der Eltern, ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen zu planen und zu verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung zu entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl. BVerfGE 99, 216 <231>), dadurch beeinträchtigt ist, dass eine finanzielle Förderung nur für den Fall der eigenen Betreuung durch ein Elternteil, nicht aber für andere von den Eltern gewählte Formen der Kinderbetreuung vorgesehen ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Dass Anspruch auf Landeserziehungsgeld nur hat, wer sein Kind selbst betreut und erzieht, ist in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayLErzGG geregelt und folgt nicht aus dem hier allein zur Prüfung gestellten Staatsangehörigkeitserfordernis des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG.

38

Die Regelung verletzt keine aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG abzuleitende Schutz- und Förderpflicht des Staats zugunsten der Familie. Ein Verstoß gegen Schutz- und Förderpflichten aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG käme nur in Betracht, wenn eine verfassungsrechtliche Pflicht des Freistaats Bayern bestünde, Familien durch die Gewährung von Erziehungsgeld zu fördern. Zwar umfasst der besondere Gewährleistungsgehalt der ausdrücklichen Schutzverpflichtung des Art. 6 Abs. 1 GG eine über die allgemeine grundrechtliche Schutzpflicht noch hinausgehende Förder- und Schutzpflicht des Staats für die Familie (vgl. auch BVerfGE 43, 108 <121>; 110, 412 <436>; 111, 160 <172>; Burgi, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum Grundgesetz , Art. 6 Rn. 51). Die Art. 6 Abs. 1 GG als Generalnorm des Familienschutzes eigene, nicht auf Deutsche beschränkte (vgl. BVerfGE 111, 176 <184>) Schutz- und Förderdimension erstreckt sich auf das speziellere elterliche Erziehungsrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Aus dieser Schutz- und Förderpflicht ergibt sich die Aufgabe des Staats, die Pflege- und Erziehungstätigkeit der Eltern durch geeignete wirtschaftliche Maßnahmen zu unterstützen und zu fördern (vgl. Jestaedt, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz , Art. 6 Abs. 2 und 3 Rn. 21). Konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen lassen sich aus dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Gebot, die Pflege- und Erziehungstätigkeit der Eltern zu unterstützen, jedoch nicht herleiten (vgl. BVerfGE 82, 60 <81 f.>; 87, 1 <36>; 107, 205 <213>; 110, 412 <445>). Insbesondere ist der Landesgesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, eine familienfördernde Leistung in Form eines Erziehungsgeldes zu gewähren.

II.

39

Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

40

1. a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416> m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 76). Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 77). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 88, 87 <97>; 93, 386 <397>; 99, 367 <389>; 105, 73 <110>; 107, 27 <46>; 110, 412 <432>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 77).

41

Diesen allgemeinen Grundsätzen folgt auch die verfassungsrechtliche Beurteilung einer Norm, die Ausländer im Vergleich zu Deutschen anders behandelt. Der allgemeine Gleichheitssatz garantiert "allen Menschen" die Gleichbehandlung vor dem Gesetz und steht damit auch Ausländern zu (BVerfGE 30, 409 <412>). Gleiches gilt für den hier angesichts des familienpolitischen Charakters des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes zu berücksichtigenden Schutz der Familie (vgl. BVerfGE 111, 160 <169>; 111, 176 <184> m.w.N.). Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber indessen nicht jede Ungleichbehandlung von Deutschen und Ausländern. Es ist dem Gesetzgeber nicht generell untersagt, nach der Staatsangehörigkeit zu differenzieren (vgl. BVerfGE 116, 243 <259>). Nach dem allgemeinen Gleichheitssatz bedarf es für die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit als Unterscheidungsmerkmal jedoch eines hinreichenden Sachgrundes. Dass die Staatsangehörigkeit kein generell unzulässiges Differenzierungsmerkmal ist, bedeutet nicht umgekehrt, dass eine grundlose Ungleichbehandlung von Ausländern und Deutschen vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben könnte (vgl. Gundel, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. IX, 3. Aufl. 2011, § 198 Rn. 86; Rüfner, in: Bonner Kommentar zum GG, Bd. I , Art. 3 Abs. 1 Rn. 136; vgl. auch EGMR, Urteil vom 16. September 1996 - 17371/90 -, Rn. 42, Gaygusuz v. Österreich; Urteil vom 30. September 2003 - 40892/98 -, Rn. 46, Poirrez v. Frankreich). Die Entscheidung des Verfassungsgebers, den allgemeinen Gleichheitssatz als Menschenrecht auszugestalten, das nicht auf Deutsche beschränkt ist, liefe ansonsten ins Leere und verlöre damit ihren Sinn.

42

Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416> m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 77). Dem Gesetzgeber kommt im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 99, 165 <178>; 106, 166 <175 f.>; 111, 176 <184>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich allerdings aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 111, 176 <184>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 78). Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 78) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 124, 199 <220>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 78).

43

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen reichen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die vorgelegte Regelung über das bloße Willkürverbot hinaus.

44

aa) Die verfassungsrechtlichen Anforderungen erschöpfen sich hier schon deshalb nicht im bloßen Willkürverbot, weil die Verwehrung von Erziehungsgeld das durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützte und nicht auf Deutsche beschränkte Elternrecht berührt (vgl. BVerfGE 111, 160 <169>; 111, 176 <184>). Auch wenn Art. 6 GG für sich genommen nicht verletzt ist (oben B. I.), ist das verfassungsrechtliche Elternrecht doch in seiner Schutz- und Förderdimension betroffen. Das Landeserziehungsgeld fördert eine bestimmte Form der Ausübung des Elternrechts, indem es die persönliche Betreuung des Kindes durch die Eltern unter Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit finanziell unterstützt. Mit der Verwehrung von Landeserziehungsgeld bleibt den Betroffenen dieses Element staatlicher Förderung des Elternrechts versagt. Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Ungleichbehandlung ist dies zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 111, 160 <169>; 111, 176 <184>), auch wenn sich daraus angesichts des freiwilligen Charakters der staatlichen Leistung noch keine besonders strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9. November 2011 - 1 BvR 1853/11 -, juris Rn. 11).

45

bb) Eine Verschärfung der verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenüber dem bloßen Willkürverbot folgt auch daraus, dass Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG mit der Staatsangehörigkeit an ein Merkmal anknüpft, das den antragstellenden Personen kaum verfügbar ist. Die Staatsangehörigkeit einer Person hängt grundsätzlich von der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern oder dem Ort ihrer Geburt und damit von Umständen ab, die sie nicht beeinflussen kann. Eine Änderung der Staatsangehörigkeit ist nur unter Voraussetzungen möglich, die wiederum nicht allein im Belieben der Betroffenen stehen (vgl. BVerfGE 111, 160 <169 f.>).

46

cc) Die Staatsangehörigkeit wird in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG trotz Ähnlichkeiten und Überschneidungen mit den dort genannten Merkmalen nicht als unzulässiges Differenzierungsmerkmal aufgeführt. Eine Unterscheidung anhand der Staatsangehörigkeit unterliegt darum nicht dem strengen Differenzierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 90, 27 <37>). Das schließt nicht aus, dass die Ungleichbehandlung ausländischer Staatsangehöriger in bestimmten Konstellationen hinsichtlich ihrer nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen einer Unterscheidung nach den in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG genannten Merkmalen nahe kommt, so dass strenge verfassungsrechtliche Anforderungen an die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung zu stellen sind (vgl. Osterloh, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 297; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 127; Gundel, a.a.O. Rn. 86; König/Peters, in: Grote/Marauhn, EMRK/GG, 2006, Kap. 21 Rn. 138; vgl. auch EGMR, a.a.O.). Wie weit dies der Fall ist, bedarf keiner Entscheidung, da die vorgelegte Regelung bereits weniger strenge verfassungsrechtliche Anforderungen verfehlt.

47

2. Die durch Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG bewirkte Ungleichbehandlung von Personen, die nicht eine der dort genannten Staatsangehörigkeiten besitzen, ist nach den vorgenannten Grundsätzen mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar, weil es der Regelung auch in Anerkennung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers an einem legitimen Zweck fehlt, der die Benachteiligung von ausländischen Staatsangehörigen tragen könnte und dem zu dienen die in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG getroffene Unterscheidung geeignet wäre.

48

a) Der Ausschluss von Personen, die nicht über eine der in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG genannten Staatsangehörigkeiten verfügen, ist nicht durch die Zwecke des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes gerechtfertigt.

49

Die Gewährung von Erziehungsgeld zielt vor allem darauf, Eltern die eigene Betreuung ihres Kindes durch Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit oder durch deren Einschränkung zu ermöglichen und damit die frühkindliche Entwicklung zu fördern (BayLTDrucks 11/11033, S. 4). Zwar ist die wirtschaftliche Unterstützung der Pflege- und Erziehungstätigkeit der Eltern angesichts des verfassungsrechtlichen Schutz- und Förderauftrags (Art. 6 Abs. 2 GG) ein legitimer Gesetzeszweck (oben B. I.), jedoch deckt dieser Zweck den in der vorgelegten Norm geregelten Leistungsausschluss nicht. Das Anliegen des Gesetzgebers, Eltern die persönliche Betreuung ihres Kindes zu ermöglichen und dadurch die frühkindliche Entwicklung zu fördern, kommt bei Ausländern und ihren Kindern auf gleiche Weise zum Tragen wie bei Deutschen. Der verfassungsrechtliche Schutz der Familie (Art. 6 GG) ist nicht auf Deutsche beschränkt.

50

Die in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG vorgesehene Differenzierung dient auch nicht mittelbar der Verwirklichung des Gesetzeszwecks. Angesichts des Gesetzeszwecks wäre es verfassungsrechtlich zulässig, wenn der Leistungsbezug auf Personen beschränkt würde, die in Deutschland rechtmäßig erwerbstätig sein können. Der Gesetzgeber handelte im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er jene Ausländer vom Erziehungsgeldbezug ausschlösse, die aus Rechtsgründen einer Erwerbstätigkeit ohnehin nicht nachgehen dürften. Die Gewährung einer Sozialleistung, die Eltern einen Anreiz zum Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit geben will, verfehlt ihr Ziel, wenn eine solche Erwerbstätigkeit demjenigen Elternteil, der zur Betreuung des Kindes bereit ist, rechtlich nicht erlaubt ist (vgl. BVerfGE 111, 176 <185 f.>). Die vorgelegte Regelung ist jedoch zur Erreichung dieses Ziels nicht geeignet. Die Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit lässt noch weniger als die vom Bundesverfassungsgericht in den Beschlüssen vom 6. Juli 2004 (BVerfGE 111, 160 <174 f.>; 111, 176 <185 ff.>) beanstandete Anknüpfung an den Aufenthaltstitel Rückschlüsse darauf zu, ob eine Arbeitserlaubnis besteht oder nicht. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens war in Bayern rechtmäßig berufstätig, so dass ihr der Bezug von Landeserziehungsgeld einen Anreiz zur Einschränkung ihrer Berufstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung hätte bieten können.

51

b) Der Ausschluss von Personen, die weder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union noch die eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzen, kann nicht mit dem Ziel gerechtfertigt werden, eine Förderung auf Personen zu begrenzen, die dauerhaft in Bayern leben werden. In bestimmten Konstellationen mag die voraussehbare Dauer des Aufenthalts von ausländischen Staatsangehörigen in Deutschland eine ungleiche Behandlung rechtfertigen (vgl. BVerfGE 111, 160 <174>; 111, 176 <184>), ohne dass allerdings das Fehlen eines dauerhaften Aufenthalts automatisch jede Differenzierung hinsichtlich der Gewährung von Sozialleistungen legitimieren könnte (vgl. BVerfGE 116, 229 <239 f.>). Das Kriterium der Staatsangehörigkeit ist hier jedoch weder darauf gerichtet noch ist es geeignet, den Personenkreis zu erfassen, der voraussichtlich dauerhaft in Bayern ansässig sein wird. Die Staatsangehörigkeit gibt noch weniger als die - vom Bundesverfassungsgericht auch insofern bereits für unzureichend erklärte (vgl. BVerfGE 111, 160 <174>; 111, 176 <185>) - Art des Aufenthaltstitels verlässlich Aufschluss darüber, ob eine Person dauerhaft in Bayern ansässig sein wird.

52

c) Der Ausschluss von Personen, die weder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union noch die eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzen, kann nicht mit dem Ziel der Begünstigung sogenannter "Landeskinder" (vgl. BayVerfGH, a.a.O. Rn. 33) gerechtfertigt werden. Inwiefern eine Begünstigung von "Landeskindern" nach dem Grundgesetz zulässig ist, bedarf hier keiner Erörterung, da die vorgelegte Regelung nicht nach der Herkunft aus anderen Bundesländern, sondern nach der Staatsangehörigkeit unterscheidet und darum von vornherein nicht unter dem Gesichtspunkt der Förderung von "Landeskindern" gerechtfertigt werden kann. Anderes mag für die in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayLErzGG getroffene Regelung zur Vorwohnzeit in Bayern gelten (vgl. BayLTDrucks 11/11033, S. 5), die jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.

53

d) Sofern der Landesgesetzgeber "Mitnahmeeffekte" verhindern wollte, die daraus resultieren könnten, dass sich Personen kurzfristig in Bayern niederlassen, um in den Genuss der bayerischen Erziehungsgeldregelung zu gelangen, wird dieses Ziel ebenfalls mit der Regelung zur Vorwohndauer (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayLErzGG) erreicht (vgl. BayLTDrucks 11/11033, S. 5). Davon abgesehen wäre die Staatsangehörigkeit kein geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Ziels, da sie, wie dargelegt, weder über die der Geburt vorausgegangene Aufenthaltszeit noch über die künftige Aufenthaltszeit in Bayern zuverlässig Aufschluss gibt.

54

e) Fiskalische Interessen können die Schlechterstellung durch Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG nicht rechtfertigen. Soweit der Gesetzgeber eine Leistung freiwillig gewährt, darf er zwar durchaus berücksichtigen, welche finanziellen Mittel er angesichts der sonstigen Staatsaufgaben einsetzen kann (vgl. BVerfGE 102, 254 <303>). Finanzpolitische Belange dürfen aber nur dergestalt zur Geltung kommen, dass Berechtigte, die die Voraussetzungen eines Leistungsbezugs gleichermaßen erfüllen wie andere, nicht aufgrund sachfremder Differenzierung von der Leistung ausgeschlossen werden. Die bloße Absicht, das Leistungsvolumen zum Zwecke der Reduzierung staatlicher Ausgaben zu verringern, genügt für sich genommen nicht, um eine differenzierende Behandlung verschiedener Personengruppen zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 87, 1 <46> m.w.N. sowie BVerfGE 19, 76 <84 f.>; 76, 256 <311>; 93, 386 <402>; 107, 218 <253>; 122, 210 <233>). Ansonsten liefe das allgemeine Gleichbehandlungsgebot im Bereich staatlicher Geldleistungen leer, da sich der Gesetzgeber zur Begründung von Ungleichheiten stets auf die Absicht berufen könnte, staatliche Ausgaben durch Teileinsparungen verringern zu wollen (vgl. BVerfGE 121, 241 <258>). Staatliche Ausgaben zu vermeiden, ist ein legitimer Zweck, der jedoch eine Ungleichbehandlung von Personengruppen nicht zu rechtfertigen vermag. Ist ein darüber hinausgehender sachlicher Differenzierungsgrund nicht vorhanden, muss der Gesetzgeber finanzpolitischen Belangen durch eine Beschränkung der Leistungshöhe oder der Bezugsdauer für alle Berechtigten Rechnung tragen.

55

f) Schließlich kann die Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit nicht mit dem völkerrechtlichen Prinzip der Gegenseitigkeit gerechtfertigt werden. Danach müssen ausländischen Staatsangehörigen in einem Staat bestimmte Vorteile nur dann eingeräumt werden, wenn die Staatsangehörigen des Gaststaats im jeweiligen Heimatstaat ebensolche Vorteile beanspruchen könnten. Dass ausländischen Staatsangehörigen Leistungen vorenthalten werden, die den eigenen Staatsangehörigen gewährt werden, kann etwa dem Ziel dienen, andere Staaten zu beeinflussen, internationalen Verträgen beizutreten oder Gegenseitigkeitsabkommen abzuschließen, welche Deutschen im Ausland einen erhöhten Schutz gewähren. Die im Falle fehlender Gegenseitigkeit gezielt herbeigeführte Benachteiligung Angehöriger der betroffenen Staaten kann unter Umständen verfassungsrechtlich hinzunehmen sein (vgl. BVerfGE 51, 1 <24>; 81, 208 <224>). Näherer Überprüfung bedürfte allerdings die Frage, inwiefern sich angesichts der Bundeskompetenz für die auswärtigen Beziehungen nach Art. 32 Abs. 1 GG auch ein Landesgesetzgeber im Verhältnis zu anderen Staaten auf den Gesichtspunkt der Gegenseitigkeit berufen kann.

56

Die vorgelegte Regelung kann jedoch schon deshalb nicht mit dem Prinzip der Gegenseitigkeit gerechtfertigt werden, weil Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG nicht anhand der gegenseitigen Verbürgung entsprechender Leistungen unterscheidet (vgl. BayVerfGH, a.a.O. Rn. 36). Die vorgelegte Regelung stellt nicht auf die konkrete Gegenseitigkeit ab, sondern verlangt die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. Möglicherweise bestehende Abkommen mit anderen Ländern werden ebenso wenig berücksichtigt wie die von einem Abkommen unabhängige Gewährung entsprechender Leistungen durch andere Staaten. Damit ist eine Prüfung der konkreten Gegenseitigkeitsvoraussetzungen im jeweiligen Leistungsfall nicht möglich. Selbst für den Fall, dass zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen vor deren Beitritt zur Europäischen Union ein Gegenseitigkeitsabkommen bestanden oder Polen davon unabhängig entsprechende Leistungen an Deutsche gewährt haben sollte, hätte dies bei der Vergabe von Landeserziehungsgeld nicht berücksichtigt werden können. Lässt eine Regelung keinen Raum zur Prüfung der konkreten Gegenseitigkeitsvoraussetzungen, schließt dies aber von vornherein aus, dass sie unter dem Gesichtspunkt völkerrechtlicher Gegenseitigkeit vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben könnte (vgl. BVerfGE 51, 1 <25>; 81, 208 <224>).

57

g) Sonstige Zwecke, die die in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG getroffene Unterscheidung tragen könnten, sind nicht ersichtlich.

C.

I.

58

Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 Satz 1 BVerfGG). Da dem Gesetzgeber hier aber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen, kommt nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht (vgl. BVerfGE 84, 168 <186 f.>; 92, 158 <186>). So könnte der Gesetzgeber auf die Voraussetzung der Staatsangehörigkeit ersatzlos verzichten. Er könnte aber auch eine Regelung schaffen, die an die Berechtigung zur Erwerbstätigkeit anknüpft (vgl. BVerfGE 111, 176 <189>). Der Gesetzgeber kann sich zudem dafür entscheiden, künftig gar kein oder allgemein ein geringeres Landeserziehungsgeld zu gewähren. Hinsichtlich der vor Inkrafttreten einer solchen Neuregelung anhängig gemachten Verfahren ist ihm dieser Weg indes versperrt, da jene Eltern, die die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG erfüllen, Elterngeld bereits aufgrund bestands- beziehungsweise rechtskräftig abgeschlossener Verfahren erhalten haben oder haben werden, das ihnen nicht rückwirkend genommen werden kann. Die nachträgliche Abschaffung des Landeserziehungsgeldes benachteiligte damit erneut in gleichheitswidriger Weise diejenigen, die die mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbaren Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG nicht erfüllen.

II.

59

Entsprechend § 78 Satz 2 BVerfGG sind im Interesse der Rechtsklarheit auch die Nachfolgevorschriften in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Bayerischen Gesetzes zur Zahlung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 26. März 2001 (GVBl S. 76), in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Bayerischen Gesetzes zur Zahlung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2004 (GVBl S. 133) und in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Neuordnung des Bayerischen Landeserziehungsgeldes vom 9. Juli 2007 (GVBl S. 442), die keine inhaltliche Änderung gegenüber Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG 1995 aufweisen, für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar zu erklären (vgl. BVerfGE 92, 53 <73>; 94, 241 <265 f.>, jeweils m.w.N.).

III.

60

Bescheide, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Entscheidung bereits bestandskräftig sind, bleiben von ihr unberührt. Dies entspricht dem Grundgedanken des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, der auch zur Anwendung kommt, wenn das Bundesverfassungsgericht eine Vorschrift für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt (vgl. BVerfGE 81, 363 <384>). Es bleibt dem Gesetzgeber unbenommen, im Zusammenhang mit dem Gegenstand der vorliegenden Entscheidung eine andere Regelung zu treffen (vgl. BVerfGE 94, 241 <266 f.>; 111, 115 <146>).

IV.

61

Für den Erlass einer Neuregelung bleibt dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31. August 2012. Kommt es bis zu diesem Zeitpunkt zu keiner verfassungsgemäßen Neuregelung, tritt Nichtigkeit der beanstandeten Vorschriften ein (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>).

V.

62

Noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen der Gewährung von Landeserziehungsgeld lediglich die Staatsangehörigkeit der Antragstellenden entgegensteht, bleiben ausgesetzt oder sind auszusetzen (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>; 116, 96 <135>) bis der Gesetzgeber die verfassungswidrige Norm durch eine Neuregelung ersetzt hat (vgl. BVerfGE 28, 324 <363>; 111, 160 <176>), oder entsprechend C. IV. Nichtigkeit eintritt (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 17. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2013 hinsichtlich der in Ziff. I. des Bescheides enthaltenen Beseitigungsanordnung zu Recht angeordnet hat. Im Rahmen der im vorliegenden Eilverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung ist dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin, bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens die streitige Anordnung durchsetzen zu können, der Vorrang einzuräumen.

2

Das Verwaltungsgericht hat bereits die Grundsätze einer Interessenabwägung im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Entscheidung dargelegt, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Das Vorbringen der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung, das der Senat alleine berücksichtigen kann (§ 146 Abs. 4 Satz 1, 3 und 6 VwGO), rechtfertigt keine Abänderung oder Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2013 unter Ziffer I. aufgeführte und auf § 41 Abs. 8 LStrG gestützte Beseitigungsanordnung, durch die der Antragstellerin aufgegeben worden ist, die vor der Gaststätte „A...Tisch“ auf dem J... Platz an dessen Rand aufgestellten Möbelelemente in Form von „Sessel- und Sofaelementen“ zu beseitigen. Gemäß § 80 Abs. 2 Ziffer 4 VwGO hat die Antragsgegnerin diesbezüglich die sofortige Vollziehung angeordnet. Der Antragstellerin war unter dem 15. März 2013 eine Sondernutzungserlaubnis u.a. zur Aufstellung von „Tischen und Stühlen“ auf zwei voneinander getrennten Teilflächen auf dem J... Platz erteilt worden. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die auf der - kleineren - zwischen der Hauswand der Gaststätte und der Durchfahrt der F... Straße gelegenen „Sondernutzungsfläche A“ aufgestellten Sitzmöbel der genannten Sondernutzungserlaubnis entsprechen oder ob sie, sofern sie von der Erlaubnis nicht erfasst sein sollten, was die Antragsgegnerin annimmt und daher diesbezüglich von einer unerlaubten Sondernutzung ausgeht, jedenfalls zuzulassen wären. Des Weiteren besteht Streit darüber, ob die Voraussetzungen für die Anordnung des Sofortvollzuges erfüllt waren.

3

Sofern eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird, kann nach § 41 Abs. 8 LStrG die Straßenbaubehörde - hier die Antragsgegnerin - die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung anordnen. Das Verwaltungsgericht hat zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen der genannten Norm als erfüllt angesehen, weil die von der Antragstellerin aufgestellten Sitzmöbel den unter Ziffer I. der erteilten Sondernutzungserlaubnis aufgeführten Möbeln nicht entsprechen. Es ist aber der von der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer im Bescheid vom 27. Mai 2013 dargelegten Ermessenserwägungen vertretenen Rechtsauffassung nicht gefolgt, die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die von der Antragstellerin tatsächlich aufgestellten Möbelelemente sei unter Berücksichtigung der „Richtlinie Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum Bereich Innenstadt“ der Antragsgegnerin grundsätzlich ausgeschlossen. Das Verwaltungsgericht ist vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, die Erfolgsaussichten des Widerspruches der Antragstellerin seien offen, soweit sie geltend macht, die Beseitigungsanordnung sei ermessensfehlerhaft. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf eine entsprechende Sondernutzungserlaubnis, da dem die genannte Richtlinie nicht entgegenstehe. Die sich hier stellenden sowohl tatsächlichen als auch rechtlichen Fragen könnten in dem summarischen Verfahren nicht abschließend beantwortet werden. Dabei hat das Verwaltungsgericht insbesondere die Frage angesprochen, ob und inwieweit sämtliche Vorgaben der Richtlinie bei der Frage der Genehmigungsfähigkeit der Sondernutzung durch das Aufstellen der streitigen Sitzmöbel berücksichtigt werden dürfen, weil bei der Ermessensentscheidung nach § 41 Abs. 1 LStrG über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis nur solche Belange Berücksichtigung finden könnten, die einen sachlichen Bezug zur Straße hätten. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, zwar seien die formalen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 VwGO bezüglich der Anordnung des Sofortvollzuges erfüllt, im Rahmen der im gerichtlichen Eilverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung könne unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles indessen nicht von einer den Sofortvollzug tragenden Dringlichkeit ausgegangen werden. Diese rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts sind nicht zu beanstanden. Die Darlegungen der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren rechtfertigen keine hiervon abweichende Beurteilung.

4

Im Beschwerdeverfahren streiten die Beteiligten nach wie vor im Wesentlichen darüber, ob die von der Antragstellerin konkret aufgestellten Sitzgelegenheiten überhaupt mit den Vorgaben der genannten „Richtlinie Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum Bereich Innenstadt“ kollidieren und des Weiteren, sofern dies der Fall sein sollte, ob die der Gastronomiemöblierung der Antragstellerin entgegengehaltenen gestalterischen Vorgaben der genannten Richtlinie rechtlich zulässig auf der Grundlage des Landesstraßengesetzes umgesetzt werden können. Die demgemäß zu klärenden Streitfragen lassen sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin keineswegs auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen abschließend beurteilen, weshalb es, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hierzu der Durchführung eines Hauptsacheverfahrens bedarf. Zwar lässt sich anhand der in den Verwaltungs- und Gerichtsakten enthaltenen Fotografien der streitigen Sitzmöbel ein Eindruck über deren Aussehen gewinnen und damit gegebenenfalls auch eine Bewertung desselben vornehmen. Darin allein könnte sich indessen die notwendige Klärung nicht erschöpfen. Vielmehr wäre, soweit von der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang städtebauliche Belange ins Feld geführt werden, darüber hinaus die konkrete städtebauliche Situation in den Blick zu nehmen, die sich allenfalls vor Ort erschließen lässt. Unabhängig davon bestehen jedoch auch, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angemerkt hat, bislang nicht abschließend geklärte rechtliche Fragen. Es stellt sich nämlich durchaus die Frage, ob die aus den Vorgaben der Richtlinie ableitbaren gestalterischen Vorstellungen der Antragsgegnerin tatsächlich allesamt unter die „städtebaulichen Belange“ zu fassen sind, die im Rahmen der Erlaubnis einer straßenrechtlichen Sondernutzung bei der von der Antragsgegnerin diesbezüglich zutreffenden Ermessensentscheidung berücksichtigt werden können. Zwar können, wie der Senat bereits in der Vergangenheit mehrfach entschieden hat (vgl. Beschluss vom 13. Juli 1995 - 1 B 12046/95.OVG - und Urteil vom 29.06. 2000 - 1 A 12364/99.OVG - jeweils m.w.N.; vgl. auch Bogner/Bitterwolf-de Boer/Probstfeld/Kaminski/Schwarz/Witte, Praxis der Kommunalverwaltung Rheinland-Pfalz L 12, § 41 LStrG Anm. 2.5.2), neben verkehrlichen Gesichtspunkten auch städtebauliche Gesichtspunkte bei der Entscheidung über die Erlaubnis einer Sondernutzung berücksichtigt werden. Ob daraus allerdings geschlossen werden kann, die hier in Rede stehenden gestalterischen Vorgaben der genannten Richtlinie könnten sämtlich auf der Grundlage des LStrG durchgesetzt werden, erscheint fraglich. Mit einen vergleichbaren Sachverhalt ist der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht befasst worden, weshalb das vorliegende Verfahren Anlass geben wird, grundsätzlich zu klären, wie weitgehend ästhetische Gestaltungsvorstellungen einer Gemeinde bei straßenrechtlichen Sondernutzungen berücksichtigt werden können und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit diese noch einen konkreten Bezug zur jeweiligen Straße haben. Im vorliegenden Eilverfahren ist hierfür kein Raum.

5

Soweit die Antragstellerin allerdings auch im Beschwerdeverfahren weiterhin an ihrer Auffassung fest hält, die streitigen Sitzmöbel seien unter den in der Sondernutzungserlaubnis vom 15. März 2013 genannten Begriff „Stühle“ zu fassen, folgt dem der Senat nicht, sondern schließt sich der Beurteilung des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Beschluss an, das eingehend dargelegt hat, dass die streitigen Sitzmöbel keine „Stühle“ sind, deren Aufstellung durch die Sondernutzungserlaubnis zugelassen worden ist. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen.

6

Gleichsam wie ein roter Faden zieht sich durch die gesamte Argumentation der Antragsgegnerin im Verwaltungs- wie auch im gerichtlichen Verfahren ihre Wertung, die streitigen Sitzgelegenheiten bewirkten eine unzulässige „Wohnzimmeratmosphäre“ und ein „unruhiges Stadtbild“. Diese Argumentation erscheint aber kaum nachvollziehbar. Nach den vorliegenden Fotografien wird wohl eher von einer Terrassenmöblierung gesprochen werden können und der Hinweis auf ein „unruhiges Stadtbild“ erscheint mit Blick auf den Standort der Sitzmöbel überzogen. Angesichts der geringen Ausdehnung der so möblierten kleinen „Sondernutzungsfläche A“ vor dem linken Schaufenster des Anwesens F... Straße ..., der geringen Tiefe der Fläche zwischen der Hauswand und der freigehaltenen Durchfahrt der F... Straße relativiert sich die von der Antragsgegnerin beschworene „Unruhe“ des Stadtbildes erheblich. Unabhängig davon liegt der ständige Verweis der Antragsgegnerin auf die „Wohnzimmeratmosphäre“ aber auch deshalb neben der Sache, weil sich für die Intention, solches abzuwehren, in der Richtlinie, auf die sie sich stützt, keine Grundlage findet. Eine diesbezügliche Vorgabe der Richtlinie benennt die Antragsgegnerin auch gar nicht. Sie ist ersichtlich der Auffassung, die Aufstellung von Sesseln, wie sie auch auf einer privaten Terrasse stehen könnten, verstoße schlechterdings gegen die Vorgaben der Richtlinie, weil es sich dabei nicht um Stühle handele. Das lässt sich der Richtlinie jedoch nicht entnehmen.

7

Darauf hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen. Soweit die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren geltend macht, bei dem auf S. 12 der Richtlinie verwandten Begriff der „Gastronomiemöblierung“, handele es sich lediglich um eine Überschrift, aus der nicht geschlossen werden könne, dass auch Sessel aufgestellt werden dürften, überzeugt nicht. Es ist zwar richtig, dass diese Überschrift der Ziffer 2 in der Richtlinie vorangestellt ist. Allerdings beachtet die Antragsgegnerin nicht, dass unter Ziffer 2.1 ausdrücklich definiert wird, was als Gastronomiemöblierung gelten kann, nämlich „Stühle, Bänke, Tische, Stehtische etc.“. Insbesondere bei dem Begriff „Stühle“ handelt sich somit um eine beispielhafte, aber nicht um eine abschließende Beschreibung dessen, was nach der Vorstellung der Antragsgegnerin unter „Gastronomiemöblierung“ gefasst werden soll. Damit steht die Richtlinie, an der sich die Antragsgegnerin bei ihrer Ermessenentscheidung orientiert hat, dem Aufstellen von Sesseln nicht entgegen. Soweit sich die Antragsgegnerin, wie dies aus der Verwaltungsakte ersichtlich ist, auch daran gestoßen hat, dass die streitigen Sessel mit Sitzkissen versehen sind, ist anzumerken, dass vergleichbare Sitzkissen auch auf den Fotos zu erkennen sind, die in der Richtlinie unter Ziffer 2.4 genannten Beispiele geeigneter Maßnahmen abgedruckt sind. Angesichts dessen schließt die Definition der Gastronomiemöblierung, wie sie in der Richtlinie enthalten ist, Sessel zweifellos nicht aus.

8

Fraglich könnte deshalb allenfalls sein, ob die unter Ziffer 2.3 der Richtlinie aufgeführten zu beachtenden Grundsätze der Zulassung der streitigen Sitzmöblierung entgegenstehen könnten. Soweit darin ästhetische Vorgaben gemacht werden, ist allerdings anzumerken, dass die in diesem Zusammenhang verwandten Begriffe zu einem nicht unerheblichen Teil unklar oder schwammig sind, was die Frage nach deren Bestimmtheit aufwirft. Das gilt zunächst bezüglich der Vorgabe in Ziffer 2.3.1, soweit diese überhaupt auf die Gestaltung der einzelnen Gastronomiemöbel und nicht lediglich auf deren Platzierung im Straßenraum zielt. Die Vorgabe, wonach eine „Überfrachtung des öffentlichen Straßenraumes“ vermieden und ein „ruhiges Straßenbild“ erzeugt werden soll, lässt eher darauf schließen, dass es um die räumliche Begrenzung der Gastronomiemöblierung und um deren Anordnung auf der Straße geht. Ob aus dem Begriff des „ruhigen Straßenbildes“ eine hinreichend bestimmte Vorgabe bezüglich der zulässigen Gestaltung von Sitzmöbeln gewonnen werden könnte, dürfte wohl eher zweifelhaft sein. Der erforderlichen Bestimmtheit ermangelt es zweifellos der Vorgabe unter Ziffer 2.3.3, wonach das Material der Möblierung eine „optisch ansprechende und angenehme Erscheinung“ gewährleisten solle. Von sonderlicher Klarheit ist ebenfalls nicht der in Ziffer 2.3.5 verwandte Begriff der „massiv und aufdringlich gestalteten Gastronomiemöblierung“. Das zeigt schon die eigene Handhabung der Antragsgegnerin, die die auf den Fotos Bl. 28 f. Verwaltungsakte ersichtlichen, aus Fässern gestalteten Stehtische der Antragstellerin offensichtlich anders beurteilt, als die daneben kleiner wirkenden einzelnen Sitzgelegenheiten.

9

Damit verbleibt letztlich als einziger hinreichend bestimmter bei der Sondernutzung durch Gastronomiemöblierung zu beachtender Grundsatz allenfalls der der Ziffer 2.3.2 der Richtlinie, wonach pro Gastronomiebetrieb die Möblierung einheitlich gestaltet werden soll. Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob das noch den städtebaulichen Belangen zugeordnet werden kann, die im Rahmen der straßenrechtlichen Ermessensbetätigung zum Tragen gebracht werden können. Zu einem vergleichbaren Sachverhalt hat sich der Senat in der Vergangenheit bislang nicht geäußert. Soweit im Zusammenhang mit Sondernutzungen städtebauliche Belange angesprochen worden sind, lagen die Sachverhalte ersichtlich anders. Das gilt auch für die vergleichbare Rechtsprechung anderer Obergerichte.

10

Zwar hat der Senat, wie bereits ausgeführt worden ist, entschieden, dass die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nicht allein darauf beschränkt sei, nur eventuelle Behinderungen des Verkehrs zu berücksichtigen, sondern über straßenrechtliche Belange im engen Sinne hinaus weitere Gesichtspunkte berücksichtigen darf, die mit dem Widmungszweck der Straße noch in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Angesprochen wurde in diesem Zusammenhang auch der Schutz des Stadtbildes vor Verschandlungen und Verschmutzungen. Gleichwohl gilt dies alles nicht schrankenlos, sondern nur insoweit, als das einen Bezug zur städtebaulichen Konzeption der jeweiligen Fläche hat (vgl. Beschluss 1 B 12046/95.OVG S. 5). In seinem Urteil vom 29. Juni 2000 (1 A 12364/99.OVG) hat der Senat ebenfalls dargelegt, dass in jenem Fall die beklagte Gemeinde zulässigerweise auch städtebauliche Gesichtspunkte berücksichtigt und hierauf gestützt die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis abgelehnt hatte. Indessen lag in jenem Verfahren der Fall so, dass sich diese städtebaulichen Gründe aus einem Gestaltungskonzept für einen Platz ableiteten, das eine räumliche Aufteilung der Platznutzung zwischen gastronomisch nutzbaren Teilflächen und Freiflächen um einen Brunnen vorsah. Auf ein konkretes städtebauliches Gestaltungskonzept stellt auch das OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 2. August 2006 (11 A 2642/04 in juris) ab. Gleiches gilt für das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 9. Dezember 1999 (NVwZ-RR 2000, 837 ff.).

11

Hintergrund der jeweils in der Rechtsprechung angestellten Erwägungen, über die Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs hinausgehende weitere Belange, nämlich städtebauliche Belange, könnten im Rahmen der straßenrechtlichen Ermessensausübung bei der Entscheidung über eine Sondernutzungserlaubnis Berücksichtigung finden, waren mithin konkrete städtebauliche Konzepte für die jeweilige Straße oder den jeweiligen Platz, für die die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis begehrt wurde. Solche städtebaulichen Konzepte können beispielsweise auf eine flächenmäßige Aufteilung von Freiflächen und sondergenutzten Flächen, auf die Freihaltung von Sichtachsen auf einen Freiraum um Brunnen oder Denkmäler oder auf die Steuerung von Einzelhandels- oder Gastronomiesondernutzungen zielen. Maßgeblich ist aber ein räumlich abgegrenztes städtebauliches Gestaltungskonzept für einen bestimmten Straßenraum oder einen Platz. Belange, die keine unmittelbare sachliche Beziehung zu dem jeweiligen „Straßengrund“ haben, können die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis dagegen grundsätzlich nicht rechtfertigen (vgl. Bogner/Bitterwolf-de Boer/Probst/Kaminski/Schwarz/Witte a.a.O.).

12

Ob bezüglich des J… Platzes, um den es hier geht, ein derartiges städtebauliches Konzept vorliegt und ob daraus die von der Antragsgegnerin gegen die von der Antragstellerin aufgestellten Sitzmöbel ins Feld geführten Grundsätze ihrer Richtlinie über die Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum tatsächlich ableitbar sind, bedarf einer weiteren tatsächlichen und rechtlichen Klärung in einem Hauptsacheverfahren. Dabei ist anzumerken, dass lediglich der Grundsatz unter Ziffer 2.3.5 der genannten Richtlinie überhaupt einen räumlichen - allerdings einen sehr weiten, weit über den J... Platz hinausgehenden - Bezug benennt. Alle übrigen von der Antragsgegnerin angesprochenen Grundsätze der Richtlinie machen hingegen, wie vorstehend erläutert worden ist, mit unklaren Formulierungen ästhetische Vorgaben für das gesamte Innenstadtgebiet, denen mithin der konkrete Bezug zum einzelnen Straßenraum fehlt. Insoweit stellt sich die Frage, ob zur Durchsetzung derartiger Vorstellungen auf straßenrechtliche Bestimmungen zurückgegriffen werden kann oder ob andere rechtliche Möglichkeiten ergriffen werden müssen. Das vorliegende Eilverfahren, das nur eine summarische Prüfung erlaubt, gibt nicht den Raum, diese von dem Senat bislang nicht erörterte Frage grundsätzlich zu klären. Dementsprechend ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragstellerin als offen einzuschätzen sind.

13

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist angesichts der konkreten Umstände aber auch keine Dringlichkeit erkennbar, die es im Rahmen der hier vorzunehmenden Interessenabwägung geboten erscheinen lassen könnte, von der durch den Gesetzgeber in § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich vorgegebenen aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abzurücken. Zwar hat die Antragsgegnerin, wie das Verwaltungsgericht dargelegt hat, den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO formal genügt. Das von der Antragsgegnerin geltend gemachte besondere Vollzugsinteresse setzt aber darüber hinaus eine besondere Dringlichkeit voraus, die auch im Hinblick auf die Art und Bedeutung der betroffenen Rechte und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 80 VwGO Rn. 96). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es im vorliegenden Fall nicht etwa um eine Gefahrenabwehr geht oder darum, dass die Antragstellerin eine Straßenfläche nutzt, für die schlechterdings eine Sondernutzung ausgeschlossen ist. Vielmehr geht es lediglich darum, dass ein Streit über die Art der Sitzmöblierung besteht. Dass die auf einer verhältnismäßig kleinen Fläche am äußeren Rand des J… Platzes aufgestellten Sitzmöbel ein hier noch weiter aufzuklärendes städtebauliches Konzept so gravierend stören könnten, dass der Antragsgegnerin nicht zugemutet werden könnte, dies bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinzunehmen, ist nach den vorliegenden Fotografien auszuschließen. Gewichtige Argumente für ein überwiegendes Interesse der Antragsgegnerin lassen sich aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles auch nicht daraus ableiten, dass den Sitzmöbeln der Antragstellerin eine besondere Vorbildwirkung zukommen müsste. Vergleichbare Sitzmöbel finden sich nämlich in unmittelbarer Nähe des gastronomischen Betriebes der Antragstellerin. Soweit die Antragsgegnerin vorgetragen hat, die vor dem lediglich zwei Häuser weiter östlich gelegenen Betrieb „... ...“ aufgestellten - ebenfalls sofamäßigen - Sitzmöbel seien entfernt worden, trifft das nämlich nicht zu. Solche stehen immer noch dort und nicht nur in der F... Straße, sondern auch um die Ecke herum in der E... Straße. Darüber hinaus finden sich auch an anderer Stelle im Innenstandbereich vergleichbare Sitzmöbel. Das gilt zunächst für den von den Beteiligten bereits angesprochenen Betrieb D unmittelbar neben dem Dienstgebäude des erkennenden Gerichts. Insoweit muss der Senat lediglich aus dem Fenster sehen, um eine den streitigen Sitzmöbeln vergleichbare Möblierung festzustellen. Darüber hinaus finden sich aber auch, wie gerichtsbekannt ist, im Innenstadtbereich - Löhrrondell/Stegemannstaße und Entenpfuhl/Durchgang zur Liebfrauenkirche - vergleichbare Sitzelemente. Es ist also, worauf das Verwaltungsgericht bereits hingewiesen hat, keineswegs so, dass es sich bei den hier streitigen Sitzmöbeln um den ersten Ansatz einer aus der Sicht der Antragsgegnerin unerwünschten Entwicklung handeln würde, weshalb es aus ihrer Sicht als geboten erscheinen könnte, den Anfängen durch einen Sofortvollzug zu wehren. Der bloße Hinweis, wegen der Sitzmöbel der Antragstellerin mit Anfragen anderer Gastronomen beschäftigt zu werden, begründet die gebotene Dringlichkeit hingegen nicht.

14

Nach alledem war die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

15

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.