Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Okt. 2018 - 1 A 11842/17

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2018:1011.1A11842.17.00
bei uns veröffentlicht am11.10.2018

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 12. Juli 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte dem Kläger eine Straßensondernutzungserlaubnis zum Verkauf von Fastnachtsartikeln aus einem Bauchladen versagen durfte.

2

Am 8. November 2015 beantragte die erste Vorsitzende des Klägers bei der Beklagten die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für den Verkauf von Fastnachtsartikeln mittels eines Bauchladens in Mainz in der Zeit vom 11. November 2015 bis zum 9. Februar 2016.

3

Mit Bescheid vom 30. November 2015 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zur Begründung hieß es, mobile Verkaufsaktionen könnten aus Gründen der Gleichbehandlung und wegen der Vielzahl bereits gestellter Anträge auf öffentlichen Flächen grundsätzlich nicht zugelassen werden. Später – mit Bescheid vom 7. Januar 2016 – erteilte die Beklagte dem Kläger allerdings eine Sondernutzungserlaubnis zur Errichtung eines Verkaufsstands in der Mainzer Innenstadt zum Verkauf von Fastnachtsartikeln für einen Zeitraum im Januar 2016.

4

Am 7. Dezember 2015 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Ablehnung der Sondernutzungserlaubnis für den Bauchladenverkauf. Zur Begründung trug er vor, dass die Ablehnung seines Antrags dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspreche, weil dem M...-Verein (...) eine Sondernutzungserlaubnis für den Bauchladenverkauf erteilt worden sei. Mit Ablauf der Fastnachtskampagne 2016 erledigte sich das Begehren des Klägers. Das Widerspruchsverfahren wurde schließlich mit Beschluss des Stadtrechtsausschusses vom 8. September 2016 eingestellt.

5

Am 19. Oktober 2016 erhob der Kläger Klage mit dem Antrag festzustellen, dass der ablehnende Bescheid vom 30. November 2015 rechtswidrig gewesen sei. Diese Klage wies das Verwaltungsgericht Mainz mit Urteil vom 12. Juli 2017 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis gehabt. Die Beklagte habe die Versagung rechtsfehlerfrei damit begründet, dass die Zulassung von Verkäufern mit Bauchläden die Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtige. Darüber hinaus habe die Beklagte für die Versagung der Sondernutzungserlaubnis aber auch Aspekte des Straßen- und Stadtbildes anführen dürfen. Ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis ergebe sich auch nicht aus einer Selbstbindung der Verwaltung. Zwar habe die Beklagte in der Vergangenheit und auch in dem hier in Rede stehenden Zeitraum dem M...-Verein (...) Sondernutzungserlaubnisse erteilt, die auch den Verkauf von Fastnachtsartikeln mittels Bauchladen umfassten. Für diese Ungleichbehandlung bestünden jedoch hinreichende sachliche Gründe. Dem Verkauf von „Zugplakettchen“ durch den M...-Verein komme gegenüber einem herkömmlichen Verkauf von Waren eine besondere Bedeutung zu, weil er als ein das Straßenbild in der Fastnachtszeit gestaltendes Element der Brauchtumspflege anzusehen sei, welches eine im Vergleich zum Kläger unterschiedliche Behandlung erlaube.

6

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er vertritt die Auffassung, dass ihm die beantragte Sondernutzungserlaubnis mangels gewichtiger Belange mit straßenrechtlichem Bezug, nicht vorhandener Richtlinien der Stadt für Bauchläden im Straßen- und Stadtbild in der Fastnachtszeit sowie in Anbetracht der Verwaltungspraxis der Beklagten zwingend habe erteilt werden müssen. Das angefochtene Urteil gehe unzutreffend davon aus, dass die Ablehnung der Sondernutzungserlaubnis mit der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs habe begründet werden können. Eine erhebliche Störung der Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs sei durch einen Bauchladenverkauf aber nicht zu befürchten. Bauchladenverkäufer könnten sich mit den Passantenströmen mitbewegen und bildeten kein stationäres Hindernis. Die Behinderungen, die von einem allenfalls zu befürchtenden kurzen Ansprechen des mobilen Verkäufers und einem kurzen selbstbestimmten Stehenbleiben der Passanten ausgingen, überschritten die Erheblichkeitsschwelle nicht. Eine Sondernutzungserlaubnis, wie er sie beantragt habe, lasse auch keine rechtlich erhebliche Beeinträchtigung der Belange des Straßen- und Stadtbildes befürchten. Hierfür fehle es an einem objektiv nachweisbaren und von einem städtischen Gremium beschlossenen Gestaltungskonzept. Nicht umsonst habe die Beklagte zwischenzeitlich – im Juni 2017 – noch eine Plakatierungs- und Sondernutzungsrichtlinie erlassen, die auch mobile Sondernutzungen wie den Bauchladenverkauf regele. Die ältere Richtlinie der Beklagten zur Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum – Bereich Innenstadt – nehme temporäre Aktionen und Veranstaltungen wie einen Bauchladenverkauf zur Fastnachtszeit ausdrücklich von ihrem Geltungsbereich aus, so dass auch eine mittelbare analoge Anwendung der Richtlinie mangels Regelungslücke nicht in Betracht komme. Das von der Beklagten vorgelegte Protokoll eines Routinegesprächs mit dem Beigeordneten Sitte am 28. April 2011 beziehe sich – hinsichtlich des Eisfahrrades – auf Festlegungen des Wirtschaftsausschusses, die nicht schriftlich fixiert, für Außenstehende nicht nachvollziehbar und demzufolge objektiv nicht nachweisbar seien. Auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Selbstbindung der Verwaltung überzeugten nicht. Mit den Erlaubnissen für Bauchladenverkäufe durch den M...-Verein habe die Beklagte eine Verwaltungspraxis begründet, auf die auch er – der Kläger – sich berufen könne. Er sei mit dem M...-Verein vergleichbar, weil er ebenfalls Bauchladenverkäufe nicht hochpreisiger Fastnachtsartikel zu gemeinnützigen Zwecken während der Mainzer Fastnacht beabsichtige. Die Beklagte erteile alljährlich ohne besondere Prüfung generell Sondernutzungserlaubnisse an den M...-Verein, welche dieser dann ohne Rücksprache an einzelne Verkäufer weitergebe, welche der Beklagten völlig unbekannt blieben und auf deren Auswahl sie keinerlei Einfluss habe. Diese Verwaltungspraxis nach dem Grundsatz „bekannt und bewährt“ erweise sich als einseitig. Die Beklagte übertrage faktisch eine hoheitliche Aufgabe an einen privaten wirtschaftlich handelnden Verein, der sodann sämtliche konkurrierenden Antragsteller ausschließen könne. Der Gesichtspunkt der Brauchtumspflege könne zur Rechtfertigung dieser Praxis nicht angeführt werden. Tatsächlich würden durch die Verkäufer des M...-Verein nicht nur Zugplakettchen, sondern auch andere Fastnachtsartikel verkauft, was bereits eine wesentliche Änderung des historischen Zugplakettenverkaufs darstelle. Außerdem würden Zugplaketten auch von stationären Verkaufsständen aus verkauft, so dass ein traditionelles Alleinstellungsmerkmal des Bauchladenverkaufs nicht mehr bestehe. Der Zugplakettenverkauf liege daher schon nicht mehr in seiner historischen Urform vor, was das erstinstanzliche Urteil verkenne.

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Der Kläger beantragt,

8

das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 12. Juli 2017 – 3 K 1256/16.MZ – abzuändern und festzustellen, dass der von der Beklagten erteilte Ablehnungsbescheid vom 30. November 2015 rechtswidrig gewesen ist.

9

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen,

11

Sie ist dem Vortrag des Klägers entgegengetreten.

12

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten und die Gerichtsakte des Eilverfahren 3 L 4/16.MZ (1 B 10155/16.OVG/1 D 100156/16.OVG) verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

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Entscheidungsgründe

14

Die Berufung ist unbegründet.

15

Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

16

I.

17

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Klage allerdings bereits unzulässig. Dem Kläger fehlt es an einem berechtigten Feststellungsinteresse. Insbesondere besteht keine Wiederholungsgefahr, welche dem Kläger ein hinreichendes Fortsetzungsfeststellungsinteresse vermitteln könnte.

18

Eine Wiederholungsgefahr in diesem Sinne setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen bzw. eine gleichartige behördliche Entscheidung getroffen wird.

19

Eine solche Gefahr liegt hier indes nicht vor. Für die hier streitgegenständliche Frage, ob der ablehnende Bescheid vom 30. November 2015 rechtmäßig war, ist auf die Sach- und Rechtslage unmittelbar vor der Erledigung des Bescheids mit Ablauf des 9. Februar 2016 abzustellen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2014 – 4 C 33.13 – juris).

20

Nach diesem entscheidungserheblichen Zeitpunkt hat sich die Sach- und Rechtslage so wesentlich verändert, dass der Kläger an einer rückblickenden Rechtswidrigkeitsfeststellung verständigerweise kein Interesse mehr haben kann. Die Beklagte hat mit Datum vom 28. Juni 2017 eine weitere „Richtlinie zur Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Mainz“ – Plakatierungs-Richtlinie – (Amtsblatt Nr. 7 vom 7. Juli 2017) erlassen. Diese Richtlinie enthält Bestimmungen auch für den vorliegenden Fall, wenn sie auf ihrer Seite 14 Bauchladenverkäufe in der Mainzer Innenstadt ausdrücklich für nicht erlaubnisfähig erklärt und hiervon nur den Zugplakettenverkauf zur Finanzierung des Rosenmontagszuges ausnimmt.

21

Diese neuen Vorgaben sind geeignet, sich lenkend auf künftige Ermessensentscheidungen der Beklagten über Anträge des Klägers wie den hier in Rede stehenden auszuwirken, und zwar sowohl im Hinblick auf die Belange des Stadt- und Straßenbildes als auch hinsichtlich des Gesichtspunkts der Selbstbindung der Verwaltung.

22

Die Beklagte wird daher bei künftigen Anträgen des Klägers von wesentlich anderen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen auszugehen haben, als bei dem hier in Rede stehenden Antrag aus dem Jahr 2015. Um die für sein Begehren maßgeblichen Sach- und Rechtsfragen zu klären, wird der Kläger daher nicht umhinkommen, einen neuen Antrag bei der Beklagten zu stellen. Mit der vorliegenden, auf die Vergangenheit gerichteten Klage wird er – auch im Erfolgsfalle – eine solche abschließende Klärung nicht mehr erreichen können.

23

II.

24

Darüber hinaus ist die Klage aber auch unbegründet.

25

Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 30. November 2015 war rechtmäßig. Zwar handelt es sich bei dem vom Kläger beabsichtigten Bauchladenverkauf von Fastnachtsartikeln um eine Sondernutzung im Sinne des § 41 Abs. 1 Landesstraßengesetz – LStrG –. Die Beklagte hat die beantragte Sondernutzungserlaubnis jedoch ermessensfehlerfrei abgelehnt.

26

Wie die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 28. November 2016 erläutert hat, stützt sich der ablehnende Bescheid – selbständig tragend – auf zwei Erwägungen, nämlich darauf, dass der beabsichtigte Bauchladenverkauf einerseits die Leichtigkeit des Verkehrs gefährdet und zum anderen die Belange des Stadt- und Straßenbildes beeinträchtigt.

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Schon allein der erste dieser beiden Gesichtspunkte – die Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs in der Mainzer Innenstadt – rechtfertigt die Entscheidung der Beklagten, die beantragte Sondernutzungserlaubnis zu versagen.

28

Mit seiner Berufung trägt der Kläger hiergegen vor, eine erhebliche Störung der Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs sei durch einen Bauchladenverkauf nicht zu befürchten. Bauchladenverkäufer könnten sich mit den Passantenströmen mitbewegen und bildeten kein stationäres Hindernis. Die Behinderungen, die von einem allenfalls zu befürchtenden kurzen Ansprechen des mobilen Verkäufers und einem kurzen selbstbestimmten Stehenbleiben der Passanten ausgingen, überschritten die Erheblichkeitsschwelle nicht.

29

Hiermit vermag er nicht durchzudringen. Selbstverständlich ist durch einen einzelnen Bauchladenverkäufer eine erhebliche Störung des Fußgängerverkehrs in der Mainzer Innenstadt nicht zu befürchten. Die Beklagte hat jedoch dargelegt, dass es immer wieder Antragsteller gebe, die einen mobilen Warenverkauf in der Mainzer Innenstadt beabsichtigten und denen ebenfalls eine Sondernutzungserlaubnis erteilt werden müsste, wenn der Kläger eine solche erhalten würde. Eine Vielzahl von Bauchladenverkäufern würden den Fußgängerverkehr in der Mainzer Innenstadt aber zweifellos ganz erheblich beeinträchtigen. Denn mobile Verkäufer bewegen sich keineswegs – wie der Kläger behauptet – immer mit den Passantenströmen mit und ihr Kontakt mit den Passanten beschränkt sich auch nicht notwendigerweise auf ein kurzes Ansprechen. Vielmehr ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass mobile Verkäufer als „bewegliche und schwer umschiffbare Hindernisse“ sogar deutlich negativere Auswirkungen auf den Verkehrsfluss zeitigen könnten als etwa stationäre Einrichtungen wie Außenbewirtungen oder ortsfeste Verkaufsstände.

30

Unabhängig hiervon rechtfertigt auch die von der Beklagten befürchtete Beeinträchtigung der Belange des Stadt- und Straßenbildes die Ablehnung der Sondernutzungserlaubnis.

31

Eines konkreten Gestaltungskonzepts der Beklagten bedurfte es insoweit nicht. Vielmehr reichte insoweit die einmal getroffene und einheitlich angewendete Entscheidung, in der Innenstadt grundsätzlich keine mobilen Verkäufer zuzulassen. Diese Grundentscheidung – welche sich auf die vom Stadtrat beschlossene Richtlinie zur Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum (Bereich Innenstadt) sowie nicht dokumentierte Festlegungen des Wirtschaftsausschusses stützen kann – ermöglicht eine willkürfreie und gleichheitsgerechte Verwaltungspraxis, und zwar auch ohne weiteres Gestaltungskonzept.

32

Selbst wenn man aber für den grundsätzlichen Ausschluss mobilen Straßenverkaufs und die Ablehnung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis ein konkretes Gestaltungskonzept fordern wollte, so ändert dies nichts an dem Ergebnis, dass die Beklagte die Ablehnung der Sondernutzungserlaubnis im vorliegenden Fall rechtmäßigerweise – auch – auf Belange des Stadt- und Straßenbildes stützen durfte. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend und erschöpfend dargelegt, dass mit der Richtlinie der Beklagten zur „Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum – Bereich Innenstadt“ und den Festlegungen des Wirtschaftsausschusses zu deren Umsetzung bereits im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt im Februar 2016 ein hinreichend konkretes Gestaltungskonzept vorlag, demzufolge mobiler Straßenverkauf grundsätzlich nicht zulässig sein sollte. Hierauf wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verwiesen. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ist nicht geeignet, die diesbezüglichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu erschüttern. Insbesondere hat bereits das Verwaltungsgericht den Einwand des Klägers, die Richtlinie sei auf mobile Verkäufe nicht anwendbar, mit ebenso ausführlicher wie zutreffender Begründung zurückgewiesen.

33

Die Versagung der Sondernutzungserlaubnis verstößt auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 17 Abs. 1 und 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG –.

34

Insbesondere hat sich die Beklagte durch ihre Verwaltungspraxis in der Vergangenheit nicht in der Weise selbst gebunden, dass die Ablehnung der Sondernutzungserlaubnis für den Kläger sich als gleichheitswidrig darstellen würde. Im Gegenteil ist die Ablehnung der Sondernutzungserlaubnis für den Kläger Ausdruck einer ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten, der zufolge mobile Verkäufe in der Mainzer Innenstadt grundsätzlich nicht zugelassen werden. Die Beklagte hat substantiiert dargetan, dass Sondernutzungserlaubnisse für den mobilen Verkauf auch in anderen Fällen abgelehnt wurden und werden (vgl. Protokoll über das Routinegespräch am 28. April 2011, TPO 15 „Eisfahrrad“).

35

Schließlich verletzt es auch nicht das Gleichheitsgebot, dass die Beklagte dem M...-Verein (M...) – als Ausnahme von ihrer sonstigen Verwaltungspraxis – Sondernutzungserlaubnisse unter anderem zum Verkauf von Fastnachtsartikeln mittels Bauchladen erteilte und erteilt, dem Kläger eine entsprechende Ausnahmeerlaubnis aber versagt. Denn für diese Ungleichbehandlung bestehen rechtfertigende Gründe von hinreichendem Gewicht.

36

Die Sondernutzungserlaubnis dient dem M...-Verein bestimmungsgemäß in erster Linie zum Verkauf sogenannter „Zugplaketten“. Dieser Zugplakettenverkauf – der bereits seit den 1950er Jahren stattfindet – dient der Finanzierung des vom M...-Verein seit 1838 in eigener Verantwortung und seit vielen Jahren auf eigene Rechnung veranstalteten Rosenmontagszugs. Bei dem Rosenmontagszug wiederum handelt es sich um eines der wichtigsten kulturellen Ereignisse in Mainz überhaupt, welches die Stadt auch überregional bekannt macht und dessen Durchführung daher von hohem öffentlichen Interesse ist. Hinzu kommt, dass auch die fastnachtlich gekleideten Zugplakettenverkäufer selbst mittlerweile zu einem wesentlichen Element der Mainzer Brauchtumspflege geworden sind. Sie prägen in der Fastnachtszeit das Erscheinungsbild der Straßen und der Fußgängerbereiche der Mainzer Innenstadt und sind so selbst für Einwohner wie Besucher zu einer Attraktion geworden.

37

Gründe von ähnlichem Gewicht kann der Kläger für die von ihm beantragte Sondernutzungserlaubnis nicht anführen. Zwar will wohl auch er die Erlöse aus dem Straßenverkauf gemeinnützigen Zwecken zuführen. Indes besteht kein spezifischer Zusammenhang zwischen dem von ihm beabsichtigten Bauchladenverkauf und der Pflege des Mainzer Brauchtums, welcher – als Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot mobiler Verkäufe in der Mainzer Innenstadt – den Bauchladenverkauf von „Zugplaketten“ durch den M...-Verein rechtfertigt.

38

Ein Gleichheitsverstoß kann vor diesem Hintergrund auch nicht deshalb angenommen werden, weil durch die Versagung der Sondernutzungserlaubnis die Freiheitsgrundrechte des Klägers, namentlich die allgemeine Handlungsfreiheit, die Berufsfreiheit oder die Vereinigungsfreiheit in zumutbarer Weise beeinträchtigt würden. Für den Kläger bestehen zahlreiche andere denkbare Möglichkeiten, Waren zu verkaufen und damit seinen Vereinszweck zu finanzieren. Unter anderem wurde ihm von der Beklagten – gleichsam im Gegenzug zur Versagung der Sondernutzungserlaubnis für Bauchladenverkäufe – für einen Zeitraum im Januar 2016 ein stationärer Verkaufsstand an zentraler Stelle in der Mainzer Innenstand bewilligt. Von einer unzumutbaren Grundrechtsbeeinträchtigung kann vor diesem Hintergrund nicht die Rede sein.

39

Ein Gleichheitsverstoß lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass der M...-Verein durch seine Bauchladenverkäufer nicht mehr ausschließlich Zugplaketten, sondern daneben auch andere Fastnachtsartikel verkauft, und Zugplaketten mittlerweile auch an stationären Verkaufsständen angeboten werden. Denn der Zugplakettenverkauf als traditionelles Element der Mainzer Brauchtumspflege und der hiermit verfolgte Zweck der Finanzierung des Rosenmontagszugs stehen bei den Aktivitäten des M...-Verein und seiner mobilen Verkäufer auch weiterhin eindeutig im Vordergrund.

40

Schließlich kann auch nicht die Rede davon sein, dass die Beklagte mit der Erteilung der Sondernutzungserlaubnis hoheitliche Aufgaben auf den M...Verein überträgt, weil dieser darüber entscheidet, welche natürlichen Personen er zum „Zugplakettenverkauf“ einsetzt. In nahezu jedem Fall der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis an eine juristische Person ist es so, dass diese entscheiden kann und muss, welcher natürlichen (Hilfs-) Personen sie sich zur Nutzung der Erlaubnis bedient. Zu fordern, dass in derartigen Fällen jeder einzelnen natürlichen Person eine Sondernutzungserlaubnis erteilt werden muss oder diese von der Behörde jedenfalls einzeln registriert werden müssten, ist mit den Erfordernissen einer effektiven Verwaltung nicht vereinbar und auch aus sachlichen Gründen nicht gerechtfertigt. Denn die juristische Person bleibt auch bei der Einschaltung natürlicher Hilfspersonen öffentlich-rechtlich für die rechtmäßige Durchführung der Sondernutzungserlaubnis verantwortlich.

41

Zur weiteren Begründung wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZivilprozessordnungZPO –.

43

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


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Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 12. Juli 2017 - 3 K 1256/16.MZ

bei uns veröffentlicht am 12.07.2017

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1 Der Kläger, ein eingetragener Verein, begehrt die Feststellung d

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein eingetragener Verein, begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung einer Straßensondernutzungserlaubnis zum Verkauf von Fastnachtsartikeln aus einem Bauchladen heraus.

2

Am 8. November 2015 beantragte die 1. Vorsitzende des Klägers bei der Beklagten die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis u.a. für den Verkauf von Fastnachtsartikeln in der Zeit vom 11. November 2015 bis zum 9. Februar 2016 im Stadtgebiet von M. mittels Bauchladen. Sie gab an, dass die Einnahmen dem Vereinszweck zu Gute kommen und gespendet werden sollten.

3

Mit Bescheid vom 30. November 2015 lehnte die Beklagte die beantragte Sondernutzungserlaubnis für den Bauchladenverkauf von Fastnachtsartikeln ab und führte zur Begründung aus, mobile Verkaufsaktionen könnten aus Gründen der Gleichbehandlung und der Vielzahl bereits gestellter Anträge auf öffentlichen Flächen grundsätzlich nicht zugelassen werden. Es sei jedoch möglich, auf einer öffentlichen Fläche in der S.-G.-Passage für insgesamt 3 Wochen einen Stand zu betreiben.

4

Am 7. Dezember 2015 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Ablehnung seines Antrags dem Gleichbehandlungsgrundsatz gerade widerspreche, weil dem XXV (XXV) eine Sondernutzungserlaubnis u.a. für den Bauchladenverkauf erteilt worden sei.

5

Mit Bescheid vom 7. Januar 2016 wurde dem Kläger eine Sondernutzungserlaubnis zur Errichtung eines Verkaufsstands zum Verkauf von Fastnachtsartikeln für einen Zeitraum im Januar 2016 erteilt.

6

Unter dem 15. Februar 2016 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass sich sein Widerspruch mit Ablauf der Fastnachtskampagne 2016 erledigt habe und mithin unzulässig geworden sei. Er bat um Mitteilung, ob der Widerspruch gleichwohl aufrecht erhalten bleiben solle.

7

Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, dass er von einer kostenneutralen Einstellung des Widerspruchsverfahrens ausgehe, stellte der Stadtrechtsausschuss der Beklagten das Widerspruchsverfahren mit Beschluss vom 8. September 2016 wegen Erledigung ein.

8

Am 19. Oktober 2016 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, seine Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Er habe ein berechtigtes Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Die Versagung einer Sondernutzungserlaubnis für einen Bauchladenverkauf sei rechtswidrig gewesen. So sei er vor Erlass des Versagungsbescheids nicht angehört worden. Die Ablehnung sei ermessensfehlerhaft erfolgt. Straßenrechtliche Aspekte, die der Erteilung der Sondernutzungserlaubnis entgegenstünden, seien nicht ersichtlich. Insbesondere würden weder die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs noch Belange des Straßen- und Stadtbildes durch einen Bauchladenverkauf beeinträchtigt. Die Richtlinie der Beklagten „Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum – Bereich Innenstadt“ sei nicht einschlägig. Festlegungen des Wirtschaftsausschusses der Beklagten, mobilen Verkauf im Stadtgebiet nicht zuzulassen, seien nicht belegt. Die Beklagte habe sich durch ihre in der Vergangenheit geübte Praxis, dem XXV eine Sondernutzungserlaubnis u.a. für den mobilen Verkauf zu erteilen, gebunden. Er – der Kläger – sei mit dem XXV vergleichbar, denn er wolle ebenfalls während der Fastnachtszeit diesbezügliche Artikel mittels eines Bauchladens für einen gemeinnützigen Zweck im Stadtgebiet verkaufen. Es sei keine sachliche Rechtfertigung dafür ersichtlich, warum allein dem XXV der Bauchladenverkauf gestattet werde. Insbesondere stelle das seitens der Beklagten angeführte Argument der Brauchtumspflege keinen sachlichen Differenzierungsgrund dar; vielmehr stärke der Einsatz von Bauchläden unterschiedlicher Verkäufer das Brauchtum in seiner Pluralität.

9

Der Kläger beantragt,

10

festzustellen, dass der Bescheid vom 30. November 2015 rechtswidrig gewesen ist.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie trägt zur Begründung vor, die Klage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Der Kläger sei vor Erlass des Bescheids angehört worden. Im Übrigen habe es mit der Vorsitzenden des Klägers im Vorfeld Telefon- und E-Mail-Verkehr gegeben. Die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis für einen Bauchladenverkauf sei auch in der Sache gerechtfertigt. Sie habe sich bei ihrer Entscheidung ausschließlich an Belangen orientiert, die einen sachlichen Bezug zur Straße aufwiesen. Ein Warenverkauf durch Bauchladen beeinträchtige die Leichtigkeit des Verkehrs sowie Belange des Straßen- und Stadtbildes und widerspreche dem Gestaltungskonzept der Beklagten, das durch die Richtlinie „Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum – Bereich Innenstadt“ sowie über Festlegungen des Wirtschaftsausschusses umgesetzt werde. Überdies hätten Bauchladenverkäufer einen erheblichen hindernden Effekt auf den Fußgängerverkehr in der M. Innenstadt zur Folge. Ausgehend von diesen Gründen sei sie bestrebt, die Innenstadt von Bauchladenverkäufern freizuhalten und habe sich dazu entschlossen, grundsätzlich keinen mobilen Verkauf in der Innenstadt zuzulassen. Anhaltspunkte dafür, zugunsten des Klägers von dieser Handhabung ausnahmsweise abzuweichen, seien nicht ersichtlich. Der vom Kläger angestrebte Verkauf stelle genau die Art der Sondernutzung dar, die die Leichtigkeit des Verkehrs zu beeinträchtigen geeignet sei und verhindert werden solle. Schließlich könne die Klägerin auch nichts aus dem Umstand für sich herleiten, dass dem XXV seit Jahrzehnten in der Fastnachtszeit eine Sondernutzungserlaubnis erteilt werde, die auch den mobilen Verkauf umfasse, denn eine etwaige Ungleichbehandlung sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Bei dem mobilen Verkauf von „Zugplakettchen“ und als Annex dazu von Fastnachtsartikeln stehe nicht der Kommerzgedanke im Vordergrund. Der Verkauf der „Zugplakettchen“ diene vielmehr der Finanzierung des Rosenmontagszugs, sei Brauchtumspflege und gewollter Bestandteil des städtischen Erscheinungsbilds. Hiervon unterscheide sich der vom Kläger beabsichtigte Verkauf von Fastnachtsartikeln deutlich.

14

Ein von der Vorsitzenden des Klägers gestellter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, die dem XXV erteilte Sondernutzungserlaubnis in der Fastnachtskampagne 2015/2016 aufzuheben, wurde vom erkennenden Gericht durch Beschluss vom 15. Januar 2016 im Verfahren 3 L 4/16.MZ abgelehnt, die hiergegen erhobene Beschwerde durch unanfechtbaren Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 2016 (1 B 10555/16.OVG) zurückgewiesen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten in den Gesichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten einschließlich der Gerichtsakte 3 L 4/16.MZ Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Sie ist in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft, weil sich das klägerische Begehren infolge Zeitablaufs im Sinne von § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i. V. m. § 43 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz –VwVfG – mit Ablauf des beantragten Verkaufszeitraums im Februar 2016 erledigt hatte. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Gestalt der Wiederholungsgefahr dargetan (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2.8.2006 – 11 A 2642/04 –, juris, Rn. 17).

17

In der Sache hat die Klage indes keinen Erfolg. Der Versagungsbescheid der Beklagten vom 30. November 2015 war rechtmäßig und hat die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.

18

Rechtsgrundlage für die Erteilung der begehrten Sondernutzungserlaubnis ist § 41 Abs. 1 Satz 1 des Landestraßengesetzes – LStrG –. Nach dieser Vorschrift bedarf der Gebrauch der Straße über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde.

19

Der Versagungsbescheid der Beklagten war formell rechtmäßig. Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Beklagte vor dessen Erlass insbesondere nicht gegen das Anhörungserfordernis des § 28 Abs. 1 VwVfG verstoßen. Ungeachtet dessen, dass eine Anhörung im Sinne von § 28 Abs. 1 VwVfG grundsätzlich nicht erforderlich ist, wenn – wie vorliegend – der Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts abgelehnt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Oktober 1982 – 3 C 46/81 –, BVerwGE 66, 184 = juris Rn. 35, und vom 30. April 1981 – 3 C 13 5/79 –, Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 3 = juris Rn. 64; SächsOVG, Urteil vom 20. August 2015 – 5 A 104/16 –, juris Rn. 28; OVG M-V, Beschluss vom 23. Juni 2014 – 3 M 58/14 –, juris Rn. 6), hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass die 1. Vorsitzende des Klägers am 18. November 2015 in Bezug auf den beabsichtigten Bauchladenverkauf bei ihr vorgesprochen hatte und es vor Erlass des Bescheids zudem Telefon- und E-Mail-Verkehr gab, so dass dem Anhörungserfordernis insoweit Genüge getan wurde.

20

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 LStrG lagen zwar vor. Bei dem vom Kläger beabsichtigten Verkauf von Fastnachtsartikeln aus einem Bauchladen heraus im Gebiet der M. Innenstadt handelt es sich um eine erlaubnispflichtige Sondernutzung (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 17. September 2003 – 1 B 15.03 –, LRE 47, 239 = juris Rn. 14; OVG NRW, Beschluss vom 21. Oktober 1996 – 23 B 2966/95 –, juris Rn. 14; VG Karlsruhe, Urteil vom 2. Juni 2003 – 5 K 2371/02 –, GewArch 2005, 39), denn er beabsichtigt mit dieser Tätigkeit die Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums zu vorrangig gewerblich-kommerziellen Zwecken und damit über den in § 34 Abs. 1 Satz 1 LStrG definierten Gemeingebrauch hinaus. Insbesondere handelt es sich bei dem Bauchladenverkauf nicht um ein Erscheinungsbild des sogenannten kommunikativen Gemeingebrauchs, auch wenn etwa in der Fußgängerzone Passanten an den Verkäufer herantreten bzw. dieser Passanten anspricht. Zwar entspricht es dem modernen Funktionsbild insbesondere von Fußgängerbereichen (Fußgängerzonen und -passagen), dass dort neben den klassischen Erscheinungsformen des Verkehrs (Fortbewegung von Menschen und Sachen einschließlich des ruhenden Verkehrs) auch andere Verhaltensweisen wie etwa das Betrachten von Schaufenstern oder aber die Begegnung und Kommunikation mit anderen Passanten üblich sind, die in der Aufenthaltsfunktion eines Fußgängerbereichs angelegt sind und vom Widmungszweck dieser Verkehrsflächen gefördert werden. Gleichwohl steht auch bei dem sogenannten kommunikativen Gemeingebrauch die Nutzung der Straße als Verkehrseinrichtung für den ungehinderten Verkehr und nicht als Kommunikationsmedium im Vordergrund (vgl. VGH BW, Urteil vom 31. Januar 2002 – 5 S 311/00 –, NVwZ-RR 2002, 740 = juris Rn. 23). Hiervon ausgehend kann ein Bauchladenverkauf nicht als dem kommunikativen Gemeingebrauch unterfallende Nutzung des Straßenraums angesehen werden. Es handelt sich vielmehr um eine gewerbliche Betätigung, bei der ein Verkehrsinteresse nicht vorhanden oder allenfalls nebensächlich ist und die nicht auf individuelle Begegnung angelegt ist; er unterfällt damit nicht mehr dem Gemeingebrauch (vgl. VGH BW, Urteil vom 9. Dezember 1999 – 5 S 2051/98 –, ESVGH 50, 143 = juris Rn. 41; VG Karlsruhe, a.a.O.).

21

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Erteilung der danach erforderlichen Sondernutzungserlaubnis gehabt. In Anbetracht dessen, dass die Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis grundsätzlich im Ermessen der Straßenbaubehörde steht (vgl. OVG RP, Urteil vom 4. Dezember 2014 – 1 A 10294/14.OVG –, AS 43, 126 = juris Rn. 20), hätte die Verpflichtung zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts nur ausgesprochen werden können, wenn mit Blick auf die konkreten Umstände des Falls nur eine einzige, bestimmte und ermessensfehlerfreie Entscheidung in Betracht gekommen wäre (sog. Ermessensreduktion auf Null). Dies war hier jedoch nicht gegeben.

22

Das behördliche Ermessen ist auf Null reduziert, wenn die für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis sprechenden Umstände derart überwiegen, dass nur die Erteilung der Erlaubnis rechtmäßig sein kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Sondernutzungserlaubnis entgegenstehende straßenrechtlich relevante Gesichtspunkte nicht ersichtlich sind, mithin kein straßenrechtlicher Bezug besteht. Ferner kommt eine Ermessensreduzierung auf Null in Fällen der Selbstbindung der Verwaltung in Betracht, insbesondere wenn die Behörde ihr Ermessen durch eine bestimmte Verwaltungspraxis in der Vergangenheit gebunden hat. Schließlich kann sich eine Reduktion des Ermessens auf Null im Einzelfall auch daraus ergeben, dass sich die zur Verfügung stehenden Entscheidungsmöglichkeiten deshalb verringern, weil alle übrigen zu unzulässigen, weil unverhältnismäßigen oder unzumutbaren Ergebnissen führen (vgl. zu alledem VG Aachen Beschluss vom 30. April 2008 – 6 L 176/08 –, juris Rn. 25 f.). Derartige Umstände sind weder ersichtlich noch vom Kläger geltend gemacht worden.

23

a) Entgegen der Ansicht des Klägers lagen der Versagung der Sondernutzungserlaubnis hinreichend gewichtige Belange mit straßenrechtlichem Bezug zugrunde. Die Beklagte hat die Versagung zum einen damit begründet, dass die Zulassung von Verkäufern mit Bauchläden die Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigte (aa). Zum anderen hat sie die Versagung auf Aspekte des Stadt- und Straßenbildes gestützt (bb).

24

aa) Zu den im Rahmen der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis berücksichtigungsfähigen Gründen mit straßenrechtlichem Bezug gehört u.a. auch die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs (vgl. OVG RP, Beschluss vom 15.8.2013 – 1 B 10669/13 –, juris Rn. 10; NRW, Urteil vom 7. April 2017 – 11 A 2068/14 –, juris Rn. 54; OVG Saarland, Beschluss vom 22. Februar 2017 – 1 D 166/17 –, juris Rn. 57). Der Oberbegriff der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs hat zum Ziel, dass kein Verkehrsteilnehmer gefährdet (Sicherheit) oder mehr als nach den Umständen unvermeidlich behindert oder belästigt wird (Leichtigkeit). Die Sicherheit hat also die Abwendung von Gefahren für den Verkehr und von diesem, die Leichtigkeit den möglichst ungehinderten Verkehrsfluss im Blick (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 4. September 2012 – W 4 K 12.364 –, juris Rn. 33). Legt man dieses Verständnis zugrunde, so erschließt es sich ohne Weiteres, dass durch den mobilen Verkauf von Waren aus einem Bauchladen heraus – zumal in einer durch Fußgängerverkehr stark frequentierten Fußgängerzone – ein möglichst ungehinderter Verkehrsfluss beeinträchtigt wird, weil stehenbleibende Kunden den Verkehr auf der Straße behindern können (vgl. auch VG Aachen, a.a.O. Rn. 53) und damit deren Funktion als Verkehrsträger berührt ist (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 19. März 2007 – AN 10 K 05.04197 –, juris Rn. 25). Dies gilt umso mehr, als die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für einen Bauchladenverkauf an den Kläger letztlich Signalwirkung für anderen Bewerber hätte, denen dann eine solche Erlaubnis aus Gründen der Leichtigkeit des Verkehrs nicht verwehrt werden könnte.

25

bb) Darüber hinaus durfte die Beklagte auch Aspekte des Straßen- und Stadtbildes zur Versagung der Sondernutzungserlaubnis anführen.

26

Bei der Entscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis darf neben wegerechtlichen Belangen im engeren Sinne auch auf andere Gesichtspunkte abgestellt werden, sofern sie mit der Straße und ihrem Widmungszweck (noch) in einem hinreichend engen sachlichen Zusammenhang stehen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 15.8.2013 – 1 B 10669/13 –, juris, Rn. 10; Urteil vom 4. Dezember 2014, a.a.O. = juris Rn. 21; VGH BW, Urteil vom 18. März 2014 – 5 S 348/13 –, NVwZ-RR 2014, 539 = juris Rn. 36 [jeweils m.w.N.]). Dies gilt namentlich auch für Belange der Straße, ihres Umfelds und ihrer Funktion städtebaulicher oder baugestalterischer Art. Ein entsprechend enger sachlicher Bezug zur Straße liegt vor, soweit es um den Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes geht. Demgegenüber können Belange, die – wie etwa der Schutz des Ortsbildes als Ganzes – unmittelbar keine sachliche Beziehung zu dem jeweiligen „Straßengrund“ haben, die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis grundsätzlich nicht rechtfertigen. Etwas anderes kommt insoweit nur in Betracht, soweit diese Belange im konkreten „Straßenbild“ der Straße, in der die Sondernutzung ausgeübt werden soll, einen fassbaren Niederschlag gefunden hat (vgl. OVG RP, Urteil vom 4. Dezember 2014, a.a.O. = juris Rn. 22; VGH BW, Urteil vom 9. Dezember 1999, a.a.O. = juris Rn. 45). Des Weiteren setzt die Berücksichtigung entsprechender Belange voraus, dass ihnen ein konkretes, vom Gemeinderat beschlossenes Gestaltungskonzept der Gemeinde zugrunde liegt, welches dem in den Blick genommenen Bereich – etwa in Bezug auf Bereiche der Gemeinde – ein spezifisches „Flair“ verleihen soll. Einer Festlegung in Satzungsform bedarf es hierzu indessen nicht; ausreichend sind verwaltungsinterne Richtlinien (vgl. OVG RP, Urteil vom 4. Dezember 2014 a.a.O. = juris Rn 22; VGH BW, Urteil vom 9. Dezember 1999, a.a.O. = juris Rn. 46). Dabei dürfen an die Konkretisierung der Gestaltungsvorstellungen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Ausreichend ist, wenn es sich aus dem Inhalt der vom Gemeinderat beschlossenen Regelungen ohne weiteres ablesen lässt. Auch genügt es, wenn das Konzept nur die für die Einzelfallentscheidung wesentlichen Grundsätze bestimmt. Abgrenzungsprobleme im Einzelfall sind bei Umsetzung des Konzepts im Rahmen der Ermessensausübung anhand der festgelegten Grundsätze unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens, insbesondere des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG – zu lösen (vgl. VGH BW, Urteil vom 9. Dezember 1999, a.a.O. = Rn. 46).

27

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt dem Handeln der Beklagten, grundsätzlich keine mobilen Bauchladenverkäufe in der Innenstadt zuzulassen, ein hinreichend konkretes, von den städtischen Gremien beschlossenes Gestaltungskonzept zugrunde. So hat die Beklagte auf der Grundlage eines Stadtratsbeschlusses vom 20. Juli 2005 eine Richtlinie („Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen Raum – Bereich Innenstadt“) aufgestellt, die Vorgaben enthält, die von der Verwaltung im Rahmen des bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen auszuübenden Ermessens zu beachten sind. Zwar ist diese Richtlinie nicht unmittelbar auf die Fallgruppe des mobilen, zeitlich beschränken Warenverkaufs mittels Bauchläden anwendbar (vgl. Abschnitt III. Gestaltung und Bedeutung, S. 6 der Richtlinie). Sie lässt jedoch die grundsätzlichen, von der Beklagten verfolgten gestalterischen Belange des Straßenbildes in der M. Innenstadt erkennen, die letztlich der Erhaltung eines attraktiven Stadtbildes der in durch eine intakte Altstadt bzw. durch historische und repräsentative sowie architektonisch anspruchsvolle Neubauten geprägten M. Innenstadt als Visitenkarte und Schaufenster der Stadt dienen (vgl. Abschnitt II. Städtebauliches Erfordernis einer Gestaltungsrichtlinie, S. 5 f.). Es liegt auf der Hand, dass diese Aspekte nicht nur für die in der Richtlinie beispielhaft aufgeführten Elemente der „Stadtmöblierung“, sondern gleichermaßen auch für Sondernutzungen in Gestalt des mobilen, zeitlich beschränkten Warenverkaufs gelten, denn diese Sondernutzungen sind gleichermaßen geeignet, auf das Straßen- und damit auf das Stadtbild der Beklagten einzuwirken und konkreten Einfluss auf das Ambiente und den Flair der M. Innenstadt zu nehmen (vgl. auch Abschnitt VI Begründung 3. Aufgaben und Regelungsbereich der Richtlinie, S. 25 „…Der Charakter der Sondernutzungen ist jedoch per se dominant…“). Zur Umsetzung der gestalterischen Belange hat die Beklagte in Bezug auf den mobilen Warenverkauf durch Festlegungen des Wirtschaftsausschusses die Regelung getroffen, dass dieser Verkauf von Waren – etwa aus einem Bauchladen heraus – grundsätzlich nicht zugelassen werden soll. Diese Festlegungen lassen vor dem Hintergrund der von der Beklagten grundsätzlich verfolgten gestalterischen Belange hinreichend deutlich erkennen, dass auch der mobile, zeitlich beschränkte Warenverkauf als das Straßen- und Stadtbild beeinträchtigend empfunden wird. Unbeachtlich ist insoweit, dass diese Festlegungen nicht vom Stadtrat, sondern von einem seiner Ausschüsse getroffen wurden. Zum einen handelt es sich bei der Festlegung eines das Straßen- und Stadtbild betreffenden Gestaltungskonzepts nicht um eine gemeindliche Angelegenheit, die gemäß § 32 Abs. 2 Gemeindeordnung – GemO – der ausschließlichen Entscheidungskompetenz des Stadtrats unterliegt. Zum anderen handelt es sich beim Wirtschaftsausschuss um einen mit Ratsmitgliedern besetzten Ausschuss des Stadtrats der Beklagten im Sinne von § 44 ff. GemO, dem durch die Hauptsatzung der Beklagten sogar Entscheidungskompetenzen anstelle des Stadtrats übertragen wurden. Damit ist sichergestellt, dass an der Aufstellung des Gestaltungskonzepts auch in Bezug auf den mobilen Verkauf von Waren in hinreichendem Maße demokratisch legitimierte Entscheidungsträger beteiligt sind (vgl. zur ausdrücklichen Regelung auch des mobilen Warenverkaufs die Richtlinie zur Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums im Stadtgebiet der L.-Stadt M. vom 28. Juni 2017, Amtsblatt Nr. 27 vom 7. Juli 2017).

28

b) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich vorliegend eine Ermessensreduktion auf Null auch nicht aus Gründen der Selbstbindung der Beklagten.

29

Aus dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. dem aus dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 1997 – 3 C 6/95 –, BVerwGE 104, 220 = juris Rn. 19 ) folgt, dass eine seitens der Behörde ausgeübte Verwaltungspraxis in der Vergangenheit zu einer Ermessensbindung gegenüber dem Bürger führt, von der in vergleichbaren Fällen nicht willkürlich abgewichen werden darf (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2012 – 8 C 18/11 –, BVerwGE 143, 50 = juris Rn. 32; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Auflage 2010, § 40 Rn. 25). Eine derartige Verwaltungspraxis der Beklagten, die das ihr zustehende Ermessen hin zur Erteilung von Sondernutzungsgenehmigungen für einen Bauchladenverkauf binden würde, ist indes nicht ersichtlich. Die Beklagte hat substantiiert dargetan, dass auch schon in der Vergangenheit auf der Grundlage der Festlegungen des Wirtschaftsausschusses Sondernutzungserlaubnisse für den mobilen Verkauf von Waren abgelehnt wurden (vgl. Protokoll über das Routinegespräch am 28. April 2011, TPO 15 „Eisfahrrad“). Dem ist der Kläger nicht entgegen getreten; er hat vielmehr sogar selbst bestätigt, dass auch anderen Vereinen keine Sondernutzungserlaubnis für mobile Verkaufsaktionen mittels Bauchladen erteilt würde (vgl. Schriftsatz vom 2. Juni 2017). In Anbetracht dessen ist für eine zur Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für den mobilen Bauchladenverkauf führende ermessensbindende Verwaltungspraxis der Beklagten kein Raum.

30

Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb angezeigt, weil die Beklagte in der Vergangenheit und auch in dem hier in Rede stehenden Zeitraum dem XXV (XXV) Sondernutzungserlaubnisse erteilt hat, die u.a. auch den Verkauf von Fastnachtsartikeln mittels Bauchladen umfassten. Soweit der Kläger aus diesem Umstand eine willkürliche Ungleichbehandlung zu seinen Lasten daraus herleiten will, dass er ebenfalls den Verkauf von Fastnachtsartikeln aus einem Bauchladen heraus beabsichtigt habe, vermag er hiermit nicht durchzudringen.

31

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2012 – 1 BvL 14/07 –, BVerfGE 130, 240 = juris Rn. 40 m.w.N.).

32

Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Dem Normgeber kommt im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Eine strengere Bindung des Normgebers kann sich allerdings aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2012, a.a.O. = juris Rn. 42 m.w.N.).

33

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte sachlich gerechtfertigte Gründe für die regelmäßige Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen an den XXV dargetan. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargestellt, dass dem dem XXV genehmigte Verkauf von „Zugplakettchen“ u.a. mit Bauchläden einem herkömmlichen (gewerblichen) Verkauf von Waren (von Fastnachtsartikeln) eine besondere Bedeutung zukomme, weil er als ein das Straßenbild in der Fastnachtszeit gestaltendes Element der Brauchtumspflege anzusehen sei, das eine im Vergleich zum Kläger unterschiedliche Behandlung erlaube (vgl. zum Aspekt der Brauchtumspflege als anerkennenswertes Interesse bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen VG Münster, Urteil vom 8. Mai 2014 – 8 K 2350/13 –, juris Rn. 29; VG Düsseldorf, Urteil vom 6.2.2001 – 16 K 4925/98 –, juris Rn. 21). Hiergegen ist nichts zu erinnern. Wie allgemein bekannt, werden auf den Straßen der Innenstadt durch vom XXV bestellte fastnachtlich gekleidete Verkäufer im Wesentlichen die sogenannten „Zugplaketten“ verkauft, die der Finanzierung des vom XXV seit 1838 in eigener Verantwortung und seit vielen Jahren auf eigene Rechnung veranstalteten Rosenmontagszugs dienen. Der Zugplakettenverkauf, der seit den 1950er Jahren stattfindet, gehört in der Fastnachtszeit zum Erscheinungsbild auf den Straßen und Fußgängerbereichen in der M. Innenstadt und ist – ebenso wie der Rosenmontagszug selbst – ein mittlerweile traditionelles Element, das in der besagten Zeit das Straßenbild in der M. Innenstadt (mit)prägt. Von daher ist es wie andere fastnachtliche Ereignisse im öffentlichen Straßenraum (z.B. Rosenmontagszug, Neujahrsempfang auf dem S.-Platz, Jugendmaskenzug, Umzug der Garden, Kappen-Fahrt) als Teil der die M. Fastnacht betreffenden Brauchtumspflege anzusehen. Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen Rechtsbedenken, dass die Beklagte in ihre Entscheidung, dem XXV – anders als dem Kläger – eine entsprechende Sondernutzungsnutzungserlaubnis zum Verkauf in erster Linie von Zugplaketten (und nur im Annex von Fastnachtsartikeln) mit einem Bauchladen zu erteilen, die Herkömmlichkeit und Tradition des Zugplakettenverkaufs als ein aus ihrer Sicht das Straßenbild mitgestaltendes Element in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl. auch OVG RP, Beschluss vom 15.8.2013 – 1 B 10669/13 –, juris, Rn. 11; VG Osnabrück, Beschluss vom 24.3.2003 – 1 B 6/03 –, juris, Rn. 13).

34

Anders als der Kläger meint, wird auch nicht anderen Vereinen oder Gruppen seitens der Beklagten der Verkauf von der Finanzierung des Rosenmontagszugs dienenden Zugplaketten oder sonstigen Fastnachtsartikeln erlaubt. Genehmigungen hierfür werden nach der Darstellung der Beklagten allein dem XXV erteilt, der insoweit allein Berechtigter und Verpflichteter ist. Dieser organisiert den Verkaufsablauf unter Beteiligung verschiedener (teilweise wohl auch nicht fastnachtlich ausgerichteter) Gruppen. Insoweit besteht kein öffentlich-rechtlicher Bezug zur hier streitgegenständlichen Sondernutzungsgenehmigung nach dem Landesstraßengesetz, auf den sich der Kläger berufen könnte.

35

c) Schließlich ergibt sich vorliegend eine Reduktion des Ermessens auf Null auch nicht aus dem Umstand, dass die sich zur Verfügung stehenden Entscheidungsmöglichkeiten deshalb verringern, weil alle übrigen zu unzulässigen, weil unverhältnismäßigen oder unzumutbaren Ergebnissen führen. Hiergegen spricht bereits, dass der Beklagte die (wirtschaftlichen) Belange mobiler Verkäufer bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen berücksichtigt hat, indem sie in der M. Fußgängerzone in der S.-G.-Passage einen Bereich für mobile Verkaufsstände eingeräumt hat, für den zeitlich befristete Sondernutzungserlaubnisse zum Verkauf von Waren erteilt werden. Hiervon hat der Kläger im fraglichen Zeitraum im Übrigen auch Gebrauch gemacht hat (vgl. Sondernutzungserlaubnis vom 7. Januar 2016).

36

Die Ablehnung der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für einen Bauchladenverkauf war schließlich auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil es sich bei dem Kläger nach seinen Angaben um einen gemeinnützigen Verein handelt und der Erlös des Verkaufs dem Vereinszweck zu Guten kommen (gespendet werden) sollte (vgl. Antrag vom 8. November 2015). Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger als gemeinnütziger Verein sozial anerkennenswerte Interessen verfolgt, begründet dies für ihn keine Sondersituation. Es verbleibt dabei, dass er gewerblich tätig sein will und dies dazu führen würde, dass auch vergleichbare gewerbliche Tätigkeiten von Dritten nicht verhindert werden könnten. Allein die Unterscheidung nach der Verwendung des Gewinns aus dieser Tätigkeit (fremd- oder eigennützig) wäre kein straßenrechtlich haltbares Differenzierungskriterium, das im Gegensatz zu anderen Bewerbern die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für den Kläger rechtfertigen würde (vgl. VG Köln, Urteil vom 6. August 2007 – 11 K 6707/05 –, juris Rn. 29).

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

38

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Beschluss vom 12. Juli 2017

39

Der Streitwert wird auf 5.000,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.