Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 10. März 2015 - 5 A 209/14
Gericht
Tatbestand
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Der Kläger ist Polizeibeamter im Range eines Polizeiobermeisters und wendet sich gegen die Abänderung seiner für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 30.06.2013 erstellten Anlassbeurteilung durch den Zweitbeurteiler. Der Anlassbeurteilung ging eine Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 01.09.2007 bis zum 30.09.2011 voraus, in der die Leistung im Gesamturteil mit „C“ und die Befähigung mit „B“ bewertet wurde. Zehn Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung lauteten auf die Note „C“, 5 Merkmale auf die Note „D“.
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In der dem Kläger am 11.10.2013 eröffneten Anlassbeurteilung beurteilte die Beklagte die Leistung in der Gesamtbewertung ebenfalls mit der Notenstufe „C“ und in der Befähigung mit „B“. Bis auf die drei Einzelmerkmale „Eigenständigkeit“, „Initiative“ und „Bereitschaft zur Teamarbeit“, die mit der Notenstufe „B“ bewertet wurden, erhielten die übrigen Merkmale der Leistungsbeurteilung die Notenstufe „C“. Die vom Erstbeurteiler zuvor mit der Note „B“ bewerteten Einzelmerkmale „Fachliches Wissen und Können“, „Gründlichkeit“, „Rechtmäßigkeit des Handelns“, „Zweckmäßigkeit des Handelns“ und „Organisation des Arbeitsbereichs“ sowie die mit der Notenstufe „B“ benotete Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung wurden vom Zweitbeurteiler auf die Notenstufe „C“ herabgesetzt. Der Anlassbeurteilung liegt ein Beurteilungsbeitrag des ehemaligen Vorgesetzten des Klägers, EPHK B., für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 14.10.2012 sowie ein Beurteilungsbeitrag des Leiters des Verkehrsermittlungsdienstes PHK F. für die Zeit vom 15.10.2012 bis zum 30.06.2013 zugrunde. Dabei entspricht die von EPHK Busse vorgenommene Bewertung der Leistungsmerkmale der Einschätzung des Erstbeurteilers bis auf die Merkmale, „Arbeitsumfang“ und „Termingerechtes Arbeiten“, die von EPHK B. mit der Note „B“ eine bessere Bewertung als die „C“-Benotung des Erstbeurteilers erfuhren. PHK F. bewertete in seinem Beurteilungsbeitrag die Merkmale „Fachliches Wissen und Können“ und „Gründlichkeit“ im Gegensatz zum Erstbeurteiler mit „C“ anstatt mit „B“, dagegen benotete er das Merkmal „Belastbarkeit“ im Vergleich zum Erstbeurteiler mit der Note „B“ besser als letzterer mit der Notenstufe „C“. Die Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung versah PHK F. mit der Note „C“. Im Hinblick auf die Gesamteinschätzung der Befähigung erhielt der Kläger sowohl vom Erstbeurteiler als auch von den Verfassern der Beurteilungsbeiträge die Note „B“.
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Mit dem gegen die Anlassbeurteilung erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, der Zweitbeurteiler habe die Änderungen der Bewertungen des Erstbeurteilers nicht schlüssig begründet. Der Zweitbeurteiler habe willkürlich in die Bewertungen durch den Erstbeurteiler und die Beitragsersteller eingegriffen. EPHK B. habe seine Leistungen aus eigener Anschauung bewerten können und dabei im Vergleich zum vorherigen Beurteilungszeitraum eine deutliche Leistungssteigerung feststellen können. Der Erstbeurteiler habe die Beurteilungsbeiträge angemessen gewürdigt und in seiner Begründung zum Ausdruck gebracht, dass er aus eigener Wahrnehmung ebenfalls eine Leistungssteigerung beobachtet habe. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund der Zweitbeurteiler einige der mit „B“ benoteten Einzelmerkmale auf die Note „C“ herabgestuft und andere – wie die Merkmale „Eigenständigkeit“, „Initiative“ und „Bereitschaft zur Teamarbeit“ – nicht verändert habe. Zudem überspanne der Zweitbeurteiler die Anforderungen an die Begründung der vom Erstbeurteiler und den Beitragserstellern festgestellten Leistungssteigerungen. Insbesondere der Beurteilungsbeitrag des EPHK B. enthalte eine konkrete und nachvollziehbare Schilderung der Verbesserung der Leistungen, die der Erstbeurteiler gewürdigt und der er sich angeschlossen habe. Mit dieser Leistungssteigerung habe sich der Zweitbeurteiler im Einzelnen nicht auseinandergesetzt, sondern die Herabstufungen lediglich floskelhaft begründet, um eine Gesamtleistungsbewertung mit der Note „C“ rechtfertigen zu können.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Leistungen des Klägers seien in der vorangehenden Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 01.09.2007 bis zum 30.09.2011 vom damaligen Erstbeurteiler EPHK B. in der Gesamteinschätzung noch mit der Note „C“ beurteilt worden. Zu Recht habe der Zweitbeurteiler darauf hingewiesen, dass die von EPHK B. in seinem Beurteilungsbeitrag vorgenommene Anhebung der Noten in 15 Einzelmerkmalen sowie der Gesamtbewertung nicht hinreichend begründet worden sei. Aus dem Beurteilungsbeitrag ergebe sich nicht, woran derartige Leistungssprünge festgemacht werden. Nicht nachvollziehbar seien auch die im Vergleich zu früheren Leistungseinschätzungen deutlich besseren Bewertungen durch den Erstbeurteiler (13 Verbesserungen in den Einzelmerkmalen und in der Gesamtbewertung) und PHK F. (10 Verbesserungen in den Einzelmerkmalen) in dessen Beurteilungsbeitrag. Die Begründung der Leistungssteigerung durch den Erstbeurteiler sei mit der pauschalen Behauptung einer deutlichen Leistungssteigerung floskelhaft und nicht aussagekräftig. Die Verbesserungen seien insbesondere vor dem Hintergrund des Fortentwicklungsgebots, das eine nachvollziehbare Begründung von im Vergleich zur vorangehenden Regelbeurteilung beobachteten Leistungssteigerungen oder Leistungsabfällen gebiete, nicht plausibel. Der Zweitbeurteiler habe daher im Sinne der Maßstabsgerechtigkeit und einer nachvollziehbaren Begründungspraxis die Bewertungen des Erstbeurteilers herabgestuft, zumal EPHK B. die erbetene Überarbeitung seines Beurteilungsbeitrages zur Plausibilisierung der Leistungssteigerungen abgelehnt habe. Trotz der Abweichungen durch den Zweitbeurteiler weise die Anlassbeurteilung im Vergleich zur vorangehenden Regelbeurteilung Verbesserungen in acht Einzelmerkmalen auf.
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Mit seiner am 26.03.2014 eingereichten Klage macht der Kläger geltend, entgegen der Darstellung der Beklagten habe der Beitragsersteller EPHK B. keinen Anlass für eine „Korrektur“ seiner Begründung gesehen, da diese seiner Ansicht nach ausreichend sei und die erfolgte Beurteilung seinem tatsächlichen Leistungsniveau entspreche. Dass die Herabstufungen durch den Zweitbeurteiler willkürlich seien, zeige sich auch daran, dass nicht erkennbar sei, weshalb er die vom Erstbeurteiler vorgesehenen Hebungen in anderen Leistungsmerkmalen (1.5., 1.6., 2.3., 2.4. und 3.5) unverändert gelassen habe. Ferner zeige auch das Ergebnis der nachfolgenden Regelbeurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 01.10.2011 bis 30.04.2014, dass die Bewertungen der Leistungen durch den Erstbeurteiler zutreffend gewesen seien.
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Der Kläger beantragt,
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die dem Kläger am 11.10.2013 eröffnete Anlassbeurteilung für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 30.06.2013 und den Widerspruchsbescheid vom 06.03.2014, zugestellt am 10.03.2014, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen,
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die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Anlassbeurteilung sei im Einklang mit Ziff. 10.3 der BRL-PVD erstellt worden, da die Abweichung vom Beurteilungsergebnis durch den Zweitbeurteiler mit dem Erstbeurteiler und den Vorgesetzten erörtert und schlüssig begründet worden sei. Der Zweitbeurteiler habe ausweislich seines Vermerks vom 21.08.2013 und einiger E-Mails vom 20.08.2013 den Beurteilungsentwurf intensiv mit dem Erstbeurteiler und dem unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers erörtert. Entgegen der Auffassung des Klägers sei auch die Abänderung lediglich eines Teils der Einzelmerkmale zulässig. Die enorme Leistungsverbesserung sei im Beurteilungsentwurf vom Erstbeurteiler nicht konkret und nachvollziehbar begründet worden. Entgegen der Ansicht des Klägers könne sich der Erstbeurteiler nicht lediglich der Begründung eines Beurteilungsbeitragsverfassers anschließen, sondern müsse eine eigene Begründung anfertigen, zumal diese Darstellung – und somit nicht die in den Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Einschätzungen – den maßgeblichen Bezugspunkt für die Bestätigung durch den Zweitbeurteiler darstelle.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig, aber unbegründet.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Beurteilung unter Beachtung der Rechts-auffassung des Gerichts (analog § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), weil die dem Kläger am 11.10.2013 eröffnete Anlassbeurteilung für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 30.06.2013 in der Fassung der Widerspruchsentscheidung vom 06.03.2014 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.
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Rechtliche Grundlage für die Beurteilung ist § 21 Abs. 1 Satz 2 LBG. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 sind Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamten regelmäßig zu beurteilen. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 LBG LSA können die Beamten beurteilt werden, wenn ein besonderer Anlass dies erfordert. Das Nähere bestimmt gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 LBG die oberste Dienstbehörde für die Beamten ihres Geschäftsbereichs durch allgemeine Anordnung. Maßgebend sind vorliegend die vom Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt erlassenen „Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst des Landes Sachsen-Anhalt“ (BRL-PVD) in der Fassung vom 22.09.2011, gültig ab dem 01.10.2011. Denn zugrunde zu legen sind die Beurteilungsrichtlinien, die zum Beurteilungsstichtag der streitgegenständlichen Anlassbeurteilung am 30.06.2013 gegolten haben (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 17.10.2013 – 5 A 173/12 MD, Rn. 21, juris).
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Die dienstliche Beurteilung von Beamten ist nur in einem eingeschränkten Umfang überprüfbar. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, anzuwendende Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Wenn der Dienstherr Verwaltungsvorschriften über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat und diese auch praktiziert, hat das Gericht des Weiteren zu prüfen, ob im konkreten Fall die Richtlinien eingehalten worden sind oder ob diese mit den Regelungen der Laufbahnvorschriften in Einklang stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.2002 - 2 C 31.01; Urteil vom 26.08.1993 - 2 C 37.91; OVG Lüneburg, Urteil vom 23.05.1995 - 5 L 3777/94 - juris).
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Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die angefochtene dienstliche Beurteilung des Klägers vom 17.09./30.09.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 06.04.2014 rechtmäßig. Die vom Zweitbeurteiler gegenüber den Bewertungen durch den Erstbeurteiler vorgenommenen Herabstufungen in den Bewertungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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Gem. Ziff. 10.2 BRL-PVD ist der Zweitbeurteiler insbesondere für die Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe unter Beachtung der Richtwerte verantwortlich. Er kann nach Ziff. 10.3 BRL-PVD von dem Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers abweichen, wenn er dies zur Gewährleistung gleicher Beurteilungsmaßstäbe unter Beachtung der Richtwerte oder aufgrund eigener Erkenntnisse zum Leistungs- oder Befähigungspotential für angezeigt hält. Nach dem Bewertungssystem der BRL-PVD beurteilt der letztverantwortliche Beurteiler im Verhältnis zum Erstbeurteiler die Leistung und Befähigung abschließend. Er ist für die einheitliche Anwendung des Beurteilungsmaßstabs verantwortlich. Wenn der Richtliniengeber eine Zweitbeurteilung im Interesse der einheitlichen Anwendung des Beurteilungsmaßstabes vorsieht, ist dies grundsätzlich nicht zu beanstanden, da der Erstbeurteiler als unmittelbarer Vorgesetzter zumeist nur eine eingeschränktere Vergleichsmöglichkeit unter den zur Beurteilung anstehenden Beamten einer Vergleichsgruppe hat als der nächsthöhere Dienstvorgesetzte. Der Zweitbeurteiler kann daher einen Beurteilungsentwurf kraft eigener Kompetenz ohne weiteres auch zu Lasten des zu Beurteilenden ändern (OVG Lüneburg v. 24.02.2010, Az. 5 ME 16/10 - juris, Rn. 22; BVerwG v. 04.11.2010, Az. 2 C 16.09 - juris, Rn. 49). Der Zweitbeurteiler kann demnach maßstabswahrend eine Beurteilung auch dann „nach unten“ korrigieren, wenn nicht ausreichend plausibilisierte Leistungssprünge für das Fehlen des erforderlichen Fortentwicklungscharakters der Anlassbeurteilung oder ggf. sogar für eine an sachfremden Gesichtspunkten orientierte Beurteilungspraxis sprechen.
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Grundsätzlich müssen Anlassbeurteilungen, die einen deutlich kürzeren Zeitraum als die Regelbeurteilungen abbilden, aus den Regelbeurteilungen entwickelt werden. Das bedeutet, dass Ausgangspunkt der Anlassbeurteilung die in der vorherigen Regelbeurteilung enthaltenen Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung sind und die Anlassbeurteilung ihren Schwerpunkt darin hat aufzuzeigen, inwieweit bei einzelnen Feststellungen und Bewertungen Veränderungen zu verzeichnen sind. Dieser Maßstab muss in der Anlassbeurteilung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Je kürzer der Zeitraum zwischen Regel- und nachfolgender Anlassbeurteilung ist und je größer der Unterschied zur Regelbeurteilung in den Bewertungen – sei es bei Leistungssteigerungen oder beim Leistungsabfall – ausfällt, desto bedeutsamer ist das Begründungserfordernis bei Abweichungen der Anlassbeurteilung von der Regelbeurteilung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 – 2 VR 5/12 –, juris, Rn. 30). Demnach besteht in einem Fall wie dem vorliegendem, in dem im Verhältnis zur vorangehenden Regelbeurteilung eine deutliche Leistungssteigerung in der Gesamtnote (von „C“ auf „B“) und in 11 Teilnoten beschrieben wird, ein erhöhtes Begründungserfordernis im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung. Diesem erhöhten Begründungserfordernis ist der Erstbeurteiler vorliegend nicht gerecht geworden. Zwar verhält sich der Beurteilungsentwurf durch den Erstbeurteiler zu dem Leistungssprung, indem in der Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung auf die durch den Beurteilungsbeitragsverfasser EPHK B. beobachtete Leistungssteigerung hingewiesen wird (vgl. dort den letzten Absatz). Allerdings hat EPHK B. in seinem Beurteilungsbeitrag die im Vergleich zur vorangehenden, von ihm als Erstbeurteiler erstellten Regelbeurteilung signifikanten Verbesserungen der Bewertungen in allen Einzelmerkmalen sowie der Gesamtbewertung nicht schlüssig dargelegt.
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Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der Erstbeurteiler Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einholt, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, wenn er - wie hier - die Leistungsbewertung nicht in ausreichender Weise auf seine eigene Anschauung stützen kann. Der Beurteiler ist an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 2 A 2/10 - juris; VG Karlsruhe, Beschluss vom 17.01.2013 – 1 K 2614/12 –, juris, Rn. 23). Vorliegend hat der Erstbeurteiler den Beurteilungsbeitrag des EPHK Busse ausweislich des konkreten Bezuges auf den Beitrag in seiner Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung tatsächlich in seine Einschätzung einbezogen. Dabei plausibilisiert EPHK B. in seinem Beurteilungsbeitrag die Heraufstufung der Bewertungen aller Einzelmerkmale und der Gesamtnote der Leistungsbeurteilung im Vergleich zu der vorangehenden Regelbeurteilung des Klägers, an der er als Erstbeurteiler mitgewirkt hat, nur in ungenügendem Maße. So weist EPHK B. in der Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung seines Beurteilungsbeitrages zwar darauf hin, dass „eine weitere Steigerung in den Leistungsmerkmalen deutlich erkennbar“ sei. Als Anhaltspunkte für diese Leistungssteigerung des Klägers führt er insbesondere die Durchführung von Verkehrskontrollen im Rahmen des Verkehrsermittlungsdienstes sowie die dem Ausfall von Kollegen geschuldete Übernahme zusätzlicher Aufgaben an, bspw. die Führung der Mitarbeiter des Einsatzdienstes und die Bearbeitung von Ermittlungsvorgängen. Die Übernahme von Aufgaben anderer Mitarbeiter wurde von EPHK B. jedoch bereits in der Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung der früheren Regelbeurteilung gewürdigt und diese mit einem „C“ benotet. Auch die eigenständige Organisation und Durchführung von Verkehrskontrollen wurde in der vorangehenden Regelbeurteilung von EPHK B. bereits in der Begründung der Gesamteinschätzung der Befähigungsbeurteilung berücksichtigt. Darüber hinausgehende, konkrete Anhaltspunkte, aus denen sich die Steigerung der Leistungen des Klägers in allen Einzelmerkmalen im Vergleich zur vorangehenden Regelbeurteilung nachvollziehbar ergeben, werden in dem Beurteilungsbeitrag nicht dargelegt. Eine Plausibilisierung durch EPHK Busse erfolgte auch nicht im Nachgang auf Anfrage des Zweitbeurteilers (vgl. E-Mailverkehr vom 20.08.2013).
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Der Verweis des Erstbeurteilers auf die vom Beurteilungsbeitragsverfasser EPHK B. beobachtete deutliche Leistungssteigerung entbehrt somit einer nachvollziehbaren und plausiblen Grundlage, die die Gründe für die durchgängige Heraufstufung aller Bewertungen im Einzelnen erkennen lässt. Der Erstbeurteiler hat diese Leistungssteigerung entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht selbstständig beobachten können, sondern bezieht sich ausweislich der textlichen Fassung in der Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung auf die Beobachtungen des Beurteilungsbeitragsverfassers EPHK B.. Damit wird der vom Erstbeurteiler erstellte Beurteilungsentwurf den aus dem Fortentwicklungsgebot abzuleitenden rechtlichen Anforderungen an die Plausibilität der in einer Anlassbeurteilung zum Ausdruck kommenden Leistungsbewertung nicht gerecht.
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Aufgrund der fehlenden Plausibilisierung der Leistungsverbesserung konnte der Zweitbeurteiler vorliegend von dem nicht schlüssig begründeten Votum des Erstbeurteilers entsprechend der Ziff. 10.3. Satz 2 BRL-PVD abweichen. Eine zu den Einzelbewertungen der Leistungsmerkmale, zur Gesamtbewertung der Leistungen und zur Bewertung der Fähigkeiten abweichende Beurteilung ist gem. Ziff. 10.3. Satz 3 BRL-PVD schlüssig und nachvollziehbar zu begründen. Die durch den Zweitbeurteiler erfolgten Absenkungen in den Einzelmerkmalen und der Gesamtbewertung sind nachvollziehbar und leiden nicht an Begründungsmängeln. Sinn und Zweck des vorgenannten Begründungserfordernisses ist es, den betroffenen Beamten in die Lage zu versetzen nachzuvollziehen, aus welchem Grund der Zweitbeurteiler von einem besseren Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers abweicht. Ferner dient die Begründung auch zur Überprüfung der Beurteilung im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Diese Begründungspflicht ist somit die Kehrseite der Befugnis des Zweitbeurteilers, von einem Beurteilungsentwurf des Erstbeurteilers abzuweichen. Da der Zweitbeurteiler die Beurteilung abschließend verantwortet, ist es seine Aufgabe, eine plausible und nachvollziehbare Begründung zu bieten, wenn er dem Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers nicht folgt. Vorliegend hat der Zweitbeurteiler unter Bezugnahme auf die fehlende Plausibilisierung der Heraufstufungen durch den Erstbeurteiler den Grund für die Änderung des Beurteilungsentwurfes schlüssig und nachvollziehbar begründet i. S. d. Ziff. 10.3. Satz 3 BRL-PVD.
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Die Einzelmerkmale einer dienstlichen Beurteilung müssen hinsichtlich ihrer textlichen Ausführungen hinreichend begründet und nachvollziehbar sein. Dies gilt auch für die Abänderungen durch den Zweitbeurteiler (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 26.08.2009 – 1 M 52/09 –; VG Magdeburg, Urt. v. 18.07.2006 – 5 A 66/06 MD –). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Zweitbeurteiler den zu beurteilenden Beamten regelmäßig nicht aus persönlicher Anschauung kennt, so dass – würde verlangt werden, dass der Zweitbeurteiler seine vom Votum des Erstbeurteilers abweichende Bewertung in gleichem Maße mit tatsächlichen Vorkommnissen und eigenen Erkenntnissen begründen müsse – seine Abänderungsbefugnis leer liefe (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 15.09.2014 – 2 B 10647/14 – Rdnr. 13, juris). Durch die Verwendung rein formelhafter Wendungen wird der Beurteiler seiner Begründungsnotwendigkeit dennoch nicht gerecht. Vielmehr müssen im Einzelfall die Gründe und Argumente und damit der logische Gedankengang, der zu der Benotung geführt hat, zumindest in Grundzügen erkennbar sein (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 10.05.2010 – 5 B 390/09 –, Rdnr. 10, juris). Will der Zweitbeurteiler das Votum des Erstbeurteilers nicht vollständig ersetzen, sondern lediglich verändern, muss er diese Veränderungen im Einzelnen nachvollziehbar begründen. Er muss dafür Sorge tragen, das die Zweitbeurteilung und die Reste der Erstbeurteilung zusammen passen (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 10.05.2010 – 5 B 390/09 –, Rdnr. 11, juris. Diesen Anforderungen genügt die Zweitbeurteilung.
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Der Zweitbeurteiler hat zu den Abänderungen in den Einzelmerkmalen festgestellt, dass der vom Erstbeurteiler vorgelegte Anlassbeurteilungsentwurf im Vergleich zur letzten Regelbeurteilung in der Leistungsbeurteilung bei 15 Einzelmerkmalen 13 Hebungen auf der Grundlage von Beurteilungsbeiträgen, die ihrerseits 11 bzw. 15 Hebungen enthielten, vorgesehen hat. Er hat ferner nach dem o. g. zutreffend festgestellt, dass weder der Erstbeurteiler noch die Beurteilungsbeitragsersteller eine schlüssige und hinreichend konkrete Begründung der Leistungssteigerungen gegeben haben. Aus diesem Grund hat er von der ihm als Zweitbeurteiler zur Wahrung der einheitlichen Anwendung des Beurteilungsmaßstabes eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, die Bewertungen in den Einzelmerkmalen 1.1. (Fachliches Wissen und Können), 1.2. (Gründlichkeit), 1.3. (Rechtmäßigkeit des Handelns), 1.4. (Zweckmäßigkeit des Handelns) und 3.1. (Organisation des Arbeitsbereiches) in den Bewertungen von "B" auf "C" zu ändern. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, es sei nicht nachvollziehbar und vom Zweitbeurteiler auch nicht dargelegt, weshalb der Zweitbeurteiler in diesen Merkmalen Herabstufungen im Vergleich zur Erstbeurteilung vorsehe, während er andere vom Erstbeurteiler im Vergleich zur letzten Regelbeurteilung vorgesehen Hebungen von der Notenstufe "D" zur Notenstufe "C" in den Merkmalen 1.5. (Schriftlicher Ausdruck), 1.6. (Mündlicher Ausdruck), 2.3. (Belastbarkeit), 2.4. (Körperliche Leistung) und 3.5. (Umgang mit Bürgern) unbeanstandet gelassen habe. Denn der Zweitbeurteiler ist zu einer besonderen Begründung seiner Bewertungen nur verpflichtet, soweit er von den Bewertungen des Erstbeurteilers abweicht. Lässt er hingegen Bewertungen des Erstbeurteilers unverändert, so bedarf es einer Begründung dafür nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da der Kläger nach der Kostengrundentscheidung die Kosten selbst zu tragen hat, erübrigt sich der beantragte Ausspruch zum Erstattungsumfang hinsichtlich der Kosten für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nach Maßgabe des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.