Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 24. Juni 2014 - 4 A 167/12

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2014:0624.4A167.12.0A
bei uns veröffentlicht am24.06.2014

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine Genehmigung zum vollständigen Abbruch sämtlicher unter Denkmalschutz stehender Gebäude auf dem Grundstück des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks (RAW) in Magdeburg.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks 1, 2 in M.. Es handelt sich hierbei um das Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks. Die dort aufstehenden Gebäude, namentlich die große elfschiffige Wagenhalle, die Zentralschmiede, das Kraftwerk mit Kesselhaus und Schmuck-Dampfschornstein und das Gebäude der Großteileaufarbeitung sind im Denkmalverzeichnis der Bau- und Kunstdenkmale Sachsen-Anhalt als Baudenkmal und im Denkmalverzeichnis der Landeshauptstadt Magdburg als Denkmalbereich eingetragen. Zur Begründung wird im Denkmalverzeichnis des Landes ausgeführt, es handele sich um Werkstattanlagen der ehemaligen Königlich-Preußischen Eisenbahnhauptwerkstatt. Zunächst sei die Werkstatt für die 1839/1840 entstandene älteste private Ferneisenbahn Deutschlands, später für die Königlich-Preußische Staatseisenbahn und dann als Reichsbahnausbesserungswerk fortbetrieben worden. Ab 1892/93 sei das Werk durch B., Mitglied der Königlich Preußischen Eisenbahndirektion Berlin geplant, später dann mehrfach bis 1932/1935 erweitert worden. Die C-Stadt sei von 1893 bis 1911 in mehreren Bauphasen errichtet worden. Zur Wagenhalle wird unter anderem ausgeführt: „imposant die Ostfassade mit ihrer Folge von elf Schaugiebeln in rotem Klinkermauerwerk und die innere Raumwirkung der mit ca. 165 x 247,5 m Grundfläche weitgespannten Industriehalle, den Abschluß bilden flache in Ost-West-Richtung gespannte Satteldächer mit Laternensheds, an der Nord-Westecke zweigeschossiger Verwaltungsanbau in gelber Verblendklinkerbauweise mit kolossaler Lisenengliederung und Zinnenkopfausbildung…“. Bei der Zentralschmiede handele es sich um eine gleichfalls in dem o.g. Zeitraum errichtete Gebäude in der Gestalt einer gelben Klinkerhalle mit „roten Bändern und schmiedeeiserner Dachkonstruktion von 108 m Länge“. Das Stellwerk wird beschrieben als „Rarität zur Bedienung der Gleisharfe“. Die Großteileaufarbeitung schließlich sei 1908/09 nach Plänen des Baurats G. S. errichtet. Es handele sich um eine zweischiffige elfachsige C-Stadt mit „aufwendiger Klinker-Putz-Gliederung“, die Satteldächer seien aus genieteten Eisenbindern mit Oberlichtern, in Ziegelputzweise mit flachen Giebeln und segmentbogenförmigen Fenstern. Es sei eine „typische gründerzeitliche Industriearchitektur“. Die historischen Werksanlagen seien nahezu komplett erhalten. In ihrer „baulichen Geschlossenheit“ sei die Architektur „straßen- und stadtbildprägend“ im Ortsteil S.. Das RAW gehöre zu den „wichtigsten historischen Produktionsstandorten und bedeutendsten Zeugnissen der gründerzeitlichen Industriekultur Magdeburgs“. Neben Hamburg und Stendal zähle es zu den eisenbahn- und industriegeschichtlich bedeutendsten Großreparaturwerkstätten. Es besitze überregionale Bedeutung.

3

Das Werk ist nicht mehr in Betrieb. Mit Bescheid vom 11.06.2009, gerichtet an die DB Services Immobilien GmbH, stellte das Eisenbahnbundesamt die Fläche des RAW-Geländes von Bahnbetriebszwecken frei. Der gesamte Gleisoberbau, auch die Arbeitsgleise in der großen Wagenhalle, sind zur Schrottgewinnung abgebaut.

4

Das Gelände stand bis 2008 im Eigentum einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn. Es wurde mit Kaufvertrag vom 29.07.2008 durch die V. GbR zu einem Kaufpreis von 16.500,- € erworben. Später ging das Eigentum an die Klägerin über, deren Gesellschafter personenidentisch mit jenen der V. GbR sind.

5

Die Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn stellte bereits 2007 im Rahmen einer Machbarkeitsprüfung einen Instandhaltungsrückstau in Höhe von 4.200.000,- € fest. Im Rahmen der Denkmalschutzbeauflagung seien jährlich Investitionen in Höhe von 70.000 € erforderlich. Im Denkmalverzeichnis wird der Erhaltungszustand als „schadhaft“ beschrieben. Das Denkmal sei insgesamt durch den Leerstand verwahrlost. Zahllose Altmetalldiebstähle hätten stattgefunden. Die Dachhaut der großen Wagenhalle sei in großen Teilen desolat. Im Mai 2014 sind bei einem Brand die Holzbalkendecke und das Flachdach über dem Verwaltungsanbau zerstört worden.

6

Bereits unter dem 06.02.2009 hatte die V. GbR, nachdem sie die Fläche des RAW-Geländes mit Kaufvertrag vom 29.07.2008 erworben hatte, die Erteilung einer denkmalrechtlichen Abrissgenehmigung für den teilweisen Abriss der großen Wagenhalle bei dem Beklagten beantragt, um die Errichtung von Solarmodulen zu ermöglichen. Die Dachkonstruktion sei verschlissen und solle abgerissen werden. Investorin des Solarparks sollte die Firma s. GmbH aus Berlin sein. Eine endgültige Bearbeitung dieses Antrags erfolgte nicht. Es fanden vielmehr in der Folgezeit Gespräche zu den Nutzungsmöglichkeiten des Geländes statt. Erwogen wurde zunächst die oben erwähnte Nutzung als Solarpark. Insoweit leitete die Landeshauptstadt Magdeburg Ende 2011 auch, um die entsprechende Nutzung zu ermöglichen, die Erstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes ein, wobei Festsetzungen des Bebauungsplanes von der Bescheidung des Abbruchbegehrens der Eigentümerin des RAW-Geländes abhängig gemacht wurden. Ferner wurde im Sommer 2011 nach einer Anfrage von Kaufland erwogen, neben einer aufgelockerten Wohnbebauung von 3,6 ha, einer städtischen Wohnbebauung von 5,1 ha ein Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel auszuweisen in einer Größe von 16,1 ha. Hier machte allerdings die Landeshauptstadt Bedenken geltend, denn aus ihrer Sicht widersprach die Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel auf diesem Areal ihrem „Märktekonzept“.

7

Unter dem 05.04.2012 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten eine denkmalrechtliche Genehmigung zum Abbruch sämtlicher auf dem Grundstück des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerkes aufstehender Gebäude. Der Antrag ging per Fax am selben Tag bei dem Beklagten ein. Die ursprünglich beabsichtigte Nutzung der Dachkonstruktion der Wagenhalle für eine Photovoltaik-Anlage habe sich aus statischen Gründen als nicht möglich erwiesen. Die Nutzung des Geländes durch ein großes Einzelhandelsunternehmen sei an Einwänden der Landeshauptstadt gescheitert. Nunmehr plane man, das gesamte Areal zur Errichtung eines Solarkraftwerkes zu verwenden. Den Nachweis der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit habe man durch Vorlage des Freistellungsbescheides des Eisenbahnbundesamtes geführt. Durch die Betriebsaufgabe habe die DB hinreichend dokumentiert, dass der Weiterbetrieb des RAW nicht rentabel sei. Da die Anlagen wegen der Betriebsaufgabe nicht mehr genutzt werden dürften, könne es sich auch nicht um erhaltungswürdige Denkmale handeln. Die Klägerin betreibe kein Eisenbahnunternehmen. Auch sei die Fertigung von Statikunterlagen oder sonstigen Gutachten nicht veranlasst, da die „Ruinen der ehemaligen baulichen Anlagen nicht nutzungsfähig sind, keinerlei Nutzungserlaubnisse bzw. -befugnisse vorliegen noch tatsächlich genutzt werden dürfen“. Die Regelungen des DSchG LSA seien verfassungswidrig, was die Klägerin näher ausführte.

8

Unter dem 02.05.2012, bei dem Beklagten abgegangen am 04.05.2012, forderte der Beklagte die Klägerin auf, Unterlagen zum Beleg für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit vorzulegen. Dies erfolgt indes nicht, denn die Klägerin hielt zunächst daran fest, dass diese auf der Hand liege.

9

Mit streitbefangenem Bescheid vom 08.06.2012, eingegangen bei den jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am selben Tage, lehnte der Beklagte die Erteilung der Abbruchgenehmigung ab. Bei dem Objekt handele es sich um ein Denkmal. Dieses werde durch den Abbruch zerstört. Die Zerstörung werde nicht durch ein überwiegendes öffentliches Interesse anderer Art gerechtfertigt. Der Erhalt der Gebäude durch die Klägerin sei auch nicht wirtschaftlich unzumutbar, denn die Klägerin habe in Kenntnis der Notwendigkeit zur Instandsetzung das Kulturdenkmal erworben. Sie habe auch die Denkmaleigenschaft gekannt. Zudem sei die wirtschaftliche Unzumutbarkeit nicht glaubhaft gemacht worden. Mit den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen sei keine Gegenüberstellung der Kosten der Erhaltung und der zu erzielenden Erträge möglich.

10

Nachdem die Klägerin der Landeshauptstadt Magdeburg unter dem 08.08.2012 den Plan zur Beseitigung der Anlagen auf dem Grundstück angezeigt und mitgeteilt hatte, sie wolle unter dem 17.09.2012 mit dem Abbruch beginnen, da mit Ablauf des 06.06.2012 die Genehmigungsfiktion eingetreten sei, nahm der Beklagte mit ebenfalls streitbefangenem Bescheid vom 11.09.2012 die fiktiv erteilte denkmalrechtliche Genehmigung zurück. Es sei zwar zutreffend, dass eine Fiktion der Genehmigung eingetreten sei, weil die Nachforderung von Unterlagen nicht der Maßgabe des § 14 Abs. 11 Satz 2 DSchG LSA entsprochen habe, indes sei die so erteilte Genehmigung rechtswidrig. Insoweit wiederholte der Beklagte inhaltlich die Begründung aus dem Bescheid vom 08.06.2012. Im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens sei festzustellen, so der Beklagte weiter, dass die Belange des Denkmalschutzes hier gegenüber denjenigen der Klägerin vorgingen. Vertrauensschutz bestehe nicht, da der Klägerin wegen des Bescheides vom 08.06.2012 der Abbruch verboten wurde.

11

Bereits zuvor, nämlich unter dem 28.08.2012, überreichte die Klägerin gemeinsam mit der Investorin dem Beklagten weitere Unterlagen, um die wirtschaftliche Unzumutbarkeit zu belegen. In diesen Unterlagen werden durch ein Ingenieurbüro die Kosten für einen Dachumbau der Wagenhalle zur Aufnahme einer Photovoltaikanlage auf 1.818.022,50 € geschätzt. Die Konstruktion wird entgegen früherer Annahmen nunmehr als statisch möglich bewertet. Der Abbruch sämtlicher Gebäude kostet nach dem Angebot eines Abbruchunternehmens 2.350.000,- €. Ferner erfolgte eine Einschätzung der Erträge unter Berücksichtigung verschiedener Varianten von Solarkonstruktionen.

12

Der Beklagte fordert die Klägerin mit Schreiben vom 1.10.2012 zu weiteren Angaben zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit auf. Der Antwort der Klägerin, vertreten durch ein Ingenieurbüro, unter dem 22.10.2012, lässt sich entnehmen, dass eine Investorenrendite nur bei völligem Abbruch aller Gebäude errechnet werden kann. Diese betrage 5 % und dies sei die absolute Untergrenze; mit einer solchen Rendite sei es äußerst schwer, einen Investor zu bekommen.

13

Der Beigeladene ergänzte seine Einschätzungen unter dem 07.12.2012, (Bl. 453 Beiakte „B“). Insbesondere verwies es auch auf die enorme Größe von 40.000 qm der Wagenhalle. Diese sei eine der „größten und imposantesten Produktionshallen der spätwilhelminischen Ära in Magdeburg“. Der Bedeutung und Wirkung der C-Stadt tue der desolate Zustand des Daches und das Fehlen der 45 Arbeitsgleise keinen Abbruch. Mit dem Abbruch gehe die Denkmaleigenschaft einer der „wichtigsten historischen Produktionsstandorte Magdeburgs als Stadt des Schwermaschinenbaus in seiner architektonischen und städtebaulichen Hinterlassenschaft unwiederbringlich verloren“. Die Tragfähigkeit der Dachkonstruktion habe sich nun erwiesen und die wirtschaftliche Unzumutbarkeit sei nicht ausreichend, und vor allem nicht unabhängig, dargestellt.

14

Ein vom Beklagten unterbreitetes Vergleichsangebot, welches den Abbruch der Gebäude bei gleichzeitiger Dokumentation vorsah, nahm die Klägerin nicht an. Die Klägerin war ausweislich eines Gesprächsvermerks der Beklagten nicht daran interessiert, eine Abbruchgenehmigung zu erhalten, die die Aufstellung einer Solaranlage fordere (vgl. Bl. 523 ff Beiakte „B“). Derzeit sei nicht bekannt, ob die Solaranlage überhaupt realisiert werde. Der bisher laufende Pachtvertrag mit der s. GmbH laufe bis 30.06.2013, dann könne diese ohne Angaben von Gründen ausscheiden.

15

Mit am 06.07.2012 beim Verwaltungsgericht Magdeburg eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin Klage zunächst gegen den Bescheid vom 08.06.2012 erhoben und diese dann später erweitert. Das Reichsbahnausbesserungswerk sei kein Denkmal. Es sei durch die Bombardierungen während des zweiten Weltkrieges zu 80 % zerstört. Es sei zu keiner Zeit öffentlich zugänglich gewesen, historische Ereignisse oder Entwicklungen hätten dort nicht stattgefunden. Es habe keinen „Erinnerungswert“. Mit der Entwidmung existiere es nicht mehr als gegenständliches Ereignis oder Zeugnis. Das Reichsbahnausbesserungswerk könne auch deshalb kein Denkmal sein, weil der Beklagte im Jahr 2008 nicht sein nach § 11 Abs. 1 DSchG LSA bestehendes Vorkaufsrecht ausgeübt hat. Die nachrichtliche Aufnahme 2009 in das Denkmalverzeichnis sei gesetzeswidrig erfolgt. Eisenbahnanlagen unterlägen allein bundesrechtlichen Regelungen. Das RAW sei keiner Nutzung mehr zugänglich, da wesentliche Teile abmontiert worden seien. Die Klägerin ist ferner der Ansicht, mit der Stilllegung des Ausbesserungswerkes, bzw. der Freistellung von Bahnbetriebszwecken sei rechtlich verbindlich erklärt worden, dass kein öffentliches Interesse am Erhalt der Bahnanlagen als Kulturdenkmal bestehe. Mit der Freistellung sei die Fläche und ihre Bestandteile jeglichem öffentlichen Baurecht entzogen worden. Dies wiederum führe dazu, dass die Erhaltung wirtschaftlich unzumutbar sei. Die Anlage habe keinen Gebrauchswert und könne auch in ihrem gegenwärtigen Zustand, den der Beklagte zu erhalten anstrebe, keine Erträge abwerfen. Die Erhaltungskosten lägen ersichtlich im mehrstelligen Millionenbereich. Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit sei offenkundig. Zudem lasse sich dem Gesetz gar nicht eindeutig entnehmen, dass hier durch die Klägerin weitere Unterlagen vorzulegen gewesen seien. Durch die nicht rechtzeitige Erteilung der Abbruchgenehmigung sei es zudem nunmehr wirtschaftlich nicht sinnvoll, den ursprünglich geplanten Solarpark zu errichten. Andere Nutzungsmöglichkeiten seien nicht gegeben, eine Wohnbebauung und ein Sondergebiet für Einzelhandel seien nach Bekunden der Landeshauptstadt mit ihrem Märktekonzept unvereinbar. Das DSchG sei verfassungswidrig. Es verletze das Eigentumsrecht und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es fehle an einer klaren Definition, was ein Kulturdenkmal sei, weshalb auch die Regelungen zur Strafbarkeit in §§ 21, 22 DSchG LSA verfassungswidrig sei, sie verstießen gegen den Grundsatz nulla poena sine lege. Die darin liegende Verletzung des Bestimmtheitsgebotes führe zudem zu einer Verletzung des aus dem 1. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention folgenden Eigentumsschutzes.

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Die Klägerin beantragt,

17

den Bescheid des Beklagten vom 11.09.2012 und den Bescheid vom 08.06.2012 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei der ehemaligen Wagenreparaturwerkstatt, der ehemaligen Schmiede, der ehemaligen Großteileaufarbeitung, dem ehemaligen Kesselhaus und der Einfriedung, gelegen auf dem Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks, nicht um Bau – und Kulturdenkmale und dem ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerk Magdeburg nicht um einen Denkmalbereich handelt,

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hilfsweise,

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den Beklagten zu verpflichten, die beantragte denkmalrechtliche Abrissgenehmigung zu erteilen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

22

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Begründungen der streitbefangenen Bescheide.

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Der Beigeladenen stellt keinen Antrag.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg. Die Bescheide des Beklagten vom 11.09.2012 und vom 08.06.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Feststellung, dass die von ihr benannten Gebäude keinen Denkmalbereich bilden, bzw. keine Denkmale darstellen noch auf Verpflichtung des Beklagten auf Erteilung einer Abrissgenehmigung.

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1. Der Rücknahmebescheid vom 11.09.2012 ist rechtmäßig.

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a) Es liegt ein rücknehmbarer Verwaltungsakt in Gestalt einer fiktiven denkmalrechtlichen Genehmigung vor. Gemäß § 14 Abs. 11 DenkmSchG LSA gilt eine Genehmigung nach § 14 Abs. 1 DenkmSchG LSA als erteilt, wenn die Denkmalschutzbehörde nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags entschieden hat. Diese Frist beginnt auch bei Vorlage unvollständiger Antragsunterlagen, wenn die Behörde es unterlässt, innerhalb von fünf Tagen nach Antragstellung schriftlich unter Aufzählung der fehlenden Antragsunterlagen mitzuteilen, dass die Frist erst nach deren Vorlage zu laufen beginnt. Vorliegend ist der Antrag auf Abbruch aller auf dem Grundstück aufstehenden Anlagen am 05.04.2012 per Fax bei dem Beklagten eingegangen. Dabei handelte es sich auch um einen neuen Antrag, denn der Antrag bezog sich auf alle aufstehenden Gebäude und nicht nur auf die Wagenhalle wie der Antrag aus dem Jahre 2009. Zudem wurde mit dem Antrag auch der komplette Rückbau begehrt und nicht nur das Wegbrechen der Dachkonstruktion und die Sicherung der Außenwände wie in dem Antrag aus 2009. Der Hinweis auf fehlende Antragsunterlagen erfolgte erst mit Schreiben vom 02.05.2012, abgegangen bei dem Beklagten am 04.05.2012, also mehr als 5 Arbeitstage später. Zudem enthielt dieser Hinweis keine Aufzählung dessen, was im Einzelnen fehlte. Ein solcher Hinweis erfolgte erst beim Ortstermin am 08.05.2012, wobei diesem Hinweis wiederum ein Mangel anhaftet, er war nicht schriftlich und zudem erst recht zu spät.

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b) Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 11.09.2012, mit welchem die denkmalrechtliche Genehmigung zurückgenommen wurde, ist § 48 Abs. 1 VwVfG. Danach kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 VwVfG zurückgenommen werden.

29

Die als erteilt geltende denkmalrechtliche Genehmigung zum Abbruch der auf dem RAW-Gelände aufstehenden Gebäude war rechtswidrig.

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c) Die Erteilung einer denkmalrechtlichen Genehmigung war erforderlich, weil es sich bei den auf dem Gelände aufstehenden Gebäuden um Kulturdenkmale im Sinne des § 2 Abs. 1 DSchG LSA, namentlich um ein Baudenkmal im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 DSchG LSA handelt.

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Kulturdenkmale sind danach gegenständliche Zeugnisse menschlichen Lebens aus vergangener Zeit, die im öffentlichen Interesse zu erhalten sind. Ein öffentliches Interesse in diesem Sinne besteht immer dann, wenn diese Zeugnisse von besonderer geschichtlicher, kulturell-künstlerischer, wissenschaftlicher, kultischer, technisch-wissenschaftlicher oder städtebaulicher Bedeutung sind (§ 2 Abs. 1 Satz 2 DSchG LSA). Die Eigenschaft einer Sache als Kulturdenkmal setzt ihre Denkmalfähigkeit und ihre Denkmalwürdigkeit voraus (vgl. OVG LSA, Urt. v. 14.10.2004, 2 L 454/00, juris). Denkmalfähig ist eine Sache, wenn die in § 2 Abs. 1 Satz 2 DSchG LSA genannten Gründe für ihre Erhaltung sprechen; denkmalwürdig ist sie, wenn ein öffentliches Interesse besteht, das die auf dem Schutzgrund beruhende Erhaltung der Sache rechtfertigt (vgl. OVG LSA, a.a.O. m.w.N.).

32

Die auf dem Gelände aufstehenden Gebäude sind denkmalfähig und denkmalwürdig. Der Beklagte hat die Mehrheit baulicher Anlagen zu Recht gemäß § 18 DenkmSchG LSA in das Denkmalverzeichnis eingetragen; denn ihre Erhaltung liegt sowohl aus geschichtlicher als auch aus städtebaulicher, kulturell-künstlerischer und technisch-wirtschaftlicher Sicht im öffentlichen Interesse.

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aa) Die geschichtliche Bedeutungskategorie ist erfüllt, wenn ein Bauwerk historische Ereignisse oder Entwicklungen anschaulich macht (vgl. mit weiteren Nachweisen: OVG LSA, a.a.O., Rn. 30). Die geschichtliche Bedeutung ihrerseits ist dadurch gekennzeichnet, dass durch das Schutzobjekt (heimat-) geschichtliche Entwicklungen deutlich gemacht werden („Aussagewert“), dass ihm als Wirkungsstätte namhafter Personen oder Schauplatz historischer Ereignisse ein bestimmter Erinnerungswert beizumessen ist oder dass es einen im Bewusstsein der Bevölkerung vorhandenen Bezug zu bestimmten politischen, kulturellen oder sozialen Verhältnissen seiner Zeit herstellt („Assoziationswert“). Dabei ist die geschichtliche Bedeutung nicht auf übergeordnete oder besonders bedeutsame Entwicklungen oder Verhältnisse beschränkt. Sie umfasst vielmehr auch Gegenstände des Denkmalschutzes, die nur für einzelne Wissenschaftsdisziplinen (z.B. Kirchengeschichte, Baugeschichte, Kunstgeschichte) oder für die Regionalgeschichte, Heimatgeschichte oder Stadtgeschichte von Bedeutung sind. Entscheidend ist letztlich der dokumentarische und exemplarische Charakter des Schutzobjektes als ein Zeugnis der Vergangenheit (vgl. zum Vorstehenden: OVG LSA, a.a.O., m.w.N., nach juris).

34

bb) Städtebauliche Gründe lassen die Erhaltung und die Nutzung eines Objektes dann geboten erscheinen, wenn ihm als historischem Bestandteil einer konkreten städtebaulichen Situation eine wünschenswerte stadtbildprägende Bedeutung zu kommt, so dass es aus Gründen der Stadtgestaltung und wegen des Stadtbildes als Verlust empfunden würde, wenn es seine Prägung in seiner Eigenart als überlieferter baulicher Bestand nicht mehr wie bisher entfalten könnte (vgl. OVG LSA, Urt. v. 14.10.2004,a.a.O, Rn. 38).

35

cc) Die Einordnung als Kulturdenkmal aufgrund der kulturell-künstlerischen Bedeutung erfordert, so das OVG LSA a.a.O., Rn. 40, ein gesteigertes Maß an ästhetischer oder gestalterischer Qualität, die etwa dann zu bejahen ist, wenn das Bauwerk charakteristischer Vertreter einer Stilepoche ist oder wenn es das ästhetische Empfinden in besonderem Maße anspricht oder mindestens den Eindruck vermittelt, dass etwas nicht Alltägliches oder eine Anlage mit Symbolgehalt geschaffen worden ist.

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dd) Eine technisch-wirtschaftlichen Bedeutung als öffentliches Interesse haben insbesondere Sachzeugen der allgemeinen gesellschaftlichen oder individuellen Daseinsvorsorge im Rahmen der geschichtlichen Entwicklung, wozu auch Sachzeugen etwa des Verkehrs zählen können (vgl. Martin/Ahrensdorf/Flügel, Kommentar zum Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, § 2, Anm. 2.3.5).

37

ee) Der Beigeladene hat das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Gebäudes aufgrund seiner geschichtlichen, städtebaulichen, kulturell-künstlerischen und technisch-wirtschaftlichen Bedeutung in seinen Stellungnahmen vom 30.03.2009, 07.12.2012 und 21.05.2014 ausführlich begründet. Er ist als Denkmalfachamt i.S. d. § 5 Abs. 1 DSchG LSA in besonderem Maße zur Beurteilung der Denkmaleigenschaft berufen (vgl, OVG LSA, B. v. 06.02.2006, 2 L 6/04, juris). Die Ausführungen des Amtes sind in Bezug auf die genannten Bedeutungen schlüssig und nachvollziehbar.

38

Der Beigeladene hat zur Überzeugung des erkennenden Gerichts dargelegt, dass dem Reichsbahnausbesserungswerk für die überregionale Industriegeschichte eine erhebliche Bedeutung zukommt. Ausweislich seiner Stellungnahmen liegt insbesondere eine industriegeschichtliche Bedeutung vor, da es sich bei dem Werk um die ehemalige „Königlich Preußische Eisenbahnhauptwerkstatt“ handelt. Hierzu hat der Beigeladene bereits am 30.03.2009 ausgeführt, das RAW sei nach 1892/93 anfertigten Plänen von B., Mitglied der Königlich-Preußischen Eisenbahndirektion Berlin bis 1895 errichtet worden und sei dann in den Jahren 1899, 1908/09, 1911, 1913 und 1932/1935 teilweise nach Entwürfen des Baurats S. in mehreren Bauphasen erweitert worden. Es handele „sich um eine der eisenbahn- und industriegeschichtlich bedeutendsten Eisenbahngroßreparaturwerkstätten der Wilhelminischen Epoche in Sachsen-Anhalt und neben Hamburg und Stendal in ganz Norddeutschland“. Der Beigeladenen verweist auch darauf, dass das Werk auch regionalgeschichtlich von Bedeutung ist, denn es ist „einer der wichtigsten historischen Produktionsstandorte Magdeburgs als Stadt des Schwermaschinenbaus“.

39

Auch die angenommene städtebauliche Bedeutung besteht. Hier liegt das Areal zwar recht weit vom Stadtkern entfernt und prägt diesen nicht, andererseits ist es ein sehr großes Gelände mit insbesondere einer in ihren Ausmaßen sehr bestimmenden Wagenhalle. Dieses große Gelände prägt unzweifelhaft, wie der Beigeladene in seiner Stellungnahme vom 07.12.2012 zu Recht ausführt, gemeinsam mit den SKET- und SKL- Anlagen die Stadt in ihrer Eigenschaft als ehemaliger Standort der Schwerindustrie.

40

Auch eine kulturell-künstlerische Bedeutung ist zu bejahen. Vorliegend beeindruckt insbesondere das Bauwerk der Wagenhalle vor allem durch seine enorme Größe. Der Schornstein beim Kesselhaus wiederum beeindruckt durch seine Schmucksteine. Der Beigeladenen lobt die beeindruckenden Schmuckgiebel der Wagenhalle (vgl. Stellungnahme vom 30.3.2009, Bl. 89 Beiakte „A“) und spricht von typisch gründerzeitlicher Architektur in der Eintragung im Denkmalverzeichnis (vgl. Bl. 95, Beiakte „A“).

41

Unzweifelhaft dokumentiert ein Bahngelände mit einer Eisenbahnwerkstatt dieser Dimension schließlich auch eine technisch-wirtschaftliche Bedeutung.

42

Die Gebäude sind auch denkmalwürdig, d.h. es besteht ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung.

43

Das Tatbestandsmerkmal der Denkmalwürdigkeit ist ein Korrektiv zum Merkmal der Denkmalfähigkeit, um zu verhindern, dass dem Denkmalschutz Objekte allein aufgrund individueller Vorlieben o.ä. zugeordnet werden. Voraussetzung ist deshalb, dass die besondere Bedeutung einer Sache, die ihre Denkmaleigenschaft begründen kann, und die Notwendigkeit ihrer Erhaltung durch bestimmte Fakten erwiesen, in das Bewusstsein der Bevölkerung eingegangen oder mindestens nach dem Wissens- und Erkenntnisstand sachverständiger Betrachter anerkannt ist. Insoweit bedarf es der Abwägung der ausschließlich denkmalpflegerischen Interessen untereinander und gegeneinander, vor allem des dokumentarischen und exemplarischen Werts des Schutzobjekts (Seltenheitswert), das Alter, das Maß an Originalität und Integrität sowie ganz allgemein das konkrete Gewicht der einschlägigen Schutzgründe sind in den Blick zu nehmen(vgl. OVG LSA, Urt. v. 15.12.2011, 2 L 152/06, m.w.N., nach juris).

44

In Anwendung dieser Grundsätze ist ein öffentliches Erhaltungsinteresse zu bejahen. Das Gebäude ist - wie oben bereits beschrieben - eines der wenigen Exemplare für Eisenbahngroßreparaturwerkstätten in Norddeutschland. Der Seltenheitswert ist insbesondere für Sachsen-Anhalt hoch zu veranschlagen.

45

d) Dieses öffentliche Interesse ist auch nicht dadurch weggefallen, dass die auf dem Gelände aufstehenden Bauwerke zum Teil in schlechtem Zustand sind. Grundsätzlich hat der Erhaltungszustand eines Gebäudes keinen Einfluss auf die Denkmaleigenschaft (vgl. Bay VGH, Urt. v. 18.10.2010, 1 B 06.63, juris, Rn. 32). Dafür müssten maßgebliche Teile des Gebäudes in einem solchen Umfang zerstört sein, dass die verbliebene historische Substanz keinen Zeugniswert mehr hat. Dies ist ausweislich der Stellungnahmen des Beigeladenen auch nach dem Brand nicht der Fall. Etwas anderes gilt grundsätzlich nur dann, wenn die Restaurierung einer Neuschaffung der Bauwerke gleich kommt. Derartiges ist hier nicht ersichtlich. Auch die Klägerin behauptet nicht, dass dies der Fall wäre.

46

e) Auch entfällt die Denkmaleigenschaft entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch, dass das Werk nicht mehr als Ausbesserungswerk genutzt wird und keinen Eisenbahnzwecken mehr dient. Die Entwidmung ist im Hinblick auf die Denkmaleigenschaft unerheblich. Durch das Denkmalschutzrecht werden nicht nur solche Sachzeugen geschützt, die noch in Funktion sind, sondern es ist häufig anzutreffen, dass die ursprüngliche Funktion nicht mehr besteht. So werden gefundene Tonscherben nicht mehr verwendet, Kultstätten nicht mehr für kultische Zwecke gebraucht und Fabrikgebäude nicht mehr als solche genutzt, sondern etwa zu Wohnzwecken umgewidmet. Es ist nicht Ziel des Denkmalschutzrechts, die ursprüngliche Funktion zu erhalten und diese weiter zu betreiben. Das Denkmal gibt lediglich Zeugnis der geschichtlichen/städtebaulichen/kulturell-künstlerischen usw. Entwicklung ab (so auch vorausgesetzt in: auch BayVGH. Urt. v. 20.12.2000, 2 B 99.2118, nach juris).

47

f) Die Beseitigung der auf dem RAW-Gelände aufstehenden Gebäude war auch denkmalrechtlich nicht genehmigungsfähig, denn sie stellt einen nach § 10 Abs. 2 DSchG LSA nicht genehmigungsfähigen Eingriff dar. Entgegen der Ansicht der Klägerin belastet die unveränderte Erhaltung des Kulturdenkmals sie nicht unzumutbar im Sinne des § 10 Abs. 4 Satz 2 DSchG LSA. Danach ist eine wirtschaftliche Belastung insbesondere dann unzumutbar, wenn die Kosten der Erhaltung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen und andere Einkünfte des Verpflichteten nicht herangezogen werden können.

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Für die Frage, ob die Erhaltung eines Denkmals dem Eigentümer wirtschaftlich zugemutet werden kann, ist in erster Linie von Bedeutung, ob dem Eigentümer - ungeachtet finanzieller Folgelasten - überhaupt angesonnen werden darf, das Kulturdenkmal in seiner Substanz zu erhalten. Das ist zu verneinen, wenn er es nicht mehr sinnvoll nutzen kann, weil es „nur noch Denkmal ist“ und damit ausschließlich dem Wohl der Allgemeinheit dient (vgl. BVerfG, B. v. 02.03.1999, 1 BvL 7/91, nach juris; OVG LSA, Urt. v. 15.12.2011, 2 L 152/06, nach juris). Allerdings schützt Art. 14 GG auch nicht die einträglichste Nutzung (vgl. BVerfG, a.a.O.). Die Erhaltung oder Nutzung eines Denkmals als dauerhaft defizitäres Wirtschaften, ist nicht zumutbar. Im Übrigen beurteilt sich die Zumutbarkeit anhand eines Vergleichs der voraussichtlichen Investitions- und Bewirtschaftungskosten sowie der möglichen Nutzungserträge, wobei es auf eine objektive Wirtschaftlichkeitsberechnung in Bezug auf das Schutzobjekt ankommt und nicht aus die subjektiven wirtschaftlichen Verhältnissen des betroffenen Eigentümers (OVG LSA, a.a.O. mit zahlreichen Nachweisen).

49

In der Regel ist es erforderlich, dass der Eigentümer die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung und der Nutzung des Denkmals in einer alle relevanten Faktoren in nachvollziehbarer Weise ermittelnden und bewertenden Wirtschaftlichkeitsberechnung darlegt. Diese den Eigentümer treffende Darlegungslast entspricht der zwischen Denkmaleigentümer und Denkmalbehörden bestehenden Aufgabenverteilung und ist angemessen, weil regelmäßig nur der Eigentümer über die Informationen zur wirtschaftlichen Situation des Denkmals verfügt, die zur Darlegung einer Unzumutbarkeit erforderlich sind (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 15.05.2013, 10 A 255/12, m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13.09.2013, 10 A 1069/12, mw.N., nach juris). Erforderlich sind ein an den Notwendigkeiten orientiertes angemessenes denkmalverträgliches Gesamtkonzept für das Vorhaben und die künftige Nutzung, dessen baurechtliche und denkmalrechtliche Zulässigkeit und eine darauf beruhende wirtschaftliche Gesamtrechnung. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B. v. 17.11.2009, 7 B 25/09, nach juris) ist auch geklärt, dass es Sache des Eigentümers ist, ein Nutzungskonzept zu entwickeln und auf seine Realisierbarkeit zu überprüfen. Zusammenfassend sind bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung vor allem die Finanzierungskosten einer Sanierung sowie die Bewirtschaftungskosten den voraussichtlichen Mieteinnahmen bzw. dem Gebrauchwert des Denkmals gegenüber zu stellen, wobei auch Zuwendungen aus öffentlichen/privaten Mitteln und steuerliche Vorteile zu berücksichtigen sind (Bay VGH, Urt. v. 18.10.2010, 1 B 06.63, nach juris). Insofern ist eine Baukostenvergleichrechnung, mit der die Sanierungskosten den Abbruch- und Neubaukosten gegenüber gestellt werden, nicht geeignet, um die Frage der Zumutbarkeit zu beantworten. Zu berücksichtigen ist auch, dass wirtschaftliche Belastungen die daraus resultieren, dass der Eigentümer vorangegangene denkmalrechtliche Pflichten verletzt hat, nicht einzustellen sind (vgl. OVG LSA, a.a.O.).

50

Diesen Anforderungen werden die Unterlagen der Klägerin und ihre Ausführungen zu den Kosten zur Erhaltung des Kulturdenkmals nicht gerecht. Letztlich hat die Klägerin bereits nicht ernsthaft ein Nutzungskonzept für die Nutzung des Geländes unter Berücksichtigung der Denkmaleigenschaft entwickelt. Die von ihr nach Bescheiderlass auf einem DIN A3-Blatt aufgeführten drei Varianten unterstellen alle die Nutzung des Geländes für Solaranlagen. In der ersten Variante wird unterstellt, dass die Wagenhalle abgerissen wird und nur das Gebäude der Großteileaufarbeitung erhalten bleibt. Hier kommt die Klägerin zu dem Ergebnis, dass eine Investorenrendite von 5 % erzielt werden kann. In beiden anderen Varianten, die einen Erhalt oder jedenfalls teilweisen Erhalt der Denkmale unterstellen, ist nach den Berechnungen der Klägerin eine Rendite nicht zu verzeichnen. Beim Investor werden vielmehr Verluste in Höhe von 73.554,- € bzw. 26.134,- € dargestellt, die daraus resultieren, dass die Stromproduktion geringer wird, wenn nicht das gesamte Gelände genutzt werden kann. Ein Nutzungskonzept für das Denkmal kann hier allenfalls in der dritten Variante gesehen werden, die vom Erhalt des Denkmals ausgeht. Ein wirkliches Konzept lässt sich hier indes nicht erkennen. Vielmehr bleibt das Denkmal im Wesentlichen ungenutzt, es wird lediglich als „Halterung“ für Solaranlagen verwendet. Im Übrigen werden die Anlagen um die Gebäude herum errichtet. Hinzukommt, dass nunmehr diese Varianten ersichtlich auch nicht aktuell sind, denn die in der Berechnung zugrunde gelegte Rendite wird nicht mehr erzielt werden können, weshalb die Klägerin auch offensichtlich gar nicht mehr an der Errichtung eines Solarparks interessiert ist. Das Nutzungskonzept besteht somit nicht mehr. Weitere Varianten hat die Klägerin nicht ernsthaft geprüft. Es ist lediglich bekannt, dass die Errichtung eines Kauflandparks nach einer in einer Besprechung geäußerten Auffassung eines Vertreters der Landeshauptstadt Magdeburg dem Märktekonzept der Landeshauptstadt widerspricht. Es ist nicht bekannt, ob dies jegliche Nutzung als Gewerbeobjekt ausschließt. Die Klägerin ist aufgefordert, andere Ideen zu entwickeln und kann sich nicht beim Scheitern von ursprünglichen Ideen noch heute darauf zurückziehen, dass ihr der Erhalt des Denkmals unzumutbar sei. Der Erhalt eines Denkmals ist vielmehr erst dann unzumutbar, wenn keine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Das wiederum ist indes erst dann der Fall, wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch mehr machen und es praktisch nicht veräußern kann (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 10.06.2010, 1 B 818/06, nach juris). Zwar muss der Denkmaleigentümer nicht alle in Betracht kommenden Nutzungsmöglichkeiten dartun. Er muss indes zwei nicht fernliegende und am ehesten erfolgversprechende Varianten prüfen und die wirtschaftliche Zumutbarkeit für jede von ihnen dartun. Es ist nicht Aufgabe der Denkmalbehörde ein denkmalfachlich und wirtschaftlich tragfähiges Nutzungskonzept zu entwickeln. Es ist Sache des Eigentümers im Grundsatz zu entscheiden, wie er das Denkmal nutzen möchte. Ihn trifft insoweit eine Bringschuld. Selbst wenn der Denkmaleigentümer nicht gezwungen ist, hohe Kosten für eine Begutachtung aller Nutzungsmöglichkeiten auf sich zu nehmen, so muss er doch wenigstens für zwei mögliche Varianten eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorlegen (vgl. zum Vorstehenden: OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 02.12.2009, 1 A 10547/09, nach juris). Dies ist vorliegend nicht im Ansatz geschehen.

51

g) Darüber hinaus kann sich die Klägerin auch deshalb nicht auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit des Erhalts des Denkmals berufen, weil die Rechtsvorgängerin der Klägerin, deren Gesellschafter mit jenen der Klägerin identisch sind, bereits beim Kauf wusste, dass sie ein sanierungsbedürftiges Denkmal erwirbt. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat das sehr große Gelände zu einem sehr geringen Kaufpreis von 16.500,- € erworben. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, in dem die Denkmaleigenschaft der aufstehenden Gebäude bereits im Denkmalverzeichnis eingetragen war. Auch war bereits zu diesem Zeitpunkt deutlich, in welchem Zustand sich die Gebäude befanden. Der erhebliche Sanierungsbedarf lag auf der Hand. Insoweit ist es anerkannt, dass sich derjenige nicht wegen zu hoher Instandhaltungskosten auf wirtschaftliche Unzumutbarkeit berufen kann, der „sehenden Auges“ ein instandsetzungsbedürftiges Denkmal erwirbt (vgl. OVG, Rheinland-Pfalz, Urt. v. 02.12.2009, 1 A 10547/09, m.w.N., nach juris). Dies würde dem Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums widersprechen. Denn andernfalls könnte man unter Ausnutzung der sich aus dem schlechten Erhaltungszustand eines Gebäudes ergebenden Wertminderung ein marodes Denkmal zu einem günstigen Preis erwerben und diesen Vorteil auf Kosten des Denkmalschutzes ohne weiteres durch Abbruch dieses Denkmals erwerben. Insofern ist die Rechtslage im Denkmalschutzrecht derjenigen im Bereich der Altlastensanierung vergleichbar (vgl. zur Altlastensanierung: BVerfG, B. v. 16.02.2000, 1 BvR 242/91; zum Denkmalschutzrecht: BVerfG, B. v. 14.04.2010, 1 BvR2140/08, jeweils nach juris). Danach ist anerkannt, dass auch eine Kostenbelastung zumutbar sein, die den Wert des sanierten Grundstücks übersteige, wenn der Eigentümer das Grundstück in Kenntnis der Altlasten erworben habe, insbesondere wenn der Eigentümer der Risikos der entstandenen Gefahr bewusst in Kauf genommen oder in fahrlässiger Weise die Augen vor dem Risiko verschlossen hat, denn das freiwillig übernommene Risiko mindere die Schutzwürdigkeit. Diese Grundsätze sind wegen der ähnlichen Interessenlage auf das Denkmalschutzrecht übertragbar (vgl. BVerfG, B. v. 14.04.2010, a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 02.12.2009, a.a.O.).Hier wie dort besteht das Interesse des Eigentümers von unverhältnismäßigen Kosten verschont zu bleiben und hier wie dort stehen dem öffentliche Belange entgegen, im Falle des Denkmalschutzrechtes die Belange des Denkmalschutzes und im Falle der Altlastensanierung die Belange des Boden- und Wasserschutzes. Dabei handelt es sich jeweils um Gemeinwohlaufgaben von hohem Rang, die jeweils einschränkende Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG rechtfertigen (vgl. zum Denkmalschutz: BVerfG, B. v. 02.02.1999, 1 BvL 7/91; BVerfG, B. v. 14.04.2010, 1 BvR 2140/08, jeweils nach juris). Das Eigentum an einem denkmalgeschützten Objekt unterliegt daher einer gesteigerten Sozialbindung (vgl. BVerfG, B. v. 02.02.1999, a.a.O.). Hiervon ausgehend kann somit nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin das RAW-Gelände in Kenntnis der Sanierungsbedürftigkeit und der Denkmaleigenschaft der aufstehenden Gebäude zu einem sehr geringen Kaufpreis erworben hat. Vielmehr beeinflusst dies die Beurteilung dessen, was wirtschaftlich zumutbar ist maßgeblich. Vorliegend führt diese Kenntnis der Klägerin dazu, dass die von der Klägerin angeführten Belastungen nicht zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit führen.

52

h) Die Rücknahmeentscheidung ist auch ermessensfehlerfrei. Der Beklagte hat das ihm zustehende Ermessen erkannt und in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Er ist dabei zu Recht davon ausgegangen, dass aufgrund der mit Bescheid vom 08.08.2012 versagten Abbruchgenehmigung ein Vertrauen kaum hat entstehen können und zudem die Klägerin auch noch keine Vermögensdispositionen getroffen hat.

53

2. Die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung hat gleichfalls keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung. Gemäß § 14 Abs. 10 DSchG LSA bedarf es der Genehmigung durch die obere Denkmalschutzbehörde, wenn ein Kulturdenkmal aus zwingenden Gründen zerstört oder weggenommen werden muss. Ein Eingriff in ein Kulturdenkmal ist zu genehmigen, wenn der Eingriff aus nachgewiesenen wissenschaftlichen Gründen im öffentlichen Interesse liegt, ein überwiegendes Interesse anderer Art den Eingriff verlangt oder die unveränderte Erhaltung des Kulturdenkmals den Verpflichteten unzumutbar belastet. Bei Veränderungen in der Substanz eines Kulturdenkmals, die zu dessen Zerstörung führen, handelt es sich gemäß § 10 Abs. 1 DSchG LSA um einen Eingriff. Gemäß § 10 Abs. 6 DSchG LSA dürfen Eingriffe in ein Kulturdenkmal, die es seiner Denkmalqualität berauben oder zu seiner Zerstörung führen, nur genehmigt werden, wenn alle Möglichkeiten zur Erhaltung ausgeschöpft worden sind. Die Voraussetzungen des allein für die Erteilung der Abbruchgenehmigung in Betracht kommenden § 10 Abs. 2 Nr. DSchG LSA, nach dem ein Eingriff in ein Kulturdenkmal zu genehmigen ist, wenn die unveränderte Erhaltung des Kulturdenkmals den Verpflichteten unzumutbar belastet, sind - wie oben dargetan - nicht erfüllt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des anderen Zeitpunktes für die Beurteilung ihres Begehrens im Rahmen der Verpflichtungsklage. Denn hier gilt anders als bei der gegen den Bescheid vom 11.09.2012 gerichteten Anfechtungsklage die mündliche Verhandlung als Beurteilungszeitpunkt, wohingegen bei der Anfechtungsklage der Bescheiderlass ausschlaggebend ist (vgl. OVG LSA Urt. v. 15.12.2011, 2 L 152/06, nach juris). Vorliegend wirkt sich die Änderung des maßgeblichen Zeitpunktes indes nicht aus, da sich die maßgeblichen Werte nicht nennenswert geändert haben.

54

3. Auch die erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg. Wie sich den vorstehenden Ausführungen entnehmen lässt, sind die auf dem ehemaligen RAW-Gelände aufstehenden Gebäude Kulturdenkmale und bilden einen Denkmalbereich. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen unter 1. verwiesen.

55

4. Soweit die Klägerin das DSchG LSA für verfassungswidrig erachtet, folgt das Gericht ihrer Argumentation nicht. Der Begriff des Kulturdenkmals ist im Gesetz in einer Weise bestimmt, die entgegen der Ansicht der Klägerin auch vor dem Hintergrund der Regelungen über die Strafbarkeit einzelner Verstöße gegen das DSchG LSA, keinen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG, der das Gebot der Klarheit und Bestimmtheit einer Norm enthält, erkennen lässt. Insoweit reicht es aus, dass sich aus der Norm mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln lässt, was von den pflichtigen Personen verlangt wird. Die Notwendigkeit der Auslegung einer Norm nimmt der Norm nicht ihre Bestimmtheit (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.10.2013, 8 CN 1/12, m.w.N., nach juris). Der Begriff des Kulturdenkmals ist in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 DSchG LSA umfassend legal definiert. Diese Definitionen bedürfen lediglich der Auslegung und der Anwendung auf den jeweiligen Einzelfall. Der Grundsatz der Bestimmtheit verlangt indes nicht, dass für jeden denkbaren Einzelfall eine Regelung getroffen wird. Es ist gerade des Wesen eines Gesetzes, Anwendungsfälle abstrakt zu formulieren. Mangels Verletzung der Grundsätze zur Bestimmtheit liegt auch nicht die von der Klägerin behauptete Verletzung der Europäischen Menschenrechtkonvention vor.

56

Auch eine Verletzung von Art. 14 GG durch das DSchG LSA ist entgegen der Ansicht der Klägerin zu verneinen. Vielmehr ist, wie oben bereits ausgeführt, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt, dass der Eigentümer eines geschützten Denkmals es im Hinblick auf die Sozialbindung seines Eigentums grundsätzlich hinnehmen muss, dass ihm eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird (vgl. BVerfG, B. v. 14.04.2010, 1 BvR 2140/08, m.w.N., nach juris). Etwas anderes gilt danach erst, wenn für ein geschütztes Bauwerk keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht, auf die der Eigentümer in zumutbarere Weise verwiesen werden kann. Die Zumutbarkeit stellt somit die Grenze dar, mit der der Schutz des Eigentums gewährleistet wird. Dies ist vorliegend bereits gesetzlich auch so normiert, so dass ein Verstoßt der gesetzlichen Regelung gegen Art. 14 GG nicht zu erkennen ist.

57

5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

58

6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 VwGO. Es ist davon auszugehen, dass das Interesse der Klägerin an dem begehrten Abbruch der Gebäude mindestens darin liegt, die von dem Beklagten angegebene Geldbuße zu ersparen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Ertrag, den die Klägerin mit der nach Abbruch sämtlicher Gebäude möglichen anderweitigen Nutzung des Geländes erwirtschaften möchte, niedriger anzusetzen ist.


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Gesetz über den Lastenausgleich


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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Gründe 1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Streitigkeit über eine denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung nach rheinland-pfälzischem

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(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Streitigkeit über eine denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung nach rheinland-pfälzischem Landesrecht.

I.

2

Durch eine Rechtsverordnung aus dem Jahre 1984 wurde ein Gebiet in K... als Denkmalzone "N..." unter Denkmalschutz gestellt. Schutzzweck der Denkmalzone ist die Erhaltung und Pflege der N... zu G..., wobei die Denkmalschutzverordnung die N... mit der Schlosskapelle und den zugehörigen Parkanlagen als bauliche Gesamtanlage im Sinne von § 5 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des rheinland-pfälzischen Denkmalschutz- und -pflegegesetzes vom 23. März 1978 (GVBl S. 159 - DSchPflG) einordnet. In die Denkmalzone einbezogen war das (damalige) Grundstück Gemarkung G..., Flur ..., Parzelle Nr. ..., auf dem die Schlosskapelle steht.

3

Die Geschwister des Beschwerdeführers sind seit Anfang der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts Eigentümer des Areals der N... einschließlich des Kapellengrundstücks und nutzten es in Teilen gewerblich. Im Jahre 1993 ließen sie eine Zwischendecke mit Fußbodenheizung in die Kapelle einziehen. Die Denkmalschutzbehörde gab ihnen daraufhin auf, die Zwischendecke zu beseitigen und den alten Zustand der Kapelle wiederherzustellen. Widerspruch, verwaltungsgerichtliche Klage sowie anschließende Verfassungsbeschwerde hiergegen blieben erfolglos.

4

Während dieses Rechtsstreits teilten die Geschwister des Beschwerdeführers im Jahre 2006 das Grundstück Nr. .... Das neue Grundstück Parzelle Nr. ..., auf dem die Schlosskapelle steht, ließen sie dem Beschwerdeführer auf. Er wurde im Sommer 2006 in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Im Herbst 2006 beantragte er die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 DSchPflG in der bis zum 9. Dezember 2008 gültigen Fassung erforderliche Genehmigung zum Abriss der Kapelle (zur teilweisen Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung vgl. BVerfGE 100, 226 sowie zu den Anforderungen an eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Oktober 2001 - 1 A 11012/01.OVG -, NVwZ-RR 2002, S. 267 <268>; Urteil vom 21. August 2003 - 1 A 11997/02.OVG -, juris Rn. 28; Urteil vom 26. Mai 2004 - 8 A 12009/03 -, juris Rn. 34).

5

Die Denkmalschutzbehörde lehnte mit dem hier angegriffenen Bescheid den Antrag auf Erteilung der Abrissgenehmigung ab. Seine Klage hiergegen stützte der Beschwerdeführer vor allem darauf, dass ihm die Erhaltung des Denkmals nicht zumutbar sei. Als Eigentümer der Schlosskapelle könne er die Erhaltungspflicht aus den mit dem Denkmal möglicherweise erzielbaren Einnahmen nicht erfüllen. Die Schlosskapelle, auf die es hier allein ankomme, erfordere Modernisierungs- und Instandsetzungsaufwendungen im Werte von ca. 195.000 €, denen ein Ertragswert des Grundstücks in Höhe von lediglich 50.000 € gegenüberstehe.

6

Die Klage vor dem Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist es der Auffassung, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals, wenn wie hier eine Denkmalzone in Rede stehe, auf den im Eigentum einer Person stehenden denkmalgeschützten Gesamtbestand abzustellen sei. Dabei müssten hier die nach Unterschutzstellung eingetretenen Änderungen in den Eigentumsverhältnissen berücksichtigt werden, wenn sie auf das Verhältnis zwischen Erhaltungsaufwand für das Denkmal und Ertrag Auswirkungen haben könnten. Ansonsten bestünde die Gefahr einer Aufsplitterung des Denkmalschutzes.

7

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG.

8

Die Auslegung des denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsvorbehalts, dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf die bauliche Gesamtanlage abzustellen sei, verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Zwar könnten Eigentümerbefugnisse durch Gesetz eingeschränkt werden. Dabei dürfe der Kernbereich der Eigentumsgarantie jedoch nicht ausgehöhlt werden. Zu dieser gehörten sowohl die Privatnützigkeit, also auch die Zuordnung des Eigentumsobjekts zu einem Rechtsträger, dem es als Grundlage privater Initiative von Nutzen sein solle, als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand. Diese grundsätzliche Verfügungsbefugnis und die Privatnützigkeit des Eigentums würden durch die mit der Beschwerde angegriffenen Akte nicht mehr gewährleistet, wenn bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die gesamte unter Denkmalschutz gestellte Anlage und nicht die Kapelle als Einzelbauwerk als maßgebend angesehen werde und keinerlei andere Kompensation der nicht mehr zumutbaren Eigentumsbelastung vorgesehen sei.

9

Die (nachträgliche) Aufteilung eines Grundstücks sei rechtlich nicht untersagt. Sie sei auch nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt, so dass der zivilrechtliche Auseinandersetzungsvertrag zwischen ihm und seinen Geschwistern wegen Verstoßes gegen § 134 BGB oder § 138 BGB nichtig wäre. Vielmehr sei damit eine Grundstückssituation entstanden, die für Denkmalensembles häufig anzutreffen sei, dass nämlich in einer Denkmalzone verschiedene Grundstückseigentümer lediglich "denkmalrechtlich" zu einem Ensemble zusammengefasst würden. Weshalb in diesen Konstellationen die verfassungsrechtlich gebotene Betrachtung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit anders durchzuführen sei als bei einer Situation, in der die Denkmalwirkung erst nachträglich über verschiedene Grundstückseigentümer durch eine Rechtsverordnung erzeugt werde, erschließe sich nicht.

10

Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich die Kreisverwaltung Mayen-Koblenz, das Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz und das Bundesverwaltungsgericht geäußert.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG für eine Annahme sind nicht erfüllt. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die Maßstäbe für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Abrissgenehmigung hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu § 13 Abs. 1 Satz 2 DSchPflG geklärt (vgl. BVerfGE 100, 226). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

12

Die Versagung der Genehmigung zum Abriss der Schlosskapelle ist die Konkretisierung einer Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 100, 226 <240>). Sie schränkt die Eigentümerbefugnisse des Beschwerdeführers zwar ein, belastet ihn aber nicht unverhältnismäßig.

13

Die Denkmalschutzbehörde verfolgt mit der Versagung der Abrissgenehmigung einen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Zweck.

14

Der Schutz von Kulturdenkmälern ist grundsätzlich ein legitimes Anliegen, Denkmalpflege eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang, die einschränkende Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG rechtfertigt (BVerfGE 100, 226<242>). Die Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 (VOBl S. 209, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 2005 ) verpflichtet zudem in Art. 40 Abs. 3 das Land, die Denkmäler der Kunst und der Geschichte in seine Obhut und Pflege zu nehmen.

15

Die Denkmalschutzbehörde hat in dem angegriffenen Bescheid die besondere Bedeutung der Schlosskapelle für die N... nachvollziehbar geschildert. Auch der Beschwerdeführer stellt die Berechtigung der Unterschutzstellung der Schlosskapelle nicht in Frage.

16

Die Versagung der Genehmigung ist geeignet und erforderlich, den Zweck der Rechtsverordnung über die Unterschutzstellung der Denkmalzone "N..." zu erfüllen. Ein Abriss hätte den unwiederbringlichen Verlust eines in dieser Rechtsverordnung ausdrücklich genannten Gebäudes zur Folge.

17

Die Versagung der Genehmigung belastet den Beschwerdeführer auch nicht unverhältnismäßig.

18

Dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines geschützten Denkmals kann nur durch Inpflichtnahme des Eigentümers des Grundstücks und Gebäudes Rechnung getragen werden, dessen Eigentum daher einer gesteigerten Sozialbindung unterliegt. Sie ergibt sich aus der Situationsgebundenheit, hier der Lage und Beschaffenheit des Grundstücks (BVerfGE 100, 226 <242>).

19

Durch das Beseitigungsverbot wird die bestehende Nutzung eines Baudenkmals nicht eingeschränkt (BVerfGE 100, 226 <242>). Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Blick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (BVerfGE 91, 294 <310>; 100, 226 <242 f.>).

20

Anders liegt es aber, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Dazu kann es kommen, wenn die ursprüngliche Nutzung infolge veränderter Verhältnisse hinfällig wird und eine andere Verwendung, auf die der Eigentümer in zumutbarer Weise verwiesen werden könnte, sich nicht verwirklichen lässt. Wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch nicht veräußern kann, wird dessen Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt. Nimmt man die gesetzliche Erhaltungspflicht hinzu, so wird aus dem Recht eine Last, die der Eigentümer allein im öffentlichen Interesse zu tragen hat, ohne dafür die Vorteile einer privaten Nutzung genießen zu können. Die Rechtsposition des Betroffenen nähert sich damit einer Lage, in der sie den Namen "Eigentum" nicht mehr verdient. Die Versagung einer Beseitigungsgenehmigung ist dann nicht mehr zumutbar (BVerfGE 100, 226 <243>).

21

Gemessen hieran erweist sich die Versagung der Abrissgenehmigung gegenüber dem Beschwerdeführer nicht als unzumutbar. Der Fall des Beschwerdeführers ist durch Besonderheiten gekennzeichnet, die seine Belastung als Eigentümer mit der Erhaltung der denkmalgeschützten Schlosskapelle als mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar erscheinen lassen.

22

Allerdings wird sich die Zumutbarkeit der Erhaltung eines denkmalgeschützten Gebäudes im Hinblick auf die damit einhergehenden Belastungen grundsätzlich nur nach den sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten des denkmalgeschützten Gesamtbestands in der Hand eines Eigentümers beurteilen lassen. Nutzungs- und Ertragsmöglichkeiten anderer Eigentümer von Teilen einer denkmalgeschützten Gesamtanlage können grundsätzlich nicht in die wirtschaftliche Zumutbarkeitsprüfung einbezogen werden, sofern kein rechtlich gesichertes Ausgleichsverhältnis zwischen den verschiedenen Grundstückseigentümern besteht. Hiervon geht im Grundsatz auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in dem angegriffenen Beschluss unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Februar 1994 - 8 A 11609/92.OVG -, AS 24, 294 <298>) aus.

23

Der Fall des Beschwerdeführers weist hingegen die Besonderheit auf, dass er den neu zugeschnittenen Grundstücksteil mit der - nach seinem von den Fachgerichten als richtig unterstellten Vortrag - für sich genommen wirtschaftlich nicht tragfähigen Schlosskapelle zu einem Zeitpunkt erworben hat, zu dem die Gesamtanlage bereits als Denkmalzone ausgewiesen war. Deren wirtschaftlich sinnvolle Nutzbarkeit insgesamt steht nicht in Streit. Das vom Beschwerdeführer in privatautonomer Entscheidung erworbene Grundstück mit der Schlosskapelle war also zum Zeitpunkt seines Eigentumserwerbs bereits denkmalschutzrechtlich vorbelastet. Dies musste ihm auch bewusst sein. Die vom Beschwerdeführer erlangte Eigentümerstellung war mithin, worauf auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Stellungnahme hinweist, von vornherein denkmalschutzrechtlich eingeschränkt. Dieser Umstand beeinflusste notwendig den Wert des von ihm erworbenen Grundstücks.

24

Das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen bereits in seiner Rechtsprechung zur Kostentragungspflicht des Grundstückseigentümers für eine Altlastensanierung aus Gründen der öffentlichen Gefahrenabwehr betont, dass die Beurteilung dessen, was dem Grundstückseigentümer im Interesse des Gemeinwohls zugemutet werden kann, maßgeblich auch davon beeinflusst wird, ob er die entsprechende Belastung gekannt oder zumindest das Risiko einer solchen Belastung beim Grundstückserwerb bewusst in Kauf genommen hat (vgl. BVerfGE 102, 1 <21 f.>).

25

Die in Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Privatnützigkeit des Eigentums gewährleistet mithin nicht, dass der Grundstücksertrag der Eigentümer einer denkmalgeschützten Gesamtanlage, deren Erhalt für sich genommen wirtschaftlich zumutbar ist, dadurch gesteigert wird, dass einzelne, wirtschaftlich unrentable Teile mit Denkmalbestand eigentumsrechtlich aus einem solchen Ensemble "herausgeschnitten" werden und dadurch der Erhalt dieser Denkmäler infrage gestellt oder dessen Kosten letztlich der Allgemeinheit auferlegt werden.

26

Die angegriffenen Entscheidungen tragen diesen Grundsätzen Rechnung und sind daher mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer würde eine unter Denkmalschutz gestellte Gesamtanlage nicht zu dem Zweck, die Voraussetzungen einer (vermeintlichen) Unzumutbarkeit der Erhaltung eines Teils des Denkmals zu schaffen, oder jedenfalls unter Inkaufnahme dieser Folge eigentumsrechtlich aufspalten, und eine dem Denkmalschutz aufgeschlossene Person würde eine derartige Eigentumsposition nicht erwerben.

27

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin ist ein Steinmetzbetrieb, der in erster Linie auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin tätig ist. Sie wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen die Regelung in § 28 Abs. 2 der Bestattungs- und Friedhofssatzung (BFS) der Antragsgegnerin.

2

In der am 15. April 2009 bekanntgemachten Satzung vom 6. April 2009 hat die Vorschrift den folgenden Wortlaut:

§ 28

Grabmale

(1) …

(2) Es dürfen nur Grabmale aufgestellt werden, die nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne des Übereinkommens über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO-Konvention 182), in Kraft getreten am 19. November 2000, hergestellt wurden.

3

Mit ihrem im Jahr 2009 anhängig gemachten Normenkontrollantrag begehrt die Antragstellerin, § 28 Abs. 2 BFS für unwirksam zu erklären. Der Verwaltungsgerichtshof hatte dem Normenkontrollantrag zunächst mit Beschluss vom 27. Juli 2009 stattgegeben und die angefochtene Bestimmung für unwirksam erklärt. Zur Begründung hatte er ausgeführt: Die Antragsgegnerin könne sich nicht auf ihre Befugnis berufen, die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen durch Satzung zu regeln (Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Bayerische Gemeindeordnung), denn die angefochtene Satzungsregelung halte sich aus mehreren Gründen nicht innerhalb der Grenzen dieser Ermächtigungsgrundlage. Die Satzungsbestimmung verfolge der Sache nach einrichtungsfremde Zwecke, nämlich die Bekämpfung der Kinderarbeit weltweit. Die Regelung sei nicht geeignet, den Friedhofszweck zu fördern. Sie regele auch nicht die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten auf dem Friedhof, sondern allenfalls deren Vorfeld. Es handele sich ferner nicht um Vorschriften zur Grabmalgestaltung, denn die Herkunft und Produktionsbedingungen der Grabsteine, deren Nachweis die Antragsgegnerin verlange, seien keine die Beschaffenheit des Grabsteins kennzeichnenden Eigenschaften. Herkunft und Produktionsbedingungen könnten bei der Betrachtung des Grabsteins nicht äußerlich festgestellt werden und seien nicht geeignet, das Empfinden der Friedhofsbenutzer zu beeinträchtigen. Die angegriffene Satzungsregelung beziehe sich auch nicht auf Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, auf die die Satzungsbefugnis der Antragsgegnerin nach Art. 28 Abs. 2 GG von vornherein beschränkt sei. Die Vorschrift diene der Umsetzung eines weltweiten politischen Anliegens, nämlich der Bekämpfung von ausbeuterischer Kinderarbeit, und weise keinen spezifisch örtlichen Bezug auf.

4

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hatte das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 7. Januar 2010 zurückgewiesen.

5

Am 17. März 2010 hat die Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Verfassungsbeschwerde bei dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingelegt. Dieser hat den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs mit Entscheidung vom 7. Oktober 2011 wegen Verstoßes gegen Art. 11 Abs. 2 Bayerische Verfassung aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Die angefochtene Entscheidung werde der Bedeutung des Selbstverwaltungsrechts der Antragsgegnerin nicht gerecht. Allein der Umstand, dass § 28 Abs. 2 BFS geeignet sei, dem weltweiten politischen Anliegen der ILO-Konvention 182 Rechnung zu tragen, besage nicht, dass mit der Norm nicht eine Regelung getroffen werde, welche unmittelbar die Nutzung des Friedhofs zur Totenbestattung im Sinne des Art. 83 Abs. 1 Bayerische Verfassung betreffe. Auf die Motive derjenigen, die beim Erlass des § 28 Abs. 2 BFS mitgewirkt hätten, komme es für die rechtliche Beurteilung nicht an. Entscheidend sei nur, ob die Regelung objektiv dem Rechtskreis der Totenbestattung zugeordnet sei. Dies könne ungeachtet dessen der Fall sein, dass die Norm im Ergebnis auch einem weltweiten politischen Anliegen Rechnung trage. Es sei weder sachfremd noch willkürlich und bewege sich innerhalb des gemeindlichen normativen Einschätzungsspielraums, wenn die Antragsgegnerin davon ausgehe, dass es im Interesse der Würde des Ortes der Totenbestattung liegen könne, dass dort keine Grabsteine aufgestellt werden, deren Material in einem weltweit geächteten Herstellungsprozess durch schlimmste Formen der Kinderarbeit gewonnen worden sei.

6

Mit Urteil vom 6. Juli 2012 hat der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag daraufhin abgelehnt. Nach der ihn bindenden Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs könne der angegriffenen Rechtsvorschrift nicht mehr entgegengehalten werden, es mangele ihr an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Nach der Auffassung des Verfassungsgerichtshofs sei der sachliche Zusammenhang mit dem Friedhofszweck und damit auch der spezifisch örtliche Bezug in rechtlich einwandfreier Weise hergestellt. Die angefochtene Regelung sei auch nicht deshalb für unwirksam zu erklären, weil der Satzungsgeber die formellen Genehmigungsanforderungen nicht selbst konkretisiert und es der Friedhofsverwaltung überlassen habe zu entscheiden, auf welchem Weg und mit welchem Grad an Gewissheit der Nachweis darüber erbracht werden solle, dass das Grabmal in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt worden sei.

7

Zur Begründung ihrer Revision macht die Antragstellerin geltend: Die streitige Regelung sei keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft, sondern behandele eine bundesrechtliche Frage. Zwar könnten die Kommunen in der Friedhofssatzung grundsätzlich nach ihrem Ermessen Regelungen zur Totenbestattung sowie der Nutzung des Friedhofs treffen. Die im Selbstverwaltungsrecht begründete Befugnis zur Regelung der Benutzung öffentlicher Einrichtungen der Gemeinde erlaube aber keine Satzungsbestimmungen, die nicht mehr dem Rechtskreis der eigenen Angelegenheiten zuzuordnen seien. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 BayGO scheide als Ermächtigungsgrundlage schon deshalb aus, weil die angegriffene Regelung nicht die Benutzung des Friedhofs, sondern eine gewerbliche Tätigkeit im Vorfeld der Friedhofsnutzung betreffe. Es werde ein einrichtungsfremder Zweck, nämlich die Bekämpfung von Kinderarbeit, verfolgt. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner ersten Entscheidung auch so gesehen und sei darin vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden. Daher könne davon ausgegangen werden, dass diese Ansicht der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung entspreche. Weder Art. 28 Abs. 2 GG noch die Bestattungsgesetze der Länder und die Gemeindeordnungen könnten derart weit ausgelegt werden, dass auf ihrer Grundlage Regelungen zu Herkunft und Produktionsbedingungen von Grabmalen getroffen werden könnten. Die vom Verwaltungsgerichtshof aufgrund der Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs vorgenommene weite Auslegung der Ermächtigungsgrundlage des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 BayGO genüge überdies nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen für einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit von Steinmetzbetrieben gemäß Art. 12 Abs. 1 GG.

8

Die Antragstellerin beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Juli 2012 zu ändern und § 28 Abs. 2 der Bestattungs- und Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 6. April 2009 für unwirksam zu erklären.

9

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

10

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren. Er verteidigt ebenfalls das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs.

11

Die ebenfalls am Verfahren beteiligte Landesanwaltschaft Bayern hat sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet.

13

1. Der Erfolg der Revision ergibt sich allerdings noch nicht daraus, dass der Verwaltungsgerichtshof mit dem angefochtenen Urteil die Rechtskraft seiner ersten Entscheidung in dieser Sache missachtet und damit § 121 VwGO verletzt hätte. Zwar ist der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juli 2009 zunächst rechtskräftig geworden, nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 7. Januar 2010 - BVerwG 7 BN 2.09 - (LKV 2010, 509) die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen hatte. Jedoch hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof auf deren Verfassungsbeschwerde hin mit Entscheidung vom 7. Oktober 2011 den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juli 2009 aufgehoben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Ungeachtet der Frage, ob Landesverfassungsgerichte befugt sind, die bundesgesetzlich angeordnete Rechtskraft auch auf Kommunalverfassungsbeschwerde hin und damit außerhalb von Art. 142 GG zu durchbrechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1997 - 2 BvN 1/95 - BVerfGE 96, 345 <368 ff.>), ist die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs jedenfalls wirksam; sie hat die Rechtskraft beseitigt und das Verfahren wieder eröffnet. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Januar 2010 ist damit gegenstandslos.

14

2. Die Revision ist aber begründet, weil das angegriffene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat bei der Auslegung und Anwendung des Landesrechts zwar nicht das in Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden garantierte Recht auf Selbstverwaltung verkannt (a). Das angegriffene Urteil verstößt indes gegen Art. 20 Abs. 3 GG (b) und Art. 12 Abs. 1 GG (c). Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Vielmehr muss dem Normenkontrollantrag stattgegeben werden.

15

a) Der Verwaltungsgerichtshof hat in Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts angenommen, dass Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 BayGO die Gemeinden und Städte ermächtigt, in Satzungen die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen und damit auch die Friedhofsnutzung zu regeln, und dass dies auch Satzungsbestimmungen der hier in Rede stehenden Art umfasst. Der sachliche Zusammenhang mit dem in Art. 8 Abs. 1 Bayerisches Bestattungsgesetz (BayBestG) bestimmten Friedhofszweck und auch der spezifisch örtliche Bezug seien in rechtlich einwandfreier Weise hergestellt, da es im Interesse der Würde des Ortes der Totenbestattung liegen könne, dass dort keine Grabmale aufgestellt werden, deren Material in einem weltweit geächteten Herstellungsprozess gewonnen worden ist.

16

Die bundesverfassungsrechtliche Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht einer solchen Auslegung der Bayerischen Gemeindeordnung nicht entgegen. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sichert den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich zu (BVerfG, Beschluss vom 18. Mai 2004 - 2 BvR 2374/99 - BVerfGE 110, 370 <400>). Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind dabei diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen (BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 - BVerfGE 79, 127 <151 f.>). Art. 28 Abs. 2 GG enthält indes lediglich eine Mindestgarantie und schließt es nicht aus, dass der Gesetzgeber den Gemeinden darüber hinausgehende Aufgaben zuweist. Selbst wenn der Verwaltungsgerichtshof Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 BayGO in einer Weise ausgelegt hätte, die den Gemeinden die Regelung überörtlicher Angelegenheiten erlauben würde, so ergäbe sich allein hieraus deshalb noch keine Verletzung des Art. 28 Abs. 2 GG. Anders läge es erst, wenn sich der Verwaltungsgerichtshof bei der Auslegung des Landesrechts in der Weise an Bundesrecht gebunden gesehen hätte, dass dieses für den Inhalt des Landesrechts maßgebend sei; dann wäre revisibel, ob er sich hierbei von einer zutreffenden Auffassung des Bundesrechts hat leiten lassen (vgl. Urteil vom 30. September 2009 - BVerwG 8 C 5.09 - BVerwGE 135, 100 Rn. 13 m.w.N. = Buchholz 451.09 IHKG Nr. 21). So liegt es aber nicht. Zwar ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 BayGO nur zur Regelung der Benutzung von Einrichtungen ermächtigt, deren Betrieb zu den örtlichen Angelegenheiten der Gemeinde gehört (vgl. Art. 23 Satz 1 BayGO), und er hat - im Anschluss an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof - Art. 28 Abs. 2 GG als Auslegungshilfe zur Beantwortung der Frage herangezogen, ob eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft vorliegt. Er hat jedoch nicht festgestellt, dass der bundesverfassungsrechtliche Begriff der örtlichen Gemeinschaft aus Rechtsgründen maßgebend für den landesrechtlichen Begriff sei.

17

Unabhängig hiervon hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angenommen, dass die angegriffene Satzungsregelung die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nicht überschreitet. § 28 Abs. 2 BFS regelt Voraussetzungen für das Aufstellen von Grabsteinen auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin. Damit handelt es sich um eine Regelung der Benutzung der kommunalen Friedhöfe, die öffentliche Einrichtungen der Antragsgegnerin sind. Dass es sich hierbei um eine Angelegenheit ihrer örtlichen Gemeinschaft handelt, für deren Regelung Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 BayGO - im Einklang mit Verfassungsrecht, auch mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG - der Antragsgegnerin die Befugnis zuweist, steht außer Zweifel. Eine andere Frage ist, ob die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 BayGO auch im Übrigen vorliegen. Hierzu gehört nach bayerischem Landesrecht, dass die Satzungsbestimmung dem Zweck der Einrichtung zu dienen bestimmt ist. Das ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs der Fall: Nach Art. 149 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Verfassung haben die Gemeinden dafür zu sorgen, dass jeder Verstorbene "schicklich beerdigt" werden kann, und nach Art. 8 Abs. 1 Bayerisches Bestattungsgesetz sind Friedhöfe den Verstorbenen als würdige Ruhestätte und der Pflege ihres Andenkens gewidmet. Wenn eine Kommune der Auffassung ist, eine pietätvolle und würdige Friedhofsgestaltung setze voraus, dass ein Friedhofsnutzer die Einrichtung in dem Bewusstsein aufsuchen kann, nicht mit Grabsteinen konfrontiert zu werden, die in grob menschenrechtswidriger Weise hergestellt worden sind, so hat der Verwaltungsgerichtshof darin eine zulässige Konkretisierung des Friedhofszwecks gesehen. Dass dies mit Art. 28 Abs. 2 GG unvereinbar wäre, ist nicht erkennbar. Namentlich wird dadurch der gegenständliche Bezug zu den Friedhöfen der Antragsgegnerin nicht verlassen.

18

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Januar 2010 - BVerwG 7 BN 2.09 - (LKV 2010, 509 f. = BayVBl 2011, 510 f.), mit dem der 7. Senat die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juli 2009 zurückgewiesen hatte. Das Bundesverwaltungsgericht hatte damals entschieden, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde keine allein klärungsfähige Frage des revisiblen Bundesrechts aufgezeigt hätte, die in einer verallgemeinerungsfähigen Weise, losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalles, im Revisionsverfahren beantwortet werden könnte und müsste. Ob § 28 Abs. 2 BFS im Sinne der Ermächtigungsgrundlage des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 BayGO (noch) die Benutzung einer gemeindlichen Einrichtung regele, wenn er nur Grabmale zur Aufstellung zulasse, die nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden, sei eine Frage des irrevisiblen Landesrechts. Deshalb habe das Bundesverwaltungsgericht auch nicht darauf eingehen müssen, ob eine klärungsbedürftige Frage insoweit vorlag, als der Verwaltungsgerichtshof angenommen hatte, die streitige Regelung überschreite die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft.

19

Der Antragsgegnerin fehlt auch nicht deshalb die Regelungskompetenz, weil insoweit der Bund ausschließlich zuständig wäre oder von einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hätte. Eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG ("Warenverkehr mit dem Ausland") ist nicht gegeben, da das Verbot der Verwendung von Grabmalen aus ausbeuterischer Kinderarbeit auf Friedhöfen nicht den Warenverkehr mit dem Ausland regelt und allenfalls mittelbare Auswirkungen auf den Import und Handel von solchen Grabmalen hat. Ob Satzungsregelungen der angegriffenen Art dem Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft, Handwerk) zugeordnet werden können, mag dahinstehen. Eine Sperrwirkung zu Lasten der Länder und Gemeinden ergäbe sich nur, wenn der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit durch Gesetz Gebrauch gemacht hätte (Art. 72 Abs. 1 GG). Davon ist hier nicht auszugehen; der Bund hat den hier in Frage stehenden Sachverhalt, dass Steinmetze bestimmte Produkte wegen ihres Herstellungsprozesses nicht oder jedenfalls nicht für bestimmte Zwecke verwenden dürfen, nicht geregelt.

20

b) Die angegriffene Satzungsbestimmung verletzt jedoch das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abzuleitende Gebot der Klarheit und Bestimmtheit einer Norm.

21

Eine Vorschrift entspricht nur dann rechtsstaatlichen Grundsätzen, wenn und soweit sich aus ihr mit ausreichender Bestimmbarkeit ermitteln lässt, was von den pflichtigen Personen verlangt wird. Vom Normgeber wird verlangt, die Rechtsvorschriften so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 18. Mai 2004 a.a.O. S. 396; BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 2005 - BVerwG 10 C 4.04 - NVwZ 2006, 589). Die Notwendigkeit der Auslegung einer Begriffsbestimmung nimmt der Norm noch nicht die Bestimmtheit. Es genügt, wenn die Betroffenen die Rechtslage anhand objektiver Kriterien erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können (BVerfG, Beschlüsse vom 22. Juni 1977 - 1 BvR 799/76 - BVerfGE 45, 400 <420> und vom 18. Mai 1988 - 2 BvR 579/84 - BVerfGE 78, 205 <212>; BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1994 - BVerwG 4 C 2.94 - BVerwGE 96, 110 <111> = Buchholz 406.401 § 18 BNatSchG Nr. 3).

22

Gemessen an diesen Grundsätzen verletzt die angegriffene Satzungsbestimmung das Gebot der Normenklarheit und der hinreichenden Bestimmtheit, indem sie anordnet, dass nur Grabmale aufgestellt werden dürfen, die "nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette" ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 hergestellt wurden. Durch diese Regelung hat es die Antragsgegnerin der Friedhofsverwaltung überlassen zu überprüfen und zu beurteilen, ob die von den Steinmetzen beigebrachten Nachweise belegen, dass das Grabmal in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt worden ist, und damit die im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Bestimmung entstehenden Probleme unzulässigerweise in den Normvollzug verlagert. Dies könnte den Anforderungen an die Klarheit und Bestimmtheit einer Norm nur gerecht werden, wenn für den Normbetroffenen unschwer erkennbar wäre, welcher Nachweis genügen würde. Daran fehlt es jedoch, da es bislang keine validen Nachweismöglichkeiten gibt. Derzeit können sich die Steinmetzbetriebe nur auf Eigenerklärungen von Herstellern und Lieferanten stützen, die jedoch keinerlei Sicherheit hinsichtlich des Merkmals "frei von Kinderarbeit" garantieren können. Verlässliche Zertifizierungssysteme und Gütesiegel unabhängiger Organisationen sind bisher nicht bekannt (vgl. dazu auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion, BTDrucks 16/12988 S. 5 f.); ob die vorhandenen Zertifikate aussagekräftig sind und auf tatsächlichen Inspektionen in den Herkunftsländern der Grabmale beruhen, ist für die Steinmetze mit zumutbarem Aufwand nicht nachprüfbar. Angesichts dessen bedürfte es einer Bestimmung, welcher Art der geforderte Nachweis zu sein hat und welche Nachweise als ausreichend angesehen werden; gegebenenfalls müsste der Normgeber die Voraussetzungen festlegen, unter denen die Zeugnisse privater Zertifizierungsstellen als ausreichend angesehen werden.

23

c) Darüber hinaus genügt die angegriffene Satzungsbestimmung des § 28 Abs. 2 BFS nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG.

24

aa) § 28 Abs. 2 BFS wirkt sich auf die gewerbliche Tätigkeit der Steinmetze in der Weise aus, dass sie gehalten sind, für die Friedhöfe im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin nur solche Grabmale anzubieten, die nachweislich ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden. Dies belastet sie zwangsläufig mit den Kosten und Mühen der Nachweisbeschaffung. Hierdurch wird ihre Berufsausübung eingeschränkt und damit in das Grundrecht der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen. Schutzgut des Art. 12 Abs. 1 GG ist auch die Erwerbszwecken dienende freie unternehmerische Betätigung. Zwar sind die Steinmetze nicht unmittelbare Adressaten der kommunalen Norm. Sie sind indessen in das Nutzungsverhältnis zwischen dem Grabnutzungsberechtigten und der Antragsgegnerin einbezogen und bedürfen einer Zulassung durch die Friedhofsverwaltung (§ 34 Abs. 1 BFS). Auch nicht unmittelbar auf die berufliche Betätigung abzielende Maßnahmen können infolge ihrer spürbaren tatsächlichen Auswirkungen geeignet sein, den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG mittelbar erheblich zu beeinträchtigen. Voraussetzung für die Anerkennung solcher faktischen Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit ist, dass ein enger Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs besteht und dass nicht nur vom Staat ausgehende Veränderungen der Marktdaten oder allgemeinen Rahmenbedingungen eintreten, sondern eine objektiv berufsregelnde Tendenz erkennbar ist (BVerfG, Beschlüsse vom 8. April 1997 - 1 BvR 48/94 - BVerfGE 95, 267 <302> und vom 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02 - BVerfGE 113, 29 <48>). Die angegriffene Satzungsbestimmung stellt eine nicht unerhebliche grundrechtsspezifische Einschränkung der gewerblichen Betätigungsfreiheit dar, da viele Steinmetze in Deutschland Grabmale aus Indien oder aus sonstigen Ländern der Dritten Welt, in denen Kinderarbeit vorkommt, beziehen (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, BTDrucks 17/2406 S. 1, wonach zwei Drittel aller in Deutschland aufgestellten Grabsteine aus Indien stammen).

25

bb) Für einen solchen Eingriff in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit ist ein formelles Gesetz erforderlich.

26

Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG erlaubt Eingriffe in die Berufsfreiheit nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung, die Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lässt. Dabei muss der Gesetzgeber selbst alle wesentlichen Entscheidungen treffen, soweit sie gesetzlicher Regelung zugänglich sind (BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990 - 1 BvR 355/86 - BVerfGE 82, 209 <224>; BVerwG, Beschluss vom 7. September 1992 - BVerwG 7 NB 2.92 - BVerwGE 90, 359 <362> = Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 85). Allerdings gebietet Art. 12 Abs. 1 GG nicht, dass Einschränkungen der Berufsfreiheit stets unmittelbar durch den staatlichen Gesetzgeber oder durch die von ihm ermächtigte Exekutive angeordnet werden müssen. Vielmehr sind solche Regelungen innerhalb bestimmter Grenzen auch in Gestalt von Satzungen zulässig, die von einer Selbstverwaltungskörperschaft im Rahmen ihrer Autonomie erlassen werden (BVerfG, Beschluss vom 9. Mai 1972 - 1 BvR 518/62 und 1 BvR 308/64 - BVerfGE 33, 125 <155 ff.> - sog. Facharztbeschluss). Ob diese auf die satzungsrechtliche Tätigkeit im Bereich der funktionellen Selbstverwaltung, insbesondere der berufsständischen Organisationen, bezogene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch für den Bereich der gemeindlichen Selbstverwaltung in vollem Umfang übertragbar ist, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Es ist jedoch verfassungsrechtlich unverzichtbar, dass eine hinreichende, vom parlamentarischen Gesetzgeber geschaffene Ermächtigungsgrundlage vorhanden ist, die dem Satzungsgeber die Befugnis eröffnet, in das Grundrecht der Berufsfreiheit einzugreifen. Dabei sind die Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigung umso höher, je empfindlicher die freie berufliche Betätigung beeinträchtigt wird und je stärker die Interessen der Allgemeinheit von der Art und Weise der Tätigkeit berührt werden (BVerfG, Beschlüsse vom 19. November 1985 - 1 BvR 934/82 - BVerfGE 71, 162 <172>, vom 8. April 1998 - 1 BvR 1773/96 - BVerfGE 98, 49 <60> und vom 14. Dezember 1999 - 1 BvR 1327/98 - BVerfGE 101, 312 <323>).

27

Nach der Intensität des Grundrechtseingriffs richtet sich namentlich, mit welchem Maß an Bestimmtheit der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Satzungsregelung vorgeben muss. Zwar sind Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, der für die Übertragung rechtsetzender Gewalt an die Exekutive gilt, und die vergleichbaren Vorschriften der Landesverfassungen auf die Verleihung autonomer Satzungsgewalt an die Gemeinden nicht anwendbar (BVerfG, Beschluss vom 9. Mai 1972 a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2006 - BVerwG 8 C 13.05 - BVerwGE 125, 68 <70> = Buchholz 415.1 Allg.KommunalR Nr. 156). Die gesetzliche Ermächtigung zum Erlass gemeindlicher Satzungen, die Einschränkungen der Berufsfreiheit vorsehen, bedarf deshalb bundesverfassungsrechtlich einer Bestimmtheit grundsätzlich nur insoweit, als sich ihr zweifelsfrei entnehmen lassen muss, welchen Gegenstand die autonome Satzung betreffen und zu welchem Zweck sie erlassen werden darf (Urteile vom 9. März 1990 - BVerwG 8 C 20.88 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 117 S. 13 und vom 25. Januar 2006 a.a.O.). Darüber hinaus sind einschneidende, das Gesamtbild der beruflichen Betätigung wesentlich prägende Vorschriften über die Ausübung des Berufs dem Gesetzgeber vorbehalten (Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 1 C 13.91 - BVerwGE 96, 189 <195> = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 228). Aus dem Prinzip des Rechtsstaats sowie der Demokratie folgt, dass auch im Rahmen einer an sich zulässigen Autonomiegewährung der Grundsatz bestehen bleibt, dass der Gesetzgeber sich seiner Rechtssetzungsbefugnis nicht völlig entäußern und seinen Einfluss auf den Inhalt der zu erlassenden Norm nicht gänzlich preisgeben darf. Die grundlegende Entscheidung, ob und welche Gemeinschaftsinteressen so gewichtig sind, dass das Freiheitsrecht des Einzelnen zurücktreten muss, fällt allein in den Verantwortungsbereich des staatlichen Gesetzgebers (BVerfG, Beschlüsse vom 9. Mai 1972 a.a.O. <158 f.> und vom 14. Juli 1987 - 1 BvR 537/81, 1 BvR 195/87 - BVerfGE 76, 171 <184 f.>). Der Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG soll sicherstellen, dass der Gesetzgeber dieser Verantwortung gerecht wird.

28

Ausgehend von diesen Maßstäben fehlt der zur Normenprüfung gestellten Satzungsbestimmung eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Weder die Gewährleistung der gemeindlichen Satzungsautonomie in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG noch die in den jeweiligen Gemeindeordnungen eingeräumte, diese verfassungsrechtliche Gewährleistung lediglich deklaratorisch aufgreifende allgemeine Befugnis zum Erlass von Satzungen (hier: Art. 23 Satz 1 BayGO) genügt den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG an eine formell-gesetzliche Ermächtigung (Beschluss vom 7. September 1992 a.a.O. S. 363; Sachs, in: GG, 6. Aufl. 2011, Art. 12 Rn. 116; Rennert, in: Umbach/Clemens, GG, Bd. I, 2002, Art. 28 Rn. 138). Auch die den Gemeinden in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 BayGO eingeräumte Befugnis, die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen zu regeln, genügt nicht, und zwar auch dann nicht, wenn Art. 8 und 9 BayBestG, die nähere Regelungen für die Nutzung der Friedhöfe enthalten, einbezogen werden. Diese Vorschriften lassen weder die Voraussetzungen noch den Umfang und die Grenzen eines Eingriffs erkennen und geben somit den Rahmen für die Einschränkung von Art. 12 Abs. 1 GG nicht vor.

29

Einer gesetzlichen Grundlage bedarf es vor allem mit Blick auf das erforderliche Nachweissystem. Wie gezeigt, muss der Satzungsgeber festlegen, welcher Art der in § 28 Abs. 2 BFS geforderte Nachweis zu sein hat und welche Nachweise als ausreichend angesehen werden (oben 2.b). Derartige Festlegungen betreffen indes nicht nur die Steinmetze im jeweiligen räumlichen Einzugsbereich einer Gemeinde, sondern wesentliche Bedingungen der Ausübung des Steinmetzberufs überhaupt. Schon dies unterstreicht die außerordentliche Bedeutung derartiger Regelungen für die Berufsausübung. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber das erforderliche Nachweissystem wegen seiner Bedeutung für die Grundrechtsausübung - auch - der Händler jedenfalls in seinen Grundzügen selbst regeln muss. Auch unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsgleichheit unter den Steinmetzen wäre schwer erträglich, würde jede Gemeinde in ihrem Gebiet Nachweisanforderungen stellen, die sich von denjenigen der Nachbargemeinde erheblich unterscheiden.

30

cc) Der mit § 28 Abs. 2 BFS verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist zudem unverhältnismäßig.

31

Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit sind nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und den Berufstätigen nicht übermäßig treffen, also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 1992 - 1 BvR 1531/90 - BVerfGE 85, 248<259>; BVerfG-Kammer, Beschluss vom 7. März 2012 - 1 BvR 1209/11 - GesR 2012, 360).

32

Durch das Verbot der Verwendung von Grabmalen, die unter Einsatz von Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 hergestellt wurden, wird ein verfassungsrechtlich legitimer Zweck verfolgt. Das Verbot soll die Würde der Ruhestätte und des Friedhofs (Art. 8 BayBestG) und die Schicklichkeit der Totenbestattung (Art. 149 Abs. 1 Satz 1 BayVerf) wahren und fördern. Es ist geeignet, diesen Regelungszweck zu fördern; denn bei Nichterbringung des von der Vorschrift geforderten Nachweises wird die Verwendung solcher Grabsteine auf Friedhöfen der Antragsgegnerin verhindert. Es ist ferner erforderlich, da ein milderes Mittel, das den Regelungszweck ebenso gut erreichte, die Berufsausübungsfreiheit der Steinmetze aber weniger beschränkte, nicht erkennbar ist.

33

Die Regelung genügt aber nicht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Es ist verletzt, wenn die Schwere des Eingriffs völlig außer Verhältnis zum damit verfolgten Zweck steht (stRspr; vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 1992 a.a.O. ). Das Erfordernis nachzuweisen, dass aufzustellende Grabmale nicht aus ausbeuterischer Kinderarbeit herrühren, stellt eine einschneidende, schwerwiegende Beschränkung der Berufsausübung der Steinmetze dar. Es macht einen wesentlichen Teil ihrer beruflichen Betätigung davon abhängig, dass sie den vollen Beweis einer negativen Tatsache erbringen. Die damit verbundene schwerwiegende Beeinträchtigung steht außer Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Zweck, solange nicht klar geregelt ist, welcher Art der geforderte Nachweis zu sein hat und welche Nachweise als ausreichend angesehen werden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass ein Großteil der von den Steinmetzen verwendeten Grabmale aus Ländern der sogenannten Dritten Welt bezogen wird, in denen Kinderarbeit vorkommt. Die Steinmetze können nicht die Wertschöpfungskette jedes einzelnen von dort importierten Grabmals selbst verfolgen. Sie können ohne hinreichend bestimmte Regelung der Anforderungen an geeignete Nachweise auch nicht erkennen, welche der derzeit erhältlichen Bescheinigungen über eine von ausbeuterischer Kinderarbeit freie Wertschöpfungskette hinreichend verlässlich sind. Vielmehr wird ihnen das unkalkulierbare Risiko aufgebürdet einzuschätzen, ob von ihnen beschaffte Nachweise von der Antragsgegnerin anerkannt werden. Damit können für sie erhebliche Kosten, Umsatzeinbußen und gegebenenfalls auch Wettbewerbsnachteile gegenüber Konkurrenten, deren Nachweise im Einzelfall anerkannt werden, verbunden sein.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Streitigkeit über eine denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung nach rheinland-pfälzischem Landesrecht.

I.

2

Durch eine Rechtsverordnung aus dem Jahre 1984 wurde ein Gebiet in K... als Denkmalzone "N..." unter Denkmalschutz gestellt. Schutzzweck der Denkmalzone ist die Erhaltung und Pflege der N... zu G..., wobei die Denkmalschutzverordnung die N... mit der Schlosskapelle und den zugehörigen Parkanlagen als bauliche Gesamtanlage im Sinne von § 5 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des rheinland-pfälzischen Denkmalschutz- und -pflegegesetzes vom 23. März 1978 (GVBl S. 159 - DSchPflG) einordnet. In die Denkmalzone einbezogen war das (damalige) Grundstück Gemarkung G..., Flur ..., Parzelle Nr. ..., auf dem die Schlosskapelle steht.

3

Die Geschwister des Beschwerdeführers sind seit Anfang der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts Eigentümer des Areals der N... einschließlich des Kapellengrundstücks und nutzten es in Teilen gewerblich. Im Jahre 1993 ließen sie eine Zwischendecke mit Fußbodenheizung in die Kapelle einziehen. Die Denkmalschutzbehörde gab ihnen daraufhin auf, die Zwischendecke zu beseitigen und den alten Zustand der Kapelle wiederherzustellen. Widerspruch, verwaltungsgerichtliche Klage sowie anschließende Verfassungsbeschwerde hiergegen blieben erfolglos.

4

Während dieses Rechtsstreits teilten die Geschwister des Beschwerdeführers im Jahre 2006 das Grundstück Nr. .... Das neue Grundstück Parzelle Nr. ..., auf dem die Schlosskapelle steht, ließen sie dem Beschwerdeführer auf. Er wurde im Sommer 2006 in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Im Herbst 2006 beantragte er die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 DSchPflG in der bis zum 9. Dezember 2008 gültigen Fassung erforderliche Genehmigung zum Abriss der Kapelle (zur teilweisen Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung vgl. BVerfGE 100, 226 sowie zu den Anforderungen an eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Oktober 2001 - 1 A 11012/01.OVG -, NVwZ-RR 2002, S. 267 <268>; Urteil vom 21. August 2003 - 1 A 11997/02.OVG -, juris Rn. 28; Urteil vom 26. Mai 2004 - 8 A 12009/03 -, juris Rn. 34).

5

Die Denkmalschutzbehörde lehnte mit dem hier angegriffenen Bescheid den Antrag auf Erteilung der Abrissgenehmigung ab. Seine Klage hiergegen stützte der Beschwerdeführer vor allem darauf, dass ihm die Erhaltung des Denkmals nicht zumutbar sei. Als Eigentümer der Schlosskapelle könne er die Erhaltungspflicht aus den mit dem Denkmal möglicherweise erzielbaren Einnahmen nicht erfüllen. Die Schlosskapelle, auf die es hier allein ankomme, erfordere Modernisierungs- und Instandsetzungsaufwendungen im Werte von ca. 195.000 €, denen ein Ertragswert des Grundstücks in Höhe von lediglich 50.000 € gegenüberstehe.

6

Die Klage vor dem Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist es der Auffassung, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals, wenn wie hier eine Denkmalzone in Rede stehe, auf den im Eigentum einer Person stehenden denkmalgeschützten Gesamtbestand abzustellen sei. Dabei müssten hier die nach Unterschutzstellung eingetretenen Änderungen in den Eigentumsverhältnissen berücksichtigt werden, wenn sie auf das Verhältnis zwischen Erhaltungsaufwand für das Denkmal und Ertrag Auswirkungen haben könnten. Ansonsten bestünde die Gefahr einer Aufsplitterung des Denkmalschutzes.

7

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG.

8

Die Auslegung des denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsvorbehalts, dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf die bauliche Gesamtanlage abzustellen sei, verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Zwar könnten Eigentümerbefugnisse durch Gesetz eingeschränkt werden. Dabei dürfe der Kernbereich der Eigentumsgarantie jedoch nicht ausgehöhlt werden. Zu dieser gehörten sowohl die Privatnützigkeit, also auch die Zuordnung des Eigentumsobjekts zu einem Rechtsträger, dem es als Grundlage privater Initiative von Nutzen sein solle, als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand. Diese grundsätzliche Verfügungsbefugnis und die Privatnützigkeit des Eigentums würden durch die mit der Beschwerde angegriffenen Akte nicht mehr gewährleistet, wenn bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die gesamte unter Denkmalschutz gestellte Anlage und nicht die Kapelle als Einzelbauwerk als maßgebend angesehen werde und keinerlei andere Kompensation der nicht mehr zumutbaren Eigentumsbelastung vorgesehen sei.

9

Die (nachträgliche) Aufteilung eines Grundstücks sei rechtlich nicht untersagt. Sie sei auch nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt, so dass der zivilrechtliche Auseinandersetzungsvertrag zwischen ihm und seinen Geschwistern wegen Verstoßes gegen § 134 BGB oder § 138 BGB nichtig wäre. Vielmehr sei damit eine Grundstückssituation entstanden, die für Denkmalensembles häufig anzutreffen sei, dass nämlich in einer Denkmalzone verschiedene Grundstückseigentümer lediglich "denkmalrechtlich" zu einem Ensemble zusammengefasst würden. Weshalb in diesen Konstellationen die verfassungsrechtlich gebotene Betrachtung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit anders durchzuführen sei als bei einer Situation, in der die Denkmalwirkung erst nachträglich über verschiedene Grundstückseigentümer durch eine Rechtsverordnung erzeugt werde, erschließe sich nicht.

10

Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich die Kreisverwaltung Mayen-Koblenz, das Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz und das Bundesverwaltungsgericht geäußert.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG für eine Annahme sind nicht erfüllt. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die Maßstäbe für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Abrissgenehmigung hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu § 13 Abs. 1 Satz 2 DSchPflG geklärt (vgl. BVerfGE 100, 226). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

12

Die Versagung der Genehmigung zum Abriss der Schlosskapelle ist die Konkretisierung einer Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 100, 226 <240>). Sie schränkt die Eigentümerbefugnisse des Beschwerdeführers zwar ein, belastet ihn aber nicht unverhältnismäßig.

13

Die Denkmalschutzbehörde verfolgt mit der Versagung der Abrissgenehmigung einen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Zweck.

14

Der Schutz von Kulturdenkmälern ist grundsätzlich ein legitimes Anliegen, Denkmalpflege eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang, die einschränkende Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG rechtfertigt (BVerfGE 100, 226<242>). Die Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 (VOBl S. 209, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 2005 ) verpflichtet zudem in Art. 40 Abs. 3 das Land, die Denkmäler der Kunst und der Geschichte in seine Obhut und Pflege zu nehmen.

15

Die Denkmalschutzbehörde hat in dem angegriffenen Bescheid die besondere Bedeutung der Schlosskapelle für die N... nachvollziehbar geschildert. Auch der Beschwerdeführer stellt die Berechtigung der Unterschutzstellung der Schlosskapelle nicht in Frage.

16

Die Versagung der Genehmigung ist geeignet und erforderlich, den Zweck der Rechtsverordnung über die Unterschutzstellung der Denkmalzone "N..." zu erfüllen. Ein Abriss hätte den unwiederbringlichen Verlust eines in dieser Rechtsverordnung ausdrücklich genannten Gebäudes zur Folge.

17

Die Versagung der Genehmigung belastet den Beschwerdeführer auch nicht unverhältnismäßig.

18

Dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines geschützten Denkmals kann nur durch Inpflichtnahme des Eigentümers des Grundstücks und Gebäudes Rechnung getragen werden, dessen Eigentum daher einer gesteigerten Sozialbindung unterliegt. Sie ergibt sich aus der Situationsgebundenheit, hier der Lage und Beschaffenheit des Grundstücks (BVerfGE 100, 226 <242>).

19

Durch das Beseitigungsverbot wird die bestehende Nutzung eines Baudenkmals nicht eingeschränkt (BVerfGE 100, 226 <242>). Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Blick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (BVerfGE 91, 294 <310>; 100, 226 <242 f.>).

20

Anders liegt es aber, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Dazu kann es kommen, wenn die ursprüngliche Nutzung infolge veränderter Verhältnisse hinfällig wird und eine andere Verwendung, auf die der Eigentümer in zumutbarer Weise verwiesen werden könnte, sich nicht verwirklichen lässt. Wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch nicht veräußern kann, wird dessen Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt. Nimmt man die gesetzliche Erhaltungspflicht hinzu, so wird aus dem Recht eine Last, die der Eigentümer allein im öffentlichen Interesse zu tragen hat, ohne dafür die Vorteile einer privaten Nutzung genießen zu können. Die Rechtsposition des Betroffenen nähert sich damit einer Lage, in der sie den Namen "Eigentum" nicht mehr verdient. Die Versagung einer Beseitigungsgenehmigung ist dann nicht mehr zumutbar (BVerfGE 100, 226 <243>).

21

Gemessen hieran erweist sich die Versagung der Abrissgenehmigung gegenüber dem Beschwerdeführer nicht als unzumutbar. Der Fall des Beschwerdeführers ist durch Besonderheiten gekennzeichnet, die seine Belastung als Eigentümer mit der Erhaltung der denkmalgeschützten Schlosskapelle als mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar erscheinen lassen.

22

Allerdings wird sich die Zumutbarkeit der Erhaltung eines denkmalgeschützten Gebäudes im Hinblick auf die damit einhergehenden Belastungen grundsätzlich nur nach den sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten des denkmalgeschützten Gesamtbestands in der Hand eines Eigentümers beurteilen lassen. Nutzungs- und Ertragsmöglichkeiten anderer Eigentümer von Teilen einer denkmalgeschützten Gesamtanlage können grundsätzlich nicht in die wirtschaftliche Zumutbarkeitsprüfung einbezogen werden, sofern kein rechtlich gesichertes Ausgleichsverhältnis zwischen den verschiedenen Grundstückseigentümern besteht. Hiervon geht im Grundsatz auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in dem angegriffenen Beschluss unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Februar 1994 - 8 A 11609/92.OVG -, AS 24, 294 <298>) aus.

23

Der Fall des Beschwerdeführers weist hingegen die Besonderheit auf, dass er den neu zugeschnittenen Grundstücksteil mit der - nach seinem von den Fachgerichten als richtig unterstellten Vortrag - für sich genommen wirtschaftlich nicht tragfähigen Schlosskapelle zu einem Zeitpunkt erworben hat, zu dem die Gesamtanlage bereits als Denkmalzone ausgewiesen war. Deren wirtschaftlich sinnvolle Nutzbarkeit insgesamt steht nicht in Streit. Das vom Beschwerdeführer in privatautonomer Entscheidung erworbene Grundstück mit der Schlosskapelle war also zum Zeitpunkt seines Eigentumserwerbs bereits denkmalschutzrechtlich vorbelastet. Dies musste ihm auch bewusst sein. Die vom Beschwerdeführer erlangte Eigentümerstellung war mithin, worauf auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Stellungnahme hinweist, von vornherein denkmalschutzrechtlich eingeschränkt. Dieser Umstand beeinflusste notwendig den Wert des von ihm erworbenen Grundstücks.

24

Das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen bereits in seiner Rechtsprechung zur Kostentragungspflicht des Grundstückseigentümers für eine Altlastensanierung aus Gründen der öffentlichen Gefahrenabwehr betont, dass die Beurteilung dessen, was dem Grundstückseigentümer im Interesse des Gemeinwohls zugemutet werden kann, maßgeblich auch davon beeinflusst wird, ob er die entsprechende Belastung gekannt oder zumindest das Risiko einer solchen Belastung beim Grundstückserwerb bewusst in Kauf genommen hat (vgl. BVerfGE 102, 1 <21 f.>).

25

Die in Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Privatnützigkeit des Eigentums gewährleistet mithin nicht, dass der Grundstücksertrag der Eigentümer einer denkmalgeschützten Gesamtanlage, deren Erhalt für sich genommen wirtschaftlich zumutbar ist, dadurch gesteigert wird, dass einzelne, wirtschaftlich unrentable Teile mit Denkmalbestand eigentumsrechtlich aus einem solchen Ensemble "herausgeschnitten" werden und dadurch der Erhalt dieser Denkmäler infrage gestellt oder dessen Kosten letztlich der Allgemeinheit auferlegt werden.

26

Die angegriffenen Entscheidungen tragen diesen Grundsätzen Rechnung und sind daher mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer würde eine unter Denkmalschutz gestellte Gesamtanlage nicht zu dem Zweck, die Voraussetzungen einer (vermeintlichen) Unzumutbarkeit der Erhaltung eines Teils des Denkmals zu schaffen, oder jedenfalls unter Inkaufnahme dieser Folge eigentumsrechtlich aufspalten, und eine dem Denkmalschutz aufgeschlossene Person würde eine derartige Eigentumsposition nicht erwerben.

27

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.