Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 17. Dez. 2015 - 3 A 110/13

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2015:1217.3A110.13.0A
bei uns veröffentlicht am17.12.2015

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen eine Kürzung ihr gewährter Subventionen durch den Beklagten.

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Die Klägerin beantragte am 12.3.2009 die Gewährung einer Zuwendung für das Vorhaben "Umbau und Umnutzung des ehemaligen Maischraumes der Brennerei im Stiftungsgut Üplingen zum dörflichen Begegnungszentrum" im Zeitraum 1.5.2009 bis 30.6.2010. Die Gesamtinvestitionen wurden mit 500.000,- € und die Höhe der beantragten Zuwendung mit 182.250,- € beziffert. Beigefügt war eine tabellarische Kostenschätzung zur Summe von 500.000,- € (Bl. 9-14 der Beiakte A), in der auch die Kostengruppen 370 (Baukonstruktive Einbauten: 10.000,- €), 445 (Beleuchtungsanlagen: 10.000,- €), 450 (Fernmelde- und informationstechnische Anlagen: 3.250,- €), 471 (Küchentechnische Anlagen: 5.000,- €), 546 (Starkstromanlagen: 5.500,- €) und 600 (Ausstattung mit Kunstwerken: 10.000,- €) mit Beträgen versehen waren.

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Der Beklagte bestätigte im Mai 2009 den Eingang des Antrags und erteilte der Klägerin am 21.12.2009 (Bl. 112 der Beiakte A) eine "Zusage gem. § 38 VwVfG, zu einem späteren Zeitpunkt den Verwaltungsakt der Bewilligung zu erlassen".

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Mit Schreiben vom 15.4.2010 (Bl. 123 der Beiakte A) wies der Beklagte die Klägerin u.a. darauf hin, dass gemäß Teil E Pkt. 4.11b der Förderrichtlinie mobile Einrichtungen und technische Geräte nicht zuwendungsfähig seien. Entsprechend DIN 276 betreffe dies die aufgeführten Kosten der Kostengruppen 371, 445, 450, 471, 546 und 600 i.H.v. 36.765,- € netto. Bei öffentlichen Antragstellern erfolge eine Förderung der zuwendungsfähigen Ausgaben bis zum Rohbau incl. Lichtschalter, Heizung und sanitäre Einrichtungen in einfacher Ausstattung, jedoch keine weiteren technischen Anlagen o.ä. Danach wäre derzeitig eine Förderung in Höhe von 172.530,- € möglich.

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Am 31.5.2010 fand eine Vor-Ort-Besprechung der Beteiligten über erweiterte Planungen statt (Bl. 129, 130 der Beiakte A), in deren Folge die Klägerin am 16.6.2010 einen Erweiterungsantrag stellte, mit dem sie die Gesamtkosten nunmehr auf 560.000,- € und die Höhe der beantragten Zuwendung auf 204.120,- € bezifferte. In der beigefügten Kostenschätzung (Bl. 136-141 der Beiakte A) waren in den bemängelten Kostengruppen nunmehr die Beträge auf Null gesetzt bzw. die entsprechenden Spalten offen gelassen.

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Mit Bescheid v. 1.7.2010 (Bl. 150 ff. der Beiakte A) bewilligte der Beklagte der Klägerin nach Maßgabe der Förderrichtlinie und aufgrund der im Antrag gemachten Angaben für den Bewilligungszeitraum vom 10.7.2010 bis 31.10.2011 eine Zuwendung in Höhe von 204.120,- €. Die Zuwendung werde als nicht rückzahlbare Zuwendung in Form der Anteilfinanzierung in Höhe von 75 % (S. 2, Ziff. 3.) der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben gewährt. Dabei sei eine Erhöhung der Anteilfinanzierung um 2 x 5 % erfolgt. Die zuwendungsfähigen Gesamtausgaben in Höhe von 470.588,- € seien auf der Grundlage des Antrags mit dem dazugehörigen Finanzierungsplan (Gesamtkosten 560.000,- €, Eigenmittel 355.880,- €, Zuwendung 204.120,- €) ermittelt worden. Der Antrag, insbesondere der Finanzierungsplan, wurde zum Bestandteil des Bescheides erklärt. Die Förderrichtlinie, die ANBest-P und die Haushaltsvorschriften wurden in den Bescheid einbezogen. Der Klägerin wurde die Vorlage eines Verwendungsnachweises auferlegt. Der Bescheid war mit einem Widerrufsvorbehalt versehen und erwuchs in Bestandskraft.

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Am 29.11.2010, 1.2.2011 und 29.7.2011 zeigte die Klägerin Mehrkosten in Höhe von insgesamt 53.032,81 € an, die aufgrund Schichtwasserandrangs und Gründungsproblemen infolge eines erstellten Baugrundgutachtens und ergriffener Maßnahmen entstanden waren (Bl. 279 ff., 384, 1043 der Beiakten), und bat um Erhöhung der Fördermittel, was mit Schreiben vom 15.8.2011 (Bl. 1065 der Beiakten) abgelehnt wurde.

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Die Klägerin reichte am 23.3.2011 (Bl. 443 ff. der Beiakte A) und 27.7.2011 (Bl. 704 der Beiakte B) Auszahlungsanträge ein. Vorgelegt wurden hierbei auch Rechnungen (Nr. 15, Stock GmbH, 5234,22 €, Bl. 726, Wandhängeschrank, Arbeitstisch, Spültisch, Mischbatterie, Ausgussbecken; Nr. 40, Jopke Gastronomie- und Kühltechnik, 5.511,46 €, Bl. 969, Kühltheke, Mischbatterie; Nr. 42, Glasbau Lehner, 633,04 €, Bl. 997, Spiegel; Nr. 46, Wrehde GmbH, 18.000,- €, Bl. 1010, Bau- und Möbeltischlerarbeiten, Bl. 1221 der Beiakte C) über Positionen, die laut Zuwendungsbescheid nicht förderfähig waren. Der Beklagte hörte daraufhin die Klägerin zur Frage der Aufhebung des Zuwendungsbescheides und Sanktionierung an (Anhörungsschreiben vom 29.9.2011, Bl. 1076 der Beiakte B). Ein Anhörungstermin zur Erörterung fand am 14.10.2011 statt (Protokoll Bl. 1080 der Beiakte B). Die Klägerin reichte darüberhinaus eine Stellungnahme ein (Schreiben vom 20.10.2011, Bl. 1088 der Beiakte B).

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Mit Bescheid vom 25.10.2011 änderte der Beklagte den Zuwendungsbescheid, setzte die zuwendungsfähigen Ausgaben auf 351.139,81 € und die Zuwendung auf 152.394,68 € fest und verhängte – gestützt auf Art. 31 der VO (EG) Nr. 1975/2006 – einen Sanktionsbetrag in Höhe von 25.862,66 €.

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Gegen den am 7.11.2011 zugestellten Bescheid erhob die Klägerin am 16.11.2011 Widerspruch (Bl. 1101 der Beiakte B).

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Der Beklagte erließ am 5.12.2011 einen Änderungsbescheid (Bl. 1384 der Beiakte C), in dem er den Bewilligungszeitraum vom 10.7.2010 bis 24.11.2011 festlegte und feststellte, die Zuwendung werde als nicht rückzahlbare Zuwendung in Form der Anteilsfinanzierung in Höhe von 43,4 % der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben gewährt. Mit letzterer Feststellung änderte der Beklagte Punkt 3. des Zuwendungsbescheides vom 1.7.2010 und führte aus, bei der dort genannten 75-%-Förderung handele es sich um einen offensichtlichen Fehler, der gem. § 42 VwVfG berichtigt werde. Der maximal mögliche Förderanteil betrage gem. Ziff. 5.2.2., 5.2.3 und 5.3 Teil E der Förderrichtlinie bei juristischen Personen 45 %. Antragsgemäß sei eine Zuwendung in Höhe von 204.120,- € ausgereicht worden. Dies entspreche 43,4 % der förderfähigen Kosten von 470.588,- €.

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Mit Schreiben vom 16.12.2011 (Bl. 1390 der Beiakte C) erstreckte die Klägerin ihren Widerspruch auf den Änderungsbescheid.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 13.3.2013 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Widerspruch vom 16.11.2011 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, die Kürzung beruhe auf Art. 30 der VO (EG) Nr. 65/2011. Entsprechend dem Antrag der Klägerin habe sich ein Auszahlungsbetrag von 139.297,58 € (Buchstabe a) ergeben. Unter Berücksichtigung des Fördersatzes von 43,4 % habe sich ein Auszahlungsbetrag von 113.434,92 € (Buchstabe b) ergeben. Die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen betrage 25.862,66 €. Der nach Angaben der Klägerin ermittelte Betrag übersteige den festgestellten Auszahlungsbetrag in Höhe von 22,8 %. Die 3%-Grenze sei somit überschritten. Die Kürzung belaufe sich auf die Differenz zwischen dem im Zahlungsantrag vorgelegten und nach Prüfung der Förderfähigkeit von der Behörde ermittelten Betrag. Gemäß Art. 33 der VO (EG) Nr. 1290/2005 gälten die Differenzbeträge (Kürzung) und die ggf. darauf ermittelten Sanktionsbeträge (bei einer Differenz > 3 %) als "gestrichene Mittel". Diese Beträge, d.h. sowohl die Differenzbeträge bis 3 % als auch die Differenzbeträge > 3 % einschließlich die darauf zu berechnende Sanktion, dürften für das betroffene Vorhaben nicht mehr ausbezahlt werden. Aus diesen Gründen sei eine Kürzung der Zuwendung um insgesamt 51.725,32 € gerechtfertigt. Der Beklagte habe darauf hingewiesen, dass die monierten Positionen nicht förderfähig seien, so dass die positive Kenntnis der Klägerin den Nachweis nach Art. 30 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 65/2011, für die Angabe des nicht förderfähigen Betrages nicht verantwortlich zu sein, ausschließe. Der Fördersatz von 45 % sei der Höchstfördersatz. Die Klägerin habe eine Förderung von 204.120 € beantragt, die einem Fördersatz von 43,4 % entspreche, so dass nicht ein unrichtiger Fördersatz angenommen worden sei. Sämtliche Berechnungen der Klägerin hätten einen Fördersatz von 43,4 % zugrundegelegt. Die im Zuwendungsbescheid genannte Förderhöhe von 75 % sei als Rechenfehler gem. § 42 VwVfG unbeachtlich. Ein Verstoß gegen die Beratungspflicht liege nicht vor. Wegen der näheren Einzelheiten der Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 15.3.2013 zugestellt.

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Am 11.4.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Schriftsätze vom 3.9.2013, 2.11.2015 und 14.12.2015 verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

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Die Klägerin trägt vor: Kürzung und Sanktion seien rechtswidrig; sie habe Anspruch auf Zahlung eines weiteren Subventionsbetrages in Höhe von 51.725,32 €. Die festgesetzte Sanktion verstoße gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot aus Art. 5, 58 Abs. 1 d, 59. Abs. 6, 63, 64 Abs. 2 b c d e f der Verordnung Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 17.9.2013. Der Fördersatz sei fehlerhaft nicht auf 45 %, sondern in Ziff. 3 des Änderungsbescheides v. 25.10.2011 auf nur 43,4 % festgesetzt worden. Nach der Richtlinie sei aber eine Förderquote von 45 % zu erwarten gewesen. Ihr Schreiben vom 16.6.2010 habe einen offensichtlichen Berechnungsfehler aufgewiesen, indem von dem Bruttobetrag in Höhe von 560.000,- € fälschlicherweise ein Umsatzsteuerbetrag von 106.400,- € abgezogen worden sei. Im Rahmen eines offensichtlich fehlerhaften Rechenvorganges sei nicht der Bruttobetrag von 560.000,- € durch 1,19 geteilt worden, sondern stattdessen seien 19 % der Bruttosumme berechnet und von dem Bruttobetrag iin Höhe von 560.000,- € abgezogen worden. Bei richtiger Rechenweise hätte dies einen Betrag von 470.588,24 € ergeben. Durch den fälschlicherweise durchgeführten Rechenvorgang habe sich ein auf den ersten Blick erkennbarer fehlerhafter Nettobetrag von 553.600,- ergeben. Demnach seien also versehentlich 16.988,24 € zu viel abgezogen worden. Dadurch habe sich ein fehlerhaft beantragter Zuwendungsbetrag von 204.120,- € ergeben. Aus dem Grundsatz der Meistbegünstigung ergebe sich, dass eine Zuwendung von 211.764,71 € hätte beantragt werden sollen. Durch schlüssige Auslegung unter Berücksichtigung des Rechenfehlers ergebe sich, dass weitere 7.644,71 € im Antrag enthalten gewesen seien. Dies habe der Beklagte auch rechnerisch nachvollzogen. Es sei Aufgabe des Beklagten gewesen, gemäß § 25 VwVfG und den Grundsätzen von Treu und Glauben zu beraten und auf die Stellung eines richtigen Antrags hinzuwirken. Dieser Pflicht sei der Beklagte unzureichend nachgekommen, als Frau M. bei Herrn Z. die Unterlagen zum 2. Auszahlungsantrag abgegeben habe und dieser die Unterlagen durchgesehen und vorbehaltlos angenommen habe. Dem Beklagten sei es daher verwehrt, im Nachhinein ihr, der Klägerin, Fehler vorzuwerfen und Sanktionen zu verhängen. Die Diskrepanz zwischen den gesamten förderfähigen Ausgaben in Höhe von 470.588,- € und der tatsächlich gewährten Zuwendung in Höhe von 204.120,- € sei ihr, der Klägerin, nicht aufgefallen, da der Bescheid vom 1.7.2010 (S. 2, Ziff. 3) eine Zuwendung von insgesamt 75 % der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben gewährt habe. Für den Beklagten sei es offensichtlich und objektiv rechnerisch erkennbar gewesen, dass durch sie, die Klägerin, die höchstmögliche Förderung in Höhe von 45 %, die ihr zustehe, habe beantragt werden sollen und nicht etwa lediglich in Höhe von 43,4 %. Diesen offensichtlichen Fehler habe der Beklagte jederzeit berichtigen müssen (BVerwG, Urt. v. 27.9.2012, Rn. 22, zu Art. 12 der VO EG Nr. 2419/2001; Urt. v. 26.8.2009), denn diese europarechtlichen Vorgaben gälten auch im vorliegend von der EU finanzierten Programm. Dem stehe die Bestandskraft des Bescheides nicht entgegen. Der Betrag sei jedoch unerklärlicherweise durch den Beklagten nicht berichtigt worden. In der Folge seien Auszahlungsanträge von der für die Baumaßnahme koordinierenden Sachbearbeiterin, Frau M., des staatlichen Baumanagements in A-Stadt persönlich in C-Stadt dem zuständigen Sachbearbeiter des Beklagten, Herrn Z., übergeben und die Unterlagen mit ihm durchgesehen worden, so auch vor der Stellung des 2. Auszahlungsantrages vom 27.7.2011. Erst nachdem in einem persönlichen Gespräch alle Einzelheiten geklärt gewesen und sämtliche Unterlagen ohne Beanstandungen akzeptiert worden seien, habe Frau M. die jeweiligen Auszahlungsanträge persönlich und in gutem Glauben abgegeben. Die eingereichten Rechnungen seien im Rahmen der Auslegung der Förderrichtlinie förderfähig. Die Begriffe "mobile Einrichtungen usw." seien in der Förderrichtlinie nicht definiert. Es handele sich (bei den Leuchten, Audio-, Video- und Netzwerkkabeln, Beleuchtung, Spiegel, Kühltheken, Deckensegeln, Küchenmobiliar) nicht um mobile Einrichtungen, sondern um wesentliche Bestandteile und Zubehör i.S.v. §§ 93, 94, 97, 98 BGB, die rechtlich untrennbar dem Vorhaben und der Immobilie zuzuordnen seien. Die Zuordnung der Rechnungspositionen zu DIN 276 (Bl. 123 der Beiakte A) entbehre jeglicher rechtlicher Grundlage. Die DIN sei rein technischer Natur und für die hier maßgebliche rechtliche Frage irrelevant. Eine Bindung an die DIN sei nicht vorgesehen. Der Beklagte habe sich durch die pauschale Zusicherung im Schreiben vom 21.12.2009 gem. § 38 VwVfG selbst gebunden. Dies löse schutzwürdiges Vertrauen aus. Die neuere Richtlinie 2014, die die VO 65/2011 abgelöst habe, sehe in Art. 35 keinen doppelten Sanktionsbetrag vor. Nach dem Grundsatz der VO Euratom Art. 2 Abs. 2 S. 2 gelte der Grundsatz der Meistbegünstigung, so dass auch nach dieser neueren Vorschrift von der Sanktion abzusehen sei.

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Die Klägerin beantragt,

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den Änderungs- und Sanktionsbescheid des Beklagten vom 25.10.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 13.3.2013 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, an sie, die Klägerin, weitere 51.725,32 € nebst Zinsen in Höhe von 0,5 Prozentpunkten monatlich auf 51.700,00 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte bezieht sich zur Begründung auf die ergangenen Bescheide und tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Er erwidert: Die Zusicherung gem. § 38 VwVfG sei im Hinblick darauf erteilt worden, dass eine Vielzahl von Anträgen vorgelegen habe und die Klägerin wegen Eilbedürftigkeit bezüglich der Umsetzung der Baumaßnahme gebeten habe, zeitnah eine Entscheidung zu treffen. Das Schreiben vom 21.12.2009 enthalte jedoch in inhaltlicher Hinsicht zur Höhe des Zuwendungsbetrages oder eingereichten Unterlagen keine Zusicherung. Die Zuwendung sei nicht von der Zusicherung abgewichen und löse kein schutzwürdiges Vertrauen auf Anerkennung eines höheren Betrages aus. Seiner Beratungspflicht sei er, der Beklagte, im gesetzlich geforderten Maß nachgekommen. Offene Fragen seien bei der Vor-Ort-Beratung am 31.5.2010 geklärt worden. An die Beratungspflicht sei ein geringerer Maßstab anzulegen als gegenüber einem im Umgang mit Behörden unerfahrenen privaten Antragsteller. Denn für die Klägerin sei eine Verwaltungsbehörde (das Nds. Landesamt) tätig geworden, die selbst Erfahrungen bei der Antragstellung auf Zuwendungen habe. Die Klägerin verfüge auch neben der Aufgabe der Verwaltung der ….. …..stiftung selbst über Geschäftsbereiche, die Zuwendungsverfahren bearbeiteten, z.B. die Agrarförderung. Ausweislich ihres Organigramms (Bl. 43 der Gerichtsakte) würde auch in der Regionaldirektion neben den Verwaltungsaufgaben (Domänenverwaltung) auch die Strukturförderung im ländlichen Raum bearbeitet. Die Klägerin könne daher als Antragstellerin auf das nötige know-how, um einen solchen Fördervorgang tatsächlich und rechtlich zu begleiten und abzuwickeln, zurückgreifen. Weder mündlich noch schriftlich habe es Fragen bezüglich nicht förderfähiger Kosten gegeben. Die Klägerin habe die streitgegenständlichen Positionen (Kostengruppe 400) in den überarbeiteten Unterlagen am 16.6.2010 herausgenommen, aber im 2. Auszahlungsantrag erneut vorgelegt. Dies habe der Sanktion unterlegen. Der Begünstigte handele objektiv pflichtwidrig und fahrlässig, wenn er Kosten als zuwendungsfähig aufführe, die ihm als nicht förderfähig mitgeteilt worden seien. Die Klägerin sei daher für das Einreichen nicht förderfähiger Rechnungen verantwortlich. Die Klägerin habe auch nicht das persönliche Gespräch gesucht, um Probleme bereits im Vorfeld auszuschließen, sondern wegen des Umfangs der Unterlagen und weil sie die Originale der Unterlagen aus anderen Gründen benötigt habe. Der zuständige Sachbearbeiter habe die Unterlagen auf Vollständigkeit geprüft und die Kopien mit den Originalrechnungen abgeglichen. Sodann seien die Unterlagen entsprechend gekennzeichnet, dass die Originale vorgelegen hätten. Eine inhaltliche Prüfung der Unterlagen habe in diesem Termin nicht stattgefunden. Dies habe auch nicht stattfinden müssen, da dies mehr Zeit in Anspruch nehme. Der Zuwendungsbescheid sei auf der Grundlage des Antrags vom 12.3.2009 sowie der ergänzenden und überarbeiteten Unterlagen vom 16.6.2010 erlassen worden. Bis auf den offensichtlichen Schreibfehler (nämlich 75 % statt 43,4 %) enthalte dieser Bescheid keine Rechenfehler. Dieser offensichtliche Schreibfehler sei im Bescheid vom 5.12.2011 entsprechend korrigiert worden. Die Klägerin sei antragsgemäß beschieden worden. Das habe die Klägerin akzeptiert, denn der Bewilligungsbescheid sei bestandskräftig geworden. Nach der dortigen prozentualen Höhe sei bei den Auszahlungsanträgen abgerechnet worden. Die Klägerin habe den Fördersatz von 43,4 % erst in ihrem Widerspruch thematisiert. Es liege keine Bindung der Förderrichtlinie an DIN 276 vor. Die Kostenschätzung sei auf der Grundlage der DIN 276 in Anlehnung an die Baufachlichen Ergänzungsbestimmungen zu den VV (ZBau) Punkt 5.3., § 44 LHO zu erstellen. Damit könne die Angemessenheit der Kosten gewährleistet werden. Dies sei beim Umfang der vorliegenden Baumaßnahme auch gerechtfertigt und entspreche der nationalen Förderpraxis und der Förderpraxis des Landes.

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Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Die Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Der Bescheid des Beklagten vom 25.10.2011 in der Gestalt, die er gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO durch den Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 13.3.2013 erhalten hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auszahlung des von ihr begehrten höheren Subventionsbetrages (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).

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Bei der Gewährung einer Zuwendung an die Klägerin für den Umbau des ehemaligen Maischraumes im …..gut Ü stadt zum Dorfgemeinschaftsraum handelte es sich um eine haushaltsrechtlich zweckgebundene Geldleistung. Da die Bewilligung derartiger Zuwendungen grundsätzlich im Ermessen der zuständigen Behörde liegt und das Haushaltsrecht selbst Umfang und Voraussetzungen der Subventionierung nicht abschließend regelt, sind aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) und des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) für die Beurteilung, ob ein Zuschuss gewährt und aufrechterhalten werden kann, die jeweils gültigen Verwaltungsvorschriften maßgebend. Dies gilt insbesondere bezüglich der Überprüfung der förderfähigen Ausgaben bei einer bezuschussbaren Investition. Die Förderfähigkeit des Vorhabens der Klägerin beurteilt sich nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der regionalen ländlichen Entwicklung in Sachsen-Anhalt – Richtlinie RELE – (RdErl. d. MLU v. 30.4.2008, MBl. LSA S. 354) - im folgenden: Förderrichtlinie -, in der zum Zeitpunkt des Vorliegens eines vollständigen Antrags die für die Förderung maßgeblichen Bestimmungen zusammengefasst sind, und in der in Ziff. 1.3 auf die europarechtlichen Rechtsgrundlagen hingewiesen wird. Diese Vorschriften sind auch rechtmäßig in den in Bestandskraft erwachsenen Bewilligungsbescheid vom 1.7.2010 einbezogen und wirksam zum Inhalt der Förderung gemacht worden.

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In Anwendung der vorgenannten Grundsätze ist es dem Gericht verwehrt, die Bestimmungen der Förderrichtlinie wie ein Gesetz auszulegen und an dieser Interpretation gemessen die Entscheidung des Beklagten zu überprüfen. Denn Subventionsrichtlinien sind keine Rechtsnormen. Vielmehr lenken sie das Ermessen der für die Bewilligung der Subventionen zuständigen Behörde und sind insoweit gem. § 114 VwGO verwaltungsgerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob bei der Anwendung der Richtlinien im Einzelfall, in dem die beantragte Leistung (teilweise) versagt bzw. nicht aufrechterhalten worden ist, der Gleichheitssatz verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.4.1979, BVerwGE 58, 45, 51). Derartige Ermessensfehler sind hier nicht gegeben. Der Beklagte hat der Klägerin aus sachlichen, mithin willkürfreien Gründen und unter Berufung auf seine ständige - gerichtsbekannte - Verwaltungspraxis die Förderfähigkeit von Mobiliar sowie bestimmten Einrichtungs- und Einbaugegenständen versagt.

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Für das Vorhaben der Klägerin ergeben sich die maßgeblichen Förderbestimmungen aus Teil E der Förderrichtlinie im Kapitel "Dorfentwicklung und ländlicher Tourismus". Zuschüsse werden auf Antrag gewährt. Bewilligungsbehörde ist das zuständige Amt für Landwirtschaft (Ziff. 6.1). Gefördert werden u.a. investive Vorhaben zum Neubau von dörflichen Gemeinschaftseinrichtungen und zur Erhaltung historisch wertvoller Bausubstanz (Ziff. 2.1, 2.1.1, 2.1.6). Förderfähige Ausgaben sind Investitionen einschließlich zugehöriger Planungsleistungen und Ausgaben für Dienstleistungen Dritter zur Planung und Beratung, die zur Vorbereitung und Durchführung der Vorhaben notwendig sind (Ziff. 2.2). Nicht zuwendungsfähig sind u.a. mobile Einrichtungen, technische Geräte, Maschinen und Fahrzeuge jeglicher Art (Ziff. 4.11 b). Für die Finanzierung der Vorhaben von natürlichen und juristischen Personen können Zuschüsse von bis zu 35 % der zuwendungsfähigen Ausgaben gewährt werden und bei Vorhaben, die der Umsetzung eines integrierten ländlichen Entwicklungskonzeptes oder eines Leader-Konzeptes dienen, jeweils um bis zu 5 %, zusammen maximal 10 %, erhöht werden (Ziff. 3.5, 5.2.2 Alt. 1, 5.3 S. 1). Damit ist maximal eine Förderung von bis zu 45 % möglich. Wie die "bis zu"-Formulierung zeigt, sind dies keine starren Fördersätze. Die tatsächliche Fördersatzhöhe wird damit maßgeblich von den Antragsangaben der Subventionsempfänger selbst bestimmt. Ein Zuwendungsempfänger, der die genaue Höhe der begehrten Subventionssumme nach seiner eigenen Berechnung mit einem festen Nennbetrag, der sich innerhalb der Fördersatzgrenze von maximal 45 % hält, beziffert, ist daher durch den Erhalt einer Zuwendung in genau dieser Höhe trotz möglichen Unterschreitens des maximalen Fördersatzes nicht beschwert.

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Ohne Erfolg macht die Klägerin insoweit geltend, hinsichtlich des von ihr beantragten Subventionsbetrages von 204.120,- € habe sie sich in ihren Antragsangaben bei der Mehrwertsteuerberechnung verrechnet, so dass sie sich auf einen offensichtlichen Irrtum i.S.v. Art. 59 Abs. 6 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 17.12.2013 (ABl. L 347/549), der vom Beklagten anzuerkennen sei, berufen und die Berechnung des richtigen Subventions- und Mehrwertsteuerbetrages berichtigen könne. Derartige offensichtliche Irrtümer (vgl. bereits Arbeitsdokument AGR 49533/2002 zum Begriff offensichtlicher Irrtum gem. Art. 12 der Verordnung EC Nr. 2419/2001 der Kommission; BVerwG, Urt. v. 26.8.2009 - 3 C 15/08 -; Urt. v. 27.9.2012 - 3 C 19/11 -, zit. nach juris) sind jedoch Fehler, aufgrund derer eine sonst an sie anknüpfende Sanktion ausnahmsweise nicht verhängt wird. Im vorliegenden Fall war an die nach Auffassung der Klägerin zu niedrige Antragsangabe der genauen Subventionshöhe keine Sanktion gebunden, so dass die Klägerin aus der Rechtsfigur des offensichtlichen Irrtums nichts für sie Günstigeres herleiten kann.

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Es kann dahinstehen, ob die Festsetzung des Fördersatzes von 43,4 % anhand des Verhältnisses von förderfähigen Ausgaben und Zuwendung für die Klägerin bereits durch den in Bestandskraft erwachsenen Zuwendungsbescheid unanfechtbar geworden ist. Selbst wenn der Beklagte durch die Korrektur des ursprünglich auf 75 % festgelegten Fördersatzes im Änderungsbescheid der Klägerin eine neue Widerspruchseinlegung eröffnet hätte, von der die Klägerin Gebrauch gemacht hat, besteht kein Anspruch auf einen höheren Fördersatz. Eine Förderung von 75 % kann der Klägerin bereits deshalb nicht gewährt werden, weil die Förderrichtlinie dies bei einem maximalen Fördersatz von 45 % für Vorhaben der vorliegenden Art nicht vorsieht. Der Fördersatz von bis zu 65 % + maximal 2 x bis zu 5 % (insgesamt bis zu 75 %) kann nur für Vorhaben von Gemeinden und Gemeindeverbänden und öffentlich-privaten Partnerschaften, an denen Gemeinden oder Gemeindeverbände beteiligt sind, gewährt werden (Ziff. 3.1, 3.3, 5.2.1). Hierzu gehört die Klägerin als Stiftung, einer juristischen Person des Privatrechts (vgl. BGB Buch I Allgemeiner Teil, Titel 2 "Juristische Personen", Untertitel 2 "Stiftungen", §§ 80 ff.), ersichtlich nicht.

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Bei dieser Sachlage sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es sich um einen Subsumtionsfehler oder Rechtsirrtum gehandelt hätte. Wenn etwa der Beklagte die Klägerin für einen Zuwendungsempfänger nach Ziff. 3.1. 3.3 gehalten hätte, wäre dies keine jederzeit zu korrigierende Unrichtigkeit i.S.v. § 42 VwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 12. Aufl., § 42 Rn. 7). Eine bestimmte Ziffer der Förderrichtlinie zur Zuordnung des Fördersatzes wurde in dem Bescheid vom 1.7.2010 nicht zitiert. Der Beklagte hat sich hinsichtlich der 75-%-Angabe seither durchgängig auf das Vorliegen eines Schreib- oder Rechenfehlers bezogen. Dies ist nach Aktenlage nicht zu widerlegen, so dass die 75 %-Angabe einen Schreib- bzw. Rechenfehler darstellt, der jederzeit gem. § 42 VwVfG zu berichtigen ist, wie im Änderungsbescheid und Widerspruchsbescheid erfolgt. Der Bescheid, der einen zuwendungsfähigen Betrag von 470.588 € mit einem Zuschuss von 204.120 € festsetzt und ausführt, hierbei handele es sich um eine 75 %ige Förderung, ist offenkundig in sich widersprüchlich und daher korrigierbar.

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Die Klägerin hat auch keinen Anspruch einer höheren Förderung aus § 38 VwVfG. Der Beklagte erteilte zwar der Klägerin am 21.12.2009 (Bl. 112 der Beiakte A) die "Zusage gem. § 38 VwVfG, zu einem späteren Zeitpunkt den Verwaltungsakt der Bewilligung zu erlassen." Eine Selbstbindung der Behörde lag damit allerdings nur hinsichtlich des Erlasses eines Zuwendungsbescheides vor, nicht in einer bestimmten Höhe und nicht ohne Einzelprüfung der beanspruchten förderfähigen Ausgaben. Ebenfalls fehlt es an einer Zusicherung etwa hinsichtlich der Ausschöpfung des maximalen Fördersatzes.

31

Frei von Ermessensfehlern hat der Beklagte die Förderfähigkeit der zwischen den Beteiligten streitigen Ausgabeposten verneint. Nach den vorstehenden Ausführungen (vgl. oben S. 9) kommt es hierbei nicht darauf an, was das Gericht unter mobilen Einrichtungen, technischen Geräten und Maschinen i.S.v. Ziff. 4.11 b der Förderrichtlinie versteht. Denn derartige Verwaltungsvorschriften unterliegen mangels Rechtsnormqualität nicht der gerichtlichen Auslegung. Es ist vielmehr Sache der Verwaltung, selbst - willkürfrei - zu bestimmen, welche Gegenstände entweder als förderfähig erachtet oder von der v.g. Ausschlussklausel erfasst werden. Subventionsrechtlich ist es unbeachtlich, ob Dinge sachenrechtlich im bürgerlich-rechtlichen Sinn (§§ 94 ff. BGB) in ein Gebäude derart fest eingebaut sind, dass sie als dessen wesentlicher Bestandteil gelten und zum Grundstück gehören, denn dies hat nichts damit zu tun, ob sie vor dem entsprechenden Einbau für förderfähig gehalten werden. Die Verwaltungsentscheidung, im Rahmen der Förderung baulicher Investitionen zur ländlichen Entwicklung mobile Einrichtungen, technische Geräte und Maschinen nicht zu bezuschussen und hierunter auch Wandhängeschränke, Arbeitstische, Spültische, Mischbatterien, Ausgussbecken, Elektroinstallationen, Gastronomie- und Kühltechnik, Kühltheken, Spiegel, Möbel und Kunstgegenstände zu verstehen, ist nicht sachwidrig und verletzt nicht den Gleichheitsgrundsatz.

32

In diesem Zusammenhang ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei der Gliederung seiner Formblätter und der Zuordnung von Fördergegenständen im Rahmen von Kostenschätzungen auf die Kostengruppen der DIN 276 zurückgreift. Das zur Ermittlung von Projektkosten dienende technische Regelungswerk enthält die auch hier verwendeten Ordnungsziffern (wie "370 Baukonstruktive Einbauten" bis "600 Ausstattung und Kunstwerke"), ohne dass dem Beklagten vorgehalten werden kann, er habe die DIN für eine Rechtsvorschrift gehalten und sich daran zwingend gebunden gefühlt. Die entsprechende Praxis wurde der Klägerin bereits im Schreiben vom 15.4.2010 (Bl. 123 der Beiakte A) mitgeteilt. Dass die Klägerin dies zur Kenntnis genommen hatte, wird belegt durch die neu eingereichte Kostenschätzung (Bl. 136-141 der Beiakte A), welche die ursprünglich (Bl. 9-14 der Beiakte A) mit Beträgen versehenen Kostengruppen nunmehr freiließ und dadurch zu erkennen gab, dass sie bereit war, dem Hinweis des Förderausschlusses für diese Positionen Folge zu leisten.

33

Indem die Klägerin hingegen bei Einreichung des Auszahlungsantrages vom 27.7.2011 gleichwohl Rechnungen über vom Förderausschluss erfasste Kostengruppen vorlegte, bot sie Veranlassung für die vom Beklagten vorgenommene Sanktionierung.

34

Eine derartige Sanktionierung ist im vorliegenden Fall nicht etwa von vornherein ausgeschlossen wegen widersprüchlicher Antragsunterlagen wie im von der Klägerin zitierten Fall des VG Aachen (Urt. v. 7.12.2010 - 3 K 2413/08 -, zit. nach juris), in dem infolge von Mengendifferenzen unklar war, in welcher Höhe die Auszahlung beantragt wurde. Im Fall der Klägerin hingegen waren sowohl die Höhe des im Antrag begehrten Zuwendungsbetrages als auch die Höhe des am 27.7.2011 begehrten Auszahlungsbetrages klar benannt. Der geltend gemachte Auszahlungsbetrag setzte sich auch nicht in einen unauflöslichen Widerspruch zur Höhe des Zuwendungsbetrages, sondern war, wie oben dargelegt, mit den Förderausschlusskriterien der Förderrichtlinie nicht vereinbar und unterlag mithin dem Abzug.

35

Hierbei hat der Beklagte nicht dem klägerischen Vorwurf entsprechend gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (analog § 242 BGB) verstoßen. Bei der Entgegennahme der persönlich vorgelegten Unterlagen zum Auszahlungsantrag vom 27.7.2011 wurde keineswegs einvernehmlich zwischen Frau M. und Herrn Z. - etwa belegt durch einen Aktenvermerk (vgl. hierzu OVG NRW, Beschl. v. 31.1.2012 - 16 A 269/11 -, Rn. 7, zit. nach juris) - der Hinweis vom 15.4.2010 (Bl. 123 der Beiakte A) für unerheblich oder überholt erklärt. Durch die persönliche Annahme und erste Durchsicht der Unterlagen in Anwesenheit der Überbringerin der Subventionsnehmerseite begibt sich die Behörde nicht des gebotenen Verfahrensschrittes, die vorgelegten Rechnungen im Rahmen der Verwaltungskontrolle, zu der die Behörde europarechtlich verpflichtet ist, später eingehend zu prüfen und mit den Vorgaben des Bewilligungsbescheides abzugleichen.

36

Die Verpflichtung zu Beratung und Auskunfterteilung gem. § 25 VwVfG gebietet der Behörde auch nicht, gegenüber einem nicht offensichtlich rechtsunkundigen, vielmehr subventions- und verwaltungserfahrenen Zuwendungsempfänger wiederholt auf eine bereits erläuterte Verwaltungspraxis hinzuweisen, zumal der Beklagte nach Erteilung des Hinweises vom 15.4.2010 (Bl. 123 der Beiakte A) davon ausgehen konnte, dass aufgrund der nachgereichten neuen Kostenschätzung die Frage der nicht förderfähigen Positionen auch für die Klägerin geklärt war. Bei einer derartigen Konstellation liegt eine Treuwidrigkeit nicht auf seiten der Behörde, sondern allenfalls in der Sphäre des Subventionsnehmers, der eindeutig als nicht förderfähig herausgerechnete Kosten gleichwohl im Auszahlungsverfahren als ihm zustehend beansprucht.

37

Bezüglich der zusätzlich vorgenommenen Kürzung verweist die Förderrichtlinie in Ziff. 1.3. c) auf die seinerzeit geltende Verordnung (EG) Nr. 1975/2006 der Kommission v. 7.12.2006 (ABl. L 368/74). Nach Art. 31 dieser Verordnung werden die Zahlungen auf der Grundlage des Betrages berechnet, der für förderfähig befunden wurde. Der Mitgliedstaat prüft den vom Begünstigten erhaltenen Zahlungsantrag und setzt die förderfähigen Beträge fest. Er setzt außerdem Folgendes fest: a) den dem Begünstigten ausschließlich auf der Grundlage des Zahlungsantrags zu zahlenden Betrag; b) den dem Begünstigten nach Prüfung der Förderfähigkeit des Zahlungsantrags zu zahlenden Betrag. Übersteigt der gemäß Buchstabe a ermittelte Betrag den gemäß Buchstabe b ermittelten Betrag um mehr als 3 %, so wird der gemäß Buchstabe b ermittelte Betrag gekürzt. Die Kürzung beläuft sich auf die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen.

38

Diese Regelung wurde im Wesentlichen europarechtlich beibehalten mit einer zusätzlichen Betonung der Förderfähigkeit anhand von Verwaltungskontrollen. Rechtsgrundlage für die vom Beklagten vorgenommene Kürzung des der Klägerin gewährten Zuwendungsbetrages ist daher der mit der Vorgängerregelung im übrigen identische Art. 30 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 65/2011 der Kommission v. 27.1.2011 (ABl. L 25/8). Die mit "Kürzungen und Ausschlüsse" überschriebene Vorschrift lautet: "1. Die Zahlungen werden auf der Grundlage des Betrags berechnet, der bei den Verwaltungskontrollen für förderfähig befunden wurde. Der Mitgliedstaat prüft den vom Begünstigten erhaltenen Zahlungsantrag und setzt die förderfähigen Beträge fest. Er setzt außerdem Folgendes fest: a) den dem Begünstigten ausschließlich auf der Grundlage des Zahlungsantrags zu zahlenden Betrag; b) den dem Begünstigten nach Prüfung der Förderfähigkeit des Zahlungsantrags zu zahlenden Betrag. Übersteigt der gemäß Buchstabe a ermittelte Betrag den gemäß Buchstabe b ermittelten Betrag um mehr als 3 %, so wird der gemäß Buchstabe b ermittelte Betrag gekürzt. Die Kürzung beläuft sich auf die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen."

39

Infolge der Herkunft der Förderbeträge aus Europäischen Gemeinschaftsmitteln ist die Vergabe der Fördergelder durch die Bezugnahme auf die europarechtlichen Verordnungen an die strenge, gleichwohl dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechende (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.12.2003 - 3 C 22/02 -, Rn. 37, zit. nach juris) Automatik der Verwaltungskontrollen und Kürzungen gebunden. Dabei sind die Mitgliedstaaten gehalten, aufgrund des Unionsrechts in Ausübung ihrer Kontrollbefugnisse wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen zu verhängen. Dem Verhältnismäßigkeitsprinzip trägt die Kürzungsregelung bereits dadurch Rechnung, dass sie eine Bagatellklausel (3 %) enthält und damit deutlich macht, dass Beträge, die unterhalb dieser Abweichung liegen, nicht für kürzungswürdig erachtet werden. Durch die Inanspruchnahme der beantragten Zuwendung haben sich die Subventionsnehmer zugleich diesen Regelungen unterworfen, denn wer eine Subvention beantragt, die eine freiwillige Leistung von aus öffentlichen Steuermitteln stammenden Einnahmen beinhaltet, unterwirft sich den damit zusammenhängenden Vergabebedingungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.2.1983, DVBl. 1983, 810 zur Rechtsfigur des Verwaltungsakts auf Unterwerfung im Subventionsrecht).

40

Der Beklagte hat in den ergangenen Bescheiden die vorstehende Regelung zutreffend und rechnerisch richtig angewandt. Das Gericht verweist insoweit gem. § 117 Abs. 5 VwGO auf die in den ergangenen Bescheiden dargelegte Abweichung von 22,8 % sowie den sich daraus ergebenden Kürzungsbetrag von 25.862,66 €, gegen deren Berechnung die Klägerin substantiierte Einwendungen nicht erhoben hat.

41

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine günstigere Betrachtung nach Art. 2 Abs. 2 S. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18.12.1995. Nach dieser Vorschrift gelten bei einer späteren Änderung der in einer Gemeinschaftsregelung enthaltenen Bestimmungen über verwaltungsrechtliche Sanktionen die weniger strengen Bestimmungen rückwirkend. Dieses sogenannte Günstigkeitsprinzip als Ausdruck allgemein geltender Grundsätze des Gemeinschaftsrechts (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.2.2005, AUR 2005, 160, 162 m.w.N.) kommt im vorliegenden Fall nicht zum Tragen. Die neueren Regelungen über Verwaltungssanktionen in der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 17.12.2013 (ABl. L 347/549) und deren Ergänzung in der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission v. 11.3.2014 (ABl. L 181/48) lassen die Verpflichtung, gemäß dem Unionsrecht oder in Ermangelung solcher Vorschriften gemäß dem nationalen Recht wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen zu verhängen, unberührt (Art. 58 Abs. 1 lit. d der Verordnung Nr. 1306/2013). Die in Art. 64 Abs. 2 dieser Verordnung aufgezählten Fälle, in denen Verwaltungssanktionen nicht verhängt werden, und deren Prüfung nach Auffassung der Klägerin (Schriftsatz v. 14.12.2015, S. 2) hier abzuarbeiten sei, ist nicht einschlägig. Denn hiervon werden ausschließlich sektorbezogene Agrarvorschriften (Art. 64 Abs. 1 i.V.m. Art. 63 Abs. 2 der Verordnung) erfasst. Im vorliegenden Fall geht es aber um Kürzungen wegen Geltendmachung nicht förderfähiger Kosten im Auszahlungsverfahren und nicht um derartige sektorbezogene Beihilfen oder Flächensubventionen. Soweit andere Förderkriterien als Größe der Fläche bzw. Zahl der Tiere und die Nichteinhaltung von Verpflichtungen und Auflagen auf dem Spiel stehen, wird gem. Art. 35 Abs. 1 der Verordnung Nr. 640/2014 die beantragte Förderung ganz abgelehnt oder zurückgenommen, so dass hier keine spätere günstigere Regelung enthalten ist. Die zwischen den Beteiligten streitige Kürzung fußt mithin auf einer Sonderkonstellation (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.10.2014 - 3 C 31/13, Rn. 33, zit. nach juris), die auch nach den neueren Verwaltungskontrollbestimmungen nicht zu einer günstigeren Beurteilung führt.

42

Zur Vermeidung von Wiederholungen stellt das Gericht ergänzend fest, dass es den Feststellungen und der Begründung der ergangenen Bescheide des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.3.2013 folgt, und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gem. § 117 Abs. 5 VwGO ab.

43

Die Klage ist nach alldem abzuweisen.

44

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

45

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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(1) Die Behörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestell

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Die Behörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Die Behörde ist berechtigt, die Vorlage des Dokuments zu

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Dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache sind zu dienen bestimmt:1.bei einem Gebäude, das für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet ist, insbesondere bei einer Mühle, einer Schmiede, einem Brauhaus, einer Fabrik, die zu dem Betrieb bestim

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(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, so darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden.

(2) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 44, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer Behörden oder Ausschüsse § 45 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 sowie Abs. 2, auf die Rücknahme § 48, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, § 49 entsprechende Anwendung.

(3) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.

Die Behörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Die Behörde ist berechtigt, die Vorlage des Dokuments zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Die Behörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Behörde erörtert, soweit erforderlich, bereits vor Stellung eines Antrags mit dem zukünftigen Antragsteller, welche Nachweise und Unterlagen von ihm zu erbringen sind und in welcher Weise das Verfahren beschleunigt werden kann. Soweit es der Verfahrensbeschleunigung dient, soll sie dem Antragsteller nach Eingang des Antrags unverzüglich Auskunft über die voraussichtliche Verfahrensdauer und die Vollständigkeit der Antragsunterlagen geben.

(3) Die Behörde wirkt darauf hin, dass der Träger bei der Planung von Vorhaben, die nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben können, die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, die Mittel, es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet (frühe Öffentlichkeitsbeteiligung). Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung soll möglichst bereits vor Stellung eines Antrags stattfinden. Der betroffenen Öffentlichkeit soll Gelegenheit zur Äußerung und zur Erörterung gegeben werden. Das Ergebnis der vor Antragstellung durchgeführten frühen Öffentlichkeitsbeteiligung soll der betroffenen Öffentlichkeit und der Behörde spätestens mit der Antragstellung, im Übrigen unverzüglich mitgeteilt werden. Satz 1 gilt nicht, soweit die betroffene Öffentlichkeit bereits nach anderen Rechtsvorschriften vor der Antragstellung zu beteiligen ist. Beteiligungsrechte nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandteile), können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

(1) Zubehör sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen. Eine Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird.

(2) Die vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirtschaftlichen Zweck einer anderen begründet nicht die Zubehöreigenschaft. Die vorübergehende Trennung eines Zubehörstücks von der Hauptsache hebt die Zubehöreigenschaft nicht auf.

Dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache sind zu dienen bestimmt:

1.
bei einem Gebäude, das für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet ist, insbesondere bei einer Mühle, einer Schmiede, einem Brauhaus, einer Fabrik, die zu dem Betrieb bestimmten Maschinen und sonstigen Gerätschaften,
2.
bei einem Landgut das zum Wirtschaftsbetrieb bestimmte Gerät und Vieh, die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, soweit sie zur Fortführung der Wirtschaft bis zu der Zeit erforderlich sind, zu welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen werden, sowie der vorhandene, auf dem Gut gewonnene Dünger.

(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, so darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden.

(2) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 44, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer Behörden oder Ausschüsse § 45 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 sowie Abs. 2, auf die Rücknahme § 48, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, § 49 entsprechende Anwendung.

(3) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Landwirt. Er begehrt die Gewährung von Rinderprämien für das Jahr 2003 und wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung eines hierauf gewährten Vorschusses und dessen Rückforderung.

2

Am 27. August 2003 beantragte er Schlacht- und Sonderprämien für 20 männliche Rinder. Mit Bescheid vom 15. Dezember 2003 bewilligte das Amt für Agrarstruktur Aurich für 18 dieser Tiere einen Vorschuss in Höhe von 4 140,18 €. Zwei Tiere blieben unberücksichtigt, weil die Antragsfrist für sie um mehr als 25 Tage überschritten war.

3

Am 30. Dezember 2003 beantragte der Kläger Schlacht- und Sonderprämien für sechs weitere männliche Rinder. Im Zuge der Kontrolle des Antrags über das Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (die sogenannte HIT-Datenbank) wurde festgestellt, dass diese Tiere erst am 31. Dezember 2003 in ein Drittland ausgeführt worden waren. Der Kläger wurde hierzu mit Schreiben vom 17. November 2004 angehört.

4

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22. Februar 2005 die Anträge ab, widerrief den Bescheid vom 15. Dezember 2003 und forderte den Vorschuss zurück. Zur Begründung führte sie aus, die im Antrag vom 30. Dezember 2003 bezeichneten Tiere erfüllten die Prämienvoraussetzungen nicht, weil der Antrag für sie vor der Ausfuhr gestellt worden sei. Aufgrund der Differenz zwischen den beantragten und den ermittelten Prämien seien für das Jahr 2003 keine Prämien zu gewähren; der bewilligte Vorschuss sei zurückzufordern.

5

Mit der hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, den Bescheid vom 22. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Schlacht- und Sonderprämien für 24 männliche Rinder in Höhe von 8 660,26 € zuzüglich Zinsen zu gewähren. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 28. November 2006 stattgegeben, weil dem Prämienanspruch nicht entgegenstehe, dass der Antrag vor Ausfuhr der Tiere gestellt worden sei. Die Regelung, nach der Prämienanträge im Fall der Ausfuhr nach dem Tag zu stellen seien, an dem die beantragten Tiere das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen, sei keine materielle Prämienvoraussetzung. Für einen verspäteten Antrag sehe Art. 13 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2419/2001 lediglich vor, dass er unzulässig sei, wenn die Antragsfrist von sechs Monaten um mehr als 25 Kalendertage überschritten werde. Für einen zu früh gestellten Antrag sei hingegen keine Sanktion vorgesehen; er werde grundsätzlich mit Zeitablauf zulässig. Hierfür spreche, dass der Antrag jedenfalls so lange, wie ein zu ahndendes Verhalten nicht festgestellt sei, jederzeit korrigiert oder zurückgenommen werden könne. Zum entscheidenden Zeitpunkt der Verwaltungskontrolle hätten die Voraussetzungen der Prämienbewilligung vorgelegen.

6

Das Oberverwaltungsgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung mit Urteil vom 1. September 2010 geändert und die Klage abgewiesen. Die am 30. Dezember 2003 beantragten sechs Tiere seien nicht prämienfähig, weil sie erst nach Antragstellung das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen hätten. Der Wortlaut des Art. 35 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 bringe klar zum Ausdruck, dass ein Antrag vor der Ausfuhr der Prämiengewährung entgegenstehe. Die Regelung diene nicht allein der Bestimmung des Endes der Frist, sondern habe eine eigenständige Bedeutung. Dafür spreche, dass eine verfrühte Antragstellung zu einer unnötigen Belastung des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems führe. Anders als im Falle eines verspäteten Antrags bestehe bei einer frühzeitigen Bescheidung auch ein nicht unerhebliches Risiko für die finanziellen Interessen der Gemeinschaft, weil im Zeitpunkt der Antragstellung ein wesentlicher Grund für die Prämiengewährung (noch) nicht gegeben sei. Der Antrag sei auch nicht dadurch zulässig geworden, dass die Tiere nach der Antragstellung ausgeführt worden seien. Es sei ohne Bedeutung, dass ein verfrühter Antrag zurückgenommen und nach der Ausfuhr erneut gestellt werden könne. Die verfrühte Antragstellung könne auch nicht als offensichtlicher Irrtum berichtigt werden. Der tatsächliche Zeitpunkt der Antragstellung lasse sich nicht nachträglich ändern. Darüber hinaus fehle es an einem offensichtlichen Irrtum, weil der Kläger nicht gutgläubig gehandelt habe. Vielmehr habe er seine Sorgfalts- und Überprüfungspflichten grob verletzt, indem er ins Blaue hinein erklärt habe, die Prämien für Tiere zu beantragen, die ausgeführt worden seien. Dies habe zur Folge, dass der Prämienanspruch für das Jahr 2003 vollständig ausgeschlossen sei. Es laufe dem Zweck der Sanktionsregelung zuwider, verfrühte Anträge von Sanktionen auszunehmen. Anderenfalls könne ein Antrag beliebig früh gestellt werden, auch wenn noch völlig unklar sei, ob und wann die betreffenden Tiere ausgeführt würden. Dies könne - wie hier - auch dazu verleiten, ins Blaue hinein einen Beihilfeantrag zu stellen, um noch im betreffenden Jahr eine Anrechnung der Tiere auf den Besatzdichtefaktor zu bewirken. Der Ausschluss entfalle nicht deshalb, weil den Kläger keine Schuld treffe. Vielmehr habe er sich vor der Antragstellung vergewissern können und müssen, dass die Tiere bereits ausgeführt seien. Daran ändere nichts, dass die Mitteilung der Ausfuhrdaten seit dem 1. Januar 2003 entbehrlich geworden sei. Der Kläger habe hieraus nicht folgern dürfen, der Antrag sei schon vor der Ausfuhr zulässig, zumal das Antragsformular hervorhebe, dass für die Antragstellung die in der HIT-Datenbank erfassten Daten maßgeblich seien. Es entbinde den Kläger nicht vom Schuldvorwurf, dass das im Antragsformular in Bezug genommene Merkblatt nicht ausdrücklich darauf hinweise, dass der Antrag frühestens nach dem Tag gestellt werden dürfe, an dem die Tiere das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen haben.

7

Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Er ist der Auffassung, dass mit der Regelung nicht der frühestmögliche Zeitpunkt für die Antragstellung festgelegt werden sollte. Der Tatbestand beschreibe lediglich die Vermarktung als Anknüpfungspunkt der Frist, bis zu deren Ablauf der Antrag spätestens zu stellen sei. Mit dem 2003 eingeführten Verfahren, die Landwirte von der Verpflichtung zu befreien, den Ausfuhrnachweis mit dem Antrag vorzulegen, habe es die Beklagte übernommen, selbst anhand der HIT-Datenbank zu überprüfen, wann die Tiere ausgeführt worden seien. Das Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem werde durch einen vor der Ausfuhr gestellten Antrag nicht belastet, und es bestehe kein erhebliches Risiko für die finanziellen Interessen der Gemeinschaft, weil über den Prämienantrag erst entschieden werde, wenn die erforderlichen Angaben in der Datenbank vorlägen. Da ein Prämienantrag zurückgenommen und nach der Ausfuhr neu gestellt werden könne, stelle es sich als Förmelei dar, in einer Antragstellung vor der Ausfuhr einen prämienschädlichen Umstand zu sehen. Entscheidend sei, dass die materiellen Prämienvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Sachentscheidung gegeben seien. Darüber hinaus könne er sich auf einen offensichtlichen Irrtum berufen. Er habe sich gegebenenfalls darüber geirrt, dass er den Antrag erst stellen durfte, nachdem ihm der Nachweis über die tatsächliche Ausfuhr der Tiere vorgelegen habe, obwohl er den Nachweis hierzu nicht mehr zu erbringen und die Tiere bereits dem Viehhändler übergeben gehabt habe. Außerdem treffe ihn keine Schuld. Nachdem der Antragsvordruck darauf verweise, dass die Beklagte das Datum der Ausfuhr der HIT-Datenbank entnehme, habe er der Erklärung des Formulars, dass die Tiere in ein Drittland ausgeführt "wurden", keine Bedeutung beigemessen und auch nicht beimessen müssen. Es könne ihm daher auch nicht vorgehalten werden, er habe Angaben ins Blaue hinein gemacht.

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Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat Anspruch auf die für das Jahr 2003 beantragten Schlacht- und Sonderprämien für 24 männliche Rinder, womit sich der angefochtene Bescheid auch im Übrigen als rechtswidrig erweist.

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Der Anspruch des Klägers auf die begehrten Schlacht- und Sonderprämien für 24 männliche Rinder findet seine Grundlage in der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl EG Nr. L 160 S. 21) in der für das Kalenderjahr 2003 geltenden, zuletzt geänderten Fassung der Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 (ABl EG Nr. L 122 S. 1) - im Folgenden: VO (EG) Nr. 1254/1999. Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Prämienantrag vom 30. Dezember 2003 einen Tag vor der Ausfuhr der Tiere mit der Angabe eingereicht wurde, die Tiere seien ausgeführt. Dabei bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob die Antragstellung nach Ausfuhr eine eigenständige Prämienvoraussetzung darstellt (1.). Gleiches gilt für die Frage, ob und unter welchen sonstigen Voraussetzungen ein "verfrühter" Antrag mit der Ausfuhr als ordnungsgemäß gestellt gilt (2.). Jedenfalls ist der Antrag wegen eines offensichtlichen Irrtums zu berichtigen (3.).

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1. Die Gewährung der beanspruchten Prämien setzt einen Antrag des Erzeugers voraus (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 und Art. 11 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 1254/1999), der alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten muss (Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen in der für das Kalenderjahr 2003 geltenden Fassung der Verordnung Nr. 2550/2001 der Kommission vom 21. Dezember 2001 - im Folgenden: VO Nr. 2419/2001). Für den Fall der Ausfuhr in Drittländer muss der Prämienantrag zusätzlich die Angaben nach Art. 35 Abs. 1 Unterabs. 4 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 2342/1999 enthalten (Verordnung Nr. 2342/1999 der Kommission vom 28. Oktober 1999 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 1254/1999 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch hinsichtlich der Prämienregelung in der für das Kalenderjahr 2003 geltenden Fassung der Verordnung Nr. 1473/2003 der Kommission vom 20. August 2003 - im Folgenden: VO Nr. 2342/1999). Diese Angaben sind aufgrund der Entscheidung Deutschlands, die Sonderprämie zum Zeitpunkt der Schlachtung zu gewähren, nicht nur bei der Beantragung von Schlachtprämien, sondern gemäß Art. 8 Abs. 3 VO (EG) Nr. 2342/1999 auch bei Sonderprämien erforderlich. So bestimmt Art. 35 Abs. 1 Unterabs. 4 Buchst. b Nr. iii und iv VO (EG) Nr. 2342/1999, dass jeder Prämienantrag die Ausfuhranmeldung und den Nachweis der Ausfuhr umfasst, der auf die gleiche Weise wie für die Ausfuhrerstattung zu erbringen ist. Gemäß Art. 35 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 sind schließlich "Beihilfeanträge 'Tiere' <...> im Falle der Ausfuhr nach dem Tag zu stellen, an dem die Tiere das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen, und zwar innerhalb einer vom Mitgliedstaat festzusetzenden Frist, die sechs Monate nicht überschreiten darf ...".

12

Es ist vor dem Hintergrund des Systems der Prämiengewährung zweifelhaft, ob die letztgenannte Bestimmung eine eigenständige Prämienvoraussetzung enthält, die es verbietet, Prämienanträge vor dem Tag der Ausfuhr zu stellen. Hierfür könnte zwar der Wortlaut der deutschen Sprachfassung der Verordnung sprechen, der - zweigliedrig - zunächst das Gebot der Beantragung nach der Ausfuhr formuliert und daran anschließend eine von den Mitgliedstaaten festzusetzende Frist. Jedoch weisen die englischen und französischen Sprachfassungen in eine andere Richtung. Sie beginnen mit der Aussage, dass der Antrag innerhalb eines Zeitraums zu stellen ist, der grundsätzlich sechs Monate nicht übersteigen darf, und bestimmen daran anschließend den Tag der Ausfuhr als Fristbeginn.

13

Ebenso gibt das Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem, das durch die genannten sektoralen Bestimmungen ergänzt wird, keinen eindeutigen Aufschluss. Es setzt zwar, wie namentlich den genannten Antragsvoraussetzungen zu entnehmen ist, allgemein voraus, dass die vom Beihilfeberechtigten beizubringenden Informationen von vornherein zutreffend und richtig sind (EuGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - Rs. C-63/00, Schilling und Nehring - Slg. 2002, I-4497 Rn. 34, Urteil vom 4. Oktober 2007 - Rs. C-375/05, Geuting - Slg. 2007, I-7987 Rn. 30). Das besagt aber nichts darüber, ob der hier gestellte Antrag verfrüht und daher prämienschädlich war.

14

Auch sonst fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der nach Ausfuhr liegende Antragszeitpunkt Prämienvoraussetzung ist. Die Vorgängerregelungen des Art. 35 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 verpflichteten dazu, den Antrag vor der Ausfuhr zu stellen. Erst Art. 10 Abs. 1 und 3 VO (EWG) Nr. 3886/92 (ABl EG Nr. L 391 S. 20) in der Fassung der VO (EWG) Nr. 1909/93 (ABl EG Nr. L 173 S. 11) beseitigte diese Verpflichtung. Für den Fall der Versendung wird weiterhin daran festgehalten, dass der Antrag einzureichen ist, bevor die Tiere das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaates verlassen (Art. 8 Abs. 6 Unterabs. 3 VO Nr. 2342/1999), ohne dass parallel zugleich ein frühester Zeitpunkt für die Beantragung bestimmt ist. Dementsprechend geben auch die Erwägungsgründe der Verordnung (EG) Nr. 2342/1999 keinen Hinweis darauf, dass der Zeitpunkt der Antragstellung nunmehr zu den Voraussetzungen ordnungsgemäßer Einreichung gehören soll.

15

Bestätigt wird dies durch den Zweck von Antragsfristen, wie er für das Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem allgemein in Erwägungsgrund 15 VO (EG) Nr. 2419/2001 formuliert ist. Antragsfristen sollen danach die Wirksamkeit von Kontrollen der Prämienvoraussetzungen gewährleisten, die mit dem Zeitlauf regelmäßig abnimmt. Auf den Anfangszeitpunkt einer Frist lässt sich dies nicht übertragen, weshalb in Erwägungsgrund 15 auch nur verspätete Anträge erwähnt werden. Es mindert nicht die Wirksamkeit der behördlichen Kontrolle, wenn die materiellen Prämienvoraussetzungen bei Antragstellung noch nicht vorgelegen haben. Das verdeutlicht der Parallelfall der Versendung, in dem der Antrag weiterhin bereits vor der Versendung zu stellen ist. Auch das allgemeine Ziel effizienter Verwaltungs- und Kontrollmechanismen, das in der Ermächtigung der Mitgliedstaaten zum Ausdruck kommt, unbeschadet bestehender Fristen im Interesse einer reibungslosen Verwaltung und Kontrolle Zeiträume und Daten für die Stellung der Prämienanträge festzulegen (Art. 35 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 VO Nr. 2342/1999, Erwägungsgrund 4 der Änderungsverordnung VO Nr. 1042/2000, ABl EG Nr. L 118 S. 4), legt eine Prämienvoraussetzung der Beantragung nach der Ausfuhr nicht nahe, nachdem bereits bestimmt ist, dass der Prämienantrag unter anderem den Nachweis der Ausfuhr umfasst.

16

Von einem anderen Verständnis des Unionsrechts ist auch der nationale Verordnungsgeber ersichtlich nicht ausgegangen. Die Verordnung über die Gewährung von Prämien für männliche Rinder, Mutterkühe und Mutterschafe (Rinder- und Schafprämien-Verordnung - RSVO) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S. 2588) in der für das Antragsjahr 2003 geltenden Fassung vom 6. Oktober 2003 (BGBl I S. 1970) regelte die Antragsfrist in § 19 Abs. 2 und § 22 Abs. 2 RSVO dahin, dass der Antrag auf Sonder- und Schlachtprämien "spätestens sechs Monate<...> nach dem Tag, an dem das Tier das Zollgebiet der Gemeinschaft verlässt, einzureichen" ist. Ein frühestmöglicher Zeitpunkt der Antragstellung ist damit nicht bestimmt.

17

2. Geht man gleichwohl davon aus, dass es unionsrechtlich eine eigenständige Voraussetzung der Prämiengewährung ist, dass der Antrag erst nach der Ausfuhr gestellt wird, so spricht vieles dafür, einen verfrühten Antrag mit dem Zeitpunkt der Ausfuhr als gestellt und damit als geheilt zu betrachten, wenn die Ausfuhr erfolgt, bevor die zuständige Behörde auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen, eine Vor-Ort-Kontrolle angekündigt oder dabei Unregelmäßigkeiten festgestellt hat. In diesem zeitlichen Rahmen hätte der Antrag ohne Weiteres durch Rücknahme und Neubeantragung korrigiert werden können (Art. 14 Abs. 1 VO Nr. 2419/2001). Entsprechend steht das Ziel, die finanziellen Interessen der Gemeinschaft zu schützen, nicht der Annahme entgegen, eine verfrühte Antragstellung mit der Ausfuhr als geheilt zu betrachten. Mit der Ausfuhr ist in derartigen Fällen eine diesbezüglich betrügerische Absicht oder Unredlichkeit auszuschließen. Sei es, dass eine betrügerische Absicht nie bestand, sei es im Sinne eines Rücktritts vom Versuch, den das System der Prämiengewährung durch die Möglichkeiten der Antragsrücknahme und der einfachen Berichtigung (Art. 14 und Art. 44 Abs. 2 VO Nr. 2419/2001) anerkennt. Für den Kläger gilt dies in besonderer Weise, denn die Tiere hatten bereits vor der Beantragung den Hof verlassen, waren zur Ausfuhr angemeldet und haben am Tag nach der Antragstellung das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen. Der Regelung wäre durch diese Heilungsmöglichkeit auch nicht ihre praktische Wirksamkeit genommen, weil sie - eingebettet in das System der Prämiengewährung - in den Fällen wirksam würde, in denen eine Heilung ebenso wie eine Antragsrücknahme oder eine einfache Berichtigung nicht mehr möglich ist. Vor diesem Hintergrund erscheint der Einwand berechtigt, dass es eine schwerlich zu rechtfertigende Förmelei wäre, den Kläger an der vorzeitigen Beantragung festzuhalten, zumal die Ausfuhr und ihr Datum aus der HIT-Datenbank ersichtlich waren und anhand dieser überprüft werden sollten, wie noch darzutun ist.

18

Weder die Frage einer eigenständigen Prämienvoraussetzung noch die Frage einer Heilung bedarf jedoch einer abschließenden Beantwortung, weil der Antrag des Klägers jedenfalls wegen eines offensichtlichen Irrtums als berichtigt anzusehen ist.

19

3. Die verfrühte Beantragung und die darauf zurückzuführende fehlerhafte Angabe im Antrag sind als offensichtlicher Irrtum gemäß Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 anzuerkennen.

20

a) Soweit der Kläger in dem Antragsformular unter Nr. 6.3 durch Ankreuzen der Vermarktungsform "Ausfuhr in ein Drittland bei der Schlachtprämie und/oder Sonderprämie (DL)" zugleich die vorgegebene Aussage bestätigt hat, dass er die Prämien für Tiere beantrage, "die in ein Drittland ausgeführt wurden", liegt - bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung - ein fehlerhafter Antrag vor. Vieles spricht allerdings dafür, dass dieser Fehler ohne Weiteres berichtigt ist.

21

Gemäß Art. 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 2419/2001 führt eine rechtzeitige schriftliche Information darüber, dass ein Antrag "fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist", nicht nur zum Ausschluss von Sanktionen, sondern darüber hinaus "zu einer Anpassung des Beihilfeantrags an die tatsächliche Situation". Die schriftliche Information ist für diese Berichtigung insoweit konstitutiv, als der Antragsteller mit ihr eine bestehende Diskrepanz zwischen Antrag und Wirklichkeit offenbart. Entfällt hingegen eine zunächst bestehende Diskrepanz zwischen Antrag und Wirklichkeit dadurch, dass sich die angegebene Tatsache realisiert, so hat eine zusätzliche Offenbarung des ursprünglichen Fehlers keinen weiteren Sinn. Es kommt hinzu, dass die Beklagte mit ihrer im Antragsjahr 2003 begründeten Praxis auf die Vorlage von Nachweisen zur Ausfuhr verzichtet und die entsprechenden Informationen erklärtermaßen selbst dem Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere entnommen hat. Die darin enthaltenen, über das Hauptzollamt erhobenen Informationen, für deren Richtigkeit der Kläger verantwortlich ist (Art. 10 Abs. 4 VO Nr. 2419/2001), erklärt das Antragsformular hervorgehoben als für die Antragstellung maßgeblich. Vor diesem Hintergrund hatte der Kläger auch sonst keinen Anlass, die Beklagte zusätzlich über den Zeitpunkt der Ausfuhr zu informieren. Nachdem die Tiere ausgeführt wurden, bevor ein die Berichtigung ausschließender Hinweis der Beklagten erfolgte, liegt es nahe, insoweit von einer automatischen Selbstkorrektur der ursprünglich fehlerhaften Angabe auszugehen. Ungeachtet dieser Erwägungen ist die ursprünglich fehlerhafte Antragsangabe ebenso wie die vorzeitige Antragstellung jedenfalls als offensichtlicher Irrtum anzusehen.

22

b) Ein Beihilfeantrag kann nach seiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer anerkennt, Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001. Mit dieser Regelung eröffnet die Verordnung jenseits der Grenzen einer einfachen Berichtigung die Kompetenz zur Korrektur solcher Fehler, die offensichtlich sind und für die damit betrügerisches und unredliches Verhalten ausgeschlossen werden kann. Liegt ein derart qualifizierter Irrtum vor, so ist dieser zu berichtigen, worüber im Streitfall die Gerichte abschließend entscheiden (Urteil vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 15.08 - Buchholz 424.3 Förderungsmaßnahmen Nr. 10 Rn. 19 = RdL 2010, 162 <163>). Praktisch bedeutsam sind dabei in erster Linie Irrtümer, die in Form fehlerhafter Angaben im Antrag enthalten sind. Der Anwendungsbereich der Berichtigung offensichtlicher Irrtümer beschränkt sich jedoch nicht auf die Korrektur solcher Angaben, was unzweifelhaft ist und daher keiner Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bedarf.

23

Indem das Oberverwaltungsgericht eine Berichtigung nach Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 ausschließt, weil sich der tatsächliche Zeitpunkt der Antragstellung nicht nachträglich ändern lasse, verkennt es die Tragweite der Vorschrift. Auch dann, wenn es um die Berichtigung einer fehlerhaften Angabe geht, vermag diese an der tatsächlichen Fehlerhaftigkeit nichts zu ändern. Entscheidend ist die rechtliche Wirkung der Berichtigung, mit der ein offensichtlicher Fehler als behoben gilt. Sind die Voraussetzungen der Berichtigung gegeben, so ist der Antrag so zu behandeln, als wäre er ohne den Fehler gestellt worden. Die Berichtigung nach Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 durchbricht damit die Regel, dass ein Antrag von vornherein richtig zu stellen ist und nach einem Hinweis der zuständigen Behörde nicht mehr korrigiert werden kann. Dafür, einen nach Art. 35 Abs. 1 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 2342/1999 verfrühten Antrag nicht anders als einen inhaltlich fehlerhaften Antrag zu behandeln, spricht insbesondere, dass der Fehler vor einem Hinweis der zuständigen Behörde durch Rücknahme und Neubeantragung ohne Weiteres hätte behoben werden können und dass die in Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 in Bezug genommenen Bestimmungen der Art. 6 bis 11 VO (EG) Nr. 2419/2001 nicht nur inhaltliche Vorgaben betreffen, sondern auch formale Aspekte der Antragstellung. Mit dem Ablauf der Antragsfrist für eine Rinderprämie ist zwar eine materielle Ausschlusswirkung verbunden (vgl. Urteil vom 29. April 2004 - BVerwG 3 C 27.03 - BVerwGE 121, 10 <11 f.> = Buchholz 451.90 Sonstiges Europäisches Recht Nr. 196 S. 54), die nur im Rahmen der speziellen Regelung des Art. 13 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2419/2001 in Fällen höherer Gewalt und außergewöhnlicher Umstände überwunden werden kann. Ein verfrüht gestellter Antrag ist von dieser Ausschlusswirkung jedoch naturgemäß nicht betroffen. Art. 35 Abs. 1 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 2342/1999 hat mit der Vorgabe, den Antrag nach der Ausfuhr zu stellen, jedenfalls nicht weitergehend als die im Antrag zu machenden Angaben die verfahrensrechtliche Funktion, eine effiziente Verwaltung zu ermöglichen und das Vorliegen der materiellrechtlichen Prämienvoraussetzungen zu gewährleisten. Eine darüber hinausgehende Bedeutung kommt der Bestimmung keinesfalls zu. Die Belastung der Verwaltung, die ein insoweit fehlerhafter Antrag mit sich bringen kann, ist nicht anders zu beurteilen, als die Belastung durch inhaltlich fehlerhafte Anträge. Sie wird unter den Voraussetzungen eines offensichtlichen Irrtums im Interesse der materiellen Gerechtigkeit hingenommen. Es ist deshalb kein Grund dafür ersichtlich, einen verfrühten Antrag von der Berichtigungsmöglichkeit des Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 von vornherein auszunehmen.

24

c) Die Voraussetzungen eines offensichtlichen Irrtums liegen vor, weshalb dem Kläger seine ursprünglich falsche Angabe über die erfolgte Ausfuhr ebenso wenig entgegengehalten werden kann, wie eine vorzeitige Einreichung des Antrags vom 30. Dezember 2003.

25

Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Irrtum im Sinne des Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 offensichtlich, wenn er sich aus dem Zusammenhang der Erklärung oder aus den Vorgängen bei ihrer Abgabe auch für jeden Dritten ohne Weiteres zweifelsfrei ergibt (Urteil vom 26. August 2009 a.a.O. Rn. 20 bzw. S. 163 f.). Die Offensichtlichkeit eines Irrtums kann sich unmittelbar aus dem Antrag und den hierzu vorgelegten Nachweisen, aber auch aus anderen objektiven Umständen ergeben, die mit diesem Vorgang in Verbindung stehen. Der Antrag des Klägers vom 30. Dezember 2003 ist in diesem Sinne offensichtlich fehlerhaft. Zwar erschließt sich der Irrtum nicht unmittelbar aus dem Antrag selbst. Er ergibt sich jedoch aus der Ausfuhrmeldung des Hauptzollamts im Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere, die nach der Verwaltungspraxis der Beklagten zum Jahr 2003 an die Stelle des Nachweises der Ausfuhr gemäß Art. 35 Abs. 1 Unterabs. 4 Buchst. b Nr. iv VO (EG) Nr. 2342/1999 getreten ist und daher den Antragsinhalt mitbestimmt. Entsprechend wurde der Fehler im Rahmen der Kohärenzkontrolle des Antrags ohne Weiteres erkannt.

26

Die Annahme eines offensichtlichen Irrtums setzt darüber hinaus voraus, dass der Antragsteller gutgläubig gehandelt hat, so dass der Verdacht eines Betrugs oder einer Unredlichkeit ausgeschlossen ist. Hierzu bedarf es einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, bei der unter anderem das mit dem jeweiligen Fehler konkret verbundene Potential betrügerischen oder unredlichen Handelns zu berücksichtigen ist. In diesem Zusammenhang erlangen auch subjektive Umstände Bedeutung. Das hat allerdings nicht zur Folge, dass nur unvermeidbare Irrtümer als offensichtliche Irrtümer im Sinne des Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 anerkannt werden können. Eine umfassende Schuldlosigkeit ist hierfür nicht verlangt; sie würde zu einer Einschränkung des Anwendungsbereichs des offensichtlichen Irrtums führen, die nicht dem Sinn und Zweck des Rechtsinstituts entspräche (Urteil vom 26. August 2009 a.a.O. Rn. 21 f. bzw. S. 164).

27

Soweit das Oberverwaltungsgericht demgegenüber das Vorliegen eines offensichtlichen Irrtums mit der Begründung verneint hat, der Kläger habe grob fahrlässig, ins Blaue hinein erklärt, Prämien für bereits ausgeführte Tiere zu beantragen, hat es die gebotene umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles versäumt und damit seine rechtliche Betrachtung in unzulässiger Weise verkürzt. Zwar trifft es zu, dass ein offensichtlicher Irrtum jedenfalls dann vorgelegen hätte, wenn der Kläger gutgläubig hätte davon ausgehen können, die Tiere seien zum Zeitpunkt der Beantragung bereits ausgeführt gewesen. Das Oberverwaltungsgericht blendet aus seinen Erwägungen jedoch aus, dass sich der Kläger auch dann auf einen offensichtlichen Irrtum berufen kann, wenn er in gutem Glauben davon ausgehen durfte, wegen der Umstellung des Verfahrens auf die HIT-Datenbank den Antrag stellen zu dürfen, ohne den Vollzug der Ausfuhr und dessen Nachweis abwarten zu müssen. So verhält es sich aber hier.

28

Nach dem festgestellten und sich aus den Akten ohne Weiteres ergebenden äußeren Ablauf der Geschehnisse ist eine betrügerische Absicht oder Unredlichkeit mit Blick auf die hier in Rede stehende Ausfuhr auszuschließen. Nach den Daten der HIT-Datenbank hatte der Kläger die am 30. Dezember 2003 beantragten sechs Tiere am 29. Dezember 2003 an einen Viehhändler abgegeben. Die Tiere sind unter dessen Betriebsnummer mit der Meldung "Ausfuhr" - versehen mit dem Hinweis "korrektes Verlassen des Betriebs" - am gleichen Tag erfasst worden. Sodann ist die Ausfuhr der Tiere unter dem 31. Dezember 2003 gelistet. Parallel zu diesen Daten wird der Ablauf durch die im Berufungsverfahren vorgelegten Urkunden bestätigt. Die Tiere wurden noch am 29. Dezember 2003 beim Hauptzollamt Oldenburg zur Ausfuhr in den Libanon angemeldet. Die Ohrenmarkenliste, die die Ohrenmarkennummern der beantragten Tiere enthält, trägt den Stempel des Hauptzollamts Oldenburg vom 29. Dezember 2003 und den Stempel des französischen Zolls in Sète vom 30. Dezember 2003. Mit Datum vom 6. Februar 2004 bestätigte der französische Zoll, dass die Tiere am 31. Dezember 2003 bestimmungsgemäß der Ausfuhr zugeführt wurden.

29

Hinzu kommt, dass der Kläger nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts übereinstimmend mit den Hinweisen im "Merkblatt Rinderprämien 2003" (Nr. 14.2 und Nr. 43.3) nach einer Umstellung des Verfahrens zum 1. Januar 2003 weder die Ausfuhranmeldung noch die Ausfuhrbescheinigung dem Antrag beifügen musste. Insoweit war das Antragsformular der Beklagten veraltet. Unter Nr. 6.3 enthielt es die überholte Aussage, die "Belege über die Ausfuhr ... habe/n ich/wir diesem Antrag beigefügt." In diesem Kontext steht auch die für die Vermarktungsform der Ausfuhr in ein Drittland vorgegebene Aussage, die Schlachtprämie werde für Tiere beantragt, "die in ein Drittland ausgeführt wurden". Zur Antragsfrist führt das "Merkblatt Rinderprämien 2003" daneben lediglich aus: "Wenn Sie Tiere an Viehhändler, Erfassungsgenossenschaften usw. verkaufen, die die Tiere an ein Drittland ausführen wollen, müssen Sie den Prämienantrag spätestens 6 Monate nach dem Tag, an dem die Tiere das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen haben, stellen". Einen inhaltsgleichen Hinweis enthält das Antragsformular, was zugleich dem Wortlaut der Bestimmungen des § 19 Abs. 2 und § 22 Abs. 2 RSVO entsprach. Ein Hinweis darauf, dass diese Frist nicht nur den spätesten Zeitpunkt der Beantragung, sondern den Zeitraum definiert, innerhalb dessen der Antrag frühestens und spätestens gestellt werden muss, findet sich nirgends, während auf der Rückseite des Antragsformulars unter anderem darauf hingewiesen wird, dass bei der Ausfuhr von Rindern die Tiere innerhalb eines Zeitraums von weniger als zwei Monaten, nachdem die Tiere den Betrieb verlassen haben, ausgeführt sein müssen. Darüber hinaus enthält das Antragsformular den graphisch hervorgehobenen Hinweis, dass "für die Antragstellung <...> die im Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere <...> erfassten Daten maßgeblich" seien, was den Kläger in der Annahme bestärken durfte, dass es auf seine Angaben nicht entscheidend ankomme.

30

Im Lichte dieser Umstände bestehen keine Zweifel daran, dass der Kläger in gutem Glauben, es komme hierauf nicht an, das veraltete Antragsformular mit der Formulierung, die Tiere seien bereits ausgeführt, unterschrieben und den Antrag gestellt hat, ohne sich zu vergewissern, ob die Tiere tatsächlich ausgeführt waren.

31

Dem steht nicht entgegen, dass das Oberverwaltungsgericht den Sachverhalt mit Blick auf die Anwendung von Sanktionen und deren Ausschluss (Art. 44 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2419/2001) dahin gewürdigt hat, dass den Kläger ein Schuldvorwurf treffe; denn einer umfassenden Schuldlosigkeit bedarf es für die Bejahung des guten Glaubens nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, der Kläger habe durch den Antrag am 30. Dezember 2003 erreichen wollen, dass noch eine Anrechnung auf den "Besatzdichtefaktor" für das Jahr 2003 bewirkt werde. Zwar liegt nahe, dass damit eine Anrechnung der beantragten Tiere auf die für das Jahr 2003 mit 1,8 Großvieheinheiten je Hektar innerbetrieblicher Futterfläche bestimmte Höchstzahl sonderprämienfähiger Tiere gemeint ist. Ungeachtet der Frage, wie in diesem Fall die Anrechnungsregelungen des Art. 42 VO (EG) Nr. 2342/1999 anzuwenden wären, stellt aber auch dieser Umstand den guten Glauben des Klägers nicht in Frage. Durfte der Kläger gutgläubig davon ausgehen, den Antrag wie geschehen stellen zu dürfen, so lässt sich der gute Glaube unter den gegebenen Umständen nicht schon deshalb verneinen, weil der Kläger damit ein legitimes Ziel sichern wollte.

Die Behörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Die Behörde ist berechtigt, die Vorlage des Dokuments zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, so darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden.

(2) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 44, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer Behörden oder Ausschüsse § 45 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 sowie Abs. 2, auf die Rücknahme § 48, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, § 49 entsprechende Anwendung.

(3) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Behörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Behörde erörtert, soweit erforderlich, bereits vor Stellung eines Antrags mit dem zukünftigen Antragsteller, welche Nachweise und Unterlagen von ihm zu erbringen sind und in welcher Weise das Verfahren beschleunigt werden kann. Soweit es der Verfahrensbeschleunigung dient, soll sie dem Antragsteller nach Eingang des Antrags unverzüglich Auskunft über die voraussichtliche Verfahrensdauer und die Vollständigkeit der Antragsunterlagen geben.

(3) Die Behörde wirkt darauf hin, dass der Träger bei der Planung von Vorhaben, die nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben können, die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, die Mittel, es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet (frühe Öffentlichkeitsbeteiligung). Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung soll möglichst bereits vor Stellung eines Antrags stattfinden. Der betroffenen Öffentlichkeit soll Gelegenheit zur Äußerung und zur Erörterung gegeben werden. Das Ergebnis der vor Antragstellung durchgeführten frühen Öffentlichkeitsbeteiligung soll der betroffenen Öffentlichkeit und der Behörde spätestens mit der Antragstellung, im Übrigen unverzüglich mitgeteilt werden. Satz 1 gilt nicht, soweit die betroffene Öffentlichkeit bereits nach anderen Rechtsvorschriften vor der Antragstellung zu beteiligen ist. Beteiligungsrechte nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rückforderung der Betriebsprämie 2006 als Sanktion einer vorsätzlichen Übererklärung.

2

Der Kläger ist Landwirt und bewirtschaftet eine Fläche von rund 92 ha, auf der er unter anderem Kartoffeln anbaut. In seinem Sammelantrag für das Jahr 2006 beantragte er die Betriebsprämie und die Beihilfe für den Anbau von Stärkekartoffeln (Stärkekartoffelprämie). In dem dazugehörigen Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis gab er an, auf einer Teilfläche von 18,21 ha Speisekartoffeln und auf einer weiteren Teilfläche von 0,8 ha Kartoffeln zur Stärkeherstellung anzubauen, für die er einen Anbauvertrag mit der Fa. ... beifügte. Darüber hinaus bestätigte er in dem Antragsformular, davon Kenntnis zu haben, dass die Anbaufläche von Stärkekartoffeln gleichzeitig für die Aktivierung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der Betriebsprämie genutzt werden könne; er wisse, dass Kartoffeln nur der Verwendung zugeführt werden dürften, die für den jeweiligen Schlag angegeben sei.

3

Mit Bescheid vom 27. Dezember 2006 bewilligte die Beklagte eine Betriebsprämie in Höhe von 26 041,71 €. Dabei berücksichtigte sie die 0,8 ha große Teilfläche für Stärkekartoffeln. Für den Anbau von Speisekartoffeln erkannte sie 17,45 ha an, weil der Kläger nur in diesem Umfang über die hierfür erforderlichen OGS-Genehmigungen verfügte. Ferner bewilligte sie mit Bescheid vom 31. August 2007 einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 200 €. Eine Stärkekartoffelprämie wurde hingegen nicht gewährt, weil die Fa. ... mitgeteilt hatte, der Kläger habe keine Stärkekartoffeln geliefert.

4

Vor diesem Hintergrund wurde der Kläger mit Schreiben vom 21. September 2007 darauf hingewiesen, dass die Betriebsprämie für die zum Anbau von Stärkekartoffeln gemeldete Teilfläche zu Unrecht bewilligt worden sei, falls die dort angebauten Kartoffeln an einen Speisekartoffelverarbeitungsbetrieb geliefert worden seien. Beruhe die Differenz auf einer vorsätzlichen Unregelmäßigkeit, sei die gesamte Betriebsprämie zurückzufordern. Der Kläger räumte hierauf ein, er habe diese Kartoffeln nicht an die Fa. ..., sondern an die Fa. ... geliefert. Das habe er der Fa. ... mitgeteilt. Er habe jedoch versäumt, seinen Betriebsprämienantrag insoweit zurückzunehmen.

5

Die Beklagte prüfte, ob der Kläger vorsätzlich gehandelt habe und verneinte dies. Erst durch das Anhörungsschreiben sei ihm klar geworden, eine Mitteilung an die Bewilligungsstelle versäumt und insoweit zu Unrecht eine Betriebsprämie erhalten zu haben. Mit Teilrücknahmebescheid vom 26. Mai 2008 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2006 auf, soweit damit für die Anbaufläche für Stärkekartoffeln 124,96 € bewilligt worden waren.

6

Mit Schreiben vom 31. Juli 2009 hörte die Beklagte den Kläger auf Weisung des zuständigen Landesministeriums zur beabsichtigten vollständigen Versagung der Betriebsprämie an, weil er vorsätzlich Rechtsvorschriften verletzt habe. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2009 nahm die Beklagte die nach der Teilrücknahme noch bestehenden Bewilligungen zurück und forderte die verbliebenen 26 116,73 € zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe die für den Stärkehersteller angebauten Kartoffeln bewusst nicht als Stärkekartoffeln, sondern als Veredelungskartoffeln an die Fa. ... geliefert. Folglich müsse er gewusst haben, dass seine Nutzungsangaben falsch geworden seien. Ihm sei auch bekannt gewesen, dass er nachträgliche Nutzungsänderungen unverzüglich hätte mitteilen müssen. Das habe er unterlassen, so dass eine vorsätzliche Unregelmäßigkeit vorliege. Auf Vertrauensschutz könne er sich nicht berufen, da die Bewilligungen auf seine falschen Angaben zurückzuführen seien.

7

Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 28. Oktober 2009 aufgehoben, weil mangels Vorsatzes die Voraussetzungen der Sanktion nicht gegeben seien. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, mit dem Teilrücknahmebescheid vom 26. Mai 2008 sei nicht zugleich geregelt worden, dass der Kläger die Betriebsprämie im Übrigen behalten könne. Die Rücknahme der verbliebenen Bewilligungen sei rechtmäßig; denn die Betriebsprämie sei wegen einer vorsätzlichen Unregelmäßigkeit im Sinne einer Übererklärung gemäß Art. 53 Abs. 1 VO (EG) Nr. 769/2004 zu Unrecht bewilligt worden. Die Angabe, eine bestimmte Fläche zum Anbau von Stärkekartoffeln zu nutzen, sei durch die davon abweichende Verwendung zu Speisezwecken falsch geworden. Der Kläger habe es vorsätzlich unterlassen, die Angabe zu berichtigen. Auf eine Betrugsabsicht oder einen Vorsatz in Bezug auf die Unrechtmäßigkeit der bewilligten Beihilfe komme es nicht an. Angesichts der in dem Sammelantragsformular enthaltenen Erklärungen sei regelmäßig von dem Wissen um die Verpflichtung auszugehen, Änderungen unverzüglich mitzuteilen. Der Kläger habe langjährig sowohl Speise- als auch Stärkekartoffeln angebaut und in seinem Antrag bewusst zwischen diesen unterschieden. Es müsse daher angenommen werden, dass er gewusst habe, Stärkekartoffeln nicht abweichend vermarkten zu dürfen. Spätestens bei der im November 2006 durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle oder der Eigenkontrolle des Bescheides vom 27. Dezember 2006 müsse sich der Kläger der Korrekturbedürftigkeit bewusst gewesen sein. Die Sanktion der vollständigen Versagung der Betriebsprämie verletze auch nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Aufhebung der daher rechtswidrigen Bewilligungsbescheide stehe Vertrauensschutz nicht entgegen, der unionsrechtlich abschließend durch Art. 73 VO (EG) Nr. 796/2004 geregelt sei. Der Kläger könne sich nicht gemäß Art. 73 Abs. 4 VO (EG) Nr. 796/2004 darauf berufen, dass die Zahlung auf einen Irrtum der Behörde zurückzuführen sei, den er billigerweise nicht habe erkennen können. Die Zahlung habe vielmehr auf den fehlerhaft gewordenen Angaben des Klägers beruht, was er auch gewusst habe. Die Vorschrift biete nach ihrem Wortlaut keine Grundlage für den Schutz des Vertrauens in einen Teilrücknahmebescheid, der in Kenntnis der für die Sanktion entscheidungserheblichen Tatsachen ergangen sei, und könne auch nicht analog angewandt werden.

8

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass er vorsätzlich gehandelt habe. Der Vorsatz müsse sich auf die Erlangung eines rechtswidrigen Vorteils beziehen, weil es darum gehe, Betrugsfälle zu vermeiden. Er habe keine Kenntnis davon gehabt, dass eine Fläche, deren Ernte nicht als Stärkekartoffeln abgeliefert werde, agrarförderrechtlich zu einer Speisekartoffelfläche werde. Überhaupt sei ihm nicht bewusst gewesen, dass es durch die Agrarreform im Rahmen der Betriebsprämie eine zusätzliche, sehr geringe Förderung gebe und er hier einen Fehler gemacht habe. Er habe ausschließlich an die Stärkekartoffelprämie gedacht. Die Sachverhaltswürdigung sei wertungswidersprüchlich, weil das Berufungsgericht einerseits die Komplexität des Bewilligungssystems anerkenne, andererseits davon ausgehe, dass er die hier einschlägigen Hinweise verstanden habe. Das Berufungsgericht verkenne, dass vom Verständnis eines durchschnittlichen Landwirts auszugehen sei. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass er zusätzlich zu den Mitteilungen an die Stärkefabrik die Nutzungsänderung auch gegenüber der Beklagten habe anzeigen müssen. Die Sanktion verletze außerdem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Schließlich könne er sich nach den Bestimmungen des Art. 73 VO (EG) Nr. 796/2004 auf Vertrauensschutz berufen. Mit dem Teilrücknahmebescheid vom 26. Mai 2008 sei auch entschieden worden, ihm die nicht zurückgeforderten Beträge zu belassen. In Anbetracht der Kenntnisse der Beklagten habe er darauf vertrauen dürfen, von Sanktionen verschont zu bleiben.

9

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Zutreffend sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich der Vorsatz allein auf den Verstoß gegen eine für die Beihilfegewährung geltende Vorschrift beziehen müsse. Aus dem Teilrücknahmebescheid lasse sich schutzwürdiges Vertrauen nicht ableiten. Er habe keine Entscheidung über eine Kürzung der Betriebsprämie wegen einer vorsätzlichen Unregelmäßigkeit enthalten.

10

Der Senat hat die Beteiligten auf die mit der Agrarreform 2014 einhergehende Änderung der Sanktion bei vorsätzlichen Übererklärungen und das Günstigkeitsprinzip des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 hingewiesen. Die Beklagte sieht darin keine nach dem Günstigkeitsprinzip anwendbare, weniger strenge Sanktion.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist begründet. Auf der Grundlage der am 27. Juni 2014 in Kraft getretenen Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 (ABl L 181 S. 48) verletzt das angegriffene Urteil Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, weil nach den Sanktionsregelungen dieser Verordnung die vom Berufungsgericht festgestellte vorsätzliche Übererklärung in Anwendung des Günstigkeitsprinzips der Rahmenverordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl L 312 S. 1) ohne Sanktion bleibt.

12

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass dem Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 28. Oktober 2009 als Rechtsgrundlage das Gesetz zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (Marktorganisationsgesetz - MOG) zugrunde zu legen ist, das hier in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Juni 2005 (BGBI I S. 1847), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Juli 2009 (BGBI I S. 2314) maßgeblich ist. Über die Rückforderung zu Unrecht gewährter Beihilfen ist nach nationalem Recht zu entscheiden, soweit es an unionsrechtlichen Regelungen fehlt. Zwar begründete Art. 73 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 (ABl L 141 S. 18) die materiell-rechtliche Pflicht des Betriebsinhabers, zu Unrecht gezahlte Betriebsprämien zurückzuzahlen. Die Vorschrift enthielt aber nicht zugleich auch die verfahrensrechtliche Ermächtigung der nationalen Behörden zur Aufhebung von Bewilligungsbescheiden und zum Erlass von Rückforderungsbescheiden; sie bestimmt sich daher nach nationalem Recht (vgl. Urteile vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 15.08 - Buchholz 424.3 Förderungsmaßnahmen Nr. 10 Rn. 30 und vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 3 C 22.02 - Buchholz 316 § 49 VwVfG Nr. 44 S. 14 f.).

13

Bei der Betriebsprämie handelt es sich um eine flächenbezogene Beihilfe und Direktzahlung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g und Nr. 2 MOG. Deren rechtswidrige, aber auch nachträglich rechtswidrig gewordene Bewilligung ist vorbehaltlich des zu beachtenden Vertrauensschutzes aufzuheben; der danach zu erstattende Betrag ist durch Bescheid festzusetzen (§ 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 MOG, § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG).

14

2. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die mit dem angefochtenen Bescheid aufgehobenen, nach dem Teilrücknahmebescheid fortbestehenden Bewilligungen rechtswidrig waren, weil die Betriebsprämie wegen einer vorsätzlichen Unregelmäßigkeit in Gestalt einer Übererklärung nach Art. 53 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 insgesamt zu versagen gewesen sei.

15

Die verwaltungsrechtliche Sanktionierung einer Unregelmäßigkeit setzt nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 voraus, dass sie in einem - gültigen - Rechtsakt vor dem Zeitpunkt der Unregelmäßigkeit vorgesehen wurde, was dem strafrechtlichen Grundsatz nulla poena sine lege entspricht. Im Ausgangspunkt entscheidend sind daher die Sanktionsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 in ihrer ursprünglichen Fassung vom 21. April 2004; denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lag eine (vorsätzliche) Unregelmäßigkeit spätestens bei der Eigenkontrolle des Bewilligungsbescheides vom 27. Dezember 2006 vor. Die nachfolgende, Art. 53 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 um eine Bagatellklausel ergänzende Änderung durch die Verordnung (EG) Nr. 380/2009 vom 8. Mai 2009 (ABl L 116 S. 9) ist hierfür ohne Bedeutung.

16

In nicht zu beanstandender Weise ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen einer vorsätzlichen Übererklärung gemäß Art. 53 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 gegeben sind. Nach dieser Vorschrift war ein Betriebsinhaber von der Gewährung der Betriebsprämie des laufenden Jahres ausgeschlossen, wenn die von ihm in seinem Sammelantrag angegebene Fläche größer war als die den Voraussetzungen für die Beihilfegewährung genügende Fläche („ermittelte Fläche“), sofern die Differenz auf einer vorsätzlichen Unregelmäßigkeit beruht (Art. 53 Abs. 1 i.V.m. Art. 50 Abs. 3, Art. 49 Abs. 1 Buchst. a und Art. 2 Nr. 22 VO Nr. 796/2004).

17

Eine Differenz in diesem Sinne liegt hier vor, weil die im Sammelantrag des Klägers angegebene Fläche zum Anbau von Stärkekartoffeln nicht als ermittelte Fläche gilt. Diese Fläche war im Jahr 2006 nur unter der Voraussetzung beihilfefähig, dass die auf ihr angebauten Kartoffeln tatsächlich zur Stärkeherstellung verwandt wurden (Art. 51 Buchst. c VO Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003, ABl L 270 S. 1, in der Fassung der VO Nr. 864/2004, ABl L 206 S. 20). Der Kartoffelanbau zu anderen Zwecken (Speisekartoffel) war förderrechtlich nur erlaubt und damit beihilfefähig, wenn für die Fläche eine OGS-Genehmigung zur Verfügung stand (Art. 60 VO Nr. 1782/2003 o.g. Fassung). Ungeachtet seiner unzutreffenden Angabe stand dem Kläger für die Fläche keine OGS-Genehmigung zur Verfügung, nachdem seine OGS-Genehmigungen durch die übrigen, zutreffend angemeldeten Flächen bereits in Anspruch genommen waren.

18

Diese Differenz beruht auf einer Unregelmäßigkeit. Der Begriff der Unregelmäßigkeit wird allgemein und grundlegend in Art. 1 Abs. 2 VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 sowie im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 durch dessen Art. 2 Nr. 10 definiert. Nach dieser sektoralen Definition ist eine Unregelmäßigkeit in jeder Missachtung der für die Gewährung der betreffenden Beihilfe geltenden Rechtsvorschriften zu sehen. Wie sich aus Erwägungsgrund 55 VO Nr. 796/2004 und auch aus der allgemeinen Definition des Art. 1 Abs. 2 VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 ergibt, geht es dem Unionsgesetzgeber um den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft, mithin um Verstöße gegen Rechtsvorschriften, die zu ungerechtfertigten Ausgaben führen. Das sind die Vorschriften, deren Einhaltung Voraussetzung der Leistungsgewährung ist und die in diesem Sinne förderrelevant sind.

19

Der Kläger hat für die 0,8 ha große Teilfläche Zahlungsansprüche aktiviert unter der Angabe, das Land zum Anbau von Stärkekartoffeln zu nutzen. Er unterlag damit förderrechtlich dem Verbot, diese Fläche für andere als für die Herstellung von Kartoffelstärke bestimmte Kartoffeln zu nutzen. Folglich verletzte der Kläger bereits mit der zweckwidrigen Verwendung der Kartoffeln das Nutzungsverbot in förderrelevanter Weise und beging damit eine Unregelmäßigkeit. Damit verbunden ist eine weitere Unregelmäßigkeit, auf die sich das Berufungsgericht zu Recht stützt. Gemäß Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 musste der Sammelantrag alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten, wozu hier gemäß vorstehend genannter Vorschriften auch die Nutzung des Kartoffelanbaus gehörte. Ausdrücklich bestimmte § 7 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a und l InVeKoSV, dass die Nutzung von Flächen für den Anbau von Kartoffeln, unterschieden nach Stärkekartoffeln und anderen Kartoffeln, anzugeben war. Diese Angaben müssen nicht nur im Zeitpunkt der Erklärung zutreffen. Im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (Integriertes System) obliegt es einem Antragsteller, Beihilfeanträge nur für Flächen zu stellen, die die Bedingungen für die Gewährung der betreffenden Beihilfe erfüllen, und über jede nach Antragstellung eintretende Änderung der Sachlage zu informieren (EuGH, Urteil vom 28. November 2002 - Rs. C-417/00, Agrargenossenschaft Pretzsch - Slg. I-11070 Rn. 45 ff., 52). Das spiegelt auch Art. 68 Abs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004 wider, der bei rechtzeitiger Mitteilung, dass der Beihilfeantrag „seit Einreichung fehlerhaft geworden ist“, von Sanktionen befreit.

20

Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass jedenfalls Vorsatz in Gestalt sicheren Wissens (direkter Vorsatz) genügt, also eine absichtliche Begehung der Unregelmäßigkeit, und entsprechend auch eine betrugsspezifische Bereicherungsabsicht nicht vorliegen muss. Richtig ist auch, dass sich der Vorsatz auf die Unregelmäßigkeit bezieht und damit jedenfalls nicht unmittelbar auf die Unrechtmäßigkeit der bewilligten Beihilfe. Der Begriff der Unregelmäßigkeit knüpft jedoch an die Verletzung einer förderrelevanten Vorschrift an, die die Rechtswidrigkeit einer dennoch gewährten Beihilfe nach sich zieht, so dass die Fehlvorstellung, die verletzte Vorschrift habe keine Bedeutung für die beantragte Förderung, als ein den Vorsatz ausschließender Irrtum angesehen werden könnte. Das bedarf aber keiner Vertiefung, weil das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der von ihm festgestellten Unregelmäßigkeit eine solche Fehlvorstellung verneint hat.

21

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist von einer vorsätzlich begangenen Unregelmäßigkeit auszugehen. Eine solche Unregelmäßigkeit dürfte bereits darin bestehen, dass der Kläger mit der zweckwidrigen Verwendung der Kartoffeln wissentlich gegen das förderrechtliche Nutzungsverbot verstoßen hat, weil er - legt man diese Feststellungen zugrunde - das Fördersystem durchaus verstanden und demnach gewusst hat, dass er die Stärkekartoffeln nicht abweichend vermarkten durfte. Das Berufungsgericht hat die vorsätzliche Unregelmäßigkeit erst darin gesehen, dass der Kläger die von seinen Antragsangaben abweichende Verwendung von Stärkekartoffeln der Beklagten nicht (unverzüglich) mitgeteilt habe und ihm jedenfalls spätestens bei der Eigenkontrolle des Bewilligungsbescheids vom 27. Dezember 2006 die Korrekturbedürftigkeit der Angaben bewusst gewesen sein müsse. Davon ausgehend liegt die vorsätzliche Unregelmäßigkeit allerdings zeitlich nach Erlass der Betriebsprämienbewilligung vom 27. Dezember 2006, so dass diese (ursprünglich) nur insoweit rechtswidrig wäre, als für die 0,8 ha große Teilfläche eine Betriebsprämie bewilligt wurde. Das ist mit der Teilrücknahme erledigt. Die fortbestehende Bewilligung wurde hingegen erst nachträglich rechtswidrig. Das ist aber nicht weiter bedeutsam (§ 47 VwVfG), weil die verbliebene Bewilligung dann zwar nicht zurückzunehmen, aber mit den gleichen Rechtsfolgen gemäß § 10 Abs. 2 Halbs. 1 MOG zu widerrufen war.

22

Die die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts tragenden tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen einer vorsätzlichen Unregelmäßigkeit hat der Kläger nicht mit Verfahrensrügen angriffen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO); sondern sich darauf beschränkt, ihnen seine eigene Sicht des tatsächlichen Geschehensablaufs entgegen zu halten; die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind daher grundsätzlich bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Revisionsgerichtlich ist nur zu prüfen, ob die tatsächlichen Feststellungen gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze verstoßen, zu denen die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze gehören (vgl. Urteile vom 13. Juli 2006 - BVerwG 4 C 2.05 - BVerwGE 126, 233 Rn. 17 und vom 6. Juni 2002 - BVerwG 4 CN 6.01 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 111 S. 36 f.). Ein solcher Verstoß ist nicht ersichtlich. Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts lässt den geltend gemachten Wertungswiderspruch nicht erkennen. Das Gericht hat die Komplexität des Bewilligungssystems gewürdigt und hierauf aufbauend seine Feststellungen im Kern individuell begründet.

23

3. Gleichwohl kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; denn nach den Sanktionsregelungen der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 bleibt die vorsätzliche Übererklärung in Anwendung des Günstigkeitsprinzips des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 ohne Sanktion.

24

Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 enthält eine Rahmenregelung für einheitliche Kontrollen sowie für verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen bei Unregelmäßigkeiten, die mit ihren allgemeinen, horizontal geltenden Vorschriften alle Bereiche der Unionspolitik erfasst und grundsätzlich von allen sektorbezogenen Verordnungen zu beachten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 11. März 2008 - Rs. C-420/06, Jager - Slg. I-1315 Rn. 61 m.w.N.). Ihr Art. 2 Abs. 2 Satz 2 bestimmt, dass bei einer späteren Änderung der in einer Gemeinschaftsregelung enthaltenen Bestimmungen über verwaltungsrechtliche Sanktionen die weniger strengen Bestimmungen rückwirkend gelten. Das damit auf verwaltungsrechtliche Sanktionen anzuwendende Günstigkeitsprinzip ist Ausdruck des Grundsatzes der rückwirkenden Anwendung des milderen Strafgesetzes, der zu den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten gehört und als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts anzusehen ist (EuGH, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. Rn. 59 m.w.N.). Entsprechend ist das Günstigkeitsprinzip auch mit Blick auf Rechtsänderungen zu beachten, die im Rechtsmittelverfahren - hier im Revisionsverfahren - vorgenommen werden (vgl. EuGH, Urteile vom 1. Juli 2004 - Rs. C-295/02, Gerken - Slg. I-6382 Rn. 14 - 20 und vom 11. März 2008 a.a.O. Rn. 40 f., 84).

25

Die Regelung der Sanktion der in einer vorsätzlichen Übererklärung liegenden Unregelmäßigkeit nach Art. 53 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 wurde zunächst durch die Änderungsverordnung (EG) Nr. 380/2009 durch eine Bagatellregelung abgemildert, die jedoch den vorliegenden Sachverhalt nicht erfasst. Die Art. 53 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 nachfolgende, für Beihilfeanträge ab 2010 geltende Sanktionsregelung übernahm die zuvor geltende Vorschrift unverändert (Art. 60 Abs. 1 VO Nr. 1122/2009). Mit Art. 19 VO (EU) Nr. 640/2014 wurde jedoch eine neue, nicht mehr den Grad des Verschuldens berücksichtigende einheitliche Regelung der „Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen“ geschaffen. Sie differenziert nicht mehr zwischen vorsätzlichen und anderen Übererklärungen. Die Sanktion wird vielmehr abhängig von der Flächendifferenz bezogen auf die für die jeweilige Beihilferegelung relevante Kulturgruppe gestuft und entfällt, wenn eine Bagatellgrenze nicht überschritten wird. Diese Grenze liegt bei einer Flächendifferenz von 3% oder 2 ha und wurde im Fall des Klägers nicht überschritten. Die neue Sanktionsregelung entspricht der bislang nur für nicht vorsätzliche Übererklärungen geltenden Sanktion des Art. 51 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 (= Art. 58 Abs. 1 VO Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009, ABl L 316 S. 65) und ist gegenüber der bisherigen Rechtslage eine mildere Sanktion der Fälle von vorsätzlichen Übererklärungen.

26

Der Anwendung dieser milderen Sanktionsregelung stehen die Vorschriften zur Aufhebung der mit ihr abgelösten Verordnung (EG) Nr. 1122/2009, zum In-Kraft-Treten und zum Geltungsbeginn der Verordnung (EU) Nr. 640/2014 nicht entgegen.

27

In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, dass die im Regelungsbereich der Gemeinsamen Agrarpolitik üblichen Übergangsregelungen, wie sie sich in Art. 53 und 54 VO (EG) Nr. 2419/2001 (ABl L 327 S. 11) finden, die Anwendung des Günstigkeitsprinzips nicht ausschließen. Soweit sich aus dem jeweiligen Rechtsakt kein anderer Hinweis ergibt, lassen sie das mit der Rahmenregelung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 allgemein eingeführte Günstigkeitsprinzip unberührt (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2004 a.a.O. Rn. 53 - 58).

28

Nach den hier zu beachtenden Übergangsvorschriften bleiben die bisherigen Beihilfevorschriften für Beihilfeanträge früherer Zeiträume und für Zahlungsanträge des Jahres 2014 anwendbar (Art. 43 Satz 1 und 2 Buchst. a und b VO Nr. 640/2014). Spiegelbildlich wurde - jenseits des In-Kraft-Tretens der Verordnung am 27. Juni 2014 - geregelt, dass die neuen Bestimmungen für Anträge gelten, die sich auf Zeiträume ab 1. Januar 2015 beziehen. Das entspricht den üblichen Übergangsregelungen. Ein Hinweis darauf, dass mit ihnen zugleich die Anwendung des Günstigkeitsprinzips hätte ausgeschlossen werden sollen, lässt sich diesen Vorschriften nicht entnehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Übergangsvorschriften im Zusammenhang mit der Ablösung der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 durch die Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 oder aus den allein für das Jahr 2014 bedeutsamen Übergangsregelungen, die in vorliegendem Zusammenhang wegen des Auslaufens der Förderperiode 2007 bis 2013 notwendig wurden (VO Nr. 1310/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013, ABl L 347 S. 865).

29

Die Neuregelung der Sanktion bei Übererklärungen stellt sich auch nicht als gänzliche Neustrukturierung der Sanktionsvorschriften dar, die einer Anpassung an die Änderungen des Beihilfesystems, hier der Fortentwicklung der Betriebsprämie, geschuldet wäre und damit keine gewandelte gesetzgeberische Wertung in Bezug auf die Sanktionierung von Übererklärungen zum Ausdruck bringen würde.

30

Einen solchen, die Anwendung des Günstigkeitsprinzips ausschließenden Systemwechsel hat der Europäische Gerichtshof im Zuge des mit der Agrarreform 2003 verbundenen Wechsels vom System produktionsbezogener Direktzahlungen zur - weitgehend - von der Produktion entkoppelten Betriebsprämie für die Sanktion einer Verletzung der Registrierungspflicht für Tiere angenommen (EuGH, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. Rn. 67 ff.). Während eine qualifizierte Verletzung der Registrierungspflicht vor der Reform zu einem zwölfmonatigen Ausschluss der Mutterkuhprämie führte, war die Registrierungspflicht im Rahmen der Betriebsprämie als sogenannte anderweitige Verpflichtung (Cross-Compliance) zu beachten, deren Verletzung zu einer prozentualen Kürzung der Betriebsprämie führte, für die unter anderem eine individuelle Bewertung aller Verstöße von Bedeutung war. Die Einhaltung der Registrierungspflicht war damit in einen ganz anderen Regelungszusammenhang gestellt worden, der eine Anpassung des Sanktionssystems erforderlich machte, um Unstimmigkeiten zu vermeiden. Im Zusammenhang mit dem veränderten Bezugsrahmen traten veränderte Parameter an die Stelle der bisherigen, um die Sanktion an den neuen Regelungszusammenhang anzupassen (vgl. im Einzelnen EuGH, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. insb. Rn. 73 ff.).

31

Ein vergleichbarer, die Anwendung des Günstigkeitsprinzips ausschließender Wechsel des Sanktionssystems liegt hier nicht vor. Mit der Sanktionsregelung des Art. 19 VO (EU) Nr. 640/2014 werden im Anwendungsbereich der Verordnung alle Übererklärungen im Zusammenhang flächenbezogener Beihilferegelungen erfasst. Einbezogen sind damit auch die verschiedenen, an die Größe der gemeldeten Fläche anknüpfenden Stützungsregelungen zur Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), deren Sanktionen zuvor in der Verordnung (EU) Nr. 65/2011 der Kommission vom 27. Januar 2011 (ABl L 25 S. 8) normiert wurde. Die dort für vorsätzliche Übererklärungen vorgesehene Sanktion (Art. 16 Abs. 6 VO Nr. 65/2011) ist identisch mit der Sanktion der Art. 53 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 in seiner zuletzt geltenden Fassung und Art. 60 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009. Das macht deutlich, dass der Unionsgesetzgeber ungeachtet der zwischen den verschiedenen flächenbezogenen Beihilferegelungen bestehenden Unterschiede nach wie vor ein einheitliches Sanktionsregime vorsieht, das mit der Aufgabe der besonderen Sanktionierung vorsätzlicher Übererklärungen abgemildert wurde. Dementsprechend lässt sich auch mit Blick auf die Fortentwicklung des Betriebsprämiensystems ein Systemwechsel nicht erkennen.

32

Die bisherige Betriebsprämie kehrt künftig in der mit ihr vergleichbaren Basisprämie und „damit verbundenen Zahlungen“ wieder (vgl. Titel III VO Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013, ABl L 347 S. 608 - „flächenbezogene Beihilferegelungen“ gemäß Art. 2 Nr. 20 VO Nr. 640/2014). Die Basisprämie ist dabei - auch ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nach - das Kernelement der Direktzahlungen. Sie wird wie die Betriebsprämie auf der Grundlage von Zahlungsansprüchen für beihilfefähige Flächen gewährt (Art. 21, 32 f. VO Nr. 1307/2013). Fakultativ - und so in Deutschland umgesetzt - wird es eine Umverteilungsprämie geben, die auch als Zuschlag für - der Fläche nach - kleinere und mittlere Betriebe oder als Zusatzprämien für die ersten Hektare bezeichnet wird (Art. 41 VO Nr. 1307/2013). Zudem ist eine besondere „Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden“ vorgesehen, die auch als Greeningprämie oder Ökologisierungszuschlag bezeichnet wird (Art. 43 ff. VO Nr. 1307/2013). Vorgesehen sind darüber hinaus „Zahlungen für Junglandwirte“ (Art. 50 VO Nr. 1307/2013), die ebenfalls an die Basisprämie anknüpfen (Art. 49 VO Nr. 639/2014), und - fakultativ - zusätzliche „Zahlungen für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen“ (Art. 48 f. VO Nr. 1307/2013). Jenseits der daraus ersichtlichen Verfeinerung des bisherigen Betriebsprämiensystems bleibt das Hauptmerkmal (vgl. EuGH, Schlussanträge vom 27. November 2007 - Rs. C-420/06, Jager - Slg. I-1315 Rn. 71) der von den Sanktionsregelungen erfassten Fälle, das Zugrundeliegen einer flächenbezogenen Beihilferegelung, unverändert.

33

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass Übererklärungen im spezifischen Zusammenhang mit dem Anbau von Kartoffeln nicht mehr möglich sind, weil bereits zum Jahr 2008 das bisherige Nutzungsverbot aufgehoben wurde. Die Sanktionsregelungen haben weder auf diese Sonderkonstellation abgestellt noch hat der Unionsgesetzgeber den Fortfall dieser an die Produktion gekoppelt gebliebenen Sonderregelungen nachfolgend zum Anlass einer Änderung der Sanktionsregelungen genommen. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung kann die lediglich fortentwickelte, bereits mit der Agrarreform 2003 weitgehend verwirklichte Entkoppelung der Agrarbeihilfen von der Produktion dementsprechend auch nicht als Systemwechsel betrachtet werden, der im Kontext der hier in Rede stehenden Sanktionsregelung der Anwendung des Günstigkeitsprinzips entgegensteht. Vielmehr ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Neuregelung der Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen sich aus der Fortentwicklung des Beihilfensystems erklärt und damit nicht Ausdruck einer gewandelten gesetzgeberischen Wertung der Sanktionierung von Übererklärungen ist.

34

4. Danach kommt es nicht darauf an, ob die bei Begehung der vorsätzlichen Unregelmäßigkeit geltende Sanktionsregelung des Art. 53 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 in ihrer ursprünglichen, noch nicht durch eine Bagatellklausel abgemilderten Fassung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unvereinbar war und ob dies wegen der Geltung des Grundsatzes nulla poena sine lege (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 VO Nr. 2988/95) zur Rechtswidrigkeit der Sanktion führen würde. Dabei wäre allerdings zu beachten, dass der Europäische Gerichtshof dem Unionsgesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik ein weites Gestaltungsermessen einräumt und seine Kontrolle darauf beschränkt, ob die betreffende Maßnahme zur Zielerreichung offensichtlich ungeeignet ist (EuGH, Urteile vom 16. März 2006 - Rs. C-94/05, Emsland Stärke - Slg. I-2619 Rn. 53 f., vom 24. Mai 2007 - Rs. C-45/05, Maatschap Schonewille-Prins - Slg. I-3997 Rn. 45, vom 17. Januar 2008 - Rs. C-37/06 und C-58/06, Viamex Agrar Handel und ZVK - Slg. I-69 Rn. 33 ff. und vom 21. Juli 2011 - Rs. C-150/10, Beneo Orafti - Slg. I-6843, Rn. 75 - 77).

35

Unerheblich bleibt auch, ob sich der Kläger auf schutzwürdiges Vertrauen hätte berufen können. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der bei der Aufhebung der Bewilligungen und bei der Rückforderung zu Unrecht gewährter Betriebsprämien zu beachtende Vertrauensschutz abschließend durch Art. 73 VO (EG) Nr. 796/2004 geregelt ist (vgl. zur Vorgängervorschrift Urteil vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 15.08 - a.a.O. Rn. 30 und Beschluss vom 20. Dezember 2012 - BVerwG 3 B 20.12 - Buchholz 451.505 Einzelne Stützungsregelungen Nr. 6 Rn. 12). Stand allerdings entsprechend den Ausführungen des Berufungsgerichts in dem zur Teilrücknahme der Betriebsprämienbewilligung führenden Verfahren die Frage einer vollständigen Rücknahme im Vordergrund des Interesses, so lässt sich eine Auslegung dahin, dass die Teilrücknahme als abschließende Regelung zu verstehen war und in ihr ein Verzicht auf weitergehende Rückforderungen lag, nicht deshalb verneinen, weil es zu einer solchen Regelung keinen Anlass gegeben hätte. Anders als in der in Bezug genommen Entscheidung (Urteil vom 2. September 1999 - BVerwG 2 C 22.98 - BVerwGE 109, 283) bestand hier nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont durchaus Anlass zu einer Entscheidung darüber, ob die Bewilligung nur teilweise oder ganz zurückgenommen wird. Ungeachtet dessen hätte sich der Kläger jedoch nicht auf Vertrauensschutz berufen können. Die hier näher in Betracht zu ziehende Regelung des Art. 73 Abs. 4 Unterabs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 schützt das Vertrauen in den Fortbestand einer Betriebsprämienzahlung nur, wenn die Zahlung auf einem Irrtum im Verantwortungsbereich der Behörde beruht. Hier beruht die Betriebsprämienzahlung jedoch auf einer Unregelmäßigkeit des Klägers. Daran ändert nichts, dass sich die Beklagte zunächst auf eine Teilrückforderung beschränkt hat, weil sie - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts fehlerhaft - eine vorsätzliche Unregelmäßigkeit verneint hat.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.