Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Juni 2015 - 7 K 4021/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen einen Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte – BfArM –, mit dem dieses festgestellt hat, dass das von der Klägerin als Kosmetikum in den Verkehr gebrachte Produkt „C. -Babybalsam“ ein zulassungspflichtiges Arzneimittel ist.
3Bei dem Produkt handelt es sich um ein farbloses Gel mit einem intensiven Geruch nach ätherischen Ölen, das zur äußerlichen Anwendung bei Babies ab 3 Monaten und Kindern jeden Alters bestimmt ist. Es enthält ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Sicherheitsbewertung ätherische Öle aus Eucalyptus globulus (6 %), Rosmarinus officinalis (2,9 %) und Lavandula angustifolia (0,1 %).
4Auf der im Klageverfahren vorgelegten Umverpackung ist auf der Vorder- und Rückseite die folgende Beschriftung enthalten:
5„C. -Babybalsam – Sanfte Babypflege für entspanntes Atmen durch den Duft ätherischer Öle – N. B. GmbH 00000 L. “.
6Auf der Ober- und Unterseite der Faltschachtel befindet sich der folgende Text:
7„C. -Babybalsam ist ein Kosmetikum für Babies ab 3 Monaten und Kinder jedes Alters. Nur zur äußeren Anwendung. Zum Einreiben auf Brust und Hals. Nicht im direkten Gesichts- und Nasenbereich und nicht auf offener oder geschädigter Haut anwenden.“
8„C. -Babybalsam hilft ihrem Baby sich wohlzufühlen. Die liebevolle Berührung durch die Mutter während des Einreibens und der wohltuende Duft der ätherischen Öle lässt das Baby entspannt atmen. C. -Babybalsam wirkt mit Eukalyptusöl, Lavendel und Rosmarin. Ohne Parfüm, ohne Konservierungsstoffe.“
9Mit Schreiben vom 23.03.2007 stellte das Regierungspräsidium Karlsruhe als für die Klägerin zuständige Überwachungsbehörde beim BfArM einen Antrag auf Entscheidung über die Zulassungspflicht des Produktes „C. Babybalsam“ gemäß § 21 Abs. 4 AMG. Dem Antrag lagen zwei Gutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Karlsruhe vom 08.09.2006 und vom 11.12.2006 zugrunde, das nach einer Untersuchung einer Probe des Präparats zu dem Ergebnis kam, dass es sich sowohl um ein Arzneimittel nach der Bezeichnung als auch nach der Funktion handele.
10Dieser Einschätzung widersprach die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 13.11.2006 und vom 11.01.2007.
11Das BfArM gab der Klägerin mit Schreiben vom 18.04.2007 Gelegenheit, zur Einstufung des Präparats als Arzneimittel binnen 4 Wochen Stellung zu nehmen. Die Klägerin antwortete mit Schreiben vom 11.05.2007, in dem sie auf ihre Stellungnahmen vom 13.11.2006 und vom 11.01.2007 gegenüber der Überwachungsbehörde Bezug nahm.
12Mit Bescheid vom 11.12.2009 stellte das BfArM fest, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Präparat um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handele.
13Das Präparat sei ein Präsentationsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, da aufgrund seiner Produktbeschreibung und –aufmachung bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher – wenn auch nur schlüssig – der Eindruck entstehe, dass das Mittel als Arzneimittel zur Linderung von Erkältungskrankheiten geeignet sei.
14Nach seiner Zweckbestimmung solle das Mittel nicht äußerlich wirken, sondern durch die Inhalation über die Atemwege. Brustbalsame mit ätherischen Ölen würden vom Verbraucher traditionell als Arzneimittel zur Linderung von Erkältungskrankheiten eingesetzt und seien daher Präsentationsarzneimittel.
15Aufgrund seines Gehaltes an ätherischen Ölen, insbesondere aus Eucalyptus globulus von 6 %, handele es sich auch um ein Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2a AMG. Gemäß der Monographie der Kommission E werde Eukalyptusöl aufgrund seiner sekretomotorischen, expektorierenden und schwach spasmolytischen pharmakologischen Wirkung in halbfesten Zubereitungen 5 – 20 %ig äußerlich bei Erkältungskrankheiten der Luftwege angewendet. Mit einem Eukalyptusölgehalt von 6 % entspreche C. -Babybalsam diesen Anforderungen. Auch nach der ESCOP-Monographie werde Eukalyptusöl äußerlich bei Erkrankungen der oberen Atemwege eingesetzt. Die pharmakologischen Wirkungen von Eukalyptusöl seien hiermit wissenschaftlich belegt.
16Daneben sprächen auch die von diesem Stoff ausgehenden Risiken, nämlich Glottiskrämpfe, Bronchospasmen und asthmaähnliche Zustände bis hin zum Atemstillstand, für eine Einordnung als Funktionsarzneimittel. Wegen dieser Nebenwirkungen seien Einreibungen eukalyptusölhaltiger Produkte auf dem Oberkörper von Säuglingen und Kindern unter 2 Jahren kontraindiziert.
17Ein Ausschlusstatbestand nach § 2 Abs. 3 AMG liege nicht vor. Insbesondere handele es sich bei dem Balsam nicht um ein Kosmetikum, da es nicht dazu bestimmt sei, äußerlich am Körper des Menschen oder in seiner Mundhöhle zur Reinigung, zum Schutz, zur Erhaltung eines guten Zustandes, zur Parfümierung, zur Veränderung des Aussehens oder zur Verbesserung des Körpergeruchs zu dienen. Vielmehr sei es auf eine überwiegend inhalative bzw. innerliche Wirkungsweise gerichtet, wie sie für Arzneimittel typisch sei.
18Das Mittel entspreche auch keineswegs den Richtlinien und Empfehlungen für kosmetische Produkte. Das Committee of Experts on Cosmetic Products empfehle, bei kosmetischen Produkten für Kinder unter 3 Jahren den Einsatz von Eukalyptusöl zu vermeiden. In den USA seien 0,02 % Eukalyptusöl die übliche Einsatzkonzentration und 0,1 % die maximale Einsatzkonzentration in Kosmetika.
19Gegen den am 16.12.2009 zugestellten Bescheid legte die Klägerin am 13.01.2010 Widerspruch ein, den sie mit Schreiben vom 23.02.2010 begründete.
20Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 03.06.2013 zurückgewiesen.
21In der Begründung wurde ausgeführt, die Eigenschaft als Funktionsarzneimittel werde durch die nachgewiesenen pharmakologischen Wirkungen des Eukalyptusöls begründet. Diese würden nicht nur in der E-Monographie sowie zahlreichen Lehrbüchern und Publikationen, sondern auch im Internet-Auftritt der Klägerin zu den C. -Produkten beschrieben.
22Außerdem gebe es zahlreiche Zulassungen für Arzneimittel, die Eukalyptusöl als arzneilich wirksamen Bestandteil in einer Konzentration von 5-10 % enthielten. Hierzu zählten „Erkältungsbalsam 5 % Spitzner“, „Grippostad Erkältungsbalsam mild“, „Pinimenthol Erkältungsbalsam mild“ und „Erkältungsbalsam mild N“. Diese seien für das Anwendungsgebiet „Zur Inhalation und äußerlichen Anwendung zur Besserung der Beschwerden bei Erkältungskrankheiten der Atemwege mit zähflüssigem Schleim“ zugelassen und implizierten daher das Vorhandensein pharmakologischer Wirkungen der verwendeten Einzelsubstanzen.
23Die Aufbereitungsmonographie der Kommission E, die auch auf die hier verwendete Eukalyptusart „Eucalyptus globulus“ anwendbar sei, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine tragfähige wissenschaftliche Erkenntnisquelle, die auch noch nicht überholt sei. Diese belege die pharmakologische Wirkung. Ein Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit der angewendeten Dosierung sei jedoch nicht erforderlich.
24Die Eigenschaft als Präsentationsarzneimittel werde auch durch den Internet-Auftritt der Klägerin mit Stand 25.03.2013 belegt, in dem für C. -Babybalsam eine Linderung von Erkältungsbeschwerden beansprucht werde. Außerdem würden alle Produkte der Marke „C. “ ganz eindeutig als Arzneimittel präsentiert.
25Gegen die Einordnung als Kosmetikum spreche die überwiegend medizinische Zweckbestimmung und die Aufnahme der Stoffe über die Atemwege. Dies ergebe sich aus den Erwägungsgründen der Europäischen Richtlinie 76/768/EWG, wonach Mittel, die dazu bestimmt seien, eingenommen, eingeatmet, eingespritzt oder in den menschlichen Körper eingepflanzt zu werden, nicht zu den kosmetischen Erzeugnissen gehörten.
26Gegen den am 04.06.2013 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 04.07.2013 Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung des Feststellungsbescheides begehrt.
27Sie ist der Auffassung, bei dem Produkt handele es sich weder um ein Präsentationsarzneimittel noch um ein Funktionsarzneimittel. Dies werde durch ein Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main vom 30.01.2002 - 3-8 0 1/02 - bestätigt, in dem dieses ein vergleichbares Präparat eines anderen Herstellers in einem Wettbewerbsstreit als Kosmetikum eingestuft habe.
28Maßgeblich sei hier eine Gesamtbetrachtung unter Würdigung aller Faktoren und Indizien, wobei die unmittelbaren Faktoren der Produktkonzeption und der Wissenschaft von stärkerem Gewicht seien als die mittelbaren Faktoren des Marktauftritts. Nur wenn mehr als 80 % der befragten Verbraucher das Produkt als Arzneimittel einstuften, könne es – wie im Markenrecht – als Präsentationsarzneimittel angesehen werden. Dies könne hier aber ausgeschlossen werden.
29Das Produkt werde nicht als Arzneimittel präsentiert, sondern als Mittel zur Babypflege in den Verkehr gebracht. Dies werde durch die Auslobungen auf der Umverpackung zum Ausdruck gebracht. Dort heiße es ausdrücklich, „C. -Babybalsam ist ein Kosmetikum für Babys ab 3 Monaten und Kinder jedes Alters“. Bei einem Mittel, das als Kosmetikum in den Verkehr gebracht werde, nehme der durchschnittliche Verbraucher nicht an, dass es sich um ein Arzneimittel handele.
30Auch die Wirkung zur Förderung eines „entspannten Atmens“ sei keine arzneimitteltypische Wirkung. Denn dies sei ein völlig normaler Körperzustand, und stelle nicht die Behebung oder Linderung einer Krankheit dar. Insbesondere fehle es an der Darstellung etwaiger Anwendungsgebiete, also der krankhaften Zustände, deren Bekämpfung das Mittel dienen solle.
31Das Produkt sei auch zur „äußerlichen Anwendung“ bestimmt, da es auf die Haut des Kindes aufgebracht und dort verrieben werde. Ein „Balsam“ sei gerade eine für ein Kosmetikum übliche Darreichungsform. Die von der Beklagten zitierten Erwägungsgründe der Europäischen Richtlinie 76/768/EWG (Kosmetik-Richtlinie) seien daher hier nicht einschlägig.
32Die von der Beklagten zitierten Aussagen der Klägerin im Internet seien nicht geeignet, dem Produkt eine Arzneimitteleigenschaft zu geben. Diese Angaben seien im Zeitpunkt des Ursprungsbescheides noch nicht im Internet verfügbar gewesen und auch aktuell nicht mehr auf der Internetseite der Klägerin vorhanden. Außerdem könnten Werbeaussagen des Herstellers im Internet nur dann Einfluss auf die Verkehrsanschauung haben, wenn die Internetadresse des Herstellers auf der Verpackung angegeben sei. Schließlich müsse der Internetauftritt im Rahmen des „Gesamterscheinungsbildes“ des Produktes zurücktreten, da ihm ein niedrigeres Gewicht gegenüber den unmittelbar produktbezogenen Beurteilungskriterien zukomme. Einzelne Werbeaussagen könnten ein Produkt nicht zum Präsentationsarzneimittel machen, wenn sie für den Produktauftritt nicht prägend seien.
33Es sei auch nicht entscheidend, dass die Klägerin das Präparat unter der Dachmarke „C. “ vermarkte, die auch ein zugelassenes Arzneimittel (C. -Inhalat) umfasse. Daraus schließe der Verkehr nicht zwingend, dass alle Produkte der Dachmarke, auch Kosmetika, eine arzneiliche Wirkung hätten (OLG Hamburg, GRUR 2000, 626 „Schuppenshampoo“).
34Das Präparat habe auch nicht die Eigenschaft eines Funktionsarzneimittels. Die Eigenschaften des Mittels ergäben sich nicht aus einem pharmakologischen Wirkprinzip. Dieses habe die Beklagte, die insoweit die Beweislast trage, nur behauptet, aber nicht bewiesen. Die Inhaltsstoffe Eukalyptusöl, Lavendel und Rosmarin entfalteten keine pharmakologische Wirkung. Die diesbezüglichen Monographien im Europäischen Arzneibuch seien irrelevant. Zahlreiche Inhaltsstoffe von Kosmetika befänden sich auch in Arzneimitteln. Die vorhandenen Inhaltsstoffe seien kosmetiktypisch. Dies sei bereits daraus abzuleiten, dass es für die drei Stoffe auch INCI-Bezeichnungen gebe, also Namen nach dem International Nomenclature of Cosmetic Ingredients.
35Das Chemische und Veterinär-Untersuchungsamt Karlsruhe habe in seinem Gutachten auch eingeräumt, dass den drei Wirkstoffen objektiv keine pharmakologische Wirkung zukomme. Denn es habe ausgeführt, dass die Ergebnisse der durchgeführten Gehaltsbestimmungen der Inhaltsstoffe nur „darauf hin deuten“, dass das Präparat einen größenordnungsmäßig ähnlich hohen Anteil an ätherischen Ölen enthalte wie andere Fertigarzneimittel, die als Externa bei Erkrankungen der Atemwege von Kindern eingesetzt würden. Dies sei aber zum Nachweis einer pharmakologischen Wirkung nicht ausreichend.
36Die Beklagte könne sich zum Nachweis der pharmakologischen Wirkung des Präparats auch nicht auf die Monographie der Kommission E zu Eukalyptusöl berufen. Zum einen betreffe die Monographie nicht den vorhandenen Inhaltsstoff „Eucalyptus globulus“; zum anderen entspreche die Monographie nicht mehr dem aktuellen Erkenntnisstand. Vielmehr habe der zuständige Ausschuss der EMA im Jahr 2013 den Entwurf einer Monographie für „Eucalyptus globulus“ veröffentlicht, wonach lediglich eine Verwendung in einem traditionell angewendeten Arzneimittel in Betracht komme. Außerdem müsse das Mittel bei topischer Anwendung mindestens 10 % Eukalyptusöl enthalten. Das streitgegenständliche Pflegemittel habe jedoch lediglich einen Gehalt von 5,6 % Eukalyptusöl. Aus der bisherigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sei nicht abzuleiten, dass „regelmäßig“ auch bei Dosierungen unterhalb einer therapeutisch wirksamen Dosierung von einer pharmakologischen Wirkung auszugehen sei. Vielmehr müsse die Eigenschaft als Funktionsarzneimittel nach allen Umständen des Einzelfalls positiv festgestellt werden. Dass eine nennenswerte physiologische Wirkung nicht ausgeschlossen werden könne, reiche nach der Rechtsprechung des EuGH gerade nicht aus. Ungeachtet der Dosierung des Eukalyptusöls seien in dem Produkt außerdem mehrere Inhaltsstoffe enthalten, die sich gegenseitig beeinflussen könnten.
37Es sei auch nicht ausreichend, wenn sich die Konzentration des Wirkstoffs im Bereich zugelassener Arzneimittel bewege. Auch beim arzneimittelrechtlich erforderlichen Wirksamkeitsnachweis sei es nicht möglich, auf „ähnliche“ Wirkstoffkonzentrationen bei anderen zugelassenen Arzneimitteln zu verweisen. Ein zugelassenes Arzneimittel, das dem streitgegenständlichen Pflegebalsam in seiner Zusammensetzung genau entspreche, sei aber nicht bekannt.
38Schließlich sei auch der Hinweis der Beklagten auf die Kontraindikation von Eukalyptusöl bei Kindern unter 30 Monaten nicht erheblich, da sich diese Gegenanzeige gerade auf eine Dosierung mit einer nachgewiesenen pharmakologischen Wirkung beziehe.
39Die Klägerin beantragt,
40den Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 11.12.2009 bezüglich des Produktes „C. -Babybalsam“ in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.06.2013 aufzuheben.
41Die Beklagte beantragt,
42die Klage abzuweisen.
43Sie bezieht sich auf die Begründung der angefochtenen Bescheide und führt ergänzend aus, die Werbeaussagen der Klägerin im Internet unterstützten die Präsentation des Produktes als Arzneimittel zum Einreiben bei Erkältungskrankheiten. Auf den Inhalt der Werbung im Zeitpunkt des Ursprungsbescheides im Jahr 2009 komme es nicht an, da maßgeblich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sei. Das C. -Babybalsam falle unter die für alle C. -Präparate geltenden Werbeaussagen der Klägerin auf ihrer aktuellen Internetseite, die diese als „Erkältungsprodukte“ bzw. „Medikamente für Säuglinge und Kinder“ präsentierten bzw. die die spezifische Wirkungsweise der enthaltenen ätherischen Öle zur Linderung von Erkältungssymptomen beschreibe. Diese Aussagen seien der Klägerin auch ohne eine Angabe der Internetadresse auf der Umverpackung zuzurechnen, zumal sich der Herstellername in prominenter Stelle auf der Verpackung befinde.
44Das beim Verbraucher sehr bekannte Produkt „C. -Inhalat“ sei bereits vor 1978 als Arzneimittel auf dem Markt gewesen und im Rahmen der Nachzulassung mit der Indikation „Zur Besserung der Beschwerden bei Erkältungskrankheiten der Atemwege mit zähflüssigem Schleim“ zugelassen worden. Dadurch werde die Verbrauchererwartung eindeutig dahingehend geprägt, dass es sich auch bei C. -Babybalsam um ein zugelassenes Arzneimittel handele.
45Die Texte auf der Umverpackung, die das Mittel als Pflegeprodukt für Babys präsentierten, müssten hinter der schon vorhandenen Verbrauchererwartung zurücktreten. Der Begriff „Balsam“ werde auch von zahlreichen zugelassenen Arzneimitteln verwendet und sei daher gerade nicht für ein Kosmetikum typisch. Jedoch deuteten die Aussagen „lässt das Baby entspannt atmen“ und „wirkt mit Eukalyptusöl, Lavendel und Rosmarin“ durchaus auf eine Anwendung bei Erkältungskrankheiten hin. Eine kosmetische Anwendung beim gesunden Säugling sei dagegen fernliegend.
46Das Mittel sei außerdem aufgrund der pharmakologischen Wirkung des Inhaltsstoffes Eukalyptusöl als Funktionsarzneimittel einzustufen. Die Klägerin werbe auf ihrer Internetseite selbst mit den pharmakologischen Wirkungen von Eukalyptusöl, indem sie dort ausführe, dass das im Öl enthaltene Cineol entzündungshemmend, entkrampfend und stark schleimlösend wirke und damit das Abhusten der Bronchien erleichtere und sowie die Ausbreitung der Erreger verhindere und durch die kühlende Wirkung Kopfschmerzen mildere.
47Auch sei das Eukalyptusöl in einer Konzentration vorhanden, die eine pharmakologische Wirkung im Körper entfalten könne. Zwar liege die Konzentration von 6 % am unteren Rand der in der Monographie der Kommission E bei halbfesten Zubereitungen beschriebenen Wirkungsspanne von 5 – 20 %. Dies sei aber darauf zurückzuführen, dass das Präparat bei Säuglingen angewendet werde. In der angegebenen Spanne seien zahlreiche Arzneimittel zugelassen. Im Übrigen könne nach der aktuellen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte eine pharmakologische Wirkung auch unterhalb von therapeutisch wirksamen Dosen gegeben sein. Andernfalls liefe der Versagungsgrund des fehlenden Nachweises der therapeutischen Wirksamkeit gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG ins Leere, wenn schon kein Arzneimittel vorliege.
48Es genüge, wenn die Eignung des Präparates, die physiologischen Funktionen nennenswert zu beeinflussen durch belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse bzw. einen halbwegs gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisstand belegt werden könne.
49Dies sei hier der Fall. Die Monographien der Kommission E seien nach der Rechtsprechung nach wie vor geeignet, die pharmakologische Wirkung eines Stoffes wissenschaftlich zu belegen. Daran änderten auch die aktuelle Monographie der EMA zu Eucalyptus globulus vom 25.03.2014 – EMA/HMPC/307781/2012 – und der zugehörige Assessmentreport nichts. Zwar werde hier von einer wirksamen Dosierung von mindestens 10 % Eukalyptusöl ausgegangen. Dies betreffe jedoch die therapeutische Wirksamkeit, und nicht das Vorliegen einer pharmakologischen Wirkung. Vielmehr könne auch bei der vorliegenden Dosierung von 6 % Eukalyptusöl noch von einer nennenswerten Beeinflussung der physiologischen Funktionen ausgegangen werden, zumal es sich hier um die Zielgruppe der Säuglinge und Kleinkinder handele.
50Diese werde in einer Vielzahl pharmazeutischer Fachliteratur beschrieben, auf die schon das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe in seinen Gutachten hingewiesen habe, sowie in neueren Veröffentlichungen. Die ESCOP-Monographie von 2003 gebe als wirksame Dosierung zur symptomatischen Behandlung von Erkältungen 1,3 % ätherisches Öl in halbfesten Zubereitungen an. Letztlich werde dies von der Klägerin gar nicht bestritten, da sie in ihrem Internetauftritt gerade mit den pharmakologischen Wirkungen werbe, ohne hierfür eine Mindestdosierung anzugeben.
51Bei der Einordnung als Funktionsarzneimittel sei schließlich im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen, dass die Anwendung von Produkten mit Eukalyptusöl für Kinder unter 30 Monaten kontraindiziert sei, da diese Stoffe das Auftreten von Laryngospasmen hervorrufen könnten, vgl. die HMPC-Monographie zu Eucalyptus globulus vom 25.03.2014. Ferner seien weitere Nebenwirkungen und Kontraindikationen bekannt, die eine Einstufung als Kosmetikum verhinderten.
52Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
53E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
54Die zulässige Klage ist nicht begründet.
55Der Bescheid des BfArM vom 11.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2013, der die Arzneimitteleigenschaft des Produktes „C. -Babybalsam“ feststellt, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
56Rechtsgrundlage für den Feststellungsbescheid des BfArM ist § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG. Danach entscheidet die zuständige Bundeoberbehörde auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Fertigarzneimittels. Die Entscheidung über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels schließt die Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft eines Produkts als notwendigen Zwischenschritt mit ein,
57vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27.01.2015 - 13 A 1872/14 -, PharmR 2015, 142, und vom 29.04.2014 - 13 A 1378/13 -, juris.
58Bei dem streitgegenständlichen Produkt handelt es sich um ein Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts gültigen, zuletzt mit Gesetz vom 17.12.2014 (BGBl. I S. 2222) geänderten Fassung.
59Zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Verwaltungsakten nach § 21 Abs. 4 AMG: VG Köln, Urteil vom 08.11.2011 - 7 K 4577/11 - juris, m.w.N.; offengelassen vom OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2010 - 13 A 1187/10 - juris.
60Gemäß § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die
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1. entweder zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (sog. „Präsentationsarzneimittel“), oder
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2. im oder am menschlichen Körper angewendet oder verabreicht werden können, um
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen (sog. „Funktionsarzneimittel“) oder
65b) eine medizinische Diagnose zu erstellen („Diagnostika“).
66Diese Definitionen beruhen auf der Umsetzung des europarechtlichen Arzneimittelbegriffs in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG,
67Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.11.2001 zur Schaffung des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (Abl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), zuletzt geändert durch RL 2012/26/EU vom 25.10.2012 (ABl. L 299 vom 25.10.2012, S. 1.).
68Sie sind daher gemeinschaftsrechtlich vorgeprägt und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH richtlinienkonform auszulegen,
69vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2010 - 13 A 1187/10 -, juris.
70Nicht unter den Arzneimittelbegriff fallen kosmetische Mittel im Sinne des § 2 Abs. 5 des Lebensmittel- , Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches i.d.F. der Bekanntmachung vom 03.06.2013 (BGBl. I 1426), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 05.12.2014 (BGBl. I 1975), § 2 Abs. 3 Nr. 2 AMG. Nach dieser Definition sind kosmetische Mittel Stoffe oder Gemische aus Stoffen, die ausschließlich oder überwiegend dazu bestimmt sind, äußerlich am Körper des Menschen oder in seiner Mundhöhle zur Reinigung, zum Schutz, zur Erhaltung eines guten Zustandes, zur Parfümierung, zur Veränderung des Aussehens oder dazu angewendet zu werden, den Körpergeruch zu beeinflussen.
71Diese Begriffsbestimmung stimmt inhaltlich überein mit Art. 2 Abs. 1 a der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.11.2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342/59 vom 22.12.2009), die seit dem 11.07.2013 unmittelbare Geltung in den Mitgliedstaaten hat und damit auch für die Anwendung des deutschen Rechts maßgeblich ist.
72Unter Berücksichtigung dieser Definitionen handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt „C. -Babybalsam“ sowohl um ein Präsentationsarzneimittel nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG als auch um ein Funktionsarzneimittel nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG, und nicht um ein kosmetisches Mittel.
73Das Erzeugnis ist ein Präsentationsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, weil es sich um eine Stoffzubereitung handelt, die zur Anwendung am menschlichen Körper (Hals und Brust) als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung menschlicher Krankheiten (Erkältungskrankheiten) bestimmt ist.
74Ein Produkt erfüllt dann die Voraussetzungen eines Präsentationsarzneimittels, wenn es entweder ausdrücklich als ein solches Mittel bezeichnet wird oder aber sonst beim Verbraucher, wenn auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung menschlicher Krankheiten haben müsse,
75vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 - juris, Rn. 21; EuGH, Urteil vom 15.11.207 - C-319/05 – „Knoblauchkapseln“ , juris, Rn. 46.
76Maßgeblich für die Einordnung des Produkts ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsbetrachter darstellt. Die „Bestimmung“ des Produkts, also sein Verwendungszweck, erschließt sich aus der stofflichen Zusammensetzung des Produkts, seiner Aufmachung und der Art seines Vertriebes. Mit seinem Erscheinungsbild begründet das Produkt Erwartungen und Vorstellungen über seine Zweckbestimmung oder es knüpft an eine schon bestehende Auffassung der Verbraucherkreise über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an. Dabei kann die Vorstellung der Verbraucher auch durch die Auffassungen der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflusst sein,
77vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.1994 - 3 C 2/93 - juris, Rn. 25 f.; BGH, Urteil vom 07.12.2000 - I ZR 158/98 - , GRUR 2001, S. 450, juris, Rn. 27..
78Für die Bewertung des Erscheinungsbildes eines Produkts sind insbesondere seine Bezeichnung, die Gestaltung von Verpackung oder Beipackzettel mit Hinweisen auf pharmazeutische Forschungen oder ärztliche Methoden oder Zeugnisse sowie die dem Hersteller zurechenbare Veröffentlichungen oder Werbung, auch im Internet, in den Blick zu nehmen. Hierbei genügt es nicht, wenn ein Produkt mit Eigenschaften präsentiert wird, die allgemein gesundheitsfördernde Wirkung haben. Vielmehr muss das Produkt heilende, krankheitsvorbeugende oder Leiden lindernde Wirkungen in Anspruch nehmen,
79vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 - juris, Rn. 40; Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 - juris, Rn. 23; Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 - juris, Rn. 23; OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2010 - 13 A 1187/10 - juris, Rn. 36; OVG Lüneburg, Urteil vom 03.02.2011 - 13 LC 92/09 - ; VG Köln, Urteil vom 14.10.2009 - 24 K 4394/08 - , vom 13.04.2010 - 24 K 5687/08 - und vom 14.04.2015 - 7 K 4332/13 - .
80Im vorliegenden Fall spricht zwar das äußere Erscheinungsbild des Produkts, insbesondere die Angaben auf seiner Verpackung, gegen die Annahme eines Präsentationsmittels. Weder die Bezeichnung „C. -Babybalsam“, noch die Verwendung der Ausdrücke „sanfte Babypflege“ oder „Kosmetikum“ deuten isoliert betrachtet auf ein Arzneimittel oder eine medizinische Zweckbestimmung hin. Auch wird in der Text- und Bildgestaltung jeder Bezug zu einem Krankheitsbild vermieden.
81Gleichwohl knüpft das Erzeugnis aufgrund seines Gehaltes an Eukalyptusöl, seiner Anwendungsart und seiner Vermarktung unter der Dachmarke „C. “ schlüssig an eine schon vorbestehende Verbrauchererwartung an ähnliche Mittel an und erzeugt damit eindeutig den Eindruck, dass es sich um ein Mittel mit heilenden oder lindernden Eigenschaften bei Erkältungskrankheiten, also um ein Arzneimittel handelt.
82Die bestehende Verkehrsauffassung ordnet Mittel, die stark riechende ätherische Öle wie Eukalyptus, Menthol oder Kampfer enthalten und zur Einreibung von Brust, Hals und Rücken, insbesondere bei Kindern bestimmt sind, als Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten ein. Diese Mittel sollen durch die Aufnahme der Wirkstoffe durch die Haut und durch die Inhalation der Dämpfe über die Nase Erkältungssymptome lindern, beispielsweise eine verstopfte Nase befreien, die Atmung erleichtern oder den Husten lösen.
83Diese Verbrauchererwartung wird durch den Umstand begründet, dass zahlreiche vergleichbare Mittel in Deutschland seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten als zugelassene Arzneimittel für die Anwendung bei Erkältungskrankheiten im Verkehr sind. Die Beklagte hat derartige Mittel in den angefochtenen Bescheiden aufgeführt. Die arzneiliche Verwendung derartiger Einreibungen lässt sich auch aus dem Assessmentreport des europäischen Ausschusses für die Bewertung von pflanzlichen Arzneimitteln - HMPC - zu Eucalyptus globulus vom 15.06.2013, S. 6 (EMA/HMPC/307782/2012) entnehmen.
84Die Annahme, dass es sich bei derartigen Mitteln um Arzneimittel handelt, die bei Erkältungskrankheiten von Kindern zum Einsatz kommen können, spiegelt sich auch in den Meinungen in einschlägigen Internetforen wieder, in denen sich Mütter über die Behandlung von Babys und Kindern mit Erkältungen austauschen. In diesen Foren wird auch dem streitgegenständlichen Präparat „C. Babybalsam“ eine gute Wirkung bei Erkältungssymptomen zugeschrieben,
85vgl. z.B. bei www. .de/ , zu C. Babybalsam, Abruf vom 01.04.2015.
86Die Verbrauchererwartung einer arzneilichen Wirkung wird gestützt durch die bisher herrschende Auffassung in der pharmazeutischen Wissenschaft, die Produkten mit Eukalyptusöl zur äußerlichen Anwendung in einer Konzentration zwischen 5 und 20 %, oft in Kombination mit anderen ätherischen Ölen, pharmakologische Wirkungen zumisst. Im Einzelnen werden pflanzlichen Zubereitungen mit Eukalyptusöl expektorierende, antibakterielle und sekretomotorische Wirkungen zugeschrieben und eine Anwendung bei Erkältungskrankheiten der oberen Luftwege als wirksam angesehen,
87vgl. insbesondere die Monographie der Kommission E zu „Eucalypti folium“ vom 24.09.1986, BAnz. vom 24.09.1986 (Heft-Nr. 177a) sowie die vom BfArM vorgelegten wissenschaftlichen Publikationen (Beiakte 4).
88Die traditionelle Anwendung von halbfesten Darreichungsformen für die äußerliche Anwendung bei Erkältungskrankheiten wurde auch durch die aktuelle Gemeinschaftsmonographie des HMPC vom 25.03.2014 (EMA/HMPC/307781/2012) und den dazu erstellten Assessmentreport vom 15.06.2013 (EMA/HMPC/ 307782/2012) zu „Eucalyptus globulus“ als plausibel angesehen und anerkannt. Der Umstand, dass das Produkt der Klägerin, gemessen an den Anforderungen der Gemeinschafts-Monographie mit einer Konzentration von ca. 6 % Eukalyptusöl unterdosiert ist (die Monographie bewertet eine 10 %ige Zubereitung), spielt für die Einordnung als Präsentationsarzneimittel keine Rolle. Denn maßgeblich ist lediglich, ob das Mittel den Eindruck erweckt, dass es bei Erkältungskrankheiten lindernde Wirkung hat und nicht, ob es tatsächlich wirkt. Dies ist der Fall, da die Klägerin mit der Angabe „C. -Babybalsam wirkt mit Eukalyptusöl, ...“ eine Wirkung mit der eingesetzten Wirkstoffkonzentration beansprucht. Da die Klägerin die Wirkstoffmenge weder auf der Verpackung noch in der Internetwerbung angibt, hat der Verbraucher auch keinen Anlass, an einer ausreichenden Wirkstoffkonzentration zu zweifeln.
89Mit der Vermarktung des Mittels unter der Dachmarke „C. “ stützt die Klägerin die vorbestehende Auffassung des Verbrauchers, dass es sich auch bei dem Produkt „C. -Babybalsam“ um ein Arzneimittel handelt, das zur Linderung von Erkältungssymptomen eingesetzt werden kann. Zu der Serie „C. “ gehören neben dem streitgegenständlichen Babybalsam noch das „C. -Baby-Thymianbad“ und das „C. -Inhalat N“. Während das Thymianbad als Körperpflegeprodukt für Babys in den Verkehr gebracht wird, handelt es sich bei dem Inhalat um ein zugelassenes Arzneimittel zur Behandlung von Erkrankungen der Atemwege mit zähflüssigem Schleim, das als Wirkstoffe Eukalyptusöl und Fichtennadelöl enthält.
90In ihrem aktuellen Internetauftritt, der für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich ist, wirbt die Klägerin für alle Produkte der C. -Serie einheitlich als Mittel zur Behandlung von Erkältungskrankheiten bei Kindern, ohne zwischen den einzelnen Produkten zu differenzieren. Damit erstreckt sie in der Verbrauchererwartung den Arzneimittelstatus des Inhalats auch auf die anderen Produkte, insbesondere das streitgegenständliche Babybalsam. Die Klägerin erzeugt in der Internetwerbung in vielfältiger Weise den Eindruck, dass es sich auch bei dem Babybalsam um ein Arzneimittel handelt, in dem sie an ihre Eigenschaft als Arzneimittelhersteller, die ausschließliche Vermarktung über Apotheken und den traditionellen Einsatz von Einreibeprodukten mit ätherischen Ölen bei Erkältungskrankheiten anknüpft. So heißt es auf der Internetseite der Klägerin u.a.:
91„N. : der Erkältungsspezialist“ ... „Wir als Hersteller der bewährten C. -Erkältungspräparate sind spezialisiert auf natürliche Behandlungsmethoden.“... „Die N. B. GmbH ist Hersteller der C. -Produktwelt.“ ... „Unsere C. -Präparate erhalten Sie in jeder Apotheke.“ ... „Die C. -Erkältungspräparate aus dem Hause N. sind seit Jahrzehnten bewährte Hausmittel, die Mütter schon von ihren Müttern bekommen haben.“ ... „C. , eine Marke, die seit Generationen als Inbegriff für Erkältungspräparate bei Säuglingen und Kindern gilt, ist ein zugelassenes sicheres Arzneimittel und ausschließlich in Apotheken erhältlich.“
92Alle Aussagen auf www. .de, Abruf vom 01.04.2015.
93Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des OLG Hamburg vom 19.08.1999 – 3 U 60/99 – (PharmR 2000, 129) zum „D. Schuppenshampoo Plus“ ist nicht geeignet, die Bedeutung der Dachmarke „C. “ für die Einordnung als Präsentationsarzneimittel zu entkräften. Denn die Entscheidung betraf eine nicht vergleichbare Fallgestaltung. Das konkrete Produkt „Canesten-Schuppenshampoo“ wurde durch das Gericht als Kosmetikum qualifiziert, obwohl die Herstellerin unter der bekannten Marke „Canesten“ auch zahlreiche Arzneimittel für Hautpilzerkrankungen vermarktet. Nach den Feststellungen des Gerichts gab es dort aber keine einheitliche Bewerbung aller Markenprodukte als Arzneimittel für eine bestimmte Indikation im Unterschied zum vorliegenden Fall, in dem alle C. -Produkte als „Erkältungspräparate“ angepriesen werden.
94Maßgeblich war darüber hinaus der Umstand, dass Schuppenshampoos Haarwaschmittel sind, die typischerweise im Verkehr als Körperpflegeprodukte angesehen werden. Schuppen sind keine Krankheit. Demgegenüber dient ein Babybalsam, das Eukalyptusöl enthält, ersichtlich nicht als Mittel zur Pflege der Haut oder Schleimhaut, sondern soll nach den Angaben auf der Verpackung ein „entspanntes Atmen“ bewirken. Eine Wirkung auf die Atmung ist aber eine innere Wirkung, die nicht für Kosmetika, sondern für Arzneimittel typisch ist.
95Der Internetauftritt der Klägerin, der bewusst an die langjährige Tradition der Verwendung von ätherischen Ölen zur Linderung von Erkältungsbeschwerden anknüpft, ist auch keine unerhebliche „singuläre Werbeaussage“, sondern eine bewusste und prägende Vermarktung aller C. -Produkte als Erkältungsmittel. Die Klägerin beschreibt die Wirkungsweise ätherischer Öle ausführlich auf der Internetseite unter dem link „Häufige Fragen zu ätherischen Ölen beim Baby“ und „Wissenswertes über ätherische Öle“. Dort heißt es beispielsweise:
96„Die ätherischen Öle in C. verdunsten rückstandslos und bewirken, dass die Durchblutung der Schleimhaut in den Atemwegen angeregt wird. Dadurch können die im Blut befindlichen Abwehrzellen schneller an den Ort des Geschehens gelangen und die Krankheitserreger besser bekämpfen. Außerdem wirken die ätherischen Öle sekretolytisch, also schleimlösend. Dies erleichtert das Abhusten, verbessert die Nasenatmung und lindert so Begleiterscheinungen wie Hustenreiz, Heiserkeit und eine verstopfte Nase. Insgesamt wird durch diese verschiedenen, sich ergänzenden Wirkungen die Abheilung einer Erkältungskrankheit unterstützt.“
97und
98„Typische ätherische Öle für den Einsatz bei Erkältungskrankheiten sind: Eukalyptus ..., Rosmarin, Lavendel ...“
99Vgl. www. .de, Abruf vom 26.02.2015, Bl. 113 – 119 d.A..
100Unter dem Link „Häufige Fragen zum Inhalieren bei Erkältung – C. zur Inhalation“ weist sie auch auf die Inhalation durch Einreibungen, und damit auf das streitgegenständliche Baby-Balsam hin. Hier heißt es:
101„Zusätzlich gibt es die Inhalation durch Einreibungen. Hier wirken die ätherischen Öle über die Haut und über das Einatmen, die Schleimhäute befreien sich so von Schleim und die Nase wird wieder frei.
102Vgl. www. .de, Abruf vom 01.04.2015.
103Es ist unerheblich, dass die Internetseite der Klägerin nicht auf der Verpackung angegeben ist. Dies ist nicht erforderlich, da das streitgegenständliche Präparat über die Suchbegriffe „C. “ und „N. “ ohne Weiteres mit den üblichen Suchmaschinen im Internet auffindbar sind.
104Diesem sehr ausführlich gestalteten Internetauftritt der Klägerin kommt für die Einordnung des Produkts eine wesentliche Bedeutung zu. Es ist davon auszugehen, dass sich heute zahlreiche Verbraucher, insbesondere junge Mütter, die mit dem Internet als schnelle Informationsquelle aufgewachsen sind, dort Erkenntnisse über Arzneimittel beschaffen, die sie in der Selbstmedikation bei ihren Kindern anwenden können. Dies betrifft insbesondere Erkältungskrankheiten, die in der Regel harmlos, selbstheilend, aber bei Babys und Kleinkindern sehr häufig sind. Da das Produkt keine Packungsbeilage besitzt und die Angaben auf der Umverpackung sehr sparsam sind, ist es naheliegend, sich im Internet über das Produkt weitergehend zu informieren.
105Auf die Beschreibung im Internet nimmt die Klägerin Bezug durch die Beschriftung der Verpackung, indem sie dort die Wirkung der ätherischen Öle hervorhebt und den Einfluss auf den Atem beschreibt: „Sanfte Babypflege für entspanntes Atmen durch den Duft ätherischer Öle.“ ...“Die liebevolle Berührung während des Einreibens und der wohltuende Duft der ätherischen Öle lassen das Baby entspannt atmen. C. -Babybalsam wirkt mit Eukalyptusöl, Lavendel und Rosmarin.“
106Zwar werden auf der Verpackung Erkältungskrankheiten nicht ausdrücklich angesprochen. Jedoch ist die Herstellung einer entspannten Atmung durch ätherische Öle bei einem gesunden Baby nicht erforderlich. Dieses atmet nämlich im gesunden Zustand automatisch und bedarf keiner Unterstützung durch ätherische Öle. Nur wenn die Atmung durch eine Erkrankung gestört ist, z.B. bei einer geschwollenen Nasenschleimhaut oder Sekretbildung in der Nase, ist eine Förderung des Atmens durch bestimmte Wirkstoffe, die die Nase wieder befreien, sinnvoll. Daher wird hier jedenfalls schlüssig und vor dem Hintergrund der bestehenden Verkehrsauffassung über den Nutzen solcher Präparate eine Linderung von Erkältungssymptomen versprochen. Vor diesem Hintergrund tritt die Bezeichnung des Präparats als „sanfte Babypflege“, als „Kosmetikum“ oder als „Wohlfühlmittel“ in den Hintergrund, da sie keinen Nutzen oder Sinn für den Verbraucher ergibt. Das Mittel ist wegen des Gehalts an hautreizendem Eukalyptusöl weder als ständig anzuwendendes Hautpflegemittel, noch als Wohlfühlmittel (Massagemittel) geeignet oder bestimmt.
107Die Bezeichnung als „C. -Babybalsam“ und die Zubereitungsform als „Balsam“ stehen der Einstufung als Arzneimittel nicht entgegen. Die Beklagte hat einige vergleichbare Arzneimittel benannt, die ebenfalls als „Balsam“ bezeichnet werden und dieselbe Darreichungsform haben, z.B. „Grippostad Erkältungsbalsam mild“ oder „Bronchoforton Kinderbalsam“. Der Begriff „Balsam“ und diese Zubereitungsform ist daher nicht für Kosmetika typisch, sondern wird auch bei Arzneimitteln eingesetzt, um dem Verbraucher ein besonders mildes und verträgliches Mittel zur Anwendung auf der Haut zu empfehlen.
108Soweit die Klägerin fordert, dass – wie im Markenrecht – 80 % der befragten Verbraucher die Arzneimitteleigenschaft bejahen müssten, ist dem nicht zu folgen. Zum einen gibt es im Arzneimittelrecht keine strikten, zahlenmäßigen Vorgaben an die Verbreitung einer bestimmten Anschauung. Vielmehr reicht es aus Gründen der Arzneimittelsicherheit, wenn der durchschnittliche Verbraucher, und damit die Mehrheit der Verbraucher aufgrund der Produktkonzeption von einer arzneilichen Wirkung ausgehen kann.
109Zum anderen hat die Klägerin keine Verbraucherbefragung vorgelegt. Zwar wird im rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Frankfurt zu dem vergleichbaren Präparat „Wick Babybalsam“ vom 30.01.2002 - 3-8 0 1/02 – eine Verbraucherbefragung zitiert, in der der überwiegende Teil der Befragten nicht von einer Arzneimitteleigenschaft ausgegangen sei. Diese Verbraucherbefragung ist wegen der zwischenzeitlichen Vernichtung der dortigen Gerichtsakte nicht mehr verfügbar. Ohne eine Prüfung von Methode, Ergebnis und Auswertung der Befragung kann aber nicht beurteilt werden, ob diese Befragung die Verkehrsanschauung hinreichend widerspiegelt.
110Auf das Urteil des Landgerichts Frankfurt, das die Eigenschaft des ähnlichen Präparats „Wick Babybalsam“ als Präsentationsarzneimittel verneint hatte, kann sich die Klägerin hier nicht mit Erfolg berufen. In der Begründung stützt sich das Gericht darauf, dass die Wirkstoffe auch in Kosmetika und Lebensmitteln enthalten seien, die Darreichungsform als Creme für ein Kosmetikum spreche, die Wirkung „entspanntes Atmen“ nicht die Linderung einer Krankheit sei sowie die Dachmarke „Wick“ nicht auf ein Produkt mit arzneilicher Wirkung schließen lasse. Diese Begründung ist schon deswegen nicht überzeugend, weil sie die traditionelle Anwendung von Einreibemitteln mit ätherischen Ölen bei Erkältungskrankheiten von Kindern und die dadurch geprägte Verbrauchererwartung völlig außer Acht lässt. Im Übrigen kann der Produktauftritt nicht verglichen werden, weil im dort entschiedenen Fall keine Rede von einer Internetwerbung der Herstellerin ist, mit der die Anwendung aller Markenprodukte der Serie bei Erkältungskrankheiten empfohlen wird.
111Das Präparat „C. Babybalsam“ ist unter Berücksichtigung aller seiner Merkmale nach Auffassung der Kammer auch ein Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG. Es kann wegen seines Gehaltes an Eukalyptusöl am menschlichen Körper angewendet werden, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen.
112Bei der Entscheidung, ob ein Erzeugnis ein Funktionsarzneimittel ist, sind alle Merkmale des Erzeugnisses, insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften - wie sie sich beim jeweiligen Stand der Wissenschaft feststellen lassen -, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen kann, zu berücksichtigen; im Rahmen dieser Prüfung sind die pharmakologischen Eigenschaften das maßgebliche Kriterium, auf dessen Grundlage, ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses, zu beurteilen ist, ob es zur Wiederherstellung, Korrektur oder Beeinflussung der physiologischen Funktionen eingesetzt werden kann,
113ständige Rechtsprechung des EuGH, vgl. etwa Urteil vom 03.10.2013 - C-109/12 - ; BVerwG, Urteil vom 20.11.2014 - 3 C 26.13 - jeweils mit weiteren Nachweisen, juris.
114Der Stoff muss in der vorhandenen Zusammensetzung, einschließlich der Dosierung seiner Wirkstoffe und bei bestimmungsgemäßer Anwendung, geeignet sein, die Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers in einem nennenswerten Ausmaß durch eine pharmakologische Wirkungsweise zu beeinflussen; er muss zu einer Veränderung führen, die außerhalb der normalen Lebensvorgänge liegt,
115vgl. EuGH, Urteile vom 15.01.2009 - C-40/07 - und vom 15.11.2007 - C-319/05 - ; BVerwG, Urteile vom 26.05.2009 - 3 C 5.00 - und vom 25.07.2007 - 3 C 21.06 - sowie - 3 C 23.06 -; OVG NRW, Beschluss vom 10.12.2014 - 13 A 1202/14 -, juris.
116Dagegen ist ein Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit bei Kranken keine Voraussetzung für die Einstufung als Funktionsarzneimittel. Die nachgewiesene therapeutische Wirksamkeit (d.h. ein auf einen bestimmten, belegten Heilerfolg abzielender Ausschnitt aus dem allgemeinen Wirkungsspektrum) berechtigt zwar im Wege eines Erst-Recht-Schlusses zur Annahme einer pharmakologischen Wirkung; sie ist aber kein notwendiges Element pharmakologischer Wirkung,
117BVerwG, Urteil vom 14.12.2006 - 3 C 40.05 -, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 10.12.2014 - 13 A 1202/14 - und vom 27.01.2015 - 13 A 1872/14 -, a.a.O.
118Fehlt die Eignung, therapeutische Zwecke zu erfüllen, so ist nicht ausgeschlossen, dass es sich dennoch um ein Funktionsarzneimittel handelt,
119vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21.06 -, juris Rn. 31.
120Dies belegt auch § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG, wonach die Zulassung zu versagen ist, wenn das Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit nicht besitzt. Die Bestimmung geht unabhängig von der therapeutischen Wirksamkeit begrifflich vom Vorliegen eines Arzneimittels aus. Ohne therapeutische Wirksamkeit fehlt dem Arzneimittel nicht die Arzneimitteleigenschaft, sondern die Zulassungsfähigkeit,
121vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27.01.2015 - 13 A 1872/14 - m.w.N., a.a.O..
122Die Eignung der Substanz, die physiologischen Funktionen des menschlichen Organismus in einer nennenswerten Weise durch eine pharmakologische Wirkungsweise zu beeinflussen, muss wissenschaftlich nachgewiesen sein, zumindest aber auf belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen; es genügt nicht, wenn sie nicht mit Gewissheit ausgeschlossen werden kann,
123vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 - juris, Rn.15 ff; Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 - juris, Rn. 30 ff.; EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 - juris, Rn. 25 ff..
124Hiervon ausgehend hat das BfArM das streitgegenständliche Produkt zu Recht als Funktionsarzneimittel eingeordnet. Aus Sicht der Kammer ist nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der Schluss gerechtfertigt, dass der darin eingesetzte Gehalt an Eukalyptusöl Körperfunktionen mittels pharmakologischer Wirkungen – jedenfalls bei der auch angesprochenen Zielgruppe der Babys und Kleinkinder - nennenswert beeinflusst.
125Die positive Aufbereitungsmonographie der Kommission E zu „Eucalypti folium“ vom 24.09.1986, BAnz. vom 24.09.1986 (Heft-Nr. 177a) bietet auch heute noch eine tragfähige Basis für die Annahme, dass die Anwendung von C. -Babybalsam als Einreibemittel Körperfunktionen in der angegebenen Patientengruppe mittels pharmakologischer Wirkung in einer erheblichen Weise verändert. Die Monographie erfasst alle cineolreichen Eukalyptusarten und damit auch die hier verwendete Art Eukalyptus globulus. Danach sind Einreibungen mit einem Gehalt von 5 bis 20 % Eukalyptusöl aufgrund ihrer sekretomorischen (schleimlösenden) und expektorierenden (hustenfördernden) pharmakologischen Wirkungen wirksam bei Erkältungskrankheiten der Luftwege. Die vorliegende Zubereitung mit 6 % Eukalyptusöl liegt innerhalb der oben genannten Dosierungsspanne.
126Die Monographie ist eine belastbare wissenschaftliche Grundlage. Sie ist kraft gesetzlichen Auftrags von einem kompetenten Expertengremium erstellt und vom damaligen Bundesgesundheitsamt anerkannt sowie veröffentlicht worden,
127vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22.06 juris.
128Sie stimmt mit der bisherigen Beurteilung in der pharmazeutischen Wissenschaft ausweislich der vom BfArM vorgelegten Publikationen überein. Danach werden pflanzlichen Zubereitungen mit Eukalyptusöl expektorierende, antitussive, antibakterielle, hyperämisierende, sekretomotorische, entzündungshemmende und schwach spasmolytische Wirkungen zugeschrieben und eine Anwendung bei Erkältungskrankheiten der oberen Luftwege als wirksam angesehen,
129vgl. Kommentar zur Monographie „Eukalyptusöl“ zum Europäischen Arzneibuch, Ph. Eur. 4.06/0390, 2005; WHO-Monographs on Selected Medicinal Plants, Volume 2 zu „Aetheroleum Eucalypti“, 2004, verfügbar auf http.//apps.who.int/medicinedocs/en, Abruf vom 08.04.2015; ESCOP-Monograph „Eucalypti aetheroleum“, 2. Ausgabe 2003; Wiesenauer, PhytoPraxis, 2013, zu „Eukalyptusöl”; Kraft, Symptomatische Phytotherapie bei Husten, in: Pharmazie in unserer Zeit, 2008, (37), S. 478 ff.; 2. Gutachten des CVUK Karlsruhe vom 11.12.2006, S. 5 und 6 m.w.N.; Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, 11. Auf. 2014 zu Eucalyptus globulus.
130Zwar wird die therapeutische Wirksamkeit pflanzlicher Arzneimittelzubereitungen aus Eukalyptusblättern in der aktuellen Gemeinschaftsmonographie des HMPC vom 25.03.2014 (EMA/HMPC/307781/2012) und dem dazu erstellten Assessmentreport vom 15.06.2013 (EMA/HMPC/307782/2012) zu „Eucalyptus globulus“ zurückhaltender beurteilt und ein well-established use bei Erkältungskrankheiten mangels ausreichender klinischer Daten nicht bestätigt. Jedoch wurde die traditionelle Anwendung von halbfesten Darreichungsformen für die äußerliche Anwendung bei Erkältungskrankheiten aufgrund der vorliegenden wissenschaftlichen Daten anerkannt.
131Im Einzelnen wurde angenommen, dass der Hauptbestandteil des ätherischen Öls, 1,8-Cineol, in pharmakologischen Studien sowohl über die Haut als auch bei einer Inhalation nach topischer Anwendung gut aufgenommen wird. In klinischen Studien zeigte sich, dass 1,8-Cineol bei oraler Anwendung einen positiven Effekt auf die Symptome von Erkältungskrankheiten und Schnupfen hatte und bei topischer Anwendung den Husten reduzierte. Eukalyptusöl stimulierte die Kälterezeptoren in der Nase und erzeugte das Gefühl einer verbesserten Nasenatmung. Auf der Haut angewandtes 1,8-Cineol steigerte die Durchblutung und die Hauttemperatur,
132vgl. Assessmentreport on Eucalyptus globules Labill. … aetheroleum vom 15.06.2013 (EMA/HMPC/307782/2012), Ziff. 4.3 “Overall conclusions on clinical pharmacology and efficacy”, S. 30 f..
133Es wurde daher aufgrund der traditionellen Anwendung und der vorliegenden Daten als plausibel angesehen, dass auch das ätherische Öl, das 1,8-Cineol in einer Menge von mindestens 70 % enthält, die beschriebenen Wirkungen bei einer Anwendung als Inhalationsmittel oder über die Haut aufweist und einen Nutzen bei Erkältungskrankheiten hat.
134Ist damit eine Registrierung als traditionelles pflanzliches Arzneimittel gemäß § 39 c AMG möglich, so steht gleichzeitig fest, dass die wissenschaftliche Datenlage jedenfalls für die Annahme von pharmakologischen Wirkungen mit einem erheblichen Einfluss auf die physiologischen Funktionen ausreichend ist, § 39 b Abs. 1 Nr. 4 AMG und § 39 c Abs. 2 Nr. 5 AMG, und damit notwendigerweise ein Funktionsarzneimittel vorliegt. Dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse für einen lückenlosen Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit im Sinne eines well-established use (§ 22 Abs. 3 AMG) nicht ausreichend war, spielt demgegenüber keine Rolle, da der Beleg der Wirksamkeit, wie ausgeführt, für das Vorliegen eines Funktionsarzneimittels nicht erforderlich ist, sondern lediglich eine Bedeutung für die Zulassung eines Arzneimittels nach §§ 21, 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG hat.
135Zwar wird das vorliegende Produkt der Klägerin von der Gemeinschaftsmonographie nicht erfasst, weil diese nur halbfeste Zubereitungen für die äußerliche Anwendung bei Erkältungskrankheiten mit einer Konzentration von 10 % Eukalyptusöl einbezieht, die streitgegenständliche Zubereitung aber nach der von der Klägerin vorgelegten Sicherheitsbewertung vom 11.10.2004 (Bl. 198 der Beiakte 2) nur eine Konzentration von 6 % aufweist. Dies steht jedoch der Annahme, dass das Präparat bei der Anwendergruppe der Babys und Kleinkinder noch erhebliche Auswirkungen auf die physiologischen Vorgänge im menschlichen Körper hat, nicht entgegen.
136Die festgelegte Wirkstoffmenge von 10 % der Zubereitung beruhte nicht auf wissenschaftlichen Daten, die eine pharmakologische Wirkung unterhalb dieser Menge ausschlossen. Vielmehr waren die pharmakologischen und klinischen Daten für die Festlegung einer wirksamen Dosierung insgesamt nicht ausreichend, sodass die Dosierungsangaben in der Monographie allein auf die traditionell eingesetzten Produkte und bibliographische Daten gestützt sind,
137vgl. Assessmentreport vom 15.06.2013, Abschnitt 4.3 , S. 31: „Thus, reported traditional posologies in the monographs are not supported by clinical data und based only on traditional data summarised in section 1.2 und 2.3.“
138Da die bibliographischen Daten in Abschnitt 2.3 für die Wirkstoffkonzentration bei äußerlichen Anwendung erheblich variieren (zwischen 1,3 % und 20 %), orientiert sich die Festlegung von 10 % offensichtlich an den halbfesten Zubereitungen mit Eukalyptusöl als einzigem Wirkstoff (Ointment/balm), die seit 1976 in Deutschland mit der Indikation Erkältungskrankheiten im Verkehr waren und eine 10%ige Konzentration hatten (vgl. Abschnitt 1.2, S. 6). Eine Aussage für Zubereitungen unterhalb dieser Konzentration ist der Monographie daher nicht zu entnehmen. Ebenso wenig gibt es Aussagen über die wirksame Dosierung von Arzneimitteln für Kinder unter 4 Jahren, da insoweit keine Daten verfügbar waren und für Kinder in diesem Alter eine Gegenanzeige bzw. ein Warnhinweis empfohlen wurde
139Vgl.. Assessmentreport vom 15.06.2013, Abschnitt 4.2.3, S. 29, 5.5, S. 33 und 6, S. 36.
140Die Kammer misst jedoch dem langjährigen arzneilichen Einsatz von Zubereitungen mit Eukalyptusöl auch unter der angegebenen Konzentration von 10 % eine besondere Bedeutung zu. In Deutschland waren auch zugelassene Arzneimittel mit einer Wirkstoffkonzentration von 5 %, und damit noch unter der Konzentration, die in C. -Babybalsam verwendet wird, im Verkehr (z.B. „Pulmotin-Salbe“, Beiakte 2, Bl. 46 oder „Erkältungsbalsam 5 % Spitzner“, Beiakte 2, Bl. 226). Da diese in der pharmazeutischen Wissenschaft bisher als wirksam beurteilt worden sind, spricht das medizinische Erfahrungswissen mit großer Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch eine Konzentration von 6 % noch erhebliche Auswirkungen auf die Körperfunktionen hat.
141Dies gilt insbesondere bei der Anwendergruppe der Babys und Kleinkinder, bei der mit einer niedrigeren Wirkungsschwelle gerechnet werden muss. Haut und Schleimhäute der Atemwege sind empfindlicher als bei Erwachsenen, die Atemfrequenz ist höher. Brust- und Halsbereich sind näher an der Nase. Kinder reagieren daher beispielsweise auch stärker auf Schadstoffe in der Luft, z.B. aus Zigarettenrauch. Es ist aus der Anwendungserfahrung mit der Inhalation von ätherischen Ölen bei Babys und Kleinkindern bekannt, dass diese sehr starke Wirkungen auf die Atmungsorgane auslösen und daher eine sehr viel niedrigere Dosis angewendet werden muss,
142vgl. Dr. med. Frank Neuwinger, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Kinderpneumologe, www.mein-kinderarzt.net, Abruf vom 10.04.2015.
143Auch die Klägerin nimmt für ihr Mittel positive Wirkungen auf die Atmung in Anspruch, die sich aus der Heilmittelfunktion ableiten. Wird jedoch eine Substanz mit nachgewiesenen pharmakologischen Wirkungen in einer Dosierung eingesetzt, die bisherigen zugelassenen Arzneimitteln entspricht und bei einer Personengruppe, bei der nach den Erkenntnissen der Wissenschaft eine geringere Wirkungsschwelle erwartet werden kann, spricht eine Vermutung dafür, dass auch dieses Erzeugnis geeignet ist, die physiologischen Funktionen nicht nur unerheblich zu beeinflussen,
144vgl. VG Köln, Urteil vom 28.04.2015 – 7 K 395/13 – für ein Produkt mit einem Wirkstoffanteil von 83 % der monographierten Dosierung von Ginkgo biloba.
145Die Klägerin gesteht letztlich selbst zu, dass C. -Babybalsam einen erheblichen Einfluss auf die normalen Organfunktionen haben kann, in dem sie einen Warnhinweis aufgenommen hat, das Mittel nicht im Gesichts- und Nasenbereich anzuwenden. Wer daher Mittel mit arzneilicher Funktion auf den Markt bringt und dabei mit der Dosierung unterhalb einer therapeutischen Dosis bleibt oder, wie hier, weitere Wirkstoffe hinzufügt, muss den Anschein pharmakologischer Wirksamkeit entkräften, wenn er sein Produkt ohne Zulassung vertreiben will. Die Arzneimittelbehörde kann in einem derartigen Fall nicht verpflichtet sein, Daten über die pharmakologische Wirkung unterhalb der Wirksamkeitsschwelle oder Daten zur Wirksamkeit der Kombination vorzulegen oder zu generieren, da diese naturgemäß kaum zur Verfügung stehen,
146vgl. VG Köln, Urteil vom 28.04.2015 - 7 K 395/13 - .
147Dies muss insbesondere dann gelten, wenn es sich um ein Arzneimittel für Kinder handelt, da für diese Gruppe typischerweise wenige Erkenntnisse vorliegen und häufig auch nicht gewonnen werden können. Dies gilt auch hier.
148Denn die Empfindlichkeit der Atmungsorgane bei sehr kleinen Kindern ist sogar mit erheblichen Risiken verbunden, die nach der Rechtsprechung ebenfalls bei der Einstufung als Funktionsarzneimittel zu berücksichtigen sind. Diese Risiken sprechen hier maßgeblich dafür, ein Funktionsarzneimittel anzunehmen und den Hersteller damit zu verpflichten, die Wirksamkeit und Verträglichkeit auch bei Kindern der gewünschten Anwendergruppe zu belegen oder Gegenanzeigen, Vorsichtsmaßnahmen oder Nebenwirkungen im Rahmen der Informationstexte ausreichend anzusprechen.
149Es ist seit vielen Jahren aus entsprechenden Fallberichten bekannt, dass ätherische Öle, insbesondere Menthol und Kampfer, bei Babys und sehr kleinen Kindern zu einer Reizung der Schleimhaut der Atemwege und der Bronchien führen können und als Folge lebensgefährliche Krämpfe des Kehlkopfes (Laryngospasmus, Glottiskrampf) und der Bronchien (Bronchospasmus) bis zu einem Atemstillstand (Apnoe) auftreten können. Aus diesem Grund sollten ätherische Öle einschließlich Eukalyptus nach älteren Risikobewertungen bei dieser Personengruppe nicht in der Nähe der Nase angewendet werden,
150vgl. E-Monographie vom 24.09.1986, a.a.O., WHO-Monographie von 2004; ESCOP-Monographie von 2003, a.a.O., Bundesinstitut für Risikobewertung, Fragen und Antworten zur Anwendung von ätherischen Ölen, 28.02.2008, S. 2; Wiesenauer, Phytopraxis 2013, S. 89; Kraft, Symptomatische Phytotherapie bei Husten PharmUnserer Zeit 2008, S. 482.
151Die Zulassungspraxis der Beklagten sieht allerdings für Babys und Kleinkinder bis zu 2 Jahren bei zugelassenen Arzneimitteln eine Gegenanzeige vor. Der europäische Arzneimittelausschuss hat nunmehr in der Gemeinschaftsmonographie bei der Registrierung von Zubereitungen mit Eukalyptusöl für die äußere Anwendung sogar eine Gegenanzeige für Kinder unter 30 Monaten beschlossen sowie für Kinder von 30 Monaten bis zu 4 Jahren einen Warnhinweis wegen der unzureichenden Datenlage vorgesehen. Die Annahme eines ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses, die dieser Bewertung zugrunde liegt, erscheint gerechtfertigt, da ein wohl seltenes, aber lebensgefährliches Risiko nicht durch die leichte, nur traditionell begründete Symptomlinderung bei Erkältungen aufgewogen wird.
152Es ist zwar zutreffend, dass diese Gegenanzeige für die anerkannten topischen Arzneimittel mit einer Konzentration von 10 % des Wirkstoffs ausgesprochen wurde, das streitgegenständliche Mittel aber unter dieser Schwelle bleibt. Jedoch kann das Risiko einer Verkrampfung des Kehlkopfes oder der Bronchien auch bei einer Konzentration von 6 % Eukalyptusöl nicht ausgeschlossen werden. Im Jahr 2004 sind in Frankreich bei Anwendung des ähnlichen Produktes „Wick Baby Balsam“ eines anderen Herstellers bei 2 Babys Krampfanfälle bekannt geworden, die zu einem Rückruf dieses Produkts geführt haben,
153vgl. Pressemitteilung aus dem Jahr 2005, Bl. 26 der Beiakte 2.
154Hinzu tritt, dass wegen der fehlenden Dosierungs- und Wechselwirkungshinweise oder Hinweise auf bestehende Überempfindlichkeiten auch eine Überdosierung nicht ausgeschlossen werden kann. Beispielsweise konnte aus einem Internetforum ein Fall entnommen werden, in dem eine Mutter das C. -Babybalsam und das Inhalat gleichzeitig angewendet hat. Es erscheint daher zur Minimierung des Risikos geboten, ein Präparat, das sich im Konzentrationsbereich zugelassener Arzneimittel befindet, als Funktionsarzneimittel einzustufen.
155Diese Einordnung wird auch nicht durch den Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 2 AMG in Frage gestellt. Das Präparat ist kein kosmetisches Mittel im Sinne des § 2 Abs. 5 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches bzw. des Art. 2 Abs. 1a der gemeinschaftsrechtlichen Kosmetik-Verordnung (Verordnung(EG) Nr. 1223/2009). Nach der Definition der europäischen Verordnung sind kosmetische Mittel Stoffe oder Gemische, die dazu bestimmt sind, äußerlich mit den Teilen des menschlichen Körpers (Haut, Beharrungssystem, Nägel, Lippen und äußere intime Regionen) oder mit den Zähnen und den Schleimhäuten der Mundhöhle in Berührung zu kommen, und zwar zu dem ausschließlichen oder überwiegenden Zweck, diese zu reinigen, zu parfümieren, ihr Aussehen zu verändern, sie zu schützen, sie in gutem Zustand zu halten oder den Körpergeruch zu beeinflussen.
156Diese ausschließliche oder überwiegende Zweckbestimmung wird durch das Produkt der Klägerin nicht erfüllt. Es dient insbesondere weder der Hautpflege noch als Massagemittel oder der Parfümierung. Vielmehr ist das Produkt zwar zur äußeren Anwendung auf der Haut bestimmt, es soll jedoch innerhalb des Körpers wirken, indem es durch die Nase oder die Haut aufgenommen wird und innerhalb der Atemwege die Atmung erleichtern soll, wenn diese aufgrund einer Erkältungskrankheit gestört ist. Es dient damit, wie bereits ausgeführt, ausschließlich arzneilichen Zwecken.
157Dies wird bestätigt durch die Leitlinie der europäischen Kommission zur Abgrenzung von Kosmetikprodukten und Arzneimitteln „Guidance Document on the demarcation between the cosmetic products directive 76/68 and the medicinal products directive 2001/83 as agreed between the Commission Services and the competent authorities of Member States“. Dort ist unter Ziff. 2.1 ausgeführt, dass Produkte mit Substanzen, die dazu bestimmt sind, geschluckt, inhaliert, injiziert oder implantiert zu werden, nicht unter den Begriff der Kosmetika fallen. Diese Leitlinie hat zwar keine bindende Wirkung, kann aber nach der Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung des Unionsrechts heranzogen werden, da sie von Experten nationaler Stellen, den Kommissionsdienststellen und den Berufsorganisationen der Industrie erstellt wurde,
158vgl. EuGH, Urteil vom 06.09.2012 – C-308/11 – „Mundspüllösung“, EuZW 2012, 783, 784; juris Rn. 22-26.
159Die Einstufung als Kosmetikum kann auch nicht deshalb beansprucht werden, weil alle drei Wirkstoffe des Mittels, insbesondere Eukalyptusöl, über INCI-Bezeichnungen verfügten, also über Namen nach dem International Nomenclature of Cosmetic Ingredients. Der Umstand, dass arzneilich wirksame Stoffe in geringer Menge auch in Kosmetika enthalten sein können, ist für die Einordnung als Körperpflegemittel nicht entscheidend. Nach der oben genannten Definition des Kosmetikums kommt es entscheidend auf die ausschließliche oder überwiegende Zweckbestimmung an. Ein gesundheitlicher Nebenzweck wird dadurch nicht ausgeschlossen. Jedoch muss ein Kosmetikum überwiegend der Erhaltung einer gesunden Haut dienen; wenn die arzneiliche Zweckbestimmung überwiegt, handelt es sich um ein Präsentationsarzneimittel,
160vgl. Wulff, Dermatikum, Medizinprodukt oder Kosmetikum?, PharmR 2015, 52, 54 und 57 f..
161Wie bereits ausgeführt, dient das Mittel nicht der Pflege der Haut, auch wenn es von der Klägerin als „Kosmetikum“ bzw. „sanfte Babypflege“ bezeichnet wird. Es ist weder dazu bestimmt noch geeignet, ständig auf der Haut des Babys angewendet zu werden, um diese gesund zu erhalten, zu parfümieren oder zu massieren. Ätherische Öle haben eine hautreizende Wirkung. Sie werdend daher in Kosmetika zu Parfümierungszwecken nur in wesentlich geringeren Dosen eingesetzt.
162Die Kommission für Kosmetische Mittel des Bundesinstituts für Risikobewertung hat für Eukalyptusöl einen maximalen Richtwert von 1 % für den Einsatz in kosmetischen Mitteln empfohlen, die auf der Haut verbleiben. Die Kosmetikkommission des Europarats hat 2006 eine niedrige Konzentration von Eukalyptol für kosmetische Produkte sowie einen Verzicht für Kinder unter 3 Jahren gefordert. In Deutschland gilt eine Empfehlung des Industrieverbandes Körperpflege- und Waschmittel (IKW) von 1991 in Absprache mit dem Bundesgesundheitsamt, wonach der Grenzwert für kosmetische Produkte mit Eukalyptusöl auf 1 % festgelegt wurde,
163vgl. BfR, Fragen und Antworten zur Anwendung von ätherischen Ölen, 28.02.2008, verfügbar im Internet; www.ikw.org, Abruf vom 10.04.2015.
164Der hier vorhandene Gehalt von 6 % Eukalyptusöl steht daher einer Einordnung als Kosmetikum ebenfalls entgegen.
165Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
166Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.
(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die
- 1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind, - 1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4, - 1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln - a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder - b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder - c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
- 1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt, - 1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen, - 1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind, - 1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden, - 1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden, - 2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder - 3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.
(2a) (weggefallen)
(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.
(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.
(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die
- 1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind, - 1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4, - 1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln - a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder - b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder - c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
- 1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt, - 1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen, - 1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind, - 1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden, - 1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden, - 2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder - 3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.
(2a) (weggefallen)
(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.
(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. August 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 50.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
1Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
21. Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Feststellung des BfArM durch Bescheid nach § 21 Abs. 4 AMG, bei dem streitgegenständlichen – von der Klägerin als Nahrungsergänzungsmittel vertriebenen – Produkt „B. -Liponsäure Plus Bios Kapseln“ handele es sich um ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel, sei rechtmäßig. Die Klägerin stellt nicht einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.
3a. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das BfArM sei nach § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG zuständig und befugt, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde festzustellen, ob ein Produkt ein Arzneimittel sei. Die Klägerin meint, das BfArM dürfe nicht über den Produktstatus, sondern nur in Fällen, in denen die Qualifizierung als Arzneimittel feststehe, über seine Zulassungspflicht entscheiden. Zwar ließe der Wortlaut des § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG ein solches Verständnis zu, es ist aber insbesondere mit dem Sinn und Zweck der Bestimmung unvereinbar. Nach § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG entscheidet die zuständige Bundesoberbehörde auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats,
4vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Oktober 2010
5- 13 A 1187/10 -, A & R 2010, 284 = juris, Rn. 13 ff., und vom 29. April 2014 - 13 A 1378/13 -,
6näher ausgeführt, dass die Entscheidung über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels als notwendigen Zwischenschritt die Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft eines Produkts einschließt. Eine Bindung des BfArM an die Auffassung der jeweiligen Landesbehörde, wie das Erzeugnis rechtlich einzuordnen ist, widerspräche dem Ziel der Vorschrift, eine bundesweit einheitliche und verbindliche Entscheidung über den Produktstatus herbeizuführen und so eine einheitliche Handhabung der Arzneimittelüberwachung zu gewährleisten. Eine solche verbindliche Klärung der Klassifizierung dient im Übrigen auch den Interessen der Hersteller und Vertreiber.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Oktober 2010
8- 13 A 1187/10 -, juris, Rn. 17.
9Hiervon ausgehend rechtfertigt der abweichende Wortlaut des § 13 Abs. 3 MPG kein anderes Verständnis. Im Übrigen ist hier auch das saarländische Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales in seinem Antrag an das BfArM auf Entscheidung nach § 21 Abs. 4 AMG davon ausgegangen, dass es sich bei dem Produkt „B. -Liponsäure Plus Bios Kapseln“ um ein Arzneimittel handelt.
10b. Die Antragsbegründung zeigt weiter keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Annahme auf, das streitgegenständliche Produkt sei ein Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG. Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend: Die anti-oxidative Wirkung sei nicht wissenschaftlich gesichert und könne deshalb auch nicht als pharmakologische oder metabolische Wirkung qualifiziert werden. Dies könne aber auch dahinstehen, da eine solche, wie auch das vom Verwaltungsgericht beschriebene „Schlüssel-Schloss-Prinzip“, lebensmitteltypisch sei. Das Produkt sei auch nicht geeignet, die bei diabetischer Polyneuropathie auftretenden Missempfindungen nennenswert positiv zu beeinflussen. Es fehle insbesondere an einem Wirksamkeitsnachweis für das Arzneimittel, das kein B. -Liponsäure Monopräparat sei. Der Sachverständige Dr. W. habe ferner darauf verwiesen, dass die Erkenntnisse der Aufbereitungsmonographie der Kommission B für B. -Liponsäure aus dem Jahr 1990 heute zumindest umstritten seien. Eine therapeutische Wirksamkeit des Produkts, die die Beklagte hier nicht nachgewiesen habe, sei – auch nach der aktuellen Rechtsprechung des EuGH – notwendiges Element der pharmakologischen Wirkung. Das Verwaltungsgericht sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass B. -Liponsäure in der hier fraglichen Tagesdosierung die Erheblichkeitsschwelle überschreite. Nach den vorgelegten Sachverständigengutachten könne die entsprechende Menge des Wirkstoffs auch über die allgemeine Ernährung, nämlich mit Weizenkeimen, aufgenommen werden.
11Daraus ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. (Funktions-)Arzneimittel sind nach der Definition in § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG, die auf Art. 1 Nr. 2 b) der Richtlinie 2001/83/EG zurückgeht, Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Maßgeblich für die pharmakologische oder metabolische Wirkung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG ist zunächst allein der biochemische Wirkmechanismus.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2014 - 13 A 1202/14 -, juris.
13Allerdings macht nicht jede pharmakologisch oder metabolisch wirkende Beeinflussung physiologischer Funktionen ein Produkt zum Arzneimittel. Die weit gefasste Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG ist gerade zur Abgrenzung von Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln von Arzneimitteln einschränkend auszulegen. Die Entscheidung, ob ein Erzeugnis ein Funktionsarzneimittel ist, ist von Fall zu Fall zu treffen; dabei sind alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen. Dazu zählen insbesondere seine Zusammensetzung, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen kann.
14Vgl. EuGH, Urteile vom 6. September 2012 - Rs. C- 308/11 (Chemische Fabrik Kreussler) -, NVwZ 2012, 1459 = juris, Rn. 33 m. w. N., und vom 15. November 2007 - Rs. C-319/05 (Knoblauchkapseln) -, Slg. 2007, I-9811 = juris, Rn. 55; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038 = juris, Rn. 13, 18; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2013 ‑ 13 A 1100/12 -, NVwZ 2013, 1553 = juris, Rn. 106.
15Insbesondere muss der Stoff die Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers nennenswert beeinflussen und über die Wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel hat. Es ist nicht ausreichend, dass ein Erzeugnis Eigenschaften besitzt, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind.
16Vgl. EuGH, Urteile vom 15. Januar 2009 - Rs. C-140/07 (Hecht Pharma) -, Slg. 2009, I-41 = juris, Rn. 45, und vom 15. November 2007 - Rs. C-319/05 (Knoblauchkapseln) -, a. a. O., Rn. 60, 68 ; BVerwG, Urteile vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 -, a. a. O., Rn. 15; vom 25. Juli 2007 - 3 C 21.06 -, GewArch 2008, 86, Rn. 28, vom 25. Juli 2007 - 3 C 23.06 -, PharmR 2008, 78, und vom 16. Mai 2007 - 3 C 34.06 -, NVwZ-RR 2007, 771= juris, Rn. 29.
17Der Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit ist hingegen keine Voraussetzung der Kategorisierung als Funktionsarzneimittel. Die nachgewiesene therapeutische Wirksamkeit berechtigt zwar im Wege eines Erst-Recht-Schlusses zur Annahme einer erheblichen pharmakologischen Wirkung.
18Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 -, a. a. O., Rn. 16, und vom 25. Juli 2007 - 3 C 21.06 -, a. a. O., Rn. 26.
19Die therapeutische Wirksamkeit ist aber, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, kein notwendiges Element pharmakologischer Wirkung.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 3 C 40.05 -, juris, Rn. 23; OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2014 - 13 A 1202/14 -, juris.
21Fehlt die Eignung, therapeutische Zwecke zu erfüllen, so ist nicht ausgeschlossen, dass es sich dennoch um ein Funktionsarzneimittel handelt.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 – 3 C 21.06 -, a. a. O., Rn. 26.
23Auch § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG steht einem anderen Verständnis entgegen. Danach ist die Zulassung zu versagen, wenn dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese unzureichend begründet ist. Die Bestimmung geht unabhängig von der therapeutischen Wirksamkeit begrifflich vom Vorliegen eines Arzneimittels aus. Der Versagungsgrund wäre auch ohne Bedeutung und liefe ins Leere, wenn Produkte, deren therapeutische Wirksamkeit nicht gegeben oder nicht hinreichend begründet ist, schon nicht als Arzneimittel zu kategorisieren wären. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, verliert das Arzneimittel durch die Versagung nicht seine Arzneimitteleigenschaft, sondern seine Verkehrsfähigkeit.
24Allerdings müssen die Erzeugnisse, auch wenn das Vorliegen einer Krankheit nicht erforderlich ist, eine positive Wirkung für die menschliche Gesundheit haben. Keine Funktionsarzneimittel sind solche Stoffe oder Erzeugnisse, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die etwa nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind. Der Ausdruck „beeinflussen“ muss dahin ausgelegt werden, dass er die Stoffe erfasst, die geeignet sind, dem Funktionieren des menschlichen Organismus und folglich der menschlichen Gesundheit zuträglich zu sein.
25Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - Rs. C-358/13 u. a. (Alles rund um Hanf) -, EuZW 2014, 742.
26Aus dieser jüngsten EuGH-Rechtsprechung folgt entgegen der Auffassung der Klägerin aber nicht, dass die therapeutische Wirksamkeit nachgewiesen werden muss. Aus dem Arzneimittelbegriff ausgeschlossen werden sollten nur Erzeugnisse wie die dort streitgegenständlichen synthetischen Cannabinoide, deren Einfluss auf die körperlichen Funktionen nachteilig für den menschlichen Organismus ist.
27Dies zugrundegelegt, hat das Verwaltungsgericht bei der gebotenen Gesamtwürdigung zu Recht angenommen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt um ein Funktionsarzneimittel handelt. Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass B. -Liponsäure eine pharmakologische oder jedenfalls eine metabolische Wirkweise aufzeige, bringt die Klägerin mit dem Zulassungsvorbringen nichts Substantiiertes vor. Sie verweist lediglich darauf, dass diese Wirkung auch lebensmitteltypisch sei. Ernstlichen Zweifeln unterliegt auch nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Einnahme erfolge zu dem Zweck, die physiologischen Funktionen zu beeinflussen. Nach den vom Verwaltungsgericht herangezogenen belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen,
28vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 - 3 C 21.06 -, a. a. O., Rn. 30 ff.,
29werden die körperlichen Funktionen hier nennenswert beeinflusst. Wie ausgeführt ist ein positiver Wirksamkeitsnachweis für die Kategorisierung des Produkts als Arzneimittel nicht erforderlich. Bei den positiven Wirkungen, die dem Produkt von der Beklagten und dem Verwaltungsgericht zugesprochen werden, handelt es sich nicht um bloße Vermutungen oder Spekulationen. Die eher unspezifische Funktion als Radikalfänger mit anti-oxidativer Wirkung ist nicht entscheidend. Nach der Aufbereitungsmonographie der Kommission B für B. -Liponsäure kann bei Missempfindungen bei diabetischer Polyneuropathie die Gabe von B. -Liponsäure in einer Dosierung von 300 bis 600 mg/Tag wirksam sein. Nichts anderes als diese positive Wirkung nimmt die Klägerin der Sache nach für sich in Anspruch, wenn es auf ihrer Internetseite heißt: „Patienten mit diabetischer Neuropathie weisen einen erhöhten medizinisch bedingten Nährstoffbedarf an Liponsäure auf.“ (www.bios-natur.de). Die auf den Erkenntnissen der sachverständigen Kommission B aufbauende, durch weitere vom Verwaltungsgericht angeführte wissenschaftliche Erkenntnisse gestützte Annahme, es liege eine erhebliche, positive Beeinflussung der physiologischen Funktionen vor, wird auch nicht durch neuere wissenschaftliche Stellungnahmen in Frage gestellt. Die von der Klägerin angeführten Erkenntnisse, auch die Stellungnahme der EFSA aus 2010, beziehen sich auf die nicht hier, sondern allenfalls für eine Zulassung relevante Frage, ob die therapeutische Wirksamkeit – in der hier vorliegenden Wirkstoffmenge – bei diabetischer Polyneuropathie hinreichend nachgewiesen ist. Auch die Frage, ob hinsichtlich des konkreten Produkts in seiner Wirkstoffkombination, d. h hinsichtlich aller seiner Bestandteile die Wirksamkeit begründet werden kann, stellt sich nur im Zulassungsverfahren. Liegen belastbare Erkenntnisse für positive Wirkungen von B. -Liponsäure in einer Wirkstoffmenge von 300 mg pro Tag vor, spielt es für die Einordnung als Funktionsarzneimittel keine Rolle, dass das Produkt noch weitere Stoffe enthält.
30Ferner ist die detaillierte verwaltungsgerichtliche Würdigung nicht zu beanstanden, dass mit dem streitgegenständlichen Produkt physiologische Wirkungen erzielt werden, die mit Lebensmitteln nicht erreicht werden können. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Angaben des klägerischen Sachverständigen Dr. W. in seinen Stellungnahmen aus 2008 und 2013 zur Aufnahme von 300 mg B. -Liponsäure durch Lebensmittel (35-75 g Weizenkeime) nicht überzeugen, weil sie nicht auf eigenen Untersuchungen beruhten und nicht mit konkreten Analyseberichten und Unterlagen Dritter belegt seien. Sie würden ferner durch die Erkenntnisse der nachvollziehbaren wissenschaftlichen Untersuchung von Vianey-Liaud et al. widerlegt, wonach 100 g Weizenkeime lediglich 0,01 mg B. -Liponsäure enthalten. Hiermit setzt sich die Klägerin in ihrer Antragsbegründung nicht substantiiert auseinander, sondern verweist letztlich nur auf einen Aufklärungsmangel. Die angefochtene Entscheidung hält sich aber im Rahmen einer zulässigen gerichtlichen Beweiswürdigung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO zu einer naturwissenschaftlichen Frage, für deren Beurteilung das Gericht sich durch die benannten wissenschaftlichen Erkenntnisse die erforderliche Sachkunde verschafft hat. Bei dieser Ausgangslage musste das Gericht entgegen der klägerischen Auffassung auch nicht ein (weiteres) Sachverständigengutachten einholen. Soweit die Klägerin auf die von W. angeführte Untersuchung „Arotop, 2001“ verweist, hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass nicht einmal benannt wird, welches Analyseergebnis mit welcher Analysemethode erreicht worden ist. Angesichts des überzeugenden wissenschaftlichen Gutachtens von Vianey-Liaud et al. hat das Verwaltungsgericht auch nicht seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es die Analyse des – wohl Dr. W. zuzuordnenden – Labors „arotop food creation“ nicht angefordert hat. Reichen die von der Klägerin benannten Erkenntnisse damit nicht aus, die nachvollziehbare Studie von Vianey-Liaud et al. zu widerlegen, gilt dies weiterhin erst recht für bloße Angaben von B. -Liponsäure-Gehalten auf Packungen von Weizenkeimprodukten.
31Bei der gebotenen Gesamtwürdigung sprechen schließlich weitere Umstände für das Vorliegen eines Arzneimittels. Es gibt, wie das Verwaltungsgericht näher ausgeführt hat, zahlreiche zugelassene Arzneimittel mit dem Wirkstoff B. -Liponsäure.
32Vgl. zu diesem Gesichtspunkt OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2006 - 13 A 2095/02 -, ZLR 2006, 339 = juris, Rn. 98.
33Deren Dosierungsempfehlungen sehen Tagesdosen ab 400 mg vor. Insoweit ist damit von einer therapeutischen Wirksamkeit auszugehen. Dies spricht zumindest für die therapeutische Eignung des streitgegenständlichen Produkts mit einer empfohlenen Tagesdosis von 300 mg, die zugleich der Minimaldosis nach der Monographie der Kommission E entspricht. Auf den Nachweis bzw. die hinreichende Begründung (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AMG) der therapeutischen Wirksamkeit in der niedrigeren Wirkstoffmenge bzw. Dosierung kommt es hier nicht an. Ferner bestehen beim streitgegenständlichen Produkt Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und Nebenwirkungsrisiken, auf die die Klägerin – etwa auf ihrer Internetseite – selbst hinweist. Diese allein rechtfertigen zwar nicht die Einordnung als Arzneimittel, sind aber in der Gesamtbetrachtung ein berücksichtigungsfähiges Indiz.
34c. Der Vortrag, es handele sich nicht um ein Präsentationsarzneimittel, begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass das Produkt ein Funktionsarzneimittel ist und die Frage, ob daneben auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) AMG vorliegen, ausdrücklich offen gelassen.
352. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe der Klägerin begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern; der Ausgang des Rechtstreits muss als offen erscheinen. Dies ist – wie oben ausgeführt – nicht der Fall. Insbesondere ergeben sich aus der hier vorzunehmenden Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten, da die Kriterien dafür in der Rechtsprechung geklärt sind und die Einordnung eine Würdigung des Einzelfalls erfordert, die nicht überdurchschnittlich schwierig ist.
363. Die Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die aufgeworfenen Fragen „der zutreffenden Abgrenzungskriterien von Arzneimitteln und Lebensmitteln“, „der in diesem Zusammenhang notwendigen Aufklärungspflicht des Gerichts“ und die „damit zusammenhängenden Fragen der Beweislast“ erfordern keine Klärung im Berufungsverfahren. Die allgemeinen Fragen zur Abgrenzung von Arzneimitten und Lebensmitteln sind in der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des EuGH hinreichend geklärt. Die Kategorisierung eines konkreten Produkts ist eine Frage des Einzelfalls und der grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
374. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO von einer höchstrichterlichen Entscheidung abgewichen ist. Mit dem Antrag hätte ein abstrakter Rechtssatz benannt werden müssen, den das Verwaltungsgericht dem ebenfalls anzuführenden Rechtssatz aus der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juli 2007 (gemeint sein dürfte das Urteil 3 C 21.06, NVwZ 2008, 439 = ZLR 2007, 757) entgegengestellt hat. Daran fehlt es. Die Klägerin rügt lediglich eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Subsumtion.
385. Schließlich ergibt sich aus dem Antragsvorbringen kein Verfahrensmangel, auf dem im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO die Entscheidung beruhen kann.
39Eine Verletzung der Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor. Dem Verwaltungsgericht musste sich aus den bereits ausgeführten Gründen keine weitere Sachverhaltsermittlung oder Beweiserhebung zur Frage aufdrängen, ob die im streitgegenständlichen Produkt enthaltene Menge an B. -Liponsäure auch durch Lebensmittel aufgenommen werden kann.
40Das Verwaltungsgericht hat auch nicht durch die Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt.
41Nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts kam es auf die mit den Beweisanträgen zu 1. und 2. unter Beweis gestellten Tatsachen, dass für das streitgegenständliche Produkt bzw. für eine Tagesdosis von 300 mg B. -Liponsäure keine therapeutische Wirkung nachgewiesen ist, nicht an. Das Verwaltungsgericht hat – im Übrigen zutreffend – angenommen, dass die therapeutische Wirksamkeit eines Produkts oder des darin enthaltenen Stoffs nicht Voraussetzung für die Einordnung als Funktionsarzneimittel ist, sondern nur für die Arzneimittelzulassung.
42Ein Verfahrensfehler liegt auch nicht darin, dass das Verwaltungsgericht die Beweiserhebung über die Tatsache abgelehnt hat, dass eine Tagesdosis von 300 mg B. -Liponsäure auch mit einer angemessenen Menge von Lebensmitteln, wie z.B. Weizenkeime, aufgenommen werden kann (Beweisantrag zu 3.). Die Begründung des Verwaltungsgerichts, dass der Antrag auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet sei, weil nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Wahrheitsgehalt der Tatsache spreche, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin keine konkreten (neuen) wissenschaftlichen Erkenntnisse benannt, die Anlass zu einer erneuten wissenschaftlichen Prüfung hätten geben können. Da demgegenüber aussagekräftige wissenschaftliche Erkenntnisse dahingehend vorlagen, dass der Verzehr von Weizenkeimen – alle anderen ursprünglich benannten Lebensmitteln schieden angesichts der viel zu hohen Verzehrmenge ohnehin aus – nicht ausreichte, um eine entsprechende Menge von B. -Liponsäure aufzunehmen, durfte das Verwaltungsgericht überdies nach tatrichterlichem Ermessen entscheiden, von der Beweiserhebung durch Sachverständigen abzusehen. Reichen die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse aus, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die entscheidungserheblichen Fragen sachkundig beurteilen zu können, musste sich dem Gericht, wie bereits oben ausgeführt, die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht aufdrängen. In der Ablehnung des Antrags, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen, liegt nicht deshalb ein Verfahrensmangel, weil ein Beteiligter die herangezogenen Erkenntnisquellen im Ergebnis für unzutreffend hält.
43Schließlich findet auch die Ablehnung des Beweisantrags zu 4. im Prozessrecht eine Stütze. Die unter Beweis gestellte Tatsache, dass das streitgegenständliche Produkt keine eine Erheblichkeitsschwelle überschreitende Beeinflussung des menschlichen Körpers aufweist, ist der Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten nicht zugänglich. Die Frage, ob ein Erzeugnis die körperlichen Funktionen erheblich beeinflusst, erfordert eine rechtliche Wertung, die als Rechtsentscheidung dem Gericht obliegt. Die Erheblichkeitsschwelle ist, wie ausgeführt, eine rechtliche Kategorie, mit der der als zu weit empfundene Begriff des Funktionsarzneimittels eingeschränkt werden soll. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens kommt aber nur in Bezug auf konkrete, für die rechtliche Wertung erhebliche Tatsachen in Betracht, wie sie etwa mit dem – aus anderen Gründen nicht verfahrensfehlerhaft abgelehnten – Beweisantrag zu 3. unter Beweis gestellt worden sind. Auch die davon zu trennende Frage der pharmakologischen Wirkweise mag einer Klärung durch Sachverständigenbeweis zugänglich sein; sie war aber nicht Gegenstand des Beweisantrags.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
45Der Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.
(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die
- 1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind, - 1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4, - 1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln - a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder - b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder - c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
- 1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt, - 1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen, - 1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind, - 1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden, - 1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden, - 2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder - 3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.
(2a) (weggefallen)
(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.
(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I, 9. Kammer für Handelssachen, vom 13. Mai 1997 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte, ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, vertreibt in der nachstehend (verkleinert) wiedergegebenen Kunststofftube das
nicht als Arzneimittel zugelassene Erzeugnis "R.", ein zu 97 % aus Franzbranntwein bestehendes Gel:
Der Kläger, ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, erblickt in dem Vertrieb des Präparats ohne arzneimittelrechtliche Zulassung
nach § 21 AMG einen Verstoß gegen § 1 UWG. Er hat von der Beklagten die Unterlassung des Vertriebs sowie die Erstattung von Abmahnkosten verlangt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Beklagte (unter dem Gesichtspunkt irreführender Werbung) verurteilt,
1. es zu unterlassen, das oben abgebildete Produkt "R. Activ-Gel mit Franzbranntwein" in Verkehr zu bringen, ohne daß hierfür eine arzneimittelrechtliche Zulassung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte vorliegt;
2. an den Kläger 207 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juli 1995 zu zahlen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen (OLG München OLG-Rep 1999, 80 = PharmaRecht 1999, 15).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Ansprüche wegen des Fehlens einer arzneimittelrechtlichen Zulassung stünden dem Kläger nicht zu, weil das Franzbranntwein-Gel der Beklagten nach der Verkehrsanschauung überwiegend zur Pflege in äußerlicher Anwendung diene und damit nicht als Arzneimittel, sondern als kosmetisches Mittel einzuordnen sei.
Franzbranntwein sei zwar schlechthin als Einreibemittel bekannt, das Muskel- und Gelenkschmerzen lindere und ein Wundliegen verhüte. Er möge daher als solcher auch dazu dienen, krankhafte Beschwerden zu lindern oder zu beseitigen, und damit überwiegend mit medizinischen Vorstellungen besetzt sein. Es komme jedoch nicht darauf an, welche Vorstellungen Franzbranntwein oder Franzbranntwein-Gel schlechthin beim Verkehr erwecke; vielmehr sei allein auf das konkrete Produkt in der konkreten Aufmachung abzustellen. Für dieses habe das vom Landgericht eingeholte Meinungsforschungsgutachten keine überwiegende arzneiliche Zweckbestimmung ergeben und es lasse sich eine solche auch anderweit nicht feststellen. Die Aufmachung, namentlich die Hinweise auf eine entspannende, belebende Einreibung und die Verbesserung der Hautdurchblutung, der Produktname, die Herstellerangabe sowie das Tannenzapfenbild , führten den Verkehr - auch wegen der ausdrücklichen Bezeichnung als "Kosmetikum" - eher von der Vorstellung einer überwiegenden arzneilichen Zweckbestimmung weg.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden Urteils des Landgerichts.
1. Das in Rede stehende Franzbranntwein-Gel "R." ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht als Kosmetikum, sondern als Arzneimittel anzusehen.
a) Arzneimittel sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG u.a. Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Zu den Arzneimitteln gehören darüber hinaus Stoffe und Stoffzubereitungen mit den in § 2 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 AMG genannten Anwendungszwecken. Eine Einschränkung des Arzneimittelbegriffs ergibt sich allerdings daraus, daß gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG kosmetische Mittel im Sinne des § 4 LMBG nicht zugleich Arzneimittel sein können, und zwar auch dann nicht, wenn sie die Voraussetzungen des Arzneimittelbegriffs nach § 2 Abs. 1 AMG erfüllen (vgl. BVerwGE 106, 90, 93 = NJW 1998, 3433).
Nach § 4 Abs. 1 LMBG sind kosmetische Mittel u.a. Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, äußerlich am Menschen zur Reinigung, zur Pflege oder zur Vermittlung von Geruchseindrücken angewendet zu werden, sofern sie nicht überwiegend dazu bestimmt sind, Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu lindern oder zu beseitigen.
Maßgebend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel oder Kosmetikum ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsbetrachter darstellt (vgl. für die Abgrenzung von Arzneimitteln und Lebensmitteln: BGH, Urt. v. 10.2.2000 - I ZR 97/98, GRUR 2000, 528, 529 = WRP 2000, 510 - L-Carnitin). Die Verkehrsanschauung wird regelmäßig durch eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und deren Anwendung geprägt. Diese hängt ihrerseits davon ab, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Dabei kann die Vorstellung der Verbraucher auch durch die Auffassungen der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflußt sein, ferner durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung , in der das Mittel dem Verkehr allgemein entgegentritt (BGH, Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 209/92, GRUR 1995, 419, 420 f. = WRP 1995, 386 - Knoblauchkapseln ; BGH GRUR 2000, 528, 529 f. - L-Carnitin; BGHSt 43, 336, 339 = NJW 1998, 836; BVerwGE 106, 90, 92; 97, 132, 135 f.; VGH München NJW 1998, 845). Von dieser Begriffsbestimmung ist auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.
b) Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall hat das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, den maßgebenden Kriterien für die Einordnung als kosmetisches Mittel oder als Arzneimittel keine hinreichende Beachtung geschenkt.
aa) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist Franzbranntwein dem Verkehr schlechthin als Einreibe-
mittel bekannt, das Muskel- und Gelenkschmerzen lindern, aber auch ein Wundliegen verhüten soll. Diese Verkehrsanschauung über den allgemeinen Verwendungszweck von Franzbranntwein hat das Berufungsgericht mit der Begründung als nicht entscheidungserheblich angesehen, daß ausschließlich auf das konkrete Produkt in der konkreten Aufmachung abzustellen sei. Dem kann nicht beigetreten werden.
(1) Das Berufungsgericht ist allerdings ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen , daß ein der Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden dienender Zweck für die Einordnung als Arzneimittel nicht ausschlaggebend sein kann, wenn es sich dabei - wie vorliegend der Schutz vor Wundliegen - nicht um die einzige Verwendungsmöglichkeit des Mittels handelt. Nach § 4 Abs. 1 2. Hs. LMBG schließt nur eine überwiegende Zweckbestimmung zur Linderung und Beseitigung, nicht aber zur Verhütung (oder Erkennung ) von Krankheiten die Annahme eines kosmetischen Mittels aus (vgl. Kloesel/Cyran, AMG, 3. Aufl., Stand Mai 2000, § 2 Anm. 92).
(2) Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die mangelnde Berücksichtigung des Umstandes, daß Franzbranntwein nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Verkehr allgemein als äußerlich anzuwendendes Hausmittel zur Linderung von Muskel- und Gelenkschmerzen bekannt und dieser Begriff deshalb überwiegend mit medizinischen Vorstellungen besetzt ist (vgl. OLG Köln GRUR 1988, 852). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird die allgemeine Verkehrsauffassung keineswegs allein durch das konkret von der Beklagten vertriebene Produkt, sondern zunächst einmal durch die generelle Vorstellung des Verkehrs von den Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses der vorliegenden Art geprägt (BGH, Urt. v. 6.2.1976
- I ZR 125/74, GRUR 1976, 430, 432 - Fencheltee; BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln). Entscheidend ist, wie bereits ausgeführt wurde und worauf auch das Berufungsgericht an anderer Stelle selbst zutreffend hingewiesen hat, die allgemeine Zweckbestimmung, die das Mittel nach der Verkehrsanschauung gattungsgemäß besitzt. Das Berufungsgericht hätte daher seine Feststellungen, wonach derartige Mittel allgemein zur Linderung von Muskelund Gelenkbeschwerden verwendet werden, nicht außer Betracht lassen dürfen.
(3) Das Berufungsgericht durfte die Vorstellung von einem überwiegend medizinischen Verwendungszweck auch nicht deshalb unberücksichtigt lassen, weil es sich bei dem Produkt der Beklagten nicht um ein ausschließlich aus Franzbranntwein bestehendes Erzeugnis, sondern um ein "Activ-Gel mit 97 % Franzbranntwein" handelt. Allerdings kann der Verwendungszweck eines einzelnen Wirkstoffes grundsätzlich nicht ohne weiteres mit dem Anwendungszweck einer aus mehreren Stoffen bestehenden Zubereitung gleichgesetzt werden, und es ist auch nicht zulässig, einen einzelnen Bestandteil herauszugreifen und allein ihn darauf zu untersuchen, ob er nach der Verkehrsauffassung krankheitsheilende oder -lindernde Wirkung besitzt (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.1992 - I ZR 89/91, GRUR 1993, 403 = WRP 1993, 474 - Bronchocedin; BVerwGE 106, 90, 96). Das schließt es aber nicht aus, daß die heilende Wirkung eines einzelnen Stoffes nach der Verbrauchererwartung bei der Würdigung des Gesamtprodukts so im Vordergrund steht, daß für dieses ebenfalls von einer überwiegend krankheitsheilenden bzw. beschwerdelindernden Zweckbestimmung auszugehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.5.1991 - I ZR 207/89, GRUR 1991, 701 = WRP 1993, 465 - Fachliche Empfehlung I; BVerwGE 106, 90, 96 f.). So verhält es sich hier.
Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß der Anteil des Wirkstoffes Franzbranntwein in dem zu beurteilenden Gel mit 97 % "sehr hoch" ist. Außerdem ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich, daß den weiteren von den Parteien in den Vorinstanzen nicht erörterten und vom Berufungsgericht auch nicht näher festgestellten Bestandteilen mit einem Anteil von insgesamt 3 % nach der Verkehrsauffassung eine für die Einordnung als Arzneimittel oder Kosmetikum maßgebliche Bedeutung zukommt. Dementsprechend ist davon auszugehen, daß der Verkehr mit dem Franzbranntwein-Gel der Beklagten - nicht anders als mit reinem Franzbranntwein - in erster Linie die Vorstellung arzneilicher Anwendungszwecke verbindet.
bb) Die durch die deutlichen Hinweise auf den Hauptinhaltsstoff Franzbranntwein in Richtung auf ein Arzneimittel hingelenkte allgemeine Verkehrsauffassung wird, wie der Senat auf der Grundlage der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen weiteren Tatsachenfeststellungen sowie der allgemeinen Lebenserfahrung selbst beurteilen kann, durch die konkrete Ausstattung des Erzeugnisses nicht wesentlich verändert oder überlagert.
(1) Das Fehlen eines - vom Berufungsgericht vermißten - ausdrücklichen Hinweises auf eine Anwendung zur Linderung körperlicher Beschwerden steht der Annahme eines überwiegenden heilenden oder lindernden Wirkungszwecks nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln). Wenn der Verkehr schon mit dem Hinweis auf den Hauptbestandteil des Mittels - hier: Franzbranntwein - die Vorstellung einer arzneilichen Zweckbestimmung des Gesamtprodukts verbindet, bedarf es nicht zwangsläufig noch weiterer Anzeichen für einen solchen Verwendungszweck. Dies gilt jedenfalls dann, wenn,
wie im vorliegenden Fall, keine von der Vorstellung eines Arzneimittels eindeutig wegführenden Ausstattungsmerkmale vorliegen.
(2) Nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist der auf der Vorderseite der Verpackung angegebene Gebrauch zur entspannenden und belebenden Einreibung "auch bei pflegerischer Anwendung" möglich. Dieser Hinweis hebt den Eindruck einer überwiegenden arzneilichen Zweckbestimmung allerdings nicht auf, sondern weist lediglich auf eine zusätzliche Bestimmung zu kosmetischen Zwecken hin.
(3) Dasselbe gilt für die Anwendungshinweise auf der Rückseite des Produkts. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts deuten zwar eine Verbesserung der Hautdurchblutung, Entspannung und belebende Frische eher auf Körperpflege als auf Schmerzlinderung hin. Eine Verbesserung der Hautdurchblutung dient aber unabhängig von einer Bekämpfung schmerzhafter Zustände der Linderung bzw. Beseitigung von Durchblutungsstörungen der Haut und hat daher eine arzneiliche Wirkung (vgl. zum Krankheitscharakter von Durchblutungsstörungen: BGHZ 89, 78, 81 - Heilpraktikerwerbung III; OLG Düsseldorf ES-HWG, § 12 Nr. 44; Doepner, HWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 56). Die Angabe, eine Einreibung oder Massage mit "R." entspanne und schenke wohltuend belebende Frische, hat das Berufungsgericht bereits im Zusammenhang mit dem fast identischen Hinweis auf der Vorderseite der Verpackung ohne Rechtsverstoß dahingehend beurteilt, daß sich aus ihr auch, d.h. nicht ausschließlich , ein pflegerischer Anwendungszweck entnehmen läßt. Abgespanntheit kann allerdings in bestimmten Fällen ein Anzeichen krankhafter Beschwerden sein (vgl. BGHZ 23, 184, 192 - Spalttabletten; Doepner aaO § 1 Rdn. 56), so daß die Linderung dieses Zustandes durch Entspannung und Be-
lebung jedenfalls auch einem arzneilichen Zweck dient. Die weiteren Hinweise zur Anwendung des Mittels ("Ideal zum Einmassieren nach dem Sport oder nach einem anstrengenden Tag, z.B. durch Einreiben von Schultern, Nacken und Waden. Besonders angenehm auch an heißen Tagen durch leichtes Betupfen von Schläfen, Nacken und Stirn. Anwendung: Mehrmals täglich in die Haut einmassieren.") hat das Berufungsgericht von der Revision unbeanstandet als neutral bewertet.
(4) Der Nennung von Gegenanzeigen ("Nicht in die Augen, auf offene Wunden oder auf Schleimhäute bringen.") hat das Berufungsgericht keine auf ein Arzneimittel hindeutende Indizwirkung beigemessen, weil diese nicht - wie bei Arzneimitteln üblich - als solche bezeichnet seien und ihre Angabe auch bei kosmetischen Mitteln vorgeschrieben sei (vgl. § 4 Nr. 3, § 5 a KosmetikVO). Auch diese Ausführungen sind von der Revision nicht beanstandet worden und lassen keine Rechtsfehler erkennen. Ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken begegnen die von der Revision ferner nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach weder dem Namen des Produkts noch seiner Aufmachung eine auf einen arzneilichen Zweck des Mittels hindeutende Wirkung zu entnehmen ist, allerdings auch nichts für das Vorliegen eines kosmetischen Mittels. Dagegen kommt, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Angabe des im Verkehr bekannten Herstellernamens (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.1998 - I ZR 15/96, GRUR 1998, 942, 943 = WRP 1998, 990 - ALKA-SELTZER) nach der Lebenserfahrung eine gewisse Indizwirkung für das Vorliegen eines Arzneimittels zu; denn die Beklagte ist mit dieser Unternehmensbezeichnung häufig als Arzneimittelhersteller in Erscheinung getreten.
(5) Mit Recht wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Abbildung eines Tannenzapfens auf der Vorderseite der Tube erwecke die Assoziation pflegender Badezusätze und spreche daher ebenso wie die Bezeichnung "Münchner Kosmetikum" für das Vorliegen eines Körperpflegemittels.
Pflanzenteile wie Fichten- oder Tannenzweige und -zapfen können mit den vom Verkehr erfahrungsgemäß damit in Verbindung gebrachten ätherischen Ölen sowohl heilende als auch kosmetische, nämlich pflegende oder Geruchseindrücke vermittelnde Wirkungen entfalten. Soweit sie an Heilkräuter denken lassen, legen sie die Annahme eines Arzneimittels nahe (vgl. OLG Köln GRUR 1988, 852).
Ebensowenig kommt dem Hinweis "Münchner Kosmetikum" eine maßgebliche Bedeutung zu. Da es für die Einordnung als Arzneimittel oder als Kosmetikum vor allem auf die allgemeine Verwendung durch den Verbraucher ankommt (vgl. BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln), darf nicht außer acht gelassen werden, daß dieser nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ganz überwiegend wegen der bekannten lindernden Wirkung bei Muskel- und Gelenkschmerzen und angesichts der Anwendungshinweise auf der Verpackung möglicherweise auch zur Förderung der Hautdurchblutung und zur Entspannung und Belebung zu Franzbranntwein und Franzbranntwein-Gel greift. Die Anwendung zur Körperpflege steht dabei aber ungeachtet der Bezeichnung des Mittels als Kosmetikum nicht im Vordergrund und überlagert damit die Zweckbestimmung als Arzneimittel auch nicht in dem Sinn, daß ein überwiegender arzneilicher Zweck nicht mehr vorliegt.
cc) Die vorstehende Beurteilung wird durch das Ergebnis des vom Landgericht eingeholten Meinungsforschungsgutachtens nicht in Frage gestellt.
Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß sich das Berufungsgericht bei der Einordnung von "R." als Arzneimittel oder Kosmetikum u.a. auf das Befragungsergebnis zur sogenannten geschlossenen Fragestellung Ziffer 4 ("Würden Sie dieses Produkt als Arzneimittel oder als Körperpflegemittel bezeichnen oder können Sie dies so präzise momentan nicht sagen?") gestützt und danach eine überwiegende Zweckbestimmung als Arzneimittel mit der Begründung abgelehnt hat, dem Anteil von 40 % der Befragten, der die Antwort "ist ein Heilmittel" gegeben habe, stehe ein Anteil von 60 % der Befragten gegenüber , der entweder - nämlich 35 % der Befragten - die Antwort "ist ein Körperpflegemittel" gegeben habe oder - 25 % der Befragten - sich nicht habe entscheiden können. Die Revision rügt mit Recht, daß die Angaben derjenigen Befragten, die sich insoweit nicht entscheiden konnten, nicht zur Begründung dafür herangezogen werden konnten, daß es sich bei dem Mittel der Beklagten um ein Körperpflegemittel handelt. Somit steht ein Anteil von 40 % der Befragten , der "R." als Arzneimittel ansieht, einem Anteil von 35 % gegenüber, der das Gel für ein Körperpflegemittel hält, was das vorstehend gewonnene Ergebnis bestätigt.
Demgegenüber stellt sich das Ergebnis bei der sogenannten offenen Befragung, bei der jeweils etwa jeder fünfte Befragte "R." mit arzneilichen Eigenschaften oder aber mit Eigenschaften eines Körperpflegemittels in Verbindung gebracht hat, als nicht hinreichend aussagekräftig dar. Denn bei der Auswertung der Antworten auf die offenen bzw. ungestützten Fragen bedurfte
es auch einer - vom Sachverständigen nicht näher erläuterten - Bewertung und Gewichtung der Antworten dahin, ob sie dem einen oder anderen Zweck zugeordnet werden.
2. Nach dem Vorstehenden kommt es auf Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 76/768/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel vom 27. Juli 1976 (ABl. Nr. L 262/169) in der Fassung der Ä nderungsrichtlinie 93/35/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 (ABl. Nr. L 151/32), auf den sich die Revision ergänzend stützt, nicht mehr an.
3. Die Beklagte verstößt durch den Vertrieb des Mittels "R." ohne die nach dem Arzneimittelgesetz vorgeschriebene Zulassung gegen § 1 UWG, weil sie sich damit über Vorschriften hinwegsetzt, die zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung erlassen worden sind (BGHZ 44, 208, 209 - Novo-Petrin; BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln).
Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist auch geeignet, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Im Bereich der Gesundheitswerbung ist ein wettbewerbswidriges Verhalten regelmäßig auch als wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs zu beurteilen (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1997 - I ZR 92/95, GRUR 1998, 487, 488 = WRP 1998, 172 - Professorenbezeichnung in der Arztwerbung III; Urt. v. 9.7.1998 - I ZR 72/96, GRUR 1999, 179, 182 f. = WRP 1998, 1071 - Patientenwerbung; Urt. v. 21.9.2000 - I ZR 12/98, GRUR 2001, 176, 178 = WRP 2000, 1410 - Myalgien).
4. Der Kläger hat unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677, 670 BGB) ferner einen Anspruch auf Erstattung seiner
der Höhe nach unstreitigen Abmahnkosten (st. Rspr.; vgl. BGHZ 115, 210, 212 - Abmahnkostenverjährung; BGH, Urt. v. 24.11.1999 - I ZR 171/97, WRP 2000, 633, 636 - Sicherungsschein; Urt. v. 15.12.1999 - I ZR 159/97, GRUR 2000, 337, 338 = WRP 2000, 386 - Preisknaller).
Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 291 BGB.
III. Danach war auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin bringt seit 2008 das Produkt „J. J1. “ Lutschtabletten als Medizinprodukt in den Verkehr. Die Tabletten enthalten als wirksamen Bestandteil 73,5 mg eines Trockenextraktes aus der Zistrose (cistus incanus e herb sicc.), entsprechend durchschnittlich 50 mg Polyphenole.
3In der Dokumentation der Klägerin zum Produktprofil vom 19.09.2008 heißt es unter dem Punkt 1. „Zweckbestimmung/ Anwendungsgebiete“: „J. J1. Lutschtabletten werden zur Verstärkung der Virenabwehr bei Erkältungskrankheiten und zur Unterstützung der natürlichen Barrierefunktion der Mund- und Rachenschleimhaut gegen Bakterien und Viren angewendet. Bei erhöhtem Infektrisiko vorbeugend oder bei ersten Erkältungssymptomen (z.B. „Kratzen im Hals“) 3 – 6 x täglich 1 Tablette langsam im Mund zergehen lassen.“
4Unter dem Punkt 2. „Zusammensetzung und Funktionsweise“ wird angegeben: „Hauptwirkungsweise: Abschirmung der Schleimhäute durch Bildung eines Schutzfilmes, verursacht durch die im Cistus-Extrakt enthaltenen Polyphenole (siehe Klinische Bewertung in dieser Produktakte).“
5Mit Schreiben vom 16.12.2009 legte die Klägerin dem Regierungspräsidium Freiburg als der landesrechtlich zuständigen Überwachungsbehörde eine überarbeitete klinischen Bewertung des Produkts gemäß § 5 MPG vom 07.12.2009, erstellt von Prof. Dr. N. G. N1. , C. , sowie die aktuellen Packmittel vor. In der klinischen Bewertung wird u. a. ausgeführt:
6„Polyphenolische Gerbstoffe bilden schwerlösliche Komplexe mit Proteinen der mukosalen Zelloberflächen unter Ausbildung einer Fällungsmembran, d.h. es kommt zu einer chemischen Reaktion zwischen Gerbstoff und Eiweiß auf der Schleimhautoberfläche, die einen lokalen Schutz gegen chemische, bakterielle und mechanische Einwirkungen bilden.“ ...
7„Polyphenolhaltige Cistus-Extrakte binden unspezifisch an Virusoberflächen und sind damit auch über den Mechanismus der Neuraminidase-Hemmung in der Lage, virale bzw. bakterielle Infektionen zu hemmen, da die Neuraminidase ebenfalls ein oberflächlich erreichbares Protein darstellt.“ ...
8„Klinische Studien zu Cistus creticus sind bisher noch nicht in der Literatur publiziert worden. Alle aufgeführten Daten sind logische Schlussfolgerungen aus in vitro-Untersuchungen bzw. stammen von einer publizierten Anwendungsstudie (20).“
9Der Text auf der Faltschachtel des Produkts enthält unter der Bezeichnung „J. J1. “ und einer Abbildung der Zistrose die folgenden Angaben auf der Vorderseite und der Seitenlasche:
10„Infektabwehr“, „verstärkt die Virenabwehr bei Erkältungsinfekten auf physikalische Weise“ - 30 Lutschtabletten – Zusammensetzung: Wirksamer Bestandteil: 1 Tablette enthält 73,5 mg Cistus villosus-Extrakt mit 50 mg Polyphenolen ...“.
11Auf der Rückseite der Faltschachtel befindet sich der folgende Text:
12„Medizinprodukt – Natürlicher Gesundheitsschutz bei erhöhtem Infektrisiko – Die regelmäßige Verwendung von Hübner J. J1. unterstützt das körpereigene Immunsystem. Der standardisierte Spezialextrakt Cistus Villosus-Extrakt enthält einen hohen Anteil an Polyphenolen (bis zu 330 mg pro Tagesdosis). Wie ein Schutzschild legen sich die Polyphenole (Gerbstoffe) des Cistus Villosus-Extraktes über Mund- und Rachenschleimhaut und helfen so, Erkältungsviren abzuwehren. Aufgrund der physikalischen Wirkung gibt es keine Resistenzbildung. Zur Unterstützung der natürlichen Barrierefunktion der Mund- und Rachenschleimhaut gegen Bakterien und Viren. Zur Vorbeugung von Atemwegserkrankungen wie grippalen Infekten (Erkältungen) besonders in der kalten Jahreszeit.“
13Die Gebrauchsanweisung enthält u.a. den folgenden Text:
14„ Liebe Anwenderin, lieber Anwender! Bitte lesen sie die folgende Gebrauchsanweisung aufmerksam durch. Sie enthält wichtige Informationen zur Anwendung des Medizinproduktes Hübner J. J1. . Bei Fragen wenden Sie sich bitte an die Fachberater in ihrem Reformhaus.“
15Darauf folgen weitere Angaben zu Anwendungsgebieten, Dosieranleitung, Art und Dauer der Anwendung, Nebenwirkungen, Gegenanzeigen, Wechselwirkungen, Hinweise zur Haltbarkeit, Darreichungsform und Inhalt und Zusammensetzung, die den Angaben auf der Faltschachtel entsprechen.
16Das Regierungspräsidium Freiburg kündigte der Klägerin mit Schreiben vom 02.02.2010 an, das weitere Inverkehrbringen des Produktes zu untersagen sowie den Rückruf aller im Handel befindlichen Chargen anzuordnen. In der Begründung führte die Behörde unter Bezugnahme auf das Urteil des VG Köln vom 14.10.2009 - 24 K 4394/08 - aus, bei dem Präparat handele es sich um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel, und nicht um ein Medizinprodukt. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 15.03.2010 und vom 26.03.2010 nahm die Klägerin - unter Einbeziehung des zwischenzeitlich ergangenen Beschlusses des OVG NRW vom 15.03.2010 - 13 A 2612/09 - Stellung. Hierbei verteidigte sie ihre Auffassung, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Präparat weder um ein Funktionsarzneimittel noch um ein Präsentationsarzneimittel handele. Die bisherige Rechtsprechung des VG Köln und OVG Münster, die bei einem anderen, cistushaltigen Präparat das Vorliegen eines Präsentationsarzneimittels festgestellt habe, sei auf das vorliegende Produkt nicht übertragbar.
17Mit Schreiben vom 20.04.2010 und vom 07.07.2010 stellte das Regierungspräsidium Freiburg bei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – BfArM – den Antrag, gemäß § 13 Abs. 3 MPG bzw. § 21 Abs. 4 AMG zu entscheiden, ob es sich bei dem Produkt der Klägerin um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handele. Das BfArM gab der Klägerin mit Schreiben vom 29.07.2010 Gelegenheit, zur Einstufung des Produkts als Fertigarzneimittel Stellung zu nehmen. Eine Gegenäußerung der Klägerin erfolgte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08.10.2010.
18Mit Bescheid vom 26.03.2013 stellte das BfArM bezüglich des Präparates „J. J1. “ gemäß § 21 Abs. 4 AMG fest, dass es sich um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handele. In der Begründung führte das BfArM aus, das Produkt erfülle die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG. Nach der Einnahmeempfehlung würden pro Tag bis zu 450 mg Polyphenole aus dem Cistusextrakt aufgenommen. Diese beeinflussten die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische Wirkung. Demgegenüber werde die Funktion eines Medizinproduktes durch eine mechanische oder physikalische Wirkung erreicht.
19Die im streitgegenständlichen Cistusextrakt vorkommenden Polyphenole gehörten unstreitig zur Gruppe der pflanzlichen Gerbstoffe, die in Deutschland in zugelassenen Arzneimitteln, wie beispielsweise Präparaten mit Eichenrinde oder Rathaniawurzel, eingesetzt würden. Ihr Wirkmechanismus beruhe auf einer Veränderung der Eiweißstrukturen von Haut- und Schleimhautoberflächen durch eine Bindung der Polyphenole an dort befindliche Proteinmoleküle (denaturierende Wirkung). Durch die Reaktion mit Eiweißen der oberen Hautschichten wirkten Gerbstoffe reizmildernd, entzündungswidrig und schwach lokalanästhetisch. Diese molekularen Wechselwirkungen zwischen Polyphenolen und Oberflächenproteinen der Schleimhaut entsprächen der Definition für eine pharmakologische Wirkung.
20Darüber hinaus gebe es Hinweise in der wissenschaftlichen Literatur, wonach es bei Cistusextrakten zu einer Wechselwirkung von Polyphenolen mit Oberflächenproteinen von Erkältungsviren komme, beispielsweise durch eine Bindung an Hemagglutinin oder Neuraminidase in der Virenhülle. Auch diese Wirkungen, auf die in der vorgelegten klinischen Bewertung ebenfalls hingewiesen werde, seien zweifellos als pharmakologisch einzustufen.
21Außerdem sei das streitgegenständlichen Präparat ein Präsentationsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG. Es handele sich um eine Stoffbereitung, die zur Anwendung im menschlichen Körper als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sei. Dass das Präparat auf der Umverpackung und anderen Produktinformationen als Medizinprodukt bezeichnet werde, sei unerheblich.
22Das Erzeugnis sei auch nicht nach § 2 Abs. 3 AMG aus dem Arzneimittelbegriff ausgeschlossen. Es handele sich nicht um ein Medizinprodukt, da die bestimmungsgemäße Hauptwirkung durch eine pharmakologische Wirkweise erreicht werde. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich kein Hinweis für eine nicht-pharmakologische, insbesondere physikalische oder mechanische Wirkung des Produkts.
23Gegen den am 27.03.2013 zugestellten Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.04.2013 am gleichen Tag Widerspruch ein. Mit dem Widerspruch wurde geltend gemacht, es liege entgegen der Behauptung des BfArM weder ein Funktionsarzneimittel noch ein Präsentationsarzneimittel vor. Auf die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3 a AMG könne sich das BfArM nicht berufen, da die Arzneimitteleigenschaft des Produkts eben nicht positiv festgestellt sei.
24Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 12.06.2013 als unbegründet zurückgewiesen. Der Bescheid wurde am 17.06.2013 zugestellt.
25Gegen die Einstufung des streitgegenständlichen Produktes als Arzneimittel hat die Klägerin am 16.07.2013 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, der Bescheid der Beklagten sei schon deshalb rechtswidrig, weil § 21 Abs. 4 AMG das BfArM nur zu einer Entscheidung über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels berechtige, nicht aber zu einer Feststellung der Eigenschaft eines Produktes als Arzneimittel. Die Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten könne nur auf der Grundlage eines Antrages nach § 13 Abs. 3 MPG erfolgen. Das BfArM sei daher über das Antragsbegehren hinausgegangen und habe damit gegen den Grundsatz „ne ultra petita“ verstoßen.
26Das BfArM habe das streitgegenständliche Produkt auch zu Unrecht als Arzneimittel eingeordnet.
27Das Präparat sei kein Funktionsarzneimittel. Das BfArM habe eine pharmakologische oder immunologische oder metabolische Wirkung bisher nicht nachgewiesen, sondern nur behauptet bzw. aus den allgemein bekannten Fähigkeiten von pflanzlichen Polyphenolen, also aus dem Wirkmechanismus eines enthaltenen Stoffes, gefolgert. Das genüge nicht, um eine pharmakologische Wirkung positiv festzustellen. Erforderlich seien randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien, die das BfArM durchführen müsse oder durchführen lassen müsse. Die physiologischen Funktionen müssten außerdem in signifikanter Weise beeinflusst werden, was nicht nachgewiesen sei. Vielmehr ergebe sich aus den vorgelegten Unterlagen die physikalische Wirkung des Mittels.
28Die Darlegungs- und Beweislast für die pharmakologische Wirkung habe nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH das BfArM. Dies sei unabhängig davon, ob ein Arzneimittel von einem Lebensmittel oder einem Medizinprodukt abzugrenzen sei. Im Verfahren nach § 21 Abs. 4 AMG zwischen Landesbehörde und BfArM sei es nicht Aufgabe der Klägerin gewesen, die Eigenschaft als Medizinprodukt darzulegen. Das sei nur in Verfahren nach § 13 Abs. 3 MPG notwendig.
29Die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3a AMG sei nicht anwendbar. Sie setze voraus, dass die Arzneimitteleigenschaft positiv festgestellt worden sei. Da sich das BfArM auf diese Eigenschaft berufe, sei es Aufgabe des BfArM gewesen, die Einstufung als Arzneimittel darzulegen und zu beweisen. Daran fehle es aber.
30Das streitgegenständliche Präparat sei auch kein Präsentationsarzneimittel. Die Definition des Präsentationsarzneimittels ermögliche keine Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und Medizinprodukten, weil beide eine therapeutische Zweckbestimmung hätten und daher auch so präsentiert werden dürften. Maßgeblich für die Abgrenzung sei allein der Begriff des Funktionsarzneimittels bzw. die bestimmungsgemäße Hauptwirkung des Produkts, die vom BfArM zu belegen sei. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen in § 3 Nr. 1 und § 2 Abs. 5 MPG, § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG und § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG.
31Unabhängig davon komme es bei der Beurteilung der Frage, ob ein Präsentationsarzneimittel vorliege, auf die Umstände des Einzelfalls an. Die Klägerin bezeichne das Präparat in ihrer Produktpräsentation (Verpackung, Gebrauchsanweisung, Internet-Auftritt, Ratgeber) als Medizinprodukt und weise auf die physikalische Wirkung in. Das Mittel werde gerade nicht als Arzneimittel präsentiert. Ein durchschnittlicher, verständiger Verbraucher werde auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht davon ausgehen, dass es sich um ein Arzneimittel handele, wenn es als Medizinprodukt bezeichnet werde und keine pharmakologische Wirkung habe (BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 - ).
32Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Köln und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zu den „Cystus 052“-Präparaten, die diese als Präsentationsarzneimittel eingeordnet habe, sei auf das vorliegende Produkt nicht übertragbar.
33Zum einen sei die Präsentation der Produkte unterschiedlich. Insbesondere ziehe die Klägerin keinen Vergleich mit einem verschreibungspflichtigen Arzneimittel gegen Grippe (Tamiflu). Zum anderen werde im Produkt der Klägerin ein anderer Cistus-Extrakt eingesetzt, insbesondere eine andere Spezies, die andere Eigenschaften habe. In den Produkten, die Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gewesen seien, sei eine besondere Cistus-Varietät mit der Bezeichnung „Cistus incanus Pandalis“ eingesetzt worden, die einen besonders hohen Gehalt an komplexen, großen Polyphenolen aufweise. Mit diesem Pflanzenstoff seien die von der Klägerin eingesetzten Pflanzenextrakte nicht vergleichbar. Das BfArM habe bisher nicht nachgewiesen, dass die pharmakologische Wirkung der beiden Pflanzenarten bzw. der beiden Produkte identisch sei.
34Falls das Gericht der Auffassung der Beklagten folgen und die Arzneimitteleigenschaft des streitgegenständlichen Produktes bejahen wolle, sei es gemäß Art. 267 AEUV verpflichtet, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung über die Auslegung von Art. 1 der Richtlinie 2001/83/EG vorzulegen. Das den Gerichten im Rahmen des Art. 267 AEUV in der Regel zustehende Ermessen verdichte sich hier auf eine Verpflichtung zur Vorlage, weil das Gericht sich mit einer Einstufung des Präparates als Arzneimittel in einen offenen Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH setzen würde.
35Die Klägerin beantragt,
36den Bescheid des BfArM vom 26.03.2013 (Gz.: 00.0.00-0000-000000/00) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2013 (Gz.: 00.000 0-00000) aufzuheben.
37Die Beklagte beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Sie weist darauf hin, dass die Entscheidungsbefugnis des BfArM nach § 21 Abs. 4 AMG zur Zulassungspflicht von Arzneimitteln nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte auch die notwendige Vorfrage umfasse, ob es sich überhaupt um ein Arzneimittel handele. Die Ermächtigung des BfArM nach § 13 Abs. 3 MPG stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Der Antrag des Regierungspräsidiums Freiburg sei auch gerade auf eine Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft des streitgegenständlichen Produkts gerichtet gewesen, sodass das BfArM mit seiner Feststellung nicht über den Antrag hinausgegangen sei.
40Das Präparat der Klägerin habe schon auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten gutachterlichen Bewertung und der eingereichten Unterlagen eine pharmakologische Wirkung und sei daher ein Funktionsarzneimittel. Die Gutachter der Klägerin bestätigten, dass eine chemische Reaktion der phenolischen Gerbstoffe des Produkts mit den Eiweißen auf der Schleimhautoberfläche stattfinde, die zu einer physikalischen Barriere gegen die Einwirkung von Fremdstoffen führe. Die Wirkung werde daher durch einen pharmakologischen Vorgang ausgelöst. Wenn ein wesentlicher Inhaltsstoff des streitgegenständlichen Mittels eine pharmakologische Wirkung habe, müsse das BfArM die pharmakologische Wirkung des Produkts nicht im Einzelnen nachweisen.
41Vielmehr trage der Inverkehrbringer, hier die Klägerin, die Beweislast für einen anderen Wirkmechanismus eines Produkts. Die Rechtsprechung des EuGH, auf die sich die Klägerin berufe, beziehe sich auf die Abgrenzung von Arzneimitteln zu Lebensmitteln, nicht auf die Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten.
42In diesem Zusammenhang sei auch die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3 a AMG zu beachten. Diese beziehe sich unzweifelhaft auf Funktionsarzneimittel und stelle eine Ergänzungsregelung dar zu § 2 Abs. 3 AMG für Grenzprodukte, deren Eigenschaften eine sichere Zuordnung nicht zuließen. Die Vorschrift sehe eine Berücksichtigung aller Eigenschaften des Produkts und damit auch der bestimmungsgemäßen Hauptwirkung vor. Dieses Kriterium gebe dem Unternehmer die Möglichkeit zu belegen, dass die Hauptwirkung eine nicht pharmakologische sei. Hierdurch werde allerdings dem Unternehmer auch die Beweislast auferlegt.
43Wenn die Klägerin sich darauf berufe, dass die Zweifelfallregelung des § 2 Abs. 3a AMG nicht anwendbar sei, obwohl das BfArM die pharmakologische Wirkung aufgrund der Unterlagen der Klägerin bejaht habe, mache sie einen Ausnahmefall geltend und trage dementsprechend auch die Beweislast für das Vorliegen einer nicht pharmakologischen Wirkung.
44Der Klägerin sei ein Nachweis der physikalischen Wirkung ihres Präparates nicht gelungen. Sie habe auch nicht ansatzweise ausgeführt oder belegt, warum die beanspruchte Wirkung eine nicht-pharmakologische sei. Vielmehr ergebe sich die pharmakologische Wirkung gerade aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen. Die daraus vom BfArM gezogenen Schlussfolgerungen habe die Klägerin weder hinsichtlich der Methoden, noch des Ergebnisses oder in anderer Weise entkräftet. Stattdessen stelle die Klägerin übersteigerte Forderungen an die Entscheidungsfindung des BfArM.
45Dieses sei aber nicht verpflichtet, zum Nachweis der pharmakologischen Wirkung eigene Studien durchzuführen. Vielmehr erfolge im Bereich der Arzneimittelzulassung die Prüfung der Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität allein auf der Grundlage der Unterlagen des Antragstellers, der nach § 22 AMG zur Vorlage verpflichtet sei. Bei einem Antrag nach § 21 Abs. 4 AMG auf Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft könne daher nichts anderes gelten.
46Im Übrigen sei die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu den „Cystus 052“-Produkten übertragbar. Die Produkte seien vergleichbar, weil die Extrakte der verwendeten Zistrosenarten beide einen hohen Anteil an Polyphenolen enthielten, die die adstringierende Wirkung erklärten. Die vorgelegte klinische Bewertung beziehe sich auch gerade auf Studien mit Cistus incanus, also der in „Cystus 052“ verwendeten Cistus-Varietät.
47Eine Vorlage an den EuGH sei nicht erforderlich. Die von der Klägerin formulieren Vorlagefragen seien nicht entscheidungserheblich.
48Die Vertreter der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass derzeit ein Antrag auf Registrierung eines cistushaltigen Arzneimittels beim BfArM anhängig sei, der kurz vor der Entscheidung stehe.
49Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
50E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
51Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des BfArM vom 26.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2013, der die Arzneimitteleigenschaft des Produktes „J. J1. “ Lutschtabletten feststellt, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
52Rechtsgrundlage für den Feststellungsbescheid des BfArM ist § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG. Danach entscheidet die zuständige Bundesoberhörde auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Fertigarzneimittels.
53Die streitgegenständliche Entscheidung des BfArM begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken. Insbesondere liegt der erforderliche Antrag der zuständigen Landesbehörde vor. Mit Schreiben des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20.04.2010, präzisiert durch Schreiben vom 07.07.2010, hat dieses ausdrücklich um eine Entscheidung darüber gebeten, ob es sich bei dem Produkt „J. J1. “ um ein Arzneimittel oder ein Medizinprodukt handelt. Dass die Landesbehörde den Antrag im ersten Schreiben zusätzlich auf § 13 Abs. 3 MPG gestützt hat, ändert daran nichts. Die Auffassung der Klägerin, dass sich der Antrag der Behörde nur auf die Feststellung der Zulassungspflicht gerichtet hat, und nicht auf die Feststellung der Arzneimitteleigenschaft in Abgrenzung zu einem Medizinprodukt, ist nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Schreiben nicht nachvollziehbar.
54Der Antrag der Landesbehörde ist auch vom Umfang der Ermächtigung des § 21 Abs. 4 AMG gedeckt. Diese weist dem BfArM die Kompetenz zu, eine bundesweit verbindliche arzneimittelrechtliche Einstufung zu treffen und stellt hiermit eine einheitliche Handhabung der Arzneimittelüberwachung durch die jeweilige regional zuständige Überwachungsbehörde sicher,
55vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur heutigen Fassung des § 21 Abs. 4 AMG, BR-Drs. 91/12, S. 82; OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2014 - 13 A 1378/13 - .
56Diese Entscheidung umfasst daher neben der Entscheidung über das Bestehen einer Zulassungspflicht auch die Feststellung der Arzneimitteleigenschaft als unerlässliche Vorfrage,
57VG Köln, Urteil vom 05.08.2014 - 7 K 5469/12 - , vom 08.04.2014 - 7 K 3150/12 - und vom 14.10.2009 - 24 K 4394/08 - ; OVG NRW, Beschluss vom 15.03.2010 - 13 A 2612/09 - und vom 13.10.2010 - 13 A 1198/10 - juris, Rn. 11; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 126. Erg.-Liefg. 2014, § 21 AMG Rn. 73.
58Auch in materieller Hinsicht erweist sich die Entscheidung des BfArM als rechtmäßig. Bei dem streitgegenständlichen Produkt handelt es sich um ein Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts gültigen, zuletzt mit Gesetz vom 17.12.2014 (BGBl. I S. 2222) geänderten Fassung.
59Zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Verwaltungsakten nach § 21 Abs. 4 AMG: VG Köln, Urteil vom 08.11.2011 - 7 K 4577/11 - juris, m.w.N.; offengelassen vom OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2010 - 13 A 1187/10 - juris, Rn. 9 f.
60Gemäß § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die
61- 62
1. entweder zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (sog. „Präsentationsarzneimittel“), oder
- 63
2. im oder am menschlichen Körper angewendet oder verabreicht werden können, um
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen (sog. „Funktionsarzneimittel“) oder
65b) eine medizinische Diagnose zu erstellen („Diagnostika“).
66Diese Definitionen beruhen auf der Umsetzung des europarechtlichen Arzneimittelbegriffs in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG,
67Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.11.2001 zur Schaffung des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (Abl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), zuletzt geändert durch RL 2012/26/EU vom 25.10.2012 (ABl. L 299 vom 25.10.2012, S. 1.).
68Sie sind daher gemeinschaftsrechtlich vorgeprägt und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH richtlinienkonform auszulegen,
69vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2010 - 13 A 1187/10 - juris, Rn. 22.
70Das streitgegenständliche Präparat „J. J1. “ erfüllt bereits die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und ist damit ein Präsentationsarzneimittel. Es handelt sich um eine Stoffzubereitung, die zur Anwendung im menschlichen Körper (Mundhöhle) als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Verhütung menschlicher Krankheiten (Atemwegsinfektionen) bestimmt ist.
71Ein Produkt erfüllt die Voraussetzungen eines Präsentationsarzneimittels, wenn es entweder ausdrücklich als ein solches Mittel bezeichnet wird oder aber sonst beim Verbraucher, wenn auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse,
72BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 - juris, Rn. 21; EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 - „Knoblauchkapseln“, juris, Rn. 46.
73Hierbei ist auf einen typischen Verbraucher abzustellen, also auf einen normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher. Ob ein Produkt infolge seiner Darreichungsform und Aufmachung als ein Mittel mit Heileigenschaften aufgefasst wird, ist fallbezogen anhand konkreter Merkmale zu bestimmen. Für diese Bewertung sind insbesondere seine Verpackung und sein Beipackzettel mit möglichen Hinweisen auf pharmazeutische Forschungen, auf von Ärzten entwickelte Methoden oder Stoffe oder auf von Ärzten abgegebene Zeugnisse sowie die dem Hersteller/Vertreiber zurechenbare Produktwerbung in den Blick zu nehmen. Hierbei genügt es nicht, wenn das Produkt mit Eigenschaften präsentiert wird, die allgemein gesundheitsfördernde Wirkung haben. Jedoch liegt regelmäßig ein Präsentationsarzneimittel vor, wenn der Hersteller für das Produkt „therapeutische Wirksamkeit in Bezug auf bestimmte Erkrankungen“ oder „heilende, krankheitsvorbeugende oder Leiden lindernde Wirkungen in Anspruch nimmt“,
74vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 - juris, Rn. 40; Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 - juris, Rn. 23; Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 – juris, Rn. 23; OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2010 - 13 A 1187/10 - juris, Rn. 23 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.02.2010 - 9 S 3331/08 - juris, Rn. 36; OVG Lüneburg, Urteil vom 03.02.2011 - 13 LC 92/09 - ; VG Köln, Urteil vom 14.10.2009 - 24 K 4394/08 - und vom 13.04.2010 - 24 K 5687/08 - .
75Das streitgegenständliche Präparat ist unter Berücksichtigung aller Aspekte des Produktsauftritts ein Präsentationsarzneimittel, da es als Mittel mit Eigenschaften zur Vorbeugung bzw. zur Heilung von Krankheiten in den Verkehr gebracht wird. Denn die Klägerin weist dem Produkt schon mit der Namensgebung „J1. “ und mit den Angaben auf der Verpackung, der Packungsbeilage und in der Werbung die Wirkung zu, erfolgreich Erkältungsinfekte, und damit Krankheiten durch Viren und Bakterien zu verhindern bzw. im Anfangsstadium auch zu heilen. Für das Erscheinungsbild eines Arzneimittels spricht darüber hinaus, dass die in dem Mittel vorhandenen Polyphenole aus Cistus-villosus-Extrakt in arzneimitteltypischer Weise als „wirksame Bestandteile“ genannt werden.
76Die „Gebrauchsanweisung“ ist in der Art einer Packungsbeilage eines Arzneimittels – mit Angaben zu Anwendungsgebieten, Nebenwirkungen, Gegenanzeigen, Wechselwirkungen und Hinweisen zur Haltbarkeit – konzipiert. Darin ist auch eine arzneimitteltypische Dosierungsanleitung enthalten. Ferner wird auf die historische Anwendung der Zistrose in der Heilkunde zur Zeit der Antike und auf die traditionelle Anwendung in Griechenland zur Abwehr von Atemwegsinfekten hingewiesen. Schließlich ist die verwendete Darreichungsform von „Lutschtabletten“ dem Verbraucher von zahlreichen Arzneimitteln zur Anwendung bei Halsentzündungen und anderen Erkältungskrankheiten bekannt. Damit verleiht die Klägerin dem Präparat insgesamt das Erscheinungsbild eines Arzneimittels.
77Die Bezeichnung als „Medizinprodukt“, die CE-Kennzeichnung, die Verwendung des Begriffs „Gebrauchsanweisung“ oder „Anwender“ und der Vertrieb über Reformhäuser stehen dieser Einordnung nicht entgegen. Andernfalls hätte es der Hersteller in der Hand, allein durch die Angabe einer bestimmten Produktkategorie die anwendbaren Rechtsvorschriften und damit die Marktfähigkeit des Produkts selbst zu bestimmen,
78so bereits VG Köln, Urteil vom 14.10.2009 - 24 K 4394/08 - zu den „Cystus 052“- Präparaten.
79Auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs, wonach der Verbraucher ein als „Nahrungsergänzungsmittel“ bezeichnetes Produkt, welches in der empfohlenen Dosis keine pharmakologischen Wirkungen hat, nicht als Arzneimittel einschätzt,
80vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 - m.w.N.; BGH, Urteil vom 10.02.2000 - I ZR 2002/660 - ,
81kann sich die Klägerin nicht berufen. Diese Entscheidungen sind auf den vorliegenden Fall der Bezeichnung als „Medizinprodukt“ nicht übertragbar, weil sie sich auf die Abgrenzung von Nahrungsergänzungsmitteln und Arzneimitteln beziehen und nicht von Medizinprodukten und Arzneimitteln. Als „Nahrungsergänzungsmittel“ bezeichnete Mittel unterscheiden sich im Produktauftritt in der Regel entscheidend von Medizinprodukten, weil sie entsprechend ihrer Namensgebung gerade keine Heilwirkung beanspruchen, sondern lediglich einen allgemeinen oder besonderen Ernährungsbedarf decken sollen und damit nur allgemein der Gesunderhaltung dienen. Daher ist eine Verbrauchererwartung im Sinne eines Heilmittels bei einer Bezeichnung als „Nahrungsergänzungsmittel“ in der Regel fernliegend. Anders ist die Situation bei „Medizinprodukten“, die schon mit diesem Begriff auf eine medizinische Zweckbestimmung hinweisen und daher eine Nähe zu Arzneimitteln herstellen.
82Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass trotz der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel andere Umstände hinzutreten können, die ein Produkt gleichwohl als Arzneimittel erscheinen lassen, namentlich die Art der Bewerbung oder die preisende Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen,
83vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 – 3 C 5.09 – juris, Rn. 22.
84Demnach kommt es auf die Gesamtumstände der Vermarktung an, die hier aber – wie bereits ausgeführt – auf das Vorliegen eines Arzneimittels hinweisen.
85Der Umstand, dass die Klägerin das Produkt als Mittel mit physikalischer Wirkung präsentiert, führt nicht zu einem Ausschluss aus dem Tatbestand des Präsentationsarzneimittels. Die Norm des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG stellt – im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG – nicht darauf ab, dass die „Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten“ pharmakologischer, immunologischer oder metabolischer Natur sind oder als solche bezeichnet werden,
86ablehnend bereits OVG NRW, Beschluss vom 23.04.2010 - 13 A 622/10 - zu „Cystus 052“.
87Der Wortlaut bietet für eine solche einschränkende Auslegung keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr ist der Begriff des „Präsentationsarzneimittels“ nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH weit auszulegen. Die Einbeziehung von Mitteln, die eine therapeutische Wirkung in Anspruch nehmen, in das Arzneimittelrecht, dient nämlich dem Schutz des Verbrauchers vor Erzeugnissen, die nicht ausreichend wirksam sind oder die nicht die Wirkungen haben, die der Verbraucher nach ihrer Bezeichnung erwarten darf,
88vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 – „Hecht-Pharma“, juris, Rn. 25; Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 – „Knoblauchkapseln“, juris, Rn. 43 ff., 47; Urteil vom 21.03.1991 - C-60/89 – „Monteil und Samanni“, juris, Rn. 30 und Urteil vom 30.11.1983 - C-227/82 – „van Bennekom“, juris, Rn. 17.
89Im Urteil vom 15.11.2007 „Knoblauchkapseln“ führt der Gerichtshof hierzu wörtlich aus: „In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass ein Erzeugnis im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten bezeichnet wird, wenn es, gegebenenfalls auf dem Etikett, dem Beipackzettel oder mündlich, ausdrücklich als ein solches bezeichnet oder empfohlen wird.“
90Damit stellt der EuGH nicht auf die Verwendung der Begriffe „Arzneimittel“ oder die Inanspruchnahme einer „pharmakologischen Wirkung“ ab, sondern auf die Empfehlung eines Mittels als Heil- oder Verhütungsmittel für menschliche Krankheiten. Denn hierdurch wird die Erwartung des Verbrauchers geweckt, dass das Mittel tatsächlich die in Anspruch genommene Heilwirkung, Linderungswirkung oder Verhütungswirkung hat.
91Damit werden entsprechend der weiten Zweckbestimmung des Begriffs des Präsentationsarzneimittels auch Produkte umfasst, die den Anspruch erheben, mittels physikalischer Wirkungsweise eine Heilwirkung zu erzeugen. Für den Schutz von Verbrauchern vor unwirksamen Mitteln kommt es nämlich nicht darauf an, welchen Schutzmechanismus die Mittel behaupten, sondern allein darauf, dass sie Eigenschaften zur Heilung von Krankheiten beanspruchen, auf die sich der Verbraucher verlässt. Für diesen ist es ohne Belang, wie die Heilwirkung erzeugt wird. Der durchschnittliche Verbraucher ist auch nicht in der Lage, pharmakologische von physikalischen Heilwirkungen zu unterscheiden, zumal die Abgrenzung auch unter wissenschaftlichen Aspekten häufig schwer zu treffen oder umstritten ist, wie der vorliegende Fall zeigt.
92Diese Auslegung hat zur Folge, dass unter den Begriff des „Präsentationsarzneimittels“ auch Produkte fallen können, die sich als stoffliche Medizinprodukte mit physikalischer Wirkung präsentieren. Es ist – entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung – nicht zutreffend, dass die Definition des Präsentationsarzneimittels gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG für die Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten ungeeignet ist und daher keine Anwendung finden kann. Insbesondere führt sie nicht dazu, dass die stofflichen Medizinprodukte wegen ihrer notwendig vorhandenen medizinischen Zweckbestimmung immer als Präsentationsarzneimittel unter die Zulassungspflicht fallen und das Medizinprodukterecht auf diese Erzeugnisse keine Anwendung mehr findet,
93so bereits OVG NRW, Beschlüsse vom 15.03.2010 - 13 A 2612/09 - juris Rn. 13 ff. und vom 23.04.2010 - 13 A 622/10 - juris, Rn. 5 sowie Urteil vom 19.05.2010 - 13 A 156/06 - juris, Rn. 62; VG Köln, Urteil vom 09.04.2013 - 7 K 4315/11 - ; zustimmend Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 125. Akt.-Lfg. 2013, § 2 Anm. 158 a; Tolle, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht 2010, § 2 Rn. 145;
94a. A. Wudy, PharmR 2011, 156, 157; Bruggmann, PharmR 2010, 97,100; v. Czettritz, PharmR 2010, 344, 345 und 475, 476; Voit, PharmR 2010, 501, 506.
95Medizinprodukte sind gemäß der Definition in § 3 Nr. 1 a MPG auch Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird. Damit ist der Begriff des stofflichen Medizinprodukts teilidentisch mit dem Begriff des Präsentationsmittels, weil beide Produktgruppen stets Stoffe sind, die eine therapeutische Zweckbestimmung haben.
96Dies spricht jedoch nicht dagegen, als „Medizinprodukte“ bezeichnete Stoffe mit therapeutischer Zweckbestimmung in den Begriff des Präsentationsarzneimittels einzubeziehen. Diese Auslegung hat nicht zur Folge, dass stoffliche Medizinprodukte stets unter das Regelungsregime des Arzneimittelrechts fallen. Denn es ist in einer zweiten Stufe zu prüfen, ob die weiteren Voraussetzungen eines Medizinprodukts erfüllt sind, was davon abhängt, welche hauptsächliche Wirkungsweise das Mittel hat, § 2 Abs. 5 Nr. 1 MPG.
97Dies ergibt sich aus den Regelungen in § 2 Abs. 3 und § 2 Abs. 3 a AMG, die das erforderliche Korrektiv für stoffliche Medizinprodukte enthalten, die tatsächlich Medizinprodukte sind und sich nicht nur als solche bezeichnen. In § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG ist bestimmt, dass Medizinprodukte im Sinne des § 3 MPG keine Arzneimittel sind, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 b AMG (Diagnostika). In § 2 Abs. 3a AMG ist geregelt, dass Arzneimittel auch solche Erzeugnisse sind, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können. Die letztgenannte Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG, wonach in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von „Arzneimitteln“ als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, vorrangig die Arzneimittelrichtlinie gilt (Zweifelsfallregelung). Die Regelung in § 2 Abs. 3a AMG ist daher in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 2 der Arzneimittelrichtlinie auszulegen.
98Die Zweifelsfallregelung ist nach dem Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2004/27/EG vom 31.03.2004, durch die die Regelung in die Arzneimittelrichtlinie eingefügt wurde, dazu bestimmt, der steigenden Zahl von Grenzprodukten Rechnung zu tragen. Sie sollte sicherstellen, dass die arzneimittelrechtlichen Vorschriften eingreifen, wenn ein Produkt, „was vollständig von der Definition des Arzneimittels erfasst wird, möglicherweise auch unter die Definition anderer regulierten Produkte fällt“. Jedoch sollte die Arzneimittelrichtlinie nicht gelten, wenn ein Produkt „eindeutig“ unter die Definition anderer Produktgruppen, insbesondere von Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln, Produkten der Medizintechnik, Bioziden oder kosmetischen Mitteln fällt,
99vgl. Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, Abl. L 136, 34.
100Diese Abgrenzung sollte nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers bei der Umsetzung der Änderungsrichtlinie durch die Vorschrift des § 2 Abs. 3a AMG übernommen werden,
101vgl. Bt-Drs. 16, 12256, S. 41; OVG NRW, Beschlüsse vom 15.03.2010 - 13 A 2612/09 - juris Rn. 13 ff. und vom 23.04.2010 - 13 A 622/10 - juris, Rn. 5 sowie Urteil vom 19.05.2010 - 13 A 156/06 - juris, Rn. 62; VG Köln, Urteil vom 09.04.2013 - 7 K 4315/11 - .
102§ 2 Abs. 3a AMG steht daher in einem engen systematischen Zusammenhang mit den Regelungen für andere Produktgruppen in § 2 Abs. 3 AMG und ist eine Ergänzung für Grenzprodukte, deren Eigenschaften eine sichere Zuordnung zu einer dieser Produktkategorien nicht zulassen,
103vgl. Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz 2012, § 2 Rn. 232.
104Daraus folgt für die Abgrenzung von stofflichen Medizinprodukten und Arzneimitteln, dass diese nach § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG keine Arzneimittel sind und den Vorschriften des MPG unterfallen, wenn es sich eindeutig um Medizinprodukte handelt, diese also alle Merkmale der Definition in § 3 Nr. 1 MPG, insbesondere die für Medizinprodukte typische Wirkungsweise, erfüllen. Es muss also feststehen, dass das Produkt seine bestimmungsgemäße Hauptwirkung nicht durch pharmakologische oder immunologische oder metabolische Wirkungen, also nicht durch eine für Funktionsarzneimittel wesentliche Weise, erzielt. Ist die Wirkungsweise dagegen unklar oder umstritten, so ist eine klare Zuordnung zur Produktkategorie der Medizinprodukte nicht möglich und es greift nicht die Ausnahme des § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG, sondern die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3a AMG ein, sodass es bei der Einordnung als Präsentationsarzneimittel bleibt,
105vgl. VG Köln, Urteil vom 09.04.2013 - 7 K 4315/11 - zu „Cystus 052“ unter Bezugnahme auf die o. g. Rechtsprechung des OVG NRW; zustimmend VG Osnabrück, Beschluss vom 30.01.2013 - 6 B 65/12 - juris, Rn. 91; tendenziell zustimmend OVG Lüneburg, Urteil vom 03.02.2011 - 13 LC 92/09 - juris, Rn. 24; ähnlich BGH, Urteil vom 09.07.2009 - I ZR 193/06 - juris, Rn. 14 zu Präparaten mit Hyaluronsäure zur Injektion ins Kniegelenk bei Arthrose (Medizinprodukt) sowie VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.03.2010 - 10 S 3090/08 - juris, Rn. 24 und VG C. , Urteil vom 09.01.2013 - 7 K 337.10 - juris, Rn. 24; zustimmend auch Müller, in Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelrecht, § 2 Rn. 232 f. und Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 117. Akt.-Lief. 2011, § 2 Anm. 158 a und 165.
106Eine Beschränkung der Zweifelsfallregelung auf Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG ist dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu entnehmen. Diese gilt für Präsentationsarzneimittel und Funktionsarzneimittel gleichermaßen,
107vgl. Müller, in: Müller/Kügel/Hofmann, Arzneimittelgesetz 2012, § 2 Rn. 230, Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 117. Akt.-Lief. 2011, § 2 Rn. 165.
108Sie ist auch nicht im Sinne einer teleologischen Reduktion des Gesetzeswortlauts im Fall der Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten geboten. Im Gegenteil würde die Zweifelsfallregelung leerlaufen und ihren Zweck verfehlen, wenn sie nicht auf Präsentationsarzneimittel anwendbar wäre. Gerade im Fall von Grenzprodukten, deren Wirkungsweise infolge mangelhafter Daten nicht eindeutig festgestellt werden kann, wären weder die Merkmale eines Medizinprodukts noch die eines Funktionsarzneimittels erfüllt. Bei Funktionsarzneimitteln muss die pharmakologische Wirkungsweise nach der Rechtsprechung des EuGH wissenschaftlich festgestellt sein („Hecht-Pharma“, s.u.). Damit wäre aber unklar, welche Rechtsvorschriften überhaupt für das Produkt eingreifen.
109Für eine davon abweichende Rechtsauffassung des EuGH bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Der EuGH hat die Frage, ob die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3 a AMG auf Präsentationsarzneimittel anwendbar ist, noch nicht entschieden. Eine Vorlage an den EuGH ist jedoch nicht geboten, weil sich auf der Grundlage der bisherigen Rechtsauslegung durch den EuGH eine eindeutige Anwendung von § 2 Abs. 3a AMG auf Präsentationsarzneimittel begründen lässt.
110Der Gerichtshof hat eine Anwendung der Zweifelsfallregelung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur für die Fälle ausgeschlossen, in denen das Vorliegen eines Funktionsarzneimittels nicht eindeutig wissenschaftlich festgestellt werden kann, also zweifelhaft ist,
111vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 – C-140/07 – „Hecht-Pharma“, juris, Rn. 26 ff..
112Daraus kann nur abgeleitet werden, dass die Arzneimitteleigenschaft des betreffenden Produkts zunächst bejaht werden muss, um die Vorrangregelung für das strengere Arzneimittelrecht zu begründen. Dass Präsentationsarzneimittel – entgegen Wortlaut und Normzweck - aus dem Anwendungsbereich der Zweifelsfallregelung ausgeschlossen sein sollen, ist dieser Entscheidung nicht zu entnehmen. Im Gegenteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass Arzneimittel in Art. 1 Nr. 2 Buchst. a und b der Richtlinie definiert werden und dass der Begriff des Präsentationsarzneimittels im Gegensatz zu dem des Funktionsarzneimittels aus Gründen des Verbraucherschutzes weit auszulegen ist. Die Erwähnung der Präsentationsarzneimittel bestätigt vielmehr, dass die Zweifelsfallregelung des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie auch auf diese Art von Arzneimitteln Anwendung findet,
113vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 23.04.2010 - 13 A 622/10 - juris, Rn. 13.
114Auch die von den Gegenstimmen angeführte Rückausnahme in § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG spricht nicht dafür, dass bei der Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten die Definition des Präsentationsarzneimittels keine Anwendung finden kann. In der Fassung des § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG vom 17.07.2009, die in der Zeit vom 23.07.2009 bis zum 25.10.2012 gültig war, bestimmte die Vorschrift, dass Medizinprodukte im Sinne des § 3 MPG keine Arzneimittel seien, es sei denn, es handele sich um Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG, also um Funktionsarzneimittel. Daraus wurde abgeleitet, dass eine Ausnahme nicht im Fall eines Präsentationsarzneimittels bestehen könne,
115vgl. z.B. Voit, PharmR 2010, 501, 506 und von Czettritz, PharmR 2010, 344, 345.
116Der seinerzeit gültige Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG beruhte aber auf einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers und ist zwischenzeitlich berichtigt worden. Nach der aktuell gültigen Fassung, die mit der vor dem 17.07.2009 gültigen Fassung vom 20.07.2007 inhaltlich übereinstimmt, besteht eine Rückausnahme nur für Diagnostika im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 b AMG (= § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG in der Fassung vom 20.07.2007). Nur mit diesem Inhalt ergibt die Vorschrift auch einen Sinn, nämlich Medizinprodukte zu diagnostischen Zwecken, die eine nicht-pharmakologische Wirkung haben, den Arzneimitteln zu diagnostischen Zwecken im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 b gleichzustellen und dem Arzneimittelgesetz zu unterwerfen,
117vgl. so schon Dettling, PharmR 2010, 39 Fn. 2.
118Demnach stehen der Anwendung der Definition des Präsentationsarzneimittels bei der Abgrenzung von Medizinprodukten und Arzneimitteln keine rechtlichen Gründe entgegen.
119Da das streitgegenständliche Produkt, wie bereits ausgeführt, die Merkmale eines Präsentationsarzneimittels erfüllt, wird es von der Anwendung des Arzneimittelrechts nur dann ausgeschlossen, wenn eindeutig auch die Merkmale eines Medizinprodukts vorliegen, § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG.
120Es kann jedoch nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass das Präparat J. J1. ein Medizinprodukt im Sinne des § 3 Nr. 1 MPG ist. Es ist nicht nachgewiesen, dass seine bestimmungsgemäße Hauptwirkung, nämlich die Eigenschaft zur Verhütung oder Heilung von Virusinfektionen der Atemwege, nicht durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise hervorgerufen wird. Hierbei ist die Hauptwirkung anhand objektiver, wissenschaftlicher Kriterien zu bestimmen; die subjektive Zweckbestimmung durch den Hersteller ist bei der Feststellung der Wirkungsweise nicht ausschlaggebend. Dies zeigt die Regelung in § 2 Abs. 5 Nr. 1 MPG, wonach die Abgrenzung anhand der „hauptsächlichen Wirkungsweise“ zu erfolgen hat. Die Einordnung ist daher auf der Grundlage der nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft feststellbaren Eigenschaften vorzunehmen,
121vgl. Fleischfresser, in: Schorn, Medizinprodukterecht, 27. Akt.-Lfg. März 2013, § 3 Rn. 17; Kloesel-Cyran, Arzneimittelrecht, 125. Akt.-Lief. 2013, § 2 Anm. 156; BGH, Urteil vom 10.12.2009 – I ZR 189/07 – PharmR 2010, 338, 339; OVG NRW, Urteil vom 19.05.2010 – 13 A 156/06 – PharmR 2010, 338, 339.
122Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die von der Klägerin beanspruchte Wirkungsweise durch die physikalische Bildung einer Barriere auf der Schleimhaut der Atemwege nicht belegt. Wissenschaftliche Untersuchungen mit ihrem Präparat hat die Klägerin nicht vorgelegt. Sie beruft sich allein auf die vorgelegte klinische Bewertung von Prof. Dr. N. G. . N1. vom 07.12.2009, die sich auf bibliographische Daten stützt.
123Diese ist jedoch nicht geeignet, eine physikalische Wirkungsweise des Produkts zu begründen. Darin wird die Wirkung des Mittels auf die im Zistrosenextrakt vorkommenden Polyphenole zurückgeführt, die auch in anderen bekannten Arznei-Pflanzen wie Eichenrinde und Rathania-Wurzel enthalten sind. Deren Wirkungsweise wird so beschrieben, dass diese schwerlösliche Komplexe mit Proteinen der mukosalen Zelloberflächen (der Nasen-, Mund- und Rachenschleimhaut) unter Ausbildung einer Fällungsmembran bilden. Es komme zu einer chemischen Reaktion zwischen Gerbstoff und Eiweiß auf der Schleimhautoberfläche, die einen lokalen Schutz gegen chemische, bakterielle und mechanische Einwirkungen bilde. Damit komme es zu einer Sekretions- und Permeabilitätshemmung, zusätzlich werde eine lokale antiphlogistische, bakteriostatische und adstringierende Wirkung induziert.
124Mit dieser Darstellung wird aber nicht eine physikalische, sondern eine pharmakologische Wirkung beschrieben. Unter einer pharmakologischen Wirkungsweise wird, ausgehend von der Borderline-Leitlinie der Europäischen Kommission, eine Wechselwirkung zwischen den Molekülen des betreffenden Stoffs und einem gewöhnlich als Rezeptor bezeichneten Zellbestandteil des menschlichen Körpers verstanden, die entweder zu einer direkten Wirkung führt oder die Reaktion auf einen anderen Liganden blockiert, bildlich gesprochen also nach dem „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ abläuft,
125vgl. MEDDEV 2. 1/3, rev. 3 „Borderline products“, www.ec.europa.eu; Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2012, § 2 Rn. 92 ff., VG Köln, Urteil vom 09.04.2013 - 7 K 4315/11 - m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 19.05.2010 - 13 A 156/06 - juris, Rn. 35 ff.
126Darüber hinaus ist eine pharmakologische Wirkung auch dann zu bejahen, wenn die betreffende Substanz keine Wechselwirkung mit körpereigenen Zellen aufweist, aber mit einem zellulären Bestandteil eines anderen Organismus, der sich im menschlichen Körper befindet, insbesondere von Bakterien, Viren oder Parasiten, in eine Wechselwirkung tritt, und hierdurch die physiologischen Funktionen des Körpers wiederhergestellt werden,
127vgl. EuGH, Urteil vom 06.09.2012 - C-308/11 - „Mundspüllösung“.
128Bei der oben durch den Gutachter der Klägerin beschriebenen chemischen Reaktion zwischen den im Cistus-Extrakt befindlichen Polyphenolen und den Eiweißbestandteilen der Schleimhautzellen handelt es sich somit um eine Reaktion zwischen Zelle und Substanz nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip, die die Oberflächenbeschaffenheit der Schleimhautzellen und deren physiologische Funktionen verändert und damit pharmakologischer Natur ist. Diese Bewertung wird durch die Darlegungen im Gutachten von Prof. N1. nicht widerlegt.
129Der Gutachter setzt sich mit der Definition pharmakologischer Wirkungen nicht auseinander. Er behauptet lediglich, dass sich durch die Veränderung der Oberfläche der Schleimhaut eine „physikalische Barriere“ bilde, ohne zu erklären, welcher physikalische Wirkungsmechanismus eingreift. Insbesondere kann es sich nicht lediglich um eine mechanische Barriere aus den Molekülen des zugeführten Stoffs handeln, da die Bildung der Barriere zunächst eine Veränderung von Körperzellen voraussetzt.
130Darüber hinaus wird den Polyphenolen nach den Angaben des Gutachters die Wirkung zugeschrieben, die Vermehrung der eingedrungenen Viren und Bakterien zu hemmen, in dem diese unspezifisch an Virusoberflächenproteinen (Neuraminidase) anbinden.
131Aber auch diese Wechselwirkung zwischen der Substanz und Zellbestandteilen von Erkältungsviren oder Bakterien wäre eine pharmakologische Reaktion, da sie bewirken kann, dass die physiologischen Reaktionen des Körpers wiederhergestellt werden.
132Zwar folgert der Gutachter der Klägerin aus der Tatsache, dass im in-vitro-Versuch zwar eine starke antivirale Aktivität eines Cistus-Extraktes, aber keine Schädigung der menschlichen Zellen erkennbar war, dass keine direkte Interaktion im pharmakologischen Sinn mit menschlichen Zellen stattgefunden hat. Dabei wird aber vernachlässigt, dass auch eine antivirale Wirkung durch unmittelbare Reaktion der Substanz mit dem Virus eine pharmakologische Reaktion im Sinne des Arzneimittelrechts darstellt. Eine Interaktion mit Körperzellen oder eine Schädigung von Körperzellen ist, wie ausgeführt, nicht unbedingt erforderlich.
133Es kann dahinstehen, ob mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu der Wirkungsweise von Polyphenolen und den angeführten in-vitro-Versuchen zur antiviralen Wirkung von Cistus-Extrakten bereits eine pharmakologische Wirkung des streitgegenständlichen Cistusproduktes in der vorliegenden Zusammensetzung, Darreichungsform und Dosierung belegt ist. Dies ist jedoch nicht erforderlich. Die vom Gutachter der Klägerin angeführten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die mit der fachlichen Beurteilung des BfArM weitgehend übereinstimmen, begründen jedenfalls erhebliche Zweifel daran, dass die Wirkungsweise des vorliegenden Präparats eine nicht pharmakologische ist.
134Weiteres wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Beleg der nicht-pharmakologischen Wirkung hat die Klägerin auch im Klageverfahren nicht vorgelegt. Sie kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte – umgekehrt - die pharmakologische Wirkung des Präparats wissenschaftlich nachweisen müsse, insbesondere placebo-kontrollierte Doppelblindstudien vorlegen müsse.
135Vielmehr trägt die Klägerin, die das streitgegenständliche Produkt in den Verkehr bringt, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Medizinprodukts,
136vgl. VG Köln, Urteile vom 14.10.2009 - 24 K 4394/08 - , vom 08.11.2011 - 7 K 4577/07 - und vom 09.04.2013 - 7 K 4315/11 - .
137Das ergibt sich aus dem Normgefüge des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG in Verbindung mit dem Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 7 und der Zweifelsfallregelung in § 2 Abs. 3a AMG.
138Die Klägerin bringt ein Präsentationsarzneimittel in den Verkehr, nimmt also folglich eine Heil- und Verhütungswirkung ihres Präparats in Anspruch. Dies hat grundsätzlich zur Folge, dass die Klägerin in einem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren die Wirksamkeit ihres Präparats durch die Vorlage entsprechender wissenschaftlicher Unterlagen belegen muss, § 21 Abs. 1, § 22, § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 2. Alt. AMG. Von dieser Verpflichtung ist die Klägerin nur befreit, wenn sie zu Recht den Ausnahmetatbestand nach § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG für Medizinprodukte in Anspruch nehmen kann, der voraussetzt, dass das Produkt seine Wirkung auf nicht-pharmakologische Weise hervorruft. Wer sich auf einen ihm günstigen Ausnahmetatbestand beruft, hat dessen Vorliegen aber im Zweifelsfall zu belegen und zu beweisen.
139Diese Verteilung der Beweislast wird durch die Zweifelsfallregelung in § 2 Abs. 3a AMG gestützt. Die Regelung ist nach den Erwägungsgründen der Richtlinie 2001/83/EG und der Rechtsprechung des EuGH nur dann anwendbar, wenn ein Produkt eindeutig ein Arzneimittel ist und daneben auch noch die Merkmale eines anderen Produktes, z.B. eines Medizinproduktes, vorliegen können. Sind also die Merkmale des anderen Produktes nicht eindeutig feststellbar, soll das Arzneimittelrecht anwendbar sein. Liegen andererseits die Merkmale des anderen Produkts eindeutig vor, ist die Regelung und damit die Arzneimittelrichtlinie nicht anwendbar, weil diese in der Regel strengere Voraussetzungen aufstellt, deren Anwendung für andere Produkte nicht gerechtfertigt ist. Damit führt die Nichtbeweisbarkeit der Eigenschaften eines Medizinprodukts zur Anwendung des Arzneimittelrechts und wirkt sich damit zulasten der Klägerin aus.
140Dies ist auch sachgerecht. Die Beweislast trägt in der Regel derjenige, in dessen Einwirkungs- und Herrschaftsbereich die zu beweisende Tatsache fällt. Das ist die Klägerin. Denn das BfArM hat nicht die Möglichkeit, die pharmakologische Wirkungsweise eines Produkts zu beweisen, wenn die wissenschaftliche Datenlage gering ist wie im vorliegenden Streitfall. Denn es ist im AMG nicht vorgesehen, dass die Bundesoberbehörde eigene Studien durchführt oder durchführen lässt. Vielmehr ist es Sache der Klägerin, die Eigenschaften des Produkts, über das sie die Sachherrschaft ausübt (Entwicklung, Zusammensetzung, Marktauftritt), nachzuweisen.
141Dies ist auch durch den das Arzneimittelrecht beherrschenden Grundsatz der Arzneimittelsicherheit und des Schutzes des Verbrauchers vor unwirksamen Arzneimitteln geboten. Die Klägerin kann die ihr obliegende Verpflichtung zum Nachweis der Wirksamkeit eines Präsentationsarzneimittels nicht allein dadurch umgehen, indem sie eine physikalische Wirkung ihres Produkts nur behauptet und hierdurch die Beweislast zulasten des BfArM umkehrt, das jedoch den Beweis nicht führen kann. Vielmehr kann sie von dem Nachweis der Wirksamkeit nur dann befreit werden, wenn sie die nicht-pharmakologische Wirkung ihres Produkts belegt. Nur dann sind die Erleichterungen des Medizinprodukterechts für das Inverkehrbringen gerechtfertigt. Andernfalls wäre der Verbraucher mit Produkten konfrontiert, die weder den Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit nach dem Arzneimittelgesetz noch eine ausreichende Begründung der beanspruchten physikalischen Wirkung nach dem Medizinprodukterecht erbracht haben. Dies ist mit der Regelung des § 2 Abs. 3a AMG, das im Fall von Grenzprodukten die Anwendung des Arzneimittelrechts normiert, nicht zu vereinbaren.
142Auf die Rechtsprechung des EuGH, die der zuständigen Arzneimittelbehörde die Prüfungs- und Beweislast für das Vorliegen einer wissenschaftlich feststellbaren, pharmakologischen Wirkung auferlegt, kann sich die Klägerin nicht berufen. Denn diese Rechtsprechung hat der Gerichtshof für die Abgrenzung von Funktionsarzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln entwickelt, nicht für die Abgrenzung von Präsentationsarzneimitteln und Medizinprodukten,
143vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 - „Hecht-Pharma“, juris, Rn. 32 ff.; Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 - , „Knoblauchkapseln“, juris, Rn. 61 ff.; Urteil vom 30.11.1983 - C-227/82 - „van Bennekom“, juris Rn. 29.
144Hierbei ist die Interessenlage eine andere. Wer ein Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr bringt (ohne dieses als Arzneimittel zu präsentieren), beruft sich auf dessen Eignung als Lebensmittel, die regelmäßig unstreitig vorliegt. Wenn die zuständige Behörde demgegenüber meint, dass das Präparat aber tatsächlich über die Wirkung eines normalen Lebensmittels hinausgehende, pharmakologische Wirkungen hat, die den Zustand des Körpers nicht nur unerheblich beeinflussen (Funktionsarzneimittel), muss sie dies im Streitfall belegen und beweisen. Demgegenüber nimmt der Unternehmer, der ein Medizinprodukt in den Verkehr bringt, eine therapeutische Wirkung seines Mittels in Anspruch, die ausnahmsweise nicht auf einem pharmakologischen Mechanismus beruhen soll. Wenn die zuständige Behörde diese Eigenschaften bestreitet, muss der Unternehmer die von ihm behauptete Wirkungsweise beweisen.
145Dies ist der Klägerin mit dem vorgelegten Gutachten nicht gelungen. Auch in den Verfahren der Kammer, die das ähnliche Präparat „Cystus 052“ betrafen, wurde kein wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt, aus dem sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine nicht pharmakologische Wirkung von Cistusextrakten ableiten lässt. Vielmehr wurde in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 09.04.2013 - 7 K 4315/11 - wie folgt ausgeführt: „In diesem Sinne können auch die im vorliegenden Verfahren vorgelegten Erkenntnisse bestenfalls als erste Grundlage für Untersuchungen zum Wirkmechanismus der hier fraglichen Extrakte im menschlichen Körper dienen.“ An dieser Sachlage hat sich auch im vorliegenden Verfahren nichts geändert.
146Da das Produkt der Klägerin somit ein Präsentationsarzneimittel ist, die Eigenschaften eines Medizinprodukts aber nicht eindeutig festgestellt werden können, greift die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3a AMG ein, mit der Folge, dass das Präparat als Arzneimittel einzustufen ist.
147Auf die Frage, ob das Erzeugnis auch die Merkmale eines Funktionsarzneimittels erfüllt, kommt es daher nicht an.
148Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Entscheidung weder grundsätzliche Bedeutung hat noch von einer Entscheidung eines Obergerichts abweicht, § 124 a Abs. 1 Satz i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO.
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. August 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 50.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
1Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
21. Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Feststellung des BfArM durch Bescheid nach § 21 Abs. 4 AMG, bei dem streitgegenständlichen – von der Klägerin als Nahrungsergänzungsmittel vertriebenen – Produkt „B. -Liponsäure Plus Bios Kapseln“ handele es sich um ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel, sei rechtmäßig. Die Klägerin stellt nicht einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.
3a. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das BfArM sei nach § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG zuständig und befugt, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde festzustellen, ob ein Produkt ein Arzneimittel sei. Die Klägerin meint, das BfArM dürfe nicht über den Produktstatus, sondern nur in Fällen, in denen die Qualifizierung als Arzneimittel feststehe, über seine Zulassungspflicht entscheiden. Zwar ließe der Wortlaut des § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG ein solches Verständnis zu, es ist aber insbesondere mit dem Sinn und Zweck der Bestimmung unvereinbar. Nach § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG entscheidet die zuständige Bundesoberbehörde auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats,
4vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Oktober 2010
5- 13 A 1187/10 -, A & R 2010, 284 = juris, Rn. 13 ff., und vom 29. April 2014 - 13 A 1378/13 -,
6näher ausgeführt, dass die Entscheidung über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels als notwendigen Zwischenschritt die Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft eines Produkts einschließt. Eine Bindung des BfArM an die Auffassung der jeweiligen Landesbehörde, wie das Erzeugnis rechtlich einzuordnen ist, widerspräche dem Ziel der Vorschrift, eine bundesweit einheitliche und verbindliche Entscheidung über den Produktstatus herbeizuführen und so eine einheitliche Handhabung der Arzneimittelüberwachung zu gewährleisten. Eine solche verbindliche Klärung der Klassifizierung dient im Übrigen auch den Interessen der Hersteller und Vertreiber.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Oktober 2010
8- 13 A 1187/10 -, juris, Rn. 17.
9Hiervon ausgehend rechtfertigt der abweichende Wortlaut des § 13 Abs. 3 MPG kein anderes Verständnis. Im Übrigen ist hier auch das saarländische Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales in seinem Antrag an das BfArM auf Entscheidung nach § 21 Abs. 4 AMG davon ausgegangen, dass es sich bei dem Produkt „B. -Liponsäure Plus Bios Kapseln“ um ein Arzneimittel handelt.
10b. Die Antragsbegründung zeigt weiter keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Annahme auf, das streitgegenständliche Produkt sei ein Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG. Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend: Die anti-oxidative Wirkung sei nicht wissenschaftlich gesichert und könne deshalb auch nicht als pharmakologische oder metabolische Wirkung qualifiziert werden. Dies könne aber auch dahinstehen, da eine solche, wie auch das vom Verwaltungsgericht beschriebene „Schlüssel-Schloss-Prinzip“, lebensmitteltypisch sei. Das Produkt sei auch nicht geeignet, die bei diabetischer Polyneuropathie auftretenden Missempfindungen nennenswert positiv zu beeinflussen. Es fehle insbesondere an einem Wirksamkeitsnachweis für das Arzneimittel, das kein B. -Liponsäure Monopräparat sei. Der Sachverständige Dr. W. habe ferner darauf verwiesen, dass die Erkenntnisse der Aufbereitungsmonographie der Kommission B für B. -Liponsäure aus dem Jahr 1990 heute zumindest umstritten seien. Eine therapeutische Wirksamkeit des Produkts, die die Beklagte hier nicht nachgewiesen habe, sei – auch nach der aktuellen Rechtsprechung des EuGH – notwendiges Element der pharmakologischen Wirkung. Das Verwaltungsgericht sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass B. -Liponsäure in der hier fraglichen Tagesdosierung die Erheblichkeitsschwelle überschreite. Nach den vorgelegten Sachverständigengutachten könne die entsprechende Menge des Wirkstoffs auch über die allgemeine Ernährung, nämlich mit Weizenkeimen, aufgenommen werden.
11Daraus ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. (Funktions-)Arzneimittel sind nach der Definition in § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG, die auf Art. 1 Nr. 2 b) der Richtlinie 2001/83/EG zurückgeht, Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Maßgeblich für die pharmakologische oder metabolische Wirkung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG ist zunächst allein der biochemische Wirkmechanismus.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2014 - 13 A 1202/14 -, juris.
13Allerdings macht nicht jede pharmakologisch oder metabolisch wirkende Beeinflussung physiologischer Funktionen ein Produkt zum Arzneimittel. Die weit gefasste Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG ist gerade zur Abgrenzung von Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln von Arzneimitteln einschränkend auszulegen. Die Entscheidung, ob ein Erzeugnis ein Funktionsarzneimittel ist, ist von Fall zu Fall zu treffen; dabei sind alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen. Dazu zählen insbesondere seine Zusammensetzung, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen kann.
14Vgl. EuGH, Urteile vom 6. September 2012 - Rs. C- 308/11 (Chemische Fabrik Kreussler) -, NVwZ 2012, 1459 = juris, Rn. 33 m. w. N., und vom 15. November 2007 - Rs. C-319/05 (Knoblauchkapseln) -, Slg. 2007, I-9811 = juris, Rn. 55; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038 = juris, Rn. 13, 18; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2013 ‑ 13 A 1100/12 -, NVwZ 2013, 1553 = juris, Rn. 106.
15Insbesondere muss der Stoff die Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers nennenswert beeinflussen und über die Wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel hat. Es ist nicht ausreichend, dass ein Erzeugnis Eigenschaften besitzt, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind.
16Vgl. EuGH, Urteile vom 15. Januar 2009 - Rs. C-140/07 (Hecht Pharma) -, Slg. 2009, I-41 = juris, Rn. 45, und vom 15. November 2007 - Rs. C-319/05 (Knoblauchkapseln) -, a. a. O., Rn. 60, 68 ; BVerwG, Urteile vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 -, a. a. O., Rn. 15; vom 25. Juli 2007 - 3 C 21.06 -, GewArch 2008, 86, Rn. 28, vom 25. Juli 2007 - 3 C 23.06 -, PharmR 2008, 78, und vom 16. Mai 2007 - 3 C 34.06 -, NVwZ-RR 2007, 771= juris, Rn. 29.
17Der Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit ist hingegen keine Voraussetzung der Kategorisierung als Funktionsarzneimittel. Die nachgewiesene therapeutische Wirksamkeit berechtigt zwar im Wege eines Erst-Recht-Schlusses zur Annahme einer erheblichen pharmakologischen Wirkung.
18Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 -, a. a. O., Rn. 16, und vom 25. Juli 2007 - 3 C 21.06 -, a. a. O., Rn. 26.
19Die therapeutische Wirksamkeit ist aber, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, kein notwendiges Element pharmakologischer Wirkung.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 3 C 40.05 -, juris, Rn. 23; OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2014 - 13 A 1202/14 -, juris.
21Fehlt die Eignung, therapeutische Zwecke zu erfüllen, so ist nicht ausgeschlossen, dass es sich dennoch um ein Funktionsarzneimittel handelt.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 – 3 C 21.06 -, a. a. O., Rn. 26.
23Auch § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG steht einem anderen Verständnis entgegen. Danach ist die Zulassung zu versagen, wenn dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese unzureichend begründet ist. Die Bestimmung geht unabhängig von der therapeutischen Wirksamkeit begrifflich vom Vorliegen eines Arzneimittels aus. Der Versagungsgrund wäre auch ohne Bedeutung und liefe ins Leere, wenn Produkte, deren therapeutische Wirksamkeit nicht gegeben oder nicht hinreichend begründet ist, schon nicht als Arzneimittel zu kategorisieren wären. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, verliert das Arzneimittel durch die Versagung nicht seine Arzneimitteleigenschaft, sondern seine Verkehrsfähigkeit.
24Allerdings müssen die Erzeugnisse, auch wenn das Vorliegen einer Krankheit nicht erforderlich ist, eine positive Wirkung für die menschliche Gesundheit haben. Keine Funktionsarzneimittel sind solche Stoffe oder Erzeugnisse, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die etwa nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind. Der Ausdruck „beeinflussen“ muss dahin ausgelegt werden, dass er die Stoffe erfasst, die geeignet sind, dem Funktionieren des menschlichen Organismus und folglich der menschlichen Gesundheit zuträglich zu sein.
25Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - Rs. C-358/13 u. a. (Alles rund um Hanf) -, EuZW 2014, 742.
26Aus dieser jüngsten EuGH-Rechtsprechung folgt entgegen der Auffassung der Klägerin aber nicht, dass die therapeutische Wirksamkeit nachgewiesen werden muss. Aus dem Arzneimittelbegriff ausgeschlossen werden sollten nur Erzeugnisse wie die dort streitgegenständlichen synthetischen Cannabinoide, deren Einfluss auf die körperlichen Funktionen nachteilig für den menschlichen Organismus ist.
27Dies zugrundegelegt, hat das Verwaltungsgericht bei der gebotenen Gesamtwürdigung zu Recht angenommen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt um ein Funktionsarzneimittel handelt. Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass B. -Liponsäure eine pharmakologische oder jedenfalls eine metabolische Wirkweise aufzeige, bringt die Klägerin mit dem Zulassungsvorbringen nichts Substantiiertes vor. Sie verweist lediglich darauf, dass diese Wirkung auch lebensmitteltypisch sei. Ernstlichen Zweifeln unterliegt auch nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Einnahme erfolge zu dem Zweck, die physiologischen Funktionen zu beeinflussen. Nach den vom Verwaltungsgericht herangezogenen belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen,
28vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 - 3 C 21.06 -, a. a. O., Rn. 30 ff.,
29werden die körperlichen Funktionen hier nennenswert beeinflusst. Wie ausgeführt ist ein positiver Wirksamkeitsnachweis für die Kategorisierung des Produkts als Arzneimittel nicht erforderlich. Bei den positiven Wirkungen, die dem Produkt von der Beklagten und dem Verwaltungsgericht zugesprochen werden, handelt es sich nicht um bloße Vermutungen oder Spekulationen. Die eher unspezifische Funktion als Radikalfänger mit anti-oxidativer Wirkung ist nicht entscheidend. Nach der Aufbereitungsmonographie der Kommission B für B. -Liponsäure kann bei Missempfindungen bei diabetischer Polyneuropathie die Gabe von B. -Liponsäure in einer Dosierung von 300 bis 600 mg/Tag wirksam sein. Nichts anderes als diese positive Wirkung nimmt die Klägerin der Sache nach für sich in Anspruch, wenn es auf ihrer Internetseite heißt: „Patienten mit diabetischer Neuropathie weisen einen erhöhten medizinisch bedingten Nährstoffbedarf an Liponsäure auf.“ (www.bios-natur.de). Die auf den Erkenntnissen der sachverständigen Kommission B aufbauende, durch weitere vom Verwaltungsgericht angeführte wissenschaftliche Erkenntnisse gestützte Annahme, es liege eine erhebliche, positive Beeinflussung der physiologischen Funktionen vor, wird auch nicht durch neuere wissenschaftliche Stellungnahmen in Frage gestellt. Die von der Klägerin angeführten Erkenntnisse, auch die Stellungnahme der EFSA aus 2010, beziehen sich auf die nicht hier, sondern allenfalls für eine Zulassung relevante Frage, ob die therapeutische Wirksamkeit – in der hier vorliegenden Wirkstoffmenge – bei diabetischer Polyneuropathie hinreichend nachgewiesen ist. Auch die Frage, ob hinsichtlich des konkreten Produkts in seiner Wirkstoffkombination, d. h hinsichtlich aller seiner Bestandteile die Wirksamkeit begründet werden kann, stellt sich nur im Zulassungsverfahren. Liegen belastbare Erkenntnisse für positive Wirkungen von B. -Liponsäure in einer Wirkstoffmenge von 300 mg pro Tag vor, spielt es für die Einordnung als Funktionsarzneimittel keine Rolle, dass das Produkt noch weitere Stoffe enthält.
30Ferner ist die detaillierte verwaltungsgerichtliche Würdigung nicht zu beanstanden, dass mit dem streitgegenständlichen Produkt physiologische Wirkungen erzielt werden, die mit Lebensmitteln nicht erreicht werden können. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Angaben des klägerischen Sachverständigen Dr. W. in seinen Stellungnahmen aus 2008 und 2013 zur Aufnahme von 300 mg B. -Liponsäure durch Lebensmittel (35-75 g Weizenkeime) nicht überzeugen, weil sie nicht auf eigenen Untersuchungen beruhten und nicht mit konkreten Analyseberichten und Unterlagen Dritter belegt seien. Sie würden ferner durch die Erkenntnisse der nachvollziehbaren wissenschaftlichen Untersuchung von Vianey-Liaud et al. widerlegt, wonach 100 g Weizenkeime lediglich 0,01 mg B. -Liponsäure enthalten. Hiermit setzt sich die Klägerin in ihrer Antragsbegründung nicht substantiiert auseinander, sondern verweist letztlich nur auf einen Aufklärungsmangel. Die angefochtene Entscheidung hält sich aber im Rahmen einer zulässigen gerichtlichen Beweiswürdigung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO zu einer naturwissenschaftlichen Frage, für deren Beurteilung das Gericht sich durch die benannten wissenschaftlichen Erkenntnisse die erforderliche Sachkunde verschafft hat. Bei dieser Ausgangslage musste das Gericht entgegen der klägerischen Auffassung auch nicht ein (weiteres) Sachverständigengutachten einholen. Soweit die Klägerin auf die von W. angeführte Untersuchung „Arotop, 2001“ verweist, hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass nicht einmal benannt wird, welches Analyseergebnis mit welcher Analysemethode erreicht worden ist. Angesichts des überzeugenden wissenschaftlichen Gutachtens von Vianey-Liaud et al. hat das Verwaltungsgericht auch nicht seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es die Analyse des – wohl Dr. W. zuzuordnenden – Labors „arotop food creation“ nicht angefordert hat. Reichen die von der Klägerin benannten Erkenntnisse damit nicht aus, die nachvollziehbare Studie von Vianey-Liaud et al. zu widerlegen, gilt dies weiterhin erst recht für bloße Angaben von B. -Liponsäure-Gehalten auf Packungen von Weizenkeimprodukten.
31Bei der gebotenen Gesamtwürdigung sprechen schließlich weitere Umstände für das Vorliegen eines Arzneimittels. Es gibt, wie das Verwaltungsgericht näher ausgeführt hat, zahlreiche zugelassene Arzneimittel mit dem Wirkstoff B. -Liponsäure.
32Vgl. zu diesem Gesichtspunkt OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2006 - 13 A 2095/02 -, ZLR 2006, 339 = juris, Rn. 98.
33Deren Dosierungsempfehlungen sehen Tagesdosen ab 400 mg vor. Insoweit ist damit von einer therapeutischen Wirksamkeit auszugehen. Dies spricht zumindest für die therapeutische Eignung des streitgegenständlichen Produkts mit einer empfohlenen Tagesdosis von 300 mg, die zugleich der Minimaldosis nach der Monographie der Kommission E entspricht. Auf den Nachweis bzw. die hinreichende Begründung (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AMG) der therapeutischen Wirksamkeit in der niedrigeren Wirkstoffmenge bzw. Dosierung kommt es hier nicht an. Ferner bestehen beim streitgegenständlichen Produkt Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und Nebenwirkungsrisiken, auf die die Klägerin – etwa auf ihrer Internetseite – selbst hinweist. Diese allein rechtfertigen zwar nicht die Einordnung als Arzneimittel, sind aber in der Gesamtbetrachtung ein berücksichtigungsfähiges Indiz.
34c. Der Vortrag, es handele sich nicht um ein Präsentationsarzneimittel, begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass das Produkt ein Funktionsarzneimittel ist und die Frage, ob daneben auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) AMG vorliegen, ausdrücklich offen gelassen.
352. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe der Klägerin begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern; der Ausgang des Rechtstreits muss als offen erscheinen. Dies ist – wie oben ausgeführt – nicht der Fall. Insbesondere ergeben sich aus der hier vorzunehmenden Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten, da die Kriterien dafür in der Rechtsprechung geklärt sind und die Einordnung eine Würdigung des Einzelfalls erfordert, die nicht überdurchschnittlich schwierig ist.
363. Die Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die aufgeworfenen Fragen „der zutreffenden Abgrenzungskriterien von Arzneimitteln und Lebensmitteln“, „der in diesem Zusammenhang notwendigen Aufklärungspflicht des Gerichts“ und die „damit zusammenhängenden Fragen der Beweislast“ erfordern keine Klärung im Berufungsverfahren. Die allgemeinen Fragen zur Abgrenzung von Arzneimitten und Lebensmitteln sind in der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des EuGH hinreichend geklärt. Die Kategorisierung eines konkreten Produkts ist eine Frage des Einzelfalls und der grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
374. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO von einer höchstrichterlichen Entscheidung abgewichen ist. Mit dem Antrag hätte ein abstrakter Rechtssatz benannt werden müssen, den das Verwaltungsgericht dem ebenfalls anzuführenden Rechtssatz aus der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juli 2007 (gemeint sein dürfte das Urteil 3 C 21.06, NVwZ 2008, 439 = ZLR 2007, 757) entgegengestellt hat. Daran fehlt es. Die Klägerin rügt lediglich eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Subsumtion.
385. Schließlich ergibt sich aus dem Antragsvorbringen kein Verfahrensmangel, auf dem im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO die Entscheidung beruhen kann.
39Eine Verletzung der Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor. Dem Verwaltungsgericht musste sich aus den bereits ausgeführten Gründen keine weitere Sachverhaltsermittlung oder Beweiserhebung zur Frage aufdrängen, ob die im streitgegenständlichen Produkt enthaltene Menge an B. -Liponsäure auch durch Lebensmittel aufgenommen werden kann.
40Das Verwaltungsgericht hat auch nicht durch die Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt.
41Nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts kam es auf die mit den Beweisanträgen zu 1. und 2. unter Beweis gestellten Tatsachen, dass für das streitgegenständliche Produkt bzw. für eine Tagesdosis von 300 mg B. -Liponsäure keine therapeutische Wirkung nachgewiesen ist, nicht an. Das Verwaltungsgericht hat – im Übrigen zutreffend – angenommen, dass die therapeutische Wirksamkeit eines Produkts oder des darin enthaltenen Stoffs nicht Voraussetzung für die Einordnung als Funktionsarzneimittel ist, sondern nur für die Arzneimittelzulassung.
42Ein Verfahrensfehler liegt auch nicht darin, dass das Verwaltungsgericht die Beweiserhebung über die Tatsache abgelehnt hat, dass eine Tagesdosis von 300 mg B. -Liponsäure auch mit einer angemessenen Menge von Lebensmitteln, wie z.B. Weizenkeime, aufgenommen werden kann (Beweisantrag zu 3.). Die Begründung des Verwaltungsgerichts, dass der Antrag auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet sei, weil nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Wahrheitsgehalt der Tatsache spreche, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin keine konkreten (neuen) wissenschaftlichen Erkenntnisse benannt, die Anlass zu einer erneuten wissenschaftlichen Prüfung hätten geben können. Da demgegenüber aussagekräftige wissenschaftliche Erkenntnisse dahingehend vorlagen, dass der Verzehr von Weizenkeimen – alle anderen ursprünglich benannten Lebensmitteln schieden angesichts der viel zu hohen Verzehrmenge ohnehin aus – nicht ausreichte, um eine entsprechende Menge von B. -Liponsäure aufzunehmen, durfte das Verwaltungsgericht überdies nach tatrichterlichem Ermessen entscheiden, von der Beweiserhebung durch Sachverständigen abzusehen. Reichen die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse aus, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die entscheidungserheblichen Fragen sachkundig beurteilen zu können, musste sich dem Gericht, wie bereits oben ausgeführt, die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht aufdrängen. In der Ablehnung des Antrags, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen, liegt nicht deshalb ein Verfahrensmangel, weil ein Beteiligter die herangezogenen Erkenntnisquellen im Ergebnis für unzutreffend hält.
43Schließlich findet auch die Ablehnung des Beweisantrags zu 4. im Prozessrecht eine Stütze. Die unter Beweis gestellte Tatsache, dass das streitgegenständliche Produkt keine eine Erheblichkeitsschwelle überschreitende Beeinflussung des menschlichen Körpers aufweist, ist der Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten nicht zugänglich. Die Frage, ob ein Erzeugnis die körperlichen Funktionen erheblich beeinflusst, erfordert eine rechtliche Wertung, die als Rechtsentscheidung dem Gericht obliegt. Die Erheblichkeitsschwelle ist, wie ausgeführt, eine rechtliche Kategorie, mit der der als zu weit empfundene Begriff des Funktionsarzneimittels eingeschränkt werden soll. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens kommt aber nur in Bezug auf konkrete, für die rechtliche Wertung erhebliche Tatsachen in Betracht, wie sie etwa mit dem – aus anderen Gründen nicht verfahrensfehlerhaft abgelehnten – Beweisantrag zu 3. unter Beweis gestellt worden sind. Auch die davon zu trennende Frage der pharmakologischen Wirkweise mag einer Klärung durch Sachverständigenbeweis zugänglich sein; sie war aber nicht Gegenstand des Beweisantrags.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
45Der Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. August 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 50.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
1Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
21. Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Feststellung des BfArM durch Bescheid nach § 21 Abs. 4 AMG, bei dem streitgegenständlichen – von der Klägerin als Nahrungsergänzungsmittel vertriebenen – Produkt „B. -Liponsäure Plus Bios Kapseln“ handele es sich um ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel, sei rechtmäßig. Die Klägerin stellt nicht einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.
3a. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das BfArM sei nach § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG zuständig und befugt, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde festzustellen, ob ein Produkt ein Arzneimittel sei. Die Klägerin meint, das BfArM dürfe nicht über den Produktstatus, sondern nur in Fällen, in denen die Qualifizierung als Arzneimittel feststehe, über seine Zulassungspflicht entscheiden. Zwar ließe der Wortlaut des § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG ein solches Verständnis zu, es ist aber insbesondere mit dem Sinn und Zweck der Bestimmung unvereinbar. Nach § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG entscheidet die zuständige Bundesoberbehörde auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats,
4vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Oktober 2010
5- 13 A 1187/10 -, A & R 2010, 284 = juris, Rn. 13 ff., und vom 29. April 2014 - 13 A 1378/13 -,
6näher ausgeführt, dass die Entscheidung über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels als notwendigen Zwischenschritt die Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft eines Produkts einschließt. Eine Bindung des BfArM an die Auffassung der jeweiligen Landesbehörde, wie das Erzeugnis rechtlich einzuordnen ist, widerspräche dem Ziel der Vorschrift, eine bundesweit einheitliche und verbindliche Entscheidung über den Produktstatus herbeizuführen und so eine einheitliche Handhabung der Arzneimittelüberwachung zu gewährleisten. Eine solche verbindliche Klärung der Klassifizierung dient im Übrigen auch den Interessen der Hersteller und Vertreiber.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Oktober 2010
8- 13 A 1187/10 -, juris, Rn. 17.
9Hiervon ausgehend rechtfertigt der abweichende Wortlaut des § 13 Abs. 3 MPG kein anderes Verständnis. Im Übrigen ist hier auch das saarländische Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales in seinem Antrag an das BfArM auf Entscheidung nach § 21 Abs. 4 AMG davon ausgegangen, dass es sich bei dem Produkt „B. -Liponsäure Plus Bios Kapseln“ um ein Arzneimittel handelt.
10b. Die Antragsbegründung zeigt weiter keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Annahme auf, das streitgegenständliche Produkt sei ein Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG. Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend: Die anti-oxidative Wirkung sei nicht wissenschaftlich gesichert und könne deshalb auch nicht als pharmakologische oder metabolische Wirkung qualifiziert werden. Dies könne aber auch dahinstehen, da eine solche, wie auch das vom Verwaltungsgericht beschriebene „Schlüssel-Schloss-Prinzip“, lebensmitteltypisch sei. Das Produkt sei auch nicht geeignet, die bei diabetischer Polyneuropathie auftretenden Missempfindungen nennenswert positiv zu beeinflussen. Es fehle insbesondere an einem Wirksamkeitsnachweis für das Arzneimittel, das kein B. -Liponsäure Monopräparat sei. Der Sachverständige Dr. W. habe ferner darauf verwiesen, dass die Erkenntnisse der Aufbereitungsmonographie der Kommission B für B. -Liponsäure aus dem Jahr 1990 heute zumindest umstritten seien. Eine therapeutische Wirksamkeit des Produkts, die die Beklagte hier nicht nachgewiesen habe, sei – auch nach der aktuellen Rechtsprechung des EuGH – notwendiges Element der pharmakologischen Wirkung. Das Verwaltungsgericht sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass B. -Liponsäure in der hier fraglichen Tagesdosierung die Erheblichkeitsschwelle überschreite. Nach den vorgelegten Sachverständigengutachten könne die entsprechende Menge des Wirkstoffs auch über die allgemeine Ernährung, nämlich mit Weizenkeimen, aufgenommen werden.
11Daraus ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. (Funktions-)Arzneimittel sind nach der Definition in § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG, die auf Art. 1 Nr. 2 b) der Richtlinie 2001/83/EG zurückgeht, Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Maßgeblich für die pharmakologische oder metabolische Wirkung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG ist zunächst allein der biochemische Wirkmechanismus.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2014 - 13 A 1202/14 -, juris.
13Allerdings macht nicht jede pharmakologisch oder metabolisch wirkende Beeinflussung physiologischer Funktionen ein Produkt zum Arzneimittel. Die weit gefasste Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG ist gerade zur Abgrenzung von Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln von Arzneimitteln einschränkend auszulegen. Die Entscheidung, ob ein Erzeugnis ein Funktionsarzneimittel ist, ist von Fall zu Fall zu treffen; dabei sind alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen. Dazu zählen insbesondere seine Zusammensetzung, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen kann.
14Vgl. EuGH, Urteile vom 6. September 2012 - Rs. C- 308/11 (Chemische Fabrik Kreussler) -, NVwZ 2012, 1459 = juris, Rn. 33 m. w. N., und vom 15. November 2007 - Rs. C-319/05 (Knoblauchkapseln) -, Slg. 2007, I-9811 = juris, Rn. 55; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038 = juris, Rn. 13, 18; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2013 ‑ 13 A 1100/12 -, NVwZ 2013, 1553 = juris, Rn. 106.
15Insbesondere muss der Stoff die Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers nennenswert beeinflussen und über die Wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel hat. Es ist nicht ausreichend, dass ein Erzeugnis Eigenschaften besitzt, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind.
16Vgl. EuGH, Urteile vom 15. Januar 2009 - Rs. C-140/07 (Hecht Pharma) -, Slg. 2009, I-41 = juris, Rn. 45, und vom 15. November 2007 - Rs. C-319/05 (Knoblauchkapseln) -, a. a. O., Rn. 60, 68 ; BVerwG, Urteile vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 -, a. a. O., Rn. 15; vom 25. Juli 2007 - 3 C 21.06 -, GewArch 2008, 86, Rn. 28, vom 25. Juli 2007 - 3 C 23.06 -, PharmR 2008, 78, und vom 16. Mai 2007 - 3 C 34.06 -, NVwZ-RR 2007, 771= juris, Rn. 29.
17Der Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit ist hingegen keine Voraussetzung der Kategorisierung als Funktionsarzneimittel. Die nachgewiesene therapeutische Wirksamkeit berechtigt zwar im Wege eines Erst-Recht-Schlusses zur Annahme einer erheblichen pharmakologischen Wirkung.
18Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 -, a. a. O., Rn. 16, und vom 25. Juli 2007 - 3 C 21.06 -, a. a. O., Rn. 26.
19Die therapeutische Wirksamkeit ist aber, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, kein notwendiges Element pharmakologischer Wirkung.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 3 C 40.05 -, juris, Rn. 23; OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2014 - 13 A 1202/14 -, juris.
21Fehlt die Eignung, therapeutische Zwecke zu erfüllen, so ist nicht ausgeschlossen, dass es sich dennoch um ein Funktionsarzneimittel handelt.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 – 3 C 21.06 -, a. a. O., Rn. 26.
23Auch § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG steht einem anderen Verständnis entgegen. Danach ist die Zulassung zu versagen, wenn dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese unzureichend begründet ist. Die Bestimmung geht unabhängig von der therapeutischen Wirksamkeit begrifflich vom Vorliegen eines Arzneimittels aus. Der Versagungsgrund wäre auch ohne Bedeutung und liefe ins Leere, wenn Produkte, deren therapeutische Wirksamkeit nicht gegeben oder nicht hinreichend begründet ist, schon nicht als Arzneimittel zu kategorisieren wären. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, verliert das Arzneimittel durch die Versagung nicht seine Arzneimitteleigenschaft, sondern seine Verkehrsfähigkeit.
24Allerdings müssen die Erzeugnisse, auch wenn das Vorliegen einer Krankheit nicht erforderlich ist, eine positive Wirkung für die menschliche Gesundheit haben. Keine Funktionsarzneimittel sind solche Stoffe oder Erzeugnisse, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die etwa nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind. Der Ausdruck „beeinflussen“ muss dahin ausgelegt werden, dass er die Stoffe erfasst, die geeignet sind, dem Funktionieren des menschlichen Organismus und folglich der menschlichen Gesundheit zuträglich zu sein.
25Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - Rs. C-358/13 u. a. (Alles rund um Hanf) -, EuZW 2014, 742.
26Aus dieser jüngsten EuGH-Rechtsprechung folgt entgegen der Auffassung der Klägerin aber nicht, dass die therapeutische Wirksamkeit nachgewiesen werden muss. Aus dem Arzneimittelbegriff ausgeschlossen werden sollten nur Erzeugnisse wie die dort streitgegenständlichen synthetischen Cannabinoide, deren Einfluss auf die körperlichen Funktionen nachteilig für den menschlichen Organismus ist.
27Dies zugrundegelegt, hat das Verwaltungsgericht bei der gebotenen Gesamtwürdigung zu Recht angenommen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt um ein Funktionsarzneimittel handelt. Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass B. -Liponsäure eine pharmakologische oder jedenfalls eine metabolische Wirkweise aufzeige, bringt die Klägerin mit dem Zulassungsvorbringen nichts Substantiiertes vor. Sie verweist lediglich darauf, dass diese Wirkung auch lebensmitteltypisch sei. Ernstlichen Zweifeln unterliegt auch nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Einnahme erfolge zu dem Zweck, die physiologischen Funktionen zu beeinflussen. Nach den vom Verwaltungsgericht herangezogenen belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen,
28vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 - 3 C 21.06 -, a. a. O., Rn. 30 ff.,
29werden die körperlichen Funktionen hier nennenswert beeinflusst. Wie ausgeführt ist ein positiver Wirksamkeitsnachweis für die Kategorisierung des Produkts als Arzneimittel nicht erforderlich. Bei den positiven Wirkungen, die dem Produkt von der Beklagten und dem Verwaltungsgericht zugesprochen werden, handelt es sich nicht um bloße Vermutungen oder Spekulationen. Die eher unspezifische Funktion als Radikalfänger mit anti-oxidativer Wirkung ist nicht entscheidend. Nach der Aufbereitungsmonographie der Kommission B für B. -Liponsäure kann bei Missempfindungen bei diabetischer Polyneuropathie die Gabe von B. -Liponsäure in einer Dosierung von 300 bis 600 mg/Tag wirksam sein. Nichts anderes als diese positive Wirkung nimmt die Klägerin der Sache nach für sich in Anspruch, wenn es auf ihrer Internetseite heißt: „Patienten mit diabetischer Neuropathie weisen einen erhöhten medizinisch bedingten Nährstoffbedarf an Liponsäure auf.“ (www.bios-natur.de). Die auf den Erkenntnissen der sachverständigen Kommission B aufbauende, durch weitere vom Verwaltungsgericht angeführte wissenschaftliche Erkenntnisse gestützte Annahme, es liege eine erhebliche, positive Beeinflussung der physiologischen Funktionen vor, wird auch nicht durch neuere wissenschaftliche Stellungnahmen in Frage gestellt. Die von der Klägerin angeführten Erkenntnisse, auch die Stellungnahme der EFSA aus 2010, beziehen sich auf die nicht hier, sondern allenfalls für eine Zulassung relevante Frage, ob die therapeutische Wirksamkeit – in der hier vorliegenden Wirkstoffmenge – bei diabetischer Polyneuropathie hinreichend nachgewiesen ist. Auch die Frage, ob hinsichtlich des konkreten Produkts in seiner Wirkstoffkombination, d. h hinsichtlich aller seiner Bestandteile die Wirksamkeit begründet werden kann, stellt sich nur im Zulassungsverfahren. Liegen belastbare Erkenntnisse für positive Wirkungen von B. -Liponsäure in einer Wirkstoffmenge von 300 mg pro Tag vor, spielt es für die Einordnung als Funktionsarzneimittel keine Rolle, dass das Produkt noch weitere Stoffe enthält.
30Ferner ist die detaillierte verwaltungsgerichtliche Würdigung nicht zu beanstanden, dass mit dem streitgegenständlichen Produkt physiologische Wirkungen erzielt werden, die mit Lebensmitteln nicht erreicht werden können. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Angaben des klägerischen Sachverständigen Dr. W. in seinen Stellungnahmen aus 2008 und 2013 zur Aufnahme von 300 mg B. -Liponsäure durch Lebensmittel (35-75 g Weizenkeime) nicht überzeugen, weil sie nicht auf eigenen Untersuchungen beruhten und nicht mit konkreten Analyseberichten und Unterlagen Dritter belegt seien. Sie würden ferner durch die Erkenntnisse der nachvollziehbaren wissenschaftlichen Untersuchung von Vianey-Liaud et al. widerlegt, wonach 100 g Weizenkeime lediglich 0,01 mg B. -Liponsäure enthalten. Hiermit setzt sich die Klägerin in ihrer Antragsbegründung nicht substantiiert auseinander, sondern verweist letztlich nur auf einen Aufklärungsmangel. Die angefochtene Entscheidung hält sich aber im Rahmen einer zulässigen gerichtlichen Beweiswürdigung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO zu einer naturwissenschaftlichen Frage, für deren Beurteilung das Gericht sich durch die benannten wissenschaftlichen Erkenntnisse die erforderliche Sachkunde verschafft hat. Bei dieser Ausgangslage musste das Gericht entgegen der klägerischen Auffassung auch nicht ein (weiteres) Sachverständigengutachten einholen. Soweit die Klägerin auf die von W. angeführte Untersuchung „Arotop, 2001“ verweist, hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass nicht einmal benannt wird, welches Analyseergebnis mit welcher Analysemethode erreicht worden ist. Angesichts des überzeugenden wissenschaftlichen Gutachtens von Vianey-Liaud et al. hat das Verwaltungsgericht auch nicht seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es die Analyse des – wohl Dr. W. zuzuordnenden – Labors „arotop food creation“ nicht angefordert hat. Reichen die von der Klägerin benannten Erkenntnisse damit nicht aus, die nachvollziehbare Studie von Vianey-Liaud et al. zu widerlegen, gilt dies weiterhin erst recht für bloße Angaben von B. -Liponsäure-Gehalten auf Packungen von Weizenkeimprodukten.
31Bei der gebotenen Gesamtwürdigung sprechen schließlich weitere Umstände für das Vorliegen eines Arzneimittels. Es gibt, wie das Verwaltungsgericht näher ausgeführt hat, zahlreiche zugelassene Arzneimittel mit dem Wirkstoff B. -Liponsäure.
32Vgl. zu diesem Gesichtspunkt OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2006 - 13 A 2095/02 -, ZLR 2006, 339 = juris, Rn. 98.
33Deren Dosierungsempfehlungen sehen Tagesdosen ab 400 mg vor. Insoweit ist damit von einer therapeutischen Wirksamkeit auszugehen. Dies spricht zumindest für die therapeutische Eignung des streitgegenständlichen Produkts mit einer empfohlenen Tagesdosis von 300 mg, die zugleich der Minimaldosis nach der Monographie der Kommission E entspricht. Auf den Nachweis bzw. die hinreichende Begründung (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AMG) der therapeutischen Wirksamkeit in der niedrigeren Wirkstoffmenge bzw. Dosierung kommt es hier nicht an. Ferner bestehen beim streitgegenständlichen Produkt Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und Nebenwirkungsrisiken, auf die die Klägerin – etwa auf ihrer Internetseite – selbst hinweist. Diese allein rechtfertigen zwar nicht die Einordnung als Arzneimittel, sind aber in der Gesamtbetrachtung ein berücksichtigungsfähiges Indiz.
34c. Der Vortrag, es handele sich nicht um ein Präsentationsarzneimittel, begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass das Produkt ein Funktionsarzneimittel ist und die Frage, ob daneben auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) AMG vorliegen, ausdrücklich offen gelassen.
352. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe der Klägerin begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern; der Ausgang des Rechtstreits muss als offen erscheinen. Dies ist – wie oben ausgeführt – nicht der Fall. Insbesondere ergeben sich aus der hier vorzunehmenden Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten, da die Kriterien dafür in der Rechtsprechung geklärt sind und die Einordnung eine Würdigung des Einzelfalls erfordert, die nicht überdurchschnittlich schwierig ist.
363. Die Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die aufgeworfenen Fragen „der zutreffenden Abgrenzungskriterien von Arzneimitteln und Lebensmitteln“, „der in diesem Zusammenhang notwendigen Aufklärungspflicht des Gerichts“ und die „damit zusammenhängenden Fragen der Beweislast“ erfordern keine Klärung im Berufungsverfahren. Die allgemeinen Fragen zur Abgrenzung von Arzneimitten und Lebensmitteln sind in der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des EuGH hinreichend geklärt. Die Kategorisierung eines konkreten Produkts ist eine Frage des Einzelfalls und der grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
374. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO von einer höchstrichterlichen Entscheidung abgewichen ist. Mit dem Antrag hätte ein abstrakter Rechtssatz benannt werden müssen, den das Verwaltungsgericht dem ebenfalls anzuführenden Rechtssatz aus der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juli 2007 (gemeint sein dürfte das Urteil 3 C 21.06, NVwZ 2008, 439 = ZLR 2007, 757) entgegengestellt hat. Daran fehlt es. Die Klägerin rügt lediglich eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Subsumtion.
385. Schließlich ergibt sich aus dem Antragsvorbringen kein Verfahrensmangel, auf dem im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO die Entscheidung beruhen kann.
39Eine Verletzung der Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor. Dem Verwaltungsgericht musste sich aus den bereits ausgeführten Gründen keine weitere Sachverhaltsermittlung oder Beweiserhebung zur Frage aufdrängen, ob die im streitgegenständlichen Produkt enthaltene Menge an B. -Liponsäure auch durch Lebensmittel aufgenommen werden kann.
40Das Verwaltungsgericht hat auch nicht durch die Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt.
41Nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts kam es auf die mit den Beweisanträgen zu 1. und 2. unter Beweis gestellten Tatsachen, dass für das streitgegenständliche Produkt bzw. für eine Tagesdosis von 300 mg B. -Liponsäure keine therapeutische Wirkung nachgewiesen ist, nicht an. Das Verwaltungsgericht hat – im Übrigen zutreffend – angenommen, dass die therapeutische Wirksamkeit eines Produkts oder des darin enthaltenen Stoffs nicht Voraussetzung für die Einordnung als Funktionsarzneimittel ist, sondern nur für die Arzneimittelzulassung.
42Ein Verfahrensfehler liegt auch nicht darin, dass das Verwaltungsgericht die Beweiserhebung über die Tatsache abgelehnt hat, dass eine Tagesdosis von 300 mg B. -Liponsäure auch mit einer angemessenen Menge von Lebensmitteln, wie z.B. Weizenkeime, aufgenommen werden kann (Beweisantrag zu 3.). Die Begründung des Verwaltungsgerichts, dass der Antrag auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet sei, weil nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Wahrheitsgehalt der Tatsache spreche, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin keine konkreten (neuen) wissenschaftlichen Erkenntnisse benannt, die Anlass zu einer erneuten wissenschaftlichen Prüfung hätten geben können. Da demgegenüber aussagekräftige wissenschaftliche Erkenntnisse dahingehend vorlagen, dass der Verzehr von Weizenkeimen – alle anderen ursprünglich benannten Lebensmitteln schieden angesichts der viel zu hohen Verzehrmenge ohnehin aus – nicht ausreichte, um eine entsprechende Menge von B. -Liponsäure aufzunehmen, durfte das Verwaltungsgericht überdies nach tatrichterlichem Ermessen entscheiden, von der Beweiserhebung durch Sachverständigen abzusehen. Reichen die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse aus, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die entscheidungserheblichen Fragen sachkundig beurteilen zu können, musste sich dem Gericht, wie bereits oben ausgeführt, die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht aufdrängen. In der Ablehnung des Antrags, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen, liegt nicht deshalb ein Verfahrensmangel, weil ein Beteiligter die herangezogenen Erkenntnisquellen im Ergebnis für unzutreffend hält.
43Schließlich findet auch die Ablehnung des Beweisantrags zu 4. im Prozessrecht eine Stütze. Die unter Beweis gestellte Tatsache, dass das streitgegenständliche Produkt keine eine Erheblichkeitsschwelle überschreitende Beeinflussung des menschlichen Körpers aufweist, ist der Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten nicht zugänglich. Die Frage, ob ein Erzeugnis die körperlichen Funktionen erheblich beeinflusst, erfordert eine rechtliche Wertung, die als Rechtsentscheidung dem Gericht obliegt. Die Erheblichkeitsschwelle ist, wie ausgeführt, eine rechtliche Kategorie, mit der der als zu weit empfundene Begriff des Funktionsarzneimittels eingeschränkt werden soll. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens kommt aber nur in Bezug auf konkrete, für die rechtliche Wertung erhebliche Tatsachen in Betracht, wie sie etwa mit dem – aus anderen Gründen nicht verfahrensfehlerhaft abgelehnten – Beweisantrag zu 3. unter Beweis gestellt worden sind. Auch die davon zu trennende Frage der pharmakologischen Wirkweise mag einer Klärung durch Sachverständigenbeweis zugänglich sein; sie war aber nicht Gegenstand des Beweisantrags.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
45Der Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde hat das homöopathische Arzneimittel zu registrieren und dem Antragsteller die Registrierungsnummer schriftlich zuzuteilen. § 25 Abs. 4 und 5 Satz 5 findet entsprechende Anwendung. Die Registrierung gilt nur für das im Bescheid aufgeführte homöopathische Arzneimittel und seine Verdünnungsgrade. Die zuständige Bundesoberbehörde kann den Bescheid über die Registrierung mit Auflagen verbinden. Auflagen können auch nachträglich angeordnet werden. § 28 Abs. 2 und 4 findet Anwendung.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde hat die Registrierung zu versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend analytisch geprüft worden ist, - 3.
das Arzneimittel nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist, - 4.
bei dem Arzneimittel der begründete Verdacht besteht, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen, - 4a.
(weggefallen) - 5.
(weggefallen) - 5a.
das Arzneimittel nicht zur Einnahme und nicht zur äußerlichen Anwendung bestimmt ist, - 5b.
das Arzneimittel mehr als einen Teil pro Zehntausend der Ursubstanz oder mehr als den hundertsten Teil der in allopathischen der Verschreibungspflicht nach § 48 unterliegenden Arzneimitteln verwendeten kleinsten Dosis enthält, - 6.
das Arzneimittel der Verschreibungspflicht nach § 48 unterliegt, - 7.
das Arzneimittel nicht nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt ist, - 7a.
wenn die Anwendung der einzelnen Wirkstoffe als homöopathisches oder anthroposophisches Arzneimittel nicht allgemein bekannt ist, - 8.
für das Arzneimittel eine Zulassung erteilt ist, - 9.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
(2a) Ist das Arzneimittel bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum registriert worden, ist die Registrierung auf der Grundlage dieser Entscheidung zu erteilen, es sei denn, dass ein Versagungsgrund nach Absatz 2 vorliegt. Für die Anerkennung der Registrierung eines anderen Mitgliedstaates findet Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG entsprechende Anwendung; Artikel 29 Abs. 4, 5 und 6 und die Artikel 30 bis 34 der Richtlinie 2001/83/EG finden keine Anwendung.
(2b) Der Antragsteller hat der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach § 38 Absatz 2 Satz 1 ergeben. § 29 Absatz 1a, 1e, 1f und 2 bis 2b gilt entsprechend. Die Verpflichtung nach Satz 1 hat nach Erteilung der Registrierung der Inhaber der Registrierung zu erfüllen. Eine neue Registrierung ist in folgenden Fällen zu beantragen:
- 1.
bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art oder Menge, einschließlich einer Änderung der Potenzstufe, - 2.
bei einer Änderung der Darreichungsform, soweit es sich nicht um eine Änderung nach § 29 Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 handelt.
(2c) Die Registrierung erlischt nach Ablauf von fünf Jahren seit ihrer Erteilung, es sei denn, dass spätestens neun Monate vor Ablauf der Frist ein Antrag auf Verlängerung gestellt wird. Für das Erlöschen und die Verlängerung der Registrierung gilt § 31 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Versagungsgründe nach Absatz 2 Nr. 3 bis 9 Anwendung finden.
(2d) Für Rücknahme, Widerruf und Ruhen der Registrierung gilt § 30 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2, 2a, 3 und 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Versagungsgründe nach Absatz 2 Nummer 2 bis 9 Anwendung finden.
(2e) § 34 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 7, Absatz 1a Satz 1 Nummer 1, 4 und 5, Absatz 1b, 1d und 1h gilt entsprechend.
(3) Das Bundesministerium wird ermächtigt, für homöopathische Arzneimittel entsprechend den Vorschriften über die Zulassung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Freistellung von der Registrierung zu erlassen.
(1) Dem Antrag auf Zulassung müssen vom Antragsteller folgende Angaben beigefügt werden:
- 1.
der Name oder die Firma und die Anschrift des Antragstellers und des Herstellers, - 2.
die Bezeichnung des Arzneimittels, - 3.
die Bestandteile des Arzneimittels nach Art und Menge; § 10 Abs. 6 findet Anwendung, - 4.
die Darreichungsform, - 5.
die Wirkungen, - 6.
die Anwendungsgebiete, - 7.
die Gegenanzeigen, - 8.
die Nebenwirkungen, - 9.
die Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 10.
die Dosierung, - 11.
zur Herstellungsweise des Arzneimittels, - 12.
die Art der Anwendung und bei Arzneimitteln, die nur begrenzte Zeit angewendet werden sollen, die Dauer der Anwendung, - 13.
die Packungsgrößen, - 14.
die Art der Haltbarmachung, die Dauer der Haltbarkeit, die Art der Aufbewahrung, die Ergebnisse von Haltbarkeitsversuchen, - 15.
die Methoden zur Kontrolle der Qualität (Kontrollmethoden).
(1a) Die Angaben nach Absatz 1 Nummer 1 bis 10 müssen in deutscher, die übrigen Angaben in deutscher oder englischer Sprache beigefügt werden; andere Angaben oder Unterlagen können im Zulassungsverfahren statt in deutscher auch in englischer Sprache gemacht oder vorgelegt werden, soweit es sich nicht um Angaben handelt, die für die Kennzeichnung, die Packungsbeilage oder die Fachinformation verwendet werden.
(2) Es sind ferner vorzulegen:
- 1.
die Ergebnisse physikalischer, chemischer, biologischer oder mikrobiologischer Versuche und die zu ihrer Ermittlung angewandten Methoden (analytische Prüfung), - 2.
die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Versuche, - 3.
die Ergebnisse der klinischen Prüfungen oder sonstigen ärztlichen oder zahnärztlichen Erprobung, - 4.
eine Erklärung, dass außerhalb der Europäischen Union durchgeführte klinische Prüfungen unter ethischen Bedingungen durchgeführt wurden, die mit den ethischen Bedingungen der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 gleichwertig sind, - 5.
eine zusammenfassende Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems des Antragstellers, die Folgendes umfassen muss: - a)
den Nachweis, dass der Antragsteller über eine qualifizierte Person nach § 63a verfügt, und die Angabe der Mitgliedstaaten, in denen diese Person ansässig und tätig ist, sowie die Kontaktangaben zu dieser Person, - b)
die Angabe des Ortes, an dem die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation für das betreffende Arzneimittel geführt wird, und - c)
eine vom Antragsteller unterzeichnete Erklärung, dass er über die notwendigen Mittel verfügt, um den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen,
- 5a.
der Risikomanagement-Plan mit einer Beschreibung des Risikomanagement-Systems, das der Antragsteller für das betreffende Arzneimittel einführen wird, verbunden mit einer Zusammenfassung, - 6.
(weggefallen) - 7.
eine Kopie jeder Ausweisung des Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. EG Nr. L 18 S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist, - 8.
eine Bestätigung des Arzneimittelherstellers, dass er oder eine von ihm vertraglich beauftragte Person sich von der Einhaltung der Guten Herstellungspraxis bei der Wirkstoffherstellung durch eine Überprüfung vor Ort überzeugt hat; die Bestätigung muss auch das Datum des Audits beinhalten.
(3) An Stelle der Ergebnisse nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 kann anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, und zwar
- 1.
bei einem Arzneimittel, dessen Wirkstoffe seit mindestens zehn Jahren in der Europäischen Union allgemein medizinisch verwendet wurden, deren Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt und aus dem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial ersichtlich sind, - 2.
bei einem Arzneimittel, das in seiner Zusammensetzung bereits einem Arzneimittel nach Nummer 1 vergleichbar ist, - 3.
bei einem Arzneimittel, das eine neue Kombination bekannter Bestandteile ist, für diese Bestandteile; es kann jedoch auch für die Kombination als solche anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, wenn die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels nach Zusammensetzung, Dosierung, Darreichungsform und Anwendungsgebieten auf Grund dieser Unterlagen bestimmbar sind.
(3a) Enthält das Arzneimittel mehr als einen Wirkstoff, so ist zu begründen, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet.
(3b) Bei radioaktiven Arzneimitteln, die Generatoren sind, sind ferner eine allgemeine Beschreibung des Systems mit einer detaillierten Beschreibung der Bestandteile des Systems, die die Zusammensetzung oder Qualität der Tochterradionuklidzubereitung beeinflussen können, und qualitative und quantitative Besonderheiten des Eluats oder Sublimats anzugeben.
(3c) Ferner sind Unterlagen vorzulegen, mit denen eine Bewertung möglicher Umweltrisiken vorgenommen wird, und für den Fall, dass die Aufbewahrung des Arzneimittels oder seine Anwendung oder die Beseitigung seiner Abfälle besondere Vorsichts- oder Sicherheitsmaßnahmen erfordert, um Gefahren für die Umwelt oder die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen zu vermeiden, dies ebenfalls angegeben wird. Angaben zur Verminderung dieser Gefahren sind beizufügen und zu begründen.
(4) Wird die Zulassung für ein im Geltungsbereich dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so muss der Nachweis erbracht werden, dass der Hersteller berechtigt ist, das Arzneimittel herzustellen. Dies gilt nicht für einen Antrag nach § 21 Abs. 3 Satz 2.
(5) Wird die Zulassung für ein außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so ist der Nachweis zu erbringen, dass der Hersteller nach den gesetzlichen Bestimmungen des Herstellungslandes berechtigt ist, Arzneimittel herzustellen, und im Falle des Verbringens aus einem Land, das nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, dass der Einführer eine Erlaubnis besitzt, die zum Verbringen des Arzneimittels in den Geltungsbereich dieses Gesetzes berechtigt.
(6) Soweit eine Zulassung im Ausland erteilt worden ist, ist eine Kopie dieser Zulassung und eine Kopie der Zusammenfassung der Unbedenklichkeitsdaten einschließlich der Daten aus den regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten, soweit verfügbar, und der Berichte über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen beizufügen. Ist eine Zulassung ganz oder teilweise versagt worden, sind die Einzelheiten dieser Entscheidung unter Darlegung ihrer Gründe mitzuteilen. Wird ein Antrag auf Zulassung in einem Mitgliedstaat oder in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union geprüft, ist dies anzugeben. Kopien der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten genehmigten Zusammenfassungen der Produktmerkmale und der Packungsbeilagen oder, soweit diese Unterlagen noch nicht vorhanden sind, der vom Antragsteller in einem Verfahren nach Satz 3 vorgeschlagenen Fassungen dieser Unterlagen sind ebenfalls beizufügen. Ferner sind, sofern die Anerkennung der Zulassung eines anderen Mitgliedstaates beantragt wird, die in Artikel 28 der Richtlinie 2001/83/EG vorgeschriebenen Erklärungen abzugeben sowie die sonstigen dort vorgeschriebenen Angaben zu machen. Satz 5 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt worden sind.
(7) Dem Antrag ist der Wortlaut der für das Behältnis, die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage vorgesehenen Angaben sowie der Entwurf einer Zusammenfassung der Produktmerkmale beizufügen, bei der es sich zugleich um die Fachinformation nach § 11a Absatz 1 Satz 2 handelt, soweit eine solche vorgeschrieben ist. Der zuständigen Bundesoberbehörde sind außerdem die Ergebnisse von Bewertungen der Packungsbeilage vorzulegen, die in Zusammenarbeit mit Patienten-Zielgruppen durchgeführt wurden. Die zuständige Bundesoberbehörde kann verlangen, dass ihr ein oder mehrere Muster oder Verkaufsmodelle des Arzneimittels einschließlich der Packungsbeilagen sowie Ausgangsstoffe, Zwischenprodukte und Stoffe, die zur Herstellung oder Prüfung des Arzneimittels verwendet werden, in einer für die Untersuchung ausreichenden Menge und in einem für die Untersuchung geeigneten Zustand vorgelegt werden.
(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.
(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die
- 1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind, - 1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4, - 1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln - a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder - b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder - c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
- 1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt, - 1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen, - 1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind, - 1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden, - 1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden, - 2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder - 3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.
(2a) (weggefallen)
(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.
(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin wendet sich gegen die Einstufung ihres Produkts „U. H. Q. E. Tabletten“ als zulassungspflichtiges Arzneimittel. Die empfohlene tägliche Einnahmedosierung von einer Tablette dieses Präparats enthält 100 mg Extrakt aus Ginkgo-biloba-Blättern bei einem Droge-Extrakt-Verhältnis von 50:1. Laut Spezifikation beinhaltet der Extrakt mehr als 24 % Flavonglykoside und mehr als 6 % Terpenlactone (Ginkgolide). Darüber hinaus sind in einer Tablette Folsäure (200 µg), Kupfer (1500 µg), Vitamin B1 (2,2 mg), Vitamin B6 (2,8 mg), Vitamin B12 5 µg), Niacin (16 mg) und Zink (5 mg) enthalten. Auf der Produktumverpackung wird als Anwendungsgebiet genannt: „Zur Unterstützung von Gedächtnis, Konzentration und geistiger Leistungsfähigkeit“. Laut Packungsbeilage soll Ginkgo die Durchblutung im Gehirn unterstützen und damit wichtig für das Kurzzeit-Gedächtnis und das Reaktionsvermögen sein.
3Für einen Trockenextrakt (Droge-Extrakt-Verhältnis im Durchschnitt 50:1) aus Ginkgo-biloba-Blättern, extrahiert mit Aceton/Wasser, existiert eine positive Aufbereitungsmonographie der Kommission E des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes vom 19.07.1994. Die Monographie geht von experimentell nachgewiesenen pharmakologischen Wirkungen aus und empfiehlt für die Anwendungsgebiete im Bereich der symptomatischen Behandlung von hirnorganisch bedingten Leistungsstörungen bei dementiellen Syndromen, zur Verbesserung der schmerzfreien Gehstrecke bei peripherer, arterieller Verschlusskrankheit sowie bei Schwindel und Tinnitus eine Tagesdosis von 120 bis 160 mg bzw. von 120 bis 240 mg.
4Eine weitere Aufbereitungsmonographie vom selben Datum hat Ginkgo-biloba-Blätter sowie verschiedene Extrakte, u.a. extrahiert mit Ethanol/Wasser, zum Gegenstand. Die Beurteilung fällt negativ aus. Zur Pharmakologie liege kein ausreichendes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vor. Die Wirksamkeit der genannten Zubereitungen bei den beanspruchten Anwendungsgebieten sei nicht belegt. Auf Grund des Gehalts an Ginkgolsäuren als potenten Kontaktallergenen sei ein allergenes Risiko nicht auszuschließen.
5Auf den Antrag der Bezirksregierung Köln, über die Zulassungspflicht von „U. H. Q. E. Tabletten“ zu entscheiden, stellte das BfArM nach Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 11.04.2012 fest, dass es sich bei diesem Präparat um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handele.
6Zur Begründung wurde ausgeführt, das Präparat erfülle die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels.
7In randomisierten, placebokontrollierten Doppelblind-Studien von Santos et al. (2003) sowie Galduroz et al. (2007) sei die pharmakologische Wirkung einer Tagesdosis von 80 mg Ginkgo-biloba-Extrakt mit dem Auszugsmittel Aceton/Wasser festgestellt worden. Beide Studien hätten eine signifikante Verbesserung der Blutviskosität, Santos et al. darüber hinaus signifikante Verbesserungen der cerebralen Perfusion und kognitiver Funktionen festgestellt. Die Zusammensetzung der in den Studien verwendeten Extrakte entspreche dabei hinsichtlich der mittlerweile einhellig als pharmakologisch relevant erachteten Inhaltsstoffe (Flavonglykoside und Terpenlactone) derjenigen des Extrakts, der im streitgegenständlichen Präparat enthalten sei.
8Die Monographien ließen sich der Annahme einer pharmakologischen Wirkung nicht entgegenhalten. Der Positivmonographie, die erst ab 120 mg/Tag Anwendungsgebiete anzeige, stehe mit den Studien neu gewonnenes wissenschaftliches Erkenntnismaterial gegenüber. Ohnehin könne ein Präparat auch dann eine pharmakologische Wirkung besitzen, wenn seine Dosierung unter derjenigen liege, die die Monographie für eine therapeutische Wirksamkeit festlege. Die Arzneimitteleigenschaft setze anders als die Arzneimittelzulassung keinen Wirksamkeitsnachweis voraus. Dementsprechend würden klinische Prüfungen zur Wirksamkeit von Arzneimitteln regelmäßig erst im Rahmen von Arzneimittelzulassungsverfahren durchgeführt. Die Erkenntnislage zu Mitteln und Dosen, die bisher nicht als Arzneimittel zugelassen seien, sei demgegenüber naturgemäß beschränkt. Die Negativmonographie beziehe sich nur auf die nicht belegte Wirksamkeit bei zum Teil anderen und wesentlich umfangreicheren Anwendungsgebieten als den in der Positiv-Monographie genannten, weise aber hinsichtlich des Gehalts an Ginkgolsäuren ein gesundheitliches Risiko aus.
9Ginkgo werde üblicherweise nicht als Lebensmittel verzehrt. Tee aus Ginkgoblättern in diesem Zusammenhang anzuführen, erscheine problematisch, denn dieses Produkt stehe wegen der darin enthaltenen Menge an Ginkgolsäure im Verdacht, die Gesundheit zu gefährden. Jedenfalls sei mit Blick auf bestehende Gesundheitsgefahren von erheblichen Änderungen der Funktionsbedingungen des Körpers auszugehen, die über das Maß hinausgingen, das durch normale Ernährung erreicht werde. In der Fachliteratur werde ein Kausalzusammenhang zwischen der Einnahme ginkgohaltiger Präparate und einer erhöhten Blutungsneigung kontrovers diskutiert. Solche Präparate würden mit dem Warnhinweis vertrieben, dass die Einnahme sowohl bei krankhaft erhöhter Blutungsneigung als auch bei gleichzeitiger Einnahme gerinnungshemmender Arzneimittel nur nach ärztlicher Rücksprache erfolgen und vor Operationen unterbleiben solle.
10Der Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, der sich mit dem therapeutischen Nutzen von 240 mg eines Ginkgo-biloba-Extraktes für die langfristige Behandlung von Patienten mit Alzheimer Demenz befasse, treffe keine Aussage zur pharmakologischen Wirkung derartiger Extrakte in geringerer Dosierung.
11Auch auf der Grundlage des Homöostasepapiers des Europarates, das einen pragmatischen Ansatz zur Unterscheidung zwischen Arznei- und Lebensmitteln liefern solle, sei das streitgegenständliche Präparat als Funktionsarzneimittel einzustufen. Hiernach ergebe sich ausgehend von einer Tagesdosis von 120 mg nach Abzug von zweimal 10 % ein Wert von 97,2 mg/Tag als Grenzwert, den ein Nahrungsergänzungsmittel unterschreiten müsse.
12Bei „U. H. Q. E. Tabletten“ handle es sich zudem um ein Präsentationsarzneimittel. Ginkgo-Präparate würden im Bundesgebiet seit Mitte der 60er Jahre als Arzneimittel in Verkehr gebracht. Derzeit gebe es in Deutschland 93 Fertigarzneimittel als Monopräparate mit Ginkgo-biloba-Extrakt. Durch aktive Bewerbung der Präparate und jahrzehntelange Anwendung in den in der Aufbereitungsmonographie genannten Bereichen verbinde der Verbraucher mit Ginkgo eine konkrete arzneiliche Verwendung zur Heilung, Linderung oder Verhütung menschlicher Krankheiten, insbesondere auf dem Gebiet hirnorganischer Störungen. Diese arzneiliche Verbrauchererwartung nehme auch das streitgegenständliche Präparat auf, denn es sei maßgeblich charakterisiert durch seinen Bezug zu Hirnfunktionen und den Gehalt von 100 mg Ginkgo-biloba-Extrakt. Dass Ginkgo aufgrund seiner arzneilichen Verkehrsauffassung mittlerweile einigen Lebensmitteln in geringem Umfang als Zutat beigefügt werde, um ihnen ein gesundheitsförderndes Image zu verleihen, vermittle keine Verkehrsauffassung für Ginkgo als Lebensmittel.
13Den hiergegen erhobenen, eingehend begründeten Widerspruch wies das BfArM mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2012, zugestellt am 20.12.2012, zurück.
14Es führte ergänzend aus, die Durchführung der herangezogenen Studien entspreche wissenschaftlichen Standards. Die dabei festgestellten pharmakodynamischen Eigenschaften seien denen vergleichbar, die für arzneilich zugelassene Ginkgo-Zubereitungen beschrieben würden.
15Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass die durch ihr Präparat hervorgerufenen Wirkungen für Lebensmittel typische Wirkungen seien, wie sie für eine Liste zugelassener gesundheitsbezogener Angaben auf Lebensmitteln nach Art. 13 der Verordnung (EG) Nr.1924/2006 beschrieben würden. Tatsächlich könne sich eine Vielzahl von Stoffen auf die Gehirnfunktion des Menschen auswirken. Jedoch beeinflusse kein Lebensmittel die Gehirnfunktion durch eine signifikante Verbesserung der zerebralen Durchblutung und der Blutviskosität.
16Die Möglichkeit eines Blutungsrisikos dürfe bei der Bewertung der Wirkungen von 100 mg Ginkgo-biloba-Extrakt nicht außer Acht gelassen werden. Aufgrund der dem BfArM vorliegenden Fallmeldungen zu Blutungsrisiken seien bei Ginkgo biloba Hinweise in die Informationstexte aufgenommen worden. Der Ausschluss eines solchen Risikos hänge davon ab, dass bei der Einnahme ausführliche Informationen in Form einer Gebrauchsinformation zur Verfügung stünden.
17Die Klägerin hat am 21.01.2013, einem Montag, Klage erhoben.
18Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:
19Bei ginkgohaltigen Produkten handle es sich um dual use-Erzeugnisse mit einer bioaktiven Substanz; diese sei in „U. H. Q. E. Tabletten“ in nicht pharmakologischer Dosierung und einer rein physiologischen Zweckbestimmung enthalten. Für die Bereitung von Tee aus Ginkgo-biloba-Blättern, der seit längerem in Deutschland auf dem Markt sei, würden üblicherweise 2 g Blätter für eine Tasse (150 mg) verwendet. Damit entspreche die Tagesdosis einer Tablette „U. H. Q. E. Tabletten“ quantitativ 2,5 Tassen Tee, also einer üblicherweise verwendeten Verzehrmenge.
20Die Beklagte habe den ihr obliegenden Nachweis der Arzneimitteleigenschaft nicht geführt. Gegen eine pharmakologische Wirkung von Ginkgo-biloba-Extrakt in einer Dosierung von 100 mg sprächen namentlich die beiden Monographien des Bundesgesundheitsamtes wie auch WHO/ESCOP-Monographien zu „folium Ginkgo“, welche von einer therapeutischen Wirksamkeit ab einer Tagesdosis von 120 mg ausgingen. Die Klägerin verweist hinsichtlich der Klassifizierung solcher Produkte zusätzlich auf den Bericht „Ginkgohaltige Präparate bei Alzheimer Demenz“ des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, den Entwurf einer Pflanzenliste des Bundesinstituts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit aus dem Jahr 2012, die Haltung weiterer Behörden im Bereich des Gesundheits- und Verbraucherschutzwesens, eine behördliche Praxis in Italien, Österreich, Belgien, den Niederlanden und den USA sowie auf das OLG Köln, das in seinem Urteil vom 21.12.2007 nach ausführlicher Befassung mit der naturwissenschaftlichen Erkenntnislage eine pharmakologische Wirkung eines ginkgohaltigen Getränks mit einer Verzehrempfehlung von bis zu 100 mg Ginkgo pro Tag verneine.
21Die vom BfArM angeführten Studien bildeten keine verlässliche wissenschaftliche Basis für die Annahme einer pharmakologischen Wirkung des streitgegenständlichen Produkts. Wie sich aus einer vorgelegten Stellungnahme von Dr. rer. nat. T. ergebe, seien die zugrundeliegenden Untersuchungen in methodisch angreifbarer Weise durchgeführt und ausgewertet worden. Demgegenüber gelange die Studie einer anderen Gruppe (Wang et. al) sogar bei einer Dosierung von 240 mg zu dem Resultat, dass die Absenkung der Blutviskosität statistisch nicht signifikant sei; dies spreche gegen die für eine pharmakologische Wirkung geforderte Dosis-Wirkungs-Beziehung.
22Die vermeintlich festgestellten Effekte auf die Blutviskosität und die cerebrale Perfusion seien nicht pharmakologischer sondern physiologischer Natur, wie sie gleichermaßen verschiedenen Lebensmitteln (z.B. Fischöl, Kakao-Flavanolen, Tomatenextrakt mit ähnlichem Wirkprinzip wie für Ginkgolide vermutet) zukämen und als gesundheitsbezogene Angabe zugelassen seien. Hierzu verweist die Klägerin ergänzend auf eine beigefügte Stellungnahme von Dipl. Biologin T1. .
23Danach gingen die Wirkungen von „U. H. Q. E. Tabletten“ auf die physiologischen Funktionen keinesfalls über die Wirkungen hinaus, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel haben könne. Das Produkt diene keiner arzneilichen Zweckbestimmung, es werde vielmehr für gesundheitsbezogene Funktionen ausgelobt, wie sie für Lebensmittel charakteristisch und gemäß den Vorgaben der HCVO gestattet seien. Schon deshalb könne eine Klassifizierung als Funktionsarzneimittel nicht anhand des Homöostasepaiers erfolgen.
24Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass das Produkt Risiken aufweise, die als eigenständiger Faktor zu einer Einordnung als Funktionsarzneimittel führen müssten. Auch insoweit fehle es an dem erforderlichen wissenschaftlichen Nachweis. Im Übrigen enthalte das Produkt den Hinweis, dass während der Einnahme blutgerinnungshemmender Arzneimittel auf die gleichzeitige Einnahme von „U. H. Q. E. Tabletten“ verzichtet werden solle. Die Ginkgol-Säuren seien in dem Produkt abgereichert.
25Da das Produkt als Nahrungsergänzungsmittel ohne krankheitsbezogene Angaben angeboten sowie lebensmitteltypisch über Drogerien, Reformhäuser und Supermärkte vertrieben werde, erfülle es auch nicht die Merkmale eines Präsentationsarzneimittels. Vor dem Hintergrund, dass Ginkgo biloba seit Langem in einer Vielzahl von Tees, weiteren Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln Verwendung finde, bestehe zudem keine allgemeine Verkehrsauffassung dahin, dass ginkgohaltige Produkte schlechthin als Arzneimittel zu klassifizieren seien.
26Die Klägerin beantragt,
27den Bescheid vom 11.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.12.2012 aufzuheben.
28Die Beklagte beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Sie vertieft ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und hält insbesondere daran fest, dass sich anhand der Studien von Santos et al. sowie Galduroz et al. eine pharmakologische Wirkung des streitgegenständlichen Präparats belegen lasse.
31Die Tatsache, dass bestimmte Stoffe, die Wirkungen auf die Blutviskosität oder die Thrombozytenaggregation besäßen, in Lebensmitteln, wie etwa Meeresfischen oder Ingwer, mit gesundheitsbezogenen Wirkungen verzehrt und gleichzeitig auch arzneilich verwendet würden, weise Ginkgo-biloba-Extrakten keine ernährungsphysiologische Wirkung zu. Diese Stoffe seien übliche Lebensmittel, von denen keines eine reine Zweckbestimmung zur Therapie von Krankheiten aufweise. Es gebe keine Arzneimittel mit diesen Stoffen, die im Rahmen einer Indikation zur symptomatischen Behandlung hirnorganisch bedingter Leistungsstörungen eingesetzt würden. Dagegen finde Ginkgo biloba mit ausschließlich therapeutischer Zweckbestimmung Verwendung. Ein therapeutisches Ziel sei gerade bei der Einstufung einer Wirkung als pharmakologisch mit-entscheidend.
32Zu den möglichen Risiken von Ginkgo-biloba-Extrakten, die die Klägerin offenbar selbst nicht völlig ausschließe, lägen in der UAW-Datenbank insgesamt 74 Meldungen hinsichtlich Blutungskomplikationen vor, darunter auch ernsthafte Erkrankungen wie Hirnblutungen.
33Die Deklaration des Präparats als Nahrungsergänzungsmittel stehe einer Einstufung als Präsentationsarzneimittel nicht entgegen. Durch die Kombination aus Vitaminen, für die auf die Gesunderhaltung des Nervensystems und psychischer Faktoren bezogene Lebensmittel-Claims zugelassen seien, und Ginkgo, das der Verbraucher in einschlägiger Indikation kenne, sähen sich Verbraucher und insbesondere die Zielgruppe für ginkgohaltige Arzneimittel in ihrem Wissen um die arzneiliche Wirkung von Ginkgo bestätigt.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
35E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
36Die zulässige Klage ist nicht begründet.
37Der Bescheid des BfArM vom 11.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.12.2012, der die Arzneimitteleigenschaft des Produktes „U. H. Q. E. Tabletten“ feststellt, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38Rechtsgrundlage für den Feststellungsbescheid des BfArM ist § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG. Danach entscheidet die zuständige Bundeoberbehörde auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Fertigarzneimittels. Die Entscheidung über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels schließt die Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft eines Produkts als notwendigen Zwischenschritt mit ein,
39vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27.01.2015 - 13 A 1872/14 -, PharmR 2015, 142, und vom 29.04.2014 - 13 A 1378/13 -, juris.
40Auch in materieller Hinsicht erweist sich die Entscheidung des BfArM als rechtmäßig.
41Bei dem streitgegenständlichen Produkt handelt es sich um ein Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts gültigen, zuletzt mit Gesetz vom 17.12.2014 (BGBl. I S. 2222) geänderten Fassung.
42Zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Verwaltungsakten nach § 21 Abs. 4 AMG: VG Köln, Urteil vom 08.11.2011 - 7 K 4577/11 - juris, m.w.N.; offengelassen vom OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2010 - 13 A 1187/10 - juris.
43Gemäß § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die
44- 45
1. entweder zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (sog. „Präsentationsarzneimittel“), oder
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2. im oder am menschlichen Körper angewendet oder verabreicht werden können, um
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen (sog. „Funktionsarzneimittel“) oder
48b) eine medizinische Diagnose zu erstellen („Diagnostika“).
49Diese Definitionen beruhen auf der Umsetzung des europarechtlichen Arzneimittelbegriffs in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG,
50Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.11.2001 zur Schaffung des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (Abl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), zuletzt geändert durch RL 2012/26/EU vom 25.10.2012 (ABl. L 299 vom 25.10.2012, S. 1.).
51Sie sind daher gemeinschaftsrechtlich vorgeprägt und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH richtlinienkonform auszulegen,
52vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2010 - 13 A 1187/10 -, juris.
53Nicht dem Arzneimittelbegriff unterfallen gem. § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 LFGB. Diese Bestimmung verweist auf Art. 2 VO(EG) 178/2002. Danach sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen erwartet werden kann, dass sie von Menschen aufgenommen werden, wobei Arzneimittel im Sinne des Gemeinschaftsrechts, d.h. der Definition in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG in der aktuellen Fassung
54- vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.2006 - 3 C 40/05 -, juris -
55nicht zu den Lebensmitteln gehören. Das Arzneimittelrecht und das Lebensmittelrecht sind danach in der Weise aufeinander bezogen, als die in Frage kommenden Produkte nur entweder Arzneimittel oder Lebensmittel sein können,
56vgl. VG Köln, Urteil vom 05.08.2014 - 7 K 5469/12 -, juris.
57Das Präparat „U. H. Q. E. Tabletten“ ist ein Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG. In der darin enthaltenen Zusammensetzung ist der Extrakt aus Ginkgo-biloba-Blättern ein Stoff, der im menschlichen Körper angewendet wird, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Hiervon geht die Kammer unter Berücksichtigung aller Merkmale des streitgegenständlichen Präparats aus.
58Bei der Entscheidung, ob ein Erzeugnis ein Funktionsarzneimittel ist, sind insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften - wie sie sich beim jeweiligen Stand der Wissenschaft feststellen lassen -, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen kann, zu berücksichtigen; im Rahmen dieser Prüfung sind die pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften das maßgebliche Kriterium, auf dessen Grundlage, ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses, zu beurteilen ist, ob es zur Wiederherstellung, Korrektur oder Beeinflussung der physiologischen Funktionen eingesetzt werden kann,
59ständige Rechtsprechung des EuGH, vgl. etwa Urteil vom 03.10.2013 - C-109/12 -; BVerwG, Urteil vom 20.11.2014 - 3 C 26.13 - jeweils mit weiteren Nachweisen, juris.
60Maßgeblich für die pharmakologische oder metabolische Wirkung ist zunächst der biochemische Wirkmechanismus, wobei der Begriff der pharmakologischen Wirkung als einer Wechselwirkung zwischen den Molekülen des betreffenden Stoffes und einem gewöhnlich als Rezeptor bezeichneten Zellbestandteil von dem der metabolischen Wirkung, welcher auf die Veränderung biochemischer Prozesse innerhalb von Körperfunktionen abzielt, nicht stets trennscharf abgegrenzt werden kann,
61vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27.01.2015 - 13 A 1872/14 - und vom 11.06.2007 - 13 A 3903/06 -; VG Köln, Urteil vom 14.02.2012 - 7 K 5340/10 -, juris.
62Der Stoff muss in der vorhandenen Zusammensetzung die Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers nennenswert beeinflussen und über die Wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel hat,
63vgl. EuGH, Urteile vom 15.01.2009 - C-40/07 - und vom 15.11.2007 - C-319/05 -; BVerwG, Urteile vom 26.05.2009 - 3 C 5.00 - und vom 25.07.2007 - 3 C 21.06 - sowie - 3 C 23.06 -; OVG NRW, Beschluss vom 10.12.2014 - 13 A 1202/14 -, juris.
64Dagegen ist die von der Klägerin thematisierte positive „Wirkung bei Kranken“, also ein Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit, keine Voraussetzung für die Einstufung als Funktionsarzneimittel. Die nachgewiesene therapeutische Wirksamkeit (d.h. ein auf einen bestimmten, belegten Heilerfolg abzielender Ausschnitt aus dem allgemeinen Wirkungsspektrum) berechtigt zwar im Wege eines Erst-Recht-Schlusses zur Annahme einer pharmakologischen Wirkung; sie ist aber kein notwendiges Element pharmakologischer Wirkung,
65BVerwG, Urteil vom 14.12.2006 - 3 C 40.05 -, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 10.12.2014 - 13 A 1202/14 - und vom 27.01.2015 - 13 A 1872/14 -, a.a.O.
66Fehlt die Eignung, therapeutische Zwecke zu erfüllen, so ist nicht ausgeschlossen, dass es sich dennoch um ein Funktionsarzneimittel handelt,
67vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21.06 -, juris.
68Dies belegt auch § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG, wonach die Zulassung zu versagen ist, wenn das Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit nicht besitzt. Die Bestimmung geht unabhängig von der therapeutischen Wirksamkeit begrifflich vom Vorliegen eines Arzneimittels aus. Ohne therapeutische Wirksamkeit fehlt dem Arzneimittel nicht die Arzneimitteleigenschaft sondern die Verkehrsfähigkeit,
69vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27.01.2015 - 13 A 1872/14 - m.w.N., a.a.O..
70Hiervon ausgehend hat das BfArM das streitgegenständliche Produkt zu Recht als Funktionsarzneimittel eingeordnet. Aus Sicht der Kammer ist nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der Schluss gerechtfertigt, dass der darin verwendete Gehalt an Ginkgo-biloba-Extrakt Körperfunktionen mittels pharmakologischer Wirkungen nennenswert beeinflusst.
71Die Kammer lässt dabei offen, ob sich eine solche Annahme bereits aus den vom BfArM angeführten Studien von Santos et al. und Galduroz et al. ableiten lässt,
72so VG Braunschweig, Urteil vom 08.08.2012 - 5 A 52/11 -, juris -,
73die signifikante Effekte der cerebralen Durchblutungsförderung und der Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes bereits bei einer Tagesdosis von 80 mg annehmen und diese mit einer Interaktion von Ginkgo mit dem plättchenaktivierenden Faktor bzw. einem Einfluss auf den Neurotransmitter-Spiegel über bestimmte Rezeptoren sowie mit seiner antioxidativen Wirkung in Verbindung bringen.
74Jedenfalls bietet die 1994 erstellte positive Aufbereitungsmonographie des Bundesgesundheitsamts für den Trockenextrakt aus Ginkgo-biloba-Blättern eine tragfähige Basis für die Annahme, dass das streitgegenständliche Produkt Körperfunktionen mittels pharmakologischer Wirkungen nennenswert beeinflusst. Denn bei dem darin verwendeten Ginkgo-biloba-Extrakt handelt es sich um ein Mittel, das durch den Einsatz als arzneiliches Heilmittel geprägt ist und für das bei identischer Zusammensetzung der wirksamkeitsbestimmenden Stoffe in einer geringfügig höheren Dosierung eine pharmakologische Wirkung (wie auch eine therapeutische Wirksamkeit) wissenschaftlich anerkannt ist.
75Die Positivmonographie sieht für Trockenextrakte aus Ginkgo-biloba-Blättern, die im Durchschnitt ein Droge-Extrakt-Verhältnis von 50:1 aufweisen und charakterisiert sind durch 22-27 % Flavonglykoside, 5-7 % Terpenlactone und unter 5 ppm Ginkgolsäuren, folgende als pharmakologisch bezeichnete Wirkungen bei 120 mg Tagesdosis als experimentell nachgewiesen an:
76Steigerung der Hypoxietoleranz, insbesondere des Hirngewebes, Hemmung der Entwicklung eines traumatisch oder toxisch bedingten Hirnödems und Beschleunigung seiner Rückbildung, Verminderung des Retinaödems und von Netzhautzell-Läsionen, Hemmung der altersbedingten Reduktion von muskarinergen Cholinorezeptoren und O2-Adrenozeptoren sowie Förderung der Cholinaufnahme im Hippocampus,
77Steigerung der Gedächtnisleistung und des Lernvermögens,
78Förderung der Kompensation von Gleichgewichtsstörungen,
79Förderung der Durchblutung, vorzugsweise im Bereich der Mikrozirkulation,
80Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes,
81Inaktivierung toxischer Sauerstoffradikale (Flavonoide),
82Antagonismus gegenüber PAF (Ginkgolide), (d.h. Hemmung des plättchenaktivierenden Faktors im Blut, der etwa eine Rolle bei Entzündungen eine Rolle spielt),
83Neuroprotektive Wirkung (Ginkgolide).
84Die Aufbereitungsmonographie ist eine belastbare wissenschaftliche Grundlage. Sie ist auf gesetzlicher Grundlage von einem kompetenten Expertengremium erstellt und vom damaligen Bundesgesundheitsamt anerkannt sowie veröffentlicht worden,
85vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22.06 -, juris.
86Der Bewertung des streitgegenständlichen Produkts als pharmakologisch wirkendes Arzneimittel können die Erkenntnisse aus dieser Monographie zugrundegelegt werden.
87Dem steht nicht entgegen, dass die positive Aufbereitungsmonographie einen Extrakt betrifft, der mit Aceton/Wasser als Auszugsmittel hergestellt wurde, während das streitgegenständliche Präparat mit dem Extraktionsmittel Ethanol/Wasser gewonnen wird.
88Für die Wirkungen von Ginkgo wird nach den Darlegungen des BfArM, denen die Klägerin nicht entgegengetreten ist, das Zusammenwirken von Stoffen (Flavonglykosiden und Terpenlactonen, davon ein bestimmter Anteil an Ginkgoliden) verantwortlich gemacht, die in dem vorliegenden Extrakt in derselben Zusammensetzung und mit demselben prozentualen Anteil enthalten sind wie in dem Extrakt, der in der Positivmonographie beurteilt wird. Das zeigt, dass es auch mit dem Auszugsmittel Ethanol/Wasser gelungen ist, die wirkungsbestimmenden Inhaltsstoffe in dem erforderlichen Umfang herauszufiltern. Dementsprechend sind die verschiedenen Extrakte auch in ihrer Wirkung vergleichbar. Zu keiner abweichenden Beurteilung führt die Negativmonographie, die auch Ethanol/Wasser-Extrakte zum Gegenstand hat. Aus dieser Monographie kann nicht entnommen werden, dass Ethanol-Wasser-Extrakte, wie der im streitgegenständlichen Präparat eingesetzte Extrakt, keine pharmakologischen Wirkungen haben. Denn in der Negativmonographie ist keine Aussage zu den pharmakologischen Wirkungen und zur therapeutischen Wirksamkeit enthalten, da die wissenschaftlichen Daten fehlten. Für die hier interessierende Frage trifft sie damit keine Aussage.
89Der Heranziehung der Positivmonographie lässt sich nach Auffassung der Kammer nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass „U. H. Q. E. Tabletten“ die dort vorgesehene Tagesdosierung geringfügig unterschreitet. Hierbei misst die Kammer der langjährigen arzneimitteltypischen Funktion von Ginkgo-biloba-Blätterextrakt eine besondere Bedeutung zu. Bei der Einzelfallentscheidung, ob ein Erzeugnis ein Funktionsarzneimittel ist, ist zu beachten, dass Arzneimittel typischerweise eine therapeutische Eignung besitzen und die Anwender sie nutzen, um Krankheiten oder unerwünschte körperliche Zustände und Befindlichkeiten zu verhindern bzw. zu bekämpfen,
90- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.12.2014 - 13 A 1202/14 -, a.a.O.
91Präparate aus Ginkgo-biloba-Blätter-Extrakten sind in der beschriebenen Zusammensetzung der wirkungsbestimmenden Inhaltsstoffe in Deutschland ausschließlich als arzneiliches Heilmittel mit nachgewiesener Wirksamkeit bei hirnorganischen Störungen eingesetzt worden. Eine Ernährungs- oder Genussfunktion ist bei den Blättern der Ginkgopflanze – anders als etwa Knoblauch, der eine langjährige Verwendung als Lebens- und Gewürzmittel besitzt
92- vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, juris -
93nicht belegt. Auch die Klägerin will mit ihrem Produkt nicht etwa Ernährungs-, Geschmacks- oder Genussfunktionen vermarkten, sondern nimmt dafür positive gesundheitliche Wirkungen auf die Hirnleistungen in Anspruch, die sich aus der Heilmittelfunktion ableiten. Das Mittel aus arzneilich wirksamen Substanzen soll daher gezielt eingesetzt werden, um bestimmte Funktionen des Körpers positiv zu beeinflussen. Wird jedoch eine Stoffzusammensetzung mit nachgewiesenen arzneimitteltypischen Funktionen knapp unterhalb der therapeutischen Wirksamkeitsschwelle dosiert, spricht eine Vermutung dafür, dass auch dieses Erzeugnis jedenfalls eine pharmakologische Wirkung aufweist. Denn diese setzt nicht abrupt erst mit Beginn der therapeutischen Wirksamkeit ein, sondern ist schon unterhalb dieser Schwelle vorhanden. In der Regel steigt die Wirkung eines Arzneimittels mit zunehmender Dosis an, wobei erst an einem bestimmten Punkt die Schwelle zum therapeutischen Erfolg überschritten ist. Dass das Produkt bereits pharmakologische Wirkungen mit einem nennenswerten Einfluss auf die physiologischen Funktionen besitzt, gesteht die Klägerin letztlich selbst zu, indem sie eine Notwendigkeit für den aufgenommenen Warnhinweis bejaht. Die Empfehlung, bei gleichzeitiger Einnahme von blutgerinnungshemmenden Arzneimitteln auf die Einnahme des Produkts zu verzichten, wäre überflüssig, wenn das Produkt keine erheblichen Auswirkungen auf die physiologischen Funktionen hätte. Wer daher Mittel mit arzneimitteltypischer Funktion auf den Markt bringt und dabei die Dosierung geringfügig unter die einer belegten therapeutischen Wirkung setzt, muss den Anschein pharmakologischer Wirkung entkräften, wenn er sein Produkt ohne Zulassung vertreiben will. Die Arzneimittelbehörde kann in einem derartigen Fall nicht verpflichtet sein, Daten über die pharmakologische Wirkung in beliebigen Bereichen unterhalb der Wirksamkeitsschwelle vorzulegen oder zu generieren, da diese naturgemäß kaum zur Verfügung stehen. Der Klägerin ist es aber nicht gelungen, den hiernach bestehenden Anschein einer pharmakologischen Wirkung zu widerlegen. Die Bezugnahme auf Untersuchungen, die sich auf die Frage der therapeutischen Wirksamkeit von Ginkgoprodukten für erkrankte Personen beziehen, ist hierfür nicht geeignet.
94Der Einordnung als Funktionsarzneimittel steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihrem Produkt keine therapeutische, sondern nur eine gesundheitsfördernde Zweckbestimmung beimisst. Als Arzneimittel scheiden solche Produkte aus, die sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit zuträglich zu sein, das Vorliegen einer Krankheit ist dagegen nicht erforderlich; aus dem Arzneimittelbegriff ausgeschlossen werden sollen danach nur gesundheitsschädliche Stoffe wie etwa Drogen, die konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen,
95vgl. EuGH, Urteil vom 10.07.2014 - C-358/13 -; OVG NRW, Beschluss vom 27.01.2015 - 13 A 1872/14 -, juris.
96Die Klägerin dringt auch nicht mit ihrem Einwand durch, Ginkgo-biloba-Extrakt in der hier fraglichen Dosierung unterschreite die sog. Erheblichkeitsschwelle, welche die Rechtsprechung im Wege einer einschränkenden Auslegung des Begriffs der pharmakologischen Wirkung aufstellt, um Arzneimittel von Lebensmitteln abzugrenzen. Danach steuert ein Arzneimittel gezielt die Körperfunktionen von außen, während der Körper bei der unspezifischen Aufnahme von Nährstoffen über natürliche Nahrungsmittel die benötigten Bestandteile selbst identifiziert und modifiziert,
97vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.2006 - 3 C 40.05 -, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22.06, juris.
98Die Erheblichkeitsschwelle ist nicht erreicht, wenn die Wirkungen eines Produkts nicht über diejenigen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel aufweisen kann,
99vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, juris.
100Als Vergleichsprodukt, das die Zusammensetzung der wirksamen Inhaltsstoffe von Ginkgo-biloba-Blätterextrakt aufweisen könnte, kommt nur der von der Klägerin angeführte Tee aus Ginkgo-biloba-Blättern in Betracht. Es ist nicht belegt, dass ein aus 5 g Ginkgoblättern zubereiteter Tee der Tagesdosis einer Tablette U. H. Q. E. entspricht. Der Einsatz von Extrakten ist mit der Teezubereitung aus den Blättern nicht vergleichbar. Die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe der Blätter sind nur schwer wasserlöslich und können deshalb nur in geringer Menge in der Teezubereitung vorhanden sein. Außerdem kann der Verzehr der Blätter sogar schädlich sein, weil Natur-Ginkgo auch Substanzen (Ginkgolsäuren) enthält, die Allergien hervorrufen können. Da die Konzentration von Ginkgolsäure in Teeprodukten im Gegensatz zu Arzneimitteln keiner Kontrolle unterliegt, werden ginkgohaltige Tees als potentiell gesundheitsgefährdend angesehen. Dagegen sind im Extrakt die gewünschten Inhaltsstoffe aus den Pflanzen in der erforderlichen Konzentration herausgelöst und die unerwünschte Ginkgolsäure abgereichert,
101vgl. „Ginkgohaltige Teeprodukte nicht ohne Risiko“ in Pharmazeutische Zeitung online www.pharmazeutische-zeitung.de/indesx.php?id=7209: der arzneiliche Wirkstoff Trockenextrakt aus Ginkgo-biloba-Blättern enthält im Vergleich zum Gehalt der Blätter auf circa das 50-fache angereicherte Ginkgoflavonglycoside und Terpenlactone; in allen untersuchten Tees, die noch nicht einmal ausschließlich aus Ginkgoblättern bestanden, waren trotz der relativ schlechten Wasserlöslichkeit der Ginkgolsäuren unzulässig hohe und gesundheitsbedenkliche Gehaltwerte an Ginkgolsäure in einer einzigen Tasse.
102Danach ist zweifelhaft, ob sich die Zubereitung von reinem Ginkgo-Tee als üblicher Lebensmittelverzehr qualifizieren lässt. Jedenfalls sind keinerlei Anhaltspunkte dafür dargetan, dass damit in lebensmitteladäquater Dosierung die in einer Tablette enthaltene Menge an wirksamen Inhaltsstoffen aufgenommen werden kann. Dem darauf gerichteten Beweisangebot braucht die Kammer nicht nachzugehen, da es auf einen Ausforschungsbeweis gerichtet ist.
103Soweit die Klägerin unter Beweisantritt ähnliche Wirkungsmechanismen anderer Inhaltsstoffe von verschiedenen Lebensmitteln wie Rotwein, Kakao, Fischöl sowie einigen Obst-, Gemüse- und Getreidesorten anführt, sieht die Kammer gleichfalls keinen Anlass zu einer Beweiserhebung. Dabei kann offenbleiben, ob sich ein Produkt anhand eines Vergleichs mit Lebensmitteln kategorisieren lässt, denen jeglicher inhaltsstoffliche Bezug zu diesem Produkt fehlt. Jedenfalls ergeben sich keine Hinweise auf eine vergleichbare Wirkungsintensität. Die Klägerin hat keine Daten vorgelegt, die - bei unterstellter vergleichbarer Wirkungsweise - einen quantitativen Vergleich der Auswirkungen ihres Produkts mit denen der genannten Lebensmittel in üblicher Verzehrmenge ermöglichen.
104Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Gesundheitsgefahr ein eigenständiger Faktor, den die zuständigen nationalen Behörden im Rahmen der Einstufung eines Erzeugnisses als Funktionsarzneimittel ebenfalls zu berücksichtigen haben,
105vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, juris.
106Ausgehend von mehreren Fallberichten der UAW-Datenbank besteht zumindest bei Kombination mit Gerinnungshemmern ein nicht auszuschließendes Risiko einer erhöhten Blutungsgefahr. Auch wenn ein konkreter Nachweis fehlt, erscheint dieses Risiko angesichts der monographisch beschriebenen Wirkungen zumindest plausibel und wird von der Klägerin, die ihr Produkt mit einem entsprechenden Hinweis vertreibt, nicht in Abrede gestellt. Unter diesen Umständen ist der Gesichtspunkt des Fehlens einer Gesundheitsgefahr jedenfalls kein Grund, das hier streitige Produkt aus der Kategorie der Arzneimittel herauszunehmen.
107Unerheblich ist schließlich, ob in anderen EU-Staaten vergleichbare ginkgohaltige Produkte als Nahrungsergänzungsmittel im Verkehr sind. Nach dem gegenwärtigen Stand des Unionsrechts schließt die in einem Mitgliedstaat vorgenommene Kategorisierung eines Erzeugnisses nicht aus, dass die zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats dieses Präparats abweichend aufgrund seiner pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Wirkungen als Arzneimittel einstufen,
108vgl. EuGH, Urteil vom 03.10.2013 - C-109/12 - für die Abgrenzung von Arzneimitteln zu Medizinprodukten; EuGH, Urteil vom 09.06.2005 - C-211/03 - und Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -; BVerwG, Urteil vom 14.12.2006 - 3 C 40/05 - für die Abgrenzung zu Lebensmitteln, sämtlich in juris.
109Ist danach das Produkt der Klägerin als Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG einzustufen, kann offenbleiben, ob auch die Voraussetzungen als Präsentationsarzneimittel erfüllt sind. Insbesondere ist der Frage nicht nachzugehen, ob das Produkt, dessen Aufmachung jeden Krankheits- und Heilbezug meidet, aufgrund einer arzneilich geprägten Verkehrsauffassung zu Präparaten aus Ginkgo-biloba-Blätterextrakt die Eigenschaft als Präsentationsarzneimittel erfüllt oder ob die zwischenzeitliche Vermarktung von Lebensmitteln mit wie auch immer gearteten Zusätzen aus der Ginkgopflanze dem entgegensteht.
110Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.
111Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.