Verwaltungsgericht Köln Urteil, 14. Apr. 2015 - 7 K 4332/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin bringt seit 2008 das Produkt „J. J1. “ Lutschtabletten als Medizinprodukt in den Verkehr. Die Tabletten enthalten als wirksamen Bestandteil 73,5 mg eines Trockenextraktes aus der Zistrose (cistus incanus e herb sicc.), entsprechend durchschnittlich 50 mg Polyphenole.
3In der Dokumentation der Klägerin zum Produktprofil vom 19.09.2008 heißt es unter dem Punkt 1. „Zweckbestimmung/ Anwendungsgebiete“: „J. J1. Lutschtabletten werden zur Verstärkung der Virenabwehr bei Erkältungskrankheiten und zur Unterstützung der natürlichen Barrierefunktion der Mund- und Rachenschleimhaut gegen Bakterien und Viren angewendet. Bei erhöhtem Infektrisiko vorbeugend oder bei ersten Erkältungssymptomen (z.B. „Kratzen im Hals“) 3 – 6 x täglich 1 Tablette langsam im Mund zergehen lassen.“
4Unter dem Punkt 2. „Zusammensetzung und Funktionsweise“ wird angegeben: „Hauptwirkungsweise: Abschirmung der Schleimhäute durch Bildung eines Schutzfilmes, verursacht durch die im Cistus-Extrakt enthaltenen Polyphenole (siehe Klinische Bewertung in dieser Produktakte).“
5Mit Schreiben vom 16.12.2009 legte die Klägerin dem Regierungspräsidium Freiburg als der landesrechtlich zuständigen Überwachungsbehörde eine überarbeitete klinischen Bewertung des Produkts gemäß § 5 MPG vom 07.12.2009, erstellt von Prof. Dr. N. G. N1. , C. , sowie die aktuellen Packmittel vor. In der klinischen Bewertung wird u. a. ausgeführt:
6„Polyphenolische Gerbstoffe bilden schwerlösliche Komplexe mit Proteinen der mukosalen Zelloberflächen unter Ausbildung einer Fällungsmembran, d.h. es kommt zu einer chemischen Reaktion zwischen Gerbstoff und Eiweiß auf der Schleimhautoberfläche, die einen lokalen Schutz gegen chemische, bakterielle und mechanische Einwirkungen bilden.“ ...
7„Polyphenolhaltige Cistus-Extrakte binden unspezifisch an Virusoberflächen und sind damit auch über den Mechanismus der Neuraminidase-Hemmung in der Lage, virale bzw. bakterielle Infektionen zu hemmen, da die Neuraminidase ebenfalls ein oberflächlich erreichbares Protein darstellt.“ ...
8„Klinische Studien zu Cistus creticus sind bisher noch nicht in der Literatur publiziert worden. Alle aufgeführten Daten sind logische Schlussfolgerungen aus in vitro-Untersuchungen bzw. stammen von einer publizierten Anwendungsstudie (20).“
9Der Text auf der Faltschachtel des Produkts enthält unter der Bezeichnung „J. J1. “ und einer Abbildung der Zistrose die folgenden Angaben auf der Vorderseite und der Seitenlasche:
10„Infektabwehr“, „verstärkt die Virenabwehr bei Erkältungsinfekten auf physikalische Weise“ - 30 Lutschtabletten – Zusammensetzung: Wirksamer Bestandteil: 1 Tablette enthält 73,5 mg Cistus villosus-Extrakt mit 50 mg Polyphenolen ...“.
11Auf der Rückseite der Faltschachtel befindet sich der folgende Text:
12„Medizinprodukt – Natürlicher Gesundheitsschutz bei erhöhtem Infektrisiko – Die regelmäßige Verwendung von Hübner J. J1. unterstützt das körpereigene Immunsystem. Der standardisierte Spezialextrakt Cistus Villosus-Extrakt enthält einen hohen Anteil an Polyphenolen (bis zu 330 mg pro Tagesdosis). Wie ein Schutzschild legen sich die Polyphenole (Gerbstoffe) des Cistus Villosus-Extraktes über Mund- und Rachenschleimhaut und helfen so, Erkältungsviren abzuwehren. Aufgrund der physikalischen Wirkung gibt es keine Resistenzbildung. Zur Unterstützung der natürlichen Barrierefunktion der Mund- und Rachenschleimhaut gegen Bakterien und Viren. Zur Vorbeugung von Atemwegserkrankungen wie grippalen Infekten (Erkältungen) besonders in der kalten Jahreszeit.“
13Die Gebrauchsanweisung enthält u.a. den folgenden Text:
14„ Liebe Anwenderin, lieber Anwender! Bitte lesen sie die folgende Gebrauchsanweisung aufmerksam durch. Sie enthält wichtige Informationen zur Anwendung des Medizinproduktes Hübner J. J1. . Bei Fragen wenden Sie sich bitte an die Fachberater in ihrem Reformhaus.“
15Darauf folgen weitere Angaben zu Anwendungsgebieten, Dosieranleitung, Art und Dauer der Anwendung, Nebenwirkungen, Gegenanzeigen, Wechselwirkungen, Hinweise zur Haltbarkeit, Darreichungsform und Inhalt und Zusammensetzung, die den Angaben auf der Faltschachtel entsprechen.
16Das Regierungspräsidium Freiburg kündigte der Klägerin mit Schreiben vom 02.02.2010 an, das weitere Inverkehrbringen des Produktes zu untersagen sowie den Rückruf aller im Handel befindlichen Chargen anzuordnen. In der Begründung führte die Behörde unter Bezugnahme auf das Urteil des VG Köln vom 14.10.2009 - 24 K 4394/08 - aus, bei dem Präparat handele es sich um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel, und nicht um ein Medizinprodukt. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 15.03.2010 und vom 26.03.2010 nahm die Klägerin - unter Einbeziehung des zwischenzeitlich ergangenen Beschlusses des OVG NRW vom 15.03.2010 - 13 A 2612/09 - Stellung. Hierbei verteidigte sie ihre Auffassung, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Präparat weder um ein Funktionsarzneimittel noch um ein Präsentationsarzneimittel handele. Die bisherige Rechtsprechung des VG Köln und OVG Münster, die bei einem anderen, cistushaltigen Präparat das Vorliegen eines Präsentationsarzneimittels festgestellt habe, sei auf das vorliegende Produkt nicht übertragbar.
17Mit Schreiben vom 20.04.2010 und vom 07.07.2010 stellte das Regierungspräsidium Freiburg bei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – BfArM – den Antrag, gemäß § 13 Abs. 3 MPG bzw. § 21 Abs. 4 AMG zu entscheiden, ob es sich bei dem Produkt der Klägerin um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handele. Das BfArM gab der Klägerin mit Schreiben vom 29.07.2010 Gelegenheit, zur Einstufung des Produkts als Fertigarzneimittel Stellung zu nehmen. Eine Gegenäußerung der Klägerin erfolgte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08.10.2010.
18Mit Bescheid vom 26.03.2013 stellte das BfArM bezüglich des Präparates „J. J1. “ gemäß § 21 Abs. 4 AMG fest, dass es sich um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handele. In der Begründung führte das BfArM aus, das Produkt erfülle die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG. Nach der Einnahmeempfehlung würden pro Tag bis zu 450 mg Polyphenole aus dem Cistusextrakt aufgenommen. Diese beeinflussten die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische Wirkung. Demgegenüber werde die Funktion eines Medizinproduktes durch eine mechanische oder physikalische Wirkung erreicht.
19Die im streitgegenständlichen Cistusextrakt vorkommenden Polyphenole gehörten unstreitig zur Gruppe der pflanzlichen Gerbstoffe, die in Deutschland in zugelassenen Arzneimitteln, wie beispielsweise Präparaten mit Eichenrinde oder Rathaniawurzel, eingesetzt würden. Ihr Wirkmechanismus beruhe auf einer Veränderung der Eiweißstrukturen von Haut- und Schleimhautoberflächen durch eine Bindung der Polyphenole an dort befindliche Proteinmoleküle (denaturierende Wirkung). Durch die Reaktion mit Eiweißen der oberen Hautschichten wirkten Gerbstoffe reizmildernd, entzündungswidrig und schwach lokalanästhetisch. Diese molekularen Wechselwirkungen zwischen Polyphenolen und Oberflächenproteinen der Schleimhaut entsprächen der Definition für eine pharmakologische Wirkung.
20Darüber hinaus gebe es Hinweise in der wissenschaftlichen Literatur, wonach es bei Cistusextrakten zu einer Wechselwirkung von Polyphenolen mit Oberflächenproteinen von Erkältungsviren komme, beispielsweise durch eine Bindung an Hemagglutinin oder Neuraminidase in der Virenhülle. Auch diese Wirkungen, auf die in der vorgelegten klinischen Bewertung ebenfalls hingewiesen werde, seien zweifellos als pharmakologisch einzustufen.
21Außerdem sei das streitgegenständlichen Präparat ein Präsentationsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG. Es handele sich um eine Stoffbereitung, die zur Anwendung im menschlichen Körper als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sei. Dass das Präparat auf der Umverpackung und anderen Produktinformationen als Medizinprodukt bezeichnet werde, sei unerheblich.
22Das Erzeugnis sei auch nicht nach § 2 Abs. 3 AMG aus dem Arzneimittelbegriff ausgeschlossen. Es handele sich nicht um ein Medizinprodukt, da die bestimmungsgemäße Hauptwirkung durch eine pharmakologische Wirkweise erreicht werde. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich kein Hinweis für eine nicht-pharmakologische, insbesondere physikalische oder mechanische Wirkung des Produkts.
23Gegen den am 27.03.2013 zugestellten Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.04.2013 am gleichen Tag Widerspruch ein. Mit dem Widerspruch wurde geltend gemacht, es liege entgegen der Behauptung des BfArM weder ein Funktionsarzneimittel noch ein Präsentationsarzneimittel vor. Auf die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3 a AMG könne sich das BfArM nicht berufen, da die Arzneimitteleigenschaft des Produkts eben nicht positiv festgestellt sei.
24Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 12.06.2013 als unbegründet zurückgewiesen. Der Bescheid wurde am 17.06.2013 zugestellt.
25Gegen die Einstufung des streitgegenständlichen Produktes als Arzneimittel hat die Klägerin am 16.07.2013 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, der Bescheid der Beklagten sei schon deshalb rechtswidrig, weil § 21 Abs. 4 AMG das BfArM nur zu einer Entscheidung über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels berechtige, nicht aber zu einer Feststellung der Eigenschaft eines Produktes als Arzneimittel. Die Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten könne nur auf der Grundlage eines Antrages nach § 13 Abs. 3 MPG erfolgen. Das BfArM sei daher über das Antragsbegehren hinausgegangen und habe damit gegen den Grundsatz „ne ultra petita“ verstoßen.
26Das BfArM habe das streitgegenständliche Produkt auch zu Unrecht als Arzneimittel eingeordnet.
27Das Präparat sei kein Funktionsarzneimittel. Das BfArM habe eine pharmakologische oder immunologische oder metabolische Wirkung bisher nicht nachgewiesen, sondern nur behauptet bzw. aus den allgemein bekannten Fähigkeiten von pflanzlichen Polyphenolen, also aus dem Wirkmechanismus eines enthaltenen Stoffes, gefolgert. Das genüge nicht, um eine pharmakologische Wirkung positiv festzustellen. Erforderlich seien randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien, die das BfArM durchführen müsse oder durchführen lassen müsse. Die physiologischen Funktionen müssten außerdem in signifikanter Weise beeinflusst werden, was nicht nachgewiesen sei. Vielmehr ergebe sich aus den vorgelegten Unterlagen die physikalische Wirkung des Mittels.
28Die Darlegungs- und Beweislast für die pharmakologische Wirkung habe nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH das BfArM. Dies sei unabhängig davon, ob ein Arzneimittel von einem Lebensmittel oder einem Medizinprodukt abzugrenzen sei. Im Verfahren nach § 21 Abs. 4 AMG zwischen Landesbehörde und BfArM sei es nicht Aufgabe der Klägerin gewesen, die Eigenschaft als Medizinprodukt darzulegen. Das sei nur in Verfahren nach § 13 Abs. 3 MPG notwendig.
29Die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3a AMG sei nicht anwendbar. Sie setze voraus, dass die Arzneimitteleigenschaft positiv festgestellt worden sei. Da sich das BfArM auf diese Eigenschaft berufe, sei es Aufgabe des BfArM gewesen, die Einstufung als Arzneimittel darzulegen und zu beweisen. Daran fehle es aber.
30Das streitgegenständliche Präparat sei auch kein Präsentationsarzneimittel. Die Definition des Präsentationsarzneimittels ermögliche keine Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und Medizinprodukten, weil beide eine therapeutische Zweckbestimmung hätten und daher auch so präsentiert werden dürften. Maßgeblich für die Abgrenzung sei allein der Begriff des Funktionsarzneimittels bzw. die bestimmungsgemäße Hauptwirkung des Produkts, die vom BfArM zu belegen sei. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen in § 3 Nr. 1 und § 2 Abs. 5 MPG, § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG und § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG.
31Unabhängig davon komme es bei der Beurteilung der Frage, ob ein Präsentationsarzneimittel vorliege, auf die Umstände des Einzelfalls an. Die Klägerin bezeichne das Präparat in ihrer Produktpräsentation (Verpackung, Gebrauchsanweisung, Internet-Auftritt, Ratgeber) als Medizinprodukt und weise auf die physikalische Wirkung in. Das Mittel werde gerade nicht als Arzneimittel präsentiert. Ein durchschnittlicher, verständiger Verbraucher werde auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht davon ausgehen, dass es sich um ein Arzneimittel handele, wenn es als Medizinprodukt bezeichnet werde und keine pharmakologische Wirkung habe (BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 - ).
32Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Köln und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zu den „Cystus 052“-Präparaten, die diese als Präsentationsarzneimittel eingeordnet habe, sei auf das vorliegende Produkt nicht übertragbar.
33Zum einen sei die Präsentation der Produkte unterschiedlich. Insbesondere ziehe die Klägerin keinen Vergleich mit einem verschreibungspflichtigen Arzneimittel gegen Grippe (Tamiflu). Zum anderen werde im Produkt der Klägerin ein anderer Cistus-Extrakt eingesetzt, insbesondere eine andere Spezies, die andere Eigenschaften habe. In den Produkten, die Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gewesen seien, sei eine besondere Cistus-Varietät mit der Bezeichnung „Cistus incanus Pandalis“ eingesetzt worden, die einen besonders hohen Gehalt an komplexen, großen Polyphenolen aufweise. Mit diesem Pflanzenstoff seien die von der Klägerin eingesetzten Pflanzenextrakte nicht vergleichbar. Das BfArM habe bisher nicht nachgewiesen, dass die pharmakologische Wirkung der beiden Pflanzenarten bzw. der beiden Produkte identisch sei.
34Falls das Gericht der Auffassung der Beklagten folgen und die Arzneimitteleigenschaft des streitgegenständlichen Produktes bejahen wolle, sei es gemäß Art. 267 AEUV verpflichtet, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung über die Auslegung von Art. 1 der Richtlinie 2001/83/EG vorzulegen. Das den Gerichten im Rahmen des Art. 267 AEUV in der Regel zustehende Ermessen verdichte sich hier auf eine Verpflichtung zur Vorlage, weil das Gericht sich mit einer Einstufung des Präparates als Arzneimittel in einen offenen Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH setzen würde.
35Die Klägerin beantragt,
36den Bescheid des BfArM vom 26.03.2013 (Gz.: 00.0.00-0000-000000/00) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2013 (Gz.: 00.000 0-00000) aufzuheben.
37Die Beklagte beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Sie weist darauf hin, dass die Entscheidungsbefugnis des BfArM nach § 21 Abs. 4 AMG zur Zulassungspflicht von Arzneimitteln nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte auch die notwendige Vorfrage umfasse, ob es sich überhaupt um ein Arzneimittel handele. Die Ermächtigung des BfArM nach § 13 Abs. 3 MPG stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Der Antrag des Regierungspräsidiums Freiburg sei auch gerade auf eine Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft des streitgegenständlichen Produkts gerichtet gewesen, sodass das BfArM mit seiner Feststellung nicht über den Antrag hinausgegangen sei.
40Das Präparat der Klägerin habe schon auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten gutachterlichen Bewertung und der eingereichten Unterlagen eine pharmakologische Wirkung und sei daher ein Funktionsarzneimittel. Die Gutachter der Klägerin bestätigten, dass eine chemische Reaktion der phenolischen Gerbstoffe des Produkts mit den Eiweißen auf der Schleimhautoberfläche stattfinde, die zu einer physikalischen Barriere gegen die Einwirkung von Fremdstoffen führe. Die Wirkung werde daher durch einen pharmakologischen Vorgang ausgelöst. Wenn ein wesentlicher Inhaltsstoff des streitgegenständlichen Mittels eine pharmakologische Wirkung habe, müsse das BfArM die pharmakologische Wirkung des Produkts nicht im Einzelnen nachweisen.
41Vielmehr trage der Inverkehrbringer, hier die Klägerin, die Beweislast für einen anderen Wirkmechanismus eines Produkts. Die Rechtsprechung des EuGH, auf die sich die Klägerin berufe, beziehe sich auf die Abgrenzung von Arzneimitteln zu Lebensmitteln, nicht auf die Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten.
42In diesem Zusammenhang sei auch die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3 a AMG zu beachten. Diese beziehe sich unzweifelhaft auf Funktionsarzneimittel und stelle eine Ergänzungsregelung dar zu § 2 Abs. 3 AMG für Grenzprodukte, deren Eigenschaften eine sichere Zuordnung nicht zuließen. Die Vorschrift sehe eine Berücksichtigung aller Eigenschaften des Produkts und damit auch der bestimmungsgemäßen Hauptwirkung vor. Dieses Kriterium gebe dem Unternehmer die Möglichkeit zu belegen, dass die Hauptwirkung eine nicht pharmakologische sei. Hierdurch werde allerdings dem Unternehmer auch die Beweislast auferlegt.
43Wenn die Klägerin sich darauf berufe, dass die Zweifelfallregelung des § 2 Abs. 3a AMG nicht anwendbar sei, obwohl das BfArM die pharmakologische Wirkung aufgrund der Unterlagen der Klägerin bejaht habe, mache sie einen Ausnahmefall geltend und trage dementsprechend auch die Beweislast für das Vorliegen einer nicht pharmakologischen Wirkung.
44Der Klägerin sei ein Nachweis der physikalischen Wirkung ihres Präparates nicht gelungen. Sie habe auch nicht ansatzweise ausgeführt oder belegt, warum die beanspruchte Wirkung eine nicht-pharmakologische sei. Vielmehr ergebe sich die pharmakologische Wirkung gerade aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen. Die daraus vom BfArM gezogenen Schlussfolgerungen habe die Klägerin weder hinsichtlich der Methoden, noch des Ergebnisses oder in anderer Weise entkräftet. Stattdessen stelle die Klägerin übersteigerte Forderungen an die Entscheidungsfindung des BfArM.
45Dieses sei aber nicht verpflichtet, zum Nachweis der pharmakologischen Wirkung eigene Studien durchzuführen. Vielmehr erfolge im Bereich der Arzneimittelzulassung die Prüfung der Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität allein auf der Grundlage der Unterlagen des Antragstellers, der nach § 22 AMG zur Vorlage verpflichtet sei. Bei einem Antrag nach § 21 Abs. 4 AMG auf Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft könne daher nichts anderes gelten.
46Im Übrigen sei die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu den „Cystus 052“-Produkten übertragbar. Die Produkte seien vergleichbar, weil die Extrakte der verwendeten Zistrosenarten beide einen hohen Anteil an Polyphenolen enthielten, die die adstringierende Wirkung erklärten. Die vorgelegte klinische Bewertung beziehe sich auch gerade auf Studien mit Cistus incanus, also der in „Cystus 052“ verwendeten Cistus-Varietät.
47Eine Vorlage an den EuGH sei nicht erforderlich. Die von der Klägerin formulieren Vorlagefragen seien nicht entscheidungserheblich.
48Die Vertreter der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass derzeit ein Antrag auf Registrierung eines cistushaltigen Arzneimittels beim BfArM anhängig sei, der kurz vor der Entscheidung stehe.
49Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
50E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
51Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des BfArM vom 26.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2013, der die Arzneimitteleigenschaft des Produktes „J. J1. “ Lutschtabletten feststellt, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
52Rechtsgrundlage für den Feststellungsbescheid des BfArM ist § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG. Danach entscheidet die zuständige Bundesoberhörde auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Fertigarzneimittels.
53Die streitgegenständliche Entscheidung des BfArM begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken. Insbesondere liegt der erforderliche Antrag der zuständigen Landesbehörde vor. Mit Schreiben des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20.04.2010, präzisiert durch Schreiben vom 07.07.2010, hat dieses ausdrücklich um eine Entscheidung darüber gebeten, ob es sich bei dem Produkt „J. J1. “ um ein Arzneimittel oder ein Medizinprodukt handelt. Dass die Landesbehörde den Antrag im ersten Schreiben zusätzlich auf § 13 Abs. 3 MPG gestützt hat, ändert daran nichts. Die Auffassung der Klägerin, dass sich der Antrag der Behörde nur auf die Feststellung der Zulassungspflicht gerichtet hat, und nicht auf die Feststellung der Arzneimitteleigenschaft in Abgrenzung zu einem Medizinprodukt, ist nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Schreiben nicht nachvollziehbar.
54Der Antrag der Landesbehörde ist auch vom Umfang der Ermächtigung des § 21 Abs. 4 AMG gedeckt. Diese weist dem BfArM die Kompetenz zu, eine bundesweit verbindliche arzneimittelrechtliche Einstufung zu treffen und stellt hiermit eine einheitliche Handhabung der Arzneimittelüberwachung durch die jeweilige regional zuständige Überwachungsbehörde sicher,
55vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur heutigen Fassung des § 21 Abs. 4 AMG, BR-Drs. 91/12, S. 82; OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2014 - 13 A 1378/13 - .
56Diese Entscheidung umfasst daher neben der Entscheidung über das Bestehen einer Zulassungspflicht auch die Feststellung der Arzneimitteleigenschaft als unerlässliche Vorfrage,
57VG Köln, Urteil vom 05.08.2014 - 7 K 5469/12 - , vom 08.04.2014 - 7 K 3150/12 - und vom 14.10.2009 - 24 K 4394/08 - ; OVG NRW, Beschluss vom 15.03.2010 - 13 A 2612/09 - und vom 13.10.2010 - 13 A 1198/10 - juris, Rn. 11; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 126. Erg.-Liefg. 2014, § 21 AMG Rn. 73.
58Auch in materieller Hinsicht erweist sich die Entscheidung des BfArM als rechtmäßig. Bei dem streitgegenständlichen Produkt handelt es sich um ein Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts gültigen, zuletzt mit Gesetz vom 17.12.2014 (BGBl. I S. 2222) geänderten Fassung.
59Zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Verwaltungsakten nach § 21 Abs. 4 AMG: VG Köln, Urteil vom 08.11.2011 - 7 K 4577/11 - juris, m.w.N.; offengelassen vom OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2010 - 13 A 1187/10 - juris, Rn. 9 f.
60Gemäß § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die
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1. entweder zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (sog. „Präsentationsarzneimittel“), oder
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2. im oder am menschlichen Körper angewendet oder verabreicht werden können, um
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen (sog. „Funktionsarzneimittel“) oder
65b) eine medizinische Diagnose zu erstellen („Diagnostika“).
66Diese Definitionen beruhen auf der Umsetzung des europarechtlichen Arzneimittelbegriffs in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG,
67Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.11.2001 zur Schaffung des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (Abl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), zuletzt geändert durch RL 2012/26/EU vom 25.10.2012 (ABl. L 299 vom 25.10.2012, S. 1.).
68Sie sind daher gemeinschaftsrechtlich vorgeprägt und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH richtlinienkonform auszulegen,
69vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2010 - 13 A 1187/10 - juris, Rn. 22.
70Das streitgegenständliche Präparat „J. J1. “ erfüllt bereits die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und ist damit ein Präsentationsarzneimittel. Es handelt sich um eine Stoffzubereitung, die zur Anwendung im menschlichen Körper (Mundhöhle) als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Verhütung menschlicher Krankheiten (Atemwegsinfektionen) bestimmt ist.
71Ein Produkt erfüllt die Voraussetzungen eines Präsentationsarzneimittels, wenn es entweder ausdrücklich als ein solches Mittel bezeichnet wird oder aber sonst beim Verbraucher, wenn auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse,
72BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 - juris, Rn. 21; EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 - „Knoblauchkapseln“, juris, Rn. 46.
73Hierbei ist auf einen typischen Verbraucher abzustellen, also auf einen normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher. Ob ein Produkt infolge seiner Darreichungsform und Aufmachung als ein Mittel mit Heileigenschaften aufgefasst wird, ist fallbezogen anhand konkreter Merkmale zu bestimmen. Für diese Bewertung sind insbesondere seine Verpackung und sein Beipackzettel mit möglichen Hinweisen auf pharmazeutische Forschungen, auf von Ärzten entwickelte Methoden oder Stoffe oder auf von Ärzten abgegebene Zeugnisse sowie die dem Hersteller/Vertreiber zurechenbare Produktwerbung in den Blick zu nehmen. Hierbei genügt es nicht, wenn das Produkt mit Eigenschaften präsentiert wird, die allgemein gesundheitsfördernde Wirkung haben. Jedoch liegt regelmäßig ein Präsentationsarzneimittel vor, wenn der Hersteller für das Produkt „therapeutische Wirksamkeit in Bezug auf bestimmte Erkrankungen“ oder „heilende, krankheitsvorbeugende oder Leiden lindernde Wirkungen in Anspruch nimmt“,
74vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 - juris, Rn. 40; Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 - juris, Rn. 23; Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 – juris, Rn. 23; OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2010 - 13 A 1187/10 - juris, Rn. 23 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.02.2010 - 9 S 3331/08 - juris, Rn. 36; OVG Lüneburg, Urteil vom 03.02.2011 - 13 LC 92/09 - ; VG Köln, Urteil vom 14.10.2009 - 24 K 4394/08 - und vom 13.04.2010 - 24 K 5687/08 - .
75Das streitgegenständliche Präparat ist unter Berücksichtigung aller Aspekte des Produktsauftritts ein Präsentationsarzneimittel, da es als Mittel mit Eigenschaften zur Vorbeugung bzw. zur Heilung von Krankheiten in den Verkehr gebracht wird. Denn die Klägerin weist dem Produkt schon mit der Namensgebung „J1. “ und mit den Angaben auf der Verpackung, der Packungsbeilage und in der Werbung die Wirkung zu, erfolgreich Erkältungsinfekte, und damit Krankheiten durch Viren und Bakterien zu verhindern bzw. im Anfangsstadium auch zu heilen. Für das Erscheinungsbild eines Arzneimittels spricht darüber hinaus, dass die in dem Mittel vorhandenen Polyphenole aus Cistus-villosus-Extrakt in arzneimitteltypischer Weise als „wirksame Bestandteile“ genannt werden.
76Die „Gebrauchsanweisung“ ist in der Art einer Packungsbeilage eines Arzneimittels – mit Angaben zu Anwendungsgebieten, Nebenwirkungen, Gegenanzeigen, Wechselwirkungen und Hinweisen zur Haltbarkeit – konzipiert. Darin ist auch eine arzneimitteltypische Dosierungsanleitung enthalten. Ferner wird auf die historische Anwendung der Zistrose in der Heilkunde zur Zeit der Antike und auf die traditionelle Anwendung in Griechenland zur Abwehr von Atemwegsinfekten hingewiesen. Schließlich ist die verwendete Darreichungsform von „Lutschtabletten“ dem Verbraucher von zahlreichen Arzneimitteln zur Anwendung bei Halsentzündungen und anderen Erkältungskrankheiten bekannt. Damit verleiht die Klägerin dem Präparat insgesamt das Erscheinungsbild eines Arzneimittels.
77Die Bezeichnung als „Medizinprodukt“, die CE-Kennzeichnung, die Verwendung des Begriffs „Gebrauchsanweisung“ oder „Anwender“ und der Vertrieb über Reformhäuser stehen dieser Einordnung nicht entgegen. Andernfalls hätte es der Hersteller in der Hand, allein durch die Angabe einer bestimmten Produktkategorie die anwendbaren Rechtsvorschriften und damit die Marktfähigkeit des Produkts selbst zu bestimmen,
78so bereits VG Köln, Urteil vom 14.10.2009 - 24 K 4394/08 - zu den „Cystus 052“- Präparaten.
79Auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs, wonach der Verbraucher ein als „Nahrungsergänzungsmittel“ bezeichnetes Produkt, welches in der empfohlenen Dosis keine pharmakologischen Wirkungen hat, nicht als Arzneimittel einschätzt,
80vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 - m.w.N.; BGH, Urteil vom 10.02.2000 - I ZR 2002/660 - ,
81kann sich die Klägerin nicht berufen. Diese Entscheidungen sind auf den vorliegenden Fall der Bezeichnung als „Medizinprodukt“ nicht übertragbar, weil sie sich auf die Abgrenzung von Nahrungsergänzungsmitteln und Arzneimitteln beziehen und nicht von Medizinprodukten und Arzneimitteln. Als „Nahrungsergänzungsmittel“ bezeichnete Mittel unterscheiden sich im Produktauftritt in der Regel entscheidend von Medizinprodukten, weil sie entsprechend ihrer Namensgebung gerade keine Heilwirkung beanspruchen, sondern lediglich einen allgemeinen oder besonderen Ernährungsbedarf decken sollen und damit nur allgemein der Gesunderhaltung dienen. Daher ist eine Verbrauchererwartung im Sinne eines Heilmittels bei einer Bezeichnung als „Nahrungsergänzungsmittel“ in der Regel fernliegend. Anders ist die Situation bei „Medizinprodukten“, die schon mit diesem Begriff auf eine medizinische Zweckbestimmung hinweisen und daher eine Nähe zu Arzneimitteln herstellen.
82Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass trotz der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel andere Umstände hinzutreten können, die ein Produkt gleichwohl als Arzneimittel erscheinen lassen, namentlich die Art der Bewerbung oder die preisende Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen,
83vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 – 3 C 5.09 – juris, Rn. 22.
84Demnach kommt es auf die Gesamtumstände der Vermarktung an, die hier aber – wie bereits ausgeführt – auf das Vorliegen eines Arzneimittels hinweisen.
85Der Umstand, dass die Klägerin das Produkt als Mittel mit physikalischer Wirkung präsentiert, führt nicht zu einem Ausschluss aus dem Tatbestand des Präsentationsarzneimittels. Die Norm des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG stellt – im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG – nicht darauf ab, dass die „Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten“ pharmakologischer, immunologischer oder metabolischer Natur sind oder als solche bezeichnet werden,
86ablehnend bereits OVG NRW, Beschluss vom 23.04.2010 - 13 A 622/10 - zu „Cystus 052“.
87Der Wortlaut bietet für eine solche einschränkende Auslegung keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr ist der Begriff des „Präsentationsarzneimittels“ nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH weit auszulegen. Die Einbeziehung von Mitteln, die eine therapeutische Wirkung in Anspruch nehmen, in das Arzneimittelrecht, dient nämlich dem Schutz des Verbrauchers vor Erzeugnissen, die nicht ausreichend wirksam sind oder die nicht die Wirkungen haben, die der Verbraucher nach ihrer Bezeichnung erwarten darf,
88vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 – „Hecht-Pharma“, juris, Rn. 25; Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 – „Knoblauchkapseln“, juris, Rn. 43 ff., 47; Urteil vom 21.03.1991 - C-60/89 – „Monteil und Samanni“, juris, Rn. 30 und Urteil vom 30.11.1983 - C-227/82 – „van Bennekom“, juris, Rn. 17.
89Im Urteil vom 15.11.2007 „Knoblauchkapseln“ führt der Gerichtshof hierzu wörtlich aus: „In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass ein Erzeugnis im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten bezeichnet wird, wenn es, gegebenenfalls auf dem Etikett, dem Beipackzettel oder mündlich, ausdrücklich als ein solches bezeichnet oder empfohlen wird.“
90Damit stellt der EuGH nicht auf die Verwendung der Begriffe „Arzneimittel“ oder die Inanspruchnahme einer „pharmakologischen Wirkung“ ab, sondern auf die Empfehlung eines Mittels als Heil- oder Verhütungsmittel für menschliche Krankheiten. Denn hierdurch wird die Erwartung des Verbrauchers geweckt, dass das Mittel tatsächlich die in Anspruch genommene Heilwirkung, Linderungswirkung oder Verhütungswirkung hat.
91Damit werden entsprechend der weiten Zweckbestimmung des Begriffs des Präsentationsarzneimittels auch Produkte umfasst, die den Anspruch erheben, mittels physikalischer Wirkungsweise eine Heilwirkung zu erzeugen. Für den Schutz von Verbrauchern vor unwirksamen Mitteln kommt es nämlich nicht darauf an, welchen Schutzmechanismus die Mittel behaupten, sondern allein darauf, dass sie Eigenschaften zur Heilung von Krankheiten beanspruchen, auf die sich der Verbraucher verlässt. Für diesen ist es ohne Belang, wie die Heilwirkung erzeugt wird. Der durchschnittliche Verbraucher ist auch nicht in der Lage, pharmakologische von physikalischen Heilwirkungen zu unterscheiden, zumal die Abgrenzung auch unter wissenschaftlichen Aspekten häufig schwer zu treffen oder umstritten ist, wie der vorliegende Fall zeigt.
92Diese Auslegung hat zur Folge, dass unter den Begriff des „Präsentationsarzneimittels“ auch Produkte fallen können, die sich als stoffliche Medizinprodukte mit physikalischer Wirkung präsentieren. Es ist – entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung – nicht zutreffend, dass die Definition des Präsentationsarzneimittels gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG für die Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten ungeeignet ist und daher keine Anwendung finden kann. Insbesondere führt sie nicht dazu, dass die stofflichen Medizinprodukte wegen ihrer notwendig vorhandenen medizinischen Zweckbestimmung immer als Präsentationsarzneimittel unter die Zulassungspflicht fallen und das Medizinprodukterecht auf diese Erzeugnisse keine Anwendung mehr findet,
93so bereits OVG NRW, Beschlüsse vom 15.03.2010 - 13 A 2612/09 - juris Rn. 13 ff. und vom 23.04.2010 - 13 A 622/10 - juris, Rn. 5 sowie Urteil vom 19.05.2010 - 13 A 156/06 - juris, Rn. 62; VG Köln, Urteil vom 09.04.2013 - 7 K 4315/11 - ; zustimmend Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 125. Akt.-Lfg. 2013, § 2 Anm. 158 a; Tolle, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht 2010, § 2 Rn. 145;
94a. A. Wudy, PharmR 2011, 156, 157; Bruggmann, PharmR 2010, 97,100; v. Czettritz, PharmR 2010, 344, 345 und 475, 476; Voit, PharmR 2010, 501, 506.
95Medizinprodukte sind gemäß der Definition in § 3 Nr. 1 a MPG auch Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird. Damit ist der Begriff des stofflichen Medizinprodukts teilidentisch mit dem Begriff des Präsentationsmittels, weil beide Produktgruppen stets Stoffe sind, die eine therapeutische Zweckbestimmung haben.
96Dies spricht jedoch nicht dagegen, als „Medizinprodukte“ bezeichnete Stoffe mit therapeutischer Zweckbestimmung in den Begriff des Präsentationsarzneimittels einzubeziehen. Diese Auslegung hat nicht zur Folge, dass stoffliche Medizinprodukte stets unter das Regelungsregime des Arzneimittelrechts fallen. Denn es ist in einer zweiten Stufe zu prüfen, ob die weiteren Voraussetzungen eines Medizinprodukts erfüllt sind, was davon abhängt, welche hauptsächliche Wirkungsweise das Mittel hat, § 2 Abs. 5 Nr. 1 MPG.
97Dies ergibt sich aus den Regelungen in § 2 Abs. 3 und § 2 Abs. 3 a AMG, die das erforderliche Korrektiv für stoffliche Medizinprodukte enthalten, die tatsächlich Medizinprodukte sind und sich nicht nur als solche bezeichnen. In § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG ist bestimmt, dass Medizinprodukte im Sinne des § 3 MPG keine Arzneimittel sind, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 b AMG (Diagnostika). In § 2 Abs. 3a AMG ist geregelt, dass Arzneimittel auch solche Erzeugnisse sind, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können. Die letztgenannte Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG, wonach in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von „Arzneimitteln“ als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, vorrangig die Arzneimittelrichtlinie gilt (Zweifelsfallregelung). Die Regelung in § 2 Abs. 3a AMG ist daher in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 2 der Arzneimittelrichtlinie auszulegen.
98Die Zweifelsfallregelung ist nach dem Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2004/27/EG vom 31.03.2004, durch die die Regelung in die Arzneimittelrichtlinie eingefügt wurde, dazu bestimmt, der steigenden Zahl von Grenzprodukten Rechnung zu tragen. Sie sollte sicherstellen, dass die arzneimittelrechtlichen Vorschriften eingreifen, wenn ein Produkt, „was vollständig von der Definition des Arzneimittels erfasst wird, möglicherweise auch unter die Definition anderer regulierten Produkte fällt“. Jedoch sollte die Arzneimittelrichtlinie nicht gelten, wenn ein Produkt „eindeutig“ unter die Definition anderer Produktgruppen, insbesondere von Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln, Produkten der Medizintechnik, Bioziden oder kosmetischen Mitteln fällt,
99vgl. Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, Abl. L 136, 34.
100Diese Abgrenzung sollte nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers bei der Umsetzung der Änderungsrichtlinie durch die Vorschrift des § 2 Abs. 3a AMG übernommen werden,
101vgl. Bt-Drs. 16, 12256, S. 41; OVG NRW, Beschlüsse vom 15.03.2010 - 13 A 2612/09 - juris Rn. 13 ff. und vom 23.04.2010 - 13 A 622/10 - juris, Rn. 5 sowie Urteil vom 19.05.2010 - 13 A 156/06 - juris, Rn. 62; VG Köln, Urteil vom 09.04.2013 - 7 K 4315/11 - .
102§ 2 Abs. 3a AMG steht daher in einem engen systematischen Zusammenhang mit den Regelungen für andere Produktgruppen in § 2 Abs. 3 AMG und ist eine Ergänzung für Grenzprodukte, deren Eigenschaften eine sichere Zuordnung zu einer dieser Produktkategorien nicht zulassen,
103vgl. Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz 2012, § 2 Rn. 232.
104Daraus folgt für die Abgrenzung von stofflichen Medizinprodukten und Arzneimitteln, dass diese nach § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG keine Arzneimittel sind und den Vorschriften des MPG unterfallen, wenn es sich eindeutig um Medizinprodukte handelt, diese also alle Merkmale der Definition in § 3 Nr. 1 MPG, insbesondere die für Medizinprodukte typische Wirkungsweise, erfüllen. Es muss also feststehen, dass das Produkt seine bestimmungsgemäße Hauptwirkung nicht durch pharmakologische oder immunologische oder metabolische Wirkungen, also nicht durch eine für Funktionsarzneimittel wesentliche Weise, erzielt. Ist die Wirkungsweise dagegen unklar oder umstritten, so ist eine klare Zuordnung zur Produktkategorie der Medizinprodukte nicht möglich und es greift nicht die Ausnahme des § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG, sondern die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3a AMG ein, sodass es bei der Einordnung als Präsentationsarzneimittel bleibt,
105vgl. VG Köln, Urteil vom 09.04.2013 - 7 K 4315/11 - zu „Cystus 052“ unter Bezugnahme auf die o. g. Rechtsprechung des OVG NRW; zustimmend VG Osnabrück, Beschluss vom 30.01.2013 - 6 B 65/12 - juris, Rn. 91; tendenziell zustimmend OVG Lüneburg, Urteil vom 03.02.2011 - 13 LC 92/09 - juris, Rn. 24; ähnlich BGH, Urteil vom 09.07.2009 - I ZR 193/06 - juris, Rn. 14 zu Präparaten mit Hyaluronsäure zur Injektion ins Kniegelenk bei Arthrose (Medizinprodukt) sowie VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.03.2010 - 10 S 3090/08 - juris, Rn. 24 und VG C. , Urteil vom 09.01.2013 - 7 K 337.10 - juris, Rn. 24; zustimmend auch Müller, in Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelrecht, § 2 Rn. 232 f. und Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 117. Akt.-Lief. 2011, § 2 Anm. 158 a und 165.
106Eine Beschränkung der Zweifelsfallregelung auf Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG ist dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu entnehmen. Diese gilt für Präsentationsarzneimittel und Funktionsarzneimittel gleichermaßen,
107vgl. Müller, in: Müller/Kügel/Hofmann, Arzneimittelgesetz 2012, § 2 Rn. 230, Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 117. Akt.-Lief. 2011, § 2 Rn. 165.
108Sie ist auch nicht im Sinne einer teleologischen Reduktion des Gesetzeswortlauts im Fall der Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten geboten. Im Gegenteil würde die Zweifelsfallregelung leerlaufen und ihren Zweck verfehlen, wenn sie nicht auf Präsentationsarzneimittel anwendbar wäre. Gerade im Fall von Grenzprodukten, deren Wirkungsweise infolge mangelhafter Daten nicht eindeutig festgestellt werden kann, wären weder die Merkmale eines Medizinprodukts noch die eines Funktionsarzneimittels erfüllt. Bei Funktionsarzneimitteln muss die pharmakologische Wirkungsweise nach der Rechtsprechung des EuGH wissenschaftlich festgestellt sein („Hecht-Pharma“, s.u.). Damit wäre aber unklar, welche Rechtsvorschriften überhaupt für das Produkt eingreifen.
109Für eine davon abweichende Rechtsauffassung des EuGH bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Der EuGH hat die Frage, ob die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3 a AMG auf Präsentationsarzneimittel anwendbar ist, noch nicht entschieden. Eine Vorlage an den EuGH ist jedoch nicht geboten, weil sich auf der Grundlage der bisherigen Rechtsauslegung durch den EuGH eine eindeutige Anwendung von § 2 Abs. 3a AMG auf Präsentationsarzneimittel begründen lässt.
110Der Gerichtshof hat eine Anwendung der Zweifelsfallregelung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur für die Fälle ausgeschlossen, in denen das Vorliegen eines Funktionsarzneimittels nicht eindeutig wissenschaftlich festgestellt werden kann, also zweifelhaft ist,
111vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 – C-140/07 – „Hecht-Pharma“, juris, Rn. 26 ff..
112Daraus kann nur abgeleitet werden, dass die Arzneimitteleigenschaft des betreffenden Produkts zunächst bejaht werden muss, um die Vorrangregelung für das strengere Arzneimittelrecht zu begründen. Dass Präsentationsarzneimittel – entgegen Wortlaut und Normzweck - aus dem Anwendungsbereich der Zweifelsfallregelung ausgeschlossen sein sollen, ist dieser Entscheidung nicht zu entnehmen. Im Gegenteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass Arzneimittel in Art. 1 Nr. 2 Buchst. a und b der Richtlinie definiert werden und dass der Begriff des Präsentationsarzneimittels im Gegensatz zu dem des Funktionsarzneimittels aus Gründen des Verbraucherschutzes weit auszulegen ist. Die Erwähnung der Präsentationsarzneimittel bestätigt vielmehr, dass die Zweifelsfallregelung des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie auch auf diese Art von Arzneimitteln Anwendung findet,
113vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 23.04.2010 - 13 A 622/10 - juris, Rn. 13.
114Auch die von den Gegenstimmen angeführte Rückausnahme in § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG spricht nicht dafür, dass bei der Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten die Definition des Präsentationsarzneimittels keine Anwendung finden kann. In der Fassung des § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG vom 17.07.2009, die in der Zeit vom 23.07.2009 bis zum 25.10.2012 gültig war, bestimmte die Vorschrift, dass Medizinprodukte im Sinne des § 3 MPG keine Arzneimittel seien, es sei denn, es handele sich um Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG, also um Funktionsarzneimittel. Daraus wurde abgeleitet, dass eine Ausnahme nicht im Fall eines Präsentationsarzneimittels bestehen könne,
115vgl. z.B. Voit, PharmR 2010, 501, 506 und von Czettritz, PharmR 2010, 344, 345.
116Der seinerzeit gültige Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG beruhte aber auf einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers und ist zwischenzeitlich berichtigt worden. Nach der aktuell gültigen Fassung, die mit der vor dem 17.07.2009 gültigen Fassung vom 20.07.2007 inhaltlich übereinstimmt, besteht eine Rückausnahme nur für Diagnostika im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 b AMG (= § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG in der Fassung vom 20.07.2007). Nur mit diesem Inhalt ergibt die Vorschrift auch einen Sinn, nämlich Medizinprodukte zu diagnostischen Zwecken, die eine nicht-pharmakologische Wirkung haben, den Arzneimitteln zu diagnostischen Zwecken im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 b gleichzustellen und dem Arzneimittelgesetz zu unterwerfen,
117vgl. so schon Dettling, PharmR 2010, 39 Fn. 2.
118Demnach stehen der Anwendung der Definition des Präsentationsarzneimittels bei der Abgrenzung von Medizinprodukten und Arzneimitteln keine rechtlichen Gründe entgegen.
119Da das streitgegenständliche Produkt, wie bereits ausgeführt, die Merkmale eines Präsentationsarzneimittels erfüllt, wird es von der Anwendung des Arzneimittelrechts nur dann ausgeschlossen, wenn eindeutig auch die Merkmale eines Medizinprodukts vorliegen, § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG.
120Es kann jedoch nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass das Präparat J. J1. ein Medizinprodukt im Sinne des § 3 Nr. 1 MPG ist. Es ist nicht nachgewiesen, dass seine bestimmungsgemäße Hauptwirkung, nämlich die Eigenschaft zur Verhütung oder Heilung von Virusinfektionen der Atemwege, nicht durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise hervorgerufen wird. Hierbei ist die Hauptwirkung anhand objektiver, wissenschaftlicher Kriterien zu bestimmen; die subjektive Zweckbestimmung durch den Hersteller ist bei der Feststellung der Wirkungsweise nicht ausschlaggebend. Dies zeigt die Regelung in § 2 Abs. 5 Nr. 1 MPG, wonach die Abgrenzung anhand der „hauptsächlichen Wirkungsweise“ zu erfolgen hat. Die Einordnung ist daher auf der Grundlage der nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft feststellbaren Eigenschaften vorzunehmen,
121vgl. Fleischfresser, in: Schorn, Medizinprodukterecht, 27. Akt.-Lfg. März 2013, § 3 Rn. 17; Kloesel-Cyran, Arzneimittelrecht, 125. Akt.-Lief. 2013, § 2 Anm. 156; BGH, Urteil vom 10.12.2009 – I ZR 189/07 – PharmR 2010, 338, 339; OVG NRW, Urteil vom 19.05.2010 – 13 A 156/06 – PharmR 2010, 338, 339.
122Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die von der Klägerin beanspruchte Wirkungsweise durch die physikalische Bildung einer Barriere auf der Schleimhaut der Atemwege nicht belegt. Wissenschaftliche Untersuchungen mit ihrem Präparat hat die Klägerin nicht vorgelegt. Sie beruft sich allein auf die vorgelegte klinische Bewertung von Prof. Dr. N. G. . N1. vom 07.12.2009, die sich auf bibliographische Daten stützt.
123Diese ist jedoch nicht geeignet, eine physikalische Wirkungsweise des Produkts zu begründen. Darin wird die Wirkung des Mittels auf die im Zistrosenextrakt vorkommenden Polyphenole zurückgeführt, die auch in anderen bekannten Arznei-Pflanzen wie Eichenrinde und Rathania-Wurzel enthalten sind. Deren Wirkungsweise wird so beschrieben, dass diese schwerlösliche Komplexe mit Proteinen der mukosalen Zelloberflächen (der Nasen-, Mund- und Rachenschleimhaut) unter Ausbildung einer Fällungsmembran bilden. Es komme zu einer chemischen Reaktion zwischen Gerbstoff und Eiweiß auf der Schleimhautoberfläche, die einen lokalen Schutz gegen chemische, bakterielle und mechanische Einwirkungen bilde. Damit komme es zu einer Sekretions- und Permeabilitätshemmung, zusätzlich werde eine lokale antiphlogistische, bakteriostatische und adstringierende Wirkung induziert.
124Mit dieser Darstellung wird aber nicht eine physikalische, sondern eine pharmakologische Wirkung beschrieben. Unter einer pharmakologischen Wirkungsweise wird, ausgehend von der Borderline-Leitlinie der Europäischen Kommission, eine Wechselwirkung zwischen den Molekülen des betreffenden Stoffs und einem gewöhnlich als Rezeptor bezeichneten Zellbestandteil des menschlichen Körpers verstanden, die entweder zu einer direkten Wirkung führt oder die Reaktion auf einen anderen Liganden blockiert, bildlich gesprochen also nach dem „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ abläuft,
125vgl. MEDDEV 2. 1/3, rev. 3 „Borderline products“, www.ec.europa.eu; Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2012, § 2 Rn. 92 ff., VG Köln, Urteil vom 09.04.2013 - 7 K 4315/11 - m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 19.05.2010 - 13 A 156/06 - juris, Rn. 35 ff.
126Darüber hinaus ist eine pharmakologische Wirkung auch dann zu bejahen, wenn die betreffende Substanz keine Wechselwirkung mit körpereigenen Zellen aufweist, aber mit einem zellulären Bestandteil eines anderen Organismus, der sich im menschlichen Körper befindet, insbesondere von Bakterien, Viren oder Parasiten, in eine Wechselwirkung tritt, und hierdurch die physiologischen Funktionen des Körpers wiederhergestellt werden,
127vgl. EuGH, Urteil vom 06.09.2012 - C-308/11 - „Mundspüllösung“.
128Bei der oben durch den Gutachter der Klägerin beschriebenen chemischen Reaktion zwischen den im Cistus-Extrakt befindlichen Polyphenolen und den Eiweißbestandteilen der Schleimhautzellen handelt es sich somit um eine Reaktion zwischen Zelle und Substanz nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip, die die Oberflächenbeschaffenheit der Schleimhautzellen und deren physiologische Funktionen verändert und damit pharmakologischer Natur ist. Diese Bewertung wird durch die Darlegungen im Gutachten von Prof. N1. nicht widerlegt.
129Der Gutachter setzt sich mit der Definition pharmakologischer Wirkungen nicht auseinander. Er behauptet lediglich, dass sich durch die Veränderung der Oberfläche der Schleimhaut eine „physikalische Barriere“ bilde, ohne zu erklären, welcher physikalische Wirkungsmechanismus eingreift. Insbesondere kann es sich nicht lediglich um eine mechanische Barriere aus den Molekülen des zugeführten Stoffs handeln, da die Bildung der Barriere zunächst eine Veränderung von Körperzellen voraussetzt.
130Darüber hinaus wird den Polyphenolen nach den Angaben des Gutachters die Wirkung zugeschrieben, die Vermehrung der eingedrungenen Viren und Bakterien zu hemmen, in dem diese unspezifisch an Virusoberflächenproteinen (Neuraminidase) anbinden.
131Aber auch diese Wechselwirkung zwischen der Substanz und Zellbestandteilen von Erkältungsviren oder Bakterien wäre eine pharmakologische Reaktion, da sie bewirken kann, dass die physiologischen Reaktionen des Körpers wiederhergestellt werden.
132Zwar folgert der Gutachter der Klägerin aus der Tatsache, dass im in-vitro-Versuch zwar eine starke antivirale Aktivität eines Cistus-Extraktes, aber keine Schädigung der menschlichen Zellen erkennbar war, dass keine direkte Interaktion im pharmakologischen Sinn mit menschlichen Zellen stattgefunden hat. Dabei wird aber vernachlässigt, dass auch eine antivirale Wirkung durch unmittelbare Reaktion der Substanz mit dem Virus eine pharmakologische Reaktion im Sinne des Arzneimittelrechts darstellt. Eine Interaktion mit Körperzellen oder eine Schädigung von Körperzellen ist, wie ausgeführt, nicht unbedingt erforderlich.
133Es kann dahinstehen, ob mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu der Wirkungsweise von Polyphenolen und den angeführten in-vitro-Versuchen zur antiviralen Wirkung von Cistus-Extrakten bereits eine pharmakologische Wirkung des streitgegenständlichen Cistusproduktes in der vorliegenden Zusammensetzung, Darreichungsform und Dosierung belegt ist. Dies ist jedoch nicht erforderlich. Die vom Gutachter der Klägerin angeführten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die mit der fachlichen Beurteilung des BfArM weitgehend übereinstimmen, begründen jedenfalls erhebliche Zweifel daran, dass die Wirkungsweise des vorliegenden Präparats eine nicht pharmakologische ist.
134Weiteres wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Beleg der nicht-pharmakologischen Wirkung hat die Klägerin auch im Klageverfahren nicht vorgelegt. Sie kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte – umgekehrt - die pharmakologische Wirkung des Präparats wissenschaftlich nachweisen müsse, insbesondere placebo-kontrollierte Doppelblindstudien vorlegen müsse.
135Vielmehr trägt die Klägerin, die das streitgegenständliche Produkt in den Verkehr bringt, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Medizinprodukts,
136vgl. VG Köln, Urteile vom 14.10.2009 - 24 K 4394/08 - , vom 08.11.2011 - 7 K 4577/07 - und vom 09.04.2013 - 7 K 4315/11 - .
137Das ergibt sich aus dem Normgefüge des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG in Verbindung mit dem Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 7 und der Zweifelsfallregelung in § 2 Abs. 3a AMG.
138Die Klägerin bringt ein Präsentationsarzneimittel in den Verkehr, nimmt also folglich eine Heil- und Verhütungswirkung ihres Präparats in Anspruch. Dies hat grundsätzlich zur Folge, dass die Klägerin in einem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren die Wirksamkeit ihres Präparats durch die Vorlage entsprechender wissenschaftlicher Unterlagen belegen muss, § 21 Abs. 1, § 22, § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 2. Alt. AMG. Von dieser Verpflichtung ist die Klägerin nur befreit, wenn sie zu Recht den Ausnahmetatbestand nach § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG für Medizinprodukte in Anspruch nehmen kann, der voraussetzt, dass das Produkt seine Wirkung auf nicht-pharmakologische Weise hervorruft. Wer sich auf einen ihm günstigen Ausnahmetatbestand beruft, hat dessen Vorliegen aber im Zweifelsfall zu belegen und zu beweisen.
139Diese Verteilung der Beweislast wird durch die Zweifelsfallregelung in § 2 Abs. 3a AMG gestützt. Die Regelung ist nach den Erwägungsgründen der Richtlinie 2001/83/EG und der Rechtsprechung des EuGH nur dann anwendbar, wenn ein Produkt eindeutig ein Arzneimittel ist und daneben auch noch die Merkmale eines anderen Produktes, z.B. eines Medizinproduktes, vorliegen können. Sind also die Merkmale des anderen Produktes nicht eindeutig feststellbar, soll das Arzneimittelrecht anwendbar sein. Liegen andererseits die Merkmale des anderen Produkts eindeutig vor, ist die Regelung und damit die Arzneimittelrichtlinie nicht anwendbar, weil diese in der Regel strengere Voraussetzungen aufstellt, deren Anwendung für andere Produkte nicht gerechtfertigt ist. Damit führt die Nichtbeweisbarkeit der Eigenschaften eines Medizinprodukts zur Anwendung des Arzneimittelrechts und wirkt sich damit zulasten der Klägerin aus.
140Dies ist auch sachgerecht. Die Beweislast trägt in der Regel derjenige, in dessen Einwirkungs- und Herrschaftsbereich die zu beweisende Tatsache fällt. Das ist die Klägerin. Denn das BfArM hat nicht die Möglichkeit, die pharmakologische Wirkungsweise eines Produkts zu beweisen, wenn die wissenschaftliche Datenlage gering ist wie im vorliegenden Streitfall. Denn es ist im AMG nicht vorgesehen, dass die Bundesoberbehörde eigene Studien durchführt oder durchführen lässt. Vielmehr ist es Sache der Klägerin, die Eigenschaften des Produkts, über das sie die Sachherrschaft ausübt (Entwicklung, Zusammensetzung, Marktauftritt), nachzuweisen.
141Dies ist auch durch den das Arzneimittelrecht beherrschenden Grundsatz der Arzneimittelsicherheit und des Schutzes des Verbrauchers vor unwirksamen Arzneimitteln geboten. Die Klägerin kann die ihr obliegende Verpflichtung zum Nachweis der Wirksamkeit eines Präsentationsarzneimittels nicht allein dadurch umgehen, indem sie eine physikalische Wirkung ihres Produkts nur behauptet und hierdurch die Beweislast zulasten des BfArM umkehrt, das jedoch den Beweis nicht führen kann. Vielmehr kann sie von dem Nachweis der Wirksamkeit nur dann befreit werden, wenn sie die nicht-pharmakologische Wirkung ihres Produkts belegt. Nur dann sind die Erleichterungen des Medizinprodukterechts für das Inverkehrbringen gerechtfertigt. Andernfalls wäre der Verbraucher mit Produkten konfrontiert, die weder den Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit nach dem Arzneimittelgesetz noch eine ausreichende Begründung der beanspruchten physikalischen Wirkung nach dem Medizinprodukterecht erbracht haben. Dies ist mit der Regelung des § 2 Abs. 3a AMG, das im Fall von Grenzprodukten die Anwendung des Arzneimittelrechts normiert, nicht zu vereinbaren.
142Auf die Rechtsprechung des EuGH, die der zuständigen Arzneimittelbehörde die Prüfungs- und Beweislast für das Vorliegen einer wissenschaftlich feststellbaren, pharmakologischen Wirkung auferlegt, kann sich die Klägerin nicht berufen. Denn diese Rechtsprechung hat der Gerichtshof für die Abgrenzung von Funktionsarzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln entwickelt, nicht für die Abgrenzung von Präsentationsarzneimitteln und Medizinprodukten,
143vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 - „Hecht-Pharma“, juris, Rn. 32 ff.; Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 - , „Knoblauchkapseln“, juris, Rn. 61 ff.; Urteil vom 30.11.1983 - C-227/82 - „van Bennekom“, juris Rn. 29.
144Hierbei ist die Interessenlage eine andere. Wer ein Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr bringt (ohne dieses als Arzneimittel zu präsentieren), beruft sich auf dessen Eignung als Lebensmittel, die regelmäßig unstreitig vorliegt. Wenn die zuständige Behörde demgegenüber meint, dass das Präparat aber tatsächlich über die Wirkung eines normalen Lebensmittels hinausgehende, pharmakologische Wirkungen hat, die den Zustand des Körpers nicht nur unerheblich beeinflussen (Funktionsarzneimittel), muss sie dies im Streitfall belegen und beweisen. Demgegenüber nimmt der Unternehmer, der ein Medizinprodukt in den Verkehr bringt, eine therapeutische Wirkung seines Mittels in Anspruch, die ausnahmsweise nicht auf einem pharmakologischen Mechanismus beruhen soll. Wenn die zuständige Behörde diese Eigenschaften bestreitet, muss der Unternehmer die von ihm behauptete Wirkungsweise beweisen.
145Dies ist der Klägerin mit dem vorgelegten Gutachten nicht gelungen. Auch in den Verfahren der Kammer, die das ähnliche Präparat „Cystus 052“ betrafen, wurde kein wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt, aus dem sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine nicht pharmakologische Wirkung von Cistusextrakten ableiten lässt. Vielmehr wurde in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 09.04.2013 - 7 K 4315/11 - wie folgt ausgeführt: „In diesem Sinne können auch die im vorliegenden Verfahren vorgelegten Erkenntnisse bestenfalls als erste Grundlage für Untersuchungen zum Wirkmechanismus der hier fraglichen Extrakte im menschlichen Körper dienen.“ An dieser Sachlage hat sich auch im vorliegenden Verfahren nichts geändert.
146Da das Produkt der Klägerin somit ein Präsentationsarzneimittel ist, die Eigenschaften eines Medizinprodukts aber nicht eindeutig festgestellt werden können, greift die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3a AMG ein, mit der Folge, dass das Präparat als Arzneimittel einzustufen ist.
147Auf die Frage, ob das Erzeugnis auch die Merkmale eines Funktionsarzneimittels erfüllt, kommt es daher nicht an.
148Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Entscheidung weder grundsätzliche Bedeutung hat noch von einer Entscheidung eines Obergerichts abweicht, § 124 a Abs. 1 Satz i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO.
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Köln Urteil, 14. Apr. 2015 - 7 K 4332/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.
(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die
- 1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind, - 1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4, - 1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln - a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder - b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder - c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
- 1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt, - 1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen, - 1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind, - 1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden, - 1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden, - 2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder - 3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.
(2a) (weggefallen)
(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.
(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.
(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die
- 1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind, - 1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4, - 1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln - a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder - b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder - c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
- 1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt, - 1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen, - 1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind, - 1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden, - 1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden, - 2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder - 3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.
(2a) (weggefallen)
(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.
(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.
(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die
- 1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind, - 1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4, - 1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln - a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder - b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder - c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
- 1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt, - 1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen, - 1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind, - 1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden, - 1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden, - 2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder - 3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.
(2a) (weggefallen)
(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.
(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
(1) Dem Antrag auf Zulassung müssen vom Antragsteller folgende Angaben beigefügt werden:
- 1.
der Name oder die Firma und die Anschrift des Antragstellers und des Herstellers, - 2.
die Bezeichnung des Arzneimittels, - 3.
die Bestandteile des Arzneimittels nach Art und Menge; § 10 Abs. 6 findet Anwendung, - 4.
die Darreichungsform, - 5.
die Wirkungen, - 6.
die Anwendungsgebiete, - 7.
die Gegenanzeigen, - 8.
die Nebenwirkungen, - 9.
die Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 10.
die Dosierung, - 11.
zur Herstellungsweise des Arzneimittels, - 12.
die Art der Anwendung und bei Arzneimitteln, die nur begrenzte Zeit angewendet werden sollen, die Dauer der Anwendung, - 13.
die Packungsgrößen, - 14.
die Art der Haltbarmachung, die Dauer der Haltbarkeit, die Art der Aufbewahrung, die Ergebnisse von Haltbarkeitsversuchen, - 15.
die Methoden zur Kontrolle der Qualität (Kontrollmethoden).
(1a) Die Angaben nach Absatz 1 Nummer 1 bis 10 müssen in deutscher, die übrigen Angaben in deutscher oder englischer Sprache beigefügt werden; andere Angaben oder Unterlagen können im Zulassungsverfahren statt in deutscher auch in englischer Sprache gemacht oder vorgelegt werden, soweit es sich nicht um Angaben handelt, die für die Kennzeichnung, die Packungsbeilage oder die Fachinformation verwendet werden.
(2) Es sind ferner vorzulegen:
- 1.
die Ergebnisse physikalischer, chemischer, biologischer oder mikrobiologischer Versuche und die zu ihrer Ermittlung angewandten Methoden (analytische Prüfung), - 2.
die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Versuche, - 3.
die Ergebnisse der klinischen Prüfungen oder sonstigen ärztlichen oder zahnärztlichen Erprobung, - 4.
eine Erklärung, dass außerhalb der Europäischen Union durchgeführte klinische Prüfungen unter ethischen Bedingungen durchgeführt wurden, die mit den ethischen Bedingungen der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 gleichwertig sind, - 5.
eine zusammenfassende Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems des Antragstellers, die Folgendes umfassen muss: - a)
den Nachweis, dass der Antragsteller über eine qualifizierte Person nach § 63a verfügt, und die Angabe der Mitgliedstaaten, in denen diese Person ansässig und tätig ist, sowie die Kontaktangaben zu dieser Person, - b)
die Angabe des Ortes, an dem die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation für das betreffende Arzneimittel geführt wird, und - c)
eine vom Antragsteller unterzeichnete Erklärung, dass er über die notwendigen Mittel verfügt, um den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen,
- 5a.
der Risikomanagement-Plan mit einer Beschreibung des Risikomanagement-Systems, das der Antragsteller für das betreffende Arzneimittel einführen wird, verbunden mit einer Zusammenfassung, - 6.
(weggefallen) - 7.
eine Kopie jeder Ausweisung des Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. EG Nr. L 18 S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist, - 8.
eine Bestätigung des Arzneimittelherstellers, dass er oder eine von ihm vertraglich beauftragte Person sich von der Einhaltung der Guten Herstellungspraxis bei der Wirkstoffherstellung durch eine Überprüfung vor Ort überzeugt hat; die Bestätigung muss auch das Datum des Audits beinhalten.
(3) An Stelle der Ergebnisse nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 kann anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, und zwar
- 1.
bei einem Arzneimittel, dessen Wirkstoffe seit mindestens zehn Jahren in der Europäischen Union allgemein medizinisch verwendet wurden, deren Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt und aus dem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial ersichtlich sind, - 2.
bei einem Arzneimittel, das in seiner Zusammensetzung bereits einem Arzneimittel nach Nummer 1 vergleichbar ist, - 3.
bei einem Arzneimittel, das eine neue Kombination bekannter Bestandteile ist, für diese Bestandteile; es kann jedoch auch für die Kombination als solche anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, wenn die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels nach Zusammensetzung, Dosierung, Darreichungsform und Anwendungsgebieten auf Grund dieser Unterlagen bestimmbar sind.
(3a) Enthält das Arzneimittel mehr als einen Wirkstoff, so ist zu begründen, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet.
(3b) Bei radioaktiven Arzneimitteln, die Generatoren sind, sind ferner eine allgemeine Beschreibung des Systems mit einer detaillierten Beschreibung der Bestandteile des Systems, die die Zusammensetzung oder Qualität der Tochterradionuklidzubereitung beeinflussen können, und qualitative und quantitative Besonderheiten des Eluats oder Sublimats anzugeben.
(3c) Ferner sind Unterlagen vorzulegen, mit denen eine Bewertung möglicher Umweltrisiken vorgenommen wird, und für den Fall, dass die Aufbewahrung des Arzneimittels oder seine Anwendung oder die Beseitigung seiner Abfälle besondere Vorsichts- oder Sicherheitsmaßnahmen erfordert, um Gefahren für die Umwelt oder die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen zu vermeiden, dies ebenfalls angegeben wird. Angaben zur Verminderung dieser Gefahren sind beizufügen und zu begründen.
(4) Wird die Zulassung für ein im Geltungsbereich dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so muss der Nachweis erbracht werden, dass der Hersteller berechtigt ist, das Arzneimittel herzustellen. Dies gilt nicht für einen Antrag nach § 21 Abs. 3 Satz 2.
(5) Wird die Zulassung für ein außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so ist der Nachweis zu erbringen, dass der Hersteller nach den gesetzlichen Bestimmungen des Herstellungslandes berechtigt ist, Arzneimittel herzustellen, und im Falle des Verbringens aus einem Land, das nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, dass der Einführer eine Erlaubnis besitzt, die zum Verbringen des Arzneimittels in den Geltungsbereich dieses Gesetzes berechtigt.
(6) Soweit eine Zulassung im Ausland erteilt worden ist, ist eine Kopie dieser Zulassung und eine Kopie der Zusammenfassung der Unbedenklichkeitsdaten einschließlich der Daten aus den regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten, soweit verfügbar, und der Berichte über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen beizufügen. Ist eine Zulassung ganz oder teilweise versagt worden, sind die Einzelheiten dieser Entscheidung unter Darlegung ihrer Gründe mitzuteilen. Wird ein Antrag auf Zulassung in einem Mitgliedstaat oder in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union geprüft, ist dies anzugeben. Kopien der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten genehmigten Zusammenfassungen der Produktmerkmale und der Packungsbeilagen oder, soweit diese Unterlagen noch nicht vorhanden sind, der vom Antragsteller in einem Verfahren nach Satz 3 vorgeschlagenen Fassungen dieser Unterlagen sind ebenfalls beizufügen. Ferner sind, sofern die Anerkennung der Zulassung eines anderen Mitgliedstaates beantragt wird, die in Artikel 28 der Richtlinie 2001/83/EG vorgeschriebenen Erklärungen abzugeben sowie die sonstigen dort vorgeschriebenen Angaben zu machen. Satz 5 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt worden sind.
(7) Dem Antrag ist der Wortlaut der für das Behältnis, die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage vorgesehenen Angaben sowie der Entwurf einer Zusammenfassung der Produktmerkmale beizufügen, bei der es sich zugleich um die Fachinformation nach § 11a Absatz 1 Satz 2 handelt, soweit eine solche vorgeschrieben ist. Der zuständigen Bundesoberbehörde sind außerdem die Ergebnisse von Bewertungen der Packungsbeilage vorzulegen, die in Zusammenarbeit mit Patienten-Zielgruppen durchgeführt wurden. Die zuständige Bundesoberbehörde kann verlangen, dass ihr ein oder mehrere Muster oder Verkaufsmodelle des Arzneimittels einschließlich der Packungsbeilagen sowie Ausgangsstoffe, Zwischenprodukte und Stoffe, die zur Herstellung oder Prüfung des Arzneimittels verwendet werden, in einer für die Untersuchung ausreichenden Menge und in einem für die Untersuchung geeigneten Zustand vorgelegt werden.
(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.
(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die
- 1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind, - 1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4, - 1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln - a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder - b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder - c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
- 1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt, - 1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen, - 1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind, - 1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden, - 1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden, - 2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder - 3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.
(2a) (weggefallen)
(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.
(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.
(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die
- 1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind, - 1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4, - 1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln - a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder - b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder - c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
- 1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt, - 1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen, - 1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind, - 1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden, - 1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden, - 2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder - 3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.
(2a) (weggefallen)
(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.
(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Klägerin bringt Produkte unter der Bezeichnung „B. –M. Q. C. Kapseln“ mit einer Alpha-Liponsäure-Dosierung je Kapsel von 100 mg in den Verkehr. Die empfohlene Einnahmemenge liegt bei 3 Kapseln (= 300 mg Alpha-Liponsäure). Eine Cellulosekapsel enthält im Übrigen 250 mg O-Acetyl-Carnitin HCI sowie die Vitamine C (100 mg), E (5 mg), B1 (1,4 mg), B6 (2 mg) und B12 (1 µg).
3Zu den Eigenschaften von Alpha-Liponsäure führt die Klägerin auf ihrer Internetpräsenz zu dem Produkt „B. –M. C. Kapseln“ folgendes aus:
4„(...) Der Gehalt von Alphaliponsäure in pflanzlichen Nahrungsmitteln (z.B. in Kartoffeln) ist nur gering. Als Coenzym ist die endogene Substanz an zahlreichen Stoffwechselprozessen beteiligt. Als Antioxidationsmittel weist sie ein breites Wirkungsspektrum auf, da die Thioctsäure ihr Schutzpotential in hydrophilen und lipophilen Kompartimenten zu entfalten vermag. Sie gewährleistet nicht nur antioxidativen Schutz der Proteine, Lipide und DNA sondern regeneriert auch andere Antioxidantien wie Vitamin E und C sowie L-Glutathion. Alphaliponsäure reagiert mit Schwermetallen durch Chelatbildung und regeneriert die Leber durch Verbesserung der hepatozellulären Entgiftung.“
5Zu dem streitgegenständlichen Produkt finden sich folgende Beschreibung und Hinweis:
6„B. –M. Q. C. Kapseln enthalten 100 mg Alphaliponsäure, 250 mg O-Acetyl-Carnitin HCl und Vitamine C (100 mg), E (5 mg), B1 (1,4 mg), B6 (2 mg), B12 (1 µg) in einer Cellulosekapsel. Patienten mit diabetischer Neuropathie weisen einen erhöhten medizinisch bedingten Nährstoffbedarf an Liponsäure auf.
7(…)
8Hinweise
9Eventuell Verstärkung der Wirkung von Insulin bzw. oralen Antidiabetikern, Wirkungsverlust von Cisplatin, erhöhte Kupferausscheidung (Morbus Wilson), Einnahmeabstand zu Zink, Kupfer, Eisen oder Magnesium, Alkoholkarrenz, Vorsicht bei ausgeprägten Vitamin B1-Mangelzuständen, bei Schwangerschaft und in der Stillperiode. Frei von Allergenen. Selten kann Übelkeit und Erbrechen auftreten.“
10Für Alpha-Liponsäure existiert eine Aufbereitungsmonographie der Kommission B des damaligen Bundesgesundheitsamtes vom 3. November 1990 für die Indikation „Missempfindungen bei diabetischer Polyneuropathie“. Darin heißt es:
11„Bei Missempfindungen bei diabetischer Polyneuropathie kann die orale Gabe von Alpha-Liponsäure in einer Dosierung von 300 – 600 mg/Tag wirksam sein. Bei starken Dysästhesien im Rahmen einer schweren diabetischen Polyneuropathie ist die parenterale Gabe von 300 – 600 mg/Tag für 2 – 4 Wochen in der Anfangsphase zu empfehlen, als weiterführende Therapie ist eine Dosierung von 200 – 300 mg/Tag per os vorzuschlagen.“
12Mit Schreiben vom 3. November 2008 beantragte das saarländische Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemäß § 21 Abs. 4 AMG über die Zulassungspflicht des Produktes der Klägerin zu entscheiden. Dem Antrag war ein Untersuchungsbericht der Arzneimittelprüfstelle des Saarlandes vom 7. Juli 2008 beigefügt, in dem diese zu dem Ergebnis kommt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Präparat um ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel handelt.
13Nach vorheriger Anhörung stellte das BfArM mit Bescheid vom 2. November 2011 fest, dass es sich bei dem Präparat „B. –M. Q. C. Kapseln“ um ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel handelt. Zur Begründung führte es aus, es handele sich bei dem Präparat um ein Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Als Antioxidans sei Alpha-Liponsäure vor allem in der Lage, oxidative Prozesse von Metallen durch Chelatbildung abzufangen und andere Antioxidatien, wie die Vitamine C und E und Glutathion zu regenerieren. Daneben beeinflusse Alpha-Liponsäure den Glukosetransport und wirkte sich positiv auf die Insulin induzierte Glukoseaufnahme aus. Durch die beim Diabetes mellitus verursachte Hyperglykämie komme es zu Anlagerung der Glukose an die Matrixproteine der Blutgefäße und zur Bildung der so genannten „Advanced Glycosylation End Products“. Dieser Prozess führe zu einer Verminderung des endoneuralen Blutflusses und zu einer endoneuralen Hypoxie/Ischämie, was mit einer erhöhten Produktion von freien Sauerstoffradikalen verbunden sei, die den peripheren Nerv schädigten. Auch habe im peripheren Nerv eine Depletion von Antioxidantien, wie Glutathion, festgestellt werden können. In Untersuchungen mit Ratten habe Alpha-Liponsäure mit diesen biochemischen Prozessen durch Verminderung der Bildung der „Advanced Glycosylation End Products“, Verbesserung des endoneuralen Blutflusses, Erhöhung des physiologischen Antioxidantienspiegels von Glutathion sowie als Antioxidans für freie Sauerstoffradikale im diabetischen Nerv interagiert. Diese in der experimentellen Situation beobachteten Wirkungen sprächen dafür, dass die Funktionalität der peripheren Nerven durch Alpha-Liponsäure verbessert werden könne. Das betreffe sensorische Störungen bei diabetischer Polyneuropathie, die sich durch Dysästhesien, Parästhesien wie z.B. Brennen, Schmerzen, Taubheitsgefühl, Ameisenlaufen, äußern können. Die beschriebene Wirkung sei eindeutig als pharmakologisch einzustufen.
14Medizinische Verwendung finde Alpha-Liponsäure seit über 30 Jahren zur Behandlung von Missempfindungen bei diabetischer Polyneuropathie in einer Dosierung von 300 bis 600 mg pro Tag. Arzneimittel mit dem Wirkstoff Alpha-Liponsäure seien bereits vor Inkrafttreten des AMG 1978 im Verkehr gewesen. Derzeit seien mehr als 90 Arzneimittel mit diesem Wirkstoff gem. § 21 AMG zugelassen für die Indikation „Missempfindungen bei diabetischer Polyneuropathie“; davon über 50 Arzneimittel für die orale Anwendung in verschiedenen Dosierungen ab 200 mg. Die empfohlene Tagesdosis der zugelassenen Präparate betrage 400 bis 600 mg.
15Die pharmakologische Wirkung von Alpha-Liponsäure sei durch belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse belegt.Sowohl in den aktuellen Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft als auch in den aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie sei die Behandlung mit Alpha-Liponsäure bei chronisch-schmerzhafter diabetischer Polyneuropathie aufgenommen.
16Das BfArM habe Mustertexte zu Alpha-Liponsäure veröffentlicht. Grundlage dafür seien die im Rahmen von Zulassungsverfahren vorgelegten wissenschaftlichen Unterlagen insbesondere zum Nachweis der klinischen Wirksamkeit und Toxikologie, auf deren Basis unter Beteiligung von Medizinern, Toxikologen und Pharmazeuten die Mustertexte für Fach- und Gebrauchsinformation erstellt würden. Gemäß Mustertext führe die Anwendung von Alpha-Liponsäure bei der diabetischen Polyneuropathie zu einer Verbesserung der Funktionalität der peripheren Nerven und somit zu einer Verbesserung der Symptome wie z.B. Brennen, Schmerzen, Taubheitsgefühl.
17Ein weiterer belastbarer Beleg für die pharmakologische Wirksamkeit sei die positive Aufbereitungsmonographie der Kommission B für die Indikation „Missempfindungen bei diabetischer Polyneuropathie“.
18Auch der durchschnittliche Verbraucher erwarte, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Präparat um ein Arzneimittel handele, auch wenn es als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben werde. Eine aktuelle Recherche im Internet liefere zu Alpha-Liponsäure zahlreiche Treffer und Links zu Präparaten mit unmittelbarem Bezug zur Erkrankung Diabetes und der Behandlung der diabetischen Polyneuropathie.
19Mit der Einnahme von Alpha-Liponsäure sei auch ein Gesundheitsrisiko verbunden. Der Wirkstoff sei ein Chelatbildner und sollte daher nicht gleichzeitig mit Metallverbindungen (z.B. Eisenpräparaten, Magnesiumpräparaten und Milchprodukten) eingenommen werden. Bei einer gleichzeitigen Behandlung mit dem onkologischen Arzneistoff Cisplatin könne es zu einem Wirkverlust von Cisplatin kommen. Weiterhin könne die blutzuckersenkende Wirkung von Insulin bzw. oralen Antidiabetika verstärkt werden, mit der Folge hypoglykämieartiger Beschwerden wie Schwindel, Schwitzen, Kopfschmerzen und Sehstörungen. Schwere Intoxikationen mit z.T. letalem Ausgang seien beobachtet worden nach Überdosierungen in Verbindung mit Alkohol.
20Den hiergegen eingelegten und ausführlich begründeten Widerspruch wies das BfArM mit Widerspruchsbescheid vom 16. August 2012 zurück. Zur Begründung nahm das BfArM im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid und führte ergänzend aus, dass die Wirkungen von Alpha-Liponsäure in der von der Klägerin auf den Markt gebrachten Dosierung über diejenigen hinausgingen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel aufweisen könne. Wissenschaftliche Untersuchungen zum Vorkommen von Alpha-Liponsäure in Nahrungsmitteln lägen nicht vor.
21Die Klägerin hat am 20. September 2012 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen Folgendes vorträgt:Das BfArM sei für die getroffene Entscheidung über die Zulassungspflicht nicht zuständig. Die herangezogene Vorschrift des § 21 Abs. 4 AMG setze nämlich im Ausgangspunkt voraus, dass ein Arzneimittel vorliege. Die Kompetenz zur Feststellung des Vorliegens eines Arzneimittels könne dieser Vorschrift nicht entnommen werden. Dies ergebe sich insbesondere auch aus einem Vergleich mit der Vorschrift des § 13 Abs. 3 MPG.
22Bei dem streitgegenständlichen Produkt handele es sich nicht um ein Funktionsarzneimittel. Die Aufbereitungsmonographie sei keine taugliche Grundlage der Entscheidung, da der Nutzen von Alpha-Liponsäure heute zumindest wissenschaftlich umstritten sei. So sei der therapeutische Nutzen in Dosierungen unter 600 mg/Tag außerordentlich zweifelhaft. In diesem Zusammenhang verweist die Klägerin auf ein vom ihr eingeholtes Sachverständigengutachten des staatlich geprüften Lebensmittelchemikers Dr. W. vom 3. September 2008, wonach für die Stiftung Warentest ein überzeugender Nachweis fehle, dass Alpha-Liponsäure in Tablettenform für die Behandlung von Neuropathien überhaupt etwas bewirke. Derartige Präparate würden als wenig geeignet (unterste Stufe der Bewertung) bezeichnet. Auch in der ernährungsbezogenen Literatur würden erst Dosierungen ab 600 mg/Tag behandelt. Daraus ergebe sich, dass eine therapeutische Wirkung für Dosierungen unter 600 mg/Tag ohnehin wissenschaftlich nicht gesichert sei.Die bloße Existenz einer Aufbereitungsmonographie sage nichts darüber aus, ob nach heutigem Stand der Wissenschaft eine pharmakologische Wirkung der in Rede stehenden Zutat in der vorliegenden Dosierung gegeben sei. Für viele Stoffe existierten positive Aufbereitungsmonographien. Dies zeige sich am Beispiel Vitamin C, in dessen Aufbereitungsmonographie für die prophylaktische Anwendung bereits eine orale Dosis von 50 mg/Tag angeben werde. Danach müsste bereits der Verzehr von 1-2 Orangen dazu führen, dass es sich bei Orangen um zulassungspflichtige Arzneimittel handele.Außerdem fehle es an der Überschreitung der sog. Erheblichkeitsschwelle. Diese werde dann nicht überschritten, wenn eine Zutat in vergleichbaren Mengen auch über die übliche Ernährung aufgenommen werden könne. Nach dem vorgelegten Sachverständigengutachten von Dr. W. komme Alpha-Liponsäure in größerer Menge in tierischer Leber und Hefe vor. Bei pflanzlichen Lebensmitteln seien insbesondere Weizenkeime und daraus gewonnene Öle bemerkenswert. Beispielhaft seien „Dr. Grandels Vollgran Weizenkeime“ mit einem Gehalt von 830 mg/100 g Weizenkeime deklariert. Mit etwa 35 g Weizenkeimen, einer Menge die üblicherweise auch in Müsliprodukten verzehrt werde, könnten bereits ca. 300 mg Alpha-Liponsäure mit einem Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs aufgenommen werden. Nach einer gutachterlichen Stellungnahme des Diplomchemikers S. vom 3. September 2008 könnten 300 mg Alpha-Liponsäure in folgenden Lebensmitteln zugeführt werden:
23- 60 bis 75 g Weizenkeime oder andere Sprossen
24- 1500 g Molkepulver
25- 2400 g frischer Spinat
26- 3000 g schlachtfrische Leber
27Desweiteren spreche die antioxidative Wirkung von Alpha-Liponsäure gerade gegen eine pharmakologische und für eine klassische lebensmitteltypische Wirkung von ernährungsphysiologisch wirkenden Lebensmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln.
28Auch aus der Zulassung von Arzneimitteln mit Alpha-Liponsäure könne nichts hergeleitet werden. Das BfArM führe selbst aus, dass die empfohlene Dosierung der zugelassenen Arzneimittel 400 bis 600 mg/Tag betrage. Die hier streitige Tagesdosis unterschreite diese Dosierung signifikant.
29Das Produkt könne auch nicht als Präsentationsarzneimittel eingestuft werden. Die vom BfArM in diesem Zusammenhang herangezogenen Werbeaussagen seien allesamt nicht der Klägerin zuzurechnen. Entgegen der Auffassung des BfArM wende sich das Produkt auch nicht an Diabetiker. Unstreitig würden keine entsprechenden Werbeaussagen in diese Richtung verwendet. Insbesondere könne dies nicht aus den Hinweisen zu Risiken und Nebenwirkungen entnommen werden.
30Mit Schriftsatz vom 25. April 2014 legt die Klägerin eine weitere gutachterliche Stellungnahme von Dr. W. vom 5. April 2014 vor. Darin gibt dieser die Auffassungen der Stiftung Warentest, der Deutschen Diabetes Gesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und anderer Autoren zur Behandlung der diabetischen Polyneuropathie mittels Alpha-Liponsäure wieder. Darüber hinaus bekräftigt Dr. W. das Vorkommen von Alpha-Liponsäure in Weizenkeimen in einer Größenordnung von 700 bis 800 mg/100 g Weizenkeime.
31Die Klägerin beantragt,
32den Bescheid vom 2. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2012 aufzuheben.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und nimmt zur Begründung im Wesentlichen Bezug auf die angefochtenen Entscheidungen. Ergänzend trägt sie vor, dass bei einem Produkt, das (zumindest auch) dazu geeignet sei, einen Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen, immer von einer erheblichen Beeinflussung der physiologischen Funktionen und somit von einem Arzneimittel auszugehen sei. Dabei seien an den Beleg der therapeutischen Wirksamkeit keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Die therapeutische Wirksamkeit müsse nicht belegt sein, wie dies im Verfahren der Arzneimittelzulassung gefordert werde. Von der therapeutischen Wirksamkeit sei jedenfalls dann auszugehen, wenn bereits arzneimittelrechtliche Zulassungen für vergleichbare Produkte für therapeutische Anwendungsgebiete bestünden. In diesem Zusammenhang sei auch auf die zahlreichen nach § 39a AMG registrierten pflanzlichen Arzneimittel hinzuweisen, deren Wirksamkeitsbeleg sich im Wesentlichen auf eine nachgewiesene traditionelle Anwendung stütze.Mit der Einnahme des streitgegenständlichen Produktes werde gezielt die Verbesserung der physiologischen Funktionen bei Diabetes und somit ein therapeutischer Zweck verfolgt. Alpha-Liponsäure werde bei gestörten Funktionsbedingungen – wie im Falle der Diabeteserkrankung – zur Verbesserung der mit dieser Erkrankung verbundenen Symptome und Folgeschäden und demnach als Heilmittel eingesetzt.
36Eine Aufnahme von Alpha-Liponsäure in der streitgegenständlichen Dosierung sei durch die normale Ernährung nicht möglich. Hinsichtlich des Gehaltes von Alpha-Liponsäure in Weizenkeimen seien die Angaben in der Literatur nicht einheitlich. Wissenschaftliche Belege fehlten.
37Das Produkt sei auch als Präsentationsarzneimittel zu betrachten. Auch der durchschnittlich informierte Verbraucher gehe von einem Arzneimittel aus, auch wenn das Produkt als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben werde. Die objektive Zweckbestimmung, die ein durchschnittlich informierter Verbraucher einem Produkt beimesse, werde im verstärktem Maße auch durch die Bewerbung des Produktes im Internet geprägt und zwar unabhängig davon, ob es sich hierbei um Internettexte handelt, die nicht oder zumindest nicht unmittelbar der Klägerin zugerechnet werden könnten. Die Internetrecherche habe für Alpha-Liponsäure zahlreiche Treffer und Links zu Präparaten mit unmittelbarem Bezug zur Erkrankung Diabetes und der Behandlung der diabetischen Polyneuropathie geliefert. Dies gelte auch für das streitgegenständliche Produkt, das im Internet als Diabetikerkapseln bzw. Diabetikertabletten ausgelobt werde. Der Hauptinhaltsstoff Alpha-Liponsäure werde als Wirkstoff bezeichnet und der Hinweis „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ deute eindeutig auf ein Arzneimittel hin. Im Übrigen sei die Erwartungshaltung des Verbrauchers auch dadurch geprägt, dass sich zahlreiche zugelassene Arzneimittel mit dem streitgegenständlichen Wirkstoff im Verkehr befänden.
38Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 7. August 2014 beantragt, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung zu Unrecht behauptet, das Produkt „Dr. Grandels Vollgran Weizenkeime“ befinde sich nicht mehr im Verkehr. Außerdem liege ein sog. „verfrühter Verhandlungsschluss“ vor, da der Sachverhalt hinsichtlich des Vorkommens von Alpha-Liponsäure in Weizenkeimen nicht ausreichend aufgeklärt worden sei.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
40Entscheidungsgründe
41Die Klage hat keinen Erfolg.
42Sie ist zulässig, aber nicht begründet.
43Der angefochtene Bescheid des BfArM vom 2. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
44Die Feststellung über das Vorliegen eines zulassungspflichtigen Fertigarzneimittels findet seine Rechtsgrundlage in § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG.
45Die Entscheidung des BfArM begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken. Das BfArM als Bundesoberbehörde ist gemäß § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG zuständig, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels zu entscheiden. Ein Antrag einer zuständigen Landesbehörde liegt hier mit dem Antrag des saarländischen Ministeriums für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 3. November 2008 vor. Dem Antrag war die nach § 21 Abs. 4 Satz 2 AMG geforderte begründete Stellungnahme der zuständigen Arzneimittelprüfstelle beigefügt. § 21 Abs. 4 Satz 1 AMG beinhaltet die Kompetenz des BfArM, eine bundesweit verbindliche arzneimittelrechtliche Einstufung zu treffen.
46Vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zur heutigen Fassung des § 21 Abs. 4 AMG, BR-Drs. 91/12, S. 82.
47Dabei sind für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Arzneimittelrechts einschließlich der dabei zu treffenden Beurteilung, ob ein Produkt ein zulassungspflichtiges Arzneimittel darstellt oder nicht, nach § 64 AMG die Landesbehörden zuständig. Kommt die zuständige Landesbehörde – wie hier – zu der Einschätzung, dass das zu beurteilende Präparat ein zulassungspflichtiges Arzneimittel darstellt, ist sie befugt, beim BfArM eine bundesweit verbindliche Entscheidung über den arzneimittelrechtlichen Status des betreffenden Produktes einzuholen. Damit stellt dieses Verfahren bei bundesweit vertriebenen Produkten eine einheitliche Handhabung der Arzneimittelüberwachung durch die jeweilige regional zuständige Überwachungsbehörde sicher und dient letztlich der auch im Interesse des betreffenden Herstellers liegenden Rechtssicherheit.
48Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Oktober 2010 – 13 A 1187/10 –, juris, Rn. 15 ff.
49Es versteht sich von selbst, dass das BfArM bei seiner Beurteilung nicht an die Einschätzung der jeweiligen Landesbehörde gebunden ist. Dies gilt sowohl für die Zulassungspflichtigkeit als auch für Arzneimitteleigenschaft eines Produktes, da sich die Frage nach der Zulassungspflicht nicht ohne Feststellung der Arzneimitteleigenschaft beantworten lässt. Die Zuständigkeit, über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels zu entscheiden, schließt daher als unerlässlichen Teil die Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft des betreffenden Produktes mit ein.
50Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 29. April 2014 – 13 A 1378/13 –, m.w.N., wonach Sinn und Zweck des § 21 Abs. 4 AMG darin besteht, bundeseinheitlich zu klären, ob es sich bei dem jeweiligen Produkt um ein Arzneimittel handelt.
51Auch in materieller Hinsicht erweist sich die Entscheidung des BfArM als rechtmäßig. Bei dem streitgegenständlichen Produkt handelt es sich um ein Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts gültigen, zuletzt mit Gesetz vom 27. März 2014 (BGBl. I S. 261) geänderten Fassung.
52Zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei feststellenden Verwaltungsakten gemäß § 21 Abs. 4 AMG vgl. VG Köln, Urteil vom 8. November 2011 – 7 K 4577/11 –, juris, m.w.N. Offen gelassen vom OVG NRW, Beschluss vom 13. Oktober 2010 – 13 A 1187/10 –, juris, Rn. 9 f.
53Gemäß § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,1. die entweder zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (sog. „Präsentationsarzneimittel") oder2. die im oder am menschlichen Körper angewendet oder verabreicht werden können, um entwedera) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oderb) eine medizinische Diagnose zu erstellen (sog. „Funktionsarzneimittel").
54Diese Definitionen beruhen auf der Umsetzung des europarechtlichen Arzneimittelbegriffs in Art. 1 Nr. 2 der RL 2001/83/EG,
55Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28. November 2001, S. 67), zuletzt geändert durch RL 2012/26/EU vom 25. Oktober 2012 (ABl. L 299 vom 27.Oktober 2012, S. 1).
56Sie sind daher gemeinschaftsrechtlich vorgeprägt und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH richtlinienkonform auszulegen,
57vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Oktober 2010 – 13 A 1187/10 –, juris, Rn. 22.
58Nicht dem Arzneimittelbegriff unterfallen gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 LFGB. Diese Bestimmung verweist auf Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002. Danach sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen erwartet werden kann, dass sie von Menschen aufgenommen werden, wobei Arzneimittel im Sinne des Gemeinschaftsrechts, d.h. der Definition in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG in der aktuellen Fassung, nicht zu den Lebensmitteln gehören. Das Arzneimittelrecht und das Lebensmittelrecht sind danach in der Weise aufeinander bezogen, als die in Frage kommenden Produkte nur entweder Arzneimittel oder Lebensmittel sein können
59Vgl. VG Köln, Urteil vom 8. April 2014 – 7 K 3150/12 –, m.w.N.
60Das streitgegenständliche Produkt „B. –M. Q. C. Kapseln“ ist ein Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) AMG. Die darin enthaltene Alpha-Liponsäure ist ein Stoff, der im menschlichen Körper angewendet wird, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen.
61Bei Alpha-Liponsäure handelt es sich um eine bei höheren Lebewesen endogen gebildete Substanz mit Koenzymfunktion bei der oxidativen Decarboxylierung von alpha-Ketosäuren. Sie führt bei diabetischen Tieren zu einer Reduktion des Blutzuckergehaltes und zu einer Zunahme des Leberglykogens und beim Menschen zu Veränderungen der Brenztraubensäurekonzentration im Blut. Alpha-Liponsäure und ihre intrazellulär reduzierte Form Dihydroliponsäure bilden ein Redoxpaar, das über ausgeprägte antioxidative Wirkungen verfügt. Als Radikalfänger ist es zur direkten Interaktion mit reaktiven Sauerstoffspezies fähig. Als Komplexbildner (Chelatbildner) kann es mit bestimmten Metallionen Komplexbindungen eingehen und so das oxidative Potential der Metallionen vermindern. Darüber hinaus ist es in der Lage, das antioxidative Potential der Antioxidantien Vitamin E, Vitamin C und Glutathion, das bei der Reaktion mit Radikalen verbraucht wird, zu regenerieren. Zudem hilft es bei der Reparatur oxidativ geschädigter Proteine. Eine weitere Besonderheit der Alpha-Liponsäure besteht darin, dass sie – im Gegensatz zu vielen anderen Antioxidantien – sowohl in hydrophilen als auch in lipophilen Bereichen des menschlichen Organismus ihr antioxidatives Potential entfalten, und somit in allen Körperregionen wirken kann. Gegenüber Q10, Vitamin E und Vitamin C weist Alpha-Liponsäure ein besonders hohes antioxidatives Potential auf. Sie kann ferner den Energiestoffwechsel dahingehend optimieren, dass mehr Pyrovat direkt in Energie umgewandelt und weniger Glukose gebildet wird.
62Vgl. zum Ganzen die vom BfArM im Ausgangsbescheid vom 2. November 2011 zitierten und mit dem Verwaltungsvorgang vorgelegten Publikationen: Biewenga/Haenen/Bast, The pharmacology of the antioxidant lipoic acid, Gen Pharmacol. 1997, 29 (3), 315-31; Halat/Dennehy, Botanicals and Dietary Supplements in Diabetic Peripheral Neuroparthy, The Journal of the American Board of Familiy Practice 2003, 16 (1), 47-57.
63Die oben beschriebenen Wirkungen können als wissenschaftlich gesichert angesehen werden und werden auch von der Klägerin nicht durchgreifend in Abrede gestellt. Gleichlautende Beschreibungen finden sich vielmehr in dem von ihr vorgelegten Auszug aus Hahn, Nahrungsergänzungsmittel, S. 117 f., sowie der gutachterlichen Stellungnahme des Diplomchemikers S. vom 3. September 2008. Auch die auf der Internetpräsenz der Klägerin zu findende Beschreibung der Alpha-Liponsäure zum Produkt „B. –M. Q. C. Kapseln“ gibt die oben aufgeführten Eigenschaften der Substanz wieder.
64Während die Klägerin diese Wirkungen allerdings als lebensmitteltypisch und ernährungsphysiologisch einstuft, geht die Kammer ebenso wie die Beklagte davon aus, dass dem streitgegenständlichen Präparat unter Berücksichtigung aller seiner Merkmale pharmakologische oder metabolische Wirkungen zukommen, durch die die physiologischen Funktionen wiederhergestellt, korrigiert oder beeinflusst werden können.
65Eine Wirkung ist pharmakologisch, wenn sie in einer Wechselwirkung zwischen den Molekülen des betreffenden Stoffes und einem gewöhnlich als Rezeptor bezeichneten Zellbestandteil besteht, die entweder zu einer direkten Wirkung führt oder die Reaktion auf einen anderen Wirkstoff blockiert,
66vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Juni 2007 – 13 A 3903/06 –, PharmR 2008, 83; Urteile vom 17. März 2006 – 13 A 1977/02 u.a. –, ZLR 2006, 302; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 – 3 C 23.06 –, PharmR 2008, 78,
67bildlich gesprochen also nach dem "Schlüssel-Schloss-Prinzip abläuft.
68Unter einer metabolischen Wirkung wird die Veränderung der biochemischen Prozesse verstanden, die an der normalen Körperfunktion beteiligt sind oder deren Verfügbarkeit für diese von Bedeutung sind, wobei es auf die Verstoffwechselung des Produkts selbst nicht ankommt und die hier in Betracht kommenden Begriffe der pharmakologischen und der metabolischen Wirkung nicht stets trennscharf abgrenzbar sind.
69Vgl. VG Köln, Urteil vom 14. Februar 2012 – 7 K 5340/10 –, juris Rn. 57 ff., m.w.N.
70Dabei darf das Kriterium der Eignung, physiologische Funktionen durch die genannten Wirkungen wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, nicht dazu führen, dass Erzeugnisse als Funktionsarzneimittel eingestuft werden, die zwar auf den menschlichen Körper einwirken, aber keine nennenswerten physiologischen Auswirkungen haben und seine Funktionsbedingungen somit nicht wirklich beeinflussen.
71Vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 – C-140/07 –, Tz. 41.
72Gemessen daran ist die Einstufung des streitgegenständlichen Präparates als Funktionsarzneimittel zu Recht erfolgt. Denn die darin enthaltene Alpha-Liponsäure ist geeignet, die bei diabetischer Polyneuropathie auftretenden Missempfindungen nennenswert positiv zu beeinflussen. Nach der Aufbereitungsmonographie der Kommission B des damaligen Bundesgesundheitsamtes vom 3. November 1990 kann die orale Gabe von Alpha-Liponsäure in einer Dosierung von 300 bis 600 mg/Tag wirksam sein. Im Falle von starken Dysästhesien im Rahmen einer schweren diabetischen Polyneuropathie ist nach einer höher dosierten parenteralen Gabe als weiterführende Therapie eine orale Gabe in einer Dosierung von 200 bis 300 mg/Tag vorzuschlagen.
73Vgl. Aufbereitungsmonographie für Alpha-Liponsäure, Bundesgesundheitsamt Kommission B 3, BAnz. Nr. 205 vom 3. November 1990.
74Nach den Ausführungen des BfArM im Ausgangsbescheid vom 2. November 2011, denen die Klägerin insoweit nicht substantiiert entgegen getreten ist, sind die Beschwerden bei der diabetischen Polyneuropathie – vereinfacht gesprochen – darauf zurückzuführen, dass bei zu hohem Blutglukosespiegel „advanced glycation end products“ entstehen, die zur Bildung freier Radikale beitragen, die ihrerseits den peripheren Nerv schädigen. Schädigungen im peripheren Nervensystem bilden die Ursache für entsprechende neuropathische Schmerzen.
75Vgl. Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Kapitel Kopfschmerzen und andere Schmerzen, Pharmakologisch nicht interventionelle Therapie chronisch neuropathischer Schmerzen, Stand: September 2012, auf die auch der Gutachter der Klägerin, Dr. W. , in seinem Gutachten vom 5. April 2014 verweist.
76Mit Blick auf die oben beschriebenen Eigenschaften der Alpha-Liponsäure – insbesondere ihre Fähigkeit zur Reduktion der Glukosebildung und ihr ausgeprägtes antioxidatives Potential – ist die dargestellte Wirkung nachvollziehbar. Die Klägerin selbst nimmt Bezug auf den Einsatz von Alpha-Liponsäure bei Patienten mit diabetischer Neuropathie, indem sie ihnen auf ihrer Internetpräsenz zu dem streitgegenständlichen Produkt einen „erhöhten medizinisch bedingten Nährstoffbedarf an Liponsäure“ attestiert.
77Vgl. http://www. .de/product_info.php?info=p10_ B. –M. Q. C. -Kapseln-100-St.html, abgerufen am 5. August 2014.
78Bei der diabetischen Polyneuropathie handelt es sich um einen krankhaften Zustand, dessen Behebung die Wiederherstellung oder jedenfalls Beeinflussung des normalen physiologischen Zustandes bedeutet. Soweit die Gabe von Alpha-Liponsäure geeignet ist, die unter dem Begriff Missempfindungen zu fassenden Symptome der diabetischen Polyneuropathie durch Veränderung der organischen Abläufe zu beseitigen, genügt dies zur Annahme einer Beeinflussung der physiologischen Funktionen.
79Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 – 3 C 22.06 –, juris, Rn. 31.
80Die dargestellte Eignung der Alpha-Liponsäure, die physiologischen Funktionen nennenswert zu beeinflussen, basiert nach Auffassung der Kammer auf einer belastbaren wissenschaftlichen Grundlage. Die Aufbereitungsmonografie des damaligen Bundesgesundheitsamtes zu Alpha-Liponsäure stellt grundsätzlich eine Solche dar. Sie ist auf gesetzlicher Basis von einem kompetenten Expertengremium erstellt und vom damaligen Bundesgesundheitsamt anerkannt und veröffentlicht worden.
81Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 – 3 C 22.06 –, juris, Rn. 33.
82Die darin getroffenen Aussagen sind nach Auffassung der Kammer auch nicht überholt. Dafür sprechen insbesondere die zahlreichen Zulassungen für Arzneimittel mit Alpha-Liponsäure, beginnend mit einer Wirkstoffmenge von 200 mg pro Kapsel bzw. Tablette, für das Anwendungsgebiet „Missempfindungen bei diabetischer Polyneuropathie“,
83Übersicht von der Beklagten mit Schriftsatz vom 3. Juli 2013 als Anlage 1 vorgelegt.
84Die Existenz solcher (Nach-)Zulassungen spricht für die Eignung zur Verhütung, Heilung oder Linderung einer Krankheit durch das Präparat, das den in den zugelassenen Arzneimitteln enthaltenen Wirkstoff ebenfalls aufweist.
85Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. März 2006 – 13 A 1977/02 u.a. –, ZLR 2006, 302.
86Der Umstand, dass die empfohlene Tagesdosis der zugelassenen Arzneimittel für die orale Anwendung – soweit ersichtlich – bei 400 bis 600 mg/Tag liegt, spricht nicht gegen die Eignung von Alpha-Liponsäure, auch schon bei der hier in Rede stehenden Tagesdosis von 300 mg die physiologischen Funktionen nennenswert zu beeinflussen. Vielmehr lässt sich dem nur entnehmen, dass jedenfalls bei einer Dosierung von 400 mg/Tag Alpha-Liponsäure die therapeutische Wirksamkeit zukommt, deren Fehlen einen Versagungsgrund für die Zulassung nach § 25 Abs. 2 Nr. 4 Alt. 1 AMG darstellt. Der positive Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit, der Voraussetzung der Arzneimittelzulassung ist, muss indes bei der Frage nach der pharmakologischen (oder metabolischen) Wirkung des Präparates nicht erbracht werden.
87Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. März 2006 – 13 A 1977/02 u.a. –, ZLR 2006, 302.
88Eine therapeutische Wirksamkeit eines Mittels belegt zwar dessen pharmakologische Wirkung, jedoch ist sie kein notwendiges Element der pharmakologischen Wirkung.
89Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – 3 C 40/05 –, juris, Rn. 23.
90Vielmehr genügt ein halbwegs gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisstand, der einen tragfähigen Rückschluss auf die Wirkungen des Produkts erlaube.
91Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 – 3 C 22.06 –, juris, Rn. 25 f.
92Davon kann hier mit Blick darauf, dass sich die empfohlene Tagesdosierung des Präparates des Klägerin und damit die tägliche Menge an Alpha-Liponsäure im Rahmen der in der Aufbereitungsmonographie des damaligen Bundesgesundheitsamtes genannten Dosierempfehlung für die orale Anwendung bewegt, ausgegangen werden.
93Die von der Klägerin geäußerten Zweifel an der Gültigkeit der Aussagen des damaligen Bundesgesundheitsamtes rechtfertigen keine andere Einschätzung. Sie stützt sich dabei im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. W. vom 5. April 2014, in dem dieser sich auf Aussagen der Stiftung Warentest und Langbein et al. bezieht. Nach der Stiftung Warentest seien die zum Beleg der Wirksamkeit durchgeführten Studien äußerst kritisch zu bewerten. Nach Langbein et al. sei wegen der zweifelhaften therapeutischen Wirksamkeit bei diabetischen Neuropathien von Alpha-Liponsäure abzuraten. Desweiteren erwähnt Dr. W. eine im Jahr 2012 durchgeführte Metaanalyse von Mijnhout et al., die nach Auswertung von 4 Studien zu dem Ergebnis kommt, dass die intravenöse Gabe von Alpha-Liponsäure von 600 mg/Tag über 3 Wochen zu einer signifikanten und klinisch relevanten Reduktion der neuropathischen Schmerzen führt. Unklar sei, ob die signifikanten Verbesserungen nach 3 bis 5 Wochen nach oraler Gabe von Dosierungen über 600 mg/Tag klinisch relevant seien. Dr. W. führt aus, dass man nach Lesen der entsprechenden Studien, die aus den Arbeitsgruppen um Prof. Ziegler stammten, die Beurteilung der Stiftung Warentest nachvollziehen könne. Eine nähere Begründung liefert er nicht. Er nimmt ferner Bezug auf die „Nationalen Versorgungsleitlinie Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft, die die geringe methodische Qualität der Metaanalyse und der durchgeführten Studien zur intravenösen Qualität mit Alpha-Liponsäure bemängelt. Die Evidenz zur analgetischen Wirksamkeit einer oralen Therapie mit Alpha-Liponsäure sei noch schwächer als die zur intravenösen Therapie. Alpha-Liponsäure könne zur Behandlung einer schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie nicht empfohlen werden. Letztere Empfehlung wird – insoweit von Dr. W. nicht mitgeteilt – von den Autoren der Nationalen Versorgungsleitlinie mit einem Symbol für den Empfehlungsgrad versehen, der den Kategorien „starke Empfehlung“, „Empfehlung“ und „offen“ mit jeweils positiver und negativer Aussage zugeordnet ist und im Falle der Alpha-Liponsäure der Kategorie „offen“ entspricht.
94Vgl. Nationale Versorgungsleitlinien Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, abrufbar unter http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/Redakteur/Leitlinien/Evidenzbasierte_Leitlinien/nvl-t2d-neuro-lang.pdf.
95Schließlich zitiert Dr. W. aus den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, wonach Alpha-Liponsäure in der Therapie chronisch neuropathischer Schmerzen nicht das Mittel der Wahl sei. Aufgrund des geringen Nebenwirkungsprofils seien bei schmerzhafter diabetischer Polyneuropathie die vorübergehende i.v. Gabe und möglicherweise eine orale Gabe von Alpha-Liponsäure in ausgewählten Fällen möglich. Die Substanz sei jedoch nicht erstattungsfähig.
96Die Einwände der Klägerin verfangen nicht. Abgesehen davon, dass belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse bzw. ein halbwegs gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisstand nicht erst bei Fehlen jeglicher kritischen Auseinandersetzung oder abweichenden Auffassungen vorliegen, zielen die Angriffe des Gutachters der Klägerin auf die therapeutische Wirksamkeit von Alpha-Liponsäure in einer Dosis von 300 mg/Tag. Dies ergibt sich bereits aus der an den Gutachter gerichteten Frage Nr. 2 („Besteht eine therapeutische Wirksamkeit von Alpha-Liponsäure bei einem täglichen Verzehr dieses Lebensmittelbestandteiles von 300 mg?“), deren Beantwortung seine obigen Ausführungen enthält. Im Übrigen setzen sich die vom Gutachter Dr. W. zitierten Quellen kritisch nur mit den durchgeführten Studien und zum Teil mit der darauf bezogenen Metaanalyse, die sich allesamt zur therapeutischen Wirksamkeit verhalten, auseinander. Auf andere Meinungen, wie die in den Akten befindlichen Publikationen von Corbett,
97Practical management of patients with painful diabetic neuropathy, The Diabetes Educator 2005 (31), 523, 526,
98oder Livingstone/Davis,
99Review: Targeting therapeutics against glutathione depletion in diabetes and its complications, British Journal of Diabetes & Vascular Disease 2007 (7), 258, 262 f.,
100die beide in den Studien eine valide Grundlage sehen, geht Dr. W. indes nicht ein. Fehlt es wegen der Fokussierung auf die zum Beleg der therapeutischen Wirksamkeit durchgeführten klinischen Studien mithin an der Auseinandersetzung mit der pharmakologischen (oder metabolischen) Wirkung von Alpha-Liponsäure in der hier interessierenden Tagesdosis von 300 mg, sind die vorgebrachten Einwände von vornherein nicht geeignet, die entsprechenden wissenschaftlichen Erkenntnisse in Frage zu stellen.
101Nach dem Vorstehenden bedurfte es auch nicht der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantragten Beweiserhebung über (1.) das Nichtbestehen einer therapeutischen Wirksamkeit des Präparates der Klägerin und (2.) darüber, dass für eine Tagesdosis von 300 mg Alpha-Liponsäure keine therapeutische Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen ist. Beide Beweisanträge konnten wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 Alt. 3 StPO) abgelehnt werden, da – wie bereits dargelegt – die therapeutische Wirksamkeit eines Präparates oder des darin enthaltenen Stoffes nicht Voraussetzung für dessen Arzneimitteleigenschaft ist. Denn das Fehlen der therapeutischen Wirksamkeit rechtfertigt nicht den zwingenden Schluss, dass es sich bei dem zu beurteilenden Präparat nicht um ein Funktionsarzneimittel handelt.
102Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 – 3 C 22.06 –, juris, Rn. 18 m.w.N.
103Alpha-Liponsäure in der hier fraglichen Konzentration überschreitet auch die sog. Erheblichkeitsschwelle, welche die Rechtsprechung im Wege einer einschränkenden Auslegung des Begriffs der pharmakologischen Wirkung aufstellt, um Arzneimittel von Lebensmitteln abzugrenzen. Danach steuert ein Arzneimittel gezielt die Körperfunktionen von außen, während der Körper bei der unspezifischen Aufnahme von Nährstoffen über natürliche Lebensmittel die benötigten Bestandteile selbst identifiziert und modifiziert,
104vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Dezember 2006 – 3 C 40/05 –, juris, Rn. 22, und vom 25. Juli 2007 – 3 C 22.06 –, juris, Rn. 23.
105Soweit die Klägerin mit ihrem Beweisantrag Nr. 4 die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Behauptung begehrt, das Produkt „Alpha-Liponsäure plus Bios Kapseln“ weise keine, eine Erheblichkeitsschwelle überschreitende Beeinflussung des menschlichen Körpers auf, war der Beweisantrag abzulehnen. Denn die Beantwortung der Beweisfrage erfordert die Beantwortung der Rechtsfrage, wann eine Beeinflussung des menschlichen Körpers die Erheblichkeitsschwelle überschreitet. Mithin bedarf dieser von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsbegriff der näheren Ausgestaltung zur Anwendung auf den konkreten Fall, was nicht Aufgabe des Sachverständigen, sondern des mit dem Fall befassten Gerichts ist.
106Die Erheblichkeitsschwelle ist nicht erreicht, wenn die Wirkungen eines Produktes nicht über diejenigen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel aufweisen kann.
107Vgl. EuGH, Urteil vom 15. November 2007 – C-319/05 –, juris, Rn. 68.
108Alpha-Liponsäure-haltige Lebensmittel sind durchweg nicht geeignet, den Körper bei angemessenen Verzehrmengen mit einer täglichen Alpha-Liponsäure-Dosis von 300 mg zu versorgen. Bereits in ihrer eigenen Werbeaussage auf ihrer Internetpräsenz zu dem Produkt „Alpha-Liponsäure Bios Kapseln“ weist die Klägerin darauf hin, dass der Gehalt von Alpha-Liponsäure in pflanzlichen Nahrungsmitteln (z. B. in Kartoffeln) nur gering ist. Die in der gutachterlichen Stellungnahme des Diplomchemikers S. genannte Menge von entweder 1,5 kg Molkepulver, 2,4 kg frischem Spinat oder 3 kg schlachtfrischer Leber erachtet die Kammer jeweils nicht als angemessene Verzehrmenge. Vielmehr liegt der Verzehr derartiger Mengen des entsprechenden Nahrungsmittels außerhalb dessen, was üblicherweise im Rahmen einer angemessenen Ernährung zu sich genommen wird.
109Soweit die Klägerin unter Vorlage von sachverständigen Stellungnahmen vorträgt, die Tagesdosis von 300 mg Alpha-Liponsäure könne auch durch Verzehr von 35 g (so Dr. W. ) oder 60 bis 75 g (so S. ) Weizenkeimen zugeführt werden, fehlen hierfür nach Auffassung der Kammer stichhaltige Anhaltspunkte. Die Aussagen des Diplomchemikers S. in seiner Stellungnahme vom 3. September 2008 zum Vorkommen von Alpha-Liponsäure in Weizenkeimen beziehen sich nicht auf eigene Untersuchungen, sondern auf ein Forschungsprojekt von Dr. W. aus dem Jahre 2001, in dem dieser bis zu 980 mg Alpha-Liponsäure in 100 g Weizenkeimen habe nachweisen können. Unterlagen oder Nachweise für die Ergebnisse dieses Forschungsprojektes werden indes nicht vorgelegt. In einer persönlichen Mitteilung im Jahr 2006 habe Dr. W. S. mitgeteilt, dass 100 g Weizenkeime bis zu 1000 mg Alpha-Liponsäure enthielten. Dr. W. selbst erwähnt in seinen Stellungnahmen vom 3. September 2008 und 5. April 2014 keine eigenen Untersuchungen zum Gehalt von Alpha-Liponsäure in Weizenkeimen. Vielmehr nimmt er Bezug auf die Untersuchung von Swatditat et al. (1973), die erhebliche Mengen (ca. 700 bis 800 mg Alpha-Liponsäure pro 100 g Weizenkeime) Alpha-Liponsäure in Weizenkeimen analytisch festgestellt hätten. Ferner führt er aus, „der in Weizenkeimen berichtete Gehalt ist durch neuere Untersuchungen gestützt (Arotop, 2001)“. Unter den Quellen findet sich die Angabe „Prüfbericht des Labors arotop food creation, Mainz, 2001“. Mit seinem Hinweis auf „neuere Untersuchungen“ bleibt Dr. W. vage. Weder wird das konkrete Analyseergebnis mitgeteilt, noch der Untersuchungsbericht des Labors vorgelegt. Unklar bleibt auch, welche Analysemethode durchgeführt worden sein soll. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Aussage, dass der in Weizenkeimen berichtete Gehalt durch die Untersuchungen „gestützt“ werde, nicht im Ansatz nachvollziehen. Die entsprechende Aussage gewinnt auch nicht dadurch an Gewicht, dass sie von S. unter Bezugnahme auf Dr. W. wiederholt wird. Eigene Erkenntnisse werden damit nicht dargetan.
110Soweit Dr. W. auf die Analyse von Swatditat et al. aus dem Jahr 1973 Bezug nimmt, ist die Beklagte den Ergebnissen der damaligen Analyse substantiiert entgegengetreten. Die Beklagte legt hierzu die Publikation von Vianey-Liaud et al. aus dem Jahre 1994 vor,
111Vianey-Liaud et al., Lipoic Acid in Wheat Grains, Journal of Agricultural and Food Chemistry 1994 (42), 1110 – 1114,
112wonach Alpha-Liponsäure einen deutlich geringeren Anteil in Weizenkeimen ausmacht, nämlich maximal 0,1 ppm (parts per million = 10-6 = 0,0001 %). Demgemäß enthalten 100 g Weizenkeime 0,01 mg Alpha-Liponsäure. Vianey-Liaud et al. gehen ausdrücklich auf die früheren Untersuchungen ein, die ein höheres Alpha-Liponsäure-Vorkommen ergaben. Insbesondere unterzogen sie die Proben bei der Dünnschichtchromatographie dem gleichen Prozedere wie Swatditat et al. Während jedoch die früheren Untersuchungen bei einer bestimmten Analysetiefe aufhörten und die auf diese Weise isolierte Substanz als überwiegend oder ausschließlich aus Alpha-Liponsäure bestehend charakterisierten, wurde in der vorgelegten Untersuchung ein weiterer Analyseschritt unternommen, der einen deutlich geringeren Gehalt an Alpha-Liponsäure erbrachte. Mit Blick auf die durchgeführten, moderneren Analysemethoden erklären sich die Forscher der Untersuchung aus 1994 die deutlichen Differenzen zu früheren Analysen. Dieser überzeugenden und in sich nachvollziehbaren Untersuchung ist die Klägerin nicht substantiiert entgegen getreten. Insbesondere kommt die Bezugnahme auf die Untersuchung von Swatditat et al. durch Dr. W. keine Überzeugungskraft zu, wenn auf die neuere Analyse durch Vianey-Liaud et al., die die in der Vergangenheit ermittelten hohen Gehalte an Alpha-Liponsäure in Weizenkeimen schlüssig widerlegt, mit keinem Wort eingegangen wird.
113Schließlich ergeben sich Anhaltspunkte für die von der Klägerin behaupteten hohen Alpha-Liponsäure-Gehalte in Weizenkeimen auch nicht aus den von Dr. W. genannten Weizenkeimprodukten „Dr. Grandels Vollgran Weizenkeime“ und „Dr. Ritter Weizenkeime“. Beim erstgenannten Produkt finden sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung überhaupt keine Angaben über Alpha-Liponsäure. Dem aktuellen Internetauftritt von Dr. Grandel lassen sich keine Informationen über den Gehalt an Alpha-Liponsäure entnehmen. Weder in der Produktbeschreibung noch in der Auflistung der Nährstoffe wird Alpha-Liponsäure als Inhaltsstoff der Weizenkeime explizit genannt.
114Vgl. http://www.grandel.de/gesundheit/weizenkeime-ballaststoffe/vollgran-weizenkeime.
115Mit Blick darauf, dass andere Antioxidantien (z.B. Vitamin E) ausdrücklich erwähnt werden, obwohl diese in deutlich geringeren Mengen als die behaupteten 830 mg Alpha-Liponsäure in 100 g Weizenkeimen vorkommen, kann nicht angenommen werden, dass Alpha-Liponsäure in diesem Produkt in nennenswerten Mengen enthalten ist. Gleiches gilt für das Produkt von Dr. Ritter, für das weder auf der Verpackung noch auf der dazu gehörigen Internetpräsenz ein Gehalt der hier in Rede stehenden Alpha-Liponsäure genannt wird.
116Vgl. http://www.dr-ritter.de/drritter-produkte/vitaminbewusste-ernaehrung/weizenkeime.html.
117Vor diesem Hintergrund bestand für das Gericht kein Anlass, dem Beweisantrag Nr. 3 der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu folgen und Beweis darüber zu erheben, dass eine Tagesdosis von 300 mg Alpha-Liponsäure auch mit einer angemessenen Menge von Lebensmitteln, wie z. B. Weizenkeime, aufgenommen werden kann. Eine solche Beweisaufnahme liefe auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinaus. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt vor, wenn für den Wahrheitsgehalt der Tatsachenbehauptungen nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aus der Luft gegriffen", "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufgestellt werden, für die tatsächliche Grundlagen jedoch fehlen.
118Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2010 – 3 B 17/10 –, juris, Rn. 3 m.w.N.
119So liegt der Fall hier. Für die Kammer fehlt es – wie bereits dargelegt – an greifbaren Anhaltspunkten für die Behauptung, dass Lebensmittel, wie z. B. Weizenkeime, einen nennenswerten Gehalt an Alpha-Liponsäure in der genannten Größenordnung aufweisen. Eine tragfähige Grundlage für die diesbezügliche Behauptung der Klägerin ist nicht erkennbar. Vielmehr stützt sie sich auf widerlegte wissenschaftliche Erkenntnisse und überholte Werbeaussagen bzw. irrelevante Produktbeschreibungen.
120Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung. Soweit sie dort darauf hinweist, dass „Dr. Grandels Vollgran Weizenkeime“ auf anderen, nicht dem Hersteller Dr. Grandel zuzuordnenden Internetshops mit dem Inhaltsstoff Alpha-Liponsäure beworben werden, fehlt es weiterhin an greifbaren Anhaltspunkten für die klägerische Behauptung. Denn den Werbeaussagen Dritter kann grundsätzlich keine größere Aussagekraft beigemessen werden, als den eigenen Angaben des Herstellers über sein Produkt, wenn dieser zwar eine bestimmte Eigenschaft seines Produktes – hier die enthaltenen Antioxidantien – hervorhebt, ohne jedoch die für die antioxidative Wirkung u. a. maßgebliche Alpha-Liponsäure zu nennen.
121Auch der mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz der Klägerin vorgelegte Internetauszug zu dem Produkt „Amanprana Weizenkeime“ bildet keinen greifbaren Anhaltspunkt für eine daran anknüpfende Beweiserhebung. Zwar sollen in 100 g „Amanprana Weizenkeime“ nach der beigefügten Nährwerttabelle 800 mg Alpha-Liponsäure enthalten sein. Allerdings ist zum einen nicht ersichtlich, welche Analysemethode durchgeführt wurde, um einen Gehalt von Alpha-Liponsäure zu bestimmen, der ein 80.000-faches dessen darstellt, was in den eingehend erläuterten Analysen von Vianey-Liaud et al. ermittelt worden ist. Zum anderen wird zugleich darauf hingewiesen, dass es sich um ein Breitspektrum-Antioxidant ohne ETM (empfohlene Tagesmenge) handele. Im Allgemeinen werde 100 mg empfohlen. Dementsprechend kann bei der Aufnahme einer Menge von 300 mg, die diese im Allgemeinen lautende Empfehlung von 100 mg um das Mehrfache übersteigt, nicht mehr von einer angemessenen Verzehrmenge in Bezug auf Alpha-Liponsäure die Rede sein.
122Aus den oben genannten Gründen sieht die Kammer auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Der von der Klägerin gerügte „verfrühte Verhandlungsschluss“ liegt nicht vor. Von einem solchen spricht man, wenn das Gericht nach Schluss der mündlichen Verhandlung Defizite bei der Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts feststellt und sich so ergibt, dass die mündliche Verhandlung verfrüht geschlossen wurde. Das kann z. B. der Fall sein, weil sich aus nachträglichem Vortrag der Beteiligten ergibt, dass entscheidungserhebliches Vorbringen übergangen und der Sachverhalt noch nicht so weit aufgeklärt wurde, um eine abschließende Sachentscheidung fällen zu können.
123Vgl. Dolderer, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 104 Rn. 57.
124Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wie bereits dargelegt, bietet auch das nachträgliche Vorbringen der Klägerin keinen Anlass zu weiterer Sachaufklärung, insbesondere zu der beantragten Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
125Ein Wiedereröffnungsgrund ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, die Beklagte hätte in der mündlichen Verhandlung behauptet, das Produkt „Dr. Grandels Vollgran Weizenkeime“ befände sich nicht mehr im Verkehr. Eine solche Behauptung ist von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht aufgestellt worden. Auch ist das Gericht bei der Entscheidungsfindung nicht von einem derartigen Sachverhalt ausgegangen. Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass sich „Dr. Grandels Vollgran Weizenkeime“ im Verkehr befinden, aber – worauf die Beklagte in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat – vom Hersteller Dr. Grandel selbst nicht mit einem Gehalt von Alpha-Liponsäure beworben werden. Eine unrichtige Behauptung, deren Richtigstellung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht möglich war, ist somit nicht ersichtlich.
126Ist nach alledem das Produkt der Klägerin als Funktionsarzneimittel nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) AMG einzustufen, kann offen bleiben, ob auch die Voraussetzungen eines Präsentationsarzneimittels erfüllt sind, wie die Beklagte erstmals in der Klageerwiderung vorträgt. Zwar ist das Produkt auf dem Etikett ausdrücklich aus Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet, so dass ein verständiger Durchschnittsverbraucher nicht ohne weiteres annehmen wird, es handele sich um ein Arzneimittel. Jedoch stellt die Aussage zu dem streitgegenständlichen Produkt im Internetshop der Klägerin den Bezug zu einer konkreten Krankheit („diabetische Neuropathie“) her, in deren Therapie (dafür spricht die angesprochene Zielgruppe „Patienten“) das Produkt eingesetzt werden soll, um „einen erhöhten medizinisch bedingten Nährstoffbedarf an Liponsäure“ zu decken. Dass die Einnahme des Präparates zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden erfolgen soll, wird zwar nicht ausdrücklich erklärt. Allerdings ergibt sich aus der Verknüpfung von Alpha-Liponsäure-Gehalt des Produktes und dem „erhöhten medizinisch bedingten Nährstoffbedarf an Liponsäure“ von „Patienten mit diabetischer Polyneuropathie“, dass dem Produkt positive Wirkungen auf den Gesundheitszustand der angesprochenen Patienten zugemessen werden. Sollte die Klägerin mit der Formulierung „medizinisch bedingter Nährstoffbedarf“ einen Einsatz des Präparates als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) im Sinne des § 1 Abs. 4a Satz 1 DiätV nahelegen wollen, stünde dies bereits im Widerspruch zu der von ihr aufgestellten Behauptung, Alpha-Liponsäure in einer Menge von 300 mg könne auch im Rahmen der normalen Ernährung durch Verzehr von Lebensmitteln in angemessener Menge aufgenommen werden. Denn diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke sind nach § 1 Abs. 4a Satz 2 Diät V Erzeugnisse, die insbesondere der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf dienen, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen. Diesem Widerspruch muss jedoch mit Blick auf die vorliegende Einstufung des Präparates als Funktionsarzneimittel nicht weiter nachgegangen werden.
127Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
128Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrags vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin stellt Produkte unter der Bezeichnung „N. C. Kapseln“ mit einer Melatonin-Dosierung je Kapsel von 0,5 mg, 1mg, 1,5 mg, 2mg, 2,5 mg und 5 mg her, die zur Linderung subjektiver Jetlag-Gefühle beitragen sollen. Sie erstrebt die Feststellung, dass es sich bei diesen Erzeugnissen nicht um zulassungspflichtige Arzneimittel handelt.
3Im November 2011 zeigte die Klägerin die genannten Produkte bei dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Bundesamt) als diätetische Lebensmittel an. Anlässlich dieser Anzeige wies diese Behörde die Klägerin darauf hin, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) melatoninhaltige Produkte in einer ersten Einstufung im September 2011 dosisunabhängig als Arzneimittel bewertet habe. Melatonin sei auf EU-Ebene nicht harmonisiert, so dass seine Einstufung und die Bewertung seiner Verkehrsfähigkeit allein den Mitgliedstaaten oblägen. Dies ermögliche es, sie in einigen Mitgliedstaaten als Arzneimittel, in anderen als Lebensmittel einzustufen. Das Bundesamt folge der ersten Beurteilung durch das BfArM als der für die Prüfung der Arzneimitteleigenschaft zuständigen Behörde. Der Klägerin sei es unbenommen, die endgültige Einstufung zu melatoninhaltigen Erzeugnissen, die das BfArM derzeit im Rahmen seiner Zuständigkeit nach § 21 Abs. 4 AMG erarbeite und die die bisherige Auffassung des Instituts bestätigen werde, abzuwarten.
4In der Stellungnahme des BfArM vom 20.09.2011 an das Bundesamt ist ausgeführt, für melatoninhaltige Präparate mit 2 mg Tagesdosierung sei die pharmakologische Wirkung durch die Zulassung für das melatoninhaltige Arzneimittel „D. “ belegt. Die Europäische Kommission habe 2007 die Genehmigung für das Inverkehrbringen von D. als Monotherapie für die kurzzeitige Behandlung der primären, durch schlechte Schlafqualität gekennzeichneten Insomnie bei Patienten ab 55 Jahren erteilt. Vor der Zulassung von D. sei das Präparat in drei Hauptstudien mit an primärer Insomnie leidenden Patienten untersucht worden und habe bei einer Tagesdosis von 2 mg die Einschlafzeit verkürzt sowie die Schlafqualität und Leistungsfähigkeit am nächsten Tag verbessert.
5Aus Sicht des BfArM handle es sich bei melatoninhaltigen Präparaten auch bei Tagesdosierungen unter 2 mg um Arzneimittel, die der Zulassungspflicht unterlägen. Die Wirkungsweise von Melatonin sei als pharmakologisch zu bezeichnen, weil es zu einer Wechselbeziehung zwischen den Molekülen dieses Stoffes und Rezeptoren komme, die zu einer direkten Wirkung führe. Melatonin sei ein natürlich vorkommendes Neurohormon, das überwiegend nachts in der Zirbeldrüse im Epithalamus produziert werde. Es sei an der Koordination des Schlafzyklus beteiligt, indem es auf Zellen in bestimmten Hirnregionen wirke. Dabei komme es zu Wechselwirkungen zwischen dem Hormon und den MT1-, MT2- und MT3-Rezeptoren, G-Protein- gekoppelten Rezeptoren, die insbesondere im Hirn und auf der Netzhaut hätten nachgewiesen werden können. Melatonin beeinflusse auch die Sekretion von luteinisierendem Hormon, Prolaktin Kortikosteroiden, Schilddrüsenhormonen und Insulin. Es habe zudem Einfluss auf die Körpertemperatur des Menschen. Es scheine immunmodulatorische Effekte auf die Zellen des Immunsystems zu besitzen. Eine schlaffördernde Wirkung scheine auch in niedrigen Dosierungen vorhanden zu sein. In einer Metaanalyse seien zehn klinische Studien betrachtet worden, die für Melatonin in Tagesdosen von 0,5 bis 5 mg eine vergleichbare Wirkung bei Jetlag festgestellt hätten. Dies lasse den Schluss zu, dass Melatonin auch bei Tagesdosierungen von 0,5 bis 2 mg eine pharmakologische Wirkung mit klinischen Effekten erziele.
6Mit der üblichen Ernährung sei die Aufnahme einer entsprechenden Menge an Melatonin nicht zu erzielen. In Lebensmitteln komme Melatonin in derart geringen Mengen vor, dass etwa eine Tonne Gurken oder 200 kg Bananen verzehrt werden müssten, um dem Körper 0,1 mg des Hormons zuzuführen.
7Bei der Einnahme von Melatonin könne es zu Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln kommen, da Melatonin das Enzymsystem induziere.
8Die Klägerin vertrat gegenüber dem Bundesamt die Meinung, ihre Produkte seien keine Arzneimittel sondern als bilanzierte Diäten verkehrsfähig.
9Die Klägerin hat am 14.05.2012 Klage erhoben.
10Zur Klagebegründung vertritt sie den Standpunkt, sie müsse ihre Rechte im Wege der Feststellungsklage geltend machen, denn weder die Beklagte noch die zuständige Arzneimittelaufsichtsbehörde hätten bislang einen anfechtbaren Bescheid erlassen. Eine ihr günstige Entscheidung könne sie auch nicht über ein Verpflichtungsbegehren erreichen, da ihr kein Antragsrecht nach § 21 Abs. 4 AMG zustehe. Zwischen den Beteiligten stehe das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines konkreten Rechtsverhältnisses in Streit, ohne dass es darauf ankomme, dass sich die Beklagte bisher nicht direkt mit ihr in Verbindung gesetzt habe. Die im Schreiben vom 20.09.2011 vorgenommene Bewertung der Beklagten wirke für sie ebenso belastend wie ein Verwaltungsakt. Handle es sich bei den im Streit befindlichen Produkten um zulassungspflichtige Arzneimittel, müsse sie deren Vertrieb einstellen oder einen Antrag auf Zulassung als Arzneimittel stellen. Für die Beurteilung dieser Frage sei ausschließlich die Beklagte zuständig. Diese vertrete nach wie vor die Ansicht, dass melatoninhaltige Produkte in der angegebenen Dosierung zulassungspflichtige Arzneimittel seien. Die Klägerin verweist auf einen zwischenzeitlich ergangenen Bescheid der Beklagten vom 10.01.2013, mit dem gegenüber einem anderen Hersteller die Arzneimitteleigenschaft seines melatoninhaltigen Produkts nach § 21 Abs. 4 AMG festgestellt worden ist. Diese Feststellung entfalte Bindungswirkung für die für die Arzneimittelüberwachung zuständigen Landesbehörden. Sie, die Klägerin vertreibe ihre Produkte im ganzen Bundesgebiet. Es sei ihr nicht zuzumuten, nun noch in sämtlichen Bundesländern Anträge auf Entscheidung über die Zulassungspflicht ihrer Produkte zu stellen. Auch könne sie nicht darauf verwiesen werden, bundesweit Untersagungsverfügungen der Landesbehörden, gegen die sie ohnehin nur noch beschränkt Einwände vorbringen könne, oder Strafverfolgungsmaßnahmen abzuwarten. Das Risiko einer strafrechtlichen Beanstandung ihres Verhaltens vermittle ihr ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
11Für ihre Auffassung, dass Melatonin nicht dosisunabhängig stets als Arzneimittel einzustufen sei, verweist die Klägerin auf ein Gutachten der European Food Authority (EFSA) aus dem Jahr 2010, das sich mit gesundheitsbezogenen Angaben für Lebensmittel nach Art. 13 VO Nr.1924/2006/EG befasse und Melatonin als Nahrungsmittelbestandteil bezeichne. Das Gutachten weise Melatonin bei einer Verzehrmenge zwischen 0,5 mg und 5 mg eine ernährungsspezifische Wirkung hinsichtlich der Linderung subjektiver Jetlag-Gefühle zu. An dieser Bewertung ändere es nichts, dass es ein von der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMA) zugelassenes Arzneimittel mit dem Wirkstoff Melatonin gebe. Beide Behörden gingen offenbar von einem möglichen Nebeneinander melatoninhaltiger Lebensmittel und Arzneimittel sogar in übereinstimmender Dosierung aus. Aufgrund der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Verordnung Nr.432/2012/EU, die in einer Liste zulässiger gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Wirkangaben für Melatonin festhalte, dass es in Dosierungen ab 0,5 bzw. von 1 mg zur Linderung der subjektiven Jetlag-Empfindung bzw. zur Verkürzung der Einschlafzeit beitrage, stehe fest, dass der europäische Verordnungsgeber bei der von ihm angegebenen Dosierung und Wirkaussage von Melatonin als einem Lebensmittel ausgehe. Im Übrigen seien in Italien melatoninhaltige Produkte als Nahrungsergänzungsmittel im Verkehr.
12Ein melatoninhaltiges Lebensmittel unterscheide sich vom zugelassenen Arzneimittel in Bezug auf Zweckbestimmung und Anwendungsdauer. Das Lebensmittel könne bei der allgemeinen Bevölkerung zur Linderung subjektiver Jetlag-Gefühle einige Tage nach einem Ortswechsel eingesetzt werden. Bei dieser Beeinträchtigung handle sich um eine normal verlaufende Erscheinung, welcher jeder Körper ausgesetzt sei, der aufgrund eines Wechsels der Zeitzone seinen Schlafrhythmus umstellen müsse. Dagegen solle das Arzneimittel bei Patienten ab 55 Jahren zur Behandlung eines krankhaften Zustands, der durch schlechten Schlaf gekennzeichneten primären Insomnie, dienen, wobei die Einnahme über einen Zeitraum von bis zu 13 Wochen vorgesehen sei. Darüber hinaus handle es sich bei D. um eine Retardarzneiform, die – anders als die Produkte der Klägerin – durch pharmazeutische-technologische Maßnahmen eine Depotwirkung erziele.
13Von einem Funktionsarzneimittel gehe eine wesentliche pharmakologische Wirkung aus, die sich auf eine Indikation beziehe. Die Beklagte habe jedoch keine klinische Studie vorgelegt, wonach Melatonin in der Dosierung und Anwendungsdauer, wie es die Klägerin vorsehe, über eine pharmakologische Wirkung verfüge. Selbst für D. sei nach Überzeugung der EMA nur eine geringe Wirkung nachgewiesen worden; dessen Zulassung beruhe lediglich darauf, dass die Vorteile gegenüber den Risiken als überwiegend eingestuft worden seien. Indem die Beklagte auf Studien im Vorfeld der Zulassung von D. Bezug nehme, könne sie zudem keine Aussagen zur pharmakologischen Wirksamkeit bei Patienten treffen, die jünger als 55 Jahre seien und das Produkt nur wenige Tage einnähmen. Die weiteren Studien wichen hinsichtlich der Dauer der Anwendung erheblich von der Verzehrempfehlung der klägerischen Produkte ab.
14Es komme nicht darauf an, ob Melatonin üblicherweise mit Lebensmitteln aufgenommen werden könne. Darüber hinaus gelange das beigefügte Gutachten von Prof.Dr. Biesalski vom 17.07.2012 zu dem Schluss, dass eine tägliche Aufnahme von bis zu 5 mg Melatonin durch Lebensmittel möglich sei.
15Die Klägerin beantragt,
16festzustellen, dass es sich bei N. C. Kapseln in einer Dosierung je Kapsel von 0,5 mg, 1 mg, 1,5 mg, 2 mg, 2,5 mg und 5 mg Melatonin nicht um zulassungspflichtige Arzneimittel handelt,
17hilfsweise, dem Europäischen Gerichtshof die Frage, ob die Entscheidung der EFSA zum Lebensmittelstatus von Melatonin eine Aussage über die Eigenschaft als zulassungsbedürftiges Arzneimittel oder Lebensmittel trifft, zur Vorabentscheidung vorzulegen, dies im Hinblick auf die von der EMA erteilte Zulassung für das Arzneimittel D. .
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Sie hält die Klage für unzulässig, weil zwischen den Beteiligten kein Rechtsverhältnis streitig sei und der Klägerin ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die rechtsmissbräuchliche Klage ziele auf eine Umgehung arzneimittelrechtlicher Regelungen ab. Mit der Feststellungsklage könne die Klägerin sich nicht darüber hinwegsetzen, dass ihr nach § 21 Abs. 4 AMG gegenüber der Beklagten kein Antragsrecht zustehe.
21Von Melatonin gehe ab einer Dosis von 0,5 mg pro Tag eine pharmakologische Wirkung aus, die zur Einstufung als Funktionsarzneimittel führe. Im Nachgang zu den drei Hauptstudien mit insgesamt 681 Patienten ab 55 Jahren, die zur Zulassung von D. geführt hätten, seien weitere Studien zur Beeinflussung des Schlafverhaltens von Melatonin durchgeführt worden. Diese hätten für Dosierungen zwischen 0,5 mg und 5 mg einen signifikanten Effekt bei Schlafstörungen wie auch bei Jetlag gezeigt. Wirkungsmechanismus und Ausmaß seien bei Gesunden und Erkrankten vergleichbar. Die durch pharmakologische Mechanismen ausgelöste Veränderung des Schlafverhaltens und Beeinflussung des zirkadianen Rhythmus ließen sich unabhängig davon feststellen, ob die Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus krankheitsbedingt oder etwa durch Reisen in andere Zeitzonen hervorgerufen worden sei. Die Studien hätten gezeigt, dass eine pharmakologische Wirkung bereits bei kurzzeitiger Anwendungsdauer in den von der Klägerin gewählten Tagesdosierungen eintrete und schon die einmalige Gabe von 0,1 – 1 mg Melatonin einen hypnotischen Effekt hervorrufe. Neben den bereits genannten Wirkungen von Melatonin seien auch antioxidative, anti-inflammatorische, antimykotische und antivirale Effekte sowie Wirkungen gegen Krebs in zahlreichen Studien beschrieben. Dass die retardierte Darreichungsform von D. für die notwendige Wirksamkeit nicht nur bei Ein- sondern auch bei Durchschlafstörungen sorge, ändere nichts an den pharmakologischen Wirkungen auch der unretardierten Form.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akten und der von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
24Die Klage ist mit dem Antrag auf Feststellung, dass es sich bei den näher bezeichneten Produkten nicht um zulassungspflichtige Arzneimittel handle, als negative Feststellungsklage im Sinne des § 43 VwGO zulässig.
25Nach dieser Vorschrift kann die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat und seine Rechte nicht mit der Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann.
26Aus Sicht der Kammer haben sich die rechtlichen Verbindungen zwischen der Klägerin als Herstellerin melatoninhaltiger Produkte und der Beklagten so weit verdichtet, dass bereits von einem der Feststellung zugänglichen Rechtsverhältnis ausgegangen werden kann.
27Die Klägerin beansprucht gegenüber der Beklagten das Recht, Produkte aus ihrer Reihe „Melatonin Bios Kapseln“ ohne arzneimittelrechtliche Zulassung zu vertreiben. Das BfArM ist die allein zuständige Behörde für die abschließende und verbindliche Feststellung, ob es sich bei einem Produkt um ein Arzneimittel handelt. Seine Feststellungsbefugnis nach § 21 Abs. 4 AMG beschränkt sich nicht auf die Zulassungsbedürftigkeit, sondern umfasst auch die Frage der Arzneimitteleigenschaft,
28vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.03.2010 - 13 A 2612/09 -; VG Köln, Urteil vom 08.11.2011 - 7 K 4577/08 - und Urteil vom 14.10.2009 - 24 K 4394/08 -.
29Das BfArM hat die Einschätzung publiziert, dass melatoninhaltige Produkte mit einer Tagesdosierung zwischen 0,5 und 5 mg generell Arzneimittel seien, die der Zulassungspflicht unterlägen. Seine Position hat es zwischenzeitlich in einem feststellenden Bescheid bezüglich eines anderen melatoninhaltigen Präparats bekräftigt. Von dieser fachlichen Aussage sind in ihrer Allgemeinheit unzweifelhaft auch die Produkte der Klägerin betroffen, die in den genannten Dosierungen hergestellt werden. Die Klägerin muss die Verkehrsfähigkeit ihrer Produkte bereits dadurch konkret in Frage gestellt sehen, dass das BfArM seine arzneimittelrechtliche Beurteilung melatoninhaltiger Produkte nach außen kundtut.
30Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht entgegen, dass § 21 Abs. 4 AMG der Klägerin gegenüber der Beklagten kein Antragsrecht im Zusammenhang mit der Feststellung der Arzneimitteleigenschaft vermittelt. § 21 Abs. 4 AMG konzentriert die Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Feststellung der Arzneimitteleigenschaft bundeseinheitlich auf das BfArM, schließt aber - anders als § 13 Abs. 3 MPG für das Medizinprodukterecht - ein eigenes Antragsrecht des Unternehmers aus. Mangels einer entsprechenden subjektiven Rechtsposition ist es ihm auch verwehrt, eine Antragstellung durch die zuständigen Landesbehörden herbeiführen,
31vgl. VG Köln, Urteil vom 20.03.2012 - 7 K 3169/11 -.
32Diese Bestimmung dient indes nicht dazu, neben den durch die Verwaltungsgerichtsordnung vorgegebenen Anforderungen weitere Sachentscheidungsvoraussetzungen aufzustellen und dadurch den Zugang zu verwaltungsgerichtlichem Rechtsschutz zu beschränken. Vielmehr ist es gerade im Interesse effektiven Rechtsschutzes geboten, die Anforderungen an die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht zu überspannen, weil die Klägerin durch § 21 Abs. 4 AMG gehindert ist, auf behördlichem Weg eine Klärung des Rechtsstatus ihrer Produkte zu erzwingen und dementsprechend eine Entscheidung des BfArM nicht im Wege der Verpflichtungsklage durchsetzen kann.
33Der Unternehmer, der - wie die Klägerin - um rechtstreues Verhalten bemüht ist, hat ein erhebliches und schutzwürdiges Interesse an der Klärung der Frage, ob seine Produkte der Zulassung als Arzneimittel bedürfen. Da der Staat den Vertrieb nicht zugelassener zulassungspflichtiger Arzneimittel pönalisiert (vgl. § 96 Nr. 5 AMG), wird die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Erzeugnissen wesentlich von ihrer Produktkategorie beeinflusst. Erweisen sich Präparate als zulassungspflichtige Arzneimittel, muss der Unternehmer ihren Vertrieb einstellen oder in ein aufwendiges und riskantes Zulassungsverfahren investieren. Wegen der besonderen Tragweite entsprechender kaufmännischer Dispositionen benötigt der Unternehmer zuvor Rechtssicherheit, was die zugrundeliegende Frage der Arzneimitteleigenschaft anbelangt. Eine ihm günstige Klärung schützt ihn beim weiteren Vertrieb der Produkte vor repressiven Maßnahmen der landesrechtlichen Überwachungsbehörden und der Strafverfolgungsbehörden. Es ist ihm nicht zuzumuten, solche Maßnahmen abzuwarten und diese rechtlich anzugreifen. Der Unternehmer hat ein schutzwürdiges Interesse daran, dass er die Klärung der Zweifel, die gegen seine Berechtigung zum freihändigen Verkauf bestimmter Produkte erhoben werden, in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren und nicht auf der Anklagebank erlebt,
34vgl. BVerwG, Urteil vom 13.01.1969 - I C 86.64 -, juris.
35Dabei liefe es auf pure Förmelei hinaus, von dem Unternehmer, der seine Produkte in ihrer Verkehrsfähigkeit durch öffentliche Bewertungen seitens des BfArM beeinträchtigt sieht, vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens zu verlangen, dass er das BfArM zu einer Aussage über den Rechtsstatus seiner Produkte zu bewegen versucht. Gegen ein solches Ansinnen kann die Behörde sich, ohne eine Sachposition einnehmen zu müssen, stets auf das Fehlen eines Antragsrechts berufen.
36Maßgeblich für die Zulässigkeit der Feststellungsklage ist danach, dass sich das BfArM vorliegend in der Sache festgelegt und seine Meinung zur Arzneimitteleigenschaft des Stoffes Melatonin gegenüber einer Behörde desselben Rechtsträgers kommuniziert hat.
37Die Klage ist jedoch nicht begründet.
38Es kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei N. C. Kapseln in einer Dosierung je Kapsel von 0,5 mg, 1 mg, 1,5 mg, 2 mg, 2,5 mg und 5 mg Melatonin nicht um zulassungspflichtige Arzneimittel handelt.
39Die Frage der Arzneimitteleigenschaft dieser Präparate beurteilt sich auf der Basis des AMG in der aktuellen, zuletzt mit Gesetz vom 07.08.2013 (BGBl. 3154) geänderten Fassung.
40Gemäß § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
411. die entweder zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (sog. „Präsentationsarzneimittel“) oder
422. die im oder am menschlichen Körper angewendet oder verabreicht werden können, um entweder
43a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
44b) eine medizinische Diagnose zu erstellen (sog. „Funktionsarzneimittel“).
45Diese Definitionen beruhen auf der Umsetzung des europarechtlichen Arzneimittelbegriffs in Art. 1 Nr. 2 der RL 2001/83/EG
46- Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.11.2001 zur Schaffung des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), zuletzt geändert durch RL 2011/62/EU vom 08.06.2011 (ABl. L 174 vom 01.07.2011, S.74-87).
47Sie sind daher gemeinschaftsrechtlich vorgeprägt und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH richtlinienkonform auszulegen,
48vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2010 – 13 A 1187/10 -.
49Nicht dem Arzneimittelbegriff unterfallen gem. § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 LFGB. Diese Bestimmung verweist auf Art. 2 VO(EG) 178/2002. Danach sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen erwartet werden kann, dass sie von Menschen aufgenommen werden, wobei Arzneimittel im Sinne des Gemeinschaftsrechts, d.h. der Definition in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG in der aktuellen Fassung
50- vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.2006 - 3 C 40/05 -, juris -
51nicht zu den Lebensmitteln gehören. Das Arzneimittelrecht und das Lebensmittelrecht sind danach in der Weise aufeinander bezogen, als die in Frage kommenden Produkte nur entweder Arzneimittel oder Lebensmittel sein können,
52vgl. VG Köln, Urteil vom 14.02.2012 - 7 K 5340/10 - (betr. die Abgrenzung zu Medizinprodukten) m.w.N.; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht-Kommentar, Loseblatt, Stand: April 2013, § 2 Erl. 256.
53N. C. Kapseln in einer Dosierung je Kapsel von 0,5 mg, 1 mg, 1,5 mg, 2 mg, 2,5 mg und 5 mg Melatonin sind Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) AMG. Das darin enthaltene Melatonin ist ein Stoff, der im menschlichen Körper angewendet wird, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische Wirkung zu beeinflussen.
54Eine Wirkung ist pharmakologisch, wenn sie in einer Wechselwirkung zwischen den Molekülen des betreffenden Stoffes und einem gewöhnlich als Rezeptor bezeichneten Zellbestandteil besteht, die entweder zu einer direkten Wirkung führt oder die Reaktion auf einen anderen Wirkstoff blockiert,
55vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.06.2007 - 13 A 3903/06 - PharmR 2008, 83; Urteile vom 17.03.2006 - 13 A 1977/02 u.a. - ZLR 2006, 302; BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 23.06 -, PharmR 2008, 78,
56bildlich gesprochen also nach dem „Schlüssel-Schloss-Prinzip abläuft.
57Die Wirkungsweise von Melatonin, das nach Angaben der Klägerin in reiner Form in ihren Produkten enthalten ist, ist pharmakologischer Natur. Sie besteht nach der detaillierten Darstellung der Beklagten, der die Klägerin nicht entgegengetreten ist, darin, dass es als Hormon auf bestimmte Rezeptoren von Hirnzellen und Zellen auf der Netzhaut einwirkt. Die über diese Rezeptoren ausgelöste Wirkung äußert sich nach den von der Beklagten angeführten wissenschaftlichen Stellungnahmen (Reppert et al.; Lemoine/Zisapel, durch Vorlage einer auszugsweisen deutschen Übersetzung der Passagen, auf die die Beklagte sich beruft, als Parteivorbringen in das Verfahren eingeführt) wie auch der von der Klägerin übersandten Stellungnahme von Biesalski unter anderem darin, dass es die Koordination des Schlafzyklus beeinflusst. Die Rezeptoren im Hirn befinden sich im circadianen System, der „inneren Uhr“, das im Nucleus suprachiasmaticus des Hypothalamus liegt; sie übermitteln die schlaffördernden und chronobiotischen Wirkungen des Melatonins (Lemoine/Zisapel).
58Zudem gibt es wissenschaftliche Hinweise auf weitere Wirkungen wie etwa einem Einfluss auf die Sekretion von anderen Hormonen und die Körpertemperatur sowie auf immunmodulatorische, antioxidative, anti-inflammatorische, antimykotische und antivirale Effekte sowie auf Wirkung bei Krebs (Chava/Shiriva; vgl. auch Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, 8.Auflage, der von einem tiefen Eingriff in hormonelle Regelkreise ausgeht).
59Danach löst Melatonin über die Aktivierung von Zellrezeptoren bestimmte Wirkungen auf Körperfunktionen aus, von denen zumindest der Einfluss auf den Schlaf-Wach-Rhythmus als wissenschaftlich gesichert angesehen werden kann. Ein solcher Wirkmechanismus ist für die Kammer vor allem deshalb plausibel, weil er gerade dem Wesen eines Hormons entspricht, das als Wirkstoff dazu dient, im Körper bestimmte Prozesse anzutreiben bzw. zu steuern.
60Die pharmakologische Wirkung der von der Klägerin zur Entscheidung gestellten Produkte ist nicht durch die Rechtsprechung des EuGH zur Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmitteln in Frage gestellt. Danach ist ein Produkt kein Funktionsarzneimittel, wenn es aufgrund seiner Zusammensetzung einschließlich der Dosierung seiner Wirkstoffe nicht zu einer nennenswerten Beeinflussung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers führt,
61vgl. EuGH, Urteil vom 16.04.1991 - C-112/89 -, Urteil vom 15.02.2009 - C-140/07 -, Urteil vom 30.04.2009 - C-27/08 -; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14.12.2006 - 3 C 40.05 -, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 -, sämtlich in juris.
62Bezogen auf die Produkte mit einem Wirkstoffgehalt zwischen 2 und 5 mg Melatonin pro Kapsel ist eine solche nennenswerte Auswirkung hinreichend wissenschaftlich belegt durch die Studien, die der Zulassung von D. als Arzneimittel durch die EMA vorangegangen waren. Dabei wurden ein signifikanter Einfluss auf Schläfrigkeit, Einschlafzeit sowie Schlafqualität (ebenso Lemoine/Zisapel; Eckerberg et al.; Wade et al.) und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln festgestellt.
63Eine pharmakologische Wirkung mit nennenswerter Beeinflussung der physiologischen Funktionen ist nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse auch für eine Melotanindosierung zwischen 0,5 und 2mg bejahen.
64Anhand der Darstellung der Beklagten zu den Ergebnissen mehrerer Untersuchungen (Eckerberg et al. S. 1246; Metaanlayse Herxheimer, Petrie) lässt sich nachvollziehen, dass das Hormon Melatonin auch unterhalb der Dosisgrenze von 2 mg einen pharmakologischen Wirkmechanismus mit nennenswerten Einflüssen auf die Körperfunktionen auslöst. Hierfür spricht zusätzlich, dass schon eine Melatonin-Dosierung ab 0,1 bis 2 mg den Plasmaspiegel auf den physiologischen Spitzenwert in der Nacht erhöht,
65vgl. Hunnius a.a.O.,
66und damit unweigerlich auf die Koordination des Schlafzyklus einwirken dürfte.
67Bestätigung findet dieser Befund durch das von der Klägerin angeführte wissenschaftliche Gutachten der EFSA-Sachverständigengruppe aus dem Jahr 2010. Ausgehend von der Metaanalyse Herxheimer/Petrie ist auch sie der Auffassung, dass bei einer Dosierung ab 0,5 mg Melatonin chronobiotische Wirkungen eintreten.
68Ein gegenteiliger Schluss kann nicht aus der Zusammenfassung des Europäischen Öffentlichen Beurteilungsberichts gezogen werden, der die Grundlagen für die Zulassung von D. erläutert. Die dortigen Angaben zu Dosierung und Darreichungsform beziehen sich auf die Wirksamkeit eines Arzneimittels, die von der pharmakologischen Wirkung zu unterscheiden ist. Sie stellen nicht in Frage, dass dem Stoff unterhalb des Wirkstoffgehalts eine pharmakologische Wirkung fehlt, da diese einen biochemischen Prozess beschreibt, der im Gegensatz zur Wirksamkeit grundsätzlich nicht dosisabhängig ist,
69vgl. VG Köln, Urteil vom 08.11.2011 - 7 K 4577/07 -.
70Eine therapeutische Wirksamkeit eines Mittels (also ein Ausschnitt aus dem allgemeinen Wirkungsspektrum, der auf einen bestimmten, belegten Heilerfolg abzielt) belegt zwar deren pharmakologische Wirkung, jedoch ist sie kein notwendiges Element pharmakologischer Wirkung,
71vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.2006 - 3 C 40/05 -, juris.
72Lässt sich keine therapeutische Wirksamkeit in Bezug auf ein bestimmtes Anwendungsgebiet feststellen, schließt dies nicht aus, dass das Produkt die Eigenschaft als Funktionsarzneimittel besitzt; es steht nur seiner Zulassung entgegen. Ob sich eine therapeutische Wirksamkeit auf bestimmte Patientengruppen beschränkt, spielt für die Arzneimitteleigenschaft ebenfalls keine Rolle. Gleichfalls ohne Einfluss auf die für die Einordnung als Funktionsarzneimittel bestimmende pharmakologische Wirkung ist, welche therapeutische Zweckbestimmung die Klägerin ihrem Produkt beimisst, da der Begriff der pharmakologischen Wirkung auf objektiv feststellbare Vorgänge zielt.
73Melatonin in den hier fraglichen Konzentrationen überschreitet auch die sog. Erheblichkeitsschwelle, welche die Rechtsprechung im Wege einer einschränkenden Auslegung des Begriffs der pharmakologischen Wirkung aufstellt, um Arzneimittel von Lebensmitteln abzugrenzen. Danach steuert ein Arzneimittel gezielt die Körperfunktionen von außen, während der Körper bei der unspezifischen Aufnahme von Nährstoffen über natürliche Nahrungsmittel die benötigten Bestandteile selbst identifiziert und modifiziert,
74vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.2006 - 3 C 40.05 -, Urteil vom 25.07.2007 - C 23.06 - jeweils in juris.
75Diese Erheblichkeitsschwelle ist nicht erreicht, wenn die Wirkungen eines Produkts nicht über diejenigen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel aufweisen kann,
76vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, juris.
77Melatoninhaltige Lebensmittel sind durchweg nicht geeignet, den Körper bei angemessenen Verzehrmengen mit einer täglichen Melatonindosis von mindestens 0,5 mg zu versorgen. Die Beklagte hat dies anhand der Angabe der Melatoninkonzentration in verschiedenen Lebensmitteln (Gurken, Bananen, bestimmte Kirschsorten) substantiiert dargetan. Eine abweichende Bewertung ergibt sich auch nicht aus der seitens der Klägerin vorgelegten Stellungnahme Biesalki vom 23.07.2012. Soweit darin ausgeführt ist, dass Melatonin vorwiegend in pflanzlichen Lebensmitteln (Trauben, Nüssen, Tomaten, Pflanzenölen, Reis, Orangen, Äpfel, Bananen und verschiedene Salate) in Konzentrationen zwischen 0,01 bis 0,5 mg/100g vorkomme und der Verzehr von Walnüssen, Bier oder Wein zu höheren Melatoninwerten im Blut führe, gibt Biesalki lediglich Erkenntnisse Dritter wieder (Iriti, Reiter, Maldonado, Vitalini). Die Beklagte hat demgegenüber im Schriftsatz vom 06.08.2013 und in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar bekräftigt, dass sich die in Lebensmitteln festgestellten Melatonin-Konzentrationen, insbesondere auch in der Arbeit von Iriti, im µ-Gramm bzw. sogar ng- Bereich bewegen, also in dem eines Millionstel oder Milliardstel Gramm. Vor diesem Hintergrund ist die Schlussfolgerung von Biesalski, mit der Kombination von Lebensmitteln, wie sie im Rahmen der sogenannten mediterranen Diät erfolge, könnten durchaus Konzentrationen zwischen 0,1- 5,0 mg pro Tag erreicht werden, nicht nachvollziehbar. Dem ist die Klägerin im Verlauf des Verfahrens nicht entgegen getreten, sondern hat die Frage der lebensmitteladäquaten Konzentration als unerheblich erachtet und auf die Erheblichkeit der Wirkung abgestellt (Schriftsatz vom 08.10.2013).
78Dem Produkt der Klägerin ist auch die für den Begriff des Funktionsarzneimittels erforderliche therapeutische Zweckbestimmung („...um die physiologischen Funktionen ... wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen ...“) eigen, da es sich gerade nicht um ein Genussmittel o.ä.,
79vgl. VG Köln, Urteil der vom 20.03.2012 - 7 K 3169/11 -,
80sondern um ein Produkt handelt, das dem Typus seines Wirkstoffs entsprechend gezielt eingesetzt wird, um den Schlaf-/Wachrhythmus des menschlichen Körpers zu beeinflussen. Dafür, dass diese Beeinflussung unwesentlich ist, wie die Klägerin nunmehr meint, liegt nichts vor. Denn die Steuerung des Schlafes betrifft eine wesentliche Körperfunktion. Es ist allgemeinkundig, dass Fehlsteuerungen auf diesem Gebiet erhebliche psychische und physische Folgen haben können. So wird auch die Arzneimitteleigenschaft von Sedativa und Hypnotika nirgends ernsthaft in Frage gestellt. Dem steht nicht entgegen, dass das Phänomen des „Jetlag“ regelmäßig zeitlich begrenzt ist und in aller Regel binnen einiger Tage auf natürlichem Wege eine Angleichung der Schlafzeiten an die Gegebenheiten des Zielortes eintritt. Denn die therapeutische Zweckbestimmung entfällt nicht deshalb, weil der Wirkstoff nur für kurze Zeit eingenommen wird.
81Steht damit die Arzneimitteleigenschaft des Produkts fest, scheidet die Einstufung in eine der Produktkategorien des § 2 Abs. 3 AMG nach der sog. Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3a AMG aus.
82Zu den Voraussetzungen und Grenzen der Anwendbarkeit der sog. Zweifelsfallregelung vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C 140/07 -, PharmR 2009, 511-513.
83Unerheblich ist, dass in Italien melatoninhaltige Produkte unter den Bezeichnungen „Melatonina®+camomilla“ und „Melatonin Pura“ als Nahrungsergänzungsmittel im Verkehr sind. Ein legales Inverkehrbringen eines Produkts in einem anderen Mitgliedstaat unter einer abweichenden Produktkategorie schließt es nicht aus, dass es in Deutschland aufgrund seiner pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Wirkungen als Arzneimittel eingestuft wird,
84vgl. zuletzt: EuGH, Urteil vom 03.10.2013 - C-109/12 - für die Abgrenzung von Arzneimitteln zu Medizinprodukten; EuGH, Urteil vom 09.06.2005 - C-211/03 - und Urteil vom 15.01.2009 - C140/07 -; BVerwG, Urteil vom14.12.2006 - 3 C 40/05 - für die Abgrenzung zu Lebensmitteln, sämtlich in juris.
85Der Einordnung als Arzneimittel steht schließlich nicht das wissenschaftliche Gutachten der EFSA-Sachverständigengruppe aus dem Jahr 2010 entgegen. Die Feststellung, ob es sich bei einem bestimmten Erzeugnis um ein Arzneimittel handelt, obliegt nach der Rechtsprechung des EuGH den nationalen Gerichten und Behörden
86Vgl. EuGH, Urteil vom 20.05.1992 - C-290/90 -, juris.
87Darüber hinaus beansprucht das Gutachten keine für die Mitgliedstaaten verbindliche Einstufung melatoninhaltiger Produkte als Lebensmittel.
88In diesem Zusammenhang sieht die Kammer keinen Anlass, entsprechend dem Hilfsantrag ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 AEUV in Betracht zu ziehen. Die Klägerin hat schon keine vorlagefähige Frage aufgezeigt, weil sich der Charakter des EFSA-Papiers aufgrund dessen Wortlauts ohne weiteres beantworten lässt. Dieses misst sich ausdrücklich keine Einstufung von melatoninhaltigen Produkten in eine bestimmte Kategorie bei,
89vgl. S.14 des Gutachtens, wonach die Stellungnahme keine Entscheidung über die Einstufung als Nahrungsmittel darstellt und darauf hingewiesen wird, dass eine solche Beurteilung im Rahmen der Verordnung (EG) Nr.1924/2006 nicht vorgesehen ist.
90Dass die EFSA-Sachverständigengruppe keine Aussage zur Produktkategorie von Melatonin trifft, steht auch in Einklang mit der Zweckbestimmung ihrer von der Europäischen Kommission gemäß Art. 13 der Verordnung (EG) Nr.1924/2006 veranlassten Untersuchung. Sie diente dazu, zur Vorbereitung einer Gemeinschaftsliste gesundheitsbezogene Angaben über Melatonin auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen. Auf der Grundlage der EFSA-Stellungnahme wurden bestimmte Angaben über den Stoff Melatonin in die Liste zulässiger gesundheitsbezogener Angaben aufgenommen, die in der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 zusammengestellt worden ist. Erwägungsgrund 17 der Verordnung weist ausdrücklich darauf hin, dass eine gemäß der Verordnung (EG) Nr.1924/2006 getroffene Entscheidung über eine gesundheitsbezogene Angabe, wie die Aufnahme in die Liste zulässiger Angaben gemäß Art. 13 Abs. 3 der Verordnung, nicht gleichbedeutend mit einer Einstufung eines bestimmten Produkts als Lebensmittel ist.
91Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.
92Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.
(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.
(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die
- 1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind, - 1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4, - 1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln - a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder - b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder - c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
- 1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt, - 1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen, - 1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind, - 1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden, - 1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden, - 2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder - 3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.
(2a) (weggefallen)
(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.
(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.
(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die
- 1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind, - 1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4, - 1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln - a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder - b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder - c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
- 1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt, - 1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen, - 1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind, - 1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden, - 1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden, - 2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder - 3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.
(2a) (weggefallen)
(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.
(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 19. Februar 2008 - 3 K 2149/06 - geändert. Die Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 7. November 2006 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 2. September 2008 - 3 K 1066/08 - geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger weitere Kassenleistungen in Höhe von 33,45 EUR zu gewähren. Der Bescheid der Beklagten vom 18.07.2007 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 13.03.2008 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.