Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 28. Nov. 2013 - 9 K 2843/12

bei uns veröffentlicht am28.11.2013

Tenor

Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Ziffern 2 und 3 des Widerspruchsbescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 05.10.2012 werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt drei Fünftel, der Beklagte zwei Fünftel der Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine weitere Beihilfe zu Aufwendungen für physiotherapeutische Behandlungen, die seiner Tochter entstanden sind.
Der am 01.02.1965 geborene Kläger ist Richter auf Lebenszeit im Dienst des Beklagten und hinsichtlich der Aufwendungen für seine am 04.01.1993 geborene Tochter mit einem Bemessungssatz von 80 % beihilfeberechtigt. Mit Antrag vom 07.06.2012 begehrte er unter anderem eine Beihilfe zu Aufwendungen seiner Tochter für physiotherapeutische Leistungen in Gesamthöhe von 2.283,-- EUR. Diesen Aufwendungen lagen folgende Behandlungen zugrunde: Mit Rechnung vom 30.11.2011 liquidierte die XXX GmbH einen Betrag in Höhe von 342,-- EUR für zwölf Mal manuelle Therapie; in der zugrunde liegenden ärztlichen Verordnung vom 13.07.2011 war als Diagnose „Schulterinstabilität re.>li. (Arthroskopische hinterer-unterer Kapsel-Shift OP 25.8.10), post-op. funktionelle Parese des M. biceps triceps deltoideus und trapezius re.“ vermerkt. Mit weiterer Rechnung vom 30.11.2011 liquidierte die XXX GmbH einen Betrag in Höhe von 324,-- EUR für zwölf Mal Krankengymnastik; in der zugrunde liegenden ärztlichen Verordnung vom 07.06.2011 war als Diagnose „Schulterinstabilität re.>li. (Arthrosk. hinterer-unterer Kapsel-Shift OP 25.8.10), Funktionelle Parese d. M. biceps triceps deltoideus u. trapezius re.“ vermerkt. Mit Rechnung vom 03.02.2012 liquidierte die XXX GmbH einen Betrag in Höhe von 432,-- EUR für zwölf Mal gerätegestützte Krankengymnastik; in der zugrunde liegenden ärztlichen Verordnung vom 13.07.2011 war als Diagnose „Schultergelenkinstabilität re.>li. (Arthrosk. hinterer-unterer Kapsel-Shift OP 25.8.10), post-op. funktionelle Parese des M. biceps triceps“ vermerkt. Mit Rechnung vom 27.02.2012 liquidierte die XXX GmbH einen Betrag in Höhe von 915,00 EUR für zehn Mal manuelle Therapie, zehn Mal Krankengymnastik im Bewegungsbad in Einzelbehandlung und zehn Mal gerätegestützte Krankengymnastik; die zugrunde liegende ärztliche Verordnung vom 05.12.2011 erstreckt sich auf zehn Mal Krankengymnastik am Gerät, zehn Mal Krankengymnastik und zehn Mal Bewegungsübungen im Bewegungsbad in Einzeltherapie; als Diagnose war „Schultergelenkinstabilität re.>li. (Arthrosk. hinterer-unterer Kapsel-Shift OP 25.8.10)“ vermerkt. Schließlich liquidierte die XXX GmbH mit Rechnung vom 26.03.2012 einen Betrag in Höhe von 270,-- EUR für drei Mal gerätegestützte Krankengymnastik, drei Mal Krankengymnastik und drei Mal Krankengymnastik im Bewegungsbad in Einzelbehandlung; in der zugrunde liegenden ärztlichen Verordnung vom 12.03.2012 war als Diagnose „Schultergelenkinstabilität re.>li. (Arthrosk. post-op. funktionelle Parese des M. biceps triceps deltoideus und trapezius re.“ vermerkt.
Mit Bescheid vom 07.07.2012 gewährte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) dem Kläger zu den genannten Aufwendungen eine Beihilfe in Höhe von 1.348,64 EUR und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Zur Begründung führte es aus, dass bezüglich der geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 342,-- EUR für die durchgeführte manuelle Therapie (Rechnung vom 30.11.2011) der beihilfefähige Höchstbetrag für manuelle Therapie zur Behandlung von Gelenkblockierungen - bei einer Mindestbehandlungsdauer von 30 Minuten - 22,50 EUR betrage. Hinsichtlich der Aufwendungen in Höhe von 324,-- EUR für die durchgeführte Krankengymnastik (Rechnung vom 30.11.2011) betrage der beihilfefähige Höchstbetrag 19,50 EUR. In Bezug auf die geltend gemachten Aufwendungen für die durchgeführte gerätegestützte Krankengymnastik, die durchgeführte Krankengymnastik und die durchgeführte Krankengymnastik im Bewegungsbad in Einzelbehandlung (Rechnungen vom 03.02.2012, 27.02.2012 und 26.03.2012) wurde ausgeführt, dass die Aufwendungen für eine ärztlich verordnete gerätegestützte Krankengymnastik bis zur Höhe von 35,-- EUR je Sitzung beihilfefähig seien; außerdem betrage der beihilfefähige Höchstbetrag bei einer krankengymnastischen Behandlung / Bewegungsübungen im Bewegungsbad 23,60 EUR und bei einer krankengymnastischen Behandlung 19,50 EUR. Des Weiteren seien neben der ärztlich verordneten gerätegestützten Krankengymnastik Heilbehandlungen wie Krankengymnastik, Bewegungsübungen, manuelle Therapie und Massagen nur beihilfefähig, wenn eine gesonderte Diagnosestellung und eine eigenständige ärztliche Verordnung vorlägen. Schließlich wies das Landesamt darauf hin, dass ärztlicherseits am 05.12.2011 keine manuelle Therapie, wie mit Rechnung vom 27.02.2012 abgerechnet, sondern Krankengymnastik verordnet worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 15.07.2012 Widerspruch, soweit beantragte Erstattungen abgelehnt wurden, und bat um Prüfung, ob die Besonderheit der Erkrankung seiner Tochter (Lähmung des rechten Arms aus bislang nicht organisch nachvollziehbaren Gründen) verbunden mit der Sondersituation, dass sie 2011/2012 das Abitur habe vorbereiten und absolvieren müssen, eine ausnahmsweise Erstattung der tatsächlich angefallenen Kosten erlaube. Seiner Tochter sei es weder zeit- noch kräftemäßig möglich gewesen, die verschiedenen Therapiemaßnahmen an verschiedenen Orten durchzuführen. Der einzige, auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbare Komplettanbieter sei die XXX GmbH in XXX gewesen, die jedoch nur zu höheren Sätzen abrechne.
Mit Schreiben vom 26.09.2012 teilte das Landesamt dem Kläger mit, dass sich für die Rechnung vom 30.11.2011 über 324,-- EUR (zwölf Mal Krankengymnastik) und für die Rechnung vom 30.11.2011 über 342,-- EUR (zwölf Mal manuelle Therapie) eine Überzahlung an Beihilfe ergeben habe, da neben der am 13.07.2011 ärztlich verordneten gerätegestützten Krankengymnastik Heilbehandlungen wie Krankengymnastik, Bewegungsübungen, manuelle Therapie und Massagen nur beihilfefähig seien, wenn eine gesonderte Diagnosestellung und eine eigenständige ärztliche Verordnung vorlägen. Die Krankengymnastik und die manuelle Therapie seien mit der gleichen Diagnose verordnet und größtenteils am gleichen Tag verabreicht worden, so dass eine Überzahlung in Höhe von 302,40 EUR erfolgt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2012 wies das Landesamt den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück (Ziffer 1). Es hob den Beihilfebescheid vom 07.07.2012 insoweit auf, als zu den beiden Rechnungen der XXX GmbH vom 30.11.2011 in Höhe von 342,-- EUR für zwölf Mal manuelle Therapie und 342,-- EUR für zwölf Mal Krankengymnastik (hier besteht eine offensichtliche Unrichtigkeit: gemeint waren wohl 324,-- EUR) Beihilfe gezahlt wurde, und setzte die beihilfefähigen Beträge zu diesen beiden Rechnungen in Höhe von 67,50 EUR beziehungsweise 58,80 EUR neu fest (Ziffer 2). Die insoweit überzahlte Beihilfe in Höhe von 302,30 EUR wurde zurückgefordert (Ziffer 3). Zur Begründung führte es aus, dass nach dem Leistungsverzeichnis des Bundesministeriums des Innern Leistungen nach den Nummern 4 bis 6 (krankengymnastische Behandlungen), 10 (Bewegungsübungen), 12 (manuelle Therapie) und 18 (Massagen einzelner oder mehrerer Körperteile) nicht zusätzlich neben den Leistungen nach Nummer 15 (gerätegestützte Krankengymnastik) beihilfefähig seien, sofern Leistungen nach Nummer 15 und solche nach den Nummern 4 bis 6, 10, 12 und 18 unter Angabe nur einer Diagnose ärztlich verordnet worden seien. Dies gelte auch dann, wenn die Behandlungsarten an verschiedenen Tagen erbracht worden seien. Sämtliche Aufwendungen der Tochter des Klägers seien aufgrund derselben Diagnose verordnet worden. Daher könnten die Aufwendungen für manuelle Therapie und Krankengymnastik an Tagen, an denen auch Krankengymnastik am Gerät verabreicht worden sei, keine Berücksichtigung finden. Für die die Rückforderung auslösenden Gründe verwies das Landesamt auf sein Schreiben vom 26.09.2012 und machte dieses zum Bestandteil seines Widerspruchsbescheids. Die Voraussetzungen für die Rücknahme des insoweit rechtswidrigen Bescheids vom 07.07.2012 seien gemäß § 48 LVwVfG erfüllt. Die Schlechterstellung im Widerspruchsverfahren habe der Kläger hinzunehmen, da eine solche in dem Umfang möglich sei, in dem die Ausgangsbehörde ihren Verwaltungsakt zurücknehmen oder widerrufen könne. Da der Bescheid auch noch nicht bestandskräftig sei, bestehe zugunsten des Klägers, wenn überhaupt, nur ein sehr eingeschränkter Vertrauensschutz. Zwar stehe dem Landesamt hinsichtlich der Rücknahme ein Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, sei der Bescheid zu Recht zurückgenommen worden. Die Rückforderung richte sich nach § 49a LVwVfG. Für den Umfang der Erstattung gälten die §§ 818 ff. BGB. Der Kläger könne sich nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen, da ihm bereits im Bescheid vom 07.07.2012 mitgeteilt worden sei, dass bei bestimmten gleichzeitig erbrachten Anwendungen die Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sei.
Am 09.11.2012 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er zunächst - neben der Aufhebung von Ziffern 2 und 3 des Widerspruchsbescheids - die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung einer weiteren Beihilfe in Höhe von 477,76 EUR begehrt hat. Er trägt vor, dass das Landesamt übersehen habe, dass es sich bei der Erkrankung seiner Tochter um keine einheitliche Diagnose handle, was auch aus den vorgelegten Rezepten hervorgehe. Seine Tochter habe als Jugendliche eine übermäßige Flexibilität des Bänderapparats entwickelt, welche in beiden Schultergelenken besonders ausgeprägt sei. Im Jahr 2008 habe sie sich bei einem Sportunfall die rechte Schulter ausgekugelt, was auch zu Verletzungen im Inneren der rechten Schulter geführt habe. Die Bänderschwäche sowie der erlittene Sportunfall führten zunehmend zu heftigen Schmerzen in beiden Schultern, vor allem rechts. Mit zunehmendem Zeitablauf hätten sich die Schulterluxationen rechts derart gehäuft, dass selbst bei alltäglichen Bewegungen, zum Beispiel beim Anziehen, die Schulter „herausspringe“. Konservative Therapieversuche hätten weder eine Verbesserung noch eine Stabilisierung gebracht, weshalb man sich im August 2010 zu einem operativen „dorsalen Kapselshift“ entschlossen habe. Seit dem Eingriff leide die Tochter an einer funktionellen Parese. Sie könne ihren rechten Arm weder beugen noch heben. Mehrere neurologische Untersuchungen hätten ergeben, dass eine Schädigung der Nerven nicht vorliege. In Fällen einer funktionellen Parese sei es dringend geboten, mit allen verfügbaren Methoden der Krankengymnastik die passive Beweglichkeit der gelähmten Extremität zu erhalten und die Wiedergewinnung der aktiven Beweglichkeit anzuregen, da in vielen Fällen die aktive Beweglichkeit nach 6 bis 24 Monaten spontan wieder eintrete. Diese Wahrscheinlichkeit werde durch möglichst vielgestaltige krankengymnastische Anwendungen erhöht. Als weitere Diagnosen bestünden bei seiner Tochter eine Instabilität des Schultergelenks links sowie der Zustand nach der Operation an der rechten Schulter. Auch zur Therapie dieser Diagnosen hätten die in Rede stehenden Anwendungen verordnet werden müssen. Soweit bei der Rechnung vom 27.02.2012 etwas anderes als verordnet abgerechnet worden sei, sei dies auf einen Fehler der XXX GmbH zurückzuführen. Die verordnete Anwendung habe tatsächlich stattgefunden. Die Überschreitung der Höchstsätze im Einzelfall sei darauf zurückzuführen, dass die XXX GmbH die drei verordneten Anwendungen jeweils in einem langen Termin erbracht habe und andere günstigere Anbieter mit gleichem Leistungsspektrum im erreichbaren räumlichen Umfeld nicht vorhanden gewesen seien. Aufgrund der unklaren Genese der Lähmung des rechten Armes seiner Tochter sei ein physiotherapeutisches Intensivprogramm erforderlich gewesen. Außerdem habe ihre besondere Situation im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Therapien eine möglichst zeitlich konzentrierte Anwendung erforderlich gemacht.
Am 26.11.2012 hat der Kläger eine Stellungnahme der XXX GmbH vorgelegt, wonach die Rechnung vom 27.02.2012 fehlerhaft sei, da Krankengymnastik sowohl verordnet gewesen als auch durchgeführt worden sei, des Weiteren eine korrigierte Rechnung vom 14.11.2012 in Höhe von 900,-- EUR für zehn Mal Krankengymnastik, zehn Mal Krankengymnastik im Bewegungsbad in Einzelbehandlung und zehn Mal gerätegestützte Krankengymnastik.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Klage zurückgenommen, soweit das Verpflichtungsbegehren einen Betrag in Höhe von 46,80 EUR übersteigt.
10 
Der Kläger beantragt zuletzt,
11 
den Beklagten zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 07.06.2012 eine weitere Beihilfe in Höhe von 46,80 EUR zu gewähren, und den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 07.07.2012 und dessen Widerspruchsbescheid vom 05.10.2012 aufzuheben, soweit sie diesem Begehren entgegenstehen,
12 
Ziffern 2 und 3 des Widerspruchsbescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 05.10.2012 aufzuheben.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Er nimmt Bezug auf die ergangenen Bescheide und trägt ergänzend vor, dass alle Heilbehandlungen aufgrund derselben Diagnose „Schultergelenkinstabilität re.>li. (Arthrosk. Hinterer-unterer Kapsel-Shift OP 25.8.10)“ verordnet worden seien. Des Weiteren überschritten die in Rechnung gestellten Sätze die beihilfefähigen Höchstsätze. Im Widerspruchsverfahren sei festgestellt worden, dass eine Überzahlung erfolgt sei, da an neun Tagen die Beihilfefähigkeit für Krankengymnastik und manuelle Therapie auszuschließen gewesen sei. Es bestehe kein Anspruch auf Beihilfe zu Aufwendungen für Krankengymnastik und manuelle Therapie neben Aufwendungen für gerätegestützte Krankengymnastik. Der Beihilfebescheid sei zu Recht teilweise zurückgenommen worden, weil er insoweit rechtswidrig gewesen sei. Aus der geänderten Rechnung vom 14.11.2012 ergebe sich nichts anderes, denn sowohl zu Aufwendungen für manuelle Therapie als auch für Krankengymnastik könne neben der verordneten gerätegestützten Krankengymnastik keine Beihilfe gewährt werden.
16 
Die einschlägige Beihilfeakte liegt der Kammer vor. Für weitere Einzelheiten wird auf diese sowie die gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
18 
Im Übrigen ist die Klage als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in objektiver Klagehäufung nach § 44 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist begründet, soweit der Kläger die Aufhebung der Ziffern 2 und 3 des Widerspruchsbescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 05.10.2012 begehrt (2.). Im Übrigen ist sie unbegründet (1.).
19 
1. Nachdem der Kläger - auf entsprechenden rechtlichen Hinweis - in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass er zu den beiden Rechnungen vom 30.11.2011 und zu der Rechnung vom 27.02.2012 keine weitere Beihilfe begehre, und er zu der Rechnung vom 26.03.2012 keine weitere Beihilfe begehre, soweit der geltend gemachte Rechnungsbetrag die beihilfefähigen Höchstsätze für die durchgeführten Heilbehandlungen überschreite, hat die Kammer im Rahmen des Verpflichtungsbegehrens nur noch darüber zu entscheiden, ob ihm auf seinen Antrag vom 07.06.2012 für die am 12.03.2012 verordnete Krankengymnastik eine weitere Beihilfe in Höhe von 46,80 EUR zu gewähren ist, was 80 % des dreifachen beihilfefähigen Höchstbetrags für krankengymnastische Behandlungen (19,50 EUR) entspricht. Mit diesem Begehren ist die Klage unbegründet, da dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe zu den Aufwendungen für diese Heilbehandlung nicht zusteht. Der Bescheid des Landesamts vom 07.07.2012 ist, soweit er hierfür eine Beihilfe versagt, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
20 
Das Landesamt hat die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die der Tochter des Klägers am 12.03.2012 verordnete Krankengymnastik zu Recht nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 der Beihilfeverordnung (BVO) in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung in Verbindung mit der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) in der hier maßgeblichen Fassung vom 13.02.2009 (BGBl. I 2009, S. 326, 354) verneint, weil diese Heilbehandlung neben einer gerätegestützten Krankengymnastik verordnet und nicht aufgrund einer gesonderten Diagnosestellung erbracht wurde (a.). Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Krankengymnastik, die aufgrund derselben Diagnose neben einer gerätegestützten Krankengymnastik verordnet wurde, ist mit höherrangigem Recht vereinbar (b.).
21 
a. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Aufwendungen für aus Anlass einer Krankheit von Ärzten schriftlich begründet verordnete Heilbehandlungen sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung beihilfefähig. Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung wiederum verweist hinsichtlich der Voraussetzungen, Beschränkungen und Höchstbeträge für Heilbehandlungen auf Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung. Diese trägt in der hier maßgeblichen Fassung den Titel „Höchstbeträge für die Angemessenheit der Aufwendungen für Heilmittel und Voraussetzungen für bestimmte Heilmittel“, setzt unter II. für Krankengymnastik und Bewegungsübungen sowie unter III. für Massagen Höchstbeträge fest und beinhaltet die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12. Nach dieser sind Leistungen der Nummern 4 bis 6 (krankengymnastische Behandlungen), 10 (Bewegungsübungen), 12 (manuelle Therapie) und 18 (Massagen) des Verzeichnisses neben der gerätegestützten Krankengymnastik nur beihilfefähig, wenn sie aufgrund gesonderter Diagnosestellung und einer eigenständigen ärztlichen Verordnung erbracht werden.
22 
Nach diesen Voraussetzungen steht dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe nicht zu. Das Landesamt hat zu der Rechnung vom 26.03.2012 zu Recht lediglich eine Beihilfe zu der gerätegestützten Krankengymnastik und zu der Krankengymnastik im Bewegungsbad in Einzelbehandlung gewährt. Dabei hat das Landesamt die abgerechneten Leistungen dem Leistungsverzeichnis in der hier maßgeblichen Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung zutreffend folgendermaßen zugeordnet: gerätegestützte Krankengymnastik entsprechend Nummer 15, krankengymnastische Behandlung entsprechend Nummer 4 und krankengymnastische Behandlung/Bewegungsübungen im Bewegungsbad als Einzelbehandlung entsprechend Nummer 11 Buchst. a. Nach dem eindeutigen Normtext der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung, zu dem auch die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12 zählt, ist die Gewährung von Beihilfe zu der krankengymnastischen Behandlung (Nr. 4) neben der verordneten gerätegestützten Krankengymnastik (Nr. 15) ausgeschlossen.
23 
Die Kammer legt die Fußnote 12 dahingehend aus, dass es für jede der genannten Heilbehandlungen einer eigenständigen ärztlichen Verordnung und einer speziellen Diagnose bedarf, und dass beides im Zeitpunkt der Vornahme der Heilbehandlung vorliegen muss. Dies ergibt sich nicht nur aus dem eindeutigen Wortlaut der Regelung, wonach die Leistungen „aufgrund“ gesonderter Diagnosestellung und eigenständiger ärztlicher Verordnung erbracht werden müssen, die jeweilige Diagnose, die ärztliche Verordnung und die Heilbehandlung also kausal miteinander verknüpft werden. Auch eine am Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung führt zwingend zu diesem Normverständnis. Der Physiotherapeut kann Behandlungsmaßnahmen nur so durchführen, wie es ihm vom behandelnden Arzt im Wege der Verordnung vorgegeben wird. Um zu gewährleisten, dass eine Heilbehandlung fachgerecht durchgeführt und das anzustrebende Behandlungsergebnis möglichst effektiv erreicht wird, muss ihm deshalb das Behandlungsziel im Behandlungszeitpunkt bekannt sein. Dies setzt voraus, dass die ihm vorzulegende ärztliche Verordnung nicht nur die Behandlungsmaßnahme, sondern auch die zugehörige Diagnose erkennen lässt. Werden neben der gerätegestützten Krankengymnastik ähnliche Therapieleistungen verordnet, die jedoch eine unterschiedliche Zielrichtung haben sollen, hat der behandelnde Arzt dies durch eine vor Behandlungsbeginn für jede Heilbehandlung gesondert gestellte Diagnose deutlich zu machen (Urteil der erkennenden Kammer vom 31.10.2013 - 9 K 2747/11 -, Juris; ebenso VG Aachen, Urt. v. 05.03.2009 - 7 K 1948/08 -, Juris).
24 
Im vorliegenden Fall liegen der ärztlichen Verordnung vom 12.03.2012 zwei Diagnose zugrunde: zum einen die Schultergelenkinstabilität rechts und links, zum andern die postoperative funktionelle Parese. Aus der Verordnung folgt jedoch nicht, dass jeweils eine der verordneten Heilbehandlungen (gerätegestützte Krankengymnastik, Krankengymnastik oder Bewegungsübungen im Bewegungsbad in Einzeltherapie) ausschließlich der Behandlung jeweils einer dieser Diagnosen zugeordnet wird. Sie weist in den ersten drei Zeilen die Verordnung der drei Heilbehandlungen auf, in den weiteren drei Zeilen werden die genannten Diagnosen aufgeführt. Eine spezifische Verbindung von Heilbehandlung und jeweiliger Diagnose kann der Verordnung gerade nicht entnommen werden.
25 
Die Verordnung vom 12.03.2012 ist auch einer Auslegung dahingehend, dass - wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht - die gerätegestützte Krankengymnastik zur Behandlung der funktionellen Parese rechts und die Krankengymnastik zur Behandlung der Schultergelenkinstabilität rechts und links verordnet wurden, nicht zugänglich. Eine ärztliche Verordnung, in welcher mehrere Heilbehandlungen verordnet werden und in welcher mehrere Diagnosen vermerkt sind, kann dann dahingehend ausgelegt werden, dass jeweils eine der Heilbehandlungen zur Behandlung speziell einer der vermerkten Diagnosen verordnet wurde, wenn sich eine solche Zuordnung für einen objektiven Dritten aus der Verordnung selbst oder aus einer mit der Verordnung hinreichend verbundenen schriftlichen Erklärung des verordnenden Arztes ergibt. Bereits aus § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO folgt, dass Aufwendungen für Heilbehandlungen nur dann beihilfefähig sind, wenn diese schriftlich begründet verordnet wurden. Außerdem muss die Beihilfestelle aus den gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 BVO vorzulegenden Belegen, zu denen die schriftliche Verordnung der Heilbehandlung zählt, erkennen können, welche Heilbehandlung der Therapie welcher Erkrankung dient, um den Beihilfeanspruch prüfen zu können. Diesen gesetzlichen Anforderungen widerspricht es zwar nicht, dass die Zuordnung von Heilbehandlung und Diagnose auch durch eine Erklärung des verordnenden Arztes hergestellt werden kann, die außerhalb der Verordnung liegt. Diese muss dann allerdings schriftlich fixiert und mit der Verordnung dergestalt verbunden sein, dass der Therapeut vor Behandlungsbeginn von der ärztlichen Verordnung und der ergänzenden Erklärung Kenntnis erlangt.
26 
Die Verordnung vom 12.03.2012 bietet keine hinreichenden Anknüpfungspunkte für eine Zuordnung der Heilbehandlungen zu den vermerkten Diagnosen. Gegen eine solche Zuordnung spricht ein Vergleich mit der ärztlichen Verordnung vom 13.07.2011, in welcher der Tochter des Klägers zwölf Mal manuelle Therapie verordnet wurde und als Diagnosen sowohl die Schulterinstabilität rechts und links als auch die funktionelle Parese rechts vermerkt waren. Aus dieser Verordnung ist deutlich erkennbar, dass der verordnende Arzt die manuelle Therapie zur Behandlung beider Diagnosen verordnet hat. Die Kammer vermag daher der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, die manuelle Therapie und die Krankengymnastik seien ausschließlich zur Behandlung der Überflexibilität der Bänder (und der daraus folgenden Schultergelenkinstabilität rechts und links) verordnet worden, nicht zu folgen. Unter Berücksichtigung dieser vorangegangenen Verordnung geht die Kammer davon aus, dass auch die in der Verordnung vom 12.03.2012 aufgeführten Heilbehandlungen jeweils zur Behandlung beider Diagnosen verordnet wurden.
27 
Für das vorliegende Verfahren kommt es nicht darauf an, ob vor Beginn der Behandlung - wie vom Kläger geltend gemacht - zwischen dem verordnenden Arzt und dem Therapeuten eine Absprache dahingehend stattgefunden hat, dass die gerätegestützte Krankengymnastik zur Behandlung der funktionellen Parese rechts und die Krankengymnastik zur Behandlung der Schultergelenkinstabilität rechts und links verordnet wurden. Die Berücksichtigung einer mündlichen Absprache widerspräche dem bereits dargestellten Schriftlichkeitserfordernis. Sie ist aufgrund des Belegerfordernisses in § 17 Abs. 3 Satz 1 BVO nicht geeignet, einen Beihilfeanspruch zu begründen. Außerdem wäre sie für die Beihilfestelle nur schwer überprüfbar und böte Raum für ein kollusives Zusammenwirken von Patient, verordnendem Arzt und behandelndem Therapeut. Eine weitere Sachaufklärung ist daher nicht geboten.
28 
b. Die nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung durch Verweis auf die Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung in der hier maßgeblichen Fassung vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit von bestimmten neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Heilbehandlungen ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Diese pauschalierende Regelung verfolgt frei von Rechtsfehlern den Zweck, die Angemessenheit der im Einzelfall angefallenen Vergütungsansprüche festzustellen.
29 
Nach § 8 LRiStaG in Verbindung mit § 78 Abs. 1 LBG besteht unter anderem für Richter ein gesetzlicher Beihilfeanspruch. Durch die Beihilfegewährung erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht gegenüber den Richtern in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen. Das Nähere ist nach § 8 LRiStaG in Verbindung mit § 78 Abs. 2 Satz 1 LBG vom Finanz- und Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung zu regeln, wobei die gesetzlichen Vorgaben in § 78 Abs. 2 Satz 2 bis 4 LBG zu beachten sind. Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LBG ist in der Beihilfeverordnung insbesondere zu bestimmen, welche Aufwendungen beihilfefähig sind; nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LBG ist ferner zu bestimmen, wie die Beihilfe zu bemessen ist, wobei sie nach § 78 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 LBG die notwendigen und angemessenen Aufwendungen unter Berücksichtigung der Eigenvorsorge und zumutbarer Selbstbehalte decken soll. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung ergeben sich außer aus den genannten Vorgaben in § 78 Abs. 2 Satz 2 bis 4 LBG aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dies schließt, wie sich bereits aus § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 Halbsatz 2 LBG ergibt, die Verneinung oder Begrenzung von Beihilfe für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen ein, sofern die einschränkenden Regelungen weder die Fürsorgepflicht in ihrem Kern verletzen noch gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Der Charakter der Beihilfe als einer lediglich ergänzenden Hilfeleistung belässt dem Dienstherrn dabei einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise der speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann. Härten und Nachteile, die sich hieraus im Einzelfall ergeben, müssen von den Beihilfeberechtigten grundsätzlich hingenommen werden (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006 - 4 S 101/05 -, VBlBW 2007, 263 m.w.Nw.).
30 
Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit von bestimmten neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Heilbehandlungen hält sich im Rahmen des dem Ver-ordnungsgeber eingeräumten Spielraums.
31 
Die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12 der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung in der hier maßgeblichen Fassung zielt erkennbar darauf ab, die Doppelabrechnung derselben Leistung oder eine Zuvielbehandlung zu verhindern (Kammerurteil vom 31.10.2013, a.a.O.). Der Verordnungsgeber geht bei einer bestimmten Häufung verschiedener Leistungen zur Behandlung bezüglich einer Diagnose typisierend von einer Zuvielbehandlung aus. Die Regelung in Fußnote 12 verfolgt damit den legitimen Zweck, die Beihilfefähigkeit von Behandlungen, die ähnliche Heilbehandlungen kombinieren, einzuschränken. Es liegt zudem auf der Hand, dass sich verschiedene Formen der Krankengymnastik, Bewegungsübungen und Massagen ähneln und teilweise überschneiden können, weshalb es nicht als willkürlich oder sonst fehlerhaft erscheint, dass der Verordnungsgeber die Beihilfefähigkeit mehrerer solcher Heilbehandlungen, die nebeneinander erbracht werden, pauschalierend an das zusätzliche Erfordernis einer vor Behandlungsbeginn gestellten gesonderten Diagnose für jede Heilbehandlung knüpft (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 20.06.2013 - 6 K 535/12 -).
32 
Eine generelle Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht vermag die Kammer nicht festzustellen. Allenfalls ihrer Art oder Höhe nach unzumutbare Belastungen beziehungsweise erhebliche Aufwendungen, die für den Richter unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann, können den Wesenskern der Fürsorgepflicht berühren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006, a.a.O. m.w.Nw.). Dies trifft auf die in Rede stehenden Aufwendungen ersichtlich nicht zu. Zum einen werden die Kosten aller in Fußnote 12 genannten Leistungen bei Vorliegen einer gesonderten Diagnose und eigenständigen ärztlichen Verordnung für jede Leistung vor Behandlungsbeginn vom Dienstherrn übernommen, weshalb die Gefahr, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Richters und seiner Familie gefährdet wird, nicht besteht. Zum anderen erreichen die wegen der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Höchstbetragsregelungen vom Richter selbst zu tragenden Aufwendungen regelmäßig kein Ausmaß, das eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung mit sich bringen könnte.
33 
2. Der Kläger hat mit seinem Anfechtungsbegehren Erfolg. Ziffer 2 des Widerspruchsbescheids des Landesamts vom 05.10.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin der Bescheid vom 07.07.2012 in dem Umfang aufgehoben wird, als zu den beiden Rechnungen vom 30.11.2011 eine Beihilfe gewährt wurde (a.). Ziffer 3 des Widerspruchsbescheids, in welcher ein überzahlter Betrag in Höhe von 302,30 EUR zurückgefordert wird, ist damit ebenfalls rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO), da die entsprechende Zahlung nicht rechtsgrundlos erfolgt ist (b.).
34 
a. Die Rechtmäßigkeit der in Ziffer 2 des Widerspruchsbescheids verfügten Teilrücknahme des Bescheids vom 07.07.2012 beurteilt sich nach § 48 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt zurückgenommen werden, wobei für einen begünstigenden Verwaltungsakt die Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 gelten.
35 
Zwar ist der Bescheid vom 07.07.2012 insoweit rechtswidrig, als dem Kläger zu den beiden Rechnungen vom 30.11.2011 eine Beihilfe gewährt wurde. Mit diesen beiden Rechnungen wurden zwölf Mal manuelle Therapie, verordnet am 13.07.2011, und zwölf Mal Krankengymnastik, verordnet am 07.06.2011, abgerechnet. In beiden Verordnungen wird als Diagnose die Schulterinstabilität rechts und links und die funktionelle Parese rechts angeführt. Die Heilbehandlungen wurden zwischen dem 13.07.2011 und dem 28.11.2011 durchgeführt. Mit Rechnung vom 03.02.2012 wurden für denselben Behandlungszeitraum Leistungen für eine gerätegestützte Krankengymnastik abgerechnet, welche ebenfalls am 13.07.2011 unter Angabe derselben Diagnosen verordnet wurde. Nach den bereits dargelegten Grundsätzen sind die Aufwendungen für die manuelle Therapie und die Krankengymnastik gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung in Verbindung mit der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung in der hier maßgeblichen Fassung bereits dem Grunde nach nicht beihilfefähig, weil die manuelle Therapie und die Krankengymnastik aufgrund derselben Diagnose erbracht wurden wie die gerätegestützte Krankengymnastik.
36 
Die Teilrücknahme des Bescheids vom 07.07.2012 in Ziffer 2 des Widerspruchsbescheids vom 05.10.2012 ist jedoch rechtswidrig, weil der Kläger auf den Bestand dieses Bescheids vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist. Der Kläger hat eine irreversible Vermögensdisposition im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG getroffen, indem er beziehungsweise seine Tochter die jeweiligen Behandlungsverträge mit dem behandelnden Therapeuten abgeschlossen hat.
37 
Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG ist das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte die ihm gewährten Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Unter einer Vermögensdisposition im Sinne dieser Vorschrift ist jedes Verhalten zu verstehen, das in ursächlichem Zusammenhang mit dem begünstigenden Verwaltungsakt steht und Auswirkungen auf die Vermögenssituation des Betroffenen hat, das heißt jegliches Tun, Dulden oder Unterlassen, dem subjektiv das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts zugrundeliegt und das objektiv im Fall der Rücknahme des Verwaltungsakts als wirtschaftlich nachteilig anzusehen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2013 - 2 S 2314/12 -, Juris m.w.Nw.). Dispositionen in diesem Sinne sind insbesondere auch eingegangene vertragliche Verpflichtungen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 109). Dabei kann eine schutzwürdige Vermögensdisposition unter Umständen auch schon dann vorliegen, wenn der Betroffene im Vertrauen auf die zukünftige Bewilligung einer Leistung im Vorgriff Verpflichtungen eingeht, die nicht mehr rückgängig zu machen sind (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2013 - 2 S 2314/12 -, a.a.O. m.w.Nw.). Im Falle einer vertraglichen Verpflichtung ist es unmöglich, sie rückgängig zu machen, wenn sie nicht mehr aufgehoben oder gekündigt werden kann (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 110).
38 
Wenn ein Beihilfeberechtigter einen Behandlungsvertrag mit einem Arzt beziehungsweise mit einem Therapeuten abschließt, er die fehlende Beihilfefähigkeit der dadurch entstehenden Aufwendungen nicht kennt und seine Unkenntnis auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht, trifft er im Regelfall eine schutzwürdige Vermögensdisposition im genannten Sinne. Er handelt dabei nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig im Vertrauen darauf, die dadurch entstehenden Aufwendungen im Nachhinein von der Beihilfestelle ersetzt zu bekommen. Die mit dem Abschluss des Behandlungsvertrags verbundene Vermögensdisposition ist auch nicht mehr rückgängig zu machen, selbst wenn die Beihilfestelle die Erstattung der Aufwendungen im Nachhinein ablehnt. Dieser besonderen Interessenlage ist auch dann Rechnung zu tragen, wenn sich ein Bewilligungsbescheid im Nachhinein als rechtswidrig erweist und sich die Frage stellt, ob er zurückgenommen werden kann. Denn der Betroffene hat nach Rücknahme der Bewilligung weder die Möglichkeit, den Abschluss des Behandlungsvertrags mit Wirkung für die Vergangenheit rückgängig zu machen, noch kann er Zahlungen, die er auf der Grundlage eines wirksamen Behandlungsvertrags an den Arzt oder Therapeuten geleistet hat, von diesem zurückfordern. Dies gebietet es, im Falle der Gutgläubigkeit des Betroffenen von einer schutzwürdigen Vermögensdisposition im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG auszugehen (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2013 - 2 S 2314/12 -, a.a.O.).
39 
Der Kläger hatte keine Kenntnis von der fehlenden Beihilfefähigkeit der in Rede stehenden Aufwendungen, und seine Unkenntnis beruhte auch nicht auf grober Fahrlässigkeit. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne eines Kennenmüssens muss sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut wie auch nach dem Zweck der Regelung in § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 LVwVfG auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts beziehen. Die bloße Kenntnis der Tatsachen oder Vorgänge, die die Rechtswidrigkeit begründen, genügt dagegen nicht. Die Unkenntnis ist grob fahrlässig, wenn der Betroffene im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennen konnte und musste, dass der Verwaltungsakt „nicht richtig“ sein kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2013 - 2 S 2314/12 -, a.a.O.; Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 122). Der Kläger hätte die teilweise Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 07.07.2012 nicht deswegen kennen müssen, weil - wie der Beklagte geltend macht - dieser einen Hinweis enthält, dass neben der ärztlich verordneten gerätegestützten Krankengymnastik Heilbehandlungen wie Krankengymnastik und manuelle Therapie nur beihilfefähig sind, wenn eine eigenständige ärztliche Diagnosestellung und eine eigenständige ärztliche Verordnung vorliegen. Denn das Landesamt selbst hat es versäumt, aus diesem (richtigen) Hinweis die entsprechenden Rechtsfolgen zu ziehen und eine Beihilfegewährung zu versagen. Zum anderen ist für einen Laien nicht ohne weiteres erkennbar, wann der Tatbestand einer "gesonderten Diagnosestellung und einer eigenständigen ärztlichen Verordnung" erfüllt ist. Dem Kläger kann daher grob fahrlässige Unkenntnis nicht vorgeworfen werden.
40 
Entgegen der Auffassung des Landesamts ist dem Kläger auch nicht deswegen Vertrauensschutz zu versagen, weil der Bescheid vom 07.07.2012 nicht bestandskräftig geworden sei. Der Kläger hat den Widerspruch vom 15.07.2012 nur soweit erhoben, als eine Beihilfe zu den mit Antrag vom 07.06.2012 geltend gemachten Aufwendungen seiner Tochter abgelehnt wurde. Aus der beschränkten Anfechtung des Bescheids vom 07.07.2012 folgt, dass sein gewährender Teil nach Ablauf der Widerspruchsfrist und damit vor Erlass des Widerspruchsbescheids am 05.10.2012 bestandskräftig geworden ist. Somit kann vorliegend offen bleiben, ob der Adressat eines Verwaltungsakts sich tatsächlich nicht auf Vertrauensschutz berufen kann, wenn er selbst durch Einlegung eines Rechtsbehelfs den Eintritt der Bestandskraft verhindert.
41 
b. Ziffer 3 des Widerspruchsbescheids vom 05.10.2012 ist ebenfalls aufzuheben, weil der Bescheid vom 07.07.2012 nach Aufhebung der Rücknahmeentscheidung weiterhin wirksam ist und den Rechtsgrund für die gewährte Beihilfe bildet.
42 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO.
43 
4. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
44 
B E S C H L U S S
45 
Der Streitwert wird in Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 12.11.2012 gemäß § 52 Abs. 3, § 39 Abs. 1 GKG auf 780,06 EUR festgesetzt.
46 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
17 
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
18 
Im Übrigen ist die Klage als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in objektiver Klagehäufung nach § 44 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist begründet, soweit der Kläger die Aufhebung der Ziffern 2 und 3 des Widerspruchsbescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 05.10.2012 begehrt (2.). Im Übrigen ist sie unbegründet (1.).
19 
1. Nachdem der Kläger - auf entsprechenden rechtlichen Hinweis - in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass er zu den beiden Rechnungen vom 30.11.2011 und zu der Rechnung vom 27.02.2012 keine weitere Beihilfe begehre, und er zu der Rechnung vom 26.03.2012 keine weitere Beihilfe begehre, soweit der geltend gemachte Rechnungsbetrag die beihilfefähigen Höchstsätze für die durchgeführten Heilbehandlungen überschreite, hat die Kammer im Rahmen des Verpflichtungsbegehrens nur noch darüber zu entscheiden, ob ihm auf seinen Antrag vom 07.06.2012 für die am 12.03.2012 verordnete Krankengymnastik eine weitere Beihilfe in Höhe von 46,80 EUR zu gewähren ist, was 80 % des dreifachen beihilfefähigen Höchstbetrags für krankengymnastische Behandlungen (19,50 EUR) entspricht. Mit diesem Begehren ist die Klage unbegründet, da dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe zu den Aufwendungen für diese Heilbehandlung nicht zusteht. Der Bescheid des Landesamts vom 07.07.2012 ist, soweit er hierfür eine Beihilfe versagt, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
20 
Das Landesamt hat die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die der Tochter des Klägers am 12.03.2012 verordnete Krankengymnastik zu Recht nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 der Beihilfeverordnung (BVO) in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung in Verbindung mit der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) in der hier maßgeblichen Fassung vom 13.02.2009 (BGBl. I 2009, S. 326, 354) verneint, weil diese Heilbehandlung neben einer gerätegestützten Krankengymnastik verordnet und nicht aufgrund einer gesonderten Diagnosestellung erbracht wurde (a.). Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Krankengymnastik, die aufgrund derselben Diagnose neben einer gerätegestützten Krankengymnastik verordnet wurde, ist mit höherrangigem Recht vereinbar (b.).
21 
a. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Aufwendungen für aus Anlass einer Krankheit von Ärzten schriftlich begründet verordnete Heilbehandlungen sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung beihilfefähig. Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung wiederum verweist hinsichtlich der Voraussetzungen, Beschränkungen und Höchstbeträge für Heilbehandlungen auf Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung. Diese trägt in der hier maßgeblichen Fassung den Titel „Höchstbeträge für die Angemessenheit der Aufwendungen für Heilmittel und Voraussetzungen für bestimmte Heilmittel“, setzt unter II. für Krankengymnastik und Bewegungsübungen sowie unter III. für Massagen Höchstbeträge fest und beinhaltet die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12. Nach dieser sind Leistungen der Nummern 4 bis 6 (krankengymnastische Behandlungen), 10 (Bewegungsübungen), 12 (manuelle Therapie) und 18 (Massagen) des Verzeichnisses neben der gerätegestützten Krankengymnastik nur beihilfefähig, wenn sie aufgrund gesonderter Diagnosestellung und einer eigenständigen ärztlichen Verordnung erbracht werden.
22 
Nach diesen Voraussetzungen steht dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe nicht zu. Das Landesamt hat zu der Rechnung vom 26.03.2012 zu Recht lediglich eine Beihilfe zu der gerätegestützten Krankengymnastik und zu der Krankengymnastik im Bewegungsbad in Einzelbehandlung gewährt. Dabei hat das Landesamt die abgerechneten Leistungen dem Leistungsverzeichnis in der hier maßgeblichen Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung zutreffend folgendermaßen zugeordnet: gerätegestützte Krankengymnastik entsprechend Nummer 15, krankengymnastische Behandlung entsprechend Nummer 4 und krankengymnastische Behandlung/Bewegungsübungen im Bewegungsbad als Einzelbehandlung entsprechend Nummer 11 Buchst. a. Nach dem eindeutigen Normtext der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung, zu dem auch die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12 zählt, ist die Gewährung von Beihilfe zu der krankengymnastischen Behandlung (Nr. 4) neben der verordneten gerätegestützten Krankengymnastik (Nr. 15) ausgeschlossen.
23 
Die Kammer legt die Fußnote 12 dahingehend aus, dass es für jede der genannten Heilbehandlungen einer eigenständigen ärztlichen Verordnung und einer speziellen Diagnose bedarf, und dass beides im Zeitpunkt der Vornahme der Heilbehandlung vorliegen muss. Dies ergibt sich nicht nur aus dem eindeutigen Wortlaut der Regelung, wonach die Leistungen „aufgrund“ gesonderter Diagnosestellung und eigenständiger ärztlicher Verordnung erbracht werden müssen, die jeweilige Diagnose, die ärztliche Verordnung und die Heilbehandlung also kausal miteinander verknüpft werden. Auch eine am Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung führt zwingend zu diesem Normverständnis. Der Physiotherapeut kann Behandlungsmaßnahmen nur so durchführen, wie es ihm vom behandelnden Arzt im Wege der Verordnung vorgegeben wird. Um zu gewährleisten, dass eine Heilbehandlung fachgerecht durchgeführt und das anzustrebende Behandlungsergebnis möglichst effektiv erreicht wird, muss ihm deshalb das Behandlungsziel im Behandlungszeitpunkt bekannt sein. Dies setzt voraus, dass die ihm vorzulegende ärztliche Verordnung nicht nur die Behandlungsmaßnahme, sondern auch die zugehörige Diagnose erkennen lässt. Werden neben der gerätegestützten Krankengymnastik ähnliche Therapieleistungen verordnet, die jedoch eine unterschiedliche Zielrichtung haben sollen, hat der behandelnde Arzt dies durch eine vor Behandlungsbeginn für jede Heilbehandlung gesondert gestellte Diagnose deutlich zu machen (Urteil der erkennenden Kammer vom 31.10.2013 - 9 K 2747/11 -, Juris; ebenso VG Aachen, Urt. v. 05.03.2009 - 7 K 1948/08 -, Juris).
24 
Im vorliegenden Fall liegen der ärztlichen Verordnung vom 12.03.2012 zwei Diagnose zugrunde: zum einen die Schultergelenkinstabilität rechts und links, zum andern die postoperative funktionelle Parese. Aus der Verordnung folgt jedoch nicht, dass jeweils eine der verordneten Heilbehandlungen (gerätegestützte Krankengymnastik, Krankengymnastik oder Bewegungsübungen im Bewegungsbad in Einzeltherapie) ausschließlich der Behandlung jeweils einer dieser Diagnosen zugeordnet wird. Sie weist in den ersten drei Zeilen die Verordnung der drei Heilbehandlungen auf, in den weiteren drei Zeilen werden die genannten Diagnosen aufgeführt. Eine spezifische Verbindung von Heilbehandlung und jeweiliger Diagnose kann der Verordnung gerade nicht entnommen werden.
25 
Die Verordnung vom 12.03.2012 ist auch einer Auslegung dahingehend, dass - wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht - die gerätegestützte Krankengymnastik zur Behandlung der funktionellen Parese rechts und die Krankengymnastik zur Behandlung der Schultergelenkinstabilität rechts und links verordnet wurden, nicht zugänglich. Eine ärztliche Verordnung, in welcher mehrere Heilbehandlungen verordnet werden und in welcher mehrere Diagnosen vermerkt sind, kann dann dahingehend ausgelegt werden, dass jeweils eine der Heilbehandlungen zur Behandlung speziell einer der vermerkten Diagnosen verordnet wurde, wenn sich eine solche Zuordnung für einen objektiven Dritten aus der Verordnung selbst oder aus einer mit der Verordnung hinreichend verbundenen schriftlichen Erklärung des verordnenden Arztes ergibt. Bereits aus § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO folgt, dass Aufwendungen für Heilbehandlungen nur dann beihilfefähig sind, wenn diese schriftlich begründet verordnet wurden. Außerdem muss die Beihilfestelle aus den gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 BVO vorzulegenden Belegen, zu denen die schriftliche Verordnung der Heilbehandlung zählt, erkennen können, welche Heilbehandlung der Therapie welcher Erkrankung dient, um den Beihilfeanspruch prüfen zu können. Diesen gesetzlichen Anforderungen widerspricht es zwar nicht, dass die Zuordnung von Heilbehandlung und Diagnose auch durch eine Erklärung des verordnenden Arztes hergestellt werden kann, die außerhalb der Verordnung liegt. Diese muss dann allerdings schriftlich fixiert und mit der Verordnung dergestalt verbunden sein, dass der Therapeut vor Behandlungsbeginn von der ärztlichen Verordnung und der ergänzenden Erklärung Kenntnis erlangt.
26 
Die Verordnung vom 12.03.2012 bietet keine hinreichenden Anknüpfungspunkte für eine Zuordnung der Heilbehandlungen zu den vermerkten Diagnosen. Gegen eine solche Zuordnung spricht ein Vergleich mit der ärztlichen Verordnung vom 13.07.2011, in welcher der Tochter des Klägers zwölf Mal manuelle Therapie verordnet wurde und als Diagnosen sowohl die Schulterinstabilität rechts und links als auch die funktionelle Parese rechts vermerkt waren. Aus dieser Verordnung ist deutlich erkennbar, dass der verordnende Arzt die manuelle Therapie zur Behandlung beider Diagnosen verordnet hat. Die Kammer vermag daher der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, die manuelle Therapie und die Krankengymnastik seien ausschließlich zur Behandlung der Überflexibilität der Bänder (und der daraus folgenden Schultergelenkinstabilität rechts und links) verordnet worden, nicht zu folgen. Unter Berücksichtigung dieser vorangegangenen Verordnung geht die Kammer davon aus, dass auch die in der Verordnung vom 12.03.2012 aufgeführten Heilbehandlungen jeweils zur Behandlung beider Diagnosen verordnet wurden.
27 
Für das vorliegende Verfahren kommt es nicht darauf an, ob vor Beginn der Behandlung - wie vom Kläger geltend gemacht - zwischen dem verordnenden Arzt und dem Therapeuten eine Absprache dahingehend stattgefunden hat, dass die gerätegestützte Krankengymnastik zur Behandlung der funktionellen Parese rechts und die Krankengymnastik zur Behandlung der Schultergelenkinstabilität rechts und links verordnet wurden. Die Berücksichtigung einer mündlichen Absprache widerspräche dem bereits dargestellten Schriftlichkeitserfordernis. Sie ist aufgrund des Belegerfordernisses in § 17 Abs. 3 Satz 1 BVO nicht geeignet, einen Beihilfeanspruch zu begründen. Außerdem wäre sie für die Beihilfestelle nur schwer überprüfbar und böte Raum für ein kollusives Zusammenwirken von Patient, verordnendem Arzt und behandelndem Therapeut. Eine weitere Sachaufklärung ist daher nicht geboten.
28 
b. Die nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung durch Verweis auf die Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung in der hier maßgeblichen Fassung vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit von bestimmten neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Heilbehandlungen ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Diese pauschalierende Regelung verfolgt frei von Rechtsfehlern den Zweck, die Angemessenheit der im Einzelfall angefallenen Vergütungsansprüche festzustellen.
29 
Nach § 8 LRiStaG in Verbindung mit § 78 Abs. 1 LBG besteht unter anderem für Richter ein gesetzlicher Beihilfeanspruch. Durch die Beihilfegewährung erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht gegenüber den Richtern in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen. Das Nähere ist nach § 8 LRiStaG in Verbindung mit § 78 Abs. 2 Satz 1 LBG vom Finanz- und Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung zu regeln, wobei die gesetzlichen Vorgaben in § 78 Abs. 2 Satz 2 bis 4 LBG zu beachten sind. Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LBG ist in der Beihilfeverordnung insbesondere zu bestimmen, welche Aufwendungen beihilfefähig sind; nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LBG ist ferner zu bestimmen, wie die Beihilfe zu bemessen ist, wobei sie nach § 78 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 LBG die notwendigen und angemessenen Aufwendungen unter Berücksichtigung der Eigenvorsorge und zumutbarer Selbstbehalte decken soll. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung ergeben sich außer aus den genannten Vorgaben in § 78 Abs. 2 Satz 2 bis 4 LBG aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dies schließt, wie sich bereits aus § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 Halbsatz 2 LBG ergibt, die Verneinung oder Begrenzung von Beihilfe für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen ein, sofern die einschränkenden Regelungen weder die Fürsorgepflicht in ihrem Kern verletzen noch gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Der Charakter der Beihilfe als einer lediglich ergänzenden Hilfeleistung belässt dem Dienstherrn dabei einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise der speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann. Härten und Nachteile, die sich hieraus im Einzelfall ergeben, müssen von den Beihilfeberechtigten grundsätzlich hingenommen werden (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006 - 4 S 101/05 -, VBlBW 2007, 263 m.w.Nw.).
30 
Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit von bestimmten neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Heilbehandlungen hält sich im Rahmen des dem Ver-ordnungsgeber eingeräumten Spielraums.
31 
Die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12 der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung in der hier maßgeblichen Fassung zielt erkennbar darauf ab, die Doppelabrechnung derselben Leistung oder eine Zuvielbehandlung zu verhindern (Kammerurteil vom 31.10.2013, a.a.O.). Der Verordnungsgeber geht bei einer bestimmten Häufung verschiedener Leistungen zur Behandlung bezüglich einer Diagnose typisierend von einer Zuvielbehandlung aus. Die Regelung in Fußnote 12 verfolgt damit den legitimen Zweck, die Beihilfefähigkeit von Behandlungen, die ähnliche Heilbehandlungen kombinieren, einzuschränken. Es liegt zudem auf der Hand, dass sich verschiedene Formen der Krankengymnastik, Bewegungsübungen und Massagen ähneln und teilweise überschneiden können, weshalb es nicht als willkürlich oder sonst fehlerhaft erscheint, dass der Verordnungsgeber die Beihilfefähigkeit mehrerer solcher Heilbehandlungen, die nebeneinander erbracht werden, pauschalierend an das zusätzliche Erfordernis einer vor Behandlungsbeginn gestellten gesonderten Diagnose für jede Heilbehandlung knüpft (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 20.06.2013 - 6 K 535/12 -).
32 
Eine generelle Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht vermag die Kammer nicht festzustellen. Allenfalls ihrer Art oder Höhe nach unzumutbare Belastungen beziehungsweise erhebliche Aufwendungen, die für den Richter unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann, können den Wesenskern der Fürsorgepflicht berühren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006, a.a.O. m.w.Nw.). Dies trifft auf die in Rede stehenden Aufwendungen ersichtlich nicht zu. Zum einen werden die Kosten aller in Fußnote 12 genannten Leistungen bei Vorliegen einer gesonderten Diagnose und eigenständigen ärztlichen Verordnung für jede Leistung vor Behandlungsbeginn vom Dienstherrn übernommen, weshalb die Gefahr, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Richters und seiner Familie gefährdet wird, nicht besteht. Zum anderen erreichen die wegen der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Höchstbetragsregelungen vom Richter selbst zu tragenden Aufwendungen regelmäßig kein Ausmaß, das eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung mit sich bringen könnte.
33 
2. Der Kläger hat mit seinem Anfechtungsbegehren Erfolg. Ziffer 2 des Widerspruchsbescheids des Landesamts vom 05.10.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin der Bescheid vom 07.07.2012 in dem Umfang aufgehoben wird, als zu den beiden Rechnungen vom 30.11.2011 eine Beihilfe gewährt wurde (a.). Ziffer 3 des Widerspruchsbescheids, in welcher ein überzahlter Betrag in Höhe von 302,30 EUR zurückgefordert wird, ist damit ebenfalls rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO), da die entsprechende Zahlung nicht rechtsgrundlos erfolgt ist (b.).
34 
a. Die Rechtmäßigkeit der in Ziffer 2 des Widerspruchsbescheids verfügten Teilrücknahme des Bescheids vom 07.07.2012 beurteilt sich nach § 48 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt zurückgenommen werden, wobei für einen begünstigenden Verwaltungsakt die Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 gelten.
35 
Zwar ist der Bescheid vom 07.07.2012 insoweit rechtswidrig, als dem Kläger zu den beiden Rechnungen vom 30.11.2011 eine Beihilfe gewährt wurde. Mit diesen beiden Rechnungen wurden zwölf Mal manuelle Therapie, verordnet am 13.07.2011, und zwölf Mal Krankengymnastik, verordnet am 07.06.2011, abgerechnet. In beiden Verordnungen wird als Diagnose die Schulterinstabilität rechts und links und die funktionelle Parese rechts angeführt. Die Heilbehandlungen wurden zwischen dem 13.07.2011 und dem 28.11.2011 durchgeführt. Mit Rechnung vom 03.02.2012 wurden für denselben Behandlungszeitraum Leistungen für eine gerätegestützte Krankengymnastik abgerechnet, welche ebenfalls am 13.07.2011 unter Angabe derselben Diagnosen verordnet wurde. Nach den bereits dargelegten Grundsätzen sind die Aufwendungen für die manuelle Therapie und die Krankengymnastik gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung in Verbindung mit der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung in der hier maßgeblichen Fassung bereits dem Grunde nach nicht beihilfefähig, weil die manuelle Therapie und die Krankengymnastik aufgrund derselben Diagnose erbracht wurden wie die gerätegestützte Krankengymnastik.
36 
Die Teilrücknahme des Bescheids vom 07.07.2012 in Ziffer 2 des Widerspruchsbescheids vom 05.10.2012 ist jedoch rechtswidrig, weil der Kläger auf den Bestand dieses Bescheids vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist. Der Kläger hat eine irreversible Vermögensdisposition im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG getroffen, indem er beziehungsweise seine Tochter die jeweiligen Behandlungsverträge mit dem behandelnden Therapeuten abgeschlossen hat.
37 
Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG ist das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte die ihm gewährten Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Unter einer Vermögensdisposition im Sinne dieser Vorschrift ist jedes Verhalten zu verstehen, das in ursächlichem Zusammenhang mit dem begünstigenden Verwaltungsakt steht und Auswirkungen auf die Vermögenssituation des Betroffenen hat, das heißt jegliches Tun, Dulden oder Unterlassen, dem subjektiv das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts zugrundeliegt und das objektiv im Fall der Rücknahme des Verwaltungsakts als wirtschaftlich nachteilig anzusehen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2013 - 2 S 2314/12 -, Juris m.w.Nw.). Dispositionen in diesem Sinne sind insbesondere auch eingegangene vertragliche Verpflichtungen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 109). Dabei kann eine schutzwürdige Vermögensdisposition unter Umständen auch schon dann vorliegen, wenn der Betroffene im Vertrauen auf die zukünftige Bewilligung einer Leistung im Vorgriff Verpflichtungen eingeht, die nicht mehr rückgängig zu machen sind (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2013 - 2 S 2314/12 -, a.a.O. m.w.Nw.). Im Falle einer vertraglichen Verpflichtung ist es unmöglich, sie rückgängig zu machen, wenn sie nicht mehr aufgehoben oder gekündigt werden kann (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 110).
38 
Wenn ein Beihilfeberechtigter einen Behandlungsvertrag mit einem Arzt beziehungsweise mit einem Therapeuten abschließt, er die fehlende Beihilfefähigkeit der dadurch entstehenden Aufwendungen nicht kennt und seine Unkenntnis auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht, trifft er im Regelfall eine schutzwürdige Vermögensdisposition im genannten Sinne. Er handelt dabei nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig im Vertrauen darauf, die dadurch entstehenden Aufwendungen im Nachhinein von der Beihilfestelle ersetzt zu bekommen. Die mit dem Abschluss des Behandlungsvertrags verbundene Vermögensdisposition ist auch nicht mehr rückgängig zu machen, selbst wenn die Beihilfestelle die Erstattung der Aufwendungen im Nachhinein ablehnt. Dieser besonderen Interessenlage ist auch dann Rechnung zu tragen, wenn sich ein Bewilligungsbescheid im Nachhinein als rechtswidrig erweist und sich die Frage stellt, ob er zurückgenommen werden kann. Denn der Betroffene hat nach Rücknahme der Bewilligung weder die Möglichkeit, den Abschluss des Behandlungsvertrags mit Wirkung für die Vergangenheit rückgängig zu machen, noch kann er Zahlungen, die er auf der Grundlage eines wirksamen Behandlungsvertrags an den Arzt oder Therapeuten geleistet hat, von diesem zurückfordern. Dies gebietet es, im Falle der Gutgläubigkeit des Betroffenen von einer schutzwürdigen Vermögensdisposition im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG auszugehen (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2013 - 2 S 2314/12 -, a.a.O.).
39 
Der Kläger hatte keine Kenntnis von der fehlenden Beihilfefähigkeit der in Rede stehenden Aufwendungen, und seine Unkenntnis beruhte auch nicht auf grober Fahrlässigkeit. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne eines Kennenmüssens muss sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut wie auch nach dem Zweck der Regelung in § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 LVwVfG auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts beziehen. Die bloße Kenntnis der Tatsachen oder Vorgänge, die die Rechtswidrigkeit begründen, genügt dagegen nicht. Die Unkenntnis ist grob fahrlässig, wenn der Betroffene im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennen konnte und musste, dass der Verwaltungsakt „nicht richtig“ sein kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2013 - 2 S 2314/12 -, a.a.O.; Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 122). Der Kläger hätte die teilweise Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 07.07.2012 nicht deswegen kennen müssen, weil - wie der Beklagte geltend macht - dieser einen Hinweis enthält, dass neben der ärztlich verordneten gerätegestützten Krankengymnastik Heilbehandlungen wie Krankengymnastik und manuelle Therapie nur beihilfefähig sind, wenn eine eigenständige ärztliche Diagnosestellung und eine eigenständige ärztliche Verordnung vorliegen. Denn das Landesamt selbst hat es versäumt, aus diesem (richtigen) Hinweis die entsprechenden Rechtsfolgen zu ziehen und eine Beihilfegewährung zu versagen. Zum anderen ist für einen Laien nicht ohne weiteres erkennbar, wann der Tatbestand einer "gesonderten Diagnosestellung und einer eigenständigen ärztlichen Verordnung" erfüllt ist. Dem Kläger kann daher grob fahrlässige Unkenntnis nicht vorgeworfen werden.
40 
Entgegen der Auffassung des Landesamts ist dem Kläger auch nicht deswegen Vertrauensschutz zu versagen, weil der Bescheid vom 07.07.2012 nicht bestandskräftig geworden sei. Der Kläger hat den Widerspruch vom 15.07.2012 nur soweit erhoben, als eine Beihilfe zu den mit Antrag vom 07.06.2012 geltend gemachten Aufwendungen seiner Tochter abgelehnt wurde. Aus der beschränkten Anfechtung des Bescheids vom 07.07.2012 folgt, dass sein gewährender Teil nach Ablauf der Widerspruchsfrist und damit vor Erlass des Widerspruchsbescheids am 05.10.2012 bestandskräftig geworden ist. Somit kann vorliegend offen bleiben, ob der Adressat eines Verwaltungsakts sich tatsächlich nicht auf Vertrauensschutz berufen kann, wenn er selbst durch Einlegung eines Rechtsbehelfs den Eintritt der Bestandskraft verhindert.
41 
b. Ziffer 3 des Widerspruchsbescheids vom 05.10.2012 ist ebenfalls aufzuheben, weil der Bescheid vom 07.07.2012 nach Aufhebung der Rücknahmeentscheidung weiterhin wirksam ist und den Rechtsgrund für die gewährte Beihilfe bildet.
42 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO.
43 
4. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
44 
B E S C H L U S S
45 
Der Streitwert wird in Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 12.11.2012 gemäß § 52 Abs. 3, § 39 Abs. 1 GKG auf 780,06 EUR festgesetzt.
46 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 28. Nov. 2013 - 9 K 2843/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 28. Nov. 2013 - 9 K 2843/12

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 28. Nov. 2013 - 9 K 2843/12 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 39 Grundsatz


(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert be

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 44


Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 28. Nov. 2013 - 9 K 2843/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 28. Nov. 2013 - 9 K 2843/12 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 31. Okt. 2013 - 9 K 2747/11

bei uns veröffentlicht am 31.10.2013

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand  1 Die Klägerin begehrt weitere Beihilfe zu Aufwendungen für physiotherapeutische Behandlungen.2 Die 1955 geborene Klägerin ist Beamtin im Dienste des Beklagte

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Mai 2013 - 2 S 2314/12

bei uns veröffentlicht am 16.05.2013

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. August 2012 - 3 K 81/12 - geändert.Die Bescheide der Beklagten vom 5.7.2011 und vom 27.10.2011 und deren Widerspruchsbescheid vom 8.12.2011 werden aufgehobe

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 17. Nov. 2006 - 4 S 101/05

bei uns veröffentlicht am 17.11.2006

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Dezember 2004 - 17 K 3752/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision

Referenzen

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt weitere Beihilfe zu Aufwendungen für physiotherapeutische Behandlungen.
Die 1955 geborene Klägerin ist Beamtin im Dienste des Beklagten und nach Maßgabe der Beihilfeverordnung (BVO) mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Mit Antrag vom 24.02.2011 begehrte sie eine Beihilfe zu Aufwendungen für in den Zeiträumen vom 10.11.2010 bis 01.12.2010 beziehungsweise 09.11.2010 bis 20.12.2010 vorgenommene physiotherapeutische Behandlungen. Die beigefügten Rechnungen der ZAR Ludwigshafen - Therapiezentrum am St. Marienkrankenhaus vom 22.02.2011, die sich auf insgesamt 1.000,-- EUR beziehungsweise 1.100,-- EUR beliefen, wiesen als Einzelpositionen aus: für den ersten Behandlungszeitraum „Krankengymnastik“ (200,-- EUR), „KG-Gerät“ (350,-- EUR), „Lymphdrainage“ (200,-- EUR) und „Manuelle Therapie“ (250,-- EUR), für den zweiten Behandlungszeitraum „Krankengymnastik“ (400,-- EUR) und „KG-Gerät“ (700,-- EUR). In der dem ersten Behandlungszeitraum zugrunde liegenden ärztlichen Verordnung des Dr. K... vom 28.10.2010 war zu den vorgesehenen Behandlungen („10 x KG am Gerät, 10 x KG, 10 x Lymphdrainage, 10 x Manuelle Therapie“) die einheitliche Diagnose „Knie-TEP re.“ vermerkt. Die den zweiten Behandlungszeitraum betreffenden Verordnungen des Dr. S... vom 03.11.2010 („20 x KG , 20 x Gerätetraining“) enthielten jeweils die Diagnose „Beugedefizit nach K-TEP“.
Mit Bescheid vom 11.03.2011 gewährte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) der Klägerin eine Beihilfe in Höhe von 781,50 EUR und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Als beihilfefähig sah es für den ersten Behandlungszeitraum lediglich die Aufwendungen für die gerätegestützte Krankengymnastik in Höhe von 350,-- EUR und die Lymphdrainage in Höhe von 195,-- EUR an, für den zweiten Behandlungszeitraum die Aufwendungen für die gerätegestützte Krankengymnastik in Höhe von 700,-- EUR. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass neben der ärztlich verordneten gerätegestützten Krankengymnastik krankengymnastische Behandlungen nach den Nummern 4 bis 6, Bewegungsübungen nach Nummer 10, manuelle Therapie nach Nummer 12 und Massagen nach Nummer 18 des Leistungsverzeichnisses für ärztliche verordnete Heilbehandlungen des Bundesministerium des Innern nur dann beihilfefähig seien, wenn eine gesonderte Diagnosestellung und eine eigenständige ärztliche Verordnung vorliege. Die Kürzung bei den für die Lymphdrainage berücksichtigungsfähigen Aufwendungen wurde damit begründet, dass der beihilfefähige Höchstbetrag bei manueller Lymphdrainage nach Dr. Vodder bei einer Teilbehandlung von 30 Minuten 19,50 EUR betrage. Von der sich hiernach ergebenden Beihilfe in Höhe von insgesamt 871,50 EUR wurde eine Kostendämpfungspauschale in Höhe von 90,-- EUR in Abzug gebracht, woraus sich der Auszahlungsbetrag in Höhe von 781,50 EUR ergab.
Hiergegen erhob die Klägerin am 20.03.2011 Widerspruch. Zur Begründung legte sie von den behandelnden Ärzten neu ausgestellte Rezepte vor, aus denen sich ihrer Auffassung nach die Notwendigkeit der parallelen Verordnung von Krankengymnastik, Gerätegymnastik, Lymphdrainage und manueller Therapie ergebe. In den vier auf den 28.10.2010 datierten Verordnungen des Dr. K... war nunmehr vermerkt: „KG x 10, D: Knie TEP rechts“, „Manuelle Therapie x 10, D: Gelenkfunktionsstörung re. Knie“, „KG am Gerät x 10, D: Kraftdefizit re. Knie“ sowie „Lymphdrainage x 10, D: Lymphstau re. US postoperativ“. Die beiden auf den 03.11.2010 datierten Verordnungen des Dr. S... enthielten nunmehr für die Behandlung „20 x Gerätetraining“ die Diagnose „Beugedefizit nach K-TEP“ und für die Behandlung „20 x KG“ die Angaben „Z. n. Implantation einer medialen Schlittenprothese links, Z. n. valgisierender Tibiakopf-Umstellungsosteotomie rechts, Z. n. Implantation einer Oberflächenersatzprothese rechtes Kniegelenk“.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2011 wies das Landesamt den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, dass nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung als beihilferechtliche Höchstbeträge für Heilbehandlungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO die vom Bundesministerium des Innern in der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung vom 13.02.2009 (BBhV) genannten Voraussetzungen, Beschränkungen und Höchstbeträge (Leistungsverzeichnis) gälten. In Fußnote 12 dieses Leistungsverzeichnisses heiße es, dass neben der ärztlich verordneten gerätegestützten Krankengymnastik Heilbehandlungen wie Krankengymnastik, Bewegungsübungen, manuelle Therapie und Massagen nur beihilfefähig seien, wenn eine gesonderte Diagnosestellung und eine eigenständige ärztliche Verordnung vorliege. Auch aus den im Widerspruchsverfahren nachgereichten ärztlichen Verordnungen seien keine gesonderten Diagnosestellungen für die Krankengymnastik sowie manuelle Therapie zu ersehen. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass bei den Verordnungen des Dr. S... vom 03.11.2010 die Notwendigkeit der von ihm angeordneten Heilbehandlungen im Hinblick auf die wenige Tage zuvor erfolgte Verordnung des Dr. K... berücksichtigt worden sei. Den Abrechnungen des ZAR Ludwigshafen sei zu entnehmen, dass zum Teil im täglichen Wechsel der verschiedenen Verordnungen behandelt und abgerechnet worden sei. Schließlich werde davon ausgegangen, dass sich die erfolgte Behandlung wegen der ursprünglich ausgestellten Verordnung des Dr. S... auf das rechte Knie bezogen habe, weshalb die jetzige Erweiterung auf das linke Knie nicht anerkannt werden könne.
Am 11.10.2011 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen geltend macht: Aus den im Widerspruchsverfahren zulässigerweise nachgereichten Verordnungen ergebe sich, dass die nicht als beihilfefähig anerkannten Heilbehandlungen aufgrund gesonderter Diagnosestellung und einer eigenständigen ärztlichen Verordnung erbracht worden seien. Die Beschränkung des beihilfefähigen Höchstbetrages für Lymphdrainage auf 19,50 EUR pro Behandlung sei nicht sachgerecht. Schließlich sei der Abzug der sogenannten Kostendämpfungspauschale rechtswidrig. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 18.07.2007 - 6 A 3535/06 -, DÖD 2007, 230) habe hierzu entschieden, dass der Beamte treuwidrig gezwungen werde, zur Deckung eines Teils seines krankheitsbedingten Unterhaltsbedarfs auf Bestandteile der Besoldung zuzugreifen, die ihm für seinen nichtkrankheitsbedingten Bedarf zur Verfügung gestellt würden. Im Übrigen dürften nach § 49 Abs. 5 Nr. 5 BBhV bei Heilmitteln keine zusätzlichen Einbehalte verlangt werden, wenn bereits vom Bundesministerium des Innern beihilfefähige Höchstbeträge festgesetzt worden seien.
Die Klägerin beantragt,
ihr auf ihren Antrag vom 24.02.2011 eine weitere Beihilfe in Höhe von 688,50 EUR zuzüglich Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2011 zu gewähren und den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 11.03.2011 und dessen Widerspruchsbescheid vom 16.09.2011 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
10 
die Klage abzuweisen.
11 
Zur Begründung weist er auf die in den Bescheiden enthaltenen Ausführungen. Ergänzend macht er geltend, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2003 - 2 C 24/02 -, DÖD 2004, 82) die Einführung einer Kostendämpfungspauschale weder gegen Art. 33 Abs. 5 GG verstoße noch unter den Gesichtspunkten der Fürsorgepflicht und des Alimentationsprinzips Bedenken unterliege, dass der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urteil vom 09.05.1995 - 4 S 667/93 -, NVw-Z-RR 1996, 586) die Rechtsgültigkeit der baden-württembergischen Kostendämpfungspauschale bestätigt habe, und dass das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 02.10.2007 - 2 BvR 1715/03 u. a. -, NVwZ 2008, 66) die Verfassungsbeschwerden gegen die niedersächsische Kostendämpfungspauschale mangels Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen habe.
12 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung und die der Kammer vorliegende Beihilfeakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe zu den mit Antrag vom 24.02.2011 geltend gemachten Aufwendungen für physiotherapeutische Behandlungen nicht zu. Der Bescheid des Landesamts vom 11.03.2011 ist, soweit er hierfür eine Beihilfe versagt, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
14 
Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die der Klägerin von Dr. K... verordnete „10 x KG“ und „10 x Manuelle Therapie“ beziehungsweise von Dr. S... verordnete „20 x KG“ hat das Landesamt zu Recht nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung verneint, da diese Leistungen nicht aufgrund gesonderter Diagnosestellung erbracht worden sind. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Landesamt die Aufwendungen für die Lymphdrainage lediglich in Höhe von 195,-- EUR als beihilfefähig angesehen hat.
15 
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Aufwendungen für aus Anlass einer Krankheit von Ärzten schriftlich begründet verordnete Heilbehandlungen sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung beihilfefähig. Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung wiederum verweist hinsichtlich der Voraussetzungen, Beschränkungen und Höchstbeträge für Heilbehandlungen auf Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung. Diese trägt in der hier maßgeblichen Fassung vom 13.02.2009 (BGBl. I S. 326, 354) den Titel „Höchstbeträge für die Angemessenheit der Aufwendungen für Heilmittel und Voraussetzungen für bestimmte Heilmittel“, setzt unter II. für Krankengymnastik und Bewegungsübungen sowie unter III. für Massagen Höchstbeträge fest und beinhaltet die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12. Danach sind Leistungen der Nummern 4 bis 6 (krankengymnastische Behandlungen), 10 (Bewegungsübungen), 12 (manuelle Therapie) und 18 (Massagen) des Verzeichnisses neben der gerätegestützten Krankengymnastik nur beihilfefähig, wenn sie aufgrund gesonderter Diagnosestellung und einer eigenständigen ärztlichen Verordnung erbracht werden. Für die manuelle Lymphdrainage nach Dr. Vodder wird in der laufenden Nummer 19 Buchst. a („Teilbehandlung, 30 Minuten“) ein beihilfefähiger Höchstbetrag von 19,50 EUR festgesetzt.
16 
In Anwendung dieser Vorschriften steht der Klägerin ein Anspruch auf weitere Beihilfe zu den Aufwendungen für die ihr verordneten Heilbehandlungen nicht zu. Wie das Landesamt zu Recht angenommen hat, kann sie lediglich Beihilfe zu Aufwendungen in Höhe von 545,-- EUR für „10 x KG am Gerät“ (350,-- EUR) und „10 x Lymphdrainage“ (195,-- EUR) beziehungsweise von 700,-- EUR für „20 x Gerätetraining“ beanspruchen. Der Beklagte hat die Aufwendungen dem Leistungsverzeichnis in Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung zutreffend folgendermaßen zugeordnet: krankengymnastische Behandlung entsprechend Nummer 4, manuelle Therapie entsprechend Nummer 12, gerätegestützte Krankengymnastik entsprechend Nummer 15 und manuelle Lymphdrainage nach Dr. Vodder entsprechend Nummer 19 Buchst. a. Nach dem eindeutigen Normtext der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung, zu dem auch die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12 zählt, ist die Gewährung von Beihilfe zu den krankengymnastischen Behandlungen (Nr. 4) und zu manueller Therapie (Nr. 12) neben der jeweils verordneten gerätegestützten Krankengymnastik (Nr. 15) ausgeschlossen.
17 
Die Kammer versteht die Fußnote 12 dergestalt, dass es für jede der genannten Heilbehandlungen einer eigenständigen ärztlichen Verordnung und einer speziellen Diagnose bedarf, und dass beides im Zeitpunkt der Vornahme der Heilbehandlung vorliegen muss. Dies ergibt sich nicht nur aus dem eindeutigen Wortlaut der Regelung, wonach die Leistungen „aufgrund“ gesonderter Diagnosestellung und eigenständiger ärztlicher Verordnung erbracht werden müssen, die jeweilige Diagnose, ärztliche Verordnung und Heilbehandlung also kausal miteinander verknüpft werden. Auch eine am Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung führt zwingend auf dieses Normverständnis. Der Physiotherapeut kann Behandlungsmaßnahmen nur so durchführen, wie es ihm vom behandelnden Arzt im Wege der Verordnung vorgegeben wird. Um zu gewährleisten, dass eine Heilbehandlung fachgerecht durchgeführt und das anzustrebende Behandlungsergebnis möglichst effektiv erreicht wird, muss ihm deshalb das Behandlungsziel im Behandlungszeitpunkt bekannt sein. Dies setzt voraus, dass die ihm vorzulegende ärztliche Verordnung nicht nur die Behandlungsmaßnahme, sondern auch die zugehörige Diagnose erkennen lässt. Werden neben der gerätegestützten Krankengymnastik ähnliche Therapieleistungen verordnet, die jedoch eine unterschiedliche Zielrichtung haben sollen, hat der behandelnde Arzt dies durch eine vor Behandlungsbeginn für jede Heilbehandlung gesondert gestellte Diagnose deutlich zu machen (ebenso VG Aachen, Urteil vom 05.03.2009 - 7 K 1948/08 -, juris Rn. 33).
18 
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für „10 x KG“ (200,-- EUR) und „10 x Manuelle Therapie“ (250,-- EUR) sowie „20 x KG“ (400,-- EUR) nicht erfüllt. Denn die zu den Behandlungszeitpunkten vorliegenden Verordnungen des Dr. K... vom 28.10.2010 und des Dr. S... vom 03.11.2010 enthielten bezüglich dieser jeweils neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Therapieleistungen unstreitig jeweils nur die einheitlichen Diagnosen „Knie-TEP re.“ beziehungsweise „Beugedefizit nach K-TEP“. Eine nachträgliche Korrektur seitens der behandelnden Ärzte durch Neuausstellung der Verordnungen oder sonstige Nachholung der bislang fehlenden gesonderten Diagnosestellung kommt auf Grundlage des dargestellten Normverständnisses nach Durchführung der verordneten Behandlungsmaßnahmen nicht (mehr) in Betracht (ebenso VG Aachen, Urteil vom 05.03.2009, a.a.O.). Die im Widerspruchsverfahren vorgelegten neu ausgestellten Verordnungen sind daher ungeachtet dessen, ob sich aus ihnen für jede der verordneten Leistungen eine gesonderte Diagnosestellung ergibt, von vornherein unbeachtlich. Die auf die Vernehmung der behandelnden Ärzte sowie die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisanträge des Prozessbevollmächtigten der Klägerin waren - wie aus der Niederschrift ersichtlich - wegen rechtlicher Unerheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen abzulehnen.
19 
Die nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung durch Verweis auf die Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit von bestimmten neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Therapieleistungen ist ebenso wie die Höchstbetragsregelung für die manuelle Lymphdrainage mit höherrangigem Recht vereinbar. Beide pauschalierenden Regelungen verfolgen frei von Rechtsfehlern den Zweck, die Angemessenheit der im Einzelfall angefallenen Vergütungsansprüche festzustellen.
20 
Nach § 78 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes (LBG) besteht unter anderem für Beamte ein gesetzlicher Beihilfeanspruch. Durch die Beihilfegewährung erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen. Das Nähere ist nach § 78 Abs. 2 Satz 1 LBG vom Finanz- und Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung zu regeln, wobei die gesetzlichen Vorgaben in § 78 Abs. 2 Satz 2 bis 4 LBG zu beachten sind. Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LBG ist in der Beihilfeverordnung insbesondere zu bestimmen, welche Aufwendungen beihilfefähig sind; nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LBG ist ferner zu bestimmen, wie die Beihilfe zu bemessen ist, wobei sie nach § 78 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 LBG die notwendigen und angemessenen Aufwendungen unter Berücksichtigung der Eigenvorsorge und zumutbarer Selbstbehalte decken soll. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung ergeben sich außer den genannten Vorgaben in § 78 Abs. 2 Satz 2 bis 4 LBG aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dies schließt, wie sich schon aus § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 Halbsatz 2 LBG ergibt, die Verneinung oder Begrenzung von Beihilfe für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen ein, sofern die einschränkenden Regelungen weder die Fürsorgepflicht in ihrem Kern verletzen noch gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Der Charakter der Beihilfe als einer lediglich ergänzenden Hilfeleistung belässt dem Dienstherrn dabei einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise der speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann. Härten und Nachteile, die sich hieraus im Einzelfall ergeben, müssen von den Beihilfeberechtigten grundsätzlich hingenommen werden (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006 - 4 S 101/05 -, VBlBW 2007, 263 m.w.N.).
21 
Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit von bestimmten neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Therapieleistungen und die getroffene Höchstbe-tragsregelung für die manuelle Lymphdrainage halten sich im Rahmen des dem Ver-ordnungsgeber eingeräumten Spielraums.
22 
Die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12 der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung zielt erkennbar darauf ab, die Doppelabrechnung derselben Leistung oder eine Zuvielbehandlung zu verhindern (ebenso VG Aachen, Urteil vom 05.03.2009, a.a.O.). Der Verordnungsgeber geht bei einer bestimmten Häufung verschiedener Leistungen zur Behandlung bezüglich einer Diagnose typisierend von einer Zuvielbehandlung aus. Die Regelung in Fußnote 12 verfolgt damit den legitimen Zweck, die Beihilfefähigkeit von Behandlungen, die ähnliche Therapieleistungen kombinieren, einzuschränken. Es liegt zudem auf der Hand, dass sich verschiedene Formen der Krankengymnastik, Bewegungsübungen und Massagen ähneln und teilweise überschneiden können, weshalb es nicht als willkürlich oder sonst fehlerhaft erscheint, dass der Verordnungsgeber die Beihilfefähigkeit mehrerer solcher Leistungen, die nebeneinander erbracht werden, pauschalierend an das zusätzliche Erfordernis einer vor Behandlungsbeginn gestellten gesonderten Diagnose für jede Leistung knüpft (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 20.06.2013 - 6 K 535/12 -).
23 
Die in der laufenden Nummer 19 Buchst. a vorgesehene Höchstbetragsregelung für die manuelle Lymphdrainage wiederum trägt dem Umstand Rechnung, dass eine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass einer Gebührenordnung für die selbständig tätigen Angehörigen der Heilhilfsberufe nicht besteht. Es fehlt deshalb an einem Maßstab, die Angemessenheit der im Einzelfall angefallenen Vergütungsansprüche zweifelsfrei festzustellen. Dem wird durch das in Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung enthaltene Leistungsverzeichnis für ärztlich verordnete Heilbehandlungen abgeholfen. Dieses Leistungsverzeichnis ist mit dem Zentralverband der Krankengymnasten abgestimmt und bietet die Gewähr einer zwar pauschalen, aber nach der Maßgabe von Durchschnittswerten ausreichend an den tatsächlichen Verhältnissen orientierten Regelung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.07.1994 - 4 S 2106/93 -, IÖD 1995, 72).
24 
Eine generelle Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht vermag die Kammer ebenfalls nicht festzustellen. Allenfalls ihrer Art oder Höhe nach unzumutbare Belastungen beziehungsweise erhebliche Aufwendungen, die für den Beamten unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann, können den Wesenskern der Fürsorgepflicht berühren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006, a.a.O. m.w.N.). Dies trifft auf die in Rede stehenden Aufwendungen ersichtlich nicht zu. Zum einen werden die Kosten aller in Fußnote 12 genannten Leistungen bei Vorliegen einer gesonderten Diagnose und eigenständigen ärztlichen Verordnung für jede Leistung vor Behandlungsbeginn vom Dienstherrn übernommen, weshalb die Gefahr, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie gefährdet wird, nicht besteht. Zum anderen erreichen die wegen der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Höchstbetragsregelungen vom Beamten selbst zu tragenden Aufwendungen regelmäßig - so auch hier - kein Ausmaß, das eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung mit sich bringen könnte.
25 
Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landesamt vom errechneten Beihilfeanspruch der Klägerin eine Kostendämpfungspauschale in Höhe von 90,-- EUR in Abzug gebracht hat. Die Kürzung der Beihilfe beruht auf § 15 Abs. 1 BVO in der hier maßgeblichen Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66). Danach wird die Beihilfe vor Anwendung von § 15 Abs. 2 bis 4 BVO um eine Kostendämpfungspauschale für jedes Kalenderjahr gekürzt, in dem beihilfefähige Aufwendungen in Rechnung gestellt sind; der Betrag ist unabhängig von der Fortdauer der Beihilfeberechtigung, die Höhe richtet sich nach der Besoldungsgruppe, nach der die laufenden Bezüge bei Rechnungsstellung bemessen sind. Für die Klägerin war nach § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO - wie geschehen - ein Betrag von 90,-- EUR anzusetzen. Die Einführung der nach Besoldungsstufen abgestuften Kostendämpfungspauschale verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Sie genügt dem Gesetzesvorbehalt, obwohl es sich um Ver-ordnungsrecht handelt; denn der Landtag hat § 15 BVO im Rahmen von Artikelgesetzen durch formelles Gesetz erlassen und geändert und damit für den Inhalt der Vorschrift die volle Verantwortung übernommen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.06.2013 - 2 S 887/13 -, VBlBW 2013, 427 [zu § 6a BVO]). Im Übrigen macht sich die Kammer vollumfänglich die zur vergleichbaren Rechtslage in Nordrhein-Westfalen ergangenen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 20.03.2008 (- 2 C 49/07 -, NVwZ 2008, 1129) zu eigen.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. In Anwendung des § 167 Abs. 2 VwGO wird davon abgesehen, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
27 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
28 
BESCHLUSS
29 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 688,50 EUR festgesetzt.
30 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
13 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe zu den mit Antrag vom 24.02.2011 geltend gemachten Aufwendungen für physiotherapeutische Behandlungen nicht zu. Der Bescheid des Landesamts vom 11.03.2011 ist, soweit er hierfür eine Beihilfe versagt, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
14 
Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die der Klägerin von Dr. K... verordnete „10 x KG“ und „10 x Manuelle Therapie“ beziehungsweise von Dr. S... verordnete „20 x KG“ hat das Landesamt zu Recht nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung verneint, da diese Leistungen nicht aufgrund gesonderter Diagnosestellung erbracht worden sind. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Landesamt die Aufwendungen für die Lymphdrainage lediglich in Höhe von 195,-- EUR als beihilfefähig angesehen hat.
15 
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Aufwendungen für aus Anlass einer Krankheit von Ärzten schriftlich begründet verordnete Heilbehandlungen sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung beihilfefähig. Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung wiederum verweist hinsichtlich der Voraussetzungen, Beschränkungen und Höchstbeträge für Heilbehandlungen auf Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung. Diese trägt in der hier maßgeblichen Fassung vom 13.02.2009 (BGBl. I S. 326, 354) den Titel „Höchstbeträge für die Angemessenheit der Aufwendungen für Heilmittel und Voraussetzungen für bestimmte Heilmittel“, setzt unter II. für Krankengymnastik und Bewegungsübungen sowie unter III. für Massagen Höchstbeträge fest und beinhaltet die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12. Danach sind Leistungen der Nummern 4 bis 6 (krankengymnastische Behandlungen), 10 (Bewegungsübungen), 12 (manuelle Therapie) und 18 (Massagen) des Verzeichnisses neben der gerätegestützten Krankengymnastik nur beihilfefähig, wenn sie aufgrund gesonderter Diagnosestellung und einer eigenständigen ärztlichen Verordnung erbracht werden. Für die manuelle Lymphdrainage nach Dr. Vodder wird in der laufenden Nummer 19 Buchst. a („Teilbehandlung, 30 Minuten“) ein beihilfefähiger Höchstbetrag von 19,50 EUR festgesetzt.
16 
In Anwendung dieser Vorschriften steht der Klägerin ein Anspruch auf weitere Beihilfe zu den Aufwendungen für die ihr verordneten Heilbehandlungen nicht zu. Wie das Landesamt zu Recht angenommen hat, kann sie lediglich Beihilfe zu Aufwendungen in Höhe von 545,-- EUR für „10 x KG am Gerät“ (350,-- EUR) und „10 x Lymphdrainage“ (195,-- EUR) beziehungsweise von 700,-- EUR für „20 x Gerätetraining“ beanspruchen. Der Beklagte hat die Aufwendungen dem Leistungsverzeichnis in Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung zutreffend folgendermaßen zugeordnet: krankengymnastische Behandlung entsprechend Nummer 4, manuelle Therapie entsprechend Nummer 12, gerätegestützte Krankengymnastik entsprechend Nummer 15 und manuelle Lymphdrainage nach Dr. Vodder entsprechend Nummer 19 Buchst. a. Nach dem eindeutigen Normtext der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung, zu dem auch die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12 zählt, ist die Gewährung von Beihilfe zu den krankengymnastischen Behandlungen (Nr. 4) und zu manueller Therapie (Nr. 12) neben der jeweils verordneten gerätegestützten Krankengymnastik (Nr. 15) ausgeschlossen.
17 
Die Kammer versteht die Fußnote 12 dergestalt, dass es für jede der genannten Heilbehandlungen einer eigenständigen ärztlichen Verordnung und einer speziellen Diagnose bedarf, und dass beides im Zeitpunkt der Vornahme der Heilbehandlung vorliegen muss. Dies ergibt sich nicht nur aus dem eindeutigen Wortlaut der Regelung, wonach die Leistungen „aufgrund“ gesonderter Diagnosestellung und eigenständiger ärztlicher Verordnung erbracht werden müssen, die jeweilige Diagnose, ärztliche Verordnung und Heilbehandlung also kausal miteinander verknüpft werden. Auch eine am Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung führt zwingend auf dieses Normverständnis. Der Physiotherapeut kann Behandlungsmaßnahmen nur so durchführen, wie es ihm vom behandelnden Arzt im Wege der Verordnung vorgegeben wird. Um zu gewährleisten, dass eine Heilbehandlung fachgerecht durchgeführt und das anzustrebende Behandlungsergebnis möglichst effektiv erreicht wird, muss ihm deshalb das Behandlungsziel im Behandlungszeitpunkt bekannt sein. Dies setzt voraus, dass die ihm vorzulegende ärztliche Verordnung nicht nur die Behandlungsmaßnahme, sondern auch die zugehörige Diagnose erkennen lässt. Werden neben der gerätegestützten Krankengymnastik ähnliche Therapieleistungen verordnet, die jedoch eine unterschiedliche Zielrichtung haben sollen, hat der behandelnde Arzt dies durch eine vor Behandlungsbeginn für jede Heilbehandlung gesondert gestellte Diagnose deutlich zu machen (ebenso VG Aachen, Urteil vom 05.03.2009 - 7 K 1948/08 -, juris Rn. 33).
18 
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für „10 x KG“ (200,-- EUR) und „10 x Manuelle Therapie“ (250,-- EUR) sowie „20 x KG“ (400,-- EUR) nicht erfüllt. Denn die zu den Behandlungszeitpunkten vorliegenden Verordnungen des Dr. K... vom 28.10.2010 und des Dr. S... vom 03.11.2010 enthielten bezüglich dieser jeweils neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Therapieleistungen unstreitig jeweils nur die einheitlichen Diagnosen „Knie-TEP re.“ beziehungsweise „Beugedefizit nach K-TEP“. Eine nachträgliche Korrektur seitens der behandelnden Ärzte durch Neuausstellung der Verordnungen oder sonstige Nachholung der bislang fehlenden gesonderten Diagnosestellung kommt auf Grundlage des dargestellten Normverständnisses nach Durchführung der verordneten Behandlungsmaßnahmen nicht (mehr) in Betracht (ebenso VG Aachen, Urteil vom 05.03.2009, a.a.O.). Die im Widerspruchsverfahren vorgelegten neu ausgestellten Verordnungen sind daher ungeachtet dessen, ob sich aus ihnen für jede der verordneten Leistungen eine gesonderte Diagnosestellung ergibt, von vornherein unbeachtlich. Die auf die Vernehmung der behandelnden Ärzte sowie die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisanträge des Prozessbevollmächtigten der Klägerin waren - wie aus der Niederschrift ersichtlich - wegen rechtlicher Unerheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen abzulehnen.
19 
Die nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung durch Verweis auf die Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit von bestimmten neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Therapieleistungen ist ebenso wie die Höchstbetragsregelung für die manuelle Lymphdrainage mit höherrangigem Recht vereinbar. Beide pauschalierenden Regelungen verfolgen frei von Rechtsfehlern den Zweck, die Angemessenheit der im Einzelfall angefallenen Vergütungsansprüche festzustellen.
20 
Nach § 78 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes (LBG) besteht unter anderem für Beamte ein gesetzlicher Beihilfeanspruch. Durch die Beihilfegewährung erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen. Das Nähere ist nach § 78 Abs. 2 Satz 1 LBG vom Finanz- und Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung zu regeln, wobei die gesetzlichen Vorgaben in § 78 Abs. 2 Satz 2 bis 4 LBG zu beachten sind. Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LBG ist in der Beihilfeverordnung insbesondere zu bestimmen, welche Aufwendungen beihilfefähig sind; nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LBG ist ferner zu bestimmen, wie die Beihilfe zu bemessen ist, wobei sie nach § 78 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 LBG die notwendigen und angemessenen Aufwendungen unter Berücksichtigung der Eigenvorsorge und zumutbarer Selbstbehalte decken soll. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung ergeben sich außer den genannten Vorgaben in § 78 Abs. 2 Satz 2 bis 4 LBG aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dies schließt, wie sich schon aus § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 Halbsatz 2 LBG ergibt, die Verneinung oder Begrenzung von Beihilfe für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen ein, sofern die einschränkenden Regelungen weder die Fürsorgepflicht in ihrem Kern verletzen noch gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Der Charakter der Beihilfe als einer lediglich ergänzenden Hilfeleistung belässt dem Dienstherrn dabei einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise der speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann. Härten und Nachteile, die sich hieraus im Einzelfall ergeben, müssen von den Beihilfeberechtigten grundsätzlich hingenommen werden (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006 - 4 S 101/05 -, VBlBW 2007, 263 m.w.N.).
21 
Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit von bestimmten neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Therapieleistungen und die getroffene Höchstbe-tragsregelung für die manuelle Lymphdrainage halten sich im Rahmen des dem Ver-ordnungsgeber eingeräumten Spielraums.
22 
Die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12 der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung zielt erkennbar darauf ab, die Doppelabrechnung derselben Leistung oder eine Zuvielbehandlung zu verhindern (ebenso VG Aachen, Urteil vom 05.03.2009, a.a.O.). Der Verordnungsgeber geht bei einer bestimmten Häufung verschiedener Leistungen zur Behandlung bezüglich einer Diagnose typisierend von einer Zuvielbehandlung aus. Die Regelung in Fußnote 12 verfolgt damit den legitimen Zweck, die Beihilfefähigkeit von Behandlungen, die ähnliche Therapieleistungen kombinieren, einzuschränken. Es liegt zudem auf der Hand, dass sich verschiedene Formen der Krankengymnastik, Bewegungsübungen und Massagen ähneln und teilweise überschneiden können, weshalb es nicht als willkürlich oder sonst fehlerhaft erscheint, dass der Verordnungsgeber die Beihilfefähigkeit mehrerer solcher Leistungen, die nebeneinander erbracht werden, pauschalierend an das zusätzliche Erfordernis einer vor Behandlungsbeginn gestellten gesonderten Diagnose für jede Leistung knüpft (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 20.06.2013 - 6 K 535/12 -).
23 
Die in der laufenden Nummer 19 Buchst. a vorgesehene Höchstbetragsregelung für die manuelle Lymphdrainage wiederum trägt dem Umstand Rechnung, dass eine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass einer Gebührenordnung für die selbständig tätigen Angehörigen der Heilhilfsberufe nicht besteht. Es fehlt deshalb an einem Maßstab, die Angemessenheit der im Einzelfall angefallenen Vergütungsansprüche zweifelsfrei festzustellen. Dem wird durch das in Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung enthaltene Leistungsverzeichnis für ärztlich verordnete Heilbehandlungen abgeholfen. Dieses Leistungsverzeichnis ist mit dem Zentralverband der Krankengymnasten abgestimmt und bietet die Gewähr einer zwar pauschalen, aber nach der Maßgabe von Durchschnittswerten ausreichend an den tatsächlichen Verhältnissen orientierten Regelung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.07.1994 - 4 S 2106/93 -, IÖD 1995, 72).
24 
Eine generelle Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht vermag die Kammer ebenfalls nicht festzustellen. Allenfalls ihrer Art oder Höhe nach unzumutbare Belastungen beziehungsweise erhebliche Aufwendungen, die für den Beamten unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann, können den Wesenskern der Fürsorgepflicht berühren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006, a.a.O. m.w.N.). Dies trifft auf die in Rede stehenden Aufwendungen ersichtlich nicht zu. Zum einen werden die Kosten aller in Fußnote 12 genannten Leistungen bei Vorliegen einer gesonderten Diagnose und eigenständigen ärztlichen Verordnung für jede Leistung vor Behandlungsbeginn vom Dienstherrn übernommen, weshalb die Gefahr, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie gefährdet wird, nicht besteht. Zum anderen erreichen die wegen der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Höchstbetragsregelungen vom Beamten selbst zu tragenden Aufwendungen regelmäßig - so auch hier - kein Ausmaß, das eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung mit sich bringen könnte.
25 
Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landesamt vom errechneten Beihilfeanspruch der Klägerin eine Kostendämpfungspauschale in Höhe von 90,-- EUR in Abzug gebracht hat. Die Kürzung der Beihilfe beruht auf § 15 Abs. 1 BVO in der hier maßgeblichen Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66). Danach wird die Beihilfe vor Anwendung von § 15 Abs. 2 bis 4 BVO um eine Kostendämpfungspauschale für jedes Kalenderjahr gekürzt, in dem beihilfefähige Aufwendungen in Rechnung gestellt sind; der Betrag ist unabhängig von der Fortdauer der Beihilfeberechtigung, die Höhe richtet sich nach der Besoldungsgruppe, nach der die laufenden Bezüge bei Rechnungsstellung bemessen sind. Für die Klägerin war nach § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO - wie geschehen - ein Betrag von 90,-- EUR anzusetzen. Die Einführung der nach Besoldungsstufen abgestuften Kostendämpfungspauschale verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Sie genügt dem Gesetzesvorbehalt, obwohl es sich um Ver-ordnungsrecht handelt; denn der Landtag hat § 15 BVO im Rahmen von Artikelgesetzen durch formelles Gesetz erlassen und geändert und damit für den Inhalt der Vorschrift die volle Verantwortung übernommen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.06.2013 - 2 S 887/13 -, VBlBW 2013, 427 [zu § 6a BVO]). Im Übrigen macht sich die Kammer vollumfänglich die zur vergleichbaren Rechtslage in Nordrhein-Westfalen ergangenen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 20.03.2008 (- 2 C 49/07 -, NVwZ 2008, 1129) zu eigen.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. In Anwendung des § 167 Abs. 2 VwGO wird davon abgesehen, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
27 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
28 
BESCHLUSS
29 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 688,50 EUR festgesetzt.
30 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Dezember 2004 - 17 K 3752/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Beihilfefähigkeit des Arzneimittels Cialis.
Der im Jahre 1952 geborene Kläger beantragte unter dem 14.04.2004 die Gewährung von Beihilfe unter anderem zu Aufwendungen in Höhe von 144,42 EUR für das Medikament Cialis nach Rezepten vom 29.01.2004, 20.02.2004 und 16.04.2004. Insoweit wurde sein Antrag mit Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 27.04.2004 mit dem Hinweis abgelehnt, dass Aufwendungen für Mittel, die zur Potenzsteigerung verordnet würden, nicht beihilfefähig seien; würden potenzsteigernde Präparate zur Behandlung anderer Krankheiten als der erektilen Dysfunktion verordnet, so müsse dies vom Arzt unter Angabe der Diagnose entsprechend bescheinigt werden. Mit seinem Widerspruch legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung vom 03.03.2004 vor, wonach bei ihm eine Hyperprolaktinämie gegeben sei; es sei daher von einer überwiegend organischen Genese der erektilen Dysfunktion auszugehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2004 wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung den Widerspruch zurück.
Auf die hiergegen am 23.09.2004 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten mit Urteil vom 08.12.2004 - 17 K 3752/04 - unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger auf den Antrag vom 14.04.2004 weitere Beihilfe in Höhe von 101,09 EUR zu gewähren. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO, wonach unter anderem Aufwendungen für Mittel, die zur Potenzsteigerung verordnet seien, nicht beihilfefähig seien, unwirksam sei. Der Ausschluss verstoße gegen die für die Gewährung von Beihilfe aufgestellten Grundsätze, wie sie im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2002 zum Ausdruck kämen. Danach werde der Wesenskern der Fürsorgepflicht dann berührt, wenn ein Mittel existenzielle Bedeutung habe oder notwendig sei, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können. Diese Voraussetzungen ergäben sich aus der Bedeutung der Sexualität für den Menschen, insbesondere innerhalb der Familie, die dort zum Alltäglichen gehöre. Wenn aber die Ausnahmevorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO keinen Bestand haben könne, gelte wieder die Regel des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO, aufgrund derer die Aufwendungen des Klägers beihilfefähig seien.
Gegen dieses ihm am 28.12.2004 zugestellte Urteil hat das beklagte Land am 05.01.2005 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Es macht geltend, der Ausschluss der Beihilfegewährung zu Aufwendungen für Mittel zur Potenzsteigerung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere verletze die Regelung nicht die Fürsorgepflicht des Dienstherrn in ihrem Wesenskern. Bei der vom Verwaltungsgericht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2002 zitierten Passage handle es sich nicht um eine tragende Ausführung; in dem zitierten Urteil sei eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht abgelehnt worden. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur existenziellen Bedeutung bzw. zur Notwendigkeit für wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bezögen sich auf die Beihilfefähigkeit von Hilfsmitteln oder Ersatzstücken. Jedenfalls der Begriff der „Verrichtungen“ treffe im vorliegenden Fall auch nicht zu; die Voraussetzungen für eine „existenzielle Bedeutung“ lägen ebenso wenig vor. Das Medikament diene (lediglich) dazu, eine normale, aber nicht überlebenswichtige Körperfunktion zeitweise wiederherzustellen. Auch unabhängig von der unzutreffenderweise herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verstoße der Ausschluss potenzsteigernder Mittel nicht gegen den Wesenskern der Fürsorgepflicht. Das erstinstanzliche Urteil setze sich mit der finanziellen Belastung, die mit dem Ausschluss potenzsteigernder Mittel von der Beihilfe einhergehe, nicht auseinander. Es sei nicht ersichtlich, dass die Aufwendungen, um die es hier gehe, den Kläger wirtschaftlich so in Bedrängnis gebracht hätten, dass eine amtsangemessene Lebensführung für ihn und seine Familie nicht mehr gewährleistet wäre. Die Höhe der hier streitigen Aufwendungen zeige eindeutig, dass die Grenze der zumutbaren Eigenbelastung nicht überschritten sei, also keine finanzielle Härte bejaht werden könne. Auch über den speziellen Fall hinausgehend sei nicht ersichtlich, dass eine von den Beihilfeberechtigten nicht mehr zu verkraftende, unzumutbare wirtschaftliche Situation durch den Ausschluss potenzsteigernder Mittel von der Beihilfegewährung eintreten könnte. Hinzu komme, dass das Verwaltungsgericht es unzutreffenderweise unterlasse, zu überprüfen, inwieweit es sich bei potenzsteigernden Mitteln um solche handle, die dem Bereich der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen seien, und ein Rückgriff auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn daher ohnehin ausscheide. Denn potenzsteigernde Mittel unterschieden sich erheblich von anderen Arzneimitteln und würden vielfach den sogenannten „Lifestyle-Produkten“ zugerechnet. Sie würden nur im zeitlichen Zusammenhang mit dem Geschlechtsverkehr angewandt. Die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs und damit die Anwendung dieser Präparate sei somit nicht abhängig von krankheitsbedingten Gegebenheiten, sondern von nicht objektivierbaren persönlichen Bedürfnissen des Einzelnen. Ein Verstoß gegen sonstiges höherrangiges Recht sei nicht ersichtlich, insbesondere liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht vor.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. Dezember 2004 - 17 K 3752/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, dass seine Bezüge bei weitem nicht ausreichten, um die Eigenbelastungen abzudecken. Er habe eine vierköpfige Familie zu versorgen, beide Kinder seien noch in Ausbildung. Seit Jahren sei es nicht möglich, Rücklagen zu bilden und in Urlaub zu fahren. Die Eigenbelastung mit den Kosten für das Medikament Cialis würde eine angemessene allgemeine Lebenshaltung deutlich einschränken.
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
10 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat das beklagte Land zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe für das Arzneimittel Cialis zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Cialis ist nach der Beihilfeverordnung des Landes Baden-Württemberg von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Dieser Ausschluss ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
11 
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfen verlangt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17, m.w.N.). Hinsichtlich der hier anzuwendenden Bestimmungen sind keine abweichenden Regelungen getroffen. Nach § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 20.02.2003 (GBl. S. 125) - Beihilfeverordnung - BVO - sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig u.a. die Aufwendungen für nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel. Nach Satz 2 sind nicht beihilfefähig Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, sowie für Mittel, die zur Empfängnisverhütung oder Potenzsteigerung verordnet sind.
12 
Zu den letztgenannten Mitteln zählt das dem Kläger verordnete Arzneimittel „Cialis“. „Cialis“ enthält den Wirkstoff Tadalafil und wird ausweislich des Beipackzettels zur Behandlung von Männern mit erektiler Dysfunktion angewendet. In den Anwendungshinweisen heißt es: „Cialis gehört zu einer Gruppe von Arzneimitteln, die „Phosphodiesterase 5 Inhibitoren“ genannt werden. Nach einer sexuellen Stimulierung hilft Cialis, die Blutgefäße in Ihrem Penis zu entspannen, wodurch ein Blutstrom in Ihren Penis ermöglicht wird. Das Ergebnis ist eine verbesserte Erektion. Cialis wird Ihnen nicht helfen, wenn Sie nicht unter einer erektilen Dysfunktion leiden. Es ist wichtig zu beachten, dass Cialis ohne eine sexuelle Stimulation nicht wirkt.“ Danach kann nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei Cialis um ein Mittel zur Potenzsteigerung handelt, das dem Kläger auch zu diesem Zweck verordnet worden ist. Einen anderen Anwendungsbereich hat er selbst nicht benannt.
13 
Der generelle Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Mitteln, die zur Potenzsteigerung verordnet sind, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
14 
Die verordnungsrechtliche Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO beruht auf § 101 Satz 2 LBG und ist in Einklang mit Art. 61 Abs. 1 der Landesverfassung (LVerf) und unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben in § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 LBG erfolgt. Nach § 101 Satz 3 Nr. 2 LBG ist in der Beihilfeverordnung insbesondere zu bestimmen, welche Aufwendungen beihilfefähig sind; nach Satz 3 Nr. 4 LBG ist ferner zu bestimmen, wie die Beihilfe zu bemessen ist, wobei sie die notwendigen und angemessenen Aufwendungen unter Berücksichtigung der Eigenvorsorge und zumutbarer Selbstbehalte decken soll. Diese Ermächtigung umfasst grundsätzlich auch den Ausschluss oder die Begrenzung von Beihilfe für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 22.02.1995 - 4 S 642/94 -, IÖD 1995, 128, und Senatsurteil vom 24.03.1994 - 4 S 2953/93 -, ESVGH 44, 316; BVerwG, Beschluss vom 03.03.1989, Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 6).
15 
Von der danach eingeräumten Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Die getroffene Ausschlussregelung verstößt nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG), insbesondere nicht gegen die gesetzliche Fürsorgepflicht (§ 98 LBG) des Dienstherrn, die der Beklagte zugunsten des Klägers beachten muss.
16 
Art. 33 Abs. 5 GG schützt nur jenen Kernbestand von Strukturprinzipien der Institution des Berufsbeamtentums, die allgemein oder doch überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind. Hierzu gehören das Alimentationsprinzip, das den Dienstherrn verpflichtet, dem Beamten und seiner Familie amtsangemessenen Unterhalt zu leisten, und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Nicht dazu zählt jedoch das gegenwärtige System der Beihilfegewährung, da es sich erst in jüngerer Zeit herausgebildet hat. Es könnte daher geändert werden, ohne dass Art. 33 Abs. 5 GG berührt würde. Demgemäß besteht auch keine spezielle verfassungsrechtliche Verpflichtung, den Beamten und Versorgungsempfängern für Krankheitsfälle u.ä. Unterstützung gerade in Form von Beihilfen im Sinne der Beihilfevorschriften oder gar von solchen Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, BVerfGE 83, 89, m.w.N., und Beschluss vom 07.11.2002, BVerfGE 106, 225).
17 
Es ist in erster Linie Sache des Dienstherrn, für einzelne Regelungsbereiche die ihm aus der Fürsorgepflicht dem Beamten gegenüber obliegenden Verpflichtungen durch Gesetze, Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften zu konkretisieren. Bei der Ausfüllung des ihm hierbei zustehenden weiten Gestaltungsspielraums (BVerfG, Beschluss vom 11.06.1958, BVerfGE 8, 1; st. Rspr.) ist er lediglich insoweit gebunden, als die beabsichtigte Regelung dem wohlverstandenen Interesse des Beamten gebührend Rechnung zu tragen hat. Was der Dienstherr dem Beamten danach im Einzelnen schuldet, lässt sich nur im Hinblick auf den jeweils zu regelnden Sachbereich bestimmen. Insoweit gilt für den dem Normgeber aus Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebenen Maßstab grundsätzlich nichts anderes als für die die Fürsorgepflicht berücksichtigende Einzelfallentscheidung des Dienstherrn. Demgemäß hat der Dienstherr Vorkehrungen zu treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- und Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er dieser Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise Genüge tut, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen (BVerfG, Beschlüsse vom 13.11.1990 und vom 07.11.2002, jeweils a.a.O.).
18 
Nach der geltenden Rechtslage erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen durch die Gewährung von Beihilfen; sie soll den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen (BVerwG, Urteile vom 11.06.1964, BVerwGE 19, 10, 12, und vom 07.10.1965, BVerwGE 22, 160, 164 f.). Die Beihilfevorschriften konkretisieren die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn in diesen Fällen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981, BVerfGE 58, 68, 76; BVerwG, Urteil vom 31.01.2002, Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1). Die danach gewährte Beihilfe ist ihrem Wesen nach eine Hilfeleistung, die zu der zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten in angemessenem Umfang hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern (BVerwG, Urteile vom 10.08.1971, Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 35, und vom 20.10.1976, BVerwGE 51, 193, 199 f.). Da die Beihilfe regelmäßig nur einen bestimmten Vomhundertsatz der aus Anlass von Krankheits-, Geburts- und Todesfällen entstehenden Aufwendungen des Beamten abdeckt, setzt sie voraus, dass der Beamte aus seinen Mitteln für die Begleichung des übrigen Teils der Aufwendungen selbst Vorsorge trifft (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.1976, a.a.O., und vom 18.06.1980, BVerwGE 60, 212, 219 f.; Entscheidung vom 25.06.1987, BVerwGE 77, 345, 347 f.). Hierfür stellt der Besoldungsgesetzgeber dem Beamten einen Alimentationsteil zur Verfügung, mit dem er den von der Beihilfe nicht abgedeckten Teil der im Krankheitsfalle zu erwartenden Aufwendungen begleichen soll (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1988, BVerfGE 79, 223, 234 f.; BVerwG, Urteile vom 21.03.1979, BVerwGE 57, 336, 338, und vom 12.06.1985, BVerwGE 71, 342, 346 f.). Die Beihilfe ergänzt somit nach der ihr zugrundeliegenden Konzeption lediglich die Alimentation des Beamten.
19 
Hat sich der Dienstherr für ein solches Beihilfesystem entschieden, muss es den Anforderungen genügen, die ihm aus der Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten erwachsen. Er muss gewährleisten, dass der Beamte oder Richter nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann (BVerfG, Beschlüsse vom 13.11.1990 und vom 07.11.2002, jeweils a.a.O.). Jedoch fordert die Fürsorgepflicht nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheits-, Geburts- und Todesfällen entstandenen Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfang (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.1980, a.a.O., und Beschluss vom 26.07.1984, Buchholz 238.911 Nr. 13 BhV 1972/1975 Nr. 5); ebenso wenig verlangt sie, dass das von der Beihilfe nicht gedeckte Risiko in jedem Falle in vollem Umfang versicherbar sein muss (BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, DÖD 2004, 82; möglicherweise enger noch Entscheidung vom 25.06.1987, BVerwGE 77, 345). Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus der in mehreren Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sinngemäß geäußerten Auffassung herleiten, die Beihilfe als eine die Eigenvorsorge ergänzende Leistung dürfe nicht ohne Rücksicht auf die vorhandenen Versicherungsmöglichkeiten ausgestaltet werden (vgl. Urteil vom 18.06.1980, und Entscheidung vom 25.06.1987, jeweils a.a.O.). Denn dies ist nicht in dem engen Sinne zu verstehen, dass das Beihilfesystem und die private Versicherung „lückenlos“ aufeinander abgestimmt sein müssten (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2003, NVwZ-RR 2004, 546).
20 
Ausgehend hiervon hat sich der Normgeber mit dem Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Mitteln, die zur Potenzsteigerung verordnet sind, im Rahmen des ihm verfassungsrechtlich eröffneten und gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren Ermessens gehalten. Der Charakter der Beihilfe als einer ergänzenden Hilfeleistung belässt dem Dienstherrn einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise dieser speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1980, BVerwGE 60, 88; Urteil vom 29.08.1996, BVerwGE 104, 24). Dieser Spielraum ermöglicht dem Dienstherrn bzw. dem für ihn handelnden Verordnungsgeber insbesondere, Mittel zur Potenzsteigerung generell von der Beihilfefähigkeit auszuschließen und mit der Erwägung dem Privatbereich zuzuordnen, dass dadurch die in Einzelfällen problematische Offenlegung des jeweiligen Krankheitsbildes nur noch erforderlich sei, wenn das Mittel zu einem anderen Zweck verordnet worden sei (so die amtliche Begründung, abgedruckt bei Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, Einleitung, Anm. 6). Diese Erwägungen sind mit Blick auf die vom Verordnungsgeber verfolgten Zwecke der Verwaltungsvereinfachung und der Kostenersparnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die schwierige Unterscheidung zwischen medizinisch notwendigen und anderen Fällen, gegebenenfalls einhergehend mit amtsärztlichen Begutachtungen, entfalle. Zudem werde mit zunehmendem Alter auch eine medizinische Ursache durch den natürlichen Alterungsprozess überlagert, ohne dass der Zeitpunkt exakt fixiert werden könne. Dies würde bei den Betroffenen regelmäßig wieder Begutachtungen erforderlich machen, die sich mutmaßlich erheblich belastend für die psychische Situation der Betroffenen auswirken dürften. Dies begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Der Verordnungsgeber verletzt seinen Gestaltungsspielraum nicht, wenn er angesichts der beschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte Leistungen von der Beihilfefähigkeit ausnimmt, die - wie hier - in erster Linie einer Steigerung der Lebensqualität jenseits lebensbedrohlicher Zustände dienen. Dies gilt um so mehr, wenn es sich um Bereiche handelt, bei denen die Übergänge zwischen krankhaften und nicht krankhaften Zuständen maßgeblich vom subjektiven Empfinden des Einzelnen abhängen (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 10.05.2005, BSGE 94, 302). Es kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die Höhe der beihilfefähigen Aufwendungen bzw. die benötigte Menge des Präparats nach der jeweiligen individuellen Lebensgestaltung richtet. Auch dies ist ein Gesichtspunkt, der bei sonstigen Arzneimitteln regelmäßig keine - jedenfalls keine entscheidende - Rolle spielt. Der Ausschluss von der Beihilfefähigkeit ist danach sachlich begründet.
21 
Eine andere Bewertung gebietet nicht der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 30.10.2003 (BVerwGE 119, 168) ausgeführt hat, dass die Aufwendungen für die Beschaffung des Medikaments „Viagra“ (das ebenfalls der Behandlung der erektilen Dysfunktion dient) beihilfefähig sein können. Das Bundesverwaltungsgericht hat in jener Entscheidung dargelegt, dass ein nach der Beihilfeverordnung gegebener Rechtsanspruch auf Beihilfe nicht durch Verwaltungsvorschriften ausgeschlossen werden könne. Darum aber geht es im vorliegenden Fall nicht, in dem der Ausschluss in der Beihilfeverordnung selbst vorgesehen ist (vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 25.02.2003 - 3 B 00.3631 -, Juris).
22 
Auch eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht vermag der Senat nicht festzustellen. Allenfalls unzumutbare Belastungen bzw. erhebliche Aufwendungen, die für den Beamten unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann, können den Wesenskern der Fürsorgepflicht berühren (vgl. dazu BVerfG, Beschlüsse vom 13.11.1990, a.a.O., und vom 16.09.1992, NVwZ 1993, 560; BVerwG, Urteil vom 21.12.2000, BVerwGE 112, 308).
23 
Unzumutbare Belastungen bzw. unausweichliche Aufwendungen in einem wertenden Sinne können bei der Behandlung schwerer oder gar lebensbedrohender Krankheiten entstehen. Der Behandlung einer solchen Krankheit dient Cialis ungeachtet des Umstands nicht, dass es sich bei der erektilen Dysfunktion, bei der es angewandt wird, um eine Krankheit im Sinne des § 6 BVO handelt, nämlich um einen regelwidrigen, von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweichenden Körper- oder Geisteszustand, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
24 
Von einer Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht kann auch im Hinblick auf die Höhe der entstehenden Kosten nicht ausgegangen werden. Dabei ist auch der oben angesprochene Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass diese sich nicht nach einer ärztlich für einen bestimmten Behandlungszeitraum vorgegebenen Dosierungsanweisung, sondern nach der jeweiligen individuellen Lebensgestaltung richten, da Cialis jeweils nur im Zusammenhang mit dem Geschlechtsverkehr angewandt wird. Jedenfalls ist bei generalisierender und typisierender Betrachtungsweise nichts dafür erkennbar, dass die Beschaffung des Medikaments eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.1980, a.a.O.) bewirken könnte. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht entscheidend, ob die für Cialis aufzubringenden Mittel 1% des Jahresnettoeinkommens übersteigen können (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, a.a.O.). Dem Kläger verbleibt im Übrigen ein Aufwand, der nicht höher ist als der, welcher auch den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zugemutet wird (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2005, a.a.O.).
25 
Eine andere Bewertung ist auch mit Blick auf das vom Verwaltungsgericht herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2002 (a.a.O.) nicht gerechtfertigt. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, die Beihilfefähigkeit der Kosten einer Perücke berühre nicht den Wesenskern der Fürsorgepflicht, und diese sei auch kein Hilfsmittel oder Ersatzstück, das existenzielle Bedeutung habe oder notwendig sei, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können. Diese Ausführungen können nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden; der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es hier nicht um ein Hilfsmittel oder Ersatzstück für wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens (vgl. § 15 SGB XI), insbesondere in den Bereichen Körperpflege, Ernährung und Mobilität, geht. Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Sexualität für den Menschen, insbesondere innerhalb der Familie, verwiesen hat, die dort zum Alltäglichen gehöre, vermag der Senat den vom Verwaltungsgericht daraus gezogenen Schlüssen auch vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten Rechtspositionen des Klägers nicht zu folgen. Aus Art. 6 Abs. 1 GG erwachsen regelmäßig keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG, Urteil vom 12.02.2003, BVerfGE 107, 205; Senatsbeschluss vom 12.10.2006 - 4 S 2548/05 -). Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgt zwar eine objektiv-rechtliche Pflicht des Staates, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994, BVerfGE 90, 145, 195; Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 2. Aufl., Art 2 II, RdNr. 76). Darüber hinaus ist es verfassungsrechtlich jedoch nur geboten, eine der Sicherung des Existenzminimums korrespondierende medizinische Grundversorgung für alle Bürger bereitzuhalten. Dabei hat der Gesetzgeber aber einen so weiten Gestaltungsspielraum, dass sich originäre Leistungsansprüche auch aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG regelmäßig nicht ableiten lassen (vgl. Schulze-Fielitz, a.a.O., RdNr. 96, m.w.N.). Im Übrigen folgen aus der Schutzpflicht des Staates beim Beamten jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang keine weitergehenden Ansprüche als aus der Fürsorgepflicht. Nichts anderes gilt, soweit der Kläger auf die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verweist.
26 
Nach alledem ist auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit ist nicht willkürlich, sondern im Rahmen des weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers sachlich begründet erfolgt. Auch einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Differenzierungsge- und Übermaßverbot (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.05.2002 - 2 A 11755/01 -, Juris) vermag der Senat danach nicht festzustellen.
27 
Ist danach der generelle Ausschluss der Beihilfefähigkeit rechtlich nicht zu beanstanden, so ist für eine gleichwohl im Einzelfall verfassungsrechtlich gebotene Korrektur die Härtefallregelung des § 5 Abs. 6 BVO in den Blick zu nehmen. Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 BVO kann bei Anlegung eines strengen Maßstabes in besonderen Härtefällen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde und nur im Einvernehmen mit dem Finanzministerium zu Aufwendungen im Sinne des § 101 LBG ausnahmsweise abweichend von den in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen Beihilfe gewährt werden. Damit hat der Verordnungsgeber eine Vorschrift geschaffen, um ganz besonderen Fällen gerecht werden zu können, in denen die durch die Beihilfeverordnung erfolgte typisierende, pauschalierende und abschließende Konkretisierung der gesetzlich und verfassungsrechtlich gebotenen Fürsorgepflicht ausnahmsweise nicht ausreichend ist, um den Wesenskern der Fürsorgepflicht gegenüber dem beihilfeberechtigten Beamten und seinen Angehörigen zu gewährleisten. In derartigen Einzelfällen, in denen in Folge eines die Beihilfeberechtigung hervorrufenden Tatbestandes eine unerträgliche Beeinträchtigung der Möglichkeit zur amtsangemessenen Lebensführung auftritt, kann eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht gegeben sein und einen Anspruch auf weitergehende Beihilfe begründen (vgl. dazu Senatsurteil vom 17.01.1990 - 4 S 3324/88 -, Juris; Fröder/Hellstern/Beckmann/Keufer, a.a.O., § 5 Abs. 6 Anm. 60). Ob der Beklagte sich in einem solchen Fall mit Erfolg auf die Ausschlussregelung des § 5 Abs. 6 Satz 2 BVO berufen kann, wonach die Härtefallregelung nicht eingreift bei Aufwendungen, die - wie hier - ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgenommen sind, bedarf keiner Entscheidung; denn für das Vorliegen eines besonderen Härtefalls im Sinne dieser Bestimmung bzw. eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht im Einzelfall bestehen auch in Ansehung des Vorbringens des Klägers keine Anhaltspunkte.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
29 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG gegeben ist.
30 
Beschluss vom 17. November 2006
31 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 52 Abs. 3 GKG auf 101,09 EUR festgesetzt.
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
10 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat das beklagte Land zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe für das Arzneimittel Cialis zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Cialis ist nach der Beihilfeverordnung des Landes Baden-Württemberg von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Dieser Ausschluss ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
11 
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfen verlangt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17, m.w.N.). Hinsichtlich der hier anzuwendenden Bestimmungen sind keine abweichenden Regelungen getroffen. Nach § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 20.02.2003 (GBl. S. 125) - Beihilfeverordnung - BVO - sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig u.a. die Aufwendungen für nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel. Nach Satz 2 sind nicht beihilfefähig Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, sowie für Mittel, die zur Empfängnisverhütung oder Potenzsteigerung verordnet sind.
12 
Zu den letztgenannten Mitteln zählt das dem Kläger verordnete Arzneimittel „Cialis“. „Cialis“ enthält den Wirkstoff Tadalafil und wird ausweislich des Beipackzettels zur Behandlung von Männern mit erektiler Dysfunktion angewendet. In den Anwendungshinweisen heißt es: „Cialis gehört zu einer Gruppe von Arzneimitteln, die „Phosphodiesterase 5 Inhibitoren“ genannt werden. Nach einer sexuellen Stimulierung hilft Cialis, die Blutgefäße in Ihrem Penis zu entspannen, wodurch ein Blutstrom in Ihren Penis ermöglicht wird. Das Ergebnis ist eine verbesserte Erektion. Cialis wird Ihnen nicht helfen, wenn Sie nicht unter einer erektilen Dysfunktion leiden. Es ist wichtig zu beachten, dass Cialis ohne eine sexuelle Stimulation nicht wirkt.“ Danach kann nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei Cialis um ein Mittel zur Potenzsteigerung handelt, das dem Kläger auch zu diesem Zweck verordnet worden ist. Einen anderen Anwendungsbereich hat er selbst nicht benannt.
13 
Der generelle Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Mitteln, die zur Potenzsteigerung verordnet sind, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
14 
Die verordnungsrechtliche Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO beruht auf § 101 Satz 2 LBG und ist in Einklang mit Art. 61 Abs. 1 der Landesverfassung (LVerf) und unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben in § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 LBG erfolgt. Nach § 101 Satz 3 Nr. 2 LBG ist in der Beihilfeverordnung insbesondere zu bestimmen, welche Aufwendungen beihilfefähig sind; nach Satz 3 Nr. 4 LBG ist ferner zu bestimmen, wie die Beihilfe zu bemessen ist, wobei sie die notwendigen und angemessenen Aufwendungen unter Berücksichtigung der Eigenvorsorge und zumutbarer Selbstbehalte decken soll. Diese Ermächtigung umfasst grundsätzlich auch den Ausschluss oder die Begrenzung von Beihilfe für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 22.02.1995 - 4 S 642/94 -, IÖD 1995, 128, und Senatsurteil vom 24.03.1994 - 4 S 2953/93 -, ESVGH 44, 316; BVerwG, Beschluss vom 03.03.1989, Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 6).
15 
Von der danach eingeräumten Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Die getroffene Ausschlussregelung verstößt nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG), insbesondere nicht gegen die gesetzliche Fürsorgepflicht (§ 98 LBG) des Dienstherrn, die der Beklagte zugunsten des Klägers beachten muss.
16 
Art. 33 Abs. 5 GG schützt nur jenen Kernbestand von Strukturprinzipien der Institution des Berufsbeamtentums, die allgemein oder doch überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind. Hierzu gehören das Alimentationsprinzip, das den Dienstherrn verpflichtet, dem Beamten und seiner Familie amtsangemessenen Unterhalt zu leisten, und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Nicht dazu zählt jedoch das gegenwärtige System der Beihilfegewährung, da es sich erst in jüngerer Zeit herausgebildet hat. Es könnte daher geändert werden, ohne dass Art. 33 Abs. 5 GG berührt würde. Demgemäß besteht auch keine spezielle verfassungsrechtliche Verpflichtung, den Beamten und Versorgungsempfängern für Krankheitsfälle u.ä. Unterstützung gerade in Form von Beihilfen im Sinne der Beihilfevorschriften oder gar von solchen Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, BVerfGE 83, 89, m.w.N., und Beschluss vom 07.11.2002, BVerfGE 106, 225).
17 
Es ist in erster Linie Sache des Dienstherrn, für einzelne Regelungsbereiche die ihm aus der Fürsorgepflicht dem Beamten gegenüber obliegenden Verpflichtungen durch Gesetze, Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften zu konkretisieren. Bei der Ausfüllung des ihm hierbei zustehenden weiten Gestaltungsspielraums (BVerfG, Beschluss vom 11.06.1958, BVerfGE 8, 1; st. Rspr.) ist er lediglich insoweit gebunden, als die beabsichtigte Regelung dem wohlverstandenen Interesse des Beamten gebührend Rechnung zu tragen hat. Was der Dienstherr dem Beamten danach im Einzelnen schuldet, lässt sich nur im Hinblick auf den jeweils zu regelnden Sachbereich bestimmen. Insoweit gilt für den dem Normgeber aus Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebenen Maßstab grundsätzlich nichts anderes als für die die Fürsorgepflicht berücksichtigende Einzelfallentscheidung des Dienstherrn. Demgemäß hat der Dienstherr Vorkehrungen zu treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- und Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er dieser Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise Genüge tut, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen (BVerfG, Beschlüsse vom 13.11.1990 und vom 07.11.2002, jeweils a.a.O.).
18 
Nach der geltenden Rechtslage erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen durch die Gewährung von Beihilfen; sie soll den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen (BVerwG, Urteile vom 11.06.1964, BVerwGE 19, 10, 12, und vom 07.10.1965, BVerwGE 22, 160, 164 f.). Die Beihilfevorschriften konkretisieren die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn in diesen Fällen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981, BVerfGE 58, 68, 76; BVerwG, Urteil vom 31.01.2002, Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1). Die danach gewährte Beihilfe ist ihrem Wesen nach eine Hilfeleistung, die zu der zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten in angemessenem Umfang hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern (BVerwG, Urteile vom 10.08.1971, Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 35, und vom 20.10.1976, BVerwGE 51, 193, 199 f.). Da die Beihilfe regelmäßig nur einen bestimmten Vomhundertsatz der aus Anlass von Krankheits-, Geburts- und Todesfällen entstehenden Aufwendungen des Beamten abdeckt, setzt sie voraus, dass der Beamte aus seinen Mitteln für die Begleichung des übrigen Teils der Aufwendungen selbst Vorsorge trifft (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.1976, a.a.O., und vom 18.06.1980, BVerwGE 60, 212, 219 f.; Entscheidung vom 25.06.1987, BVerwGE 77, 345, 347 f.). Hierfür stellt der Besoldungsgesetzgeber dem Beamten einen Alimentationsteil zur Verfügung, mit dem er den von der Beihilfe nicht abgedeckten Teil der im Krankheitsfalle zu erwartenden Aufwendungen begleichen soll (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1988, BVerfGE 79, 223, 234 f.; BVerwG, Urteile vom 21.03.1979, BVerwGE 57, 336, 338, und vom 12.06.1985, BVerwGE 71, 342, 346 f.). Die Beihilfe ergänzt somit nach der ihr zugrundeliegenden Konzeption lediglich die Alimentation des Beamten.
19 
Hat sich der Dienstherr für ein solches Beihilfesystem entschieden, muss es den Anforderungen genügen, die ihm aus der Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten erwachsen. Er muss gewährleisten, dass der Beamte oder Richter nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann (BVerfG, Beschlüsse vom 13.11.1990 und vom 07.11.2002, jeweils a.a.O.). Jedoch fordert die Fürsorgepflicht nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheits-, Geburts- und Todesfällen entstandenen Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfang (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.1980, a.a.O., und Beschluss vom 26.07.1984, Buchholz 238.911 Nr. 13 BhV 1972/1975 Nr. 5); ebenso wenig verlangt sie, dass das von der Beihilfe nicht gedeckte Risiko in jedem Falle in vollem Umfang versicherbar sein muss (BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, DÖD 2004, 82; möglicherweise enger noch Entscheidung vom 25.06.1987, BVerwGE 77, 345). Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus der in mehreren Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sinngemäß geäußerten Auffassung herleiten, die Beihilfe als eine die Eigenvorsorge ergänzende Leistung dürfe nicht ohne Rücksicht auf die vorhandenen Versicherungsmöglichkeiten ausgestaltet werden (vgl. Urteil vom 18.06.1980, und Entscheidung vom 25.06.1987, jeweils a.a.O.). Denn dies ist nicht in dem engen Sinne zu verstehen, dass das Beihilfesystem und die private Versicherung „lückenlos“ aufeinander abgestimmt sein müssten (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2003, NVwZ-RR 2004, 546).
20 
Ausgehend hiervon hat sich der Normgeber mit dem Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Mitteln, die zur Potenzsteigerung verordnet sind, im Rahmen des ihm verfassungsrechtlich eröffneten und gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren Ermessens gehalten. Der Charakter der Beihilfe als einer ergänzenden Hilfeleistung belässt dem Dienstherrn einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise dieser speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1980, BVerwGE 60, 88; Urteil vom 29.08.1996, BVerwGE 104, 24). Dieser Spielraum ermöglicht dem Dienstherrn bzw. dem für ihn handelnden Verordnungsgeber insbesondere, Mittel zur Potenzsteigerung generell von der Beihilfefähigkeit auszuschließen und mit der Erwägung dem Privatbereich zuzuordnen, dass dadurch die in Einzelfällen problematische Offenlegung des jeweiligen Krankheitsbildes nur noch erforderlich sei, wenn das Mittel zu einem anderen Zweck verordnet worden sei (so die amtliche Begründung, abgedruckt bei Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, Einleitung, Anm. 6). Diese Erwägungen sind mit Blick auf die vom Verordnungsgeber verfolgten Zwecke der Verwaltungsvereinfachung und der Kostenersparnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die schwierige Unterscheidung zwischen medizinisch notwendigen und anderen Fällen, gegebenenfalls einhergehend mit amtsärztlichen Begutachtungen, entfalle. Zudem werde mit zunehmendem Alter auch eine medizinische Ursache durch den natürlichen Alterungsprozess überlagert, ohne dass der Zeitpunkt exakt fixiert werden könne. Dies würde bei den Betroffenen regelmäßig wieder Begutachtungen erforderlich machen, die sich mutmaßlich erheblich belastend für die psychische Situation der Betroffenen auswirken dürften. Dies begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Der Verordnungsgeber verletzt seinen Gestaltungsspielraum nicht, wenn er angesichts der beschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte Leistungen von der Beihilfefähigkeit ausnimmt, die - wie hier - in erster Linie einer Steigerung der Lebensqualität jenseits lebensbedrohlicher Zustände dienen. Dies gilt um so mehr, wenn es sich um Bereiche handelt, bei denen die Übergänge zwischen krankhaften und nicht krankhaften Zuständen maßgeblich vom subjektiven Empfinden des Einzelnen abhängen (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 10.05.2005, BSGE 94, 302). Es kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die Höhe der beihilfefähigen Aufwendungen bzw. die benötigte Menge des Präparats nach der jeweiligen individuellen Lebensgestaltung richtet. Auch dies ist ein Gesichtspunkt, der bei sonstigen Arzneimitteln regelmäßig keine - jedenfalls keine entscheidende - Rolle spielt. Der Ausschluss von der Beihilfefähigkeit ist danach sachlich begründet.
21 
Eine andere Bewertung gebietet nicht der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 30.10.2003 (BVerwGE 119, 168) ausgeführt hat, dass die Aufwendungen für die Beschaffung des Medikaments „Viagra“ (das ebenfalls der Behandlung der erektilen Dysfunktion dient) beihilfefähig sein können. Das Bundesverwaltungsgericht hat in jener Entscheidung dargelegt, dass ein nach der Beihilfeverordnung gegebener Rechtsanspruch auf Beihilfe nicht durch Verwaltungsvorschriften ausgeschlossen werden könne. Darum aber geht es im vorliegenden Fall nicht, in dem der Ausschluss in der Beihilfeverordnung selbst vorgesehen ist (vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 25.02.2003 - 3 B 00.3631 -, Juris).
22 
Auch eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht vermag der Senat nicht festzustellen. Allenfalls unzumutbare Belastungen bzw. erhebliche Aufwendungen, die für den Beamten unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann, können den Wesenskern der Fürsorgepflicht berühren (vgl. dazu BVerfG, Beschlüsse vom 13.11.1990, a.a.O., und vom 16.09.1992, NVwZ 1993, 560; BVerwG, Urteil vom 21.12.2000, BVerwGE 112, 308).
23 
Unzumutbare Belastungen bzw. unausweichliche Aufwendungen in einem wertenden Sinne können bei der Behandlung schwerer oder gar lebensbedrohender Krankheiten entstehen. Der Behandlung einer solchen Krankheit dient Cialis ungeachtet des Umstands nicht, dass es sich bei der erektilen Dysfunktion, bei der es angewandt wird, um eine Krankheit im Sinne des § 6 BVO handelt, nämlich um einen regelwidrigen, von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweichenden Körper- oder Geisteszustand, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
24 
Von einer Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht kann auch im Hinblick auf die Höhe der entstehenden Kosten nicht ausgegangen werden. Dabei ist auch der oben angesprochene Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass diese sich nicht nach einer ärztlich für einen bestimmten Behandlungszeitraum vorgegebenen Dosierungsanweisung, sondern nach der jeweiligen individuellen Lebensgestaltung richten, da Cialis jeweils nur im Zusammenhang mit dem Geschlechtsverkehr angewandt wird. Jedenfalls ist bei generalisierender und typisierender Betrachtungsweise nichts dafür erkennbar, dass die Beschaffung des Medikaments eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.1980, a.a.O.) bewirken könnte. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht entscheidend, ob die für Cialis aufzubringenden Mittel 1% des Jahresnettoeinkommens übersteigen können (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, a.a.O.). Dem Kläger verbleibt im Übrigen ein Aufwand, der nicht höher ist als der, welcher auch den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zugemutet wird (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2005, a.a.O.).
25 
Eine andere Bewertung ist auch mit Blick auf das vom Verwaltungsgericht herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2002 (a.a.O.) nicht gerechtfertigt. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, die Beihilfefähigkeit der Kosten einer Perücke berühre nicht den Wesenskern der Fürsorgepflicht, und diese sei auch kein Hilfsmittel oder Ersatzstück, das existenzielle Bedeutung habe oder notwendig sei, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können. Diese Ausführungen können nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden; der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es hier nicht um ein Hilfsmittel oder Ersatzstück für wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens (vgl. § 15 SGB XI), insbesondere in den Bereichen Körperpflege, Ernährung und Mobilität, geht. Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Sexualität für den Menschen, insbesondere innerhalb der Familie, verwiesen hat, die dort zum Alltäglichen gehöre, vermag der Senat den vom Verwaltungsgericht daraus gezogenen Schlüssen auch vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten Rechtspositionen des Klägers nicht zu folgen. Aus Art. 6 Abs. 1 GG erwachsen regelmäßig keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG, Urteil vom 12.02.2003, BVerfGE 107, 205; Senatsbeschluss vom 12.10.2006 - 4 S 2548/05 -). Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgt zwar eine objektiv-rechtliche Pflicht des Staates, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994, BVerfGE 90, 145, 195; Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 2. Aufl., Art 2 II, RdNr. 76). Darüber hinaus ist es verfassungsrechtlich jedoch nur geboten, eine der Sicherung des Existenzminimums korrespondierende medizinische Grundversorgung für alle Bürger bereitzuhalten. Dabei hat der Gesetzgeber aber einen so weiten Gestaltungsspielraum, dass sich originäre Leistungsansprüche auch aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG regelmäßig nicht ableiten lassen (vgl. Schulze-Fielitz, a.a.O., RdNr. 96, m.w.N.). Im Übrigen folgen aus der Schutzpflicht des Staates beim Beamten jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang keine weitergehenden Ansprüche als aus der Fürsorgepflicht. Nichts anderes gilt, soweit der Kläger auf die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verweist.
26 
Nach alledem ist auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit ist nicht willkürlich, sondern im Rahmen des weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers sachlich begründet erfolgt. Auch einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Differenzierungsge- und Übermaßverbot (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.05.2002 - 2 A 11755/01 -, Juris) vermag der Senat danach nicht festzustellen.
27 
Ist danach der generelle Ausschluss der Beihilfefähigkeit rechtlich nicht zu beanstanden, so ist für eine gleichwohl im Einzelfall verfassungsrechtlich gebotene Korrektur die Härtefallregelung des § 5 Abs. 6 BVO in den Blick zu nehmen. Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 BVO kann bei Anlegung eines strengen Maßstabes in besonderen Härtefällen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde und nur im Einvernehmen mit dem Finanzministerium zu Aufwendungen im Sinne des § 101 LBG ausnahmsweise abweichend von den in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen Beihilfe gewährt werden. Damit hat der Verordnungsgeber eine Vorschrift geschaffen, um ganz besonderen Fällen gerecht werden zu können, in denen die durch die Beihilfeverordnung erfolgte typisierende, pauschalierende und abschließende Konkretisierung der gesetzlich und verfassungsrechtlich gebotenen Fürsorgepflicht ausnahmsweise nicht ausreichend ist, um den Wesenskern der Fürsorgepflicht gegenüber dem beihilfeberechtigten Beamten und seinen Angehörigen zu gewährleisten. In derartigen Einzelfällen, in denen in Folge eines die Beihilfeberechtigung hervorrufenden Tatbestandes eine unerträgliche Beeinträchtigung der Möglichkeit zur amtsangemessenen Lebensführung auftritt, kann eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht gegeben sein und einen Anspruch auf weitergehende Beihilfe begründen (vgl. dazu Senatsurteil vom 17.01.1990 - 4 S 3324/88 -, Juris; Fröder/Hellstern/Beckmann/Keufer, a.a.O., § 5 Abs. 6 Anm. 60). Ob der Beklagte sich in einem solchen Fall mit Erfolg auf die Ausschlussregelung des § 5 Abs. 6 Satz 2 BVO berufen kann, wonach die Härtefallregelung nicht eingreift bei Aufwendungen, die - wie hier - ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgenommen sind, bedarf keiner Entscheidung; denn für das Vorliegen eines besonderen Härtefalls im Sinne dieser Bestimmung bzw. eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht im Einzelfall bestehen auch in Ansehung des Vorbringens des Klägers keine Anhaltspunkte.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
29 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG gegeben ist.
30 
Beschluss vom 17. November 2006
31 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 52 Abs. 3 GKG auf 101,09 EUR festgesetzt.
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. August 2012 - 3 K 81/12 - geändert.

Die Bescheide der Beklagten vom 5.7.2011 und vom 27.10.2011 und deren Widerspruchsbescheid vom 8.12.2011 werden aufgehoben, soweit darin die Bewilligung von Kassenleistungen in den „Leistungsabrechnungen“ vom 30.12.2008, 15.4.2009, 26.6.2009, 9.3.2010, 8.9.2010, 22.11.2010, 8.2.2011 und 26.7.2011 zurückgenommen und die Klägerin zur Rückzahlung eines Betrags von mehr als 393,21 EUR aufgefordert wird.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 3/10 und die Beklagte 7/10 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin ist als A-Mitglied bei der Beklagten krankenversichert.
Nach Vorlage eines Therapieplans des Privatarztes Dr. D. teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 17.5.2005 mit, dass sie als A-Mitglied die freie Wahl unter den Vertragsärzten habe. Für die Aufwendungen einer privatärztlichen Behandlung könnten grundsätzlich keine Leistungen gewährt werden.
Darauf antwortete die Klägerin unter dem 2.6.2005, sie kämpfe seit sieben Jahren mit einem „Schiefhals“ (Torticollis Spasmodicus). Mitte Januar 1998 habe sich ihr Kopf plötzlich nach links gedreht. Seither habe sie sich erfolglos bei verschiedenen Fachärzten in Behandlung begeben. Es sei ein Lichtblick für sie gewesen, dass Dr. D. im April 2005 seine Privatpraxis geöffnet habe. Sie habe erfahren, dass er sich unter anderem auch mit „Schiefhals“ befasse. Seit Mai 2005 sei sie dort in Behandlung. Er sei der erste Arzt, der ihr bei dieser Krankheit wirklich geholfen habe.
Die Klägerin legte ferner eine ärztliche Stellungnahme von Dr. D. vom 7.6.2005 vor. Darin heißt es: Bei der Erstvorstellung habe sich eine ausgeprägte und von der Patientin in keinster Weise beherrschbare Schiefhalssymptomatik mit Linksrotation und Rechtsseitneigung des Kopfes gezeigt. Er hoffe sehr auf das Verständnis der Beklagten für die erforderliche Behandlung dieses relativ seltenen Krankheitsbildes, zumal der Klägerin eine therapeutische Alternative in der Umgebung fehle.
Mit weiterem Schreiben vom 13.6.2005 wies die Beklagte die Klägerin aus Anlass einer Akkupunkturbehandlung nochmals darauf hin, dass für die Aufwendungen einer privatärztlichen Behandlung grundsätzlich keine Leistungen gewährt werden könnten.
In den Jahren 2006 und 2007 reichte die Klägerin mehrere Rechnungen für die Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen durch die privatärztliche Praxis für Chirotherapie und physikalische Therapie Dr. D. bei der Beklagten ein. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Kassenleistungen mit Leistungsabrechnungen vom 10.1.2006, 2.8.2007 und 26.11.2007 ab. In dem Leistungsbescheid vom 2.6.2006 wurde die Behandlung durch Dr. D. demgegenüber dem Grunde nach als erstattungsfähig anerkannt und die erstattungsfähigen Aufwendungen nur der Höhe nach gekürzt.
Zwischen dem 29.3.2008 und dem 21.01.2011 stellte die Klägerin insgesamt zehn weitere Anträge auf Erstattung von Aufwendungen für Behandlungen durch Dr. D., für die mit Leistungsabrechnungen vom 18.4., 3.7., 6.10. und 30.12.2008, 15.4. und 26.6.2009, 9.3., 8.9. und 22.11.2010 sowie 8.2.2011 jeweils Kassenleistungen bewilligt wurden.
Mit Bescheid vom 5.7.2011 nahm die Beklagte diese Leistungsabrechnungen hinsichtlich der darin erfolgten Festsetzungen von Kassenleistungen zurück und forderte die Klägerin auf, die zu Unrecht erhaltenen Kassenleistungen in Höhe von insgesamt EUR 1.274,06 zurückzuzahlen, da A-Mitglieder wie die Klägerin bei der Behandlung durch Privatärzte keinen Anspruch auf Kassenleistungen hätten.
Zur Begründung ihres am 26.7.2011 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruchs trug die Klägerin vor, der Beklagten sei seit Beginn der Behandlung durch Dr. D. bekannt gewesen, dass dieser eine privatärztliche Praxis betreibe. Dessen Behandlungen hätten Erfolg gehabt. Die geleisteten Erstattungen habe sie für die ihr entstandenen Aufwendungen verwendet. Im Hinblick auf die ihr seit Ausbruch der Krankheit entstandenen erhöhten Aufwendungen und ihre geringe Rente verfüge sie nicht über Ersparnisse, aus denen sie den zurückgeforderten Betrag aufbringen könne. Da sie seit Jahren von der Beklagten entsprechende Leistungen erhalten habe, sei sie von deren Richtigkeit ausgegangen. Schließlich bitte sie um Prüfung, ob von der Rückforderung „ggf. im Wege des Entgegenkommens“ abgesehen werden könne.
10 
Mit weiterer Leistungsabrechnung vom 26.7.2011 bewilligte die Beklagte auf einen entsprechenden Antrag der Klägerin für eine weitere Rechnung von Dr. D. vom 1.7.2011 Kassenleistungen in Höhe von 131,36 EUR.
11 
Mit Bescheid vom 27.10.2011 nahm die Beklagte auch diese Leistungsabrechnung hinsichtlich der darin erfolgten Festsetzung von Kassenleistungen zurück und forderte die Klägerin auf, die zu Unrecht erhaltenen Kassenleistungen in Höhe von EUR 131,36 zurückzuzahlen. Hiergegen legte die Klägerin am 3.11.2011 Widerspruch ein.
12 
Die Beklagte wies die Widersprüche der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 8.12.2011 zurück und führte zur Begründung aus, das Vertrauen der Klägerin sei nicht schutzwürdig, weil die Rechtswidrigkeit der zurückgenommenen Leistungsabrechnungen für sie ohne weiteres erkennbar gewesen sei. Denn in den Leistungsabrechnungen vom 10.01. und 2.6.2006 sowie vom 2.8. und 26.11.2007 sei sie ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass sie für privatärztliche Behandlungen keine Kassenleistungen erhalten könne. Besondere Billigkeitsgesichtspunkte seien nicht erkennbar.
13 
Am 10.1.2012 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Auch wenn sie als A-Mitglied nach § 31 Abs. 2 der Satzung der Beklagten nur Anspruch auf Behandlung durch einen Vertragsarzt habe, sei die Beklagte im Einzelfall nicht daran gehindert, aus Kulanzgründen Kassenleistungen für die Inanspruchnahme eines Nichtvertragsarztes zu gewähren, wenn dies medizinisch notwendig sei. Darüber hinaus ergebe sich ein Anspruch auf die gewährten Kassenleistungen aus § 31 Abs. 2 der Satzung, da eine vertragsärztliche Behandlung, wie die Vergangenheit gezeigt habe, nicht geeignet gewesen sei, ihr die notwendige medizinische Betreuung zukommen zu lassen. Hinzu komme, dass sie auf den Bestand der Leistungsabrechnungen habe vertrauen dürfen. Denn aus ihrer Sicht habe die Beklagte mit der Gewährung von Kassenleistungen ab dem Jahre 2008 ihre bisherige Rechtsauffassung geändert. Dass ihr Kassenleistungen in zahlreichen Fällen gewährt worden seien, zeige, dass die Entscheidung der Beklagten bewusst und nicht im Rahmen eines Einzelfallversehens erfolgt sei. Im Übrigen habe die Beklagte bei der Gewährung der nunmehr zurückgeforderten Kassenleistungen nicht die erforderliche Sorgfalt walten lassen. Sie - die Klägerin - beziehe nur relativ geringe Einkünfte an Witwengeld und Rente in Höhe von ca. 1.300,00 EUR monatlich. Gerade im Hinblick auf die Behandlungskosten des durch ihre Krankheit verursachten Mehraufwands sei es offensichtlich, dass sie die zurückgeforderten Beträge verbraucht habe.
14 
Mit Urteil vom 3.8.2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Dr. D. sei unstreitig nicht Vertragsarzt im Sinne der Satzung der Beklagten. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie für die gebotene medizinische Behandlung keinen Vertragsarzt in Anspruch habe nehmen können. Denn hierfür genüge es nicht, dass die früheren Behandlungen nicht zum gewünschten Erfolg geführt hätten. Vielmehr sei es erforderlich, darzutun, dass andere Vertragsärzte, die ebenfalls eine Behandlung wie die von Dr. D. hätten durchführen können, in zumutbarer Entfernung nicht zur Verfügung stünden. Dies habe die Klägerin jedoch nicht erklärt. Vielmehr habe sie vorgetragen, dass sie sich nach erfolgloser Behandlung durch die bisher aufgesuchten Ärzte an die privatärztliche Praxis von Dr. D. gewandt habe. Ein solcher Sachverhalt erfülle nicht die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Satz 2 der Satzung der Beklagten.
15 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme der genannten Leistungsabrechnungen, soweit darin auch Kassenleistungen gewährt worden seien, seien erfüllt. Zahlungen zur Tilgung eigener Schulden seien grundsätzlich nicht als Entreicherung i.S.d. § 818 Abs. 3 BGB anzusehen. Vorliegend sei die Klägerin durch die Bezahlung der Rechnungen von Dr. D. von Verbindlichkeiten befreit worden. Ein Vertrauensschutz der Klägerin lasse sich auch nicht aus den Umständen herleiten, die dazu geführt hätten, dass sie eine privatärztliche Behandlung in Anspruch genommen habe. Zwar habe die Klägerin geltend gemacht, sie sei im Hinblick auf die Behandlung durch ihre früheren Ärzte „austherapiert" gewesen und habe sich deshalb in die privatärztliche Behandlung des Dr. D. begeben. Indes habe sie zum einen nicht hinreichend dargetan, dass die Inanspruchnahme eines anderen Vertragsarztes mangels Erreichbarkeit nicht möglich gewesen sei. Zum anderen habe sie die erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße außer Acht gelassen. Sie habe die einschlägigen Satzungsbestimmungen ignoriert. Ein schutzwürdiges Vertrauen könne auch nicht aus der Überlegung hergeleitet werden, dass sie die privatärztlichen Behandlungen nicht fortgeführt hätte, wenn ihr klargewesen wäre, dass die Beklagte deren Kosten nicht erstatten würde. Denn sie habe die Behandlungen über einen langen Zeitraum fortgeführt, obwohl ihr aufgrund der früheren Leistungsabrechnungen vom 10.1. und 2.6.2006 sowie 2.08. und 26.11.2007 erhebliche Kosten verblieben seien.
16 
Die Rücknahme der Leistungsabrechnungen sei auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Zwar könne bei einer Ermessensentscheidung auch berücksichtigt werden, dass der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liege. Allerdings sei es auch in einem solchen Fall nicht ausgeschlossen, das Ermessen zu Ungunsten des Empfängers der Überzahlung auszuüben.
17 
Die Rückforderung der rechtswidrig gewährten Leistungen sei nach § 30 Abs. 5 Satz 1 der Satzung der Beklagten i.V. mit § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG zwingend vorgeschrieben. Besondere Umstände, sie es nach Treu und Glauben gebieten würden, von einer Rückforderung ganz oder teilweise abzusehen seien nicht erkennbar. Zwar sei die Vorgehensweise der Beklagten, der Klägerin über mehrere Jahre hinweg regelmäßig Kassenleistungen zu gewähren, die ihr nicht zugestanden hätten, kaum nachvollziehbar. Andererseits sei dieses Fehlverhalten nicht so schwerwiegend, dass eine Rückforderung gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Ebenso könne nicht von einem widersprüchlichen Verhalten der Beklagten ausgegangen werden. Denn es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Sachbearbeiter der Beklagten der Klägerin bewusst Leistungen gewährt hätten, die ihr nicht zustünden.
18 
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr früheres Vorbringen. Ergänzend macht sie geltend, dass kein anderer Arzt in der Lage gewesen sei, die in ihrem Fall erforderliche besonders engmaschige Behandlung durchzuführen.
19 
Die Klägerin beantragt,
20 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3.8.2012 - 3 K 81/12 - zu ändern und die Bescheide der Beklagten vom 5.7.2011 und vom 27.10.2011 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 8.12.2011 aufzuheben.
21 
Die Beklagte beantragt,
22 
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
23 
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr früheres Vorbringen. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Klägerin ohne weiteres die Möglichkeit gehabt habe, in räumlicher Nähe einen fachlich qualifizierten Vertragsarzt zu finden. Es gebe dort mehrere Fachärzte für Orthopädie und Chirotherapie, die auch für Akkupunkturbehandlungen qualifiziert seien.
24 
Der Senat hat eine Stellungnahme des behandelnden Arztes eingeholt, die unter dem 27.2.2013 erstattet worden ist.
25 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
27 
Die Berufung der Klägerin ist zum Teil begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 5.7.2011 und vom 27.10.2011 und deren Widerspruchsbescheid vom 8.12.2011 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin die Bewilligung von Kassenleistungen in den „Leistungsabrechnungen“ vom 30.12.2008, 15.4.2009, 26.6.2009, 9.3.2010, 8.9.2010, 22.11.2010, 9.2.2011 und 26.7.2011 zurückgenommen wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die in den angefochtenen Bescheiden weiter verfügte Rückforderung der aufgrund dieser Leistungsabrechnungen ausgezahlten Geldbeträge, welche die Beklagte auf § 30 Abs. 5 ihrer Satzung stützt, ist danach ebenfalls rechtswidrig, soweit ein Betrag von mehr als 393,21 EUR zurückgefordert wird, da die entsprechenden Zahlungen nicht rechtgrundlos erfolgt sind.
28 
Die in den angefochtenen Bescheiden verfügte Rücknahme der dort im Einzelnen aufgezählten Leistungsabrechnungen richtet sich nach § 48 VwVfG. Rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte können gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die in § 48 Abs. 2 VwVfG genannten Voraussetzungen für eine Rücknahme liegen nur für einen Teil der Leistungsabrechnungen vor, die die Beklagte zurückgenommen hat.
29 
1. Allerdings sind die zurückgenommenen Leistungsabrechnungen objektiv rechtswidrig i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.
30 
Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten (gleichlautend in allen Fassungen von der 69. Änderung vom 1.3.2008 bis zur 79. Änderung vom 10.3.2011) haben Mitglieder der Gruppe A - zu denen die Klägerin gehört - u.a. freie Wahl unter „den am Vertrag beteiligten“ Ärzten (Vertragsärzte). Kann ein Vertragsarzt nicht in Anspruch genommen werden, gewährt die Beklagte nach Satz 2 dieser Bestimmung Leistungen nach der Leistungsordnung B.
31 
Diese Satzungsbestimmung lässt mit noch hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die sog. A-Mitglieder der Beklagten grundsätzlich gehalten sind, einen Vertragsarzt der Beklagten aufzusuchen. Wenn sie sich in Behandlung eines anderen Arztes (im Folgenden: Privatarzt) begeben, stehen ihnen nur dann Leistungen nach der Leistungsordnung B zu, wenn Vertragsärzte nicht in Anspruch genommen werden „können“. Darüber, wann dies der Fall ist, gibt die Satzung der Beklagten keinen näheren Aufschluss. Bei einer die Interessen der A-Mitglieder der Beklagten in angemessener Weise berücksichtigenden Auslegung ist jedoch davon auszugehen, dass der Begriff des „Nichtkönnens“ nicht im Sinne einer objektiven Unmöglichkeit zu verstehen ist, sondern auch Fälle umfasst, in denen es einem Betroffenen aus nachvollziehbaren und verständlichen subjektiven Erwägungen heraus nicht (mehr) zumutbar ist, sich durch Vertragsärzte behandeln zu lassen. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer privatärztlichen Behandlung liegen mit anderen Worten also nicht erst dann vor, wenn es überhaupt keinen Vertragsarzt in angemessener räumlicher Nähe gibt, sondern bereits dann, wenn es dem Betroffenen aus nachvollziehbaren Gründen nicht (mehr) zumutbar ist, einen Vertragsarzt aufzusuchen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn jemand nach länger andauernden erfolglosen Behandlungsversuchen durch Vertragsärzte diese aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr aufsuchen möchte und kein anderer Vertragsarzt in räumlicher Nähe zur Verfügung steht.
32 
Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht gegeben. Allerdings ist es ohne Weiteres verständlich, dass sich die Klägerin nicht mehr durch ihre bisherigen Vertragsärzte behandeln lassen wollte und einen Arztwechsel vorgenommen hat. Wie insbesondere aus ihrem Schreiben vom 2.6.2005 und der ärztlichen Stellungnahme von Dr. D. vom 7.6.2005 im Einzelnen hervorgeht, hatte sie eine wahre „Behandlungsodyssee“ bei verschiedenen Ärzten hinter sich gebracht und jahrelang erfolglose Behandlungsversuche über sich ergehen lassen, bevor sie sich in die Behandlung von Dr. D. begeben hat. Die Beklagte weist jedoch zu Recht darauf hin, dass es in zumutbarer räumlicher Nähe zum Wohnsitz der Klägerin noch weitere für eine Behandlung grundsätzlich geeignete Vertragsärzte der Beklagten gibt. Die Beklagte hat mehrere Fachärzte für Orthopädie benannt, die auch zur Durchführung der Chirotherapie und der Akkupunktur qualifiziert sind. Diese Ärzte sind daher bei abstrakter Betrachtungsweise ohne Weiteres in der Lage, das Leiden der Klägerin zu behandeln. Einen (erfolglosen) Behandlungsversuch bei einem dieser Ärzte hat die Klägerin nicht unternommen.
33 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend, ob ein Vertragsarzt exakt dieselbe besonders engmaschige Behandlung hätte durchführen können wie Dr. D.. Solange es „vor Ort“ noch mehrere Vertragsärzte gibt, die grundsätzlich für eine Behandlung qualifiziert sind, ist es dem Betroffenen regelmäßig zumutbar, entsprechende Behandlungsversuche zu unternehmen. Dies ist hier nicht geschehen.
34 
Der Senat hat zudem in Erwägung gezogen, ob ein Fall, in dem eine vertragsärztliche Behandlung subjektiv nicht (mehr) zumutbar ist, auch dann vorliegt, wenn nach mehreren erfolglosen Behandlungsversuchen bei verschiedenen Vertragsärzten ein besonders qualifizierter Privatarzt für ein bestimmtes seltenes Spezialgebiet aufgesucht wird. Dies kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn Dr. D., den die Klägerin aufgesucht hat, weist eine solche herausragende Qualifikation, die das Aufsuchen eines anderen Arztes von vornherein unzumutbar machen würde, nicht auf. In seiner Stellungnahme an den Senat vom 27.2.2013 hat er zwar auf seine große allgemeine ärztliche Erfahrung in den Bereichen Chirurgie und Unfallchirurgie, auf seine „zertifizierten Subspezialisierungen“ auf den Gebieten Chirotherapie und manuelle Therapie und nicht zuletzt auch auf den Erfolg seiner Therapie im Falle der Klägerin verwiesen. Ohne dass der Senat die ärztlichen Leistungen von Dr. D. in Abrede stellen möchte, ergibt sich daraus jedoch nicht, dass er eine besondere objektivierbare Qualifikation für die Behandlung des „Schiefhalses“ (Torticollis spasticus) besitzt, die das bei einem anderen erfahrenen Facharzt vorhandene Niveau deutlich übertrifft.
35 
2. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte die ihm gewährten Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts liegt ein solcher Fall hier vor.
36 
Der Senat hat mit Urteil vom 16.2.2012 - 2 S 2983/11 - (juris) entschieden, dass ein Verbrauch der Leistung vorliegt, wenn die von der Beklagten bewilligten und gewährten Kassenleistungen bestimmungsgemäß verwendet und zur Begleichung der Rechnungen eines behandelnden Arztes eingesetzt werden (vgl. auch OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 5.7.2007 - 6 A 4961/05 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2011 - 26 K 444/11 -; VG Minden, Urteil vom 2.11.2005 - 4 K 151/04 - jeweils juris). In einer anderen Entscheidung hat der Senat (Beschluss vom 23.7.2012 - 2 S 1117/12 - juris) in erster Linie darauf abgestellt, ob der Empfänger der Leistungen die Beträge restlos für seine laufenden Lebensbedürfnisse verbraucht oder sich damit noch in seinem Vermögen vorhandene Werte oder Vorteile verschafft hat. Dabei hat er sich auch auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Überzahlung von Gehalts- und Versorgungsbezügen von Beamten bezogen, wonach regelmäßig ein Wegfall der Bereicherung anzunehmen ist, wenn der Beamte die zu viel gezahlten Bezüge zur Verbesserung seiner allgemeinen Lebenshaltung verwendet hat, ohne dass von reinen Luxusausgaben die Rede sein kann (BVerwG, Urteil vom 10.10.1961 - VI C 25.60 - BVerwGE 13, 107).
37 
Ob an dieser Rechtsprechung zum Begriff des Verbrauchs grundsätzlich festzuhalten ist und sie ausnahmslos auf alle Fälle der Bewilligung von Beihilfe- oder Kassenleistungen anzuwenden ist, kann dahinstehen. Denn hier liegt jedenfalls deshalb (auch) ein Regelfall i.S.d. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vor, weil die Klägerin eine schutzwürdige Vermögensdisposition getroffen hat, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Unter einer Vermögensdisposition im Sinne dieser Vorschrift ist jedes Verhalten zu verstehen, das in ursächlichem Zusammenhang mit dem begünstigenden Verwaltungsakt steht und Auswirkungen auf die Vermögenssituation des Betroffenen hat, d.h. jegliches Tun, Dulden oder Unterlassen, dem subjektiv das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts zugrundeliegt und das objektiv im Fall der Rücknahme des Verwaltungsakts als wirtschaftlich nachteilig anzusehen ist (vgl. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9.5.2011 - 1 A 88/08 - juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom .4.2013 - 2 S 264/13 -). Dispositionen in diesem Sinne sind insbesondere auch eingegangene vertragliche Verpflichtungen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 109). Dabei kann eine schutzwürdige Vermögensdisposition unter Umständen auch schon dann vorliegen, wenn der Betroffene im Vertrauen auf die zukünftige Bewilligung einer Leistung im Vorgriff Verpflichtungen eingeht, die nicht mehr rückgängig zu machen sind (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 27.3.1987 - Bf I 33/86 - NVwZ 1988, 73). Im Falle einer vertraglichen Verpflichtung ist es unmöglich, sie rückgängig zu machen, wenn sie nicht mehr aufgehoben oder gekündigt werden kann (Kopp/Ramsauer, aaO., Rn. 110).
38 
Wenn ein (gutgläubiger) Beihilfeberechtigter einen Behandlungsvertrag mit einem Arzt abschließt, trifft er im Regelfall eine schutzwürdige Vermögensdisposition in diesem Sinne. Er handelt dabei nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig im Vertrauen darauf, die dadurch entstehenden Aufwendungen im Nachhinein von der Beihilfestelle oder der Krankenkasse ersetzt zu bekommen. Die mit dem Abschluss des Behandlungsvertrags verbundene Vermögensdisposition ist auch nicht mehr rückgängig zu machen, selbst wenn die Beihilfestelle oder die Kasse die Erstattung der Aufwendungen im Nachhinein ablehnt. Dieser besonderen Interessenlage ist auch dann Rechnung zu tragen, wenn sich ein Bewilligungsbescheid im Nachhinein als rechtswidrig erweist und sich die Frage stellt, ob er zurückgenommen werden kann. Denn der Betroffene hat nach Rücknahme der Bewilligung weder die Möglichkeit, den Abschluss des Behandlungsvertrags „ex tunc“ rückgängig zu machen, noch kann er Zahlungen, die er auf der Grundlage eines wirksamen Behandlungsvertrags an den Arzt geleistet hat, von diesem zurückfordern. Dies gebietet es nach der Überzeugung des Senats, im Falle der Gutgläubigkeit des Betroffenen von einer schutzwürdigen Vermögensdisposition i.S.d. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG auszugehen.
39 
Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin erfüllt. Soweit sie gutgläubig (s. hierzu sogl. unter 3.) im Vertrauen auf eine spätere Erstattung Behandlungsverträge mit einem Privatarzt abgeschlossen hat, befindet sie sich in Bezug auf die streitgegenständlichen Kassenleistungen der Beklagten in derselben Situation wie ein Beihilfeberechtigter gegenüber der für die Bewilligung von Beihilfe zuständigen Behörde.
40 
3. Der Begünstigte kann sich gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG auf Vertrauen nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne eines „Kennenmüssens“ muss sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut wie auch nach dem Zweck der Regelung in § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts beziehen. Die bloße Kenntnis der Tatsachen oder Vorgänge, die die Rechtswidrigkeit begründen, genügt dagegen nicht. Die Unkenntnis ist grob fahrlässig, wenn der Betroffene im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre - wie sie auch das Strafrecht kennt - erkennen konnte und musste, dass der Verwaltungsakt „nicht richtig“ sein kann (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 122).
41 
a) Nach diesem Maßstab war es für die Klägerin bei den ersten im Jahr 2008 erfolgten ärztlichen Behandlungen durch Dr. D. ohne weiteres erkennbar, dass die Leistungsgewährungen der Beklagten nicht der Rechtslage entsprachen und deshalb auf einem Versehen beruhten.
42 
Angesichts des - z.T. erst im Berufungsverfahren vorgelegten - Schriftwechsels aus dem Jahr 2005 und der teilweise in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Ablehnung von Kassenleistungen durch die Beklagte musste der Klägerin anfangs bewusst gewesen sein, dass sie keinen Anspruch auf Kassenleistungen für die durch Dr. D. durchgeführten Behandlungen hatte. Im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre musste es sich ihr geradezu aufdrängen, dass die ersten Bewilligungen von Kassenleistungen „nicht richtig“ sein konnten. Daher musste sie bei Eingehen der Behandlungsverträge, die den Leistungsabrechnungen vom 18.4.2008, vom 3.7.2008 und vom 6.10.2008 zugrunde lagen, davon ausgehen, für diese Behandlungen keinen Anspruch auf Kassenleistungen zu haben.
43 
b) Anders stellt sich dies jedoch für die folgenden Leistungsabrechnungen dar. Nachdem die Beklagte der Klägerin dreimal Kassenleistungen ohne Vorbehalt bewilligt und diese ständige Verwaltungspraxis fast über drei Jahre hinweg von 2008 bis 2011 beibehalten hatte, musste es sich der Klägerin nach den ihr erkennbaren Umständen nicht mehr aufdrängen, dass es sich hierbei nur um ein Versehen gehandelt hat. Ein Bürger, der sich auf eine ständige Verwaltungspraxis verlässt, handelt im Regelfall nicht grob fahrlässig (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 48 Rn. 125). Bei einem derart langen Zeitraum erweckt die konsequente Bewilligung von Kassenleistungen aus der Sicht des Betroffenen, der die internen Verhältnisse der Beklagten nicht kennt, nicht mehr den Anschein eines bloßen Versehens, sondern den Eindruck, dass die Beklagte ihre Verwaltungspraxis - entgegen der noch in den Vorjahren vertretenen Ansicht - bewusst geändert hat.
44 
Zugunsten der Klägerin ist auch zu berücksichtigen, dass diese Bewilligungen jeweils nach einer Einzelfallprüfung der eingereichten Belege erfolgt sind. Anders als bei einer fortlaufenden Gehaltszahlung, die von der auszahlenden Stelle nicht jedes Mal erneut auf ihre Richtigkeit überprüft wird, erweckt in einem solchen Fall die wiederholte bewusste Bewilligung einer Leistung aus der Sicht des Betroffenen nicht mehr den Anschein eines bloßen Irrtums.
45 
Damit ist eine Situation gegeben, die mit der im Bereich des Arbeitsrechts anerkannten Rechtsfigur der sog. „betrieblichen Übung“ vergleichbar ist (vgl. BAG, Urteil vom 24.3.2010 - 10 AZR 43/09 - DB 2010, 1464 m.w. Nachw.). Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Entscheidend für die daraus resultierende Bindung des Arbeitgebers ist dabei letztlich nicht dessen Verpflichtungswille, sondern der Vertrauensschutz des Arbeitnehmers. Maßgeblich ist folglich, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Im Falle der dreimaligen vorbehaltlosen Gewährung jährlicher Leistungen wird daher regelmäßig eine betriebliche Übung angenommen.
46 
c) In Bezug auf die letzte Leistungsabrechnung vom 26.7.2011 gilt dasselbe. Diese Leistungsabrechnung ist zwar erst erfolgt, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 5.7.2011 die früheren Leistungsabrechnungen bereits zurückgenommen hatte. Die am 1.7.2011 durchgeführte Behandlung hat indes noch stattgefunden, bevor die Beklagte mit Bescheid vom 5.7.2011 dem zuvor bestehenden guten Glauben der Klägerin den Boden entzogen hat, sodass sie bei Abschluss des Behandlungsvertrags noch nicht „bösgläubig“ gewesen ist.
47 
3. Soweit die Voraussetzungen einer Rücknahme hiernach gegeben sind, hat die Beklagte das ihr im Rahmen des § 48 VwVfG eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Insoweit kann im Einzelnen auf die verwaltungsgerichtliche Entscheidung Bezug genommen werden. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Rückforderungen nach § 12 Abs. 2 BBesG, wonach in der Regel von einer Rückforderung teilweise abzusehen ist, wenn der Grund für die Überzahlung allein im behördlichen Verantwortungsbereich liegt (BVerwG, Urteile vom 26.4.2012 - 2 C 4.11 - und - 2 C 15.10 - NVwZ-RR 2012,930), lässt sich nicht auf eine auf § 48 VwVfG gestützte Rücknahme der Bewilligung von Kassenleistungen durch die Beklagte übertragen. Bei § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG handelt es sich erkennbar um eine Spezialvorschrift, die auf die besondere Situation einer Überzahlung von Bezügen im Rahmen eines Beamtendienstverhältnisses zugeschnitten und auf andere Sachverhalte nicht übertragbar ist. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass - anders als die ausdrückliche Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG - die hier anwendbare Vorschrift des § 48 VwVfG keine Billigkeitsentscheidung vorsieht. Zudem wird im Rahmen des § 48 VwVfG einer besonderen Schutzwürdigkeit des Leistungsempfängers bereits bei der Prüfung der Rücknahmevoraussetzungen angemessen Rechnung getragen, wie gerade der vorliegende Fall deutlich zeigt.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
49 
Beschluss vom 16. Mai 2013
50 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.405,42 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
51 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
26 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
27 
Die Berufung der Klägerin ist zum Teil begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 5.7.2011 und vom 27.10.2011 und deren Widerspruchsbescheid vom 8.12.2011 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin die Bewilligung von Kassenleistungen in den „Leistungsabrechnungen“ vom 30.12.2008, 15.4.2009, 26.6.2009, 9.3.2010, 8.9.2010, 22.11.2010, 9.2.2011 und 26.7.2011 zurückgenommen wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die in den angefochtenen Bescheiden weiter verfügte Rückforderung der aufgrund dieser Leistungsabrechnungen ausgezahlten Geldbeträge, welche die Beklagte auf § 30 Abs. 5 ihrer Satzung stützt, ist danach ebenfalls rechtswidrig, soweit ein Betrag von mehr als 393,21 EUR zurückgefordert wird, da die entsprechenden Zahlungen nicht rechtgrundlos erfolgt sind.
28 
Die in den angefochtenen Bescheiden verfügte Rücknahme der dort im Einzelnen aufgezählten Leistungsabrechnungen richtet sich nach § 48 VwVfG. Rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte können gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die in § 48 Abs. 2 VwVfG genannten Voraussetzungen für eine Rücknahme liegen nur für einen Teil der Leistungsabrechnungen vor, die die Beklagte zurückgenommen hat.
29 
1. Allerdings sind die zurückgenommenen Leistungsabrechnungen objektiv rechtswidrig i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.
30 
Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten (gleichlautend in allen Fassungen von der 69. Änderung vom 1.3.2008 bis zur 79. Änderung vom 10.3.2011) haben Mitglieder der Gruppe A - zu denen die Klägerin gehört - u.a. freie Wahl unter „den am Vertrag beteiligten“ Ärzten (Vertragsärzte). Kann ein Vertragsarzt nicht in Anspruch genommen werden, gewährt die Beklagte nach Satz 2 dieser Bestimmung Leistungen nach der Leistungsordnung B.
31 
Diese Satzungsbestimmung lässt mit noch hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die sog. A-Mitglieder der Beklagten grundsätzlich gehalten sind, einen Vertragsarzt der Beklagten aufzusuchen. Wenn sie sich in Behandlung eines anderen Arztes (im Folgenden: Privatarzt) begeben, stehen ihnen nur dann Leistungen nach der Leistungsordnung B zu, wenn Vertragsärzte nicht in Anspruch genommen werden „können“. Darüber, wann dies der Fall ist, gibt die Satzung der Beklagten keinen näheren Aufschluss. Bei einer die Interessen der A-Mitglieder der Beklagten in angemessener Weise berücksichtigenden Auslegung ist jedoch davon auszugehen, dass der Begriff des „Nichtkönnens“ nicht im Sinne einer objektiven Unmöglichkeit zu verstehen ist, sondern auch Fälle umfasst, in denen es einem Betroffenen aus nachvollziehbaren und verständlichen subjektiven Erwägungen heraus nicht (mehr) zumutbar ist, sich durch Vertragsärzte behandeln zu lassen. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer privatärztlichen Behandlung liegen mit anderen Worten also nicht erst dann vor, wenn es überhaupt keinen Vertragsarzt in angemessener räumlicher Nähe gibt, sondern bereits dann, wenn es dem Betroffenen aus nachvollziehbaren Gründen nicht (mehr) zumutbar ist, einen Vertragsarzt aufzusuchen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn jemand nach länger andauernden erfolglosen Behandlungsversuchen durch Vertragsärzte diese aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr aufsuchen möchte und kein anderer Vertragsarzt in räumlicher Nähe zur Verfügung steht.
32 
Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht gegeben. Allerdings ist es ohne Weiteres verständlich, dass sich die Klägerin nicht mehr durch ihre bisherigen Vertragsärzte behandeln lassen wollte und einen Arztwechsel vorgenommen hat. Wie insbesondere aus ihrem Schreiben vom 2.6.2005 und der ärztlichen Stellungnahme von Dr. D. vom 7.6.2005 im Einzelnen hervorgeht, hatte sie eine wahre „Behandlungsodyssee“ bei verschiedenen Ärzten hinter sich gebracht und jahrelang erfolglose Behandlungsversuche über sich ergehen lassen, bevor sie sich in die Behandlung von Dr. D. begeben hat. Die Beklagte weist jedoch zu Recht darauf hin, dass es in zumutbarer räumlicher Nähe zum Wohnsitz der Klägerin noch weitere für eine Behandlung grundsätzlich geeignete Vertragsärzte der Beklagten gibt. Die Beklagte hat mehrere Fachärzte für Orthopädie benannt, die auch zur Durchführung der Chirotherapie und der Akkupunktur qualifiziert sind. Diese Ärzte sind daher bei abstrakter Betrachtungsweise ohne Weiteres in der Lage, das Leiden der Klägerin zu behandeln. Einen (erfolglosen) Behandlungsversuch bei einem dieser Ärzte hat die Klägerin nicht unternommen.
33 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend, ob ein Vertragsarzt exakt dieselbe besonders engmaschige Behandlung hätte durchführen können wie Dr. D.. Solange es „vor Ort“ noch mehrere Vertragsärzte gibt, die grundsätzlich für eine Behandlung qualifiziert sind, ist es dem Betroffenen regelmäßig zumutbar, entsprechende Behandlungsversuche zu unternehmen. Dies ist hier nicht geschehen.
34 
Der Senat hat zudem in Erwägung gezogen, ob ein Fall, in dem eine vertragsärztliche Behandlung subjektiv nicht (mehr) zumutbar ist, auch dann vorliegt, wenn nach mehreren erfolglosen Behandlungsversuchen bei verschiedenen Vertragsärzten ein besonders qualifizierter Privatarzt für ein bestimmtes seltenes Spezialgebiet aufgesucht wird. Dies kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn Dr. D., den die Klägerin aufgesucht hat, weist eine solche herausragende Qualifikation, die das Aufsuchen eines anderen Arztes von vornherein unzumutbar machen würde, nicht auf. In seiner Stellungnahme an den Senat vom 27.2.2013 hat er zwar auf seine große allgemeine ärztliche Erfahrung in den Bereichen Chirurgie und Unfallchirurgie, auf seine „zertifizierten Subspezialisierungen“ auf den Gebieten Chirotherapie und manuelle Therapie und nicht zuletzt auch auf den Erfolg seiner Therapie im Falle der Klägerin verwiesen. Ohne dass der Senat die ärztlichen Leistungen von Dr. D. in Abrede stellen möchte, ergibt sich daraus jedoch nicht, dass er eine besondere objektivierbare Qualifikation für die Behandlung des „Schiefhalses“ (Torticollis spasticus) besitzt, die das bei einem anderen erfahrenen Facharzt vorhandene Niveau deutlich übertrifft.
35 
2. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte die ihm gewährten Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts liegt ein solcher Fall hier vor.
36 
Der Senat hat mit Urteil vom 16.2.2012 - 2 S 2983/11 - (juris) entschieden, dass ein Verbrauch der Leistung vorliegt, wenn die von der Beklagten bewilligten und gewährten Kassenleistungen bestimmungsgemäß verwendet und zur Begleichung der Rechnungen eines behandelnden Arztes eingesetzt werden (vgl. auch OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 5.7.2007 - 6 A 4961/05 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2011 - 26 K 444/11 -; VG Minden, Urteil vom 2.11.2005 - 4 K 151/04 - jeweils juris). In einer anderen Entscheidung hat der Senat (Beschluss vom 23.7.2012 - 2 S 1117/12 - juris) in erster Linie darauf abgestellt, ob der Empfänger der Leistungen die Beträge restlos für seine laufenden Lebensbedürfnisse verbraucht oder sich damit noch in seinem Vermögen vorhandene Werte oder Vorteile verschafft hat. Dabei hat er sich auch auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Überzahlung von Gehalts- und Versorgungsbezügen von Beamten bezogen, wonach regelmäßig ein Wegfall der Bereicherung anzunehmen ist, wenn der Beamte die zu viel gezahlten Bezüge zur Verbesserung seiner allgemeinen Lebenshaltung verwendet hat, ohne dass von reinen Luxusausgaben die Rede sein kann (BVerwG, Urteil vom 10.10.1961 - VI C 25.60 - BVerwGE 13, 107).
37 
Ob an dieser Rechtsprechung zum Begriff des Verbrauchs grundsätzlich festzuhalten ist und sie ausnahmslos auf alle Fälle der Bewilligung von Beihilfe- oder Kassenleistungen anzuwenden ist, kann dahinstehen. Denn hier liegt jedenfalls deshalb (auch) ein Regelfall i.S.d. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vor, weil die Klägerin eine schutzwürdige Vermögensdisposition getroffen hat, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Unter einer Vermögensdisposition im Sinne dieser Vorschrift ist jedes Verhalten zu verstehen, das in ursächlichem Zusammenhang mit dem begünstigenden Verwaltungsakt steht und Auswirkungen auf die Vermögenssituation des Betroffenen hat, d.h. jegliches Tun, Dulden oder Unterlassen, dem subjektiv das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts zugrundeliegt und das objektiv im Fall der Rücknahme des Verwaltungsakts als wirtschaftlich nachteilig anzusehen ist (vgl. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9.5.2011 - 1 A 88/08 - juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom .4.2013 - 2 S 264/13 -). Dispositionen in diesem Sinne sind insbesondere auch eingegangene vertragliche Verpflichtungen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 109). Dabei kann eine schutzwürdige Vermögensdisposition unter Umständen auch schon dann vorliegen, wenn der Betroffene im Vertrauen auf die zukünftige Bewilligung einer Leistung im Vorgriff Verpflichtungen eingeht, die nicht mehr rückgängig zu machen sind (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 27.3.1987 - Bf I 33/86 - NVwZ 1988, 73). Im Falle einer vertraglichen Verpflichtung ist es unmöglich, sie rückgängig zu machen, wenn sie nicht mehr aufgehoben oder gekündigt werden kann (Kopp/Ramsauer, aaO., Rn. 110).
38 
Wenn ein (gutgläubiger) Beihilfeberechtigter einen Behandlungsvertrag mit einem Arzt abschließt, trifft er im Regelfall eine schutzwürdige Vermögensdisposition in diesem Sinne. Er handelt dabei nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig im Vertrauen darauf, die dadurch entstehenden Aufwendungen im Nachhinein von der Beihilfestelle oder der Krankenkasse ersetzt zu bekommen. Die mit dem Abschluss des Behandlungsvertrags verbundene Vermögensdisposition ist auch nicht mehr rückgängig zu machen, selbst wenn die Beihilfestelle oder die Kasse die Erstattung der Aufwendungen im Nachhinein ablehnt. Dieser besonderen Interessenlage ist auch dann Rechnung zu tragen, wenn sich ein Bewilligungsbescheid im Nachhinein als rechtswidrig erweist und sich die Frage stellt, ob er zurückgenommen werden kann. Denn der Betroffene hat nach Rücknahme der Bewilligung weder die Möglichkeit, den Abschluss des Behandlungsvertrags „ex tunc“ rückgängig zu machen, noch kann er Zahlungen, die er auf der Grundlage eines wirksamen Behandlungsvertrags an den Arzt geleistet hat, von diesem zurückfordern. Dies gebietet es nach der Überzeugung des Senats, im Falle der Gutgläubigkeit des Betroffenen von einer schutzwürdigen Vermögensdisposition i.S.d. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG auszugehen.
39 
Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin erfüllt. Soweit sie gutgläubig (s. hierzu sogl. unter 3.) im Vertrauen auf eine spätere Erstattung Behandlungsverträge mit einem Privatarzt abgeschlossen hat, befindet sie sich in Bezug auf die streitgegenständlichen Kassenleistungen der Beklagten in derselben Situation wie ein Beihilfeberechtigter gegenüber der für die Bewilligung von Beihilfe zuständigen Behörde.
40 
3. Der Begünstigte kann sich gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG auf Vertrauen nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne eines „Kennenmüssens“ muss sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut wie auch nach dem Zweck der Regelung in § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts beziehen. Die bloße Kenntnis der Tatsachen oder Vorgänge, die die Rechtswidrigkeit begründen, genügt dagegen nicht. Die Unkenntnis ist grob fahrlässig, wenn der Betroffene im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre - wie sie auch das Strafrecht kennt - erkennen konnte und musste, dass der Verwaltungsakt „nicht richtig“ sein kann (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 122).
41 
a) Nach diesem Maßstab war es für die Klägerin bei den ersten im Jahr 2008 erfolgten ärztlichen Behandlungen durch Dr. D. ohne weiteres erkennbar, dass die Leistungsgewährungen der Beklagten nicht der Rechtslage entsprachen und deshalb auf einem Versehen beruhten.
42 
Angesichts des - z.T. erst im Berufungsverfahren vorgelegten - Schriftwechsels aus dem Jahr 2005 und der teilweise in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Ablehnung von Kassenleistungen durch die Beklagte musste der Klägerin anfangs bewusst gewesen sein, dass sie keinen Anspruch auf Kassenleistungen für die durch Dr. D. durchgeführten Behandlungen hatte. Im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre musste es sich ihr geradezu aufdrängen, dass die ersten Bewilligungen von Kassenleistungen „nicht richtig“ sein konnten. Daher musste sie bei Eingehen der Behandlungsverträge, die den Leistungsabrechnungen vom 18.4.2008, vom 3.7.2008 und vom 6.10.2008 zugrunde lagen, davon ausgehen, für diese Behandlungen keinen Anspruch auf Kassenleistungen zu haben.
43 
b) Anders stellt sich dies jedoch für die folgenden Leistungsabrechnungen dar. Nachdem die Beklagte der Klägerin dreimal Kassenleistungen ohne Vorbehalt bewilligt und diese ständige Verwaltungspraxis fast über drei Jahre hinweg von 2008 bis 2011 beibehalten hatte, musste es sich der Klägerin nach den ihr erkennbaren Umständen nicht mehr aufdrängen, dass es sich hierbei nur um ein Versehen gehandelt hat. Ein Bürger, der sich auf eine ständige Verwaltungspraxis verlässt, handelt im Regelfall nicht grob fahrlässig (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 48 Rn. 125). Bei einem derart langen Zeitraum erweckt die konsequente Bewilligung von Kassenleistungen aus der Sicht des Betroffenen, der die internen Verhältnisse der Beklagten nicht kennt, nicht mehr den Anschein eines bloßen Versehens, sondern den Eindruck, dass die Beklagte ihre Verwaltungspraxis - entgegen der noch in den Vorjahren vertretenen Ansicht - bewusst geändert hat.
44 
Zugunsten der Klägerin ist auch zu berücksichtigen, dass diese Bewilligungen jeweils nach einer Einzelfallprüfung der eingereichten Belege erfolgt sind. Anders als bei einer fortlaufenden Gehaltszahlung, die von der auszahlenden Stelle nicht jedes Mal erneut auf ihre Richtigkeit überprüft wird, erweckt in einem solchen Fall die wiederholte bewusste Bewilligung einer Leistung aus der Sicht des Betroffenen nicht mehr den Anschein eines bloßen Irrtums.
45 
Damit ist eine Situation gegeben, die mit der im Bereich des Arbeitsrechts anerkannten Rechtsfigur der sog. „betrieblichen Übung“ vergleichbar ist (vgl. BAG, Urteil vom 24.3.2010 - 10 AZR 43/09 - DB 2010, 1464 m.w. Nachw.). Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Entscheidend für die daraus resultierende Bindung des Arbeitgebers ist dabei letztlich nicht dessen Verpflichtungswille, sondern der Vertrauensschutz des Arbeitnehmers. Maßgeblich ist folglich, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Im Falle der dreimaligen vorbehaltlosen Gewährung jährlicher Leistungen wird daher regelmäßig eine betriebliche Übung angenommen.
46 
c) In Bezug auf die letzte Leistungsabrechnung vom 26.7.2011 gilt dasselbe. Diese Leistungsabrechnung ist zwar erst erfolgt, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 5.7.2011 die früheren Leistungsabrechnungen bereits zurückgenommen hatte. Die am 1.7.2011 durchgeführte Behandlung hat indes noch stattgefunden, bevor die Beklagte mit Bescheid vom 5.7.2011 dem zuvor bestehenden guten Glauben der Klägerin den Boden entzogen hat, sodass sie bei Abschluss des Behandlungsvertrags noch nicht „bösgläubig“ gewesen ist.
47 
3. Soweit die Voraussetzungen einer Rücknahme hiernach gegeben sind, hat die Beklagte das ihr im Rahmen des § 48 VwVfG eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Insoweit kann im Einzelnen auf die verwaltungsgerichtliche Entscheidung Bezug genommen werden. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Rückforderungen nach § 12 Abs. 2 BBesG, wonach in der Regel von einer Rückforderung teilweise abzusehen ist, wenn der Grund für die Überzahlung allein im behördlichen Verantwortungsbereich liegt (BVerwG, Urteile vom 26.4.2012 - 2 C 4.11 - und - 2 C 15.10 - NVwZ-RR 2012,930), lässt sich nicht auf eine auf § 48 VwVfG gestützte Rücknahme der Bewilligung von Kassenleistungen durch die Beklagte übertragen. Bei § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG handelt es sich erkennbar um eine Spezialvorschrift, die auf die besondere Situation einer Überzahlung von Bezügen im Rahmen eines Beamtendienstverhältnisses zugeschnitten und auf andere Sachverhalte nicht übertragbar ist. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass - anders als die ausdrückliche Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG - die hier anwendbare Vorschrift des § 48 VwVfG keine Billigkeitsentscheidung vorsieht. Zudem wird im Rahmen des § 48 VwVfG einer besonderen Schutzwürdigkeit des Leistungsempfängers bereits bei der Prüfung der Rücknahmevoraussetzungen angemessen Rechnung getragen, wie gerade der vorliegende Fall deutlich zeigt.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
49 
Beschluss vom 16. Mai 2013
50 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.405,42 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
51 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt weitere Beihilfe zu Aufwendungen für physiotherapeutische Behandlungen.
Die 1955 geborene Klägerin ist Beamtin im Dienste des Beklagten und nach Maßgabe der Beihilfeverordnung (BVO) mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Mit Antrag vom 24.02.2011 begehrte sie eine Beihilfe zu Aufwendungen für in den Zeiträumen vom 10.11.2010 bis 01.12.2010 beziehungsweise 09.11.2010 bis 20.12.2010 vorgenommene physiotherapeutische Behandlungen. Die beigefügten Rechnungen der ZAR Ludwigshafen - Therapiezentrum am St. Marienkrankenhaus vom 22.02.2011, die sich auf insgesamt 1.000,-- EUR beziehungsweise 1.100,-- EUR beliefen, wiesen als Einzelpositionen aus: für den ersten Behandlungszeitraum „Krankengymnastik“ (200,-- EUR), „KG-Gerät“ (350,-- EUR), „Lymphdrainage“ (200,-- EUR) und „Manuelle Therapie“ (250,-- EUR), für den zweiten Behandlungszeitraum „Krankengymnastik“ (400,-- EUR) und „KG-Gerät“ (700,-- EUR). In der dem ersten Behandlungszeitraum zugrunde liegenden ärztlichen Verordnung des Dr. K... vom 28.10.2010 war zu den vorgesehenen Behandlungen („10 x KG am Gerät, 10 x KG, 10 x Lymphdrainage, 10 x Manuelle Therapie“) die einheitliche Diagnose „Knie-TEP re.“ vermerkt. Die den zweiten Behandlungszeitraum betreffenden Verordnungen des Dr. S... vom 03.11.2010 („20 x KG , 20 x Gerätetraining“) enthielten jeweils die Diagnose „Beugedefizit nach K-TEP“.
Mit Bescheid vom 11.03.2011 gewährte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) der Klägerin eine Beihilfe in Höhe von 781,50 EUR und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Als beihilfefähig sah es für den ersten Behandlungszeitraum lediglich die Aufwendungen für die gerätegestützte Krankengymnastik in Höhe von 350,-- EUR und die Lymphdrainage in Höhe von 195,-- EUR an, für den zweiten Behandlungszeitraum die Aufwendungen für die gerätegestützte Krankengymnastik in Höhe von 700,-- EUR. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass neben der ärztlich verordneten gerätegestützten Krankengymnastik krankengymnastische Behandlungen nach den Nummern 4 bis 6, Bewegungsübungen nach Nummer 10, manuelle Therapie nach Nummer 12 und Massagen nach Nummer 18 des Leistungsverzeichnisses für ärztliche verordnete Heilbehandlungen des Bundesministerium des Innern nur dann beihilfefähig seien, wenn eine gesonderte Diagnosestellung und eine eigenständige ärztliche Verordnung vorliege. Die Kürzung bei den für die Lymphdrainage berücksichtigungsfähigen Aufwendungen wurde damit begründet, dass der beihilfefähige Höchstbetrag bei manueller Lymphdrainage nach Dr. Vodder bei einer Teilbehandlung von 30 Minuten 19,50 EUR betrage. Von der sich hiernach ergebenden Beihilfe in Höhe von insgesamt 871,50 EUR wurde eine Kostendämpfungspauschale in Höhe von 90,-- EUR in Abzug gebracht, woraus sich der Auszahlungsbetrag in Höhe von 781,50 EUR ergab.
Hiergegen erhob die Klägerin am 20.03.2011 Widerspruch. Zur Begründung legte sie von den behandelnden Ärzten neu ausgestellte Rezepte vor, aus denen sich ihrer Auffassung nach die Notwendigkeit der parallelen Verordnung von Krankengymnastik, Gerätegymnastik, Lymphdrainage und manueller Therapie ergebe. In den vier auf den 28.10.2010 datierten Verordnungen des Dr. K... war nunmehr vermerkt: „KG x 10, D: Knie TEP rechts“, „Manuelle Therapie x 10, D: Gelenkfunktionsstörung re. Knie“, „KG am Gerät x 10, D: Kraftdefizit re. Knie“ sowie „Lymphdrainage x 10, D: Lymphstau re. US postoperativ“. Die beiden auf den 03.11.2010 datierten Verordnungen des Dr. S... enthielten nunmehr für die Behandlung „20 x Gerätetraining“ die Diagnose „Beugedefizit nach K-TEP“ und für die Behandlung „20 x KG“ die Angaben „Z. n. Implantation einer medialen Schlittenprothese links, Z. n. valgisierender Tibiakopf-Umstellungsosteotomie rechts, Z. n. Implantation einer Oberflächenersatzprothese rechtes Kniegelenk“.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2011 wies das Landesamt den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, dass nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung als beihilferechtliche Höchstbeträge für Heilbehandlungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO die vom Bundesministerium des Innern in der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung vom 13.02.2009 (BBhV) genannten Voraussetzungen, Beschränkungen und Höchstbeträge (Leistungsverzeichnis) gälten. In Fußnote 12 dieses Leistungsverzeichnisses heiße es, dass neben der ärztlich verordneten gerätegestützten Krankengymnastik Heilbehandlungen wie Krankengymnastik, Bewegungsübungen, manuelle Therapie und Massagen nur beihilfefähig seien, wenn eine gesonderte Diagnosestellung und eine eigenständige ärztliche Verordnung vorliege. Auch aus den im Widerspruchsverfahren nachgereichten ärztlichen Verordnungen seien keine gesonderten Diagnosestellungen für die Krankengymnastik sowie manuelle Therapie zu ersehen. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass bei den Verordnungen des Dr. S... vom 03.11.2010 die Notwendigkeit der von ihm angeordneten Heilbehandlungen im Hinblick auf die wenige Tage zuvor erfolgte Verordnung des Dr. K... berücksichtigt worden sei. Den Abrechnungen des ZAR Ludwigshafen sei zu entnehmen, dass zum Teil im täglichen Wechsel der verschiedenen Verordnungen behandelt und abgerechnet worden sei. Schließlich werde davon ausgegangen, dass sich die erfolgte Behandlung wegen der ursprünglich ausgestellten Verordnung des Dr. S... auf das rechte Knie bezogen habe, weshalb die jetzige Erweiterung auf das linke Knie nicht anerkannt werden könne.
Am 11.10.2011 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen geltend macht: Aus den im Widerspruchsverfahren zulässigerweise nachgereichten Verordnungen ergebe sich, dass die nicht als beihilfefähig anerkannten Heilbehandlungen aufgrund gesonderter Diagnosestellung und einer eigenständigen ärztlichen Verordnung erbracht worden seien. Die Beschränkung des beihilfefähigen Höchstbetrages für Lymphdrainage auf 19,50 EUR pro Behandlung sei nicht sachgerecht. Schließlich sei der Abzug der sogenannten Kostendämpfungspauschale rechtswidrig. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 18.07.2007 - 6 A 3535/06 -, DÖD 2007, 230) habe hierzu entschieden, dass der Beamte treuwidrig gezwungen werde, zur Deckung eines Teils seines krankheitsbedingten Unterhaltsbedarfs auf Bestandteile der Besoldung zuzugreifen, die ihm für seinen nichtkrankheitsbedingten Bedarf zur Verfügung gestellt würden. Im Übrigen dürften nach § 49 Abs. 5 Nr. 5 BBhV bei Heilmitteln keine zusätzlichen Einbehalte verlangt werden, wenn bereits vom Bundesministerium des Innern beihilfefähige Höchstbeträge festgesetzt worden seien.
Die Klägerin beantragt,
ihr auf ihren Antrag vom 24.02.2011 eine weitere Beihilfe in Höhe von 688,50 EUR zuzüglich Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2011 zu gewähren und den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 11.03.2011 und dessen Widerspruchsbescheid vom 16.09.2011 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
10 
die Klage abzuweisen.
11 
Zur Begründung weist er auf die in den Bescheiden enthaltenen Ausführungen. Ergänzend macht er geltend, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2003 - 2 C 24/02 -, DÖD 2004, 82) die Einführung einer Kostendämpfungspauschale weder gegen Art. 33 Abs. 5 GG verstoße noch unter den Gesichtspunkten der Fürsorgepflicht und des Alimentationsprinzips Bedenken unterliege, dass der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urteil vom 09.05.1995 - 4 S 667/93 -, NVw-Z-RR 1996, 586) die Rechtsgültigkeit der baden-württembergischen Kostendämpfungspauschale bestätigt habe, und dass das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 02.10.2007 - 2 BvR 1715/03 u. a. -, NVwZ 2008, 66) die Verfassungsbeschwerden gegen die niedersächsische Kostendämpfungspauschale mangels Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen habe.
12 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung und die der Kammer vorliegende Beihilfeakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe zu den mit Antrag vom 24.02.2011 geltend gemachten Aufwendungen für physiotherapeutische Behandlungen nicht zu. Der Bescheid des Landesamts vom 11.03.2011 ist, soweit er hierfür eine Beihilfe versagt, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
14 
Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die der Klägerin von Dr. K... verordnete „10 x KG“ und „10 x Manuelle Therapie“ beziehungsweise von Dr. S... verordnete „20 x KG“ hat das Landesamt zu Recht nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung verneint, da diese Leistungen nicht aufgrund gesonderter Diagnosestellung erbracht worden sind. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Landesamt die Aufwendungen für die Lymphdrainage lediglich in Höhe von 195,-- EUR als beihilfefähig angesehen hat.
15 
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Aufwendungen für aus Anlass einer Krankheit von Ärzten schriftlich begründet verordnete Heilbehandlungen sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung beihilfefähig. Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung wiederum verweist hinsichtlich der Voraussetzungen, Beschränkungen und Höchstbeträge für Heilbehandlungen auf Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung. Diese trägt in der hier maßgeblichen Fassung vom 13.02.2009 (BGBl. I S. 326, 354) den Titel „Höchstbeträge für die Angemessenheit der Aufwendungen für Heilmittel und Voraussetzungen für bestimmte Heilmittel“, setzt unter II. für Krankengymnastik und Bewegungsübungen sowie unter III. für Massagen Höchstbeträge fest und beinhaltet die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12. Danach sind Leistungen der Nummern 4 bis 6 (krankengymnastische Behandlungen), 10 (Bewegungsübungen), 12 (manuelle Therapie) und 18 (Massagen) des Verzeichnisses neben der gerätegestützten Krankengymnastik nur beihilfefähig, wenn sie aufgrund gesonderter Diagnosestellung und einer eigenständigen ärztlichen Verordnung erbracht werden. Für die manuelle Lymphdrainage nach Dr. Vodder wird in der laufenden Nummer 19 Buchst. a („Teilbehandlung, 30 Minuten“) ein beihilfefähiger Höchstbetrag von 19,50 EUR festgesetzt.
16 
In Anwendung dieser Vorschriften steht der Klägerin ein Anspruch auf weitere Beihilfe zu den Aufwendungen für die ihr verordneten Heilbehandlungen nicht zu. Wie das Landesamt zu Recht angenommen hat, kann sie lediglich Beihilfe zu Aufwendungen in Höhe von 545,-- EUR für „10 x KG am Gerät“ (350,-- EUR) und „10 x Lymphdrainage“ (195,-- EUR) beziehungsweise von 700,-- EUR für „20 x Gerätetraining“ beanspruchen. Der Beklagte hat die Aufwendungen dem Leistungsverzeichnis in Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung zutreffend folgendermaßen zugeordnet: krankengymnastische Behandlung entsprechend Nummer 4, manuelle Therapie entsprechend Nummer 12, gerätegestützte Krankengymnastik entsprechend Nummer 15 und manuelle Lymphdrainage nach Dr. Vodder entsprechend Nummer 19 Buchst. a. Nach dem eindeutigen Normtext der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung, zu dem auch die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12 zählt, ist die Gewährung von Beihilfe zu den krankengymnastischen Behandlungen (Nr. 4) und zu manueller Therapie (Nr. 12) neben der jeweils verordneten gerätegestützten Krankengymnastik (Nr. 15) ausgeschlossen.
17 
Die Kammer versteht die Fußnote 12 dergestalt, dass es für jede der genannten Heilbehandlungen einer eigenständigen ärztlichen Verordnung und einer speziellen Diagnose bedarf, und dass beides im Zeitpunkt der Vornahme der Heilbehandlung vorliegen muss. Dies ergibt sich nicht nur aus dem eindeutigen Wortlaut der Regelung, wonach die Leistungen „aufgrund“ gesonderter Diagnosestellung und eigenständiger ärztlicher Verordnung erbracht werden müssen, die jeweilige Diagnose, ärztliche Verordnung und Heilbehandlung also kausal miteinander verknüpft werden. Auch eine am Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung führt zwingend auf dieses Normverständnis. Der Physiotherapeut kann Behandlungsmaßnahmen nur so durchführen, wie es ihm vom behandelnden Arzt im Wege der Verordnung vorgegeben wird. Um zu gewährleisten, dass eine Heilbehandlung fachgerecht durchgeführt und das anzustrebende Behandlungsergebnis möglichst effektiv erreicht wird, muss ihm deshalb das Behandlungsziel im Behandlungszeitpunkt bekannt sein. Dies setzt voraus, dass die ihm vorzulegende ärztliche Verordnung nicht nur die Behandlungsmaßnahme, sondern auch die zugehörige Diagnose erkennen lässt. Werden neben der gerätegestützten Krankengymnastik ähnliche Therapieleistungen verordnet, die jedoch eine unterschiedliche Zielrichtung haben sollen, hat der behandelnde Arzt dies durch eine vor Behandlungsbeginn für jede Heilbehandlung gesondert gestellte Diagnose deutlich zu machen (ebenso VG Aachen, Urteil vom 05.03.2009 - 7 K 1948/08 -, juris Rn. 33).
18 
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für „10 x KG“ (200,-- EUR) und „10 x Manuelle Therapie“ (250,-- EUR) sowie „20 x KG“ (400,-- EUR) nicht erfüllt. Denn die zu den Behandlungszeitpunkten vorliegenden Verordnungen des Dr. K... vom 28.10.2010 und des Dr. S... vom 03.11.2010 enthielten bezüglich dieser jeweils neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Therapieleistungen unstreitig jeweils nur die einheitlichen Diagnosen „Knie-TEP re.“ beziehungsweise „Beugedefizit nach K-TEP“. Eine nachträgliche Korrektur seitens der behandelnden Ärzte durch Neuausstellung der Verordnungen oder sonstige Nachholung der bislang fehlenden gesonderten Diagnosestellung kommt auf Grundlage des dargestellten Normverständnisses nach Durchführung der verordneten Behandlungsmaßnahmen nicht (mehr) in Betracht (ebenso VG Aachen, Urteil vom 05.03.2009, a.a.O.). Die im Widerspruchsverfahren vorgelegten neu ausgestellten Verordnungen sind daher ungeachtet dessen, ob sich aus ihnen für jede der verordneten Leistungen eine gesonderte Diagnosestellung ergibt, von vornherein unbeachtlich. Die auf die Vernehmung der behandelnden Ärzte sowie die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisanträge des Prozessbevollmächtigten der Klägerin waren - wie aus der Niederschrift ersichtlich - wegen rechtlicher Unerheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen abzulehnen.
19 
Die nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung durch Verweis auf die Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit von bestimmten neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Therapieleistungen ist ebenso wie die Höchstbetragsregelung für die manuelle Lymphdrainage mit höherrangigem Recht vereinbar. Beide pauschalierenden Regelungen verfolgen frei von Rechtsfehlern den Zweck, die Angemessenheit der im Einzelfall angefallenen Vergütungsansprüche festzustellen.
20 
Nach § 78 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes (LBG) besteht unter anderem für Beamte ein gesetzlicher Beihilfeanspruch. Durch die Beihilfegewährung erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen. Das Nähere ist nach § 78 Abs. 2 Satz 1 LBG vom Finanz- und Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung zu regeln, wobei die gesetzlichen Vorgaben in § 78 Abs. 2 Satz 2 bis 4 LBG zu beachten sind. Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LBG ist in der Beihilfeverordnung insbesondere zu bestimmen, welche Aufwendungen beihilfefähig sind; nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LBG ist ferner zu bestimmen, wie die Beihilfe zu bemessen ist, wobei sie nach § 78 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 LBG die notwendigen und angemessenen Aufwendungen unter Berücksichtigung der Eigenvorsorge und zumutbarer Selbstbehalte decken soll. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung ergeben sich außer den genannten Vorgaben in § 78 Abs. 2 Satz 2 bis 4 LBG aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dies schließt, wie sich schon aus § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 Halbsatz 2 LBG ergibt, die Verneinung oder Begrenzung von Beihilfe für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen ein, sofern die einschränkenden Regelungen weder die Fürsorgepflicht in ihrem Kern verletzen noch gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Der Charakter der Beihilfe als einer lediglich ergänzenden Hilfeleistung belässt dem Dienstherrn dabei einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise der speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann. Härten und Nachteile, die sich hieraus im Einzelfall ergeben, müssen von den Beihilfeberechtigten grundsätzlich hingenommen werden (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006 - 4 S 101/05 -, VBlBW 2007, 263 m.w.N.).
21 
Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit von bestimmten neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Therapieleistungen und die getroffene Höchstbe-tragsregelung für die manuelle Lymphdrainage halten sich im Rahmen des dem Ver-ordnungsgeber eingeräumten Spielraums.
22 
Die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12 der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung zielt erkennbar darauf ab, die Doppelabrechnung derselben Leistung oder eine Zuvielbehandlung zu verhindern (ebenso VG Aachen, Urteil vom 05.03.2009, a.a.O.). Der Verordnungsgeber geht bei einer bestimmten Häufung verschiedener Leistungen zur Behandlung bezüglich einer Diagnose typisierend von einer Zuvielbehandlung aus. Die Regelung in Fußnote 12 verfolgt damit den legitimen Zweck, die Beihilfefähigkeit von Behandlungen, die ähnliche Therapieleistungen kombinieren, einzuschränken. Es liegt zudem auf der Hand, dass sich verschiedene Formen der Krankengymnastik, Bewegungsübungen und Massagen ähneln und teilweise überschneiden können, weshalb es nicht als willkürlich oder sonst fehlerhaft erscheint, dass der Verordnungsgeber die Beihilfefähigkeit mehrerer solcher Leistungen, die nebeneinander erbracht werden, pauschalierend an das zusätzliche Erfordernis einer vor Behandlungsbeginn gestellten gesonderten Diagnose für jede Leistung knüpft (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 20.06.2013 - 6 K 535/12 -).
23 
Die in der laufenden Nummer 19 Buchst. a vorgesehene Höchstbetragsregelung für die manuelle Lymphdrainage wiederum trägt dem Umstand Rechnung, dass eine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass einer Gebührenordnung für die selbständig tätigen Angehörigen der Heilhilfsberufe nicht besteht. Es fehlt deshalb an einem Maßstab, die Angemessenheit der im Einzelfall angefallenen Vergütungsansprüche zweifelsfrei festzustellen. Dem wird durch das in Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung enthaltene Leistungsverzeichnis für ärztlich verordnete Heilbehandlungen abgeholfen. Dieses Leistungsverzeichnis ist mit dem Zentralverband der Krankengymnasten abgestimmt und bietet die Gewähr einer zwar pauschalen, aber nach der Maßgabe von Durchschnittswerten ausreichend an den tatsächlichen Verhältnissen orientierten Regelung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.07.1994 - 4 S 2106/93 -, IÖD 1995, 72).
24 
Eine generelle Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht vermag die Kammer ebenfalls nicht festzustellen. Allenfalls ihrer Art oder Höhe nach unzumutbare Belastungen beziehungsweise erhebliche Aufwendungen, die für den Beamten unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann, können den Wesenskern der Fürsorgepflicht berühren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006, a.a.O. m.w.N.). Dies trifft auf die in Rede stehenden Aufwendungen ersichtlich nicht zu. Zum einen werden die Kosten aller in Fußnote 12 genannten Leistungen bei Vorliegen einer gesonderten Diagnose und eigenständigen ärztlichen Verordnung für jede Leistung vor Behandlungsbeginn vom Dienstherrn übernommen, weshalb die Gefahr, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie gefährdet wird, nicht besteht. Zum anderen erreichen die wegen der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Höchstbetragsregelungen vom Beamten selbst zu tragenden Aufwendungen regelmäßig - so auch hier - kein Ausmaß, das eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung mit sich bringen könnte.
25 
Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landesamt vom errechneten Beihilfeanspruch der Klägerin eine Kostendämpfungspauschale in Höhe von 90,-- EUR in Abzug gebracht hat. Die Kürzung der Beihilfe beruht auf § 15 Abs. 1 BVO in der hier maßgeblichen Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66). Danach wird die Beihilfe vor Anwendung von § 15 Abs. 2 bis 4 BVO um eine Kostendämpfungspauschale für jedes Kalenderjahr gekürzt, in dem beihilfefähige Aufwendungen in Rechnung gestellt sind; der Betrag ist unabhängig von der Fortdauer der Beihilfeberechtigung, die Höhe richtet sich nach der Besoldungsgruppe, nach der die laufenden Bezüge bei Rechnungsstellung bemessen sind. Für die Klägerin war nach § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO - wie geschehen - ein Betrag von 90,-- EUR anzusetzen. Die Einführung der nach Besoldungsstufen abgestuften Kostendämpfungspauschale verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Sie genügt dem Gesetzesvorbehalt, obwohl es sich um Ver-ordnungsrecht handelt; denn der Landtag hat § 15 BVO im Rahmen von Artikelgesetzen durch formelles Gesetz erlassen und geändert und damit für den Inhalt der Vorschrift die volle Verantwortung übernommen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.06.2013 - 2 S 887/13 -, VBlBW 2013, 427 [zu § 6a BVO]). Im Übrigen macht sich die Kammer vollumfänglich die zur vergleichbaren Rechtslage in Nordrhein-Westfalen ergangenen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 20.03.2008 (- 2 C 49/07 -, NVwZ 2008, 1129) zu eigen.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. In Anwendung des § 167 Abs. 2 VwGO wird davon abgesehen, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
27 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
28 
BESCHLUSS
29 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 688,50 EUR festgesetzt.
30 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
13 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe zu den mit Antrag vom 24.02.2011 geltend gemachten Aufwendungen für physiotherapeutische Behandlungen nicht zu. Der Bescheid des Landesamts vom 11.03.2011 ist, soweit er hierfür eine Beihilfe versagt, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
14 
Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die der Klägerin von Dr. K... verordnete „10 x KG“ und „10 x Manuelle Therapie“ beziehungsweise von Dr. S... verordnete „20 x KG“ hat das Landesamt zu Recht nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung verneint, da diese Leistungen nicht aufgrund gesonderter Diagnosestellung erbracht worden sind. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Landesamt die Aufwendungen für die Lymphdrainage lediglich in Höhe von 195,-- EUR als beihilfefähig angesehen hat.
15 
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Aufwendungen für aus Anlass einer Krankheit von Ärzten schriftlich begründet verordnete Heilbehandlungen sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung beihilfefähig. Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung wiederum verweist hinsichtlich der Voraussetzungen, Beschränkungen und Höchstbeträge für Heilbehandlungen auf Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung. Diese trägt in der hier maßgeblichen Fassung vom 13.02.2009 (BGBl. I S. 326, 354) den Titel „Höchstbeträge für die Angemessenheit der Aufwendungen für Heilmittel und Voraussetzungen für bestimmte Heilmittel“, setzt unter II. für Krankengymnastik und Bewegungsübungen sowie unter III. für Massagen Höchstbeträge fest und beinhaltet die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12. Danach sind Leistungen der Nummern 4 bis 6 (krankengymnastische Behandlungen), 10 (Bewegungsübungen), 12 (manuelle Therapie) und 18 (Massagen) des Verzeichnisses neben der gerätegestützten Krankengymnastik nur beihilfefähig, wenn sie aufgrund gesonderter Diagnosestellung und einer eigenständigen ärztlichen Verordnung erbracht werden. Für die manuelle Lymphdrainage nach Dr. Vodder wird in der laufenden Nummer 19 Buchst. a („Teilbehandlung, 30 Minuten“) ein beihilfefähiger Höchstbetrag von 19,50 EUR festgesetzt.
16 
In Anwendung dieser Vorschriften steht der Klägerin ein Anspruch auf weitere Beihilfe zu den Aufwendungen für die ihr verordneten Heilbehandlungen nicht zu. Wie das Landesamt zu Recht angenommen hat, kann sie lediglich Beihilfe zu Aufwendungen in Höhe von 545,-- EUR für „10 x KG am Gerät“ (350,-- EUR) und „10 x Lymphdrainage“ (195,-- EUR) beziehungsweise von 700,-- EUR für „20 x Gerätetraining“ beanspruchen. Der Beklagte hat die Aufwendungen dem Leistungsverzeichnis in Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung zutreffend folgendermaßen zugeordnet: krankengymnastische Behandlung entsprechend Nummer 4, manuelle Therapie entsprechend Nummer 12, gerätegestützte Krankengymnastik entsprechend Nummer 15 und manuelle Lymphdrainage nach Dr. Vodder entsprechend Nummer 19 Buchst. a. Nach dem eindeutigen Normtext der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung, zu dem auch die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12 zählt, ist die Gewährung von Beihilfe zu den krankengymnastischen Behandlungen (Nr. 4) und zu manueller Therapie (Nr. 12) neben der jeweils verordneten gerätegestützten Krankengymnastik (Nr. 15) ausgeschlossen.
17 
Die Kammer versteht die Fußnote 12 dergestalt, dass es für jede der genannten Heilbehandlungen einer eigenständigen ärztlichen Verordnung und einer speziellen Diagnose bedarf, und dass beides im Zeitpunkt der Vornahme der Heilbehandlung vorliegen muss. Dies ergibt sich nicht nur aus dem eindeutigen Wortlaut der Regelung, wonach die Leistungen „aufgrund“ gesonderter Diagnosestellung und eigenständiger ärztlicher Verordnung erbracht werden müssen, die jeweilige Diagnose, ärztliche Verordnung und Heilbehandlung also kausal miteinander verknüpft werden. Auch eine am Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung führt zwingend auf dieses Normverständnis. Der Physiotherapeut kann Behandlungsmaßnahmen nur so durchführen, wie es ihm vom behandelnden Arzt im Wege der Verordnung vorgegeben wird. Um zu gewährleisten, dass eine Heilbehandlung fachgerecht durchgeführt und das anzustrebende Behandlungsergebnis möglichst effektiv erreicht wird, muss ihm deshalb das Behandlungsziel im Behandlungszeitpunkt bekannt sein. Dies setzt voraus, dass die ihm vorzulegende ärztliche Verordnung nicht nur die Behandlungsmaßnahme, sondern auch die zugehörige Diagnose erkennen lässt. Werden neben der gerätegestützten Krankengymnastik ähnliche Therapieleistungen verordnet, die jedoch eine unterschiedliche Zielrichtung haben sollen, hat der behandelnde Arzt dies durch eine vor Behandlungsbeginn für jede Heilbehandlung gesondert gestellte Diagnose deutlich zu machen (ebenso VG Aachen, Urteil vom 05.03.2009 - 7 K 1948/08 -, juris Rn. 33).
18 
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für „10 x KG“ (200,-- EUR) und „10 x Manuelle Therapie“ (250,-- EUR) sowie „20 x KG“ (400,-- EUR) nicht erfüllt. Denn die zu den Behandlungszeitpunkten vorliegenden Verordnungen des Dr. K... vom 28.10.2010 und des Dr. S... vom 03.11.2010 enthielten bezüglich dieser jeweils neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Therapieleistungen unstreitig jeweils nur die einheitlichen Diagnosen „Knie-TEP re.“ beziehungsweise „Beugedefizit nach K-TEP“. Eine nachträgliche Korrektur seitens der behandelnden Ärzte durch Neuausstellung der Verordnungen oder sonstige Nachholung der bislang fehlenden gesonderten Diagnosestellung kommt auf Grundlage des dargestellten Normverständnisses nach Durchführung der verordneten Behandlungsmaßnahmen nicht (mehr) in Betracht (ebenso VG Aachen, Urteil vom 05.03.2009, a.a.O.). Die im Widerspruchsverfahren vorgelegten neu ausgestellten Verordnungen sind daher ungeachtet dessen, ob sich aus ihnen für jede der verordneten Leistungen eine gesonderte Diagnosestellung ergibt, von vornherein unbeachtlich. Die auf die Vernehmung der behandelnden Ärzte sowie die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisanträge des Prozessbevollmächtigten der Klägerin waren - wie aus der Niederschrift ersichtlich - wegen rechtlicher Unerheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen abzulehnen.
19 
Die nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO in Verbindung mit Nummer 1.4.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung durch Verweis auf die Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit von bestimmten neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Therapieleistungen ist ebenso wie die Höchstbetragsregelung für die manuelle Lymphdrainage mit höherrangigem Recht vereinbar. Beide pauschalierenden Regelungen verfolgen frei von Rechtsfehlern den Zweck, die Angemessenheit der im Einzelfall angefallenen Vergütungsansprüche festzustellen.
20 
Nach § 78 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes (LBG) besteht unter anderem für Beamte ein gesetzlicher Beihilfeanspruch. Durch die Beihilfegewährung erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen. Das Nähere ist nach § 78 Abs. 2 Satz 1 LBG vom Finanz- und Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung zu regeln, wobei die gesetzlichen Vorgaben in § 78 Abs. 2 Satz 2 bis 4 LBG zu beachten sind. Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LBG ist in der Beihilfeverordnung insbesondere zu bestimmen, welche Aufwendungen beihilfefähig sind; nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LBG ist ferner zu bestimmen, wie die Beihilfe zu bemessen ist, wobei sie nach § 78 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 LBG die notwendigen und angemessenen Aufwendungen unter Berücksichtigung der Eigenvorsorge und zumutbarer Selbstbehalte decken soll. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung ergeben sich außer den genannten Vorgaben in § 78 Abs. 2 Satz 2 bis 4 LBG aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dies schließt, wie sich schon aus § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 Halbsatz 2 LBG ergibt, die Verneinung oder Begrenzung von Beihilfe für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen ein, sofern die einschränkenden Regelungen weder die Fürsorgepflicht in ihrem Kern verletzen noch gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Der Charakter der Beihilfe als einer lediglich ergänzenden Hilfeleistung belässt dem Dienstherrn dabei einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise der speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann. Härten und Nachteile, die sich hieraus im Einzelfall ergeben, müssen von den Beihilfeberechtigten grundsätzlich hingenommen werden (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006 - 4 S 101/05 -, VBlBW 2007, 263 m.w.N.).
21 
Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit von bestimmten neben der gerätegestützten Krankengymnastik verordneten Therapieleistungen und die getroffene Höchstbe-tragsregelung für die manuelle Lymphdrainage halten sich im Rahmen des dem Ver-ordnungsgeber eingeräumten Spielraums.
22 
Die bei der laufenden Nummer 15 angebrachte Fußnote 12 der Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung zielt erkennbar darauf ab, die Doppelabrechnung derselben Leistung oder eine Zuvielbehandlung zu verhindern (ebenso VG Aachen, Urteil vom 05.03.2009, a.a.O.). Der Verordnungsgeber geht bei einer bestimmten Häufung verschiedener Leistungen zur Behandlung bezüglich einer Diagnose typisierend von einer Zuvielbehandlung aus. Die Regelung in Fußnote 12 verfolgt damit den legitimen Zweck, die Beihilfefähigkeit von Behandlungen, die ähnliche Therapieleistungen kombinieren, einzuschränken. Es liegt zudem auf der Hand, dass sich verschiedene Formen der Krankengymnastik, Bewegungsübungen und Massagen ähneln und teilweise überschneiden können, weshalb es nicht als willkürlich oder sonst fehlerhaft erscheint, dass der Verordnungsgeber die Beihilfefähigkeit mehrerer solcher Leistungen, die nebeneinander erbracht werden, pauschalierend an das zusätzliche Erfordernis einer vor Behandlungsbeginn gestellten gesonderten Diagnose für jede Leistung knüpft (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 20.06.2013 - 6 K 535/12 -).
23 
Die in der laufenden Nummer 19 Buchst. a vorgesehene Höchstbetragsregelung für die manuelle Lymphdrainage wiederum trägt dem Umstand Rechnung, dass eine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass einer Gebührenordnung für die selbständig tätigen Angehörigen der Heilhilfsberufe nicht besteht. Es fehlt deshalb an einem Maßstab, die Angemessenheit der im Einzelfall angefallenen Vergütungsansprüche zweifelsfrei festzustellen. Dem wird durch das in Anlage 4 zur Bundesbeihilfeverordnung enthaltene Leistungsverzeichnis für ärztlich verordnete Heilbehandlungen abgeholfen. Dieses Leistungsverzeichnis ist mit dem Zentralverband der Krankengymnasten abgestimmt und bietet die Gewähr einer zwar pauschalen, aber nach der Maßgabe von Durchschnittswerten ausreichend an den tatsächlichen Verhältnissen orientierten Regelung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.07.1994 - 4 S 2106/93 -, IÖD 1995, 72).
24 
Eine generelle Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht vermag die Kammer ebenfalls nicht festzustellen. Allenfalls ihrer Art oder Höhe nach unzumutbare Belastungen beziehungsweise erhebliche Aufwendungen, die für den Beamten unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann, können den Wesenskern der Fürsorgepflicht berühren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006, a.a.O. m.w.N.). Dies trifft auf die in Rede stehenden Aufwendungen ersichtlich nicht zu. Zum einen werden die Kosten aller in Fußnote 12 genannten Leistungen bei Vorliegen einer gesonderten Diagnose und eigenständigen ärztlichen Verordnung für jede Leistung vor Behandlungsbeginn vom Dienstherrn übernommen, weshalb die Gefahr, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie gefährdet wird, nicht besteht. Zum anderen erreichen die wegen der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Höchstbetragsregelungen vom Beamten selbst zu tragenden Aufwendungen regelmäßig - so auch hier - kein Ausmaß, das eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung mit sich bringen könnte.
25 
Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landesamt vom errechneten Beihilfeanspruch der Klägerin eine Kostendämpfungspauschale in Höhe von 90,-- EUR in Abzug gebracht hat. Die Kürzung der Beihilfe beruht auf § 15 Abs. 1 BVO in der hier maßgeblichen Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66). Danach wird die Beihilfe vor Anwendung von § 15 Abs. 2 bis 4 BVO um eine Kostendämpfungspauschale für jedes Kalenderjahr gekürzt, in dem beihilfefähige Aufwendungen in Rechnung gestellt sind; der Betrag ist unabhängig von der Fortdauer der Beihilfeberechtigung, die Höhe richtet sich nach der Besoldungsgruppe, nach der die laufenden Bezüge bei Rechnungsstellung bemessen sind. Für die Klägerin war nach § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO - wie geschehen - ein Betrag von 90,-- EUR anzusetzen. Die Einführung der nach Besoldungsstufen abgestuften Kostendämpfungspauschale verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Sie genügt dem Gesetzesvorbehalt, obwohl es sich um Ver-ordnungsrecht handelt; denn der Landtag hat § 15 BVO im Rahmen von Artikelgesetzen durch formelles Gesetz erlassen und geändert und damit für den Inhalt der Vorschrift die volle Verantwortung übernommen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.06.2013 - 2 S 887/13 -, VBlBW 2013, 427 [zu § 6a BVO]). Im Übrigen macht sich die Kammer vollumfänglich die zur vergleichbaren Rechtslage in Nordrhein-Westfalen ergangenen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 20.03.2008 (- 2 C 49/07 -, NVwZ 2008, 1129) zu eigen.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. In Anwendung des § 167 Abs. 2 VwGO wird davon abgesehen, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
27 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
28 
BESCHLUSS
29 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 688,50 EUR festgesetzt.
30 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Dezember 2004 - 17 K 3752/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Beihilfefähigkeit des Arzneimittels Cialis.
Der im Jahre 1952 geborene Kläger beantragte unter dem 14.04.2004 die Gewährung von Beihilfe unter anderem zu Aufwendungen in Höhe von 144,42 EUR für das Medikament Cialis nach Rezepten vom 29.01.2004, 20.02.2004 und 16.04.2004. Insoweit wurde sein Antrag mit Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 27.04.2004 mit dem Hinweis abgelehnt, dass Aufwendungen für Mittel, die zur Potenzsteigerung verordnet würden, nicht beihilfefähig seien; würden potenzsteigernde Präparate zur Behandlung anderer Krankheiten als der erektilen Dysfunktion verordnet, so müsse dies vom Arzt unter Angabe der Diagnose entsprechend bescheinigt werden. Mit seinem Widerspruch legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung vom 03.03.2004 vor, wonach bei ihm eine Hyperprolaktinämie gegeben sei; es sei daher von einer überwiegend organischen Genese der erektilen Dysfunktion auszugehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2004 wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung den Widerspruch zurück.
Auf die hiergegen am 23.09.2004 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten mit Urteil vom 08.12.2004 - 17 K 3752/04 - unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger auf den Antrag vom 14.04.2004 weitere Beihilfe in Höhe von 101,09 EUR zu gewähren. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO, wonach unter anderem Aufwendungen für Mittel, die zur Potenzsteigerung verordnet seien, nicht beihilfefähig seien, unwirksam sei. Der Ausschluss verstoße gegen die für die Gewährung von Beihilfe aufgestellten Grundsätze, wie sie im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2002 zum Ausdruck kämen. Danach werde der Wesenskern der Fürsorgepflicht dann berührt, wenn ein Mittel existenzielle Bedeutung habe oder notwendig sei, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können. Diese Voraussetzungen ergäben sich aus der Bedeutung der Sexualität für den Menschen, insbesondere innerhalb der Familie, die dort zum Alltäglichen gehöre. Wenn aber die Ausnahmevorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO keinen Bestand haben könne, gelte wieder die Regel des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO, aufgrund derer die Aufwendungen des Klägers beihilfefähig seien.
Gegen dieses ihm am 28.12.2004 zugestellte Urteil hat das beklagte Land am 05.01.2005 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Es macht geltend, der Ausschluss der Beihilfegewährung zu Aufwendungen für Mittel zur Potenzsteigerung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere verletze die Regelung nicht die Fürsorgepflicht des Dienstherrn in ihrem Wesenskern. Bei der vom Verwaltungsgericht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2002 zitierten Passage handle es sich nicht um eine tragende Ausführung; in dem zitierten Urteil sei eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht abgelehnt worden. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur existenziellen Bedeutung bzw. zur Notwendigkeit für wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bezögen sich auf die Beihilfefähigkeit von Hilfsmitteln oder Ersatzstücken. Jedenfalls der Begriff der „Verrichtungen“ treffe im vorliegenden Fall auch nicht zu; die Voraussetzungen für eine „existenzielle Bedeutung“ lägen ebenso wenig vor. Das Medikament diene (lediglich) dazu, eine normale, aber nicht überlebenswichtige Körperfunktion zeitweise wiederherzustellen. Auch unabhängig von der unzutreffenderweise herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verstoße der Ausschluss potenzsteigernder Mittel nicht gegen den Wesenskern der Fürsorgepflicht. Das erstinstanzliche Urteil setze sich mit der finanziellen Belastung, die mit dem Ausschluss potenzsteigernder Mittel von der Beihilfe einhergehe, nicht auseinander. Es sei nicht ersichtlich, dass die Aufwendungen, um die es hier gehe, den Kläger wirtschaftlich so in Bedrängnis gebracht hätten, dass eine amtsangemessene Lebensführung für ihn und seine Familie nicht mehr gewährleistet wäre. Die Höhe der hier streitigen Aufwendungen zeige eindeutig, dass die Grenze der zumutbaren Eigenbelastung nicht überschritten sei, also keine finanzielle Härte bejaht werden könne. Auch über den speziellen Fall hinausgehend sei nicht ersichtlich, dass eine von den Beihilfeberechtigten nicht mehr zu verkraftende, unzumutbare wirtschaftliche Situation durch den Ausschluss potenzsteigernder Mittel von der Beihilfegewährung eintreten könnte. Hinzu komme, dass das Verwaltungsgericht es unzutreffenderweise unterlasse, zu überprüfen, inwieweit es sich bei potenzsteigernden Mitteln um solche handle, die dem Bereich der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen seien, und ein Rückgriff auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn daher ohnehin ausscheide. Denn potenzsteigernde Mittel unterschieden sich erheblich von anderen Arzneimitteln und würden vielfach den sogenannten „Lifestyle-Produkten“ zugerechnet. Sie würden nur im zeitlichen Zusammenhang mit dem Geschlechtsverkehr angewandt. Die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs und damit die Anwendung dieser Präparate sei somit nicht abhängig von krankheitsbedingten Gegebenheiten, sondern von nicht objektivierbaren persönlichen Bedürfnissen des Einzelnen. Ein Verstoß gegen sonstiges höherrangiges Recht sei nicht ersichtlich, insbesondere liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht vor.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. Dezember 2004 - 17 K 3752/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, dass seine Bezüge bei weitem nicht ausreichten, um die Eigenbelastungen abzudecken. Er habe eine vierköpfige Familie zu versorgen, beide Kinder seien noch in Ausbildung. Seit Jahren sei es nicht möglich, Rücklagen zu bilden und in Urlaub zu fahren. Die Eigenbelastung mit den Kosten für das Medikament Cialis würde eine angemessene allgemeine Lebenshaltung deutlich einschränken.
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
10 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat das beklagte Land zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe für das Arzneimittel Cialis zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Cialis ist nach der Beihilfeverordnung des Landes Baden-Württemberg von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Dieser Ausschluss ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
11 
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfen verlangt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17, m.w.N.). Hinsichtlich der hier anzuwendenden Bestimmungen sind keine abweichenden Regelungen getroffen. Nach § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 20.02.2003 (GBl. S. 125) - Beihilfeverordnung - BVO - sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig u.a. die Aufwendungen für nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel. Nach Satz 2 sind nicht beihilfefähig Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, sowie für Mittel, die zur Empfängnisverhütung oder Potenzsteigerung verordnet sind.
12 
Zu den letztgenannten Mitteln zählt das dem Kläger verordnete Arzneimittel „Cialis“. „Cialis“ enthält den Wirkstoff Tadalafil und wird ausweislich des Beipackzettels zur Behandlung von Männern mit erektiler Dysfunktion angewendet. In den Anwendungshinweisen heißt es: „Cialis gehört zu einer Gruppe von Arzneimitteln, die „Phosphodiesterase 5 Inhibitoren“ genannt werden. Nach einer sexuellen Stimulierung hilft Cialis, die Blutgefäße in Ihrem Penis zu entspannen, wodurch ein Blutstrom in Ihren Penis ermöglicht wird. Das Ergebnis ist eine verbesserte Erektion. Cialis wird Ihnen nicht helfen, wenn Sie nicht unter einer erektilen Dysfunktion leiden. Es ist wichtig zu beachten, dass Cialis ohne eine sexuelle Stimulation nicht wirkt.“ Danach kann nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei Cialis um ein Mittel zur Potenzsteigerung handelt, das dem Kläger auch zu diesem Zweck verordnet worden ist. Einen anderen Anwendungsbereich hat er selbst nicht benannt.
13 
Der generelle Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Mitteln, die zur Potenzsteigerung verordnet sind, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
14 
Die verordnungsrechtliche Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO beruht auf § 101 Satz 2 LBG und ist in Einklang mit Art. 61 Abs. 1 der Landesverfassung (LVerf) und unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben in § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 LBG erfolgt. Nach § 101 Satz 3 Nr. 2 LBG ist in der Beihilfeverordnung insbesondere zu bestimmen, welche Aufwendungen beihilfefähig sind; nach Satz 3 Nr. 4 LBG ist ferner zu bestimmen, wie die Beihilfe zu bemessen ist, wobei sie die notwendigen und angemessenen Aufwendungen unter Berücksichtigung der Eigenvorsorge und zumutbarer Selbstbehalte decken soll. Diese Ermächtigung umfasst grundsätzlich auch den Ausschluss oder die Begrenzung von Beihilfe für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 22.02.1995 - 4 S 642/94 -, IÖD 1995, 128, und Senatsurteil vom 24.03.1994 - 4 S 2953/93 -, ESVGH 44, 316; BVerwG, Beschluss vom 03.03.1989, Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 6).
15 
Von der danach eingeräumten Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Die getroffene Ausschlussregelung verstößt nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG), insbesondere nicht gegen die gesetzliche Fürsorgepflicht (§ 98 LBG) des Dienstherrn, die der Beklagte zugunsten des Klägers beachten muss.
16 
Art. 33 Abs. 5 GG schützt nur jenen Kernbestand von Strukturprinzipien der Institution des Berufsbeamtentums, die allgemein oder doch überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind. Hierzu gehören das Alimentationsprinzip, das den Dienstherrn verpflichtet, dem Beamten und seiner Familie amtsangemessenen Unterhalt zu leisten, und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Nicht dazu zählt jedoch das gegenwärtige System der Beihilfegewährung, da es sich erst in jüngerer Zeit herausgebildet hat. Es könnte daher geändert werden, ohne dass Art. 33 Abs. 5 GG berührt würde. Demgemäß besteht auch keine spezielle verfassungsrechtliche Verpflichtung, den Beamten und Versorgungsempfängern für Krankheitsfälle u.ä. Unterstützung gerade in Form von Beihilfen im Sinne der Beihilfevorschriften oder gar von solchen Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, BVerfGE 83, 89, m.w.N., und Beschluss vom 07.11.2002, BVerfGE 106, 225).
17 
Es ist in erster Linie Sache des Dienstherrn, für einzelne Regelungsbereiche die ihm aus der Fürsorgepflicht dem Beamten gegenüber obliegenden Verpflichtungen durch Gesetze, Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften zu konkretisieren. Bei der Ausfüllung des ihm hierbei zustehenden weiten Gestaltungsspielraums (BVerfG, Beschluss vom 11.06.1958, BVerfGE 8, 1; st. Rspr.) ist er lediglich insoweit gebunden, als die beabsichtigte Regelung dem wohlverstandenen Interesse des Beamten gebührend Rechnung zu tragen hat. Was der Dienstherr dem Beamten danach im Einzelnen schuldet, lässt sich nur im Hinblick auf den jeweils zu regelnden Sachbereich bestimmen. Insoweit gilt für den dem Normgeber aus Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebenen Maßstab grundsätzlich nichts anderes als für die die Fürsorgepflicht berücksichtigende Einzelfallentscheidung des Dienstherrn. Demgemäß hat der Dienstherr Vorkehrungen zu treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- und Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er dieser Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise Genüge tut, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen (BVerfG, Beschlüsse vom 13.11.1990 und vom 07.11.2002, jeweils a.a.O.).
18 
Nach der geltenden Rechtslage erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen durch die Gewährung von Beihilfen; sie soll den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen (BVerwG, Urteile vom 11.06.1964, BVerwGE 19, 10, 12, und vom 07.10.1965, BVerwGE 22, 160, 164 f.). Die Beihilfevorschriften konkretisieren die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn in diesen Fällen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981, BVerfGE 58, 68, 76; BVerwG, Urteil vom 31.01.2002, Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1). Die danach gewährte Beihilfe ist ihrem Wesen nach eine Hilfeleistung, die zu der zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten in angemessenem Umfang hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern (BVerwG, Urteile vom 10.08.1971, Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 35, und vom 20.10.1976, BVerwGE 51, 193, 199 f.). Da die Beihilfe regelmäßig nur einen bestimmten Vomhundertsatz der aus Anlass von Krankheits-, Geburts- und Todesfällen entstehenden Aufwendungen des Beamten abdeckt, setzt sie voraus, dass der Beamte aus seinen Mitteln für die Begleichung des übrigen Teils der Aufwendungen selbst Vorsorge trifft (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.1976, a.a.O., und vom 18.06.1980, BVerwGE 60, 212, 219 f.; Entscheidung vom 25.06.1987, BVerwGE 77, 345, 347 f.). Hierfür stellt der Besoldungsgesetzgeber dem Beamten einen Alimentationsteil zur Verfügung, mit dem er den von der Beihilfe nicht abgedeckten Teil der im Krankheitsfalle zu erwartenden Aufwendungen begleichen soll (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1988, BVerfGE 79, 223, 234 f.; BVerwG, Urteile vom 21.03.1979, BVerwGE 57, 336, 338, und vom 12.06.1985, BVerwGE 71, 342, 346 f.). Die Beihilfe ergänzt somit nach der ihr zugrundeliegenden Konzeption lediglich die Alimentation des Beamten.
19 
Hat sich der Dienstherr für ein solches Beihilfesystem entschieden, muss es den Anforderungen genügen, die ihm aus der Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten erwachsen. Er muss gewährleisten, dass der Beamte oder Richter nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann (BVerfG, Beschlüsse vom 13.11.1990 und vom 07.11.2002, jeweils a.a.O.). Jedoch fordert die Fürsorgepflicht nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheits-, Geburts- und Todesfällen entstandenen Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfang (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.1980, a.a.O., und Beschluss vom 26.07.1984, Buchholz 238.911 Nr. 13 BhV 1972/1975 Nr. 5); ebenso wenig verlangt sie, dass das von der Beihilfe nicht gedeckte Risiko in jedem Falle in vollem Umfang versicherbar sein muss (BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, DÖD 2004, 82; möglicherweise enger noch Entscheidung vom 25.06.1987, BVerwGE 77, 345). Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus der in mehreren Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sinngemäß geäußerten Auffassung herleiten, die Beihilfe als eine die Eigenvorsorge ergänzende Leistung dürfe nicht ohne Rücksicht auf die vorhandenen Versicherungsmöglichkeiten ausgestaltet werden (vgl. Urteil vom 18.06.1980, und Entscheidung vom 25.06.1987, jeweils a.a.O.). Denn dies ist nicht in dem engen Sinne zu verstehen, dass das Beihilfesystem und die private Versicherung „lückenlos“ aufeinander abgestimmt sein müssten (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2003, NVwZ-RR 2004, 546).
20 
Ausgehend hiervon hat sich der Normgeber mit dem Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Mitteln, die zur Potenzsteigerung verordnet sind, im Rahmen des ihm verfassungsrechtlich eröffneten und gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren Ermessens gehalten. Der Charakter der Beihilfe als einer ergänzenden Hilfeleistung belässt dem Dienstherrn einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise dieser speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1980, BVerwGE 60, 88; Urteil vom 29.08.1996, BVerwGE 104, 24). Dieser Spielraum ermöglicht dem Dienstherrn bzw. dem für ihn handelnden Verordnungsgeber insbesondere, Mittel zur Potenzsteigerung generell von der Beihilfefähigkeit auszuschließen und mit der Erwägung dem Privatbereich zuzuordnen, dass dadurch die in Einzelfällen problematische Offenlegung des jeweiligen Krankheitsbildes nur noch erforderlich sei, wenn das Mittel zu einem anderen Zweck verordnet worden sei (so die amtliche Begründung, abgedruckt bei Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, Einleitung, Anm. 6). Diese Erwägungen sind mit Blick auf die vom Verordnungsgeber verfolgten Zwecke der Verwaltungsvereinfachung und der Kostenersparnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die schwierige Unterscheidung zwischen medizinisch notwendigen und anderen Fällen, gegebenenfalls einhergehend mit amtsärztlichen Begutachtungen, entfalle. Zudem werde mit zunehmendem Alter auch eine medizinische Ursache durch den natürlichen Alterungsprozess überlagert, ohne dass der Zeitpunkt exakt fixiert werden könne. Dies würde bei den Betroffenen regelmäßig wieder Begutachtungen erforderlich machen, die sich mutmaßlich erheblich belastend für die psychische Situation der Betroffenen auswirken dürften. Dies begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Der Verordnungsgeber verletzt seinen Gestaltungsspielraum nicht, wenn er angesichts der beschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte Leistungen von der Beihilfefähigkeit ausnimmt, die - wie hier - in erster Linie einer Steigerung der Lebensqualität jenseits lebensbedrohlicher Zustände dienen. Dies gilt um so mehr, wenn es sich um Bereiche handelt, bei denen die Übergänge zwischen krankhaften und nicht krankhaften Zuständen maßgeblich vom subjektiven Empfinden des Einzelnen abhängen (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 10.05.2005, BSGE 94, 302). Es kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die Höhe der beihilfefähigen Aufwendungen bzw. die benötigte Menge des Präparats nach der jeweiligen individuellen Lebensgestaltung richtet. Auch dies ist ein Gesichtspunkt, der bei sonstigen Arzneimitteln regelmäßig keine - jedenfalls keine entscheidende - Rolle spielt. Der Ausschluss von der Beihilfefähigkeit ist danach sachlich begründet.
21 
Eine andere Bewertung gebietet nicht der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 30.10.2003 (BVerwGE 119, 168) ausgeführt hat, dass die Aufwendungen für die Beschaffung des Medikaments „Viagra“ (das ebenfalls der Behandlung der erektilen Dysfunktion dient) beihilfefähig sein können. Das Bundesverwaltungsgericht hat in jener Entscheidung dargelegt, dass ein nach der Beihilfeverordnung gegebener Rechtsanspruch auf Beihilfe nicht durch Verwaltungsvorschriften ausgeschlossen werden könne. Darum aber geht es im vorliegenden Fall nicht, in dem der Ausschluss in der Beihilfeverordnung selbst vorgesehen ist (vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 25.02.2003 - 3 B 00.3631 -, Juris).
22 
Auch eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht vermag der Senat nicht festzustellen. Allenfalls unzumutbare Belastungen bzw. erhebliche Aufwendungen, die für den Beamten unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann, können den Wesenskern der Fürsorgepflicht berühren (vgl. dazu BVerfG, Beschlüsse vom 13.11.1990, a.a.O., und vom 16.09.1992, NVwZ 1993, 560; BVerwG, Urteil vom 21.12.2000, BVerwGE 112, 308).
23 
Unzumutbare Belastungen bzw. unausweichliche Aufwendungen in einem wertenden Sinne können bei der Behandlung schwerer oder gar lebensbedrohender Krankheiten entstehen. Der Behandlung einer solchen Krankheit dient Cialis ungeachtet des Umstands nicht, dass es sich bei der erektilen Dysfunktion, bei der es angewandt wird, um eine Krankheit im Sinne des § 6 BVO handelt, nämlich um einen regelwidrigen, von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweichenden Körper- oder Geisteszustand, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
24 
Von einer Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht kann auch im Hinblick auf die Höhe der entstehenden Kosten nicht ausgegangen werden. Dabei ist auch der oben angesprochene Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass diese sich nicht nach einer ärztlich für einen bestimmten Behandlungszeitraum vorgegebenen Dosierungsanweisung, sondern nach der jeweiligen individuellen Lebensgestaltung richten, da Cialis jeweils nur im Zusammenhang mit dem Geschlechtsverkehr angewandt wird. Jedenfalls ist bei generalisierender und typisierender Betrachtungsweise nichts dafür erkennbar, dass die Beschaffung des Medikaments eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.1980, a.a.O.) bewirken könnte. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht entscheidend, ob die für Cialis aufzubringenden Mittel 1% des Jahresnettoeinkommens übersteigen können (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, a.a.O.). Dem Kläger verbleibt im Übrigen ein Aufwand, der nicht höher ist als der, welcher auch den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zugemutet wird (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2005, a.a.O.).
25 
Eine andere Bewertung ist auch mit Blick auf das vom Verwaltungsgericht herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2002 (a.a.O.) nicht gerechtfertigt. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, die Beihilfefähigkeit der Kosten einer Perücke berühre nicht den Wesenskern der Fürsorgepflicht, und diese sei auch kein Hilfsmittel oder Ersatzstück, das existenzielle Bedeutung habe oder notwendig sei, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können. Diese Ausführungen können nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden; der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es hier nicht um ein Hilfsmittel oder Ersatzstück für wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens (vgl. § 15 SGB XI), insbesondere in den Bereichen Körperpflege, Ernährung und Mobilität, geht. Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Sexualität für den Menschen, insbesondere innerhalb der Familie, verwiesen hat, die dort zum Alltäglichen gehöre, vermag der Senat den vom Verwaltungsgericht daraus gezogenen Schlüssen auch vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten Rechtspositionen des Klägers nicht zu folgen. Aus Art. 6 Abs. 1 GG erwachsen regelmäßig keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG, Urteil vom 12.02.2003, BVerfGE 107, 205; Senatsbeschluss vom 12.10.2006 - 4 S 2548/05 -). Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgt zwar eine objektiv-rechtliche Pflicht des Staates, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994, BVerfGE 90, 145, 195; Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 2. Aufl., Art 2 II, RdNr. 76). Darüber hinaus ist es verfassungsrechtlich jedoch nur geboten, eine der Sicherung des Existenzminimums korrespondierende medizinische Grundversorgung für alle Bürger bereitzuhalten. Dabei hat der Gesetzgeber aber einen so weiten Gestaltungsspielraum, dass sich originäre Leistungsansprüche auch aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG regelmäßig nicht ableiten lassen (vgl. Schulze-Fielitz, a.a.O., RdNr. 96, m.w.N.). Im Übrigen folgen aus der Schutzpflicht des Staates beim Beamten jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang keine weitergehenden Ansprüche als aus der Fürsorgepflicht. Nichts anderes gilt, soweit der Kläger auf die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verweist.
26 
Nach alledem ist auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit ist nicht willkürlich, sondern im Rahmen des weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers sachlich begründet erfolgt. Auch einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Differenzierungsge- und Übermaßverbot (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.05.2002 - 2 A 11755/01 -, Juris) vermag der Senat danach nicht festzustellen.
27 
Ist danach der generelle Ausschluss der Beihilfefähigkeit rechtlich nicht zu beanstanden, so ist für eine gleichwohl im Einzelfall verfassungsrechtlich gebotene Korrektur die Härtefallregelung des § 5 Abs. 6 BVO in den Blick zu nehmen. Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 BVO kann bei Anlegung eines strengen Maßstabes in besonderen Härtefällen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde und nur im Einvernehmen mit dem Finanzministerium zu Aufwendungen im Sinne des § 101 LBG ausnahmsweise abweichend von den in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen Beihilfe gewährt werden. Damit hat der Verordnungsgeber eine Vorschrift geschaffen, um ganz besonderen Fällen gerecht werden zu können, in denen die durch die Beihilfeverordnung erfolgte typisierende, pauschalierende und abschließende Konkretisierung der gesetzlich und verfassungsrechtlich gebotenen Fürsorgepflicht ausnahmsweise nicht ausreichend ist, um den Wesenskern der Fürsorgepflicht gegenüber dem beihilfeberechtigten Beamten und seinen Angehörigen zu gewährleisten. In derartigen Einzelfällen, in denen in Folge eines die Beihilfeberechtigung hervorrufenden Tatbestandes eine unerträgliche Beeinträchtigung der Möglichkeit zur amtsangemessenen Lebensführung auftritt, kann eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht gegeben sein und einen Anspruch auf weitergehende Beihilfe begründen (vgl. dazu Senatsurteil vom 17.01.1990 - 4 S 3324/88 -, Juris; Fröder/Hellstern/Beckmann/Keufer, a.a.O., § 5 Abs. 6 Anm. 60). Ob der Beklagte sich in einem solchen Fall mit Erfolg auf die Ausschlussregelung des § 5 Abs. 6 Satz 2 BVO berufen kann, wonach die Härtefallregelung nicht eingreift bei Aufwendungen, die - wie hier - ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgenommen sind, bedarf keiner Entscheidung; denn für das Vorliegen eines besonderen Härtefalls im Sinne dieser Bestimmung bzw. eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht im Einzelfall bestehen auch in Ansehung des Vorbringens des Klägers keine Anhaltspunkte.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
29 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG gegeben ist.
30 
Beschluss vom 17. November 2006
31 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 52 Abs. 3 GKG auf 101,09 EUR festgesetzt.
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
10 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat das beklagte Land zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe für das Arzneimittel Cialis zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Cialis ist nach der Beihilfeverordnung des Landes Baden-Württemberg von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Dieser Ausschluss ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
11 
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfen verlangt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17, m.w.N.). Hinsichtlich der hier anzuwendenden Bestimmungen sind keine abweichenden Regelungen getroffen. Nach § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 20.02.2003 (GBl. S. 125) - Beihilfeverordnung - BVO - sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig u.a. die Aufwendungen für nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel. Nach Satz 2 sind nicht beihilfefähig Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, sowie für Mittel, die zur Empfängnisverhütung oder Potenzsteigerung verordnet sind.
12 
Zu den letztgenannten Mitteln zählt das dem Kläger verordnete Arzneimittel „Cialis“. „Cialis“ enthält den Wirkstoff Tadalafil und wird ausweislich des Beipackzettels zur Behandlung von Männern mit erektiler Dysfunktion angewendet. In den Anwendungshinweisen heißt es: „Cialis gehört zu einer Gruppe von Arzneimitteln, die „Phosphodiesterase 5 Inhibitoren“ genannt werden. Nach einer sexuellen Stimulierung hilft Cialis, die Blutgefäße in Ihrem Penis zu entspannen, wodurch ein Blutstrom in Ihren Penis ermöglicht wird. Das Ergebnis ist eine verbesserte Erektion. Cialis wird Ihnen nicht helfen, wenn Sie nicht unter einer erektilen Dysfunktion leiden. Es ist wichtig zu beachten, dass Cialis ohne eine sexuelle Stimulation nicht wirkt.“ Danach kann nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei Cialis um ein Mittel zur Potenzsteigerung handelt, das dem Kläger auch zu diesem Zweck verordnet worden ist. Einen anderen Anwendungsbereich hat er selbst nicht benannt.
13 
Der generelle Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Mitteln, die zur Potenzsteigerung verordnet sind, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
14 
Die verordnungsrechtliche Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO beruht auf § 101 Satz 2 LBG und ist in Einklang mit Art. 61 Abs. 1 der Landesverfassung (LVerf) und unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben in § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 LBG erfolgt. Nach § 101 Satz 3 Nr. 2 LBG ist in der Beihilfeverordnung insbesondere zu bestimmen, welche Aufwendungen beihilfefähig sind; nach Satz 3 Nr. 4 LBG ist ferner zu bestimmen, wie die Beihilfe zu bemessen ist, wobei sie die notwendigen und angemessenen Aufwendungen unter Berücksichtigung der Eigenvorsorge und zumutbarer Selbstbehalte decken soll. Diese Ermächtigung umfasst grundsätzlich auch den Ausschluss oder die Begrenzung von Beihilfe für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 22.02.1995 - 4 S 642/94 -, IÖD 1995, 128, und Senatsurteil vom 24.03.1994 - 4 S 2953/93 -, ESVGH 44, 316; BVerwG, Beschluss vom 03.03.1989, Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 6).
15 
Von der danach eingeräumten Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Die getroffene Ausschlussregelung verstößt nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG), insbesondere nicht gegen die gesetzliche Fürsorgepflicht (§ 98 LBG) des Dienstherrn, die der Beklagte zugunsten des Klägers beachten muss.
16 
Art. 33 Abs. 5 GG schützt nur jenen Kernbestand von Strukturprinzipien der Institution des Berufsbeamtentums, die allgemein oder doch überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind. Hierzu gehören das Alimentationsprinzip, das den Dienstherrn verpflichtet, dem Beamten und seiner Familie amtsangemessenen Unterhalt zu leisten, und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Nicht dazu zählt jedoch das gegenwärtige System der Beihilfegewährung, da es sich erst in jüngerer Zeit herausgebildet hat. Es könnte daher geändert werden, ohne dass Art. 33 Abs. 5 GG berührt würde. Demgemäß besteht auch keine spezielle verfassungsrechtliche Verpflichtung, den Beamten und Versorgungsempfängern für Krankheitsfälle u.ä. Unterstützung gerade in Form von Beihilfen im Sinne der Beihilfevorschriften oder gar von solchen Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, BVerfGE 83, 89, m.w.N., und Beschluss vom 07.11.2002, BVerfGE 106, 225).
17 
Es ist in erster Linie Sache des Dienstherrn, für einzelne Regelungsbereiche die ihm aus der Fürsorgepflicht dem Beamten gegenüber obliegenden Verpflichtungen durch Gesetze, Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften zu konkretisieren. Bei der Ausfüllung des ihm hierbei zustehenden weiten Gestaltungsspielraums (BVerfG, Beschluss vom 11.06.1958, BVerfGE 8, 1; st. Rspr.) ist er lediglich insoweit gebunden, als die beabsichtigte Regelung dem wohlverstandenen Interesse des Beamten gebührend Rechnung zu tragen hat. Was der Dienstherr dem Beamten danach im Einzelnen schuldet, lässt sich nur im Hinblick auf den jeweils zu regelnden Sachbereich bestimmen. Insoweit gilt für den dem Normgeber aus Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebenen Maßstab grundsätzlich nichts anderes als für die die Fürsorgepflicht berücksichtigende Einzelfallentscheidung des Dienstherrn. Demgemäß hat der Dienstherr Vorkehrungen zu treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- und Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er dieser Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise Genüge tut, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen (BVerfG, Beschlüsse vom 13.11.1990 und vom 07.11.2002, jeweils a.a.O.).
18 
Nach der geltenden Rechtslage erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen durch die Gewährung von Beihilfen; sie soll den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen (BVerwG, Urteile vom 11.06.1964, BVerwGE 19, 10, 12, und vom 07.10.1965, BVerwGE 22, 160, 164 f.). Die Beihilfevorschriften konkretisieren die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn in diesen Fällen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981, BVerfGE 58, 68, 76; BVerwG, Urteil vom 31.01.2002, Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1). Die danach gewährte Beihilfe ist ihrem Wesen nach eine Hilfeleistung, die zu der zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten in angemessenem Umfang hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern (BVerwG, Urteile vom 10.08.1971, Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 35, und vom 20.10.1976, BVerwGE 51, 193, 199 f.). Da die Beihilfe regelmäßig nur einen bestimmten Vomhundertsatz der aus Anlass von Krankheits-, Geburts- und Todesfällen entstehenden Aufwendungen des Beamten abdeckt, setzt sie voraus, dass der Beamte aus seinen Mitteln für die Begleichung des übrigen Teils der Aufwendungen selbst Vorsorge trifft (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.1976, a.a.O., und vom 18.06.1980, BVerwGE 60, 212, 219 f.; Entscheidung vom 25.06.1987, BVerwGE 77, 345, 347 f.). Hierfür stellt der Besoldungsgesetzgeber dem Beamten einen Alimentationsteil zur Verfügung, mit dem er den von der Beihilfe nicht abgedeckten Teil der im Krankheitsfalle zu erwartenden Aufwendungen begleichen soll (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1988, BVerfGE 79, 223, 234 f.; BVerwG, Urteile vom 21.03.1979, BVerwGE 57, 336, 338, und vom 12.06.1985, BVerwGE 71, 342, 346 f.). Die Beihilfe ergänzt somit nach der ihr zugrundeliegenden Konzeption lediglich die Alimentation des Beamten.
19 
Hat sich der Dienstherr für ein solches Beihilfesystem entschieden, muss es den Anforderungen genügen, die ihm aus der Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten erwachsen. Er muss gewährleisten, dass der Beamte oder Richter nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann (BVerfG, Beschlüsse vom 13.11.1990 und vom 07.11.2002, jeweils a.a.O.). Jedoch fordert die Fürsorgepflicht nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheits-, Geburts- und Todesfällen entstandenen Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfang (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.1980, a.a.O., und Beschluss vom 26.07.1984, Buchholz 238.911 Nr. 13 BhV 1972/1975 Nr. 5); ebenso wenig verlangt sie, dass das von der Beihilfe nicht gedeckte Risiko in jedem Falle in vollem Umfang versicherbar sein muss (BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, DÖD 2004, 82; möglicherweise enger noch Entscheidung vom 25.06.1987, BVerwGE 77, 345). Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus der in mehreren Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sinngemäß geäußerten Auffassung herleiten, die Beihilfe als eine die Eigenvorsorge ergänzende Leistung dürfe nicht ohne Rücksicht auf die vorhandenen Versicherungsmöglichkeiten ausgestaltet werden (vgl. Urteil vom 18.06.1980, und Entscheidung vom 25.06.1987, jeweils a.a.O.). Denn dies ist nicht in dem engen Sinne zu verstehen, dass das Beihilfesystem und die private Versicherung „lückenlos“ aufeinander abgestimmt sein müssten (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2003, NVwZ-RR 2004, 546).
20 
Ausgehend hiervon hat sich der Normgeber mit dem Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Mitteln, die zur Potenzsteigerung verordnet sind, im Rahmen des ihm verfassungsrechtlich eröffneten und gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren Ermessens gehalten. Der Charakter der Beihilfe als einer ergänzenden Hilfeleistung belässt dem Dienstherrn einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise dieser speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1980, BVerwGE 60, 88; Urteil vom 29.08.1996, BVerwGE 104, 24). Dieser Spielraum ermöglicht dem Dienstherrn bzw. dem für ihn handelnden Verordnungsgeber insbesondere, Mittel zur Potenzsteigerung generell von der Beihilfefähigkeit auszuschließen und mit der Erwägung dem Privatbereich zuzuordnen, dass dadurch die in Einzelfällen problematische Offenlegung des jeweiligen Krankheitsbildes nur noch erforderlich sei, wenn das Mittel zu einem anderen Zweck verordnet worden sei (so die amtliche Begründung, abgedruckt bei Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, Einleitung, Anm. 6). Diese Erwägungen sind mit Blick auf die vom Verordnungsgeber verfolgten Zwecke der Verwaltungsvereinfachung und der Kostenersparnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die schwierige Unterscheidung zwischen medizinisch notwendigen und anderen Fällen, gegebenenfalls einhergehend mit amtsärztlichen Begutachtungen, entfalle. Zudem werde mit zunehmendem Alter auch eine medizinische Ursache durch den natürlichen Alterungsprozess überlagert, ohne dass der Zeitpunkt exakt fixiert werden könne. Dies würde bei den Betroffenen regelmäßig wieder Begutachtungen erforderlich machen, die sich mutmaßlich erheblich belastend für die psychische Situation der Betroffenen auswirken dürften. Dies begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Der Verordnungsgeber verletzt seinen Gestaltungsspielraum nicht, wenn er angesichts der beschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte Leistungen von der Beihilfefähigkeit ausnimmt, die - wie hier - in erster Linie einer Steigerung der Lebensqualität jenseits lebensbedrohlicher Zustände dienen. Dies gilt um so mehr, wenn es sich um Bereiche handelt, bei denen die Übergänge zwischen krankhaften und nicht krankhaften Zuständen maßgeblich vom subjektiven Empfinden des Einzelnen abhängen (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 10.05.2005, BSGE 94, 302). Es kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die Höhe der beihilfefähigen Aufwendungen bzw. die benötigte Menge des Präparats nach der jeweiligen individuellen Lebensgestaltung richtet. Auch dies ist ein Gesichtspunkt, der bei sonstigen Arzneimitteln regelmäßig keine - jedenfalls keine entscheidende - Rolle spielt. Der Ausschluss von der Beihilfefähigkeit ist danach sachlich begründet.
21 
Eine andere Bewertung gebietet nicht der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 30.10.2003 (BVerwGE 119, 168) ausgeführt hat, dass die Aufwendungen für die Beschaffung des Medikaments „Viagra“ (das ebenfalls der Behandlung der erektilen Dysfunktion dient) beihilfefähig sein können. Das Bundesverwaltungsgericht hat in jener Entscheidung dargelegt, dass ein nach der Beihilfeverordnung gegebener Rechtsanspruch auf Beihilfe nicht durch Verwaltungsvorschriften ausgeschlossen werden könne. Darum aber geht es im vorliegenden Fall nicht, in dem der Ausschluss in der Beihilfeverordnung selbst vorgesehen ist (vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 25.02.2003 - 3 B 00.3631 -, Juris).
22 
Auch eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht vermag der Senat nicht festzustellen. Allenfalls unzumutbare Belastungen bzw. erhebliche Aufwendungen, die für den Beamten unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann, können den Wesenskern der Fürsorgepflicht berühren (vgl. dazu BVerfG, Beschlüsse vom 13.11.1990, a.a.O., und vom 16.09.1992, NVwZ 1993, 560; BVerwG, Urteil vom 21.12.2000, BVerwGE 112, 308).
23 
Unzumutbare Belastungen bzw. unausweichliche Aufwendungen in einem wertenden Sinne können bei der Behandlung schwerer oder gar lebensbedrohender Krankheiten entstehen. Der Behandlung einer solchen Krankheit dient Cialis ungeachtet des Umstands nicht, dass es sich bei der erektilen Dysfunktion, bei der es angewandt wird, um eine Krankheit im Sinne des § 6 BVO handelt, nämlich um einen regelwidrigen, von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweichenden Körper- oder Geisteszustand, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
24 
Von einer Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht kann auch im Hinblick auf die Höhe der entstehenden Kosten nicht ausgegangen werden. Dabei ist auch der oben angesprochene Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass diese sich nicht nach einer ärztlich für einen bestimmten Behandlungszeitraum vorgegebenen Dosierungsanweisung, sondern nach der jeweiligen individuellen Lebensgestaltung richten, da Cialis jeweils nur im Zusammenhang mit dem Geschlechtsverkehr angewandt wird. Jedenfalls ist bei generalisierender und typisierender Betrachtungsweise nichts dafür erkennbar, dass die Beschaffung des Medikaments eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.1980, a.a.O.) bewirken könnte. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht entscheidend, ob die für Cialis aufzubringenden Mittel 1% des Jahresnettoeinkommens übersteigen können (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, a.a.O.). Dem Kläger verbleibt im Übrigen ein Aufwand, der nicht höher ist als der, welcher auch den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zugemutet wird (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2005, a.a.O.).
25 
Eine andere Bewertung ist auch mit Blick auf das vom Verwaltungsgericht herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2002 (a.a.O.) nicht gerechtfertigt. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, die Beihilfefähigkeit der Kosten einer Perücke berühre nicht den Wesenskern der Fürsorgepflicht, und diese sei auch kein Hilfsmittel oder Ersatzstück, das existenzielle Bedeutung habe oder notwendig sei, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können. Diese Ausführungen können nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden; der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es hier nicht um ein Hilfsmittel oder Ersatzstück für wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens (vgl. § 15 SGB XI), insbesondere in den Bereichen Körperpflege, Ernährung und Mobilität, geht. Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Sexualität für den Menschen, insbesondere innerhalb der Familie, verwiesen hat, die dort zum Alltäglichen gehöre, vermag der Senat den vom Verwaltungsgericht daraus gezogenen Schlüssen auch vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten Rechtspositionen des Klägers nicht zu folgen. Aus Art. 6 Abs. 1 GG erwachsen regelmäßig keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG, Urteil vom 12.02.2003, BVerfGE 107, 205; Senatsbeschluss vom 12.10.2006 - 4 S 2548/05 -). Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgt zwar eine objektiv-rechtliche Pflicht des Staates, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994, BVerfGE 90, 145, 195; Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 2. Aufl., Art 2 II, RdNr. 76). Darüber hinaus ist es verfassungsrechtlich jedoch nur geboten, eine der Sicherung des Existenzminimums korrespondierende medizinische Grundversorgung für alle Bürger bereitzuhalten. Dabei hat der Gesetzgeber aber einen so weiten Gestaltungsspielraum, dass sich originäre Leistungsansprüche auch aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG regelmäßig nicht ableiten lassen (vgl. Schulze-Fielitz, a.a.O., RdNr. 96, m.w.N.). Im Übrigen folgen aus der Schutzpflicht des Staates beim Beamten jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang keine weitergehenden Ansprüche als aus der Fürsorgepflicht. Nichts anderes gilt, soweit der Kläger auf die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verweist.
26 
Nach alledem ist auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit ist nicht willkürlich, sondern im Rahmen des weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers sachlich begründet erfolgt. Auch einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Differenzierungsge- und Übermaßverbot (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.05.2002 - 2 A 11755/01 -, Juris) vermag der Senat danach nicht festzustellen.
27 
Ist danach der generelle Ausschluss der Beihilfefähigkeit rechtlich nicht zu beanstanden, so ist für eine gleichwohl im Einzelfall verfassungsrechtlich gebotene Korrektur die Härtefallregelung des § 5 Abs. 6 BVO in den Blick zu nehmen. Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 BVO kann bei Anlegung eines strengen Maßstabes in besonderen Härtefällen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde und nur im Einvernehmen mit dem Finanzministerium zu Aufwendungen im Sinne des § 101 LBG ausnahmsweise abweichend von den in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen Beihilfe gewährt werden. Damit hat der Verordnungsgeber eine Vorschrift geschaffen, um ganz besonderen Fällen gerecht werden zu können, in denen die durch die Beihilfeverordnung erfolgte typisierende, pauschalierende und abschließende Konkretisierung der gesetzlich und verfassungsrechtlich gebotenen Fürsorgepflicht ausnahmsweise nicht ausreichend ist, um den Wesenskern der Fürsorgepflicht gegenüber dem beihilfeberechtigten Beamten und seinen Angehörigen zu gewährleisten. In derartigen Einzelfällen, in denen in Folge eines die Beihilfeberechtigung hervorrufenden Tatbestandes eine unerträgliche Beeinträchtigung der Möglichkeit zur amtsangemessenen Lebensführung auftritt, kann eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht gegeben sein und einen Anspruch auf weitergehende Beihilfe begründen (vgl. dazu Senatsurteil vom 17.01.1990 - 4 S 3324/88 -, Juris; Fröder/Hellstern/Beckmann/Keufer, a.a.O., § 5 Abs. 6 Anm. 60). Ob der Beklagte sich in einem solchen Fall mit Erfolg auf die Ausschlussregelung des § 5 Abs. 6 Satz 2 BVO berufen kann, wonach die Härtefallregelung nicht eingreift bei Aufwendungen, die - wie hier - ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgenommen sind, bedarf keiner Entscheidung; denn für das Vorliegen eines besonderen Härtefalls im Sinne dieser Bestimmung bzw. eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht im Einzelfall bestehen auch in Ansehung des Vorbringens des Klägers keine Anhaltspunkte.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
29 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG gegeben ist.
30 
Beschluss vom 17. November 2006
31 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 52 Abs. 3 GKG auf 101,09 EUR festgesetzt.
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. August 2012 - 3 K 81/12 - geändert.

Die Bescheide der Beklagten vom 5.7.2011 und vom 27.10.2011 und deren Widerspruchsbescheid vom 8.12.2011 werden aufgehoben, soweit darin die Bewilligung von Kassenleistungen in den „Leistungsabrechnungen“ vom 30.12.2008, 15.4.2009, 26.6.2009, 9.3.2010, 8.9.2010, 22.11.2010, 8.2.2011 und 26.7.2011 zurückgenommen und die Klägerin zur Rückzahlung eines Betrags von mehr als 393,21 EUR aufgefordert wird.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 3/10 und die Beklagte 7/10 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin ist als A-Mitglied bei der Beklagten krankenversichert.
Nach Vorlage eines Therapieplans des Privatarztes Dr. D. teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 17.5.2005 mit, dass sie als A-Mitglied die freie Wahl unter den Vertragsärzten habe. Für die Aufwendungen einer privatärztlichen Behandlung könnten grundsätzlich keine Leistungen gewährt werden.
Darauf antwortete die Klägerin unter dem 2.6.2005, sie kämpfe seit sieben Jahren mit einem „Schiefhals“ (Torticollis Spasmodicus). Mitte Januar 1998 habe sich ihr Kopf plötzlich nach links gedreht. Seither habe sie sich erfolglos bei verschiedenen Fachärzten in Behandlung begeben. Es sei ein Lichtblick für sie gewesen, dass Dr. D. im April 2005 seine Privatpraxis geöffnet habe. Sie habe erfahren, dass er sich unter anderem auch mit „Schiefhals“ befasse. Seit Mai 2005 sei sie dort in Behandlung. Er sei der erste Arzt, der ihr bei dieser Krankheit wirklich geholfen habe.
Die Klägerin legte ferner eine ärztliche Stellungnahme von Dr. D. vom 7.6.2005 vor. Darin heißt es: Bei der Erstvorstellung habe sich eine ausgeprägte und von der Patientin in keinster Weise beherrschbare Schiefhalssymptomatik mit Linksrotation und Rechtsseitneigung des Kopfes gezeigt. Er hoffe sehr auf das Verständnis der Beklagten für die erforderliche Behandlung dieses relativ seltenen Krankheitsbildes, zumal der Klägerin eine therapeutische Alternative in der Umgebung fehle.
Mit weiterem Schreiben vom 13.6.2005 wies die Beklagte die Klägerin aus Anlass einer Akkupunkturbehandlung nochmals darauf hin, dass für die Aufwendungen einer privatärztlichen Behandlung grundsätzlich keine Leistungen gewährt werden könnten.
In den Jahren 2006 und 2007 reichte die Klägerin mehrere Rechnungen für die Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen durch die privatärztliche Praxis für Chirotherapie und physikalische Therapie Dr. D. bei der Beklagten ein. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Kassenleistungen mit Leistungsabrechnungen vom 10.1.2006, 2.8.2007 und 26.11.2007 ab. In dem Leistungsbescheid vom 2.6.2006 wurde die Behandlung durch Dr. D. demgegenüber dem Grunde nach als erstattungsfähig anerkannt und die erstattungsfähigen Aufwendungen nur der Höhe nach gekürzt.
Zwischen dem 29.3.2008 und dem 21.01.2011 stellte die Klägerin insgesamt zehn weitere Anträge auf Erstattung von Aufwendungen für Behandlungen durch Dr. D., für die mit Leistungsabrechnungen vom 18.4., 3.7., 6.10. und 30.12.2008, 15.4. und 26.6.2009, 9.3., 8.9. und 22.11.2010 sowie 8.2.2011 jeweils Kassenleistungen bewilligt wurden.
Mit Bescheid vom 5.7.2011 nahm die Beklagte diese Leistungsabrechnungen hinsichtlich der darin erfolgten Festsetzungen von Kassenleistungen zurück und forderte die Klägerin auf, die zu Unrecht erhaltenen Kassenleistungen in Höhe von insgesamt EUR 1.274,06 zurückzuzahlen, da A-Mitglieder wie die Klägerin bei der Behandlung durch Privatärzte keinen Anspruch auf Kassenleistungen hätten.
Zur Begründung ihres am 26.7.2011 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruchs trug die Klägerin vor, der Beklagten sei seit Beginn der Behandlung durch Dr. D. bekannt gewesen, dass dieser eine privatärztliche Praxis betreibe. Dessen Behandlungen hätten Erfolg gehabt. Die geleisteten Erstattungen habe sie für die ihr entstandenen Aufwendungen verwendet. Im Hinblick auf die ihr seit Ausbruch der Krankheit entstandenen erhöhten Aufwendungen und ihre geringe Rente verfüge sie nicht über Ersparnisse, aus denen sie den zurückgeforderten Betrag aufbringen könne. Da sie seit Jahren von der Beklagten entsprechende Leistungen erhalten habe, sei sie von deren Richtigkeit ausgegangen. Schließlich bitte sie um Prüfung, ob von der Rückforderung „ggf. im Wege des Entgegenkommens“ abgesehen werden könne.
10 
Mit weiterer Leistungsabrechnung vom 26.7.2011 bewilligte die Beklagte auf einen entsprechenden Antrag der Klägerin für eine weitere Rechnung von Dr. D. vom 1.7.2011 Kassenleistungen in Höhe von 131,36 EUR.
11 
Mit Bescheid vom 27.10.2011 nahm die Beklagte auch diese Leistungsabrechnung hinsichtlich der darin erfolgten Festsetzung von Kassenleistungen zurück und forderte die Klägerin auf, die zu Unrecht erhaltenen Kassenleistungen in Höhe von EUR 131,36 zurückzuzahlen. Hiergegen legte die Klägerin am 3.11.2011 Widerspruch ein.
12 
Die Beklagte wies die Widersprüche der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 8.12.2011 zurück und führte zur Begründung aus, das Vertrauen der Klägerin sei nicht schutzwürdig, weil die Rechtswidrigkeit der zurückgenommenen Leistungsabrechnungen für sie ohne weiteres erkennbar gewesen sei. Denn in den Leistungsabrechnungen vom 10.01. und 2.6.2006 sowie vom 2.8. und 26.11.2007 sei sie ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass sie für privatärztliche Behandlungen keine Kassenleistungen erhalten könne. Besondere Billigkeitsgesichtspunkte seien nicht erkennbar.
13 
Am 10.1.2012 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Auch wenn sie als A-Mitglied nach § 31 Abs. 2 der Satzung der Beklagten nur Anspruch auf Behandlung durch einen Vertragsarzt habe, sei die Beklagte im Einzelfall nicht daran gehindert, aus Kulanzgründen Kassenleistungen für die Inanspruchnahme eines Nichtvertragsarztes zu gewähren, wenn dies medizinisch notwendig sei. Darüber hinaus ergebe sich ein Anspruch auf die gewährten Kassenleistungen aus § 31 Abs. 2 der Satzung, da eine vertragsärztliche Behandlung, wie die Vergangenheit gezeigt habe, nicht geeignet gewesen sei, ihr die notwendige medizinische Betreuung zukommen zu lassen. Hinzu komme, dass sie auf den Bestand der Leistungsabrechnungen habe vertrauen dürfen. Denn aus ihrer Sicht habe die Beklagte mit der Gewährung von Kassenleistungen ab dem Jahre 2008 ihre bisherige Rechtsauffassung geändert. Dass ihr Kassenleistungen in zahlreichen Fällen gewährt worden seien, zeige, dass die Entscheidung der Beklagten bewusst und nicht im Rahmen eines Einzelfallversehens erfolgt sei. Im Übrigen habe die Beklagte bei der Gewährung der nunmehr zurückgeforderten Kassenleistungen nicht die erforderliche Sorgfalt walten lassen. Sie - die Klägerin - beziehe nur relativ geringe Einkünfte an Witwengeld und Rente in Höhe von ca. 1.300,00 EUR monatlich. Gerade im Hinblick auf die Behandlungskosten des durch ihre Krankheit verursachten Mehraufwands sei es offensichtlich, dass sie die zurückgeforderten Beträge verbraucht habe.
14 
Mit Urteil vom 3.8.2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Dr. D. sei unstreitig nicht Vertragsarzt im Sinne der Satzung der Beklagten. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie für die gebotene medizinische Behandlung keinen Vertragsarzt in Anspruch habe nehmen können. Denn hierfür genüge es nicht, dass die früheren Behandlungen nicht zum gewünschten Erfolg geführt hätten. Vielmehr sei es erforderlich, darzutun, dass andere Vertragsärzte, die ebenfalls eine Behandlung wie die von Dr. D. hätten durchführen können, in zumutbarer Entfernung nicht zur Verfügung stünden. Dies habe die Klägerin jedoch nicht erklärt. Vielmehr habe sie vorgetragen, dass sie sich nach erfolgloser Behandlung durch die bisher aufgesuchten Ärzte an die privatärztliche Praxis von Dr. D. gewandt habe. Ein solcher Sachverhalt erfülle nicht die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Satz 2 der Satzung der Beklagten.
15 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme der genannten Leistungsabrechnungen, soweit darin auch Kassenleistungen gewährt worden seien, seien erfüllt. Zahlungen zur Tilgung eigener Schulden seien grundsätzlich nicht als Entreicherung i.S.d. § 818 Abs. 3 BGB anzusehen. Vorliegend sei die Klägerin durch die Bezahlung der Rechnungen von Dr. D. von Verbindlichkeiten befreit worden. Ein Vertrauensschutz der Klägerin lasse sich auch nicht aus den Umständen herleiten, die dazu geführt hätten, dass sie eine privatärztliche Behandlung in Anspruch genommen habe. Zwar habe die Klägerin geltend gemacht, sie sei im Hinblick auf die Behandlung durch ihre früheren Ärzte „austherapiert" gewesen und habe sich deshalb in die privatärztliche Behandlung des Dr. D. begeben. Indes habe sie zum einen nicht hinreichend dargetan, dass die Inanspruchnahme eines anderen Vertragsarztes mangels Erreichbarkeit nicht möglich gewesen sei. Zum anderen habe sie die erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße außer Acht gelassen. Sie habe die einschlägigen Satzungsbestimmungen ignoriert. Ein schutzwürdiges Vertrauen könne auch nicht aus der Überlegung hergeleitet werden, dass sie die privatärztlichen Behandlungen nicht fortgeführt hätte, wenn ihr klargewesen wäre, dass die Beklagte deren Kosten nicht erstatten würde. Denn sie habe die Behandlungen über einen langen Zeitraum fortgeführt, obwohl ihr aufgrund der früheren Leistungsabrechnungen vom 10.1. und 2.6.2006 sowie 2.08. und 26.11.2007 erhebliche Kosten verblieben seien.
16 
Die Rücknahme der Leistungsabrechnungen sei auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Zwar könne bei einer Ermessensentscheidung auch berücksichtigt werden, dass der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liege. Allerdings sei es auch in einem solchen Fall nicht ausgeschlossen, das Ermessen zu Ungunsten des Empfängers der Überzahlung auszuüben.
17 
Die Rückforderung der rechtswidrig gewährten Leistungen sei nach § 30 Abs. 5 Satz 1 der Satzung der Beklagten i.V. mit § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG zwingend vorgeschrieben. Besondere Umstände, sie es nach Treu und Glauben gebieten würden, von einer Rückforderung ganz oder teilweise abzusehen seien nicht erkennbar. Zwar sei die Vorgehensweise der Beklagten, der Klägerin über mehrere Jahre hinweg regelmäßig Kassenleistungen zu gewähren, die ihr nicht zugestanden hätten, kaum nachvollziehbar. Andererseits sei dieses Fehlverhalten nicht so schwerwiegend, dass eine Rückforderung gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Ebenso könne nicht von einem widersprüchlichen Verhalten der Beklagten ausgegangen werden. Denn es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Sachbearbeiter der Beklagten der Klägerin bewusst Leistungen gewährt hätten, die ihr nicht zustünden.
18 
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr früheres Vorbringen. Ergänzend macht sie geltend, dass kein anderer Arzt in der Lage gewesen sei, die in ihrem Fall erforderliche besonders engmaschige Behandlung durchzuführen.
19 
Die Klägerin beantragt,
20 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3.8.2012 - 3 K 81/12 - zu ändern und die Bescheide der Beklagten vom 5.7.2011 und vom 27.10.2011 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 8.12.2011 aufzuheben.
21 
Die Beklagte beantragt,
22 
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
23 
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr früheres Vorbringen. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Klägerin ohne weiteres die Möglichkeit gehabt habe, in räumlicher Nähe einen fachlich qualifizierten Vertragsarzt zu finden. Es gebe dort mehrere Fachärzte für Orthopädie und Chirotherapie, die auch für Akkupunkturbehandlungen qualifiziert seien.
24 
Der Senat hat eine Stellungnahme des behandelnden Arztes eingeholt, die unter dem 27.2.2013 erstattet worden ist.
25 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
27 
Die Berufung der Klägerin ist zum Teil begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 5.7.2011 und vom 27.10.2011 und deren Widerspruchsbescheid vom 8.12.2011 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin die Bewilligung von Kassenleistungen in den „Leistungsabrechnungen“ vom 30.12.2008, 15.4.2009, 26.6.2009, 9.3.2010, 8.9.2010, 22.11.2010, 9.2.2011 und 26.7.2011 zurückgenommen wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die in den angefochtenen Bescheiden weiter verfügte Rückforderung der aufgrund dieser Leistungsabrechnungen ausgezahlten Geldbeträge, welche die Beklagte auf § 30 Abs. 5 ihrer Satzung stützt, ist danach ebenfalls rechtswidrig, soweit ein Betrag von mehr als 393,21 EUR zurückgefordert wird, da die entsprechenden Zahlungen nicht rechtgrundlos erfolgt sind.
28 
Die in den angefochtenen Bescheiden verfügte Rücknahme der dort im Einzelnen aufgezählten Leistungsabrechnungen richtet sich nach § 48 VwVfG. Rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte können gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die in § 48 Abs. 2 VwVfG genannten Voraussetzungen für eine Rücknahme liegen nur für einen Teil der Leistungsabrechnungen vor, die die Beklagte zurückgenommen hat.
29 
1. Allerdings sind die zurückgenommenen Leistungsabrechnungen objektiv rechtswidrig i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.
30 
Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten (gleichlautend in allen Fassungen von der 69. Änderung vom 1.3.2008 bis zur 79. Änderung vom 10.3.2011) haben Mitglieder der Gruppe A - zu denen die Klägerin gehört - u.a. freie Wahl unter „den am Vertrag beteiligten“ Ärzten (Vertragsärzte). Kann ein Vertragsarzt nicht in Anspruch genommen werden, gewährt die Beklagte nach Satz 2 dieser Bestimmung Leistungen nach der Leistungsordnung B.
31 
Diese Satzungsbestimmung lässt mit noch hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die sog. A-Mitglieder der Beklagten grundsätzlich gehalten sind, einen Vertragsarzt der Beklagten aufzusuchen. Wenn sie sich in Behandlung eines anderen Arztes (im Folgenden: Privatarzt) begeben, stehen ihnen nur dann Leistungen nach der Leistungsordnung B zu, wenn Vertragsärzte nicht in Anspruch genommen werden „können“. Darüber, wann dies der Fall ist, gibt die Satzung der Beklagten keinen näheren Aufschluss. Bei einer die Interessen der A-Mitglieder der Beklagten in angemessener Weise berücksichtigenden Auslegung ist jedoch davon auszugehen, dass der Begriff des „Nichtkönnens“ nicht im Sinne einer objektiven Unmöglichkeit zu verstehen ist, sondern auch Fälle umfasst, in denen es einem Betroffenen aus nachvollziehbaren und verständlichen subjektiven Erwägungen heraus nicht (mehr) zumutbar ist, sich durch Vertragsärzte behandeln zu lassen. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer privatärztlichen Behandlung liegen mit anderen Worten also nicht erst dann vor, wenn es überhaupt keinen Vertragsarzt in angemessener räumlicher Nähe gibt, sondern bereits dann, wenn es dem Betroffenen aus nachvollziehbaren Gründen nicht (mehr) zumutbar ist, einen Vertragsarzt aufzusuchen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn jemand nach länger andauernden erfolglosen Behandlungsversuchen durch Vertragsärzte diese aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr aufsuchen möchte und kein anderer Vertragsarzt in räumlicher Nähe zur Verfügung steht.
32 
Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht gegeben. Allerdings ist es ohne Weiteres verständlich, dass sich die Klägerin nicht mehr durch ihre bisherigen Vertragsärzte behandeln lassen wollte und einen Arztwechsel vorgenommen hat. Wie insbesondere aus ihrem Schreiben vom 2.6.2005 und der ärztlichen Stellungnahme von Dr. D. vom 7.6.2005 im Einzelnen hervorgeht, hatte sie eine wahre „Behandlungsodyssee“ bei verschiedenen Ärzten hinter sich gebracht und jahrelang erfolglose Behandlungsversuche über sich ergehen lassen, bevor sie sich in die Behandlung von Dr. D. begeben hat. Die Beklagte weist jedoch zu Recht darauf hin, dass es in zumutbarer räumlicher Nähe zum Wohnsitz der Klägerin noch weitere für eine Behandlung grundsätzlich geeignete Vertragsärzte der Beklagten gibt. Die Beklagte hat mehrere Fachärzte für Orthopädie benannt, die auch zur Durchführung der Chirotherapie und der Akkupunktur qualifiziert sind. Diese Ärzte sind daher bei abstrakter Betrachtungsweise ohne Weiteres in der Lage, das Leiden der Klägerin zu behandeln. Einen (erfolglosen) Behandlungsversuch bei einem dieser Ärzte hat die Klägerin nicht unternommen.
33 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend, ob ein Vertragsarzt exakt dieselbe besonders engmaschige Behandlung hätte durchführen können wie Dr. D.. Solange es „vor Ort“ noch mehrere Vertragsärzte gibt, die grundsätzlich für eine Behandlung qualifiziert sind, ist es dem Betroffenen regelmäßig zumutbar, entsprechende Behandlungsversuche zu unternehmen. Dies ist hier nicht geschehen.
34 
Der Senat hat zudem in Erwägung gezogen, ob ein Fall, in dem eine vertragsärztliche Behandlung subjektiv nicht (mehr) zumutbar ist, auch dann vorliegt, wenn nach mehreren erfolglosen Behandlungsversuchen bei verschiedenen Vertragsärzten ein besonders qualifizierter Privatarzt für ein bestimmtes seltenes Spezialgebiet aufgesucht wird. Dies kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn Dr. D., den die Klägerin aufgesucht hat, weist eine solche herausragende Qualifikation, die das Aufsuchen eines anderen Arztes von vornherein unzumutbar machen würde, nicht auf. In seiner Stellungnahme an den Senat vom 27.2.2013 hat er zwar auf seine große allgemeine ärztliche Erfahrung in den Bereichen Chirurgie und Unfallchirurgie, auf seine „zertifizierten Subspezialisierungen“ auf den Gebieten Chirotherapie und manuelle Therapie und nicht zuletzt auch auf den Erfolg seiner Therapie im Falle der Klägerin verwiesen. Ohne dass der Senat die ärztlichen Leistungen von Dr. D. in Abrede stellen möchte, ergibt sich daraus jedoch nicht, dass er eine besondere objektivierbare Qualifikation für die Behandlung des „Schiefhalses“ (Torticollis spasticus) besitzt, die das bei einem anderen erfahrenen Facharzt vorhandene Niveau deutlich übertrifft.
35 
2. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte die ihm gewährten Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts liegt ein solcher Fall hier vor.
36 
Der Senat hat mit Urteil vom 16.2.2012 - 2 S 2983/11 - (juris) entschieden, dass ein Verbrauch der Leistung vorliegt, wenn die von der Beklagten bewilligten und gewährten Kassenleistungen bestimmungsgemäß verwendet und zur Begleichung der Rechnungen eines behandelnden Arztes eingesetzt werden (vgl. auch OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 5.7.2007 - 6 A 4961/05 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2011 - 26 K 444/11 -; VG Minden, Urteil vom 2.11.2005 - 4 K 151/04 - jeweils juris). In einer anderen Entscheidung hat der Senat (Beschluss vom 23.7.2012 - 2 S 1117/12 - juris) in erster Linie darauf abgestellt, ob der Empfänger der Leistungen die Beträge restlos für seine laufenden Lebensbedürfnisse verbraucht oder sich damit noch in seinem Vermögen vorhandene Werte oder Vorteile verschafft hat. Dabei hat er sich auch auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Überzahlung von Gehalts- und Versorgungsbezügen von Beamten bezogen, wonach regelmäßig ein Wegfall der Bereicherung anzunehmen ist, wenn der Beamte die zu viel gezahlten Bezüge zur Verbesserung seiner allgemeinen Lebenshaltung verwendet hat, ohne dass von reinen Luxusausgaben die Rede sein kann (BVerwG, Urteil vom 10.10.1961 - VI C 25.60 - BVerwGE 13, 107).
37 
Ob an dieser Rechtsprechung zum Begriff des Verbrauchs grundsätzlich festzuhalten ist und sie ausnahmslos auf alle Fälle der Bewilligung von Beihilfe- oder Kassenleistungen anzuwenden ist, kann dahinstehen. Denn hier liegt jedenfalls deshalb (auch) ein Regelfall i.S.d. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vor, weil die Klägerin eine schutzwürdige Vermögensdisposition getroffen hat, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Unter einer Vermögensdisposition im Sinne dieser Vorschrift ist jedes Verhalten zu verstehen, das in ursächlichem Zusammenhang mit dem begünstigenden Verwaltungsakt steht und Auswirkungen auf die Vermögenssituation des Betroffenen hat, d.h. jegliches Tun, Dulden oder Unterlassen, dem subjektiv das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts zugrundeliegt und das objektiv im Fall der Rücknahme des Verwaltungsakts als wirtschaftlich nachteilig anzusehen ist (vgl. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9.5.2011 - 1 A 88/08 - juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom .4.2013 - 2 S 264/13 -). Dispositionen in diesem Sinne sind insbesondere auch eingegangene vertragliche Verpflichtungen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 109). Dabei kann eine schutzwürdige Vermögensdisposition unter Umständen auch schon dann vorliegen, wenn der Betroffene im Vertrauen auf die zukünftige Bewilligung einer Leistung im Vorgriff Verpflichtungen eingeht, die nicht mehr rückgängig zu machen sind (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 27.3.1987 - Bf I 33/86 - NVwZ 1988, 73). Im Falle einer vertraglichen Verpflichtung ist es unmöglich, sie rückgängig zu machen, wenn sie nicht mehr aufgehoben oder gekündigt werden kann (Kopp/Ramsauer, aaO., Rn. 110).
38 
Wenn ein (gutgläubiger) Beihilfeberechtigter einen Behandlungsvertrag mit einem Arzt abschließt, trifft er im Regelfall eine schutzwürdige Vermögensdisposition in diesem Sinne. Er handelt dabei nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig im Vertrauen darauf, die dadurch entstehenden Aufwendungen im Nachhinein von der Beihilfestelle oder der Krankenkasse ersetzt zu bekommen. Die mit dem Abschluss des Behandlungsvertrags verbundene Vermögensdisposition ist auch nicht mehr rückgängig zu machen, selbst wenn die Beihilfestelle oder die Kasse die Erstattung der Aufwendungen im Nachhinein ablehnt. Dieser besonderen Interessenlage ist auch dann Rechnung zu tragen, wenn sich ein Bewilligungsbescheid im Nachhinein als rechtswidrig erweist und sich die Frage stellt, ob er zurückgenommen werden kann. Denn der Betroffene hat nach Rücknahme der Bewilligung weder die Möglichkeit, den Abschluss des Behandlungsvertrags „ex tunc“ rückgängig zu machen, noch kann er Zahlungen, die er auf der Grundlage eines wirksamen Behandlungsvertrags an den Arzt geleistet hat, von diesem zurückfordern. Dies gebietet es nach der Überzeugung des Senats, im Falle der Gutgläubigkeit des Betroffenen von einer schutzwürdigen Vermögensdisposition i.S.d. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG auszugehen.
39 
Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin erfüllt. Soweit sie gutgläubig (s. hierzu sogl. unter 3.) im Vertrauen auf eine spätere Erstattung Behandlungsverträge mit einem Privatarzt abgeschlossen hat, befindet sie sich in Bezug auf die streitgegenständlichen Kassenleistungen der Beklagten in derselben Situation wie ein Beihilfeberechtigter gegenüber der für die Bewilligung von Beihilfe zuständigen Behörde.
40 
3. Der Begünstigte kann sich gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG auf Vertrauen nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne eines „Kennenmüssens“ muss sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut wie auch nach dem Zweck der Regelung in § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts beziehen. Die bloße Kenntnis der Tatsachen oder Vorgänge, die die Rechtswidrigkeit begründen, genügt dagegen nicht. Die Unkenntnis ist grob fahrlässig, wenn der Betroffene im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre - wie sie auch das Strafrecht kennt - erkennen konnte und musste, dass der Verwaltungsakt „nicht richtig“ sein kann (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 122).
41 
a) Nach diesem Maßstab war es für die Klägerin bei den ersten im Jahr 2008 erfolgten ärztlichen Behandlungen durch Dr. D. ohne weiteres erkennbar, dass die Leistungsgewährungen der Beklagten nicht der Rechtslage entsprachen und deshalb auf einem Versehen beruhten.
42 
Angesichts des - z.T. erst im Berufungsverfahren vorgelegten - Schriftwechsels aus dem Jahr 2005 und der teilweise in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Ablehnung von Kassenleistungen durch die Beklagte musste der Klägerin anfangs bewusst gewesen sein, dass sie keinen Anspruch auf Kassenleistungen für die durch Dr. D. durchgeführten Behandlungen hatte. Im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre musste es sich ihr geradezu aufdrängen, dass die ersten Bewilligungen von Kassenleistungen „nicht richtig“ sein konnten. Daher musste sie bei Eingehen der Behandlungsverträge, die den Leistungsabrechnungen vom 18.4.2008, vom 3.7.2008 und vom 6.10.2008 zugrunde lagen, davon ausgehen, für diese Behandlungen keinen Anspruch auf Kassenleistungen zu haben.
43 
b) Anders stellt sich dies jedoch für die folgenden Leistungsabrechnungen dar. Nachdem die Beklagte der Klägerin dreimal Kassenleistungen ohne Vorbehalt bewilligt und diese ständige Verwaltungspraxis fast über drei Jahre hinweg von 2008 bis 2011 beibehalten hatte, musste es sich der Klägerin nach den ihr erkennbaren Umständen nicht mehr aufdrängen, dass es sich hierbei nur um ein Versehen gehandelt hat. Ein Bürger, der sich auf eine ständige Verwaltungspraxis verlässt, handelt im Regelfall nicht grob fahrlässig (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 48 Rn. 125). Bei einem derart langen Zeitraum erweckt die konsequente Bewilligung von Kassenleistungen aus der Sicht des Betroffenen, der die internen Verhältnisse der Beklagten nicht kennt, nicht mehr den Anschein eines bloßen Versehens, sondern den Eindruck, dass die Beklagte ihre Verwaltungspraxis - entgegen der noch in den Vorjahren vertretenen Ansicht - bewusst geändert hat.
44 
Zugunsten der Klägerin ist auch zu berücksichtigen, dass diese Bewilligungen jeweils nach einer Einzelfallprüfung der eingereichten Belege erfolgt sind. Anders als bei einer fortlaufenden Gehaltszahlung, die von der auszahlenden Stelle nicht jedes Mal erneut auf ihre Richtigkeit überprüft wird, erweckt in einem solchen Fall die wiederholte bewusste Bewilligung einer Leistung aus der Sicht des Betroffenen nicht mehr den Anschein eines bloßen Irrtums.
45 
Damit ist eine Situation gegeben, die mit der im Bereich des Arbeitsrechts anerkannten Rechtsfigur der sog. „betrieblichen Übung“ vergleichbar ist (vgl. BAG, Urteil vom 24.3.2010 - 10 AZR 43/09 - DB 2010, 1464 m.w. Nachw.). Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Entscheidend für die daraus resultierende Bindung des Arbeitgebers ist dabei letztlich nicht dessen Verpflichtungswille, sondern der Vertrauensschutz des Arbeitnehmers. Maßgeblich ist folglich, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Im Falle der dreimaligen vorbehaltlosen Gewährung jährlicher Leistungen wird daher regelmäßig eine betriebliche Übung angenommen.
46 
c) In Bezug auf die letzte Leistungsabrechnung vom 26.7.2011 gilt dasselbe. Diese Leistungsabrechnung ist zwar erst erfolgt, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 5.7.2011 die früheren Leistungsabrechnungen bereits zurückgenommen hatte. Die am 1.7.2011 durchgeführte Behandlung hat indes noch stattgefunden, bevor die Beklagte mit Bescheid vom 5.7.2011 dem zuvor bestehenden guten Glauben der Klägerin den Boden entzogen hat, sodass sie bei Abschluss des Behandlungsvertrags noch nicht „bösgläubig“ gewesen ist.
47 
3. Soweit die Voraussetzungen einer Rücknahme hiernach gegeben sind, hat die Beklagte das ihr im Rahmen des § 48 VwVfG eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Insoweit kann im Einzelnen auf die verwaltungsgerichtliche Entscheidung Bezug genommen werden. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Rückforderungen nach § 12 Abs. 2 BBesG, wonach in der Regel von einer Rückforderung teilweise abzusehen ist, wenn der Grund für die Überzahlung allein im behördlichen Verantwortungsbereich liegt (BVerwG, Urteile vom 26.4.2012 - 2 C 4.11 - und - 2 C 15.10 - NVwZ-RR 2012,930), lässt sich nicht auf eine auf § 48 VwVfG gestützte Rücknahme der Bewilligung von Kassenleistungen durch die Beklagte übertragen. Bei § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG handelt es sich erkennbar um eine Spezialvorschrift, die auf die besondere Situation einer Überzahlung von Bezügen im Rahmen eines Beamtendienstverhältnisses zugeschnitten und auf andere Sachverhalte nicht übertragbar ist. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass - anders als die ausdrückliche Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG - die hier anwendbare Vorschrift des § 48 VwVfG keine Billigkeitsentscheidung vorsieht. Zudem wird im Rahmen des § 48 VwVfG einer besonderen Schutzwürdigkeit des Leistungsempfängers bereits bei der Prüfung der Rücknahmevoraussetzungen angemessen Rechnung getragen, wie gerade der vorliegende Fall deutlich zeigt.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
49 
Beschluss vom 16. Mai 2013
50 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.405,42 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
51 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
26 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
27 
Die Berufung der Klägerin ist zum Teil begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 5.7.2011 und vom 27.10.2011 und deren Widerspruchsbescheid vom 8.12.2011 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin die Bewilligung von Kassenleistungen in den „Leistungsabrechnungen“ vom 30.12.2008, 15.4.2009, 26.6.2009, 9.3.2010, 8.9.2010, 22.11.2010, 9.2.2011 und 26.7.2011 zurückgenommen wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die in den angefochtenen Bescheiden weiter verfügte Rückforderung der aufgrund dieser Leistungsabrechnungen ausgezahlten Geldbeträge, welche die Beklagte auf § 30 Abs. 5 ihrer Satzung stützt, ist danach ebenfalls rechtswidrig, soweit ein Betrag von mehr als 393,21 EUR zurückgefordert wird, da die entsprechenden Zahlungen nicht rechtgrundlos erfolgt sind.
28 
Die in den angefochtenen Bescheiden verfügte Rücknahme der dort im Einzelnen aufgezählten Leistungsabrechnungen richtet sich nach § 48 VwVfG. Rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte können gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die in § 48 Abs. 2 VwVfG genannten Voraussetzungen für eine Rücknahme liegen nur für einen Teil der Leistungsabrechnungen vor, die die Beklagte zurückgenommen hat.
29 
1. Allerdings sind die zurückgenommenen Leistungsabrechnungen objektiv rechtswidrig i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.
30 
Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten (gleichlautend in allen Fassungen von der 69. Änderung vom 1.3.2008 bis zur 79. Änderung vom 10.3.2011) haben Mitglieder der Gruppe A - zu denen die Klägerin gehört - u.a. freie Wahl unter „den am Vertrag beteiligten“ Ärzten (Vertragsärzte). Kann ein Vertragsarzt nicht in Anspruch genommen werden, gewährt die Beklagte nach Satz 2 dieser Bestimmung Leistungen nach der Leistungsordnung B.
31 
Diese Satzungsbestimmung lässt mit noch hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die sog. A-Mitglieder der Beklagten grundsätzlich gehalten sind, einen Vertragsarzt der Beklagten aufzusuchen. Wenn sie sich in Behandlung eines anderen Arztes (im Folgenden: Privatarzt) begeben, stehen ihnen nur dann Leistungen nach der Leistungsordnung B zu, wenn Vertragsärzte nicht in Anspruch genommen werden „können“. Darüber, wann dies der Fall ist, gibt die Satzung der Beklagten keinen näheren Aufschluss. Bei einer die Interessen der A-Mitglieder der Beklagten in angemessener Weise berücksichtigenden Auslegung ist jedoch davon auszugehen, dass der Begriff des „Nichtkönnens“ nicht im Sinne einer objektiven Unmöglichkeit zu verstehen ist, sondern auch Fälle umfasst, in denen es einem Betroffenen aus nachvollziehbaren und verständlichen subjektiven Erwägungen heraus nicht (mehr) zumutbar ist, sich durch Vertragsärzte behandeln zu lassen. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer privatärztlichen Behandlung liegen mit anderen Worten also nicht erst dann vor, wenn es überhaupt keinen Vertragsarzt in angemessener räumlicher Nähe gibt, sondern bereits dann, wenn es dem Betroffenen aus nachvollziehbaren Gründen nicht (mehr) zumutbar ist, einen Vertragsarzt aufzusuchen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn jemand nach länger andauernden erfolglosen Behandlungsversuchen durch Vertragsärzte diese aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr aufsuchen möchte und kein anderer Vertragsarzt in räumlicher Nähe zur Verfügung steht.
32 
Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht gegeben. Allerdings ist es ohne Weiteres verständlich, dass sich die Klägerin nicht mehr durch ihre bisherigen Vertragsärzte behandeln lassen wollte und einen Arztwechsel vorgenommen hat. Wie insbesondere aus ihrem Schreiben vom 2.6.2005 und der ärztlichen Stellungnahme von Dr. D. vom 7.6.2005 im Einzelnen hervorgeht, hatte sie eine wahre „Behandlungsodyssee“ bei verschiedenen Ärzten hinter sich gebracht und jahrelang erfolglose Behandlungsversuche über sich ergehen lassen, bevor sie sich in die Behandlung von Dr. D. begeben hat. Die Beklagte weist jedoch zu Recht darauf hin, dass es in zumutbarer räumlicher Nähe zum Wohnsitz der Klägerin noch weitere für eine Behandlung grundsätzlich geeignete Vertragsärzte der Beklagten gibt. Die Beklagte hat mehrere Fachärzte für Orthopädie benannt, die auch zur Durchführung der Chirotherapie und der Akkupunktur qualifiziert sind. Diese Ärzte sind daher bei abstrakter Betrachtungsweise ohne Weiteres in der Lage, das Leiden der Klägerin zu behandeln. Einen (erfolglosen) Behandlungsversuch bei einem dieser Ärzte hat die Klägerin nicht unternommen.
33 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend, ob ein Vertragsarzt exakt dieselbe besonders engmaschige Behandlung hätte durchführen können wie Dr. D.. Solange es „vor Ort“ noch mehrere Vertragsärzte gibt, die grundsätzlich für eine Behandlung qualifiziert sind, ist es dem Betroffenen regelmäßig zumutbar, entsprechende Behandlungsversuche zu unternehmen. Dies ist hier nicht geschehen.
34 
Der Senat hat zudem in Erwägung gezogen, ob ein Fall, in dem eine vertragsärztliche Behandlung subjektiv nicht (mehr) zumutbar ist, auch dann vorliegt, wenn nach mehreren erfolglosen Behandlungsversuchen bei verschiedenen Vertragsärzten ein besonders qualifizierter Privatarzt für ein bestimmtes seltenes Spezialgebiet aufgesucht wird. Dies kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn Dr. D., den die Klägerin aufgesucht hat, weist eine solche herausragende Qualifikation, die das Aufsuchen eines anderen Arztes von vornherein unzumutbar machen würde, nicht auf. In seiner Stellungnahme an den Senat vom 27.2.2013 hat er zwar auf seine große allgemeine ärztliche Erfahrung in den Bereichen Chirurgie und Unfallchirurgie, auf seine „zertifizierten Subspezialisierungen“ auf den Gebieten Chirotherapie und manuelle Therapie und nicht zuletzt auch auf den Erfolg seiner Therapie im Falle der Klägerin verwiesen. Ohne dass der Senat die ärztlichen Leistungen von Dr. D. in Abrede stellen möchte, ergibt sich daraus jedoch nicht, dass er eine besondere objektivierbare Qualifikation für die Behandlung des „Schiefhalses“ (Torticollis spasticus) besitzt, die das bei einem anderen erfahrenen Facharzt vorhandene Niveau deutlich übertrifft.
35 
2. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte die ihm gewährten Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts liegt ein solcher Fall hier vor.
36 
Der Senat hat mit Urteil vom 16.2.2012 - 2 S 2983/11 - (juris) entschieden, dass ein Verbrauch der Leistung vorliegt, wenn die von der Beklagten bewilligten und gewährten Kassenleistungen bestimmungsgemäß verwendet und zur Begleichung der Rechnungen eines behandelnden Arztes eingesetzt werden (vgl. auch OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 5.7.2007 - 6 A 4961/05 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2011 - 26 K 444/11 -; VG Minden, Urteil vom 2.11.2005 - 4 K 151/04 - jeweils juris). In einer anderen Entscheidung hat der Senat (Beschluss vom 23.7.2012 - 2 S 1117/12 - juris) in erster Linie darauf abgestellt, ob der Empfänger der Leistungen die Beträge restlos für seine laufenden Lebensbedürfnisse verbraucht oder sich damit noch in seinem Vermögen vorhandene Werte oder Vorteile verschafft hat. Dabei hat er sich auch auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Überzahlung von Gehalts- und Versorgungsbezügen von Beamten bezogen, wonach regelmäßig ein Wegfall der Bereicherung anzunehmen ist, wenn der Beamte die zu viel gezahlten Bezüge zur Verbesserung seiner allgemeinen Lebenshaltung verwendet hat, ohne dass von reinen Luxusausgaben die Rede sein kann (BVerwG, Urteil vom 10.10.1961 - VI C 25.60 - BVerwGE 13, 107).
37 
Ob an dieser Rechtsprechung zum Begriff des Verbrauchs grundsätzlich festzuhalten ist und sie ausnahmslos auf alle Fälle der Bewilligung von Beihilfe- oder Kassenleistungen anzuwenden ist, kann dahinstehen. Denn hier liegt jedenfalls deshalb (auch) ein Regelfall i.S.d. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vor, weil die Klägerin eine schutzwürdige Vermögensdisposition getroffen hat, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Unter einer Vermögensdisposition im Sinne dieser Vorschrift ist jedes Verhalten zu verstehen, das in ursächlichem Zusammenhang mit dem begünstigenden Verwaltungsakt steht und Auswirkungen auf die Vermögenssituation des Betroffenen hat, d.h. jegliches Tun, Dulden oder Unterlassen, dem subjektiv das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts zugrundeliegt und das objektiv im Fall der Rücknahme des Verwaltungsakts als wirtschaftlich nachteilig anzusehen ist (vgl. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9.5.2011 - 1 A 88/08 - juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom .4.2013 - 2 S 264/13 -). Dispositionen in diesem Sinne sind insbesondere auch eingegangene vertragliche Verpflichtungen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 109). Dabei kann eine schutzwürdige Vermögensdisposition unter Umständen auch schon dann vorliegen, wenn der Betroffene im Vertrauen auf die zukünftige Bewilligung einer Leistung im Vorgriff Verpflichtungen eingeht, die nicht mehr rückgängig zu machen sind (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 27.3.1987 - Bf I 33/86 - NVwZ 1988, 73). Im Falle einer vertraglichen Verpflichtung ist es unmöglich, sie rückgängig zu machen, wenn sie nicht mehr aufgehoben oder gekündigt werden kann (Kopp/Ramsauer, aaO., Rn. 110).
38 
Wenn ein (gutgläubiger) Beihilfeberechtigter einen Behandlungsvertrag mit einem Arzt abschließt, trifft er im Regelfall eine schutzwürdige Vermögensdisposition in diesem Sinne. Er handelt dabei nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig im Vertrauen darauf, die dadurch entstehenden Aufwendungen im Nachhinein von der Beihilfestelle oder der Krankenkasse ersetzt zu bekommen. Die mit dem Abschluss des Behandlungsvertrags verbundene Vermögensdisposition ist auch nicht mehr rückgängig zu machen, selbst wenn die Beihilfestelle oder die Kasse die Erstattung der Aufwendungen im Nachhinein ablehnt. Dieser besonderen Interessenlage ist auch dann Rechnung zu tragen, wenn sich ein Bewilligungsbescheid im Nachhinein als rechtswidrig erweist und sich die Frage stellt, ob er zurückgenommen werden kann. Denn der Betroffene hat nach Rücknahme der Bewilligung weder die Möglichkeit, den Abschluss des Behandlungsvertrags „ex tunc“ rückgängig zu machen, noch kann er Zahlungen, die er auf der Grundlage eines wirksamen Behandlungsvertrags an den Arzt geleistet hat, von diesem zurückfordern. Dies gebietet es nach der Überzeugung des Senats, im Falle der Gutgläubigkeit des Betroffenen von einer schutzwürdigen Vermögensdisposition i.S.d. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG auszugehen.
39 
Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin erfüllt. Soweit sie gutgläubig (s. hierzu sogl. unter 3.) im Vertrauen auf eine spätere Erstattung Behandlungsverträge mit einem Privatarzt abgeschlossen hat, befindet sie sich in Bezug auf die streitgegenständlichen Kassenleistungen der Beklagten in derselben Situation wie ein Beihilfeberechtigter gegenüber der für die Bewilligung von Beihilfe zuständigen Behörde.
40 
3. Der Begünstigte kann sich gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG auf Vertrauen nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne eines „Kennenmüssens“ muss sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut wie auch nach dem Zweck der Regelung in § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts beziehen. Die bloße Kenntnis der Tatsachen oder Vorgänge, die die Rechtswidrigkeit begründen, genügt dagegen nicht. Die Unkenntnis ist grob fahrlässig, wenn der Betroffene im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre - wie sie auch das Strafrecht kennt - erkennen konnte und musste, dass der Verwaltungsakt „nicht richtig“ sein kann (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 122).
41 
a) Nach diesem Maßstab war es für die Klägerin bei den ersten im Jahr 2008 erfolgten ärztlichen Behandlungen durch Dr. D. ohne weiteres erkennbar, dass die Leistungsgewährungen der Beklagten nicht der Rechtslage entsprachen und deshalb auf einem Versehen beruhten.
42 
Angesichts des - z.T. erst im Berufungsverfahren vorgelegten - Schriftwechsels aus dem Jahr 2005 und der teilweise in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Ablehnung von Kassenleistungen durch die Beklagte musste der Klägerin anfangs bewusst gewesen sein, dass sie keinen Anspruch auf Kassenleistungen für die durch Dr. D. durchgeführten Behandlungen hatte. Im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre musste es sich ihr geradezu aufdrängen, dass die ersten Bewilligungen von Kassenleistungen „nicht richtig“ sein konnten. Daher musste sie bei Eingehen der Behandlungsverträge, die den Leistungsabrechnungen vom 18.4.2008, vom 3.7.2008 und vom 6.10.2008 zugrunde lagen, davon ausgehen, für diese Behandlungen keinen Anspruch auf Kassenleistungen zu haben.
43 
b) Anders stellt sich dies jedoch für die folgenden Leistungsabrechnungen dar. Nachdem die Beklagte der Klägerin dreimal Kassenleistungen ohne Vorbehalt bewilligt und diese ständige Verwaltungspraxis fast über drei Jahre hinweg von 2008 bis 2011 beibehalten hatte, musste es sich der Klägerin nach den ihr erkennbaren Umständen nicht mehr aufdrängen, dass es sich hierbei nur um ein Versehen gehandelt hat. Ein Bürger, der sich auf eine ständige Verwaltungspraxis verlässt, handelt im Regelfall nicht grob fahrlässig (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 48 Rn. 125). Bei einem derart langen Zeitraum erweckt die konsequente Bewilligung von Kassenleistungen aus der Sicht des Betroffenen, der die internen Verhältnisse der Beklagten nicht kennt, nicht mehr den Anschein eines bloßen Versehens, sondern den Eindruck, dass die Beklagte ihre Verwaltungspraxis - entgegen der noch in den Vorjahren vertretenen Ansicht - bewusst geändert hat.
44 
Zugunsten der Klägerin ist auch zu berücksichtigen, dass diese Bewilligungen jeweils nach einer Einzelfallprüfung der eingereichten Belege erfolgt sind. Anders als bei einer fortlaufenden Gehaltszahlung, die von der auszahlenden Stelle nicht jedes Mal erneut auf ihre Richtigkeit überprüft wird, erweckt in einem solchen Fall die wiederholte bewusste Bewilligung einer Leistung aus der Sicht des Betroffenen nicht mehr den Anschein eines bloßen Irrtums.
45 
Damit ist eine Situation gegeben, die mit der im Bereich des Arbeitsrechts anerkannten Rechtsfigur der sog. „betrieblichen Übung“ vergleichbar ist (vgl. BAG, Urteil vom 24.3.2010 - 10 AZR 43/09 - DB 2010, 1464 m.w. Nachw.). Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Entscheidend für die daraus resultierende Bindung des Arbeitgebers ist dabei letztlich nicht dessen Verpflichtungswille, sondern der Vertrauensschutz des Arbeitnehmers. Maßgeblich ist folglich, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Im Falle der dreimaligen vorbehaltlosen Gewährung jährlicher Leistungen wird daher regelmäßig eine betriebliche Übung angenommen.
46 
c) In Bezug auf die letzte Leistungsabrechnung vom 26.7.2011 gilt dasselbe. Diese Leistungsabrechnung ist zwar erst erfolgt, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 5.7.2011 die früheren Leistungsabrechnungen bereits zurückgenommen hatte. Die am 1.7.2011 durchgeführte Behandlung hat indes noch stattgefunden, bevor die Beklagte mit Bescheid vom 5.7.2011 dem zuvor bestehenden guten Glauben der Klägerin den Boden entzogen hat, sodass sie bei Abschluss des Behandlungsvertrags noch nicht „bösgläubig“ gewesen ist.
47 
3. Soweit die Voraussetzungen einer Rücknahme hiernach gegeben sind, hat die Beklagte das ihr im Rahmen des § 48 VwVfG eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Insoweit kann im Einzelnen auf die verwaltungsgerichtliche Entscheidung Bezug genommen werden. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Rückforderungen nach § 12 Abs. 2 BBesG, wonach in der Regel von einer Rückforderung teilweise abzusehen ist, wenn der Grund für die Überzahlung allein im behördlichen Verantwortungsbereich liegt (BVerwG, Urteile vom 26.4.2012 - 2 C 4.11 - und - 2 C 15.10 - NVwZ-RR 2012,930), lässt sich nicht auf eine auf § 48 VwVfG gestützte Rücknahme der Bewilligung von Kassenleistungen durch die Beklagte übertragen. Bei § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG handelt es sich erkennbar um eine Spezialvorschrift, die auf die besondere Situation einer Überzahlung von Bezügen im Rahmen eines Beamtendienstverhältnisses zugeschnitten und auf andere Sachverhalte nicht übertragbar ist. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass - anders als die ausdrückliche Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG - die hier anwendbare Vorschrift des § 48 VwVfG keine Billigkeitsentscheidung vorsieht. Zudem wird im Rahmen des § 48 VwVfG einer besonderen Schutzwürdigkeit des Leistungsempfängers bereits bei der Prüfung der Rücknahmevoraussetzungen angemessen Rechnung getragen, wie gerade der vorliegende Fall deutlich zeigt.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
49 
Beschluss vom 16. Mai 2013
50 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.405,42 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
51 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.