Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um einen Erschließungsbeitrag.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstück G1 mit einer Größe von 55.306 qm. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 20 der Stadt Neubrandenburg „Ihlenfelder Straße“. Es liegt an der R.-Straße an, die im Zeitraum 2003/2004 erstmalig baulich hergestellt wurde („Straße A“). Die Schlussrechnung wurde am 30. Juni 2004 gelegt. Für die Herstellung bewilligte das Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern am 2. September 2003 einen Zuschuss als Anteilfinanzierung, der vorrangig zur Deckung des auf die begünstigten Beitragspflichtigen entfallenden Anteils am beitragsfähigen Aufwand verwendet werden sollte. Der Bescheid des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus über das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung vom 14. September 2007 ging am 20. September 2007 beim Beklagten ein. Am 30. Oktober 2008 widmete der Beklagte die R.-Straße dem öffentlichen Verkehr. Die Widmungsverfügung wurde am 26. November 2008 öffentlich bekanntgemacht.

3

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2011 (Nummer A) setzte der Beklagte gegen die Klägerin einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 25.917,62 Euro fest. Auf den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid setzte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 den Beitrag auf 25.549,10 Euro herab. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück.

4

Am 10. Juli 2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt sie vor, die abgerechneten Erschließungsmaßnahmen seien am 30. Juni 2004 abgeschlossen gewesen. Daher sei Festsetzungsverjährung eingetreten. Zudem sei die Beitragssatzung erst nach Abschluss der Erschließungsmaßnahmen in Kraft getreten. Eine Beitragsfestsetzung komme für Maßnahmen in „satzungsloser Zeit“ nicht in Betracht.

5

Die Klägerin beantragt,

6

den Bescheid des Beklagten vom 12. Dezember 2011 (Nummer A) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2012 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide. Die sachliche Beitragspflicht sei erst mit Eingang des Bescheides über das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung entstanden. Zu diesem Zeitpunkt habe auch Satzungsrecht bestanden.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

11

1. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

12

a) Die Anwendung des Erschließungsbeitragsrechts ist nicht durch § 242 Abs. 9 Satz 1 Baugesetzbuch (BauGB) ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kann für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der Begriff der Erschließungsanlage im Sinne des § 242 Abs. 9 BauGB ist identisch mit dem des § 127 Abs. 2 BauGB. Daraus folgt, dass § 242 Abs. 9 BauGB nur dann der Anwendbarkeit des Erschließungsbeitragsrechts entgegenstehen kann, wenn der betreffenden Verkehrsanlage bereits zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts am 3. Oktober 1990 eine Anbaufunktion im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zukam (VG Greifswald, Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 495/10 –, juris). Zu diesem Zeitpunkt war die Plattenstraße, auf deren Verlauf die R.-Straße zum großen Teil errichtet worden ist, noch keine öffentliche Straße, wie es § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB voraussetzt. Der Beklagte hat dazu unter Vorlage von Unterlagen vorgetragen, dass der Plattenweg zum 3. Oktober 1990 eine Werkstraße des ehemaligen Wohnungsbaukombinates war, der mit einem Werkstor versperrt und nur Betriebsangehörigen und nicht dem allgemeinen Verkehr zugänglich war. Werkstraßen waren auch nach dem damals geltenden Recht keine öffentlichen Straßen (OVG Magdeburg, Urteil vom 12. August 2004 – 2 L 157/01 –, juris, m.w.N. zur Rechtslage in der DDR).

13

b) Rechtsgrundlage der Beitragserhebung sind die §§ 127 ff. Baugesetzbuch (BauGB) i.V.m. der Satzung der Stadt Neubrandenburg über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 20. April 2006 (Erschließungsbeitragssatzung). Die Erschließungsbeitragssatzung ist nach jetziger Erkenntnis wirksam.

14

c) Auch die Rechtsanwendung im Einzelfall geschah entgegen der Auffassung der Klägerin rechtmäßig.

15

aa) Gemäß § 127 Abs. 1 BauGB erheben die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften. Die R.-Straße ist eine Erschließungsanlage nach § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB. Nach dieser Vorschrift sind die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Erschließungsbeitragssatzung ist der Erschließungsaufwand für die zum Anbau bestimmten öffentlichen Straßen, Wege und Plätze bis zu 32 Meter Breite beitragsfähig, wenn sie beidseitig anbaubar oder die durch sie erschlossenen Grundstücke gewerblich nutzbar sind. Für die Beurteilung der Ausdehnung einer Erschließungsanlage, das heißt der Frage, wo eine selbstständige Erschließungsanlage beginnt und endet, kommt es weder auf die Parzellierung noch auf eine einheitliche oder unterschiedliche Straßenbezeichnung an; maßgebend ist vielmehr das Erscheinungsbild, also die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie zum Beispiel durch die Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge und Straßenausstattung geprägt werden und sich im Zeitpunkt des Entstehens sachlicher Beitragspflichten einem unbefangenen Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise darstellen (BVerwG, Urteil vom 10. Juni 2009 – 9 C 2/08 –, BVerwGE 134, 139). Nach diesen Maßstäben stellt sich die R.-Straße erschließungsbeitragsrechtlich ohne Weiteres als eigenständige Anlage dar. Zwar ist eine öffentliche, mit Kraftfahrzeugen aller Art befahrbare, bis zu 100 m lange und gerade verlaufende Sackgasse in der Regel mit der Folge als unselbstständig zu qualifizieren, dass sie rechtlich Bestandteil der Verkehrsanlage ist, von der sie abzweigt (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1995 – 8 C 33/94 –, juris). Gleichwohl ist die R.-Straße kein unselbstständiger Bestandteil der Ihlenfelder Straße, in die sie einmündet. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass die Ihlenfelder Straße, die als Durchgangsstraße zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts bereits hergestellt war, gemäß § 242 Abs. 9 BauGB nicht dem Erschließungsbeitragsrecht unterliegt. Da die Ihlenfelder Straße mithin erschließungsbeitragsrechtlich nicht als Erschließungsanlage im Sinne von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB anzusehen ist, kann die dem Erschließungsbeitragsrecht unterliegende R.-Straße nicht als deren unselbstständiger Bestandteil angesehen werden, weil sie abrechnungsmäßig nicht deren rechtliches Schicksal teilt (vgl. zum Ausbaubeitragsrecht VG Greifswald, Urteil vom 29. November 2002 - 3 A 1064/00 -, juris).

16

bb) Der beitragsfähige Aufwand ist unter Berücksichtigung von Fördermitteln gemäß §§ 128 Abs. 1, 130 Abs. 1 Satz 1 BauGB i.V.m. § 3 Erschließungsbeitragssatzung nach den tatsächlichen Kosten mit 35.779,82 Euro ermittelt worden (Bl. 57 ff. der Verwaltungsakte). Gegen die Berechnung ist nichts zu erinnern. Vom Aufwand ist der gemeindliche Eigenanteil in Höhe von 10 v.H. abgesetzt worden, § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB i.V.m. § 5 Erschließungsbeitragssatzung.

17

cc) Der auf die von der Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilende Aufwand in Höhe von 32.201,84 Euro ist entsprechend der Regelungen in § 7 Erschließungsbeitragssatzung verteilt worden. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).

18

dd) Der Beitragsanspruch des Beklagten ist nicht erloschen. Gemäß § 12 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern (KAG M-V) i.V.m. § 47 Abgabenordnung (AO) erlöschen Beitragsansprüche insbesondere durch Verjährung. Eine Beitragsfestsetzung ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist, § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO. Die Festsetzungsfrist beträgt gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V für alle kommunalen Abgaben und Steuern vier Jahre. Sie beginnt gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist.

19

Gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage. Erhält eine Gemeinde öffentliche Fördermittel, die der Entlastung der Beitragspflichtigen dienen sollen, kann die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen erst dann angenommen werden, wenn der Zuschussgeber die endgültige Zuschusshöhe mitgeteilt hat und damit der umlagefähige Aufwand ermittlungsfähig geworden ist (OVG Greifswald, Beschluss vom 7. Oktober 2003 – 1 M 34/03 –, juris; OVG Greifswald, Urteil vom 24. April 2013 – 1 L 275/11 –, juris). Danach ist die sachliche Beitragspflicht nicht vor dem 20. September 2007 entstanden, da erst mit dem Eingang des Ergebnisses der Verwendungsnachweisprüfung die Höhe des beitragsfähigen Aufwandes feststand und der Beitrag der Höhe nach ausgebildet war.

20

Vorliegend ist die abgerechnete Straße zudem erst nach ihrer endgültigen Herstellung für den öffentlichen Verkehr gewidmet worden. In solchen Fällen entsteht die Beitragspflicht frühestens mit der Widmung entsteht, weil Erschließungsbeiträge nach § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nur für öffentliche zum Anbau bestimmte Straßen verlangt werden können (BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 1997 – 8 B 194/97 –, juris). Die sachliche Beitragspflicht entstand mithin erst am 26. November 2008 und unter Geltung der Erschließungsbeitragssatzung vom 20. April 2006. Die Festsetzungsfrist lief deshalb zum 31. Dezember 2012 ab. Der angefochtene Bescheid ist vor Ablauf der Festsetzungsfrist ergangen.

21

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124, 124a VwGO bestehen nicht.

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Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 01.10.2009 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 13.04.2010 wird aufgehoben, soweit die Festsetzung den Betrag von 294,81 EUR übersteigt; im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Kosten des

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden.

(2) Soweit am 29. Juni 1961 zur Erfüllung von Anliegerbeitragspflichten langfristige Verträge oder sonstige Vereinbarungen, insbesondere über das Ansammeln von Mitteln für den Straßenbau in Straßenbaukassen oder auf Sonderkonten bestanden, können die Länder ihre Abwicklung durch Gesetz regeln.

(3) § 125 Absatz 3 ist auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 in Kraft getreten sind.

(4) § 127 Absatz 2 Nummer 2 ist auch auf Verkehrsanlagen anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 endgültig hergestellt worden sind. Ist vor dem 1. Juli 1987 eine Beitragspflicht nach Landesrecht entstanden, so verbleibt es dabei.

(5) Ist für einen Kinderspielplatz eine Beitragspflicht bereits auf Grund der vor dem 1. Juli 1987 geltenden Vorschriften (§ 127 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Bundesbaugesetzes) entstanden, so verbleibt es dabei. Die Gemeinde soll von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies auf Grund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Nutzens des Kinderspielplatzes für die Allgemeinheit, geboten ist. Satz 2 ist auch auf vor dem 1. Juli 1987 entstandene Beiträge anzuwenden, wenn

1.
der Beitrag noch nicht entrichtet ist oder
2.
er entrichtet worden, aber der Beitragsbescheid noch nicht unanfechtbar geworden ist.

(6) § 128 Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Umlegungsplan (§ 66 des Bundesbaugesetzes) oder die Vorwegregelung (§ 76 des Bundesbaugesetzes) vor dem 1. Juli 1987 ortsüblich bekannt gemacht worden ist (§ 71 des Bundesbaugesetzes).

(7) Ist vor dem 1. Juli 1987 über die Stundung des Beitrags für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (§ 135 Absatz 4 des Bundesbaugesetzes) entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, ist § 135 Absatz 4 dieses Gesetzbuchs anzuwenden.

(8) § 124 Absatz 2 Satz 2 in der bis zum 21. Juni 2013 geltenden Fassung ist auch auf Kostenvereinbarungen in Erschließungsverträgen anzuwenden, die vor dem 1. Mai 1993 geschlossen worden sind. Auf diese Verträge ist § 129 Absatz 1 Satz 3 weiterhin anzuwenden.

(9) Für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, kann nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Leistungen, die Beitragspflichtige für die Herstellung von Erschließungsanlagen oder Teilen von Erschließungsanlagen erbracht haben, sind auf den Erschließungsbeitrag anzurechnen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, bei Bedarf Überleitungsregelungen durch Rechtsverordnung zu treffen.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden.

(2) Soweit am 29. Juni 1961 zur Erfüllung von Anliegerbeitragspflichten langfristige Verträge oder sonstige Vereinbarungen, insbesondere über das Ansammeln von Mitteln für den Straßenbau in Straßenbaukassen oder auf Sonderkonten bestanden, können die Länder ihre Abwicklung durch Gesetz regeln.

(3) § 125 Absatz 3 ist auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 in Kraft getreten sind.

(4) § 127 Absatz 2 Nummer 2 ist auch auf Verkehrsanlagen anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 endgültig hergestellt worden sind. Ist vor dem 1. Juli 1987 eine Beitragspflicht nach Landesrecht entstanden, so verbleibt es dabei.

(5) Ist für einen Kinderspielplatz eine Beitragspflicht bereits auf Grund der vor dem 1. Juli 1987 geltenden Vorschriften (§ 127 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Bundesbaugesetzes) entstanden, so verbleibt es dabei. Die Gemeinde soll von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies auf Grund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Nutzens des Kinderspielplatzes für die Allgemeinheit, geboten ist. Satz 2 ist auch auf vor dem 1. Juli 1987 entstandene Beiträge anzuwenden, wenn

1.
der Beitrag noch nicht entrichtet ist oder
2.
er entrichtet worden, aber der Beitragsbescheid noch nicht unanfechtbar geworden ist.

(6) § 128 Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Umlegungsplan (§ 66 des Bundesbaugesetzes) oder die Vorwegregelung (§ 76 des Bundesbaugesetzes) vor dem 1. Juli 1987 ortsüblich bekannt gemacht worden ist (§ 71 des Bundesbaugesetzes).

(7) Ist vor dem 1. Juli 1987 über die Stundung des Beitrags für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (§ 135 Absatz 4 des Bundesbaugesetzes) entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, ist § 135 Absatz 4 dieses Gesetzbuchs anzuwenden.

(8) § 124 Absatz 2 Satz 2 in der bis zum 21. Juni 2013 geltenden Fassung ist auch auf Kostenvereinbarungen in Erschließungsverträgen anzuwenden, die vor dem 1. Mai 1993 geschlossen worden sind. Auf diese Verträge ist § 129 Absatz 1 Satz 3 weiterhin anzuwenden.

(9) Für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, kann nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Leistungen, die Beitragspflichtige für die Herstellung von Erschließungsanlagen oder Teilen von Erschließungsanlagen erbracht haben, sind auf den Erschließungsbeitrag anzurechnen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, bei Bedarf Überleitungsregelungen durch Rechtsverordnung zu treffen.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 01.10.2009 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 13.04.2010 wird aufgehoben, soweit die Festsetzung den Betrag von 294,81 EUR übersteigt; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Straßenbaubeitrag.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks G1 in einer Größe von 7.265 m². Das landwirtschaftlich genutzte Grundstück liegt im Außenbereich der Stadt A-Stadt (Müritz). Es grenzt nordöstlich an die S.-Straße (hier genannt: 2. Reihe). Bei der S.-Straße 2. Reihe handelt es sich um einen parallel zur S.-Straße 1. Reihe verlaufende Gemeindestraße, die der Erschließung der südwestlich angrenzenden Wohngrundstücke S.-Straße 79 bis 109 in A-Stadt (Müritz) dient.

3

Die Wohnsiedlung S.- Straße Nrn. 79 bis 109 existierte im Wesentlichen bereits zu DDR-Zeiten. Bis zur Durchführung der vorliegend abgerechneten Baumaßnahme handelte es sich bei der S.- Straße 2. Reihe um einen unbefestigten Weg, der jährlich mehrfach der Instandhaltung bedurfte. Eine Straßenbeleuchtung war vorhanden.

4

Im Jahre 2008 ließ die Stadt A-Stadt (Müritz) den S.- Weg 2. Reihe in den Teileinrichtungen Fahrbahn, Straßenbeleuchtung, Straßenentwässerung und Straßenbegleitgrün ausbauen. Mit Bescheid vom 01.10.2009 zog der Beklagte die Klägerin zu einem Straßenbaubeitrag in Höhe von 3.005,12 EUR heran. Auf ihren Widerspruch reduzierte der Beklagte die Festsetzung auf 2.854,85 EUR und wies den Rechtsbehelf im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2010 – zugestellt am 20.04.2010 – zurück.

5

Am 19.05.2010 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Baumaßnahme dürfe nicht nach Straßenausbaubeitragsrecht abgerechnet werden, da die Erschließungsanlage S.- Straße 2. Reihe erstmalig hergestellt worden sei. Sie sei daher nach Erschließungsbeitragsrecht abzurechnen. Das klägerische Grundstück werde durch die S.- Straße 2. Reihe nicht erschlossen, da eine Böschung mit einem erheblichen Gefälle eine Erreichbarkeit ausschlösse.

6

Die Klägerin beantragt,

7

den Bescheid des Beklagten vom 01.10.2009 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 13.04.2010 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er ist der Auffassung, das Straßenausbaubeitragsrecht sei anwendbar. Die S.- Straße 2. Reihe sei bereits vor der Durchführung der vorliegend abgerechneten Baumaßnahme erstmalig hergestellt gewesen. Neben der Straßenbeleuchtung sei eine wenn auch primitive Straßenbefestigung und –entwässerung vorhanden gewesen. Die Straßenoberfläche sei aufgrund der vielfachen Befestigungsversuche immer wieder verfestigt worden. Daher hätten sich die unterschiedlichsten Befestigungsmaterialien im Wegekörper befunden.

11

Mit Beschluss vom 31.05.2012 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

13

Der Rechtsstreit kann ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 03.09.2010 bzw. 18.05.2011 ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO).

II.

14

Die zulässige Klage ist in dem im Tenor zu 1. ersichtlichen Umfang begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit die Festsetzung den Betrag von 294,81 EUR EUR übersteigt. Im Übrigen ist der Bescheid dagegen nicht zu beanstanden.

15

1. Abgesehen von dem Aufwand für die Straßenbeleuchtung kann der Bescheid nicht auf die Satzung der Stadt A-Stadt (Müritz) über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 16.08.2000 (Straßenbaubeitragssatzung – SBS) gestützt werden. Zwar begegnet die Wirksamkeit der Satzung keinen Bedenken. Solche Einwände werden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Jedoch findet in Ansehung des Aufwandes für die Fahrbahn, die Straßenentwässerung und das Straßenbegleitgrün das Straßenausbaubeitragsrecht keine Anwendung. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

16

Zwar bestimmt § 1 Satz 1 SBS im Einklang mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V), dass die Stadt A-Stadt (Müritz) zur teilweisen Deckung des Aufwandes u.a. für die Herstellung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, auch wenn sie nicht zum Anbau bestimmt sind, Beiträge von den Beitragspflichtigen nach § 2 erhebt, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtung Vorteile erwachsen. Parallel dazu bestimmt aber § 127 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB), dass die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften erheben. § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB bestimmt weiter, dass der Erschließungsaufwand die Kosten für ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und Beleuchtung umfasst. Damit überschneiden sich die Regelungsbereiche beider Rechtsregimes. Es besteht ein Konkurrenzverhältnis dergestalt, dass die Vorschriften der §§ 127 ff. BauGB im Rahmen ihrer gegenständlichen Reichweite als Sondervorschriften Vorrang gegenüber den landesrechtlichen Regelungen über Ausbaubeiträge genießen (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 2 Rn. 1 ff.). Soweit eine Anlage dem erschließungsbeitragsrechtlichen Regime unterliegt, darf sie nicht nach Ausbaubeitragsrecht abgerechnet werden.

17

Daher kommt die Erhebung eines Herstellungsbeitrags nach § 1 Satz 1 SBS i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V nur bei solchen Verkehrsanlagen in Betracht, denen keine Anbaufunktion zukommt und denen damit die Qualität einer Erschließungsanlage i.S.d. § 127 Abs. 2 BauGB fehlt. Bei Erschließungsanlagen i.S.d. § 127 Abs. 2 BauGB kann in Mecklenburg-Vorpommern ein solcher Herstellungsbeitrag nur erhoben werden, soweit die Anwendbarkeit des Erschließungsbeitragsrechts gemäß § 242 Abs. 9 BauGB ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2002 - 9 C 2.02 - juris Rn. 24; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 03.06.1996 – 6 M 20/95 – Rn. 41 ff.). Diese beiden Ausnahmen sind vorliegend nicht gegeben.

18

a. So handelt es sich bei der S.- Straße um eine Anbaustraße i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB. Die von der S.- Straße (1. und 2. Reihe) erschlossene Wohnsiedlung bildet einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil i.S.d. § 34 BauGB. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urt. v. 17.02.1984 – 4 C 55.81 - BRS 42, Nr. 94). Hiervon ist vorliegend auszugehen. Allein der von der S.- Straße 1. und 2. Reihe umschlossene Teil der Wohnsiedlung besteht aus ca. 27 Häusern, vornehmlich Doppelhäusern. Da diese Frage zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist, kann von weiteren Darlegungen hierzu abgesehen werden. Auch der Umstand, dass ein Anbau an die S.- Straße 2. Reihe nur auf der südwestlichen Seite zulässig ist, weil sich die nordöstlich an die Straße angrenzenden Grundstücke im Außenbereich (§ 35 BauGB) befinden, steht ihrer Qualität als Anbaustraße nicht entgegen (vgl. Driehaus a.a.O., § 12 Rn. 42).

19

b. Abgesehen von der Teileinrichtung Straßenbeleuchtung ist die Anwendbarkeit des Erschließungsbeitragsrechts auch nicht gemäß § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kann für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertig gestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen (§ 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB).

20

aa. Die Vorschrift ist vorliegend anwendbar. Der Begriff der Erschließungsanlage i.S.d. § 242 Abs. 9 BauGB ist identisch mit dem des § 127 Abs. 2 BauGB. Daraus folgt, dass § 242 Abs. 9 BauGB nur dann der Anwendbarkeit des Erschließungsbeitragsrechts entgegen stehen kann, wenn der betreffenden Verkehrsanlage bereits zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts eine Anbaufunktion i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zukam. Dies ist dann der Fall, wenn es sich bei der von S.- Straße (1. und 2. Reihe) erschlossenen Wohnsiedlung bereits am 03.10.1990 – dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Baugesetzbuchs in den neuen Bundesländern - um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB gehandelt hat. Auch hiervon ist auszugehen. Nach den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen existierte die Wohnsiedlung im Wesentlichen bereits am 03.10.1990. Seitdem sind in der S.- Straße 1. Reihe lediglich zwei Gebäude (Hausnummern 113 und 114) hinzu gekommen. In der S.- Straße 2. Reihe wurden nach dem Beitritt drei Baulücken (Hausnummern 79a, 95a und 95b) gefüllt.

21

bb. Die S.- Straße 2. Reihe war am 03.10.1990 noch nicht hergestellt i.S.d. § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB. Ein technisches Ausbauprogramm aus der Zeit vor dem Wirksamwerden des Beitritts existiert nach Aktenlage nicht. Es scheidet damit als Prüfungsmaßstab aus. Entgegen der Auffassung des Beklagten waren die Fahrbahn und die Straßenentwässerung zu diesem Zeitpunkt auch nicht den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend hergestellt. „Gepflogenheiten“ sind nach allgemeinem Sprachverständnis ein Verhalten, das über einen längeren Zeitraum feststellbar sein muss und das auch mit den Synonymen „üblich“ oder „Übung“ umschrieben werden kann. Der Begriff „örtliche Ausbaugepflogenheiten“ bezeichnet demgemäß ein über einen längeren Zeitraum feststellbares Verhalten der Gemeinde bei der bautechnischen Herstellung von Erschließungsanlagen. Daraus folgt, dass ein bloßes Nichtstun oder „Liegenlassen“ nicht ausreicht. Das Hinnehmen von Provisorien oder das Sich-Abfinden mit einem notdürftigen Zustand, weil ein höherwertiger, an sich zu fordernder oder angestrebter Ausbauzustand nicht zu verwirklichen war (zum Beispiel wegen des Fehlens von Baumaterialien), kann keine „Ausbaugepflogenheiten“ begründen. Vielmehr geht es wie bei der ersten Variante des § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB auch hier um die aktive technische Ausgestaltung der Erschließungsanlagen oder ihrer Teile. Danach setzen die Ausbaugepflogenheiten einen Grundbestand an kunstmäßigem Ausbau voraus. Die Erschließungsanlagen oder ihre Teileinrichtungen müssen durch künstliche Veränderung der Erdoberfläche planvoll straßenbautechnisch bearbeitet worden sein; das bloße Ausnutzen und grobe Herrichten natürlicher Geländegegebenheiten ist nicht ausreichend (zum Beispiel das bloße Verfestigen und „Hobeln“ einer vorhandenen „Sandpiste“). Erforderlich ist danach ein Mindestmaß an bautechnischer Herrichtung, nämlich das Vorhandensein einer hinreichend befestigten Fahrbahn (wofür zum Beispiel auch eine Schotterdecke genügen kann), einer – wenn auch primitiven – Form von Straßenentwässerung (ein bloßes Versickernlassen wäre dagegen nicht ausreichend) sowie einer eigenen Straßenbeleuchtung, die einen ungefährdeten Haus-zu-Haus-Verkehr ermöglicht (BVerwG, Urt. v. 11.07.2007 – 9 C 5/06 - BVerwGE 129, 100).

22

(1) Gemessen an diesen Kriterien scheidet die Annahme einer den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechenden Herstellung der Fahrbahn aus. Ausweislich des im Verwaltungsvorgang des Beklagten enthaltenen bautechnischen Erläuterungsberichts handelte es sich bei der S.- Straße 2. Reihe vor der Durchführung der vorliegend abgerechneten Maßnahme um einen unbefestigten Weg, der einen erheblichen Instandhaltungsbedarf aufwies. Dem steht nicht entgegen, dass sich im Wegekörper aufgrund der vielfachen Befestigungsversuche die unterschiedlichsten Befestigungsmaterialien befunden haben. Denn dieser Umstand ist die Folge verschiedener punktueller Reparaturmaßnahmen. Eine planvolle bautechnische Herrichtung in Gestalt einer durchgehenden Fahrbahnbefestigung lag damit nicht vor. Bestätigt wird diese Annahme durch den Umstand, dass am 03.10.1990 65 v.H. der Straßen im Gebiet der Stadt A-Stadt (Müritz) befestigt und nur 35 v.H. unbefestigt waren. Damit war das Vorhandensein einer Straßenbefestigung ortsüblich, ihr Fehlen dagegen nicht.

23

(2) Entsprechendes gilt für die Straßenentwässerung. Die Behauptung des Beklagten, eine einfache Straßenentwässerung sei am 03.10.1990 vorhanden gewesen, wird durch die von ihm vorgelegten Unterlagen nicht bestätigt. Es ist daher davon auszugehen, dass der Abfluss des auf der S.- Straße 2. Reihe anfallenden Niederschlagswassers aufgrund des vorhandenen natürlichen Gefälles erfolgte.

24

(3) Auch der Umstand, dass die S.- Straße 2. Reihe am 03.10.1990 über eine Straßenbeleuchtung verfügte, führt zu keiner anderen rechtlichen Betrachtung. Zwar gilt § 242 Abs. 9 Satz 1 und 2 BauGB nicht nur für insgesamt hergestellte Erschließungsanlagen, sondern auch in Ansehung einzelner Teileinrichtungen. Soweit eine Teileinrichtung einer Erschließungsanlage am 03.10.1990 bereits hergestellt war, kann sie nicht mehr im Wege der Erhebung eines Erschließungsbeitrags abgerechnet werden, bei einem Ausbau nach dem genannten Stichtag kommt dafür nur noch die Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag in Betracht. Insoweit kommt es von Gesetzes wegen zu einer Kostenspaltung. Für die übrigen am 03.10.1990 noch nicht hergestellten Teileinrichtungen bleibt es bei der Anwendbarkeit des Erschließungsbeitragsrechts, es sei denn, die Anlage war zu diesem Zeitpunkt bereits insgesamt hergestellt und wurde nach dem Beitritt lediglich um weitere Teileinrichtungen ergänzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2002 a.a.O.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O.; Driehaus a.a.O. Rn. 38). An einer Gesamtherstellung der Anlage fehlte es hier schon deshalb, weil Fahrbahn und Straßenentwässerung als zwingende Bestandteile einer jeden Straße noch nicht hergestellt waren.

25

2. Die Umlage des Aufwandes für die Straßenbeleuchtung begegnet dagegen keinen Bedenken. Insoweit ist die Anwendbarkeit des Straßenbaubeitragsrechts – wie dargelegt – nicht ausgeschlossen. Fehler bei der Aufwandsermittlung sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Auch die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes begegnet keinen Bedenken. Die Einstufung der S.- Straße 2. Reihe als Anliegerstraße ist ebenso zutreffend, wie die Bildung des Abrechnungsgebietes. Zu Recht wird das Grundstück der Klägerin im Rahmen des Vorteilsausgleichs berücksichtigt, denn es grenzt an die abgerechnete Straße an, so dass ihm eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Anlage eröffnet wird (vgl. § 4 Abs. 1 SBS). Der Vortrag der Klägerin, die Annahme einer qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit sei trotz des geometrischen Angrenzens ihres Grundstücks an die S.- Straße 2. Reihe wegen eines erheblichen Niveauunterschiedes ausgeschlossen, ist durch die vom Beklagten vorgelegten Lichtbilder widerlegt worden. Danach ist allenfalls von einem leichten Gefälle auszugehen, was die erforderliche – aber auch ausreichende – fußläufige Erreichbarkeit des Grundstücks (eingehend: VG Greifswald, Beschl. v. 13.01.2010 – 3 B 1734/09 – juris Rn. 18 ff.) nicht ausschließt.

26

Damit berechnet sich der auf das Grundstück der Klägerin entfallende Ausbaubeitrag wie folgt:

27

14.967,08 EUR (Aufwand Beleuchtung) : 18.441,65 m² (Beitragsfläche) = 0,8115911 EUR/m² (Beitragssatz)

28

7.265 m² (Grundstücksfläche) x 0,05 (Faktor für Außenbereichsflächen) x 0,8115911 EUR/m² (Beitragssatz) = 294,81 EUR

29

3. Soweit die Festsetzung diesen Betrag übersteigt, ist der Beitragsbescheid aufzuheben. Eine geltungserhaltende Umdeutung des Ausbaubeitragsbescheides in einen Erschließungsbeitragsbescheid betreffend den Aufwand für die Teileinrichtungen Fahrbahn, Straßenentwässerung und Straßenbegleitgrün scheidet aus. Zwar kommt eine solche Umdeutung immer in Betracht, wenn die Gemeinde über eine wirksame Erschließungsbeitragssatzung verfügt und die Voraussetzungen für die Erhebung eines Erschließungsbeitrags vorliegen (VG Greifswald, Urt. v. 02.09.2009 - 3 A 1330/06). An letzterem fehlt es jedoch, denn das Grundstück der Klägerin ist durch die abgerechnete Maßnahme in erschließungsbeitragsrechtlicher Hinsicht nicht bevorteilt.

30

Bei dem Grundstück handelt sich um ein Außenbereichsgrundstück i.S.d. § 35 BauGB. Zwar sind Außenbereichsgrundstücke im Ausbaubeitragsrecht in den Vorteilsausgleich einzubeziehen, denn im Ausbaubeitragsrecht liegt der beitragsrelevante Vorteil in der Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Dieser Vorteil entsteht unabhängig von einer bestimmten Grundstücksnutzung und kommt daher auch Außenbereichsgrundstücken zugute. Anders ist die Rechtslage aber im Erschließungsbeitragsrecht. Hier liegt der beitragsrelevante Vorteil in der Sicherung der Erschließung als Voraussetzung für eine bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks (vgl. § 133 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Er ist daher nutzungsbezogen und kommt nur Baugrundstücken zugute. Da Außenbereichsgrundstücke einer baulichen Nutzung grundsätzlich entzogen sind (vgl. § 35 Abs. 2 BauGB), fehlt ihnen die Baulandqualität. Sie sind daher nicht erschlossen i.S.d. § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB (zur grundsätzlichen Deckungsgleichheit der von § 131 Abs. 1 Satz 1 und § 133 Abs. 1 BauGB erfassten Grundstücke siehe Driehaus a.a.O., § 17 Rn. 24).

31

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden.

(2) Soweit am 29. Juni 1961 zur Erfüllung von Anliegerbeitragspflichten langfristige Verträge oder sonstige Vereinbarungen, insbesondere über das Ansammeln von Mitteln für den Straßenbau in Straßenbaukassen oder auf Sonderkonten bestanden, können die Länder ihre Abwicklung durch Gesetz regeln.

(3) § 125 Absatz 3 ist auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 in Kraft getreten sind.

(4) § 127 Absatz 2 Nummer 2 ist auch auf Verkehrsanlagen anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 endgültig hergestellt worden sind. Ist vor dem 1. Juli 1987 eine Beitragspflicht nach Landesrecht entstanden, so verbleibt es dabei.

(5) Ist für einen Kinderspielplatz eine Beitragspflicht bereits auf Grund der vor dem 1. Juli 1987 geltenden Vorschriften (§ 127 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Bundesbaugesetzes) entstanden, so verbleibt es dabei. Die Gemeinde soll von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies auf Grund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Nutzens des Kinderspielplatzes für die Allgemeinheit, geboten ist. Satz 2 ist auch auf vor dem 1. Juli 1987 entstandene Beiträge anzuwenden, wenn

1.
der Beitrag noch nicht entrichtet ist oder
2.
er entrichtet worden, aber der Beitragsbescheid noch nicht unanfechtbar geworden ist.

(6) § 128 Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Umlegungsplan (§ 66 des Bundesbaugesetzes) oder die Vorwegregelung (§ 76 des Bundesbaugesetzes) vor dem 1. Juli 1987 ortsüblich bekannt gemacht worden ist (§ 71 des Bundesbaugesetzes).

(7) Ist vor dem 1. Juli 1987 über die Stundung des Beitrags für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (§ 135 Absatz 4 des Bundesbaugesetzes) entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, ist § 135 Absatz 4 dieses Gesetzbuchs anzuwenden.

(8) § 124 Absatz 2 Satz 2 in der bis zum 21. Juni 2013 geltenden Fassung ist auch auf Kostenvereinbarungen in Erschließungsverträgen anzuwenden, die vor dem 1. Mai 1993 geschlossen worden sind. Auf diese Verträge ist § 129 Absatz 1 Satz 3 weiterhin anzuwenden.

(9) Für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, kann nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Leistungen, die Beitragspflichtige für die Herstellung von Erschließungsanlagen oder Teilen von Erschließungsanlagen erbracht haben, sind auf den Erschließungsbeitrag anzurechnen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, bei Bedarf Überleitungsregelungen durch Rechtsverordnung zu treffen.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Der Erschließungsaufwand nach § 127 umfasst die Kosten für

1.
den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen;
2.
ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und ihre Beleuchtung;
3.
die Übernahme von Anlagen als gemeindliche Erschließungsanlagen.
Der Erschließungsaufwand umfasst auch den Wert der von der Gemeinde aus ihrem Vermögen bereitgestellten Flächen im Zeitpunkt der Bereitstellung. Zu den Kosten für den Erwerb der Flächen für Erschließungsanlagen gehört im Falle einer erschließungsbeitragspflichtigen Zuteilung im Sinne des § 57 Satz 4 und des § 58 Absatz 1 Satz 1 auch der Wert nach § 68 Absatz 1 Nummer 4.

(2) Soweit die Gemeinden nach Landesrecht berechtigt sind, Beiträge zu den Kosten für Erweiterungen oder Verbesserungen von Erschließungsanlagen zu erheben, bleibt dieses Recht unberührt. Die Länder können bestimmen, dass die Kosten für die Beleuchtung der Erschließungsanlagen in den Erschließungsaufwand nicht einzubeziehen sind.

(3) Der Erschließungsaufwand umfasst nicht die Kosten für

1.
Brücken, Tunnels und Unterführungen mit den dazugehörigen Rampen;
2.
die Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen sowie von Landstraßen I. und II. Ordnung, soweit die Fahrbahnen dieser Straßen keine größere Breite als ihre anschließenden freien Strecken erfordern.

(1) Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwands können Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen (beitragsfähiger Erschließungsaufwand). Soweit Anlagen nach § 127 Absatz 2 von dem Eigentümer hergestellt sind oder von ihm auf Grund baurechtlicher Vorschriften verlangt werden, dürfen Beiträge nicht erhoben werden. Die Gemeinden tragen mindestens 10 vom Hundert des beitragsfähigen Erschließungsaufwands.

(2) Kosten, die ein Eigentümer oder sein Rechtsvorgänger bereits für Erschließungsmaßnahmen aufgewandt hat, dürfen bei der Übernahme als gemeindliche Erschließungsanlagen nicht erneut erhoben werden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung (§§ 224, 224a, 225), Aufrechnung (§ 226), Erlass (§§ 163, 227), Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), ferner durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ansprüchen.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. September 2011 – 3 A 821/10 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Vollstreckungsgläubigers abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Heranziehung der Klägerin zu einem Erschließungsbeitrag.

2

Die Herren ... und vereinbarten "in Gesellschaft bürgerlichen Rechts" – der Klägerin – mit notariellem Vertrag des Notars B. vom 13. März 1992 den Erwerb eines Erbbaurechtes an in der Anlage zu dem Vertrag näher bezeichneten Flächen des Flurstücks ... der Flur ..., Gemarkung ..., mit einer Größe von ca. 3,35 ha. Der Vertrag enthält das Einverständnis des Erbbauausgebers, das Grundstück zu parzellieren, um die Eintragung von Einzelerbbaurechten an Teilflächen zu ermöglichen. Nach § 2 des Vertrages ist der Erbbauberechtigte berechtigt, das Gelände zu bebauen. Im Grundbuch (Erbbaurecht) von ..., Blatt ... sind die Herren ... "in BGB-Gesellschaft" seit dem 9. Februar 1995 als Erbbauberechtigte für die unter der Nr. 2 im Bestandsverzeichnis aufgeführten Flurstücke mit der Bezeichnung .../3, .../4, .../5, .../11 und .../12 (hervorgegangen aus dem unter der Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Flurstück ...) eingetragen.

3

Der Beklagte ließ in den Jahren 1992 und 1993 die Verkehrsanlagen "... T...", "... J..." und "... B...", an denen die oben bezeichneten Flächen anliegen, unter Verwendung öffentlicher Fördermittel erstmalig herstellen. Die Verwendung dieser Mittel wurde nachgeprüft. Der entsprechende Prüfbescheid erging unter dem 29. Januar 1999; beim Beklagten ging er am 03. Februar 1999 ein.

4

Der Beklagte zog in der Folgezeit zunächst die Herren ... für die Herstellung dieser Verkehrsanlagen zu Erschließungsbeiträgen heran. Mit Beitragsbescheid vom 17. November 2000 (Nr. EHHB-#-...) erhob er für das Flurstück .../4 den Beitrag von 1.765,50 DM für die Anlage "... J...". Im Adressfeld des jeweils an beide versandten Bescheides sind beider Namen nebeneinander aufgeführt. In ihrer Begründung wird Bezug genommen auf Miterbbauberechtigung sowie Gesamtschuldnerschaft beider.

5

Gegen den Bescheid vom 17. November 2000 erhoben die Herren ... jeweils mit Schreiben vom 07. Dezember 2000 unter dem Briefkopf "A." Widerspruch, Herr ... – unter gleichem Briefkopf – erneut mit Schreiben vom 13. Dezember 2000. Ihr Prozessbevollmächtigter erhob mit Schreiben vom 22. Februar 2001 nochmals – im Namen seiner Mandanten – Widerspruch.

6

Den Widerspruch der Herren ... gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2000 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04. Oktober 2004 zurück. In der Begründung ist ausgeführt, dass auch nach Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Widerspruchsführer persönlich als Beitragsschuldner herangezogen werden konnten.

7

Die Herren ... erhoben in jeweils eigenem Namen am 14. November 2004 Klage (Az. 3 A 3669/04). Das Verwaltungsgericht verband dieses Verfahren sowie das Verfahren Az. 3 A 1109/02 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Mit Beschluss vom 24. August 2005 – 3 A 1109/02 – lud das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beklagten vom 18. Juli 2005 u. a. die Klägerin (Beigeladene zu 1.) bei, weil ihre rechtlichen Interessen durch eine Entscheidung in dem Verfahren berührt würden, und verwies in einem Klammerzusatz auf § 12 Abs. 1 KAG M-V i. V. m. § 174 Abs. 4, 5 AO. Der Beklagte hatte zuvor angekündigt, möglicherweise diese als aus den Herren ... bestehende Außengesellschaft in Anwendung von § 174 AO in Anspruch zu nehmen. Die Klägerin stellte als Beigeladene zu 1. in dem Verfahren einen Aufhebungsantrag. Die von zwei untererbbauberechtigten Gesellschaften bürgerlichen Rechts, den Beigeladenen zu 2. und 3., gegen ihre Beiladung eingelegte Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 03. Januar 2006 – 1 O 117/05 – zurück.

8

Das Verwaltungsgericht stellte den Rechtsstreit mit Urteil vom 01. März 2006 – 3 A 1109/02 – im Umfang der teilweisen zwischenzeitlichen Erledigung ein und hob die angefochtenen Bescheide – u. a. denjenigen vom 17. November 2000 (Nr. EHHB-#-...) – im Übrigen wegen unzutreffender Auswahl des persönlich Beitragspflichtigen auf. Die dagegen gerichtete, vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten wies der Senat mit seinem Urteil vom 01. April 2009 – 1 L 110/06 – zurück.

9

Mit dem schon zuvor ergangenen streitgegenständlichen Bescheid vom 23. Februar 2007 (Nr. EHHB-#-...) zog der Beklagte nunmehr die Klägerin für das Grundstück Flurstück .../4 zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 902,69 Euro heran. Rechtsgrundlage war dabei die Satzung der Universitäts- und Hansestadt Greifswald über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen (EBS) in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 28. Juni 1995. Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 26. März 2007 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2010, zugestellt am 05. Juli 2010, als zulässig, aber unbegründet zurück.

10

Am 04. August 2010 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Zu ihrer Begründung hat sie vorgetragen, ihre Heranziehung sei rechtswidrig, da der Beitragsanspruch des Beklagten in Folge Festsetzungsverjährung erloschen sei. Die Vorschrift des § 174 Abs. 4 und 5 AO finde keine Anwendung. Die Klägerin habe das Verfahren, das mit der Aufhebung des Bescheides vom 17. November 2000 geendet sei, nicht eingeleitet und genieße daher Vertrauensschutz. Die Beiladung zum Verfahren Az. 3 A 1109/02 sei erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgt. Im Übrigen habe der Beklagte seinen Beitragsanspruch verwirkt.

11

Die Klägerin hat beantragt,

12

den Bescheid des Beklagten vom 23.02.2007 – Nr. EHHB-#-... – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 28.06.2010 aufzuheben.

13

Der Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen,

15

und vorgetragen, die Heranziehung der Klägerin sei rechtmäßig. Die Vorschrift des § 174 Abs. 4 und 5 AO sei anwendbar. Da § 174 Abs. 5 Satz 1 AO auf § 174 Abs. 4 AO einschließlich seines Satzes 3 verweise, sei es unerheblich, ob für den Dritten – also die Klägerin – Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass er, der Beklagte, zur Beitragserhebung verpflichtet sei. Er sei für die Baureifmachung der Grundstücke im Gewerbegebiet H... in erhebliche Vorleistungen getreten. Scheitere die Heranziehung der Klägerin, seien diese Mittel der Allgemeinheit entzogen, sodass weitere Erschließungsmaßnahmen unterbleiben müssten.

16

Mit dem angefochtenen Urteil vom 07. September 2011 – 3 A 821/10 – hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Beitragsbescheid vom 23. Februar 2007 sei rechtswidrig. Der streitige Beitragsanspruch sei mit Ablauf des Jahres 2003 in Folge Festsetzungsverjährung (§ 47 AO) erloschen. Auch eine Durchbrechung der Festsetzungsfrist nach § 174 Abs. 4 und 5 AO scheide aus. Die Festsetzungsfrist betrage gemäß § 1 Abs. 4, § 12 Abs. 2 KAG M-V vier Jahre. Nach § 170 Abs. 1 AO beginne die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden sei. Da die sachliche Beitragspflicht mit dem Eingang des Ergebnisses der Verwendungsnachweisprüfung vom 29. Januar 1999 beim Beklagten am 03. Februar 1999 im Jahre 1999 entstanden sei, sei die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 1999 an- und mit Ablauf des Jahres 2003 abgelaufen. Die mit der Widerspruchseinlegung und der nachfolgenden Klage zum Az. 3 A 3669/04 (später 3 A 1109/02) eingetretene Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO beträfe nur das Abgabenschuldverhältnis zwischen den Klägern jenes Verfahrens und dem Beklagten. Zwar finde die Bestimmung des § 174 Abs. 4 und 5 AO kraft der Verweisung in § 12 Abs. 1 KAG M-V auch auf Kommunalabgaben Anwendung. Allerdings lägen die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vor. Zwar sei die Klägerin „Dritte“ im Sinne dieser Vorschrift. Dritter in diesem Zusammenhang sei – im Hinblick auf den zu ändernden fehlerhaften Bescheid – jeder, der darin nicht als Steuerschuldner angegeben sei. Dies träfe auf die Klägerin zu, da der Bescheid vom 17. November 2000 an die Herren ... gerichtet gewesen sei. Auch sei die Klägerin in dem Verfahren Az. 3 A 1109/02 mit Beschluss vom 24. August 2005 beigeladen worden. Allerdings sei diese Beiladung erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgt, was nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine Anwendung des § 174 Abs. 4, Abs. 5 AO ausschließe. Dessen Auffassung folge die Kammer. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass die Gesellschafter der Klägerin als Kläger des Verfahrens Az. 3 A 1109/02 auf die bevorstehenden Korrekturen tatsächlich vorbereitet gewesen seien. Denn die allgemeinen Rechtsgrundsätze von Treu und Glauben und Vertrauensschutz wirkten rechtsbegrenzend lediglich immer innerhalb eines bestehenden Steuerschuldverhältnisses und erforderten Identität der Rechtssubjekte. Daraus folge, dass der Klägerin auch materiell-rechtlich nur Kenntnisse und Verhaltensweisen aus ihrer Sphäre als Abgabenschuldner bzw. Verfahrensbeteiligter zugerechnet werden könnten.

17

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. September 2011 – 3 A 821/10 – ist dem Beklagten am 16. September 2011 zugestellt worden.

18

Am 05. Oktober 2011 hat der Beklagte Berufung eingelegt, die das Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hatte.

19

Mit am 16. November 2011 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat er seine Berufung wie folgt begründet: Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Der Beitraganspruch des Beklagten sei nicht in Folge Festsetzungsverjährung nach § 47 AO erloschen. Unzutreffend lehne das Verwaltungsgericht eine Durchbrechung der Festsetzungsfrist nach § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO ab. Die Vorschrift finde aufgrund der Verweisung in § 12 Abs. 1 KAG M-V grundsätzlich auf Kommunalabgaben entsprechende Anwendung. Die Notwendigkeit der Anwendung ergebe sich aber auch daraus, dass die Gemeinden bei der Herstellung von Erschließungsanlagen erhebliche finanzielle Mittel aufwendeten. § 127 Abs. 1 BauGB bestimme als Korrelat zur Erschließungslast das Recht der Gemeinden, zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands einen Erschließungsbeitrag zu erheben. Hierbei handele es sich um einen Erhebungszwang. Aufgrund dessen bestehe seitens der Gemeinden wie bei den Finanzbehörden ein vergleichbares Interesse an der Korrektur von fehlerhaften Erschließungsbeitragsbescheiden auch außerhalb der Festsetzungsfrist und somit an der grundsätzlichen Anwendung des § 174 Abs. 4 und 5 AO. Eine andere Betrachtung würde zu einem unwiederbringlichen Beitragsausfall und dazu führen, dass die Finanzierung für weitere Erschließungsmaßnahmen fehle. Die Voraussetzungen des Wortlauts des § 174 Abs. 4 und 5 AO seien erfüllt und es sei eine Durchbrechung der Festsetzungsfrist zulässig. Der Wortlaut dieser Vorschrift sehe keine Einschränkung dergestalt vor, dass sie nur bei einer Beiladung des Dritten vor Ablauf der Festsetzungsfrist Anwendung fände. Eine solche Einschränkung sei im Geltungsbereich der Verweisung des § 12 Abs. 1 KAG M-V auch nicht vorzunehmen. Diese Norm sei unter Berücksichtigung des Ziels des KAG M-V auszulegen, die finanzielle Ausstattung der Gemeinden und Gemeindeverbände zu gewährleisten. Gerade auch die skizzierte Erschließungslast und die notwendige Refinanzierung erforderten eine grundsätzliche und strikt am Wortlaut orientierte Anwendung des § 174 Abs. 4, 5 AO im Beitragsrecht. Diese Ansicht trage den Schwierigkeiten, die für die Gemeinde mit der Beitragserhebung verbunden seien, angemessen Rechnung. So nehme auch die Ermittlung der Beitragsschuldner oft erhebliche Zeit in Anspruch. Die vom Verwaltungsgericht geäußerte Auffassung führe zu erheblichem Aufwand der Verwaltung. In der Konsequenz wäre zur Sicherung der Rechtsfolgen der § 174 Abs. 4, 5 AO bei jeder Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen einen Beitragsbescheid zu prüfen, ob und wer zu dem Verfahren beizuladen oder heranzuziehen sei. Dies könne aber insbesondere dann nicht sichergestellt werden, wenn die Beitragserhebung in zeitlicher Nähe zum Ablauf der Festsetzungsfrist erfolge. Die Klägerin könne sich zudem nicht auf einen die Einschränkung des Wortlautes des § 174 Abs. 4, 5 AO rechtfertigenden Vertrauensschutz berufen. Daran fehle es zum einen, weil sich die Klägerin in dem Verfahren, zu dem sie beigeladen gewesen sei, aktiv eingebracht habe, indem sie selbständig Anträge gestellt und zur Begründetheit der Klage Ausführungen gemacht habe. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass sie sich die von den damaligen Klägern, ihren Gesellschaftern, vertretene Auffassung zu Eigen mache und die für die damaligen Kläger günstige Rechtsfolge billige. In der Folge müsse sie auch die daraus resultierende Konsequenz der eigenen Heranziehung hinnehmen. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin aber zum anderen auch deswegen nicht berufen, weil sie bereits vor Ablauf der Festsetzungsfrist durch verfahrensrechtliche Initiative in das ursprüngliche, ihre Gesellschafter betreffende Verfahren eingegriffen habe. Die Gesellschafter hätten den Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. November 2000 zunächst unter dem Briefkopf „A.“ innerhalb der Festsetzungsfrist eingelegt. Diese Erklärung sei der jetzigen Klägerin zuzurechnen. Aus dem Widerspruch sei zu erkennen, dass die geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin sehr wohl von einer – in den späteren Verfahren auch vorgetragenen – Beitragsschuld der Klägerin ausgegangen seien. Schließlich habe das Verwaltungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass die Gesellschafter der Klägerin ihren am 07. Dezember 2000 eingelegten Widerspruch gegen den Erschließungsbeitragsbescheid vom 17. November 2000 erst am 05. Juli 2004 begründet hätten. Erstmals in dieser Begründung nach Ablauf der Festsetzungsfrist, sei die Frage der Beitragsschuld für die Außengesellschafter dargestellt worden. Die Klägerin bzw. ihre Gesellschafter hätten damit selbst die Ursache gesetzt, dass die Beiladung erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist habe vorgenommen werden können.

20

Der Beklagte beantragt,

21

das am 07. September 2011 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald aufzuheben und die Klage abzuweisen.

22

Die Klägerin beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. § 174 Abs. 4 AO bezwecke den Ausgleich einer zugunsten des Steuerpflichtigen eingetretenen Änderung durch die Möglichkeit, die damit verbundenen Nachteile an anderer Stelle zu verwirklichen. Der Gesetzgeber trage dem Vertrauensschutz hierbei dadurch Rechnung, dass eine Folgeänderung nur zulässig sei, wenn die Änderung im Ausgangsverfahren durch einen Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen veranlasst sei. § 174 Abs. 4 AO erfordere als Tatbestandsvoraussetzung indessen, dass sich aufgrund der irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts der Steuerbescheid als rechtswidrig erweise. Die Veranlassung der fehlerhaften Steuerfestsetzung durch einen Irrtum setze voraus, dass die Finanzbehörde in Kenntnis des zugrundeliegenden Sachverhaltes entschieden habe. Insbesondere komme die Anwendung von § 174 Abs. 4 AO nicht in Betracht, weil der Beklagte nicht einen Sachverhalt irrig beurteilt, sondern Tatsachen lediglich nicht zur Kenntnis genommen habe. Betreffe der Irrtum indessen nicht den Sachverhalt, sondern die Geltendmachung des Anspruchs, zum Beispiel durch Verwechslung des Bekanntgabeadressaten, werde keine Änderungsmöglichkeit nach § 174 Abs. 4 AO eröffnet. Der zu beurteilende „bestimmte Sachverhalt“ umfasse nicht auch diejenigen Merkmale, welche für die Geltendmachung des Anspruchs, namentlich die wirksame Bekanntgabe des Bescheides gegenüber dem richtigen Beitragspflichtigen, relevant seien. Die vom Beklagten herangezogenen Normen der Abgabenordnung gestatteten den Erlass des angefochtenen Bescheides nicht. Der Beklagte hätte lange Zeit vor Eintritt der Festsetzungsverjährung ohne große Mühen und Anstrengungen zu der Einsicht gelangen können, dass die auserwählten Beitragsschuldner nicht die richtigen gewesen seien. Seine Argumentation, weil der Wortlaut des § 174 Abs. 4, 5 AO eine Einschränkung nicht vorsehe, seien diese Vorschriften auch dann anzuwenden, wenn eine Beiladung oder Heranziehung des Dritten nach Eintritt der Festsetzungsverjährung stattgefunden habe, verfange nicht. Die Begründung, eine derartige Einengung dürfe im Geltungsbereich der Verweisung des § 12 Abs. 1 KAG M-V auch nicht erfolgen, weil es Normzweck sei, die finanzielle Ausstattung der Gemeinden und Gemeindeverbände zu gewährleisten, liege neben der Sache. Intention von Steuertatbeständen und sonstigen Abgabenvoraussetzungen sei es gerade, Geld des Verpflichteten in den Verfügungsbereich der Gebietskörperschaft als Steuergläubigerin zurückzuführen, der die Steuerertragshoheit zustehe oder die die entsprechenden Gebühren oder Beiträge erheben dürfe.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und Gerichtsakten des Verfahrens 1 L 110/06 (VG Greifswald, Az. 3 A 1109/02), die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

26

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

27

Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Verwaltungsakt vom 23. Februar 2007 (Nr. EHHB-#-...) ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

28

Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass der angefochtene Bescheid infolge Festsetzungsverjährung rechtwidrig sei. Der mit dem Beitragsbescheid vom 23. Februar 2007 geltend gemachte Beitragsanspruch des Beklagten ist wegen Festsetzungsverjährung gemäß § 47 AO i. V. m. § 12 Abs. 1, § 1 Abs. 4 KAG M- V erloschen.

29

Nach Maßgabe von § 47 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 KAG M- V erlöschen Beitragsansprüche insbesondere durch Verjährung. Eine Beitragsfestsetzung ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist, § 169 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M- V. Die Festsetzungsfrist beträgt gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M- V für alle kommunalen Abgaben und Steuern vier Jahre, bei der Erhebung eines Anschlussbeitrages nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V endet die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 2008. Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V).

30

Die Abgabe bzw. die sachliche Beitragspflicht ist gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB i. V. m. § 9 EBS mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage entstanden. Der Beklagte ließ in den Jahren 1992 und 1993 die Verkehrsanlagen "... T...", "... J..." – an dieser liegt das beitragspflichtige Grundstück an – und "... B..." unter Verwendung öffentlicher Fördermittel erstmalig herstellen. Die Verwendung der Mittel wurde nachgeprüft. Der entsprechende Bescheid datiert vom 29. Januar 1999 und ging beim Beklagten am 03. Februar 1999 ein. Erst mit dem Ergehen dieses Bescheides war die sachliche Beitragspflicht entstanden. Erhält eine Gemeinde öffentliche Fördermittel, die der Entlastung der Beitragspflichtigen dienen sollen, entsteht – so der Senat für den Bereich des Erschließungsbeitragsrechts – die sachliche Beitragspflicht erst, wenn der – maßgebliche – umlagefähige Aufwand bestimmt werden kann, also erst dann, wenn der Zuschussgeber im Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung die endgültige Zuschusshöhe mitgeteilt hat (OVG Greifswald, Beschl. v. 07.10.2003 – 1 M 34/03 –, juris). Ist demnach mit der Verwendungsnachweisprüfung gemäß Bescheid vom 29. Januar 1999 die sachliche Beitragspflicht erst im Jahre 1999 entstanden, lief die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 1999 an (§ 170 Abs. 1 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 KAG M-V) und mit Ablauf des Jahres 2003 ab. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass mit Blick auf das Verfahren Az. 3 A 1109/02 (OVG: 1 L 110/06) keine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO eingetreten ist, weil eine Hemmung gegenüber Dritten nicht eintritt bzw. eine solche nur das Abgabenschuldverhältnis der dortigen Kläger betraf (vgl. Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl., § 171 Rn. 30). Folglich war im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 23. Februar 2007 die Festsetzungsfrist bereits seit mehreren Jahren abgelaufen.

31

Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist auch nicht gemäß § 174 Abs. 4, 5 AO unbeachtlich.

32

Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird (Satz 2). Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden (Satz 3). War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1 (Satz 4).

33

Zwar liegen die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AO i. V. m. § 174 Abs. 5 Satz 1 AO in Ansehung des rechtskräftigen Senatsurteils vom 01. April 2009 – 1 L 110/06 –, mit dem die Berufung des Beklagten gegen die Aufhebung des Beitragsbescheides vom 17. November 2000 durch das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 01. März 2006 – 3 A 1109/02 – zurückgewiesen worden ist, ohne Weiteres vor. Der Beklagte hat zudem mit dem Erlass des Bescheides unter dem 23. Februar 2007 und dessen Zugang bei der Klägerin bis frühestens am 26. Februar 2007 entsprechend § 174 Abs. 4 Satz 3 AO die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen. Die Jahresfrist gemäß § 174 Abs. 4 Satz 3 AO beginnt bei Aufhebung des Beitragsbescheides durch das Gericht erst mit Rechtskraft des Urteils (vgl. Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl., § 174 Rn. 64).

34

Die Erstreckung der Regelungen des § 174 Abs. 4 AO auf die Klägerin als Dritte – um eine solche handelt es sich nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts bei der Klägerin, weil Dritter jeder ist, der in dem aufgehobenen Bescheid nicht als Steuerschuldner angegeben ist – kommt jedoch nicht in Betracht. Eine entsprechende Anwendung des § 174 Abs. 5 AO nach Maßgabe von § 12 Abs. 1 KAG M-V ist aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Auch wegen der komplexen Determinanten der Anwendung dieser Bestimmung, die sich aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergeben, wäre zudem eine „entsprechende“ Anwendung der Bestimmung im verwaltungsgerichtlichen bzw. kommunalabgabenrechtlichen Verfahren nicht möglich. Es ist nicht ersichtlich, wie § 174 Abs. 5 AO ohne Systembruch in den kommunalabgabenrechtlichen Verwaltungsprozess eingepasst werden könnte. Selbst wenn im Übrigen die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschrift unterstellt würde, wäre eine Unbeachtlichkeit des Ablaufs der Festsetzungsfrist den Erwägungen des Verwaltungsgerichts folgend zu verneinen.

35

Gemäß § 174 Abs. 5 Satz 1 AO gilt Absatz 4 gegenüber Dritten, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig (Satz 2).

36

§ 174 Abs. 5 Satz 1 AO erfasst allerdings im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzung der irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts gerade die Fälle, in denen – wie hier – die steuerliche Zuordnung eines Gegenstandes zum Dritten oder zum Rechtsbehelfsführer fraglich ist (vgl. BFH, Urt. v. 05.051993 X R 111/91, BFHE 171, 400, BStBl II 1993, 817 – zitiert nach juris – zum umgekehrten Fall, in dem erst die GbR und danach der Mitgesellschafter als Schuldner in Anspruch genommen worden ist; vgl. auch Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl., § 174 Rn. 69). Der zentrale Vortrag der Klägerin, der Beklagte habe nicht den der Beitragserhebung zugrunde liegenden Sachverhalt irrig beurteilt, sondern den falschen Adressaten herangezogen, „passt“ zwar zu § 174 Abs. 4 AO in unmittelbarer Anwendung, liegt aber mit Blick auf § 174 Abs. 5 Satz 1 AO neben der Sache.

37

Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Frage der Anwendbarkeit von § 174 Abs. 5 AO noch nicht unmittelbar beantwortet, gleichwohl aber verschiedentlich deutlich gemacht, dass es einer näheren Betrachtung bedarf, ob und inwieweit eine „entsprechende“ Anwendung insbesondere der §§ 172 ff. AO im Kommunalabgabenrecht möglich ist. So hat er etwa in seinem Beschluss vom 28. November 2005 – 1 M 140/05 – (juris) ausgeführt, dass (in einem Hauptsachverfahren) im Einzelnen zu klären sei, wie die "entsprechend" anzuwendenden Vorschriften der §§ 172 und 173 AO ihrem Sinn und Zweck nach vom bundesrechtlichen Steuerrecht auf das kommunale Abgabenrecht (und hier speziell auf das Beitragsrecht) zu übertragen seien. Anknüpfend daran, dass dem kommunalen Abgabenrecht eine Unterscheidung zwischen Verbrauchsteuern (§ 172 Abs. 1 Nr. 1 AO) und anderen Steuern (§ 172 Abs. 1 Nr. 2 AO) fremd sei, hat der Senat darauf hingewiesen, dass auch die einzelnen, gleichfalls speziell auf das bundesrechtliche Steuerrecht zugeschnittenen Tatbestände des § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht ohne Weiteres auf das kommunale Abgabenrecht „eins zu eins“ zu übertragen seien.

38

Im Zusammenhang mit der Frage der Nacherhebung von Beiträgen hat der Senat in seinem Beschluss vom 19. November 2007 – 1 L 1/07 – (juris) erläutert, dass der Gesetzgeber in Mecklenburg- Vorpommern keine "vorbehaltlose Anordnung der entsprechenden Anwendung der AO" getroffen habe. Zum einen liege schon in dem Begriff der "entsprechenden" Anwendung eine Einschränkung; diese erfordere bei jeder Einzelnorm der Abgabenordnung die Prüfung ihrer Zielsetzung und der Vergleichbarkeit der Anwendungsbereiche. Daher könne allein aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in Mecklenburg- Vorpommern im Unterschied zu einigen anderen Bundesländern nicht bestimmte Regelungen der Abgabenordnung ausdrücklich für unanwendbar erklärt hat, nicht umgekehrt geschlossen werden, sie seien grundsätzlich anwendbar.

39

Ebenfalls zur Frage der Nacherhebung findet sich im Urteil des Senats vom 15. Dezember 2009 – 1 L 323/06 – (juris; auch 1 L 324/06) insbesondere der weitere Hinweis, dass die §§ 172 ff. AO in ihrem ausdifferenzierten Regelungsgehalt und ihrem Wortlaut nach jedenfalls für die Nacherhebung von Anschlussbeiträgen im dort in Rede stehenden Sinne offensichtlich nicht ohne Weiteres "passen" und eine hinreichend schlüssige rechtliche Konstruktion zu einer Transformation des Regelungssystems der §§ 172 ff. AO für die Beitragsnacherhebung im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen fehle. Dies spreche grundsätzlich gegen eine Anwendbarkeit der §§ 172 ff. AO in diesem Bereich.

40

Schließlich hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 03. Januar 2006 – 1 O 117/05 – (Beschwerden gegen Beiladungen im vorangegangenen Verfahren Az. 3 A 1109/02 VG Greifswald) die Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit insbesondere des § 174 Abs. 5 AO unter Vorgriff auf den vorliegenden Rechtsstreit thematisiert und darauf hingewiesen dass in einem Folgerechtsstreit vom Verwaltungsgericht zu entscheiden sein werde, ob und gegebenenfalls mit welchem Inhalt sich § 174 Abs. 4 und 5 AO auf einen abgabenrechtlichen Rechtsstreit vor den Verwaltungsgerichten übertragen lässt. Eine Anwendung "eins zu eins" scheide bereits deshalb aus, weil § 174 AO – wegen § 12 Abs. 1 KAG M- V – nur entsprechend gelte. Es sei zu prüfen, ob und inwieweit § 174 AO von einem finanzgerichtlichen auf einen verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit übertragen werden könne, insbesondere ob und gegebenenfalls welcher Regelungsinhalt aus § 174 Abs. 5 AO auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren übertragbar sei, wenn dort die Möglichkeit des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO in Bezug genommen werde.

41

Schon auf der Grundlage der dargestellten Senatsrechtsprechung ist demnach eine „entsprechende“ Anwendbarkeit der §§ 172 ff. AO teilweise grundsätzlich ausgeschlossen und teilweise nur eingeschränkt möglich. Im Falle des § 174 Abs. 5 AO ergibt die nähere Untersuchung, dass mit Blick auf den Regelungsgehalt des § 174 Abs. 5 AO in seiner Ausformung durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und insbesondere den systematischen Kontext der Norm zur Finanzgerichtsordnung eine „entsprechende“ Anwendbarkeit der Vorschrift im Kommunalabgabenrecht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Es trifft entgegen dem Vorbringen des Beklagten insoweit zunächst nicht zu, dass der Senat in seinem Beschluss vom 04. April 2001 – 1 M 21/00 – (juris) die Anwendbarkeit von § 174 Abs. 5 AO im abgabenrechtlichen Verwaltungsstreitverfahren bejaht hätte; in dieser Entscheidung ist – ohne nähere Erörterung – lediglich ausgeführt, dass § 174 Abs. 4 AO anwendbar sei, und stand im Übrigen nicht die Beteiligung eines Dritten im Prozess bzw. die Erstreckung der Regelung des § 174 Abs. 4 AO auf einen Dritten in Rede.

42

Die Unanwendbarkeit des § 174 Abs. 5 AO im Bereich des Kommunalabgabenrechts ergibt sich bereits zwingend aus dem Umstand, dass diese Norm einen spezifisch prozessrechtlichen Regelungsgehalt besitzt und der Landesgesetzgeber für die Gesetzgebungsmaterie des Verwaltungsprozessrechts keine Gesetzgebungskompetenz besitzt, die es ihm erlauben würde, kraft landesgesetzlicher Verweisung eine entsprechenden prozessrechtliche Regelung im Kontext der Beitragserhebung zu normieren.

43

§ 174 Abs. 5 Satz 2 AO enthält nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urt. v. 25.08.1987 – IX R 98/82 –, juris; Beschl. v. 30.01.2012 – III B 20/10 –, juris; vgl. auch Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl., § 174 Rn. 73) einen selbständigen Beiladungsgrund; danach ist eine Beiladung unabhängig davon zulässig, ob auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 60 FGO erfüllt sind. Der Sache nach geht es bei dem selbständigen Beiladungsgrund nach § 174 Abs. 5 Satz 2 AO um die Anwendbarkeit einer Korrekturvorschrift und um den Rechtsschutz des Dritten (vgl. BFH, Beschl. v. 30.01.2012 – III B 20/10 –, juris). Für eine Beiladung nach § 174 Abs.5 Satz 2 AO ist lediglich erforderlich, dass ein Steuerbescheid möglicherweise wegen irriger Beurteilung eines Sachverhalts aufzuheben oder zu ändern ist, hieraus sich rechtliche Folgerungen für einen Dritten ergeben und das Finanzamt die Beiladung beantragt oder veranlasst hat. Sinn und Zweck des § 174 Abs.5 Satz 2 AO gebieten es dabei im Finanzprozess, dem Dritten die Befugnisse eines notwendig Beigeladenen zu geben (vgl. BFH, Urt. v. 11.04.1991 – V R 40/86 –, juris; auch Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl., § 174 Rn. 77). Dessen Beteiligung am Verfahren soll dem Finanzamt unter den Voraussetzungen des § 174 Abs.4 AO die Möglichkeit eröffnen, gegen ihn einen Bescheid zu erlassen, weil ein bestimmter Sachverhalt einheitlich und zutreffend beurteilt werden soll. Die Interessenlage des gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO zum Verfahren Beigeladenen ist damit mit der eines notwendig Beigeladenen vergleichbar, ebenso folglich die verfahrensrechtliche Stellung, die er durch seine Beteiligung erlangt (vgl. BFH, Urt. v. 11.04.1991 – V R 40/86 –, juris). Dies rechtfertigt es, ihm im Finanzprozess die entsprechenden Rechte einzuräumen, auch wenn die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO nicht erfüllt sind (vgl. BFH, Beschl. v. 06.12.1979 – IV B 56/79 –, BStBl II 1980, 314 – zitiert nach juris; vgl. zum Ganzen auch BFH, Urt. v. 25.08.1987 – IX R 98/82 –, juris).

44

Aus alledem wird deutlich, dass jedenfalls § 174 Abs. 5 Satz 2 AO einen spezifisch prozessrechtlichen Regelungsgehalt besitzt, der im Anwendungsbereich der Abgabenordnung die Norm des § 60 FGO um eine spezielle Regelung der Beiladung ergänzt, und zwar aus Sicht des Bundesfinanzhofs als verfahrensrechtlich notwendiges Korrektiv der materiellrechtlichen Erstreckung von § 174 Abs. 4 AO auf einen Dritten nach § 174 Abs. 5 Satz 1 AO. Insoweit sind § 174 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 AO auch untrennbar miteinander verknüpft. Obwohl er mit der Finanzgerichtsordnung das finanzgerichtliche Verfahren insbesondere in Gestalt von § 60 FGO (und § 60a FGO) und den dortigen Bestimmungen zur Beiladung gestützt auf seine Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG an sich abschließend geregelt hat, war der Bundesgesetzgeber kraft dieser Kompetenz auch befugt, mit der bundesrechtlichen Regelung des § 174 Abs. 5 Satz 2 AO eine ergänzende spezialgesetzliche Vorschrift zu normieren.

45

Diese Gesetzgebungskompetenz fehlt jedoch dem Landesgesetzgeber bezogen auf die ebenfalls abschließenden Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung zur Beiladung. Der Landesgesetzgeber ist daher kompetenzrechtlich nicht befugt, mittels Verweis in § 12 Abs. 1 KAG M-V auf § 174 Abs. 5 Satz 2 AO gerichtsverfahrensrechtliche Regelungen zu normieren, die im Ergebnis einen selbständigen bzw. von den Voraussetzungen der abschließenden Bestimmung des § 65 VwGO unabhängigen Beiladungsgrund schaffen. Jedenfalls wegen der untrennbaren Verknüpfung von § 174 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 AO gilt dies auch für die Regelung in Satz 1, deren verfahrensrechtliches Korrelat Satz 2 ist.

46

Daraus folgt ohne Weiteres, dass § 174 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 AO von der Verweisung in § 12 Abs. 1 KAG M-V nicht erfasst sein kann, weil letztere Bestimmung sonst gegen Verfassungsrecht in Gestalt der Bestimmungen zur Gesetzgebungskompetenz verstoßen würde. Landesrecht kann keinen von § 65 VwGO unabhängigen Beiladungsgrund normieren.

47

Selbst wenn man zwischen § 174 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 AO insoweit differenzieren wollte, könnte das Verwaltungsgericht – anders als im Finanzprozess – dem Dritten bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 VwGO auch im Übrigen mit Blick auf die vom Bundesfinanzhof angenommene Interessenlage nicht die Stellung eines notwendig Beigeladenen einräumen. Es kann aber nicht sein, auf der materiellrechtlichen Ebene die Konsequenzen aus § 174 Abs. 5 Satz1 AO zu ziehen, ohne zugleich prozessrechtlich die für das finanzgerichtliche Verfahren gezogenen Folgerungen im Verwaltungsprozess umzusetzen.

48

Ohne dass es darauf für seine Entscheidung noch ankäme, verweist der Senat darauf, dass auch die nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu beachtenden komplexen Determinanten der Anwendung des § 174 Abs. 5 AO eine „entsprechende“ Anwendung der Bestimmung im verwaltungsgerichtlichen bzw. kommunalabgabenrechtlichen Streitverfahren ausschließen. Die sich aus dieser Ausformung ergebende Regelungskonzeption des § 174 Abs. 5 AO wäre nicht ohne Systembruch auf den kommunalabgabenrechtlichen Verwaltungsprozess übertragbar; eine Übertragbarkeit entzieht sich jedenfalls richterlicher Rechtsfortbildung. Grundlegend ist als Besonderheit des § 174 Abs. 5 AO danach zunächst zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Entscheidung über die Beiladung Dritter nach § 174 Abs. 5 Satz 2 AO allein in den Händen der Steuerbehörden liegt (vgl. BFH, Beschl. v. 27.01.1982 – VII B 141/81 –, juris; vgl. auch Beschl. v. 30.01.2012 – III B 20/10 –, juris; Beschl. v. 22.09.1993 – II B 67/93 –, juris): Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergebe sich, dass es sich jeweils um eine Ermessensentscheidung handele. Aus dem Gesamtzusammenhang, in den § 174 Abs. 4 und 5 AO gestellt sei, folge, dass die Ermessensausübung bei der Hinzuziehung oder Beiladung Dritter allein in den Händen der Steuerbehörde liege. Auch wenn die Finanzbehörde die Hinzuziehung des Dritten im Rechtsbehelfsverfahren nicht angeordnet hat und wenn der Steuerpflichtige nach erfolglosem Rechtsbehelfsverfahren im Klageverfahren die Aufhebung bzw. Änderung des ihn belastenden Steuerbescheides begehrt, entscheide allein die Steuerbehörde, ob sie die Beiladung des Dritten zum Klageverfahren veranlasst bzw. darauf hinwirkt oder nicht. Dass die Beiladung im finanzgerichtlichen Verfahren nur durch das Finanzgericht angeordnet werden kann, ändere daran nichts. Es könne nicht dessen Sache sein, diese Entscheidung der Finanzbehörde abzunehmen und den Dritten von Amts wegen beizuladen, um der Finanzbehörde die Möglichkeit einer von dieser nicht ins Auge gefassten späteren steuerlichen Inanspruchnahme zu schaffen. Es würde damit Funktionen der Verwaltung ausüben, zu denen es als Rechtsprechungsorgan nicht befugt ist.

49

Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung schränkt also § 174 Abs. 5 AO bundesrechtlich den Spielraum der Finanzgerichte bei der Entscheidung über eine Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO ein. Da § 174 Abs. 5 AO vermittels § 12 Abs. 1 KAG M-V lediglich als landesrechtliche Bestimmung Anwendung finden kann, ist eine entsprechende Einschränkung der Entscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte jedenfalls im Bereich der einfachen Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO ausgeschlossen. In diesem Sinne hat der Senat in seinem bereits erwähnten Beschluss vom 03. Januar 2006 – 1 O 117/05 – neben den vorstehend wiedergegebenen Erwägungen ausgeführt:

50

„Durch den angefochtenen Beschluss vom 24. August 2005 hat das Verwaltungsgericht eine einfache Beiladung ausgesprochen (§ 65 Abs. 1 VwGO); es hat die rechtlichen Interessen der Beigeladenen zu 1 bis 3 vom Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits als berührt angesehen. Der weitere als Klammerzusatz gegebene Hinweis "vgl. § 12 Abs. 1 KAG M- V i.V.m. § 174 Abs. 4, 5 AO" stellt den Charakter der Beiladung als einer einfachen Beiladung i.S.d. § 65 Abs. 1 VwGO nicht in Frage.

51

Eine Beiladung richtet sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach der Verwaltungsgerichtsordnung. Die Vorschriften der Abgabenordnung, die nur über die landesrechtliche Verweisungsnorm des § 12 Abs. 1 KAG M- V im abgabenrechtlichen Rechtsstreit entsprechend gelten, sind als landesrechtliche Regelungen nicht geeignet, die bundesrechtlichen Regelungen der VwGO in Frage zu stellen. Danach kommt bei einer einfachen Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO ausschließlich die Rechtsfolge des § 65 Abs. 4 S. 3 VwGO zur Anwendung, wonach der entsprechende Beschluss des Verwaltungsgerichts unanfechtbar ist.“

52

Demnach unterscheiden sich Inhalt und Voraussetzungen der gerichtlichen Beiladungsentscheidung im finanzgerichtlichen Prozess einerseits und im verwaltungsgerichtlichen Prozess andererseits im Anwendungsbereich des § 174 Abs. 5 AO bzw. des § 174 Abs. 5 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 KAG M-V auch unter diesem Blickwinkel ganz erheblich. Da es im Verwaltungsprozess nicht eine Entscheidung der Behörde, sondern des Gerichts ist, ob ein Dritter beigeladen wird oder nicht, die erst die Anwendung von § 174 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 171 Abs. 4 AO ermöglichen könnte, ist es systematisch ausgeschlossen, eine solche Anwendung zu bejahen. Um mit dem Bundesfinanzhof zu sprechen: Es kann nicht Sache des Verwaltungsgerichts sein, die Entscheidung über die Möglichkeiten und Aussichten der Abgabenerhebung der Abgabenbehörde abzunehmen und den Dritten von Amts wegen beizuladen, um der Abgabenbehörde die Möglichkeit einer – von dieser ggfs. nicht einmal ins Auge gefassten – späteren abgabenrechtlichen Inanspruchnahme zu schaffen. Es würde damit Funktionen der Verwaltung ausüben, zu denen es als Rechtsprechungsorgan nicht befugt ist. Wäre dies zulässig, müsste jedenfalls dem beigeladenen Dritten ein Beschwerderecht eingeräumt sein. Denn mit der Beiladung tritt die Rechtsfolge des § 174 Abs. 5 AO, die Geltung des Abs. 4, (zunächst) unmittelbar ein.

53

Zu beachten ist aber weiter, dass der Beiladungsbeschluss eines Finanzgerichts nach § 60 FGO bzw. § 174 Abs. 5 AO mit der Beschwerde angegriffen werden könnte (vgl. z. B. BFH, Beschl. v. 06.12.1979 – IV B 56/79 –, juris; Beschl. v. 27.01.1982 – VII B 141/81 –, juris), während die Beiladung im Verwaltungsprozess nach § 65 Abs. 4 Satz 3 VwGO unanfechtbar ist (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 03. Januar 2006 – 1 O 117/05 –; vgl. Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 65 Rn. 180; auch BVerwG, Urt. v. 10.01.2011 – 7 C 10.00 –, BVerwGE 112, 335 – zitiert nach juris: „Die für die Rechtsmittelbefugnis des Beigeladenen erforderliche Beschwer ist zu verneinen, wenn er im vor-instanzlichen Verfahren zu Unrecht beigeladen wurde.“; a. A. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 65 Rn. 37; vgl. zu einer besonderen Konstellation Czybulka, a.a.O., § 65 Rn. 166). Beiladungsbeschlüsse des Verwaltungsgerichts unterliegen wegen der Unanfechtbarkeit nach § 65 Abs. 4 Satz 3 VwGO gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 512 ZPO nicht der Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 18.02.2005 – 4 B 421/04 –, SächsVBl. 2005, 123 – zitiert nach juris; vgl. auch Czybulka, a.a.O., § 65 Rn. 179).

54

Welches im Sinne des § 174 Abs. 4, 5 AO die gegenüber einem Dritten zu ziehenden „richtigen steuerrechtliche Folgerungen“ aus einem vom Steuerpflichtigen ausgelösten Korrekturverfahren sind, entscheidet sich im Ausgangsverfahren (vgl. BFH, Urt. v. 26.07.1995 – X R 45/92 –, juris). Der Dritte muss deshalb die materiell-rechtliche Beurteilung des einheitlichen Lebensvorgangs auf Grund seiner Beiladung gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO gegen sich gelten lassen, kann aber die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer Änderung nach § 174 Abs. 4, 5 AO im finanzgerichtlichen Verfahren bestreiten (vgl. BFH, Urt. v. 24.11.1987 – IX R 158/83 –, juris). Dies ist für den Beitragsschuldner als Dritten im Verwaltungsprozess nicht möglich.

55

Erheblich ist zudem, dass die Antragstellung des Beigeladenen im Verwaltungsprozess wegen § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO und der dazu vorliegenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unmittelbar materiell-rechtliche Folgen nach sich ziehen würde. Über den Wortlaut des § 174 Abs. 5 Satz 2 AO hinaus ist für seine Anwendung nämlich erforderlich, dass dem Dritten gegenüber hinsichtlich der Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Bescheides die Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt sind. Der Dritte muss seine Zustimmung zur Korrektur erklärt oder einen auf Aufhebung oder Änderung gerichteten Antrag gestellt haben (vgl. BFH, Urt. v. 05.05.1993 – X R 111/91 –, juris; vgl. auch Urt. v. 11.04.1991 – V R 40/86 –, juris). Der Dritte, der im Verwaltungsprozess seine Beiladung nicht anfechten könnte, würde sich vor diesem Hintergrund widerstreitenden Eigeninteressen ausgesetzt sehen: Einerseits müsste insbesondere der gegen seinen Willen einfach Beigeladene auf eine aussichtsreiche Antragstellung verzichten, um den betreffenden materiell-rechtlichen Folgen zu entgehen, bliebe andererseits jedoch regelmäßig unter Berücksichtigung der geläufigen Maßstäbe für die gerichtlichen Billigkeitsentscheidung gemäß § 162 Abs. 3 VwGO auf seinen außergerichtlichen Kosten sitzen.

56

Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen wäre eine Unbeachtlichkeit des Ablaufs der Festsetzungsfrist schließlich jedenfalls den Erwägungen des Verwaltungsgerichts folgend zu verneinen.

57

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist der Erlass oder die Änderung eines Steuerbescheides gegenüber einem Dritten nach § 174 Abs. 4 und 5 AO nur dann möglich, wenn dieser vor Ablauf der Festsetzungsfrist hinzugezogen oder beigeladen worden ist. Eine Hinzuziehung oder Beiladung kommt danach grundsätzlich nicht in Betracht, wenn gegenüber dem Dritten im Zeitpunkt der Hinzuziehung oder Beiladung die Festsetzungsfrist für den gegen ihn gerichteten Steueranspruch bereits abgelaufen war (vgl. BFH, Urt. v. 05.05. 1993 – X R 111/91 –, BFHE 171, 400, BStBl II 1993, 817 – zitiert nach juris). Es besteht im Fall einer unterstellten Anwendbarkeit des § 174 Abs. 5 AO für den Senat kein Anlass, vorliegend von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

58

Im Streitfall ist diese Voraussetzung nicht erfüllt; die Festsetzungsverjährung war im Zeitpunkt der Beiladung der Klägerin mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. August 2005 – 3 A 1109/02 – bereits abgelaufen.

59

Maßgebend für den Rechtsstandpunkt des Bundesfinanzhofs sind folgende Erwägungen (vgl. etwa Urt. v. 05.05.1993 – X R 111/91 –, juris): Die in § 174 Abs.4 Satz 3 AO normierte Zurückdrängung des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit zugunsten der Rechtsrichtigkeit setze Identität des Adressaten von ursprünglichem und neuem Bescheid voraus. Sie sei gerechtfertigt, weil derjenige, der das Korrekturverfahren mit Erfolg betrieben hat (§ 174 Abs.4 Satz 1 AO), innerhalb einer gewissen Zeitspanne gewärtigen müsse, dass die damit verbundenen weiteren Folgerungen auch außerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist gezogen werden. Insoweit fehle eine schützenswerte Vertrauensposition. Grundlegend anders sei dies beim Dritten. Er habe nicht durch eigene verfahrensrechtliche Initiativen auf eine Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Bescheids hingewirkt; bei ihm könnten – typischerweise – Kenntnisse hinsichtlich der Auswirkungen der Korrektur nicht vorausgesetzt werden. Insofern gebe es keinen rechtfertigenden Grund dafür, ihm ohne Weiteres die Folgerungen aus der nachträglich richtigen Beurteilung des Sachverhalts auch jenseits der allgemeinen Festsetzungsverjährung anzulasten. Diese Ausgangslage verändere sich entscheidend erst von dem Zeitpunkt an, zu dem der Dritte an dem vom bisherigen Steuerschuldner betriebenen Verfahren förmlich beteiligt wird und dieses durch eigene Verfahrenserklärungen wirksam beeinflussen kann. Eine solche Einwirkung sei rechtlich nur möglich, solange noch keine Verjährung eingetreten ist.

60

Soweit der Bundesfinanzhof ausführt, bei einem Dritten könnten „ typischerweise“ Kenntnisse hinsichtlich der Auswirkungen der Korrektur nicht vorausgesetzt werden, ist dies im Sinne des Vorbringens des Beklagten kein Einfallstor für entscheidungserhebliche Billigkeitserwägungen. Die Kläger des Verfahrens Az. 3 A 1109/02 (VG Greifswald) sind Gesellschafter der Klägerin. Auch wenn man folglich ihrerseits „Kenntnisse hinsichtlich der Auswirkungen der Korrektur“ im damaligen Verfahren annehmen könnte, rechtfertigen diese nicht die Anwendung des § 174 Abs. 5 AO gegenüber der Klägerin. Inwieweit ein Kläger etwa in seiner Eigenschaft als Mitgesellschafter oder Prozessvertreter einer GbR in das von dieser betriebene Verfahren eingeschaltet und dadurch auf die bevorstehenden Korrekturen tatsächlich vorbereitet war, ist unerheblich. Die allgemeinen Rechtsgrundsätze (Treu und Glauben, Vertrauensschutz) wirken rechtsbegrenzend lediglich innerhalb eines bestehenden Steuerschuldverhältnisses und erfordern Identität der Rechtssubjekte (vgl. zum Ganzen BFH, Urt. v. 05.05.1993 – X R 111/91 –, juris).

61

Die Ausführungen des Beklagten zu Erhebungspflicht, Refinanzierungsbedarf, effektiver Beitragserhebung, Schwierigkeiten der Beitragserhebung und aktiver Beteiligung der Klägerin nach Beiladung im Ausgangsprozess sind mit Blick auf die verneinte Anwendbarkeit des § 174 Abs. 5 AO nicht entscheidungserheblich. Sie können mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen aber auch unabhängig von der Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 174 Abs. 4, 5 AO nicht durchgreifen. Die weitere Rüge, die Kläger im Ausgangsverfahren hätten ihren Widerspruch erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist gegenüber der Klägerin begründet, sie hätten damit selbst die Ursache dafür gesetzt, dass die Beiladung erst nach Fristablauf habe beschlossen werden können, geht – unabhängig von der Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 174 Abs. 5 AO – ins Leere, da die Klägerin bereits seit 1995 im Grundbuch als Erbbauberechtigte eingetragen war. Ebenso ist auf die schon vor Verjährungseintritt vorliegende Rechtsprechung des BGH zur Fähigkeit einer GbR, Grundstückseigentümerin und Erbbauberechtigte sein zu können, hinzuweisen. Auch in seinem Urteil vom 01. April 2009 – 1 L 110/06 – hat der Senat ausführlich zur aus seiner Sicht ohne Weiteres gegebenen Möglichkeit der Inanspruchnahme der Klägerin hingewiesen. Der auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10. November 1993 – I R 20/93 – (juris) gestützte Einwand, die Klägerin habe durch verfahrensrechtliche Initiative in das ursprüngliche, ihre Gesellschafter betreffende Verfahren eingegriffen und sei deshalb nicht schutzwürdig, greift schon im Ansatz wegen der Unanwendbarkeit des § 174 Abs. 5 AO nicht durch. Im Übrigen geht auch der diesbezüglicher Vortrag des Beklagten fehl: Der Beklagte meint, die Gesellschafter hätten den Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. November 2000 zunächst unter dem Briefkopf „A.“ innerhalb der Festsetzungsfrist eingelegt, folglich sei diese Erklärung der hiesigen Klägerin zuzurechnen. Dem kann nicht gefolgt werden, weil der Widerspruch vom 07. Dezember 2000 zwar unter dem Briefkopf „A.“ erfolgt ist. Gleichwohl lässt sich dem Widerspruchsschreiben mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass nicht die Klägerin, sondern die Herren Sindram jeweils persönlich Widerspruchsführer gewesen sind. Dies ergibt sich vor allem unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes des Beklagten: Die mit dem Widerspruch angegriffenen Bescheide waren jeweils unzweideutig an die Herren ... persönlich als Schuldner der Erschließungsbeiträge gerichtet. Bei verständiger Würdigung ihres erkennbaren Rechtsschutzziels kam infolgedessen nur die Auslegung des Widerspruchs dahingehend in Betracht, dass die Herren ... als persönlich in Anspruch genommene Schuldner der Erschließungsbeiträge – spiegelbildlich – auch persönlich gegen die an sie adressierten Bescheide Widerspruch einlegen wollten und eingelegt haben. Dass der Beklagte selbst genau diese Bewertung vorgenommen hat, zeigen seine „Zwischenbescheide“ vom 19. Januar 2001 deutlich. Diese sind nämlich wiederum an die Herren ... persönlich gerichtet und werden mit einer persönlichen Formel („Sehr geehrter Herr ..., Ihr Widerspruch …) eingeleitet. Es kann deshalb keine Rede davon sein, die Klägerin habe durch verfahrensrechtliche Initiative in das ihre Gesellschafter betreffende Verfahren eingegriffen.

62

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.