Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 20. Apr. 2011 - 3 A 775/09

bei uns veröffentlicht am20.04.2011

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um Zweitwohnungssteuern.

2

Die Klägerin ist seit dem 16.10.2007 Mieterin eines möblierten Einzelzimmers in der Straße in B-Stadt, wo sie eine Ausbildung durchführt. Teeküche und Sanitäreinrichtungen werden im Haus gemeinschaftlich genutzt. Der Mietzins beträgt 180 Euro monatlich einschließlich aller Nebenkosten. Die Klägerin meldete sich in B-Stadt mit Nebenwohnsitz. Der gemeldete Hauptwohnsitz besteht in der Wohnung der Eltern in A-Stadt.

3

Mit Bescheid vom 23.03.2009 (Kassenzeichen) setzte der Beklagte gegen die Klägerin für den Zeitraum von Juni 2008 bis Dezember 2009 Zweitwohnungssteuern in Höhe von 197,60 Euro fest. Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2009, zugestellt am 04.06.2009, zurück.

4

Am 06.07.2009 (Montag) hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass in B-Stadt keine Wohnung im steuerrechtlichen Sinn bestehe. Es handele sich um ein Zimmer in einem Studentenwohnheim. Die Wohnung sei nicht abgeschlossen. Zudem könne sie darüber nicht wie ein Mieter verfügen, so sei zum Beispiel nach der Hausordnung Besuch nur bis 22 Uhr gestattet.

5

Die Klägerin beantragt,

6

den Bescheid des Beklagten vom 23.03.2009 (Kassenzeichen) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2009 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin bewohne eine Wohnung im Sinne der Steuersatzung. Wohnung im melderechtlichen Sinn sei jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen genutzt werde. Auf die weitere Ausstattung und Nutzbarkeit des Zimmers komme es deswegen nicht an.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

11

1. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

12

a) Rechtsgrundlage der Steuererhebung ist die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Stadt B-Stadt vom 18.11.2009 (Steuersatzung 2009).

13

b) Der Steuertatbestand ist erfüllt. Gegenstand der Steuer ist nach § 2 Abs. 1 Steuersatzung 2009 das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet. Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder für mindestens zwei Monate im Jahr innehat. Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte, auch außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland liegende Wohnung des Einwohners. Für die Hauptwohnung muss keine rechtlich gesicherte Verfügungsbefugnis bestehen (§ 2 Abs. 2 Steuersatzung 2009). Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Klägerin in A-Stadt ihre Hauptwohnung unterhält. Die Wohnung in B-Stadt stellt sich daneben steuerrechtlich als Nebenwohnung dar. Der Umstand, dass sie über keine eigene Küche und kein eigenes Bad mit Toilette verfügt, ist unerheblich. Gemäß § 2 Abs. 3 Steuersatzung 2009 muss eine Zweitwohnung nach ihrer Beschaffenheit wenigstens vorübergehend die Führung des Haushaltes ermöglichen. Das Vorhalten der hierfür notwendigen Ausstattung lediglich als Gemeinschaftseinrichtung (z.B. hinsichtlich der Kochgelegenheit, Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung) steht einer Steuerpflicht nicht entgegen. So liegt es hier. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass die Hausordnung die Nutzbarkeit der Wohnung stark einschränke, lässt auch das die Steuerpflicht nicht entfallen. Entscheidend ist, dass die angemieteten Räume die Führung eines Haushaltes ermöglichen. Die Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses hinsichtlich der Mietsache durch eine Hausordnung ist dem Wohnungsmietrecht immanent.

14

c) Die Satzung vom 18.11.2009 findet auf den vorliegenden Fall Anwendung, weil sie gemäß § 11 Satz 1 Steuersatzung 2009 rückwirkend zum 01.01.2007 in Kraft getreten ist. Zwar handelt es sich insoweit zum Teil um einen Fall der echten Rückwirkung, weil die Steuersatzung kraft der Rückwirkungsanordnung nachträglich ändernd in einen abgeschlossenen Tatbestand eingreift. Die Zweitwohnungssteuer war auch nach § 6 Abs. 2 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Stadt B-Stadt vom 17.12.2004 (Steuersatzung 2004) eine Jahressteuer. Die Steuerpflicht entstand zum 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Steuersatzung 2004). Unter der Geltung der Steuersatzung 2004 ist jedoch für die Klägerin keine Zweitwohnungssteuerpflicht entstanden, weil das Innehaben einer Zweitwohnung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Steuersatzung 2004 die rechtliche Verfügungsbefugnis über die Wohnung voraussetzte und dieses Erfordernis entsprechend für das Innehaben der Erstwohnung galt (so zur Auslegung der Steuersatzung 2004 OVG Greifswald, Urt. v. 26.11.2007 – 1 L 257/056, zit. n. juris; zustimmend zu einer entsprechenden Auslegung von Satzungsrecht BVerwG, Beschl. v. 17.09.2008 – 9 C 15/07, zit. n. juris). Für eine Verfügungsbefugnis der Klägerin über die elterliche Wohnung ist im Erhebungszeitraum aber nichts ersichtlich. Die rückwirkend in Kraft getretene Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 3 Steuersatzung 2009 führte deshalb dazu, dass die Zweitwohnungssteuerpflicht für den abgeschlossenen Erhebungszeitraum erstmalig entstanden ist.

15

Die Rückwirkungsanordnung ist gleichwohl wirksam. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte. Eine echte, verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässige Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, tritt jedoch zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (BVerfG, Beschl. v. 27.02.2007 - 1 BvR 3140/06, zit. n. juris). Das Verbot echter Rückwirkung findet im Gebot des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (BVerwG, Urt. v. 03.07.2003 – 2 C 36/02, BVerwGE 118, 277). Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, nicht zu einer Zweitwohnungssteuer veranlagt zu werden, konnte sich hier nicht bilden. Die Klägerin musste im Erhebungszeitraum damit rechnen, dass der Beklagte das bereits mit der Steuersatzung 2004 verfolgte Ziel, Studenten mit Zweitwohnsitz in der Stadt B-Stadt zur Zweitwohnung heranzuziehen, durch eine rückwirkende Veränderung des Ortsrechts weiterverfolgen würde, nachdem die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zur Auslegung des bestehenden Satzungsrechts erst im September 2008 rechtskräftig geworden war. Bereits nach altem Satzungsrecht war zu erkennen, dass der Beklagte auch die sogenannten „Kinderzimmerfälle“, also die Fälle einer Ausbildungswohnung bei fortdauerndem Erstwohnsitz des Auszubildenden bei seinen Eltern, der Zweitwohnungssteuerpflicht unterwerfen wollte und dafür in Übereinstimmung mit der damaligen erstinstanzlichen Rechtsprechung die Steuersatzung 2004 für ausreichend hielt.

16

d) Die Steuersatzung 2009 ist auch im Übrigen wirksam. Die Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 3 Steuersatzung 2009, wonach für die Hauptwohnung keine rechtlich gesicherte Verfügungsbefugnis bestehen muss, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Es kommt nur darauf an, dass mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt wird. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein Steuerpflichtiger die Erstwohnung als Hauptwohnung angemeldet hat. Damit erklärt der Steuerpflichtige, dass er die Erstwohnung vorwiegend benutzt. Dies indiziert wiederum, dass dort auch typischerweise das allgemeine Wohnbedürfnis abgedeckt wird. Denn es ist im Allgemeinen nicht davon auszugehen, dass jemand eine Wohnung vorwiegend benutzt, die das allgemeine Wohnbedürfnis nicht befriedigt, und nicht eine ihm zur Verfügung stehende weitere Wohnung, welche die Voraussetzungen dafür bietet. Wird somit das menschliche Grundbedürfnis „Wohnen“ bereits in der als Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung gedeckt, stellt das Innehaben einer weiteren Wohnung einen zusätzlichen Aufwand dar, der typischerweise eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziert. Daher ist für die Erfüllung des Aufwandsbegriffs bundesrechtlich unerheblich, ob das Grundbedürfnis Wohnen in einer als Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung dadurch erfüllt wird, dass der Steuerpflichtige über den entsprechenden Wohnraum in rechtlich abgesicherter Weise verfügen darf oder diesen etwa nur als Besitzdiener nutzt, ob es sich um eine abgeschlossene Wohnung, nur ein Zimmer – wie hier im elterlichen Haus – oder gar nur eine „Mitwohnmöglichkeit“ handelt oder ob Wohnraum in der elterlichen Wohnung lediglich als Teil der Unterhaltsleistungen seitens der Eltern genutzt wird (BVerwG, Urt. v. 13.05.2009 - 9 C 7/08, NVwZ 2009, 1437; zustimmend BVerfG, Beschl. v. 17.02.2010 - 1 BvR 529/09, NVwZ 2010, 1022; a.A. OVG Greifswald, Urt. v. 26.11.2007 - 1 L 280/05, zit. n. juris).

17

Der Satzungsgeber war ferner nicht gehalten, Empfänger von Ausbildungsförderung aus dem Kreis der Steuerpflichtigen auszunehmen (so aber OVG Greifswald, Urt. v. 20.06.2007 - 1 L 257/06, zit. n. juris). Gegenstand der Zweitwohnungssteuerpflicht ist der besondere Aufwand, der in Gestalt des Innehabens einer weiteren Wohnung neben der Erstwohnung (Hauptwohnung) betrieben, und nicht das Einkommen, das hierfür eingesetzt wird. Ausschlaggebendes Merkmal ist der äußere Tatbestand des Konsums als Ausdruck und Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, nicht die konkrete Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen. Am Vorliegen eines besonderen Aufwandes im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 Grundgesetz (GG) ändert nichts, wenn der Steuerpflichtige mit der Innehabung einer Zweitwohnung „über seine Verhältnisse lebt“, die Mittel hierfür von anderen erhält oder ihm die Wohnung etwa von Verwandten unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Angesichts der verfassungsrechtlichen Ermächtigung des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG kann auch keine Rede davon sein, dass eine an den besonderen Aufwand der Innehabung einer Zweitwohnung anknüpfende Besteuerung gegen den Gleichheitssatz oder das Sozialstaatsprinzip verstoßen könnte (BVerwG, Urt. v. 17.09.2008 - 9 C 14/07, zit. n. juris).

18

e) Schließlich begegnet auch die sonstige Rechtsanwendung im Einzelfall keinen Bedenken. Der Beklagte hat den Mietaufwand der Klägerin gemäß § 4 Abs. 1 Steuersatzung 2009 bei einer Gesamtmiete von 180 Euro monatlich im Wege der Schätzung gemäß § 162 Abgabenordnung (AO) mit einer Jahresnettokaltmiete von 1.560 Euro angenommen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die tatsächlichen Nebenkosten der Klägerin mehr als 50 Euro monatlich betrugen, auch die Klägerin trägt insoweit nichts vor (§ 7 Abs. 2 Steuersatzung 2009). Daraus errechnet sich nach § 5 Steuersatzung 2009 eine Zweitwohnungssteuer von 124,80 Euro jährlich.

19

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Berufung war gemäß §§ 124 Abs. 2 Nr. 4, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, weil dieses Urteil – wie unter 1. d) dargelegt – von den Urteilen des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20.06.2007 (Aktenzeichen 1 L 257/06) und vom 26.11.2007 (Aktenzeichen 1 L 280/05) abweicht und auf dieser Abweichung beruht.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Abgabenordnung - AO 1977 | § 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 105


(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole. (2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen diese

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Heranziehung eines bei seinen Eltern mit Hauptwohnsitz wohnenden Studenten zur Zweitwohnungsteuer für eine am Studienort angemietete Wohnung.

I.

2

Der Beschwerdeführer ist seit Juli 2006 Mieter eines Zimmers in einem Studentenwohnheim in Aachen. Die monatliche Miete betrug im Streitzeitraum 76,88 €. Daneben bewohnte der Beschwerdeführer sein ehemaliges Kinderzimmer im Haus seiner Eltern in Y.

3

Im Gebiet der Stadt Aachen galt für den Streitzeitraum die Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungsteuer vom 11. Dezember 2002 in der Fassung vom 16. August 2006. Danach wurde für das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet eine Zweitwohnungsteuer erhoben. Die Satzung hatte auszugsweise den folgenden Inhalt:

4

§ 2 Begriff der Zweitwohnung

5

(1) Zweitwohnung ist jede Wohnung im Sinne des Absatzes 3, die jemandem neben seiner Hauptwohnung als Nebenwohnung im Sinne des Nordrhein-Westfälischen Meldegesetzes dient oder die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken des eigenen persönlichen Lebensbedarfs oder des persönlichen Lebensbedarfs seiner Familie innehat. (…)

6

(3) Wohnung im Sinne dieser Satzung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird.

7

(4) Eine Wohnung dient als Nebenwohnung im Sinne des Nordrhein-Westfälischen Meldegesetzes, wenn sie von einer dort mit Nebenwohnung gemeldeten Person bewohnt wird. Wird eine Wohnung von einer Person bewohnt, die mit dieser Wohnung nicht gemeldet ist, dient die Wohnung als Nebenwohnung im Sinne des Nordrhein-Westfälischen Meldegesetzes, wenn sich die Person wegen dieser Wohnung mit Nebenwohnung zu melden hätte.

8

(5) Keine Zweitwohnung im Sinne dieser Satzung sind:

9

a) Wohnungen, die von freien Trägern der Wohlfahrtspflege aus therapeutischen Gründen entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

10

b) Wohnungen, die von Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden und Erziehungszwecken dienen.

11

c) Wohnungen, die von einem nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten aus beruflichen Gründen gehalten und vorwiegend im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 1 Meldegesetz NW genutzt werden, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet und mehr als 30 km vom Stadtgebiet entfernt liegt.

12

§ 3 Steuerpflichtige

13

(1) Steuerpflichtig ist, wer im Stadtgebiet eine Zweitwohnung oder mehrere Wohnungen innehat. Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, dessen melderechtliche Verhältnisse die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung bewirken oder der Inhaber einer Zweitwohnung im Sinne von § 2 Abs. 1 ist.

14

(2) Die Steuerpflicht besteht, solange die Wohnung des Steuerpflichtigen als Zweitwohnung zu beurteilen ist.

15

Das Meldegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. September 1997, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 5. April 2005 (MeldeG-NRW, GVBl S. 263) bestimmt zur Meldepflicht Folgendes:

16

§ 13 Allgemeine Meldepflichten

17

(1) Wer eine Wohnung bezieht, hat sich innerhalb einer Woche bei der Meldebehörde anzumelden. (…)

18

§ 15 Begriff der Wohnung

19

Wohnung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird. (…)

20

§ 16 Mehrere Wohnungen

21

(1) Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, so ist eine dieser Wohnungen seine Hauptwohnung.

22

(2) Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Hauptwohnung eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder der Lebenspartner. Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Personensorgeberechtigten; leben diese getrennt, ist Hauptwohnung die Wohnung des Personensorgeberechtigten, die von dem Minderjährigen vorwiegend benutzt wird. Hauptwohnung eines Behinderten, der in einer Behinderteneinrichtung untergebracht ist, bleibt auf Antrag des Behinderten bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres die Wohnung nach Satz 3. In Zweifelsfällen ist die vorwiegend benutzte Wohnung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Einwohners liegt. Kann der Wohnungsstatus eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners nach den Sätzen 2 und 5 nicht zweifelsfrei bestimmt werden, ist Hauptwohnung die Wohnung nach Satz 1.

23

(3) Nebenwohnung ist jede weitere Wohnung des Einwohners.

24

(4) Jeder Einwohner hat der Meldebehörde bei jeder Anmeldung mitzuteilen, welche weiteren Wohnungen nach Absatz 1 er hat und welche Wohnung seine Hauptwohnung ist. Er hat der Meldebehörde der neuen Hauptwohnung jede Änderung der Hauptwohnung mitzuteilen.

25

Die Stadt Aachen zog den Beschwerdeführer für den Zeitraum August bis Dezember 2006 zur Zweitwohnungsteuer in Höhe von 38,44 € heran. Widerspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung zurück.

II.

26

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1 GG.

27

Der allgemeine Gleichheitssatz sei verletzt, da die Zweitwohnungsteuer Studenten nicht erfasse, die noch auswärts bei ihren Eltern wohnten sich aber überwiegend am Studienort Aachen aufhielten, wohingegen die Studenten, die zwar am Studienort Aachen studierten und wohnten, sich jedoch überwiegend am auswärtigen Wohnort ihrer Eltern aufhielten, mit der Steuer belastet würden. Beide Vergleichsgruppen seien indes in gleichem Maße leistungsfähig, der einzige Unterschied bestehe in der Dauer des Aufenthalts am Studienort. Der gleiche Aufwand werde dadurch steuerlich unterschiedlich belastet. Auf die unterschiedliche Dauer des Aufenthalts dürfe nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Hinweis auf BVerfGE 65, 325 <350, 357>) nicht abgestellt werden, da dies ein sachfremdes Differenzierungskriterium sei. Das Verwaltungsgericht stelle im Übrigen bei der Frage, ob der Wohnsitz bei den Eltern der erste Wohnsitz sei, nicht auf die tatsächliche und rechtliche Verfügungsgewalt, sondern nur auf die melderechtliche Zuordnung ab. Es sei im Rahmen einer Aufwandsteuer nicht hinnehmbar, dass bei der Zweitwohnungsteuer im Gefolge des Melderechts nur das Nutzen einer Wohnung, nicht aber der Anfall von Aufwand für die Wohnung besteuert werde. Der Beschwerdeführer sei zwar mit zwei Wohnsitzen gemeldet, habe aber nur einen davon - die Wohnung in Aachen - inne. Nur für diese Wohnung trage er Aufwand, an seinem Heimatort wohne er auf Kosten seiner Eltern. Er habe also keinen Aufwand für eine zweite Wohnung zu tragen. Ungleich behandelt würden auch Personen, die deshalb nicht mit der Zweitwohnungsteuer belastet würden, weil sich ihr Hauptwohnsitz im Ausland befinde, da die inländische Wohnung dann nach dem Melderecht als alleinige Wohnung betrachtet werde.

28

Die Ungleichbehandlung könne auch nicht mit dem Belang der Bewältigung von Massenvorgängen, die durch die Anlehnung an Verhältnisse aus dem Melderecht vereinfacht erfasst werden könnten, gerechtfertigt werden. Der in Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistete Schutz der Familie werde dadurch verletzt, dass ein Kind, das bei seinen Eltern wohne und zur Ausbildung an einem anderen Ort eine Wohnung unterhalte, mit einer Zweitwohnungsteuer belastet werde. Dadurch werde in den Lebensentwurf des Beschwerdeführers und seiner Familie eingegriffen und die zu schützende familiäre Hausgemeinschaft mit einer Abgabe belastet, die den Aufenthalt des Beschwerdeführers zum Gegenstand habe. Auch das Grundrecht der Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG werde durch die Festsetzung der Zweitwohnungsteuer verletzt.

III.

29

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da die in § 93a Abs. 2 BVerfGG geregelten Voraussetzungen für eine Annahme nicht erfüllt sind. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die für den Streitfall maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen insbesondere zu den Anforderungen an eine Zweitwohnungsteuer als örtliche Aufwandsteuer, zu der gleichheitsgerechten Ausgestaltung eines Steuertatbestands und der Reichweite des Schutzes der Familie sind geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

30

Die gegen den Beschwerdeführer festgesetzte Zweitwohnungsteuer entspricht den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben an eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG (1.). Sie verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (2.), noch die in Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Familie (3.) oder die in Art. 11 GG gewährleistete Freizügigkeit (4.).

31

1. Die durch die Stadt Aachen festgesetzte Zweitwohnungsteuer entspricht den finanzverfassungsrechtlichen Voraussetzungen an eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG.

32

a) Die Aufwandsteuer soll die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit treffen. In dieser Absicht des Gesetzgebers liegt das wesentliche Merkmal des Begriffes der Aufwandsteuer (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 -, DVBl 2009, S. 777, juris, Rn. 46). Angesichts der Vielfalt der wirtschaftlichen Vorgänge und rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten wäre die Erhebung einer Steuer, die nicht an die Entstehung des Einkommens, sondern an dessen Verwendung anknüpft, nicht praktikabel, wenn in jedem Fall die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen festgestellt werden müsste. Ausschlaggebendes Merkmal der Aufwandsteuer ist deshalb der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert und welchen Zwecken er des Näheren dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. BVerfGE 65, 325 <347 f.>; 114, 316 <334>).

33

b) Das Innehaben einer Zweitwohnung ist ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung finanzieller Mittel erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt (vgl. BVerfGE 65, 325 <348>; 114, 316 <334>). Eine solche Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Zweitwohnung selbst bewohnt. Unerheblich für die Einordnung einer Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG ist, ob das Innehaben der Zweitwohnung durch eine Berufsausübung veranlasst wurde und der getragene Aufwand nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts als Werbungskosten bei der Einkünfteermittlung abzuziehen ist (vgl. BVerfGE 114, 316 <334>; zum Abzug als Werbungskosten bei doppelter Haushaltführung: § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG). Für die Zweitwohnungsteuerpflicht spielen persönliche Verhältnisse des Steuerpflichtigen generell keine Rolle (vgl. BVerfGE 65, 325 <352>). Bei der Zweitwohnungsteuer handelt sich um eine örtliche Steuer, die bundesrechtlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist (vgl. BVerfGE 65, 325 <345>; 114, 316 <334 ff.>).

34

c) Die in Streit stehende Aachener Zweitwohnungsteuer ist eine solche Aufwandsteuer und damit von der Gesetzgebungsbefugnis des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG gedeckt. Sie entspricht diesem klassischen Bild der Zweitwohnung-steuer, indem sie an das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet anknüpft und mit einem Steuersatz auf die Nettokaltmiete als Bemessungsgrundlage aufsetzt. Soweit Zweifel an der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer - insbesondere wegen etwaigen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz, den Schutz der Familie oder gegen Freiheitsrechte - geltend gemacht werden, berühren sie wegen der notwendigen Formenklarheit solange die Einordnung der Steuer in die finanzverfassungsrechtliche Kompetenznorm nicht, als der Typus einer Aufwandsteuer dadurch nicht verlassen wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, a.a.O., Rn. 50 ff.). Die durch den Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen, ob die Bestimmung der Zweitwohnung an das Melderecht angebunden werden darf, ob eine unzulässige Beeinträchtigung des Zusammenlebens innerhalb der Familie bewirkt wird und ob die Freizügigkeit des Beschwerdeführers durch den Anreiz der Vermeidung der Zweitwohnungsteuer verletzt wurde, wirken sich, selbst wenn sie zu bejahen wären, nicht auf den Typus der verfahrensgegenständlichen Zweitwohnungsteuer als einer örtlichen Aufwandsteuer aus.

35

2. Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Die Belastung des Beschwerdeführers mit der Zweitwohnungsteuer stellt keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar.

36

a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsanforderungen reichen (vgl. BVerfGE 110, 274 <291>; 117, 1 <30>). Für den Sachbereich des Steuerrechts verbürgt der allgemeine Gleichheitssatz den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten (vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 120, 1 <44>). Der Gesetzgeber hat dabei einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegen-standes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes und des Steuermaßstabes (vgl. BVerfGE 31, 8 <25 f.>; 65, 325 <354>; 93, 121 <136>; 105, 73 <126>; 117, 1 <30>; 120, 1 <29>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 117, 1 <31>; 120, 1 <30>). Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (vgl. BVerfGE 112, 268 <280 f.>; 117, 1 <31>). Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden Sachverhalt und seine Eigenart - ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (vgl. BVerfGE 90, 226 <239>).

37

Das Wesen der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer setzt der Ausübung des Ermessens des Normgebers für die gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Steuerpflicht Grenzen. So dürfen die Gründe für den Aufenthalt am Ort des Zweitwohnsitzes nicht zur Begründung der Steuerpflicht herangezogen werden, da die Aufwandsteuer eine wertende Berücksichtigung der mit dem getätigten Aufwand verfolgten Absichten und Zwecke ausschließt. Allein der isolierte Vorgang des Konsums als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist für die Aufwandsteuer maßgeblich. Dem entsprechend darf für die Begründung der Steuerpflicht nicht differenzierend darauf abgestellt werden, ob eine Person eine Zweitwohnung nur aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken innehat (vgl. BVerfGE 65, 325 <357>). Anders als bei der unabhängig vom Zweck des Konsums auszugestaltenden Steuerpflicht ist es dem Satzungsgeber gleichwohl unbenommen, Ermäßigungs- oder Befreiungstatbestände zu schaffen (vgl. BVerfGE 65, 325 <357>), die freilich ihrerseits gleichheitsgerecht ausgestaltet sein müssen.

38

b) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist danach die Differenzierung zwischen am Studienort steuerpflichtigen Studenten, die noch bei ihren Eltern wohnen und daneben eine Zweitwohnung am Studienort innehaben, und nicht steuerpflichtigen Studenten, die, obwohl auch sie noch bei ihren Eltern über eine Wohnung verfügen, ihren Hauptwohnsitz am Studienort haben. Denn diese Unterscheidung erfolgt nicht nach Kriterien, deren Verwendung bereits deshalb unzulässig wäre, weil sie dem Wesen einer Aufwandsteuer nicht entsprächen. So stellt der Satzungsgeber nicht etwa differenzierend auf den Zweck des Aufenthalts in seiner Kommune ab. Denn alle Studenten dieser Gruppe halten sich zu Ausbildungszwecken am Studienort auf. Der Differenzierungsgrund liegt vielmehr darin, dass die mit der Zweitwohnungsteuer belasteten Studenten sich anders als die nicht von der Steuerpflicht betroffenen Studenten nicht vorwiegend am Studienort aufhalten. Dem Wesen der Zweitwohnungsteuer als einer Aufwandsteuer entspricht es, solch einen besonderen Aufwand zu besteuern, der durch das Halten einer Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf entsteht, obwohl diese Wohnung für den Steuerpflichtigen eine Zweitwohnung darstellt. Hierfür bedarf es notwendig einer Abgrenzung zwischen Erst- und Zweitwohnung. Dass eine solche Differenzierung bei der Entscheidung über die Entstehung der Zweitwohnungsteuerpflicht erfolgt, kann daher unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht beanstandet werden.

39

c) Die tatbestandliche Ausgestaltung der Zweitwohnungsteuerpflicht im Streitfall ist gleichheitsgerecht.

40

aa) Die Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners, die in dem Tätigen eines Aufwands zum Ausdruck kommt, wird bei der Zweitwohnungsteuer auch dann in einer dem verfassungsrechtlichen Aufwandsbegriff genügenden Weise erfasst, wenn sich das Innehaben der Wohnung im Sinne einer tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsbefugnis lediglich auf die Zweitwohnung bezieht, nicht aber auch - wie typischerweise bei Wohnungen im Elternhaus in den so genannten "Kinderzimmerfällen" - auf die Erstwohnung.

41

Nach mittlerweile ganz überwiegender Auffassung, die insbesondere von der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und wohl auch des Bundesfinanzhofs getragen wird, setzt eine Aufwandsteuer für das Innehaben einer Zweitwohnung nicht voraus, dass auch eine rechtlich gesicherte Verfügungsmacht über die Erstwohnung gegeben ist. Sofern Gesetzes- oder Satzungsrecht keine weitergehenden Anforderungen enthielten, genüge es, wenn mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt werde, wie dies bei auswärts studierenden Kindern, wenn sie ihr Kinder- oder Jugendzimmer in der elterlichen Wohnung vorwiegend nutzten, regelmäßig der Fall sei. Ob sie dieses Grundbedürfnis des Wohnens in einer rechtlich abgesicherten Weise als (Mit-)Besitzer erfüllten, oder nur als Besitzdiener befriedigten, sei nicht von Bedeutung. Es komme nur darauf an, dass der getätigte Aufwand ein besonderer Aufwand sei, nicht darauf, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert werde (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Juni 2006 - 14 E 1045/05 -, NVwZ-RR 2007, S. 271; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11. August 2006 - 4 M 319/06 -, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 14. Februar 2007 - 4 N 06.367 -, BayVBl 2007, S. 530; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. November 2007 - 14 K 10476/02 -, EFG 2008, S. 578, Rn. 31 f.; BVerwG, Urteile vom 17. September 2008 - 9 C 14/07 -, NVwZ 2009, S. 532 und - 9 C 17/07 -, NJW 2009, S. 1097; BFH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - II B 16/08 -, BFH/NV 2009, S. 53; BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 - 9 C 7/08 -, juris; Birk, in Driehaus, Kommunalabgabenrecht [Stand: März 2009], § 3 Rn. 215 f.; Meier/Juhre, KStZ 2005, S. 167 <169>; Nolte, jurisPR-BVerwG 5/2009 Anm. 6; Zieglmeier, Die Zweitwohnungssteuer in der Praxis, 2009, S. 40 ff.; anderer Ansicht: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. Januar 2007 - 6 B 11579/06 -, NVwZ-RR 2007, S. 556; VG Düsseldorf, Urteil vom 19. November 2007 - 25 K 2703/07 -, juris; OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. November 2007 - 1 L 280/05 -, DStRE 2008, S. 1154; Oelschläger, DStR 2008, S. 590 <594>, Winkler, KStZ 2007, S. 5 <9 ff.>).

42

Dieser Standpunkt begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken und steht auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit wird auch dann erfasst, wenn eine Zweitwohnungsteuer so ausgestaltet ist, dass darauf verzichtet wird, von einem Steuerpflichtigen neben dem tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsrecht an der Zweitwohnung ein solches Recht auch an der von ihm bewohnten Erstwohnung zu fordern. So kann der Zweitwohnungsteuer von Verfassungs wegen auch unterfallen, wer in seiner Erstwohnung als reiner Besitzdiener ohne eigenen Mitbesitz wohnt, wie dies im Fall der Nutzung des Kinderzimmers durch einen Studenten der Fall sein kann (vgl. zur regelmäßigen Einordnung des volljährigen Kindes, das weiterhin in der elterlichen Wohnung wohnt, als Besitzdiener und nicht Mitbesitzer: BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - I ZB 56/07 -, NJW 2008, S. 1959). Die Aufwandsteuer hat den Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes zum Gegenstand. Hierfür ist allein der in der Zweitwohnungsnutzung zum Ausdruck kommende Aufwand maßgeblich, einschließlich des Umstands, dass es sich überhaupt um eine Zweitwohnung handelt. Die Ermittlung subjektiver Tatbestände, wie etwa die mit dem Konsum verfolgten Absichten, oder die Feststellung der Person des letztlich wirtschaftlich mit der Steuer Belasteten, von dem die Mittel für den Aufwand stammen, soll mit Rücksicht auf die Praktikabilität der Steuererhebung unterbleiben (vgl. BVerfGE 65, 325 <347 f.>; 114, 316 <334>). Dem entspricht es, bei der Prüfung der Steuerpflicht des Aufwandes für eine Zweitwohnung nicht feststellen zu müssen, ob der Betreffende an dem Ort der Belegenheit der Erstwohnung neben einem tatsächlichen Verfügungsrecht als Besitzdiener auch ein rechtliches Verfügungsrecht hat, etwa weil er aufgrund eines (Unter-)Mietvertrages ein eigenes Besitzrecht an der Erstwohnung reklamieren kann. Auch würde die Erforderlichkeit einer entsprechenden Differenzierung zwischen der Stellung eines Mitbesitzers oder eines Besitzdieners vielfach die Prüfung verlangen, von wem die Mittel zur Finanzierung des Erstwohnsitzes stammen. Ob diese Mittel jedoch - was selten der Fall sein wird - von dem Studenten in Form eines "Kostgeldes" an seine Eltern gezahlt werden, oder - wovon in der Regel auszugehen sein dürfte - die Eltern die Wohnung durch Gewährung des Naturalunterhalts (vgl. § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB) zur Verfügung stellen, soll gerade nicht zum Gegenstand der Untersuchung des Aufwands gemacht werden. Auch ein im Wege des Naturalunterhalts gewährtes Zimmer kann für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden.

43

Soweit, wie in der in Streit stehenden Satzung für den Regelfall vorgesehen, die Anwendung des Melderechts auf die Tatbestände der Zweitwohnungsteuer dazu führt, dass eine steuerbare Zweitwohnung auch dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige an der Erstwohnung keine rechtliche Verfügungsmöglichkeit innehat und sein Aufwand für die Erstwohnung durch Naturalunterhalt seiner Eltern getragen wird, steht dies danach der Erfassung der typischerweise mit der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommenden Leistungsfähigkeit nicht entgegen.

44

bb) Auch die Verweisung der Steuersatzung auf das Melderecht zur Bestimmung des Tatbestandsmerkmals Zweitwohnung führt nicht zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz.

45

Die Stadt Aachen stellt in ihrer Steuersatzung für die Bestimmung des Tatbestandsmerkmals der Zweitwohnung alternativ darauf ab, ob eine Wohnung als Nebenwohnung nach dem Nordrhein-Westfälischen Meldegesetz dient oder ob sie jemand zum Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs innehat (§ 2 Abs. 1 der Steuersatzung). Eine Nebenwohnung nach dem MeldeG-NRW kommt dann als steuerbare Zweitwohnung in Betracht, wenn die betreffende Wohnung von einer Person bewohnt wird, die dort tatsächlich mit einer Nebenwohnung gemeldet ist oder sich dort mit einer Nebenwohnung zu melden hätte (§ 2 Abs. 4 der Steuersatzung). Die nach § 3 Abs. 1 Steuersatzung bei dem Innehaben einer Zweitwohnung entstehende Steuerpflicht ist in dieser Tatbestandsalternative also letztlich mit der Pflicht zur Anmeldung einer Nebenwohnung verknüpft. Nach § 13 Abs. 1 MeldeG-NRW hat sich bei der Meldebehörde anzumelden, wer eine Wohnung bezieht. Diese Wohnung kann eine Haupt- oder eine Nebenwohnung sein. Gemäß § 16 Abs. 3, Abs. 2 MeldeG-NRW ist eine Nebenwohnung eine Wohnung, die ein Einwohner außer seiner Hauptwohnung hat. Bei der Hauptwohnung handelt es sich nach § 16 Abs. 2 Satz 1 MeldeG-NRW um die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Auch die Anknüpfung an das Melderecht führt damit auf die tatsächliche Nutzung der Wohnung zurück. Dies ist weder sachwidrig noch willkürlich zur Bestimmung der Steuerpflicht. Denn die Nutzung der Wohnung ist das äußerlich erkennbare Merkmal des damit betriebenen finanziellen Aufwands und der objektiv dahinterstehenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, unabhängig davon, wer die Kosten letztlich trägt.

46

Die Verweisung der Steuersatzung auf das Melderecht dient zudem der Vereinfachung der Verwaltung in einem Massenverfahren und der Vermeidung doppelten Ermittlungsaufwands der Melde- und Steuerbehörde. Dafür spricht außerdem, dass eine Ermittlung der Wohnverhältnisse von Steuerpflichtigen wegen der Nähe zur Sphäre privater Lebensführung und wegen des Schutzes der Wohnung durch Art. 13 GG ohnehin nur eingeschränkt möglich ist (vgl. BVerfGE 101, 297 <311>).

47

d) Eine Ungleichbehandlung des Beschwerdeführers gegenüber Personen, die im Ausland eine Hauptwohnung innehaben und in der Stadt Aachen nur deshalb nicht mit einer Nebenwohnung registriert sind und damit nicht der Zweitwohnung-steuer unterliegen, weil ein alleiniger Wohnsitz in Deutschland melderechtlich keinen Nebenwohnsitz darstellen kann (vgl. § 16 Abs. 1 MeldeG-NRW, der auf mehrere Wohnungen im Inland abstellt), ist wegen der besonderen Situation der im Ausland belegenen anderen Wohnung gerechtfertigt. Da das nationale Melderecht nicht für im Ausland belegene Wohnungen gilt, kann die Steuerpflicht in diesen Fällen nur in unzureichendem Umfang an melderechtliche Tatbestände anknüpfen. Es kann schon nicht generell von dem Vorhandensein eines Melderegisters in ausländischen Staaten ausgegangen werden, vor allem aber nicht von einer entsprechenden Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz, auf die die Steuersatzung verweist. Außerdem bestehen erhebliche verwaltungspraktische Schwierigkeiten bei der Feststellung von Sachverhalten, die im Ausland verwirklicht werden, die eine besondere steuerrechtliche Behandlung rechtfertigen können.

48

3. Der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Bereich der Familie wird nicht verletzt.

49

a) Art. 6 Abs. 1 GG enthält über die Institutsgarantie hinaus einen besonderen Gleichheitssatz. Er verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen (vgl. BVerfGE 76, 1 <72>; 99, 216 <232>; 114, 316 <333>).

50

In dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 2005 (BVerfGE 114, 316 ff.) waren kommunale Zweitwohnungsteuersatzungen wegen Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG für nichtig erklärt worden. Gegenstand der genannten Verfahren war die Belastung eines erwerbsbedingt begründeten weiteren Haushalts eines Ehegatten mit Zweitwohnungsteuer. Nach den einschlägigen melderechtlichen Vorschriften, auf die die dortige Steuersatzung für die Bestimmung der Zweitwohnung verwiesen hatte, war zwar generell bei mehreren Wohnungen die vorwiegend bewohnte Wohnung als die Hauptwohnung anzusehen gewesen. Im Fall von - nicht dauernd getrennt lebenden - Ehegatten wurde jedoch abweichend von diesem Grundsatz die von der Familie vorwiegend benutzte Wohnung als Hauptwohnung bestimmt. Dadurch war es ausgeschlossen, die Wohnung am Ort der Beschäftigung trotz deren vorwiegender Nutzung als Hauptwohnung zu betrachten und damit der Belastung durch die Zweitwohnungsteuer am Ort der Beschäftigung zu entgehen. Durch diese unterschiedliche Behandlung verheirateter Personen gegenüber nicht verheirateten wurde das eheliche Zusammenleben in verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigter Weise belastet (vgl. BVerfGE 114, 316 <321, 335 ff.>).

51

Eine solcherart benachteiligende Wirkung des Melderechts auf die Familie liegt im Streitfall nicht vor. Auf den vorwiegend noch bei seinen Eltern lebenden steuerpflichtigen Studenten sind keine anderen Vorschriften über die Bestimmung der Hauptwohnung bei einem Bewohnen mehrerer Wohnungen anwendbar als dies bei anderen Personen der Fall ist, die in mehreren Wohnungen wohnen. Das durch die Steuersatzung in Bezug genommene Melderecht stellt für volljährige Kinder diskriminierungsfrei darauf ab, welche Wohnung vorwiegend benutzt wird.

52

b) Als Freiheitsrecht schützt Art. 6 Abs. 1 GG weiterhin vor Eingriffen des Staates in die Familie.

53

Das Grundrecht berechtigt die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten. Die Auswirkungen familiärer Freiheit nach außen, insbesondere auf das Berufsleben, das Schulwesen, die Eigentumsordnung und das öffentliche Gemeinschaftsleben, müssen aber mit der verfassungsgemäßen Rechtsordnung übereinstimmen (vgl. BVerfGE 80, 81 <92>).

54

Einen Eingriff in den Schutzbereich der Familie stellen alle staatlichen Maßnahmen dar, die Ehe und Familie schädigen, stören oder sonst beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 6, 55 <76>; 55, 114 <126 f.>; 81, 1 <6>). Benachteiligungen, die nur in bestimmten Fällen als unbeabsichtigte Nebenfolge einer im Übrigen verfassungsgemäßen Regelung vorkommen, kann der Eingriffscharakter fehlen, solange sich die Maßnahmen nicht als wirtschaftlich einschneidend darstellen (vgl. BVerfGE 6, 55 <77>; 15, 328 <335>; 23, 74 <84>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. Dezember 1991 - 1 BvR 1477/90 -, NJW 1992, S. 1093).

55

Die Zweitwohnungsteuer hat auch in den so genannten "Kinderzimmerfällen" keinen solchen Eingriffscharakter. Die Zweitwohnungsteuer belastet den Aufwand für das Innehaben einer nicht vorwiegend benutzten Wohnung eines in Ausbildung befindlichen Kindes, das überwiegend in der elterlichen Erstwohnung wohnt. Dieser Aufwand für die Zweitwohnung belastet weder gezielt noch typischerweise das Zusammenleben in der Familie. Dies ergibt sich schon daraus, dass die zeitliche Inanspruchnahme durch das Studium regelmäßig dazu führen dürfte, dass der Student sich vorwiegend in der am Studienort vorgehaltenen Wohnung, nicht aber am Heimatort der Eltern aufhalten wird. Im Übrigen erfasst die Zweitwohnung-steuer die Steuerpflichtigen völlig unabhängig von ihren familiären Verhältnissen und Bindungen am Haupt- oder Zweitwohnsitz. Schließlich führt auch die Höhe der Zweitwohnungsteuer von 10 Prozent der Kaltmiete nicht zu einer derart einschneidenden Belastung, dass hierdurch ein gravierender finanzieller Druck auf die Aufgabe des vorwiegenden Aufenthalts des Studenten bei den Eltern zugunsten eines vorwiegenden Aufenthalts in der Wohnung am Studienort ausgeübt würde (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2008 - 1 BvR 3269/07 -, NVwZ-RR 2008, S. 723).

56

4. Die in Art. 11 Abs. 1 GG garantierte Freizügigkeit ist nicht verletzt.

57

Freizügigkeit bedeutet das Recht, unbehindert durch die deutsche Staatsgewalt an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen und auch zu diesem Zweck in das Bundesgebiet einzureisen (vgl. BVerfGE 2, 266 <273>; 80, 137 <150>; 110, 177 <190 f.>). In den Schutzbereich der Norm kann nicht nur durch direkte Einwirkung auf die Wahl des Wohnortes eingegriffen werden. Auch mittelbare und faktische Beeinträchtigungen der Wahl des Wohnorts können einen zu rechtfertigenden Eingriff in die Freizügigkeit darstellen, wenn sie in ihrer Zielsetzung und Wirkung einem normativen und direkten Eingriff gleichkommen (vgl. BVerfGE 110, 177 <191>). Für den Bereich der Festsetzung von Abgaben ist regelmäßig die Qualität eines Eingriffs zu verneinen, solange diese Abgaben nicht eine ähnliche Wirkung wie ein striktes Verbot des Nehmens von Aufenthalt oder Wohnsitz haben. Der Schutzbereich der Freizügigkeit begründet hiervon abgesehen keinen Anspruch darauf, dass der Aufenthalt an einem bestimmten Ort aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mit Konsequenzen verbunden ist, die zu dem Entschluss veranlassen können, von einem Aufenthalt abzusehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. August 1983 - 8 B 78/83 -, Buchholz 401.63 Kurabgaben Nr. 5; BVerwG, Beschluss vom 9. April 2009 - 6 B 80/08 -, juris).

58

Gemessen daran entfaltet eine Zweitwohnungsteuer der der hier in Rede stehenden Größenordnung offensichtlich keine eingriffsgleiche Wirkung in den Schutzbereich des Grundrechts der Freizügigkeit, zumal die Steuer je nach Lage des Einzelfalls schon bei geringfügigen Verlagerungen der Aufenthaltsdauer zwischen Haupt- und Zweitwohnsitz entfallen kann, also keineswegs notwendig von der völligen Aufgabe des Hauptwohnsitzes abhängt.

59

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 15.Juli 2005 - 3 A 584/03 - geändert und der Bescheid des Beklagten vom 04. Juni 2002 - Kassenzeichen ... - in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. November 2002 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 07. März 2003 aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Klägers abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Zweitwohnungssteuern.

2

Der Kläger bewohnte während seines Studiums an der Fachhochschule Stralsund ein 12m² großes Zimmer einer Wohngemeinschaft in der Straße H... in Stralsund. Nach der Meldebescheinigung des Beklagen, Amt für öffentliche Sicherheit, Gesundheit und Umwelt, vom 03. Mai 2005 war diese Wohnung für den Kläger vom 01. Januar 1998 bis zum 31. August 2002 als Nebenwohnung gemeldet. Als Hauptwohnung hatte er die in der H... in 1... G... befindliche Wohnung seiner Eltern gemeldet. Der jährliche Mietaufwand für die Stralsunder Wohnung betrug 1.830,42 Euro. Der Kläger hat während seines Studiums keine Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten. Die Eltern haben ihn mit monatlichen Zahlungen in Höhe von 700,- DM unterstützt.

3

Der Beklagte setzte gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 04. Juni 2002 für die Zeit von April 1999 bis Ende 2002 auf der Grundlage der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Stralsund vom 08. November 2001 Zweitwohnungssteuern in Höhe von jährlich (1999 bis 2001) 153,39 Euro bzw. 150,- Euro (für das Jahr 2002), für den gesamten Zeitraum in Höhe von 571,82 Euro fest. Der Kläger ließ durch seinen von ihm bevollmächtigten Vater mit am 05. August 2002 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben erklären, dass er sich gegen die Veranlagung zur Zweitwohnungssteuer wende. Er habe die Unterkunft in der "Wohngemeinschaft H...." aufgegeben, erhalte kein BAföG und habe auch keine anderweitigen Einnahmen. Nachdem der Beklagte den Kläger gebeten hatte, zur Prüfung eines Erlasses der Zweitwohnungssteuer weitere Angaben zu machen, ließ dieser unter anderem erklären, Hauptwohnsitz bleibe die Wohnung der Eltern, wo die Wochenenden, Feiertage und Ferien verbracht würden. Zudem stelle sich die Frage, wie man eine Zweitwohnung haben könne, wenn eine Erstwohnung nicht vorhanden sei.

4

Nachdem der Kläger zum 31. August 2002 aus der Wohnung "H..." ausgezogen war und sich von dort abgemeldet hatte, erließ der Beklagte unter dem 11. November 2002 einen weiteren Zweitwohnungssteuerbescheid, mit dem er für das Jahr 2002 wegen der Abmeldung nur noch einen reduzierten Steuerbetrag in Höhe von 112,50 Euro, mithin insgesamt 534,32 Euro geltend machte. Mit Bescheid vom 10. Dezember 2002 lehnte der Beklagte einen Erlass der Zweitwohnungssteuer nach § 127 AO 1977 ab. Mangels Nachweisführung hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse sei eine unbillige Härte durch die Steuerforderung nicht feststellbar.

5

Der Kläger teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 27. Dezember 2002 unter Bezugnahme auf das "Schreiben vom 10.12.2002" mit, er habe sich in Stralsund seinerzeit ohne Kenntnis darüber angemeldet, dass er sich damit für eine Zweitwohnung anmelde. Nach der Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten sei die Hauptwohnung im melderechtlichen Sinne die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Daher habe er sich in Stralsund für eine Wohnung angemeldet, die er vorwiegend benutzt habe.

6

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen die Festsetzung von Zweitwohnungssteuer, als den er offenbar dessen Schreiben vom 27. Dezember 2002 verstanden hatte, mit Widerspruchsbescheid vom 07. März 2003 zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe nach eigenen Angaben und nach nochmaliger Kontrolle der Meldeunterlagen neben seiner Hauptwohnung in G... eine weitere Wohnung in "H..." als Nebenwohnung angemeldet gehabt. Diese Wohnung sei als Zweitwohnung zu besteuern, unabhängig davon, welche Rechte an der Hauptwohnung bestünden. Der Kläger sei vor der Einführung der Zweitwohnungssteuer im Jahre 1999 im Kämmereiamt sowie bei der Abteilung Meldewesen über die Möglichkeit der Ummeldung informiert worden. Außerdem sei durch das Kämmereiamt direkt an der Fachhochschule eine Informationsveranstaltung zur Zweitwohnungssteuer durchgeführt worden. Der Umstand, dass die Wohnung in Stralsund vorwiegend genutzt werde, hätte also schon im April 1999 richtig gestellt werden müssen.

7

Der Kläger hat gegen die Zweitwohnungssteuerbescheide des Beklagen vom 04. Juni 2002 sowie vom 11. November 2002 am 20. März 2003 vor dem Verwaltungsgericht Greifswald Klage (3 A 584/03) erhoben.

8

Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, er habe seinerzeit die Wohnung "H...." als Nebenwohnung angemeldet, da er der Meinung gewesen sei, die elterliche Wohnung in G... sei die Hauptwohnung. Demgegenüber bestimme das Landesmeldegesetz, welche die Hauptwohnung sei. Auch die Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Stralsund regele eindeutig, dass die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners die Hauptwohnung sei. Die vorwiegend genutzte Wohnung sei diejenige in "Stralsund" gewesen, die während des Studiums als Dauerwohnung in der Woche und auch an vielen Wochenenden genutzt worden sei.

9

Der Kläger hat beantragt,

10

den Zweitwohnungssteuerbescheid des Beklagten vom 04. Juni 2002 - Kassenzeichen: ... - in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11. November 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 07. März 2003 aufzuheben.

11

Der Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, es komme nicht darauf an, ob dem Kläger bewusst gewesen sei, dass er mit der Anmeldung einer "weiteren Wohnung" in Stralsund eine Nebenwohnung angemeldet habe. Er habe sich jedenfalls nicht im Januar 1998 mit seinem Hauptwohnsitz in G... abgemeldet, wozu er verpflichtet gewesen wäre, wenn er seinen Hauptwohnsitz von dort nach Stralsund verlegt hätte. Der Meldebehörde in Stralsund sei im Januar 1998 keine Abmeldung vorgelegt worden. Es sei auch keine Änderung des Hauptwohnsitzes mitgeteilt worden, stattdessen sei ab dem 01. Januar 1998 die Hauptwohnung des Klägers mit der Anschrift 1... G..., H.... eingetragen gewesen. Dafür, dass der Kläger in der Folgezeit die Wohnung in G.... als Hauptwohnung beibehalten habe, spreche die kurze Entfernung von zirka 60 Kilometern zwischen dem Studienort und dem Heimatort G..., der zugleich Wohnsitz der Eltern des Klägers sei. Diese Entfernung erfordere eine Fahrzeit von zirka einer Stunde und lasse die Möglichkeit einer etwaigen täglichen Hin- und Rückfahrt zwischen Studienort und Hauptwohnung als nicht fernliegend erscheinen. Auch die Erklärung des Vaters des Klägers, wonach Hauptwohnsitz die Wohnung der Eltern bleibe, wo die Wochenenden, Feiertage und Ferien verbracht würden, spreche für eine tatsächliche Beibehaltung des Hauptwohnsitzes in G... . Daher sei bis zu einem Gegenbeweis von dort individuell genutztem Wohnraum, der auch nur ein eigenes Zimmer umfasst haben könne, auszugehen, welchen der Kläger in oder auch neben der elterlichen Wohnung innegehabt und persönlich genutzt habe.

14

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 15. Juli 2005 - 3 A 584/03 - abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

15

Der Zweitwohnungssteuerbescheid habe eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Kalenderjahre 1999 bis 2001 in der Zweitwohnungssteuersatzung (a.F.) vom 17.03.1999 und im Übrigen in der Zweitwohnungssteuersatzung vom 26.11.2001. Diese Satzungen seien materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sei es unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht zu beanstanden, dass die Satzung keinen generellen Befreiungs- bzw. Ermäßigungstatbestand für Studenten und Auszubildende sowie für die Nutzung einer Zweitwohnung aus beruflichen Gründen enthalte. Solange die Zweitwohnung für die persönliche Lebensführung vorgehalten werde, komme es für die Steuerpflicht auf die Motive und Zwecke für das Vorhalten der Zweitwohnung nicht an. Der Satzungsgeber sei im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes jedenfalls nicht dazu verpflichtet, Studenten von der Zahlung der Zweitwohnungssteuer generell zu befreien.

16

Auch die Satzungsanwendung sei nicht zu beanstanden. Insbesondere handele es sich bei der von dem Kläger gemieteten Wohnung um eine Zweitwohnung. Im Zweitwohnungssteuerrecht gelte ein eigenständiger Wohnungsbegriff. Wohnung in diesem Sinne sei jede umschlossene Räumlichkeit, die von ihrer Ausstattung her zumindest zum zeitweisen Wohnen geeignet sei und genutzt werde. Eine konkrete Mindestausstattung der Räumlichkeit (z.B. Kochgelegenheit, Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Stromversorgung, Heizung und Waschmöglichkeit) sei nicht erforderlich, wenn diese Ausstattungen in vertretbarer Nähe zur Verfügung stünden.

17

Entgegen der Auffassung des Klägers scheide die Annahme einer Zweitwohnung auch nicht deshalb aus, weil er nicht über eine "Erstwohnung" verfüge. Der Einwand betreffe die Frage, ob das ("Kinder-")Zimmer, das von Studenten in der elterlichen Wohnung häufig noch während des Studiums genutzt werde, als Wohnung angesehen werden könne. Diese Frage sei zu bejahen. Ausreichend für das Innehaben einer "Erstwohnung" sei, dass dem Kläger in der elterlichen Wohnung ein eigenes Zimmer zur Verfügung stehe. Für die Annahme einer eigenen Verfügungsmacht sei die Begründung eines eigenen Miet- oder Untermietverhältnisses nicht erforderlich, solange er die Wohnung im Einverständnis seiner Eltern mitnutzen dürfe. Ebensowenig bedürfe es einer alleinigen Verfügungsbefugnis.

18

Das Zimmer des Klägers in der Wohngemeinschaft "H..." sei eine Zweitwohnung. Hierfür spreche, dass der Kläger dort mit Nebenwohnung gemeldet gewesen sei und nach Aufgabe seines Studiums die Hauptwohnung sofort wieder bei den Eltern in G... genommen habe. Zwar könne die damit begründete Indizwirkung erschüttert und der Nachweis geführt werden, dass die Meldung sachlich falsch gewesen sei. Das sei hier jedoch nicht der Fall, da dem Kläger die Bedeutung der Begriffe Haupt- und Nebenwohnung nicht unklar gewesen sei. Er habe zu Recht ausgeführt, dass Hauptwohnsitz die Wohnung der Eltern bleibe, wo die Wochenenden, Feiertage und Ferien verbracht würden. Wenig glaubhaft sei die Behauptung des Klägers, er habe auch seine Freizeit im Wesentlichen in Stralsund und nicht bei den Eltern in G... verbracht. Gleiches gelte für die Behauptung, sein Zimmer in G... sei nach seinem Umzug nach Stralsund zu einem Gästezimmer umgestaltet worden, wovon zuvor nie die Rede gewesen sei. Wenn der Kläger meine, seine Wohnung in Stralsund sei die zur Wahrnehmung des Studiums vorwiegend benutzte Wohnung, möge dies zutreffend sein; es helfe ihm aber nicht weiter. Denn ein zeitlich begrenzter Zweck wie ein Studienaufenthalt sage allein nichts über den vorliegend maßgeblichen Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Betroffenen.

19

Das Urteil ist dem Kläger am 23. Juli 2005 zugestellt worden. Auf den fristgerecht gestellten und begründeten Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 29. Juni 2007 die Berufung des Klägers zugelassen.

20

Der Kläger hat im Berufungsverfahren eine eidesstattliche Versicherung sowie solche seiner Eltern eingereicht, in denen im Wesentlichen erklärt wird, dass er sich im hier interessierenden Zeitraum aus im Einzelnen erläuterten Gründen vorwiegend an seinem Studienort Stralsund aufgehalten habe. Wegen der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.

21

Die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Stralsund vom 08.11.2001 ist mit Beschluss vom 14.12.2006 rückwirkend zum 31.03.2005 geändert worden. Die §§ 1 bis 3 dieser Satzung lauten nunmehr:

22

§ 1 Allgemeines

23

Die Hansestadt Stralsund erhebt eine Zweitwohnungssteuer.

24

§ 2 Steuergegenstand

25

(1) Gegenstand der Steuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet.

26

(2) Das Innehaben einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, unterliegt nicht der Zweitwohnungssteuer.

27

(3) Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung in melderechtlichem Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat. Eine Wohnung verliert die Eigenschaft einer Zweitwohnung nicht dadurch, dass ihr Inhaber sie zeitweilig zu anderen als den vorgenannten Zwecken nutzt. Die Art der Nutzung der Wohnung für Erholungs-, Ausbildungszwecke oder Arbeitsaufenthalt ist dabei nicht entscheidend.

28

§ 3 Steuerpflichtiger

29

(1) Steuerpflichtig ist der Inhaber einer im Stadtgebiet liegenden Zweitwohnung. Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, dem die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder als sonstiger Dauernutzungsberechtigter zusteht. Das gilt auch bei unentgeltlicher Nutzung.

30

Der Kläger führt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf das Urteil des Senates vom 20. Juni 2007 - 1 L 194/06 - aus, dass er in G... keine "Erstwohnung" "innegehabt" habe. Während des Studiums habe er sein altes Kinderzimmer im Elternhaus beibehalten. Dabei habe es sich um ein zirka 20 m² großes Zimmer gehandelt, welches während seiner studiumbedingten Abwesenheit auch als Zimmer für weitere Familienangehörige genutzt worden sei. Wenn er bei seinen Eltern gewesen sei, habe er auch das gemeinsame Bad und die Küche mitbenutzen können. Das Zimmer sei ein typisches Kinderzimmer und nicht vom übrigen Elternhaus abgetrennt gewesen. Zur näheren Darlegung dieser Umstände hat der Kläger u. a. Grundrisse des Einfamilienhauses der Eltern in G... vorgelegt. Einem die elterliche Wohnung mitbenutzenden Studenten komme an einem Kinderzimmer als Besitzdiener noch nicht einmal die tatsächliche Verfügungsbefugnis zu, so dass von einer rechtlichen Verfügungsbefugnis nicht die Rede sein könne. Außerdem stehe Art.105 Abs. 2 a Satz1 und Art. 3 Abs. 1 GG einer zweitwohnungssteuerrechtlichen Behandlung des typischen "Kinderzimmers" bzw. der Beibehaltung eines Kinderzimmers in der elterlichen Wohnung durch das Kind als Innehaben einer Erstwohnung und als tatbestandsmäßiger Steuergegenstand entgegen, wie das Oberverwaltungsgericht Greifswald in dem Urteil vom 20.Juni 2007 entschieden habe.

31

Die angefochtenen Zweitwohnungssteuerbescheide seien außerdem deshalb rechtswidrig, weil die von dem Beklagten als Zweitwohnung bewertete Wohnung "H...." in Stralsund die vorwiegend benutzte Wohnung, also die Hauptwohnung gewesen sei. Er habe im fraglichen Zeitraum in Stralsund eine feste Freundin und einen großen Freundeskreis gehabt, am öffentlichen Leben der Hansestadt Stralsund aktiv teilgenommen und hier überwiegend seine Freizeit verbracht. Auch während der Semesterferien habe er sich in Stralsund aufgehalten und dort den Schwerpunkt seiner Lebensbeziehungen gehabt. Demgegenüber habe er sein Kinderzimmer im Elternhaus nur zu gelegentlichen Besuchen, oft nur tagsüber genutzt.

32

Der Kläger beantragt,

33

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 15. Juli 2005 zu ändern und den Zweitwohnungssteuerbescheid des Beklagten vom 04. Juni 2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11. November 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 07.März 2003 aufzuheben.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Der Kläger habe für die zurückliegende Studienzeit im August 2002 eindeutig erklärt, dass der Hauptwohnsitz die Wohnung der Eltern bleibe, wo die Wochenenden, Feiertage und Ferien verbracht würden. Die nunmehrigen davon abweichenden Erklärungen seien mit Blick auf die Unzweckmäßigkeit der ursprünglichen Äußerung erfolgt und könnten nicht überzeugen. Zwar sei es möglich, dass sich der Kläger wie sein Vater in Unkenntnis der melderechtlichen Begrifflichkeiten geäußert hätten. Der Kläger habe jedoch ausreichend Möglichkeit gehabt, sich auf Informationsveranstaltungen vor Einführung der Zweitwohnungssteuer an der Fachhochschule und bei dem Studentenwerk zu erkundigen und sich danach zu entscheiden. Soweit es um die Frage des "Innehabens" einer Erstwohnung gehe, gebe es keine Vermutung, dass Studenten, die ihren Hauptwohnsitz mit der elterlichen Adresse gemeldet hätten, regelmäßig lediglich als Besitzdiener anzusehen seien. Für eine solche Vermutung fehle es sowohl an einer gesetzlichen Grundlage als auch an gesicherten tatsächlichen Erfahrungssätzen. Die Zweitwohnungssteuersatzung schaffe "durch die melderechtliche Ebene" eine Vermutung dahingehend, dass die Hauptwohnung auch der Hauptaufenthaltsort sei, für den regelmäßig auch die Vermutung des "Innehabens" bestehe. Diese Vermutung könne nicht durch Behauptungen widerlegt werden, welche Umstände in der Vergangenheit beträfen, die wiederum einer Beweisaufnahme bzw. Amtsermittlung nicht zugänglich seien. Die Behauptung, sich in einem vergangenen Zeitraum an einem Ort "vorwiegender" als an einem anderen aufgehalten zu haben, sei ebensowenig überprüfbar wie die "Qualität der besitzrechtlichen Teilhabe" am elterlichen Haushalt. Daher verbleibe es hier bei der Vermutung, dass die Meldung mit Hauptwohnsitz den vorwiegenden Aufenthalt des Klägers indiziere.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

38

Die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene (§§ 124a Abs. 5, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässige (§ 124a Abs. 6 Sätze 1,2 und 3, Abs. 3 Satz 3 VwGO) Berufung des Klägers hat Erfolg; das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Unrecht abgewiesen.

39

Die Anfechtungsklage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 04. Juni 2002 - Kassenzeichen ... - in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. November 2002 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 07. März 2003 ist zulässig und begründet; die angefochtenen Bescheide und der Widerspruchsbescheid sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist entsprechend abzuändern.

40

Die Klage ist zulässig, insbesondere nach Zustellung des Widerspruchsbescheides (14.März 2003) am 20. März 2003 fristgemäß erhoben worden. Zwar lassen die Verwaltungsvorgänge nicht erkennen, ob der Kläger gegen die ihn betreffenden Zweitwohnungssteuerbescheide fristgemäß Widerspruch erhoben hatte: Gegen den Bescheid vom 04. Juni 2002, dessen Aufgabe zur Post aber in zeitlicher Hinsicht den Akten nicht zu entnehmen ist, hatte er sich erstmals mit Schreiben vom 01. August 2002 gewendet, gegen den (Änderungs-)Bescheid vom 11. November 2002, dessen Bekanntgabedatum ebenfalls unklar ist, soweit ersichtlich überhaupt nicht. Erst mit Schreiben vom 27. Dezember 2002 hatte sich der Kläger bei dem Beklagten gemeldet, dies jedoch unter ausdrücklicher Bezugnahme auf dessen Entscheidung vom 10. Dezember 2002, mithin auf die Ablehnung des beantragten Steuererlasses. Der Beklagte hat jedoch offenbar das genannte Schreiben des Klägers, in dem sich auch Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Steuererhebung finden, als Widerspruch gegen die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer insgesamt verstanden und für form- und fristgerecht eingegangen gehalten. Damit und durch Erlass des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2003 hat er den Klageweg offengehalten (vgl. BVerwG, 21.03.1979 - 6 C 10.78 -, BVerwGE 57, 342, 344 m.w.N.).

41

Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Zweitwohnungssteuerbescheide sind rechtswidrig. Rechtsgrundlage der Bescheide sind die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Stralsund vom 04. März 1999 und die am 01. Januar 2002 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Stralsund vom 08. November 2001. Die mit Beschluss vom 14. Dezember 2006 vorgenommene Änderung der Satzung vom 08. November 2001 gilt nicht für die hier streitigen Veranlagungszeiträume (April 1999 bis August 2002), da ihr Rückwirkung lediglich bis zum 31.März 2005 beigemessen worden ist.

42

Diese Satzungen stehen zwar im Einklang mit höherrangigem Recht und sind wirksam (nachfolgend 1. a. und b.). Die auf ihrer Grundlage erlassenen, hier streitigen Zweitwohnungssteuerbescheide sind jedoch im Hinblick auf die tatbestandliche Voraussetzung des Innehabens der Hauptwohnung im melderechtlichen Sinne (§ 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS 1999 und ZwStS 2001) rechtswidrig (nachfolgend 2.). Zudem stehen Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art.3 Abs.1 GG einer zweitwohnungssteuerrechtlichen Behandlung des typischen "Kinderzimmers" bzw. der Beibehaltung eines Zimmers in der elterlichen Wohnung durch das Kind als Innehabung einer Erstwohnung und als tatbestandsmäßiger Steuergegenstand entgegen (nachfolgend 3.).

43

1. a.) Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Zweitwohnungssteuersatzungen bestehen nicht. Insbesondere liegen die gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG a. F. wegen einer Abweichung von einer Mustersatzung des Innenministeriums erforderlichen Genehmigungen der Rechtsaufsichtsbehörde beim Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern vom 10. März 1999 bzw. 20. November 2001 vor (vgl. § 79 Abs. 2 KV M-V). Diese sind entsprechend § 5 Satz 5 KV-DVO bekannt gemacht worden.

44

b.) Bedenken gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Satzungen liegen im Ergebnis ebenfalls nicht vor. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Zweitwohnungssteuersatzung ist § 3 Abs.1 Satz 1 KAG M-V, wonach die Gemeinden und Landkreise örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben können. Die Zweitwohnungssteuer ist eine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs.2a Satz 1 GG bzw. § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V. Als Aufwandsteuer in diesem Sinne ist sie eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird (vgl. BVerfG, 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 346 f.; BVerwG, 27.10.2004 - 10 C 2.04 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 21, S. 29 f.; BVerwG, 29.01.2003 - 9 C 3.02 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 20, S. 23 f. u. 26.09.2001 - 9 C 1.01 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 19, S. 16 = BVerwGE 115, 165, 168 jeweils m.w.N.). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich einerseits von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung, die keinen besonderen Aufwand gemäß Art. 105 Abs. 2a GG darstellt, unterscheidet, andererseits aber keineswegs eine besonders aufwendige oder luxuriöse Einkommensverwendung voraussetzt (vgl. BVerwG, 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; 29.11.1991 - 8 C 107.89 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr.17). Soll zulässigerweise die in dem Aufwand für eine Zweitwohnung zum Ausdruck gebrachte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden, so kommt es schon aus Gründen der Praktikabilität nicht darauf an, dass diese Leistungsfähigkeit in jedem einzelnen Fall konkret festgestellt wird. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln er finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. zum Ganzen BVerwG, 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; BVerwG, 12.04.2000 - 11 C 12/99 -, BVerwGE 111, 122 m.w.N. - zitiert nach juris; VGH Kassel, 23.11.2005 - 5 UE 1546/05 -, NVwZ-RR 2006, 571).

45

Die hier maßgeblichen Zweitwohnungssteuersatzungen 1999 und 2001 geben den die Abgabe begründenden Tatbestand hinreichend bestimmt an. Sie stehen damit im Einklang mit § 2 Abs.1 Satz 2 KAG M-V als höherrangiges Recht.

46

Der Steuergegenstand als der die Abgabe begründende Tatbestand wird in § 2 Abs. 1 ZwStS umschrieben; danach unterliegt das Innehaben einer Zweitwohnung im Gebiet der Hansestadt Stralsund der Zweitwohnungssteuer. § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS bestimmt sodann, dass Zweitwohnung im Sinne der Satzung jede Wohnung ist, die jemand neben seiner Hauptwohnung im melderechtlichen Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat. § 2 Abs. 5 ZwStS definiert als "Wohnung im Sinne dieser Satzung... jede umschlossene Räumlichkeit, die von ihrer Ausstattung her zumindest zum zeitweisen Wohnen geeignet ist und genutzt wird". Eine konkrete Mindestausstattung der Räumlichkeit (z.B Kochgelegenheit, Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Stromversorgung, Heizung und Waschmöglichkeit) ist nicht erforderlich. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwStS ist steuerpflichtig der Inhaber der im Stadtgebiet liegenden Zweitwohnung. Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, dem die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder als sonstiger Dauernutzungsberechtigter zusteht.

47

Zwar stehen die hier einschlägigen Fassungen der §§ 2 Abs. 2 und Abs. 6 Satz 2 der Zweitwohnungssteuersatzungen 1999 und 2001 unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 11.10.2005 - 1 BvR 1232/00 und 1 BvR 2627/03 -, juris = BayVBl. 2006, 498) nicht uneingeschränkt mit Artikel 6 Abs. 1 GG im Einklang. Danach stellt die Erhebung der Zweitwohnungssteuer auch auf die Innehabung von Erwerbszweitwohnungen durch Verheiratete eine gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßende Diskriminierung der Ehe dar. Denn steuerlich belastet wird die Entscheidung, die gemeinsame eheliche Wohnung nicht aufzulösen und bei Wahrung des Fortbestandes der gemeinsamen Wohnung am bisherigen Ort nur eine Zweitwohnung zu begründen. Es ist nämlich durch die melderechtlichen Regelungen für Verheiratete (vgl. § 12 Abs. 2 MRRG, § 16 Abs. 2 LMG) ausgeschlossen, die Wohnung am Beschäftigungsort trotz deren vorwiegender Nutzung zum Hauptwohnsitz zu bestimmen und damit der Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer zu entgehen.

48

Der Verstoß der o.g. hier einschlägigen Satzungsregelungen gegen Art. 6 Abs. 1 GG führt aber nicht zur vollständigen Unwirksamkeit der gesamten Satzung. Unanwendbar sind sie nur insoweit, als auch die Innehabung einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, der Zweitwohnungssteuer unterworfen wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. BVerwG, 01.08.2001 - 4 B 23/01 -, juris; 27. Januar 1978 - BVerwG 7 C 44.76 - DVBl 1978, 536; 8. August 1989 - BVerwG 4 NB 2.89 - ZfBR 1989, 274) führt die Ungültigkeit eines Teiles einer kommunalen Satzungsbestimmung dann nicht zu ihrer Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Teile auch ohne den ungültigen Teil sinnvoll bleiben (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Beide Voraussetzungen liegen hier vor. Die fraglichen Satzungsbestimmungen sind ohne Weiteres hinsichtlich der betroffenen Steuerpflichtigen teilbar in die Gruppe der eben genannten nicht dauernd getrennt lebenden verheirateten Wohnungsinhaber einerseits und aller sonstigen in Betracht kommenden Wohnungsinhaber andererseits. Die Weitergeltung der Zweitwohnungssteuersatzung ohne Erfassung der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Wohnungsinhaber entspricht auch dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers. Das zeigt die Änderung der Zweitwohnungssteuersatzung der Hansestadt Stralsund nach Ergehen der o.g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und entsprechenden Hinweisen der Rechtsaufsichtsbehörden (vgl. den auszugsweise wiedergegebenen Erlass des Innenministeriums M-V in: Der Überblick 2006, 149). Für eine Weitergeltung der Zweitwohnungssteuersatzung in dem o.g. eingegrenzten Umfang spricht schließlich auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 2005 (a.a.O.). Danach verstoßen die dort maßgeblichen Satzungen gegen das Diskriminierungsverbot, soweit die Innehabung einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten besteuert wird. In diesem Umfang seien die Satzungen mit Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar.

49

2. Die angefochtenen Bescheide vom 04. Juni und 11. November 2002 sind jedoch rechtswidrig, da jedenfalls die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 ZwStS 1999 bzw. 2001, wonach Gegenstand der Steuer das Innehaben einer Zweitwohnung (im Stadtgebiet Stralsund) ist und eine solche Zweitwohnung die Wohnung ist, die jemand neben seiner Hauptwohnung im melderechtlichen Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf innehat, vorliegend nicht erfüllt sind. Der Kläger hatte dann, wenn es sich bei der elterlichen Wohnung in G... um - wie der Beklagte annimmt, der Kläger aber in Abrede stellt - seine Hauptwohnung im melderechtlichen Sinne gehandelt haben sollte, diese Wohnung nicht im rechtlichen Sinne der eben genannten Satzungsbestimmung inne. Der Zweitwohnungssteuersatzung der Hansestadt Stralsund ist (ebenso wie der Satzung von Neubrandenburg, vgl. OVG Greifswald, 20.06.2007 - 1 L 194/06 und 1 L 257/06 -) durch Auslegung hinreichend bestimmt zu entnehmen, dass an die Inhaberschaft bezüglich der Erstwohnung die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie bei der Zweitwohnung.

50

Auch bei der von der Hansestadt Stralsund gewählten Satzungsformulierung bezieht sich das Merkmal des Innehabens nach Maßgabe des § 2 Abs.2 Satz 1 ZwStS eindeutig sowohl auf die Erst- als auch die Zweitwohnung ("...neben seiner Hauptwohnung...innehat"); "neben" ist hier ohne jeden Zweifel im Sinne von "beide nebeneinander" oder "beide gemeinsam" und bezogen auf "innehaben" gemeint. Deshalb ist eine unterschiedliche Deutung des Begriffs des "Innehabens" je nach Erst- oder Zweitwohnung schon begrifflich nach Maßgabe des Ortsrechts ausgeschlossen (vgl. VG Weimar, 27.09.2006 - 6 K 5509/04 -, juris). Für diese Beurteilung spricht auch die in der Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS weiter formulierte Voraussetzung, die Zweitwohnung müsse jemand für den eigenen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf der Familienmitglieder innehaben. Gemäß dem nach § 2 Abs. 5 ZwStS einheitlich für Erst- und Zweitwohnung zu verwendenden Wohnungsbegriff und unter Einbeziehung der Bestimmung des §3 Abs. 1 Satz 2 ZwStS kann dieses einengende Merkmal sinnvoll nur bedeuten, dass bei Nutzung der (Erst-) Wohnung durch eine Familie Inhaber nur derjenige ist, der als Eigentümer, Mieter oder als sonstige dauernutzungsberechtigte Person die Wohnung - auch - für den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat, dass jedoch nicht die übrigen Familienmitglieder, insbesondere regelmäßig nicht die Kinder, Inhaber sind.

51

Bei der Zweitwohnung gilt nach § 3 Abs. 1 Satz 2, 3 ZwStS als Inhaber die Person, der die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder als sonst dauernutzungsberechtigte Person zusteht, auch bei unentgeltlicher Nutzung. Diese Definition geht über den abgabenrechtlichen Begriff des Innehabens der Wohnung, der die tatsächliche Verfügungsmacht über die Wohnung erfordert (vgl. Gersch, in: Klein, AO, 9. Aufl., § 8 Rn 3), hinaus: Er verlangt, wie die Verwendung des Begriffs "Verfügungsbefugnis" zeigt, eine rechtliche Absicherung der bestehenden tatsächlichen Verfügungsmacht, die für sich allein folglich nicht zur Begründung der Steuerpflicht genügt.

52

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist davon auszugehen, dass Kinder, die sich noch in der Ausbildung befinden, auch wenn sie volljährig geworden sind, typischerweise in der elterlichen Wohnung kein Zimmer "innehaben", weil sie nicht in der von § 3 Abs. 1 Satz 2, 3 ZwStS geforderten rechtlich abgesicherten Weise verfügungsbefugt, sondern lediglich Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB, also nicht einmal Besitzer sind (vgl. VG Weimar, 27.09.2006 - 6 K 5509/04 -, juris, m.w.N.; VG Gelsenkirchen, 05.12.2002 -16 K 3699/01 -, KStZ 2003, 213 - zitiert nach juris; VGH München, 14.02.2007 - 4 N 06.367 -, S. 11 des Urteils; VG Köln, 14.02.2007 - 21 K 2275/06 -, juris; Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 885 Rn. 7; OLG Hamburg, 06.12.1990 - 6 W 73/90 -, NJW-RR 1991, 909 - zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, 18.06.1970 - III C 33.69 -, BVerwGE 35, 297 - zitiert nach juris).

53

Wenn das Verwaltungsgericht Köln (14.02.2007 - 21 K 2275/06 -, juris; ähnlich VGH München, 20.03.2007 - 4 CS 07.478 -, juris) demgegenüber meint, für die Erstwohnung sei keine Verfügungsbefugnis erforderlich, das Innehaben werde in der dort überprüften Satzung nur für die Zweitwohnung verlangt, ist dies vorliegend schon deshalb unerheblich, weil die Zweitwohnungssteuersatzung der Hansestadt Stralsund wie ausgeführt das Innehaben auch für die Erstwohnung voraussetzt. Aber auch im Übrigen überzeugt die Argumentation nicht, es entspreche dem Zweck der Zweitwohnungssteuer, an die Zweitwohnung höhere Anforderungen als an die Hauptwohnung zu stellen, die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsmöglichkeiten, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indizierten, seien für den Erstwohnsitz dagegen unerheblich, da er für sich keine steuerlichen Konsequenzen habe. Hierbei wird übersehen, dass begriffsimmanente Voraussetzung der Zweitwohnung die Existenz einer Erstwohnung ist, die folglich offensichtlich steuerliche Auswirkungen hat. Darüber hinaus setzt sich das Verwaltungsgericht Köln nicht damit auseinander, dass es bei einem differenzierten Begriff des "Innehabens" je nach Erst- oder Zweitwohnung überhaupt - wie im vorliegend zu entscheidenden Fall - an einem entsprechenden Begriff als notwendiger Bestandteil des Steuertatbestandes fehlen würde; hierfür wäre aber eine entsprechende Regelung erforderlich (vgl. OVG Koblenz, 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -).

54

Der Vortrag des Beklagten führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach schaffe die Zweitwohnungssteuersatzung durch die "melderechtliche Ebene eine Vermutung, dass die Hauptwohnung auch der Hauptaufenthaltsort sei, für den regelmäßig auch die Vermutung des 'Innehabens' bestehe". Dies kann nicht überzeugen. Die Zweitwohnungssteuersatzung macht die Steuerpflicht - neben weiteren Voraussetzungen - einerseits von der Existenz einer Hauptwohnung und andererseits von einem Innehaben dieser Wohnung (als zweitwohnungssteuerrechtlicher Erstwohnung) abhängig. Diese beiden Voraussetzungen stehen selbständig nebeneinander und in keinem Verhältnis einer gesetzlichen oder tatsächlichen Vermutung. Eine solche Vermutung ist weder der Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten noch sonstigen hier etwa einschlägigen Rechtsvorschriften zu entnehmen. Es ist auch kein Grund dafür erkennbar, warum aus der Existenz einer Hauptwohnung im melderechtlichen Sinne (§ 2 Abs. 2 ZwStS 1999/2001) auf ein Innehaben dieser Wohnung im Sinne einer tatsächlichen Vermutung (vgl. dazu etwa BGH, 17.07.2001 - XI ZR 15/01 -, BGHZ 148, 299, 305) sollte geschlossen werden müssen. Schon aufgrund der Weite des melderechtlichen Wohnungsbegriffes (vgl. § 15 LMG: jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird) kann es keinen Erfahrungssatz geben, dass der Nutzer eines solchen Raumes über diesen zugleich verfügungsberechtigt ist und ihn damit innehat.

55

Ebenfalls nicht überzeugend ist die Auffassung des Beklagten, die Vermutung, die Hauptwohnung im zweitwohnungssteuerrechtlichen Sinne innezuhaben, könne nicht durch Behauptung von in der Vergangenheit liegenden Umständen widerlegt werden. Die in der Vergangenheit liegende "Qualität der besitzrechtlichen Teilhabe am elterlichen Haushalt" sei letztlich nicht überprüfbar. Nach der Rechtsprechung des Senates (z.B. 20.06.2007 - 1 L 257/06 -S. 20) ist es demgegenüber so, dass Kinder, die sich noch in der Ausbildung befinden, auch wenn sie volljährig geworden sind, typischerweise in der elterlichen Wohnung kein Zimmer "innehaben", weil sie nicht in der erforderlichen rechtlich abgesicherten Weise verfügungsbefugt, sondern lediglich Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB, also nicht einmal Besitzer sind. Ob dies im Einzelfall in atypischer Weise anders ist, der Student also abweichend vom typischen Fall Verfügungsbefugnis hinsichtlich der elterlichen Wohnung hat (Stichworte: eigener Hausstand, abgeschlossener Lebensbereich, Mietzahlung, vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 26.A., § 885 Rn. 7; VG Weimar, 27.09.2006 - 6 K 5509/04 -, NVwZ-RR 2007, 708/709), ist einer Aufklärung ohne Weiteres zugänglich.

56

Nach alledem fehlt dem Kläger hinsichtlich seines "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung als bloßer Besitzdiener die erforderliche Verfügungsbefugnis bezüglich einer Erstwohnung. Er ist nicht Inhaber einer solchen und folglich aus diesem Grunde nicht steuerpflichtig und der angefochtene Steuerbescheid deshalb rechtswidrig.

57

3. Zudem stehen Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG einer zweitwohnungssteuerrechtlichen Behandlung des typischen "Kinderzimmers" bzw. der Beibehaltung eines Zimmers in der elterlichen Wohnung durch das Kind als Innehabung einer Erstwohnung und als tatbestandsmäßiger Steuergegenstand entgegen.

58

Anknüpfungspunkt der Zweitwohnungssteuer ist - auf eine kurze Formel gebracht - die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, wobei das Innehaben der Zweitwohnung als Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden, typischerweise diese Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Dabei ist zu beachten, dass die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt.

59

Dies sagt zunächst nichts darüber aus, welche Anforderungen an die Annahme zu stellen sind, es liege eine Erstwohnung bzw. die Innehabung einer solchen vor, die überhaupt erst die weitere Annahme einer Zweitwohnung rechtfertigen kann. Auch wenn die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt, ist - wie gesagt - ihre Innehabung begriffliche Voraussetzung einer Zweitwohnung. Ohne äußerlich erkennbaren Aufwand für eine Erstwohnung - auch wenn es kein "besonderer" ist - gibt es folglich typischerweise keinen besonderen Aufwand für eine Zweitwohnung. Das Bestehen und Innehaben einer Erstwohnung betrifft nicht die Frage nach der Leistungsfähigkeit im Einzelfall bzw. danach, ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, sondern ist normative Voraussetzung für die Annahme einer Zweitwohnung. Dabei geht es deshalb insbesondere nicht etwa darum, eine Aufwandssummierung oder eine Prüfung vorzunehmen, ob es sich bei der Erstwohnung um ein besonders luxuriöses Anwesen handelt.

60

Wendet man den vorstehend erläuterten Maßstab auf die regelmäßig anzutreffende Konstellation des von Studenten weiter bewohnten typischen "Kinderzimmers" bzw. einzelnen Zimmers in der elterlichen Wohnung an, so führt dies zu der Schlussfolgerung, dass dieser Sachverhalt nicht die Innehabung einer Erstwohnung im Verhältnis zu einer weiteren Wohnung am Studienort darstellen kann. Denn typischerweise hat der "Zimmerbewohner", also das Kind, sei es minderjährig oder volljährig, für das "Kinderzimmer" selbst gerade keinen ihm zurechenbaren Aufwand getätigt bzw. kein eigenes Einkommen für dieses aufgewandt. Diesen Aufwand leisten vielmehr - grundsätzlich nach außen ohne weiteres erkennbar und ohne dass es insoweit einer Einzelfallprüfung bedürfte - typischerweise bzw. im Regelfall die Eltern in Verwendung ihres Einkommens. Er ist folglich ausschließlich ihnen zurechenbar. Der Umstand, dass ein Kind volljährig wird und ein Studium an einem anderen Ort aufnimmt, führt nicht gleichsam zu einer "Umwidmung" des elterlichen Aufwandes in einen solchen des Kindes; auch an der Besitzdienerstellung des Kindes hinsichtlich des Zimmers ändert sich grundsätzlich nichts (vgl. Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 885 Rn.7; OLG Hamburg, 06.12.1990 - 6 W 73/90 -, NJW-RR 1991, 909 - zitiert nach juris). Das Beibehalten des "Kinderzimmers" kann deshalb typischerweise aufwandsteuerrechtlich nicht als Innehaben einer Erstwohnung und nicht als tatbestandsmäßig im Sinne des Steuergegenstandes des Zweitwohnungssteuerrechts bewertet werden. Folglich kann die Wohnung am Studienort keinen besonderen Aufwand bzw. keine Zweitwohnung darstellen.

61

Unter Zugrundelegung des bundesrechtlichen Begriffs der Aufwandsteuer nach Maßgabe von Art.105 Abs. 2a Satz 1 GG, wie er auch in § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V verwandt wird, können die typischen "Kinderzimmerfälle", also die Fälle, in denen Studenten neben ihrer Wohnung am Studienort in der elterlichen Wohnung noch ein Zimmer beibehalten, mangels Innehaben einer Erstwohnung nicht mit der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer belegt werden; sie unterfallen tatbestandlich nicht dem Steuergegenstand des Zweitwohnungssteuerrechts. Folglich darf eine zweitwohnungssteuerrechtliche Definition des Steuergegenstandes die typischen "Kinderzimmerfälle" nicht erfassen bzw. der ortsrechtliche Steuergegenstand nicht in diesem Sinne ausgelegt werden.

62

Dieses Ergebnis stützt auch Art. 3 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab.

63

Umfang und Bedeutung des allgemeinen Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sind - soweit dies abstrakt und generell, also losgelöst von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalles möglich ist - durch eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen geklärt. Danach steht für den Bereich steuerlicher Regelungen fest, dass dem Steuergesetzgeber bei der Entscheidung, welche Steuerquellen erfasst werden sollen, eine weitgehende Gestaltungsfreiheit im Rahmen seiner finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen zukommt (vgl. BVerwG, 21.04.1997 - 8 B 87.97 - (juris); BVerfG, 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 354; BVerwG, 08.12.1995 - 8 C 36.93 -, Buchholz 401.67 Schankerlaubnissteuer Nr. 20, S. 1, 9 ff.). Diese weitgehende Gestaltungsfreiheit des Steuergesetzgebers findet ihre Grenze dort, wo kein einleuchtender Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung ersichtlich ist (BVerfG, 06.12.1983, a.a.O.).

64

Mit einem ortsrechtlich definierten Steuergegenstand, der das typische "Kinderzimmer" als Erstwohnung erfasste, würde der Ortsgesetzgeber den mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG zulässigen Regelungsrahmen überschreiten: Die Qualifizierung der Beibehaltung eines "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung als Innehaben einer Erstwohnung, die überhaupt erst die Besteuerung der "Zweitwohnung" möglich macht, entfernte sich so weit vom aufwandsteuerrechtlichen Anknüpfungspunkt der nach außen durch eine bestimmte Konsumform dokumentierten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, von Sinn und Zweck der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer und den zugrunde liegenden sozialen Gegebenheiten, dass das Urteil der Willkürlichkeit bzw. die Annahme eines Verstoßes gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG angelegten Grundsatz der Steuergerechtigkeit und einer Überschreitung der Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V gerechtfertigt wäre (vgl. zutreffend OVG Koblenz, 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -; OVG Schleswig, 20.03.2002 - 2 L 136/00 -, juris). Es erscheint dem Senat trotz eines nach dem jährlichen Mietaufwand differenzierenden Steuermaßstabes (vgl. § 4 Abs. 1 ZwStS) unter dem Blickwinkel der Steuergerechtigkeit nicht zu rechtfertigen, einen Studenten mit "Kinderzimmer" bei den Eltern und einem Zimmer im Studentenwohnheim hinsichtlich seiner prinzipiellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zweitwohnungssteuerrechtlich mit einem Steuerpflichtigen nach dem klassischen Bild (vgl. Holz, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 3 Anm. 3.4.1) desjenigen, der in einer Fremdenverkehrsgemeinde etwa über eine eigengenutzte Ferienwohnung verfügt, gleichzustellen: Hier wird wesentlich Ungleiches ohne sachlichen Grund gleichbehandelt. Ist der entsprechende Sachverhalt bei einem solchen Studenten regelmäßig zum einen durch eine abgeschwächt fortbestehende Bindung zur Familie - gewissermaßen als Vorstufe einer späteren vollständigen Selbständigkeit in der Wohnsituation - und zum anderen durch die praktischen Notwendigkeiten des Studiums begründet, also durch Umstände, die in keinem Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stehen, geht es im anderen Falle typischerweise um die Anschaffung und Unterhaltung einer Erholungsmöglichkeit in Gestalt einer Wohnung aus eigenem Einkommen, die regelmäßig maßgeblich durch eine entsprechende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erst veranlasst ist.

65

Ob es gegebenenfalls auch Art. 6 Abs. 1 GG verbietet, die Beibehaltung des "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung durch einen Studenten als für die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer erheblichen Aufwand für eine Erstwohnung zu qualifizieren, kann mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen offenbleiben. Angemerkt sei allerdings, dass - jedenfalls wenn man unterstellt, die Angabe dieses "Kinderzimmers" als Hauptwohnung wäre melderechtlich zutreffend - die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in diesen Fällen unzweifelhaft den Bereich des familiären Zusammenlebens betreffen würde und im Extremfall den Studenten aus wirtschaftlichen Erwägungen mittelbar zwingen könnte, seine Wohnung bei den Eltern aufzugeben, um der Steuer zu entgehen.

66

Nach allem kann dahinstehen, ob der Beklagte bei Anwendung seines Zweitwohnungssteuerrechts zutreffend aufgrund der Meldung der elterlichen Wohnung in G... durch den Kläger als Hauptwohnung und der Stralsunder Wohnung als Nebenwohnung dessen elterliche Wohnung als Erstwohnung und die Nebenwohnung als Zweitwohnung angesehen hat. Wäre dies der Fall, unterläge die Neben- bzw. Zweitwohnung in Stralsund nach den obenstehenden Ausführungen nicht der Zweitwohnungssteuerpflicht. Wäre hingegen die Wohnung "H..." der Ort des vorwiegenden Aufenthaltes des Klägers während seines Studiums gewesen, hätte er hier seine "Erstwohnung" im steuerrechtlichen Sinne gehabt. Der Zweitwohnungssteuerpflicht unterfiele sie dann ebenfalls nicht.

67

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

68

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §708 Nr. 11, 711 ZPO.

69

Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf den bundesrechtlichen Begriff der Aufwandsteuer, der vorliegend die Auslegung des Ortsrechts, der Begriffe der Erst- und Zweitwohnung sowie des Begriffs des Innehabens maßgeblich geprägt hat, bzw. im Hinblick auf die Beantwortung der in der dazu vorliegenden Rechtsprechung gegensätzlich beantworteten Frage, ob ein "Kinderzimmer" in der elterlichen Wohnung als zweitwohnungssteuererhebliche Erstwohnung betrachtet werden darf, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr.1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 05.Juli 2006 - 3 A 131/06 - geändert und der Bescheid des Beklagten vom 17. November 2005 - Steuer-Nr. ... - sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 03.Januar 2006 aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Klägers abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer.

2

Der Kläger ist Student an der Fachhochschule Neubrandenburg und erhält Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Er war und ist mit seiner Hauptwohnung im elterlichen Haus unter der aus dem Rubrum ersichtlichen Anschrift gemeldet und unterhält zu Studienzwecken in 17033 Neubrandenburg, B... Straße ..., Wohnungsnummer ... (Studentenwohnheim) eine Nebenwohnung. Er bewohnt im Haus seiner Eltern ein 13,60 m² großes "Kinderzimmer"; hinsichtlich der näheren Umstände wird insoweit auf den Schriftsatz des Klägers vom 14. Juni 2007 samt Anlagen verwiesen.

3

In seiner Erklärung zur Zweitwohnungssteuer vom 07. April 2005 gab der Kläger die Wohnung in Neubrandenburg als Nebenwohnung an. Er gab weiter an, die Zweitwohnung sei für ihn keine Zweitwohnung im Sinne der Zweitwohnungssteuersatzung, weil zu der von ihm bewohnten Gesamtheit von Räumen keine Küche bzw. Kochnische und/oder Toilette gehöre.

4

Unter dem 29. August 2005 gab der Kläger erneut eine Erklärung zur Zweitwohnungssteuer ab und führte dabei aus, die Nebenwohnung stelle keine Wohnung im Sinne des Zweitwohnungssteuerrechts dar. Zur Begründung führte er aus, es sei kein Erstwohnsitz vorhanden, Bad/WC und Küche seien nicht im Zimmer.

5

Mit Zweitwohnungssteuerbescheid vom 17. November 2005 zog der Beklagte den Kläger zu einer Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 117,42 Euro heran.

6

Als Rechtsgrundlage bezeichnete der Zweitwohnungssteuerbescheid die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer der Stadt Neubrandenburg vom 21. Dezember 2004, veröffentlich und amtlich bekannt gemacht im Stadtanzeiger Nr. 16/2004 vom 29. Dezember 2004 (nachfolgend: Zweitwohnungssteuersatzung - ZwStS).

7

Die Zweitwohnungssteuersatzung enthält u.a. folgende Regelungen:

8

§ 2 Steuergegenstand

(1) Gegenstand der Steuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet Neubrandenburg.

(2) Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung in melderechtlichem Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat. Eine Wohnung verliert die Eigenschaft einer Zweitwohnung nicht dadurch, dass ihr Inhaber sie zeitweilig zu anderen als den vorgenannten Zwecken nutzt.

(3) Zweitwohnungen sind auch Wohnungen, die auf Erholungsgrundstücken (§§ 312 bis 315 des Zivilgesetzbuches der DDR vom 19. Juni 1975, GBl. I Nr. 27 S. 465) errichtet worden sind.

(4) Dritte und weitere Wohnungen im Stadtgebiet unterliegen nicht der Zweitwohnungssteuer.

9

§ 3 Steuerpflichtiger

(1) Steuerpflichtig ist der Inhaber einer im Stadtgebiet Neubrandenburg liegenden Zweitwohnung. Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, dem die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder sonstiger Dauernutzungsberechtigter zusteht. Das gilt auch bei unentgeltlicher Nutzung.

(2) Sind mehrere Personen gemeinschaftlich Inhaber einer Zweitwohnung, so sind sie Gesamtschuldner.

(3) Steuerpflichtig im Sinne dieser Satzung sind nicht Kur- und Feriengäste als Mieter von Ferienhäusern, Wohnungen oder Zimmern, soweit die Nutzungsdauer unter einem Monat liegt.

...

10

Der Satzung lag ein Beschlussvorschlag für die Stadtvertretung zu Grunde, in dem es u.a. heißt:

11

"2. Die Stadtvertretung bestätigt die Maßnahmen zur Förderung der Anmeldung mit Hauptwohnsitz und beauftragt den Oberbürgermeister mit der Umsetzung (Anlage 2)."

12

Weiter heißt es:

13

"Finanzielle Auswirkungen:

Die finanziellen Auswirkungen wurden unter folgenden Annahmen berechnet:

- gegenwärtig mit Nebenwohnsitz gemeldete Einwohner 4.108 Personen*
- davon werden sich mit Hauptwohnsitz voraussichtlich anmelden 1.500 Personen**
- werden voraussichtlich Zweitwohnungssteuerzahler 2.300 Personen**."

14

Handschriftlich ist daneben die Zahl 4261 - offenbar bezogen auf die gegenwärtig mit Nebenwohnsitz gemeldeten Einwohner - vermerkt. Zur Erläuterung wird im Hinblick auf die Angaben zu den gegenwärtig mit Nebenwohnsitz gemeldeten Einwohner ausgeführt, dass es sich um eine stadteigene Angabe per 31. August 2004 handele, während die weiteren Zahlen geschätzte Werte darstellten. In der Begründung des Beschlussvorschlags heißt es:

15

"Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung wurde erneut die Diskussion über die Einführung einer Zweitwohnungssteuer in der Stadt Neubrandenburg angeregt, da mit ihrer Einführung neben der daraus resultierenden Steuereinnahmeerwartung auch ein finanzieller Effekt durch die Reflexion dieser Steuer auf die Zahl der Einwohner mit angemeldeter Hauptwohnung und somit auf die Schlüsselzuweisungen im Rahmen des Landesfinanzausgleiches unterstellt werden kann. Insbesondere die in der Stadt Neubrandenburg wohnenden Schüler und Studenten über 18 Jahre sollten dazu bewegt werden, ihren Pflichten aus dem Meldegesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern nachzukommen. Die Meldepflicht obliegt demjenigen, der die Wohnung bezieht. ...

16

Die in der Anlage beigefügte Satzung entspricht weitestgehend der Mustersatzung."

17

Die in der Beschlussvorlage erwähnte Anlage 2 sieht verschiedene Maßnahmen zur Förderung der Anmeldung mit Hauptwohnsitz für Schüler und Studenten in Gestalt eines "Begrüßungsgeldes" und eines "Freizeittickets" vor.

18

In der Sitzung der Stadtvertretung Neubrandenburg vom 11. November 2004 wurden unter TOP6 Maßnahmen zur Förderung der Anmeldung mit Hauptwohnsitz in der Stadt Neubrandenburg erörtert. In der Niederschrift heißt es dazu u.a.:

19

"...
Ratsherr Dr. B... stellt den Antrag ...

20

Begründung zum Antrag:

 
... Diese Satzung sei aber bekanntlich durch die Rechtsaufsichtsbehörde zu bestätigen. Es sei zu befürchten, dass die Satzung in der vorliegenden Form keine Bestätigung findet, weil im § 2 der Steuergegenstand unpräzise beschrieben ist. Es müsse zumindest eine bestimmte Quadratmeterzahl pro Person angegeben und der Gegenstand der Wohnung beschrieben werden. Diese Dinge seien zu klären und gehörten in die zweite Lesung.

 
...

21

Zu den Hinweisen von Ratsherrn S...:

 
Die Verwaltung habe sich mit der Stadt Kiel in Verbindung gesetzt. Die dortigen Regelungen werden in der Satzung der Stadt Neubrandenburg an sich ausgelegt. Ausnahmen werden für Kinder definiert, die bei ihren Eltern leben. Sie fallen nicht unter den Begriff der Zweitwohnungssteuer, weil sie keine Wohnung innehaben und nicht Wohnungseigentümer im Sinne des Meldegesetzes sind. Ebenso fallen lt. Landesmeldegesetz die Grundwehrdienstleistenden nicht unter den Begriff der Zweitwohnungsinhaber. Die Kleingärten werden nach dem Bundeskleingartengesetz nicht besteuert und Erholungsgebiete seien für die Stadt Neubrandenburg zur Zeit nicht relevant.

 
Mit der Vorlage der Verwaltung werden also nur diejenigen erreicht, die mit Nebenwohnsitz in Neubrandenburg gemeldet sind und über einen gültigen Mietvertrag verfügen. Pendler werden sich allerdings entscheiden müssen, wo sie ihren Hauptwohnsitz nehmen. ..."

22

Hinsichtlich der Entstehungsgeschichte der Satzung im Übrigen wird auf die vorgenannten Unterlagen, die Niederschriften über die 4. und 5. Sitzung des Finanzausschusses vom 27.Oktober 2004 und vom 01. Dezember 2004, die Niederschrift über die 3. Sitzung des Schul- und Sportausschusses am 01. Dezember 2004, die Niederschrift über die 7. Sitzung des Hauptausschusses am 09. Dezember 2004 und die Niederschrift über die 6. Sitzung der Stadtvertretung am 16. Dezember 2004 (Beiakten C und D) verwiesen.

23

Gegen den Zweitwohnungssteuerbescheid wandte sich der Kläger mit seinem am 01. Dezember 2005 eingegangen Widerspruch. Darin führte er aus, bei seinem Elternwohnsitz handele es sich nicht um einen selbst unterhaltenen Erstwohnsitz, sondern um ein Kinderzimmer in der elterlichen Wohnung. Außerdem sehe er sein Zimmer im Studentwohnheim nicht als Wohnung an, da dieses Zimmer weder fließend Wasser, ein WC noch eine Küche enthalte. Er sei nicht wirtschaftlich leistungsfähig, da er kein Einkommen beziehe, sondern sein Studium mit Ausbildungsförderung finanziere. Er verwies zudem auf die Rechtsprechung des VG Lüneburg.

24

Mit Widerspruchsbescheid vom 03. Januar 2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer sei rechtmäßig. Ein Studierender, der am Studienort einen Nebenwohnsitz begründe, während er einen Hauptwohnsitz in Form eines Zimmers in der elterlichen Wohnung behalte, könne grundsätzlich zur Zweitwohnungssteuer herangezogen werden. § 2 ZwStS regele, dass eine Zweitwohnung jede Wohnung sei, die jemand neben seiner Hauptwohnung in melderechtlichem Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf innehabe. Danach sei Wohnung im Sinne dieses Gesetzes jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt werde. Das Zimmer in der elterlichen Wohnung würde zwar für sich nicht die Anforderungen an eine Zweitwohnung erfüllen, stelle aber einen ausreichenden Hauptwohnsitz dar. Wenn daher der Zweitwohnsitz am Studienort die satzungsrechtlichen Voraussetzungen erfülle, d.h. der Inhaber sowohl tatsächlich als auch rechtlich verfügungsbefugt sei, bestehe dort Zweitwohnungssteuerpflicht. Im Übrigen enthält der Widerspruchsbescheid Ausführungen zur Zulässigkeit einer Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer im Sinne von Art.105 Abs. 2a GG.

25

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 06. Januar 2006 zugestellt.

26

Am 01. Februar 2006 hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben und im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt, seine Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer sei rechtswidrig. Es fehle bereits an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Zweitwohnungssteuersatzung sei nichtig, weil sie keinen Ausnahmetatbestand für die Bezieher von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz enthalte. Auch die Rechtsanwendung sei zu beanstanden. Er sei wirtschaftlich nicht leistungsfähig, da er Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz beziehe. Ungeachtet dessen könne das Zimmer in dem Wohnheim bereits deshalb nicht als Zweitwohnung angesehen werden, weil es den Mindestanforderungen einer Wohnung nicht genüge. Es handele sich um ein 16,5 m² großes Zimmer ohne Nasszelle oder Küche. Insoweit sei er auf die Nutzung der Gemeinschaftseinrichtungen angewiesen. Zudem scheide die Annahme einer Zweitwohnung auch deshalb aus, weil er nicht über eine Erstwohnung verfüge. In der elterlichen Wohnung nutze er lediglich ein Zimmer. Überdies sei der Beklagte verpflichtet, die Steuerschuld zur Vermeidung einer unbilligen Härte zu erlassen.

27

Der Kläger hat beantragt,

28

den Bescheid des Beklagten vom 17. November 2005 - Steuer-Nr.: ... - und dessen Widerspruchsbescheid vom 03. Januar 2006 aufzuheben.

29

Der Beklagte hat den angegriffenen Bescheid verteidigt und beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Mit dem angefochtenen Urteil vom 05. Juli 2006 - 3 A 131/06 - hat das Verwaltungsgericht Greifswald die Klage durch den Einzelrichter - unter Zulassung der Berufung - abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der streitgegenständliche Zweitwohnungssteuerbescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Er finde seine gemäß § 2 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Zweitwohnungssteuersatzung vom 21. Dezember 2004. Ermächtigungsgrundlage für diese Steuersatzung sei § 3 Abs. 1 KAG M-V, wonach die Gemeinden und Landkreise örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben könnten. Bei der Zweitwohnungssteuer handele es sich um eine örtliche Aufwandsteuer, mit der die besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuert werde, die in der Verwendung des Einkommens für einen besonderen Lebensaufwand zum Ausdruck komme. Das Innehaben einer Zweitwohnung sei nach allgemeiner Auffassung als besonderer Lebensaufwand anzusehen.

32

Die Zweitwohnungssteuersatzung sei materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere weise sie den gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V erforderlichen Mindestinhalt auf und verstoße auch nicht gegen Art. 3 GG. Es sei unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht zu beanstanden, dass die Satzung keinen generellen Befreiungs- bzw. Ermäßigungstatbestand für Studenten und Auszubildende sowie für die Nutzung einer Zweitwohnung aus beruflichen Gründen enthalte. Solange die Zweitwohnung für die persönliche Lebensführung vorgehalten werde, komme es für die Steuerpflicht auf die Motive und Zwecke für das Vorhalten der Zweitwohnung nicht an.

33

Der Satzungsgeber sei im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes jedenfalls nicht dazu verpflichtet, Studenten von der Zahlung der Zweitwohnungssteuer generell zu befreien. Die nicht näher begründete Auffassung des Finanzgerichts Bremen, wonach aus dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG "zwingend" abzuleiten sei, dass Studenten, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhielten, generell von der Zweitwohnungssteuer befreit sein müssten, sei abzulehnen. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten habe, die Normierung eines Ausnahmetatbestandes für zu Ausbildungszwecken genutzte Zweitwohnungen sei mit Blick auf die "Vorwirkung des Art. 12 GG" notwendig, sei darauf hinzuweisen, dass das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht vor mittelbaren Eingriffen schütze.

34

Auch die Satzungsanwendung sei nicht zu beanstanden. Insbesondere handele es sich bei dem vom Kläger gemieteten Zimmer in dem Studentenwohnheim um eine Zweitwohnung und damit um einen tauglichen Steuergegenstand im Sinne des § 2 Abs. 1 ZwStS. Denn im Zweitwohnungssteuerrecht gelte ein eigenständiger Wohnungsbegriff. Wohnung in diesem Sinne sei jede umschlossene Räumlichkeit, die von ihrer Ausstattung her zumindest zum zeitweisen Wohnen geeignet sei und genutzt werde. Eine konkrete Mindestausstattung der Räumlichkeit (z.B. Kochgelegenheit, Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Stromversorgung, Heizung und Waschmöglichkeit) sei nicht erforderlich, wenn diese Ausstattungen in vertretbarer Nähe zur Verfügung stünden oder die Räume bestimmungsgemäß nur in bestimmten Jahreszeiten genutzt würden.

35

Weiter genüge die vom Kläger genutzte Wohnung auch den subjektiven Anforderungen einer Zweitwohnung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS. Die Bestimmung sei so auszulegen, dass es für die Annahme einer Zweitwohnung allein auf den formalen Akt der Meldung als Nebenwohnung ankomme.

36

Entgegen der Auffassung des Klägers scheide die Annahme einer Zweitwohnung auch nicht deshalb aus, weil er nicht über eine "Erstwohnung" verfüge. Der Einwand betreffe die Frage, ob das ("Kinder-")Zimmer, das von Studenten - und so auch vom Kläger - in der elterlichen Wohnung häufig noch während des Studiums genutzt werde, als Wohnung angesehen werden könne. Diese Frage sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Lüneburg zu bejahen. Der Wohnungsbegriff des Zweitwohnungssteuerrechts erfordere nicht, dass neben dem Zimmer immer auch eine eigene Küche, Toilette und ein Bad vorhanden sein müsse ("Wohnung in der Wohnung"). Ausreichend für das Innehaben einer "Erstwohnung" sei, dass dem Kläger in der elterlichen Wohnung ein eigenes Zimmer zur Verfügung stehe. Für die Annahme einer eigenen Verfügungsmacht sei die Begründung eines eigenen Miet- oder Untermietverhältnisses nicht erforderlich, solange er die Wohnung im Einverständnis seiner Eltern mitnutzen dürfe. Ebensowenig bedürfe es einer alleinigen Verfügungsbefugnis.

37

Schließlich lägen auch die Voraussetzungen für einen Steuererlass nach § 227 Abgabenordnung (AO), der gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V entsprechende Anwendung finde, und für eine niedrigere Festsetzung gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 AO nicht vor. Vorliegend sei weder eine sachliche noch eine persönliche Unbilligkeit zu erkennen, die nach diesen Vorschriften einen Erlass rechtfertigten. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Besteuerung in diesem Einzelfall zu einem vom Gesetz- bzw. Satzungsgeber offensichtlich nicht gewollten Ergebnis führen würde, denn es liege keine Abweichung von dem vom Satzungsgeber zu Grunde gelegten Regelfall vor. Soweit das Verwaltungsgericht Lüneburg annehme, eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fehle bei Studenten, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhielten, vermöge das Gericht dem nicht zu folgen. Denn ebensowenig, wie bei einer Aufwandsteuer danach gefragt werden dürfe, zu welchem Zweck der Aufwand betrieben werde, dürfe danach gefragt werden, woher die Mittel stammten, aus denen der Aufwand betrieben werde.

38

Das Urteil wurde dem Kläger am 11. Juli 2006 zugestellt.

39

Der Kläger hat am 04. August 2006 Berufung eingelegt und dabei zu ihrer Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen einer Aufwandsteuer lägen bei einem Studenten, der lediglich Leistungen nach dem BAföG beziehe und lediglich ein Zimmer in einem Studentenwohnheim innehabe, nicht vor. Die Erhebung von Zweiwohnungssteuer für Studentenwohnheimplätze verstoße gegen das Gesetz, da insoweit die Ermächtigungsgrundlage die Satzung nicht rechtfertige. Er erfülle offensichtlich nicht das Kriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Insoweit dürfte schon vor dem Hintergrund des Art. 105 Abs.2a GG Zweitwohnungssteuer für Studentenwohnheimplätze nicht erhoben werden, da bei allen Studenten, zumindest soweit sie Ausbildungsförderung bezögen, nicht von einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgegangen werden könne. Es sei willkürlich, Studenten in einem Studentenwohnheim mit Ferienwohnungsinhabern gleich zu behandeln. Sie würden insoweit in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit diesen gleichgestellt, obwohl eine entsprechende Leistungsfähigkeit ihrerseits nicht vorliege. Die Erhebung der Zweitwohnungssteuer verstoße massiv gegen alle Intentionen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, mit dem gerade sichergestellt werden solle, dass die materiellen Grundlagen gegeben seien, damit ein Student überhaupt sein Studium durchführen könne. Da die BAföG-Sätze streng bedarfsorientiert seien, müsste daraus folgen, dass die Zweitwohnungssteuer dann vom Bund bezahlt werden müsste. Der vom Verwaltungsgericht vertretene Wohnungsbegriff sei nicht haltbar. Auch das Zimmer im elterlichen Haus könne nicht als "Wohnung" bezeichnet werden. Der Wohnungsbegriff sei im Zusammenhang mit der zweitwohnungssteuerrechtlichen Besteuerung des "Mehraufwandes" so zu fassen, dass es sich jeweils um im Besitz des Besteuerten befindliche abgeschlossene Wohnungen handeln müsse. Im Übrigen sei die Erhebung der Zweitwohnungssteuer unbillig.

40

Die Unterlagen der Zweitwohnsitzsteuersatzung der Stadt Neubrandenburg zeigten mit aller Deutlichkeit, dass es nicht darum gegangen sei, tatsächlich einen luxuriösen Mehraufwand zu besteuern. Wahrer Hintergrund der Zweitwohnungssteuersatzung sei es, dass auf diesem Wege Druck ausgeübt werden solle, dass sich Schüler und Studenten mit Hauptwohnsitz in der Stadt Neubrandenburg anmeldeten in der Hoffnung, dann erhöhte Schlüsselzuweisungen im Rahmen des Landesfinanzausgleichs zu erhalten. Damit würden mit der Satzung und der Zweitwohnungssteuer völlig sachfremde Ziele verfolgt.

41

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

42

in Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 05. Juli 2006 den Bescheid des Beklagten vom 17. November 2005 - Steuer-Nr. ... - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Januar 2006 aufzuheben.

43

Der Beklagte beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Der Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide und schließt sich der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts an. Es bestehe keine rechtliche Verpflichtung, Studenten, die Ausbildungsförderung erhielten, von der Zweitwohnungssteuer zu befreien. Dagegen habe sich nach dem Meldegesetz für das Land M-V (LMG) derjenige innerhalb einer Woche bei der Meldebehörde anzumelden, der eine Wohnung beziehe (§13 Abs. 1 LMG). Hauptwohnung nach §16 Abs. 2 LMG sei die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Wohnung im Sinne des Melderechts sei jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen genutzt werde, §15 LMG.

46

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und die Gerichtsakte, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

47

Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg; das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Unrecht abgewiesen.

48

Die zulässige Anfechtungsklage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 17.November 2005 - Steuer-Nr. ... - und dessen Widerspruchsbescheid vom 03. Januar 2006 ist begründet; der angefochtene Bescheid und der Widerspruchsbescheid sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist entsprechend abzuändern.

49

Rechtsgrundlage des angefochtenen Zweitwohnungssteuerbescheides ist die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Stadt Neubrandenburg vom 21. Dezember 2004.

50

Diese steht zwar in ihrer vom Senat zugrunde gelegten Auslegung in Einklang mit höherrangigem Recht bzw. ist wirksam, soweit es um die Erfüllung der gesetzlichen Mindestanforderungen nach §2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale der "Wohnung" (dazu unter 1.) und des "Innehabens" derselben (dazu unter 2.) geht. Die Rechtsanwendung in Gestalt der angefochtenen Bescheide ist jedoch nach Maßgabe der entsprechend vom Senat ausgelegten Satzung bzw. dieser Tatbestandsvoraussetzungen der Steuererhebung im vorliegenden Fall rechtswidrig. Zudem stehen Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG einer zweitwohnungssteuerrechtlichen Behandlung des typischen "Kinderzimmers" bzw. der Beibehaltung eines Zimmers in der elterlichen Wohnung durch das Kind als Innehabung einer Erstwohnung und als tatbestandsmäßiger Steuergegenstand entgegen (dazu unter 3.). Unabhängig hiervon ist die Erhebung der Zweitwohnungssteuer gegenüber dem Kläger als Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) von Verfassungs wegen - Art.105 Abs.2a Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip - ausgeschlossen bzw. rechtswidrig (dazu unter 4.).

51

Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Zweitwohnungssteuersatzung bestehen im Übrigen nicht. Insbesondere liegt die gemäß § 2 Abs. 2 KAG a. F. im Falle einer Abweichung von einer Mustersatzung des Innenministeriums erforderliche Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde in Gestalt der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde beim Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern vom 17. Dezember 2004 vor (vgl. § 79 Abs. 2 KV M-V), die entsprechend § 5 Satz 5 KV-DVO bekannt gemacht worden ist.

52

1. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Zweitwohnungssteuersatzung ist § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, wonach die Gemeinden und Landkreise örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben können. Die Zweitwohnungssteuer ist eine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs.2a Satz 1 GG bzw. § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V.

53

Im Hinblick auf die materielle Rechtmäßigkeit der Zweitwohnungssteuersatzung bzw. Wirksamkeit der Satzung als Rechtsgrundlage des angefochtenen Steuerbescheides sind insbesondere die Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V als höherrangiges Recht nach der vom Senat vorgenommenen geltungserhaltenden Auslegung erfüllt.

54

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V muss die Satzung den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Entstehung und ihrer Fälligkeit angeben.

55

Die Zweitwohnungssteuersatzung gibt den die Abgabe begründenden Tatbestand noch hinreichend bestimmt an.

56

Der Steuergegenstand als der die Abgabe begründende Tatbestand wird in § 2 ZwStS umschrieben. Gegenstand der Steuer ist danach das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet Neubrandenburg (Abs. 1). Weiter bestimmt Absatz 2 insbesondere, dass Zweitwohnung jede Wohnung ist, die jemand neben seiner Hauptwohnung in melderechtlichem Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat.

57

Betrachtet man diese Regelungen der Zweitwohnungssteuersatzung, so wird deutlich, dass der Ortsgesetzgeber einen Wohnungsbegriff voraussetzt bzw. diesen nicht - ausdrücklich - normiert. Definiert wird lediglich in § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS der Begriff der Zweitwohnung unter Bezugnahme auf einen nicht näher erläuterten Wohnungsbegriff ("jede Wohnung neben seiner Hauptwohnung").

58

Mangels ausdrücklicher Bestimmung ist damit klärungsbedürftig, was der Ortsgesetzgeber unter einer "Wohnung" im Sinne der Zweitwohnungssteuersatzung verstanden wissen wollte. Dieser Klärungsbedarf besteht gleichermaßen für die Frage, ob eine Erst- oder eine Zweitwohnung vorliegt.

59

Die Begriffe "Erstwohnung" und "Zweitwohnung" bzw. deren Verhältnis zueinander versteht der Senat dabei in Anknüpfung an den Begriff der Aufwandsteuer wie folgt: Eine Erstwohnung bzw. die Innehabung einer solchen rechtfertigt überhaupt erst die Annahme einer Zweitwohnung. Auch wenn die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; Urt. v. 29.11.1991 - 8 C 107.89 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr.17), ist sie doch begriffliche Voraussetzung einer Zweitwohnung (vgl. VG Lüneburg, Beschl. v. 28.07.2004 - 5 B 34/04 - u. Urt. v. 02.01.2004 - 5 A 118/04 -, jeweils juris). Ohne - äußerlich erkennbaren - Aufwand - auch wenn es kein "besonderer" ist - für eine Erstwohnung kann es mit anderen Worten auch keinen besonderen Aufwand in Gestalt des Innehabens einer Zweitwohnung geben. Das Bestehen einer Erstwohnung ist insoweit keine Frage der Leistungsfähigkeit im Einzelfall bzw. ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, sondern schlicht normative Voraussetzung für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer: Existiert keine Erstwohnung, gibt es keine Zweitwohnung und damit auch keinen äußerlich erkennbaren und besteuerbaren besonderen Aufwand als Ausdruck wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit.

60

Dass der ortsrechtlich maßgebliche Wohnungsbegriff eine für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer bzw. den die Abgabe begründenden Tatbestand wesentliche Voraussetzung darstellt, versteht sich von selbst und liegt auch angesichts des vorliegend zu entscheidenden Falles auf der Hand, in dem zu klären ist, ob ein "Kinderzimmer" in der elterlichen Wohnung als (Erst-) "Wohnung" im Sinne der Zweitwohnungssteuersatzung qualifiziert werden kann.

61

Der vorstehend festgestellte Klärungsbedarf bezüglich des vom Ortsgesetzgeber vorausgesetzten Merkmals der "Wohnung" lässt jedoch nicht die Schlussfolgerung zu, damit sei unter Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V der die Abgabe begründende Tatbestand in wesentlicher Hinsicht nicht hinreichend (bestimmt) umschrieben worden. Zwar kann der Zweitwohnungssteuersatzung ebensowenig - wie das Verwaltungsgericht meint - ein allgemeingültiger "Wohnungsbegriff des Zweitwohnungssteuerrechts" (dazu unter a) oder der melderechtliche Wohnungsbegriff (dazu unter b) als maßgeblich unterlegt werden. Der Senat geht jedoch im Wege geltungserhaltender Auslegung der Zweitwohnungssteuersatzung davon aus, dass der Ortsgesetzgeber jedenfalls Wohnungen im Sinne des üblichen bzw. allgemeinen Sprachgebrauchs der Zweitwohnungssteuer unterwerfen wollte; für einen weiter gefassten Wohnungsbegriff findet sich allerdings kein Anhaltspunkt, was zur Folge hat, dass das "Kinderzimmer" des Klägers nicht "Wohnung" im Sinne des Ortsrechts des Beklagten ist (dazu unter c).

62

a) Das Verwaltungsgericht hat - erst - auf der Ebene der Satzungsanwendung den Wohnungsbegriff erörtert und sich mit der Frage, ob das ("Kinder-")Zimmer, das von Studenten - und so auch vom Kläger - in der elterlichen Wohnung häufig noch während des Studiums genutzt werde, als Wohnung angesehen werden könne, befasst. Es ist offenbar - ohne dies allerdings ausdrücklich anzusprechen - ebenfalls davon ausgegangen, dass der Zweitwohnungssteuersatzung nicht ohne Weiteres eine Definition des maßgeblichen Wohnungsbegriffs entnommen werden kann. Denn anders lässt sich sein Rückgriff auf einen "Wohnungsbegriff des Zweitwohnungssteuerrechts", den es näher skizziert und sodann seiner weiteren Prüfung zugrunde legt, nicht erklären.

63

Ein "Wohnungsbegriff des Zweitwohnungssteuerrechts", der allgemein Gültigkeit beanspruchen könnte, wird jedoch vom Verwaltungsgericht nicht belegt; ein solcher existiert auch nicht.

64

Zweitwohnungssteuerrecht ist im Wesentlichen Ortsrecht. Auch wenn eine Mustersatzung existiert (vgl. Mustersatzung "Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt/Stadt/Gemeinde" nach Maßgabe der Bekanntmachung des Innenministeriums vom 02.Oktober 1997 - II 350 -, Amtsbl. M-V S. 990), ist das Ortsrecht dennoch offen für vielgestaltige Regelungen in den verschiedenen Kommunen (vgl. Holz, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 3 Anm. 3.4.4). Schon die beiden Zweitwohnungssteuersatzungen von Neubrandenburg und Rostock, die Gegenstand verschiedener Verfahren des Sitzungstages waren, weichen von der Mustersatzung ab und sind gerade hinsichtlich des Wohnungsbegriffs deutlich unterschiedlich ausgestaltet: Während - wie gesagt - die Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Neubrandenburg weder für Zweit- noch Erstwohnung eine ausdrückliche Definition enthält, bestimmt § 2 Abs. 2 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Rostock i.d.F. vom 13. Februar 2006 Wohnung im Sinne dieser Satzung als "jeden umschlossenen Raum, der zum Wohnen oder Schlafen bestimmt ist und zu dem eine Küche oder Kochnische sowie eine Toilette gehört" (vgl. im Übrigen auch den Wohnungsbegriff nach Maßgabe der dort maßgeblichen Satzung im Beschl. des VG Lüneburg v. 28.07.2004 - 5 B 34/04 - u. Urt. v. 02.01.2004 - 5 A 118/04 -, jeweils juris: "jede baulich abgeschlossene Gesamtheit von Räumen, die zum Wohnen oder Schlafen bestimmt ist, zu der eine Küche oder Kochgelegenheit sowie eine Toilette und ein Bad oder eine Dusche gehören"; vgl. im Urt. des VGH München v. 14.02.2007 - 4 N 06.367 -: "Wohnung im Sinne dieser Satzung ist jede Wohnung im Sinne von Art. 15 des Bayerischen Meldegesetzes in der jeweils geltenden Fassung."). Das Verwaltungsgericht geht im Übrigen nicht darauf ein, dass der Beklagte in der Begründung des Widerspruchsbescheides entgegen dem gerichtlicherseits angenommenen Inhalt eines "Wohnungsbegriffs des Zweitwohnungssteuerrechts" ausdrücklich verneint, dass ein "Kinderzimmer" bzw. Zimmer in der elterlichen Wohnung die Anforderungen an eine (Zweit-)Wohnung erfüllt. Hinsichtlich des von ihm im vorliegenden Kontext angesprochenen Aspekts der Verfügungsbefugnis über die Erstwohnung trennt das Verwaltungsgericht zudem nicht hinreichend zwischen dem Wohnungsbegriff und dem Merkmal des "Innehabens".

65

b) In der Zweitwohnungssteuersatzung ist auch eine Wille des Ortsgesetzgebers, der Wohnungsbegriff des § 15 LMG (vgl. auch § 11 Abs. 5 MRRG) solle maßgeblich sein, nicht bzw. nicht hinreichend bestimmt zum Ausdruck gekommen. Erst recht enthält sie keinerlei Hinweis auf einen womöglich dergestalt differenzierenden Wohnungsbegriff, dass für die Erstwohnung diese melderechtliche Definition, für die Zweitwohnung jedoch eine andere Geltung beanspruchen soll.

66

aa) Zunächst existiert im Ortsrecht keine ausdrückliche derartige Bezugnahme, etwa dergestalt, dass Wohnung im Sinne der Zweitwohnungssteuersatzung jede Wohnung im Sinne von § 15 LMG in der jeweils geltenden Fassung sein solle. Auch schlüssig wird der Satzung nicht hinreichend bestimmt ein solcher Wohnungsbegriff unterlegt. Wenn in § 2 Abs. 2 ZwStS von der "Hauptwohnung in melderechtlichem Sinne" die Rede ist, bezieht sich dieser Hinweis auf das Melderecht nur auf die Hauptwohnung, die Regelungsgegenstand des § 16 Abs. 1 LMG, also einer anderen Vorschrift des Landesmeldegesetzes ist. Dieser melderechtlichen Bestimmung ist insbesondere die Abgrenzung von Haupt- und Nebenwohnung bei Vorhandensein mehrerer Wohnungen im Inland zu entnehmen. Folglich kommt der Bezugnahme in der Zweitwohnungssteuersatzung auf sie lediglich eine entsprechend funktionelle und in folgendem Sinne begrenzte Bedeutung zu: Die Bezugnahme dient ausschließlich der für die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer erforderlichen Abgrenzung, ob und welche von zwei Wohnungen ggfs. - je nach Ortsrecht - grundsätzlich einer Zweitwohnungssteuer unterfallen kann bzw. welche der hinsichtlich der räumlichen Lage der Wohnungen in Betracht kommenden Kommunen berechtigt wäre, wenn das Ortsrecht dies vorsieht, die Steuer zu erheben. Wie bereits ausgeführt, wird insoweit lediglich der Begriff der Zweitwohnung definiert, für den ein Anknüpfen an den - bundesrechtlich einheitlichen - melderechtlichen Begriff der Hauptwohnung (§16 Abs. 2 LMG, § 12 Abs. 2 MRRG) zwingend sein dürfte, um insoweit gegenläufige Regelungen der betroffenen Kommunen und eine daraus etwa resultierende Besteuerung beider Wohnungen zu vermeiden. Eine derartige Kollisionsgefahr besteht aber hinsichtlich des Wohnungsbegriffs gerade nicht, folglich auch keine Notwendigkeit des Rückgriffs auf die melderechtliche Definition desselben.

67

bb) Eine Einbeziehung des melderechtlichen Wohnungsbegriffs in das Steuerrecht bzw. Ortsrecht der Stadt Neubrandenburg kann auch deshalb nicht ohne ausdrückliche Bezugnahme unterstellt werden, weil der melderechtliche Wohnungsbegriff bewusst sehr weit gefasst ist, um möglichst alle Einwohner zu erfassen (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 20.03.2002 - 2 L 136/00 -, juris; VGH München, Urt. v. 14.02.2007 - 4 N 06.367 -, S. 9 des Urteils: "weiter Wohnungsbegriff des Bayerischen Meldegesetzes"). Deutlich wird dies insbesondere daraus, dass melderechtlich (vgl. §15 Satz 1 LMG) bereits die "Benutzung" eines umschlossenen Raumes in einer bestimmten Weise ausreichend sein soll und danach unerheblich ist, in welcher rechtlichen Beziehung der Benutzer zu diesem Raum steht. Zudem genügt es, wenn der umschlossene Raum zum Wohnen oder - nur - zum Schlafen benutzt wird. Dass die unterschiedlichen Regelungsbereiche des Melderechts und des Zweitwohnungssteuerrechts unterschiedliche Anforderungen stellen und folgerichtig unterschiedliche Wohnungsbegriffe nahelegen (vgl. Beschluss des Senats v. 27.02.2007 - 1 M 103/06 -), zeigt insoweit bereits der Umstand, dass Steuergegenstand nach § 2 Abs. 1 ZwStS gerade nicht die bloße "Benutzung", sondern das "Innehaben" einer - wie auch immer gearteten - Wohnung sein soll. Mit anderen Worten: Die Zweitwohnungssteuersatzung weicht in diesem Punkt selbst bereits ausdrücklich vom melderechtlichen Wohnungsbegriff ab und liefert damit statt eines Hinweises auf eine Bezugnahme auf den melderechtlichen Wohnungsbegriff das Gegenteil eines solchen.

68

Im Übrigen bedürfte im Falle einer solchen Bezugnahme z.B. die Frage, ob von der Zweitwohnungssteuersatzung auch Wohnwagen, die nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden, erfasst sein sollen (vgl. § 15 Satz 3 LMG), einer ausdrücklichen Antwort in der Satzung (vgl. VG Augsburg, Urt. v. 28.02.2007 - Au 6 K 05.1988 -, juris; OVG Münster, Urt. v. 29.11.1995 - 22 A 210/95 -, NVwZ-RR 1997, 315); dass eine solche Antwort in der Satzung nicht gegeben wird, spricht ebenfalls gegen die Anknüpfung an den melderechtlichen Wohnungsbegriff.

69

cc) Der Entstehungsgeschichte der Zweitwohnungssteuersatzung bzw. insbesondere dem Protokoll der Stadtvertretungssitzung vom 11. November 2004 lassen sich gleichfalls keine hinreichenden Hinweise entnehmen, die für eine Intention des Ortsgesetzgebers, den Wohnungsbegriff des § 15 LMG zugrunde legen zu wollen, sprechen würden. Im Gegenteil ist danach der Ratsherr Dr. B... zur Begründung eines seinerseits gestellten Antrages mit folgender Äußerung hervorgetreten:

70

"Diese Satzung sei aber bekanntlich durch die Rechtsaufsichtsbehörde zu bestätigen. Es sei zu befürchten, dass die Satzung in der vorliegenden Form keine Bestätigung findet, weil im § 2 der Steuergegenstand unpräzise beschrieben ist. Es müsse zumindest eine bestimmte Quadratmeterzahl pro Person angegeben und der Gegenstand der Wohnung beschrieben werden. Diese Dinge seien zu klären und gehörten in die zweite Lesung."

71

Eine derartige Klärung des "Gegenstands der Wohnung" - insbesondere im Sinne der Geltung des melderechtlichen Wohnungsbegriffs - ist aber nicht erfolgt, obwohl die Problematik aus den Reihen der Stadtvertretung also schon im Vorfeld des Satzungsbeschlusses ausdrücklich angesprochen worden war.

72

dd) Dem Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 03. Januar 2006 kann ebenfalls nicht entnommen werden, dass der Ortsgesetzgeber von der Geltung des melderechtlichen Wohnungsbegriffs ausging.

73

Im Widerspruchsbescheid heißt es, § 2 ZwStS regele, dass eine Zweitwohnung jede Wohnung sei, die jemand neben seiner Hauptwohnung in melderechtlichem Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf innehabe. Danach sei Wohnung im Sinne dieses Gesetzes jeder "unverschlossene" (gemeint ist offensichtlich "umschlossene") Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt werde. Die Formulierung "danach" erscheint - zumal angesichts der vorstehenden Erwägungen - nicht nachvollziehbar, da § 2 ZwStS gerade keinen Wohnungsbegriff definiert. Auch die Formulierung "dieses Gesetzes" erschließt sich angesichts des zuvor zitierten § 2 ZwStS nicht. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf das Landesmeldegesetz erfolgt ebenso wenig. Allerdings wird § 15 Satz 1 LMG - abgesehen von dem Wort "unverschlossene" - inhaltlich in wörtlicher Übereinstimmung wiedergegeben. Wie die Behörde aus der Zweitwohnungssteuersatzung interpretatorisch einen solchen Wohnungsbegriff ableitet, macht sie aber nicht deutlich. Wenn zudem ausgeführt wird, das Zimmer in der elterlichen Wohnung würde zwar für sich nicht die Anforderungen an eine Zweitwohnung erfüllen, stelle aber einen ausreichenden Hauptwohnsitz dar, ist dies gänzlich unverständlich: Wieso ein "Kinderzimmer" nicht den gerade zuvor angeblich zugrundezulegenden Wohnungsbegriff erfüllt, ist nicht nachvollziehbar. Noch weniger nachvollziehbar ist es, wenn damit offenbar gesagt sein soll, dass für Erst- und Zweitwohnung von einem unterschiedlichen Wohnungsbegriff auszugehen wäre: Die Satzung regelt - wie gesagt - jedenfalls keinen differenzierten Wohnungsbegriff, je nach dem, ob die Erst- oder die Zweitwohnung betroffen ist. Zudem werden hier die Begriffe "Wohnung" und "Wohnsitz" unzulässig vermengt bzw. gegenüber gestellt.

74

c) Der Senat geht vor diesem Hintergrund im Rahmen einer geltungserhaltenden Auslegung der Zweitwohnungssteuersatzung aber davon aus, dass der Ortsgesetzgeber mit Blick auf den von ihm vorausgesetzten Wohnungsbegriff hinlänglich bestimmt zumindest Wohnungen im Sinne eines üblichen und allgemeinen Sprachgebrauchs bzw. Wohneinheiten, die als Mindestausstattung typischerweise bestimmte Ausstattungsmerkmale aufweisen, der Steuer unterwerfen wollte. Als Wohnungen in diesem Sinne sind nach Auffassung des Senats abgeschlossene oder räumlich erkennbar selbständige Wohneinheiten mit sanitärer Ausstattung und Kochgelegenheit zu qualifizieren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.04.1997 - 8 B 87.97 - juris; vgl. auch OVG Schleswig, Urt. v. 20.03.2002 - 2 L 136/00 -, juris; VG Lüneburg, Urt. v. 02.01.2004 - 5 A 118/04 -, juris; VG Oldenburg, Urt. v. 26.10.2006 - 2 A 1562/04 -, juris; VG Braunschweig, Urt. v. 18.02.2003 - 5 A 232/01 -, juris). Bei einer "Wohnung" muss es sich um Räume handeln, die tatsächlich zum - zumindest vorübergehenden - Wohnen geeignet sind. Da zum Wohnen zweifellos vor allem Körperhygiene, Essen und Schlafen gehören, lassen sich bereits hieraus die erforderlichen Rückschlüsse auf die Mindestausstattung der Räume ziehen, damit diese als Wohnung eingestuft werden können. Hierzu gehören folglich Kochgelegenheit, Wasserversorgung, Ausguss, Toilette und Heizungsmöglichkeiten (vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 18.02.2003 - 5 A 232/01 -, juris). Für einen demgegenüber weiterreichenden Wohnungsbegriff finden sich hingegen keine schlüssigen Anhaltspunkte im Ortsrecht.

75

Für dieses Normverständnis des Senats spricht der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 03.Januar 2006 indiziell immerhin insoweit, als er ausdrücklich verneint, dass ein "Kinderzimmer" bzw. Zimmer in der elterlichen Wohnung die Anforderungen an eine (Zweit-)Wohnung erfüllt. Diese Bewertung im Widerspruchsbescheid stimmt überein mit der protokollierten Aussage der Abteilungsleiterin Finanzservice, Frau W..., im Rahmen der Stadtvertretungssitzung vom 11.November 2004, wonach Ausnahmen für Kinder, die bei ihren Eltern lebten, definiert würden, sie fielen nicht unter den Begriff der Zweitwohnungssteuer, weil sie keine Wohnung innehätten und nicht Wohnungseigentümer im Sinne des Meldegesetzes seien.

76

Im Hinblick darauf, dass die Zweitwohnungssteuersatzung jedenfalls keine Anhaltspunkte für eine diesbezügliche Differenzierung bietet, muss von der Geltung dieses vorstehend skizzierten Wohnungsbegriffs nicht nur für die Zweit-, sondern auch für die Erstwohnung ausgegangen werden.

77

Da jedenfalls das vom Kläger bewohnte "Kinderzimmer" im elterlichen Haus für sich betrachtet nicht das Kriterium der abgeschlossenen oder räumlich erkennbar selbständigen Wohneinheit mit eigener sanitärer Ausstattung und Kochgelegenheit erfüllt, stellt es selbst keine Erstwohnung und folglich die Wohnung in Neubrandenburg schon aus diesem Grunde keine Zweitwohnung dar, die Grundlage für eine Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer sein kann. Ob das Zimmer im Studentenwohnheim diese Anforderungen erfüllt, konnte deshalb offen bleiben bzw. musste in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter aufgeklärt werden.

78

2. Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen zum Wohnungsbegriff ist der Kläger zudem nicht Steuerpflichtiger nach § 3 ZwStS. Er ist nicht Inhaber einer Erstwohnung. Die Steuerpflicht setzt auch bezüglich der Erstwohnung eine Inhaberschaft voraus, die den gleichen Regeln folgt wie die Inhaberschaft hinsichtlich der Zweitwohnung (dazu unter a). Der Begriff des "Innehabens" in §2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS kann entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht mit der "formalen Meldung als Nebenwohnung" gleichgesetzt werden (dazu unter b). Der vorliegend im Ortsrecht angelegte Begriff der Verfügungsbefugnis setzt das Bestehen einer rechtlich abgesicherten tatsächlichen Verfügungsmacht voraus, die dem Kind - auch dem volljährigen - hinsichtlich des "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung als bloßer Besitzdiener i.S.v. § 855 BGB typischerweise fehlt (dazu unter c).

79

a) Gemäß § 3 Abs. 1 ZwStS ist der Inhaber einer im Stadtgebiet Neubrandenburg liegenden Zweitwohnung steuerpflichtig. Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, dem die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder sonstiger Dauernutzungsberechtigter zusteht, was auch bei unentgeltlicher Nutzung gilt. § 2 Abs. 1 und 2 ZwStS stellen ebenfalls jeweils auf das Innehaben einer Zweitwohnung ab. Dass den Vorschriften des § 2 Abs. 1, 2 Satz 1 und § 3 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 ZwStS ein unterschiedlicher Begriff des "Innehabens" zugrunde liegen könnte, ist systematisch auszuschließen.

80

Die Zweitwohnungssteuersatzung enthält damit in § 3 ZwStS und auch sonst keinerlei Bestimmungen, die sich ausdrücklich mit der für die Annahme einer Zweitwohnung begrifflich vorausgesetzten Erstwohnung und den Bedingungen der Steuerpflicht unter diesem Blickwinkel befassen. Damit ist jedoch der Kreis der Abgabenschuldner nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V als weitere Mindestvoraussetzung einer Steuersatzung angesprochen.

81

Die rechtlich gebotene vollständige Umschreibung des Steuertatbestandes bzw. der Steuerpflicht setzt die begriffliche Einbeziehung des Merkmals "Innehaben einer Erstwohnung" voraus (vgl. bereits den Beschl. des Senats v. 27.02.2007 - 1 M 103/06 -). Denn wenn nach der Regelungskonzeption des Ortsgesetzgebers Gegenstand der Steuererhebung bzw. Anknüpfungspunkt der Steuerpflicht das "Innehaben einer Zweitwohnung" ist, dann erfordert der Steuertatbestand schon aus Gründen der begrifflichen Logik auch, dass der Abgabenpflichtige sich entsprechend eine Erstwohnung leistet (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -; vgl. auch VG Halle, Urt. v. 11.01.2006 - 5 A 169/05 HAL - unter Hinweis auf das Urt. v. selben Tag in 5 A 236/05 HAL).

82

Der Zweitwohnungssteuersatzung ist jedoch durch Auslegung hinreichend bestimmt zu entnehmen, dass an die Inhaberschaft bezüglich der Erstwohnung die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie bei der Zweitwohnung; umgekehrt finden sich keine Anhaltspunkte für diesbezüglich differenzierende Anforderungen.

83

Das Merkmal des Innehabens nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS bezieht sich eindeutig sowohl auf die Erst- als auch die Zweitwohnung ("... neben seiner Hauptwohnung ... innehat ..."); "neben" ist hier ohne jeden Zweifel im Sinne von "beide nebeneinander" oder "beide gemeinsam" und bezogen auf "innehaben" gemeint. Deshalb ist eine unterschiedliche Deutung des Begriffs des "Innehabens" je nach Erst- oder Zweitwohnung schon begrifflich nach Maßgabe des Ortsrechts ausgeschlossen (vgl. VG Weimar, Urt. v. 27.09.2006 - 6 K 5509/04 -, juris).

84

Für diese Beurteilung spricht auch die in der Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS weiter formulierte Voraussetzung, die Zweitwohnung müsse jemand für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehaben. Gemäß dem - nach der entsprechenden Auslegung der Zweitwohnungssteuersatzung durch den Senat - einheitlich für Erst- und Zweitwohnung zu verwendenden Wohnungsbegriff und unter Einbeziehung der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 2 ZwStS kann dieses einengende Merkmal sinnvoll nur bedeuten, dass bei Nutzung der (Erst-)Wohnung durch eine Familie Inhaber nur derjenige ist, der als Eigentümer, Mieter oder als sonstiger Dauernutzungsberechtigter die Wohnung - auch - für den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat, nicht jedoch die übrigen Familienmitglieder, insbesondere regelmäßig nicht die Kinder. Diese Bewertung findet einen entstehungsgeschichtlichen Rückhalt in der - schon erwähnten - protokollierten Aussage der Abteilungsleiterin Finanzservice, Frau W..., im Rahmen der Stadtvertretungssitzung vom 11.November 2004, wonach Ausnahmen für Kinder, die bei ihren Eltern lebten, definiert würden, sie fielen nicht unter den Begriff der Zweitwohnungssteuer, weil sie keine Wohnung innehätten und nicht Wohnungseigentümer im Sinne des Meldegesetzes seien.

85

b) Wie angesichts des in der Zweitwohnungssteuersatzung einheitlich verwandten Begriffs des "Innehabens" das Verwaltungsgericht meinen kann, § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS sei so auszulegen, dass es für die Annahme einer Zweitwohnung allein auf den "formalen Akt der Meldung als Nebenwohnung", also nicht auf ein "Innehaben", ankomme, erschließt sich dem Senat nicht. Das erläuternde Merkmal "in melderechtlichem Sinne" in § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS bezieht sich zudem - wie ausgeführt - nur auf den Begriff der Hauptwohnung und nicht auf die Zweitwohnung oder das Merkmal des "Innehabens". Abgesehen davon, dass es einen "formalen Akt der Meldung als Nebenwohnung" so nicht gibt, sondern lediglich die Pflicht des Einwohners, bei jeder An- oder Abmeldung mitzuteilen, welche Wohnung seine Hauptwohnung ist und welche weiteren Wohnungen er hat (vgl. § 16 Abs. 4 Satz 1 LMG, ähnlich § 16 Abs. 3 LMG a.F.), ist eine Gleichsetzung des materiellen Kriteriums des "Innehabens" nach Maßgabe des einschlägigen Ortsrechts mit der "formalen Meldung als Nebenwohnung" jedenfalls schon von daher ausgeschlossen.

86

Ein gewichtiges Argument gegen eine Anknüpfung an die bloße "formale Meldung als Nebenwohnung" ist im Übrigen darin zu erblicken, dass der Ortsgesetzgeber ausweislich der Erläuterungen der finanziellen Auswirkungen zum Beschlussvorschlag vom 29.September 2004 und weiterer Unterlagen davon ausgegangen ist, dass weit mehr als ein Drittel der damaligen Nebenwohnsitzinhaber in Neubrandenburg entgegen den Bestimmungen des LMG dort - nur - mit Nebenwohnsitz gemeldet war, also in Neubrandenburg in Wirklichkeit gar nicht über einen Zweitwohnsitz verfügte. In der Sitzung der Stadtvertretung vom 11. November 2004 und der Bekanntmachungsanordnung zur Zweitwohnungssteuersatzung ist ebenfalls zentral davon die Rede, dass die Satzung als "Maßnahme zur Förderung der Anmeldung mit Hauptwohnsitz in der Stadt Neubrandenburg" zu betrachten sei. Das macht natürlich nur Sinn, wenn die Anmeldung mit Hauptwohnsitz konform mit dem Landesmeldegesetz erfolgen kann, folglich die bisherige Mitteilung als Nebenwohnsitz gesetzeswidrig war. Vor diesem Hintergrund wäre offenkundig die in einem Großteil der Fälle - schon nach Auffassung des Ortsgesetzgebers - unzutreffende "Meldung als Nebenwohnung" ein untaugliches Anknüpfungs- bzw. Tatbestandsmerkmal des Steuertatbestandes.

87

c) Bei der Zweitwohnung knüpft § 3 Abs. 1 Satz 2, 3 ZwStS an den Inhaber an, dem die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder als sonst dauernutzungsberechtigte Person zusteht, auch bei unentgeltlicher Nutzung; dieser Inhaberbegriff muss sich nach den vorstehenden Erwägungen auch auf die Erstwohnung beziehen. Diese Definition geht über den abgabenrechtlichen Begriff des Innehabens der Wohnung, der die tatsächliche Verfügungsmacht über die Wohnung erfordert (vgl. Gersch, in: Klein, AO, 9. Aufl., §8 Rn. 3) hinaus: Er verlangt, wie die Verwendung des Begriffs "Verfügungsbefugnis" und die Verknüpfung desselben mit der Stellung als Eigentümer, Mieter und sonst Dauernutzungsberechtigten eindeutig zeigt, eine rechtliche Absicherung der bestehenden tatsächlichen Verfügungsmacht, die für sich allein folglich nicht zur Begründung der Steuerpflicht genügt.

88

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist davon auszugehen, dass Kinder, die sich noch in der Ausbildung befinden, auch wenn sie volljährig geworden sind, typischerweise in der elterlichen Wohnung kein Zimmer "innehaben", weil sie nicht in der von § 3 Abs. 1 Satz 2 ZwStS geforderten rechtlich abgesicherten Weise verfügungsbefugt, sondern lediglich Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB, also nicht einmal Besitzer sind (vgl. VG Weimar, Urt. v. 27.09.2006 - 6 K 5509/04 -, juris, m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 05.12.2002 -16 K 3699/01 -, KStZ 2003, 213 - zitiert nach juris; VGH München, Urt. v. 14.02.2007 - 4 N 06.367 -, S. 11 des Urteils; VG Köln, Urt. v. 14.02.2007 - 21 K 2275/06 -, juris; Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 885 Rn. 7; OLG Hamburg, Beschl. v. 06.12.1990 - 6 W 73/90 -, NJW-RR 1991, 909 - zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 18.06.1970 - III C 33.69 -, BVerwGE 35, 297 - zitiert nach juris).

89

Wenn das Verwaltungsgericht Köln (Urt. v. 14.02.2007 - 21 K 2275/06 -, juris; ähnlich VGH München, Beschl. v. 20.03.2007 - 4 CS 07.478 -, juris) demgegenüber meint, für die Erstwohnung sei keine Verfügungsbefugnis erforderlich, das Innehaben werde in der dort überprüften Satzung nur für die Zweitwohnung verlangt, ist dies vorliegend schon deshalb unerheblich, weil die Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Neubrandenburg wie ausgeführt das Innehaben auch für die Erstwohnung voraussetzt. Aber auch im Übrigen überzeugt die Argumentation nicht, es entspreche dem Zweck der Zweitwohnungssteuer, an die Zweitwohnung höhere Anforderungen als an die Hauptwohnung zu stellen, die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsmöglichkeiten, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indizierten, seien für den Erstwohnsitz dagegen unerheblich, da er für sich keine steuerlichen Konsequenzen habe. Hierbei wird übersehen, dass begriffsimmanente Voraussetzung der Zweitwohnung die Existenz einer Erstwohnung ist, die folglich offensichtlich steuerliche Auswirkungen hat. Darüber hinaus setzt sich das Verwaltungsgericht Köln nicht damit auseinander, dass es bei einem differenzierten Begriff des "Innehabens" je nach Erst- oder Zweitwohnung überhaupt - wie im vorliegend zu entscheidenden Fall - an einem entsprechenden Begriff als notwendiger Bestandteil des Steuertatbestandes fehlen würde; hierfür wäre aber eine entsprechende Regelung erforderlich (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -).

90

Nach alledem fehlt dem Kläger hinsichtlich seines "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung als bloßer Besitzdiener die erforderliche Verfügungsbefugnis bezüglich einer Erstwohnung. Er ist nicht Inhaber einer solchen und folglich aus diesem Grunde nicht steuerpflichtig und der angefochtene Steuerbescheid auch deshalb rechtswidrig.

91

3. Zudem stehen Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG einer zweitwohnungssteuerrechtlichen Behandlung des typischen "Kinderzimmers" bzw. der Beibehaltung eines Zimmers in der elterlichen Wohnung durch das Kind als Innehabung einer Erstwohnung und als tatbestandsmäßiger Steuergegenstand entgegen.

92

Die Zweitwohnungssteuer ist als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 346 f.; BVerwG, Urt. v. 27.10.2004 - 10 C 2.04 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 21, S. 29 f., v. 29.01.2003 - 9 C 3.02 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 20, S. 23 f. u. v. 26.09.2001 - 9 C 1.01 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 19, S. 16 = BVerwGE 115, 165, 168 jeweils m.w.N.). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Die Zweitwohnungssteuer erfasst die Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung von Einkommen für einen Aufwand zum Ausdruck kommt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich einerseits von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung, die keinen besonderen Aufwand gemäß Art. 105 Abs. 2a GG darstellt, unterscheidet, andererseits aber keineswegs eine besonders aufwendige oder luxuriöse Einkommensverwendung voraussetzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; Urt. v. 29.11.1991 - 8 C 107.89 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr.17). Soll zulässigerweise die in dem Aufwand für eine Zweitwohnung zum Ausdruck gebrachte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden, so kommt es schon aus Gründen der Praktikabilität nicht darauf an, dass diese Leistungsfähigkeit in jedem einzelnen Fall konkret festgestellt wird. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; Urt. v. 12.04.2000 - 11 C 12/99 -, BVerwGE 111, 122 m.w.N. - zitiert nach juris; VGH Kassel, Urt. v. 23.11.2005 - 5 UE 1546/05 -, NVwZ-RR 2006, 571).

93

Anknüpfungspunkt der Zweitwohnungssteuer ist demnach - auf eine kurze Formel gebracht - die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, wobei das Innehaben der Zweitwohnung als Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden, typischerweise diese Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Dabei ist zu beachten, dass die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt.

94

Dies alles sagt zunächst gerade nichts darüber aus, welche Anforderungen an die Annahme zu stellen sind, es liege eine Erstwohnung bzw. die Innehabung einer solchen vor, die überhaupt erst die weitere Annahme einer Zweitwohnung rechtfertigen kann. Auch wenn die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt, ist - wie gesagt - ihre Innehabung begriffliche Voraussetzung einer Zweitwohnung. Ohne äußerlich erkennbaren Aufwand für eine Erstwohnung - auch wenn es kein "besonderer" ist - gibt es folglich typischerweise keinen besonderen Aufwand für eine Zweitwohnung. Das Bestehen und Innehaben einer Erstwohnung betrifft nicht die Frage nach der Leistungsfähigkeit im Einzelfall bzw. danach, ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, sondern ist normative Voraussetzung für die Annahme einer Zweitwohnung. Dabei geht es deshalb insbesondere nicht etwa darum, eine Aufwandssummierung oder eine Prüfung vorzunehmen, ob es sich bei der Erstwohnung um ein besonders luxuriöses Anwesen handelt.

95

Wendet man den vorstehend erläuterten Maßstab auf die - gerade auch ausgehend von den Annahmen des Ortsgesetzgebers bzw. seiner Verwaltung zum Meldeverhalten von Studenten so charakterisierbare - regelmäßig anzutreffende Konstellation des von Studenten weiter bewohnten typischen "Kinderzimmers" bzw. einzelnen Zimmers in der elterlichen Wohnung an, so führt dies zu der Schlussfolgerung, dass dieser Sachverhalt nicht die Innehabung einer Erstwohnung im Verhältnis zu einer weiteren Wohnung am Studienort darstellen kann. Denn typischerweise hat der "Zimmerbewohner", also das Kind, sei es minderjährig oder volljährig, für das "Kinderzimmer" selbst gerade keinen ihm zurechenbaren Aufwand getätigt bzw. kein eigenes Einkommen für dieses aufgewandt. Diesen Aufwand leisten vielmehr - grundsätzlich nach außen ohne weiteres erkennbar und ohne dass es insoweit einer Einzelfallprüfung bedürfte - typischerweise bzw. im Regelfall die Eltern in Verwendung ihres Einkommens. Er ist folglich ausschließlich ihnen zurechenbar. Der Umstand, dass ein Kind volljährig wird und ein Studium an einem anderen Ort aufnimmt, führt nicht gleichsam zu einer "Umwidmung" des elterlichen Aufwandes in einen solchen des Kindes; auch an der Besitzdienerstellung des Kindes hinsichtlich des Zimmers ändert sich grundsätzlich nichts (vgl. Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 885 Rn.7; OLG Hamburg, Beschl. v. 06.12.1990 - 6 W 73/90 -, NJW-RR 1991, 909 - zitiert nach juris). Das Beibehalten des "Kinderzimmers" kann deshalb typischerweise aufwandsteuerrechtlich nicht als Innehaben einer Erstwohnung und nicht als tatbestandsmäßig im Sinne des Steuergegenstandes des Zweitwohnungssteuerrechts bewertet werden. Folglich kann die Wohnung am Studienort keinen besonderen Aufwand bzw. keine Zweitwohnung darstellen. Der Beklagte macht selbst in seinem Widerspruchsbescheid im Prinzip genau dies deutlich, wenn er dort ausführt, das Zimmer in der elterlichen Wohnung würde für sich nicht die Anforderungen an eine Zweitwohnung erfüllen.

96

Unter Zugrundelegung des bundesrechtlichen Begriffs der Aufwandsteuer nach Maßgabe von Art.105 Abs. 2a Satz 1 GG, wie er auch in § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V verwandt wird, können die typischen "Kinderzimmerfälle", also die Fälle, in denen Studenten neben ihrer Wohnung am Studienort in der elterlichen Wohnung noch ein Zimmer beibehalten, mangels Innehaben einer Erstwohnung nicht mit der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer belegt werden; sie unterfallen tatbestandlich nicht dem Steuergegenstand des Zweitwohnungssteuerrechts. Folglich darf eine zweitwohnungssteuerrechtliche Definition des Steuergegenstandes die typischen "Kinderzimmerfälle" nicht erfassen bzw. der ortsrechtliche Steuergegenstand nicht in diesem Sinne ausgelegt werden.

97

Dieses Ergebnis stützt auch Art. 3 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab.

98

Umfang und Bedeutung des allgemeinen Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sind - soweit dies abstrakt und generell, also losgelöst von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalles möglich ist - durch eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen geklärt. Danach steht für den Bereich steuerlicher Regelungen fest, dass dem Steuergesetzgeber bei der Entscheidung, welche Steuerquellen erfasst werden sollen, eine weitgehende Gestaltungsfreiheit im Rahmen seiner finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen zukommt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.04.1997 - 8 B 87.97 - (juris); BVerfG, Beschl. v. 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 354; BVerwG, Urt. v. 08.12.1995 - 8 C 36.93 -, Buchholz 401.67 Schankerlaubnissteuer Nr. 20, S. 1, 9 ff.). Diese weitgehende Gestaltungsfreiheit des Steuergesetzgebers findet ihre Grenze dort, wo kein einleuchtender Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung ersichtlich ist (BVerfG, Beschl. v. 06.12.1983, a.a.O.).

99

Mit einem ortsrechtlich definierten Steuergegenstand, der das typische "Kinderzimmer" als Erstwohnung erfasste, würde der Ortsgesetzgeber den mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG zulässigen Regelungsrahmen überschreiten: Die Qualifizierung der Beibehaltung eines "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung als Innehaben einer Erstwohnung, die überhaupt erst die Besteuerung der "Zweitwohnung" möglich macht, entfernte sich so weit vom aufwandsteuerrechtlichen Anknüpfungspunkt der nach außen durch eine bestimmte Konsumform dokumentierten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, von Sinn und Zweck der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer und den zugrunde liegenden sozialen Gegebenheiten, dass das Urteil der Willkürlichkeit bzw. die Annahme eines Verstoßes gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG angelegten Grundsatz der Steuergerechtigkeit und einer Überschreitung der Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V gerechtfertigt wäre (vgl. zutreffend OVG Koblenz, Beschl. v. 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -; OVG Schleswig, Urt. v. 20.03.2002 - 2 L 136/00 -, juris). Es erscheint dem Senat trotz eines nach dem jährlichen Mietaufwand differenzierenden Steuermaßstabes (vgl. § 4 ZwStS) unter dem Blickwinkel der Steuergerechtigkeit nicht zu rechtfertigen, einen Studenten mit "Kinderzimmer" bei den Eltern und einem Zimmer im Studentenwohnheim hinsichtlich seiner prinzipiellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zweitwohnungssteuerrechtlich mit einem Steuerpflichtigen nach dem klassischen Bild (vgl. Holz, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 3 Anm. 3.4.1) desjenigen, der in einer Fremdenverkehrsgemeinde etwa über eine eigengenutzte Ferienwohnung verfügt, gleichzustellen: Hier wird wesentlich Ungleiches ohne sachlichen Grund gleichbehandelt. Ist der entsprechende Sachverhalt bei einem solchen Studenten regelmäßig zum einen durch eine abgeschwächt fortbestehende Bindung zur Familie - gewissermaßen als Vorstufe einer späteren vollständigen Selbständigkeit in der Wohnsituation - und zum anderen durch die praktischen Notwendigkeiten des Studiums begründet, also durch Umstände, die in keinem Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stehen, geht es im anderen Falle typischerweise um die Anschaffung und Unterhaltung einer Erholungsmöglichkeit in Gestalt einer Wohnung aus eigenem Einkommen, die regelmäßig maßgeblich durch eine entsprechende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erst veranlasst ist.

100

Ob es ggfs. auch Art. 6 Abs. 1 GG verbietet, die Beibehaltung des "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung durch einen Studenten als für die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer erheblichen Aufwand für eine Erstwohnung zu qualifizieren, kann mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen offenbleiben. Angemerkt sei allerdings, dass - jedenfalls wenn man unterstellt, die Angabe dieses "Kinderzimmers" als Hauptwohnung wäre melderechtlich zutreffend - die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in diesen Fällen unzweifelhaft den Bereich des familiären Zusammenlebens betreffen würde und im Extremfall den Studenten aus wirtschaftlichen Erwägungen mittelbar zwingen könnte, seine Wohnung bei den Eltern aufzugeben, um der Steuer zu entgehen.

101

4. Der Umstand, dass der Kläger Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bezieht, führt ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der Steuererhebung.

102

Der Ortsgesetzgeber ist von Verfassungs wegen - Art. 105 Abs. 2a Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip - gehalten, Studenten, die Leistungen nach dem BAföG beziehen, im Rahmen einer Zweitwohnungssteuersatzung von der Steuerpflicht auszunehmen, wie es etwa für touristische Aufenthalte in § 3 Abs. 3 ZwStS geschehen ist (vgl. FG Bremen, Urt. v. 01.02.2000 - 299283K2 -, NVwZ-RR 2001, 56, zitiert nach juris; BVerfG, Beschluss v. 14.10.1997 - 1 BvL 5/93 -, BVerfGE 96, 330, zitiert nach juris, lässt allerdings offen, ob aus Art.2 Abs.1, 12 Abs. 1 i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip eine Pflicht des Gesetzgebers folgt, überhaupt staatliche Leistungen zur individuellen Ausbildungsförderung vorzusehen).

103

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz dient der Verwirklichung der Chancengleichheit im Bildungswesen, indem es nach seinem § 1 dem Auszubildenden individuelle Ausbildungsförderung gewährt, wenn ihm die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.02.1993 - 11 B 91/92 -, FamRZ 1993, 1376; Beschl. v. 06.11.198 -5 C 36.88 -, Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 89, jeweils zitiert nach juris). Der Gesetzgeber hat mit den Vorschriften des BAföG ein besonderes Sozialleistungssystem geschaffen. Seine Regelungen über Förderungsvoraussetzungen sowie Art, Höhe und Dauer der Leistungen sind auf die besondere Lebenssituation der Studierenden zugeschnitten, die auf öffentliche Hilfe bei der Finanzierung ihres Studiums angewiesen sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.1997 - 1 BvL 5/93 -, BVerfGE 96, 330, zitiert nach juris).

104

Der BAföG-Höchstsatz selbst vermag im Übrigen in der Regel die typischen Aufwendungen des Studierenden für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung nur auf niedrigstem Niveau zu decken (vgl. VG Minden, Urteil v. 11.11.2004 - 9 K 1939/04 -, juris).

105

Im Hinblick auf die besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die sich aufwandsteuerrechtlich aus dem Innehaben einer Zweitwohnung ergeben soll, ist zu bedenken, dass mit einem Bescheid über die Bewilligung von Ausbildungsförderung nach dem BAföG durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass dem Kläger als Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen (vgl. § 1 BAföG). Dieser Bescheid stellt im vorliegenden Kontext gleichsam die staatliche Feststellung der fehlenden bzw. beschränkten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Betreffenden dar und dokumentiert diese nach außen ohne weiteres erkennbar und ohne dass im Einzelfall eine Prüfung des damit dokumentierten Sachverhalts durch die Zweitwohnungssteuerbehörde erfolgen müsste. Der an sich "gewöhnlich" nach dem Begriff der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer durch das Innehaben der Zweitwohnung nach außen dokumentierte besondere Aufwand kann in diesen Fällen deshalb grundsätzlich nicht mehr die Schlussfolgerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nach sich ziehen.

106

Es geht insoweit nicht um die - prinzipiell unerhebliche - Frage, woher die Mittel stammen, aus denen die Zweitwohnung finanziert wird, sondern vielmehr darum, dass der aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität gewöhnlich aus dem Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden, zu ziehende Schluss auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch ein gewichtigeres Merkmal im Sinne eines ebenfalls äußerlich erkennbaren Zustandes, nämlich der durch einen Bescheid festgestellten Bedürftigkeit als Gegenteil der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, unzulässig ist. Es liegt auf der Hand, dass dem staatlichen Bescheid, dem eine Prüfung bzw. ein entsprechendes Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, erheblich mehr Gewicht beizumessen ist als dem bloßen Faktum des Innehabens einer Zweitwohnung. Nur durch eine solche Betrachtung wird ein nicht hinnehmbarer Wertungswiderspruch zwischen Anspruchsberechtigung nach dem BAföG einerseits und Zweitwohnungssteuerpflicht andererseits vermieden. Es liefe der bundesgesetzlichen Zielsetzung zuwider, wenn einerseits staatliche Leistungen nach dem BAföG gewährt werden, diese Leistungen aber andererseits zum Teil von einer anderen staatlichen Stelle über die Erhebung einer kommunalen Zweitwohnungssteuer unter einem Gesichtspunkt wieder entzogen werden, der in Zusammenhang mit dem Studium steht.

107

Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich gemacht (Beschl. v. 11.10.2005 - 1 BvR 1232/00, 1BvR 2627/03 -, NJW 2005, 3556, zitiert nach juris), dass das Innehaben einer Zweitwohnung ein Zustand sei, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordere und "in der Regel" wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringe. Diese "Regel" ist im Sinne der vorstehenden Erwägungen im Falle der Personen, die Leistungen nach dem BAföG beziehen, regelmäßig durchbrochen. Werden solche Personen einer Zweitwohnungssteuer unterworfen, steht dies zum einen in Widerspruch zum Begriff der Aufwandsteuer. Zum anderen werden sie gleichheitswidrig wirtschaftlich Leistungsfähigen gleichgestellt.

108

Die Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Neubrandenburg hätte demnach Studenten, die Leistungen nach dem BAföG beziehen, von der Steuerpflicht ausnehmen müssen. Der Kläger durfte - anders gewendet - als Empfänger von Leistungen nach dem BAföG nicht zur Zweitwohnungssteuer herangezogen werden, so dass der angefochtene Steuerbescheid auch aus diesem Grunde rechtwidrig ist; die Frage, ob für Studenten, die Leistungen nach dem BAföG beziehen, ggfs. eine abweichende Festsetzung der Zweitwohnungssteuer aus Billigkeitsgründen (§12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 163 AO) oder ein Erlass nach § 227 AO in Betracht kommt (vgl. VG Köln, Urt. v. 14.02.2007 - 21 K 2275/06 -, juris; vgl. hierzu auch die Äußerungen verschiedener Personen in der Sitzung des Hauptausschusses der Stadtvertretung Neubrandenburg vom 09.12.2004, wonach der Eindruck entstehen könnte, dass für BAföG-Empfänger grundsätzlich ein Erlass nach § 227 AO möglich sein sollte), stellt sich folglich nicht mehr; die Vertreter des Beklagten haben sich in der mündlichen Verhandlung immerhin dahingehend geäußert, dass in der Praxis entsprechende Anträge gestellt und vom Beklagten geprüft würden.

109

5. Ob eine Steuererhebung gegenüber dem Kläger zudem gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen bzw. die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung zur Erhebung einer Aufwandsteuer in Gestalt der Zweitwohnungssteuer überschreiten würde, weil möglicherweise in Wahrheit sein Zimmer in Neubrandenburg seine Hauptwohnung war und ist, kann mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen im Ergebnis offen bleiben.

110

Angemerkt sei insoweit allerdings Folgendes: Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 06.März 2006 - 1 O 32/06 - in einem Parallelverfahren vermutet bzw. angedeutet, offenbar nehme der Ortsgesetzgeber bei der Erhebung von Zweitwohnungssteuer billigend in Kauf, dass er auch solche Studenten der Steuer unterwirft, die - entgegen den Vorschriften des Landesmeldegesetzes - in Wirklichkeit ihren Hauptwohnsitz in Neubrandenburg unterhalten und folglich an sich nicht dem Zweitwohnungsbegriff des § 2 Abs. 2 ZwStS unterfielen.

111

Diese bloße Vermutung ist auf der Basis der Entstehungsgeschichte der Satzung, wie sie in den vom Beklagten inzwischen vorgelegten Unterlagen zum Ausdruck kommt, der entsprechenden Gewissheit gewichen. Der Satzungsgeber ging von der - vorsichtigen ("Die Herangehensweise bei der Schätzung der Zahl 1500 war zaghaft", vgl. Niederschrift über die 4. Sitzung des Finanzausschusses vom 27. Oktober 2004) - Annahme aus, dass 1.500 Einwohner falsche Mitteilungen zu ihren Wohnverhältnissen bezüglich Haupt- und Nebenwohnung gemacht haben. Diese unterwirft er folglich mit voller Absicht der Zweitwohnungssteuer und knüpft damit ganz bewusst an eine melderechtswidrige Sachlage an. Er hofft zwar einerseits, dass die betroffenen Einwohner sich angesichts der Steuererhebung nun melderechtskonform verhalten und ihren Hauptwohnsitz - in Neubrandenburg - richtig mitteilen. Andererseits kann er diese Reaktion der betroffenen Einwohner nicht steuern und nimmt dann "hilfsweise" in Kauf, dass diese tatsächlich Zweitwohnungssteuer zahlen.

112

Der Beklagte ist - allerdings im übertragenen Wirkungskreis, § 1 Abs. 1 LMG - auch Meldebehörde (§ 1 Abs. 2 LMG) und als solche verpflichtet, bei konkreten Anhaltspunkten für die Unrichtigkeit des Melderegisters den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 21 Abs. 2 LMG). Ob hier im Bereich des Beklagten erhebliche Vollzugsdefizite bestehen, mag dahinstehen. Die Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen wird quasi durch die Zweitwohnungssteuersatzung und ihre Umsetzung ersetzt und damit der Sache nach kommunale Abgabenerhebung im Rahmen der Selbstverwaltung mit der meldebehördlichen Aufgabenerfüllung durch den Beklagten im übertragenen Wirkungskreis vermengt. In den Fällen, in denen Einwohner sich nicht von der Erhebung der Zweitwohnungssteuersatzung beeinflussen lassen, begnügt sich der Beklagte dann offenbar damit, dass dem Stadthaushalt als "Ausgleich" die Steuereinnahmen zufließen.

113

Diese Art der Steuererhebung könnte dem Charakter der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer zuwider laufen bzw. Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Blickwinkel der Steuergerechtigkeit verletzen.

114

Anders als in dem vom VGH München (Urt. v. 14.02.2007 - 4 N 06.367 -, S. 12 des Urteils) entschiedenen Fall kann vorliegend jedenfalls nicht gesagt werden, dass die Zahl der Betroffenen zahlenmäßig nicht ins Gewicht fiele und der (Orts-) Steuergesetzgeber deshalb nicht zu einer aus Gründen der Steuergerechtigkeit gebotenen Sonderregelung gehalten gewesen wäre. Zwar hat der Bundesfinanzhof, auf den der VGH München Bezug nimmt, ausgeführt, gegen das Abstellen auf die Meldung als solche bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken, selbst wenn dadurch im Einzelfall Wohnungsinhaber zur Zweitwohnungsteuer herangezogen würden, die mit einer Wohnung als Nebenwohnung gemeldet sind, die in Wirklichkeit ihre Hauptwohnung ist. Denn der BFH ging insoweit davon aus, dass es sich dabei um zahlenmäßig nicht ins Gewicht fallende Ausnahmen handele, die der Gesetzgeber bei der notwendigen Typisierung im Interesse der Praktikabilität sowie angesichts der Tatsache, dass die Betroffenen ihre Meldung jederzeit richtigstellen können, habe vernachlässigen dürfen (vgl. BFH, Urt. v. 05.03.1997 - II R 41/95 -, NVwZ-RR 1998, 331; vgl. dazu auch BVerfG, Beschl. v. 29.05.1990 - 1 BvL 20, 26/84 u.a. -, BVerfGE 82, 60, 95 f., sowie v. 8.02.1983 - 1 BvL 28/79 -, BVerfGE 63, 119, 128). Diese Grundannahme des BFH trägt vorliegend angesichts der von der Stadt Neubrandenburg vorgelegten Zahlen offensichtlich nicht; um zahlenmäßig nicht ins Gewicht fallende Ausnahmen handelt es sich bei denjenigen, die fälschlich Neubrandenburg als Nebenwohnsitz angegeben haben, ersichtlich nicht.

115

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

116

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

117

Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf den bundesrechtlichen Begriff der Aufwandsteuer, der vorliegend die Auslegung des Ortsrechts, der Begriffe der Erst- und Zweitwohnung sowie des Begriffs des Innehabens maßgeblich geprägt hat, bzw. im Hinblick auf die Beantwortung der in der dazu vorliegenden Rechtsprechung gegensätzlich beantworteten Fragen, ob ein "Kinderzimmer" in der elterlichen Wohnung als zweitwohnungssteuererhebliche Erstwohnung betrachtet und ob ein Empfänger von Leistungen nach dem BAföG der Zweitwohnungssteuer unterworfen werden darf, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr.1 VwGO).

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 05.Juli 2006 - 3 A 131/06 - geändert und der Bescheid des Beklagten vom 17. November 2005 - Steuer-Nr. ... - sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 03.Januar 2006 aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Klägers abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer.

2

Der Kläger ist Student an der Fachhochschule Neubrandenburg und erhält Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Er war und ist mit seiner Hauptwohnung im elterlichen Haus unter der aus dem Rubrum ersichtlichen Anschrift gemeldet und unterhält zu Studienzwecken in 17033 Neubrandenburg, B... Straße ..., Wohnungsnummer ... (Studentenwohnheim) eine Nebenwohnung. Er bewohnt im Haus seiner Eltern ein 13,60 m² großes "Kinderzimmer"; hinsichtlich der näheren Umstände wird insoweit auf den Schriftsatz des Klägers vom 14. Juni 2007 samt Anlagen verwiesen.

3

In seiner Erklärung zur Zweitwohnungssteuer vom 07. April 2005 gab der Kläger die Wohnung in Neubrandenburg als Nebenwohnung an. Er gab weiter an, die Zweitwohnung sei für ihn keine Zweitwohnung im Sinne der Zweitwohnungssteuersatzung, weil zu der von ihm bewohnten Gesamtheit von Räumen keine Küche bzw. Kochnische und/oder Toilette gehöre.

4

Unter dem 29. August 2005 gab der Kläger erneut eine Erklärung zur Zweitwohnungssteuer ab und führte dabei aus, die Nebenwohnung stelle keine Wohnung im Sinne des Zweitwohnungssteuerrechts dar. Zur Begründung führte er aus, es sei kein Erstwohnsitz vorhanden, Bad/WC und Küche seien nicht im Zimmer.

5

Mit Zweitwohnungssteuerbescheid vom 17. November 2005 zog der Beklagte den Kläger zu einer Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 117,42 Euro heran.

6

Als Rechtsgrundlage bezeichnete der Zweitwohnungssteuerbescheid die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer der Stadt Neubrandenburg vom 21. Dezember 2004, veröffentlich und amtlich bekannt gemacht im Stadtanzeiger Nr. 16/2004 vom 29. Dezember 2004 (nachfolgend: Zweitwohnungssteuersatzung - ZwStS).

7

Die Zweitwohnungssteuersatzung enthält u.a. folgende Regelungen:

8

§ 2 Steuergegenstand

(1) Gegenstand der Steuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet Neubrandenburg.

(2) Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung in melderechtlichem Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat. Eine Wohnung verliert die Eigenschaft einer Zweitwohnung nicht dadurch, dass ihr Inhaber sie zeitweilig zu anderen als den vorgenannten Zwecken nutzt.

(3) Zweitwohnungen sind auch Wohnungen, die auf Erholungsgrundstücken (§§ 312 bis 315 des Zivilgesetzbuches der DDR vom 19. Juni 1975, GBl. I Nr. 27 S. 465) errichtet worden sind.

(4) Dritte und weitere Wohnungen im Stadtgebiet unterliegen nicht der Zweitwohnungssteuer.

9

§ 3 Steuerpflichtiger

(1) Steuerpflichtig ist der Inhaber einer im Stadtgebiet Neubrandenburg liegenden Zweitwohnung. Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, dem die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder sonstiger Dauernutzungsberechtigter zusteht. Das gilt auch bei unentgeltlicher Nutzung.

(2) Sind mehrere Personen gemeinschaftlich Inhaber einer Zweitwohnung, so sind sie Gesamtschuldner.

(3) Steuerpflichtig im Sinne dieser Satzung sind nicht Kur- und Feriengäste als Mieter von Ferienhäusern, Wohnungen oder Zimmern, soweit die Nutzungsdauer unter einem Monat liegt.

...

10

Der Satzung lag ein Beschlussvorschlag für die Stadtvertretung zu Grunde, in dem es u.a. heißt:

11

"2. Die Stadtvertretung bestätigt die Maßnahmen zur Förderung der Anmeldung mit Hauptwohnsitz und beauftragt den Oberbürgermeister mit der Umsetzung (Anlage 2)."

12

Weiter heißt es:

13

"Finanzielle Auswirkungen:

Die finanziellen Auswirkungen wurden unter folgenden Annahmen berechnet:

- gegenwärtig mit Nebenwohnsitz gemeldete Einwohner 4.108 Personen*
- davon werden sich mit Hauptwohnsitz voraussichtlich anmelden 1.500 Personen**
- werden voraussichtlich Zweitwohnungssteuerzahler 2.300 Personen**."

14

Handschriftlich ist daneben die Zahl 4261 - offenbar bezogen auf die gegenwärtig mit Nebenwohnsitz gemeldeten Einwohner - vermerkt. Zur Erläuterung wird im Hinblick auf die Angaben zu den gegenwärtig mit Nebenwohnsitz gemeldeten Einwohner ausgeführt, dass es sich um eine stadteigene Angabe per 31. August 2004 handele, während die weiteren Zahlen geschätzte Werte darstellten. In der Begründung des Beschlussvorschlags heißt es:

15

"Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung wurde erneut die Diskussion über die Einführung einer Zweitwohnungssteuer in der Stadt Neubrandenburg angeregt, da mit ihrer Einführung neben der daraus resultierenden Steuereinnahmeerwartung auch ein finanzieller Effekt durch die Reflexion dieser Steuer auf die Zahl der Einwohner mit angemeldeter Hauptwohnung und somit auf die Schlüsselzuweisungen im Rahmen des Landesfinanzausgleiches unterstellt werden kann. Insbesondere die in der Stadt Neubrandenburg wohnenden Schüler und Studenten über 18 Jahre sollten dazu bewegt werden, ihren Pflichten aus dem Meldegesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern nachzukommen. Die Meldepflicht obliegt demjenigen, der die Wohnung bezieht. ...

16

Die in der Anlage beigefügte Satzung entspricht weitestgehend der Mustersatzung."

17

Die in der Beschlussvorlage erwähnte Anlage 2 sieht verschiedene Maßnahmen zur Förderung der Anmeldung mit Hauptwohnsitz für Schüler und Studenten in Gestalt eines "Begrüßungsgeldes" und eines "Freizeittickets" vor.

18

In der Sitzung der Stadtvertretung Neubrandenburg vom 11. November 2004 wurden unter TOP6 Maßnahmen zur Förderung der Anmeldung mit Hauptwohnsitz in der Stadt Neubrandenburg erörtert. In der Niederschrift heißt es dazu u.a.:

19

"...
Ratsherr Dr. B... stellt den Antrag ...

20

Begründung zum Antrag:

 
... Diese Satzung sei aber bekanntlich durch die Rechtsaufsichtsbehörde zu bestätigen. Es sei zu befürchten, dass die Satzung in der vorliegenden Form keine Bestätigung findet, weil im § 2 der Steuergegenstand unpräzise beschrieben ist. Es müsse zumindest eine bestimmte Quadratmeterzahl pro Person angegeben und der Gegenstand der Wohnung beschrieben werden. Diese Dinge seien zu klären und gehörten in die zweite Lesung.

 
...

21

Zu den Hinweisen von Ratsherrn S...:

 
Die Verwaltung habe sich mit der Stadt Kiel in Verbindung gesetzt. Die dortigen Regelungen werden in der Satzung der Stadt Neubrandenburg an sich ausgelegt. Ausnahmen werden für Kinder definiert, die bei ihren Eltern leben. Sie fallen nicht unter den Begriff der Zweitwohnungssteuer, weil sie keine Wohnung innehaben und nicht Wohnungseigentümer im Sinne des Meldegesetzes sind. Ebenso fallen lt. Landesmeldegesetz die Grundwehrdienstleistenden nicht unter den Begriff der Zweitwohnungsinhaber. Die Kleingärten werden nach dem Bundeskleingartengesetz nicht besteuert und Erholungsgebiete seien für die Stadt Neubrandenburg zur Zeit nicht relevant.

 
Mit der Vorlage der Verwaltung werden also nur diejenigen erreicht, die mit Nebenwohnsitz in Neubrandenburg gemeldet sind und über einen gültigen Mietvertrag verfügen. Pendler werden sich allerdings entscheiden müssen, wo sie ihren Hauptwohnsitz nehmen. ..."

22

Hinsichtlich der Entstehungsgeschichte der Satzung im Übrigen wird auf die vorgenannten Unterlagen, die Niederschriften über die 4. und 5. Sitzung des Finanzausschusses vom 27.Oktober 2004 und vom 01. Dezember 2004, die Niederschrift über die 3. Sitzung des Schul- und Sportausschusses am 01. Dezember 2004, die Niederschrift über die 7. Sitzung des Hauptausschusses am 09. Dezember 2004 und die Niederschrift über die 6. Sitzung der Stadtvertretung am 16. Dezember 2004 (Beiakten C und D) verwiesen.

23

Gegen den Zweitwohnungssteuerbescheid wandte sich der Kläger mit seinem am 01. Dezember 2005 eingegangen Widerspruch. Darin führte er aus, bei seinem Elternwohnsitz handele es sich nicht um einen selbst unterhaltenen Erstwohnsitz, sondern um ein Kinderzimmer in der elterlichen Wohnung. Außerdem sehe er sein Zimmer im Studentwohnheim nicht als Wohnung an, da dieses Zimmer weder fließend Wasser, ein WC noch eine Küche enthalte. Er sei nicht wirtschaftlich leistungsfähig, da er kein Einkommen beziehe, sondern sein Studium mit Ausbildungsförderung finanziere. Er verwies zudem auf die Rechtsprechung des VG Lüneburg.

24

Mit Widerspruchsbescheid vom 03. Januar 2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer sei rechtmäßig. Ein Studierender, der am Studienort einen Nebenwohnsitz begründe, während er einen Hauptwohnsitz in Form eines Zimmers in der elterlichen Wohnung behalte, könne grundsätzlich zur Zweitwohnungssteuer herangezogen werden. § 2 ZwStS regele, dass eine Zweitwohnung jede Wohnung sei, die jemand neben seiner Hauptwohnung in melderechtlichem Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf innehabe. Danach sei Wohnung im Sinne dieses Gesetzes jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt werde. Das Zimmer in der elterlichen Wohnung würde zwar für sich nicht die Anforderungen an eine Zweitwohnung erfüllen, stelle aber einen ausreichenden Hauptwohnsitz dar. Wenn daher der Zweitwohnsitz am Studienort die satzungsrechtlichen Voraussetzungen erfülle, d.h. der Inhaber sowohl tatsächlich als auch rechtlich verfügungsbefugt sei, bestehe dort Zweitwohnungssteuerpflicht. Im Übrigen enthält der Widerspruchsbescheid Ausführungen zur Zulässigkeit einer Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer im Sinne von Art.105 Abs. 2a GG.

25

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 06. Januar 2006 zugestellt.

26

Am 01. Februar 2006 hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben und im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt, seine Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer sei rechtswidrig. Es fehle bereits an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Zweitwohnungssteuersatzung sei nichtig, weil sie keinen Ausnahmetatbestand für die Bezieher von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz enthalte. Auch die Rechtsanwendung sei zu beanstanden. Er sei wirtschaftlich nicht leistungsfähig, da er Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz beziehe. Ungeachtet dessen könne das Zimmer in dem Wohnheim bereits deshalb nicht als Zweitwohnung angesehen werden, weil es den Mindestanforderungen einer Wohnung nicht genüge. Es handele sich um ein 16,5 m² großes Zimmer ohne Nasszelle oder Küche. Insoweit sei er auf die Nutzung der Gemeinschaftseinrichtungen angewiesen. Zudem scheide die Annahme einer Zweitwohnung auch deshalb aus, weil er nicht über eine Erstwohnung verfüge. In der elterlichen Wohnung nutze er lediglich ein Zimmer. Überdies sei der Beklagte verpflichtet, die Steuerschuld zur Vermeidung einer unbilligen Härte zu erlassen.

27

Der Kläger hat beantragt,

28

den Bescheid des Beklagten vom 17. November 2005 - Steuer-Nr.: ... - und dessen Widerspruchsbescheid vom 03. Januar 2006 aufzuheben.

29

Der Beklagte hat den angegriffenen Bescheid verteidigt und beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Mit dem angefochtenen Urteil vom 05. Juli 2006 - 3 A 131/06 - hat das Verwaltungsgericht Greifswald die Klage durch den Einzelrichter - unter Zulassung der Berufung - abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der streitgegenständliche Zweitwohnungssteuerbescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Er finde seine gemäß § 2 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Zweitwohnungssteuersatzung vom 21. Dezember 2004. Ermächtigungsgrundlage für diese Steuersatzung sei § 3 Abs. 1 KAG M-V, wonach die Gemeinden und Landkreise örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben könnten. Bei der Zweitwohnungssteuer handele es sich um eine örtliche Aufwandsteuer, mit der die besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuert werde, die in der Verwendung des Einkommens für einen besonderen Lebensaufwand zum Ausdruck komme. Das Innehaben einer Zweitwohnung sei nach allgemeiner Auffassung als besonderer Lebensaufwand anzusehen.

32

Die Zweitwohnungssteuersatzung sei materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere weise sie den gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V erforderlichen Mindestinhalt auf und verstoße auch nicht gegen Art. 3 GG. Es sei unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht zu beanstanden, dass die Satzung keinen generellen Befreiungs- bzw. Ermäßigungstatbestand für Studenten und Auszubildende sowie für die Nutzung einer Zweitwohnung aus beruflichen Gründen enthalte. Solange die Zweitwohnung für die persönliche Lebensführung vorgehalten werde, komme es für die Steuerpflicht auf die Motive und Zwecke für das Vorhalten der Zweitwohnung nicht an.

33

Der Satzungsgeber sei im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes jedenfalls nicht dazu verpflichtet, Studenten von der Zahlung der Zweitwohnungssteuer generell zu befreien. Die nicht näher begründete Auffassung des Finanzgerichts Bremen, wonach aus dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG "zwingend" abzuleiten sei, dass Studenten, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhielten, generell von der Zweitwohnungssteuer befreit sein müssten, sei abzulehnen. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten habe, die Normierung eines Ausnahmetatbestandes für zu Ausbildungszwecken genutzte Zweitwohnungen sei mit Blick auf die "Vorwirkung des Art. 12 GG" notwendig, sei darauf hinzuweisen, dass das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht vor mittelbaren Eingriffen schütze.

34

Auch die Satzungsanwendung sei nicht zu beanstanden. Insbesondere handele es sich bei dem vom Kläger gemieteten Zimmer in dem Studentenwohnheim um eine Zweitwohnung und damit um einen tauglichen Steuergegenstand im Sinne des § 2 Abs. 1 ZwStS. Denn im Zweitwohnungssteuerrecht gelte ein eigenständiger Wohnungsbegriff. Wohnung in diesem Sinne sei jede umschlossene Räumlichkeit, die von ihrer Ausstattung her zumindest zum zeitweisen Wohnen geeignet sei und genutzt werde. Eine konkrete Mindestausstattung der Räumlichkeit (z.B. Kochgelegenheit, Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Stromversorgung, Heizung und Waschmöglichkeit) sei nicht erforderlich, wenn diese Ausstattungen in vertretbarer Nähe zur Verfügung stünden oder die Räume bestimmungsgemäß nur in bestimmten Jahreszeiten genutzt würden.

35

Weiter genüge die vom Kläger genutzte Wohnung auch den subjektiven Anforderungen einer Zweitwohnung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS. Die Bestimmung sei so auszulegen, dass es für die Annahme einer Zweitwohnung allein auf den formalen Akt der Meldung als Nebenwohnung ankomme.

36

Entgegen der Auffassung des Klägers scheide die Annahme einer Zweitwohnung auch nicht deshalb aus, weil er nicht über eine "Erstwohnung" verfüge. Der Einwand betreffe die Frage, ob das ("Kinder-")Zimmer, das von Studenten - und so auch vom Kläger - in der elterlichen Wohnung häufig noch während des Studiums genutzt werde, als Wohnung angesehen werden könne. Diese Frage sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Lüneburg zu bejahen. Der Wohnungsbegriff des Zweitwohnungssteuerrechts erfordere nicht, dass neben dem Zimmer immer auch eine eigene Küche, Toilette und ein Bad vorhanden sein müsse ("Wohnung in der Wohnung"). Ausreichend für das Innehaben einer "Erstwohnung" sei, dass dem Kläger in der elterlichen Wohnung ein eigenes Zimmer zur Verfügung stehe. Für die Annahme einer eigenen Verfügungsmacht sei die Begründung eines eigenen Miet- oder Untermietverhältnisses nicht erforderlich, solange er die Wohnung im Einverständnis seiner Eltern mitnutzen dürfe. Ebensowenig bedürfe es einer alleinigen Verfügungsbefugnis.

37

Schließlich lägen auch die Voraussetzungen für einen Steuererlass nach § 227 Abgabenordnung (AO), der gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V entsprechende Anwendung finde, und für eine niedrigere Festsetzung gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 AO nicht vor. Vorliegend sei weder eine sachliche noch eine persönliche Unbilligkeit zu erkennen, die nach diesen Vorschriften einen Erlass rechtfertigten. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Besteuerung in diesem Einzelfall zu einem vom Gesetz- bzw. Satzungsgeber offensichtlich nicht gewollten Ergebnis führen würde, denn es liege keine Abweichung von dem vom Satzungsgeber zu Grunde gelegten Regelfall vor. Soweit das Verwaltungsgericht Lüneburg annehme, eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fehle bei Studenten, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhielten, vermöge das Gericht dem nicht zu folgen. Denn ebensowenig, wie bei einer Aufwandsteuer danach gefragt werden dürfe, zu welchem Zweck der Aufwand betrieben werde, dürfe danach gefragt werden, woher die Mittel stammten, aus denen der Aufwand betrieben werde.

38

Das Urteil wurde dem Kläger am 11. Juli 2006 zugestellt.

39

Der Kläger hat am 04. August 2006 Berufung eingelegt und dabei zu ihrer Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen einer Aufwandsteuer lägen bei einem Studenten, der lediglich Leistungen nach dem BAföG beziehe und lediglich ein Zimmer in einem Studentenwohnheim innehabe, nicht vor. Die Erhebung von Zweiwohnungssteuer für Studentenwohnheimplätze verstoße gegen das Gesetz, da insoweit die Ermächtigungsgrundlage die Satzung nicht rechtfertige. Er erfülle offensichtlich nicht das Kriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Insoweit dürfte schon vor dem Hintergrund des Art. 105 Abs.2a GG Zweitwohnungssteuer für Studentenwohnheimplätze nicht erhoben werden, da bei allen Studenten, zumindest soweit sie Ausbildungsförderung bezögen, nicht von einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgegangen werden könne. Es sei willkürlich, Studenten in einem Studentenwohnheim mit Ferienwohnungsinhabern gleich zu behandeln. Sie würden insoweit in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit diesen gleichgestellt, obwohl eine entsprechende Leistungsfähigkeit ihrerseits nicht vorliege. Die Erhebung der Zweitwohnungssteuer verstoße massiv gegen alle Intentionen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, mit dem gerade sichergestellt werden solle, dass die materiellen Grundlagen gegeben seien, damit ein Student überhaupt sein Studium durchführen könne. Da die BAföG-Sätze streng bedarfsorientiert seien, müsste daraus folgen, dass die Zweitwohnungssteuer dann vom Bund bezahlt werden müsste. Der vom Verwaltungsgericht vertretene Wohnungsbegriff sei nicht haltbar. Auch das Zimmer im elterlichen Haus könne nicht als "Wohnung" bezeichnet werden. Der Wohnungsbegriff sei im Zusammenhang mit der zweitwohnungssteuerrechtlichen Besteuerung des "Mehraufwandes" so zu fassen, dass es sich jeweils um im Besitz des Besteuerten befindliche abgeschlossene Wohnungen handeln müsse. Im Übrigen sei die Erhebung der Zweitwohnungssteuer unbillig.

40

Die Unterlagen der Zweitwohnsitzsteuersatzung der Stadt Neubrandenburg zeigten mit aller Deutlichkeit, dass es nicht darum gegangen sei, tatsächlich einen luxuriösen Mehraufwand zu besteuern. Wahrer Hintergrund der Zweitwohnungssteuersatzung sei es, dass auf diesem Wege Druck ausgeübt werden solle, dass sich Schüler und Studenten mit Hauptwohnsitz in der Stadt Neubrandenburg anmeldeten in der Hoffnung, dann erhöhte Schlüsselzuweisungen im Rahmen des Landesfinanzausgleichs zu erhalten. Damit würden mit der Satzung und der Zweitwohnungssteuer völlig sachfremde Ziele verfolgt.

41

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

42

in Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 05. Juli 2006 den Bescheid des Beklagten vom 17. November 2005 - Steuer-Nr. ... - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Januar 2006 aufzuheben.

43

Der Beklagte beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Der Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide und schließt sich der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts an. Es bestehe keine rechtliche Verpflichtung, Studenten, die Ausbildungsförderung erhielten, von der Zweitwohnungssteuer zu befreien. Dagegen habe sich nach dem Meldegesetz für das Land M-V (LMG) derjenige innerhalb einer Woche bei der Meldebehörde anzumelden, der eine Wohnung beziehe (§13 Abs. 1 LMG). Hauptwohnung nach §16 Abs. 2 LMG sei die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Wohnung im Sinne des Melderechts sei jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen genutzt werde, §15 LMG.

46

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und die Gerichtsakte, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

47

Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg; das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Unrecht abgewiesen.

48

Die zulässige Anfechtungsklage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 17.November 2005 - Steuer-Nr. ... - und dessen Widerspruchsbescheid vom 03. Januar 2006 ist begründet; der angefochtene Bescheid und der Widerspruchsbescheid sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist entsprechend abzuändern.

49

Rechtsgrundlage des angefochtenen Zweitwohnungssteuerbescheides ist die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Stadt Neubrandenburg vom 21. Dezember 2004.

50

Diese steht zwar in ihrer vom Senat zugrunde gelegten Auslegung in Einklang mit höherrangigem Recht bzw. ist wirksam, soweit es um die Erfüllung der gesetzlichen Mindestanforderungen nach §2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale der "Wohnung" (dazu unter 1.) und des "Innehabens" derselben (dazu unter 2.) geht. Die Rechtsanwendung in Gestalt der angefochtenen Bescheide ist jedoch nach Maßgabe der entsprechend vom Senat ausgelegten Satzung bzw. dieser Tatbestandsvoraussetzungen der Steuererhebung im vorliegenden Fall rechtswidrig. Zudem stehen Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG einer zweitwohnungssteuerrechtlichen Behandlung des typischen "Kinderzimmers" bzw. der Beibehaltung eines Zimmers in der elterlichen Wohnung durch das Kind als Innehabung einer Erstwohnung und als tatbestandsmäßiger Steuergegenstand entgegen (dazu unter 3.). Unabhängig hiervon ist die Erhebung der Zweitwohnungssteuer gegenüber dem Kläger als Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) von Verfassungs wegen - Art.105 Abs.2a Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip - ausgeschlossen bzw. rechtswidrig (dazu unter 4.).

51

Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Zweitwohnungssteuersatzung bestehen im Übrigen nicht. Insbesondere liegt die gemäß § 2 Abs. 2 KAG a. F. im Falle einer Abweichung von einer Mustersatzung des Innenministeriums erforderliche Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde in Gestalt der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde beim Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern vom 17. Dezember 2004 vor (vgl. § 79 Abs. 2 KV M-V), die entsprechend § 5 Satz 5 KV-DVO bekannt gemacht worden ist.

52

1. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Zweitwohnungssteuersatzung ist § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, wonach die Gemeinden und Landkreise örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben können. Die Zweitwohnungssteuer ist eine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs.2a Satz 1 GG bzw. § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V.

53

Im Hinblick auf die materielle Rechtmäßigkeit der Zweitwohnungssteuersatzung bzw. Wirksamkeit der Satzung als Rechtsgrundlage des angefochtenen Steuerbescheides sind insbesondere die Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V als höherrangiges Recht nach der vom Senat vorgenommenen geltungserhaltenden Auslegung erfüllt.

54

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V muss die Satzung den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Entstehung und ihrer Fälligkeit angeben.

55

Die Zweitwohnungssteuersatzung gibt den die Abgabe begründenden Tatbestand noch hinreichend bestimmt an.

56

Der Steuergegenstand als der die Abgabe begründende Tatbestand wird in § 2 ZwStS umschrieben. Gegenstand der Steuer ist danach das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet Neubrandenburg (Abs. 1). Weiter bestimmt Absatz 2 insbesondere, dass Zweitwohnung jede Wohnung ist, die jemand neben seiner Hauptwohnung in melderechtlichem Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat.

57

Betrachtet man diese Regelungen der Zweitwohnungssteuersatzung, so wird deutlich, dass der Ortsgesetzgeber einen Wohnungsbegriff voraussetzt bzw. diesen nicht - ausdrücklich - normiert. Definiert wird lediglich in § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS der Begriff der Zweitwohnung unter Bezugnahme auf einen nicht näher erläuterten Wohnungsbegriff ("jede Wohnung neben seiner Hauptwohnung").

58

Mangels ausdrücklicher Bestimmung ist damit klärungsbedürftig, was der Ortsgesetzgeber unter einer "Wohnung" im Sinne der Zweitwohnungssteuersatzung verstanden wissen wollte. Dieser Klärungsbedarf besteht gleichermaßen für die Frage, ob eine Erst- oder eine Zweitwohnung vorliegt.

59

Die Begriffe "Erstwohnung" und "Zweitwohnung" bzw. deren Verhältnis zueinander versteht der Senat dabei in Anknüpfung an den Begriff der Aufwandsteuer wie folgt: Eine Erstwohnung bzw. die Innehabung einer solchen rechtfertigt überhaupt erst die Annahme einer Zweitwohnung. Auch wenn die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; Urt. v. 29.11.1991 - 8 C 107.89 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr.17), ist sie doch begriffliche Voraussetzung einer Zweitwohnung (vgl. VG Lüneburg, Beschl. v. 28.07.2004 - 5 B 34/04 - u. Urt. v. 02.01.2004 - 5 A 118/04 -, jeweils juris). Ohne - äußerlich erkennbaren - Aufwand - auch wenn es kein "besonderer" ist - für eine Erstwohnung kann es mit anderen Worten auch keinen besonderen Aufwand in Gestalt des Innehabens einer Zweitwohnung geben. Das Bestehen einer Erstwohnung ist insoweit keine Frage der Leistungsfähigkeit im Einzelfall bzw. ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, sondern schlicht normative Voraussetzung für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer: Existiert keine Erstwohnung, gibt es keine Zweitwohnung und damit auch keinen äußerlich erkennbaren und besteuerbaren besonderen Aufwand als Ausdruck wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit.

60

Dass der ortsrechtlich maßgebliche Wohnungsbegriff eine für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer bzw. den die Abgabe begründenden Tatbestand wesentliche Voraussetzung darstellt, versteht sich von selbst und liegt auch angesichts des vorliegend zu entscheidenden Falles auf der Hand, in dem zu klären ist, ob ein "Kinderzimmer" in der elterlichen Wohnung als (Erst-) "Wohnung" im Sinne der Zweitwohnungssteuersatzung qualifiziert werden kann.

61

Der vorstehend festgestellte Klärungsbedarf bezüglich des vom Ortsgesetzgeber vorausgesetzten Merkmals der "Wohnung" lässt jedoch nicht die Schlussfolgerung zu, damit sei unter Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V der die Abgabe begründende Tatbestand in wesentlicher Hinsicht nicht hinreichend (bestimmt) umschrieben worden. Zwar kann der Zweitwohnungssteuersatzung ebensowenig - wie das Verwaltungsgericht meint - ein allgemeingültiger "Wohnungsbegriff des Zweitwohnungssteuerrechts" (dazu unter a) oder der melderechtliche Wohnungsbegriff (dazu unter b) als maßgeblich unterlegt werden. Der Senat geht jedoch im Wege geltungserhaltender Auslegung der Zweitwohnungssteuersatzung davon aus, dass der Ortsgesetzgeber jedenfalls Wohnungen im Sinne des üblichen bzw. allgemeinen Sprachgebrauchs der Zweitwohnungssteuer unterwerfen wollte; für einen weiter gefassten Wohnungsbegriff findet sich allerdings kein Anhaltspunkt, was zur Folge hat, dass das "Kinderzimmer" des Klägers nicht "Wohnung" im Sinne des Ortsrechts des Beklagten ist (dazu unter c).

62

a) Das Verwaltungsgericht hat - erst - auf der Ebene der Satzungsanwendung den Wohnungsbegriff erörtert und sich mit der Frage, ob das ("Kinder-")Zimmer, das von Studenten - und so auch vom Kläger - in der elterlichen Wohnung häufig noch während des Studiums genutzt werde, als Wohnung angesehen werden könne, befasst. Es ist offenbar - ohne dies allerdings ausdrücklich anzusprechen - ebenfalls davon ausgegangen, dass der Zweitwohnungssteuersatzung nicht ohne Weiteres eine Definition des maßgeblichen Wohnungsbegriffs entnommen werden kann. Denn anders lässt sich sein Rückgriff auf einen "Wohnungsbegriff des Zweitwohnungssteuerrechts", den es näher skizziert und sodann seiner weiteren Prüfung zugrunde legt, nicht erklären.

63

Ein "Wohnungsbegriff des Zweitwohnungssteuerrechts", der allgemein Gültigkeit beanspruchen könnte, wird jedoch vom Verwaltungsgericht nicht belegt; ein solcher existiert auch nicht.

64

Zweitwohnungssteuerrecht ist im Wesentlichen Ortsrecht. Auch wenn eine Mustersatzung existiert (vgl. Mustersatzung "Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt/Stadt/Gemeinde" nach Maßgabe der Bekanntmachung des Innenministeriums vom 02.Oktober 1997 - II 350 -, Amtsbl. M-V S. 990), ist das Ortsrecht dennoch offen für vielgestaltige Regelungen in den verschiedenen Kommunen (vgl. Holz, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 3 Anm. 3.4.4). Schon die beiden Zweitwohnungssteuersatzungen von Neubrandenburg und Rostock, die Gegenstand verschiedener Verfahren des Sitzungstages waren, weichen von der Mustersatzung ab und sind gerade hinsichtlich des Wohnungsbegriffs deutlich unterschiedlich ausgestaltet: Während - wie gesagt - die Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Neubrandenburg weder für Zweit- noch Erstwohnung eine ausdrückliche Definition enthält, bestimmt § 2 Abs. 2 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Rostock i.d.F. vom 13. Februar 2006 Wohnung im Sinne dieser Satzung als "jeden umschlossenen Raum, der zum Wohnen oder Schlafen bestimmt ist und zu dem eine Küche oder Kochnische sowie eine Toilette gehört" (vgl. im Übrigen auch den Wohnungsbegriff nach Maßgabe der dort maßgeblichen Satzung im Beschl. des VG Lüneburg v. 28.07.2004 - 5 B 34/04 - u. Urt. v. 02.01.2004 - 5 A 118/04 -, jeweils juris: "jede baulich abgeschlossene Gesamtheit von Räumen, die zum Wohnen oder Schlafen bestimmt ist, zu der eine Küche oder Kochgelegenheit sowie eine Toilette und ein Bad oder eine Dusche gehören"; vgl. im Urt. des VGH München v. 14.02.2007 - 4 N 06.367 -: "Wohnung im Sinne dieser Satzung ist jede Wohnung im Sinne von Art. 15 des Bayerischen Meldegesetzes in der jeweils geltenden Fassung."). Das Verwaltungsgericht geht im Übrigen nicht darauf ein, dass der Beklagte in der Begründung des Widerspruchsbescheides entgegen dem gerichtlicherseits angenommenen Inhalt eines "Wohnungsbegriffs des Zweitwohnungssteuerrechts" ausdrücklich verneint, dass ein "Kinderzimmer" bzw. Zimmer in der elterlichen Wohnung die Anforderungen an eine (Zweit-)Wohnung erfüllt. Hinsichtlich des von ihm im vorliegenden Kontext angesprochenen Aspekts der Verfügungsbefugnis über die Erstwohnung trennt das Verwaltungsgericht zudem nicht hinreichend zwischen dem Wohnungsbegriff und dem Merkmal des "Innehabens".

65

b) In der Zweitwohnungssteuersatzung ist auch eine Wille des Ortsgesetzgebers, der Wohnungsbegriff des § 15 LMG (vgl. auch § 11 Abs. 5 MRRG) solle maßgeblich sein, nicht bzw. nicht hinreichend bestimmt zum Ausdruck gekommen. Erst recht enthält sie keinerlei Hinweis auf einen womöglich dergestalt differenzierenden Wohnungsbegriff, dass für die Erstwohnung diese melderechtliche Definition, für die Zweitwohnung jedoch eine andere Geltung beanspruchen soll.

66

aa) Zunächst existiert im Ortsrecht keine ausdrückliche derartige Bezugnahme, etwa dergestalt, dass Wohnung im Sinne der Zweitwohnungssteuersatzung jede Wohnung im Sinne von § 15 LMG in der jeweils geltenden Fassung sein solle. Auch schlüssig wird der Satzung nicht hinreichend bestimmt ein solcher Wohnungsbegriff unterlegt. Wenn in § 2 Abs. 2 ZwStS von der "Hauptwohnung in melderechtlichem Sinne" die Rede ist, bezieht sich dieser Hinweis auf das Melderecht nur auf die Hauptwohnung, die Regelungsgegenstand des § 16 Abs. 1 LMG, also einer anderen Vorschrift des Landesmeldegesetzes ist. Dieser melderechtlichen Bestimmung ist insbesondere die Abgrenzung von Haupt- und Nebenwohnung bei Vorhandensein mehrerer Wohnungen im Inland zu entnehmen. Folglich kommt der Bezugnahme in der Zweitwohnungssteuersatzung auf sie lediglich eine entsprechend funktionelle und in folgendem Sinne begrenzte Bedeutung zu: Die Bezugnahme dient ausschließlich der für die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer erforderlichen Abgrenzung, ob und welche von zwei Wohnungen ggfs. - je nach Ortsrecht - grundsätzlich einer Zweitwohnungssteuer unterfallen kann bzw. welche der hinsichtlich der räumlichen Lage der Wohnungen in Betracht kommenden Kommunen berechtigt wäre, wenn das Ortsrecht dies vorsieht, die Steuer zu erheben. Wie bereits ausgeführt, wird insoweit lediglich der Begriff der Zweitwohnung definiert, für den ein Anknüpfen an den - bundesrechtlich einheitlichen - melderechtlichen Begriff der Hauptwohnung (§16 Abs. 2 LMG, § 12 Abs. 2 MRRG) zwingend sein dürfte, um insoweit gegenläufige Regelungen der betroffenen Kommunen und eine daraus etwa resultierende Besteuerung beider Wohnungen zu vermeiden. Eine derartige Kollisionsgefahr besteht aber hinsichtlich des Wohnungsbegriffs gerade nicht, folglich auch keine Notwendigkeit des Rückgriffs auf die melderechtliche Definition desselben.

67

bb) Eine Einbeziehung des melderechtlichen Wohnungsbegriffs in das Steuerrecht bzw. Ortsrecht der Stadt Neubrandenburg kann auch deshalb nicht ohne ausdrückliche Bezugnahme unterstellt werden, weil der melderechtliche Wohnungsbegriff bewusst sehr weit gefasst ist, um möglichst alle Einwohner zu erfassen (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 20.03.2002 - 2 L 136/00 -, juris; VGH München, Urt. v. 14.02.2007 - 4 N 06.367 -, S. 9 des Urteils: "weiter Wohnungsbegriff des Bayerischen Meldegesetzes"). Deutlich wird dies insbesondere daraus, dass melderechtlich (vgl. §15 Satz 1 LMG) bereits die "Benutzung" eines umschlossenen Raumes in einer bestimmten Weise ausreichend sein soll und danach unerheblich ist, in welcher rechtlichen Beziehung der Benutzer zu diesem Raum steht. Zudem genügt es, wenn der umschlossene Raum zum Wohnen oder - nur - zum Schlafen benutzt wird. Dass die unterschiedlichen Regelungsbereiche des Melderechts und des Zweitwohnungssteuerrechts unterschiedliche Anforderungen stellen und folgerichtig unterschiedliche Wohnungsbegriffe nahelegen (vgl. Beschluss des Senats v. 27.02.2007 - 1 M 103/06 -), zeigt insoweit bereits der Umstand, dass Steuergegenstand nach § 2 Abs. 1 ZwStS gerade nicht die bloße "Benutzung", sondern das "Innehaben" einer - wie auch immer gearteten - Wohnung sein soll. Mit anderen Worten: Die Zweitwohnungssteuersatzung weicht in diesem Punkt selbst bereits ausdrücklich vom melderechtlichen Wohnungsbegriff ab und liefert damit statt eines Hinweises auf eine Bezugnahme auf den melderechtlichen Wohnungsbegriff das Gegenteil eines solchen.

68

Im Übrigen bedürfte im Falle einer solchen Bezugnahme z.B. die Frage, ob von der Zweitwohnungssteuersatzung auch Wohnwagen, die nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden, erfasst sein sollen (vgl. § 15 Satz 3 LMG), einer ausdrücklichen Antwort in der Satzung (vgl. VG Augsburg, Urt. v. 28.02.2007 - Au 6 K 05.1988 -, juris; OVG Münster, Urt. v. 29.11.1995 - 22 A 210/95 -, NVwZ-RR 1997, 315); dass eine solche Antwort in der Satzung nicht gegeben wird, spricht ebenfalls gegen die Anknüpfung an den melderechtlichen Wohnungsbegriff.

69

cc) Der Entstehungsgeschichte der Zweitwohnungssteuersatzung bzw. insbesondere dem Protokoll der Stadtvertretungssitzung vom 11. November 2004 lassen sich gleichfalls keine hinreichenden Hinweise entnehmen, die für eine Intention des Ortsgesetzgebers, den Wohnungsbegriff des § 15 LMG zugrunde legen zu wollen, sprechen würden. Im Gegenteil ist danach der Ratsherr Dr. B... zur Begründung eines seinerseits gestellten Antrages mit folgender Äußerung hervorgetreten:

70

"Diese Satzung sei aber bekanntlich durch die Rechtsaufsichtsbehörde zu bestätigen. Es sei zu befürchten, dass die Satzung in der vorliegenden Form keine Bestätigung findet, weil im § 2 der Steuergegenstand unpräzise beschrieben ist. Es müsse zumindest eine bestimmte Quadratmeterzahl pro Person angegeben und der Gegenstand der Wohnung beschrieben werden. Diese Dinge seien zu klären und gehörten in die zweite Lesung."

71

Eine derartige Klärung des "Gegenstands der Wohnung" - insbesondere im Sinne der Geltung des melderechtlichen Wohnungsbegriffs - ist aber nicht erfolgt, obwohl die Problematik aus den Reihen der Stadtvertretung also schon im Vorfeld des Satzungsbeschlusses ausdrücklich angesprochen worden war.

72

dd) Dem Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 03. Januar 2006 kann ebenfalls nicht entnommen werden, dass der Ortsgesetzgeber von der Geltung des melderechtlichen Wohnungsbegriffs ausging.

73

Im Widerspruchsbescheid heißt es, § 2 ZwStS regele, dass eine Zweitwohnung jede Wohnung sei, die jemand neben seiner Hauptwohnung in melderechtlichem Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf innehabe. Danach sei Wohnung im Sinne dieses Gesetzes jeder "unverschlossene" (gemeint ist offensichtlich "umschlossene") Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt werde. Die Formulierung "danach" erscheint - zumal angesichts der vorstehenden Erwägungen - nicht nachvollziehbar, da § 2 ZwStS gerade keinen Wohnungsbegriff definiert. Auch die Formulierung "dieses Gesetzes" erschließt sich angesichts des zuvor zitierten § 2 ZwStS nicht. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf das Landesmeldegesetz erfolgt ebenso wenig. Allerdings wird § 15 Satz 1 LMG - abgesehen von dem Wort "unverschlossene" - inhaltlich in wörtlicher Übereinstimmung wiedergegeben. Wie die Behörde aus der Zweitwohnungssteuersatzung interpretatorisch einen solchen Wohnungsbegriff ableitet, macht sie aber nicht deutlich. Wenn zudem ausgeführt wird, das Zimmer in der elterlichen Wohnung würde zwar für sich nicht die Anforderungen an eine Zweitwohnung erfüllen, stelle aber einen ausreichenden Hauptwohnsitz dar, ist dies gänzlich unverständlich: Wieso ein "Kinderzimmer" nicht den gerade zuvor angeblich zugrundezulegenden Wohnungsbegriff erfüllt, ist nicht nachvollziehbar. Noch weniger nachvollziehbar ist es, wenn damit offenbar gesagt sein soll, dass für Erst- und Zweitwohnung von einem unterschiedlichen Wohnungsbegriff auszugehen wäre: Die Satzung regelt - wie gesagt - jedenfalls keinen differenzierten Wohnungsbegriff, je nach dem, ob die Erst- oder die Zweitwohnung betroffen ist. Zudem werden hier die Begriffe "Wohnung" und "Wohnsitz" unzulässig vermengt bzw. gegenüber gestellt.

74

c) Der Senat geht vor diesem Hintergrund im Rahmen einer geltungserhaltenden Auslegung der Zweitwohnungssteuersatzung aber davon aus, dass der Ortsgesetzgeber mit Blick auf den von ihm vorausgesetzten Wohnungsbegriff hinlänglich bestimmt zumindest Wohnungen im Sinne eines üblichen und allgemeinen Sprachgebrauchs bzw. Wohneinheiten, die als Mindestausstattung typischerweise bestimmte Ausstattungsmerkmale aufweisen, der Steuer unterwerfen wollte. Als Wohnungen in diesem Sinne sind nach Auffassung des Senats abgeschlossene oder räumlich erkennbar selbständige Wohneinheiten mit sanitärer Ausstattung und Kochgelegenheit zu qualifizieren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.04.1997 - 8 B 87.97 - juris; vgl. auch OVG Schleswig, Urt. v. 20.03.2002 - 2 L 136/00 -, juris; VG Lüneburg, Urt. v. 02.01.2004 - 5 A 118/04 -, juris; VG Oldenburg, Urt. v. 26.10.2006 - 2 A 1562/04 -, juris; VG Braunschweig, Urt. v. 18.02.2003 - 5 A 232/01 -, juris). Bei einer "Wohnung" muss es sich um Räume handeln, die tatsächlich zum - zumindest vorübergehenden - Wohnen geeignet sind. Da zum Wohnen zweifellos vor allem Körperhygiene, Essen und Schlafen gehören, lassen sich bereits hieraus die erforderlichen Rückschlüsse auf die Mindestausstattung der Räume ziehen, damit diese als Wohnung eingestuft werden können. Hierzu gehören folglich Kochgelegenheit, Wasserversorgung, Ausguss, Toilette und Heizungsmöglichkeiten (vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 18.02.2003 - 5 A 232/01 -, juris). Für einen demgegenüber weiterreichenden Wohnungsbegriff finden sich hingegen keine schlüssigen Anhaltspunkte im Ortsrecht.

75

Für dieses Normverständnis des Senats spricht der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 03.Januar 2006 indiziell immerhin insoweit, als er ausdrücklich verneint, dass ein "Kinderzimmer" bzw. Zimmer in der elterlichen Wohnung die Anforderungen an eine (Zweit-)Wohnung erfüllt. Diese Bewertung im Widerspruchsbescheid stimmt überein mit der protokollierten Aussage der Abteilungsleiterin Finanzservice, Frau W..., im Rahmen der Stadtvertretungssitzung vom 11.November 2004, wonach Ausnahmen für Kinder, die bei ihren Eltern lebten, definiert würden, sie fielen nicht unter den Begriff der Zweitwohnungssteuer, weil sie keine Wohnung innehätten und nicht Wohnungseigentümer im Sinne des Meldegesetzes seien.

76

Im Hinblick darauf, dass die Zweitwohnungssteuersatzung jedenfalls keine Anhaltspunkte für eine diesbezügliche Differenzierung bietet, muss von der Geltung dieses vorstehend skizzierten Wohnungsbegriffs nicht nur für die Zweit-, sondern auch für die Erstwohnung ausgegangen werden.

77

Da jedenfalls das vom Kläger bewohnte "Kinderzimmer" im elterlichen Haus für sich betrachtet nicht das Kriterium der abgeschlossenen oder räumlich erkennbar selbständigen Wohneinheit mit eigener sanitärer Ausstattung und Kochgelegenheit erfüllt, stellt es selbst keine Erstwohnung und folglich die Wohnung in Neubrandenburg schon aus diesem Grunde keine Zweitwohnung dar, die Grundlage für eine Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer sein kann. Ob das Zimmer im Studentenwohnheim diese Anforderungen erfüllt, konnte deshalb offen bleiben bzw. musste in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter aufgeklärt werden.

78

2. Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen zum Wohnungsbegriff ist der Kläger zudem nicht Steuerpflichtiger nach § 3 ZwStS. Er ist nicht Inhaber einer Erstwohnung. Die Steuerpflicht setzt auch bezüglich der Erstwohnung eine Inhaberschaft voraus, die den gleichen Regeln folgt wie die Inhaberschaft hinsichtlich der Zweitwohnung (dazu unter a). Der Begriff des "Innehabens" in §2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS kann entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht mit der "formalen Meldung als Nebenwohnung" gleichgesetzt werden (dazu unter b). Der vorliegend im Ortsrecht angelegte Begriff der Verfügungsbefugnis setzt das Bestehen einer rechtlich abgesicherten tatsächlichen Verfügungsmacht voraus, die dem Kind - auch dem volljährigen - hinsichtlich des "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung als bloßer Besitzdiener i.S.v. § 855 BGB typischerweise fehlt (dazu unter c).

79

a) Gemäß § 3 Abs. 1 ZwStS ist der Inhaber einer im Stadtgebiet Neubrandenburg liegenden Zweitwohnung steuerpflichtig. Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, dem die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder sonstiger Dauernutzungsberechtigter zusteht, was auch bei unentgeltlicher Nutzung gilt. § 2 Abs. 1 und 2 ZwStS stellen ebenfalls jeweils auf das Innehaben einer Zweitwohnung ab. Dass den Vorschriften des § 2 Abs. 1, 2 Satz 1 und § 3 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 ZwStS ein unterschiedlicher Begriff des "Innehabens" zugrunde liegen könnte, ist systematisch auszuschließen.

80

Die Zweitwohnungssteuersatzung enthält damit in § 3 ZwStS und auch sonst keinerlei Bestimmungen, die sich ausdrücklich mit der für die Annahme einer Zweitwohnung begrifflich vorausgesetzten Erstwohnung und den Bedingungen der Steuerpflicht unter diesem Blickwinkel befassen. Damit ist jedoch der Kreis der Abgabenschuldner nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V als weitere Mindestvoraussetzung einer Steuersatzung angesprochen.

81

Die rechtlich gebotene vollständige Umschreibung des Steuertatbestandes bzw. der Steuerpflicht setzt die begriffliche Einbeziehung des Merkmals "Innehaben einer Erstwohnung" voraus (vgl. bereits den Beschl. des Senats v. 27.02.2007 - 1 M 103/06 -). Denn wenn nach der Regelungskonzeption des Ortsgesetzgebers Gegenstand der Steuererhebung bzw. Anknüpfungspunkt der Steuerpflicht das "Innehaben einer Zweitwohnung" ist, dann erfordert der Steuertatbestand schon aus Gründen der begrifflichen Logik auch, dass der Abgabenpflichtige sich entsprechend eine Erstwohnung leistet (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -; vgl. auch VG Halle, Urt. v. 11.01.2006 - 5 A 169/05 HAL - unter Hinweis auf das Urt. v. selben Tag in 5 A 236/05 HAL).

82

Der Zweitwohnungssteuersatzung ist jedoch durch Auslegung hinreichend bestimmt zu entnehmen, dass an die Inhaberschaft bezüglich der Erstwohnung die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie bei der Zweitwohnung; umgekehrt finden sich keine Anhaltspunkte für diesbezüglich differenzierende Anforderungen.

83

Das Merkmal des Innehabens nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS bezieht sich eindeutig sowohl auf die Erst- als auch die Zweitwohnung ("... neben seiner Hauptwohnung ... innehat ..."); "neben" ist hier ohne jeden Zweifel im Sinne von "beide nebeneinander" oder "beide gemeinsam" und bezogen auf "innehaben" gemeint. Deshalb ist eine unterschiedliche Deutung des Begriffs des "Innehabens" je nach Erst- oder Zweitwohnung schon begrifflich nach Maßgabe des Ortsrechts ausgeschlossen (vgl. VG Weimar, Urt. v. 27.09.2006 - 6 K 5509/04 -, juris).

84

Für diese Beurteilung spricht auch die in der Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS weiter formulierte Voraussetzung, die Zweitwohnung müsse jemand für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehaben. Gemäß dem - nach der entsprechenden Auslegung der Zweitwohnungssteuersatzung durch den Senat - einheitlich für Erst- und Zweitwohnung zu verwendenden Wohnungsbegriff und unter Einbeziehung der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 2 ZwStS kann dieses einengende Merkmal sinnvoll nur bedeuten, dass bei Nutzung der (Erst-)Wohnung durch eine Familie Inhaber nur derjenige ist, der als Eigentümer, Mieter oder als sonstiger Dauernutzungsberechtigter die Wohnung - auch - für den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat, nicht jedoch die übrigen Familienmitglieder, insbesondere regelmäßig nicht die Kinder. Diese Bewertung findet einen entstehungsgeschichtlichen Rückhalt in der - schon erwähnten - protokollierten Aussage der Abteilungsleiterin Finanzservice, Frau W..., im Rahmen der Stadtvertretungssitzung vom 11.November 2004, wonach Ausnahmen für Kinder, die bei ihren Eltern lebten, definiert würden, sie fielen nicht unter den Begriff der Zweitwohnungssteuer, weil sie keine Wohnung innehätten und nicht Wohnungseigentümer im Sinne des Meldegesetzes seien.

85

b) Wie angesichts des in der Zweitwohnungssteuersatzung einheitlich verwandten Begriffs des "Innehabens" das Verwaltungsgericht meinen kann, § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS sei so auszulegen, dass es für die Annahme einer Zweitwohnung allein auf den "formalen Akt der Meldung als Nebenwohnung", also nicht auf ein "Innehaben", ankomme, erschließt sich dem Senat nicht. Das erläuternde Merkmal "in melderechtlichem Sinne" in § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS bezieht sich zudem - wie ausgeführt - nur auf den Begriff der Hauptwohnung und nicht auf die Zweitwohnung oder das Merkmal des "Innehabens". Abgesehen davon, dass es einen "formalen Akt der Meldung als Nebenwohnung" so nicht gibt, sondern lediglich die Pflicht des Einwohners, bei jeder An- oder Abmeldung mitzuteilen, welche Wohnung seine Hauptwohnung ist und welche weiteren Wohnungen er hat (vgl. § 16 Abs. 4 Satz 1 LMG, ähnlich § 16 Abs. 3 LMG a.F.), ist eine Gleichsetzung des materiellen Kriteriums des "Innehabens" nach Maßgabe des einschlägigen Ortsrechts mit der "formalen Meldung als Nebenwohnung" jedenfalls schon von daher ausgeschlossen.

86

Ein gewichtiges Argument gegen eine Anknüpfung an die bloße "formale Meldung als Nebenwohnung" ist im Übrigen darin zu erblicken, dass der Ortsgesetzgeber ausweislich der Erläuterungen der finanziellen Auswirkungen zum Beschlussvorschlag vom 29.September 2004 und weiterer Unterlagen davon ausgegangen ist, dass weit mehr als ein Drittel der damaligen Nebenwohnsitzinhaber in Neubrandenburg entgegen den Bestimmungen des LMG dort - nur - mit Nebenwohnsitz gemeldet war, also in Neubrandenburg in Wirklichkeit gar nicht über einen Zweitwohnsitz verfügte. In der Sitzung der Stadtvertretung vom 11. November 2004 und der Bekanntmachungsanordnung zur Zweitwohnungssteuersatzung ist ebenfalls zentral davon die Rede, dass die Satzung als "Maßnahme zur Förderung der Anmeldung mit Hauptwohnsitz in der Stadt Neubrandenburg" zu betrachten sei. Das macht natürlich nur Sinn, wenn die Anmeldung mit Hauptwohnsitz konform mit dem Landesmeldegesetz erfolgen kann, folglich die bisherige Mitteilung als Nebenwohnsitz gesetzeswidrig war. Vor diesem Hintergrund wäre offenkundig die in einem Großteil der Fälle - schon nach Auffassung des Ortsgesetzgebers - unzutreffende "Meldung als Nebenwohnung" ein untaugliches Anknüpfungs- bzw. Tatbestandsmerkmal des Steuertatbestandes.

87

c) Bei der Zweitwohnung knüpft § 3 Abs. 1 Satz 2, 3 ZwStS an den Inhaber an, dem die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder als sonst dauernutzungsberechtigte Person zusteht, auch bei unentgeltlicher Nutzung; dieser Inhaberbegriff muss sich nach den vorstehenden Erwägungen auch auf die Erstwohnung beziehen. Diese Definition geht über den abgabenrechtlichen Begriff des Innehabens der Wohnung, der die tatsächliche Verfügungsmacht über die Wohnung erfordert (vgl. Gersch, in: Klein, AO, 9. Aufl., §8 Rn. 3) hinaus: Er verlangt, wie die Verwendung des Begriffs "Verfügungsbefugnis" und die Verknüpfung desselben mit der Stellung als Eigentümer, Mieter und sonst Dauernutzungsberechtigten eindeutig zeigt, eine rechtliche Absicherung der bestehenden tatsächlichen Verfügungsmacht, die für sich allein folglich nicht zur Begründung der Steuerpflicht genügt.

88

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist davon auszugehen, dass Kinder, die sich noch in der Ausbildung befinden, auch wenn sie volljährig geworden sind, typischerweise in der elterlichen Wohnung kein Zimmer "innehaben", weil sie nicht in der von § 3 Abs. 1 Satz 2 ZwStS geforderten rechtlich abgesicherten Weise verfügungsbefugt, sondern lediglich Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB, also nicht einmal Besitzer sind (vgl. VG Weimar, Urt. v. 27.09.2006 - 6 K 5509/04 -, juris, m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 05.12.2002 -16 K 3699/01 -, KStZ 2003, 213 - zitiert nach juris; VGH München, Urt. v. 14.02.2007 - 4 N 06.367 -, S. 11 des Urteils; VG Köln, Urt. v. 14.02.2007 - 21 K 2275/06 -, juris; Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 885 Rn. 7; OLG Hamburg, Beschl. v. 06.12.1990 - 6 W 73/90 -, NJW-RR 1991, 909 - zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 18.06.1970 - III C 33.69 -, BVerwGE 35, 297 - zitiert nach juris).

89

Wenn das Verwaltungsgericht Köln (Urt. v. 14.02.2007 - 21 K 2275/06 -, juris; ähnlich VGH München, Beschl. v. 20.03.2007 - 4 CS 07.478 -, juris) demgegenüber meint, für die Erstwohnung sei keine Verfügungsbefugnis erforderlich, das Innehaben werde in der dort überprüften Satzung nur für die Zweitwohnung verlangt, ist dies vorliegend schon deshalb unerheblich, weil die Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Neubrandenburg wie ausgeführt das Innehaben auch für die Erstwohnung voraussetzt. Aber auch im Übrigen überzeugt die Argumentation nicht, es entspreche dem Zweck der Zweitwohnungssteuer, an die Zweitwohnung höhere Anforderungen als an die Hauptwohnung zu stellen, die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsmöglichkeiten, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indizierten, seien für den Erstwohnsitz dagegen unerheblich, da er für sich keine steuerlichen Konsequenzen habe. Hierbei wird übersehen, dass begriffsimmanente Voraussetzung der Zweitwohnung die Existenz einer Erstwohnung ist, die folglich offensichtlich steuerliche Auswirkungen hat. Darüber hinaus setzt sich das Verwaltungsgericht Köln nicht damit auseinander, dass es bei einem differenzierten Begriff des "Innehabens" je nach Erst- oder Zweitwohnung überhaupt - wie im vorliegend zu entscheidenden Fall - an einem entsprechenden Begriff als notwendiger Bestandteil des Steuertatbestandes fehlen würde; hierfür wäre aber eine entsprechende Regelung erforderlich (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -).

90

Nach alledem fehlt dem Kläger hinsichtlich seines "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung als bloßer Besitzdiener die erforderliche Verfügungsbefugnis bezüglich einer Erstwohnung. Er ist nicht Inhaber einer solchen und folglich aus diesem Grunde nicht steuerpflichtig und der angefochtene Steuerbescheid auch deshalb rechtswidrig.

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3. Zudem stehen Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG einer zweitwohnungssteuerrechtlichen Behandlung des typischen "Kinderzimmers" bzw. der Beibehaltung eines Zimmers in der elterlichen Wohnung durch das Kind als Innehabung einer Erstwohnung und als tatbestandsmäßiger Steuergegenstand entgegen.

92

Die Zweitwohnungssteuer ist als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 346 f.; BVerwG, Urt. v. 27.10.2004 - 10 C 2.04 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 21, S. 29 f., v. 29.01.2003 - 9 C 3.02 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 20, S. 23 f. u. v. 26.09.2001 - 9 C 1.01 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 19, S. 16 = BVerwGE 115, 165, 168 jeweils m.w.N.). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Die Zweitwohnungssteuer erfasst die Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung von Einkommen für einen Aufwand zum Ausdruck kommt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich einerseits von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung, die keinen besonderen Aufwand gemäß Art. 105 Abs. 2a GG darstellt, unterscheidet, andererseits aber keineswegs eine besonders aufwendige oder luxuriöse Einkommensverwendung voraussetzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; Urt. v. 29.11.1991 - 8 C 107.89 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr.17). Soll zulässigerweise die in dem Aufwand für eine Zweitwohnung zum Ausdruck gebrachte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden, so kommt es schon aus Gründen der Praktikabilität nicht darauf an, dass diese Leistungsfähigkeit in jedem einzelnen Fall konkret festgestellt wird. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; Urt. v. 12.04.2000 - 11 C 12/99 -, BVerwGE 111, 122 m.w.N. - zitiert nach juris; VGH Kassel, Urt. v. 23.11.2005 - 5 UE 1546/05 -, NVwZ-RR 2006, 571).

93

Anknüpfungspunkt der Zweitwohnungssteuer ist demnach - auf eine kurze Formel gebracht - die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, wobei das Innehaben der Zweitwohnung als Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden, typischerweise diese Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Dabei ist zu beachten, dass die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt.

94

Dies alles sagt zunächst gerade nichts darüber aus, welche Anforderungen an die Annahme zu stellen sind, es liege eine Erstwohnung bzw. die Innehabung einer solchen vor, die überhaupt erst die weitere Annahme einer Zweitwohnung rechtfertigen kann. Auch wenn die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt, ist - wie gesagt - ihre Innehabung begriffliche Voraussetzung einer Zweitwohnung. Ohne äußerlich erkennbaren Aufwand für eine Erstwohnung - auch wenn es kein "besonderer" ist - gibt es folglich typischerweise keinen besonderen Aufwand für eine Zweitwohnung. Das Bestehen und Innehaben einer Erstwohnung betrifft nicht die Frage nach der Leistungsfähigkeit im Einzelfall bzw. danach, ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, sondern ist normative Voraussetzung für die Annahme einer Zweitwohnung. Dabei geht es deshalb insbesondere nicht etwa darum, eine Aufwandssummierung oder eine Prüfung vorzunehmen, ob es sich bei der Erstwohnung um ein besonders luxuriöses Anwesen handelt.

95

Wendet man den vorstehend erläuterten Maßstab auf die - gerade auch ausgehend von den Annahmen des Ortsgesetzgebers bzw. seiner Verwaltung zum Meldeverhalten von Studenten so charakterisierbare - regelmäßig anzutreffende Konstellation des von Studenten weiter bewohnten typischen "Kinderzimmers" bzw. einzelnen Zimmers in der elterlichen Wohnung an, so führt dies zu der Schlussfolgerung, dass dieser Sachverhalt nicht die Innehabung einer Erstwohnung im Verhältnis zu einer weiteren Wohnung am Studienort darstellen kann. Denn typischerweise hat der "Zimmerbewohner", also das Kind, sei es minderjährig oder volljährig, für das "Kinderzimmer" selbst gerade keinen ihm zurechenbaren Aufwand getätigt bzw. kein eigenes Einkommen für dieses aufgewandt. Diesen Aufwand leisten vielmehr - grundsätzlich nach außen ohne weiteres erkennbar und ohne dass es insoweit einer Einzelfallprüfung bedürfte - typischerweise bzw. im Regelfall die Eltern in Verwendung ihres Einkommens. Er ist folglich ausschließlich ihnen zurechenbar. Der Umstand, dass ein Kind volljährig wird und ein Studium an einem anderen Ort aufnimmt, führt nicht gleichsam zu einer "Umwidmung" des elterlichen Aufwandes in einen solchen des Kindes; auch an der Besitzdienerstellung des Kindes hinsichtlich des Zimmers ändert sich grundsätzlich nichts (vgl. Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 885 Rn.7; OLG Hamburg, Beschl. v. 06.12.1990 - 6 W 73/90 -, NJW-RR 1991, 909 - zitiert nach juris). Das Beibehalten des "Kinderzimmers" kann deshalb typischerweise aufwandsteuerrechtlich nicht als Innehaben einer Erstwohnung und nicht als tatbestandsmäßig im Sinne des Steuergegenstandes des Zweitwohnungssteuerrechts bewertet werden. Folglich kann die Wohnung am Studienort keinen besonderen Aufwand bzw. keine Zweitwohnung darstellen. Der Beklagte macht selbst in seinem Widerspruchsbescheid im Prinzip genau dies deutlich, wenn er dort ausführt, das Zimmer in der elterlichen Wohnung würde für sich nicht die Anforderungen an eine Zweitwohnung erfüllen.

96

Unter Zugrundelegung des bundesrechtlichen Begriffs der Aufwandsteuer nach Maßgabe von Art.105 Abs. 2a Satz 1 GG, wie er auch in § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V verwandt wird, können die typischen "Kinderzimmerfälle", also die Fälle, in denen Studenten neben ihrer Wohnung am Studienort in der elterlichen Wohnung noch ein Zimmer beibehalten, mangels Innehaben einer Erstwohnung nicht mit der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer belegt werden; sie unterfallen tatbestandlich nicht dem Steuergegenstand des Zweitwohnungssteuerrechts. Folglich darf eine zweitwohnungssteuerrechtliche Definition des Steuergegenstandes die typischen "Kinderzimmerfälle" nicht erfassen bzw. der ortsrechtliche Steuergegenstand nicht in diesem Sinne ausgelegt werden.

97

Dieses Ergebnis stützt auch Art. 3 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab.

98

Umfang und Bedeutung des allgemeinen Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sind - soweit dies abstrakt und generell, also losgelöst von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalles möglich ist - durch eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen geklärt. Danach steht für den Bereich steuerlicher Regelungen fest, dass dem Steuergesetzgeber bei der Entscheidung, welche Steuerquellen erfasst werden sollen, eine weitgehende Gestaltungsfreiheit im Rahmen seiner finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen zukommt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.04.1997 - 8 B 87.97 - (juris); BVerfG, Beschl. v. 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 354; BVerwG, Urt. v. 08.12.1995 - 8 C 36.93 -, Buchholz 401.67 Schankerlaubnissteuer Nr. 20, S. 1, 9 ff.). Diese weitgehende Gestaltungsfreiheit des Steuergesetzgebers findet ihre Grenze dort, wo kein einleuchtender Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung ersichtlich ist (BVerfG, Beschl. v. 06.12.1983, a.a.O.).

99

Mit einem ortsrechtlich definierten Steuergegenstand, der das typische "Kinderzimmer" als Erstwohnung erfasste, würde der Ortsgesetzgeber den mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG zulässigen Regelungsrahmen überschreiten: Die Qualifizierung der Beibehaltung eines "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung als Innehaben einer Erstwohnung, die überhaupt erst die Besteuerung der "Zweitwohnung" möglich macht, entfernte sich so weit vom aufwandsteuerrechtlichen Anknüpfungspunkt der nach außen durch eine bestimmte Konsumform dokumentierten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, von Sinn und Zweck der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer und den zugrunde liegenden sozialen Gegebenheiten, dass das Urteil der Willkürlichkeit bzw. die Annahme eines Verstoßes gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG angelegten Grundsatz der Steuergerechtigkeit und einer Überschreitung der Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V gerechtfertigt wäre (vgl. zutreffend OVG Koblenz, Beschl. v. 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -; OVG Schleswig, Urt. v. 20.03.2002 - 2 L 136/00 -, juris). Es erscheint dem Senat trotz eines nach dem jährlichen Mietaufwand differenzierenden Steuermaßstabes (vgl. § 4 ZwStS) unter dem Blickwinkel der Steuergerechtigkeit nicht zu rechtfertigen, einen Studenten mit "Kinderzimmer" bei den Eltern und einem Zimmer im Studentenwohnheim hinsichtlich seiner prinzipiellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zweitwohnungssteuerrechtlich mit einem Steuerpflichtigen nach dem klassischen Bild (vgl. Holz, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 3 Anm. 3.4.1) desjenigen, der in einer Fremdenverkehrsgemeinde etwa über eine eigengenutzte Ferienwohnung verfügt, gleichzustellen: Hier wird wesentlich Ungleiches ohne sachlichen Grund gleichbehandelt. Ist der entsprechende Sachverhalt bei einem solchen Studenten regelmäßig zum einen durch eine abgeschwächt fortbestehende Bindung zur Familie - gewissermaßen als Vorstufe einer späteren vollständigen Selbständigkeit in der Wohnsituation - und zum anderen durch die praktischen Notwendigkeiten des Studiums begründet, also durch Umstände, die in keinem Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stehen, geht es im anderen Falle typischerweise um die Anschaffung und Unterhaltung einer Erholungsmöglichkeit in Gestalt einer Wohnung aus eigenem Einkommen, die regelmäßig maßgeblich durch eine entsprechende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erst veranlasst ist.

100

Ob es ggfs. auch Art. 6 Abs. 1 GG verbietet, die Beibehaltung des "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung durch einen Studenten als für die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer erheblichen Aufwand für eine Erstwohnung zu qualifizieren, kann mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen offenbleiben. Angemerkt sei allerdings, dass - jedenfalls wenn man unterstellt, die Angabe dieses "Kinderzimmers" als Hauptwohnung wäre melderechtlich zutreffend - die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in diesen Fällen unzweifelhaft den Bereich des familiären Zusammenlebens betreffen würde und im Extremfall den Studenten aus wirtschaftlichen Erwägungen mittelbar zwingen könnte, seine Wohnung bei den Eltern aufzugeben, um der Steuer zu entgehen.

101

4. Der Umstand, dass der Kläger Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bezieht, führt ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der Steuererhebung.

102

Der Ortsgesetzgeber ist von Verfassungs wegen - Art. 105 Abs. 2a Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip - gehalten, Studenten, die Leistungen nach dem BAföG beziehen, im Rahmen einer Zweitwohnungssteuersatzung von der Steuerpflicht auszunehmen, wie es etwa für touristische Aufenthalte in § 3 Abs. 3 ZwStS geschehen ist (vgl. FG Bremen, Urt. v. 01.02.2000 - 299283K2 -, NVwZ-RR 2001, 56, zitiert nach juris; BVerfG, Beschluss v. 14.10.1997 - 1 BvL 5/93 -, BVerfGE 96, 330, zitiert nach juris, lässt allerdings offen, ob aus Art.2 Abs.1, 12 Abs. 1 i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip eine Pflicht des Gesetzgebers folgt, überhaupt staatliche Leistungen zur individuellen Ausbildungsförderung vorzusehen).

103

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz dient der Verwirklichung der Chancengleichheit im Bildungswesen, indem es nach seinem § 1 dem Auszubildenden individuelle Ausbildungsförderung gewährt, wenn ihm die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.02.1993 - 11 B 91/92 -, FamRZ 1993, 1376; Beschl. v. 06.11.198 -5 C 36.88 -, Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 89, jeweils zitiert nach juris). Der Gesetzgeber hat mit den Vorschriften des BAföG ein besonderes Sozialleistungssystem geschaffen. Seine Regelungen über Förderungsvoraussetzungen sowie Art, Höhe und Dauer der Leistungen sind auf die besondere Lebenssituation der Studierenden zugeschnitten, die auf öffentliche Hilfe bei der Finanzierung ihres Studiums angewiesen sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.1997 - 1 BvL 5/93 -, BVerfGE 96, 330, zitiert nach juris).

104

Der BAföG-Höchstsatz selbst vermag im Übrigen in der Regel die typischen Aufwendungen des Studierenden für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung nur auf niedrigstem Niveau zu decken (vgl. VG Minden, Urteil v. 11.11.2004 - 9 K 1939/04 -, juris).

105

Im Hinblick auf die besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die sich aufwandsteuerrechtlich aus dem Innehaben einer Zweitwohnung ergeben soll, ist zu bedenken, dass mit einem Bescheid über die Bewilligung von Ausbildungsförderung nach dem BAföG durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass dem Kläger als Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen (vgl. § 1 BAföG). Dieser Bescheid stellt im vorliegenden Kontext gleichsam die staatliche Feststellung der fehlenden bzw. beschränkten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Betreffenden dar und dokumentiert diese nach außen ohne weiteres erkennbar und ohne dass im Einzelfall eine Prüfung des damit dokumentierten Sachverhalts durch die Zweitwohnungssteuerbehörde erfolgen müsste. Der an sich "gewöhnlich" nach dem Begriff der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer durch das Innehaben der Zweitwohnung nach außen dokumentierte besondere Aufwand kann in diesen Fällen deshalb grundsätzlich nicht mehr die Schlussfolgerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nach sich ziehen.

106

Es geht insoweit nicht um die - prinzipiell unerhebliche - Frage, woher die Mittel stammen, aus denen die Zweitwohnung finanziert wird, sondern vielmehr darum, dass der aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität gewöhnlich aus dem Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden, zu ziehende Schluss auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch ein gewichtigeres Merkmal im Sinne eines ebenfalls äußerlich erkennbaren Zustandes, nämlich der durch einen Bescheid festgestellten Bedürftigkeit als Gegenteil der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, unzulässig ist. Es liegt auf der Hand, dass dem staatlichen Bescheid, dem eine Prüfung bzw. ein entsprechendes Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, erheblich mehr Gewicht beizumessen ist als dem bloßen Faktum des Innehabens einer Zweitwohnung. Nur durch eine solche Betrachtung wird ein nicht hinnehmbarer Wertungswiderspruch zwischen Anspruchsberechtigung nach dem BAföG einerseits und Zweitwohnungssteuerpflicht andererseits vermieden. Es liefe der bundesgesetzlichen Zielsetzung zuwider, wenn einerseits staatliche Leistungen nach dem BAföG gewährt werden, diese Leistungen aber andererseits zum Teil von einer anderen staatlichen Stelle über die Erhebung einer kommunalen Zweitwohnungssteuer unter einem Gesichtspunkt wieder entzogen werden, der in Zusammenhang mit dem Studium steht.

107

Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich gemacht (Beschl. v. 11.10.2005 - 1 BvR 1232/00, 1BvR 2627/03 -, NJW 2005, 3556, zitiert nach juris), dass das Innehaben einer Zweitwohnung ein Zustand sei, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordere und "in der Regel" wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringe. Diese "Regel" ist im Sinne der vorstehenden Erwägungen im Falle der Personen, die Leistungen nach dem BAföG beziehen, regelmäßig durchbrochen. Werden solche Personen einer Zweitwohnungssteuer unterworfen, steht dies zum einen in Widerspruch zum Begriff der Aufwandsteuer. Zum anderen werden sie gleichheitswidrig wirtschaftlich Leistungsfähigen gleichgestellt.

108

Die Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Neubrandenburg hätte demnach Studenten, die Leistungen nach dem BAföG beziehen, von der Steuerpflicht ausnehmen müssen. Der Kläger durfte - anders gewendet - als Empfänger von Leistungen nach dem BAföG nicht zur Zweitwohnungssteuer herangezogen werden, so dass der angefochtene Steuerbescheid auch aus diesem Grunde rechtwidrig ist; die Frage, ob für Studenten, die Leistungen nach dem BAföG beziehen, ggfs. eine abweichende Festsetzung der Zweitwohnungssteuer aus Billigkeitsgründen (§12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 163 AO) oder ein Erlass nach § 227 AO in Betracht kommt (vgl. VG Köln, Urt. v. 14.02.2007 - 21 K 2275/06 -, juris; vgl. hierzu auch die Äußerungen verschiedener Personen in der Sitzung des Hauptausschusses der Stadtvertretung Neubrandenburg vom 09.12.2004, wonach der Eindruck entstehen könnte, dass für BAföG-Empfänger grundsätzlich ein Erlass nach § 227 AO möglich sein sollte), stellt sich folglich nicht mehr; die Vertreter des Beklagten haben sich in der mündlichen Verhandlung immerhin dahingehend geäußert, dass in der Praxis entsprechende Anträge gestellt und vom Beklagten geprüft würden.

109

5. Ob eine Steuererhebung gegenüber dem Kläger zudem gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen bzw. die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung zur Erhebung einer Aufwandsteuer in Gestalt der Zweitwohnungssteuer überschreiten würde, weil möglicherweise in Wahrheit sein Zimmer in Neubrandenburg seine Hauptwohnung war und ist, kann mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen im Ergebnis offen bleiben.

110

Angemerkt sei insoweit allerdings Folgendes: Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 06.März 2006 - 1 O 32/06 - in einem Parallelverfahren vermutet bzw. angedeutet, offenbar nehme der Ortsgesetzgeber bei der Erhebung von Zweitwohnungssteuer billigend in Kauf, dass er auch solche Studenten der Steuer unterwirft, die - entgegen den Vorschriften des Landesmeldegesetzes - in Wirklichkeit ihren Hauptwohnsitz in Neubrandenburg unterhalten und folglich an sich nicht dem Zweitwohnungsbegriff des § 2 Abs. 2 ZwStS unterfielen.

111

Diese bloße Vermutung ist auf der Basis der Entstehungsgeschichte der Satzung, wie sie in den vom Beklagten inzwischen vorgelegten Unterlagen zum Ausdruck kommt, der entsprechenden Gewissheit gewichen. Der Satzungsgeber ging von der - vorsichtigen ("Die Herangehensweise bei der Schätzung der Zahl 1500 war zaghaft", vgl. Niederschrift über die 4. Sitzung des Finanzausschusses vom 27. Oktober 2004) - Annahme aus, dass 1.500 Einwohner falsche Mitteilungen zu ihren Wohnverhältnissen bezüglich Haupt- und Nebenwohnung gemacht haben. Diese unterwirft er folglich mit voller Absicht der Zweitwohnungssteuer und knüpft damit ganz bewusst an eine melderechtswidrige Sachlage an. Er hofft zwar einerseits, dass die betroffenen Einwohner sich angesichts der Steuererhebung nun melderechtskonform verhalten und ihren Hauptwohnsitz - in Neubrandenburg - richtig mitteilen. Andererseits kann er diese Reaktion der betroffenen Einwohner nicht steuern und nimmt dann "hilfsweise" in Kauf, dass diese tatsächlich Zweitwohnungssteuer zahlen.

112

Der Beklagte ist - allerdings im übertragenen Wirkungskreis, § 1 Abs. 1 LMG - auch Meldebehörde (§ 1 Abs. 2 LMG) und als solche verpflichtet, bei konkreten Anhaltspunkten für die Unrichtigkeit des Melderegisters den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 21 Abs. 2 LMG). Ob hier im Bereich des Beklagten erhebliche Vollzugsdefizite bestehen, mag dahinstehen. Die Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen wird quasi durch die Zweitwohnungssteuersatzung und ihre Umsetzung ersetzt und damit der Sache nach kommunale Abgabenerhebung im Rahmen der Selbstverwaltung mit der meldebehördlichen Aufgabenerfüllung durch den Beklagten im übertragenen Wirkungskreis vermengt. In den Fällen, in denen Einwohner sich nicht von der Erhebung der Zweitwohnungssteuersatzung beeinflussen lassen, begnügt sich der Beklagte dann offenbar damit, dass dem Stadthaushalt als "Ausgleich" die Steuereinnahmen zufließen.

113

Diese Art der Steuererhebung könnte dem Charakter der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer zuwider laufen bzw. Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Blickwinkel der Steuergerechtigkeit verletzen.

114

Anders als in dem vom VGH München (Urt. v. 14.02.2007 - 4 N 06.367 -, S. 12 des Urteils) entschiedenen Fall kann vorliegend jedenfalls nicht gesagt werden, dass die Zahl der Betroffenen zahlenmäßig nicht ins Gewicht fiele und der (Orts-) Steuergesetzgeber deshalb nicht zu einer aus Gründen der Steuergerechtigkeit gebotenen Sonderregelung gehalten gewesen wäre. Zwar hat der Bundesfinanzhof, auf den der VGH München Bezug nimmt, ausgeführt, gegen das Abstellen auf die Meldung als solche bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken, selbst wenn dadurch im Einzelfall Wohnungsinhaber zur Zweitwohnungsteuer herangezogen würden, die mit einer Wohnung als Nebenwohnung gemeldet sind, die in Wirklichkeit ihre Hauptwohnung ist. Denn der BFH ging insoweit davon aus, dass es sich dabei um zahlenmäßig nicht ins Gewicht fallende Ausnahmen handele, die der Gesetzgeber bei der notwendigen Typisierung im Interesse der Praktikabilität sowie angesichts der Tatsache, dass die Betroffenen ihre Meldung jederzeit richtigstellen können, habe vernachlässigen dürfen (vgl. BFH, Urt. v. 05.03.1997 - II R 41/95 -, NVwZ-RR 1998, 331; vgl. dazu auch BVerfG, Beschl. v. 29.05.1990 - 1 BvL 20, 26/84 u.a. -, BVerfGE 82, 60, 95 f., sowie v. 8.02.1983 - 1 BvL 28/79 -, BVerfGE 63, 119, 128). Diese Grundannahme des BFH trägt vorliegend angesichts der von der Stadt Neubrandenburg vorgelegten Zahlen offensichtlich nicht; um zahlenmäßig nicht ins Gewicht fallende Ausnahmen handelt es sich bei denjenigen, die fälschlich Neubrandenburg als Nebenwohnsitz angegeben haben, ersichtlich nicht.

115

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

116

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

117

Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf den bundesrechtlichen Begriff der Aufwandsteuer, der vorliegend die Auslegung des Ortsrechts, der Begriffe der Erst- und Zweitwohnung sowie des Begriffs des Innehabens maßgeblich geprägt hat, bzw. im Hinblick auf die Beantwortung der in der dazu vorliegenden Rechtsprechung gegensätzlich beantworteten Fragen, ob ein "Kinderzimmer" in der elterlichen Wohnung als zweitwohnungssteuererhebliche Erstwohnung betrachtet und ob ein Empfänger von Leistungen nach dem BAföG der Zweitwohnungssteuer unterworfen werden darf, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr.1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 15.Juli 2005 - 3 A 584/03 - geändert und der Bescheid des Beklagten vom 04. Juni 2002 - Kassenzeichen ... - in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. November 2002 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 07. März 2003 aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Klägers abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Zweitwohnungssteuern.

2

Der Kläger bewohnte während seines Studiums an der Fachhochschule Stralsund ein 12m² großes Zimmer einer Wohngemeinschaft in der Straße H... in Stralsund. Nach der Meldebescheinigung des Beklagen, Amt für öffentliche Sicherheit, Gesundheit und Umwelt, vom 03. Mai 2005 war diese Wohnung für den Kläger vom 01. Januar 1998 bis zum 31. August 2002 als Nebenwohnung gemeldet. Als Hauptwohnung hatte er die in der H... in 1... G... befindliche Wohnung seiner Eltern gemeldet. Der jährliche Mietaufwand für die Stralsunder Wohnung betrug 1.830,42 Euro. Der Kläger hat während seines Studiums keine Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten. Die Eltern haben ihn mit monatlichen Zahlungen in Höhe von 700,- DM unterstützt.

3

Der Beklagte setzte gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 04. Juni 2002 für die Zeit von April 1999 bis Ende 2002 auf der Grundlage der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Stralsund vom 08. November 2001 Zweitwohnungssteuern in Höhe von jährlich (1999 bis 2001) 153,39 Euro bzw. 150,- Euro (für das Jahr 2002), für den gesamten Zeitraum in Höhe von 571,82 Euro fest. Der Kläger ließ durch seinen von ihm bevollmächtigten Vater mit am 05. August 2002 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben erklären, dass er sich gegen die Veranlagung zur Zweitwohnungssteuer wende. Er habe die Unterkunft in der "Wohngemeinschaft H...." aufgegeben, erhalte kein BAföG und habe auch keine anderweitigen Einnahmen. Nachdem der Beklagte den Kläger gebeten hatte, zur Prüfung eines Erlasses der Zweitwohnungssteuer weitere Angaben zu machen, ließ dieser unter anderem erklären, Hauptwohnsitz bleibe die Wohnung der Eltern, wo die Wochenenden, Feiertage und Ferien verbracht würden. Zudem stelle sich die Frage, wie man eine Zweitwohnung haben könne, wenn eine Erstwohnung nicht vorhanden sei.

4

Nachdem der Kläger zum 31. August 2002 aus der Wohnung "H..." ausgezogen war und sich von dort abgemeldet hatte, erließ der Beklagte unter dem 11. November 2002 einen weiteren Zweitwohnungssteuerbescheid, mit dem er für das Jahr 2002 wegen der Abmeldung nur noch einen reduzierten Steuerbetrag in Höhe von 112,50 Euro, mithin insgesamt 534,32 Euro geltend machte. Mit Bescheid vom 10. Dezember 2002 lehnte der Beklagte einen Erlass der Zweitwohnungssteuer nach § 127 AO 1977 ab. Mangels Nachweisführung hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse sei eine unbillige Härte durch die Steuerforderung nicht feststellbar.

5

Der Kläger teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 27. Dezember 2002 unter Bezugnahme auf das "Schreiben vom 10.12.2002" mit, er habe sich in Stralsund seinerzeit ohne Kenntnis darüber angemeldet, dass er sich damit für eine Zweitwohnung anmelde. Nach der Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten sei die Hauptwohnung im melderechtlichen Sinne die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Daher habe er sich in Stralsund für eine Wohnung angemeldet, die er vorwiegend benutzt habe.

6

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen die Festsetzung von Zweitwohnungssteuer, als den er offenbar dessen Schreiben vom 27. Dezember 2002 verstanden hatte, mit Widerspruchsbescheid vom 07. März 2003 zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe nach eigenen Angaben und nach nochmaliger Kontrolle der Meldeunterlagen neben seiner Hauptwohnung in G... eine weitere Wohnung in "H..." als Nebenwohnung angemeldet gehabt. Diese Wohnung sei als Zweitwohnung zu besteuern, unabhängig davon, welche Rechte an der Hauptwohnung bestünden. Der Kläger sei vor der Einführung der Zweitwohnungssteuer im Jahre 1999 im Kämmereiamt sowie bei der Abteilung Meldewesen über die Möglichkeit der Ummeldung informiert worden. Außerdem sei durch das Kämmereiamt direkt an der Fachhochschule eine Informationsveranstaltung zur Zweitwohnungssteuer durchgeführt worden. Der Umstand, dass die Wohnung in Stralsund vorwiegend genutzt werde, hätte also schon im April 1999 richtig gestellt werden müssen.

7

Der Kläger hat gegen die Zweitwohnungssteuerbescheide des Beklagen vom 04. Juni 2002 sowie vom 11. November 2002 am 20. März 2003 vor dem Verwaltungsgericht Greifswald Klage (3 A 584/03) erhoben.

8

Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, er habe seinerzeit die Wohnung "H...." als Nebenwohnung angemeldet, da er der Meinung gewesen sei, die elterliche Wohnung in G... sei die Hauptwohnung. Demgegenüber bestimme das Landesmeldegesetz, welche die Hauptwohnung sei. Auch die Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Stralsund regele eindeutig, dass die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners die Hauptwohnung sei. Die vorwiegend genutzte Wohnung sei diejenige in "Stralsund" gewesen, die während des Studiums als Dauerwohnung in der Woche und auch an vielen Wochenenden genutzt worden sei.

9

Der Kläger hat beantragt,

10

den Zweitwohnungssteuerbescheid des Beklagten vom 04. Juni 2002 - Kassenzeichen: ... - in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11. November 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 07. März 2003 aufzuheben.

11

Der Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, es komme nicht darauf an, ob dem Kläger bewusst gewesen sei, dass er mit der Anmeldung einer "weiteren Wohnung" in Stralsund eine Nebenwohnung angemeldet habe. Er habe sich jedenfalls nicht im Januar 1998 mit seinem Hauptwohnsitz in G... abgemeldet, wozu er verpflichtet gewesen wäre, wenn er seinen Hauptwohnsitz von dort nach Stralsund verlegt hätte. Der Meldebehörde in Stralsund sei im Januar 1998 keine Abmeldung vorgelegt worden. Es sei auch keine Änderung des Hauptwohnsitzes mitgeteilt worden, stattdessen sei ab dem 01. Januar 1998 die Hauptwohnung des Klägers mit der Anschrift 1... G..., H.... eingetragen gewesen. Dafür, dass der Kläger in der Folgezeit die Wohnung in G.... als Hauptwohnung beibehalten habe, spreche die kurze Entfernung von zirka 60 Kilometern zwischen dem Studienort und dem Heimatort G..., der zugleich Wohnsitz der Eltern des Klägers sei. Diese Entfernung erfordere eine Fahrzeit von zirka einer Stunde und lasse die Möglichkeit einer etwaigen täglichen Hin- und Rückfahrt zwischen Studienort und Hauptwohnung als nicht fernliegend erscheinen. Auch die Erklärung des Vaters des Klägers, wonach Hauptwohnsitz die Wohnung der Eltern bleibe, wo die Wochenenden, Feiertage und Ferien verbracht würden, spreche für eine tatsächliche Beibehaltung des Hauptwohnsitzes in G... . Daher sei bis zu einem Gegenbeweis von dort individuell genutztem Wohnraum, der auch nur ein eigenes Zimmer umfasst haben könne, auszugehen, welchen der Kläger in oder auch neben der elterlichen Wohnung innegehabt und persönlich genutzt habe.

14

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 15. Juli 2005 - 3 A 584/03 - abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

15

Der Zweitwohnungssteuerbescheid habe eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Kalenderjahre 1999 bis 2001 in der Zweitwohnungssteuersatzung (a.F.) vom 17.03.1999 und im Übrigen in der Zweitwohnungssteuersatzung vom 26.11.2001. Diese Satzungen seien materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sei es unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht zu beanstanden, dass die Satzung keinen generellen Befreiungs- bzw. Ermäßigungstatbestand für Studenten und Auszubildende sowie für die Nutzung einer Zweitwohnung aus beruflichen Gründen enthalte. Solange die Zweitwohnung für die persönliche Lebensführung vorgehalten werde, komme es für die Steuerpflicht auf die Motive und Zwecke für das Vorhalten der Zweitwohnung nicht an. Der Satzungsgeber sei im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes jedenfalls nicht dazu verpflichtet, Studenten von der Zahlung der Zweitwohnungssteuer generell zu befreien.

16

Auch die Satzungsanwendung sei nicht zu beanstanden. Insbesondere handele es sich bei der von dem Kläger gemieteten Wohnung um eine Zweitwohnung. Im Zweitwohnungssteuerrecht gelte ein eigenständiger Wohnungsbegriff. Wohnung in diesem Sinne sei jede umschlossene Räumlichkeit, die von ihrer Ausstattung her zumindest zum zeitweisen Wohnen geeignet sei und genutzt werde. Eine konkrete Mindestausstattung der Räumlichkeit (z.B. Kochgelegenheit, Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Stromversorgung, Heizung und Waschmöglichkeit) sei nicht erforderlich, wenn diese Ausstattungen in vertretbarer Nähe zur Verfügung stünden.

17

Entgegen der Auffassung des Klägers scheide die Annahme einer Zweitwohnung auch nicht deshalb aus, weil er nicht über eine "Erstwohnung" verfüge. Der Einwand betreffe die Frage, ob das ("Kinder-")Zimmer, das von Studenten in der elterlichen Wohnung häufig noch während des Studiums genutzt werde, als Wohnung angesehen werden könne. Diese Frage sei zu bejahen. Ausreichend für das Innehaben einer "Erstwohnung" sei, dass dem Kläger in der elterlichen Wohnung ein eigenes Zimmer zur Verfügung stehe. Für die Annahme einer eigenen Verfügungsmacht sei die Begründung eines eigenen Miet- oder Untermietverhältnisses nicht erforderlich, solange er die Wohnung im Einverständnis seiner Eltern mitnutzen dürfe. Ebensowenig bedürfe es einer alleinigen Verfügungsbefugnis.

18

Das Zimmer des Klägers in der Wohngemeinschaft "H..." sei eine Zweitwohnung. Hierfür spreche, dass der Kläger dort mit Nebenwohnung gemeldet gewesen sei und nach Aufgabe seines Studiums die Hauptwohnung sofort wieder bei den Eltern in G... genommen habe. Zwar könne die damit begründete Indizwirkung erschüttert und der Nachweis geführt werden, dass die Meldung sachlich falsch gewesen sei. Das sei hier jedoch nicht der Fall, da dem Kläger die Bedeutung der Begriffe Haupt- und Nebenwohnung nicht unklar gewesen sei. Er habe zu Recht ausgeführt, dass Hauptwohnsitz die Wohnung der Eltern bleibe, wo die Wochenenden, Feiertage und Ferien verbracht würden. Wenig glaubhaft sei die Behauptung des Klägers, er habe auch seine Freizeit im Wesentlichen in Stralsund und nicht bei den Eltern in G... verbracht. Gleiches gelte für die Behauptung, sein Zimmer in G... sei nach seinem Umzug nach Stralsund zu einem Gästezimmer umgestaltet worden, wovon zuvor nie die Rede gewesen sei. Wenn der Kläger meine, seine Wohnung in Stralsund sei die zur Wahrnehmung des Studiums vorwiegend benutzte Wohnung, möge dies zutreffend sein; es helfe ihm aber nicht weiter. Denn ein zeitlich begrenzter Zweck wie ein Studienaufenthalt sage allein nichts über den vorliegend maßgeblichen Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Betroffenen.

19

Das Urteil ist dem Kläger am 23. Juli 2005 zugestellt worden. Auf den fristgerecht gestellten und begründeten Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 29. Juni 2007 die Berufung des Klägers zugelassen.

20

Der Kläger hat im Berufungsverfahren eine eidesstattliche Versicherung sowie solche seiner Eltern eingereicht, in denen im Wesentlichen erklärt wird, dass er sich im hier interessierenden Zeitraum aus im Einzelnen erläuterten Gründen vorwiegend an seinem Studienort Stralsund aufgehalten habe. Wegen der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.

21

Die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Stralsund vom 08.11.2001 ist mit Beschluss vom 14.12.2006 rückwirkend zum 31.03.2005 geändert worden. Die §§ 1 bis 3 dieser Satzung lauten nunmehr:

22

§ 1 Allgemeines

23

Die Hansestadt Stralsund erhebt eine Zweitwohnungssteuer.

24

§ 2 Steuergegenstand

25

(1) Gegenstand der Steuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet.

26

(2) Das Innehaben einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, unterliegt nicht der Zweitwohnungssteuer.

27

(3) Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung in melderechtlichem Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat. Eine Wohnung verliert die Eigenschaft einer Zweitwohnung nicht dadurch, dass ihr Inhaber sie zeitweilig zu anderen als den vorgenannten Zwecken nutzt. Die Art der Nutzung der Wohnung für Erholungs-, Ausbildungszwecke oder Arbeitsaufenthalt ist dabei nicht entscheidend.

28

§ 3 Steuerpflichtiger

29

(1) Steuerpflichtig ist der Inhaber einer im Stadtgebiet liegenden Zweitwohnung. Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, dem die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder als sonstiger Dauernutzungsberechtigter zusteht. Das gilt auch bei unentgeltlicher Nutzung.

30

Der Kläger führt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf das Urteil des Senates vom 20. Juni 2007 - 1 L 194/06 - aus, dass er in G... keine "Erstwohnung" "innegehabt" habe. Während des Studiums habe er sein altes Kinderzimmer im Elternhaus beibehalten. Dabei habe es sich um ein zirka 20 m² großes Zimmer gehandelt, welches während seiner studiumbedingten Abwesenheit auch als Zimmer für weitere Familienangehörige genutzt worden sei. Wenn er bei seinen Eltern gewesen sei, habe er auch das gemeinsame Bad und die Küche mitbenutzen können. Das Zimmer sei ein typisches Kinderzimmer und nicht vom übrigen Elternhaus abgetrennt gewesen. Zur näheren Darlegung dieser Umstände hat der Kläger u. a. Grundrisse des Einfamilienhauses der Eltern in G... vorgelegt. Einem die elterliche Wohnung mitbenutzenden Studenten komme an einem Kinderzimmer als Besitzdiener noch nicht einmal die tatsächliche Verfügungsbefugnis zu, so dass von einer rechtlichen Verfügungsbefugnis nicht die Rede sein könne. Außerdem stehe Art.105 Abs. 2 a Satz1 und Art. 3 Abs. 1 GG einer zweitwohnungssteuerrechtlichen Behandlung des typischen "Kinderzimmers" bzw. der Beibehaltung eines Kinderzimmers in der elterlichen Wohnung durch das Kind als Innehaben einer Erstwohnung und als tatbestandsmäßiger Steuergegenstand entgegen, wie das Oberverwaltungsgericht Greifswald in dem Urteil vom 20.Juni 2007 entschieden habe.

31

Die angefochtenen Zweitwohnungssteuerbescheide seien außerdem deshalb rechtswidrig, weil die von dem Beklagten als Zweitwohnung bewertete Wohnung "H...." in Stralsund die vorwiegend benutzte Wohnung, also die Hauptwohnung gewesen sei. Er habe im fraglichen Zeitraum in Stralsund eine feste Freundin und einen großen Freundeskreis gehabt, am öffentlichen Leben der Hansestadt Stralsund aktiv teilgenommen und hier überwiegend seine Freizeit verbracht. Auch während der Semesterferien habe er sich in Stralsund aufgehalten und dort den Schwerpunkt seiner Lebensbeziehungen gehabt. Demgegenüber habe er sein Kinderzimmer im Elternhaus nur zu gelegentlichen Besuchen, oft nur tagsüber genutzt.

32

Der Kläger beantragt,

33

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 15. Juli 2005 zu ändern und den Zweitwohnungssteuerbescheid des Beklagten vom 04. Juni 2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11. November 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 07.März 2003 aufzuheben.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Der Kläger habe für die zurückliegende Studienzeit im August 2002 eindeutig erklärt, dass der Hauptwohnsitz die Wohnung der Eltern bleibe, wo die Wochenenden, Feiertage und Ferien verbracht würden. Die nunmehrigen davon abweichenden Erklärungen seien mit Blick auf die Unzweckmäßigkeit der ursprünglichen Äußerung erfolgt und könnten nicht überzeugen. Zwar sei es möglich, dass sich der Kläger wie sein Vater in Unkenntnis der melderechtlichen Begrifflichkeiten geäußert hätten. Der Kläger habe jedoch ausreichend Möglichkeit gehabt, sich auf Informationsveranstaltungen vor Einführung der Zweitwohnungssteuer an der Fachhochschule und bei dem Studentenwerk zu erkundigen und sich danach zu entscheiden. Soweit es um die Frage des "Innehabens" einer Erstwohnung gehe, gebe es keine Vermutung, dass Studenten, die ihren Hauptwohnsitz mit der elterlichen Adresse gemeldet hätten, regelmäßig lediglich als Besitzdiener anzusehen seien. Für eine solche Vermutung fehle es sowohl an einer gesetzlichen Grundlage als auch an gesicherten tatsächlichen Erfahrungssätzen. Die Zweitwohnungssteuersatzung schaffe "durch die melderechtliche Ebene" eine Vermutung dahingehend, dass die Hauptwohnung auch der Hauptaufenthaltsort sei, für den regelmäßig auch die Vermutung des "Innehabens" bestehe. Diese Vermutung könne nicht durch Behauptungen widerlegt werden, welche Umstände in der Vergangenheit beträfen, die wiederum einer Beweisaufnahme bzw. Amtsermittlung nicht zugänglich seien. Die Behauptung, sich in einem vergangenen Zeitraum an einem Ort "vorwiegender" als an einem anderen aufgehalten zu haben, sei ebensowenig überprüfbar wie die "Qualität der besitzrechtlichen Teilhabe" am elterlichen Haushalt. Daher verbleibe es hier bei der Vermutung, dass die Meldung mit Hauptwohnsitz den vorwiegenden Aufenthalt des Klägers indiziere.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

38

Die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene (§§ 124a Abs. 5, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässige (§ 124a Abs. 6 Sätze 1,2 und 3, Abs. 3 Satz 3 VwGO) Berufung des Klägers hat Erfolg; das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Unrecht abgewiesen.

39

Die Anfechtungsklage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 04. Juni 2002 - Kassenzeichen ... - in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. November 2002 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 07. März 2003 ist zulässig und begründet; die angefochtenen Bescheide und der Widerspruchsbescheid sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist entsprechend abzuändern.

40

Die Klage ist zulässig, insbesondere nach Zustellung des Widerspruchsbescheides (14.März 2003) am 20. März 2003 fristgemäß erhoben worden. Zwar lassen die Verwaltungsvorgänge nicht erkennen, ob der Kläger gegen die ihn betreffenden Zweitwohnungssteuerbescheide fristgemäß Widerspruch erhoben hatte: Gegen den Bescheid vom 04. Juni 2002, dessen Aufgabe zur Post aber in zeitlicher Hinsicht den Akten nicht zu entnehmen ist, hatte er sich erstmals mit Schreiben vom 01. August 2002 gewendet, gegen den (Änderungs-)Bescheid vom 11. November 2002, dessen Bekanntgabedatum ebenfalls unklar ist, soweit ersichtlich überhaupt nicht. Erst mit Schreiben vom 27. Dezember 2002 hatte sich der Kläger bei dem Beklagten gemeldet, dies jedoch unter ausdrücklicher Bezugnahme auf dessen Entscheidung vom 10. Dezember 2002, mithin auf die Ablehnung des beantragten Steuererlasses. Der Beklagte hat jedoch offenbar das genannte Schreiben des Klägers, in dem sich auch Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Steuererhebung finden, als Widerspruch gegen die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer insgesamt verstanden und für form- und fristgerecht eingegangen gehalten. Damit und durch Erlass des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2003 hat er den Klageweg offengehalten (vgl. BVerwG, 21.03.1979 - 6 C 10.78 -, BVerwGE 57, 342, 344 m.w.N.).

41

Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Zweitwohnungssteuerbescheide sind rechtswidrig. Rechtsgrundlage der Bescheide sind die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Stralsund vom 04. März 1999 und die am 01. Januar 2002 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Stralsund vom 08. November 2001. Die mit Beschluss vom 14. Dezember 2006 vorgenommene Änderung der Satzung vom 08. November 2001 gilt nicht für die hier streitigen Veranlagungszeiträume (April 1999 bis August 2002), da ihr Rückwirkung lediglich bis zum 31.März 2005 beigemessen worden ist.

42

Diese Satzungen stehen zwar im Einklang mit höherrangigem Recht und sind wirksam (nachfolgend 1. a. und b.). Die auf ihrer Grundlage erlassenen, hier streitigen Zweitwohnungssteuerbescheide sind jedoch im Hinblick auf die tatbestandliche Voraussetzung des Innehabens der Hauptwohnung im melderechtlichen Sinne (§ 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS 1999 und ZwStS 2001) rechtswidrig (nachfolgend 2.). Zudem stehen Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art.3 Abs.1 GG einer zweitwohnungssteuerrechtlichen Behandlung des typischen "Kinderzimmers" bzw. der Beibehaltung eines Zimmers in der elterlichen Wohnung durch das Kind als Innehabung einer Erstwohnung und als tatbestandsmäßiger Steuergegenstand entgegen (nachfolgend 3.).

43

1. a.) Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Zweitwohnungssteuersatzungen bestehen nicht. Insbesondere liegen die gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG a. F. wegen einer Abweichung von einer Mustersatzung des Innenministeriums erforderlichen Genehmigungen der Rechtsaufsichtsbehörde beim Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern vom 10. März 1999 bzw. 20. November 2001 vor (vgl. § 79 Abs. 2 KV M-V). Diese sind entsprechend § 5 Satz 5 KV-DVO bekannt gemacht worden.

44

b.) Bedenken gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Satzungen liegen im Ergebnis ebenfalls nicht vor. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Zweitwohnungssteuersatzung ist § 3 Abs.1 Satz 1 KAG M-V, wonach die Gemeinden und Landkreise örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben können. Die Zweitwohnungssteuer ist eine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs.2a Satz 1 GG bzw. § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V. Als Aufwandsteuer in diesem Sinne ist sie eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird (vgl. BVerfG, 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 346 f.; BVerwG, 27.10.2004 - 10 C 2.04 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 21, S. 29 f.; BVerwG, 29.01.2003 - 9 C 3.02 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 20, S. 23 f. u. 26.09.2001 - 9 C 1.01 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 19, S. 16 = BVerwGE 115, 165, 168 jeweils m.w.N.). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich einerseits von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung, die keinen besonderen Aufwand gemäß Art. 105 Abs. 2a GG darstellt, unterscheidet, andererseits aber keineswegs eine besonders aufwendige oder luxuriöse Einkommensverwendung voraussetzt (vgl. BVerwG, 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; 29.11.1991 - 8 C 107.89 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr.17). Soll zulässigerweise die in dem Aufwand für eine Zweitwohnung zum Ausdruck gebrachte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden, so kommt es schon aus Gründen der Praktikabilität nicht darauf an, dass diese Leistungsfähigkeit in jedem einzelnen Fall konkret festgestellt wird. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln er finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. zum Ganzen BVerwG, 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; BVerwG, 12.04.2000 - 11 C 12/99 -, BVerwGE 111, 122 m.w.N. - zitiert nach juris; VGH Kassel, 23.11.2005 - 5 UE 1546/05 -, NVwZ-RR 2006, 571).

45

Die hier maßgeblichen Zweitwohnungssteuersatzungen 1999 und 2001 geben den die Abgabe begründenden Tatbestand hinreichend bestimmt an. Sie stehen damit im Einklang mit § 2 Abs.1 Satz 2 KAG M-V als höherrangiges Recht.

46

Der Steuergegenstand als der die Abgabe begründende Tatbestand wird in § 2 Abs. 1 ZwStS umschrieben; danach unterliegt das Innehaben einer Zweitwohnung im Gebiet der Hansestadt Stralsund der Zweitwohnungssteuer. § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS bestimmt sodann, dass Zweitwohnung im Sinne der Satzung jede Wohnung ist, die jemand neben seiner Hauptwohnung im melderechtlichen Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat. § 2 Abs. 5 ZwStS definiert als "Wohnung im Sinne dieser Satzung... jede umschlossene Räumlichkeit, die von ihrer Ausstattung her zumindest zum zeitweisen Wohnen geeignet ist und genutzt wird". Eine konkrete Mindestausstattung der Räumlichkeit (z.B Kochgelegenheit, Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Stromversorgung, Heizung und Waschmöglichkeit) ist nicht erforderlich. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwStS ist steuerpflichtig der Inhaber der im Stadtgebiet liegenden Zweitwohnung. Inhaber einer Zweitwohnung ist derjenige, dem die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder als sonstiger Dauernutzungsberechtigter zusteht.

47

Zwar stehen die hier einschlägigen Fassungen der §§ 2 Abs. 2 und Abs. 6 Satz 2 der Zweitwohnungssteuersatzungen 1999 und 2001 unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 11.10.2005 - 1 BvR 1232/00 und 1 BvR 2627/03 -, juris = BayVBl. 2006, 498) nicht uneingeschränkt mit Artikel 6 Abs. 1 GG im Einklang. Danach stellt die Erhebung der Zweitwohnungssteuer auch auf die Innehabung von Erwerbszweitwohnungen durch Verheiratete eine gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßende Diskriminierung der Ehe dar. Denn steuerlich belastet wird die Entscheidung, die gemeinsame eheliche Wohnung nicht aufzulösen und bei Wahrung des Fortbestandes der gemeinsamen Wohnung am bisherigen Ort nur eine Zweitwohnung zu begründen. Es ist nämlich durch die melderechtlichen Regelungen für Verheiratete (vgl. § 12 Abs. 2 MRRG, § 16 Abs. 2 LMG) ausgeschlossen, die Wohnung am Beschäftigungsort trotz deren vorwiegender Nutzung zum Hauptwohnsitz zu bestimmen und damit der Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer zu entgehen.

48

Der Verstoß der o.g. hier einschlägigen Satzungsregelungen gegen Art. 6 Abs. 1 GG führt aber nicht zur vollständigen Unwirksamkeit der gesamten Satzung. Unanwendbar sind sie nur insoweit, als auch die Innehabung einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, der Zweitwohnungssteuer unterworfen wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. BVerwG, 01.08.2001 - 4 B 23/01 -, juris; 27. Januar 1978 - BVerwG 7 C 44.76 - DVBl 1978, 536; 8. August 1989 - BVerwG 4 NB 2.89 - ZfBR 1989, 274) führt die Ungültigkeit eines Teiles einer kommunalen Satzungsbestimmung dann nicht zu ihrer Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Teile auch ohne den ungültigen Teil sinnvoll bleiben (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Beide Voraussetzungen liegen hier vor. Die fraglichen Satzungsbestimmungen sind ohne Weiteres hinsichtlich der betroffenen Steuerpflichtigen teilbar in die Gruppe der eben genannten nicht dauernd getrennt lebenden verheirateten Wohnungsinhaber einerseits und aller sonstigen in Betracht kommenden Wohnungsinhaber andererseits. Die Weitergeltung der Zweitwohnungssteuersatzung ohne Erfassung der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Wohnungsinhaber entspricht auch dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers. Das zeigt die Änderung der Zweitwohnungssteuersatzung der Hansestadt Stralsund nach Ergehen der o.g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und entsprechenden Hinweisen der Rechtsaufsichtsbehörden (vgl. den auszugsweise wiedergegebenen Erlass des Innenministeriums M-V in: Der Überblick 2006, 149). Für eine Weitergeltung der Zweitwohnungssteuersatzung in dem o.g. eingegrenzten Umfang spricht schließlich auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 2005 (a.a.O.). Danach verstoßen die dort maßgeblichen Satzungen gegen das Diskriminierungsverbot, soweit die Innehabung einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten besteuert wird. In diesem Umfang seien die Satzungen mit Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar.

49

2. Die angefochtenen Bescheide vom 04. Juni und 11. November 2002 sind jedoch rechtswidrig, da jedenfalls die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 ZwStS 1999 bzw. 2001, wonach Gegenstand der Steuer das Innehaben einer Zweitwohnung (im Stadtgebiet Stralsund) ist und eine solche Zweitwohnung die Wohnung ist, die jemand neben seiner Hauptwohnung im melderechtlichen Sinne für seinen persönlichen Lebensbedarf innehat, vorliegend nicht erfüllt sind. Der Kläger hatte dann, wenn es sich bei der elterlichen Wohnung in G... um - wie der Beklagte annimmt, der Kläger aber in Abrede stellt - seine Hauptwohnung im melderechtlichen Sinne gehandelt haben sollte, diese Wohnung nicht im rechtlichen Sinne der eben genannten Satzungsbestimmung inne. Der Zweitwohnungssteuersatzung der Hansestadt Stralsund ist (ebenso wie der Satzung von Neubrandenburg, vgl. OVG Greifswald, 20.06.2007 - 1 L 194/06 und 1 L 257/06 -) durch Auslegung hinreichend bestimmt zu entnehmen, dass an die Inhaberschaft bezüglich der Erstwohnung die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie bei der Zweitwohnung.

50

Auch bei der von der Hansestadt Stralsund gewählten Satzungsformulierung bezieht sich das Merkmal des Innehabens nach Maßgabe des § 2 Abs.2 Satz 1 ZwStS eindeutig sowohl auf die Erst- als auch die Zweitwohnung ("...neben seiner Hauptwohnung...innehat"); "neben" ist hier ohne jeden Zweifel im Sinne von "beide nebeneinander" oder "beide gemeinsam" und bezogen auf "innehaben" gemeint. Deshalb ist eine unterschiedliche Deutung des Begriffs des "Innehabens" je nach Erst- oder Zweitwohnung schon begrifflich nach Maßgabe des Ortsrechts ausgeschlossen (vgl. VG Weimar, 27.09.2006 - 6 K 5509/04 -, juris). Für diese Beurteilung spricht auch die in der Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS weiter formulierte Voraussetzung, die Zweitwohnung müsse jemand für den eigenen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf der Familienmitglieder innehaben. Gemäß dem nach § 2 Abs. 5 ZwStS einheitlich für Erst- und Zweitwohnung zu verwendenden Wohnungsbegriff und unter Einbeziehung der Bestimmung des §3 Abs. 1 Satz 2 ZwStS kann dieses einengende Merkmal sinnvoll nur bedeuten, dass bei Nutzung der (Erst-) Wohnung durch eine Familie Inhaber nur derjenige ist, der als Eigentümer, Mieter oder als sonstige dauernutzungsberechtigte Person die Wohnung - auch - für den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat, dass jedoch nicht die übrigen Familienmitglieder, insbesondere regelmäßig nicht die Kinder, Inhaber sind.

51

Bei der Zweitwohnung gilt nach § 3 Abs. 1 Satz 2, 3 ZwStS als Inhaber die Person, der die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümer, Mieter oder als sonst dauernutzungsberechtigte Person zusteht, auch bei unentgeltlicher Nutzung. Diese Definition geht über den abgabenrechtlichen Begriff des Innehabens der Wohnung, der die tatsächliche Verfügungsmacht über die Wohnung erfordert (vgl. Gersch, in: Klein, AO, 9. Aufl., § 8 Rn 3), hinaus: Er verlangt, wie die Verwendung des Begriffs "Verfügungsbefugnis" zeigt, eine rechtliche Absicherung der bestehenden tatsächlichen Verfügungsmacht, die für sich allein folglich nicht zur Begründung der Steuerpflicht genügt.

52

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist davon auszugehen, dass Kinder, die sich noch in der Ausbildung befinden, auch wenn sie volljährig geworden sind, typischerweise in der elterlichen Wohnung kein Zimmer "innehaben", weil sie nicht in der von § 3 Abs. 1 Satz 2, 3 ZwStS geforderten rechtlich abgesicherten Weise verfügungsbefugt, sondern lediglich Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB, also nicht einmal Besitzer sind (vgl. VG Weimar, 27.09.2006 - 6 K 5509/04 -, juris, m.w.N.; VG Gelsenkirchen, 05.12.2002 -16 K 3699/01 -, KStZ 2003, 213 - zitiert nach juris; VGH München, 14.02.2007 - 4 N 06.367 -, S. 11 des Urteils; VG Köln, 14.02.2007 - 21 K 2275/06 -, juris; Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 885 Rn. 7; OLG Hamburg, 06.12.1990 - 6 W 73/90 -, NJW-RR 1991, 909 - zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, 18.06.1970 - III C 33.69 -, BVerwGE 35, 297 - zitiert nach juris).

53

Wenn das Verwaltungsgericht Köln (14.02.2007 - 21 K 2275/06 -, juris; ähnlich VGH München, 20.03.2007 - 4 CS 07.478 -, juris) demgegenüber meint, für die Erstwohnung sei keine Verfügungsbefugnis erforderlich, das Innehaben werde in der dort überprüften Satzung nur für die Zweitwohnung verlangt, ist dies vorliegend schon deshalb unerheblich, weil die Zweitwohnungssteuersatzung der Hansestadt Stralsund wie ausgeführt das Innehaben auch für die Erstwohnung voraussetzt. Aber auch im Übrigen überzeugt die Argumentation nicht, es entspreche dem Zweck der Zweitwohnungssteuer, an die Zweitwohnung höhere Anforderungen als an die Hauptwohnung zu stellen, die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsmöglichkeiten, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indizierten, seien für den Erstwohnsitz dagegen unerheblich, da er für sich keine steuerlichen Konsequenzen habe. Hierbei wird übersehen, dass begriffsimmanente Voraussetzung der Zweitwohnung die Existenz einer Erstwohnung ist, die folglich offensichtlich steuerliche Auswirkungen hat. Darüber hinaus setzt sich das Verwaltungsgericht Köln nicht damit auseinander, dass es bei einem differenzierten Begriff des "Innehabens" je nach Erst- oder Zweitwohnung überhaupt - wie im vorliegend zu entscheidenden Fall - an einem entsprechenden Begriff als notwendiger Bestandteil des Steuertatbestandes fehlen würde; hierfür wäre aber eine entsprechende Regelung erforderlich (vgl. OVG Koblenz, 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -).

54

Der Vortrag des Beklagten führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach schaffe die Zweitwohnungssteuersatzung durch die "melderechtliche Ebene eine Vermutung, dass die Hauptwohnung auch der Hauptaufenthaltsort sei, für den regelmäßig auch die Vermutung des 'Innehabens' bestehe". Dies kann nicht überzeugen. Die Zweitwohnungssteuersatzung macht die Steuerpflicht - neben weiteren Voraussetzungen - einerseits von der Existenz einer Hauptwohnung und andererseits von einem Innehaben dieser Wohnung (als zweitwohnungssteuerrechtlicher Erstwohnung) abhängig. Diese beiden Voraussetzungen stehen selbständig nebeneinander und in keinem Verhältnis einer gesetzlichen oder tatsächlichen Vermutung. Eine solche Vermutung ist weder der Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten noch sonstigen hier etwa einschlägigen Rechtsvorschriften zu entnehmen. Es ist auch kein Grund dafür erkennbar, warum aus der Existenz einer Hauptwohnung im melderechtlichen Sinne (§ 2 Abs. 2 ZwStS 1999/2001) auf ein Innehaben dieser Wohnung im Sinne einer tatsächlichen Vermutung (vgl. dazu etwa BGH, 17.07.2001 - XI ZR 15/01 -, BGHZ 148, 299, 305) sollte geschlossen werden müssen. Schon aufgrund der Weite des melderechtlichen Wohnungsbegriffes (vgl. § 15 LMG: jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird) kann es keinen Erfahrungssatz geben, dass der Nutzer eines solchen Raumes über diesen zugleich verfügungsberechtigt ist und ihn damit innehat.

55

Ebenfalls nicht überzeugend ist die Auffassung des Beklagten, die Vermutung, die Hauptwohnung im zweitwohnungssteuerrechtlichen Sinne innezuhaben, könne nicht durch Behauptung von in der Vergangenheit liegenden Umständen widerlegt werden. Die in der Vergangenheit liegende "Qualität der besitzrechtlichen Teilhabe am elterlichen Haushalt" sei letztlich nicht überprüfbar. Nach der Rechtsprechung des Senates (z.B. 20.06.2007 - 1 L 257/06 -S. 20) ist es demgegenüber so, dass Kinder, die sich noch in der Ausbildung befinden, auch wenn sie volljährig geworden sind, typischerweise in der elterlichen Wohnung kein Zimmer "innehaben", weil sie nicht in der erforderlichen rechtlich abgesicherten Weise verfügungsbefugt, sondern lediglich Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB, also nicht einmal Besitzer sind. Ob dies im Einzelfall in atypischer Weise anders ist, der Student also abweichend vom typischen Fall Verfügungsbefugnis hinsichtlich der elterlichen Wohnung hat (Stichworte: eigener Hausstand, abgeschlossener Lebensbereich, Mietzahlung, vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 26.A., § 885 Rn. 7; VG Weimar, 27.09.2006 - 6 K 5509/04 -, NVwZ-RR 2007, 708/709), ist einer Aufklärung ohne Weiteres zugänglich.

56

Nach alledem fehlt dem Kläger hinsichtlich seines "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung als bloßer Besitzdiener die erforderliche Verfügungsbefugnis bezüglich einer Erstwohnung. Er ist nicht Inhaber einer solchen und folglich aus diesem Grunde nicht steuerpflichtig und der angefochtene Steuerbescheid deshalb rechtswidrig.

57

3. Zudem stehen Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG einer zweitwohnungssteuerrechtlichen Behandlung des typischen "Kinderzimmers" bzw. der Beibehaltung eines Zimmers in der elterlichen Wohnung durch das Kind als Innehabung einer Erstwohnung und als tatbestandsmäßiger Steuergegenstand entgegen.

58

Anknüpfungspunkt der Zweitwohnungssteuer ist - auf eine kurze Formel gebracht - die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, wobei das Innehaben der Zweitwohnung als Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden, typischerweise diese Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Dabei ist zu beachten, dass die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt.

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Dies sagt zunächst nichts darüber aus, welche Anforderungen an die Annahme zu stellen sind, es liege eine Erstwohnung bzw. die Innehabung einer solchen vor, die überhaupt erst die weitere Annahme einer Zweitwohnung rechtfertigen kann. Auch wenn die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt, ist - wie gesagt - ihre Innehabung begriffliche Voraussetzung einer Zweitwohnung. Ohne äußerlich erkennbaren Aufwand für eine Erstwohnung - auch wenn es kein "besonderer" ist - gibt es folglich typischerweise keinen besonderen Aufwand für eine Zweitwohnung. Das Bestehen und Innehaben einer Erstwohnung betrifft nicht die Frage nach der Leistungsfähigkeit im Einzelfall bzw. danach, ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, sondern ist normative Voraussetzung für die Annahme einer Zweitwohnung. Dabei geht es deshalb insbesondere nicht etwa darum, eine Aufwandssummierung oder eine Prüfung vorzunehmen, ob es sich bei der Erstwohnung um ein besonders luxuriöses Anwesen handelt.

60

Wendet man den vorstehend erläuterten Maßstab auf die regelmäßig anzutreffende Konstellation des von Studenten weiter bewohnten typischen "Kinderzimmers" bzw. einzelnen Zimmers in der elterlichen Wohnung an, so führt dies zu der Schlussfolgerung, dass dieser Sachverhalt nicht die Innehabung einer Erstwohnung im Verhältnis zu einer weiteren Wohnung am Studienort darstellen kann. Denn typischerweise hat der "Zimmerbewohner", also das Kind, sei es minderjährig oder volljährig, für das "Kinderzimmer" selbst gerade keinen ihm zurechenbaren Aufwand getätigt bzw. kein eigenes Einkommen für dieses aufgewandt. Diesen Aufwand leisten vielmehr - grundsätzlich nach außen ohne weiteres erkennbar und ohne dass es insoweit einer Einzelfallprüfung bedürfte - typischerweise bzw. im Regelfall die Eltern in Verwendung ihres Einkommens. Er ist folglich ausschließlich ihnen zurechenbar. Der Umstand, dass ein Kind volljährig wird und ein Studium an einem anderen Ort aufnimmt, führt nicht gleichsam zu einer "Umwidmung" des elterlichen Aufwandes in einen solchen des Kindes; auch an der Besitzdienerstellung des Kindes hinsichtlich des Zimmers ändert sich grundsätzlich nichts (vgl. Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 885 Rn.7; OLG Hamburg, 06.12.1990 - 6 W 73/90 -, NJW-RR 1991, 909 - zitiert nach juris). Das Beibehalten des "Kinderzimmers" kann deshalb typischerweise aufwandsteuerrechtlich nicht als Innehaben einer Erstwohnung und nicht als tatbestandsmäßig im Sinne des Steuergegenstandes des Zweitwohnungssteuerrechts bewertet werden. Folglich kann die Wohnung am Studienort keinen besonderen Aufwand bzw. keine Zweitwohnung darstellen.

61

Unter Zugrundelegung des bundesrechtlichen Begriffs der Aufwandsteuer nach Maßgabe von Art.105 Abs. 2a Satz 1 GG, wie er auch in § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V verwandt wird, können die typischen "Kinderzimmerfälle", also die Fälle, in denen Studenten neben ihrer Wohnung am Studienort in der elterlichen Wohnung noch ein Zimmer beibehalten, mangels Innehaben einer Erstwohnung nicht mit der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer belegt werden; sie unterfallen tatbestandlich nicht dem Steuergegenstand des Zweitwohnungssteuerrechts. Folglich darf eine zweitwohnungssteuerrechtliche Definition des Steuergegenstandes die typischen "Kinderzimmerfälle" nicht erfassen bzw. der ortsrechtliche Steuergegenstand nicht in diesem Sinne ausgelegt werden.

62

Dieses Ergebnis stützt auch Art. 3 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab.

63

Umfang und Bedeutung des allgemeinen Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sind - soweit dies abstrakt und generell, also losgelöst von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalles möglich ist - durch eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen geklärt. Danach steht für den Bereich steuerlicher Regelungen fest, dass dem Steuergesetzgeber bei der Entscheidung, welche Steuerquellen erfasst werden sollen, eine weitgehende Gestaltungsfreiheit im Rahmen seiner finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen zukommt (vgl. BVerwG, 21.04.1997 - 8 B 87.97 - (juris); BVerfG, 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 354; BVerwG, 08.12.1995 - 8 C 36.93 -, Buchholz 401.67 Schankerlaubnissteuer Nr. 20, S. 1, 9 ff.). Diese weitgehende Gestaltungsfreiheit des Steuergesetzgebers findet ihre Grenze dort, wo kein einleuchtender Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung ersichtlich ist (BVerfG, 06.12.1983, a.a.O.).

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Mit einem ortsrechtlich definierten Steuergegenstand, der das typische "Kinderzimmer" als Erstwohnung erfasste, würde der Ortsgesetzgeber den mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG zulässigen Regelungsrahmen überschreiten: Die Qualifizierung der Beibehaltung eines "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung als Innehaben einer Erstwohnung, die überhaupt erst die Besteuerung der "Zweitwohnung" möglich macht, entfernte sich so weit vom aufwandsteuerrechtlichen Anknüpfungspunkt der nach außen durch eine bestimmte Konsumform dokumentierten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, von Sinn und Zweck der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer und den zugrunde liegenden sozialen Gegebenheiten, dass das Urteil der Willkürlichkeit bzw. die Annahme eines Verstoßes gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG angelegten Grundsatz der Steuergerechtigkeit und einer Überschreitung der Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V gerechtfertigt wäre (vgl. zutreffend OVG Koblenz, 29.01.2007 - 6 B 11579/06.OVG -; OVG Schleswig, 20.03.2002 - 2 L 136/00 -, juris). Es erscheint dem Senat trotz eines nach dem jährlichen Mietaufwand differenzierenden Steuermaßstabes (vgl. § 4 Abs. 1 ZwStS) unter dem Blickwinkel der Steuergerechtigkeit nicht zu rechtfertigen, einen Studenten mit "Kinderzimmer" bei den Eltern und einem Zimmer im Studentenwohnheim hinsichtlich seiner prinzipiellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zweitwohnungssteuerrechtlich mit einem Steuerpflichtigen nach dem klassischen Bild (vgl. Holz, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 3 Anm. 3.4.1) desjenigen, der in einer Fremdenverkehrsgemeinde etwa über eine eigengenutzte Ferienwohnung verfügt, gleichzustellen: Hier wird wesentlich Ungleiches ohne sachlichen Grund gleichbehandelt. Ist der entsprechende Sachverhalt bei einem solchen Studenten regelmäßig zum einen durch eine abgeschwächt fortbestehende Bindung zur Familie - gewissermaßen als Vorstufe einer späteren vollständigen Selbständigkeit in der Wohnsituation - und zum anderen durch die praktischen Notwendigkeiten des Studiums begründet, also durch Umstände, die in keinem Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stehen, geht es im anderen Falle typischerweise um die Anschaffung und Unterhaltung einer Erholungsmöglichkeit in Gestalt einer Wohnung aus eigenem Einkommen, die regelmäßig maßgeblich durch eine entsprechende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erst veranlasst ist.

65

Ob es gegebenenfalls auch Art. 6 Abs. 1 GG verbietet, die Beibehaltung des "Kinderzimmers" in der elterlichen Wohnung durch einen Studenten als für die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer erheblichen Aufwand für eine Erstwohnung zu qualifizieren, kann mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen offenbleiben. Angemerkt sei allerdings, dass - jedenfalls wenn man unterstellt, die Angabe dieses "Kinderzimmers" als Hauptwohnung wäre melderechtlich zutreffend - die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in diesen Fällen unzweifelhaft den Bereich des familiären Zusammenlebens betreffen würde und im Extremfall den Studenten aus wirtschaftlichen Erwägungen mittelbar zwingen könnte, seine Wohnung bei den Eltern aufzugeben, um der Steuer zu entgehen.

66

Nach allem kann dahinstehen, ob der Beklagte bei Anwendung seines Zweitwohnungssteuerrechts zutreffend aufgrund der Meldung der elterlichen Wohnung in G... durch den Kläger als Hauptwohnung und der Stralsunder Wohnung als Nebenwohnung dessen elterliche Wohnung als Erstwohnung und die Nebenwohnung als Zweitwohnung angesehen hat. Wäre dies der Fall, unterläge die Neben- bzw. Zweitwohnung in Stralsund nach den obenstehenden Ausführungen nicht der Zweitwohnungssteuerpflicht. Wäre hingegen die Wohnung "H..." der Ort des vorwiegenden Aufenthaltes des Klägers während seines Studiums gewesen, hätte er hier seine "Erstwohnung" im steuerrechtlichen Sinne gehabt. Der Zweitwohnungssteuerpflicht unterfiele sie dann ebenfalls nicht.

67

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §708 Nr. 11, 711 ZPO.

69

Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf den bundesrechtlichen Begriff der Aufwandsteuer, der vorliegend die Auslegung des Ortsrechts, der Begriffe der Erst- und Zweitwohnung sowie des Begriffs des Innehabens maßgeblich geprägt hat, bzw. im Hinblick auf die Beantwortung der in der dazu vorliegenden Rechtsprechung gegensätzlich beantworteten Frage, ob ein "Kinderzimmer" in der elterlichen Wohnung als zweitwohnungssteuererhebliche Erstwohnung betrachtet werden darf, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr.1 VwGO).