Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 28. Apr. 2017 - 4 K 902/15

bei uns veröffentlicht am28.04.2017

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 29.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2015 wird aufgehoben, soweit vom Kläger ein den Betrag von 259 EUR übersteigender monatlicher Kostenbeitrag gefordert wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt 9/10, der Beklagte 1/10 der Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag.
Der in der Schweiz lebende und arbeitende Kläger ist der Vater des am ...1999 geborenen ..., für den der Beklagte seit dem 10.12.2004 Jugendhilfe in Form der Vollzeitpflege, § 33 SGB VIII, gewährt. Der Kläger wurde hiervon mit Schreiben des Beklagten vom 17.01.2005 in Kenntnis gesetzt. In der Folge wurde mit Kostenbeitragsbescheid vom 29.02.2008 ein Kostenbeitrag i.H.v. 380,00 EUR festgesetzt.
Mit Schreiben vom 25.06.2014 teilte der Beklagte dem Kläger mit, es sei beabsichtigt, den Kläger rückwirkend ab dem 01.01.2014 zu einem monatlichen Kostenbeitrag i.H.v. 510,-- EUR heranzuziehen. Der Berechnung zugrunde lag ein um die Quellensteuer bereinigter Jahresnettolohn i.H.v. 53.048,95 CHF, entsprechend 42.969,65 EUR, d.h. 3.580,80 EUR pro Monat, abzüglich 217,20 EUR Krankenversicherung, abzüglich 25% pauschal, daher ein zu berücksichtigendes Einkommen i.H.v. 2.522,70 EUR pro Monat, entsprechend Einkommensgruppe 10.
Mit Schreiben vom 10.07.2014 teilte der Kläger mit, dass sein Einkommen viel zu hoch angesetzt worden sei; es seien monatliche Mietzahlungen i.H.v. 1.100 CHF und weiter Steuern, Krankenkasse, Unterhalt, Strom, Nebenkosten Wohnung, Ratenzahlung für einen Kredit, Internet, Handykosten und Tele Club i.H.v. insgesamt 1.828.25 CHF zu berücksichtigen, so dass er im Monat nur 976,85 EUR zur Verfügung habe.
Mit Bescheid vom 29.10.2014 wurde gegenüber dem Kläger ein Kostenbeitrag i.H.v. 510,00 EUR pro Monat, rückwirkend ab 01.01.2014, festgesetzt. Der Kläger habe nichts vorgetragen, was zu einer Minderung des Kostenbeitrags führe.
Der Kläger erhob am 10.11.2014 Widerspruch. Er bekomme nach Abzug der Miete ca. 2800 CHF ausbezahlt. Davon müsse er Krankenversicherung, Steuern, Stromkosten, Gas und Wasser zahlen, so dass 1756 CHF verblieben. Abzüglich 25% verblieben 1317 CHF maßgebliches Einkommen, was 1053 EUR entspreche und nach der Kostenbeitragstabelle nicht zu einem Kostenbeitrag führe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2015, Datum der Auslandszustellung den Akten nicht zu entnehmen, half der Beklagte dem Widerspruch des Klägers insoweit ab, als rückwirkend ab 01.01.2014 ein monatlicher Kostenbeitrag i.H.v. 289,00 EUR festgesetzt wurde. Das monatliche Nettoeinkommen des Klägers entspreche (nach Abzug der Kantons- und Gemeindesteuern) nach Kaufkraftbereinigung 2.502,26 EUR; hiervon seien Krankenversicherungsbeiträge i.H.v. umgerechnet 177,55 EUR abzuziehen. Der Abzug weiterer Belastungen erfolge durch Kürzung des errechneten Einkommens um pauschal 25%, falls nicht die nachgewiesenen angemessenen Belastungen höher als der pauschale Abzug seien. Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für Miete, Strom etc. stellten keine derartigen Belastungen dar, da sie bereits durch die Eingruppierung des zugrunde liegenden Einkommens in die jeweilige Einkommensgruppe berücksichtigt würden. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen (Jahresnettolohn 54.540,30 CHF, Kantons- und Gemeindesteuern 7.700,00 CHF, Krankenversicherung 282,45 CHF) errechne sich somit ein maßgebliches Einkommen i.H.v. 1.743,54 EUR, was einem monatlichen Kostenbeitrag i.H.v. 289,00 EUR entspreche. Dadurch ergebe sich auch keine besondere Härte.
Mit Bescheid vom 07.05.2015 wurde der Kläger nach vorheriger Anhörung verpflichtet, ab dem 01.01.2015 einen monatlichen Kostenbeitrag in Höhe von 289,00 EUR zu leisten. Über den hiergegen erhobenen Widerspruch wurde noch nicht entschieden.
Der Kläger hat am 22.04.2015 Klage erhoben. Zu berücksichtigen seien Krankenversicherung i.H.v. 282 CHF, Miete i.H.v. 1.100 CHF, Stromkosten i.H.v. 100 CHF, Gas- und Wasser i.H.v. 20 CHF, ein Kredit i.H.v. 465 CHF und Schuldentilgung beim Landratsamt ... für Jugendhilfe i.H.v. 100 EUR. Hierzu legt er ein Schreiben des Landratsamts ... vor, wonach er seine Unterhaltsrückstände für den Zeitraum 1999 bis 2006 in monatlichen Raten i.H.v. 100 EUR abgetragen, die Zahlungen jedoch am 01.06.2015 eingestellt habe.
10 
Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 29.10.2014 und dessen Widerspruchsbescheid vom 16.03.2015 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
14 
Für die Berechnung des monatlichen Kostenbeitrags sei gemäß § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII das durchschnittliche Monatseinkommen, das der Kostenbeitragspflichtige im jeweiligen dem Kalenderjahr der Leistung vorausgehenden Kalenderjahr erzielt habe, maßgeblich. Daher sei das Einkommen des Klägers im Jahr 2013 maßgeblich. 2013 habe der Kläger ein Jahresnettoeinkommen i.H.v. 54.540,30 CHF erzielt. Davon seien Steuern i.H.v. 1.491,35 CHF (Quellensteuer) sowie i.H.v. 7.700 CHF (Kantons- und Gemeindesteuern) abzuziehen, so dass sich ein bereinigtes Jahreseinkommen von 45.348,95 CHF ergebe, was einem monatlichen Einkommen i.H.v. 3.779,08 EUR entspreche. Da der Kläger in der Schweiz arbeite und lebe, sei eine Kaufkraftbereinigung vorzunehmen. Daraus ergebe sich ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 2.502,26 EUR. Davon seien die Krankenversicherungsbeiträge i.H.v. monatlich 268,15 CHF (entsprechend 177,55 EUR) abzuziehen. Darüber hinaus erfolge für weitere Belastungen ein pauschaler Abzug von 25% (§ 93 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII), wenn der Kläger nicht höhere Belastungen nachweise. Dies sei hier nicht der Fall. Insoweit komme lediglich die Schuldverpflichtung i.H.v. 465,90 CHF in Betracht. Was die Schuldentilgung für Jugendhilfe angehe, so seien Zahlungen nicht nachgewiesen. Die Aufwendungen für Miete, Strom und Wasser stellten keine Belastungen dar, da sie bereits in der Kostenbeitragstabelle berücksichtigt worden seien. Weitere Belastungen seien vom Kläger nicht nachgewiesen worden. Daher ergebe sich ein maßgebliches Einkommen i.H.v. 1.743,53 EUR, was einem monatlichen Kostenbeitrag i.H.v. 289,00 EUR entspreche.
15 
Dem Gericht haben die einschlägigen Verwaltungsakten (2 Bd.) vorgelegen. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Kammer konnte verhandeln und entscheiden, obgleich der Kläger in der mündlichen Verhandlung weder selbst anwesend noch vertreten war. Denn auf diese Möglichkeit ist er in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
17 
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß §§ 40, 42, 68 ff. VwGO zulässig. Sie ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Denn der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 29.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2015 ist rechtswidrig, soweit er einen monatlichen Kostenbeitrag von mehr als 259 EUR festsetzt. Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers zu einem Kostenbeitrag sind die Regelungen der § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII, § 91 Abs. 1 Nr. 5 lit. a SGB VIII. Danach sind Elternteile zu den Kosten von Hilfen zur Erziehung aus ihrem Einkommen heranzuziehen. Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird (§ 92 Abs. 2 SGB VIII). Der Umfang der Heranziehung bestimmt sich nach § 94 SGB VIII und richtet sich nach dem gemäß § 93 SGB VIII zu berechnenden Einkommen des Beitragspflichtigen unter Berücksichtigung weiterer gleichrangiger Unterhaltsverpflichtungen (§ 94 Abs. 2 SGB VIII).
19 
1. Gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB VIII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert - die genannten Ausnahmen sind hier nicht einschlägig -, wobei maßgeblich das durchschnittliche Monatseinkommen ist, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Da sich der angefochtene Bescheid die Kostenbeitragspflicht des Klägers (nur) für das Jahr 2014 regelt, während für das Jahr 2015 unter dem 07.05.2015 ein erneuter Kostenbeitragsbescheid ergangen ist, ist hier zugrunde zu legen das Einkommen des Klägers im Jahr 2013. Im Jahr 2013 betrug der Bruttolohn des Klägers 62.300,60 CHF.
20 
2. Vom Einkommen abzusetzen sind gemäß § 93 Abs. 2 SGB VIII auf das Einkommen gezahlte Steuern (1.), Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung (2.) sowie nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit (3.).
21 
Im Falle des Klägers führt dies zu Abzügen i.H.v. 1.491,35 CHF bzw. 7.700,00 CHF an Steuern (Quellensteuer bzw. Kantons- und Gemeindesteuern), Pflichtbeiträgen i.H.v. (laut Lohnausweis) 4.729,10 CHF bzw. 3.031,20 CHF sowie Krankenversicherungsbeiträgen i.H.v. (268,15 x 12 =) 3.217,80 CHF, somit Abzügen i.H.v. insgesamt 20.169,45 CHF.
22 
Das sich nach § 93 Abs. 1, 2 SGB VIII ergebende Jahresnettoeinkommen des Klägers im hier maßgeblichen Jahr 2013 beträgt folglich 42.131,15 CHF, das durchschnittliche monatliche Einkommen demnach 3.510,93 CHF.
23 
3. Von diesem Betrag sind gemäß § 93 Abs. 3 SGB VIII Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen, wobei grundsätzlich eine Kürzung um pauschal 25% erfolgt, sofern die - nach Grund und Höhe angemessenen - Belastungen nicht höher sind. In Betracht kommen insbesondere Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben und Schuldverpflichtungen.
24 
Der Beklagte hat den pauschalen Abzug von 25% gewählt. Dies ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten des Klägers die aus dem Darlehensvertrag mit der Bank ... resultierenden monatlichen Raten i.H.v. 465,90 CHF sowie seine (offenbar bis ins Jahr 2015 hinein gezahlten) unterhaltsrechtlichen Verpflichtungen gegenüber dem Landratsamt ... i.H.v. 100 EUR monatlich berücksichtigt werden; denn unabhängig davon, wie genau der Betrag von 100 EUR umzurechnen wäre, wird jedenfalls der Betrag von 877,73 EUR, der sich bei einem pauschalen Abzug von 25% vom monatlichen Durchschnittseinkommen ergibt, nicht erreicht.
25 
Soweit der Kläger geltend macht, er habe weitere Ausgaben insbesondere für Miete, Strom und andere Wohnnebenkosten, Internet- und Handynutzung, so können diese Ausgaben nicht im Rahmen des § 93 Abs. 3 SGB VIII einkommensmindernd berücksichtigt werden. Vielmehr handelt es sich insoweit um für die allgemeine Lebensführung typische Kosten, die bereits pauschal bei der Festsetzung der Einkommensgruppen und der diesen zugeordneten Kostenbeiträge in der Kostenbeitragsverordnung berücksichtigt wurden und daher nicht im Rahmen des § 93 Abs. 3 SGB VIII angerechnet werden (Nieders. OVG, Beschluss vom 26.01.2010 - 4 ME 2/10 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 21.09.2010 - Au 3 K 10.19 -, juris; VG Ansbach, Urteil vom 29.11.2007 - AN 14 K 07.00014 -, juris; VG Stuttgart, Urteil vom 05.06.2007 - 2738/06 -, juris).
26 
Das für die Festlegung des Kostenbeitrags maßgebliche, gemäß § 93 SGB VIII ermittelte durchschnittliche Monatseinkommen des Klägers beträgt damit 2.633,19 CHF.
27 
4. In einem nächsten Schritt ist dem besonderen Umstand Rechnung zu tragen, dass der Kläger in der Schweiz lebt und arbeitet und dadurch im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland erhöhte Lebenshaltungskosten hat.
28 
4.1 Das Niedersächsische Oberlandesgericht hat in einem die zivilrechtliche Unterhaltspflicht betreffenden Urteil eines - ebenfalls in der Schweiz lebenden - Kostenbeitragspflichtigen nach umfassender Auseinandersetzung mit den möglichen Berechnungsmethoden die von Eurostat ermittelten „vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ als geeigneten Anpassungsmaßstab erachtet (Nieders. OLG, Beschluss vom 19.12.2012 - 11 UF 55/12 -, juris); der Bundesgerichtshof hat diese Vorgehensweise nicht beanstandet (BFH, Beschluss vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12 -, juris).
29 
Die Kammer schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Niedersächsischen Oberlandesgerichts im Grundsatz an und hält die Heranziehung der von Eurostat ermittelten und veröffentlichten Tabelle der „vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ (abrufbar im Internet (Stand 02.05.2017) unter: http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&plugin=1&language=de&pcode=tec00120) auch im Bereich des jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsrechts für sachgerecht.
30 
4.2 Allerdings ist dem Oberlandesgericht - und in der Folge dem VG Düsseldorf, das sich in seiner Argumentation eng an das OLG angelehnt hat (vgl. Urteil vom 29.04.2015 - 10 K 5339/13 -, juris), wie auch dem Beklagten - zur Überzeugung der Kammer bei der konkreten Anwendung der Eurostat-Tabelle ein (Denk-)Fehler unterlaufen.
31 
4.2.1 Das Niedersächsische Oberlandesgericht nämlich hat das im dortigen Verfahren maßgebliche Einkommen - 5.141,52 CHF - unmittelbar mit dem sich aus der genannten Tabelle ergebenden Quotienten der Preisniveauindizes von Deutschland und der Schweiz (0,707) multipliziert und daraus geschlossen, das für die Berechnung der Unterhaltsverpflichtung zugrunde zu legende Einkommen des Klägers betrage (5.141,52 x 0,707 =) 3.635,05 EUR.
32 
Ebenso hat der Beklagte das maßgebliche durchschnittliche Monatseinkommen des Klägers von 3.779,08 CHF (vor Abzug der Krankenversicherung) unmittelbar mit dem Quotienten der Preisniveauindizes 0,6621 multipliziert und ist so auf einen Wert von zunächst (vor Abzug der Krankenversicherungsbeiträge) 2.502,26 EUR nach Kaufkraftbereinigung gekommen.
33 
4.2.2 Dies ist jedoch fehlerhaft. Vielmehr hätte das Oberlandesgericht - wie auch der Beklagte - zunächst das jeweilige Einkommen des Unterhalts- bzw. Kostenbeitragspflichtigen in Euro umrechnen und erst dann mit dem Quotienten der Preisniveauindizes Deutschland / Schweiz multiplizieren müssen.
34 
Das Oberlandesgericht meint, auf diese Umrechnung von Schweizer Franken in Euro verzichten zu können - hält dies sogar für einen Vorteil gegenüber möglichen anderen Berechnungsmethoden - und begründet seine Auffassung unter Verweis auf ein von der Europäischen Kommission im Jahr 2006 herausgegebenes „Handbuch der Methodologie von Kaufkraftparitäten“ (abrufbar im Internet (Stand 02.05.2017) unter: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Preise/InternationalerVergleich/Tabellen/KaufkraftparitaetenKurzfassung.pdf?__blob=publicationFile). Hier heißt es (auf Seite 7) zum Stichwort „Vergleichende Preisniveaus“: „Hierbei handelt es sich um die Relationen von KKPs [Kaufkraftparitäten] zu Wechselkursen. Sie liefern eine Messgröße der Unterschiede bei den Preisniveaus der Länder, indem sie für eine gegebene Produktgruppe oder ein Aggregat die Währungseinheiten berechnen, die erforderlich sind, um die gleiche Menge dieser Produktgruppe oder dieses Aggregats in jedem anderen Land zu kaufen.“ Das Niedersächsische Oberlandesgericht schließt hieraus, dass sich aus den Preisniveauindizes ablesen lasse, „wie viel Euro ausgeben werden müssen, um in der Schweiz in Schweizer Franken das gleiche Produkt kaufen zu können“. Dies aber ist ein Missverständnis. Denn bei den vergleichenden Preisniveaus bzw. Preisniveauindizes handelt sich um die Relationen von Kaufkraftparitäten zu Wechselkursen, wie es im Handbuch ausdrücklich heißt. Es ist mithin zwischen der Kaufkraftparität und dem vergleichenden Preisniveau zu unterscheiden (vgl. zum Folgenden OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.08.2016 - 5 UF 87/14 -, juris; Többens, FamRZ 2016, 597; sowie die Informationen von Eurostat (jew. Stand 02.05.2017) unter http://ec.europa.eu/eurostat/de/web/purchasing-power-parities/data; http://ec.europa.eu/eurostat/de/web/purchasing-power-parities/overview; http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Glossary:Price_level_index_(PLI)/de).
35 
4.2.2.1 Die reine Kaufkraftparität errechnet sich, indem für einen standardisierten Warenkorb ermittelt wird, welche Menge der jeweiligen Währungseinheiten in den zu vergleichenden Ländern erforderlich ist, um einen entsprechenden Warenkorb zu erwerben. Aus der Kaufkraftparität lässt sich damit beispielsweise ablesen, wie viele Schweizer Franken man in der Schweiz braucht, um das zu bekommen, was man in Deutschland für einen Euro bekommt. Bei den Werten der Kaufkraftparität handelt es sich folglich quasi um einen „Kaufkraftwechselkurs“, der vom nominalen Wechselkurs abweichen kann. Die Kaufkraftparitäten allein liefern jedoch nur für Länder mit derselben Währung - etwa innerhalb des Euroraums - Informationen dazu, ob das Preisniveau in einem Land vergleichsweise hoch oder niedrig ist; dagegen lässt die Information, dass etwa im Jahr 2014 1,77 CHF in der Schweiz die gleiche Kaufkraft hatten wir 1,04 EUR in Deutschland, keinen Rückschluss darauf zu, ob das Preisniveau in der Schweiz höher oder geringer ist als in Deutschland.
36 
4.2.2.2 Um einen Maßstab für die relativen Preisniveaus einzelner Länder mit verschiedenen Währungen zu gewinnen, werden daher aus der Kaufkraftparität die Preisniveauindizes abgeleitet, wie sie in der vom Niedersächsischen Oberlandesgericht herangezogenen Tabelle des Eurostat über die „Vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauch der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ enthalten sind. Dies geschieht, indem die Kaufkraftparität in Relation zum nominalen Wechselkurs gesetzt wird, indem also - untechnisch gesprochen - der in der jeweiligen nationalen Währung ermittelte Warenkorb in Euro umgerechnet und der sich hieraus ergebende Betrag ins Verhältnis zum Durchschnittswert innerhalb der Europäischen Union gesetzt wird. Diese Umrechnung hat zur Folge: Je höher der Geldbetrag ist, der für Waren und Dienstleistungen eines Warenkorbs aufgewendet werden muss - je „teurer“ mithin ein Land ist -, desto höher ist sein Preisniveauindex, je weniger Geld für den Warenkorb aufgewendet werden muss, desto geringer ist der Preisniveauindex. Wenn etwa ausweislich der Eurostat-Tabelle für Norwegen im Jahr 2010 der Preisniveauindex 149 und für Albanien 50,3 betrug, lässt sich daraus zum einen ablesen, dass Norwegen ein „teures“ und Albanien ein „billiges“ Land ist; zugleich lässt sich aus den Quotienten der Preisniveauindizes ablesen, dass für Produkte in Norwegen gegenüber dem Durchschnitt der EU - Preisniveauindex 100 - durchschnittlich knapp 50% (149/100) mehr bezahlt werden musste, während in Albanien Produkte nur 1/3 so teuer (50/149) waren wie in Norwegen und nur halb so teuer (50/100) wie im Durchschnitt der EU.
37 
4.2.2.3 Dass es falsch wäre, für die Übertragung eines Betrages in Schweizer Franken auf deutsche Verhältnisse den sich aus der Tabelle „Vergleichende Preisniveaus“ von Eurostat ergebenden Quotienten ohne Heranziehung des nominalen Wechselkurses anzuwenden, mag, da die Unterschiede aufgrund des Währungsumrechnungskurses zwischen Euro und Schweizer Franken von nahezu 1:1 im zu entscheidenden Fall nicht sehr groß sind, ein anderes Beispiel verdeutlichen: Der Quotient der Preisniveauindizes zwischen Deutschland und Norwegen betrug im Jahr 2010 104/149; Norwegen ist folglich nicht nur gegenüber Albanien, sondern auch gegenüber Deutschland ein „teures“ Land. Ein Einkommen von 20.000 NOR entspräche, umgerechnet nach dem nominalen Wechselkurs (1 NOR = ca. 0,10 EUR), etwa 2.000 EUR und unter zusätzlicher Anwendung des Quotienten der Preisniveauindizes (104/149) in Deutschland einem Lebensstandard von 1.395,97 EUR, ein angesichts der höheren norwegischen Lebenshaltungskosten plausibles Ergebnis. Wäre es dagegen richtig, 20.000 NOR ohne vorherige Umrechnung auf Euro mit dem Quotienten zu multiplizieren, käme man auf einen Wert von 13.959,73 EUR, ein ganz offensichtlich falsches Ergebnis.
38 
4.2.2.4 Bei der Übertragung eines Betrags in einer Nicht-Euro-Währung auf deutsche Verhältnisse ist daher, ausgehend von den Tabellen zum „Vergleichenden Preisniveau“, zusätzlich der nominale Wechselkurs heranzuziehen und in einem zweistufigen Verfahren zunächst der in Rede stehende Betrag in Euro umzurechnen und anschließend mit dem Quotienten der Preisniveauindizes zu multiplizieren (so auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.08.2016 - 5 UF 87/14 -, juris; Többens, FamRZ 2016, 597).
39 
4.3 Bezogen auf den Fall bedeutet dies: Nach der Eurostat-Tabelle ergibt sich für das hier maßgebliche Jahr 2013 ein Quotient der Preisniveauindizes von (103,2/147,3 =) 0,7006. Der durchschnittliche Euro-Referenzkurs gegenüber dem Schweizer Franken betrug im Jahr 2013 1,2311 (https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Statistiken/Aussenwirtschaft/Devisen_Euro_Referenzkurs/stat_eurorefj.pdf?__blob=publicationFile), woraus sich ein Umrechnungskurs von 1 CHF = 0,8122 EUR errechnet. Hieraus ergibt sich ein kaufkraftbereinigtes zu berücksichtigendes monatliches Einkommen i.H.v. (2.633,19 CHF x 0,8122 EUR/CHF x 0,7006) = 1.498,35 EUR.
40 
5. Der Kläger ist mithin in Einkommensgruppe 5 der Anlage zur Kostenbeitragsverordnung einzuordnen, was gemäß Spalte 2 zu einem Kostenbeitrag i.H.v. 259 EUR führt. Dafür, dass ein Kostenbeitrag in dieser Höhe für den Kläger eine unzumutbare Härte darstellen könnte, ist nichts ersichtlich.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 2 VwGO.
42 
Das Gericht sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
43 
Gründe, die Berufung durch das Verwaltungsgericht zuzulassen, bestehen nicht.

Gründe

 
16 
Die Kammer konnte verhandeln und entscheiden, obgleich der Kläger in der mündlichen Verhandlung weder selbst anwesend noch vertreten war. Denn auf diese Möglichkeit ist er in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
17 
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß §§ 40, 42, 68 ff. VwGO zulässig. Sie ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Denn der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 29.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2015 ist rechtswidrig, soweit er einen monatlichen Kostenbeitrag von mehr als 259 EUR festsetzt. Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers zu einem Kostenbeitrag sind die Regelungen der § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII, § 91 Abs. 1 Nr. 5 lit. a SGB VIII. Danach sind Elternteile zu den Kosten von Hilfen zur Erziehung aus ihrem Einkommen heranzuziehen. Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird (§ 92 Abs. 2 SGB VIII). Der Umfang der Heranziehung bestimmt sich nach § 94 SGB VIII und richtet sich nach dem gemäß § 93 SGB VIII zu berechnenden Einkommen des Beitragspflichtigen unter Berücksichtigung weiterer gleichrangiger Unterhaltsverpflichtungen (§ 94 Abs. 2 SGB VIII).
19 
1. Gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB VIII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert - die genannten Ausnahmen sind hier nicht einschlägig -, wobei maßgeblich das durchschnittliche Monatseinkommen ist, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Da sich der angefochtene Bescheid die Kostenbeitragspflicht des Klägers (nur) für das Jahr 2014 regelt, während für das Jahr 2015 unter dem 07.05.2015 ein erneuter Kostenbeitragsbescheid ergangen ist, ist hier zugrunde zu legen das Einkommen des Klägers im Jahr 2013. Im Jahr 2013 betrug der Bruttolohn des Klägers 62.300,60 CHF.
20 
2. Vom Einkommen abzusetzen sind gemäß § 93 Abs. 2 SGB VIII auf das Einkommen gezahlte Steuern (1.), Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung (2.) sowie nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit (3.).
21 
Im Falle des Klägers führt dies zu Abzügen i.H.v. 1.491,35 CHF bzw. 7.700,00 CHF an Steuern (Quellensteuer bzw. Kantons- und Gemeindesteuern), Pflichtbeiträgen i.H.v. (laut Lohnausweis) 4.729,10 CHF bzw. 3.031,20 CHF sowie Krankenversicherungsbeiträgen i.H.v. (268,15 x 12 =) 3.217,80 CHF, somit Abzügen i.H.v. insgesamt 20.169,45 CHF.
22 
Das sich nach § 93 Abs. 1, 2 SGB VIII ergebende Jahresnettoeinkommen des Klägers im hier maßgeblichen Jahr 2013 beträgt folglich 42.131,15 CHF, das durchschnittliche monatliche Einkommen demnach 3.510,93 CHF.
23 
3. Von diesem Betrag sind gemäß § 93 Abs. 3 SGB VIII Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen, wobei grundsätzlich eine Kürzung um pauschal 25% erfolgt, sofern die - nach Grund und Höhe angemessenen - Belastungen nicht höher sind. In Betracht kommen insbesondere Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben und Schuldverpflichtungen.
24 
Der Beklagte hat den pauschalen Abzug von 25% gewählt. Dies ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten des Klägers die aus dem Darlehensvertrag mit der Bank ... resultierenden monatlichen Raten i.H.v. 465,90 CHF sowie seine (offenbar bis ins Jahr 2015 hinein gezahlten) unterhaltsrechtlichen Verpflichtungen gegenüber dem Landratsamt ... i.H.v. 100 EUR monatlich berücksichtigt werden; denn unabhängig davon, wie genau der Betrag von 100 EUR umzurechnen wäre, wird jedenfalls der Betrag von 877,73 EUR, der sich bei einem pauschalen Abzug von 25% vom monatlichen Durchschnittseinkommen ergibt, nicht erreicht.
25 
Soweit der Kläger geltend macht, er habe weitere Ausgaben insbesondere für Miete, Strom und andere Wohnnebenkosten, Internet- und Handynutzung, so können diese Ausgaben nicht im Rahmen des § 93 Abs. 3 SGB VIII einkommensmindernd berücksichtigt werden. Vielmehr handelt es sich insoweit um für die allgemeine Lebensführung typische Kosten, die bereits pauschal bei der Festsetzung der Einkommensgruppen und der diesen zugeordneten Kostenbeiträge in der Kostenbeitragsverordnung berücksichtigt wurden und daher nicht im Rahmen des § 93 Abs. 3 SGB VIII angerechnet werden (Nieders. OVG, Beschluss vom 26.01.2010 - 4 ME 2/10 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 21.09.2010 - Au 3 K 10.19 -, juris; VG Ansbach, Urteil vom 29.11.2007 - AN 14 K 07.00014 -, juris; VG Stuttgart, Urteil vom 05.06.2007 - 2738/06 -, juris).
26 
Das für die Festlegung des Kostenbeitrags maßgebliche, gemäß § 93 SGB VIII ermittelte durchschnittliche Monatseinkommen des Klägers beträgt damit 2.633,19 CHF.
27 
4. In einem nächsten Schritt ist dem besonderen Umstand Rechnung zu tragen, dass der Kläger in der Schweiz lebt und arbeitet und dadurch im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland erhöhte Lebenshaltungskosten hat.
28 
4.1 Das Niedersächsische Oberlandesgericht hat in einem die zivilrechtliche Unterhaltspflicht betreffenden Urteil eines - ebenfalls in der Schweiz lebenden - Kostenbeitragspflichtigen nach umfassender Auseinandersetzung mit den möglichen Berechnungsmethoden die von Eurostat ermittelten „vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ als geeigneten Anpassungsmaßstab erachtet (Nieders. OLG, Beschluss vom 19.12.2012 - 11 UF 55/12 -, juris); der Bundesgerichtshof hat diese Vorgehensweise nicht beanstandet (BFH, Beschluss vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12 -, juris).
29 
Die Kammer schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Niedersächsischen Oberlandesgerichts im Grundsatz an und hält die Heranziehung der von Eurostat ermittelten und veröffentlichten Tabelle der „vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ (abrufbar im Internet (Stand 02.05.2017) unter: http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&plugin=1&language=de&pcode=tec00120) auch im Bereich des jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsrechts für sachgerecht.
30 
4.2 Allerdings ist dem Oberlandesgericht - und in der Folge dem VG Düsseldorf, das sich in seiner Argumentation eng an das OLG angelehnt hat (vgl. Urteil vom 29.04.2015 - 10 K 5339/13 -, juris), wie auch dem Beklagten - zur Überzeugung der Kammer bei der konkreten Anwendung der Eurostat-Tabelle ein (Denk-)Fehler unterlaufen.
31 
4.2.1 Das Niedersächsische Oberlandesgericht nämlich hat das im dortigen Verfahren maßgebliche Einkommen - 5.141,52 CHF - unmittelbar mit dem sich aus der genannten Tabelle ergebenden Quotienten der Preisniveauindizes von Deutschland und der Schweiz (0,707) multipliziert und daraus geschlossen, das für die Berechnung der Unterhaltsverpflichtung zugrunde zu legende Einkommen des Klägers betrage (5.141,52 x 0,707 =) 3.635,05 EUR.
32 
Ebenso hat der Beklagte das maßgebliche durchschnittliche Monatseinkommen des Klägers von 3.779,08 CHF (vor Abzug der Krankenversicherung) unmittelbar mit dem Quotienten der Preisniveauindizes 0,6621 multipliziert und ist so auf einen Wert von zunächst (vor Abzug der Krankenversicherungsbeiträge) 2.502,26 EUR nach Kaufkraftbereinigung gekommen.
33 
4.2.2 Dies ist jedoch fehlerhaft. Vielmehr hätte das Oberlandesgericht - wie auch der Beklagte - zunächst das jeweilige Einkommen des Unterhalts- bzw. Kostenbeitragspflichtigen in Euro umrechnen und erst dann mit dem Quotienten der Preisniveauindizes Deutschland / Schweiz multiplizieren müssen.
34 
Das Oberlandesgericht meint, auf diese Umrechnung von Schweizer Franken in Euro verzichten zu können - hält dies sogar für einen Vorteil gegenüber möglichen anderen Berechnungsmethoden - und begründet seine Auffassung unter Verweis auf ein von der Europäischen Kommission im Jahr 2006 herausgegebenes „Handbuch der Methodologie von Kaufkraftparitäten“ (abrufbar im Internet (Stand 02.05.2017) unter: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Preise/InternationalerVergleich/Tabellen/KaufkraftparitaetenKurzfassung.pdf?__blob=publicationFile). Hier heißt es (auf Seite 7) zum Stichwort „Vergleichende Preisniveaus“: „Hierbei handelt es sich um die Relationen von KKPs [Kaufkraftparitäten] zu Wechselkursen. Sie liefern eine Messgröße der Unterschiede bei den Preisniveaus der Länder, indem sie für eine gegebene Produktgruppe oder ein Aggregat die Währungseinheiten berechnen, die erforderlich sind, um die gleiche Menge dieser Produktgruppe oder dieses Aggregats in jedem anderen Land zu kaufen.“ Das Niedersächsische Oberlandesgericht schließt hieraus, dass sich aus den Preisniveauindizes ablesen lasse, „wie viel Euro ausgeben werden müssen, um in der Schweiz in Schweizer Franken das gleiche Produkt kaufen zu können“. Dies aber ist ein Missverständnis. Denn bei den vergleichenden Preisniveaus bzw. Preisniveauindizes handelt sich um die Relationen von Kaufkraftparitäten zu Wechselkursen, wie es im Handbuch ausdrücklich heißt. Es ist mithin zwischen der Kaufkraftparität und dem vergleichenden Preisniveau zu unterscheiden (vgl. zum Folgenden OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.08.2016 - 5 UF 87/14 -, juris; Többens, FamRZ 2016, 597; sowie die Informationen von Eurostat (jew. Stand 02.05.2017) unter http://ec.europa.eu/eurostat/de/web/purchasing-power-parities/data; http://ec.europa.eu/eurostat/de/web/purchasing-power-parities/overview; http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Glossary:Price_level_index_(PLI)/de).
35 
4.2.2.1 Die reine Kaufkraftparität errechnet sich, indem für einen standardisierten Warenkorb ermittelt wird, welche Menge der jeweiligen Währungseinheiten in den zu vergleichenden Ländern erforderlich ist, um einen entsprechenden Warenkorb zu erwerben. Aus der Kaufkraftparität lässt sich damit beispielsweise ablesen, wie viele Schweizer Franken man in der Schweiz braucht, um das zu bekommen, was man in Deutschland für einen Euro bekommt. Bei den Werten der Kaufkraftparität handelt es sich folglich quasi um einen „Kaufkraftwechselkurs“, der vom nominalen Wechselkurs abweichen kann. Die Kaufkraftparitäten allein liefern jedoch nur für Länder mit derselben Währung - etwa innerhalb des Euroraums - Informationen dazu, ob das Preisniveau in einem Land vergleichsweise hoch oder niedrig ist; dagegen lässt die Information, dass etwa im Jahr 2014 1,77 CHF in der Schweiz die gleiche Kaufkraft hatten wir 1,04 EUR in Deutschland, keinen Rückschluss darauf zu, ob das Preisniveau in der Schweiz höher oder geringer ist als in Deutschland.
36 
4.2.2.2 Um einen Maßstab für die relativen Preisniveaus einzelner Länder mit verschiedenen Währungen zu gewinnen, werden daher aus der Kaufkraftparität die Preisniveauindizes abgeleitet, wie sie in der vom Niedersächsischen Oberlandesgericht herangezogenen Tabelle des Eurostat über die „Vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauch der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ enthalten sind. Dies geschieht, indem die Kaufkraftparität in Relation zum nominalen Wechselkurs gesetzt wird, indem also - untechnisch gesprochen - der in der jeweiligen nationalen Währung ermittelte Warenkorb in Euro umgerechnet und der sich hieraus ergebende Betrag ins Verhältnis zum Durchschnittswert innerhalb der Europäischen Union gesetzt wird. Diese Umrechnung hat zur Folge: Je höher der Geldbetrag ist, der für Waren und Dienstleistungen eines Warenkorbs aufgewendet werden muss - je „teurer“ mithin ein Land ist -, desto höher ist sein Preisniveauindex, je weniger Geld für den Warenkorb aufgewendet werden muss, desto geringer ist der Preisniveauindex. Wenn etwa ausweislich der Eurostat-Tabelle für Norwegen im Jahr 2010 der Preisniveauindex 149 und für Albanien 50,3 betrug, lässt sich daraus zum einen ablesen, dass Norwegen ein „teures“ und Albanien ein „billiges“ Land ist; zugleich lässt sich aus den Quotienten der Preisniveauindizes ablesen, dass für Produkte in Norwegen gegenüber dem Durchschnitt der EU - Preisniveauindex 100 - durchschnittlich knapp 50% (149/100) mehr bezahlt werden musste, während in Albanien Produkte nur 1/3 so teuer (50/149) waren wie in Norwegen und nur halb so teuer (50/100) wie im Durchschnitt der EU.
37 
4.2.2.3 Dass es falsch wäre, für die Übertragung eines Betrages in Schweizer Franken auf deutsche Verhältnisse den sich aus der Tabelle „Vergleichende Preisniveaus“ von Eurostat ergebenden Quotienten ohne Heranziehung des nominalen Wechselkurses anzuwenden, mag, da die Unterschiede aufgrund des Währungsumrechnungskurses zwischen Euro und Schweizer Franken von nahezu 1:1 im zu entscheidenden Fall nicht sehr groß sind, ein anderes Beispiel verdeutlichen: Der Quotient der Preisniveauindizes zwischen Deutschland und Norwegen betrug im Jahr 2010 104/149; Norwegen ist folglich nicht nur gegenüber Albanien, sondern auch gegenüber Deutschland ein „teures“ Land. Ein Einkommen von 20.000 NOR entspräche, umgerechnet nach dem nominalen Wechselkurs (1 NOR = ca. 0,10 EUR), etwa 2.000 EUR und unter zusätzlicher Anwendung des Quotienten der Preisniveauindizes (104/149) in Deutschland einem Lebensstandard von 1.395,97 EUR, ein angesichts der höheren norwegischen Lebenshaltungskosten plausibles Ergebnis. Wäre es dagegen richtig, 20.000 NOR ohne vorherige Umrechnung auf Euro mit dem Quotienten zu multiplizieren, käme man auf einen Wert von 13.959,73 EUR, ein ganz offensichtlich falsches Ergebnis.
38 
4.2.2.4 Bei der Übertragung eines Betrags in einer Nicht-Euro-Währung auf deutsche Verhältnisse ist daher, ausgehend von den Tabellen zum „Vergleichenden Preisniveau“, zusätzlich der nominale Wechselkurs heranzuziehen und in einem zweistufigen Verfahren zunächst der in Rede stehende Betrag in Euro umzurechnen und anschließend mit dem Quotienten der Preisniveauindizes zu multiplizieren (so auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.08.2016 - 5 UF 87/14 -, juris; Többens, FamRZ 2016, 597).
39 
4.3 Bezogen auf den Fall bedeutet dies: Nach der Eurostat-Tabelle ergibt sich für das hier maßgebliche Jahr 2013 ein Quotient der Preisniveauindizes von (103,2/147,3 =) 0,7006. Der durchschnittliche Euro-Referenzkurs gegenüber dem Schweizer Franken betrug im Jahr 2013 1,2311 (https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Statistiken/Aussenwirtschaft/Devisen_Euro_Referenzkurs/stat_eurorefj.pdf?__blob=publicationFile), woraus sich ein Umrechnungskurs von 1 CHF = 0,8122 EUR errechnet. Hieraus ergibt sich ein kaufkraftbereinigtes zu berücksichtigendes monatliches Einkommen i.H.v. (2.633,19 CHF x 0,8122 EUR/CHF x 0,7006) = 1.498,35 EUR.
40 
5. Der Kläger ist mithin in Einkommensgruppe 5 der Anlage zur Kostenbeitragsverordnung einzuordnen, was gemäß Spalte 2 zu einem Kostenbeitrag i.H.v. 259 EUR führt. Dafür, dass ein Kostenbeitrag in dieser Höhe für den Kläger eine unzumutbare Härte darstellen könnte, ist nichts ersichtlich.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 2 VwGO.
42 
Das Gericht sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
43 
Gründe, die Berufung durch das Verwaltungsgericht zuzulassen, bestehen nicht.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 28. Apr. 2017 - 4 K 902/15

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 28. Apr. 2017 - 4 K 902/15 zitiert 11 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 93 Berechnung des Einkommens


(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie a

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 92 Ausgestaltung der Heranziehung


(1) Zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen sind Elternteile aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der i

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 94 Umfang der Heranziehung


(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten. (2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternt

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 33 Vollzeitpflege


Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kind

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 28. Apr. 2017 - 4 K 902/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 05. Aug. 2016 - 5 UF 87/14

bei uns veröffentlicht am 05.08.2016

Tenor 1. Dem Antragsgegner wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lörrach vom 08.04.2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. 2. Die Beschwerde des

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 29. Apr. 2015 - 10 K 5339/13

bei uns veröffentlicht am 29.04.2015

Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2013 wird aufgehoben, soweit er für den Beitragszeitraum 1. März 2012 bis 31. Dezember 2012 einen monatlichen Kostenbeitrag festsetzt, der einen Betrag von 325,- Euro übersteigt. Im Übrigen wird die Klage

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2014 - XII ZB 661/12

bei uns veröffentlicht am 09.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS XII ZB661/12 Verkündet am: 9. Juli 2014 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

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Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Eine Entschädigung, die nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Geldleistungen, die dem gleichen Zwecke wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen; dies gilt nicht für

1.
monatliche Leistungen nach § 56 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages und
2.
monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages.
Kindergeld und Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen gezahlte Steuern und
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie
3.
nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.

(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrag sind Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt durch eine Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. In Betracht kommen insbesondere

1.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen,
2.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
3.
Schuldverpflichtungen.
Die kostenbeitragspflichtige Person muss die Belastungen nachweisen.

(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen sind Elternteile aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.

(1a) Unabhängig von ihrem Einkommen sind nach Maßgabe von § 93 Absatz 1 Satz 3 und § 94 Absatz 3 heranzuziehen:

1.
Kinder und Jugendliche zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1 bis 7 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen,
2.
junge Volljährige zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1, 4 und 8 genannten Leistungen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 19 zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 2 genannten Leistungen,
4.
Elternteile zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.

(2) Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird; Elternteile werden getrennt herangezogen.

(3) Ein Kostenbeitrag kann bei Eltern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ohne vorherige Mitteilung kann ein Kostenbeitrag für den Zeitraum erhoben werden, in welchem der Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Pflichtigen fallen, an der Geltendmachung gehindert war. Entfallen diese Gründe, ist der Pflichtige unverzüglich zu unterrichten.

(4) Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben werden, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden. Von der Heranziehung der Eltern ist abzusehen, wenn das Kind, die Jugendliche, die junge Volljährige oder die Leistungsberechtigte nach § 19 schwanger ist oder der junge Mensch oder die nach § 19 leistungsberechtigte Person ein leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(5) Von der Heranziehung soll im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Von der Heranziehung kann abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Eine Entschädigung, die nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Geldleistungen, die dem gleichen Zwecke wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen; dies gilt nicht für

1.
monatliche Leistungen nach § 56 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages und
2.
monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages.
Kindergeld und Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen gezahlte Steuern und
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie
3.
nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.

(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrag sind Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt durch eine Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. In Betracht kommen insbesondere

1.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen,
2.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
3.
Schuldverpflichtungen.
Die kostenbeitragspflichtige Person muss die Belastungen nachweisen.

(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Eine Entschädigung, die nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Geldleistungen, die dem gleichen Zwecke wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen; dies gilt nicht für

1.
monatliche Leistungen nach § 56 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages und
2.
monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages.
Kindergeld und Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen gezahlte Steuern und
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie
3.
nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.

(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrag sind Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt durch eine Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. In Betracht kommen insbesondere

1.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen,
2.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
3.
Schuldverpflichtungen.
Die kostenbeitragspflichtige Person muss die Belastungen nachweisen.

(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
XII ZB661/12 Verkündet am:
9. Juli 2014
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei der Bemessung des Unterhalts kann der Tatrichter zur Ermittlung des Kaufkraftunterschieds
die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat)
ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten
Haushalte einschließlich indirekter Steuern" heranziehen.
BGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 - XII ZB 661/12 - OLG Oldenburg
AG Osnabrück
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin
Weber-Monecke und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

für Recht erkannt:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 19. Oktober 2012 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Die im Januar 1995 und Dezember 1996 geborenen und in Deutschland lebenden Antragsteller begehren von ihrem in der Schweiz lebenden, wiederverheirateten Vater, dem Antragsgegner, in Abänderung bereits bestehender Jugendamtsurkunden höheren Kindesunterhalt.
2
Ausweislich der Jugendamtsurkunden vom 6. Oktober 2005 ist der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragsteller jeweils Kindesunterhalt in Höhe von 121 % des Regelbetrags zu zahlen. Seither zahlt er monatlich je Kind Unterhalt von 344 €. Die Antragsteller haben für die Zeit ab September 2010 Unterhalt in Höhe von jeweils 136 % des Mindestunterhalts nach der jeweils gel- tenden Düsseldorfer Tabelle abzüglich des anzurechnenden Kindergeldes begehrt.
3
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet. Auf dessen Beschwerde hat das Oberlandesgericht den für die Zeit ab Januar 2011 zu zahlenden Unterhalt auf 128 % des Mindestunterhalts reduziert und im Übrigen die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
5
1. Das Beschwerdegericht ist zu Recht von seiner internationalen Zuständigkeit ausgegangen. Dabei kann dahinstehen, ob das Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (ABl. EU 2009 Nr. L 147, S. 5 - dort Art. 5 Nr. 2 Buchstabe a) oder die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18. Dezember 2008 (ABl. EU 2009 Nr. L 7, S. 1 - dort Art. 3 Buchstabe b; s. hierzu MünchKomFamFG/Lipp 2. Aufl. Art. 69 EG-UntVO Rn. 11) zur Anwendung gelangt, da die internationale Zuständigkeit des Beschwerdegerichts nach beiden Normen gegeben ist.
6
Ebenso zutreffend ist das Beschwerdegericht von der Anwendbarkeit deutschen Rechts gemäß Art. 3 Abs. 1 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 (ABl. EU 2009 Nr. L 331, S. 19) bzw. Art. 4 Abs. 1 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober 1973 (BGBl. 1986 II S. 837) ausgegangen. Dabei kann die streitige Frage, welches der beiden vorgenannten Haager Übereinkommen im Verhältnis zur Schweiz Anwendung findet (vgl. zum Streitstand Senatsurteil vom 26. Juni 2013 - XII ZR 133/11 - FamRZ 2013, 1366 Rn. 31 ff.), unbeantwortet bleiben, weil nach beiden Normen jeweils deutsches Sachrecht zur Anwendung kommt.
7
2. Die angegriffene Entscheidung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.
8
a) Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2013, 891 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
9
Soweit der Antragsgegner eine Reduzierung seiner Unterhaltsverpflichtung von 121 % des Regelbedarfs auf 115 % des Mindestkindesunterhalts begehre , habe er - ohne dies zu benennen - einen unzulässigen Widerantrag erhoben. Nach Umrechnung des Alttitels gemäß § 36 Ziff. 3 Abs. 3 a und d EGZPO und unter Berücksichtigung dessen, dass beide Antragsteller am 1. Januar 2008 in die 2. Altersgruppe einzustufen gewesen seien, ergebe sich ein prozentualer Mindestunterhalt von 116,1 %, weshalb der Antragsgegner eine Reduzierung der Jugendamtsurkunde um 1,1 % erstrebe. Mangels entsprechender Darlegung seitens des Antragsgegners sei dieser Widerantrag unzulässig.
10
Soweit das Familiengericht eine Zahlungsverpflichtung des Antragsgegners in Höhe von 136 % des Mindestkindesunterhalts angenommen habe, sei die angefochtene Entscheidung teilweise abzuändern. Der Antragsgegner schulde den Antragstellern zwar für den Zeitraum von September bis Dezember 2010 den zuerkannten Kindesunterhalt von 136 %; ab Januar 2011 schulde er demgegenüber lediglich jeweils 128 % des Mindestkindesunterhalts.
11
Zu dem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 5.686,43 CHF seien die von dem Antragsgegner vereinnahmten "übrigen effektiven Spesen" (monatlich 445,17 CHF) als weitere unterhaltsrechtliche Einnahmen zu einem Drittel hinzuzurechnen. Da der Antragsgegner trotz Aufforderung keine Angaben dazu gemacht habe, wofür er die Spesen erhalte, und dies auch den Lohnabrechnungen nicht hinreichend zu entnehmen sei, müsse er sich die Spesenzahlungen seines Arbeitgebers zu einem Drittel, also in Höhe von 148,39 CHF, anrechnen lassen.
12
Von den Einnahmen des Antragsgegners seien lediglich die von ihm für seine gesetzliche und für seine private (Zusatz-)Krankenversicherung geleistete Prämie in Höhe von insgesamt 326,60 CHF in Abzug zu bringen. Soweit der Antragsgegner auch für seine Ehefrau durch Zahlung von Versicherungsprämien Krankheitsvorsorge betreibe, handle es sich hierbei um Unterhaltsleistungen an eine nachrangig Berechtigte, weshalb diese Leistungen nicht berücksichtigungsfähig seien. Demgegenüber sei die fondsgebundene Lebensversicherung des Antragsgegners in Höhe von 236,70 CHF einkommensmindernd als Altersvorsorge anzurechnen. Ebenso sei die Schuldenbereinigung in Höhe von monatlich 130 CHF zu berücksichtigen. Danach verbleibe ein bereinigtes Einkommen von 5.141,52 CHF.
13
Das Einkommen des Antragsgegners sei nicht um berufsbedingte Aufwendungen zu bereinigen. Diese würden durch den nicht als Einnahmen angerechneten Teil der vom Arbeitgeber gewährten Spesenzahlungen abgedeckt. Weitere Abzüge seien nicht gerechtfertigt.
14
Im Hinblick auf das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Antragsgegners sei eine Kaufkraftbereinigung vorzunehmen. Es müsse angesichts der im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland erhöhten Lebenshaltungskos- ten in der Schweiz an die deutschen Verhältnisse angepasst werden. Lebe der Unterhaltspflichtige im Ausland und könne er mit seinem tatsächlich erwirtschafteten Einkommen wegen der in diesem Land erhöhten Lebenshaltungskosten bei einem ebenfalls dort aufhältigen Unterhaltsberechtigten nur einen geringeren Bedarf bedienen, so müsse sich auch dies bei der Unterhaltsbemessung niederschlagen. Ein in Deutschland wohnhafter Berechtigter könne deshalb auch nur eine Unterhaltsleistung beanspruchen, welche seinem abgedeckten Lebensbedarf am Wohnort des Verpflichteten entspreche.
15
Der Kaufkraftunterschied sei nach den vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" für den Zeitraum September 2010 bis Dezember 2010 auf 1:0,707 und sodann auf 1:0,639 zu schätzen. Allein die Umrechnung der in Schweizer Franken erzielten Einkünfte nach dem Euro-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank greife bei der vorzunehmenden Kaufkraftanpassung zum Ausgleich der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten zu kurz. Ebenso wenig könne die Ländergruppeneinteilung der Steuerverwaltung für die Bemessung der Kaufkraftunterschiede herangezogen werden. Die Schweiz gehöre dort zu Gruppe 1, also zu denjenigen Ländern, in denen die Lebensverhältnisse in etwa denjenigen in Deutschland entsprächen. Eine differenzierte Betrachtung der Lebenshaltungskosten in der Schweiz einerseits und in Deutschland andererseits sei nach dieser Einteilung nicht möglich.
16
Für die Kaufkraftanpassung ebenfalls nur bedingt geeignet seien die gemäß § 55 Abs. 2 BBesG monatlich vom Statistischen Bundesamt verlautbarten Teuerungsziffern für den Kaufkraftausgleich der Auslandsbesoldung. Nach dieser Norm erhielten ins Ausland entsandte Beamte und Soldaten einen Kaufkraftausgleich , der dafür sorgen solle, dass sie sich an ihrem Dienstort mit den Dienstbezügen die gleiche Menge an Waren und Dienstleistungen kaufen könnten wie im Inland. Damit würden letztlich nur Preisunterschiede zwischen einzelnen Städten und nicht diejenigen zwischen den verschiedenen Ländern ermittelt. Überdies bezögen sich die Daten nicht auf den Durchschnitt privater Haushalte, sondern auf die Haushalte von entsandten Diplomaten, die zusätzliche Versorgungsmöglichkeiten oder besondere Vergünstigungen nutzen könnten. Zudem würden für knapp 40 % des Warenkorbes keine Teuerungsziffern berechnet, während hinsichtlich anderer Güter Pauschalen verwendet würden, welche zu überwiegend niedrigeren Gesamtteuerungsziffern führten, oder lediglich Transportkosten erfasst würden.
17
Nachdem das Statistische Bundesamt die Veröffentlichung der Daten zur Kaufkraft des Euros eingestellt habe, könne diese nicht mehr zur Kaufkraftanpassung angewendet werden. Deshalb seien die von Eurostat ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" als geeigneter Anpassungsmaßstab zu erachten. Hiermit lasse sich ein mit den empfohlenen Werten des Statistischen Bundesamtes kompatibler Wert ermitteln. Durch Eurostat werde zunächst die Kaufkraftparität ermittelt, indem die in der jeweiligen Landeswährung erhobenen Preise erst in nationale Durchschnittswerte und hiernach in eine einheitliche Währung umgerechnet würden. Sodann würden für das vergleichende Preisniveau die auf dieser Basis auf einem einheitlichen Preisindex ausgedrückten Kaufkraftparitäten in Relation zu den Wechselkursen gesetzt. Auf diese Weise werde eine Messgröße ermittelt, die wiedergebe, welche Menge der jeweiligen Währungseinheit erforderlich sei, um die gleiche Anzahl einer Produktgruppe in jedem anderen erfassten Land zu kaufen. Mit dem vergleichenden Preisniveau des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern stehe ein Instrument zur Verfügung, das die tatsächlichen Preisunterschiede zwischen den einzelnen Ländern im Hinblick auf die Kosten der allgemeinen Lebensführung hinreichend widerspiegele.
18
Nach den für das Jahr 2010 von Eurostat mitgeteilten Daten habe in diesem Jahr das Preisniveau in der Schweiz um 147,6 % und dasjenige in der Bundesrepublik Deutschland um 104,3 % über dem für die Europäische Union ermittelten Mittelwert gelegen. Demnach habe das Kaufkraftverhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz 1:0,707 (104,3 : 147,6) betragen. Nach dem vorläufigen Ergebnis zu Kaufkraftparitäten und vergleichenden Preisniveaus, die Eurostat am 22. Juni 2012 für das Jahr 2011 veröffentlicht habe, habe das Verhältnis in diesem Jahr 1:0,639 betragen.
19
Die nach diesem Maßstab vorzunehmende Kaufkraftbereinigung habe entgegen der vom Oberlandesgericht Brandenburg vertretenen Auffassung (FamRZ 2008, 1279) nicht durch eine Anpassung der in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Unterhaltssätze, sondern durch eine entsprechende Korrektur des in der Währung des Heimatlandes des Antragsgegners ermittelten unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens zu erfolgen. Die Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle seien an deutschen Verhältnissen ausgerichtet. Sie würden den Lebensbedarf eines im Inland lebenden Kindes widerspiegeln. Deshalb sei es angemessen, die Umrechnung derart vorzunehmen, dass das Einkommen des Antragsgegners hinsichtlich der Kaufkraft verhältnismäßig bereinigt werde und sodann der Bedarf der Kinder aus der sich so ergebenden Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entnommen werde. Bei dieser Anrechnungsvariante würden nicht die Kinder mit ihrem inländischen Bedarf fiktiv in die Schweiz versetzt werden; vielmehr werde die Kaufkraft des Einkommens des Antragsgegners auf die deutschen Verhältnisse übertragen, an welchen die aus dem Mindestbedarf abgeleiteten Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle auch ausgerichtet seien.
20
Daraus folge, dass sich das Einkommen des Antragsgegners für das Jahr 2010 auf 3.635,05 € und ab Januar 2011 auf 3.285,43 € belaufe. Dementsprechend sei der Unterhaltsbedarf der Antragsteller für die Monate September 2010 bis Dezember 2010 aus der 7. Einkommensgruppe und sodann ab Januar 2011 aus der 6. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen.
21
Eine Herabstufung wegen etwaiger Unterhaltsansprüche der Ehefrau des Antragsgegners sei nicht angezeigt. Soweit wegen der nicht nur gegenüber zwei Kindern, sondern auch gegenüber seiner Ehefrau bestehenden Unterhaltspflicht des Antragsgegners nach Ziff. 11.2 Satz 3 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien ein Abschlag durch Einstufung in eine niedrigere Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle in Betracht gekommen sei, sei ein solcher angesichts der gehobenen Einkommensverhältnisse des Antragsgegners und seiner erheblich über der unteren Grenze der 7. bzw. 6. Einkommensgruppe liegenden Einnahmen ebenfalls nicht gerechtfertigt.
22
b) Hiergegen ist im Ergebnis von Rechts wegen nichts zu erinnern.
23
aa) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts bedarf es allerdings für die vom Antragsgegner begehrte Reduzierung des Kindesunterhalts auf jeweils 115 % des Mindestunterhalts keines Widerantrags. Zutreffend hat die Rechtsbeschwerde darauf hingewiesen, dass sich der Antragsgegner mit diesem Verlangen lediglich (teilweise) gegen das Erhöhungsverlangen der Antragsteller verteidige, jedoch nicht eine Unterschreitung des in den abzuändernden Jugendamtsurkunden festgelegten Kindesunterhalts begehre. Denn die Umrechnung der Alttitel führt gemäß § 36 Nr. 3 EGZPO zu einem unterhalb dieses Wertes liegenden Prozentsatz, nämlich bei dem Antragsteller zu 1 zu 106,58 % und bei der Antragstellerin zu 2 zu 102,80 % des Mindestunterhalt statt der vom Oberlandesgericht für beide Kinder jeweils errechneten 116,1 % (vgl. Senatsurteil vom 18. April 2012 - XII ZR 66/10 - FamRZ 2012, 1048 Rn. 21). Dieser Fehler wirkt sich indessen nicht zu Lasten des Antragsgegners aus, weil das Beschwerdegericht eine entsprechende Herabsetzung auch aus materiellen Gründen in von Rechts wegen nicht zu beanstandender Weise abgelehnt hat.
24
bb) Die Feststellungen zum Jahresnettoeinkommen des Antragsgegners sind demgegenüber weder angegriffen noch sonst aus Rechtsgründen zu beanstanden. Das gilt auch für die Hinzurechnung der Spesen mit einem Anteil von einem Drittel (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 82).
25
Ebenso wenig ist im Ergebnis zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die Zahlungen, die der Antragsgegner für die Krankenversicherung seiner Ehefrau zu leisten hat, nicht von dessen Nettoeinkommen abgezogen hat. Bei solchen Zahlungen handelt es sich um einen Teil des Ehegattenunterhalts, der erst im Rahmen einer eventuellen Herabstufung Berücksichtigung finden kann.
26
cc) Die vom Oberlandesgericht verneinte Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen des Antragsgegners hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.
27
(1) Nach Ziff. 10.2.1 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Oldenburg ist bei Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens - bei Vollzeittätigkeit mindestens 50 € und höchstens 150 € - anzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein solcher pauschaler Abzug für berufsbedingte Aufwendungen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Voraussetzung ist aber, dass konkrete Anhaltspunkte dargelegt sind, wonach der Unterhaltspflichtige überhaupt berufsbedingte Aufwendungen gehabt hat (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 861).
28
(2) Gemessen hieran ist gegen die Nichtberücksichtigung pauschaler berufsbedingter Aufwendungen im Ergebnis nichts zu erinnern.
29
(a) Die hierzu vom Beschwerdegericht gegebene Begründung, wonach die berufsbedingten Aufwendungen bereits durch den nicht als Einnahmen angerechneten Teil der vom Arbeitgeber gewährten Spesenzulagen abgedeckt würden, vermag indes nicht zu überzeugen.
30
Während Spesen durch Geschäfts- oder Dienstreisen veranlasste Aufwendungen sind, wie etwa der Aufwand für die Verpflegung, Übernachtungskosten sowie sonstige Nebenkosten (vgl. Wendl/Dose 8. Aufl. Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis § 1 Rn. 78), sind berufsbedingte Aufwendungen zur Einkommenserzielung notwendig, wie etwa die Kosten für die Fahrten zur Arbeitsstätte (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 122). Berufsbedingte Aufwendungen unterscheiden sich von den Spesen mithin dadurch, dass sie anfallen, damit der Arbeitnehmer überhaupt seiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann, während Spesen Kosten darstellen, die während der Ausführung der Erwerbstätigkeit oder im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit entstehen.
31
(b) Der Antragsgegner hat indes trotz Hinweises des Oberlandesgerichts, dass es wegen der Spesenzahlung die berufsbedingten Aufwendungen nicht berücksichtigen werde, keine konkreten Anhaltspunkte dargelegt, denen zu entnehmen wäre, dass berufsbedingte Aufwendungen tatsächlich anfallen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde reicht hierfür allein die Vorlage der Lohnabrechnungen für das Jahr 2011 nicht aus, auch wenn darin eine vom Arbeitgeber für den Antragsgegner monatlich gezahlte Garagenmiete von 100 CHF dokumentiert ist. Abgesehen davon, dass es nicht Aufgabe des Tatrichters ist, sich wesentlichen Vortrag der Beteiligten aus den eingereichten Anlagen zusammenzusuchen, lässt sich aus den Lohnabrechnungen auch nicht zwingend auf das Anfallen berufsbedingter Aufwendungen schließen.
32
dd) Die vom Oberlandesgericht durchgeführte Anpassung des vom Antragsgegner in der Schweiz erzielten Einkommens an die deutschen Verhältnisse wegen der erhöhten Lebenshaltungskosten ist von Rechts wegen ebenso wenig zu beanstanden.
33
(1) Nachdem das Statistische Bundesamt die Veröffentlichung der Verbrauchergeldparitäten zum Ende des Berichtsjahrs 2009 eingestellt hatte (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 91), deren Heranziehung zur Ermittlung der Kaufkraftunterschiede der Senat seinerzeit gebilligt hatte (Senatsurteil vom 1. April 1987 - IVb ZR 41/86 - FamRZ 1987, 682, 684; vgl. auch Unger FPR 2013, 19, 21), werden nunmehr zum einen die Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums sowie eine Korrektur mittels Teuerungsziffern und schließlich die Heranziehung der Statistiken zu Kaufpreisparitäten von Eurostat erwogen (vgl. die Übersicht bei OLG Stuttgart FamRZ 2014, 850, 851 f.; Unger FPR 2013, 19, 21 ff.).
34
Dabei ist die Kaufkraftbereinigung Sache der tatrichterlichen Beurteilung. Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur prüfen, ob der Tatrichter insoweit den Verfahrensstoff erschöpfend gewürdigt und einen rechtlich bedenkenfreien Weg eingeschlagen hat (Senatsurteil vom 1. April 1987 - IVb ZR 41/86 - FamRZ 1987, 682, 684).
35
(2) Dass das Oberlandesgericht, das die Vor- und Nachteile der jeweiligen Methoden nachvollziehbar begründet und abgewogen hat, seiner Umrechnung die von Eurostat ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endver- brauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" als im vorliegenden Fall geeigneten Anpassungsmaßstab erachtet und damit der wohl überwiegenden Auffassung (Unger FPR 2013, 19, 22 f.; jurisPK-BGB/Viefhues [Stand 28. April 2014] § 1610 BGB Rn. 48.1; Deutscher Familiengerichtstag - Empfehlungen des Vorstands Arbeitskreis 5 zu A I 1d - FamRZ 2011, 1921) gefolgt ist, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen.
36
(3) Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Oberlandesgericht die sich im Rahmen der Kaufkraftbereinigung ergebende Anpassung schon beim unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen des Antragsgegners und nicht erst bei den in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Unterhaltssätzen der Antragsteller vorgenommen hat (so aber OLG Brandenburg FamRZ 2008,

1279).

37
Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen, § 1610 Abs. 1 BGB. Auch wenn diese sich bei minderjährigen Kindern, die noch keine eigene Lebensstellung erlangt haben, vom Barunterhaltspflichtigen ableitet, ändert das nichts daran, dass die Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle an den deutschen Verhältnissen ausgerichtet sind. Sie spiegeln den Lebensbedarf eines im Inland lebenden Kindes wider. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn das Oberlandesgericht das bereinigte Einkommen des Antragsgegners entsprechend der Kaufkraft umgerechnet und sodann den Bedarf der - im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht noch minderjährigen - Kinder aus der sich so ergebenden Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entnommen hat. Im Übrigen hat auch die Rechtsbeschwerde gegen diese Verfahrensweise keine Einwendungen erhoben.
38
ee) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht eine Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs der Antragsteller in eine niedrigere Einkommensgruppe wegen der zusätzlichen Unterhaltsverpflichtungen des Antragsgegners gegenüber seiner Ehefrau abgelehnt hat.
39
(1) Die Unterhaltsbedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle sind auf allgemeiner Erfahrung beruhende Richtsätze, die dem Rechtsanwender die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "angemessenen Unterhalts" erleichtern sollen. Der Höhe nach sind sie auf den Durchschnittsfall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige zwei Unterhaltsberechtigten ohne Rücksicht auf den Rang Unterhalt zu gewähren hat (Düsseldorfer Tabelle Stand 1. Januar 2010 und 2011 (jew.) Anm. 1). Weil die Werte nur Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung sind, ist das mit ihrer Hilfe gewonnene Ergebnis nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls stets auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin zu überprüfen (Senatsbeschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 37 mwN). Hierzu hält die Düsseldorfer Tabelle die Möglichkeit der Herauf- oder Herabstufung nach der Anzahl der Unterhaltsberechtigten bzw. mittels der Bedarfskontrollbeträge bereit. Liegt eine über- oder unterdurchschnittliche Unterhaltsbelastung mit mehr oder weniger Unterhaltsberechtigten vor, soll durch eine Höher- oder Niedrigergruppierung in den Gehaltsstufen oder durch Bildung von individuell geschätzten Zu- oder Abschlägen eine den Besonderheiten des Falls angemessene Unterhaltsbemessung erreicht werden (Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493).
40
Die Einstufung in eine höhere oder niedrigere Gehaltsgruppe der Tabelle je nach Zahl der Unterhaltsberechtigten und der damit verbundenen Unterhaltslast liegt allerdings im tatrichterlichen Ermessen (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493).
41
(2) Gemessen hieran begegnet die Entscheidung des Oberlandesgerichts keinen rechtlichen Bedenken. Sie beruht auf keinen - der Überprüfung des Senats allein unterliegenden - Ermessensfehlern. Das Beschwerdegericht hat alle wesentlichen Punkte - wie namentlich die Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber seiner Ehefrau - in den Blick genommen. Wenn es dann zu dem Ergebnis gelangt, dass unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Antragsgegners eine Herabsetzung nicht in Betracht kommt, ist die Entscheidung des Tatrichters aus Rechtsgründen hinzunehmen.
42
ff) Soweit die Rechtsbeschwerde einwendet, aufgrund der vom Oberlandesgericht titulierten Unterhaltsverpflichtungen sei das Existenzminimum des Antragsgegners nicht mehr gewahrt, bleibt ihr ebenfalls der Erfolg versagt. Denn der dem Antragsgegner gegenüber den Antragstellern zu belassende Selbstbehalt ist gewahrt.
43
Die tabellenmäßigen Selbstbehaltsbeträge beinhalten eine pauschalierte Betrachtung. Ob eine Anpassung des Selbstbehalts erforderlich ist, wenn der Unterhaltspflichtige, der sich im Ausland aufhält, einem von den Annahmen der Tabelle wesentlich abweichenden Preisniveau ausgesetzt ist, unterliegt ebenfalls der tatrichterlichen Beurteilung (Senatsbeschluss vom 3. Juli 2013 - XII ZB 220/12 - FamRZ 2013, 1375 Rn. 29).
44
Die dementsprechend vom Oberlandesgericht vorgenommene tatrichterliche Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Es hat das vom Antragsgegner in der Schweiz erzielte Einkommen nach den Eurostat-Tabellen umgerechnet und ist damit dem abweichenden Preisniveau gerecht geworden.
45
gg) Schließlich geht die Rüge der Rechtsbeschwerde fehl, wonach die Kostenentscheidung fehlerhaft sei, weil nicht bedacht worden sei, dass die An- tragsteller in erster Instanz zunächst 144 % des Mindestunterhalts verlangt hätten.
46
Gemäß § 243 Satz 1 FamFG entscheidet das Gericht in Unterhaltssachen abweichend von den entsprechenden Vorschriften der Zivilprozessordnung nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Insgesamt soll die Kostenentscheidung in Unterhaltssachen flexibler und weniger formal gehandhabt werden können, um dem - von der Streitwertermittlung nicht hinreichend zu erfassenden - Dauercharakter der Verpflichtung Rechnung tragen zu können (Senatsbeschluss vom 28. September 2011 - XII ZB 2/11 - FamRZ 2011, 1933 Rn. 29).
47
Dass das Beschwerdegericht bei seiner Kostenentscheidung sein Ermessen in vom Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbarer Weise verletzt hätte, hat die Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Sie hat vor allem nicht bedacht, dass das Oberlandesgericht den Antragstellern für die erste Instanz 1/3 der Gerichtskosten und 3/7 der außergerichtlichen Kosten auferlegt hat, obgleich diese zu einem wesentlichen Teil obsiegt haben. Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Osnabrück, Entscheidung vom 01.03.2012 - 35 F 138/11 UK -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12 -

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2013 wird aufgehoben, soweit er für den Beitragszeitraum 1. März 2012 bis 31. Dezember 2012 einen monatlichen Kostenbeitrag festsetzt, der einen Betrag von 325,- Euro übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, zu 92 %, die Beklagte zu 8 %.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

1. Dem Antragsgegner wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lörrach vom 08.04.2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lörrach vom 08.04.2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass zur Klarstellung Ziffern I. und II. des Beschlusses wie folgt neu gefasst werden:

I.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, für das Kind Da. D. (geb. am ...2006) ab 01.07.2012 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen. Die Zahlung hat für den Zeitraum von Juli 2012 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe von 180 EUR, für den Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich Dezember 2015 in Höhe von 192 EUR und für den Zeitraum von Januar 2016 bis einschließlich Juli 2016 in Höhe von 194 EUR an den Leistungsträger der Unterhaltsvorschusskasse des Landes Baden-Württemberg zu erfolgen. Im Übrigen ist die Unterhaltszahlung zu Händen der Kindesmutter (Antragstellerin) zu leisten.

II.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, für das Kind Di. D. (geb. am ...2007) ab 01.07.2012 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind zu zahlen. Die Zahlung hat für den Zeitraum von Juli 2012 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe von 180 EUR, für den Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich Dezember 2015 in Höhe von 192 EUR und für den Zeitraum von Januar 2016 bis einschließlich Juli 2016 in Höhe von 194 EUR an den Leistungsträger der Unterhaltsvorschusskasse des Landes Baden-Württemberg zu erfolgen. Im Übrigen ist die Unterhaltszahlung zu Händen der Kindesmutter (Antragstellerin) zu leisten.

3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.964 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Mindestunterhalt für die beiden gemeinsamen Kinder.
Die Beteiligten sind die Eltern der gemeinsamen Kinder Da. D. (geb. am ...2006) und Di. D. (geb. am ...2007). Die Beteiligten leben seit Mai 2011 getrennt. Die Kinder leben bei der Antragstellerin in Deutschland, der Antragsgegner lebt in der Schweiz. Die Antragstellerin erhält für die Kinder jeweils Unterhaltsvorschuss in Höhe von 180 EUR monatlich (Juli 2012 bis Juni 2015), von 192 EUR (Juni bis Dezember 2015) und von 194 EUR (Januar bis Juli 2016).
Der Antragsgegner lebt im grenznahen Basel und hat dort ein Einkommen aus einer halbschichtigen Tätigkeit in Höhe von 2.000 CHF brutto. Netto ergibt dies eine Auszahlung von 1.778 CHF, für die Krankenversicherung sind monatlich 283,40 CHF aufzuwenden, außerdem waren im Rahmen des Selbstbehalts im Jahre 2013 insgesamt weitere 459,50 CHF aufzuwenden.
Die Antragstellerin macht geltend, der Antragsgegner sei zu einer vollschichtigen Tätigkeit verpflichtet, dann könne er den Mindestunterhalt leisten.
Der Antragsgegner macht geltend, er könne keine weitere Tätigkeit ausüben, da er an Depressionen leide. Er befinde sich deshalb auch in ärztlicher Behandlung. Im Übrigen seien in der Schweiz erhöhte Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Eine Verletzung der Erwerbsobliegenheit sei ihm nicht vorzuwerfen.
Das Familiengericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige Professor Dr. E., Universitätsklinikum für Psychiatrie und Psychosomatik in F., kam mit Datum vom 04.06.2013 zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegner aktuell wegen einer depressiven Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung nicht in der Lage sei, mehr als halbschichtig zu arbeiten. Es handle sich aber nicht um einen dauerhaften Zustand, da bei noch nicht ausgeschöpften Therapiemöglichkeiten von einer Therapierbarkeit der Störung auszugehen sei.
Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 08.04.2014 den Antragsgegner verpflichtet, für die beiden Kinder den jeweiligen Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe zu zahlen. Der Antragsgegner habe nicht ausreichend dargelegt, dass er zur Erbringung des Mindestunterhalts nicht in der Lage sei. Eine Behandlung habe der Antragsgegner lediglich behauptet, nicht aber belegt. Er sei daher als leistungsfähig zu behandeln. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 15.04.2014 zugestellt.
Der Antragsgegner hat mit Anwaltsschriftsatz vom 15.05.2014, eingegangen beim Familiengericht am gleichen Tag, einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gestellt und diesen begründet. Nachdem das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 29.04.2015 dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt hatte, hat der Antragsgegner mit Anwaltsschriftsatz vom 11.05.2015, eingegangen beim Oberlandesgericht am 12.05.2015, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt und zugleich Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss eingelegt.
Der Antragsgegner macht geltend, die durchgeführte Behandlung habe bisher nicht zu einem Erfolg geführt. Dies sei ihm nicht vorzuwerfen.
10 
Der Antragsgegner beantragt,
11 
den Beschluss vom 08.04.2014 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
12 
Die Antragstellerin beantragt
13 
Zurückweisung der Beschwerde mit der klarstellenden Maßgabe.
I.
14 
Der Antragsgegner wird verpflichtet, für das Kind Da. D. (geb. am ...2006) ab 01.07.2012 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen. Die Zahlung hat für den Zeitraum von Juli 2012 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe von 180 EUR, für den Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich Dezember 2015 in Höhe von 192 EUR und für den Zeitraum von Januar 2016 bis einschließlich Juli 2016 in Höhe von 194 EUR an den Leistungsträger der Unterhaltsvorschusskasse des Landes Baden-Württemberg zu erfolgen. Im Übrigen ist die Unterhaltszahlung zu Händen der Kindesmutter (Antragstellerin) zu leisten.
II.
15 
Der Antragsgegner wird verpflichtet, für das Kind Di. D. (geb. am ...2007) ab 01.07.2012 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind zu zahlen. Die Zahlung hat für den Zeitraum von Juli 2012 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe von 180 EUR, für den Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich Dezember 2015 in Höhe von 192 EUR und für den Zeitraum von Januar 2016 bis einschließlich Juli 2016 in Höhe von 194 EUR an den Leistungsträger der Unterhaltsvorschusskasse des Landes Baden-Württemberg zu erfolgen. Im Übrigen ist die Unterhaltszahlung zu Händen der Kindesmutter (Antragstellerin) zu leisten.
16 
Die Antragstellerin macht geltend, der Antragsgegner habe gegen seine Obliegenheit verstoßen sich ärztlich behandeln zu lassen.
17 
Das Beschwerdegericht hat die Beteiligten nochmals angehört und eine schriftliche und mündliche Erläuterung des Gutachtens durchgeführt.
18 
Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
19 
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, insbesondere ist ihm auf seinen Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 113 Abs. 1 FamFG mit § 233 ZPO zu gewähren. Der Antragsgegner war bis zur Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe unverschuldet gehindert, die Beschwerde fristgerecht einzureichen. Nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hat er die notwendige Verfahrenshandlung innerhalb der Frist gem. § 113 Abs. 1 FamFG mit § 234 ZPO nachgeholt.
20 
Die Beschwerde des Antragsgegners ist in der Sache aber nicht begründet. Zu Recht hat das Familiengericht die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung des Mindestkindesunterhalts ausgesprochen.
A.
21 
Es besteht eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch in der Beschwerdeinstanz noch zu prüfen ist. Diese ergibt sich nicht aus der Europäischen Unterhaltsverordnung (EuUntVO), sondern aus dem Lugano Übereinkommen 2007 (LugÜ). Der Vorrang des Lugano Übereinkommens ist sowohl in Art. 64 Abs. 2 lit. a LugÜ geregelt (dann, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat des Lugano Übereinkommen hat, für den nicht die europäische Verordnung gilt, z.B. die Schweiz), wie auch in Art. 69 Abs. 1 EuUntVO (vgl. dazu Henrich, FamRZ 2015, 1761).
22 
Letztlich kann dies im vorliegenden Fall aber dahinstehen, da in jedem Fall der Gerichtsstand des unterhaltsberechtigten Antragstellers gilt, der sich aus Art. 3 lit. b EuUntVO bzw. aus Art. 5 Abs. 2 lit. a LugÜ ergibt.
23 
Das anzuwendende Sachrecht ist nach Art. 15 EuUntVO mit Art. 3 Abs. 1 Haager Unterhaltsprotokoll 2007 das deutsche Recht, da die unterhaltsberechtigten Personen in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
B.
24 
Zu Recht ist das Familiengericht im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass den beiden minderjährigen Kindern gemäß §§ 1601, 1602 BGB ein Unterhaltsanspruch in Höhe des Mindestkindesunterhalts zusteht.
25 
1. Der Bedarf der in Deutschland lebenden Kinder richtet sich, da sie als minderjährige Kindern noch keine eigene Lebensstellung erlangt haben, nach der Lebensstellung des barunterhaltspflichtigen Elternteils, hier des Antragsgegners. Die Anpassung an die unterschiedliche Kaufkraft in der Schweiz, wo der unterhaltspflichtige Vater lebt, erfolgt grundsätzlich in der Weise, dass das im Ausland erzielte Einkommen entsprechend der Kaufkraft umgerechnet wird und sich nach diesem Ergebnis die Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle richtet (BGH vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, Juris Rn. 36 f.; Krenzler/Borth/Grisebach, Anwalts-Handbuch Familienrecht, 2. Auflage 2012, Rn. 685; Rahm/Künkel/Breuer, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, 5. Auflage 2010, 71. Lieferung 10.2015, B Rn. 392). Auf diese Weise kann ermittelt werden, welche Geldbeträge der Unterhaltsverpflichtete an seinem ausländischen Aufenthaltsort aufwenden muss, um einen dem Inland entsprechenden Lebensstandard zu erreichen (vgl. OLG Oldenburg vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, Juris Rn. 51; BGH vom 01.04.1987 - IVb 41/86, Juris Rn. 19). Wie auch der vorliegende Fall zeigt (siehe dazu unten), kann außerdem nur auf diese Weise der in Deutschland erforderliche Mindestkindesunterhalt gewahrt werden (vgl. auch OLG Oldenburg vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, Juris Rn. 71 f.), anders als wenn die Bedarfsbeträge der Düsseldorfer Tabelle für das im Inland unterhaltsbedürftige Kind wegen des ausländischen Vaters mit einem Preisabschlag versehen werden (so aber ohne nähere Begründung OLG Brandenburg vom 11.10.2007 - 10 UF 47/07, Juris Rn. 37; Wendl/Dose, 6. Auflage, § 7 Rn. 22 ff.).
26 
Das derzeit tatsächlich erzielte Einkommen des Antragsgegners beträgt weniger als 1.500 CHF monatlich. Selbst bei einer reinen Umrechnung nach den jeweils geltenden Währungskursen und ohne Berücksichtigung des höheren Preisniveaus in der Schweiz (siehe zu den Einzelheiten weiter unten) ergibt dies weniger als 1.500 EUR monatlich. Allerdings hat der Gesetzgeber in § 1612a BGB für die deutschen Lebensverhältnisse einen Mindestunterhalt minderjähriger Kinder vorgegeben (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 75. Auflage 2016, Einführung vor § 1601, Rn. 13). Die auf dieser Grundlage errechneten Bedarfsbeträge stellen die Untergrenze des Unterhaltsbedarfs minderjähriger Kinder dar. Da die beiden Kinder in Deutschland leben, kommt es aus diesem Grund für die Berechnung ihres Unterhaltsbedarfs nicht auf die erhöhten Lebenshaltungskosten in der Schweiz, wo der unterhaltspflichtige Vater lebt, an. Das Existenzminimum des in Deutschland lebenden Kindes ist nicht von den Einkommensverhältnissen des im Ausland lebenden unterhaltspflichtigen Elternteils abhängig, ebenso wie es nicht von den Einkommensverhältnissen eines im Inland lebenden Elternteils abhängig ist.
27 
Es ergeben sich daher folgende Bedarfsbeträge für die beiden Kinder:
28 
        
 Da. geb. ...2006
 Di. geb. ...2007
Juli 2012 - Juni 2013 
272 EUR
225 EUR
Juli 2013 - Juli 2015
272 EUR
272 EUR
Aug. - Dez. 2015
284 EUR
284 EUR
ab Jan. 2016
289 EUR
289 EUR
29 
2. Für die Leistung dieser Unterhaltsbedarfsbeträge ist der Antragsgegner auch als leistungsfähig anzusehen. Zwar ist gemäß § 1603 Abs. 1 BGB unterhaltspflichtig nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Dieser Grundsatz erfährt für die Eltern minderjähriger Kinder in § 1603 Abs. 1 BGB insofern eine Einschränkung, als diese verpflichtet sind, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Aus dieser gesteigerten Unterhaltsverpflichtung folgt insbesondere die Pflicht zur gesteigerten Ausnutzung der Arbeitskraft. Alle zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten sind auszuschöpfen. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners bestimmt sich daher nicht nach seinem tatsächlichen Einkommen, sondern nach den in zumutbarer Weise erzielbaren Einkünften. Der gesteigert Unterhaltspflichtige muss zu jeder Art von Tätigkeit oder zu wenig attraktiven Arbeitsbedingungen bereit sein (vgl. Palandt/Brudermüller a.a.O., § 1603, Rn. 40 f. m.w.N.).
30 
a. Im vorliegenden Fall hat die Beweisaufnahme zwar ergeben, dass der Antragsgegner aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, derzeit mehr als die von ihm bereits ausgeübte halbschichtige Tätigkeit auszuüben.
31 
Dies hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. E. in seinem schriftlichen Gutachten vom 04.06.2013 ausführlich und überzeugend dargelegt. Danach leidet der Antragsgegner unter einem depressiven Syndrom, aus dem sich qualitative und quantitative Leistungseinschränkungen ergeben. Qualitativ können nur einfache körperliche Tätigkeiten, auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Anforderungen an die geistige Leistungsfähigkeit, die Flexibilität, das psychomotorische Tempo verrichtet werden. Beim Antragsgegner sei krankheitsbedingt von einer etwa vierstündigen Leistungsfähigkeit auszugehen. Darüber hinaus gehende Tätigkeiten können nicht durchgeführt werden aufgrund der Absenkung des Energieniveaus.
32 
b. Allerdings ist die fortbestehende teilweise Erwerbsunfähigkeit im vorliegenden Fall unterhaltsrechtlich vorwerfbar. Bei einer rechtzeitigen Behandlung hätte der Antragsgegner bereits zu Beginn des streitigen Unterhaltszeitraums voraussichtlich in vollem Umfang erwerbstätig sein können. Dieses Einkommen ist ihm daher fiktiv zuzurechnen.
33 
Eine Leistungsunfähigkeit, die entweder selbst herbeigeführt ist oder deren Fortdauer auf unterlassenem Verhalten des Unterhaltsschuldners beruht, ist dann unbeachtlich, wenn im Einzelfall schwerwiegende Gründe vorliegen, die dem Verpflichteten nach Treu und Glauben die Berufung auf seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit verwehren. Ein solcher Verstoß gegen Treu und Glauben kommt im Allgemeinen nur in Betracht, wenn dem Pflichtigen ein verantwortungsloses, zumindest leichtfertiges Verhalten zur Last zu legen ist (vgl. BGH vom 09.07.2003 - XII ZR 83/00, Juris Rn. 24). Das Verhalten des Unterhaltsschuldners muss unterhaltsbezogen sein; die Vorstellungen und Antriebe, die dem zu beurteilenden Verhalten zugrunde liegen, müssen sich also (auch) auf die Bedürftigkeit als Folge des Verhaltens erstrecken. Bei einer Erkrankung kommt es darauf an, ob der Unterhaltsschuldner eine zumutbare und erfolgversprechende Therapie unterlassen hat zu einer Zeit, als seine Einsicht und die Fähigkeit danach zu handeln, bestanden hat und er sich der Möglichkeit bewusst war, er werde in Folge der unterlassenen Behandlung weiterhin nicht in der Lage sein, Unterhalt zu leisten (vgl. BGH vom 13.01.1988 - IVb ZR 15/87, Juris Rn. 21). Ein solches verantwortungsloses Verhalten liegt im Hinblick auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber minderjährigen Kindern gemäß § 1603 Abs. 2 BGB dann vor, wenn der Unterhaltsschuldner seine bestehende Erkrankung nicht mit zumutbaren und erfolgversprechenden Therapien behandelt und bei ihm eine volle Einsichtsfähigkeit in die Erkrankung besteht und zugleich die Fähigkeit, sein Verhalten zu steuern (vgl. KG Berlin vom 16.02.2001 - 18 UF 4043/00, Juris Rn. 8 f.).
34 
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Sachverständige Prof. Dr. E. hat überzeugend und nachvollziehbar dargelegt, dass die vorliegende Erkrankung gut behandelbar ist. Bei 80 % der Patienten wird ein recht schneller Erfolg erzielt. Bei den verbleibenden 20 % gibt es dann noch einmal Behandlungsmöglichkeiten, die auch hier häufig zu einem Erfolg führen. Nur ein ganz geringer Teil stellt sich dann letztlich als therapieresistent heraus. Eine erfolgversprechende Therapie wäre dem Antragsgegner vorliegend spätestens mit Trennung von der Mutter der Antragsteller unterhaltsrechtlich geboten gewesen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste dem Antragsgegner deutlich sein, dass er nunmehr für den Barunterhalt seiner Kinder zahlungsverpflichtet ist. Dieser Trennungszeitpunkt im Jahre 2011 lag so lange vor dem hier streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum ab Juli 2012, dass eine Therapie bereits zum Erfolg hätte führen können.
35 
Eine solche Therapie hat der Antragsgegner auch zu keinem Zeitpunkt erfolgreich und nachhaltig unternommen. Die für die vergangenen Jahre vorgetragenen gelegentlichen Arztbesuche reichen dafür nicht aus. Der Sachverständige hat auch überzeugend erläutert, dass die aktuellen Rezepte vom Juni und Dezember 2015 dafür nicht ausreichen. Es ist noch nicht einmal ersichtlich, ob die verschriebenen Medikamente vom Antragsgegner überhaupt eingenommen wurden. Jedenfalls hat der Sachverständige überzeugend dargelegt, dass entweder eine Medikamenteneinnahme zu einem Erfolg geführt oder aber relativ schnell durch ein anderes Medikament hätte ersetzt werden müssen. Zu diesen Verhältnissen fehlt jeglicher Vortrag des Antragsgegners.
36 
Beim Antragsgegner können auch die Krankheitseinsicht und die Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, nicht verneint werden. Diese Überzeugung beruht auf den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen bei seiner mündlichen Anhörung am 14.04.2016 im Beschwerdeverfahren. Daraus ergibt sich, dass es sich vorliegend nicht um eine psychische Erkrankung handelt, die das Urteilsvermögen erheblich einschränkt. Außerdem hat der Sachverständige nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die gelegentlichen Arztbesuche des Antragsgegners zeigen, dass dieser durchaus Krankheitseinsicht besitzt. Dass der Antragsgegner dennoch nicht nachhaltig nach dieser Einsicht handelt, hat der Sachverständige überzeugend mit dem fehlenden Leidensdruck erklärt. Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass es sich dabei um ein allgemeines Phänomen handelt. Der Antragsgegner hat sich offenbar mit seiner Krankheit und seiner fehlenden Fähigkeit, Unterhalt für die Kinder zu zahlen, eingerichtet. Der Sachverständige hat auch darauf hingewiesen, dass die Erkrankung beim Antragsgegner, der ja halbschichtig auch erwerbstätig ist, offenbar nicht so schwer ist, dass der Antrieb ganz fehlen würde.
37 
Die hier ärztlich angezeigten Therapien sind auch zumutbar. Der Sachverständige hat auf entsprechende Nachfrage überzeugend darauf hingewiesen, dass es Risiken und Nebenwirkungen bei jeder ärztlichen Behandlung geben kann, dies also keine Besonderheit von Psychopharmaka ist. Auf der Grundlage der Erläuterungen des Sachverständigen ist davon auszugehen, dass im Vergleich mit den Risiken und Nebenwirkungen einer Operation die vorliegenden möglichen Nebenwirkungen von Psychopharmaka, die im Übrigen durch das Ausweichen auf andere gleich gut geeignete Medikamente mit weniger Nebenwirkungen beherrschbar sind, durchaus zumutbar sind.
38 
Der Antragsgegner ist daher so zu behandeln, als ob die von ihm vorwerfbar unterlassene Behandlung seiner Erkrankung Erfolg gezeigt hätte. Ihm ist daher ein fiktives Einkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit zuzurechnen.
39 
c. Der aktuelle Arbeitsunfall vom 23.09.2015 spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser für sich eine ins Gewicht fallende Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bedeuten würde. Aus dem vom Antragsgegner vorgelegten Bericht des Kantonsspitals Baselland vom 02.03.2016 ergibt sich, dass die beim Sturz erlittene Meniskusläsion wenig symptomatisch bzw. aktuell nicht im Vordergrund stehend sei. Im Vordergrund stünden vielmehr die Depression und die bereits seit 2010 bestehende chronische Schmerzsymptomatik.
40 
d. Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner ein Einkommen erzielen könnte, mit dem sein Selbstbehalt über den gesamten Zeitraum gewahrt wäre.
41 
Da keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, warum der Antragsgegner seine jetzige halbschichtige Tätigkeit nicht entweder beim selben Arbeitgeber oder bei einer vergleichbaren Beschäftigung auf eine vollschichtige Tätigkeit aufstocken könnte, ist von den folgenden Zahlen auszugehen. Aus dem dann verdoppelten Bruttoeinkommen von 4.000 CHF ergibt sich ein Nettoeinkommen von mindestens 3.000 CHF nach Abzug folgender Beträge:
42 
AHV-/IHV-Beitrag 
205,00 CHF
ALV-Beitrag
44,00 CHF
MBU-Beitrag
57,60 CHF
KTG-Beitrag
18,00 CHF
Pensionskasse
216,00 CHF
Quellensteuer
 335,60 CHF
43 
Von diesem Nettobetrag von mindestens 3.000 CHF kann die zuletzt geltend gemachte Rate für die Krankenversicherung von 283,40 CHF und eine durchschnittliche monatliche Selbstbeteiligung von 38,29 CHF abgezogen werden. Dies ergibt ein bereinigtes Einkommen von 2.678,31 CHF. Fahrtkosten sind hier nicht zu berücksichtigen, insbesondere nicht die Raten von 500 CHF für die Anschaffung eines Pkw. Angesichts des Umstands, dass es hier ohnehin nur um den Mindestbedarf minderjähriger Kinder geht, hat der Antragsgegner nicht ausreichend vorgetragen, dass ihm nicht öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen. Um vom Wohnort des Antragsgegners in Basel zum Arbeitgeber S. AG in B. zu kommen, bestehen ausreichend öffentliche Verkehrsmittel, auch zu dem geltend gemachten Arbeitsbeginn um 07:00 Uhr.
44 
e. Mit diesem fiktiven Einkommen bleibt auch der Selbstbehalt des Antragsgegners trotz der höheren Lebenshaltungskosten in der Schweiz gewahrt.
45 
Dabei ist zunächst das im Vergleich zum Inland unterschiedliche ausländische Preisniveau bei der Prüfung des Selbstbehalts des Pflichtigen zu berücksichtigen. Denn diese Sätze sollen einen Mindestlebensstandard für den Unterhaltspflichtigen sichern, der je nach Bedeutung des relevanten Unterhaltsanspruchs abgestuft ist. Mit den hier geltenden 1.080 EUR (Ziff. 21.2 SüdL, bzw. bis Dezember 2014 von 1.000 EUR) etwa lässt sich in der Schweiz angesichts der deutlich höheren Lebenshaltungskosten aber nur ein erheblich geringerer Lebensstandard erreichen als in Deutschland.
46 
(1) Heranzuziehen ist dabei die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) herausgegebene Tabelle „Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ als am besten geeigneter Anpassungsmaßstab (vgl. zu den Einzelheiten BGH vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, Juris Rn. 35; OLG Oldenburg vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, Juris Rn. 54 ff.). Für Deutschland ist für 2014 ein Wert von 101,5 angegeben, für die Schweiz 148,9. Ein deutscher Geldbetrag ist also mit einem Aufschlag von 1,47 zu versehen, die Schweiz war 2014 also etwa 50 % teurer als Deutschland.
47 
Um das in der Schweiz in Schweizer Franken fiktiv anzusetzende Einkommen des Antragsgegners an dem in Euro ausgedrückten deutschen notwendigen Selbstbehalt messen zu können, ist dieses außerdem nach dem jeweils relevanten Devisenkurs in Euro umzurechnen (so auch zutreffend OLG Dresden vom 04.12.2015 - 20 UF 875/15, Juris Rn. 49 und OLG Karlsruhe vom 27.08.2015 - 2 UF 69/15, Juris Rn. 62 und dortiger Tenor; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 9 Rn. 86 ff.; Rahm/Künkel/Breuer, a.a.O., B Rn. 375 ff., vgl. insb. Rn. 384, 392, 395). Denn die genannte Tabelle stellt lediglich einen Index für die Kaufkraftunterschiede dar und enthält nicht zugleich die Umrechnung nach dem Währungswechselkurs (so aber OLG Oldenburg vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, Juris Rn. 64 f.; der Bundesgerichtshof hat dies in seiner nachfolgenden Rechtsbeschwerdeentscheidung mangels Rüge hingenommen, freilich ohne diesen Punkt zu erörtern, BGH vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, Juris Rn. 22; dabei ist die Kaufkraftbereinigung ohnehin Sache der tatrichterlichen Beurteilung, BGH, a.a.O., Rn. 34).
48 
Die somit häufig erforderliche zweistufige Umrechnung (Kaufkraftausgleich und Währungskurs) folgt aus den richtig verstandenen Grundlagen und der Systematik dieser Tabelle (vgl. zum Ganzen ausführlich und zutreffend Többens, FamRZ 2016, 597, 599 f.). Kaufkraftparitäten werden in der Weise ermittelt, dass für einen definierten Warenkorb zunächst der Inlandspreis in der jeweiligen Landeswährung festgestellt wird. So meldet also etwa die Schweiz den Preis für einen bestimmten Warenkorb, ausgedrückt in Schweizer Franken (CHF), an Eurostat. Die so ermittelten Werte werden dann nicht in der eingangs erwähnten Tabelle „Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ eingestellt, sondern in der Tabelle mit dem Titel „Kaufkraftparitäten (KKP) und vergleichende Preisniveauindizes für die Aggregat des ESVG2010“. Die nationalen Werte werden dort im Verhältnis zum EU-Durchschnitt ausgedrückt, der auf 1,0 gesetzt wird. Die Kaufkraft eines Euros in einem durchschnittlichen EU-Land entspricht daher dem mitgeteilten Wert im jeweiligen Land in der jeweiligen Währungseinheit. Der Wert für die Schweiz ist für 2014 bei 1,77043, der Wert für Deutschland bei 1,04290. Damit haben 1,77 CHF in der Schweiz die gleiche Kaufkraft wie 1,04 EUR in Deutschland.
49 
In der praktischen Anwendung hat diese Tabelle zwei gewichtige Nachteile. Zum einen kann aus dieser Tabelle nicht unmittelbar abgelesen werden, ob ein Land teuer oder billig ist. Vielmehr ist der Wert von den Zufälligkeiten des jeweiligen Währungskurses abhängig. So liegt etwa für 2014 der Wert für Montenegro bei 0,496415, während der Wert für Ungarn bei 174,900 liegt. Damit soll nicht etwa ausgedrückt werden, dass das Preisniveau von Ungarn etwa 350fach über dem von Montenegro liegt. Die Kaufkraft in dem einen Land kann mit der Kaufkraft in einem anderen Land vielmehr erst dann verglichen werden, wenn die unterschiedlichen Währungen in eine gemeinsame Währung umgerechnet werden. Zum anderen ist in der Praxis die gleichzeitige (einstufige) Umrechnung nach dem Währungskurs und dem Kaufkraftunterschied nicht immer gewünscht, beispielsweise wenn ein in der Schweiz wohnender Unterhaltspflichtiger nicht nur Einkommen in Schweizer Franken hat, sondern auch noch Einkommen in Euro (z.B. durch Vermietung in Deutschland).
50 
Eurostat bietet deshalb neben der Tabelle „Kaufkraftparitäten (KKP) und vergleichende Preisniveauindizes für die Aggregat des ESVG2010“ außerdem die eingangs erwähnte Tabelle „Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ an. Darin sind - wie das OLG Oldenburg zu Recht zitiert (Rn. 64) - die in der jeweiligen Landeswährung mitgeteilten Kaufkraftparitäten in Relation zu den Wechselkursen gesetzt. Aus dieser Umrechnung in eine gemeinsame Währung ergibt sich ein unmittelbar aufschlussreicher Vergleich der Kaufkraft, worauf in der Erläuterung der Tabelle hingewiesen wird: Ein Land mit einem Index über dem EU-Durchschnitt von 100 ist relativ teuer (z.B. Norwegen mit 146,5), während ein Land mit einem geringeren Index relativ billig ist (z.B. Ungarn mit 57,5). Damit enthält diese Tabelle - anders als die andere Tabelle „Kaufkraftparitäten (KKP) und vergleichende Preisniveauindizes für die Aggregat des ESVG2010“ - ausschließlich die Darstellung der reinen Kaufkraftunterschiede. Eine Umrechnung nach dem Währungswechselkurs wäre ggfs. zusätzlich vorzunehmen.
51 
Die Unterschiede zwischen den beiden Tabellen sind im konkreten Fall der Schweiz nicht sehr groß (Aufschlagsfaktor für 2014 von 1,6976 gegenüber 1,47). Dies liegt daran, dass der Währungsumrechnungskurs zwischen Euro und Schweizer Franken nahezu 1 : 1 beträgt. Anders liegt dies bei deutlich abweichenden Wechselkursen. Beispielsweise entspricht das ungarische Durchschnittseinkommen (2012) von monatlich netto 155.000 Forint, umgerechnet nach dem Währungskurs etwa 500 EUR, nach den Werten der Tabelle „Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ angesichts der geringeren Lebenshaltungskosten bei einem Faktor von 1,765 (101,5 ./. 57,5, für 2014) etwa einem deutschen Lebensstandard von 886 EUR. Nach der einstufigen Berechnung mit den Werten dieser Tabelle (wie in der oben zitierten Entscheidung des OLG Oldenburg) ergäbe sich ein groteskes Monatseinkommen eines in Ungarn lebenden unterhaltspflichtigen Vaters von 273.575 EUR (155.000 Forint x Faktor 1,765), während sein Selbstbehalt lediglich 612 Forint (1.080 EUR x Faktor 0,567) betragen würde, umgerechnet 2 EUR.
52 
Für die also im vorliegenden Fall vorzunehmende zweistufige Berechnung sind im vorliegenden Fall folgende Umrechnungsfaktoren und Währungskurse heranzuziehen, wobei letztere die Jahresdurchschnitte der Euro-Referenzkurse der Europäischen Zentralbank nach den Mitteilungen der Deutschen Bundesbank darstellen.
53 
        
 Aufschlagsfaktor
 Umrechnungskurs
2012
1,521
1,2053
2013
1,443
1,2311
2014
1,467
1,2146
2015
1,633
1,0679
2016 (aktuell) 
dto.
1,087
54 
Dabei können die letzten verfügbaren Faktoren zur Kaufkraftanpassung aus dem Jahr 2015 fortgeschrieben werden, da Anhaltspunkte für durchgreifende Veränderungen seitdem nicht ersichtlich sind.
55 
(2) Die Leistungsfähigkeit des im Ausland lebenden Unterhaltspflichtigen ist zu ermitteln, indem die auf deutsche Verhältnisse zugeschnittenen Mindestbedarfswerte auf die im Ausland geltende Kaufkraft umgerechnet werden (vgl. BGH vom 03.07.2013 - XII ZB 220/12, Juris Rn. 29). Also ist mit den aufgeführten Faktoren der deutsche Selbstbehalt um die Kaufkraftunterschiede zu bereinigen.
56 
Die Prüfung des Selbstbehalts kann nicht dadurch erfolgen, dass das ausländische Einkommen an die Kaufkraft im Inland angepasst und am inländischen Selbstbehalt gemessen wird (in diese Richtung aber etwa BGH vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, Juris Rn. 44; nach beiden Methoden prüft OLG Brandenburg vom 11.10.2007 - 10 UF 47/07, Juris Rn. 56 ff.; vgl. dazu auch Rahm/Künkel/Breuer, a.a.O., B Rn. 393), insbesondere ist dies nicht ergebnisneutral. Zwar sind zwei der Rechengrößen in gleicher Weise (Kaufkraftanpassung) variabel, nämlich das Einkommen und der Selbstbehalt. Dies gilt aber nicht für die dritte Rechengröße, nämlich den Unterhaltszahlbetrag. Dieser verändert durch den Überweisungsvorgang in eine andere Kaufkraftzone nicht etwa seine Höhe. Entscheidend ist, dass dem Unterhaltsschuldner der Mindestbedarf, angepasst an seine Lebensverhältnisse im Ausland, verbleiben muss. Die Gegenmeinung kann zu untragbaren Ergebnissen führen. Wenn z.B. (wie etwa in Serbien gegenüber Deutschland) die Kaufkraft im Ausland doppelt so hoch ist, so könnte dort mit einem Betrag von umgerechnet 540 EUR etwa der gleiche Lebensstandard gewahrt werden wie in Deutschland mit dem hier geltenden Selbstbehalt von 1.080 EUR. Dieser Betrag müsste daher dem Unterhaltsschuldner verbleiben. Demgegenüber kann die Hochrechnung des ausländischen Einkommens hier zu unsinnigen Ergebnissen führen. Wenn etwa ein Vater mit einem serbischen Nettoverdienst von (währungstechnisch) umgerechnet 1.200 EUR netto gegenüber drei Kindern der 3. Altersstufe in Deutschland unterhaltspflichtig wäre, würde sich ein Unterhaltsbedarf von 3x 400 EUR, d.h. insgesamt 1.200 EUR ergeben (1.200 EUR Einkommen hochgerechnet auf 2.400 EUR führen nach Herabstufung zur 3. Einkommensstufe). Eine Leistungsfähigkeit besteht aber nur in Höhe von 660 EUR (1.200 EUR Einkommen abzüglich des heruntergerechneten Selbstbehalts von 540 EUR). Wenn das serbische Einkommen von 1.200 EUR hier auf 2.400 EUR hochgerechnet und davon der deutsche Selbstbehalt von 1.080 EUR abgezogen würde, ergäbe sich eine Leistungsfähigkeit von 1.320 EUR, obwohl der Vater nur 1.200 EUR verdient.
57 
(3) Auf die Frage, ob wegen des grenznahen Wohnorts des Antragsgegners Teile seines fiktiven Einkommens von der Kaufkraftanpassung auszunehmen sind (vgl. dazu Többens, FamRZ 2016, 597, 601 f.), kommt es im vorliegenden Fall nicht an, da dem Antragsgegner auch der in vollem Umfang hochgerechnete Selbstbehalt verbleibt.
58 
(4) Dies ergibt folgende Übersicht:
59 
        
07-12/12
01-06/13
07-12/13
01-12/14
01-07/15
08-12/15
ab 01/16
Einkommen
Antragsgegner
        
        
        
        
        
        
        
Arbeitseinkommen
netto
Fr. 3.000,00
Fr. 3.000,00
Fr. 3.000,00
Fr. 3.000,00
Fr. 3.000,00
Fr. 3.000,00
Fr. 3.000,00
abzgl.
Krankenversicherung
-Fr. 283,40
-Fr. 283,40
-Fr. 283,40
-Fr. 283,40
-Fr. 283,40
-Fr. 283,40
-Fr. 283,40
Fahrtkosten
        
        
        
        
        
        
        
abzgl.
Selbstbeteiligung
-Fr. 38,29
-Fr. 38,29
-Fr. 38,29
-Fr. 38,29
-Fr. 38,29
-Fr. 38,29
-Fr. 38,29
bereinigtes
Einkommen
Fr. 2.678,31
Fr. 2.678,31
Fr. 2.678,31
Fr. 2.678,31
Fr. 2.678,31
Fr. 2.678,31
Fr. 2.678,31
./. Umrechnungskurs
1,2053
1,2311
1,2311
1,2146
1,0679
1,0679
1,0870
in Euro
2.222,11 EUR
2.175,54 EUR
2.175,54 EUR
2.205,10 EUR
2.508,02 EUR
2.508,02 EUR
2.463,95 EUR
Selbstbehalt
1.000,00 EUR
1.000,00 EUR
1.000,00 EUR
1.000,00 EUR
1.080,00 EUR
1.080,00 EUR
1.080,00 EUR
./. Index
Kaufkraftausgleich
1,521
1,443
1,443
1,467
1,633
1,633
1,633
erhöhter
Selbstbehalt
1.521,00 EUR
1.443,00 EUR
1.443,00 EUR
1.467,00 EUR
1.763,64 EUR
1.763,64 EUR
1.763,64 EUR
Verteilmasse
701,11 EUR
732,54 EUR
732,54 EUR
738,10 EUR
744,38 EUR
744,38 EUR
700,31 EUR
Bedarf Da.
272,00 EUR
272,00 EUR
272,00 EUR
272,00 EUR
272,00 EUR
284,00 EUR
289,00 EUR
Bedarf Di.
225,00 EUR
225,00 EUR
272,00 EUR
272,00 EUR
272,00 EUR
284,00 EUR
289,00 EUR
Gesamtbedarf
497,00 EUR
497,00 EUR
544,00 EUR
544,00 EUR
544,00 EUR
568,00 EUR
578,00 EUR
60 
Es ergibt sich, dass der an die höhere Kaufkraft in der Schweiz angepasste Selbstbehalt des Antragsgegners zu keinem Zeitraum berührt ist.
61 
3. Die während des laufenden Verfahrens gem. § 7 Abs. 1 S. 1 UVG übergegangenen Ansprüche hat die Antragstellerin zulässigerweise gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG mit § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO zur Zahlung an den Leistungsträger umgestellt (vgl. dazu BGH vom 27.09.2000 - XII ZR 174/98, Juris Rn. 20). Der Umstand, dass es sich hier um Unterhalt aufgrund fiktiver Einkünfte handelt, hindert den Anspruchsübergang nicht (vgl. BGH vom 14.03.2001 -XII ZR 57/99, Juris Rn. 8 ff. m.w.N.).
III.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG und orientiert sich am Unterliegen des Antragsgegners gem. § 243 S. 2 Nr. 1 FamFG.
63 
Die Festsetzung des Verfahrenswerts folgt aus §§ 40, 51 FamGKG.
64 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor (vgl. zur Zulassung durch den Einzelrichter, BGH vom 16.07.2003 - VIII ZR 286/02, Juris Rn. 5). Die rechtlichen Fragen zur Erwerbsobliegenheit sind höchstrichterlich geklärt, es geht vorliegend um die Anwendung im Einzelfall. Hinsichtlich der Berechnungsmethode für die Kaufkraftanpassung liegt zwar eine abweichende Rechtsprechung vor, diese Frage ist im Ergebnis aber nicht entscheidungserheblich. Auch bei einer einstufigen Umrechnung des deutschen Selbstbehalts (wie sie der abweichenden Rechtsprechung des OLG Oldenburg entspricht, inhaltlich aber nicht zutreffend ist, wie oben dargelegt wurde) wäre zu allen relevanten Zeiträumen der erhöhte Selbstbehalt des Antragsgegners in der Schweiz gewahrt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen sind Elternteile aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.

(1a) Unabhängig von ihrem Einkommen sind nach Maßgabe von § 93 Absatz 1 Satz 3 und § 94 Absatz 3 heranzuziehen:

1.
Kinder und Jugendliche zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1 bis 7 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen,
2.
junge Volljährige zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1, 4 und 8 genannten Leistungen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 19 zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 2 genannten Leistungen,
4.
Elternteile zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.

(2) Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird; Elternteile werden getrennt herangezogen.

(3) Ein Kostenbeitrag kann bei Eltern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ohne vorherige Mitteilung kann ein Kostenbeitrag für den Zeitraum erhoben werden, in welchem der Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Pflichtigen fallen, an der Geltendmachung gehindert war. Entfallen diese Gründe, ist der Pflichtige unverzüglich zu unterrichten.

(4) Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben werden, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden. Von der Heranziehung der Eltern ist abzusehen, wenn das Kind, die Jugendliche, die junge Volljährige oder die Leistungsberechtigte nach § 19 schwanger ist oder der junge Mensch oder die nach § 19 leistungsberechtigte Person ein leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(5) Von der Heranziehung soll im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Von der Heranziehung kann abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Eine Entschädigung, die nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Geldleistungen, die dem gleichen Zwecke wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen; dies gilt nicht für

1.
monatliche Leistungen nach § 56 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages und
2.
monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages.
Kindergeld und Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen gezahlte Steuern und
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie
3.
nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.

(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrag sind Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt durch eine Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. In Betracht kommen insbesondere

1.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen,
2.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
3.
Schuldverpflichtungen.
Die kostenbeitragspflichtige Person muss die Belastungen nachweisen.

(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Eine Entschädigung, die nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Geldleistungen, die dem gleichen Zwecke wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen; dies gilt nicht für

1.
monatliche Leistungen nach § 56 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages und
2.
monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages.
Kindergeld und Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen gezahlte Steuern und
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie
3.
nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.

(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrag sind Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt durch eine Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. In Betracht kommen insbesondere

1.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen,
2.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
3.
Schuldverpflichtungen.
Die kostenbeitragspflichtige Person muss die Belastungen nachweisen.

(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
XII ZB661/12 Verkündet am:
9. Juli 2014
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei der Bemessung des Unterhalts kann der Tatrichter zur Ermittlung des Kaufkraftunterschieds
die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat)
ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten
Haushalte einschließlich indirekter Steuern" heranziehen.
BGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 - XII ZB 661/12 - OLG Oldenburg
AG Osnabrück
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin
Weber-Monecke und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

für Recht erkannt:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 19. Oktober 2012 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Die im Januar 1995 und Dezember 1996 geborenen und in Deutschland lebenden Antragsteller begehren von ihrem in der Schweiz lebenden, wiederverheirateten Vater, dem Antragsgegner, in Abänderung bereits bestehender Jugendamtsurkunden höheren Kindesunterhalt.
2
Ausweislich der Jugendamtsurkunden vom 6. Oktober 2005 ist der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragsteller jeweils Kindesunterhalt in Höhe von 121 % des Regelbetrags zu zahlen. Seither zahlt er monatlich je Kind Unterhalt von 344 €. Die Antragsteller haben für die Zeit ab September 2010 Unterhalt in Höhe von jeweils 136 % des Mindestunterhalts nach der jeweils gel- tenden Düsseldorfer Tabelle abzüglich des anzurechnenden Kindergeldes begehrt.
3
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet. Auf dessen Beschwerde hat das Oberlandesgericht den für die Zeit ab Januar 2011 zu zahlenden Unterhalt auf 128 % des Mindestunterhalts reduziert und im Übrigen die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
5
1. Das Beschwerdegericht ist zu Recht von seiner internationalen Zuständigkeit ausgegangen. Dabei kann dahinstehen, ob das Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (ABl. EU 2009 Nr. L 147, S. 5 - dort Art. 5 Nr. 2 Buchstabe a) oder die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18. Dezember 2008 (ABl. EU 2009 Nr. L 7, S. 1 - dort Art. 3 Buchstabe b; s. hierzu MünchKomFamFG/Lipp 2. Aufl. Art. 69 EG-UntVO Rn. 11) zur Anwendung gelangt, da die internationale Zuständigkeit des Beschwerdegerichts nach beiden Normen gegeben ist.
6
Ebenso zutreffend ist das Beschwerdegericht von der Anwendbarkeit deutschen Rechts gemäß Art. 3 Abs. 1 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 (ABl. EU 2009 Nr. L 331, S. 19) bzw. Art. 4 Abs. 1 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober 1973 (BGBl. 1986 II S. 837) ausgegangen. Dabei kann die streitige Frage, welches der beiden vorgenannten Haager Übereinkommen im Verhältnis zur Schweiz Anwendung findet (vgl. zum Streitstand Senatsurteil vom 26. Juni 2013 - XII ZR 133/11 - FamRZ 2013, 1366 Rn. 31 ff.), unbeantwortet bleiben, weil nach beiden Normen jeweils deutsches Sachrecht zur Anwendung kommt.
7
2. Die angegriffene Entscheidung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.
8
a) Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2013, 891 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
9
Soweit der Antragsgegner eine Reduzierung seiner Unterhaltsverpflichtung von 121 % des Regelbedarfs auf 115 % des Mindestkindesunterhalts begehre , habe er - ohne dies zu benennen - einen unzulässigen Widerantrag erhoben. Nach Umrechnung des Alttitels gemäß § 36 Ziff. 3 Abs. 3 a und d EGZPO und unter Berücksichtigung dessen, dass beide Antragsteller am 1. Januar 2008 in die 2. Altersgruppe einzustufen gewesen seien, ergebe sich ein prozentualer Mindestunterhalt von 116,1 %, weshalb der Antragsgegner eine Reduzierung der Jugendamtsurkunde um 1,1 % erstrebe. Mangels entsprechender Darlegung seitens des Antragsgegners sei dieser Widerantrag unzulässig.
10
Soweit das Familiengericht eine Zahlungsverpflichtung des Antragsgegners in Höhe von 136 % des Mindestkindesunterhalts angenommen habe, sei die angefochtene Entscheidung teilweise abzuändern. Der Antragsgegner schulde den Antragstellern zwar für den Zeitraum von September bis Dezember 2010 den zuerkannten Kindesunterhalt von 136 %; ab Januar 2011 schulde er demgegenüber lediglich jeweils 128 % des Mindestkindesunterhalts.
11
Zu dem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 5.686,43 CHF seien die von dem Antragsgegner vereinnahmten "übrigen effektiven Spesen" (monatlich 445,17 CHF) als weitere unterhaltsrechtliche Einnahmen zu einem Drittel hinzuzurechnen. Da der Antragsgegner trotz Aufforderung keine Angaben dazu gemacht habe, wofür er die Spesen erhalte, und dies auch den Lohnabrechnungen nicht hinreichend zu entnehmen sei, müsse er sich die Spesenzahlungen seines Arbeitgebers zu einem Drittel, also in Höhe von 148,39 CHF, anrechnen lassen.
12
Von den Einnahmen des Antragsgegners seien lediglich die von ihm für seine gesetzliche und für seine private (Zusatz-)Krankenversicherung geleistete Prämie in Höhe von insgesamt 326,60 CHF in Abzug zu bringen. Soweit der Antragsgegner auch für seine Ehefrau durch Zahlung von Versicherungsprämien Krankheitsvorsorge betreibe, handle es sich hierbei um Unterhaltsleistungen an eine nachrangig Berechtigte, weshalb diese Leistungen nicht berücksichtigungsfähig seien. Demgegenüber sei die fondsgebundene Lebensversicherung des Antragsgegners in Höhe von 236,70 CHF einkommensmindernd als Altersvorsorge anzurechnen. Ebenso sei die Schuldenbereinigung in Höhe von monatlich 130 CHF zu berücksichtigen. Danach verbleibe ein bereinigtes Einkommen von 5.141,52 CHF.
13
Das Einkommen des Antragsgegners sei nicht um berufsbedingte Aufwendungen zu bereinigen. Diese würden durch den nicht als Einnahmen angerechneten Teil der vom Arbeitgeber gewährten Spesenzahlungen abgedeckt. Weitere Abzüge seien nicht gerechtfertigt.
14
Im Hinblick auf das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Antragsgegners sei eine Kaufkraftbereinigung vorzunehmen. Es müsse angesichts der im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland erhöhten Lebenshaltungskos- ten in der Schweiz an die deutschen Verhältnisse angepasst werden. Lebe der Unterhaltspflichtige im Ausland und könne er mit seinem tatsächlich erwirtschafteten Einkommen wegen der in diesem Land erhöhten Lebenshaltungskosten bei einem ebenfalls dort aufhältigen Unterhaltsberechtigten nur einen geringeren Bedarf bedienen, so müsse sich auch dies bei der Unterhaltsbemessung niederschlagen. Ein in Deutschland wohnhafter Berechtigter könne deshalb auch nur eine Unterhaltsleistung beanspruchen, welche seinem abgedeckten Lebensbedarf am Wohnort des Verpflichteten entspreche.
15
Der Kaufkraftunterschied sei nach den vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" für den Zeitraum September 2010 bis Dezember 2010 auf 1:0,707 und sodann auf 1:0,639 zu schätzen. Allein die Umrechnung der in Schweizer Franken erzielten Einkünfte nach dem Euro-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank greife bei der vorzunehmenden Kaufkraftanpassung zum Ausgleich der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten zu kurz. Ebenso wenig könne die Ländergruppeneinteilung der Steuerverwaltung für die Bemessung der Kaufkraftunterschiede herangezogen werden. Die Schweiz gehöre dort zu Gruppe 1, also zu denjenigen Ländern, in denen die Lebensverhältnisse in etwa denjenigen in Deutschland entsprächen. Eine differenzierte Betrachtung der Lebenshaltungskosten in der Schweiz einerseits und in Deutschland andererseits sei nach dieser Einteilung nicht möglich.
16
Für die Kaufkraftanpassung ebenfalls nur bedingt geeignet seien die gemäß § 55 Abs. 2 BBesG monatlich vom Statistischen Bundesamt verlautbarten Teuerungsziffern für den Kaufkraftausgleich der Auslandsbesoldung. Nach dieser Norm erhielten ins Ausland entsandte Beamte und Soldaten einen Kaufkraftausgleich , der dafür sorgen solle, dass sie sich an ihrem Dienstort mit den Dienstbezügen die gleiche Menge an Waren und Dienstleistungen kaufen könnten wie im Inland. Damit würden letztlich nur Preisunterschiede zwischen einzelnen Städten und nicht diejenigen zwischen den verschiedenen Ländern ermittelt. Überdies bezögen sich die Daten nicht auf den Durchschnitt privater Haushalte, sondern auf die Haushalte von entsandten Diplomaten, die zusätzliche Versorgungsmöglichkeiten oder besondere Vergünstigungen nutzen könnten. Zudem würden für knapp 40 % des Warenkorbes keine Teuerungsziffern berechnet, während hinsichtlich anderer Güter Pauschalen verwendet würden, welche zu überwiegend niedrigeren Gesamtteuerungsziffern führten, oder lediglich Transportkosten erfasst würden.
17
Nachdem das Statistische Bundesamt die Veröffentlichung der Daten zur Kaufkraft des Euros eingestellt habe, könne diese nicht mehr zur Kaufkraftanpassung angewendet werden. Deshalb seien die von Eurostat ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" als geeigneter Anpassungsmaßstab zu erachten. Hiermit lasse sich ein mit den empfohlenen Werten des Statistischen Bundesamtes kompatibler Wert ermitteln. Durch Eurostat werde zunächst die Kaufkraftparität ermittelt, indem die in der jeweiligen Landeswährung erhobenen Preise erst in nationale Durchschnittswerte und hiernach in eine einheitliche Währung umgerechnet würden. Sodann würden für das vergleichende Preisniveau die auf dieser Basis auf einem einheitlichen Preisindex ausgedrückten Kaufkraftparitäten in Relation zu den Wechselkursen gesetzt. Auf diese Weise werde eine Messgröße ermittelt, die wiedergebe, welche Menge der jeweiligen Währungseinheit erforderlich sei, um die gleiche Anzahl einer Produktgruppe in jedem anderen erfassten Land zu kaufen. Mit dem vergleichenden Preisniveau des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern stehe ein Instrument zur Verfügung, das die tatsächlichen Preisunterschiede zwischen den einzelnen Ländern im Hinblick auf die Kosten der allgemeinen Lebensführung hinreichend widerspiegele.
18
Nach den für das Jahr 2010 von Eurostat mitgeteilten Daten habe in diesem Jahr das Preisniveau in der Schweiz um 147,6 % und dasjenige in der Bundesrepublik Deutschland um 104,3 % über dem für die Europäische Union ermittelten Mittelwert gelegen. Demnach habe das Kaufkraftverhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz 1:0,707 (104,3 : 147,6) betragen. Nach dem vorläufigen Ergebnis zu Kaufkraftparitäten und vergleichenden Preisniveaus, die Eurostat am 22. Juni 2012 für das Jahr 2011 veröffentlicht habe, habe das Verhältnis in diesem Jahr 1:0,639 betragen.
19
Die nach diesem Maßstab vorzunehmende Kaufkraftbereinigung habe entgegen der vom Oberlandesgericht Brandenburg vertretenen Auffassung (FamRZ 2008, 1279) nicht durch eine Anpassung der in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Unterhaltssätze, sondern durch eine entsprechende Korrektur des in der Währung des Heimatlandes des Antragsgegners ermittelten unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens zu erfolgen. Die Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle seien an deutschen Verhältnissen ausgerichtet. Sie würden den Lebensbedarf eines im Inland lebenden Kindes widerspiegeln. Deshalb sei es angemessen, die Umrechnung derart vorzunehmen, dass das Einkommen des Antragsgegners hinsichtlich der Kaufkraft verhältnismäßig bereinigt werde und sodann der Bedarf der Kinder aus der sich so ergebenden Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entnommen werde. Bei dieser Anrechnungsvariante würden nicht die Kinder mit ihrem inländischen Bedarf fiktiv in die Schweiz versetzt werden; vielmehr werde die Kaufkraft des Einkommens des Antragsgegners auf die deutschen Verhältnisse übertragen, an welchen die aus dem Mindestbedarf abgeleiteten Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle auch ausgerichtet seien.
20
Daraus folge, dass sich das Einkommen des Antragsgegners für das Jahr 2010 auf 3.635,05 € und ab Januar 2011 auf 3.285,43 € belaufe. Dementsprechend sei der Unterhaltsbedarf der Antragsteller für die Monate September 2010 bis Dezember 2010 aus der 7. Einkommensgruppe und sodann ab Januar 2011 aus der 6. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen.
21
Eine Herabstufung wegen etwaiger Unterhaltsansprüche der Ehefrau des Antragsgegners sei nicht angezeigt. Soweit wegen der nicht nur gegenüber zwei Kindern, sondern auch gegenüber seiner Ehefrau bestehenden Unterhaltspflicht des Antragsgegners nach Ziff. 11.2 Satz 3 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien ein Abschlag durch Einstufung in eine niedrigere Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle in Betracht gekommen sei, sei ein solcher angesichts der gehobenen Einkommensverhältnisse des Antragsgegners und seiner erheblich über der unteren Grenze der 7. bzw. 6. Einkommensgruppe liegenden Einnahmen ebenfalls nicht gerechtfertigt.
22
b) Hiergegen ist im Ergebnis von Rechts wegen nichts zu erinnern.
23
aa) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts bedarf es allerdings für die vom Antragsgegner begehrte Reduzierung des Kindesunterhalts auf jeweils 115 % des Mindestunterhalts keines Widerantrags. Zutreffend hat die Rechtsbeschwerde darauf hingewiesen, dass sich der Antragsgegner mit diesem Verlangen lediglich (teilweise) gegen das Erhöhungsverlangen der Antragsteller verteidige, jedoch nicht eine Unterschreitung des in den abzuändernden Jugendamtsurkunden festgelegten Kindesunterhalts begehre. Denn die Umrechnung der Alttitel führt gemäß § 36 Nr. 3 EGZPO zu einem unterhalb dieses Wertes liegenden Prozentsatz, nämlich bei dem Antragsteller zu 1 zu 106,58 % und bei der Antragstellerin zu 2 zu 102,80 % des Mindestunterhalt statt der vom Oberlandesgericht für beide Kinder jeweils errechneten 116,1 % (vgl. Senatsurteil vom 18. April 2012 - XII ZR 66/10 - FamRZ 2012, 1048 Rn. 21). Dieser Fehler wirkt sich indessen nicht zu Lasten des Antragsgegners aus, weil das Beschwerdegericht eine entsprechende Herabsetzung auch aus materiellen Gründen in von Rechts wegen nicht zu beanstandender Weise abgelehnt hat.
24
bb) Die Feststellungen zum Jahresnettoeinkommen des Antragsgegners sind demgegenüber weder angegriffen noch sonst aus Rechtsgründen zu beanstanden. Das gilt auch für die Hinzurechnung der Spesen mit einem Anteil von einem Drittel (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 82).
25
Ebenso wenig ist im Ergebnis zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die Zahlungen, die der Antragsgegner für die Krankenversicherung seiner Ehefrau zu leisten hat, nicht von dessen Nettoeinkommen abgezogen hat. Bei solchen Zahlungen handelt es sich um einen Teil des Ehegattenunterhalts, der erst im Rahmen einer eventuellen Herabstufung Berücksichtigung finden kann.
26
cc) Die vom Oberlandesgericht verneinte Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen des Antragsgegners hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.
27
(1) Nach Ziff. 10.2.1 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Oldenburg ist bei Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens - bei Vollzeittätigkeit mindestens 50 € und höchstens 150 € - anzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein solcher pauschaler Abzug für berufsbedingte Aufwendungen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Voraussetzung ist aber, dass konkrete Anhaltspunkte dargelegt sind, wonach der Unterhaltspflichtige überhaupt berufsbedingte Aufwendungen gehabt hat (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 861).
28
(2) Gemessen hieran ist gegen die Nichtberücksichtigung pauschaler berufsbedingter Aufwendungen im Ergebnis nichts zu erinnern.
29
(a) Die hierzu vom Beschwerdegericht gegebene Begründung, wonach die berufsbedingten Aufwendungen bereits durch den nicht als Einnahmen angerechneten Teil der vom Arbeitgeber gewährten Spesenzulagen abgedeckt würden, vermag indes nicht zu überzeugen.
30
Während Spesen durch Geschäfts- oder Dienstreisen veranlasste Aufwendungen sind, wie etwa der Aufwand für die Verpflegung, Übernachtungskosten sowie sonstige Nebenkosten (vgl. Wendl/Dose 8. Aufl. Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis § 1 Rn. 78), sind berufsbedingte Aufwendungen zur Einkommenserzielung notwendig, wie etwa die Kosten für die Fahrten zur Arbeitsstätte (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 122). Berufsbedingte Aufwendungen unterscheiden sich von den Spesen mithin dadurch, dass sie anfallen, damit der Arbeitnehmer überhaupt seiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann, während Spesen Kosten darstellen, die während der Ausführung der Erwerbstätigkeit oder im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit entstehen.
31
(b) Der Antragsgegner hat indes trotz Hinweises des Oberlandesgerichts, dass es wegen der Spesenzahlung die berufsbedingten Aufwendungen nicht berücksichtigen werde, keine konkreten Anhaltspunkte dargelegt, denen zu entnehmen wäre, dass berufsbedingte Aufwendungen tatsächlich anfallen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde reicht hierfür allein die Vorlage der Lohnabrechnungen für das Jahr 2011 nicht aus, auch wenn darin eine vom Arbeitgeber für den Antragsgegner monatlich gezahlte Garagenmiete von 100 CHF dokumentiert ist. Abgesehen davon, dass es nicht Aufgabe des Tatrichters ist, sich wesentlichen Vortrag der Beteiligten aus den eingereichten Anlagen zusammenzusuchen, lässt sich aus den Lohnabrechnungen auch nicht zwingend auf das Anfallen berufsbedingter Aufwendungen schließen.
32
dd) Die vom Oberlandesgericht durchgeführte Anpassung des vom Antragsgegner in der Schweiz erzielten Einkommens an die deutschen Verhältnisse wegen der erhöhten Lebenshaltungskosten ist von Rechts wegen ebenso wenig zu beanstanden.
33
(1) Nachdem das Statistische Bundesamt die Veröffentlichung der Verbrauchergeldparitäten zum Ende des Berichtsjahrs 2009 eingestellt hatte (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 91), deren Heranziehung zur Ermittlung der Kaufkraftunterschiede der Senat seinerzeit gebilligt hatte (Senatsurteil vom 1. April 1987 - IVb ZR 41/86 - FamRZ 1987, 682, 684; vgl. auch Unger FPR 2013, 19, 21), werden nunmehr zum einen die Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums sowie eine Korrektur mittels Teuerungsziffern und schließlich die Heranziehung der Statistiken zu Kaufpreisparitäten von Eurostat erwogen (vgl. die Übersicht bei OLG Stuttgart FamRZ 2014, 850, 851 f.; Unger FPR 2013, 19, 21 ff.).
34
Dabei ist die Kaufkraftbereinigung Sache der tatrichterlichen Beurteilung. Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur prüfen, ob der Tatrichter insoweit den Verfahrensstoff erschöpfend gewürdigt und einen rechtlich bedenkenfreien Weg eingeschlagen hat (Senatsurteil vom 1. April 1987 - IVb ZR 41/86 - FamRZ 1987, 682, 684).
35
(2) Dass das Oberlandesgericht, das die Vor- und Nachteile der jeweiligen Methoden nachvollziehbar begründet und abgewogen hat, seiner Umrechnung die von Eurostat ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endver- brauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" als im vorliegenden Fall geeigneten Anpassungsmaßstab erachtet und damit der wohl überwiegenden Auffassung (Unger FPR 2013, 19, 22 f.; jurisPK-BGB/Viefhues [Stand 28. April 2014] § 1610 BGB Rn. 48.1; Deutscher Familiengerichtstag - Empfehlungen des Vorstands Arbeitskreis 5 zu A I 1d - FamRZ 2011, 1921) gefolgt ist, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen.
36
(3) Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Oberlandesgericht die sich im Rahmen der Kaufkraftbereinigung ergebende Anpassung schon beim unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen des Antragsgegners und nicht erst bei den in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Unterhaltssätzen der Antragsteller vorgenommen hat (so aber OLG Brandenburg FamRZ 2008,

1279).

37
Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen, § 1610 Abs. 1 BGB. Auch wenn diese sich bei minderjährigen Kindern, die noch keine eigene Lebensstellung erlangt haben, vom Barunterhaltspflichtigen ableitet, ändert das nichts daran, dass die Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle an den deutschen Verhältnissen ausgerichtet sind. Sie spiegeln den Lebensbedarf eines im Inland lebenden Kindes wider. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn das Oberlandesgericht das bereinigte Einkommen des Antragsgegners entsprechend der Kaufkraft umgerechnet und sodann den Bedarf der - im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht noch minderjährigen - Kinder aus der sich so ergebenden Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entnommen hat. Im Übrigen hat auch die Rechtsbeschwerde gegen diese Verfahrensweise keine Einwendungen erhoben.
38
ee) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht eine Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs der Antragsteller in eine niedrigere Einkommensgruppe wegen der zusätzlichen Unterhaltsverpflichtungen des Antragsgegners gegenüber seiner Ehefrau abgelehnt hat.
39
(1) Die Unterhaltsbedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle sind auf allgemeiner Erfahrung beruhende Richtsätze, die dem Rechtsanwender die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "angemessenen Unterhalts" erleichtern sollen. Der Höhe nach sind sie auf den Durchschnittsfall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige zwei Unterhaltsberechtigten ohne Rücksicht auf den Rang Unterhalt zu gewähren hat (Düsseldorfer Tabelle Stand 1. Januar 2010 und 2011 (jew.) Anm. 1). Weil die Werte nur Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung sind, ist das mit ihrer Hilfe gewonnene Ergebnis nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls stets auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin zu überprüfen (Senatsbeschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 37 mwN). Hierzu hält die Düsseldorfer Tabelle die Möglichkeit der Herauf- oder Herabstufung nach der Anzahl der Unterhaltsberechtigten bzw. mittels der Bedarfskontrollbeträge bereit. Liegt eine über- oder unterdurchschnittliche Unterhaltsbelastung mit mehr oder weniger Unterhaltsberechtigten vor, soll durch eine Höher- oder Niedrigergruppierung in den Gehaltsstufen oder durch Bildung von individuell geschätzten Zu- oder Abschlägen eine den Besonderheiten des Falls angemessene Unterhaltsbemessung erreicht werden (Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493).
40
Die Einstufung in eine höhere oder niedrigere Gehaltsgruppe der Tabelle je nach Zahl der Unterhaltsberechtigten und der damit verbundenen Unterhaltslast liegt allerdings im tatrichterlichen Ermessen (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493).
41
(2) Gemessen hieran begegnet die Entscheidung des Oberlandesgerichts keinen rechtlichen Bedenken. Sie beruht auf keinen - der Überprüfung des Senats allein unterliegenden - Ermessensfehlern. Das Beschwerdegericht hat alle wesentlichen Punkte - wie namentlich die Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber seiner Ehefrau - in den Blick genommen. Wenn es dann zu dem Ergebnis gelangt, dass unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Antragsgegners eine Herabsetzung nicht in Betracht kommt, ist die Entscheidung des Tatrichters aus Rechtsgründen hinzunehmen.
42
ff) Soweit die Rechtsbeschwerde einwendet, aufgrund der vom Oberlandesgericht titulierten Unterhaltsverpflichtungen sei das Existenzminimum des Antragsgegners nicht mehr gewahrt, bleibt ihr ebenfalls der Erfolg versagt. Denn der dem Antragsgegner gegenüber den Antragstellern zu belassende Selbstbehalt ist gewahrt.
43
Die tabellenmäßigen Selbstbehaltsbeträge beinhalten eine pauschalierte Betrachtung. Ob eine Anpassung des Selbstbehalts erforderlich ist, wenn der Unterhaltspflichtige, der sich im Ausland aufhält, einem von den Annahmen der Tabelle wesentlich abweichenden Preisniveau ausgesetzt ist, unterliegt ebenfalls der tatrichterlichen Beurteilung (Senatsbeschluss vom 3. Juli 2013 - XII ZB 220/12 - FamRZ 2013, 1375 Rn. 29).
44
Die dementsprechend vom Oberlandesgericht vorgenommene tatrichterliche Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Es hat das vom Antragsgegner in der Schweiz erzielte Einkommen nach den Eurostat-Tabellen umgerechnet und ist damit dem abweichenden Preisniveau gerecht geworden.
45
gg) Schließlich geht die Rüge der Rechtsbeschwerde fehl, wonach die Kostenentscheidung fehlerhaft sei, weil nicht bedacht worden sei, dass die An- tragsteller in erster Instanz zunächst 144 % des Mindestunterhalts verlangt hätten.
46
Gemäß § 243 Satz 1 FamFG entscheidet das Gericht in Unterhaltssachen abweichend von den entsprechenden Vorschriften der Zivilprozessordnung nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Insgesamt soll die Kostenentscheidung in Unterhaltssachen flexibler und weniger formal gehandhabt werden können, um dem - von der Streitwertermittlung nicht hinreichend zu erfassenden - Dauercharakter der Verpflichtung Rechnung tragen zu können (Senatsbeschluss vom 28. September 2011 - XII ZB 2/11 - FamRZ 2011, 1933 Rn. 29).
47
Dass das Beschwerdegericht bei seiner Kostenentscheidung sein Ermessen in vom Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbarer Weise verletzt hätte, hat die Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Sie hat vor allem nicht bedacht, dass das Oberlandesgericht den Antragstellern für die erste Instanz 1/3 der Gerichtskosten und 3/7 der außergerichtlichen Kosten auferlegt hat, obgleich diese zu einem wesentlichen Teil obsiegt haben. Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Osnabrück, Entscheidung vom 01.03.2012 - 35 F 138/11 UK -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12 -

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2013 wird aufgehoben, soweit er für den Beitragszeitraum 1. März 2012 bis 31. Dezember 2012 einen monatlichen Kostenbeitrag festsetzt, der einen Betrag von 325,- Euro übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, zu 92 %, die Beklagte zu 8 %.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

1. Dem Antragsgegner wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lörrach vom 08.04.2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lörrach vom 08.04.2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass zur Klarstellung Ziffern I. und II. des Beschlusses wie folgt neu gefasst werden:

I.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, für das Kind Da. D. (geb. am ...2006) ab 01.07.2012 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen. Die Zahlung hat für den Zeitraum von Juli 2012 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe von 180 EUR, für den Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich Dezember 2015 in Höhe von 192 EUR und für den Zeitraum von Januar 2016 bis einschließlich Juli 2016 in Höhe von 194 EUR an den Leistungsträger der Unterhaltsvorschusskasse des Landes Baden-Württemberg zu erfolgen. Im Übrigen ist die Unterhaltszahlung zu Händen der Kindesmutter (Antragstellerin) zu leisten.

II.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, für das Kind Di. D. (geb. am ...2007) ab 01.07.2012 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind zu zahlen. Die Zahlung hat für den Zeitraum von Juli 2012 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe von 180 EUR, für den Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich Dezember 2015 in Höhe von 192 EUR und für den Zeitraum von Januar 2016 bis einschließlich Juli 2016 in Höhe von 194 EUR an den Leistungsträger der Unterhaltsvorschusskasse des Landes Baden-Württemberg zu erfolgen. Im Übrigen ist die Unterhaltszahlung zu Händen der Kindesmutter (Antragstellerin) zu leisten.

3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.964 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Mindestunterhalt für die beiden gemeinsamen Kinder.
Die Beteiligten sind die Eltern der gemeinsamen Kinder Da. D. (geb. am ...2006) und Di. D. (geb. am ...2007). Die Beteiligten leben seit Mai 2011 getrennt. Die Kinder leben bei der Antragstellerin in Deutschland, der Antragsgegner lebt in der Schweiz. Die Antragstellerin erhält für die Kinder jeweils Unterhaltsvorschuss in Höhe von 180 EUR monatlich (Juli 2012 bis Juni 2015), von 192 EUR (Juni bis Dezember 2015) und von 194 EUR (Januar bis Juli 2016).
Der Antragsgegner lebt im grenznahen Basel und hat dort ein Einkommen aus einer halbschichtigen Tätigkeit in Höhe von 2.000 CHF brutto. Netto ergibt dies eine Auszahlung von 1.778 CHF, für die Krankenversicherung sind monatlich 283,40 CHF aufzuwenden, außerdem waren im Rahmen des Selbstbehalts im Jahre 2013 insgesamt weitere 459,50 CHF aufzuwenden.
Die Antragstellerin macht geltend, der Antragsgegner sei zu einer vollschichtigen Tätigkeit verpflichtet, dann könne er den Mindestunterhalt leisten.
Der Antragsgegner macht geltend, er könne keine weitere Tätigkeit ausüben, da er an Depressionen leide. Er befinde sich deshalb auch in ärztlicher Behandlung. Im Übrigen seien in der Schweiz erhöhte Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Eine Verletzung der Erwerbsobliegenheit sei ihm nicht vorzuwerfen.
Das Familiengericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige Professor Dr. E., Universitätsklinikum für Psychiatrie und Psychosomatik in F., kam mit Datum vom 04.06.2013 zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegner aktuell wegen einer depressiven Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung nicht in der Lage sei, mehr als halbschichtig zu arbeiten. Es handle sich aber nicht um einen dauerhaften Zustand, da bei noch nicht ausgeschöpften Therapiemöglichkeiten von einer Therapierbarkeit der Störung auszugehen sei.
Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 08.04.2014 den Antragsgegner verpflichtet, für die beiden Kinder den jeweiligen Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe zu zahlen. Der Antragsgegner habe nicht ausreichend dargelegt, dass er zur Erbringung des Mindestunterhalts nicht in der Lage sei. Eine Behandlung habe der Antragsgegner lediglich behauptet, nicht aber belegt. Er sei daher als leistungsfähig zu behandeln. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 15.04.2014 zugestellt.
Der Antragsgegner hat mit Anwaltsschriftsatz vom 15.05.2014, eingegangen beim Familiengericht am gleichen Tag, einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gestellt und diesen begründet. Nachdem das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 29.04.2015 dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt hatte, hat der Antragsgegner mit Anwaltsschriftsatz vom 11.05.2015, eingegangen beim Oberlandesgericht am 12.05.2015, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt und zugleich Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss eingelegt.
Der Antragsgegner macht geltend, die durchgeführte Behandlung habe bisher nicht zu einem Erfolg geführt. Dies sei ihm nicht vorzuwerfen.
10 
Der Antragsgegner beantragt,
11 
den Beschluss vom 08.04.2014 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
12 
Die Antragstellerin beantragt
13 
Zurückweisung der Beschwerde mit der klarstellenden Maßgabe.
I.
14 
Der Antragsgegner wird verpflichtet, für das Kind Da. D. (geb. am ...2006) ab 01.07.2012 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen. Die Zahlung hat für den Zeitraum von Juli 2012 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe von 180 EUR, für den Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich Dezember 2015 in Höhe von 192 EUR und für den Zeitraum von Januar 2016 bis einschließlich Juli 2016 in Höhe von 194 EUR an den Leistungsträger der Unterhaltsvorschusskasse des Landes Baden-Württemberg zu erfolgen. Im Übrigen ist die Unterhaltszahlung zu Händen der Kindesmutter (Antragstellerin) zu leisten.
II.
15 
Der Antragsgegner wird verpflichtet, für das Kind Di. D. (geb. am ...2007) ab 01.07.2012 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind zu zahlen. Die Zahlung hat für den Zeitraum von Juli 2012 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe von 180 EUR, für den Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich Dezember 2015 in Höhe von 192 EUR und für den Zeitraum von Januar 2016 bis einschließlich Juli 2016 in Höhe von 194 EUR an den Leistungsträger der Unterhaltsvorschusskasse des Landes Baden-Württemberg zu erfolgen. Im Übrigen ist die Unterhaltszahlung zu Händen der Kindesmutter (Antragstellerin) zu leisten.
16 
Die Antragstellerin macht geltend, der Antragsgegner habe gegen seine Obliegenheit verstoßen sich ärztlich behandeln zu lassen.
17 
Das Beschwerdegericht hat die Beteiligten nochmals angehört und eine schriftliche und mündliche Erläuterung des Gutachtens durchgeführt.
18 
Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
19 
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, insbesondere ist ihm auf seinen Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 113 Abs. 1 FamFG mit § 233 ZPO zu gewähren. Der Antragsgegner war bis zur Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe unverschuldet gehindert, die Beschwerde fristgerecht einzureichen. Nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hat er die notwendige Verfahrenshandlung innerhalb der Frist gem. § 113 Abs. 1 FamFG mit § 234 ZPO nachgeholt.
20 
Die Beschwerde des Antragsgegners ist in der Sache aber nicht begründet. Zu Recht hat das Familiengericht die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung des Mindestkindesunterhalts ausgesprochen.
A.
21 
Es besteht eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch in der Beschwerdeinstanz noch zu prüfen ist. Diese ergibt sich nicht aus der Europäischen Unterhaltsverordnung (EuUntVO), sondern aus dem Lugano Übereinkommen 2007 (LugÜ). Der Vorrang des Lugano Übereinkommens ist sowohl in Art. 64 Abs. 2 lit. a LugÜ geregelt (dann, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat des Lugano Übereinkommen hat, für den nicht die europäische Verordnung gilt, z.B. die Schweiz), wie auch in Art. 69 Abs. 1 EuUntVO (vgl. dazu Henrich, FamRZ 2015, 1761).
22 
Letztlich kann dies im vorliegenden Fall aber dahinstehen, da in jedem Fall der Gerichtsstand des unterhaltsberechtigten Antragstellers gilt, der sich aus Art. 3 lit. b EuUntVO bzw. aus Art. 5 Abs. 2 lit. a LugÜ ergibt.
23 
Das anzuwendende Sachrecht ist nach Art. 15 EuUntVO mit Art. 3 Abs. 1 Haager Unterhaltsprotokoll 2007 das deutsche Recht, da die unterhaltsberechtigten Personen in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
B.
24 
Zu Recht ist das Familiengericht im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass den beiden minderjährigen Kindern gemäß §§ 1601, 1602 BGB ein Unterhaltsanspruch in Höhe des Mindestkindesunterhalts zusteht.
25 
1. Der Bedarf der in Deutschland lebenden Kinder richtet sich, da sie als minderjährige Kindern noch keine eigene Lebensstellung erlangt haben, nach der Lebensstellung des barunterhaltspflichtigen Elternteils, hier des Antragsgegners. Die Anpassung an die unterschiedliche Kaufkraft in der Schweiz, wo der unterhaltspflichtige Vater lebt, erfolgt grundsätzlich in der Weise, dass das im Ausland erzielte Einkommen entsprechend der Kaufkraft umgerechnet wird und sich nach diesem Ergebnis die Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle richtet (BGH vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, Juris Rn. 36 f.; Krenzler/Borth/Grisebach, Anwalts-Handbuch Familienrecht, 2. Auflage 2012, Rn. 685; Rahm/Künkel/Breuer, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, 5. Auflage 2010, 71. Lieferung 10.2015, B Rn. 392). Auf diese Weise kann ermittelt werden, welche Geldbeträge der Unterhaltsverpflichtete an seinem ausländischen Aufenthaltsort aufwenden muss, um einen dem Inland entsprechenden Lebensstandard zu erreichen (vgl. OLG Oldenburg vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, Juris Rn. 51; BGH vom 01.04.1987 - IVb 41/86, Juris Rn. 19). Wie auch der vorliegende Fall zeigt (siehe dazu unten), kann außerdem nur auf diese Weise der in Deutschland erforderliche Mindestkindesunterhalt gewahrt werden (vgl. auch OLG Oldenburg vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, Juris Rn. 71 f.), anders als wenn die Bedarfsbeträge der Düsseldorfer Tabelle für das im Inland unterhaltsbedürftige Kind wegen des ausländischen Vaters mit einem Preisabschlag versehen werden (so aber ohne nähere Begründung OLG Brandenburg vom 11.10.2007 - 10 UF 47/07, Juris Rn. 37; Wendl/Dose, 6. Auflage, § 7 Rn. 22 ff.).
26 
Das derzeit tatsächlich erzielte Einkommen des Antragsgegners beträgt weniger als 1.500 CHF monatlich. Selbst bei einer reinen Umrechnung nach den jeweils geltenden Währungskursen und ohne Berücksichtigung des höheren Preisniveaus in der Schweiz (siehe zu den Einzelheiten weiter unten) ergibt dies weniger als 1.500 EUR monatlich. Allerdings hat der Gesetzgeber in § 1612a BGB für die deutschen Lebensverhältnisse einen Mindestunterhalt minderjähriger Kinder vorgegeben (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 75. Auflage 2016, Einführung vor § 1601, Rn. 13). Die auf dieser Grundlage errechneten Bedarfsbeträge stellen die Untergrenze des Unterhaltsbedarfs minderjähriger Kinder dar. Da die beiden Kinder in Deutschland leben, kommt es aus diesem Grund für die Berechnung ihres Unterhaltsbedarfs nicht auf die erhöhten Lebenshaltungskosten in der Schweiz, wo der unterhaltspflichtige Vater lebt, an. Das Existenzminimum des in Deutschland lebenden Kindes ist nicht von den Einkommensverhältnissen des im Ausland lebenden unterhaltspflichtigen Elternteils abhängig, ebenso wie es nicht von den Einkommensverhältnissen eines im Inland lebenden Elternteils abhängig ist.
27 
Es ergeben sich daher folgende Bedarfsbeträge für die beiden Kinder:
28 
        
 Da. geb. ...2006
 Di. geb. ...2007
Juli 2012 - Juni 2013 
272 EUR
225 EUR
Juli 2013 - Juli 2015
272 EUR
272 EUR
Aug. - Dez. 2015
284 EUR
284 EUR
ab Jan. 2016
289 EUR
289 EUR
29 
2. Für die Leistung dieser Unterhaltsbedarfsbeträge ist der Antragsgegner auch als leistungsfähig anzusehen. Zwar ist gemäß § 1603 Abs. 1 BGB unterhaltspflichtig nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Dieser Grundsatz erfährt für die Eltern minderjähriger Kinder in § 1603 Abs. 1 BGB insofern eine Einschränkung, als diese verpflichtet sind, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Aus dieser gesteigerten Unterhaltsverpflichtung folgt insbesondere die Pflicht zur gesteigerten Ausnutzung der Arbeitskraft. Alle zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten sind auszuschöpfen. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners bestimmt sich daher nicht nach seinem tatsächlichen Einkommen, sondern nach den in zumutbarer Weise erzielbaren Einkünften. Der gesteigert Unterhaltspflichtige muss zu jeder Art von Tätigkeit oder zu wenig attraktiven Arbeitsbedingungen bereit sein (vgl. Palandt/Brudermüller a.a.O., § 1603, Rn. 40 f. m.w.N.).
30 
a. Im vorliegenden Fall hat die Beweisaufnahme zwar ergeben, dass der Antragsgegner aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, derzeit mehr als die von ihm bereits ausgeübte halbschichtige Tätigkeit auszuüben.
31 
Dies hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. E. in seinem schriftlichen Gutachten vom 04.06.2013 ausführlich und überzeugend dargelegt. Danach leidet der Antragsgegner unter einem depressiven Syndrom, aus dem sich qualitative und quantitative Leistungseinschränkungen ergeben. Qualitativ können nur einfache körperliche Tätigkeiten, auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Anforderungen an die geistige Leistungsfähigkeit, die Flexibilität, das psychomotorische Tempo verrichtet werden. Beim Antragsgegner sei krankheitsbedingt von einer etwa vierstündigen Leistungsfähigkeit auszugehen. Darüber hinaus gehende Tätigkeiten können nicht durchgeführt werden aufgrund der Absenkung des Energieniveaus.
32 
b. Allerdings ist die fortbestehende teilweise Erwerbsunfähigkeit im vorliegenden Fall unterhaltsrechtlich vorwerfbar. Bei einer rechtzeitigen Behandlung hätte der Antragsgegner bereits zu Beginn des streitigen Unterhaltszeitraums voraussichtlich in vollem Umfang erwerbstätig sein können. Dieses Einkommen ist ihm daher fiktiv zuzurechnen.
33 
Eine Leistungsunfähigkeit, die entweder selbst herbeigeführt ist oder deren Fortdauer auf unterlassenem Verhalten des Unterhaltsschuldners beruht, ist dann unbeachtlich, wenn im Einzelfall schwerwiegende Gründe vorliegen, die dem Verpflichteten nach Treu und Glauben die Berufung auf seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit verwehren. Ein solcher Verstoß gegen Treu und Glauben kommt im Allgemeinen nur in Betracht, wenn dem Pflichtigen ein verantwortungsloses, zumindest leichtfertiges Verhalten zur Last zu legen ist (vgl. BGH vom 09.07.2003 - XII ZR 83/00, Juris Rn. 24). Das Verhalten des Unterhaltsschuldners muss unterhaltsbezogen sein; die Vorstellungen und Antriebe, die dem zu beurteilenden Verhalten zugrunde liegen, müssen sich also (auch) auf die Bedürftigkeit als Folge des Verhaltens erstrecken. Bei einer Erkrankung kommt es darauf an, ob der Unterhaltsschuldner eine zumutbare und erfolgversprechende Therapie unterlassen hat zu einer Zeit, als seine Einsicht und die Fähigkeit danach zu handeln, bestanden hat und er sich der Möglichkeit bewusst war, er werde in Folge der unterlassenen Behandlung weiterhin nicht in der Lage sein, Unterhalt zu leisten (vgl. BGH vom 13.01.1988 - IVb ZR 15/87, Juris Rn. 21). Ein solches verantwortungsloses Verhalten liegt im Hinblick auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber minderjährigen Kindern gemäß § 1603 Abs. 2 BGB dann vor, wenn der Unterhaltsschuldner seine bestehende Erkrankung nicht mit zumutbaren und erfolgversprechenden Therapien behandelt und bei ihm eine volle Einsichtsfähigkeit in die Erkrankung besteht und zugleich die Fähigkeit, sein Verhalten zu steuern (vgl. KG Berlin vom 16.02.2001 - 18 UF 4043/00, Juris Rn. 8 f.).
34 
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Sachverständige Prof. Dr. E. hat überzeugend und nachvollziehbar dargelegt, dass die vorliegende Erkrankung gut behandelbar ist. Bei 80 % der Patienten wird ein recht schneller Erfolg erzielt. Bei den verbleibenden 20 % gibt es dann noch einmal Behandlungsmöglichkeiten, die auch hier häufig zu einem Erfolg führen. Nur ein ganz geringer Teil stellt sich dann letztlich als therapieresistent heraus. Eine erfolgversprechende Therapie wäre dem Antragsgegner vorliegend spätestens mit Trennung von der Mutter der Antragsteller unterhaltsrechtlich geboten gewesen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste dem Antragsgegner deutlich sein, dass er nunmehr für den Barunterhalt seiner Kinder zahlungsverpflichtet ist. Dieser Trennungszeitpunkt im Jahre 2011 lag so lange vor dem hier streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum ab Juli 2012, dass eine Therapie bereits zum Erfolg hätte führen können.
35 
Eine solche Therapie hat der Antragsgegner auch zu keinem Zeitpunkt erfolgreich und nachhaltig unternommen. Die für die vergangenen Jahre vorgetragenen gelegentlichen Arztbesuche reichen dafür nicht aus. Der Sachverständige hat auch überzeugend erläutert, dass die aktuellen Rezepte vom Juni und Dezember 2015 dafür nicht ausreichen. Es ist noch nicht einmal ersichtlich, ob die verschriebenen Medikamente vom Antragsgegner überhaupt eingenommen wurden. Jedenfalls hat der Sachverständige überzeugend dargelegt, dass entweder eine Medikamenteneinnahme zu einem Erfolg geführt oder aber relativ schnell durch ein anderes Medikament hätte ersetzt werden müssen. Zu diesen Verhältnissen fehlt jeglicher Vortrag des Antragsgegners.
36 
Beim Antragsgegner können auch die Krankheitseinsicht und die Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, nicht verneint werden. Diese Überzeugung beruht auf den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen bei seiner mündlichen Anhörung am 14.04.2016 im Beschwerdeverfahren. Daraus ergibt sich, dass es sich vorliegend nicht um eine psychische Erkrankung handelt, die das Urteilsvermögen erheblich einschränkt. Außerdem hat der Sachverständige nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die gelegentlichen Arztbesuche des Antragsgegners zeigen, dass dieser durchaus Krankheitseinsicht besitzt. Dass der Antragsgegner dennoch nicht nachhaltig nach dieser Einsicht handelt, hat der Sachverständige überzeugend mit dem fehlenden Leidensdruck erklärt. Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass es sich dabei um ein allgemeines Phänomen handelt. Der Antragsgegner hat sich offenbar mit seiner Krankheit und seiner fehlenden Fähigkeit, Unterhalt für die Kinder zu zahlen, eingerichtet. Der Sachverständige hat auch darauf hingewiesen, dass die Erkrankung beim Antragsgegner, der ja halbschichtig auch erwerbstätig ist, offenbar nicht so schwer ist, dass der Antrieb ganz fehlen würde.
37 
Die hier ärztlich angezeigten Therapien sind auch zumutbar. Der Sachverständige hat auf entsprechende Nachfrage überzeugend darauf hingewiesen, dass es Risiken und Nebenwirkungen bei jeder ärztlichen Behandlung geben kann, dies also keine Besonderheit von Psychopharmaka ist. Auf der Grundlage der Erläuterungen des Sachverständigen ist davon auszugehen, dass im Vergleich mit den Risiken und Nebenwirkungen einer Operation die vorliegenden möglichen Nebenwirkungen von Psychopharmaka, die im Übrigen durch das Ausweichen auf andere gleich gut geeignete Medikamente mit weniger Nebenwirkungen beherrschbar sind, durchaus zumutbar sind.
38 
Der Antragsgegner ist daher so zu behandeln, als ob die von ihm vorwerfbar unterlassene Behandlung seiner Erkrankung Erfolg gezeigt hätte. Ihm ist daher ein fiktives Einkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit zuzurechnen.
39 
c. Der aktuelle Arbeitsunfall vom 23.09.2015 spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser für sich eine ins Gewicht fallende Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bedeuten würde. Aus dem vom Antragsgegner vorgelegten Bericht des Kantonsspitals Baselland vom 02.03.2016 ergibt sich, dass die beim Sturz erlittene Meniskusläsion wenig symptomatisch bzw. aktuell nicht im Vordergrund stehend sei. Im Vordergrund stünden vielmehr die Depression und die bereits seit 2010 bestehende chronische Schmerzsymptomatik.
40 
d. Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner ein Einkommen erzielen könnte, mit dem sein Selbstbehalt über den gesamten Zeitraum gewahrt wäre.
41 
Da keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, warum der Antragsgegner seine jetzige halbschichtige Tätigkeit nicht entweder beim selben Arbeitgeber oder bei einer vergleichbaren Beschäftigung auf eine vollschichtige Tätigkeit aufstocken könnte, ist von den folgenden Zahlen auszugehen. Aus dem dann verdoppelten Bruttoeinkommen von 4.000 CHF ergibt sich ein Nettoeinkommen von mindestens 3.000 CHF nach Abzug folgender Beträge:
42 
AHV-/IHV-Beitrag 
205,00 CHF
ALV-Beitrag
44,00 CHF
MBU-Beitrag
57,60 CHF
KTG-Beitrag
18,00 CHF
Pensionskasse
216,00 CHF
Quellensteuer
 335,60 CHF
43 
Von diesem Nettobetrag von mindestens 3.000 CHF kann die zuletzt geltend gemachte Rate für die Krankenversicherung von 283,40 CHF und eine durchschnittliche monatliche Selbstbeteiligung von 38,29 CHF abgezogen werden. Dies ergibt ein bereinigtes Einkommen von 2.678,31 CHF. Fahrtkosten sind hier nicht zu berücksichtigen, insbesondere nicht die Raten von 500 CHF für die Anschaffung eines Pkw. Angesichts des Umstands, dass es hier ohnehin nur um den Mindestbedarf minderjähriger Kinder geht, hat der Antragsgegner nicht ausreichend vorgetragen, dass ihm nicht öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen. Um vom Wohnort des Antragsgegners in Basel zum Arbeitgeber S. AG in B. zu kommen, bestehen ausreichend öffentliche Verkehrsmittel, auch zu dem geltend gemachten Arbeitsbeginn um 07:00 Uhr.
44 
e. Mit diesem fiktiven Einkommen bleibt auch der Selbstbehalt des Antragsgegners trotz der höheren Lebenshaltungskosten in der Schweiz gewahrt.
45 
Dabei ist zunächst das im Vergleich zum Inland unterschiedliche ausländische Preisniveau bei der Prüfung des Selbstbehalts des Pflichtigen zu berücksichtigen. Denn diese Sätze sollen einen Mindestlebensstandard für den Unterhaltspflichtigen sichern, der je nach Bedeutung des relevanten Unterhaltsanspruchs abgestuft ist. Mit den hier geltenden 1.080 EUR (Ziff. 21.2 SüdL, bzw. bis Dezember 2014 von 1.000 EUR) etwa lässt sich in der Schweiz angesichts der deutlich höheren Lebenshaltungskosten aber nur ein erheblich geringerer Lebensstandard erreichen als in Deutschland.
46 
(1) Heranzuziehen ist dabei die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) herausgegebene Tabelle „Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ als am besten geeigneter Anpassungsmaßstab (vgl. zu den Einzelheiten BGH vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, Juris Rn. 35; OLG Oldenburg vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, Juris Rn. 54 ff.). Für Deutschland ist für 2014 ein Wert von 101,5 angegeben, für die Schweiz 148,9. Ein deutscher Geldbetrag ist also mit einem Aufschlag von 1,47 zu versehen, die Schweiz war 2014 also etwa 50 % teurer als Deutschland.
47 
Um das in der Schweiz in Schweizer Franken fiktiv anzusetzende Einkommen des Antragsgegners an dem in Euro ausgedrückten deutschen notwendigen Selbstbehalt messen zu können, ist dieses außerdem nach dem jeweils relevanten Devisenkurs in Euro umzurechnen (so auch zutreffend OLG Dresden vom 04.12.2015 - 20 UF 875/15, Juris Rn. 49 und OLG Karlsruhe vom 27.08.2015 - 2 UF 69/15, Juris Rn. 62 und dortiger Tenor; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 9 Rn. 86 ff.; Rahm/Künkel/Breuer, a.a.O., B Rn. 375 ff., vgl. insb. Rn. 384, 392, 395). Denn die genannte Tabelle stellt lediglich einen Index für die Kaufkraftunterschiede dar und enthält nicht zugleich die Umrechnung nach dem Währungswechselkurs (so aber OLG Oldenburg vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, Juris Rn. 64 f.; der Bundesgerichtshof hat dies in seiner nachfolgenden Rechtsbeschwerdeentscheidung mangels Rüge hingenommen, freilich ohne diesen Punkt zu erörtern, BGH vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, Juris Rn. 22; dabei ist die Kaufkraftbereinigung ohnehin Sache der tatrichterlichen Beurteilung, BGH, a.a.O., Rn. 34).
48 
Die somit häufig erforderliche zweistufige Umrechnung (Kaufkraftausgleich und Währungskurs) folgt aus den richtig verstandenen Grundlagen und der Systematik dieser Tabelle (vgl. zum Ganzen ausführlich und zutreffend Többens, FamRZ 2016, 597, 599 f.). Kaufkraftparitäten werden in der Weise ermittelt, dass für einen definierten Warenkorb zunächst der Inlandspreis in der jeweiligen Landeswährung festgestellt wird. So meldet also etwa die Schweiz den Preis für einen bestimmten Warenkorb, ausgedrückt in Schweizer Franken (CHF), an Eurostat. Die so ermittelten Werte werden dann nicht in der eingangs erwähnten Tabelle „Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ eingestellt, sondern in der Tabelle mit dem Titel „Kaufkraftparitäten (KKP) und vergleichende Preisniveauindizes für die Aggregat des ESVG2010“. Die nationalen Werte werden dort im Verhältnis zum EU-Durchschnitt ausgedrückt, der auf 1,0 gesetzt wird. Die Kaufkraft eines Euros in einem durchschnittlichen EU-Land entspricht daher dem mitgeteilten Wert im jeweiligen Land in der jeweiligen Währungseinheit. Der Wert für die Schweiz ist für 2014 bei 1,77043, der Wert für Deutschland bei 1,04290. Damit haben 1,77 CHF in der Schweiz die gleiche Kaufkraft wie 1,04 EUR in Deutschland.
49 
In der praktischen Anwendung hat diese Tabelle zwei gewichtige Nachteile. Zum einen kann aus dieser Tabelle nicht unmittelbar abgelesen werden, ob ein Land teuer oder billig ist. Vielmehr ist der Wert von den Zufälligkeiten des jeweiligen Währungskurses abhängig. So liegt etwa für 2014 der Wert für Montenegro bei 0,496415, während der Wert für Ungarn bei 174,900 liegt. Damit soll nicht etwa ausgedrückt werden, dass das Preisniveau von Ungarn etwa 350fach über dem von Montenegro liegt. Die Kaufkraft in dem einen Land kann mit der Kaufkraft in einem anderen Land vielmehr erst dann verglichen werden, wenn die unterschiedlichen Währungen in eine gemeinsame Währung umgerechnet werden. Zum anderen ist in der Praxis die gleichzeitige (einstufige) Umrechnung nach dem Währungskurs und dem Kaufkraftunterschied nicht immer gewünscht, beispielsweise wenn ein in der Schweiz wohnender Unterhaltspflichtiger nicht nur Einkommen in Schweizer Franken hat, sondern auch noch Einkommen in Euro (z.B. durch Vermietung in Deutschland).
50 
Eurostat bietet deshalb neben der Tabelle „Kaufkraftparitäten (KKP) und vergleichende Preisniveauindizes für die Aggregat des ESVG2010“ außerdem die eingangs erwähnte Tabelle „Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ an. Darin sind - wie das OLG Oldenburg zu Recht zitiert (Rn. 64) - die in der jeweiligen Landeswährung mitgeteilten Kaufkraftparitäten in Relation zu den Wechselkursen gesetzt. Aus dieser Umrechnung in eine gemeinsame Währung ergibt sich ein unmittelbar aufschlussreicher Vergleich der Kaufkraft, worauf in der Erläuterung der Tabelle hingewiesen wird: Ein Land mit einem Index über dem EU-Durchschnitt von 100 ist relativ teuer (z.B. Norwegen mit 146,5), während ein Land mit einem geringeren Index relativ billig ist (z.B. Ungarn mit 57,5). Damit enthält diese Tabelle - anders als die andere Tabelle „Kaufkraftparitäten (KKP) und vergleichende Preisniveauindizes für die Aggregat des ESVG2010“ - ausschließlich die Darstellung der reinen Kaufkraftunterschiede. Eine Umrechnung nach dem Währungswechselkurs wäre ggfs. zusätzlich vorzunehmen.
51 
Die Unterschiede zwischen den beiden Tabellen sind im konkreten Fall der Schweiz nicht sehr groß (Aufschlagsfaktor für 2014 von 1,6976 gegenüber 1,47). Dies liegt daran, dass der Währungsumrechnungskurs zwischen Euro und Schweizer Franken nahezu 1 : 1 beträgt. Anders liegt dies bei deutlich abweichenden Wechselkursen. Beispielsweise entspricht das ungarische Durchschnittseinkommen (2012) von monatlich netto 155.000 Forint, umgerechnet nach dem Währungskurs etwa 500 EUR, nach den Werten der Tabelle „Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ angesichts der geringeren Lebenshaltungskosten bei einem Faktor von 1,765 (101,5 ./. 57,5, für 2014) etwa einem deutschen Lebensstandard von 886 EUR. Nach der einstufigen Berechnung mit den Werten dieser Tabelle (wie in der oben zitierten Entscheidung des OLG Oldenburg) ergäbe sich ein groteskes Monatseinkommen eines in Ungarn lebenden unterhaltspflichtigen Vaters von 273.575 EUR (155.000 Forint x Faktor 1,765), während sein Selbstbehalt lediglich 612 Forint (1.080 EUR x Faktor 0,567) betragen würde, umgerechnet 2 EUR.
52 
Für die also im vorliegenden Fall vorzunehmende zweistufige Berechnung sind im vorliegenden Fall folgende Umrechnungsfaktoren und Währungskurse heranzuziehen, wobei letztere die Jahresdurchschnitte der Euro-Referenzkurse der Europäischen Zentralbank nach den Mitteilungen der Deutschen Bundesbank darstellen.
53 
        
 Aufschlagsfaktor
 Umrechnungskurs
2012
1,521
1,2053
2013
1,443
1,2311
2014
1,467
1,2146
2015
1,633
1,0679
2016 (aktuell) 
dto.
1,087
54 
Dabei können die letzten verfügbaren Faktoren zur Kaufkraftanpassung aus dem Jahr 2015 fortgeschrieben werden, da Anhaltspunkte für durchgreifende Veränderungen seitdem nicht ersichtlich sind.
55 
(2) Die Leistungsfähigkeit des im Ausland lebenden Unterhaltspflichtigen ist zu ermitteln, indem die auf deutsche Verhältnisse zugeschnittenen Mindestbedarfswerte auf die im Ausland geltende Kaufkraft umgerechnet werden (vgl. BGH vom 03.07.2013 - XII ZB 220/12, Juris Rn. 29). Also ist mit den aufgeführten Faktoren der deutsche Selbstbehalt um die Kaufkraftunterschiede zu bereinigen.
56 
Die Prüfung des Selbstbehalts kann nicht dadurch erfolgen, dass das ausländische Einkommen an die Kaufkraft im Inland angepasst und am inländischen Selbstbehalt gemessen wird (in diese Richtung aber etwa BGH vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, Juris Rn. 44; nach beiden Methoden prüft OLG Brandenburg vom 11.10.2007 - 10 UF 47/07, Juris Rn. 56 ff.; vgl. dazu auch Rahm/Künkel/Breuer, a.a.O., B Rn. 393), insbesondere ist dies nicht ergebnisneutral. Zwar sind zwei der Rechengrößen in gleicher Weise (Kaufkraftanpassung) variabel, nämlich das Einkommen und der Selbstbehalt. Dies gilt aber nicht für die dritte Rechengröße, nämlich den Unterhaltszahlbetrag. Dieser verändert durch den Überweisungsvorgang in eine andere Kaufkraftzone nicht etwa seine Höhe. Entscheidend ist, dass dem Unterhaltsschuldner der Mindestbedarf, angepasst an seine Lebensverhältnisse im Ausland, verbleiben muss. Die Gegenmeinung kann zu untragbaren Ergebnissen führen. Wenn z.B. (wie etwa in Serbien gegenüber Deutschland) die Kaufkraft im Ausland doppelt so hoch ist, so könnte dort mit einem Betrag von umgerechnet 540 EUR etwa der gleiche Lebensstandard gewahrt werden wie in Deutschland mit dem hier geltenden Selbstbehalt von 1.080 EUR. Dieser Betrag müsste daher dem Unterhaltsschuldner verbleiben. Demgegenüber kann die Hochrechnung des ausländischen Einkommens hier zu unsinnigen Ergebnissen führen. Wenn etwa ein Vater mit einem serbischen Nettoverdienst von (währungstechnisch) umgerechnet 1.200 EUR netto gegenüber drei Kindern der 3. Altersstufe in Deutschland unterhaltspflichtig wäre, würde sich ein Unterhaltsbedarf von 3x 400 EUR, d.h. insgesamt 1.200 EUR ergeben (1.200 EUR Einkommen hochgerechnet auf 2.400 EUR führen nach Herabstufung zur 3. Einkommensstufe). Eine Leistungsfähigkeit besteht aber nur in Höhe von 660 EUR (1.200 EUR Einkommen abzüglich des heruntergerechneten Selbstbehalts von 540 EUR). Wenn das serbische Einkommen von 1.200 EUR hier auf 2.400 EUR hochgerechnet und davon der deutsche Selbstbehalt von 1.080 EUR abgezogen würde, ergäbe sich eine Leistungsfähigkeit von 1.320 EUR, obwohl der Vater nur 1.200 EUR verdient.
57 
(3) Auf die Frage, ob wegen des grenznahen Wohnorts des Antragsgegners Teile seines fiktiven Einkommens von der Kaufkraftanpassung auszunehmen sind (vgl. dazu Többens, FamRZ 2016, 597, 601 f.), kommt es im vorliegenden Fall nicht an, da dem Antragsgegner auch der in vollem Umfang hochgerechnete Selbstbehalt verbleibt.
58 
(4) Dies ergibt folgende Übersicht:
59 
        
07-12/12
01-06/13
07-12/13
01-12/14
01-07/15
08-12/15
ab 01/16
Einkommen
Antragsgegner
        
        
        
        
        
        
        
Arbeitseinkommen
netto
Fr. 3.000,00
Fr. 3.000,00
Fr. 3.000,00
Fr. 3.000,00
Fr. 3.000,00
Fr. 3.000,00
Fr. 3.000,00
abzgl.
Krankenversicherung
-Fr. 283,40
-Fr. 283,40
-Fr. 283,40
-Fr. 283,40
-Fr. 283,40
-Fr. 283,40
-Fr. 283,40
Fahrtkosten
        
        
        
        
        
        
        
abzgl.
Selbstbeteiligung
-Fr. 38,29
-Fr. 38,29
-Fr. 38,29
-Fr. 38,29
-Fr. 38,29
-Fr. 38,29
-Fr. 38,29
bereinigtes
Einkommen
Fr. 2.678,31
Fr. 2.678,31
Fr. 2.678,31
Fr. 2.678,31
Fr. 2.678,31
Fr. 2.678,31
Fr. 2.678,31
./. Umrechnungskurs
1,2053
1,2311
1,2311
1,2146
1,0679
1,0679
1,0870
in Euro
2.222,11 EUR
2.175,54 EUR
2.175,54 EUR
2.205,10 EUR
2.508,02 EUR
2.508,02 EUR
2.463,95 EUR
Selbstbehalt
1.000,00 EUR
1.000,00 EUR
1.000,00 EUR
1.000,00 EUR
1.080,00 EUR
1.080,00 EUR
1.080,00 EUR
./. Index
Kaufkraftausgleich
1,521
1,443
1,443
1,467
1,633
1,633
1,633
erhöhter
Selbstbehalt
1.521,00 EUR
1.443,00 EUR
1.443,00 EUR
1.467,00 EUR
1.763,64 EUR
1.763,64 EUR
1.763,64 EUR
Verteilmasse
701,11 EUR
732,54 EUR
732,54 EUR
738,10 EUR
744,38 EUR
744,38 EUR
700,31 EUR
Bedarf Da.
272,00 EUR
272,00 EUR
272,00 EUR
272,00 EUR
272,00 EUR
284,00 EUR
289,00 EUR
Bedarf Di.
225,00 EUR
225,00 EUR
272,00 EUR
272,00 EUR
272,00 EUR
284,00 EUR
289,00 EUR
Gesamtbedarf
497,00 EUR
497,00 EUR
544,00 EUR
544,00 EUR
544,00 EUR
568,00 EUR
578,00 EUR
60 
Es ergibt sich, dass der an die höhere Kaufkraft in der Schweiz angepasste Selbstbehalt des Antragsgegners zu keinem Zeitraum berührt ist.
61 
3. Die während des laufenden Verfahrens gem. § 7 Abs. 1 S. 1 UVG übergegangenen Ansprüche hat die Antragstellerin zulässigerweise gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG mit § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO zur Zahlung an den Leistungsträger umgestellt (vgl. dazu BGH vom 27.09.2000 - XII ZR 174/98, Juris Rn. 20). Der Umstand, dass es sich hier um Unterhalt aufgrund fiktiver Einkünfte handelt, hindert den Anspruchsübergang nicht (vgl. BGH vom 14.03.2001 -XII ZR 57/99, Juris Rn. 8 ff. m.w.N.).
III.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG und orientiert sich am Unterliegen des Antragsgegners gem. § 243 S. 2 Nr. 1 FamFG.
63 
Die Festsetzung des Verfahrenswerts folgt aus §§ 40, 51 FamGKG.
64 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor (vgl. zur Zulassung durch den Einzelrichter, BGH vom 16.07.2003 - VIII ZR 286/02, Juris Rn. 5). Die rechtlichen Fragen zur Erwerbsobliegenheit sind höchstrichterlich geklärt, es geht vorliegend um die Anwendung im Einzelfall. Hinsichtlich der Berechnungsmethode für die Kaufkraftanpassung liegt zwar eine abweichende Rechtsprechung vor, diese Frage ist im Ergebnis aber nicht entscheidungserheblich. Auch bei einer einstufigen Umrechnung des deutschen Selbstbehalts (wie sie der abweichenden Rechtsprechung des OLG Oldenburg entspricht, inhaltlich aber nicht zutreffend ist, wie oben dargelegt wurde) wäre zu allen relevanten Zeiträumen der erhöhte Selbstbehalt des Antragsgegners in der Schweiz gewahrt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.