Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 05. Aug. 2014 - 2 K 778/14
Gericht
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen vom 7. Januar 2014 verpflichtet, über die Bewerbung des Klägers um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes zum 1. September 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Beklagte die Übernahme des Klägers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes wegen dessen Tätowierungen ablehnen durfte.
3Der am 00. Januar 1990 geborene Kläger bewarb sich am 28. Juni 2013 um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes zum 1. September 2014. Ab September 2013 durchlief er bei dem hierfür zuständigen Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen (LAFP NRW) u.a. den sog. PC-Test und ein Assessment Center. Er erzielte den Rangordnungswert 116,791. Anlässlich der medizinischen Untersuchung wurden durch den Polizeiärztlichen Dienst folgende Tätowierungen des Klägers festgestellt und dokumentiert:
4Am oberen Rücken ist ein großflächiges Herz dargestellt, das von zwei Ankern und zwei Rosen flankiert wird. An der Innenseite des linken Unterarms ist über einem aufgeschlagenen Buch ein mit einer Brille versehener Kopf eines brüllenden Panthers abgebildet, aus dem rückseitig Flammen herausschlagen (Größe: 13,5 x 17 cm). Der rechte Arm ist vollständig tätowiert. An der Außenseite des Unterarms sind über dem Handgelenk ein Kompass und darüber bis zum Ellenbogen ein sog. mexikanischer Zuckerschädel tätowiert, der mit Blumen und Ornamenten geschmückt ist. An der Innenseite des rechten Unterarms findet sich die Darstellung eines Handspiegels, in dem mittig ein Auge abgebildet ist, aus dem Flammen bis zur Armbeuge schlagen. An der Innenseite des Ellenbogens ist ein Diamant dargestellt. Der rechte Oberarm ist an seiner Innenseite mit einem aus je vier Trommeln und Becken bestehenden Schlagzeug sowie Trommelstöcken und an seiner Außenseite mit einer durch Flügel eingefassten Uhr sowie dem Schriftzug „N. “ tätowiert. Die bildlichen Darstellungen sind farblich gestaltet. Der Kläger erläuterte die Bedeutung der Tätowierungen wie folgt: Das Herz stehe für seine Familie und den Familienzusammenhalt; die Anker symbolisierten die Eltern und die Rosen die Geschwister. Mit der Darstellung des Kopfes des Panthers wolle er seine Bewunderung für die Statur dieses Tieres, dessen Stärke und physische Bildung zum Ausdruck bringen. Der Kompass bedeute, dass man ein Ziel vor Augen haben müsse, auch wenn man Umwege gehe. Der mexikanische Zuckerschädel mache einen anderen Umgang mit dem Tod deutlich – mehr Feier als Trauer. Der Spiegel setze einen vorbildhaften Ausspruch des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt um: „Ich möchte in den Spiegel schauen können, bevor ich sterbe, ohne mich übergeben zu müssen“. Der Diamant stehe für Reinheit, das Schlagzeug für seinen erfüllten Kindheitstraum, Schlagzeug zu lernen, und die Uhr mit dem lateinischen Wort für „Bewegung“ für die Sentenz: „Die Zeit geht weiter, auch wenn sie stillzustehen scheint.“
5Die für die Bewertung von Körperschmuck der Bewerber eingerichtete, aus fünf Personen bestehende Kommission des LAFP NRW befasste sich in zwei Sitzungen im November und Dezember 2013 mit den Tätowierungen des Klägers. Hierbei legte sie den Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (Innenministerium) vom 29. Mai 2013 betreffend „Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst – Landeseinheitliche Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck“ (nachfolgend: Einstellungserlass) zugrunde. Sie bewertete die Darstellung des Pantherkopfes aufgrund seiner Größe als „relativen Eignungsmangel“ sowie den Handspiegel und den mexikanischen Zuckerschädel als „absoluten Eignungsmangel“; letzteren wegen seiner Größe und Auffälligkeit, teilweise auch wegen einer „aggressiven Wirkung“. Die übrigen Tätowierungen stellten nach dem Urteil der Kommission kein Einstellungshindernis dar. Allerdings wurde aufgrund einer „ganzheitlichen Betrachtung“ ein Eignungsmangel bejaht mit der Begründung „großflächig, auffällig, teilw. aggressiv“.
6Das LAFP NRW teilte dem Kläger unter Bezugnahme auf die Einschätzung der Auswahlkommission mit Schreiben vom 13. Dezember 2013 mit, es sei beabsichtigt, seine Bewerbung abzulehnen. Der Kläger nahm mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 Stellung. Er widersprach der Auffassung, dass die Tätowierungen einen Eignungsmangel darstellten und legt ausführlich dar, welche Bedeutung er mit den einzelnen Tätowierungen verbinde und dass angesichts des Anschauungswandels in der Bevölkerung derartige Tätowierungen aufgrund des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch bei einem Polizeivollzugsbeamten zu akzeptieren seien.
7Nach Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten teilte das LAFP NRW dem Kläger unter dem 7. Januar 2014 seine Entscheidung mit, es könne seiner Bitte, ihm eine Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zu ermöglichen, nicht entsprechen, weil es ihm aufgrund der Tätowierungen im sichtbaren Bereich an der hierfür nach Art 33 Abs. 2 GG erforderlichen Eignung fehle. In der Amtswahrnehmung solle, wie auch durch die Uniform dokumentiert werde, jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrags zurücktreten. Die sich insbesondere aus der Uniform ergebende Legitimation und Autorität eines Polizeivollzugsbeamten dürften durch Körperschmuck nicht beeinträchtigt werden (Neutralitäts- und Repräsentanzfunktion). Nach dem Einstellungserlass sei daher Körperschmuck als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht und könne einen der Einstellung entgegenstehenden Eignungsmangel begründen. Es gelte, im Interesse der späteren Aufgabenwahrnehmung bezogen auf das äußere Erscheinungsbild den Schutz des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in eine neutrale und seriös auftretende Polizei zu beachten. Daher werde eine Einschränkung der dienstlichen Verwendbarkeit durch Körperschmuck unter den im Einstellungserlass festgelegten Gerichtspunkten berücksichtigt. Aufgrund der Dokumentation, Sichtung und Bewertung seitens der Kommission sei die großflächige Darstellung des Panthers als „relativer Eignungsmangel“ zu bewerten. Das Bild des Handspiegels begründe wegen seiner Größe und extremen Ausdehnung im sichtbaren Bereich des gesamten rechten Unterarms sowie seiner auffälligen Gestaltung einen „absoluten Eignungsmangel“. Diese Bewertung treffe auch auf den geschmückten mexikanischen Zuckerschädel zu. Dieser wirke befremdlich, da der Umgang mit dem Tod in westlichen Kulturen ein anderer sei und weitgehend tabuisiert werde. Ähnlich einem Totenschädel könne die Darstellung des mexikanischen Zuckerschädels mit Gewalt und Aggression in Verbindung gebracht werden. Der Totenschädel diene im Allgemeinen der Symbolisierung oder gar Androhung von physischer Gewalt und Tod. Er sei ein Symbol für einen gewalttätigen, rachsüchtigen und bösartigen Menschen. Darüber hinaus sei auch im Rahmen der Gesamtbetrachtung der großflächigen, auffälligen und teilweise aggressiven Darstellungen ein Eignungsmangel festzustellen.
8Der Kläger hat am 7. Februar 2014 die vorliegende Klage erhoben, mit der er geltend macht:
9Der Bescheid sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten. Im Hinblick darauf, dass der Beklagte sich in seinem Bescheid überhaupt nicht mit den in seinem Schreiben vom 17. Dezember 2013 vorgebrachten Einwänden auseinandergesetzt habe, fehlt es bereits an einer den Anforderungen des § 28 VwVfG NRW gerecht werdenden vorherigen Anhörung.
10Die Entscheidung sei auch materiell rechtsfehlerhaft. Ihm sei wegen der Tätowierungen die für den gehobenen Polizeivollzugsdienst erforderliche persönliche bzw. charakterliche Eignung nicht abzusprechen. Allein das Vorhandensein auffälliger Tätowierungen im sichtbaren Bereich verstoße nicht gegen das Erfordernis der Neutralität und Professionalität des Polizeivollzugsdienstes. In verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen sei zutreffend festgestellt worden, dass sich die gesellschaftlichen Vorstellungen über Tätowierungen als Körperschmuck sowohl in der Bevölkerung insgesamt, als auch im Polizeivollzugsdienst nicht unerheblich geändert hätten und derartige Tätowierungen inzwischen in allen Altersgruppen weit verbreitet und akzeptiert seien. Soweit der Beklagte die gegenteilige Sichtweise vertrete, fehle es bereits an einer hinreichend verlässlichen Grundlage. Jedenfalls gebe es nicht den vom Beklagten bemühten Grundsatz, dass in der Amtswahrnehmung jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrags zurückzutreten habe.
11Die Auswahlkommission, auf deren Bewertung der Beklagte sich stütze, habe ihm anlässlich der ohnehin maximal 5-minütigen Sitzung im Dezember 2013 keine Gelegenheit gegeben, die Motivik und Symbolik der Tätowierungen zu erläutern. Sie und ihm folgend das LAFP NRW hätten deshalb bereits die Bedeutung der Darstellungen verkannt, insbesondere den Zuckerschädel in unzulässiger Weise einem klassischen Totenkopfsymbol gleichgesetzt. Tatsächlich habe der mexikanische Zuckerschädel einen völlig anderen Hintergrund. Er versinnbildliche einen der wichtigsten mexikanischen Feiertage, an dem traditionell der Verstorbenen gedacht werde. Dieser Tag werde nicht als Trauertag, sondern als farbenprächtiges Volksfest begangen. Konditoreien stellten zu diesem Anlass Totenschädel aus Zucker, Schokolade oder als Gebäck – „Calaveras de Dulce“ – her. Er bringe mit der Tätowierung seine Faszination für diesen Umgang mit dem Tod und die hiermit verbundene positive Lebenseinstellung zum Ausdruck. Sämtliche Tätowierungen hätten zudem nach Darstellung und Symbolik Schmuckcharakter und seien nicht Ausdruck einer überzogenen Individualität. Das Bild des Panthers mit Buch und Brille sei eine Metapher für physisch starke Lebewesen, die zudem psychische Stärke in Form von Wissen erlangten. Das sei auch sein Anspruch. Der Handspiegel stehe für den von Helmut Schmidt formulierten Anspruch an sich selbst, vor dem eigenen Ableben reinen Gewissens in den Spiegel sehen zu können.
12Die auf dem Einstellungserlass des Innenministeriums beruhende Praxis des Beklagten, einen absoluten Eignungsmangel bereits dann anzunehmen, wenn die Darstellung die Größe eines Handtellers überschreite („großflächige Tätowierungen“), stelle einen Ermessensfehlgebrauch dar, weil bei dieser Sichtweise wesentliche Aspekte von vornherein ausgeblendet würden. Indem der Beklagte nunmehr im Klageverfahren allein auf die Größe der Darstellungen in sichtbaren Bereich abhebe, bringe er zugleich zum Ausdruck, dass er an der zuvor daneben noch vorgenommenen ganzheitlichen Betrachtung nicht mehr festhalte. Darüber hinaus sei es schwerlich nachzuvollziehen, woraus sich im Rahmen einer solchen Gesamtbetrachtung seiner Tätowierungen die angebliche Aggressivität der Bilder ergeben solle. Denn auch die übrigen Bilder (Herz mit Anker und Rosen, Uhr mit Flügel, Diamant, Kompass, Schlagzeug) hätten eine positive, friedliche und lebensbejahende Bedeutung und transportierten keine anstößige Botschaft oder eine sonstige mit dem Polizeivollzugsdienst unvereinbare Gesinnung.
13Ermessensfehlerhaft sei es zudem, dass der Beklagte sich mit seinem Angebot, auch im Sommer ein langärmliges Diensthemd zu tragen, um die Tätowierungen seiner Unterarme zu verdecken, nicht ernsthaft auseinandergesetzt habe. Der Einheitlichkeit der Uniform sei nicht der Vorrang vor seinem Persönlichkeitsrecht einzuräumen.
14Der Kläger beantragt,
15den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen vom 7. Januar 2014 zu verpflichten, über seine Bewerbung um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes zum 1. September 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er tritt der Klage mit folgenden Erwägungen entgegen:
19Entgegen der Darstellung des Klägers habe er sich vor Erlass des streitbefangenen Bescheides sehr wohl mit dessen Stellungnahme vom 17. Dezember 2013 auseinandergesetzt, was etwa an der Formulierung „unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte muss es auch nach erneuter Würdigung und Prüfung […]“ deutlich werde.
20Es bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis, sondern lediglich darauf, dass über die Bewerbung unter Beachtung des aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 BeamtStG folgenden Prinzips der Bestenauslese entschieden werde. Hiernach sei auch in den Blick zu nehmen, ob der Bewerber die für das Amt erforderliche persönliche und charakterliche Eignung besitze. Es bleibe dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn überlassen, welchen Auslesefaktoren er insoweit das größere Gewicht beimesse. Nach dem Einstellungserlass vom 29. Mai 2013 sei Körperschmuck als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht, weil er das Vertrauen der Bürger in eine seriös auftretende Polizei beeinträchtigen könne. Wie auch jüngst das Verwaltungsgericht Darmstadt entschieden habe, habe sich in der Gesellschaft insgesamt eine Anschauung dahin, dass auch bei einem Polizisten als Repräsentant des Staates großflächige Tätowierungen allgemein toleriert würden, noch nicht durchgesetzt.
21Abzustellen sei auf die im sichtbaren Bereich befindlichen Tätowierungen. Als Maßstab gelte die Sommeruniform mit dem kurzärmligen Diensthemd. Das von dem Kläger als milderes Mittel zu einer Einstellungsverweigerung unterbreitete Angebot, ständig ein langärmliges Diensthemd zu tragen, stelle keine an den Sachnotwendigkeiten des polizeilichen Alltags gemessene Alternative dar und sei mit den Vorschriften zur Dienstkleidung nicht vereinbar, die in bestimmten Einsatzsituationen das einheitliche Erscheinungsbild uniformierter Polizeivollzugsbeamter sicherstellten. Der Vertreter des Innenministeriums führte in der mündlichen Verhandlung ergänzend hierzu aus: Es sei zwar im Rahmen der allgemeinen Dienstausübung dem einzelnen Beamten überlassen, welchen nach der Dienstkleidungsordnung zugelassenen Dienstanzug er trage. Es gebe aber besondere Lagen, in denen der Einsatzführer die Anweisung erteilen könne, eine einheitliche Uniform anzulegen. Die hiernach mögliche Anordnung, ein kurzärmliges Diensthemd zu tragen, komme beispielsweise bei Public-Viewing-Veranstaltungen im Sommerhalbjahr in Betracht. Beamte, die wegen des Tragens eines die Tätowierungen verdeckenden langärmligen Diensthemdes diese Anforderungen nicht erfüllten, könnten bei solchen Gelegenheiten nicht eingesetzt werden. Zwar gebe es auch Polizeivollzugsbeamte, die sich während ihrer aktiven Dienstzeit im sichtbaren Bereich großflächig hätten tätowieren lassen; es sei auch zutreffend, dass diesen zur Abwendung weitergehender disziplinarer Maßnahmen aufgeben worden sei, die Tätowierungen mit langärmligen Diensthemden zu bedecken. Auf diese auch von der Fürsorgepflicht des Dienstherrn bestimmte Verfahrensweise müsse sich das beklagte Land im Rahmen des von dem Grundsatz der Bestenauslese bestimmten Einstellungsverfahrens aber nicht verweisen lassen.
22Die im sichtbaren Bereich angebrachten Tätowierungen des Klägers gingen entgegen dessen Ansicht über einen reinen Schmuckcharakter hinaus, begründeten vielmehr einen absoluten bzw. relativen Eignungsmangel. Ein großflächiger sichtbarer Körperschmuck stelle für sich genommen, also unabhängig von den Motiven, einen unüberwindbaren Eignungsmangel dar. Die Tätowierung des brüllenden Panthers begründe als Körperschmuck im sichtbaren Bereich einen relativen Eignungsmangel. Eine andere Einschätzung wäre im Rahmen einer individuellen Einzelbewertung nur dann möglich, wenn es sich um einen dezenten Körperschmuck handelte, der nicht größer sei als ein Handteller. Das sei aber bei dem Panther nicht der Fall. Der Handspiegel mit dem brennenden Auge werde aufgrund seiner Größe und der extremen Ausdehnung im sichtbaren Bereich sowie seiner auffälligen Gestaltung – völlig unabhängig von den Motiven – als absoluter Eignungsmangel bewertet. Auch der großflächig im sichtbaren Bereich angebrachte mexikanische Zuckerschädel begründe einen absoluten Eignungsmangel. Die Assoziation mit einem Totenschädel sei im Übrigen auch vom Kläger selbst vorgenommen worden, indem er darauf hingewiesen habe, dass in Mexiko aus Anlass des Gedenkens an die Toten Süßigkeiten in Form eines Totenschädels hergestellt würden. Aufgrund der großflächigen und auffälligen Darstellungen sei ein Eignungsmangel zudem im Rahmen der ganzheitlichen Betrachtung aller vorhandenen Tätowierungen im sichtbaren Bereich festzustellen. Die im nicht sichtbaren Bereich angebrachten Tätowierungen begründeten demgegenüber kein Einstellungshindernis.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte, insbesondere der darin befindlichen Fotos der Tätowierungen, Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die als Verpflichtungsklage in der Form der Bescheidungsklage zulässige Klage ist begründet.
26Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass der Beklagte über seine Bewerbung um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes zum 1. September 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet. Der ablehnende Bescheid des LAFP NRW vom 7. Januar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
27Die von dem Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheides geltend gemachten Bedenken greifen allerdings nicht durch. Dem Kläger war vor Erlass des Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW Gelegenheit gegeben worden, zu der beabsichtigten Ablehnung seiner Bewerbung und den Gründen hierfür Stellung zu nehmen. Selbst wenn mit dem Kläger davon ausgegangen wird, dass der Beklagte sich in seinem Bescheid mit den in der Stellungnahme vom 17. Dezember 2013 geltend gemachten Einwänden nicht bzw. nicht hinreichend auseinandergesetzt hat und dieser Umstand eine Verletzung der Anhörungspflicht zur Folge hat, erweist sich ein derartiger Anhörungsmangel gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 VwVfG NRW als unbeachtlich, weil der Beklagte sich mit den vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Gegenargumenten jedenfalls im Klageverfahren auseinandergesetzt hat.
28Der Bescheid vom 7. Januar 2014 steht aber mit dem materiellen Recht nicht in Einklang.
29Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Allerdings gewähren weder diese ein grundrechtsgleiches Recht begründende Norm noch die zu ihrer Konkretisierung ergangenen Vorschriften (§ 9 Abs. 1 BeamtStG, § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW, § 3 Abs. 1 LVO Pol) einen strikten Anspruch auf Übernahme in ein öffentliches Amt. Vielmehr liegt die Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers in ein Beamtenverhältnis und die Auswahl unter mehreren Bewerbern im pflichtgemäßen Ermessen des (künftigen) Dienstherrn. Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat. Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn ist es auch überlassen, welchen Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist.
30Vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 -, BVerfGE 39, 334, und vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteile vom 7. Mai 1981 - 2 C 42.79 -, RiA 1981, 217, und vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147; vgl. aber auch BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, juris Rn. 12 und 24, wonach dem Dienstherrn bei der Feststellung der gesundheitlichen Eignung kein Beurteilungsspielraum zusteht.
31Soweit die Eignung des Bewerbers für das erstrebte Statusamt in Frage steht, kann der Dienstherr Anforderungen nicht nur in fachlicher und gesundheitlicher Hinsicht, sondern auch im Hinblick auf Merkmale stellen, welche die Persönlichkeit und Charaktereigenschaften des Bewerbers betreffen.
32Hiernach können auch Tätowierungen einer Einstellung als Beamter entgegenstehen. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn dieser Körperschmuck aufgrund seines Inhalts einen Mangel der charakterlichen Eignung erkennen lässt. Diese fehlt, wenn Art und Inhalt der Tätowierungen auf eine innere Einstellung bzw. Gesinnung des Bewerbers schließen lassen, die mit den Grundpflichten eines Beamten (Dienst- und Treuepflicht sowie deren besondere Ausprägungen, vgl. §§ 33 und 34 BeamtStG) schlechterdings unvereinbar ist.
33Vgl. etwa Windhöfel, Die Eignung für den Polizeivollzugsdienst als rechtsstaatliches Problem, NWVBl. 2013, 276 (280).
34Ein derartiges Einstellungshindernis kann dem Kläger indessen nicht entgegengehalten werden. Soweit der Beklagte aufgrund der aus seiner Sicht „aggressiven“ Darstellung des mexikanischen Zuckerschädels einen charakterlichen Eignungsmangel annimmt, bewegt er sich nicht im Rahmen allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe. Denn diese Körpermodifikation ist nicht Ausdruck einer inneren Einstellung des Klägers, die mit dem Amt eines Polizeivollzugsbeamten unvereinbar wäre. Eine dahingehende Annahme kann zwar naheliegen, wenn ein oder mehrere abgebildete Motive eine inhaltlichen Aussage treffen, die Rückschlüsse auf Wesenszüge und Verhaltensweisen des Tätowierten zulassen, die nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die der Beruf des Polizeivollzugsbeamten erfordert (vgl. § 34 Satz 3 BeamtStG). Derartige Schlussfolgerungen dürften regelmäßig bei Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen sowie extremistischen, Gewalt verherrlichenden oder gegen die Menschenwürde verstoßenden Darstellungen angebracht sein (vgl. hierzu auch Ziffer 3 lit. a) Spiegelstrich 2 des Einstellungserlasses). Soweit der Beklagte eine in diesem Sinne verwerfliche Gesinnung des Klägers daraus herleitet, dass dieser sich einen mexikanischen Zuckerschädel hat tätowieren lassen, geht er bereits von unzutreffenden tatsächlichen Bewertungsgrundlagen aus. Zwar stellt auch der Zuckerschädel eine Beziehung zum Tod her, weil seine Darstellung ihren Ausgang in einem Totenschädel nimmt. Die vom Beklagten hieraus gezogene Schlussfolgerung, der Kläger bringe deshalb mit dem mexikanischen Zuckerschädel eine innere Einstellung zum Ausdruck, die üblicherweise mit der Darstellung eines Totenschädels verbunden werde, ist indessen in keiner Weise gerechtfertigt. Denn der mexikanische Zuckerschädel wird gerade nicht mit „Gewalt und Aggression“ in Verbindung gebracht und dient auch nicht „der Symbolisierung oder gar Androhung von physischer Gewalt und Tod“ – Assoziationen, die der Beklagte mit dem Totenschädel verbindet. Er versinnbildlicht vielmehr die in der mexikanischen Kultur verwurzelte Einstellung zum Tod und die Art und Weise, wie der Verstorbenen gedacht wird. Hiernach ist der Tod Teil des Lebens. Nach altmexikanischem Glauben kommen die Toten einmal im Jahr zu Besuch aus dem Jenseits und feiern gemeinsam mit den Lebenden in einem farbenprächtigen Volksfest ein fröhliches Wiedersehen mit Musik, Tanz und gutem Essen. Hierzu gehört traditionell die Herstellung von reichlich geschmückten und verzierten Totenschädeln aus Zucker, Schokolade oder als Gebäck. Mit dem Zuckerschädel auf seinem Unterarm will gerade auch der Kläger seine Faszination für diesen Umgang mit dem Tod und die hiermit verbundene positive Lebenseinstellung zum Ausdruck bringen. Dem hat der Beklagte nichts Überzeugendes entgegengesetzt. Es besteht auch keinerlei Anlass, die Erläuterungen des Klägers in Zweifel zu ziehen. Von der dargestellten Bedeutung des Zuckerschädels hat sich der Beklagte ausweislich des Inhalts der Verwaltungsakte durch entsprechende Informationen aus dem Internet selbst Kenntnis verschafft (vgl. die Ausdrucke auf Bl. 32 bis 37 der Beiakte). Dass der Zuckerschädel als etwas betrachtet wird, von dem man sich nicht zu fürchten braucht, vielmehr als etwas, dem man jederzeit mit Ironie begegnen kann (vgl. den im Verwaltungsvorgang befindlichen Ausdruck aus Wikipedia), wird auch durch die von dem Kläger gewählte farbenfrohe Darstellung bestätigt. Die mit Blumen gefüllten Augenhöhlen sind als solche nicht mehr erkennbar. Eine Rose ziert die Stirn. Die Nase ist in Herzform dargestellt. Die Umrisse des Schädels sind durch Ornamente aufgelockert. Insgesamt weckt die Darstellung des Kopfes, abgesehen vielleicht von den freiliegenden Zahnreihen, eher freundliche oder gar lustige Empfindungen.
35Die „ganzheitliche Betrachtung“ der im sichtbaren und im nicht sichtbaren Bereich befindlichen Tätowierungen des Klägers begründet keine darüber hinausgehenden Bedenken gegen dessen charakterliche Eignung. Das entspricht inzwischen auch der Einschätzung des Beklagten, wie die Terminsvertreterin in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat. Dem tritt die Kammer bei. Zudem bieten die im nicht sichtbaren Bereich befindlichen Darstellungen aufgrund ihres Inhalts keinen Anhalt dafür, dass der Kläger für den Beruf des Polizeivollzugsbeamten charakterlich ungeeignet sein könnte. Denn die dort tätowierten Darstellungen (Herz mit Anker und Rosen, Uhr mit Flügel, Diamant, Kompass, Schlagzeug) vermitteln eine eher positive, friedliche und lebensbejahende Einstellung und transportieren auch keine anstößige Botschaft oder eine sonstige mit dem Polizeivollzugsdienst unvereinbare Gesinnung. Zwar wäre ein Mangel der charakterlichen Eignung bei „ganzheitlicher Betrachtung“ auch dann in Betracht zu ziehen, wenn die Tätowierungen aufgrund ihres Ausmaßes Anhaltspunkte für eine übersteigerte Individualität („Narzismus“) lieferten. Das könnte bei vollständiger oder ganz weitgehender Tätowierung des Körpers in Erwägung zu ziehen sein. Die Tätowierungen des Klägers sind aber von einem derartigen Umfang noch deutlich entfernt. Gegen einen aufgrund der Gesamtbetrachtung der Tätowierungen anzunehmenden Eignungsmangel wegen „übersteigerter Individualität“ spricht im Falle des Kläger zudem, dass der Beklagte weitere und zwar durchweg positive Erkenntnisse hinsichtlich der charakterlichen Eignung des Klägers hat gewinnen können. Denn in dem Assessment Center hat der Kläger etwa in den Prüfungsfeldern „Teamfähigkeit“, „Kooperationsfähigkeit“, „Neutralität“, also bei solchen Merkmalen, die gerade Gegenbegriffe zur „übersteigerten Individualität“ bilden, deutlich überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt.
36Ein der Einstellung in den Polizeivollzugsdienst entgegenstehender Mangel der persönlichen Eignung ist gleichfalls nicht gegeben. Mit Blick auf den Körperschmuck kann ein solcher Eignungsmangel etwa dann gegeben sein, wenn der Bewerber den besonderen Anforderungen des angestrebten Amtes von seinem Auftreten her nicht gerecht wird. Dem Dienstherrn ist im Rahmen seines Einstellungsermessens die Möglichkeit eröffnet, bestimmte Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild des künftigen (Polizeivollzugs-)Beamten stellen. Hierzu zählt die in § 45 und § 113 Abs. 1 LBG NRW geregelte Befugnis, Bestimmungen über die Dienstkleidung, etwa das Tragen der Uniformen, zu treffen. Das ist für die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen durch Erlass einer Dienstkleidungsordnung geschehen (vgl. zuletzt Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales – 405 / 401 - 63.01.01 – vom 21. Januar 2014, MBl. NRW. Seite 45 bis 66; nachfolgend: Dienstkleidungsordnung). Diese Befugnis schließt zugleich grundsätzlich auch das Recht zu akzessorischen Regelungen ein, die sicherstellen sollen, dass die Entscheidung zur Einführung von Dienstkleidung durch individuelle Gestaltungselemente wie Haar- und Barttracht, Schmuck und Tätowierungen nicht in Frage gestellt wird. Derartige die Bekleidungsvorschriften konkretisierende normative Regelungen können durch Verwaltungsvorschriften getroffen werden, weil es sich um eine Aufgabe der Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt handelt.
37BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, BVerwGE 125, 85 = juris Rn.18, m.w.N.; Schachel in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil C § 45 Rn. 3 und 5.
38In Ergänzung der Dienstkleidungsbestimmungen hat der Beklagte durch die Übernahme der bundeseinheitlichen PDV 300 (Nr. 3.1 der Anlage 1) sowie durch den ministeriellen Einstellungserlass vom 29. Mai 2013 für Bewerber um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst landeseinheitliche Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck aufgestellt, zu dem insbesondere Tätowierungen zählen. Der Einstellungserlass differenziert hierbei zwischen Körperschmuck im sichtbaren und im unsichtbaren Bereich des Körpers, wobei als Maßstab die Sommeruniform gilt (vgl. Ziffer 1). Damit soll offenbar Bezug genommen werden auf die in den Anlagen 1 und 2 der Dienstkleidungsordnung eröffnete Möglichkeit, bei entsprechenden Wetterlagen ein „Diensthemd kurz“ (kurzärmliges Diensthemd) zu tragen. Nach Ziffer 3 lit. a) Spiegelstrich 3 des Einstellungserlasses stellt ein „auffälliger und großflächiger sichtbaren Körperschmuck […] – völlig unabhängig von den Motiven – für sich genommen schon einen unüberwindbaren Eignungsmangel dar“. Zwar ist an dieser Stelle nicht weitergehend erläutert, wann der Beklagte von einer großflächigen und auffälligen Darstellung ausgeht. Aufschluss geben soll insoweit augenscheinlich die Beschreibung des „relativen Eignungsmangels“ in Ziffer 3 lit. b) des Einstellungserlasses. Hiernach kann ein Eignungsmangel verneint werden bei einem „dezenten Körperschmuck“. Dieser ist anzunehmen, wenn er bestimmte inhaltliche Anforderungen erfüllt und „maximal die durchschnittliche Größe eines Handtellers hat“. Ausgehend hiervon stellen sich allerdings die Abbildungen des Panthers, des Handspiegels und des mexikanischen Zuckerschädels, die sämtlich größer sind als ein durchschnittlich großer Handteller, jeweils als „großflächiger (und auffälliger) sichtbarer Körperschmuck“ dar, die nach dem Einstellungserlass einen unüberwindbaren Eignungsmangel begründen.
39Der auf diese Bestimmungen des Einstellungserlasses gestützte Sichtweise des Beklagten, wonach die im sichtbaren Bereich befindlichen Tätowierungen des Klägers auf einen Eignungsmangel führen, ist indessen nicht uneingeschränkt zuzustimmen.
40Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild, die – wie etwa das Verbot von Tätowierungen oder Vorgaben zur Haarlänge – über den Dienst hinaus in den Bereich der privaten Lebensgestaltung hineinreichen, sind nur zulässig, wenn sie geeignet und erforderlich sind, um dienstliche Erfordernisse, hier also die mit der Uniformpflicht verfolgten Ziele, zu fördern, sich hierbei auf nachvollziehbare Erwägungen stützen und die Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen wahren.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn. 21; VG Darmstadt, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris Rn.45, m.w.N.
42Zwar kann die Verpflichtung von Polizeivollzugsbeamten, im Dienst die vorgeschriebene Uniform zu tragen, zum einen durch das Erfordernis gerechtfertigt sein, die Legitimation der Beamten für polizeiliche Maßnahmen äußerlich kundzutun. Ob dieser Zweck der Uniform durch individuelle Merkmale des Beamten, wie Bart- und Haartracht oder Körperschmuck, in Frage gestellt wird, ist aber fraglich.
43Verneinend für längere Haare (Zopf): BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn. 24.
44Eine andere Bewertung könnten sichtbare großflächige Tätowierungen allerdings erfahren angesichts der weiteren Funktion einer Uniform. Diese soll auch die Neutralität ihrer Träger zum Ausdruck bringen und ein sichtbares Zeichen dafür sein, dass die Individualität der Polizeivollzugsbeamten im Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktritt. Polizeiliche Maßnahmen sollen losgelöst von der Person des handelnden Beamten als Maßnahmen des Staates empfunden werden. Dieser durch die Uniform vermittelte Anschein der Neutralität kann durch ein Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter beeinträchtigt werden, das die Individualität übermäßig hervorhebt und daher aus dem Rahmen des Üblichen fällt (sog. Neutralitäts- und Akzeptanzfunktion der Uniform).
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn. 25; ferner: Windhöfel, Die Eignung für den Polizeivollzugsdienst als rechtsstaatliches Problem, NWVBl. 2013, 276 (277).
46Bereits die Annahme des Beklagten, dass großflächige Tätowierungen im sichtbaren Bereich, auch wenn sie keine mit dem beamtenrechtlichen Neutralitätsgebot unvereinbare Botschaft transportieren, Anlass zu Provokationen bieten und geeignet sein können, die Toleranz der von polizeilichen Maßnahmen Betroffenen übermäßig zu beanspruchen und zudem Anlass für Anwürfe durch Dritte zu bieten, unterliegt jedoch gewissen Zweifeln. Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass auch derartige Tätowierungen Ausdruck einer individuellen „Note“ eines Polizeivollzugsbeamten sind und einen gewissen Kontrast bilden zu dem ansonsten durch die Uniform vorgegebenen äußeren Erscheinungsbild der Beamten, sodass sie denjenigen Personen, die potentiell von einem Polizeieinsatz betroffen sind, Anlass für Diskussionen über die Akzeptanz derart auftretender Beamter bieten können.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn. 26; VG Darmstadt, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris Rn. 53.
48Indessen hat sich der Dienstherr bei der Ermittlung dessen, ob Tätowierungen eines uniformierten Polizeivollzugsbeamten im Bereich der Unterarme dessen Individualität übermäßig hervorheben und deshalb aus dem Rahmen des Üblichen und somit auch von ihm Hinzunehmenden fallen, an den Anschauungen zu orientieren, die in der heutigen pluralistischen Gesellschaft herrschen; er darf sich einem Wandel dieser Anschauungen nicht verschließen. Daher kann er ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Aussehen nicht schon deshalb untersagen, weil er es ungeachtet der veränderten Verhältnisse weiterhin für unpassend, unästhetisch oder nicht schicklich hält. Bestimmte Erscheinungsformen fallen daher nur dann aus dem Rahmen des Üblichen und sind geeignet, die Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform zu beeinträchtigen, wenn sie unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anschauungen als unkorrekt oder unseriös anzusehen sind. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn die Mehrheit der Bevölkerung sie für die eigene Person ablehnt oder allgemein nicht für vorteilhaft hält. Vielmehr kann eine Erscheinungsform erst dann als unkorrekt oder unseriös gelten, wenn so auftretende Personen von weiten Kreisen der Bevölkerung ausgegrenzt werden oder ihnen doch Vorbehalte der Art begegnen, die erwarten lassen, dass sie bei der Amtsausübung nicht ernst genommen werden oder ihnen das dabei erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird.
49BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn. 25 und 26, m.w.N.
50Keiner weiteren Begründung bedarf in diesem Zusammenhang, dass von dem Bewertungsspielraum des Dienstherrn nicht gedeckt wäre, wenn Bewerber aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen würden, weil sie – immer noch – von Teilen der Bevölkerung wegen des Geschlechts oder der Rasse oder wegen ihrer religiösen oder politischen Anschauungen (vgl. Art. 3 Abs. 3 GG) abgelehnt werden. Im Hinblick auf den im vorliegenden Verfahren in Rede stehenden Körperschmuck von Menschen ist augenfällig, dass der Umfang von Tätowierungen in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich zugenommen hat und Tätowierungen heutzutage nicht mehr nur in bestimmten Gesellschaftsschichten und Altersgruppen anzutreffen sind.
51Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 31. Juli 2012 - 1 L 277/12 -, juris Rn. 7; VG Köln, Beschluss vom 23. August 2013 - 19 L 993/12 -, juris Rn. 20; VG Weimar, Beschluss vom 13. August 2012 - 4 E 824/12 We -, juris Rn. 25; VG Frankfurt/Main, Beschluss vom 14. Februar 2002 - 9 G 411/02 -, juris Rn. 8.
52Ausgehend von dem durch das Bundesverwaltungsgericht entwickelten Maßstab könnten daher Zweifel angebracht sein, ob auch Personen mit nach Inhalt und Darstellungsweise nicht anstößigen Tätowierungen im sichtbaren Bereich in weiten Kreisen der Bevölkerung Vorbehalte begegnen, die erwarten lassen, dass sie bei der Amtsausübung nicht ernst genommen werden oder ihnen das dabei erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird. Nicht zu verkennen ist andererseits, dass tätowierte Menschen auch heute noch in bestimmten Bevölkerungs- oder Berufsgruppen – nunmehr nicht mehr nur bei Strafgefangenen, Seeleuten oder im „Milieu“, sondern etwa auch bei (Spitzen-)Sportlern und Künstlern – überproportional vertreten sind, während es in bestimmten Berufsfeldern – Banken, Versicherungen, Handel – der Verkehrssitte bzw. dem „dresscode“ entspricht, gerade keine (sichtbaren) Tattoos oder sonstigen Körperschmuck zu tragen.
53Vgl. hierzu auch VG Darmstadt, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris Rn. 57; Günther, Sichtbare großflächige Tätowierungen kein Einstellungshindernis für Polizeivollzugsbeamte?, ZBR 2013, 116 (121).
54Belastbare Erkenntnisse dafür, dass Letzteres auch auf den Beruf des Polizeivollzugsbeamten zutrifft, hat der Beklagte jedoch nicht aufgezeigt. Sie drängen sich auch ansonsten nicht auf. Aktuelle Umfrageergebnisse, die hierüber Auskunft geben könnten, liegen – soweit ersichtlich – nicht vor. Den im Jahr 2001 in den Ländern Niedersachsen und Rheinland-Pfalz durchgeführten Erhebungen zur Akzeptanz uniformierter Polizeivollzugsbeamter mit Körperschmuck (Haartracht, Ohrschmuck, Tätowierungen), bei denen rund 35 bzw. 51 v. H. der Befragten sichtbare Tätowierungen als „stark störend“ bzw. „nicht akzeptabel“ empfanden,
55vgl. die Hinweise bei Windhöfel, Die Eignung für den Polizeivollzugsdienst als rechtsstaatliches Problem, NWVBl. 2013, 276 (279), und Günther, Sichtbare großflächige Tätowierungen kein Einstellungshindernis für Polizeivollzugsbeamte?, ZBR 2013, 116 (120, Fn. 57),
56kommt angesichts der in den letzten mehr als zehn Jahren zu verzeichnenden deutlichen Zunahme von Tätowierungen, die zugleich einen gestiegenen „Gewöhnungseffekt“ in der Bevölkerung nahelegen, eine hinreichende Aussagekraft eher nicht mehr zu. Nach allem verwundert es nicht, dass heute insoweit völlig kontroverse Positionen vertreten werden.
57Gegen die Annahme eines Eignungsmangels auch bei großflächigen (sichtbaren) Tätowierungen von Polizeivollzugsbeamten: VG Frankfurt/Main, Beschluss vom 14. Februar 2002 - 9 G 411/02 -, juris Rn. 8; VG Aachen, Beschluss vom 31. Juli 2012 - 1 L 277/12 -, juris Rn. 7; Windhöfel, Die Eignung für den Polizeivollzugsdienst als rechtsstaatliches Problem, NWVBl. 2013, 276 (281); Muckel, Einstellung in den Polizeidienst trotz Tätowierung, JA 2013, 238.Ebenso bezüglich eines Polizeivollzugsbeamten, der sein Haar in Form eines ungefähr 15 cm über den Hemdkragen reichenden sog. Pferdeschwanzes trug: BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn.29.Kein Einstellungshindernis bei „dezenten“ Tätowierungen: VG Köln, Beschluss vom 23. August 2013 - 19 L 993/12 -, juris Rn. 12 ff; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 9. April 2014 - 1 L 150/14 – (n.v.), bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2014 - 6 B 523/14 -, juris Rn. 9; VG Darmstadt, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris Rn. 67.Für einen Eignungsmangel bei großflächigen (sichtbaren) Tätowierungen: Günther, Sichtbare großflächige Tätowierungen kein Einstellungshindernis für Polizeivollzugsbeamte?, ZBR 2013, 116 (120 ff.); VG Darmstadt, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris Rn. 52 ff. und 68, allerdings unter Hervorhebung der Aufgaben der Bundespolizei, bestätigt durch Hess. VGH, Beschluss vom 11. Juli 2014 - 1 B 1006/14 -, juris, bislang nur als Pressemitteilung vorliegend.
58Ausgehend davon, dass insoweit kein einheitliches oder auch nur deutlich überwiegendes Meinungsbild festzustellen ist und es zudem an hinreichend belastbaren tatsächlichen Erkenntnissen hinsichtlich der Akzeptanz sichtbar tätowierter Polizeivollzugsbeamter fehlt, sind auch Zweifel daran angebracht, ob eine Ausgangssituation anzunehmen ist, in der dem Dienstherrn ein – hier mit Einstellungserlass vom 29. Mai 2013 konkretisierter – Einschätzungsspielraum dahingehend einzuräumen ist, an den Unterarmen großflächig tätowierten Bewerbern den Zugang zum Polizeivollzugsdienst zu verwehren.
59So für den „Zweifelsfall“: BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn.26.
60Letztlich kann jedoch die Frage, ob mit großflächigen Tätowierungen an den Unterarmen auftretende Polizeivollzugsbeamte auch heute noch bei weiten Kreisen der Bevölkerung auf Vorbehalte stoßen oder jedenfalls ein „Zweifelsfall“ anzunehmen ist, in dem die der (potentielle) Dienstherr von seinem Einschätzungsspielraum Gebrauch machen kann, offen bleiben. Denn die hierauf gestützte Ablehnung der Bewerbung des Klägers greift in dessen Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) ein, ohne sich auf ausreichende Gründe des Gemeinwohls stützen zu können und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen. Diese Reglementierung des Einstellungsverfahrens beschränkt das von Art. 2 Abs. 1 GG umfasste Recht des Klägers, über die Gestaltung der äußeren Erscheinung auch im Dienst eigenverantwortlich zu bestimmen,
61vgl. BVerwG Urteil vom 2. März 2006 – 2 C 3.05 -, juris Rn.16, m.w.N.,
62über Gebühr.
63Indem der Beklagte gemäß Ziffer 1 des Einstellungserlasses das dienstliche Interesse an einem einheitlichen Erscheinungsbild der Polizeivollzugsbeamten – soweit vorliegend von Interesse – ausnahmslos an der „Sommeruniform“ ausrichtet, die das Tragen kurzärmliger Diensthemden vorsieht und somit Tätowierungen am Unterarm überhaupt erst sichtbar werden lässt, überschreitet er die Grenzen der Zumutbarkeit für die hiervon betroffenen Bewerber. Denn das Erfordernis, im Dienst Dienstkleidung zu tragen und dabei bestimmte Erscheinungsformen zu wahren, kann auch auf eine in das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers weniger einschneidende Art und Weise erreicht werden. Als milderes Mittel gegenüber der vollständigen Verweigerung des Zugangs zum Beruf des Polizeivollzugsbeamten ist der Dienstherr auf die Möglichkeit zu verweisen, dem Beamten das Tragen eines Uniformhemdes mit langem Ärmel aufzugeben.
64Ebenso VG Aachen, Urteil vom 29. November 2012 - 1 K 1518/12 -, juris Rn. 27 ff., und Windhöfel, Die Eignung für den Polizeivollzugsdienst als rechtsstaatliches Problem, NWVBl. 2013, 276 (281 f.); a.A. VG Darmstadt, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris Rn. 60, und Günther, Sichtbare großflächige Tätowierungen kein Einstellungshindernis für Polizeivollzugsbeamte?, ZBR 2013, 116 (122).
65Die auch vom Beklagten vertretende gegenteilige Auffassung, die darauf abhebt, dass dem Dienstherrn ein letztlich unangreifbarer Entscheidungsspielraum hinsichtlich des Erscheinungsbildes der uniformierten Polizei eingeräumt sei, verkennt in dieser Allgemeinheit, dass auch die Beschränkung des Erscheinungsbildes kein Selbstzweck ist, sich vielmehr an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen muss. Die demnach gebotene Abwägung der widerstreitenden Rechtspositionen führt nach Auffassung der Kammer nicht dazu, dass sich das dienstliche Interesse an einem „uniformen“ Auftreten durchsetzt.
66Soweit der Beklagte das Erfordernis des einheitlichen Auftretens uniformierter Polizeivollzugsbeamter auf die „Sommeruniform“ erstreckt, ist ihm bereits entgegen zu halten, dass die Dienstkleidungsordnung eine derartige Uniform nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich vorschreibt oder definiert. Laut Anlage 1 der Dienstkleidungsordnung zählen zur „Grundausstattung“ des Polizeivollzugsbeamten im Außendienst „Hemden / Blusen blau wahlweise langarm / kurzarm“. Wie durch das Wort „wahlweise“ verdeutlicht wird, liegt es hiernach grundsätzlich im Ermessen des Beamten, ob er mit Blick auf bestimmte Witterungsverhältnisse von der „Erleichterung“ eines kurzärmligen Hemdes Gebrauch macht oder nicht. Bestätigt wird diese Sichtweise auch durch Anlage 2 („Kombination von Uniformteilen“) der Dienstkleidungsordnung, wonach das „Diensthemd kurz“ weder im Außen- noch im Innendienst „verpflichtend“, vielmehr lediglich in Kombination mit der Cargohose bzw. der Tuchjacke und der Uniformhose „zulässig“ ist. Dass dies auch der Praxis entspricht, hat der Terminsvertreter des Innenministeriums in der mündlichen Verhandlung bestätigt, indem er ausgeführt hat, dass es den Beamten im Rahmen des allgemeinen Streifendienstes erlaubt sei, nach ihren persönlichen Vorlieben und (Temperatur-)Empfindungen den Dienst kurz- oder langärmlig zu versehen. Hiernach besteht der Dienstherr im Allgemeinen also gerade nicht auf einem Auftreten der Beamten in einheitlicher Uniform mit kurzen Ärmeln. Ein „einheitliches Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit“ ist vielmehr im Sinne der Nr. 1.3 Abs. 2 Dienstkleidungsordnung auch dann sichergestellt, wenn einige der gemeinsam Dienst verrichtenden Beamten kurzärmlig und andere langärmlig Dienst verrichten. Das macht zugleich deutlich, dass durch die individuelle Auswahl einer (allgemein zugelassenen) Uniform auch aus der Sicht des Dienstherrn die Funktionsfähigkeit des Polizeivollzugsdienstes insgesamt oder bestimmter Teilbereiche grundsätzlich nicht gefährdet ist.
67Der Beklagte hat auch nicht überzeugend darlegen können, dass es in nennenswertem Umfang “besondere Lagen“ gibt, in denen zur Wahrung eines einheitlichen Auftretens der Polizeivollzugsbeamten das Tragen gerade von kurzärmligen Diensthemden durch sämtliche beteiligten Beamten – außerhalb spezieller Verwendungen wie Wachbataillon oder Polizeiorchester – zwingend notwendig ist. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob ein solches Erfordernis bei dem von ihm als einziges Beispiel angeführten Einsatz bei Public-Viewing-Veranstaltungen im Sommer tatsächlich besteht. Abgesehen davon, dass derartige Einsätze, bei denen es erfahrungsgemäß zu körperlichen Auseinandersetzungen kommen kann, auch bei höheren Temperaturen eine besondere Schutzkleidung erfordern dürften, hat der Beklagte nicht aufzeigen können, dass es gerade der einheitlichen Ausstattung mit kurzärmligen Diensthemden bedarf, um auf die Zielgruppe derartiger Einsätze, also die Besucher von Public-Viewing-Veranstaltungen, einzuwirken. Bereits aus diesem Grunde vermag auch das Argument des Beklagten, ein an den Unterarmen tätowierter Polizeivollzugsbeamter könne aufgrund des Tragens langärmliger Diensthemden an besonderen Einsätzen nicht teilnehmen, sodass seine Verwendung spürbar eingeschränkt sei, nicht zu überzeugen.
68Dass ein Verzicht auf das kurzärmlige Diensthemd zu Problemen in der praktischen Umsetzung führt, ist fernliegend. Der Kläger hat wiederholt seine Bereitschaft erklärt und diese auch in der mündlichen Verhandlung bekräftigt, die Uniform mit langärmligen Hemden auch dann zu tragen, wenn das bei hohen Außentemperaturen mit Unannehmlichkeiten verbunden sein sollte. Zudem hätte der Dienstherr es in der Hand, dem Kläger eine entsprechende Weisung zu erteilen.
69Ebenso VG Aachen, Urteil vom 29. November 2012 - 1 K 1518/12 -, juris Rn. 28, und Windhöfel, Die Eignung für den Polizeivollzugsdienst als rechtsstaatliches Problem, NWVBl. 2013, 276 (281).
70Dafür, dass der Dienstbetrieb durch einen Verzicht auf das Tragen kurzärmliger Diensthemden nicht in einem Umfang leidet, der dem Dienstherrn unzumutbar wäre, spricht im Übrigen dessen eigener Umgang mit bereits im aktiven Dienst stehenden Polizeivollzugsbeamten, die sich nachträglich an den Unterarmen großflächig haben tätowieren lassen. Der Beklagte hat vorgetragen, dass gegen derartige Beamte wegen Verletzung beamtenrechtlicher Pflichten mit den Mitteln des Disziplinarrechts zwar vorgegangen werde, zugleich aber eingeräumt, dass auf diesem Wege nicht etwa die Entfernung aus dem Dienst betrieben, vielmehr die Lösung des Problems dadurch herbeigeführt werde, dass den Beamten aufgegeben werde, die Tätowierungen durch langärmlige Diensthemden zu bedecken. Diese Verfahrensweise macht deutlich, dass selbst der Beklagte einem einheitlichen Auftreten der Beamten gerade in kurzärmliger Uniform nur eine eher untergeordnete Bedeutung beimisst. Vor diesem Hintergrund vermag auch sein Argument nicht zu überzeugen, der Kläger könne sich auf diesen – auch von der Fürsorgepflicht des Dienstherrn bestimmten – Umgang mit aktiven Beamten nicht mit Erfolg berufen, weil er im Rahmen des von dem Grundsatz der Bestenauslese bestimmten Einstellungsverfahrens Bewerber ausschließen könne, die den besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht in vollem Umfang entsprächen.
71Der Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
73Das Gericht lässt die Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Sie wirft hinsichtlich der Vereinbarkeit großflächiger Tätowierungen mit dem Polizeivollzugsdienst, namentlich hinsichtlich der Frage, ob einem Bewerber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zugestanden werden muss, diese mit einem langärmligen Dienstherrn zu verdecken, obergerichtlich und höchstrichterlich noch nicht geklärte Fragen auf, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung der Kammer als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sind und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung des Rechts haben.
74Beschluss
75Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 7.000 Euro festgesetzt.
76Gründe:
77Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 sowie Sätze 2 und 3 GKG in der bei Klageerhebung gültig gewesenen Fassung (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG).
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(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
Zur Entschädigung in Land (§ 1 Abs. 1 Nr. 3) oder zur Unterbringung von Personen, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) soll, unbeschadet der Vorschriften in § 16, in erster Linie zurückgegriffen werden auf den Grundbesitz der Körperschaften des öffentlichen Rechts (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände usw.) sowie der Stiftungen und sonstigen zweckgebundenen Vermögen mit und ohne Rechtspersönlichkeit, die der Aufsicht des Bundes oder der Länder unterliegen oder ihrer Verwaltung unterstehen.
(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
(1) In der Niederschrift über die Verhandlung ist festzustellen,
- 1.
welche Geldentschädigung der Entschädigungsberechtigte fordert, - 2.
ob und in welcher Höhe der Entschädigungsberechtigte eine zusätzliche Geldentschädigung fordert, - 3.
ob und in welcher Höhe der Bund eine Ausgleichszahlung fordert, - 4.
ob der Entschädigungsberechtigte eine Naturalwertrente fordert.
(2) In der Niederschrift ist ferner festzustellen, welche Geldentschädigung, welche Naturalwertrente oder welche zusätzliche Geldentschädigung der Bund und welche Ausgleichszahlung der Entschädigungsberechtigte zu leisten bereit ist. Die Niederschrift ist von demjenigen zu unterschreiben, der eine solche Erklärung abgibt.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) In Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, werden die Kosten nach bisherigem Recht erhoben. Dies gilt nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.
(2) In Strafsachen, in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten und nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, werden die Kosten nach dem bisherigen Recht erhoben, wenn die über die Kosten ergehende Entscheidung vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung rechtskräftig geworden ist.
(3) In Insolvenzverfahren, Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung und Verfahren der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung gilt das bisherige Recht für Kosten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung fällig geworden sind.