Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 26. Okt. 2016 - 12 L 3421/16.A

ECLI:ECLI:DE:VGD:2016:1026.12L3421.16A.00
26.10.2016

Tenor

Der Antragstellerin wird für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. H.        aus L.    beigeordnet.

Die aufschiebende Wirkung der Klage 12 K 11578/16.A hinsichtlich Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22. September 2016 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34a Abschiebungsanordnung


(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 75 Aufschiebende Wirkung der Klage


(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29 Unzulässige Anträge


(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 76 Einzelrichter


(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist od

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Gründe I. 1 Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Se

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(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Gründe

I.

1

Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.

II.

2

Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.

3

1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

"welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden."

4

Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.

5

Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).

6

Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).

7

Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.

8

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).

9

Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt.

10

2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch.

11

Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154).

12

An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte.

13

Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage 22 K 7140/15.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. Oktober 2015 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Der Beschluss vom 2. Juni 2015 in dem Verfahren 22 L 1558/15.A wird geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage 22 K 3263/15.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. März 2015 wird angeordnet.


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Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage 15 K 5237/15.A gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 20. Juli 2015 wird angeordnet, soweit dort unter Ziffer 2 die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn angeordnet ist.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

2. Die aufschiebende Wirkung der Klage 20 K 5833/16.A gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27.06.2016 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... Juni 2016 wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die von der Antragsgegnerin verfügte Anordnung der Abschiebung nach Ungarn im Rahmen eines sog. Dublinverfahrens.

Der Antragsteller ist syrischer Staatsangehöriger. Er reiste seinen Angaben zufolge am ... August 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte dort am ... Februar 2016 einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt).

Bei seiner Anhörung im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates für die Durchführung des Asylverfahrens am ... Februar 2016 gab der Antragsteller an, sein Herkunftsland im Jahr 2014 verlassen zu haben. Er sei über die Türkei (1,5 bis 2 Jahre), Griechenland (Einreise am ... August 2015, Aufenthalt 2 Tage), Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich am ... August 2015 nach Deutschland eingereist. Ihm seien im August 2015 in Ungarn Fingerabdrücke abgenommen worden. In Deutschland lebe seine Mutter.

Die EURODAC-Abfrage des Bundesamtes ergab am ... Februar 2016 einen Treffer für Ungarn (Bl. 55 und 57 der Behördenakte). Das Bundesamt richtete am ... Februar 2016 ein Wiederaufnahmeersuchen zur Durchführung des Asylverfahrens an Ungarn. Die zuständige ungarische Behörde äußerte sich nicht zu dem Ersuchen.

Mit Schreiben vom ... Februar 2016 (Bl. 60 der Behördenakte) führte der Antragsteller zum Dublinverfahren aus, dass er am ... August 2015 auf seiner Flucht von Syrien nach Deutschland nach Ungarn gekommen sei. Er habe an der Grenze seine Fingerabdrücke abgeben müssen. Hierzu sei er unter Anwendung von Gewalt (Stockschläge) gezwungen worden. Am ... August 2015 sei er von der ungarischen Polizei festgenommen und für drei Tage inhaftiert worden. Die Situation sei für ihn bedrohlich und traumatisch gewesen. Er sei in Ungarn nicht menschenwürdig behandelt worden.

Im Rahmen der Zweitbefragung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates für die Durchführung des Asylverfahrens am ... April 2016 gab der Antragsteller an, dass seine ganze Familie (seine Mutter und zwei Schwestern) in Deutschland sei.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom ... Juni 2016, dem Antragsteller zugestellt am ... Juli 2016, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheides) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) wurde auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 3).

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a des Asylgesetzes (AsylG) unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gem. Art. 18 Abs. 1b Dublin-III-VO für das Asylverfahren zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO seien nicht ersichtlich. In Ungarn lägen keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vor. Gründe, die einer Überstellung nach Ungarn entgegenstehen könnten, wurden weder vorgetragen noch sei derartiges aus dem Akteninhalt ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Gründe, das für den Fall der Abschiebung bestehende Einreise- und Aufenthaltsverbot auf weniger als 6 Monate zu befristen, wurden nicht vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich.

Mit am 6. Juli 2016 bei Gericht eingegangenem Telefax vom selben Tag erhob der Antragsteller durch seine Prozessbevollmächtigte Klage mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom ... Juni 2016 aufzuheben. Über die unter dem Aktenzeichen ... anhängige Klage ist noch nicht entschieden worden.

Zugleich wurde beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom ... Juni 2016 anzuordnen.

Der Eilantrag sei zulässig und begründet, da eine Überstellung nach Ungarn rechtswidrig wäre, da in Ungarn systemische Mängel im Asylverfahren bestünden, die vor allem seit den Gesetzesänderungen ab August 2015 die Bedingungen für Asylbewerber unzumutbar gemacht hätten. Dem Antragsteller würden in Ungarn Zustände drohen, die die Rechte aus Art. 4 EU-Grundrechtecharta verletzten würden.

Die Antragsgegnerin legte mit Schreiben vom ... Juli 2016 die elektronische Bundesamtsakte vor, stellte aber keinen Antrag.

Mit Schreiben vom ... Juli 2016 führte die Bevollmächtigte des Antragstellers aus, dass die Familieneinheit nach Art. 9 und Art. 10 der Dublin-III-VO zu wahren sei, da sich die Mutter und die beiden Schwestern in Deutschland aufhielten, wie der Antragsteller bereits beim Bundesamt vorgetragen habe. Systemische Mängel im ungarischen Asylsystem bestünden schon deshalb, da Ungarn mit den Gesetzesänderungen ab ... August 2015 Serbien zum sicheren Drittstaat erklärt hat und deswegen beim Antragsteller eine Rückschiebung nach Serbien drohe, ohne dass der nach europäischer Rechtslage erforderliche Flüchtlingsschutz eingehalten wäre. Der Antragsteller habe selbst schon vorgetragen, wie menschenunwürdig die Behandlung durch die ungarische Polizei während der Inhaftierung gewesen sei. Vor dem politischen Hintergrund der Grenzöffnung Ende August/Anfang September 2015 sollten auch Traumatisierungen, die sich bei den Flüchtlingen eingeprägt hätten, ein gewichtiger humanitärer Umstand sein für die Verpflichtung der Bundesrepublik, vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.

Mit Schreiben vom ... Juli 2016 wurde ergänzend eine Kopie des Familienbuchs der Eltern und der Geschwister des Antragstellers, Kopien der Aufenthaltsgestattungen der Mutter und einer Schwester des Antragstellers und die Kopie der Aufenthaltserlaubnis einer weiteren Schwester des Antragstellers vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des Klage- sowie des Eilverfahrens sowie auf die vorgelegte Bundesamtsakte Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG zulässig, insbesondere rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG) bei Gericht gestellt worden. Der Antrag ist auch begründet.

1.1. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage im Fall des hier einschlägigen gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG) ganz oder teilweise anordnen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob die Interessen, die für einen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten oder die, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen (beispielsweise BVerwG, B. v. 25.3.1993 - 1 ER 301/92 - NJW 1993, 3213, juris Rn. 3). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, weil er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG kommt es für den vorliegenden Beschluss im Eilverfahren, der ohne mündliche Verhandlung ergeht, maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung an.

1.2. Nach derzeitiger Sach- und Rechtslage wird die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsanordnung aller Voraussicht nach Erfolg haben. Damit überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin.

Die Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsanordnung ist zulässig, insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 74 Abs. 1 Halbs. 2 AsylG erhoben worden. Die Klage ist auch begründet, da das Bundesamt zu Unrecht die Abschiebung nach Ungarn angeordnet hat.

1.3. Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Maßgeblich für die Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO). Die Dublin-III-VO ist gem. Art. 49 Unterabs. 2 Satz 1 Alternative 2 Dublin-III-VO auf den vorliegenden Fall anwendbar, da der Antrag auf internationalen Schutz nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurde.

Im vorliegenden Fall ist Ungarn gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO ausweislich des EURODAC-Treffers für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Eine nach der gem. Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO verbindlichen Rangfolge des Zuständigkeitskriterienkatalogs vorrangige Zuständigkeit der Antragsgegnerin oder eines anderen Staates ist nicht ersichtlich. Insbesondere sind die Vorrausetzungen des Art. 9 und des Art. 10 Dublin-III-VO vorliegend nicht erfüllt, da die Mutter und die Schwestern des Antragstellers nach der bindenden Definition in Art. 2 lit. g) Dublin-III-VO im Verhältnis zu dem am 1. Januar 1989 geborenen und damit volljährigen Antragsteller keine Familienangehörigen sind.

Die Zuständigkeit Ungarns ist auch nicht aus verfahrensbezogenen Gründen auf die Bundesrepublik Deutschland (oder einen anderen Mitgliedstaat) übergegangen. Das Bundesamt hat sein Wiederaufnahmegesuch innerhalb der von Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO vorgesehenen, wegen der zugrunde liegenden EURODAC-Treffermeldung gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 hier 2-monatigen Frist an Ungarn gerichtet. Da Ungarn innerhalb der 2-wöchigen Antwortfrist keine Antwort erteilte, trat somit die Stattgabefiktion ein (Art. 25 Abs. 2 i. V. m. Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO).

1.4. Eine Überstellung an Ungarn als den nach der Dublin-III-VO zuständigen Mitgliedstaat erweist sich zur Überzeugung des Gerichts jedoch gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO wegen systemischer Schwachstellen des ungarischen Asylsystems derzeit als unmöglich. Die Antragsgegnerin ist daher gehalten, die Prüfung der in Kapitel III der Dublin-III-VO vorgesehenen Kriterien fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO) oder ob sie selbst für das Asylverfahren zuständig geworden ist (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin-III-VO).

Nach Art 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO ist die Überstellung unmöglich, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in Ungarn systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikel 4 der EU-Grundrechtscharta (GRCh) mit sich bringen. Der Regelung liegt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zugrunde, wonach die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich aufgrund des Prinzips gegenseitigen Vertrauens bestehende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Europäischen Grundrechtecharta (GRCh), der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) steht, nicht unwiderleglich ist, sondern für den Fall, dass dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein kann, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, widerlegt werden kann (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 79 ff). Die Schwachstellen bzw. Mängel des Asylsystems müssen dabei nicht kumulativ Asylverfahren und Aufnahmebedingungen betreffen, sondern können auch alternativ vorliegen (Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 27a Rn. 47; vgl. auch BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - juris Rn. 9: „Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen“).

Eine Widerlegung der Vermutung ist allerdings an hohe Hürden geknüpft. Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die einschlägigen EU-Richtlinien genügen, um die Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat zu verhindern (EuGH, a.a.O; BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - juris Rn. 6). Ein hinreichend schwerer Verstoß gegen das Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Art. 4 GRCh (bzw. des inhaltsgleichen Art. 3 EMRK) ist im asylrechtlichen Zusammenhang etwa gegeben bei einer systemischen Nichtbeachtung des Refoulementverbots. Es können aber auch die allgemeinen Haft- und Lebensbedingungen für Asylbewerber eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen (BeckOK AuslR/Günther AsylG § 27a Rn. 24-25; zum im Rahmen von Art. 3 EMRK zu prüfenden Refoulementverbot siehe auch: EGMR, U. v. 21. 1. 2011 − M.S. S./Belgien u. Griechenland, 30696/09 - NVwZ 2011, 413 Rn. 286 ff und 342 ff; EGMR, U. v. 3.7.2014 - Mohammadi/Österreich, 71932/12 - abrufbar unter http://www.ris.bka.gv.at, Rn. 60 und 71 ff). Systemische Schwachstellen liegen also insbesondere dann vor, wenn dem Betroffenen in dem Mitgliedstaat, in den er überstellt werden soll, der Zugang zu einem Asylverfahren, welches nicht mit grundlegenden Mängeln behaftet ist, verwehrt oder massiv erschwert wird, wenn das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet oder wenn er während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in einer (noch) zumutbaren Weise befriedigen kann (OVG NRW, U. v. 7. März 2014 - 1 A 21/12.A - juris Rn. 126).

„Systemisch“ sind Schwachstellen, die den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft treffen, sondern die sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren lassen. Dies setzt voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - juris Rn. 9). Für die Annahme systemischer Mängel kann ausreichend sein, dass der Asylbewerber einer Gruppe von Personen angehört, für deren Mitglieder sich die unmenschliche oder erniedrigende Behandlung systemimmanent regelhaft prognostizieren lässt (BeckOK AuslR/Günther, AsylG § 27a Rn. 24-25).

1.5. Das Gericht geht davon aus, dass auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnismittel wesentliche Gründe dafür sprechen, dass das ungarische Asylsystem derzeit wegen der zum 1. August 2015 in Kraft getretenen Änderungen der ungarischen Asylgesetzgebung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Dublin-Rückkehrern den Zugang zu einem Asylverfahren verwehrt, das die materielle Prüfung ihres Asylantrages gewährleistet.

1.5.1. Das ungarische Parlament hat am 6. Juli 2015 weitreichende Verschärfungen des ungarischen Asylrechts und weitgehende Beschleunigungen des Asylverfahrens sowie Hindernisse im Zugang zum Asylverfahren beschlossen, die zum 1. August 2015 in Kraft getreten sind (vgl. beckaktuell, „Ungarn verschärft Asylrecht“ vom 7.7.2015, becklink 2000486), sowie am 4. September 2015 weitere Maßnahmen beschlossen, die am 15. September 2015 in Kraft getreten sind (vgl. zu den Verschärfungen, Beschleunigung und Hürden die detaillierteren Ausführungen des Helsinki Committe Ungarn: No Country for Refugees - Information Note vom 18.9.2015, abrufbar unter: http://helsinki.hu/en/nocountryforrefugeesinformationnote; Building a Legal Fence - Information Note vom 7.8.2015, abrufbar unter: http://helsinki.hu/wpcontent/uploads/HHC-HU-asylumlawamendment-2015-Augustinfonote.pdf).

Danach soll unter anderem das Asylverfahren annulliert werden, wenn Asylsuchende die ihnen zugewiesenen Aufenthaltsorte länger als 48 Stunden verlassen; gleichzeitig sollen Flüchtlinge bis zum Ende ihres Asylverfahrens inhaftiert werden dürfen. Gleichzeitig wurde eine nationale Liste für sichere Länder angenommen, darunter ist Serbien - als Staat mit candidate status of the European Union - in Section 2 des Government Decree 191/2015 (VII.21) gelistet (vgl. http://helsinki.hu/en/latesttextofasylumlawandrelatedrulesaugust-2015).

Mit der Betrachtung Serbiens als sicherer Drittstaat für Asylsuchende führt dies zu einer quasiautomatischen Ablehnung von über 99% der Asylanträge, ohne jegliche Berücksichtigung des Schutzbedarfs.

1.5.2. Das erkennende Gericht folgt insoweit vollumfänglich den nachfolgenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid v. 21.09.2015 - 8 K 5062/15.A - juris Rn. 30 ff) und macht diese einschließlich der zitierten, im Internet verfügbaren Erkenntnismittel zum Gegenstand dieser Entscheidung:

„Nach diesen Maßgaben ergeben sich systemische Mängel im ungarischen Asylverfahren aus den zum 1. August 2015 in Kraft getretenen Änderungen des ungarischen Asylrechts.

Vgl. ausführlich Hungarian Helsinki Commitee, Building a legal fence - Changes to Hungarian asylum law jeopardise access to protection in Hungary, http://helsinki.hu/wpcontent/uploads/HHC-HU-asylumlawamendment-2015-Augustinfonote.pdf; Information im englischsprachigen Internetangebot der ungarischen Regierung, http://www.kormany.hu/en/news/governmenthasidentifiedlistofsafecountries; UNHCR vom 2. Juli 2015, "UNHCR urges Hungary not to amend asylum system in haste", http://www.unhcr.org/559641846.html; aida: "Hungary adopts list of safe countries of origin and safe third countries", http://www.asylumineurope.org/news/23-07-2015/hungaryadoptslistsafecountriesoriginandsafethirdcountries; amnesty international: "Hungary: Change to Asylum Law puts tens of thousands at risk", https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/07/hungarychangetoasylumlawputstensofthousandsatrisk/.

Es besteht insbesondere durch die Aufnahme von Serbien - neben allen anderen an Ungarn angrenzenden Staaten - in die Liste der sicheren Drittstaaten die Gefahr, dass der Kläger nach einer Überstellung nach Ungarn dort keinen Zugang zu einem Asylverfahren erhält, in dem eine inhaltliche Prüfung seiner Fluchtgründe vorgenommen wird, sondern er stattdessen ohne inhaltliche Prüfung seiner Fluchtgründe nach europäischen Mindeststandards nach Serbien abgeschoben wird. Nach den Feststellungen des Europäischen Kommissars für Menschenrechte bestehen jedoch jedenfalls hinsichtlich Serbien erhebliche Zweifel daran, dass das dortige Asylverfahren den europäischen Mindestanforderungen entsprechen.

Vgl. Schreiben an den serbischen Premierminister und Innenminister vom 27. November 2013, https://wcd.coe.int/com.instranet.InstraServlet?command=com.instranet.CmdBlobGet&InstranetImage=2444713&SecMode=1&DocId=2108062&Usage=2.

Zudem sind die Verfahren zur Bestimmung der Zuständigkeiten nach der Dublin III-Verordnung und zur Prüfung eines Asylgesuchs in Zuständigkeit des ungarischen Staates etwa durch die Verkürzung von Fristen und die an Fristversäumnisse angeknüpften Sanktionen sowie neu gefasste Beweislastregeln formell wie materiell in einer Weise verändert worden, dass ernsthaft zu befürchten steht, dass das ungarische Asylrecht seit dem 1. August 2015 hinter den Verfahrensgarantien der Dublin III-Verordnung und den Vorgaben der Qualifikationsrichtlinie zurückbleibt.

Damit besteht für den Kläger bei einer Überstellung nach Ungarn die ernsthafte Gefahr, dass er keinen Zugang zu einem den europäischen Mindestanforderungen entsprechenden Asylverfahren erhält.

Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 11. September 2015 - 8 L 2757/15.A -, vom 10. September 2015 - 8 L 2206/15.A - und vom 2. September 2015 - 8 L 2806/15.A -; Beschluss vom 20. August 2015 - 15 L 2556/15.A -; Beschluss vom 21. August 2015 - 8 L 2811/15.A -; Beschluss vom 7. August 2015 - 22 L 616/15.A -;“

1.5.3. Diese Einschätzung wird auch durch die neueren Erkenntnismittel bestätigt (Bordermonitoring.eu.e.V und Pro Asyl e.V. vom Juli 2016: „Gänzlich unerwünscht, Entrechtung, Kriminalisierung und Inhaftierung von Flüchtlingen in Ungarn“, abrufbar unter: http://bordermonitoring.eu/category/ungarn/, Asylum Information Database (AIDA), Country Report: Hungary, 1. November 2015, abrufbar unter: http://www.asylumineurope.org/reports/country/hungary; Amnesty International (AI), Fenced Out - Hungarys violations of the rights of refugees and migrants, 7. Oktober 2015, abrufbar unter: https://www.amnesty.org/en/documents/eur27/2614/2015/en/; European Council on Refugees and Exiles (ecre), Crossing Bundaries - The new asylum procedure at the border and restrictions to accessing protection in Hungary, 1. Oktober 2015, abrufbar unter: http://ecre.org/component/downloads/downloads/ 1056; Hungarian Helsinki Commitee (HHC), No Country for Refugees, New asylum rules deny protection to refugees and lead to unprecedented human rights violations in Hungary, Information Note, 18. September 2015, abrufbar unter: http://helsinki.hu/wpcontent/uploads/HHC_Hungary_Info_Note_Sept-2015_No_ country_for_refugees.pdf). Danach ist die Drittstaatenregelung, insbesondere im Hinblick auf Serbien, als ernstzunehmendes Hindernis für die Durchführung eines den Mindestanforderungen entsprechenden Asylverfahrens anzusehen. Es besteht die Besorgnis, dass die Qualifizierung von Serbien als sicherem Drittstaat für Dublin-Rückkehrer gleichsam zu einer automatischen Ablehnung des Asylantrags ohne materielle Prüfung der Fluchtgründe führt. Einen wirksamen Rechtsbehelf gegen eine auf die Drittstaatenregelung gestützte Ablehnung sieht das ungarische Rechtssystem nicht vor. Für Dublin-Rückkehrer, die über Serbien nach Ungarn gelangt sind, was bis September 2015 auf 99% der Asylsuchenden, so auch auf den Antragsteller, zutrifft, besteht demnach die beachtliche Gefahr („real risk“) einer Kettenabschiebung nach Serbien, die ein indirektes Refoulement nach sich ziehen kann (AIDA, a. a. O. S. 24 f., 44ff; AI, a. a. O. S. 16; ecre a. a. O. S. 37; HHC a. a. O. S. 1 f.). Weiter ist den genannten Erkenntnismitteln zu entnehmen, dass die am 1. August 2015 in Kraft getretene Drittstaatenregelung in der Praxis nach Auskunft der ungarischen Asylbehörde (OIN) auch rückwirkend auf Asylanträge angewandt werden soll, die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung gestellt worden sind (AIDA, a. a. O. S.24).

1.5.4. Dazu kommt, dass der UNHCR, dessen Wertungen im Kontext der Prüfung des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO maßgebliches Gewicht zukommt (EuGH, U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - Rn. 44, NVwZ-RR 2013, 660), bereits im Vorfeld der zwischenzeitlich beschlossenen Gesetzesänderungen Bedenken angemeldet und sich insoweit als „tief besorgt“ (deeply concerned) bezeichnet hatte (vgl. den im Internet veröffentlichten englischsprachigen Kommentar vom 3.7.2015: UNHCR urges Hungary not to amend asylum system in haste, abrufbar unter: http://www.unhcr.org/559641846.html). Dies bestätigt, dass die Empfehlung, die der UNHCR bereits im August 2012 ausgesprochen hatte, nämlich von Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Serbien abzusehen und Serbien nicht als sicheren Drittstaat zu betrachten, nach wie vor Gültigkeit hat (UNHCR, Serbia As a Country of Asylum - Observations on the Situation of Asylum-Seekers ans Beneficiaries of International Protection in Serbia, August 2012, abrufbar unter: http://www.unhcrcentraleurope.org/pdf/resources/legaldocuments/unhcrhandbooksrecommendationsandguidelines/serbiaasacountryofasylum-2012.html). Diese Position entspricht im Übrigen auch den Leitlinien des ungarischen obersten Gerichts (Kúria). Auch in seinem jüngsten Bericht „Hungary as a Country of Asylum - Observations on restrictive legal measures and subsequent practice implemented between July 2015 and March 2016“ vom Mai 2016 (abrufbar unter http://www.refworld.org/docid/57319d514.html) hat der UNHCR in Nr. 71 ausdrücklich an seiner damaligen Empfehlung festgehalten, dass Asylsuchende nicht nach Serbien zurückgebracht werden sollten.

1.5.5. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass sich aus dem Umstand, dass das deutsche Asylrecht seit dem 24. Oktober 2015 Serbien als „sicheren Herkunftsstaat“ i. S. v. § 29a i. V. m. Anlage II Asylgesetz (vgl. Art. 1 Nr. 35 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015, BGBl. I S. 1722) auflistet, kein Widerspruch zu der Einschätzung ergibt, dass Serbien kein sicherer Drittstaat sei. Denn die Sicherheitsbeurteilung für Herkunfts- und Drittstaat knüpft an unterschiedliche Fragestellungen an. So geht es beim sicheren Herkunftsstaat um die Frage, ob Serbien für serbische, also eigene Staatsangehörige, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, Sicherheit vor Verfolgung bietet. Dagegen liegt der Drittstaatenregelung die ganz andere Fragestellung zugrunde, ob Serbien für nichtserbische, also fremde Staatsangehörige, die ihrerseits in Serbien Schutz vor Verfolgung in ihrem jeweiligen Herkunftsstaat suchen, Sicherheit bietet.

1.5.6. Die Entscheidungen des EuGH (U. v. 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - juris), des EGMR (U. v. 3.7.2014 - Nr. 71932/12, Mohammadi /Österreich - NLMR - Newsletter Menschenrechte - 2014,282) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (B. v. 12.6.2015 - 13a ZB 15.50097 - juris), die das Vorliegen systemischer Schwachstellen verneint haben, stehen der aktuellen Einschätzung des Gerichts nicht entgegen, da sie von den neueren Entwicklungen der ungarischen Asylgesetzgebung zum 1. August 2015 überholt wurden. Das Risiko eines möglichen Refoulements nach Serbien bestand seinerzeit nicht, da Ungarn nach damals dort geltendem Recht von der Drittstaatenregelung Abstand genommen hatte. Die diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Umstände haben sich durch die Rückkehr Ungarns zur Drittstaatenregelung maßgeblich geändert, so dass nach derzeitiger Sachlage wieder beachtliche Gründe für systemische Schwachstellen sprechen.

1.6. Die Gefahr, einem Refoulement und damit einem Verstoß gegen Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein, trifft mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im konkreten Fall auch den Antragsteller, der seinen Angaben im Rahmen der Anhörung zufolge über Serbien nach Ungarn eingereist ist.

Wegen systemischen Schwachstellen des ungarischen Asylverfahrens i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO kommt daher derzeit die Überstellung des Antragstellers nach Ungarn nicht in Betracht. Die Abschiebungsanordnung nach Ungarn in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides erweist sich damit als rechtswidrig, so dass die hiergegen erhobene Anfechtungsklage Erfolg haben wird. Im überwiegenden Interesse des Antragstellers war daher die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

2. Nachdem der Antrag vollumfänglich Erfolg hat, sind die Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben am ... geboren und nigerianischer Staatsangehöriger.

Im Rahmen einer „Erstbefragung-Dublin“ beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab der Antragsteller u. a. an, er habe bereits in Ungarn internationalen Schutz beantragt. Das Anhörungsdatum ist nicht ersichtlich.

Für den Antragsteller wurden EURODAC-Treffer in Bulgarien (..., Antragsdatum: 25.4.2013) sowie in Ungarn (..., Antragsdatum: 7.5.2015) ermittelt.

Am 30. März 2016 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien. Mit Schreiben vom 19. April 2016 lehnten die bulgarischen Behörden dieses Ersuchen ab. Der Antragsteller habe am 7. Mai 2015 in Ungarn internationalen Schutz beantragt und Ungarn habe kein Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien gerichtet; die hierfür vorgesehene Frist sei auch verstrichen.

Am 21. April 2016 richtete daraufhin das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an Ungarn. Eine Reaktion der ungarischen Behörden hierauf ist aus der Behördenakte nicht ersichtlich.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2016 ordnete das Bundesamt die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn an. Dieser Bescheid konnte dem Antragsteller nicht zugestellt werden.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2016 ordnete daraufhin das Bundesamt erneut die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn an. Auf die Bescheidsbegründung wird Bezug genommen. Nach einer Empfangsbestätigung der Inneren Mission München erhielt der Antragsteller diesen Bescheid am 20. Juli 2016.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 21. Juli 2016, der am 25. Juli 2016 bei Gericht einging, ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 4. Juli 2016 erheben (M 18 K 16.50542). Weiter ließ er beantragen,

hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Ungarn die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen

sowie

dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es bestünden systematische Mängel im ungarischen Asylsystem. Das ungarische Abschiebungshaftsystem leide in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht an erheblichen Mängeln. Auf ein aktuelles Urteil des VG Mannheim werde verwiesen. Der Antragsteller spreche zudem fließend deutsch.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 26. Juli 2016 die Behördenakten vor und äußerte sich im Übrigen nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt, wenn ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt dies auch dann, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen, aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsanordnung sind nach der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Überprüfung gegeben. Danach ist Ungarn aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Die ungarischen Behörden haben auf das Wiederaufnahmegesuch vom 21. April 2016 nicht innerhalb der Frist des Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO reagiert, so dass davon auszugehen ist, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wurde. Da für den Antragsteller ein EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (vgl. Art. 24 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. Art. 9 Abs. 1 VO (EG) Nr. 603/2013) ermittelt wurde, ist Ungarn nach Art. 18 Abs. 1 lit.b Dublin-III-VO zuständiger Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers. Somit steht grundsätzlich fest, dass die Abschiebung nach Ungarn durchgeführt werden darf.

Die Überstellung an Ungarn ist auch nicht rechtlich unmöglich im Sinn des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der EU den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte i. S. v. Art. 6 Abs. 1 EUV entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH v. 21.12.2011 a. a. O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Ungarn aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH v. 9.5.2016 - 20 ZB 16.50034 - juris; SächsOVG v. 1.6.2016 - 1 A 291/15.A - juris). Insoweit ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung, dass sich die genannten obergerichtlichen Entscheidungen ausdrücklich nur auf die Darlegungsanforderungen im Berufungszulassungsverfahren hinsichtlich des Bestehens systemischer Mängel im Dublin-Verfahren bezüglich Ungarn beziehen. Es kann nämlich nicht unterstellt werden, dass bei erkannten systemischen Mängeln eine Berufungszulassung gleichwohl unter dem rein formalen Aspekt der Darlegung dieser Mängel abgelehnt worden wäre.

Gegen die Annahme systemischer Mängel des ungarischen Asylverfahrens im oben genannten strengen Sinn spricht auch der Bericht des UNHCR zur Asylsituation in Ungarn (Hungary as a Country of Asylum) vom Mai 2016. Zusammenfassend äußert der UNHCR insoweit zwar schwerwiegende Bedenken („In conclusion, UNHCR considers that significant aspects of Hungarian law and practice, as described above, raise serious concerns as regards compatibility with international and European law.“). Eine Empfehlung oder gar dringende Empfehlung, von Rückführungen nach Ungarn abzusehen, spricht der UNHCR gleichwohl nicht aus.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Wegen fehlender Erfolgsaussichten im Sinn von § 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 ZPO war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die mit Bescheid vom 23. Juni 2016 erfolgte Ablehnung seines Asylantrags durch die Beklagte im Rahmen des Dublin-Verfahrens.

2

Der Kläger wurde am 8. Februar 2016 im Bundesgebiet aufgegriffen. Er hat bisher keinen Asylantrag im Bundesgebiet gestellt.

3

Er wurde zweifach schriftlich vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angehört. Eine Abfrage der EURODAC-Datenbank ergab einen Treffer der Kategorie 2 vom 4. September 2015 aus Ungarn, einen weiteren Treffer, dieser der Kategorie 1, aus Ungarn vom 6. September 2015 sowie einen Treffer der Kategorie 1 aus Norwegen vom 13. September 2015.

4

Die Beklagte ersuchte Ungarn mit Schreiben vom 7. März 2016 um Wiederaufnahme des Klägers. Nach zwischenzeitlichem Schriftverkehr erklärte Ungarn mit Schreiben vom 31. Mai 2016 die Wiederaufnahme des Klägers.

5

Mit Bescheid vom 23. Juni 2016, Bescheidzeichen ..., zugestellt am 4. August 2016 (laut Zustellungsnachweis), ordnete die Beklagte die Abschiebung des Klägers nach Ungarn an (Nr. 1). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Absatz 1 AufenthG wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 2).

6

Hiergegen hat der Kläger am 8. Juli 2016 Klage erhoben.

7

Zur Begründung macht der Kläger zunächst die ihm in Ungarn widerfahrene Behandlung geltend.

8

Zudem vertritt er die Ansicht, dass in Ungarn systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vorlägen. Diese ergäben sich aus den Ungarn vorliegenden Kapazitätsengpässen; der Möglichkeit der Anordnung von Asylhaft und den diesbezüglichen Haftbedingungen; der Tatsache, dass Ungarn Grenzzäune errichtet habe und das Übertreten und Beschädigen von Sperranlagen als Straftat ahnde; der fehlenden medizinischen Betreuung sowie der Tatsache, dass Serbien nach ungarischer Rechtslage ein sicherer Drittstaat sei.

9

Schließlich verweist der Kläger darauf, dass er beabsichtige, eine deutsche Staatsangehörige zu heiraten.

10

Der Kläger beantragt,

11

den Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2016 – ... – aufzuheben.

12

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

13

die Klage abzuweisen.

14

Zur Begründung verweist sie auf den streitgegenständlichen Bescheid.

15

Der mit Klageerhebung gestellte Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, der unter dem Aktenzeichen B 86/16 geführt wurde, ist mit Beschluss vom 8. August 2016 abgelehnt worden.

16

Die Kammer hat das Verfahren mit Beschluss vom 20. Juli 2016 auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

18

I. Das Gericht kann trotz Abwesenheit der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die ordnungsgemäß geladenen Beteiligten in der Ladung hierauf hingewiesen wurden, § 102 Absatz 2 VwGO.

19

Dem am Verhandlungstag per Fax gestellten Antrag des Klägers auf Terminsänderung war nicht zu entsprechen. Der Kläger hat keinen wichtigen Grund für die Terminsänderung glaubhaft gemacht, §§ 173 Absatz 1 VwGO, 227 Absatz 1 ZPO. Wird ein Terminsänderungsantrag erst kurz vor dem anberaumten Termin gestellt und mit einer plötzlichen Erkrankung begründet, ist der Beteiligte verpflichtet, die Gründe für die Verhinderung so anzugeben und zu untermauern, dass das Gericht die Frage, ob der Beteiligte verhandlungsfähig ist oder nicht, selbst beurteilen kann. Ein zu diesem Zweck vorgelegtes ärztliches Attest muss deshalb die Verhandlungsunfähigkeit eindeutig und nachvollziehbar ergeben (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 5. Juli 2003, Aktenzeichen VII B 7/04, zitiert nach juris, Rn. 10-12). Vorliegend war jedoch aus dem per Fax übersandten Attest, das lediglich eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers bescheinigt, keine Aussage über die Verhandlungsfähigkeit des Klägers ersichtlich. Die Art der Erkrankung wurde nur allgemein mit ICD F 32.2, was laut ICD-Code einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome entspricht, angegeben, weitere Angaben erfolgten nicht.

20

Zudem würde auch eine Verhinderung des anwaltlich vertretenen Klägers aus Krankheitsgründen oder anderen persönlichen Gründen nicht zwingend zu einem erheblichen Grund für eine Terminsänderung führen. Vielmehr wäre jeweils nach den Umständen des Falles zu prüfen, ob der Verfahrensbeteiligte ohne Terminsaufhebung bzw. -verlegung in seinen Möglichkeiten beschränkt würde, sich in dem der Sache nach gebotenen Umfang zu äußern. Das bloße Anwesenheitsinteresse einer anwaltlich ausreichend vertretenen Partei wird durch ihren Gehörsanspruch nicht geschützt (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 4. Februar 2002, Aktenzeichen 1 B 313/01, 1 PKH 40/01, zitiert nach juris, Orientierungssatz und Rn. 5). Streitentscheidend ist für den vorliegenden Fall allein die Frage systemischer Mängel im ungarischen Asylverfahren. Entsprechende Ausführungen diesbezüglich hätte auch die Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen machen können.

21

II. Soweit der Kläger auch die Aufhebung von Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides begehrt, ist die Anfechtungsklage bereits unzulässig. Die darin erfolgte Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Absatz 1 AufenthG stellt eine Begünstigung des Klägers dar. Insofern fehlt für die Anfechtungsklage bereits das Rechtsschutzbedürfnis.

22

Im Übrigen ist die Klage zulässig aber unbegründet, da der angefochtene Bescheid im maßgeblichen Zeitpunkt, § 77 Absatz 1 AsylG, rechtmäßig ist, §§ 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO. Zugrunde zu legen ist insofern die Rechtslage nach den Änderungen durch Artikel 6 des Gesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I Seite 1939) („Integrationsgesetz“), das am 5. August 2016 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde.

23

Voraussetzung für die Abschiebungsanordnung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist, dass ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig ist, und die Abschiebung durchgeführt werden kann, § 34a AsylG.

24

Nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung) (Dublin III-VO) ist Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens Klägers zuständig (1). Die Abschiebung des Klägers kann auch durchgeführt werden (2).

25

1. Die Zuständigkeit Ungarns für das Asylverfahren des Klägers ergibt sich aus Artikeln 13, 3 Absatz 1 Dublin III-VO. Der Kläger ist, auch nach seinen eigenen Angaben, über Ungarn in das Gebiet der Mitgliedsstaaten eingereist. Im Übrigen hat der Kläger zwar angegeben, er habe in keinem anderen Mitgliedsstaat einen Antrag auf Schutz gestellt. Jedoch liegen Eurodac-Treffer der Kategorie 1 für den Kläger sowohl aus Ungarn, vom 6. September 2015, als auch aus Norwegen, vom 13. September 2015, vor. Auch hat der Kläger zwischenzeitlich über die Ausländerbehörde des Kreises Dithmarschen einen Asylbewerberausweis aus Norwegen eingereicht. Entscheidend ist insofern der zeitlich frühere Antrag, mithin vorliegend der am 6. September 2015 in Ungarn gestellte Antrag.

26

Soweit der Kläger darauf verweist, dass er beabsichtigte, eine deutsche Staatsangehörige zu heiraten, ergibt sich daraus keine Zuständigkeit der Beklagten. Artikel 9, 10 und 11 Dublin III-VO erfassen zum einen nur Familienangehörige, die selbst auch Anträge auf internationalen Schutz gestellt haben oder stellen wollen. Zudem ist eine Verlobte keine Familienangehörige im Sinne der Kriterien der Dublin III-VO, Artikel 2 Buchstabe b Dublin III-VO. Schließlich stellt die Dublin III-VO für Familienangehörige darauf ab, ob die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat, Artikel 2 Buchstabe b Dublin III-VO.

27

Besondere Umstände, die die Zuständigkeit der Beklagten nach Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO begründen, bestehen nicht. Insbesondere gibt es keine wesentlichen Gründe für die Annahme, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn systemische Schwachstellen aufweisen.

28

Das Gemeinsame Europäische Asylsystem wurde

29

„in einem Kontext entworfen [...], der die Annahme zulässt, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen.

30

Gerade aufgrund dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens hat der Unionsgesetzgeber die [Dublin-Verordnungen] erlassen und [diesbezüglich] Übereinkommen und Abkommen geschlossen, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen, und um die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und damit dem „forum shopping“ zuvorzukommen, wobei all dies hauptsächlich bezweckt, die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten zu beschleunigen.

31

Unter diesen Bedingungen muss die Vermutung gelten, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht.

32

Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist.“

33

(Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 21. Dezember 2011, Aktenzeichen C-411/10 und C-493/10, zitiert nach juris, Rn. 78-80).

34

Entscheidend ist insofern nicht, ob vereinzelte Verstöße der entsprechenden Vorschriften in einem Mitgliedsstaat auftreten, sondern ob „das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren“(Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 21. Dezember 2011, Aktenzeichen C-411/10 und C-493/10, zitiert nach juris, Rn. 86; vgl. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 10. Dezember 2013, Aktenzeichen C-394-12, zitiert nach juris, Rn. 60).

35

Es bestehen keine wesentlichen Gründe für die Annahme, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn derart systemische Schwachstellen aufweisen.

36

„Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit [...] verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit [...] einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt [...], Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.“

37

(Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. März 2014, Aktenzeichen 10 B 6.14, zitiert nach juris, Rn. 9)

38

Nach diesen Grundsätzen ist auf Grundlage des dem Gericht vorliegenden, aktuellen Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern in Ungarn derzeit nicht ernsthaft zu befürchten, dass in Ungarn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Asylbewerber systemische Mängel aufweisen, die einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Artikel 4 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) bzw. Artikel 3 EMRK begründen könnten.

39

Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in dem zuständigen Mitgliedsstaat sind insbesondere die regelmäßigen Berichte des Auswärtigen Amtes, der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems, des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort sowie von internationalen Nichtregierungsorganisationen.

40

Das Gericht stützt sich insofern im Wesentlichen zu Ungarn auf

41

– einen Bericht des Ungarischen Helsinki-Komitees vom 1. August 2016 (verfügbar unter );

42

- einen Bericht von Bordermonitoring und Proasyl vom Juli 2016 (verfügbar unter );

43

- eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes an den Verwaltungsgerichtshof Mannheim vom 27. Juni 2016;

44

- eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Potsdam vom 21. Juni 2016 (Gz. 508-9-516.80);

45

- einen Bericht des Ungarischen Helsinki-Komitees vom 15. Juni 2016 (verfügbar unter );

46

- einen Bericht des UNHCR vom Mai 2016 (verfügbar unter );

47

- eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2016 an das Verwaltungsgericht Regensburg (Gz. 508-9-516.80/48628);

48

- einen Bericht des Liaisonmitarbeiters des BAMF beim Ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 13. Januar 2016;

49

- einen Bericht des Council of Europe Commissioner für Human Rights vom 17. Dezember 2015 (Third Party Intervention, Anträge Nr. 44825/15 and No. 44944/15, S.O. und A.A. v. Österreich) (verfügbar unter );

50

- einen Bericht von Human Rights Watch vom 1. Dezember 2015 (verfügbar unter );

51

- einen Bericht von AIDA vom November 2015 (verfügbar unter );

52

- eine Stellungnahme des Juristischen Dienstes der Europäischen Kommission an das Verwaltungsgericht Köln vom 30. Oktober 2015;

53

- einen Bericht von Amnesty International vom 8. Oktober 2015 (verfügbar unter );

54

- ein Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht München an das Verwaltungsgericht Köln vom 2. Oktober 2015;

55

- einen Bericht von ECRE und AIDA Stand 1. Oktober 2015 (verfügbar unter );

56

- eine Stellungnahme des Auswärtigen Amts an das Verwaltungsgericht Magdeburg vom 28. September 2015;

57

- einen Bericht des Hungarian Helsinki Committee vom 7. August 2015 (verfügbar unter );

58

- einen Bericht von Amnesty International vom Juli 2015 (verfügbar unter ) und

59

- Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Freiburg vom 02. und 12. März 2015

60

sowie zu Serbien auf

61

- einen Bericht von AIDA vom März 2016 (verfügbar unter ) und

62

- einen Bericht des Auswärtigen Amtes vom 23. November 2015.

63

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dessen Rechtsprechung grundsätzlich über den jeweils entschiedenen Einzelfall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion für die Auslegung der EMRK zukommt (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. Februar 2013, Aktenzeichen 2 C 3.12, zitiert nach juris, Rn. 46), hat mit Urteil vom 3. Juli 2014 im Ergebnis festgestellt, dass systemische Mängel hinsichtlich der Inhaftierungspraxis Ungarns nicht vorliegen und ein tatsächliches Risiko einer schwerwiegenden Beeinträchtigung im Sinne des Artikel 3 EMRK bei einer Rückkehr nach Ungarn nicht bestehe (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 3. Juli 2014, Aktenzeichen 71932/12, „Mohammadi v. Austria“, zitiert nach hudoc).

64

In Bezug auf Ungarn wird als Begründung für systemische Mängel durch den Kläger insbesondere vorgebracht, dass dort Asylhaft verhängt werde (a). Zudem wird darauf verwiesen, dass eine Abschiebung nach Serbien drohe (b). Im Übrigen wird diesbezüglich teilweise darauf verwiesen, dass die Verfahren zwischenzeitlich eingestellt würden (c). Zudem wird mit der wirtschaftlichen Situation, insbesondere für anerkannte Schutzberechtigte, argumentiert (d). Darüber hinaus werden die Regelungen bezüglich der Transitzonen angeführt (e). Insofern besteht jedoch nach Überzeugung des Gerichts nicht die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Klägers bei einer Rücküberstellung nach Ungarn. Auch im Übrigen ist eine solche nicht ersichtlich (f).

65

a. Soweit in Ungarn Asylbewerbern im Einzelfall Asylhaft droht, besteht nach Überzeugung des Gerichts nicht die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Klägers bei einer Rücküberstellung nach Ungarn.

66

Die Tatsache, dass eine Inhaftierung von Asylbewerbern möglich ist, begründet allein noch keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen systemischer Mängel des Asylsystems. Insofern verpflichtet Artikel 3 EMRK die Mitgliedstaaten, sich zu vergewissern, dass die Bedingungen der Haft mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar sind und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid oder Härten unterwirft, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteigt, und dass seine Gesundheit und sein Wohlbefinden unter Berücksichtigung der praktischen Bedürfnisse der Haft angemessen sichergestellt sind (vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 21. Januar 2011, Aktenzeichen 30696/09, zitiert nach hudoc, Rn. 221).

67

Die Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung) (Aufnahmerichtlinie) enthält Mindeststandards für die Inhaftierung von Asylbewerbern. Anhaltspunkte dafür, dass diese Mindeststandards ihrerseits nicht genügen, um die Asylbewerber vor einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung zu schützen, liegen dem Gericht nicht vor. Danach darf Haft nicht allein deswegen angeordnet werden, weil der Betroffene einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gestellt hat, sondern nur in Ausnahmefällen, insbesondere zur Überprüfung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit, im Falle notwendiger Beweissicherung, insbesondere bei Fluchtgefahr, zur Prüfung des Einreiserechts, zur Durch- oder Fortführung eines Abschiebeverfahrens, wenn die Gefahr der Verzögerung oder der Vereitelung durch den Betroffenen besteht und bei Gefahr für die nationale Sicherheit und Ordnung, wobei die Inhaftierung nur aufgrund einer Einzelfallprüfung, wenn sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen, zulässig ist, Artikel 8 Aufnahmerichtlinie. Die Inhaftierung darf nur für den kürzest möglichen Zeitraum und nur so lange, wie die Gründe gemäß Artikel 8 Absatz 3 bestehen, angeordnet werden, Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 Aufnahmerichtlinie. Die Haftanordnung ist zu begründen, Artikel 9 Absatz 2 Aufnahmerichtlinie; bei einer Anordnung durch eine Verwaltungsbehörde ist eine zügige Überprüfung durch ein Gericht herbeizuführen, Artikel 9 Absatz 3 Aufnahmerichtlinie. In diesem Fall soll dem Betroffenen unentgeltlicher Rechtsbeistand zur Verfügung stehen, Artikel 9 Absatz 6 Aufnahmerichtlinie. Auch im Übrigen ist eine turnusmäßige Haftüberprüfung von Amts wegen vorzusehen, Artikel 9 Absatz 5 Aufnahmerichtlinie. Die Schutzsuchenden sind in speziellen Hafteinrichtungen unterzubringen, auf jeden Fall aber getrennt von gewöhnlichen Strafgefangenen, Artikel 10 Absatz 1 Aufnahmerichtlinie. Die Inhaftierung von besonders schutzbedürftigen Personen ist nur im Ausnahmefall und unter weiteren sehr eingeschränkten Bedingungen zulässig, Artikel 11 Aufnahmerichtlinie.

68

Aus den zitierten Quellen ergibt sich, dass in Ungarn Asylhaft nicht nur deshalb verhängt werden darf, weil ein Asylantrag gestellt wurde. Vielmehr kann nach den gesetzlichen Regelungen Asylhaft nur angeordnet werden: bei unklarer Identität oder Staatsangehörigkeit zur Klärung dieser; bei Ausländern, die sich im Ausweisungsverfahren befinden und einen Asylantrag stellen, obwohl sie diesen zweifelsfrei bereits zuvor hätten stellen können oder um eine drohende Aufenthaltsbeendigung zu verzögern oder abzuwenden; wenn der Sachverhalt des Asylbegehrens aufgeklärt werden muss und eine Aufklärung nicht ohne Haft möglich ist, speziell wenn die Gefahr des Untertauchens besteht; wenn der Asylbewerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt; wenn der Asylantrag im Flughafenbereich gestellt wurde; oder zur Sicherstellung der Durchführung des Dublin-Verfahrens, wenn die ernsthafte Gefahr des Untertauchens besteht. Der letztgenannte Grund umfasst nicht Asylbewerber, die aus anderen Ländern nach Ungarn überstellt wurden, sondern Asylbewerber, die von Ungarn aus überstellt werden sollen. Asylhaft kann erstmalig für 72 Stunden angeordnet werden. Eine Verlängerung um höchstens 60 Tage ist möglich, muss jedoch binnen 24 Stunden nach der Erstanordnungsverfügung von der Asylbehörde beim örtlichen Gericht beantragt werden. Beim Haftprüfungstermin muss der Betroffene anwaltlich vertreten sein und kann Einwendungen einlegen. Auch im Übrigen können jederzeit Einwendungen geltend gemacht werden. Sollten Betroffene aus sprachlichen oder anderen Gründen gehindert sein, selbst einen Anwalt zu beauftragen, wird ihnen von Amts wegen vom zuständigen Gericht ein Anwalt beigeordnet. Die Verfahrenskosten trägt der ungarische Staat. Die gesetzliche Höchstdauer der Asylhaft beträgt sechs Monate, bei Familien mit minderjährigen Kindern einen Monat. Jedoch wird aufgrund einer internen Weisung Asylhaft für Familien mit minderjährigen Kindern Stand September 2015 nicht angeordnet (Auswärtiges Amt, Stellungnahme vom 28. September 2015). Die Asylverfahren von Personen, die sich in Asylhaft befinden, werden vorrangig bearbeitet.

69

Im Zeitraum Januar bis Juni 2015 wurden laut dem Auswärtigen Amt 492 Personen in Asylhaft genommen. Dies entspreche 0,7% aller Asylantragsteller, wobei die Inhaftierungsquote von Dublin-Rückkehrern etwa drei bis viermal so hoch gelegen habe wie bei den anderen Asylantragstellern (Auswärtiges Amt, Stellungnahme vom 28. September 2015). AIDA verweist für den gleichen Zeitraum auf 1.829 Fälle von Asylhaft, für den Zeitraum Januar bis September auf 1.860 Fälle (AIDA, Bericht vom November 2015, Seiten 8 und 59), wobei AIDA für den letztgenannten Zeitraum die Anzahl der Asylantragsteller mit 175.960 angibt (AIDA, Bericht vom November 2015), was einer Haftquote für diesen Zeitraum von etwa 1 % entspricht.

70

Der Council of Europe Commissioner for Human Rights verweist bezüglich 2015 darauf, dass bis zum 26. November 2015 1.338 Rücküberstellungen nach der Dublin III-VO stattgefunden hätten. Davon seien 332 Personen in Asylhaft gekommen (Bericht vom 17. Dezember 2015, Seite 9). Dementgegen berichtet das Auswärtige Amt, dass der Verantwortliche der ungarischen Einwanderungsbehörde bei einem Besuch in der Asylhaftanstalt Kiskunhalas angegeben habe, dass die Anzahl der Dublin-Rückkehrer in den Asylhafteinrichtungen verschwindend gering sei (Auswärtiges Amt, Stellungnahme an das VG Potsdam vom 21. Juni 2016, Seite 5/ zu Frage 3).

71

Soweit AIDA angibt, Stand 2. November 2015 seien 52% der Asylbewerber inhaftiert (AIDA, Bericht vom November 2015, Seite 58), ergibt sich dies nicht durch die in dem Zusammenhang angegebenen Zahlen. Denn diese Aussage wird auf Zahlen der ungarischen Asylbehörde gestützt, nach denen sich zu dem Zeitpunkt 441 Personen in Asylhaft befänden, jedoch nur 412 Personen in offenen Aufnahmeeinrichtungen (AIDA, Bericht vom November 2015, Seite 58). Diese Zahlen führen jedoch nicht zu dem Schluss, dass 52% der Asylbewerber zu dem Zeitpunkt inhaftiert worden seien. Denn die Berechnung geht als Gesamtzahl von Asylbewerbern nur von der Summe der Personen, die sich in Asylhaft, sowie derer, die sich in Aufnahmeeinrichtungen befanden, aus. Dies entspricht aber nicht notwendigerweise, und insbesondere nicht im Fall Ungarns, das als Transitland bekannt ist, der Gesamtzahl der Asylbewerber. Es fehlt insofern die Zahl der Schutzsuchenden, die Ungarn, wie auch der Kläger, nur als Transitland betrachten und nicht ihr Asylverfahren in Ungarn betreiben, mithin auch nicht in den ungarischen Aufnahmeeinrichtungen bleiben, sondern Ungarn wieder verlassen. Diese kann aus dem vorhandenen statistischen Material nur geschätzt werden. Ausgehend von einer geschätzten durchschnittlichen Verfahrensdauer von drei Monaten läge die Zahl der zu berücksichtigenden Asylbewerber nicht bei weniger als 1000 sondern bei fast 80.000, da nach Angaben von Eurostat im August 2015 47.095 Personen, im September 2015 30.795 Personen und im Oktober 2015 615 Personen in Ungarn Asyl beantragt haben.

72

Aus aktuellen Zahlen ergibt sich für Januar bis Juni 2016 eine Quote von 1.648 Personen, die in Asylhaft waren zu 21.737 Personen, die einen Asylantrag gestellt haben (Zahlen des ungarischen Amtes für Einwanderung, übermittelt vom Auswärtigen Amt in der Stellungnahme vom 27. Juni 2016 an den VGH Mannheim).

73

Wegen Weiterreise und Aufenthalt in Deutschland drohen dem Schutzsuchenden keine Sanktionen für den Fall der Rückkehr nach Ungarn (Auswärtiges Amt, Stellungnahme vom 3. März 2015).

74

Soweit die Haftquote bei Dublin-Rückkehrern höher liegt, ist dies für das Gericht vor dem Hintergrund, dass Dublin-Rückkehrer sich bereits einmal ihrem Asylverfahren in Ungarn entzogen haben und die ungarischen Behörden daher davon ausgehen müssen, dass eine erhöhte Gefahr einer wiederholten Ausreise und damit Entziehung aus dem Verfahren besteht, nachvollziehbar.

75

Den dem Gericht vorliegenden Erkenntnisquellen lässt sich nicht entnehmen, dass die Haftbedingungen an sich menschenunwürdig im oben dargelegten Sinne wären und es dort systematisch zu Menschenrechtsverletzungen kommen würde.

76

Die Asylhafteinrichtungen verfügen in der Regel über ein Zimmer für die Insassen, einen Sozialraum, Verwaltungs- und Arztgebäude, eine Turn- oder Sporthalle sowie einen Innenhof. Der Sozialraum bietet Zugang zu Internet und Telefon. Tagsüber können sich die Insassen frei bewegen, auch außerhalb der Gebäude auf den Freigeländen. Die Unterbringung erfolgt in Mehrbettzimmern, wobei alleinstehende Frauen und Familien mit Kindern in separaten Gebäuden oder Flügeln getrennt von alleinstehenden Männern untergebracht werden müssen.

77

Die Haftplätze waren im September 2015 nicht alle belegt, was trotz der hohen Flüchtlingszahlen für einen maßvollen Umgang der ungarischen Behörden mit dem Instrument der Asylhaft spricht. Nachdem die hohe Anzahl der Asylbewerber durch die Schließung der Balkanroute weiter zurückgeht, ist nicht damit rechnen, dass sich die Haftbedingungen wesentlich verschlechtern werden. Entgegenstehende Erkenntnisse liegen derzeit nicht vor.

78

Beschwerden gegen die Haftbedingungen können jederzeit beim Leiter des Asyldirektorates vorgebracht werden. Der UNHCR hat jederzeit ohne weitere Voraussetzungen ungehinderten Zugang zu den Unterbringungseinrichtungen.

79

b. Nach § 2 der ungarischen Regierungsverordnung 191/2015 sind alle Mitgliedstaaten und Mitgliedsstaatenkandidaten der Europäischen Union – mit Ausnahme der Türkei – sowie diverse weitere Staaten sichere Drittstaaten. Jedoch kann der Asylbewerber, wenn er in einen solchen sicheren Drittstaat überstellt werden soll, nach § 3 Absatz 2 der genannten Verordnung nachweisen, dass er in seinem individuellen Fall in diesem Land keine Möglichkeit zu einem wirksamen Schutz hatte. Kritisiert wird dies insbesondere im Hinblick auf Serbien, das aufgrund eines Beschlusses auf dem EU-Gipfel am 1. März 2012 Beitrittskandidat der Europäischen Union ist, und durch das viele Schutzsuchende nach Ungarn einreisen.

80

Sofern teilweise darauf abgestellt wird, es könne angesichts der neuen Gesetzeslage nicht ausgeschlossen werden, dass auch Dublin-Rückkehrer nach Serbien abgeschoben werden, so dass in Ungarn systemische Mängel bestünden, folgt das Gericht dem nicht, da sich hierfür aus den Erkenntnisquellen keine Anhaltspunkte ergeben.

81

Artikel 38 der Richtlinie 2013/32/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung) (Verfahrensrichtlinie) sieht ausdrücklich das Konzept des sicheren Drittstaates vor. Die Tatsache, dass ein Asylantragsteller zunächst im Dublin-Verfahren zurück nach Ungarn überführt wird, steht einer Anwendung der Regelungen zum sicheren Drittstaat nicht entgegen (vgl. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 17. März 2016, Aktenzeichen C-695/15 PPU, zitiert nach juris).

82

Soweit geltend gemacht wird, dass Serbien selbst kein sicherer Drittstaat sei und dies dazu führe, dass das ungarische Asylrecht unter systemischen Mängeln leide, folgt das Gericht dem nicht.

83

Aus den vorliegenden Erkenntnisquellen ergibt sich, dass die serbische Verfassung ein Asylrecht vorsieht. Jedoch betrachten viele potentiell Asylsuchende Serbien nur als Transitland. Von Januar bis Mitte August 2015 registrierte Serbien nach UNHCR-Angaben fast 80.000 Asylsuchende. Einen Asylantrag stellten davon weniger als 500 Personen. Das serbische Asylsystem war bislang wenig tragfähig und personell teilweise unterbesetzt. Im Zuge des EU-Integrationsprozesses arbeitet Serbien jedoch mit Unterstützung des UNHCR und NGOs an Reformen. Soweit dies dazu führen kann, dass Serbien im Einzelfall für einen Antragsteller kein sicherer Drittstaat ist, ist dies im Verfahren vor den ungarischen Behörden und Gerichten geltend zu machen. Eine solche Möglichkeit sieht das ungarische Asylgesetz auch ausdrücklich vor. Nach Bekanntgabe, dass der Asylbewerber unter die Regelung des sicheren Drittstaats fällt, kann er innerhalb von drei Tagen erklären, warum der sichere Drittstaat in seinem Fall nicht sicher ist. Gegen den ablehnenden Bescheid kann Klage erhoben werden, die aufschiebende Wirkung hat (Auswärtiges Amt, Stellungnahme vom 27. Januar 2016).

84

Zudem kann den Erkenntnisquellen nicht entnommen werden, dass eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Überstellung des Klägers von Ungarn nach Serbien besteht. Denn Serbien lehnt die Übernahme von Drittstaatsangehörigen aus Ungarn im Wege einer Einzelfallprüfung ab, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass der Drittstaatsangehörige tatsächlich über Serbien eingereist ist. Da in Serbien keine Registrierung der Durchreisenden vorgenommen wird und Ungarn in der Regel auch nicht über andere Nachweise verfügt, kann dieser Nachweis regelmäßig nicht erbracht werden. In solchen Fällen wird das Asylverfahren nach Ablehnung durch Serbien in Ungarn vollumfänglich geprüft. Im Übrigen ist, wenn zwischen Grenzübertritt aus Serbien und Antrag auf Rückübernahme mehr als ein Jahr liegt, die Übernahme durch Serbien ohnehin generell ausgeschlossen (Auswärtiges Amt, Stellungnahme vom 27. Januar 2016; Liaisonmitarbeiter des BAMF beim Ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft, Bericht vom 13. Januar 2016). Aus aktuellen Erkenntnismitteln (Ungarisches Helsinki-Komitee, Bericht vom 1. August 2016) ergibt sich, dass vom Januar bis Juni 2016 114 Personen, die illegal nach Ungarn eingereist waren, offiziell nach Serbien rückgeführt wurden. Darunter waren 35 serbische, 27 kosovarische und 22 albanische Staatsangehörige. Keine der offiziell rückgeführten Personen hatte die syrische, afghanische, irakische oder somalische Staatsangehörigkeit. Damit ist die Überstellung des Klägers in einen Staat, dessen Asyl- und Aufnahmesystem möglicherweise nicht den europäischen Standards genügt, nicht hinreichend wahrscheinlich, zumal der Kläger zu seinem Aufenthalt in Serbien keinerlei Angaben gemacht hat. Allein die theoretische Möglichkeit der Abschiebung nach Serbien begründet jedoch keinen systemischen Mangel des ungarischen Asylsystems.

85

c. Zudem wird teilweise darauf verwiesen, dass die Asylverfahren von Dublin-Rückkehrern zwischenzeitlich eingestellt worden sein könnten.

86

Insofern ergibt sich aus den zitierten Quellen, dass nach dem ungarischen Asylgesetz das Asylverfahren eingestellt werden kann, wenn der Antragsteller seinen Antrag schriftlich zurücknimmt; er sich weigert, eine Erklärung zu unterschreiben und die Prüfung des Asylantrags damit behindert; er trotz schriftlicher Ankündigung nicht zur Anhörung erscheint und keine angemessene Erklärung dafür einreicht; er seine Unterkunft ohne Erlaubnis für mehr als 48 Stunden unbekannten Aufenthalts verlässt und keine angemessene Erklärung dafür eingereicht hat; er vollziehbar abzuschieben oder auszuliefern ist und die Maßnahme vollzogen werden kann; oder er die Fingerabdrucknahme verweigert oder behindert. Nach einer solchen Einstellung kann der Antragsteller bei den an zweiter, dritter und vierter Stelle genannten Gründen innerhalb von neun Monaten die Wiederaufnahme verlangen. Später gestellte Anträge gelten als Folgeanträge. Auch wenn der Antrag nicht innerhalb der neun Monate gestellt wird, entspricht es jedoch der Praxis der ungarischen Behörden, bei Dublin-Rückkehrern eine vollumfängliche Prüfung vorzunehmen. Eine entsprechende Änderung der gesetzlichen Regelung war im Januar 2016 in Abstimmung. Neuere Erkenntnisse liegen diesbezüglich nicht vor.

87

d. Auch soweit die wirtschaftliche Situation, insbesondere für anerkannte Schutzberechtigte, als Begründung systemische Mängel des ungarischen Asyl- und Aufnahmesystems angeführt werden, folgt das Gericht dieser Bewertung nicht.

88

Während des Asylverfahrens haben die Asylbewerber in Ungarn Anspruch auf Leistungen nach dem ungarischen Asylgesetz. Diese beinhalten Unterkunft, Verpflegung und medizinische Versorgung. Alle Asylbewerber haben Zugang zu den Aufnahmeeinrichtungen (AIDA, Bericht vom November 2015). Familien werden in getrennten Räumen untergebracht.

89

Die Versorgung im Krankheitsfall ist sichergestellt. Im Rahmen der Rückkehrformalitäten findet eine obligatorische körperliche Eingangsuntersuchung statt. Bei Hinweisen auf körperliche oder psychische Erkrankungen werden diese soweit möglich in den Einrichtungen, sonst in öffentlichen Einrichtungen behandelt. In den Aufnahmeeinrichtungen sind regelmäßig Ärzte präsent.

90

Soweit diesbezüglich teilweise auf die neueren Entwicklungen verwiesen wird, ergibt sich keine andere Bewertung. So entfiel zwar mit Wirkung vom 1. April 2016 das zuvor zur freien Verfügung stehende Bargeld in Höhe von 24 Euro monatlich. Auch der zuvor gewährte Zuschuss im Rahmen der Einschulung für Asylbewerber wird nach den vorliegenden Erkenntnisquellen nicht mehr geleistet. Mit Wirkung vom 1. Juni 2016 ist nunmehr auch das Integrationsunterstützungsprogramm für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte entfallen. Der Flüchtlingsstatus wird im Drei-Jahres-Turnus überprüft, ebenso der Status der subsidiär Schutzberechtigten. Nach Anerkennung als Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigter müssen die Schutzberechtigten innerhalb von 60 statt wie zuvor 30 Tagen das Aufnahmezentrum verlassen. Der automatische Zugang zum Gesundheitssystem ist nunmehr auf sechs Monate statt zuvor ein Jahr ab Anerkennung begrenzt.

91

Insofern sind von den Gesetzesänderungen in erster Linie anerkannte Schutzberechtigte betroffen. Deren Situation ist jedoch bereits nicht geeignet, systemische Mängel bezüglich des Asylsystems sowie der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber zu begründen. Denn es handelt sich bei Asylbewerbern und anerkannten Schutzberechtigten um unterschiedliche Vergleichsgruppen. Darüber hinaus sind auch keine systemischen Mängel für anerkannte Schutzberechtigte ersichtlich. Die europarechtlichen Verpflichtungen bezüglich Ausländern mit einem internationalen Schutzstatus beurteilen sich nach Kapitel 7 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung) (Qualifikationsrichtlinie). Danach haben subsidiär Schutzberechtigte Zugang zur Beschäftigung (Artikel 26), zur Bildung (Artikel 27), zur medizinischen Versorgung (Artikel 30), zu Sozialhilfeleistungen in dem Umfang wie sie auch Staatsangehörige dieses Mitgliedstaates erhalten (Artikel 29), und zu Wohnraum zu Bedingungen, die den Bedingungen gleichwertig sind, die für andere Drittstaatsangehörige gelten, die sich rechtmäßig in den jeweiligen Hoheitsgebiet aufhalten (Artikel 32). Eine Verletzung dieses Rechts auf Gleichstellung mit ungarischen Staatsbürgern bzw. anderen Drittstaatsangehörigen ist weder von dem Kläger geltend gemacht, noch sonst ersichtlich. Soweit für Schutzberechtigte eine schwierige wirtschaftliche Situation vorliegt, stellt auch dies keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar. Weder Artikel 3 EMRK noch Artikel 4 der Grundrechtecharta der Europäischen Union schließen eine allgemeine Verpflichtung ein, Flüchtlingen bzw. Schutzberechtigten finanzielle Unterstützung zu gewähren, um ihnen zu ermöglichen, einen bestimmten Lebensstandard aufrechtzuerhalten (vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 26. April 2005, Müslim v. Türkei, Aktenzeichen 53556/99, zitiert nach Hudoc, Rn. 85; vgl. zur Frage der Abschiebung in schlechte wirtschaftliche bzw. humanitäre Bedingungen auch Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Beschluss vom 2. April 2013, Samsam Mohammed Hussein und andere v. Niederlande und Italien, Aktenzeichen 22725/10, zitiert nach Hudoc, Rn. 70; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 28. Juni 2011, Sufi und Elmi v. Vereinigtes Königreich, Aktenzeichen 8319/07 und 11449/07, zitiert nach Hudoc, Rn. 278; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31. Januar 2013, Aktenzeichen 10 C 15/12, zitiert nach juris, Rn. 23 ff).

92

Auch soweit Asylbewerbern anders als zuvor kein frei zur Verfügung stehendes Bargeld sowie kein Zuschuss im Rahmen der Einschulung mehr gewährt werden, ist dies nicht geeignet, systemische Mängel zu begründen.

93

e. Soweit zur Begründung systemische Mängel im ungarischen Asylsystem die dortige Einrichtung von Transitzonen sowie die Strafbarkeit des Übertretens oder Beschädigens von Sperranlagen angeführt wird, führt dies ebenfalls nicht dazu, dass der Kläger nicht nach Ungarn überstellt werden dürfte.

94

Die Einrichtung von Transitzonen ist ausdrücklich als Verfahrensmöglichkeit in Artikeln 31 Absatz 8, 43 Verfahrensrichtlinie vorgesehen. Danach können die Mitgliedstaaten nach Maßgabe der Grundsätze und Garantien nach Kapitel II Verfahren festlegen, um an der Grenze oder in Transitzonen des Mitgliedstaats über die Zulässigkeit eines an derartigen Orten gestellten Antrags gemäß Artikel 33 sowie die die Begründetheit eines Antrags in einem beschleunigten Verfahren entscheiden, wobei bestimmte Voraussetzungen vorliegen müssen, Artikel 43 Absatz 1, 31 Absatz 8 Verfahrensrichtlinie. Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen oder insofern systemische Mängel vorliegen, kann aber vorliegend offen bleiben, weil auch ein entsprechender Verstoß nicht geeignet wäre, die Rechtsposition des Klägers zu beeinflussen. Insofern können Dublin-Rückkehrer von Verfahrensregelungen, die allein an den Grenzen bzw. in Transitzonen befindliche Antragsteller erfassen, bereits dem Grunde nach nicht betroffen sein.

95

Auch die etwaige Strafbarkeit des Überschreitens oder Beschädigens von Sperranlagen betrifft den Kläger bereits nicht. Im Übrigen setzt die Strafbefreiung des Artikel 31 Absatz 1 Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK) voraus, dass, dass sich der Ausländer nach seiner Einreise unverzüglich bei den Behörden meldet und die Gründe darlegt, welche die unrechtmäßige Einreise oder den unrechtmäßigen Aufenthalt rechtfertigen. Sie ist getragen von dem Gedanken, dass einem Flüchtling die Verletzung von Einreise und Aufenthaltsvorschriften nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, wenn er nur auf diese Weise Schutz vor politischer oder sonstiger Verfolgung erlangen kann und erfasst die Strafbarkeit der unerlaubten Einreise und nicht damit verbundene Begleitdelikte. (ausführlich dazu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 8. Dezember 2014, Aktenzeichen 2 BvR 450/11, zitiert nach juris, Rn 33-58). Aus dem Bericht des UNHCR vom Mai 2016 ergibt sich, dass der Großteil der wegen illegaler Überquerung des Grenzzaunes zwischen dem 15. September 2015 und März 2016 verurteilten Angeklagten bereits keinen Asylantrag stellten. Soweit Asylanträge im Rahmen des Strafgerichtsverfahrens gestellt worden seien, habe das Gericht Artikel 31 GFK jeweils nicht angewendet. In einem Fall sei dies unter anderem damit begründet worden, dass der Angeklagte erst im Rahmen der Strafgerichtsverhandlung, drei Tage, nachdem er von einem Polizeibeamten aufgegriffen worden sei, einen Asylantrag gestellt habe (UNHCR, Bericht vom Mai 2016, Rn. 60).

96

f. Auch im Übrigen sind keine Gründe für die Annahme systemischer Mängel des ungarischen Asyl- und Aufnahmesystems, die die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Klägers bei einer Rücküberstellung nach Ungarn begründen würden, ersichtlich.

97

Inwiefern es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 GR-Charta bzw. Artikel 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war, ist nicht entscheidend (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 6. Juni 2014, Aktenzeichen 10 B 35.14, zitiert nach juris, Rn. 6). Solche Einwände gegen die Verfahrens- oder Aufnahmebedingungen in Ungarn hätte der Kläger dort geltend zu machen, und zwar notfalls unter Inanspruchnahme ungarischer und europäischer Gerichte.

98

2. Die Abschiebung des Klägers kann auch durchgeführt werden, § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylG.

99

Die Aufnahmebereitschaft Ungarns steht nicht in Frage(a). Ein inlandsbezogenes Vollzugshindernis liegt nicht vor (b).

100

a. Die Aufnahmebereitschaft Ungarns steht nicht in Frage. Rücküberstellungen nach Ungarn finden statt. Nach aktuellen Erkenntnissen (Ungarisches Helsinki-Komitee, Bericht vom 1. August 2016) wurden von Januar bis Juni 2016 348 Personen im Rahmen des Dublin-Systems nach Ungarn zurückgeführt, darunter 180 Personen aus Deutschland.

101

b. Auch inlandsbezogene Vollzugshindernisse liegen nicht vor.

102

Diese ergeben sich nicht aus der vom Kläger geplanten Heirat mit einer deutschen Staatsangehörigen.

103

Über einen Aufenthaltstitel zur Eheschließung in Deutschland verfügt der Kläger nicht.

104

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen der bevorstehenden Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen und einer daraus resultierenden Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Absatz 2 AufenthG wegen der aus Artikel 6 GG geschützten Eheschließungsfreiheit (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 4. Mai 1971, Aktenzeichen 1 BvR 636/68, zitiert nach juris, Leitsatz und Rn. 29-32). Dies würde voraussetzen, dass die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht. Letzteres ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist (Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 1. Oktober 2014, Aktenzeichen 2 M 93/14, zitiert nach juris, Leitsatz, Orientierungssatz 2 und Rn. 4; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11.März 2010, Aktenzeichen 19 CE 10.364, zitiert nach juris, Rn. 3-5).

105

Dabei kann offen bleiben, ob eine Mitteilung des Standesamts nach § 13 Absatz 4 PStG, dass die Eheschließung vorgenommen werden kann, vorliegen muss oder es ausreichend ist, wenn die Verlobten die nach § 12 Absatz 2 PStG und ggf. § 13 Absatz 1 PStG zur Anmeldung der Ehe notwendigen Urkunden eingereicht haben und, soweit kein Ehefähigkeitszeugnis nach § 1309 Absatz 1 BGB für den ausländischen Verlobten beigebracht werden kann, ein Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses nach § 1309 Absatz 2 BGB gestellt wird und dem Standesbeamten im Hinblick auf den gestellten Befreiungsantrag alle aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen vorliegen (soBayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 27. Februar 2008, Aktenzeichen 19 CS 08.216, zitiert nach juris, Rn. 13-15; weitergehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 1. Oktober 2014, Aktenzeichen 2 M 93/14, zitiert nach juris, Leitsatz, Orientierungssatz 2 und Rn. 4, das verlangt, dass in einem solchen Fall die Befreiung durch den Präsidenten des zuständigen Oberlandesgerichts nach § 1309 Absatz 2 BGB erteilt worden ist).

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Denn der Kläger hat nach keinem dieser Maßstäbe geltend gemacht, dass eine Eheschließung mit seiner deutschen Verlobten unmittelbar bevor steht. Er macht zwar geltend, dass er seit Mai 2016 mit einer deutschen Staatsangehörigen verlobt sei. Sie haben vorgehabt, im Juli 2016 zu heiraten. Dieser Schritt sei jedoch schwer, weil das Standesamt viele Papiere, unter anderem den syrischen Ausweis des Klägers und seine Geburtsurkunde benötige. Insofern müssten sie noch warten bezüglich eines Heiratstermins, da sie erst bei vorliegenden Papieren einen Termin erhielten. Damit ist erkennbar, dass dem Standesamt die notwendigen Papiere zur Prüfung der Ehevoraussetzungen bisher nicht vorliegen, sondern vielmehr seitens des Klägers, der über diese selbst auch nicht verfügt, noch besorgt werden müssen. Vor diesem Hintergrund erscheint ein Eheschließungstermin derzeit völlig offen. Auf die Vorwirkungen einer bevorstehenden Ehe kann sich der Kläger deshalb derzeit nicht mit Erfolg berufen.

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Auch aus der vom Kläger vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ergibt sich kein Abschiebungshindernis. Zwar kann die Abschiebung rechtlich unmöglich sein,

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„wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche – außerhalb des Transportvorgangs – eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren [...]. Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist“.

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(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. September 2014, Aktenzeichen 2 BvR 732/14, zitiert nach juris, Rn. 14,15)

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Vorliegend ist eine solche Reiseunfähigkeit jedoch nicht ersichtlich. Die vorlegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nicht ansatzweise zur Glaubhaftmachung einer psychischen Erkrankung des Klägers geeignet. Anders als im rein somatisch-medizinischen Bereich, wo äußerlich feststellbare objektive Befundtatsachen im Mittelpunkt stehen, sind zur Diagnose einer schweren depressiven Störung innerpsychische Vorgänge in den Blick zu nehmen, die sich einer Erhebung äußerlich-objektiver Befundtatsachen weitgehend entziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 11. September 2007, Aktenzeichen 10 C 8.07, zitiert nach juris, Rn. 15) gehört zur Substantiierung des Vorbringens einer solchen Erkrankung angesichts der Unschärfen des Krankheitsbilds und seiner vielfältigen Symptomatik regelmäßig die Vorlage eines fachärztlichen Attests, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Die vorliegende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, mit der nach sechsmonatigem Aufenthalt erstmals eine Geltendmachung einer entsprechend Erkrankung erfolgte, zum Zeitpunkt, als der Verhandlungstermin angesetzt war, erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Sie bescheinigt zudem auch allein eine Arbeitsunfähigkeit, trifft aber keinerlei Aussagen zu einer Reisefähigkeit des Klägers.

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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO, § 83b AsylG.

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IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.