Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Okt. 2017 - AN 9 K 16.02219

bei uns veröffentlicht am25.10.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2016 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist in Ziffer 2) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Werkstatt mit Büros zu einem Bordellbetrieb.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke …, FlNrn. … und … (Werk 1) und …, FlNr. … (Werk 2), jeweils Gemarkung … in … Sie betreibt auf den Grundstücken eine industrielle Produktion von Getriebeteilen für die Automobilindustrie.

Die Beigeladene ist Eigentümerin des Anwesens …, FlNr. … Gemarkung … (Baugrundstück), das nach dem Vortrag des Klägervertreters, dem die Beklagte und die Beigeladene nicht entgegengetreten sind, eine Entfernung von ca. 84 m zur Produktionshalle des Werks 2 der Klägerin sowie von ca. 135 m zur Produktionshalle des Werks 1 sowie eine Entfernung von ca. 20 m zu einem zum Werk 1 verlaufenden Betriebs Weg der Klägerin aufweist. Das Baugrundstück ist im nordwestlichen Teil mit einem zweigeschossigen Gebäude bebaut, das im Westen unmittelbar an das Wegegrundstück FlNr. … angrenzt und im Südosten an ein weiteres zweigeschossiges Gebäude angebaut ist. Für dieses Gebäude war mit Baugenehmigung vom 24. Mai 1961 die Nutzung als Werkstatt mit Büro genehmigt worden.

Bei einer Ortseinsicht stellte die Baubehörde am 13. Oktober 2015 fest, dass dieses Gebäude in beiden Geschossen umgebaut worden war und die entstandenen Räume seit Mai 2015 gewerblich zum Zweck der Prostitution vermietet wurden.

Für das Gebiet besteht kein Bebauungsplan.

Mit am 17. Februar 2016 bei der Beklagten eingegangenem Bauantrag beantragte die Beigeladene die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung des bestehenden Gebäudes von Werkstatt mit Büros in einen Bordellbetrieb. Nach der Betriebsbeschreibung vom 7. Oktober 2016 in Verbindung mit den genehmigten Plänen sollen im Erdgeschoss drei und im Obergeschoss zwei Appartements eingerichtet werden, die möbliert als gewerbliche Einheit an Gewerbetreibende zur Prostitution vermietet werden sollen. Das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes soll unverändert bleiben, es werde auch keine Werbung angebracht. In den Räumen bestehe kein Ausschank, die Appartements würden an gewerbetreibende Personen vermietet, die dort ihre Kundschaft in Empfang nähmen. Die Gewerbetreibenden bestimmten die Arbeitszeiten völlig frei, es werde eine Arbeitszeit von 10:00 bis 24:00 Uhr empfohlen. Eine über den Bordellbetrieb hinausgehende Nutzung in Form einer Wohnnutzung oder Wohnersatznutzung der Beschäftigten sei ausgeschlossen.

Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 1. Juni 2016 erteilte die Beklagte ihr Einvernehmen zur geplanten Nutzungsänderung und führte aus, für das Vorhabensgebiet gebe es keinen Bebauungsplan, das Gebiet stelle ein faktisches Industriegebiet nach § 9 BauNVO dar. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts falle ein Bordellbetrieb, in dem die Beschäftigten nicht wohnten, unter den Begriff der „Gewerbebetriebe aller Art“. Diese seien nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein im GI zulässig. Das hier vorliegende Gebiet beherberge bisher überwiegend erheblich belästigende Gewerbebetriebe, der beantragte Bordellbetrieb sei aufgrund seiner geringen Größe nicht geeignet, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets bleibe erhalten (weiterhin vorwiegend erheblich belästigende Betriebe). Eine über den Bordellbetrieb hinausgehende Nutzung in Form einer Wohnnutzung, Wohnersatznutzung oder Nutzung als regelmäßige Übernachtungsstätte der Beschäftigten werde in der Betriebsbeschreibung durch den Antragsteller ausgeschlossen, eine solche wäre auch nicht zulässig.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, das Vorhaben sei hier nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, da es sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge und die Erschließung gesichert sei. Ein Bordell sei als Gewerbebetrieb aller Art gemäß § 9 Abs. 1 BauNVO hier allgemein zulässig im vorliegenden faktischen Industriegebiet, der Betrieb sei wegen seiner geringen Größe auch nicht geeignet, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets bleibe erhalten. In Auflage Nr. 3 wurde noch festgelegt, dass das Vorhaben vier zusätzliche Stellplätze für Kraftfahrzeuge auslöse, so dass zusammen mit einer Altforderung von elf Kfz-Stellplätzen nunmehr 15 Kfz-Stell-plätze nachzuweisen seien.

Mit am 16. November 2016 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz ließ die Klägerin Klage gegen die Stadt … erheben, mit dem Antrag den Bescheid vom 20. Oktober 2016 aufzuheben.

Zugleich wurde beantragt,

das Verfahren auszusetzen, um eine Entscheidung des BayVGH im Verfahren 15 ZB 15.1632 abzuwarten.

In diesen Verfahren habe der BayVGH die Berufung gegen ein Urteil des VG Augsburg wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeit zugelassen, dort solle die Rechtsfrage geklärt werden, ob Bordelle und bordellähnliche Betriebe grundsätzlich mit der Zweckbestimmung eines Industriegebiets vereinbar seien oder nicht.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, das gegenständliche Vorhaben sei als Gewerbebetrieb im Industriegebiet planungsrechtlich zulässig. Der Auffassung des BayVGH in seiner Entscheidung vom 19. Oktober 2015 zur generellen Gebietsunverträglichkeit von Bordellen im Industriegebiet sei nicht zu folgen. Der Wortlaut des § 9 Abs. 1 BauNVO sei eindeutig, demnach dienten Industriegebiete vorwiegend solchen Betrieben, die in anderen Baugebieten unzulässig seien, daraus ergebe sich, dass auch in einem Gewerbegebiet zulässige Betriebe, wie etwa die in Abs. 2 Nr. 1 genannten Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe in einem Gewerbegebiet zulässig seien. Auch sei es widersprüchlich, wenn der BayVGH einerseits die Genehmigungsfähigkeit von erheblich belästigenden Bordellbetrieben im Gewerbegebiet für möglich halte, er jedoch anderseits eine Gebietsverträglichkeit von Bordellbetrieben wegen der Empfindlichkeit gegenüber Lärm und anderen Immissionen in Frage stelle. Den Kunden und Angestellten großer und damit erheblich belästigender Bordellbetriebe sollten also die Immissionen aus benachbarten Gewerbebetrieben zumutbar sein, während dies bei Kunden und Angestellten von kleinen Betrieben, die selbst nicht störend seien, nicht der Fall sei.

Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2017 trug der Klägervertreter vor, der BayVGH habe im genannten Verfahren nunmehr mit Urteil vom 27. Januar 2017 entschieden, allerdings die hier entscheidende Frage offen gelassen. Damit verbleibe es bei der Rechtsprechung des BayVGH im Urteil vom 19. Oktober 2015 - 1 B 15.886, wonach Bordellbetriebe in Industriegebieten bei typisierender Betrachtungsweise grundsätzlich gebietsunverträglich und daher bauplanungsrechtlich unzulässig seien.

Mit Schreiben vom 14. September 2017 trug die Beklagte weiter vor, die Klage sei unbegründet. Für das betroffene Grundstück bestehe kein Bebauungsplan, es liege hier ein faktisches Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO vor. Bordelle seien dort als Gewerbebetrieb aller Art allgemein zulässig. Die von der Klägerin zitierten Urteile stünden dem nicht entgegen. Das Urteil des 15. Senats des BayVGH vom 27. Januar 2017 habe die Frage der Zulässigkeit von Bordellbetrieben in Industriegebieten offen gelassen. Der Auffassung des 1. Senats des BayVGH im Urteil von 19. Oktober 2015 sei nicht zu folgen, da die Ausführungen widersprüchlich und mit § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BauNVO unvereinbar seien. Dies ergebe sich schon aus dem Wort „vorwiegend“ in § 9 Abs. 1 BauNVO, aber auch daraus, dass § 9 Abs. 2 BauNVO eine Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes in § 9 Abs. 1 BauNVO darstelle. Indem Bordellbetriebe nach herrschender Ansicht unter Gewerbebetriebe aller Art zu fassen seien, stellten diese allgemein zulässige Betriebe dar (BVerwG, B.v. 5.6.2014 – 4 BN 8.14). Im Übrigen sei auch die Begründung des BayVGH widersprüchlich, unklar bleibe, weshalb den Besuchern und Betreibern von nicht erheblich belästigenden kleinen Bordellbetrieben weniger Störungen zugemutet werden könnten als den Besuchern und Betreibern von erheblich belästigenden großen Bordellbetrieben. Im Übrigen bleibe angesichts der geringen Größe des Vorhabens die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets erhalten, das Vorhaben besitze kein bodenrechtlich beachtliches Störpotential.

Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2017 verteidigte der Klägervertreter die Entscheidung des BayVGH vom 19. Oktober 2015. Diese überzeuge gerade auf der Grundlage des § 9 BauNVO und seiner ratio legis. Industriegebiete seien von ihrer gesetzlichen Grundkonzeption gerade dem Betrieb von störenden Gewerbetrieben vorbehalten, sie schlossen sensible Nutzungen strikt aus. So habe das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 18.11.2010 – 4 C 10.09) ausgeführt, die Unterbringung erheblich störender Betriebe sei deshalb dem Industriegebiet vorbehalten und zugleich dessen Hauptzweck. Dementsprechend habe der BayVGH zu Recht ausgeführt, Bordellbetriebe jedenfalls der hier vorliegenden Art erreichten anders als möglicherweise im Einzelfall erheblich belästigende Bordellbetriebe, trotz abendlichen Besuchsverkehrs und milieubedingter Unruhe die Schwelle der erheblichen Belästigungen nicht und könnten deshalb entsprechend ihren Anforderungen an das Baugebiet grundsätzlich in Gewerbegebieten untergebracht werden. Seien derartige Bordellbetriebe aber nicht auf die Unterbringung in einem Industriegebiet angewiesen, so vertrage sich die Zulassung von Bordellbetrieben, die zudem gegen industriegebietstypische Störungen, wie beispielsweise Lärm und andere Immissionen, empfindlich sein könnten, nicht mit der allgemeinen Zweckbestimmung von Industriegebieten, die für erheblich störende Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig seien, offen gehalten werden sollten. Da Bordellbetriebe zumindest eine innerliche Nähe zu Vergnügungsstätten aufwiesen, werde die Gebietsverträglichkeit derartiger Betriebe zudem dadurch bestätigt, dass Vergnügungsstätten in Industriegebieten – anders als in Gewerbegebieten – nicht einmal ausnahmsweise zulässig seien. Die Differenzierung nach dem Störgrad von Bordellbetrieben sei deshalb geboten, sie liege auch auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der maßgebliche Bedeutung für die Frage, welches Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung des Industriegebiets unverträglich sei, die Anforderungen des jeweiligen Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet und die Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs hätten. Da Industriegebiete der einzige Baugebietstyp der BauNVO seien, in dem erheblich störende Gewerbebetriebe untergebracht werden könnten, seien die in § 9 Abs. 3 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten nur dann ohne weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich seien und deshalb mit dem Hauptzweck des Industriegebiets nicht in Konflikt geraten könnten. Die höchstrichterliche Rechtsprechung stelle also maßgeblich auf das Störpotential des Vorhabens ab, ebenso wie der BayVGH in dem zitierten Urteil. Das hier genehmigte Vorhaben sei ein Kleinstbordell mit lediglich fünf möblierten Appartements mit einer Größe von ca. 12 bis ca. 25 m² und einer Gesamtnutzfläche von 144,89 m². Der Mehrbedarf betrage vier Stellplätze, der Betrieb verfüge nach dem Vortrag der Beklagten weder über einen Ausschank noch über eine Bar, Restaurant, Tanzfläche oder weitere dem Publikum zu dienende Räume. Ein erheblicher Publikumsandrang sei ebenso wenig zu erwarten wie entsprechender Zu- und Abfahrtsverkehr, auch verfüge das Etablissement nicht einmal über eine Tafel oder werbeähnliche Außenbeleuchtung. In dem vom BayVGH mit Urteil vom 19. Oktober 2015 entschiedenen Fall sei ein Sachverhalt zugrunde gelegt, in dem ein ehemals als Ton- und Fitnessstudio genehmigtes Gebäude für die Vermietung von 12 Zimmern an selbstständige Prostituierte, die dort nicht wohnten, geändert werden sollte. Das Bordell im Fall des BayVGH sei also nach demselben Konzept betrieben worden wie das hier gegenständliche, habe aber über sieben Zimmer mehr verfügt. Trotzdem habe der BayVGH dort keinen im Einzelfall erheblich belästigenden Bordellbetrieb angenommen, so dass hier erst recht kein solcher vorliegen könne. Der beantragte Bordellbetrieb sei deshalb gerade aufgrund seiner geringen Größe geeignet, bodenrechtliches Störpotential im faktischen GI zu entfalten und sei daher gebietsunverträglich.

In der mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2017 waren die Klägerin und die Beklagte vertreten und stellten die schriftsätzlich angekündigten Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Das mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Oktober 2016 genehmigte Bauvorhaben der Beigeladenen liegt ebenso wie die Werke 1 und 2 der Klägerin im selben faktischen Industriegebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO, dies entspricht dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien ebenso wie der Überzeugung der Kammer.

In dem hier vorliegenden faktischen Industriegebiet ist die genehmigte Nutzung in Form eines kleinen Bordells bauplanungsrechtlich unzulässig, die Klägerin hat deshalb einen Abwehranspruch gegen das genehmigte Vorhaben in Form eines Anspruchs auf Erhaltung des vorliegenden Baugebiets.

Die Klägerin kann sich auch in dem hier vorliegenden faktischen Baugebiet auf den Abwehranspruch gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung unabhängig von einer sie selbst treffenden unzumutbaren Beeinträchtigung berufen, da sich aus der Gleichstellung geplanter und faktischer Baugebiete im Sinn der Baunutzungsverordnung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB ergibt, dass ein identischer Nachbarschutz schon vom Bundesgesetzgeber festgelegt worden ist (BVerwG, B.v. 22.12.2011 – 4 B 32/11). Die hier genehmigte Nutzung des vorhandenen Gebäudes auf dem Baugrundstück als kleines Bordell mit fünf von der Beigeladenen an Prostituierte zu vermietenden Wohnungen ist im hier vorliegenden faktischen Baugebiet nach § 9 BauNVO bauplanungsrechtlich unzulässig.

Zwar geht die Kammer davon aus, dass es sich bei einem Bordellbetrieb der hier vorliegenden Art nicht um eine Vergnügungsstätte, sondern um einen „Gewerbebetrieb aller Art“ im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO handelt (vgl. BVerwG, B.v. 2.11.2015 – 4 B 32/15). Aber auch als Gewerbebetrieb aller Art ist ein Bordellbetrieb im hier vorliegenden Umfang wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit im Industriegebiet grundsätzlich unzulässig. Die Kammer folgt insofern der Entscheidung des 1. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Oktober 2015 (1 B 15.886). Der 1. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat in der zitierten Entscheidung Folgendes ausgeführt:

„Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine von der Baunutzungsverordnung bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, hier also die angenommene Einordnung eines Bordells als Gewerbebetrieb nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung, die durch die Zuordnung von Nutzungen zu den einzelnen Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinn einer sachgerechten Städtebaupolitik bringen will. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die von der Baunutzungsverordnung dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.2012 – 4 C 14.10 -, BayVBl. 2012, 571). Dabei besteht zwischen der Zweckbestimmung des Baugebiets und den jeweils zugeordneten Nutzungsarten ein funktionaler Zusammenhang, der für die Auslegung und Anwendung jeder tatbestandlich normierten Nutzungsart maßgeblich ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2002 – 4 C 1.02, BVerwGE 116, 155).

Von entscheidender Bedeutung für die Frage, welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Baugebiets unverträglich sind, sind die Anforderungen des jeweiligen Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet sowie die Erfüllung eines spezifischen Gebietsbedarfs. Entscheidend ist, ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht verträgt (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.2012 a.a.O.).

Gemäß § 9 Abs. 1 BauNVO dienen Industriegebiete ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend von erheblich belästigenden Betrieben, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

Bordellbetriebe jedenfalls der hier vorliegenden Art erreichen jedoch – anders als möglicherweise im Einzelfall erheblich belästigende Bordellbetriebe – trotz (abendlichen) Besucherverkehrs und milieubedingter Unruhe die Schwelle der erheblichen Belästigung nicht und können daher entsprechend ihren Anforderungen an das Baugebiet grundsätzlich in Gewerbegebieten untergebracht werden (BVerwG, U.v. 25.11.1983 – 4 C 21.83, BVerwGE 68, 213; Stock in König/Röser/Stock, a.a.O., § 8 Rn. 22). Sind derartige Bordellbetriebe aber nicht auf die Unterbringung in einem Industriegebiet angewiesen, so verträgt sich die Zulassung von Bordellbetrieben, die zudem gegen industriegebietstypische Störungen, wie beispielsweise Lärm oder andere Immissionen, empfindlich sein können, nicht mit der allgemeinen Zweckbestimmung von Industriegebieten, die für (erheblich störende) Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind, offengehalten werden sollen (BVerwG, U.v. 25.11.1983 a.a.O., S. 217). Da Bordellbetriebe zumindest eine inhaltliche Nähe zu Vergnügungsstätten aufweisen, wird die Gebietsunverträglichkeit derartiger Betriebe zudem durch die Tatsache bestätigt, dass Vergnügungsstätten in Industriegebieten – anders als in Gewerbegebieten (s. § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO) – nicht einmal ausnahmsweise zulässig sind.“

Die Kammer folgt diesen Ausführungen, sodass auch nach Überzeugung der Kammer kleine Bordellbetriebe wie das hier vorliegend genehmigte Vorhaben weder grundsätzlich noch ausnahmsweise im Industriegebiet zulässig sind.

Die von der Beklagten gegen die Entscheidung des 1. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vorgetragenen Einwendungen überzeugen die Kammer nicht. Zwar führt der Beklagtenvertreter zu Recht aus, dass sowohl nach § 9 Abs. 2 wie auch nach § 13 BauNVO Nutzungen im Industriegebiet zulässig sind, die auch in anderen Baugebieten untergebracht werden können. Dies steht aber nicht der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vertretenen Auffassung entgegen, die Zweckbestimmung des Industriegebiets sei gerade die Unterbringung von erheblich störenden Gewerbebetrieben, also solchen, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. Zum anderen führt der 1. Senat in der genannten Entscheidung zu Recht aus, dass Bordellbetriebe zumindest eine inhaltliche Nähe zu Vergnügungsstätten aufweisen, welche in Industriegebieten nicht einmal ausnahmsweise zulässig sind. Aus der Tatsache, dass in § 9 Abs. 2 BauNVO etwa Lagerhäuser und Lagerplätze im Industriegebiet zulässig sind, die gleichzeitig auch in einem Gewerbegebiet untergebracht werden können, folgt nach Überzeugung der Kammer nicht zwingend, dass deswegen auch kleine Bordellbetriebe dort generell zulässig sind. Demgegenüber führt der 1. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu Recht an, dass Bordellbetriebe, wie der hier gegenständliche, selbst störungsempfindlich gegen Lärm und andere Immissionen sind, was sie etwa von den Lagerplätzen und Lagerhäusern unterscheidet. Auf die Frage, ob eine Differenzierung zwischen kleinen und großen Bordellbetrieben im Hinblick auf ihre Zulässigkeit im Industriegebiet vorzunehmen ist, kam es hier nicht an, da es sich ersichtlich gegenständlich um einen kleinen Bordellbetrieb handelt, der noch deutlich den Umfang des Vorhabens unterschreitet, das Gegenstand der zitierten Entscheidung des 1. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gewesen ist.

Auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplans im Hinblick auf die Art der Nutzung scheidet hier aus. Zwar ist nach § 34 Abs. 2 BauGB die Befreiungsmöglichkeit nach § 31 Abs. 2 BauGB auch im faktischen Baugebiet entsprechend anzuwenden, wobei an Stelle der „Grundzüge der Planung“ die sich hier aus der vorhandenen Bebauung, also der tatsächlichen städtebaulichen Situation und ihrer die Art der Nutzung im Wesentlichen tragenden Elemente, treten; dies bedeutet, dass die Zweckbestimmung, die in den Baugebietsvorschriften nach der BauNVO jeweils festgelegt ist, nicht berührt werden darf (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Rn. 82 zu § 34 BauGB). Da hier der genehmigte Betrieb der Zweckbestimmung des Industriegebiets gerade zuwiderläuft, scheitert eine Befreiung hier schon daran, dass die Grundzüge der Planung durch die Genehmigung des Vorhabens berührt werden.

Damit kommt es auf die Frage, ob § 15 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 BauNVO dem Vorhaben entgegenstehen, nicht an.

Damit ist die Klage begründet, die Klägerin hat einen Anspruch auf Aufhebung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene sich nicht am Verfahren beteiligt hat, steht ihr auch kein Kostenersatz nach § 162 Abs. 3 VwGO zu. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, § 709 ZPO.

Die Berufung war hier zuzulassen gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Zwar liegt die zitierte Entscheidung des 1. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Frage der Zulässigkeit von kleinen Bordellbetrieben in einem Industriegebiet vor, der 15. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 7.9.2016 – 15 ZB 15.1632) hat diese Frage aber ebenso offengelassen wie der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 25.11.1983 – 4 C 21/83). Weitere obergerichtliche Entscheidungen zu dieser Frage liegen soweit ersichtlich nicht vor, während verschiedene Verwaltungsgerichte (VG Augsburg, U.v. 7.5.2015 – Au 5 K 14.637, VG Freiburg, U.v. 24.10.2000 – 4 K 1178/99, VG München, U.v. 4.11.2014 – M 1 K 14.3459) von der generellen Zulässigkeit von Bordellbetrieben im Industriegebiet ausgehen. Damit hat die Sache nach Überzeugung der Kammer grundsätzliche Bedeutung, und bedarf einer obergerichtlichen Klärung.

Der Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG, wobei im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung der Sache für die Klägerin der angesetzte Betrag der Kammer als angemessen erscheint, während der vom Beklagtenvertreter befürwortete Betrag von 7.500,00 EUR hier nach Auffassung der Kammer der Bedeutung der Sache für die Klägerin nicht gerecht wird.

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Okt. 2017 - AN 9 K 16.02219 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


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Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

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(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

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(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. (2) Zulässig sind1.Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung

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Gründe I. 1 Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung

Referenzen

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 1 B 15.886

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 19. Oktober 2015

Az.: M 1 K 14.3459

1. Senats

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte: Bordellbetrieb; Industriegebiet.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...,

gegen

Stadt ...

vertreten durch die Oberbürgermeisterin, ...

- Beklagte -

beigeladen:

1. ...

2. ...

vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden, ...

bevollmächtigt zu 1: ...

beteiligt: Landesanwaltschaft Bayern, als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen

Verpflichtung zur Erteilung eines Vorbescheids für die Nutzungsänderung in einen Bordellbetrieb (FlNr. ... Gemarkung ...);

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. November 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Lorenz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. Oktober 2015 am 19. Oktober 2015 folgendes

Urteil:

I.

Unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. November 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung eines Vorbescheids für die Nutzungsänderung eines Tonstudios in ein Bordell bzw. einen bordellartigen Betrieb (im Folgenden: Bordellbetrieb) im zweiten Obergeschoss des Gebäudes G. Straße ... in R., FlNr. ... Gemarkung R. ...

In den ehemals als Ton- und Fitnessstudio genehmigten Räumen ist die Vermietung von zwölf Zimmern an selbstständige Prostituierte‚ die dort nicht wohnen‚ geplant. Der Betrieb soll jeweils von 8.00 Uhr morgens bis 6.00 Uhr morgens des folgenden Tages, mittwochs erst ab 12.00 Uhr und sonntags erst ab 13.00 Uhr geöffnet sein. Das Anwesen G. Str. ... liegt in dem durch den Bebauungsplan Nr. ... „O. ...“ im Jahr 1984 festgesetzten Industriegebiet. Im ersten Obergeschoss des Gebäudes befinden sich unmittelbar unterhalb des geplanten Bordellbetriebs baurechtlich genehmigte Kirchen- und Beträume der Religionsgemeinschaft „B.“. Im ca. 80 m entfernt liegenden Anwesen G. Straße ...‚ das zu einem im Bebauungsplan als Gewerbegebiet festgesetzten Bereich gehört‚ wird eine ebenfalls baurechtlich genehmigte Moschee der islamischen Religionsgemeinschaft „M.“ betrieben.

Mit Bescheid vom 14. Juli 2014 lehnte die Beklagte den Vorbescheidsantrag ab. Es handle sich bei dem beantragten Betrieb zwar um einen im Industriegebiet allgemein zulässigen Gewerbebetrieb. Die geplante Nutzung verstoße jedoch gegen das Gebot der Rücksichtnahme‚ da bei typisierender Betrachtungsweise milieubedingte Störungen in der Umgebung zu erwarten seien; insbesondere handle es sich bei der beantragten Nutzung zu Prostitutionszwecken und den vorhandenen kirchlichen Nutzungen um konfligierende Nutzungen. Da das Haupttreppenhaus und der Aufzug im ersten Obergeschoss endeten‚ sei eine gemeinsame Nutzung nicht zu vermeiden.

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 4. November 2014 statt. Ein Bordellbetrieb sei nach den Kategorien der Baunutzungsverordnung als Gewerbebetrieb einzustufen und damit nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO in dem Industriegebiet allgemein zulässig. Er sei auch nicht ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme unzulässig. Aus der Charakteristik eines Industriegebiets ergebe sich‚ dass die dort ansässigen Nutzer nur den Schutzanspruch geltend machen könnten‚ der in einem solchen Gebiet zu erwarten sei. Der Beklagten sei zwar zuzugestehen‚ dass das im selben Gebäude befindliche „B.“ in Folge gemeinsamer Nutzung von Parkplatz‚ Eingang und Treppenbereich einer unmittelbaren Störung durch das geplante Vorhaben ausgesetzt sei. Allerdings finde derzeit im „B.“ nur einmal wöchentlich sonntags um 10.00 Uhr ein Gottesdienst statt‚ wohingegen die anderen nach dem Internetauftritt der F. angebotenen Veranstaltungen im sozialen Bereich der Kirchengemeinde lägen. Ein ungestörter Gottesdienstablauf am Sonntag um 10.00 Uhr sei deshalb gewährleistet‚ da der Bordellbetrieb erst um 13.00 Uhr beginne.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte und Berufungsführerin ihren Vortrag aus dem Verfahren in erster Instanz. Das Vorhaben sei im Hinblick auf § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO planungsrechtlich unzulässig.

Die Beklagte beantragt‚

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 4. November 2014 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte habe mit der Moschee und der F.-Gemeinde Ausnahmenutzungen zugelassen‚ die störempfindlich seien und im Industriegebiet nicht hätten genehmigt werden dürfen. Dieser Umstand müsse bei der Abwägung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO durchschlagen. Das bedeute‚ dass beide Einrichtungen mit allen Vor- und Nachteilen leben müssten‚ die typischerweise in einem Industriegebiet auftreten könnten. Religiöse Empfindungen seien keine städtebaulichen Gründe‚ die in bauplanungsrechtlichen Entscheidungen Eingang finden dürften.

Die Beigeladene zu 1 stellt den Antrag‚

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie schließt sich der Rechtsauffassung der Beklagten an und begründet den nach ihrer Ansicht vorliegenden Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

Die Beigeladene zu 2 stellt keinen Antrag.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreterin des öffentlichen Interesses beteiligt‚ sich aber nicht zur Sache geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behörden- und Gerichtsakten einschließlich der Niederschrift über die Durchführung des Ortstermins samt Fotodokumentation und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2014 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des geplanten Bordellbetriebs (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten und des Verwaltungsgerichts kommt es nicht darauf an‚ ob ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 BauNVO vorliegt. Denn der geplante Bordellbetrieb kann in dem durch den Bebauungsplan aus dem Jahr 1984 festgesetzten Industriegebiet, in dem u. a. zwei große Baufirmen mit Lagerplätzen ansässig sind, weder als Vergnügungsstätte noch als Gewerbebetrieb im Sinn von § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO genehmigt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Rechtslage nach der Baunutzungsverordnung 1968 und 1977 entschieden‚ dass ein Bordellbetrieb‚ in dem die Prostituierten - wie hier - nicht wohnen‚ unter den Begriff der „Gewerbebetriebe aller Art“‚ die in Gewerbegebieten nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig sind (BVerwG‚ U.v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68‚ 213)‚ fällt. Dabei hat es vor dem Hintergrund, dass Vergnügungsstätten in § 8 BauNVO 1977 nicht gesondert erwähnt waren, ausdrücklich offen gelassen, ob Bordellbetriebe Vergnügungsstätten im Sinn der Baunutzungsverordnung sind; jedenfalls seien sie (nur) eine atypische Art der von der Baunutzungsverordnung gemeinten Vergnügungsstätten. Auch unter Geltung der Baunutzungsverordnung 1990, mit der die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in Gewerbegebieten und Mischgebieten erstmals explizit und damit abschließend geregelt worden ist, wobei die Zulassung allerdings restriktiver gefasst worden ist als für „Gewerbebetriebe aller Art“ (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) oder für „sonstige Gewerbebetriebe“ (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO), hat das Bundesverwaltungsgericht die bauplanungsrechtliche Einordnung von Bordellbetrieben nicht rechtsgrundsätzlich geklärt (BVerwG‚ B.v. 29.10.1997 - 4 B 8.97 - NVwZ-RR 1998, 540; U.v. 12.9.2013 - 4 C 8.12 - BVerwGE 147, 379; vgl. auch BVerwG, B.v. 5.6.2014 - 4 BN 8.14 - ZfBR 2014, 574, wo ohne Auseinandersetzung mit dem Begriff der Vergnügungsstätte unter Hinweis auf das Urteil vom 25.11.1983 festgestellt wurde, es könne nicht zweifelhaft sein, dass Bordelle eine Unterart eines Gewerbebetriebs im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO darstellten).

Nach Auffassung des Senats kann die Frage der Einstufung von Bordellbetrieben hier offenbleiben.

Wenn man Bordellbetriebe der hier vorliegenden Art den Vergnügungsstätten zuordnen wollte (hierfür OVG Saarl‚ B.v. 30.6.2009 - 2 B 367/09 - juris; HessVGH‚ B.v. 30.4.2009 - 3 A 1284/08 - UPR 2010‚ 104; Ziegler in: Brügelmann‚ BauGB‚ Stand Juli 2015‚ § 4a Rn. 74)‚ so wäre der Betrieb des Klägers von vornherein unzulässig‚ weil Vergnügungsstätten nach dem Nutzungskatalog des § 9 BauNVO (1977) weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sind.

Etwas anderes ergibt sich aber auch nicht‚ wenn man mit der wohl überwiegenden Meinung davon ausgeht‚ dass es sich bei Bordellbetrieben um „Gewerbebetriebe aller Art“ handelt (so ausdrücklich VGH BW‚ B.v. 5.3.2012 - 5 S 3239/11 - VBlBW 2012‚ 345; OVG Hamburg‚ B.v. 13.8.2009 - 2 Bs 102/09 - BauR 2009, 1867; OVG Berlin-Bbg‚ B.v. 14.11.2005 - 10 S 3.05 - juris; OVG RhPf‚ U.v. 11.5.2005 - 8 C 10053/05 - BRS 69 Nr. 35; Fickert/Fieseler‚ BauNVO‚ 12. Aufl. 2014, § 8 Rn. 5.3 f.; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger‚ BauGB‚ Stand Mai 2015‚ § 8 Rn. 24 a; Röser in König/Röser/Stock‚ BauNVO‚ 3. Aufl. 2014‚ § 8 Rn. 22). Denn auch dann sind nach Auffassung des Senats Bordellbetriebe im Industriegebiet wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit grundsätzlich unzulässig.

Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine von der Baunutzungsverordnung bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, hier also die angenommene Einordnung eines Bordells als Gewerbebetrieb nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung, die durch die Zuordnung von Nutzungen zu den einzelnen Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinn einer sachgerechten Städtebaupolitik bringen will. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die von der Baunutzungsverordnung dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.2012 - 4 C 14.10 - BayVBl 2012, 571). Dabei besteht zwischen der Zweckbestimmung des Baugebiets und den jeweils zugeordneten Nutzungsarten ein funktionaler Zusammenhang, der für die Auslegung und Anwendung jeder tatbestandlich normierten Nutzungsart maßgeblich ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155). Von entscheidender Bedeutung für die Frage, welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Baugebiets unverträglich sind, sind die Anforderungen des jeweiligen Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet sowie die Erfüllung eines spezifischen Gebietsbedarfs. Entscheidend ist, ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht verträgt (vgl. BVerwG, U.v.2.2.2012 a. a. O.).

Gemäß § 9 Abs. 1 BauNVO dienen Industriegebiete ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben‚ und zwar vorwiegend von erheblich belästigenden Betrieben‚ die in anderen Baugebieten unzulässig sind. Bordellbetriebe jedenfalls der hier vorliegenden Art erreichen jedoch - anders als möglicherweise im Einzelfall erheblich belästigende Bordellbetriebe - trotz (abendlichen) Besucherverkehrs und milieubedingter Unruhe die Schwelle der erheblichen Belästigung nicht und können daher entsprechend ihren Anforderungen an das Baugebiet grundsätzlich in Gewerbegebieten untergebracht werden (BVerwG‚ U.v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68‚ 213; Stock in König/Röser/Stock‚ a. a. O., § 8 Rn. 22). Sind derartige Bordellbetriebe aber nicht auf die Unterbringung in einem Industriegebiet angewiesen, so verträgt sich die Zulassung von Bordellbetrieben, die zudem gegen industriegebietstypische Störungen, wie beispielsweise Lärm oder andere Immissionen, empfindlich sein können, nicht mit der allgemeinen Zweckbestimmung von Industriegebieten, die für (erheblich störende) Betriebe‚ die in anderen Baugebieten unzulässig sind‚ offengehalten werden sollen (BVerwG, U.v. 25.11.1983 a. a. O. S. 217). Da Bordellbetriebe zumindest eine inhaltliche Nähe zu Vergnügungsstätten aufweisen, wird die Gebietsunverträglichkeit derartiger Betriebe zudem durch die Tatsache bestätigt, dass Vergnügungsstätten in Industriegebieten - anders als in Gewerbegebieten (s. § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO) - nicht einmal ausnahmsweise zulässig sind.

Da auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplans ausscheidet, kommt es auf die Frage‚ ob § 15 Abs. 1 BauNVO der Bordellnutzung entgegensteht‚ im vorliegenden Fall nicht an. Der Umstand, dass eine Anlage in einem Baugebiet weder allgemein zulässig ist noch im Weg einer Ausnahme zugelassen werden kann, steht zwar der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB nicht von vornherein entgegen (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166). Im vorliegenden Fall berührt der Bordellbetrieb jedoch die Grundzüge der Planung. Wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden ist, war es stets das Bestreben der Stadt, das Industriegebiet ausschließlich der Ansiedlung von besonders störenden Gewerbebetrieben vorzubehalten. Der Begründung des Bebauungsplans vom 11. April 1983 kann entnommen werden, dass die Stilllegung eines im Plangebiet ansässigen Betriebs der Holzindustrie zum Anlass genommen wurde, das durch einen früheren Bebauungsplan festgesetzte Industriegebiet im Interesse der umliegenden Wohnbebauung auf das städtebaulich für erforderlich gehaltene Maß zu verkleinern. Umso wichtiger erscheint es, das Eindringen industriegebietsfremder Nutzungen in das reduzierte Industriegebiet zu verhindern.

Der unterliegende Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen (§ 154 Abs. 1 VwGO) einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1‚ die einen eigenen Antrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst‚ da sie keinen Antrag gestellt hat.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist zuzulassen‚ da die Frage‚ ob Bordellbetriebe - jedenfalls der hier vorliegenden Art - in Industriegebieten generell unzulässig sind‚ grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hierzu noch nicht ergangen ist.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Senat geht bei der Ermittlung des Streitwerts ebenso wie das Verwaltungsgericht von einem Betrag in Höhe von 5.000‚- Euro pro zur Vermietung geplantem Zimmer (insgesamt 60.000‚- Euro) aus und mindert diese Summe entsprechend‚ da lediglich die Erteilung eines Vorbescheids zur planungsrechtlichen Zulässigkeit inmitten steht (§ 47 Abs. 1‚ § 152 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Lagerplatzes. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs liegt das Grundstück des Klägers im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der dort ein Allgemeines Wohngebiet festsetzt. Das Grundstück des Beigeladenen liegt außerhalb des Plangebiets im nicht überplanten Innenbereich, den der Verwaltungsgerichtshof - zugunsten des Klägers unterstellt - als faktisches Mischgebiet i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO eingestuft hat.

II.

2

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

3

1. Die Rechtsache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde zumisst.

4

1.1 Die Frage,

ob (sich) bauplanerischer Nachbarschutz kraft Bundesrechts auch auf das Verhältnis des Eigentümers eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks zu dem Eigentümer eines Grundstücks, das zwar in einem faktischen Baugebiet, aber außerhalb des Plangebiets liegt, übertragen lässt,

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.

5

Soweit die Frage einer revisionsgerichtlichen Klärung zugänglich ist, lässt sie sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats ohne Weiteres im Sinne der berufungsgerichtlichen Entscheidung beantworten. Wie der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 16. September 1993 (BVerwG 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 <156>) ausgeführt hat, ergibt sich aus der Gleichstellung geplanter und faktischer Baugebiete im Sinne der Baunutzungsverordnung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB, dass ein identischer Nachbarschutz schon vom Bundesgesetzgeber festgelegt worden ist. Das bedeutet, dass § 34 Abs. 2 BauGB innerhalb von faktischen Baugebieten nachbarschützende Wirkung entfaltet. Der Grundsatz, dass sich ein Nachbar im Plangebiet auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden kann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird (Beschluss vom 18. Dezember 2007 - BVerwG 4 B 55.07 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 32 Rn. 5), lässt sich auf den Nachbarschutz in einem faktischen Baugebiet übertragen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kann daher das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des (faktischen) Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindert werden. Sind die Eigentümer der betroffenen Grundstücke - wie hier - nicht denselben rechtlichen Bindungen unterworfen, können sie auch nicht von dem jeweils anderen Eigentümer deren Einhaltung verlangen.

6

Soweit der Kläger zur Begründung des Klärungsbedarfs des Weiteren darauf hinweist, der Lagerplatz füge sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, die einem Mischgebiet entspreche, zeigt er nicht auf, dass dieser Gesichtspunkt entscheidungserheblich sein könnte. Feststellungen dazu, ob das Vorhaben - wie der Kläger geltend macht - den Gebietscharakter des faktischen Mischgebiets verändern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht getroffen.

7

1.2 Die Frage,

ob Auflagen, deren Überwachung zu einem ständigen Überwachungsproblem und somit zu einem nicht mehr vertretbaren Verwaltungsaufwand führen, zu einem Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot führen,

beruht auf Annahmen, von denen der Verwaltungsgerichtshof nicht ausgegangen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausführlich begründet, dass es sich bei den der Baugenehmigung beigefügten Auflagen um klare und präzise zeitliche und räumliche Vorgaben handele, die ohne Weiteres aus sich heraus verständlich seien und deren Einhaltung dem Beigeladenen damit auch möglich sei. Eine Überwachung der Einhaltung der Vorgaben scheitere auch nicht an einem hierfür notwendigen unvertretbaren Verwaltungsaufwand. Der im Betrieb des Beigeladenen eingesetzte Gabelstapler verfüge über eine Aufzeichnung seiner Betriebsstunden, mit deren Hilfe seine Einsatzzeiten festgestellt werden können. Auch im Übrigen könne die Einhaltung der Auflagen überwacht werden etwa durch Verpflichtung des Beigeladenen, den Einsatz der Geräte und Fahrzeuge auf dem Lagerplatz in zeitlicher Hinsicht selbst zu erfassen und die dabei gewonnenen Ergebnisse der Baurechtsbehörde vorzulegen. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Fallkonstellation, die dem vom Kläger in Bezug genommenen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. August 2008 - 14 B 06.1181 - zugrunde lag. Die Frage, ob sich die Einhaltung von Auflagen praktisch überwachen lässt, hängt von den Umständen im konkreten Einzelfall ab und ist einer allgemeingültigen Klärung nicht zugänglich. Mit seiner Grundsatzrüge wendet sich der Kläger letztlich nur gegen die tatrichterliche Würdigung, die auf der Auslegung des Regelungsgehalts der strittigen Auflagen im konkreten Einzelfall und der tatsächlichen Feststellung beruht, dass sich mit Hilfe gerätespezifischer Aufzeichnungsmechanismen auch der Verwaltungsaufwand der Überwachung in vertretbarem Rahmen halte.

8

2. Soweit der Kläger geltend macht, das angefochtene Urteil weiche gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vom Beschluss des Senats vom 3. Januar 1973 ab (BVerwG 4 B 171.72 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 34), was auch die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. August 2008 belege, genügt der Vortrag nicht den Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt nur vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz zu einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts in Widerspruch tritt (Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712). Der Kläger zeigt keinen Rechtssatzwiderspruch auf, sondern wiederholt nur seinen bereits mit der Grundsatzrüge erhobenen Einwand, die Auflagen würden zu einem ständigen Überwachungsproblem und unvertretbaren Verwaltungsaufwand führen.

9

3. Die Verfahrensrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, mit der der Kläger unter Bezugnahme auf seine schriftsätzlich gestellten Beweisanträge geltend macht, die Vorinstanzen hätten ein "neutrales Gutachten" einholen müssen, genügt ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

10

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt ein Gericht seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein Beteiligter nicht ausdrücklich oder lediglich hilfsweise (Beschluss vom 10. Juni 1999 - BVerwG 9 B 81.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 302) beantragt hat. Die ordnungsgemäße Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht setzt voraus, dass unter Auseinandersetzung mit dem Prozessgeschehen und der Begründung der vorinstanzlichen Entscheidung schlüssig aufgezeigt wird, dass sich dem Gericht auch ohne unbedingten Beweisantrag auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bezugnahme auf die vom Kläger geübte Kritik im Einzelnen dargelegt, dass er an der Qualifikation und Sachkunde des Gutachters keinen Zweifel habe. Unter diesen Umständen genügt es nicht, im Rahmen der Beschwerde pauschal darauf zu verweisen, der Kläger habe immer wieder berechtigte Einwände gegen das Gutachten vorgebracht.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht in der Regel nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der unterliegenden Partei aufzuerlegen, wenn das Bundesverwaltungsgericht dem Beigeladenen nicht durch Zustellung der Beschwerdebegründung Gelegenheit und Veranlassung gegeben hat, sich zur Frage der Zulassung der Revision zu äußern (Beschluss vom 31. Oktober 2000 - BVerwG 4 KSt 2.00 - Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 36). Dass die nach Bitte des Beigeladenen um Übersendung der Beschwerdeschrift erfolgte Äußerung das Verfahren in besonderer Weise befördert hätte, ist nicht zu erkennen.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

2

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 9. April 2014 - 4 BN 3.14 - ZfBR 2014, 479 Rn. 2).

3

Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob ein Bordell als "Gewerbebetrieb aller Art" im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO anzusehen ist oder Bordelle dem Begriff der Vergnügungsstätte im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO unterfallen.

4

Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Nach der Rechtsprechung des Senats sind Bordelle oder bordellähnliche Betriebe "Gewerbebetriebe aller Art" im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO (BVerwG, Beschluss vom 5. Juni 2014 - 4 BN 8.14 - ZfBR 2014, 574 Rn. 10). Ungeachtet der Neubestimmung des Verhältnisses von Vergnügungsstätten und Gewerbebetrieben durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Baunutzungsverordnung vom 23. Januar 1990 (BGBl. I S. 127) (dazu BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 1990 - 4 B 120.90 - Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 4) hält der Senat insoweit an seinem Urteil vom 25. November 1983 - 4 C 21.83 - (BVerwGE 68, 213 <215>) fest, dass Bordellbetriebe Einrichtungen sind, für die sich im Hinblick auf die sich aus dem "Milieu" ergebenden Begleiterscheinungen eher ein Standort eignet, der außerhalb oder allenfalls am Rande des "Blickfeldes" und der Treffpunkte einer größeren und allgemeinen Öffentlichkeit liegt und auch nicht in der Nachbarschaft von Wohnungen. In Übereinstimmung hiermit hat das Oberverwaltungsgericht tatrichterlich festgestellt, dass bei gewerblicher Prostitution bei der gebotenen typisierenden Betrachtung mit milieutypischen Begleiterscheinungen wie Belästigungen durch alkoholisierte oder unzufriedene Kunden, organisierte Kriminalität, Menschen- und Drogenhandel, ausbeutender Zuhälterei, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Verstößen gegen das Waffenrecht und Gewaltkriminalität bis hin zu Tötungsdelikten zu rechnen sei (UA S. 19). An diese Feststellungen wäre das Bundesverwaltungsgericht in einem Revisionsverfahren nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht worden sind.

5

Die Beschwerdeführerin zeigt mit ihrem nicht weiter ausgeführten Hinweis auf abweichende Rechtsprechung (VGH Kassel, Beschluss vom 30. April 2009 - 3 A 1284/08 - BRS 74 Nr. 58 = juris Rn. 8; OVG Saarlouis, Beschlüsse vom 30. Juni 2009 - 2 B 367/09 - juris Rn. 13 und vom 8. Januar 2014 - 2 A 437/13 - juris Rn. 16) und Literatur (Stühler, BauR 2010, 1013 <1021 f.>; ders., NVwZ 1997, 861 <866 f.>; Schlichter/Friedrich, WiVerw 1988, 199 <209, 225 f.>; Ziegler, in: Brügelmann, BauGB, Stand: Februar 2015, § 4a BauNVO Rn. 74; Knaup/Stange, BauNVO, 8. Aufl. 1997, § 4a Rn. 51), welche den Beschluss des Senats vom 5. Juni 2014 - 4 BN 8.14 - (a.a.O.) noch nicht berücksichtigen konnte, keinen Klärungsbedarf auf. Die "Nähe" von Bordellen und bordellartigen Betrieben zu anderen Stätten "sexuellen Amüsements" (so insb. Stühler, BauR 2010, 1013 <1022>) führt nicht zu einer bauplanungsrechtlichen Gleichbehandlung solcher Einrichtungen. Denn maßgeblich für die Rechtsprechung des Senats ist nicht die Motivation der Besucher, sondern sind die städtebaulich bedeutsamen Begleiterscheinungen der Prostitutionsausübung in Bordellen. Hiermit übereinstimmend hat der überwiegende Teil der Rechtsprechung (VGH München, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 15 N 12.1020 - juris Rn. 25; VGH Mannheim, Beschluss vom 5. März 2012 - 5 S 3239/11 - BRS 79 Nr. 87 = juris Rn. 5 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. November 2005 - OVG 10 S 3.05 - juris Rn. 8; OVG Hamburg, Beschluss vom 13. August 2009 - 2 Bs 102/09 - NordÖR 2009, 453 = juris Rn. 9; OVG Koblenz, Urteil vom 11. Mai 2005 - 8 C 10053/05 - BRS 69 Nr. 35 = juris Rn. 15) und der Literatur (Schiller, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 1635; Stock, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 8 Rn. 22; Kämper, in: BeckOK BauNVO, Stand 1. September 2015, § 9 Rn. 40; Mampel/Schmidt-Bleker, in: BeckOK BauNVO, Stand 1. März 2015, § 8 Rn. 106; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand September 2015, § 8 BauNVO Rn. 24a; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 5. Aufl. 2015, Rn. 614; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.71; Wolf, Die prostitutive Einrichtung und ihre Mitarbeiter im öffentlichen Recht - Rechtslage und Perspektiven, 2013, S. 88; von Galen, Rechtsfragen der Prostitution, 2004, Rn. 499 f.) bereits vor dem Senatsbeschluss vom 5. Juni 2014 - 4 BN 8.14 - (a.a.O.) Bordelle und bordellartige Betriebe als "Gewerbebetriebe aller Art" im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO angesehen.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 5 K 14.637

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 7. Mai 2015

5. Kammer

Sachgebiets-Nr. 920

Hauptpunkte:

Verpflichtungsklage; Baugenehmigung zur Errichtung eines Großbordells (...); Veränderungssperre; Erforderlichkeit; Verhinderungsplanung; Feinsteuerung; Verbescheidung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagte -

beteiligt: ...

wegen Baugenehmigung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 5. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2015

am 7. Mai 2015

folgendes Urteil:

I.

Der Bescheid der Beklagten vom 28. März 2014 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Bauantrag des Klägers vom 4. Dezember 2013 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens haben die Beklagte zu 3/4 und der Kläger zu ein 1/4 zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Teil-Umnutzung einer bestehenden Lagerhalle mit Büro in eine gewerbliche Zimmervermietung/Bordell auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (...).

Der Kläger ist Mieter der sich auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... befindlichen Lagerhalle mit Büroräumen, für die eine bestandskräftige Baugenehmigung der Beklagten vom 23. Juni 1994 vorliegt.

Mit Formblattantrag vom 4. Dezember 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Teil-Umnutzung eines Büro- und Lagergebäudes in eine gewerbliche Vermietung von 47 Einzelräumen ohne Übernachtungs- und Einquartierungsmöglichkeiten an Prostituierte (...). In der dem Bauantrag beigefügten Betriebsbeschreibung ist u. a. ausgeführt, dass die Prostituierten in keinem arbeitsrechtlichen Verhältnis zum Vermieter der bereitgestellten Räume stünden. Der ausgewiesene Teilbereich im ersten Obergeschoss (ehemaliges Büro) werde durch Umstellung vereinzelter Innenwände umgenutzt. Bestehende Sanitärbereiche sollten weiter genutzt werden. Im Bereich des Lagers werde die in Teilbereichen bestehende Lagerebene umgebaut und durch eine vollständig neue Ebene auf Stützen ersetzt. Zur Erstellung der Zimmer würden Trennwände aus Gipskarton eingebaut. Die Betriebszeiten der gewerblichen Zimmervermietung seien zwischen 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr werktags und sonn- und feiertags von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr vorgesehen.

Das in Aussicht genommene Baugrundstück befindet sich im Umgriff des seit dem 30. Juli 1999 rechtskräftigen Bebauungsplanes Nr. ... „...“ der Beklagten, der insoweit ein Industriegebiet i. S. v. § 9 Baunutzungsverordnung (BauNVO) festsetzt.

Der Stadtrat der Beklagten hat am 27. Februar 2014 beschlossen, den Bebauungsplan Nr. ... zu ändern. Zielsetzung der erforderlichen Änderungssatzung sei - vorbehaltlich der Ergebnisse des parallel in Ausarbeitung befindlichen Bordell-Strukturkonzeptes für die Stadt ... - die textlichen Festsetzungen dahingehend zu ergänzen, dass bei der Art der baulichen Nutzung Bordelle, bordellartige Betriebe, Wohnungsprostitution und sonstige sexbezogene Vergnügungsstätten im Plangebiet künftig nicht mehr zulässig seien. Die sonstigen Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. ... sollten unverändert fortgelten.

Zur Begründung der Planungsziele ist ausgeführt, dass mit der Änderung des Bebauungsplanes Nr. ... eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und Ordnung i. S. einer positiven Planungskonzeption angestrebt werde. Im Wege einer verbindlichen Bauleitplanung solle unter Berücksichtigung eines noch zu erarbeitenden Bordell-Strukturkonzeptes im Hinblick auf die Gebietsart nachgesteuert werden. Die allgemeine konkrete Zweckbestimmung der im Plangebiet festgesetzten Gewerbe- und Industriegebiete solle aufrechterhalten werden. Nutzungen wie produzierende und verarbeitende Gewerbebetriebe sollten gestärkt und gesichert werden. Die grundsätzlich im Gewerbe- und Industriegebiet zulässigen Bordelle und bordellartigen Betriebe sollten hingegen ebenso wie Wohnungsprostitution und sexbezogene Vergnügungsstätten dezidiert ausgeschlossen werden, um eine Verdrängung klassischer Gewerbenutzungen zu unterbinden. Des Weiteren solle einer negativen Adressbildung und Häufung solcher Einrichtungen frühzeitig entgegengewirkt werden.

Die Beklagte hat am 17. Februar 2014 einen Grundsatzbeschluss zur Erarbeitung eines Bordell-Strukturkonzeptes gefasst. Die Erstellung dieses Strukturkonzeptes wurde dabei einer interdisziplinären, referatsübergreifenden Arbeitsgruppe übertragen. Zur Begründung dieses Beschlusses ist im Wesentlichen ausgeführt, dass besonders in den letzten Jahren im Stadtgebiet der Beklagten ein stetiger Zuwachs im Prostitutionsgewerbe zu beobachten sei. Es sei eine vermehrte Antragstellung für bauaufsichtliche Genehmigungen derartiger Einrichtungen im Bauordnungsamt der Beklagten zu verzeichnen. Zur Vermeidung städtebaulicher Missstände und Fehlentwicklungen habe sich die Beklagte bislang unter anderem der Instrumente des Baugesetzbuches bedient. Konkreter Anlass des nunmehr angestrebten Bordell-Strukturkonzeptes sei der am 5. Dezember 2013 bei der Beklagten eingegangene Bauantrag des Klägers. Ziel sei es, für das gesamte Stadtgebiet der Beklagten ein Bordell-Strukturkonzept zu entwickeln, um steuernd auf Bordelle, bordellartige Betriebe, Wohnungsprostitution und sonstige sexbezogene Vergnügungsstätten einzuwirken. Des Weiteren sollten vom Strukturkonzept auch Laufhäuser und Animierlokale sowie Einrichtungen wie Striptease und Filmvorführungen, Sex-Kinos, Geschäfte mit Einrichtungen zur Vorführung von Sex- und Pornofilmen, Einzelhandelsgeschäfte mit überwiegendem Sex- und Erotiksortiment, Swingerclubs und sonstige sexbezogene Vergnügungsstätten erfasst werden. Abweichend vom Bordellkonzept der Stadt ... solle das Bordell-Strukturkonzept der Beklagten nicht nur der städtebaulichen Steuerung von entsprechenden Einrichtungen dienen. Neben städtebaulichen Zielsetzungen sollen unter anderem auch ordnungspolitische Zielsetzungen sowie kriminalpräventive Erwägungen verfolgt werden. Zunächst solle eine Bestandsaufnahme der Prostitutionsstätten u. a. erfolgen. Das Strukturkonzept diene zukünftig als belastbare Grundlage für die Steuerung von Bordellen und sonstigen sexbezogenen Betrieben.

Auf den weiteren Inhalt des Grundsatzbeschlusses vom 27. Februar 2014 wird ergänzend verwiesen.

Ebenfalls mit Beschluss des Stadtrates der Beklagten vom 27. Februar 2014 wurde zur Sicherung der beabsichtigten Planänderung eine Veränderungssperre erlassen. In § 3 der Satzung - Rechtswirkungen - ist ausgeführt, dass in dem von der Veränderungssperre betroffenen Gebiet Vorhaben i. S. d. § 29 Baugesetzbuch (BauGB) nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen. Nach § 3 Abs. 2 der Satzung kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Auf den weiteren Inhalt der Satzung der Beklagten vom 27. Februar 2014 wird ergänzend Bezug genommen.

Sowohl der Änderungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. ... als auch die diese Änderung sichernde Veränderungssperre wurden im Amtsblatt der Beklagten vom 28. Februar 2014 öffentlich bekanntgemacht.

Das Baugrundstück befindet sich nicht innerhalb des mit Verordnung der Regierung ... über das Verbot der Prostitution in ... festgelegten Sperrbezirk.

Mit Bescheid der Beklagten vom 28. März 2014 wurde der Bauantrag des Klägers abgelehnt.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass das beantragte Bauvorhaben gemäß Art. 55 Bayerische Bauordnung (BayBO) genehmigungspflichtig sei. Die Genehmigung werde im vorliegenden Fall versagt, da das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspreche, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen seien (Art. 68 Abs. 1 BayBO). Das Bauvorhaben widerspreche Bauplanungsrecht. Das antragsgegenständliche Vorhaben befinde sich im Geltungsbereich des seit dem 30. Juli 1999 rechtsverbindlichen Bebauungsplanes Nr. ... der Beklagten, der für den betreffenden Bereich ein Industriegebiet i. S. d. § 9 BauNVO festsetze. Zur Sicherung der Planung habe der Stadtrat der Beklagten in der Sitzung am 27. Februar 2014 nach dem Änderungs- und Aufstellungsbeschluss zur Änderung des streitgegenständlichen Bebauungsplanes auch den Erlass einer Veränderungssperre für die Dauer von zwei Jahren beschlossen, die mit Wirkung vom 28. Februar 2014 in Kraft getreten sei. Mit der Änderung des Bebauungsplanes werde eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und Ordnung i. S. einer positiven Planungskonzeption angestrebt. Im Wege einer verbindlichen Bauleitplanung solle unter Berücksichtigung eines noch zu erarbeitenden Bordell-Strukturkonzeptes im Hinblick auf die Gebietsart nachgesteuert werden. Die allgemeine und konkrete Zweckbestimmung der im Plangebiet festgesetzten Gewerbe- und Industriegebiete solle aufrechterhalten werden. Dem Vorhaben eines gewerblichen Bordells in dieser Größenordnung stehe im Ergebnis die von der Beklagten zur Sicherung der Planungsziele beschlossene Veränderungssperre entgegen. Das Vorhaben widerspreche den grundsätzlichen Planungszielen des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes Nr. .... Nachdem die beantragte Bordellnutzung voraussichtlich nicht den späteren Festsetzungen des Bebauungsplanes entspreche, müsse eine Ausnahme von der Veränderungssperre (§ 14 Abs. 2 BauGB) abgelehnt werden. Der Bauantrag werde daher insgesamt gemäß § 29 i. V. m. § 14 BauGB abgelehnt.

Auf den weiteren Inhalt des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 28. März 2014 wird ergänzend verwiesen.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 29. April 2014 Klage erhoben und beantragt:

1. Der Bescheid der Beklagten vom 28. März 2014, Az. ..., über die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Teil-Umnutzung einer bestehenden Lagerhalle mit Büro in eine gewerbliche Zimmervermietung/Bordell auf dem Grundstück ..., Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, den vorstehend in Ziffer 1. genannten Bauantrag des Klägers auf Teil-Umnutzung der bestehenden Lagerhalle gemäß Antrag vom 4. Dezember 2013, eingegangen am 5. Dezember 2013, zu genehmigen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Kläger einen Genehmigungsanspruch aufgrund der bislang bestehenden Rechtslage besitze. Die zur Verhinderung des Baugesuchs des Klägers erlassene Veränderungssperre sei unwirksam und hindere nicht die Erteilung einer Baugenehmigung. Der Kläger sei bereits als Betreiber/Verpächter eines ...es gewerblich tätig und verfüge über die hierzu sicherlich notwendige Erfahrung und Zuverlässigkeit. Er habe seine berufliche Perspektive aufgrund der im Vorfeld getätigten Aussagen vollständig auf das hier gegenständliche Gewerbeobjekt eingestellt, welches den Mittelpunkt seiner beruflichen Betätigung bilden solle. Der Kläger sei der Auffassung, dass die Veränderungssperre keine hinreichend konkreten Planungsabsichten verfolge und sich auf ihn diskriminierend auswirke, weil sie den Planungsbereich des Bebauungsplanes Nr. ... gesondert herausgreife. Dort solle für eine Zeit von zwei Jahren vorbehaltlich eines noch zu erarbeitenden Bordell-Strukturkonzeptes nachgesteuert werden, um eine Verdrängung klassischer Gewerbenutzungen zu unterbinden. Der Beschlussfassung über die Veränderungssperre sei keine sinnvolle Begründung zu entnehmen. Es erschließe sich nicht, warum ausgerechnet alle anderen, weiteren für einen Bordellbetrieb geeigneten städtischen Gebiete mit immerhin ca. 700 artverwandten oder gleichen Betrieben von der Veränderungssperre ausgenommen würden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass hier im Wege einer Einzelfallplanung ein Ausschluss von Bordellnutzungen in Gewerbe- und Industriegebieten erfolgen solle. Planungsziel und eingesetztes Planungsmittel stimmten nicht überein, so dass das generelle Verbot von Bordellnutzungen in Gewerbe- und Industriegebieten mit der hier angestrengten Planung nicht zu erreichen sei. Es werde offensichtlich, dass die Behauptung der Entwicklung eines „Konzeptes“ nur dazu diene, das Bauvorhaben des Klägers zu verhindern.

Auf den weiteren Inhalt der Klagebegründung vom 29. April 2014 wird ergänzend verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 30. April 2015 hat der Kläger seine Ausführungen ergänzt. Die am 28. Februar 2014 bekannt gemachte Veränderungssperre der Beklagten zur Änderung des Bebauungsplanes Nr. ... sei unwirksam, weil das gemäß § 14 Abs. 1 BauGB erforderliche Sicherungsbedürfnis für den künftigen Bebauungsplan fehle. Es liege vielmehr ein Fall unzulässiger Verhinderungsplanung vor, weil einzig die Verhinderung des geplanten Bordellbetriebs durch die Veränderungssperre beabsichtigt sei. Konkret fehle der beabsichtigten Planung bei Erlass der Veränderungssperre die erforderliche Mindestkonkretisierung. Eine positive Planungskonzeption für die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplanes Nr. ... sei nicht gegeben. Im Falle des Vorliegens eines Nutzungskonzeptes dürfe dieses nicht bis in die grundsätzliche Ausrichtung offen bleiben, denn der Zweck einer Veränderungssperre sei es, eine bestimmte Planung, nicht aber den Planungsprozess als solchen in einem frühen Stadium der Richtungsfindung zu sichern. Soweit eine Kommune beabsichtige, die Planung für ihr gesamtes Gebiet zu steuern, setze eine Veränderungssperre voraus, dass bestimmte Bereiche wenigstens vorausgewählt würden. Im Unterschied hierzu seien vorliegend nur die Bebauungspläne Nr. ... und Nr. ... geändert worden. Gleichwohl sei die Erarbeitung eines umfassenden Bordell- Strukturkonzepts für das gesamte Stadtgebiet der Beklagten beabsichtigt, ohne dass ein schlüssiges Konzept wenigstens in Grundzügen erkennbar sei. Überdies fehle es auch über ein Jahr nach Erlass der Veränderungssperre nach wie vor an einem - wenigstens in groben Zügen - ausgearbeiteten Bordellkonzept für das Stadtgebiet der Beklagten. Die Planungsvorstellungen der Beklagten seien nur vorgeschoben und erschöpften sich letztlich in der Verhinderung des vom Kläger geplanten Bordellbetriebs. Auch sei eine städtebauliche Rechtfertigung nicht gegeben, insbesondere scheide die von der Beklagten befürchtete negative Auswirkung (sogenannter Trading-Down-Effekt) für das betroffene Industriegebiet aus. Im Bereich des geplanten Vorhabens sähen der Bebauungsplan und die tatsächlichen Verhältnisse ein Industriegebiet vor, in dem sich hauptsächlich produzierende und verarbeitende Betriebe aus den Branchen, Metall, Elektro, Druck und Maschinenbau befänden. Damit sei das beantragte Vorhaben als Gewerbebetrieb im Industriegebiet zulässig. Schließlich sei der Fall nicht mit dem „... Bordellkonzept“ vergleichbar. Die Stadt ... habe bereits Jahre vor dem Erlass der Veränderungssperre tatsächlich eine umfassende Bordell-Konzeption erarbeitet, wonach bordellartige Betriebe nur an drei festgelegten Standorten im Stadtgebiet erlaubt und andernorts untersagt worden seien. Dies sei mit der Konstellation im Stadtgebiet der Beklagten nicht vergleichbar. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre fehle es noch gänzlich an einem Nutzungskonzept und erst recht an einer groben Ordnungsidee, aus dem zu entnehmen sei, welche Gebiete für Bordellbetriebe überhaupt in Betracht kämen und welche Gebiete ausgeschlossen werden sollten.

Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz des Klägers vom 30. April 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Beklagte ist der Klage mit Schriftsatz vom 15. Mai 2014 entgegengetreten und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Antrages auf Klageabweisung ist mit Schriftsatz vom 29. April 2015 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage unbegründet sei. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der beantragten Nutzungsänderungsgenehmigung. Einem Anspruch auf bauaufsichtliche Zulassung stehe die zur Sicherung der Bauleitplanung von der Beklagten erlassene Veränderungssperre entgegen. Die Veränderungssperre begegne keinen formellen Bedenken. Sie sei vom Stadtrat in der Sitzung vom 27. Februar 2014 als Satzung beschlossen und im Amtsblatt Nr. ... ordnungsgemäß am 28. Februar 2014 bekannt gemacht worden. Zudem lägen die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Veränderungssperre im Zeitpunkt ihres Erlasses sowie auch zum jetzigen Zeitpunkt noch vor. Die Veränderungssperre verstoße insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht. Die Beklagte verfolge mit der durch die Veränderungssperre gesicherten Bauleitplanung zulässige städtebauliche Ziele. Nach den Planungsabsichten solle der Bereich des Bebauungsplanes Nr. ... vorwiegend produzierenden und verarbeitenden Betrieben vorbehalten bleiben. Diese Zielsetzung habe der Bebauungsplan bereits zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Aufstellung verfolgt. Zum damaligen Zeitpunkt sei diese Zielsetzung nicht durch die vermehrte Ansiedlung von Bordellen und bordellähnlichen Betrieben gefährdet gewesen. Wie der im Bereich des Vorhabens vorhandene ...anschluss zeige, seien derartige Gebiete aufgrund der begrenzten Entwicklungsmöglichkeiten zu wertvoll, um dort Großbordelle mit den zu erwartenden negativen Folgewirkungen zuzulassen. Zudem solle der allein schon durch die relative Größe des Bordells bedingte „Trading-Down-Effekt“ und die befürchtete Niveauabsenkung im Bereich des Bebauungsplangebietes verhindert werden. Anlass des gegenständlichen Bebauungsplanverfahrens sei zwar lediglich ein einziger Betrieb; da es sich dabei allerdings um ein Großbordell mit entsprechendem Andrang auf Angebots- und Nachfrageseite handele, sei davon auszugehen, dass dieses Großbordell in seiner Wirkung einer Vielzahl an kleineren Bordellen gleichkomme. Zu den positiven Planungsabsichten der Beklagten gehöre das Ziel, die Schaffung unumkehrbarer Tatsachen zu verhindern, bevor die vollständigen Ergebnisse des in Aufstellung befindlichen Bordell-Strukturkonzeptes vorlägen. Daher handele es sich vorliegend nicht um eine unzulässige Negativplanung. Auch das in Aufstellung befindliche Bordell-Strukturkonzept verfolge nicht die Absicht, Bordellnutzungen im gesamten Stadtgebiet der Beklagten zu verhindern. Bislang habe die Beklagte einzelfallbezogen auf etwaige Bordellvorhaben reagiert. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte als Oberzentrum mit einer Vielzahl von Vorhaben aus dem Bordellgewerbe befasst sei und die Anzahl dieser Betriebe in den letzten Jahren explosionsartig angestiegen sei, bestehe ein Bedarf an gesamtstädtischer Steuerung der Ansiedlung dieser Art von Betrieben. Dieses Bordell-Strukturkonzept werde von der Beklagten auch ernsthaft verfolgt. Aktuell stehe die Auftragsvergabe bevor. Die Endkonzeption sei für Februar 2016 vorgesehen. Schließlich bestehe ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre nicht. Insoweit kollidiere das antragsgegenständliche Großbordell mit dem Sicherungszweck der Veränderungssperre.

Auf den weiteren Inhalt des Klageerwiderungsschriftsatzes der Beklagten vom 29. April 2015 wird ergänzend verwiesen.

Am 7. Mai 2015 fand mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verfahrensakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 28. März 2014 und erneute Verbescheidung seines Antrages auf Erteilung einer Baugenehmigung vom 4. Dezember 2013 zu. Im Übrigen war die Klage abzuweisen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Die Klage ist zulässig. Es fehlt dem Kläger insbesondere nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis. Da dieser nach den Aussagen in der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2015 nach wie vor Mieter des streitgegenständlichen Grundstücks bzw. Gebäudes ist, ist die begehrte Baugenehmigung für den Kläger nicht nutzlos. Letzteres wäre nur dann der Fall, wenn es für den Kläger aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen wäre, von der begehrten Baugenehmigung Gebrauch zu machen (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand: November 2014, Art. 68 Rn. 165 m. w. N.).

2. Der Kläger besitzt einen Anspruch auf erneute Verbescheidung durch die Beklagte über seinen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die beabsichtigte Teil-Umnutzung einer bestehenden Lagerhalle mit Büro in eine gewerbliche Zimmervermietung/Bordell auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung .... Der diesen Antrag ablehnende Bescheid der Beklagten vom 28. März 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Da vorliegend ein Sonderbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 BayBO im Streit steht, gilt für den Prüfungsumfang der Baugenehmigung Art. 60 Satz 1 BayBO, wonach die Bauaufsichtsbehörde die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB (Nr. 1.), Anforderungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes (BayBO) und aufgrund dieses Gesetzes (Nr. 2.) sowie andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird (Nr.3), zu prüfen hat.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob dem Kläger ein Anspruch auf die von ihm begehrte Baugenehmigung zusteht, ist dabei grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Bei der Beurteilung der Begründetheit einer Verpflichtungs- bzw. Verbescheidungsklage, d. h. der Frage, ob die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes rechtswidrig ist und dadurch Rechte des Klägers verletzt werden, muss das Gericht grundsätzlich darauf abstellen, ob im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. im Zeitpunkt der Entscheidung ein Rechtsanspruch auf Erlass des beantragten Verwaltungsaktes bzw. auf Bescheidung besteht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 113 Rn. 217).

Dies zugrunde legend widerspricht die vom Kläger beabsichtigte Nutzungsänderung nicht den maßgeblichen bauplanungsrechtlichen Vorschriften, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO i. V. m. Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO). Insbesondere steht die von der Beklagten am 27. Februar 2014 beschlossene Veränderungssperre (§ 14 BauGB) einem Anspruch des Klägers auf Erteilung der von ihm begehrten Baugenehmigung nicht entgegen. Nach Auffassung der Kammer begegnet die von der Beklagten beschlossene Veränderungssperre in materiell-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden Bedenken.

a) Die Änderung der Nutzung des streitgegenständlichen Anwesens von einem Lager- und Bürogebäude in eine gewerbliche Zimmervermietung (Bordell) ist baugenehmigungspflichtig gemäß Art. 55 Abs. 1 i. V. m. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO, da für die neue Nutzung andere öffentlich-rechtliche Anforderungen als für die bisherige Nutzung in Betracht kommen, insbesondere im Hinblick auf die Frage der Anzahl erforderlich werdender Stellplätze bzw. der Frage von eventuellen Lärmimmissionen durch veränderte Betriebszeiten und den durch die geänderte Nutzung ausgelösten Zu- und Abfahrtsverkehr.

b) Das beabsichtigte Vorhaben des Klägers stellt einen Gewerbebetrieb dar, der grundsätzlich gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im hier ausgewiesenen Industriegebiet allgemein zulässig ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.2.2008 - 15 ZB 07.2200 - B.v. 23.7.2003 - 26 CS 026 CS 02.3089 - juris Rn. 8; BVerwG, B.v. 28.6.1995 - 4 B 137.95 - NVwZ-RR 1996, 84; Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 8 Rn. 22 m. w. N.). Dass das im Industriegebiet allgemein zulässige Bauvorhaben des Klägers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO im Einzelfall unzulässig wäre (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 4.5.1988 - 4 C 34/86 - BVerwGE 79, 309 ff.), ist nicht ersichtlich und wird auch von der Beklagten nicht als Argument zur Ablehnung des Baugesuchs des Klägers herangezogen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem vom Kläger geplanten Gewerbebetrieb auch nach den Aussagen der Beklagten um den einzigen Bordellbetrieb im streitgegenständlichen Industriegebiet handelt, welches mit dem rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. ... „...“ festgesetzt wurde.

c) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten steht dem Bauvorhaben des Klägers aber auch nicht die am 27. Februar 2014 vom Stadtrat der Beklagten beschlossene Veränderungssperre zur Sicherung der beabsichtigten Änderung des Bebauungsplanes Nr. ... entgegen. Die Veränderungssperre ist zwar nicht aus formell-rechtlichen Gründen zu beanstanden; nach Auffassung der Kammer ist die Satzung jedoch als Instrument zur Sicherung der von der Beklagten beabsichtigten Planänderungen unwirksam.

Formelle Mängel gegen die Satzung sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich.

Die Beklagte hat mit Stadtratsbeschluss vom 27. Februar 2014 den Änderungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. ... „...“ gefasst und diesen im Amtsblatt der Beklagten Nr. ... vom 28. Februar 2014 ortsüblich bekannt gemacht. Die Veränderungssperre zu der beabsichtigten Bebauungsplanänderung wurde gemäß § 16 Abs. 1 BauGB durch den Stadtrat der Beklagten ebenfalls am 27. Februar 2014 beschlossen und im Amtsblatt der Beklagten Nr. ... vom 28. Februar 2014 ortsüblich bekannt gemacht.

Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Aufstellungs- bzw. Änderungsbeschluss des Bebauungsplanes und der Erlass der Veränderungssperre wie im vorliegenden Fall in der selben Stadtratssitzung beschlossen und gleichzeitig öffentlich bekannt gemacht werden und in Kraft treten (vgl. BVerwG, B.v. 9.2.1989 - 4 B 236/88 - ZfBR 1989, 171).

Nach Auffassung der Kammer steht die Satzung jedoch im Übrigen nicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 14 ff. BauGB.

Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1.) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2.), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Aufgrund des vom Stadtrat der Beklagten am 27. Februar 2014 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für die Abänderung des Bebauungsplanes Nr. ... „...“ des Inhalts, dass hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, Bordelle, bordellartige Betriebe, Wohnungsprostitution und sonstige sexbezogene Vergnügungsstätten im Plangebiet künftig nicht mehr zulässig sein sollen, konnte mithin am 27. Februar 2014 auch eine diese Planung sichernde Veränderungssperre als Satzung beschlossen werden.

Sinn und Zweck einer Veränderungssperre gemäß § 14 BauGB ist es, vorhandene planerische Ziele zu sichern und deren weitere Entwicklung zu ermöglichen. In materieller Hinsicht genügt jedoch allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre nicht. Eine Veränderungssperre darf vielmehr erst dann erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Die Planung muss dabei nicht bereits einen Stand erreicht haben, der nahezu den Abschluss des Bauleitplanverfahrens ermöglicht; ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept ist in dieser Form nicht zu fordern. Ausreichend ist, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll (vgl. zum Ganzen, BVerwG, B.v. 22.1.2013 - 4 BN 7/13 - BBB 2013, Nr. 4,61; juris Rn. 3).

Diesen Mindestanforderungen wird etwa genügt, wenn die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre bereits einen bestimmten Baugebietstyp ins Auge gefasst und somit bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplanes entwickelt hat; eine reine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Die nachteiligen Wirkungen einer Veränderungssperre wären auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollten, deren Inhalt in keiner Weise absehbar ist.

Ein Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung gehört mithin zur Konzeption des § 14 BauGB. Dies verdeutlicht auch § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Hiernach kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, lässt sich jedoch nur beurteilen, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - NVwZ 2004 S. 858; B.v. 19.5.2004 - 4 BN 22.04 - juris).

Eine Veränderungssperre ist hingegen als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, sich jedoch das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzungen nicht erreichen lässt, oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwG, B.v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 - NVwZ 1994, 685 ff.). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein Baugebiet mit einer bestimmten Feinsteuerung ausgewiesen werden soll, die Voraussetzungen für Ausschlüsse auf der Grundlage von § 1 Abs. 5 bzw. 9 BauNVO aber offensichtlich nicht vorliegen (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: November 2014, § 14 Rn.57).

Insbesondere ist eine Veränderungssperre auch nicht geeignet, eine Planung zu sichern, die nicht durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt ist. Eine Planung ist nur dann sicherungsfähig, wenn sie von städtebaulich zulässigen Zielen im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB getragen wird. Zwar besitzen die Gemeinden nach § 1 Abs. 3 BauGB bei der Entscheidung, ob, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt eine Planung betrieben wird, grundsätzlich ein weites planerisches Ermessen (BVerwG, U.v. 19.2.2002 - 4 CN 1.02 - DVBl 2003, 204 ff.). Aus dem Erforderlichkeitsmerkmal lässt sich zwar nicht ableiten, dass bauplanerische Festsetzungen nur zulässig sind, wenn sie zur Bewältigung einer bauplanungsrechtlichen Problemlage unentbehrlich oder gar zwingend geboten sind. Auch muss es sich nicht um eine besonders hochwertige Planungsvorstellung handeln. Andererseits reicht eine bloße Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Bauvorhaben auszuschließen, nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138 ff.; U.v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 - ZfBR 2013, 42; B.v. 22.1.2013 - 4 BN 7/13 - juris Rn. 3). Sind positive Planungsvorstellungen von der Gemeinde nur vorgeschoben und ist in Wahrheit die Verhinderung einer Planung gewollt, so ist die beabsichtigte Bauleitplanung nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB und rechtfertigt nicht den Erlass einer Veränderungssperre.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die von der Beklagten beschlossene Veränderungssperre zur Absicherung der beabsichtigten Planänderung des Bebauungsplanes Nr. ... unwirksam.

Zunächst begegnet der Beschluss des Stadtrates der Beklagten vom 27. Februar 2014 des Inhalts, den Bebauungsplan Nr. ... dahingehend zu ändern, dass hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, Bordelle, bordellartige Betriebe, Wohnungsprostitution und sonstige sexbezogene Vergnügungsstätten im Plangebiet künftig nicht mehr zulässig sind, isoliert betrachtet keinen materiell- rechtlichen Bedenken.

Rechtsgrundlage für den Ausschluss von Bordellen in einem Industriegebiet als der für das streitgegenständliche Grundstück festgesetzten Art der baulichen Nutzung ist § 1 Abs. 9 BauNVO.

Gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO kann in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 BauNVO allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Wenn besondere städtebauliche Gründe es rechtfertigen, kann nach § 1 Abs. 9 BauNVO in einem Bebauungsplan ferner festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Die zuletzt genannte Vorschrift gestattet es damit, innerhalb einzelner Nutzungsarten oder Ausnahmen noch weiter zu differenzieren und nur „bestimmte Arten“ von Anlagen, d. h. Unterarten von Nutzungen, zum Gegenstand besonderer Regelungen zu machen.

Bei § 1 Abs. 9 BauNVO handelt es sich nicht um eine Ausnahmevorschrift, von der nur beim Vorliegen einer atypischen Situation Gebrauch gemacht werden darf. Mit der erforderlichen Rechtfertigung durch „besondere städtebauliche Gründe“ macht § 1 Abs. 9 BauNVO die in der Vorschrift genannten Regelungen nicht notwendig von erschwerten Voraussetzungen abhängig. Vielmehr ist hiernach erforderlich, aber auch ausreichend, dass es spezielle städtebauliche Gründe gerade für eine gegenüber § 1 Abs. 5 BauNVO noch feinere Ausdifferenzierung der zulässigen Nutzungen gibt (vgl. BVerwG, B.v. 27.7.1998 - 4 BN 31.98 - NVwZ-RR 1999, 9 ff.).

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten vermag die Kammer für eine solche im Grundsatz durchaus zulässige Feinsteuerung keine besonderen städtebaulichen Gründe im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO zu erkennen.

Die Beklagte hat den Ausschluss u. a. von Bordellen im streitgegenständlichen Industriegebiet damit begründet, dass zum jetzigen Zeitpunkt ein Widerspruch zur konkreten Eigenart des Baugebietes anzunehmen sei, der bei Erlass des Bebauungsplanes im Jahr 1999 nicht bekannt gewesen sei. Mit der Bebauungsplanänderung solle das produzierende und verarbeitende Gewerbe gestärkt werden. Auf dieses sei der ursprüngliche Bebauungsplan ausgerichtet gewesen, wie sich beispielsweise auch am ...anschluss zeige, den kein Bordell benötige. Angesichts der nur begrenzt verfügbaren Gewerbe- und Industrieflächen und eingeschränkter Entwicklungsmöglichkeiten im Stadtgebiet der Beklagten seien diese Gebiete zu wertvoll, um dort Großbordelle mit zu erwartenden negativen Folgewirkungen zuzulassen. Zwar hat die Beklagte in der Beschlussvorlage vom 10. Februar 2014, die zur Ermittlung des planerischen Willens der Beklagten zur Änderung des Bebauungsplanes Nr. ... und der diese Änderung sichernden Veränderungssperre herangezogen werden kann, dargelegt, dass neuere Entwicklungen im Stadtgebiet der Beklagten die Annahme nahe legten, dass auch in Zukunft mit einem weiteren Zuzug von Bordellen und Betrieben mit überwiegend erotisch-sexuellem Angebot zu rechnen sei, jedoch handelt es sich nach Auffassung der Kammer hierbei nicht um besondere städtebauliche Gründe im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO, die einen derartigen Ausschluss einer im Industriegebiet grundsätzlich allgemein zulässigen Nutzungs-Unterart rechtfertigen. Ungeachtet dessen, dass es sich bei der von der Beklagten angeführten Standortsicherung im Grundsatz um einen nicht zu beanstandenden städtebaulichen Aspekt handelt (vgl. VGH BW, U.v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - juris), hat dies nicht uneingeschränkt zu gelten, sondern ist jeweils die im Einzelfall zu beurteilende Konstellation in den Blick zu nehmen. Hierbei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Ausschluss u. a. von Bordellen vorliegend in einem Industriegebiet gemäß § 9 BauNVO vorgenommen werden soll und damit in einem Gebietstyp nach der Baunutzungsverordnung, dem eine Art Auffangfunktion zukommt und welcher den höchsten Störungsgrad der Baugebiete nach den §§ 2 bis 9 BauNVO aufweist bzw. bildet. Nach § 9 Abs. 1 BauNVO dienen Industriegebieten nämlich ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. Mit dem Gebietstyp des Industriegebiets trägt die Baunutzungsverordnung dem Bedürfnis der Wirtschaft Rechnung, einen Standort speziell für erheblich belästigende Gewerbebetriebe zu finden, die in den anderen normierten Baugebieten der Baunutzungsverordnung unzulässig sind. Durch die Bestimmung, dass in Industriegebieten auch erheblich belästigende Gewerbebetriebe untergebracht werden können, unterscheidet sich diese Gebietsart vom Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO und weist eine breiter angelegte Nutzungsstruktur auf. Auch ist der zulässige Störgrad des Industriegebiets im Ansatz unbegrenzt (vgl. zum Ganzen Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, a. a. O., § 9 Rn. 1).

Folge dieses allgemeinen Auffangcharakters eines Industriegebiets ist es, dass an das Vorliegen besonderer städtebaulicher Gründe im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO zur Feinsteuerung eines derartigen Gebietes strenge Anforderungen zu stellen sind. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass mit einem Ausschluss einzelner Unterarten von Nutzungen aus einem Industriegebiet letztlich kein Baugebietstyp der Baunutzungsverordnung übrig bleibt, in dem derartige Nutzungen dann noch allgemein zulässig sind. Dies führt zu einer Steigerung des Begründungserfordernisses im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO. Diesen in der gesetzlichen Systematik angelegten gesteigerten Anforderungen wird die Begründung der Beklagten in der Beschlussvorlage vom 10. Februar 2014 nicht gerecht. Insbesondere lässt sich der angeführten Begründung nicht entnehmen, warum gerade das streitgegenständliche Industriegebiet eines derart weitreichenden Ausschlusses von Bordellen bzw. bordellartigen Betrieben bedarf, zumal bislang kein Bordell im Plangebiet vorhanden ist. Der Hinweis auf die beabsichtigte Standortsicherung für die vorhandenen produzierenden und verarbeitenden Betriebe lässt sich nahezu auf jedes andere im Stadtgebiet der Beklagten vorhandene Industriegebiet in gleicher Weise anwenden. Darüber hinaus mangelt es den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen bzw. Beschlussvorschlägen zur Bebauungsplanänderung bzw. zur Veränderungssperre an einer genauen Analyse des Industriegebiets, in welcher dargelegt ist, welche Wertigkeit die einzelnen vorhandenen Gewerbe- bzw. Industriebetriebe aufweisen und welcher Gefährdung sie durch das hier zur Beurteilung stehende Bordell ausgesetzt wären. Der Beschlussvorlage vom 10. Februar 2014 lässt sich ausschließlich entnehmen, dass in der Umgebung des geplanten Bordells vor allem produzierende und verarbeitende Betriebe mittlerer Größe aus den Branchen Metall, Elektro, Druck, Maschinenbau befinden. In diesem Zusammenhang versäumt es die Beklagte darzulegen, inwieweit die vorhandenen gewerblichen bzw. industriellen Nutzungen störungsempfindlich im Hinblick auf die Ansiedlung eines größeren Bordellbetriebes sind. Im Hinblick auf das gesteigerte Begründungserfordernis in § 1 Abs. 9 BauNVO wäre eine Darlegung erforderlich gewesen, inwieweit die vorhandenen gewerblichen bzw. industriellen Betriebe im streitgegenständlichen Industriegebiet auf die Attraktivität ihrer Umgebung angewiesen sind. Mit dem pauschalen Hinweis auf die im streitgegenständlichen Industriegebiet vorhandenen Branchen und die Größe der vorhandenen Betriebe verfängt auch der von der Beklagten angeführte „Trading-Down-Effekt“ nicht. Zwar mag es extreme Ausnahmefälle geben, in denen z. B. hochwertige Gewerbebetriebe, etwa aus dem Bereich der Spitzentechnologie, durch eine Vergnügungsstätte oder ein Bordell u. a. wegen der Intensität des Zu- und Abgangsverkehrs einem erheblichen Störpotenzial ausgesetzt werden (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2008 - 4 B 60/07 - NVwZ 2008; BayVGH, U.v. 15.12.2010 - 2 B 09.2419 - NVwZ-RR 2011, 514 ff.). Da die Beklagte es versäumt hat, eine exakte Analyse der im streitgegenständlichen Plangebiet vorhandenen Nutzungen und deren Störungsanfälligkeit aufzustellen, ist dieser Aspekt vorliegend zu vernachlässigen. Auch ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass derartige besonders störanfällige Nutzungen im Plangebiet vorhanden sind. Ausweislich der in der Beschlussvorlage vom 10. Februar 2014 enthaltenen Gebietsbeschreibung handelt es sich vielmehr um ein Industriegebiet üblichen Zuschnitts im Sinne von § 9 BauNVO.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Hinweis der Beklagten auf den im Plangebiet vorhandenen ...anschluss. Dieser mag zwar für einen Bordellbetrieb nicht erforderlich sein, rechtfertigt jedoch nicht einen so weitgehenden Ausschluss der in einem Industriegebiet im Sinne von § 9 BauNVO allgemein zulässigen Nutzungen.

Auch der von der Beklagten erfolgte Verweis darauf, dass Bordellnutzungen aufgrund geringer Investitionen und hoher Rendite zur Preissteigerung auf dem Grundstücksmarkt und damit zu einer Verdrängung klassischer Gewerbebetriebe führen, lässt keine besonderen städtebaulichen Gründe im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO erkennen. Der pauschale Hinweis gilt insoweit für eine Vielzahl von Gewerbe- bzw. Industriegebieten und lässt den Blick auf das streitgegenständliche Industriegebiet, das gerade einer Feinsteuerung unterzogen werden soll, vermissen. Auch der ins Feld geführte Aspekt von zu erwartenden Unzuträglichkeiten wie Lärm des Zu- und Abgangsverkehrs, milieubedingter Unruhe und einer dem Ansehen anderer Betriebe abträglichen Wirkung sowie der Zunahme von Milieukriminalität (Menschenhandel, Zuhälterei) rechtfertigt kein anderes rechtliches Ergebnis. Ein sog. Milieuschutz ist dem Baurecht fremd. Das Baurecht dient generell nicht der Bewahrung der sozialen Zusammensetzung eines bestimmten Umfeldes (vgl. OVG NRW, B.v. 27.7.1992 - 7 B 2686/92 - NVwZ-RR 1993, 234 ff.; VG Augsburg, U.v. 8.4.2013 - Au 5 K 12.1681 - juris).

Insgesamt wird die Begründung der Beklagten zur Änderung des Bebauungsplanes Nr. ... und der nachfolgend erlassenen Veränderungssperre dem gesteigerten Begründungsbedürfnis an das Vorliegen besonderer städtebaulicher Gründe im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO nicht gerecht. Die Darlegungen in den jeweiligen Beschlussvorlagen erschöpfen sich im Wesentlichen in bloßen allgemeingültigen Feststellungen, die gerade nicht belegen, warum insbesondere das streitgegenständliche Industriegebiet eine Feinsteuerung, wie sie von der Beklagten angedacht ist, erfordert. Dies legt für das Gericht die Annahme nahe, dass der Ausschluss von Bordellen und bordellähnlichen Nutzungen ausschließlich zur Verhinderung eines planungsrechtlich unerwünschten Baugesuchs erfolgt ist, was nicht geeignet ist, ein Sicherungsbedürfnis nach § 14 BauGB zu begründen.

Damit fehlt es aber auch an der Erforderlichkeit einer Änderung des Bebauungsplanes im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB und folglich an einem Sicherungsbedürfnis für eine derartige Planung. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Gemeinden gemäß § 1 Abs. 3 BauGB grundsätzlich gesetzlich dazu ermächtigt sind, eine „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Welche städtebaulichen Ziele die einzelne Kommune sich dabei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen und bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde (BVerwG, B.v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338).

Ungeachtet dieses weiten städtebaulichen Planungsermessens muss jedoch jeweils dargelegt werden, welche besonderen städtebaulichen Gründe die Plangeberin dazu bewogen haben, von der Feinsteuerung im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO Gebrauch zu machen. Dies gilt umso mehr in einem Gebietstypus wie dem hier betroffenen Industriegebiet, welches nach der Systematik der BauNVO den höchsten Störgrad aufweist. Fehlt für die Änderung des Bebauungsplanes eine Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, stellt sich die Planung als unzulässige reine Verhinderungsplanung dar. Eine solche liegt dann vor, wenn die Planung ausschließlich zu dem Zweck erfolgt, ein bestimmtes Vorhaben auszugrenzen; ein solches Planverhalten lässt sich auch dann nicht mit der abstrakten Sicherung der Planungshoheit begründen (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2004 - 4 CN 16/03 - juris; NdsOVG, B.v. 28.11.2006 - 1 ME 147/06 - juris). Damit erweist sich aber auch die zur Sicherung dieser Planung von der Beklagten ebenfalls am 27. Februar 2014 beschlossene Veränderungssperre als unwirksam. Fehlt es hinsichtlich der zu sichernden Planung an der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, besteht für eine Veränderungssperre kein Sicherungsbedürfnis.

3. Kein anderes rechtliches Ergebnis ergibt sich aus dem mit Grundsatzbeschluss der Beklagten vom 27. Februar 2014 beschlossenen Bordell-Strukturkonzept. Insoweit fehlt es zum Zeitpunkt der Beschlussfassung an einer zu sichernden positiven Planungskonzeption der Beklagten. Da die Veränderungssperre ein befristetes repressives Bauverbot mit Befreiungsvorbehalt begründet, kann die Veränderungssperre ihre Sicherungsfunktion in rechtmäßiger Weise nur erfüllen, wenn die in Aussicht genommene Planung so hinreichend deutliche Konturen erlangt hat, dass sie als Maßstab zur Beurteilung möglicherweise entgegenstehender Vorhaben taugt. Um Genehmigungsentscheidungen steuern zu können, muss die Planung im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung bereits einen Stand erreicht haben, der ein Mindestmaß des Inhalts der beabsichtigten Planung erkennen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 10.10.2007 - 4 BN 36.07 - juris; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 14 Rn. 43 f. m. w. N.). Das Konkretisierungserfordernis wird durch Planungen verletzt, deren Inhalt noch in keiner Weise abzusehen ist und die damit alles noch offen lassen (BVerwG, U.v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - NVwZ 2004, 858 ff.; OVG Lüneburg, B.v. 19.12.2002 - 1 MN 297/02 - NuR 2003, 244 ff.). Ungeachtet dessen, dass das weite städtebauliche Ermessen in § 1 Abs. 3 BauGB der jeweiligen Gemeinde eine angemessene Zeit für planerische Klärungen einräumt, darf das Nutzungskonzept der Gemeinde nicht bis in die grundsätzliche Ausrichtung offen bleiben, denn der Zweck der Veränderungssperre ist es, eine bestimmte Planung zu sichern (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2004, a. a. O.), nicht aber den Planungsprozess als solchen auch in einem Frühstadium der bloßen Richtungsfindung (Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 14 Rn. 46). Zwar können in sich schlüssige städtebauliche Gesamtkonzepte grundsätzlich ein legitimes gemeindliches Instrument zur Steuerung der städtebauliche Entwicklung sein (vgl. BVerwG, U.v. 15.9.2009 - 4 BN 25/09 - BRS 74 Nr. 112). Soll ein solches für den aufzustellenden Bebauungsplan relevantes Gesamtkonzept die Veränderungssperre rechtfertigen, so bedarf es eines Mindestmaßes an konzeptionellen Grundvorstellungen, wenigstens einer allgemeineren Ordnungsidee, die erkennen lässt, welcher städtebauliche Belang gerade mit Hilfe des Gesamtkonzepts aufgegriffen und einer Lösung zugeführt werden soll (vgl. BayVGH, U.v. 9.10.2012 - 15 N 11.1857 - juris Rn. 27). Möchte die Beklagte eine Regelung für ihr gesamtes Stadtgebiet treffen, so müssen für ein Sicherungsbedürfnis die Planungen einen Stand erreicht haben, der nicht nur das allgemeine Plankonzept bzw. eine grundsätzlich Planidee einschließt, sondern aufgrund der Reichweite der beabsichtigten Regelung bereits so konkrete Überlegungen angestellt worden sein, wo und in welcher Weise eine Konzentration bzw. ein Ausschluss derartiger Anlagen vorgenommen werden soll (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 6.4.2009 - 1 MN 289/08 - BauR 2009, 1421 ff.).

Im hier zu entscheidenden Fall war im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung völlig unklar, in welchen Gebieten Bordellbetriebe angesiedelt und in welchen Gebieten derartige Vorhaben künftig ausgeschlossen werden sollen. Das Vorgehen der Beklagten erschöpft sich in einer Festlegung des bloßen „Ob“ einer künftigen Steuerung der Ansiedlung von Bordellbetrieben, lässt jedoch die Frage des „Wie und Wo“ im maßgeblichen Beurteilungszeitraum völlig offen. Mithin handelt es sich um eine unzulässige Sicherung eines bloßen, derzeit noch nicht absehbaren Planungsprozesses der Beklagten. Eine derart offene Plankonzeption, die für den betroffenen Grundstückseigentümer bzw. Nutzungsberechtigten nicht erkennen lässt, in welchen Teilen des Stadtgebietes die von ihm beabsichtigte Nutzung künftig zulässig sein wird bzw. ausgeschlossen wird, ist vor dem Hintergrund der in § 17 BauGB geregelten Zeitdauer einer Veränderungssperre nicht geeignet, ein befristetes repressives Bauverbot zu begründen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt auch keine Vergleichbarkeit mit dem vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 24. April 2013 (Az. 3 S 2404/12 - BauR 2013, 1635 ff.) entschiedenen Streitsache vor. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Gemeinde bereits längere Zeit vor dem Erlass der Veränderungssperre ein entsprechendes Bordell-Strukturkonzept vollständig erarbeitet, wonach bordellartige Betriebe nur an drei festgelegten Standorten im Stadtgebiet erlaubt und ansonsten untersagt wurden. Die abgeschlossene Plankonzeption mit der Festlegung von drei Konzentrationszonen zur Ansiedlung von Bordellbetrieben erlaubte die Steuerung von Baugenehmigungsanträgen und zur Sicherung von Bebauungsplänen bzw. Planänderungen mittels einer Veränderungssperre. Die in der vorerwähnten Entscheidung zugrunde liegende Fallkonstellation ist daher mit der hier vorliegenden nicht vergleichbar. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre fehlte es im hier zu entscheidenden Fall jedenfalls an den maßgeblichen Eckpunkten eines derartigen Nutzungskonzeptes im Hinblick darauf, welche Gebiete künftig für Bordellbetriebe in Betracht kommen und welche Gebiete von derartigen Ansiedlungen freigehalten werden sollen. Diese Überlegungen wurden sämtlich einem lediglich initiierten Planungsprozess vorbehalten, der als solcher nicht über das Instrument einer Veränderungssperre abgesichert werden kann.

Keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob das Bordell-Strukturkonzept zwischenzeitlich einen Konkretisierungsgrad erreicht hat (vgl. Zwischenbericht der Beklagten über die Erstellung eines Bordell-Strukturkonzeptes vom Oktober 2014), der im jetzigen Zeitpunkt eine Steuerung von Einzelbauanträgen mittels Veränderungssperre ermöglichen könnte. Dies bedarf keiner vertieften Betrachtung, da eine im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung fehlende hinreichende Konkretisierung der Planung, wie sie hier inmitten steht, die Unwirksamkeit der Satzung über die Veränderungssperre zur Folge hat. Wird ein hinreichender Stand der Planung erst zu einem späteren Zeitpunkt nach dem Satzungsbeschluss erreicht, so ist dieser Umstand nicht geeignet, nachträglich die ohne die genannte Voraussetzung erlassene Veränderungssperre zu heilen (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 14 Rn. 49 m. w. N.). Der der Planung anhaftende anfängliche materiell-rechtliche Mangel kann durch das Erlangen einer späteren möglicherweise ausreichenden Konkretisierung und einem daraus resultierenden Sicherungsbedürfnisses nicht geheilt werden. Damit erweist sich die Veränderungssperre auch vor dem Hintergrund des am 27. Februar 2014 getroffenen Grundsatzbeschlusses zur Erstellung eines Bordell-Strukturkonzeptes als unwirksam.

4. Dem Kläger steht jedoch kein Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zu, da die Beklagte den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung allein aus bauplanungsrechtlichen Gründen - Entgegenstehen der am 27. Februar 2014 beschlossenen Veränderungssperre - abgelehnt hat. Ausweislich des ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 28. März 2014 wurde insbesondere die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit bauordnungsrechtlichen Vorschriften der BayBO nicht geprüft.

Bei dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt es sich jedoch um einen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 BayBO, so dass sich der Prüfungsumfang der Bauaufsichtsbehörde aus Art. 60 BayBO ergibt. Dieser schließt nach Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO auch die Prüfung der bauordnungsrechtlichen Anforderungen an das Bauvorhaben ein.

Da mithin noch keine Spruchreife gegeben ist, war der auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung gerichtete Antrag abzuweisen und lediglich dem als Minus im weitergehenden Verpflichtungsantrag enthaltenen Verbescheidungsantrag zu entsprechen. Ein auf die Erteilung der begehrten Baugenehmigung gerichteter Anspruch des Klägers lässt sich derzeit nicht feststellen. Mangels Spruchreife war der hierauf gerichtete weitergehende Klageantrag des Klägers abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit der Kläger mit seiner Klage die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der von ihm begehrten Baugenehmigung gerichtet ist, hat die Klage keinen Erfolg und waren dem Kläger daher Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Den Übergang vom unbeschränkten Verpflichtungsantrag auf den im Urteil ausgesprochenen Anspruch auf Neuverbescheidung des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts wertet die Kammer als ein Teilunterliegen im Umfang von einem Viertel.

6. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 470.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

In Anbetracht des erheblichen wirtschaftlichen Interesses des Klägers hat die Kammer nicht auf die von diesem angegebenen Baukosten in Höhe von 300.000,-- EUR abgestellt, sondern für jedes der geplanten 47 Zimmer für den Bordellbetrieb (...) einen Betrag in Höhe von 10.000,-- EUR angesetzt, so dass sich ein Streitwert in Höhe von 470.000,-- EUR ergibt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.