Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 16. Nov. 2016 - AN 1 K 15.02405

bei uns veröffentlicht am16.11.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist insoweit vorläufig vollsteckbar.

Tatbestand

Der am ... geborene Kläger erhält vom Beklagten Versorgungsbezüge.

Mit Antrag vom 22. September 2015 begehrte er u. a. die Gewährung von Beihilfe zu Aufwendungen für die Beschaffung einer Brille in Höhe von 983,00 EUR.

Mit Bescheid des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Bezügestelle Beihilfe - vom 7. Oktober 2015 setzte der Beklagte hierzu eine Beihilfe von 0,00 EUR fest.

Zur Begründung wird unter Hinweis-Nr. 0231 ausgeführt, dass Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen derzeit nur bei den in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV genannten engen Voraussetzungen beihilfefähig seien, soweit nicht eine Anerkennung als therapeutische Sehhilfe (§ 22 Abs. 7 BayBhV) möglich sei. Der BayVGH habe mit Urteil vom 14. Juli 2015, 14 B 13.654, dazu entschieden, dass die im bayerischen Beihilferecht enthaltene Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig sei. Seit dem 14. Juli 2014 (Rechnungsdatum) beschaffte Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen seien im Vorgriff auf eine entsprechende Anpassung der BayBhV bis zum Inkrafttreten einer Änderungsverordnung nur beihilfefähig bei gravierender Sehschwäche ab -10,0 dpt.

Da die Voraussetzungen nicht erfüllt seien, könnten die Aufwendungen nicht als beihilfefähig anerkannt werden.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 legte der Kläger Widerspruch ein.

Die Anerkennung einer gravierenden Sehschwäche erst ab -10,0 dpt. entspreche nicht der Begründung des Urteils des BayVGH vom 14. Juli 2015. § 22 Abs. 8 BayBhV führe das Lesen normaler Zeitungsschrift als Grenze der gravierenden Sehschwäche an. Wie im Urteil vom 14. Juli 2015 ausreichend dargestellt, dürfe die Beihilfefähigkeit für unverzichtbare Hilfsmittel für die Ausführung der grundlegenden Verrichtungen des täglichen Lebens nicht ausgeschlossen werden. Aus der vorgelegten ärztlichen Brillenverordnung vom 27. November 2014 gehe hervor, dass seine Minusstärken mit 4,25 und 4,00 dpt. einer gravierenden Sehschwäche beider Augen im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 2 c) BayBhV entspreche. Er beantrage eine Beihilfe in folgender Höhe festzusetzen und auszuzahlen:

Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 b) BayBhV 2 x 72 EUR für die Beschaffung der beiden Mehrstärkengläser. Da der Ausschluss der Kosten einer Brillenfassung aus den beihilfefähigen Kosten gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BayBhV die Benutzung einer Sehhilfe nicht möglich mache, sei diese Vorschrift ebenfalls verfassungswidrig. Er beantrage deshalb, die Fassung der beiden zuschussfähigen Brillengläser ebenfalls als beihilfefähig anzuerkennen und hierbei hilfsweise auf den in § 22 Abs. 6 Nr. 2 BayBhV genannten Betrag von 52 EUR zurückzugreifen. Zusammenfassend beantrage er eine Beihilfe von 144 EUR für die Gläser und 52 EUR für die Fassung der lebensnotwendigen Sehhilfe.

Mit Widerspruchsbescheid des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Bezügestelle Beihilfe 1 - vom 23. November 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sei im Schreiben vom 28. September 2015 ... zu dem Ergebnis gekommen, dass Aufwendungen für Sehhilfen bei Personen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr bis zum Inkrafttreten einer Verordnung zur Änderung der BayBhV nur beihilfefähig seien bei

a) Blindheit beider Augen (Diagnoseschlüssel H 54.0) oder

b) Blindheit eines Auges und Sehschwäche eines anderen Auges (Diagnoseschlüssel H 54.1)

oder

c) gravierender Sehschwäche beider Augen (Diagnoseschlüssel H 54.2) oder

d) erheblichen Gesichtsfeldausfällen oder

e) gravierender Sehschwäche ab -10,0 dpt.

Eine schwere Sehbehinderung, die zur Versorgung mit einer Sehhilfe zulasten der Beihilfe führen könne, liege nur vor, wenn die Sehschärfe auf jedem Auge nach Korrektur durch die Sehhilfe maximal 0,3 betrage. 0,3 bedeute, dass der Patient aus 3 m Entfernung das sehen könne, was ein Normalsichtiger aus 10 m Entfernung sehen könne. Bestehe bei bestmöglicher Korrektur mit einer Brille oder möglichen Kontaktlinsenversorgung auf einem Auge eine Sehleistung von < 0,3, auf dem anderen Auge bei bestmöglicher Korrektur eine Sehbehinderung von >30%, bestehe selbst hier kein Leistungsanspruch für Beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Angehörige.

Der Kläger habe mit seinem Widerspruch vom 13. Oktober 2015 wiederum keine der Diagnosen nachgewiesen. Es lägen somit die Indikationsvoraussetzungen des § 22 Abs. 1 BayBhV für eine Sehhilfe nicht vor.

Hierauf erhob der Kläger mit einem am 30. November 2015 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schreiben vom 27. November 2015 Klage mit dem in der mündlichen Verhandlung dahingehend gestellten Antrag, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 7. Oktober 2015 und vollständiger Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2015 zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Beihilfe in Höhe von 144 EUR für die beiden Gläser und 52 EUR für die Brillenfassung zu erstatten.

Zur Klagebegründung verwies er auf die Begründung seines Widerspruchs.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Rechtsabteilung - vom 22. Dezember 2015,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger habe keinen Anspruch auf Beihilfe zu seiner Brille. Die Sehschwäche des Klägers erfülle keine der in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV in der bei Entstehung der Aufwendungen geltenden Fassung genannten Voraussetzungen, insbesondere liege keine gravierende Sehschwäche im Sinne von Diagnoseschlüssel H 54.2 nach Buchst. c) vor.

Die internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10-GM) sei die amtliche Klassifikation zur Verschlüsselung von Diagnosen in der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland. Danach müsse beim Diagnoseschlüssel H 54.2 mindestens eine mittelschwere Sehbeeinträchtigung der Stufe 1 binokular vorliegen. Die Klassifikation des Schweregrads der Sehbeeinträchtigung beruhe wiederum auf den Empfehlungen durch den Beschluss des International Council of Ophthalmology (2002) und der Resolution der WHO-Konferenz zur „Entwicklung von Standards zu Kriterien für Visusverlust und Visusfunktion“ (2003), vgl. VV zu § 22 Abs. 1 BayBhV). Wie im Widerspruchsbescheid bereits ausgeführt, sei daher für eine derartige gravierende Sehschwäche nach optimaler Korrektur durch eine Sehhilfe noch eine Minderung der Sehschärfe von 0,3 erforderlich. Anhaltspunkte dafür ließen sich weder der dem Kläger zurückgesandten ärztlichen Verordnung noch seinem Vortrag im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren entnehmen.

Aus § 22 Abs. 8 BayBhV ergebe sich nichts anderes. Danach bestehe ein Anspruch auf Beihilfe für eine vergrößernde Sehhilfe, wenn trotz Brille oder Kontaktlinsen das Lesen normaler Zeitungsschrift nicht möglich sei. Aufwendungen für eine vergrößernde (zusätzliche) Sehhilfe habe der Kläger hingegen nicht geltend gemacht.

Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BayVGH im Urteil vom 14. Juli 2015, 14 B 13.654, habe der Kläger keinen Anspruch auf Beihilfe zu einer Sehhilfe. Danach sei die Beschränkung der Beihilfe lediglich auf die Fälle einer Blindheit oder einer dieser nahekommenden Sehschwäche nicht mit der Fürsorgepflicht vereinbar. Ein Beihilfeanspruch bestehe daher auch bei einer gravierenden Sehschwäche wie im dort zu entscheidenden Fall. Der dortige Kläger habe eine Sehschwäche von mindestens -10,0 dpt. gehabt. Entsprechend habe das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat mit Schreiben vom 28. September 2015 im Vorgriff auf eine Änderung der BayBhV verfügt, dass zu Aufwendungen für eine ab 14. Juli 2014 beschaffte Sehhilfe Beihilfe zu gewähren sei, wenn eine gravierende Sehschwäche ab -10,0 dpt. vorliege. Dieses Kriterium erfülle die Sehschwäche des Klägers nicht.

Hierzu erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 11. Januar 2016 zusammengefasst folgendes:

Der Beklagte lege das der Klage zugrunde liegende Urteil des BayVGH vom 14. Juli 2015 vollkommen falsch und restriktiv aus. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt werde. Die im angegriffenen Beihilfebescheid und im Widerspruchsbescheid zitierte geplante Anpassung der Bayerischen Beihilfeverordnung sei unerheblich und habe im vorliegenden Verfahren keinerlei Bedeutung. Ob und inwieweit er für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen könne, beurteile sich daher nach der auf der Grundlage des Art. 86a BayBG erlassenen BayBhV vom 2. Januar 2007. Damit habe er dem Grunde nach Anspruch auf eine Beihilfe für die ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 BayBhV. Er sei zum maßgeblichen Zeitpunkt als Pensionär des Beklagten zu 70% beihilfeberechtigt gewesen. Seine Aufwendungen seien auch gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BayBhV beihilfefähig und die Notwendigkeit der Aufwendungen für die schriftlich verordnete Gleitsichtbrille sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stünden außer vernünftigem Zweifel. Wie das Urteil des BayVGH vom 14. Juli 2015 expressis verbis ausführe, werde die gravierende Sehschwäche auf die Beeinträchtigung der Verrichtungen des täglichen Lebens und nicht auf die ominöse -10 dpt.-Grenze der zu verändernden BayBhV gestützt. Nach ständiger Rechtsprechung von BVerwG und BayVGH beurteile sich die Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme ausschließlich nach dem allgemeinen Lebensbereich des Beihilfeberechtigten, d. h. nach den gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensverhältnissen und Aktivitäten.

Damit sei der in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommene Beihilfeausschluss im Hinblick auf den Personenkreis der Erwachsenen, die, wie er eine gravierende Sehschwäche hätten, unwirksam. Seine Aufwendungen für die Gleitsichtbrille seien erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Er habe gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur sei er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Es sei ohne Sehhilfe weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung, wie Einkäufe oder Behördengänge tätigen zu können.

So sei seine erste Tätigkeit im Bereich des morgendlichen Erwachens der Griff zur Brille um seine Hausschuhe und seine Unterwäsche zu identifizieren. Die Brille sei erforderlich, um Verunreinigung der Toilettenschüssel zu sehen und zu beseitigen, um Ärger mit seiner Frau zu entgehen, sowie Bartstoppeln im Spiegel gezielt anzusteuern. Beim Versuch einer Rasur ohne Brilleneinsatz ergebe die nachherige Kontrolle mit Brille einen Flickenteppich von rasierten und unrasierten Gesichtsteilen. Ob er anständig frisiert sei, lasse sich im Spiegel nur mithilfe der Brille feststellen.

Ganz abgesehen von der Gefahr eines Fehltritts und der Sturzgefahr auf Stufen oder gepflasterten Wegen, wo er nur mithilfe der Brille zügig und unverletzt laufen könne. Personen- oder Verkehrsschilderkennung wäre auch nicht möglich und bereits seit 48 Jahren trage seine Fahrerlaubnis den Vermerk: „Das Tragen eines Sehhilfe ist notwendig.“ Die seitdem stetige Verschlechterung seiner Sehstärke sei sicher auch seinem Beruf als Finanzbeamter geschuldet (Berufskrankheit?). Die vom Beklagten vorgebrachten Klassifizierungen der WHO seien in anderem Zusammenhang entstanden und hier nicht entscheidungsrelevant.

Wie aus dem Urteil des BayVGH vom 14. Juli 2015 weiter hervorgehe, handle es sich bei den Aufwendungen des Klägers nicht um Kosten, die ihrer Art nach der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen seien (BVerwG vom 13.12.2012). Sie dienten dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Das Erfordernis einer Sehhilfe stelle sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen seien Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsehe (vgl. § 22 BayBhV). Eine Beihilfe zum Ausgleich dieser gravierenden Sehschwäche in seinem Fall abzulehnen, verstoße gegen den Fürsorgegrundsatz des Beihilferechts. Seine Sehschwäche sei nicht an Blindheit grenzend, jedoch so gravierend, dass der hierzu konstruierte Teilausschluss der Beihilfefähigkeit nichtig sei. Wie im mehrfach zitierten Urteil festgestellt worden sei, verstoße § 22 Abs. 1 BayBhV gegen die Bayerische Verfassung und sei bereits wegen eines Verstoßes gegen die einfachgesetzlich in § 45 BeamtstG geregelte Fürsorgepflicht unwirksam (vgl. Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Auflage 2014, Art. 92 Rn. 14).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Sonderakte zur Beihilfeakte des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Rechtsabteilung - und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Bezügestelle Beihilfe 1 - vom 7. Oktober 2015 - soweit angefochten (Versagung der Gewährung von Beihilfe zu Aufwendungen in Höhe von 196 EUR für die Beschaffung einer Brille) - in der Fassung des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 23. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragten Beihilfeleistungen für die Beschaffung einer Brille in der von ihm beantragten Höhe (Gläser: 144 EUR, Fassung: 52 EUR), da die Voraussetzungen für eine Beihilfefähigkeit nicht vorliegen und der hierdurch bewirkte Beihilfeausschluss rechtmäßig ist.

Ein Beihilfeanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus Art. 96 BayBG i. V. m. §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 1 BayBhV. Nach Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG erhalten Beamte Beihilfeleistungen zu den nachgewiesenen medizinisch notwendigen und angemessenen Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Pflegefällen und zur Gesundheitsvorsorge. Nach § 7 Abs. 1 der gemäß Art. 96 Abs. 5 BayBG hierzu erlassenen Bayerischen Beihilfeverordnung sind Aufwendungen „nach den folgenden Vorschriften“ beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig sowie der Höhe nach angemessen sind und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 BayBhV regelt als eine diesen Grundsatz konkretisierende Norm die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen. Danach sind diese beim volljährigen Kläger nur im Fall des Vorliegens einer der in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. a bis d BayBhV genannten Indikationen beihilfefähig.

Darüber ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 14. Juli 2015, 14 B 13.654, zu der Erkenntnis gelangt, dass der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche gegen das in § 45 Abs. 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip verstoße, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten zu sorgen habe (BayVGH, U. v. 14.07.2015, Az. 14 B 13.654, Rdnr. 22, juris).

Unzweifelhaft liegen beim Kläger keine der in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV genannten Indikationen vor. Auch handelt es sich hier nicht um einen auch nur annähernd vergleichbaren Fall einer dermaßen gravierenden Sehschwäche, welche dem Ausgangsfall des BayVGH zugrunde gelegen hatte. Diese hatte nämlich eine Stärke erreicht (Myopia per magna - hohe Kurzsichtigkeit, ca. -13 dpt.), die dem dortigen Kläger ohne eine Sehhilfe die wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unmöglich gemacht hätte. Hingegen liegt beim Kläger des gegenständlichen Verfahrens, dessen Kurzsichtigkeit laut ärztlicher Brillenverordnung vom 27. November 2014 -4,25 dpt und -4,00 dpt beträgt, nach den im Internet recherchierbaren Kategorien (vgl. www.brillensehhilfen.de) zwar eine das ständige Tragen einer Brille (oder Sehhilfe) erfordernde moderate Kurzsichtigkeit vor, die jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung auch ohne Sehhilfe nicht einer faktischen Blindheit gleichkäme. Insbesondere kann sich der Kläger auch nicht auch nicht auf die von ihm zur Klagebegründung zum Teil wortwörtlich übernommenen Ausführungen des BayVGH im oben genannten Urteil vom 14. Juli 2015 berufen, da die dortigen Feststellungen des BayVGH zu einem anders gelagerten und nach objektiven Kriterien, nicht mit dem Fall des Klägers (Minusstärken: 4,25 dpt. und 4,00 dpt) vergleichbaren Sachverhalt, nämlich dem Fall eines Beamten mit einer sehr hohen Kurzsichtigkeit von ca. -13 dpt. getroffen wurden.

Nachdem vorliegend kein Fall einer solchen gravierenden Sehschwäche gegeben ist, stellt sich auch nicht mehr die Frage, ob die Umsetzung der Entscheidung des BayVGH durch das Landesamt für Finanzen - Dienststelle ... - sich als zu eng erweist, wenn eine solche erst ab einer Größenordnung von mindestens -10 dpt. angenommen wird.

Die Kammer hat - über die Notwendigkeit einer Beihilfeleistung für Fälle einer gravierenden Sehschwäche hinaus - keine Zweifel an der Wirksamkeit der Vorschriften der BayBhV und ihrer jeweiligen Ausführungsbestimmungen. Insbesondere ist der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen neben den oben genannten Ausnahmen mit höherrangigem Recht vereinbar.

Die Ablehnung der weitergehenden Beihilfeleistung über diese Fälle hinaus verletzt nämlich nicht die Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtstG). Die Beihilferegelungen sind selbst eine Konkretisierung der Fürsorgepflicht, so dass Ansprüche aus dieser Pflicht des Dienstherrn nur abgeleitet werden können, wenn sonst die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre (BVerwG, Urt. v. 10.6.1999, Az. 2 C 29/98, Rdnr. 22, juris, m. w. N.). Ihrem Wesen nach ist die Beihilfe eine Hilfeleistung, die zu der zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten in angemessenem Umfang hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern. Dabei ergänzt die Beihilfe nach der ihr zugrundeliegenden Konzeption lediglich die Alimentation des Beamten (BVerwG, U.v. 20.3.2008, Az. 2 C 49.07, Rdnr. 20, juris; vgl. auch VG Bremen, U. v. 10.11.2015, Az. 2 K 695/14, Rdnr. 23, juris). Der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten soll auch im Krankheits- und Pflegefall gesichert werden. Dem Dienstherrn ist es daher grundsätzlich nicht verwehrt, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind. Der Dienstherr muss zwar eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten; das bedeutet jedoch nicht, dass er die Aufwendungen eines medizinisch notwendigen Arzneimittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Medikamente und Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet (BayVGH, a. a. O., Rdnr. 24, juris).

Insbesondere ist es dem Gesetz- und Verordnungsgeber nach Auffassung der Kammer rechtlich möglich, die Beihilfeleistungen für Hilfsmittel wie einer Brille ähnlich den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33 Abs. 2 SGB V i. V. m. § 12 Abs. 1 Spiegelstr. 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-Richtlinie/HilfsM-RL) in der Neufassung vom 21. Dezember 2011 zu beschränken.

Dabei ergibt sich auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dadurch, dass nur für bestimmte Diagnosen ein Beihilfeausschluss bzw. eine Beihilfegewährung vorgesehen wird (noch offengelassen: BayVGH, a. a. O., Rdnr. 32, juris). Hinsichtlich der Schwere der Sehbeeinträchtigungen wurde nämlich nach Auffassung des Verordnungsgebers keine bloß quantitativ bedeutsame Unterscheidung getroffen. Vielmehr ergibt sich aus den in § 22 Abs. 1 Nr. 2 BayBhV genannten Ausnahmefällen - wie auch aus der vom BayVGH zusätzlich angenommenen Ausnahme der gravierenden Sehschwäche - ein qualitativer Unterschied in der Beeinträchtigung, weshalb ein genügender sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung vorliegt. Aus diesem Grund ist mit Art. 96 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 lit. b BayBG auch eine genügende Verordnungsermächtigung für den vorgenommenen Ausschluss der Beihilfegewährung gegeben, weil nach qualitativ unterschiedlichen Indikationen unterschieden wurde.

Auch liegt keine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht wegen einer unzumutbaren Belastung des Beamten durch die Aufwendungen für die Brille als medizinisches Hilfsmittel vor (vgl. zur Unzumutbarkeit BVerwG, Urt. v. 10.10.2013, 5 C 32/12, Rdnr. 25, juris, m. w. N.; VG Ansbach, Urt. v. 16.06.2010, AN 15 K 10.00165; VG Bayreuth, Urt. v. 23.02.2015, B 5 K 14.1, Rdnr. 28, juris). Eine derartige unzumutbare Belastung für den Kläger durch die von ihm begehrten ungedeckten Aufwendungen in Höhe von 196,00 EUR ist jedoch nach Auffassung des Gerichts keinesfalls gegeben, da es sich lediglich um einmalige Kosten innerhalb eines längeren Zeitraums handelt, die - auf diesen bezogen - jedenfalls als vom Beamten leistbar angesehen müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

Nach Auffassung der Kammer weicht das Urteil nicht von der oben genannten Entscheidung des BayVGH vom 14. Juli 2015, 14 B 13.654, ab (vgl. §§ 124 Abs. 2 Nr. 4, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO), da der dort entschiedene Fall einen objektiv anders gelagerten Sachverhalt (Myopia per magna von -13 dpt.) betrifft.

Zum anderen handelt es sich vorliegend nicht um eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage i. S. d. §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO, insbesondere fehlt es bereits an der Klärungsbedürftigkeit der Reichweite einer gravierenden Sehschwäche, nachdem es bei der Kurzsichtigkeit des Klägers von -4,25 dpt. und -4,00 dpt. ersichtlich kein derartiger Fall gegeben ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 196,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 16. Nov. 2016 - AN 1 K 15.02405 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 16. Nov. 2016 - AN 1 K 15.02405 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 23. Feb. 2015 - B 5 K 14.1

bei uns veröffentlicht am 23.02.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Beihilfeleis

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 14. Juli 2015 - 14 B 13.654

bei uns veröffentlicht am 14.07.2015

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Aktenzeichen: 14 B 13.654 Im Namen des Volkes Urteil vom 14. Juli 2015 14. Senat (VG München, Entscheidung vom 12. August 2010, Az.: M 17 K 10.939) Sachgebietsschl

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 10. Okt. 2013 - 5 C 32/12

bei uns veröffentlicht am 10.10.2013

Tatbestand 1 Der Kläger begehrt Beihilfe zu den Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung in Form der heterologen In-vitro-Fertilisation.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 16. Nov. 2016 - AN 1 K 15.02405.

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 12. Juli 2017 - 8 A 137/16

bei uns veröffentlicht am 12.07.2017

Tatbestand 1 Der Kläger begehrt als Beamter des Landes Sachsen-Anhalt die beihilferechtliche Erstattung seiner Aufwendungen für jeweils eine Brille in Höhe von 1.298,00 EUR sowie 1.046,00 EUR. 2 Die Erstattung dieser Aufwendungen wurde mit den..

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Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 14 B 13.654

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

14. Senat

(VG München, Entscheidung vom 12. August 2010, Az.: M 17 K 10.939)

Sachgebietsschlüssel: 1335

Hauptpunkte: Beihilfe für Beamte des Freistaats ...; Zulässigkeit eines grundsätzlichen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Brillen für Erwachsene (verneint).

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Freistaat ...,

vertreten durch: Landesanwaltschaft ..., L-str. ..., M.,

- Beklagter -

wegen Beihilfe (Aufwendungen für Sehhilfe);

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Klein, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Siller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Juli 2015 am 14. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 verpflichtet‚ dem Kläger für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der zum maßgeblichen Zeitpunkt mit einem Bemessungssatz von 70% beihilfeberechtigte Kläger‚ ein zwischenzeitlich im Ruhestand befindlicher Universitätsprofessor‚ begehrt Beihilfeleistungen für eine Gleitsichtbrille.

Der vom Kläger aufgesuchte Arzt für Augenheilkunde hat mit Datum 22. Juli 2009 Gleitsichtgläser mit folgenden Werten verordnet: Ferne Rechts: Sph -12.5, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Ferne Links: Sph -4.5, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten; Nähe Rechts: Sph -10.0, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Nähe Links: Sph -2.0, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten. Dem augenärztlichen Attest vom 22. Dezember 2009 ist zu entnehmen, dass beim Kläger eine Myopia per magna (ca. -13 dpt.) bestehe, zusätzlich orthoptisch eine Exophorie in der Nähe -8°, Ferne -3° und eine musculus obliquus inferior overaction links mehr als rechts sowie eine Hyotropie, die eine Prismenkorrektur erforderlich mache, da sonst Doppelbilder entstünden. Bei bester Korrektur betrage die Sehschärfe rechts 0.8, links 1.0. Ohne Brille sei der Kläger nicht arbeitsfähig und wesentlich sehbehindert.

Der Kläger beantragte am 10. September 2009 Beihilfe für eine Nah-‚ eine Fern- und eine Gleitsichtbrille unter Vorlage von drei Rechnungen jeweils vom 14. August 2009 in Höhe von 336‚50 Euro‚ 296 Euro und 923‚50 Euro. Mit Bescheid vom 15. September 2009 lehnte der Beklagte die Gewährung von Beihilfe für die genannten Rechnungen unter Hinweis auf die Nichterstattungsfähigkeit der Aufwendungen für Sehhilfen gemäß § 22 Abs. 1 BayBhV ab. Eine der Indikationen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV, die ausnahmsweise die Erstattung der Aufwendungen für Sehhilfen nach Vollendung des 18. Lebensjahres erlaube‚ liege nicht vor. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half der Beklagte mit Schreiben vom 19. Februar 2010 nicht ab; vom Erlass eines förmlichen Widerspruchsbescheids wurde abgesehen.

Die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage auf Beihilfegewährung „für die Sehhilfe“ wies das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 12. August 2010 ab. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Sehhilfen zu. Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 BayBhV‚ der eine Gewährung von Beihilfe für Sehhilfen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen vorsehe‚ lägen nicht vor. Das Gericht halte die Vorschrift nicht für verfassungswidrig und verneine einen Anspruch des Klägers aus der Fürsorgepflicht. Das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfe gehöre nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und werde daher nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet. Die Fürsorgepflicht ergänze die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie erfordere‚ dass der Dienstherr den amtsangemessen Lebensunterhalt der Beamten und deren Familien auch in besonderen Belastungssituationen‚ wie Krankheit und Pflegebedürftigkeit, sichere. Er müsse dafür Sorge tragen‚ dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet blieben‚ die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten könnten. Dies sei auf Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen‚ in dem zur Eigenvorsorge des Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung trete. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlange weder‚ dass Aufwendungen der Beamten im Krankheitsfall durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und der ergänzenden Beihilfe vollständig abgedeckt würden‚ noch dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar seien. Der Dienstherr sei durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht daran gehindert‚ im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens. Die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen überfordere einen Beamten (speziell auch den Kläger) finanziell grundsätzlich nicht, zumal Aufwendungen für Sehhilfen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und durch eine private Krankenversicherung grundsätzlich versichert werden könnten. Unter dem Gesichtspunkt des Sparzwangs der öffentlichen Haushalte sowie unter dem Gesichtspunkt‚ dass für die zu leistende ergänzende Beihilfe nicht auf ein traditionelles Anspruchsniveau der Beamtenschaft abgestellt werden könne‚ könne die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen bzw. die Einschränkung auf sehr schwere Augenleiden nicht als Verletzung der Fürsorgepflicht im Wesenskern angesehen werden. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen‚ dass die Beihilfevorschriften der Beschränkung für Sehhilfen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet worden seien.

Im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beschränkte der Kläger seine Klage auf die Gewährung von Beihilfe für die Gleitsichtbrille in bestimmter Höhe.

Der Kläger beantragt‚

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 abzuändern und unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 den Beklagten zu verpflichten‚ für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zwinge die Verfassung den Verordnungsgeber neben der „quantitativen“ auch zur Beachtung einer „qualitativen“ Belastungsgrenze. Der Ausschluss gewisser Hilfsmittel von der Beihilfe liege mindestens dann außerhalb des ihm zustehenden Ermessensspielraums‚ wenn sie unmittelbar die Dienstfähigkeit sicher stellten‚ deren Erhalt der Kläger - wie jeder Beamte - seinem Dienstherrn unabhängig von seiner Besoldung schon unter Treuegesichtspunkten schulde. Der Verweis auf einen angeblichen „öffentlichen Sparzwang“ sei kein stichhaltiges Argument. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ es bestehe keine verfassungsrechtliche Verpflichtung‚ den Beamten in Krankheitsfällen Unterstützungen in Form von Beihilfen oder gar von Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren‚ werde nicht beigepflichtet. Vielmehr sei eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Dienstherrn zur Gewährung von Beihilfe unbestritten und er habe lediglich ein Ermessen‚ solange er die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern nicht verletze. Auch aus Gründen des „Sparzwangs der öffentlichen Haushalte“ dürfe den Beamten kein Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Nicht ersichtlich sei‚ auf welches „traditionelle Anspruchsniveau“ sich das Verwaltungsgericht berufe. Das Argument‚ die Beschränkung der Beihilfe nur für „sehr schwere Augenleiden“ sei der Angleichung an die gesetzliche Krankenversicherung geschuldet‚ könne keine Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht rechtfertigen. Im Rahmen der Beihilfe sei zu beachten‚ dass der Kläger die Sehhilfe zur Herstellung seiner Dienstfähigkeit benötige. Der Dienstherr habe sich prinzipiell an den Kosten aller Hilfsmittel zu beteiligen‚ die zum Ausgleich einer Behinderung erforderlich seien‚ erst recht wenn sie zur Herstellung der Dienstfähigkeit unerlässlich seien. Der Verordnungsgeber habe indessen unsachlich und willkürlich zwischen verschiedenen Stufen der Blindheit differenziert‚ wobei ohne Hilfsmittel weder in den im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV berücksichtigten Indikationen noch im Falle des Klägers eine Dienstfähigkeit gegeben sei. Einschränkungen der Beihilfe seien nur dann möglich‚ wenn dadurch die Dienstfähigkeit nicht in Frage gestellt werde.

Der Beklagte beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, das Verwaltungsgericht habe die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen durch § 22 BayBhV mit zutreffenden Erwägungen für verfassungsgemäß gehalten. Die Begrenzung halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums abgeleiteten Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens, ohne die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern zu verletzen. Denn die Fürsorgepflicht verpflichte den Dienstherrn nicht, zu jeglichen Aufwendungen, die aus Anlass einer Krankheit oder Behinderung entstünden, Beihilfen zu leisten. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass bereits nach „alter“ Rechtslage (bis zum 1.1.2004) erhebliche Beschränkungen im Hinblick auf die Beihilfegewährung bei Sehhilfen bestanden hätten. So seien schon damals Höchstbeträge für Brillengläser festgesetzt gewesen und es habe zeitliche Grenzen und medizinische Voraussetzungen für die Neubeschaffung von Sehhilfen gegeben. Damit hätten Beihilfeberechtigte erhebliche Aufwendungen bei der Anschaffung von Sehhilfen selbst tragen bzw. sich auf das Entstehen solcher Aufwendungen z. B. durch den Abschluss privater Versicherungen einstellen müssen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die weitgehende Leistungsausgrenzung von erwachsenen Personen bei der Beihilfegewährung im Bereich der Sehhilfen diese grundsätzlich finanziell nicht überfordere, zumal die Aufwendungen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und Sehhilfen auch relativ günstig zu erwerben bzw. durch Ergänzungstarife bei privaten Versicherungen abzudecken seien. Es sei auch zu beachten, dass die „neuen“ Beihilfevorschriften im Bereich der Sehhilfen denjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand der Entscheidung ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Antrag des Klägers, ihm Beihilfe für die Aufwendungen für die Gleitsichtbrille, beschränkt auf die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge, zu gewähren. Darin liegt - bezogen auf den vorangegangenen Sachantrag - keine Teilrücknahme der Berufung oder der Klage. Das Klage- und Berufungsbegehren des Klägers zielt im Kern darauf, die Wirksamkeit des Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen durch die Beihilfeverordnung gerichtlich klären zu lassen. Dabei ging es ihm von Anfang an maßgeblich um die Erstattungsfähigkeit der Gleitsichtbrille, die er für die Ausübung seiner Tätigkeit als Dozent als unabdingbar erachtet. Von daher ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Sachantrag lediglich als Konkretisierung des Begehrens des Klägers zu verstehen.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille in Höhe von 232,40 Euro (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts war entsprechend abzuändern und der Bescheid vom 15. September 2009 insoweit aufzuheben.

I.

Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (st. Rspr., vgl. statt aller BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Ob und inwieweit der Kläger für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen kann, beurteilt sich daher nach der auf der Grundlage des Art. 86a des Bayerischen Beamtengesetzes (i. d. F. d. Bek. v. 8.12.2006, GVBl. S. 987 - BayBG a. F.) erlassenen Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl. S. 15), die in den hier einschlägigen Teilen bis heute unverändert geblieben ist.

II.

Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Beihilfe für die ihm ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 BayBhV. Ein wirksamer Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV liegt nicht vor.

1. Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt als aktiver Beamter zu 70% beihilfeberechtigt (§ 46 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV).

2. Die Aufwendungen des Klägers sind beihilfefähig gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BayBhV. Die Beihilfefähigkeit erstreckt sich danach grundsätzlich nur auf medizinisch notwendige und der Höhe nach angemessene Aufwendungen. Die Notwendigkeit der Aufwendungen für die dem Kläger schriftlich verordnete (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 BayBhV) Gleitsichtbrille sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stehen zwischen den Beteiligten - wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bestätigt hat - nicht in Streit. Diese in Zweifel zu ziehen hat der Senat keinen Anlass.

3. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBhV sind medizinisch notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen nur unter der Voraussetzung beihilfefähig, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sieht die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen - beschränkt auf die in Absätzen 2 bis 6 genannten Höchstbeträge - nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vor (Nr. 1 der Vorschrift). Für Volljährige sind Aufwendungen für Sehhilfen nur bei Vorliegen bestimmter Diagnosen beihilfefähig (Nr. 2 der Vorschrift). Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Diagnosen: Buchst. a - Blindheit beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.0; Buchst. b - Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges - Diagnoseschlüssel H 54.1; Buchst. c - gravierende Sehschwäche beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.2; Buchst. d - erhebliche Gesichtsfeldausfälle. Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass keiner dieser Diagnoseschlüssel auf den Kläger zutrifft. Auch hier hat der Senat keinen Anlass, dies in Zweifel zu ziehen.

4. Die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen führt im Ergebnis zu einem grundsätzlichen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene. Dieser Ausschluss ist nicht wirksam.

a) Die Wirksamkeit des Ausschlusses bzw. der Beschränkung ist nicht, wie der Kläger meint, unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, dass er nur unter Einsatz der Gleitsichtbrille Vorlesungen halten könne und infolgedessen der Dienstherr aus Gründen der Fürsorge verpflichtet sei, dieses Hilfsmittel im Rahmen der Beihilfe zu berücksichtigen, um die Dienstfähigkeit des Klägers zu erhalten. Denn die Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme beurteilt sich ausschließlich nach dem allgemeinen Lebensbereich des Beihilfeberechtigten, d. h. nach den gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensverhältnissen und Aktivitäten. Auf besondere berufliche Anforderungen ist hierbei nicht abzustellen (vgl. BayVGH, B. v. 14.5.2014 - 14 ZB 13.2658 - juris Rn. 10; BVerwG, U. v. 15.12.1983 - 2 C 66.81 - ZBR 1984, 274; OVG NW, B. v. 3.2.2012 - 1 A 1249/10 - juris Rn. 6).

b) Der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV verstößt jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche - wie sie beim Kläger laut augenärztlichem Attest vom 22. Dezember 2009 unzweifelhaft vorliegt - gegen das in § 45 Satz 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten (auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses) zu sorgen hat.

aa) Die Gewährung von Beihilfen findet ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (st. Rspr., vgl. z. B. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/99; BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 18; B. v. 18.1.2013 - 5 B 44.12 - juris Rn. 7). Dieser muss Vorkehrungen treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann. Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- oder Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfenkonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind (st. Rspr., vgl. u. a. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/101; BVerwG, U. v. 28.5.2008 - 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 26; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23).

Eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall zu gewährleisten bedeutet nicht, dass der Dienstherr die Aufwendungen eines ärztlich verordneten Hilfsmittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Nach dem gegenwärtigen System aber nicht ausschließbar sind Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 20; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23; U. v. 31.1.2002 - 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 3). In diesen Fällen ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen werden darf. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht ist wegen des Zusammenhangs mit der sich ebenfalls aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Alimentationspflicht des Dienstherrn außerdem verletzt, wenn der Beihilfeberechtigte infolge eines für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen vorgesehenen Leistungsausschlusses oder einer Leistungsbegrenzung mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (BVerwG, U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.).

bb) Dies zugrunde gelegt, ist der in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommene Beihilfeausschluss im Hinblick auf den Personenkreis der Erwachsenen, der wie der Kläger eine gravierende Sehschwäche hat, unwirksam. Die Aufwendungen des Klägers für die Gleitsichtbrille sind erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Der Kläger hat gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur wäre er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Er wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit visuell die erforderlichen Informationen verschaffen zu können bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, sind grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch das berufliche Aufgabenfeld umfasst, teilnehmen zu können. Ohne die erforderliche Sehhilfe wäre all dies für den Kläger nicht gewährleistet. Nach eigenem Bekunden ist sein erster Griff nach dem Aufwachen der zu seiner Brille, da er sich ansonsten nur tastend durch die eigene Wohnung fortbewegen könne. Bei den Aufwendungen des Klägers handelt es sich nicht um Kosten, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 21; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23). Sie dienen vielmehr dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Die Aufwendungen für eine Sehhilfe sind auch nicht nur mittelbare Folgekosten einer Krankheit (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 a. a. O.). Das Erfordernis einer Sehhilfe stellt sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen sind Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsieht (vgl. § 22 BayBhV).

Anders als bei der vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten weiteren Fallgruppe eines unzulässigen Leistungsausschlusses, wonach der Beihilfeberechtigte nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleiben darf, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (vgl. z. B. U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.), darf bei zur Bewältigung der wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unverzichtbaren Hilfsmitteln nicht auf die Höhe der Beschaffungskosten für das Hilfsmittel abgestellt werden. Würde man die Beihilfefähigkeit von unverzichtbaren Hilfsmitteln von der Höhe der jeweiligen Beschaffungskosten abhängig machen, könnte dies zu einer vollständigen Aushöhlung dieser vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten Fallgruppe führen. Denn dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber würde die Möglichkeit eröffnet, unverzichtbare, aber verhältnismäßig billige oder langlebige Hilfsmittel wie z. B. Anzieh-/Ausziehhilfen, Aufrichteschlaufen oder Gehhilfen (vgl. Anlage 4 zu § 21 Abs. 1 BayBhV) von der Beihilfefähigkeit auszuschließen. Dies wäre mit dem Fürsorgegrundsatz nicht zu vereinbaren. Die Kosten einer Brille stellen zudem, jedenfalls bei gravierender Sehschwäche, keine der Höhe nach zu vernachlässigenden Aufwendungen dar, wie im Falle des Klägers - ca. 930 Euro nur für die Gläser - deutlich wird.

cc) An den genannten Anforderungen an die Fürsorgepflicht ändert nichts, dass nach dem Vortrag des Beklagten in dem zum 1. Januar 2007 eingeführten bayerischen Beihilferecht die für die Erstattungsfähigkeit von Sehhilfen geltenden Beihilferegelungen des Bundes übernommen worden sind, die seit dem Jahr 2004 aus Gründen der Gleichbehandlung der Beihilfeberechtigten mit den gesetzlich Krankenversicherten eine Erstattung von Aufwendungen für Sehhilfen für Erwachsene nur bei Vorliegen bestimmter Indikationen vorsahen. Denn die Sicherungssysteme „gesetzliche Krankenversicherung“ und „private Eigenvorsorge mit ergänzender Beihilfe“ weisen grundlegende Strukturunterschiede auf (vgl. BVerfG (Kammer), B. v. 28.2.2008 - 1 BvR 1778/05 - juris Rn. 3; BVerwG, U. v. 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 17). Sie unterscheiden sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen. Aus diesem Grund wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG durch Unterschiede bei der Leistungsgewährung in aller Regel nicht verletzt. Erst recht vermag das Bestreben nach einer Angleichung der Systeme Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht nicht zu rechtfertigen (BVerwG, U. v. 26.6.2008 - 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 18). Zudem gilt es zu bedenken, dass Art. 96 BayBG bzw. die Vorgängerregelung Art. 86a BayBG a. F. im Gegensatz zu der entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung des § 80 BBG (siehe dort Absatz 4) keinen völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Recht der Krankenversicherung - vorsieht.

c) Nach alledem ist der Teilausschluss jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig. Dies kann der Senat selbst feststellen. Eine Vorlage an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof, der auch bayerische Gesetze im materiellen Sinn überprüft (Art. 65, 92 BV), ist nicht erforderlich, weil § 22 Abs. 1 BayBhV zwar gegen die Bayerische Verfassung verstößt (Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV), aber auch bereits wegen eines Verstoßes gegen die einfachgesetzlich in § 45 BeamtStG geregelte Fürsorgepflicht unwirksam ist (vgl. Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 92 BV Rn. 14).

III.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Gewährung von Beihilfe in der begehrten Höhe für die Anschaffung der Gleitsichtbrille. Nicht entscheidungserheblich und daher nicht zu klären ist vorliegend, ob die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge mit höherrangigem Recht vereinbar sind, weil der Kläger seinen Antrag entsprechend beschränkt hat. Der für den Kläger einschlägige Höchstbetrag errechnet sich nach übereinstimmender Auffassung der Parteien wie folgt:

Rechtes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 2 BayBhV Gläserstärke über +/- 6 dpt. - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBhV Mehraufwendungen für Leichtglas bei Gläserstärke ab +/- 6 dpt. - 21 €, insgesamt 176,50 €.

Linkes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBhV bei Anisometropie ab 2 dpt. - 21 €, insgesamt 155,50 €. Der Höchstbetrag beläuft sich damit auf 332 Euro. Unter Zugrundelegung des Beihilfesatzes von 70% ergibt sich die dem Kläger zustehende und beantragte Beihilfeleistung von 232,40 Euro.

IV.

Offenbleiben - weil nicht mehr entscheidungserheblich - kann, ob die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV geregelte Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene nur für die dort aufgenommenen Diagnosen bzw. der daraus folgende Beihilfeausschluss für alle anderen Arten der Sehschwäche gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob Art. 86a Abs. 5 BayBG a. F., der dem Art. 96 Abs. 5 BayBG entspricht, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommenen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Volljährige bzw. die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf das Vorliegen einiger weniger Diagnosen darstellt.

Nach alledem war der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 232,40 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 14 B 13.654

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

14. Senat

(VG München, Entscheidung vom 12. August 2010, Az.: M 17 K 10.939)

Sachgebietsschlüssel: 1335

Hauptpunkte: Beihilfe für Beamte des Freistaats ...; Zulässigkeit eines grundsätzlichen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Brillen für Erwachsene (verneint).

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Freistaat ...,

vertreten durch: Landesanwaltschaft ..., L-str. ..., M.,

- Beklagter -

wegen Beihilfe (Aufwendungen für Sehhilfe);

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Klein, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Siller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Juli 2015 am 14. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 verpflichtet‚ dem Kläger für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der zum maßgeblichen Zeitpunkt mit einem Bemessungssatz von 70% beihilfeberechtigte Kläger‚ ein zwischenzeitlich im Ruhestand befindlicher Universitätsprofessor‚ begehrt Beihilfeleistungen für eine Gleitsichtbrille.

Der vom Kläger aufgesuchte Arzt für Augenheilkunde hat mit Datum 22. Juli 2009 Gleitsichtgläser mit folgenden Werten verordnet: Ferne Rechts: Sph -12.5, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Ferne Links: Sph -4.5, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten; Nähe Rechts: Sph -10.0, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Nähe Links: Sph -2.0, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten. Dem augenärztlichen Attest vom 22. Dezember 2009 ist zu entnehmen, dass beim Kläger eine Myopia per magna (ca. -13 dpt.) bestehe, zusätzlich orthoptisch eine Exophorie in der Nähe -8°, Ferne -3° und eine musculus obliquus inferior overaction links mehr als rechts sowie eine Hyotropie, die eine Prismenkorrektur erforderlich mache, da sonst Doppelbilder entstünden. Bei bester Korrektur betrage die Sehschärfe rechts 0.8, links 1.0. Ohne Brille sei der Kläger nicht arbeitsfähig und wesentlich sehbehindert.

Der Kläger beantragte am 10. September 2009 Beihilfe für eine Nah-‚ eine Fern- und eine Gleitsichtbrille unter Vorlage von drei Rechnungen jeweils vom 14. August 2009 in Höhe von 336‚50 Euro‚ 296 Euro und 923‚50 Euro. Mit Bescheid vom 15. September 2009 lehnte der Beklagte die Gewährung von Beihilfe für die genannten Rechnungen unter Hinweis auf die Nichterstattungsfähigkeit der Aufwendungen für Sehhilfen gemäß § 22 Abs. 1 BayBhV ab. Eine der Indikationen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV, die ausnahmsweise die Erstattung der Aufwendungen für Sehhilfen nach Vollendung des 18. Lebensjahres erlaube‚ liege nicht vor. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half der Beklagte mit Schreiben vom 19. Februar 2010 nicht ab; vom Erlass eines förmlichen Widerspruchsbescheids wurde abgesehen.

Die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage auf Beihilfegewährung „für die Sehhilfe“ wies das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 12. August 2010 ab. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Sehhilfen zu. Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 BayBhV‚ der eine Gewährung von Beihilfe für Sehhilfen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen vorsehe‚ lägen nicht vor. Das Gericht halte die Vorschrift nicht für verfassungswidrig und verneine einen Anspruch des Klägers aus der Fürsorgepflicht. Das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfe gehöre nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und werde daher nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet. Die Fürsorgepflicht ergänze die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie erfordere‚ dass der Dienstherr den amtsangemessen Lebensunterhalt der Beamten und deren Familien auch in besonderen Belastungssituationen‚ wie Krankheit und Pflegebedürftigkeit, sichere. Er müsse dafür Sorge tragen‚ dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet blieben‚ die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten könnten. Dies sei auf Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen‚ in dem zur Eigenvorsorge des Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung trete. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlange weder‚ dass Aufwendungen der Beamten im Krankheitsfall durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und der ergänzenden Beihilfe vollständig abgedeckt würden‚ noch dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar seien. Der Dienstherr sei durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht daran gehindert‚ im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens. Die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen überfordere einen Beamten (speziell auch den Kläger) finanziell grundsätzlich nicht, zumal Aufwendungen für Sehhilfen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und durch eine private Krankenversicherung grundsätzlich versichert werden könnten. Unter dem Gesichtspunkt des Sparzwangs der öffentlichen Haushalte sowie unter dem Gesichtspunkt‚ dass für die zu leistende ergänzende Beihilfe nicht auf ein traditionelles Anspruchsniveau der Beamtenschaft abgestellt werden könne‚ könne die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen bzw. die Einschränkung auf sehr schwere Augenleiden nicht als Verletzung der Fürsorgepflicht im Wesenskern angesehen werden. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen‚ dass die Beihilfevorschriften der Beschränkung für Sehhilfen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet worden seien.

Im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beschränkte der Kläger seine Klage auf die Gewährung von Beihilfe für die Gleitsichtbrille in bestimmter Höhe.

Der Kläger beantragt‚

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 abzuändern und unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 den Beklagten zu verpflichten‚ für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zwinge die Verfassung den Verordnungsgeber neben der „quantitativen“ auch zur Beachtung einer „qualitativen“ Belastungsgrenze. Der Ausschluss gewisser Hilfsmittel von der Beihilfe liege mindestens dann außerhalb des ihm zustehenden Ermessensspielraums‚ wenn sie unmittelbar die Dienstfähigkeit sicher stellten‚ deren Erhalt der Kläger - wie jeder Beamte - seinem Dienstherrn unabhängig von seiner Besoldung schon unter Treuegesichtspunkten schulde. Der Verweis auf einen angeblichen „öffentlichen Sparzwang“ sei kein stichhaltiges Argument. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ es bestehe keine verfassungsrechtliche Verpflichtung‚ den Beamten in Krankheitsfällen Unterstützungen in Form von Beihilfen oder gar von Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren‚ werde nicht beigepflichtet. Vielmehr sei eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Dienstherrn zur Gewährung von Beihilfe unbestritten und er habe lediglich ein Ermessen‚ solange er die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern nicht verletze. Auch aus Gründen des „Sparzwangs der öffentlichen Haushalte“ dürfe den Beamten kein Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Nicht ersichtlich sei‚ auf welches „traditionelle Anspruchsniveau“ sich das Verwaltungsgericht berufe. Das Argument‚ die Beschränkung der Beihilfe nur für „sehr schwere Augenleiden“ sei der Angleichung an die gesetzliche Krankenversicherung geschuldet‚ könne keine Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht rechtfertigen. Im Rahmen der Beihilfe sei zu beachten‚ dass der Kläger die Sehhilfe zur Herstellung seiner Dienstfähigkeit benötige. Der Dienstherr habe sich prinzipiell an den Kosten aller Hilfsmittel zu beteiligen‚ die zum Ausgleich einer Behinderung erforderlich seien‚ erst recht wenn sie zur Herstellung der Dienstfähigkeit unerlässlich seien. Der Verordnungsgeber habe indessen unsachlich und willkürlich zwischen verschiedenen Stufen der Blindheit differenziert‚ wobei ohne Hilfsmittel weder in den im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV berücksichtigten Indikationen noch im Falle des Klägers eine Dienstfähigkeit gegeben sei. Einschränkungen der Beihilfe seien nur dann möglich‚ wenn dadurch die Dienstfähigkeit nicht in Frage gestellt werde.

Der Beklagte beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, das Verwaltungsgericht habe die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen durch § 22 BayBhV mit zutreffenden Erwägungen für verfassungsgemäß gehalten. Die Begrenzung halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums abgeleiteten Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens, ohne die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern zu verletzen. Denn die Fürsorgepflicht verpflichte den Dienstherrn nicht, zu jeglichen Aufwendungen, die aus Anlass einer Krankheit oder Behinderung entstünden, Beihilfen zu leisten. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass bereits nach „alter“ Rechtslage (bis zum 1.1.2004) erhebliche Beschränkungen im Hinblick auf die Beihilfegewährung bei Sehhilfen bestanden hätten. So seien schon damals Höchstbeträge für Brillengläser festgesetzt gewesen und es habe zeitliche Grenzen und medizinische Voraussetzungen für die Neubeschaffung von Sehhilfen gegeben. Damit hätten Beihilfeberechtigte erhebliche Aufwendungen bei der Anschaffung von Sehhilfen selbst tragen bzw. sich auf das Entstehen solcher Aufwendungen z. B. durch den Abschluss privater Versicherungen einstellen müssen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die weitgehende Leistungsausgrenzung von erwachsenen Personen bei der Beihilfegewährung im Bereich der Sehhilfen diese grundsätzlich finanziell nicht überfordere, zumal die Aufwendungen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und Sehhilfen auch relativ günstig zu erwerben bzw. durch Ergänzungstarife bei privaten Versicherungen abzudecken seien. Es sei auch zu beachten, dass die „neuen“ Beihilfevorschriften im Bereich der Sehhilfen denjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand der Entscheidung ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Antrag des Klägers, ihm Beihilfe für die Aufwendungen für die Gleitsichtbrille, beschränkt auf die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge, zu gewähren. Darin liegt - bezogen auf den vorangegangenen Sachantrag - keine Teilrücknahme der Berufung oder der Klage. Das Klage- und Berufungsbegehren des Klägers zielt im Kern darauf, die Wirksamkeit des Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen durch die Beihilfeverordnung gerichtlich klären zu lassen. Dabei ging es ihm von Anfang an maßgeblich um die Erstattungsfähigkeit der Gleitsichtbrille, die er für die Ausübung seiner Tätigkeit als Dozent als unabdingbar erachtet. Von daher ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Sachantrag lediglich als Konkretisierung des Begehrens des Klägers zu verstehen.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille in Höhe von 232,40 Euro (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts war entsprechend abzuändern und der Bescheid vom 15. September 2009 insoweit aufzuheben.

I.

Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (st. Rspr., vgl. statt aller BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Ob und inwieweit der Kläger für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen kann, beurteilt sich daher nach der auf der Grundlage des Art. 86a des Bayerischen Beamtengesetzes (i. d. F. d. Bek. v. 8.12.2006, GVBl. S. 987 - BayBG a. F.) erlassenen Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl. S. 15), die in den hier einschlägigen Teilen bis heute unverändert geblieben ist.

II.

Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Beihilfe für die ihm ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 BayBhV. Ein wirksamer Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV liegt nicht vor.

1. Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt als aktiver Beamter zu 70% beihilfeberechtigt (§ 46 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV).

2. Die Aufwendungen des Klägers sind beihilfefähig gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BayBhV. Die Beihilfefähigkeit erstreckt sich danach grundsätzlich nur auf medizinisch notwendige und der Höhe nach angemessene Aufwendungen. Die Notwendigkeit der Aufwendungen für die dem Kläger schriftlich verordnete (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 BayBhV) Gleitsichtbrille sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stehen zwischen den Beteiligten - wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bestätigt hat - nicht in Streit. Diese in Zweifel zu ziehen hat der Senat keinen Anlass.

3. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBhV sind medizinisch notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen nur unter der Voraussetzung beihilfefähig, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sieht die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen - beschränkt auf die in Absätzen 2 bis 6 genannten Höchstbeträge - nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vor (Nr. 1 der Vorschrift). Für Volljährige sind Aufwendungen für Sehhilfen nur bei Vorliegen bestimmter Diagnosen beihilfefähig (Nr. 2 der Vorschrift). Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Diagnosen: Buchst. a - Blindheit beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.0; Buchst. b - Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges - Diagnoseschlüssel H 54.1; Buchst. c - gravierende Sehschwäche beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.2; Buchst. d - erhebliche Gesichtsfeldausfälle. Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass keiner dieser Diagnoseschlüssel auf den Kläger zutrifft. Auch hier hat der Senat keinen Anlass, dies in Zweifel zu ziehen.

4. Die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen führt im Ergebnis zu einem grundsätzlichen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene. Dieser Ausschluss ist nicht wirksam.

a) Die Wirksamkeit des Ausschlusses bzw. der Beschränkung ist nicht, wie der Kläger meint, unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, dass er nur unter Einsatz der Gleitsichtbrille Vorlesungen halten könne und infolgedessen der Dienstherr aus Gründen der Fürsorge verpflichtet sei, dieses Hilfsmittel im Rahmen der Beihilfe zu berücksichtigen, um die Dienstfähigkeit des Klägers zu erhalten. Denn die Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme beurteilt sich ausschließlich nach dem allgemeinen Lebensbereich des Beihilfeberechtigten, d. h. nach den gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensverhältnissen und Aktivitäten. Auf besondere berufliche Anforderungen ist hierbei nicht abzustellen (vgl. BayVGH, B. v. 14.5.2014 - 14 ZB 13.2658 - juris Rn. 10; BVerwG, U. v. 15.12.1983 - 2 C 66.81 - ZBR 1984, 274; OVG NW, B. v. 3.2.2012 - 1 A 1249/10 - juris Rn. 6).

b) Der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV verstößt jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche - wie sie beim Kläger laut augenärztlichem Attest vom 22. Dezember 2009 unzweifelhaft vorliegt - gegen das in § 45 Satz 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten (auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses) zu sorgen hat.

aa) Die Gewährung von Beihilfen findet ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (st. Rspr., vgl. z. B. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/99; BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 18; B. v. 18.1.2013 - 5 B 44.12 - juris Rn. 7). Dieser muss Vorkehrungen treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann. Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- oder Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfenkonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind (st. Rspr., vgl. u. a. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/101; BVerwG, U. v. 28.5.2008 - 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 26; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23).

Eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall zu gewährleisten bedeutet nicht, dass der Dienstherr die Aufwendungen eines ärztlich verordneten Hilfsmittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Nach dem gegenwärtigen System aber nicht ausschließbar sind Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 20; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23; U. v. 31.1.2002 - 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 3). In diesen Fällen ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen werden darf. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht ist wegen des Zusammenhangs mit der sich ebenfalls aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Alimentationspflicht des Dienstherrn außerdem verletzt, wenn der Beihilfeberechtigte infolge eines für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen vorgesehenen Leistungsausschlusses oder einer Leistungsbegrenzung mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (BVerwG, U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.).

bb) Dies zugrunde gelegt, ist der in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommene Beihilfeausschluss im Hinblick auf den Personenkreis der Erwachsenen, der wie der Kläger eine gravierende Sehschwäche hat, unwirksam. Die Aufwendungen des Klägers für die Gleitsichtbrille sind erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Der Kläger hat gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur wäre er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Er wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit visuell die erforderlichen Informationen verschaffen zu können bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, sind grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch das berufliche Aufgabenfeld umfasst, teilnehmen zu können. Ohne die erforderliche Sehhilfe wäre all dies für den Kläger nicht gewährleistet. Nach eigenem Bekunden ist sein erster Griff nach dem Aufwachen der zu seiner Brille, da er sich ansonsten nur tastend durch die eigene Wohnung fortbewegen könne. Bei den Aufwendungen des Klägers handelt es sich nicht um Kosten, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 21; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23). Sie dienen vielmehr dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Die Aufwendungen für eine Sehhilfe sind auch nicht nur mittelbare Folgekosten einer Krankheit (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 a. a. O.). Das Erfordernis einer Sehhilfe stellt sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen sind Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsieht (vgl. § 22 BayBhV).

Anders als bei der vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten weiteren Fallgruppe eines unzulässigen Leistungsausschlusses, wonach der Beihilfeberechtigte nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleiben darf, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (vgl. z. B. U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.), darf bei zur Bewältigung der wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unverzichtbaren Hilfsmitteln nicht auf die Höhe der Beschaffungskosten für das Hilfsmittel abgestellt werden. Würde man die Beihilfefähigkeit von unverzichtbaren Hilfsmitteln von der Höhe der jeweiligen Beschaffungskosten abhängig machen, könnte dies zu einer vollständigen Aushöhlung dieser vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten Fallgruppe führen. Denn dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber würde die Möglichkeit eröffnet, unverzichtbare, aber verhältnismäßig billige oder langlebige Hilfsmittel wie z. B. Anzieh-/Ausziehhilfen, Aufrichteschlaufen oder Gehhilfen (vgl. Anlage 4 zu § 21 Abs. 1 BayBhV) von der Beihilfefähigkeit auszuschließen. Dies wäre mit dem Fürsorgegrundsatz nicht zu vereinbaren. Die Kosten einer Brille stellen zudem, jedenfalls bei gravierender Sehschwäche, keine der Höhe nach zu vernachlässigenden Aufwendungen dar, wie im Falle des Klägers - ca. 930 Euro nur für die Gläser - deutlich wird.

cc) An den genannten Anforderungen an die Fürsorgepflicht ändert nichts, dass nach dem Vortrag des Beklagten in dem zum 1. Januar 2007 eingeführten bayerischen Beihilferecht die für die Erstattungsfähigkeit von Sehhilfen geltenden Beihilferegelungen des Bundes übernommen worden sind, die seit dem Jahr 2004 aus Gründen der Gleichbehandlung der Beihilfeberechtigten mit den gesetzlich Krankenversicherten eine Erstattung von Aufwendungen für Sehhilfen für Erwachsene nur bei Vorliegen bestimmter Indikationen vorsahen. Denn die Sicherungssysteme „gesetzliche Krankenversicherung“ und „private Eigenvorsorge mit ergänzender Beihilfe“ weisen grundlegende Strukturunterschiede auf (vgl. BVerfG (Kammer), B. v. 28.2.2008 - 1 BvR 1778/05 - juris Rn. 3; BVerwG, U. v. 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 17). Sie unterscheiden sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen. Aus diesem Grund wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG durch Unterschiede bei der Leistungsgewährung in aller Regel nicht verletzt. Erst recht vermag das Bestreben nach einer Angleichung der Systeme Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht nicht zu rechtfertigen (BVerwG, U. v. 26.6.2008 - 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 18). Zudem gilt es zu bedenken, dass Art. 96 BayBG bzw. die Vorgängerregelung Art. 86a BayBG a. F. im Gegensatz zu der entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung des § 80 BBG (siehe dort Absatz 4) keinen völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Recht der Krankenversicherung - vorsieht.

c) Nach alledem ist der Teilausschluss jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig. Dies kann der Senat selbst feststellen. Eine Vorlage an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof, der auch bayerische Gesetze im materiellen Sinn überprüft (Art. 65, 92 BV), ist nicht erforderlich, weil § 22 Abs. 1 BayBhV zwar gegen die Bayerische Verfassung verstößt (Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV), aber auch bereits wegen eines Verstoßes gegen die einfachgesetzlich in § 45 BeamtStG geregelte Fürsorgepflicht unwirksam ist (vgl. Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 92 BV Rn. 14).

III.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Gewährung von Beihilfe in der begehrten Höhe für die Anschaffung der Gleitsichtbrille. Nicht entscheidungserheblich und daher nicht zu klären ist vorliegend, ob die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge mit höherrangigem Recht vereinbar sind, weil der Kläger seinen Antrag entsprechend beschränkt hat. Der für den Kläger einschlägige Höchstbetrag errechnet sich nach übereinstimmender Auffassung der Parteien wie folgt:

Rechtes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 2 BayBhV Gläserstärke über +/- 6 dpt. - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBhV Mehraufwendungen für Leichtglas bei Gläserstärke ab +/- 6 dpt. - 21 €, insgesamt 176,50 €.

Linkes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBhV bei Anisometropie ab 2 dpt. - 21 €, insgesamt 155,50 €. Der Höchstbetrag beläuft sich damit auf 332 Euro. Unter Zugrundelegung des Beihilfesatzes von 70% ergibt sich die dem Kläger zustehende und beantragte Beihilfeleistung von 232,40 Euro.

IV.

Offenbleiben - weil nicht mehr entscheidungserheblich - kann, ob die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV geregelte Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene nur für die dort aufgenommenen Diagnosen bzw. der daraus folgende Beihilfeausschluss für alle anderen Arten der Sehschwäche gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob Art. 86a Abs. 5 BayBG a. F., der dem Art. 96 Abs. 5 BayBG entspricht, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommenen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Volljährige bzw. die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf das Vorliegen einiger weniger Diagnosen darstellt.

Nach alledem war der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 232,40 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 14 B 13.654

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

14. Senat

(VG München, Entscheidung vom 12. August 2010, Az.: M 17 K 10.939)

Sachgebietsschlüssel: 1335

Hauptpunkte: Beihilfe für Beamte des Freistaats ...; Zulässigkeit eines grundsätzlichen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Brillen für Erwachsene (verneint).

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Freistaat ...,

vertreten durch: Landesanwaltschaft ..., L-str. ..., M.,

- Beklagter -

wegen Beihilfe (Aufwendungen für Sehhilfe);

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Klein, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Siller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Juli 2015 am 14. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 verpflichtet‚ dem Kläger für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der zum maßgeblichen Zeitpunkt mit einem Bemessungssatz von 70% beihilfeberechtigte Kläger‚ ein zwischenzeitlich im Ruhestand befindlicher Universitätsprofessor‚ begehrt Beihilfeleistungen für eine Gleitsichtbrille.

Der vom Kläger aufgesuchte Arzt für Augenheilkunde hat mit Datum 22. Juli 2009 Gleitsichtgläser mit folgenden Werten verordnet: Ferne Rechts: Sph -12.5, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Ferne Links: Sph -4.5, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten; Nähe Rechts: Sph -10.0, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Nähe Links: Sph -2.0, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten. Dem augenärztlichen Attest vom 22. Dezember 2009 ist zu entnehmen, dass beim Kläger eine Myopia per magna (ca. -13 dpt.) bestehe, zusätzlich orthoptisch eine Exophorie in der Nähe -8°, Ferne -3° und eine musculus obliquus inferior overaction links mehr als rechts sowie eine Hyotropie, die eine Prismenkorrektur erforderlich mache, da sonst Doppelbilder entstünden. Bei bester Korrektur betrage die Sehschärfe rechts 0.8, links 1.0. Ohne Brille sei der Kläger nicht arbeitsfähig und wesentlich sehbehindert.

Der Kläger beantragte am 10. September 2009 Beihilfe für eine Nah-‚ eine Fern- und eine Gleitsichtbrille unter Vorlage von drei Rechnungen jeweils vom 14. August 2009 in Höhe von 336‚50 Euro‚ 296 Euro und 923‚50 Euro. Mit Bescheid vom 15. September 2009 lehnte der Beklagte die Gewährung von Beihilfe für die genannten Rechnungen unter Hinweis auf die Nichterstattungsfähigkeit der Aufwendungen für Sehhilfen gemäß § 22 Abs. 1 BayBhV ab. Eine der Indikationen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV, die ausnahmsweise die Erstattung der Aufwendungen für Sehhilfen nach Vollendung des 18. Lebensjahres erlaube‚ liege nicht vor. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half der Beklagte mit Schreiben vom 19. Februar 2010 nicht ab; vom Erlass eines förmlichen Widerspruchsbescheids wurde abgesehen.

Die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage auf Beihilfegewährung „für die Sehhilfe“ wies das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 12. August 2010 ab. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Sehhilfen zu. Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 BayBhV‚ der eine Gewährung von Beihilfe für Sehhilfen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen vorsehe‚ lägen nicht vor. Das Gericht halte die Vorschrift nicht für verfassungswidrig und verneine einen Anspruch des Klägers aus der Fürsorgepflicht. Das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfe gehöre nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und werde daher nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet. Die Fürsorgepflicht ergänze die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie erfordere‚ dass der Dienstherr den amtsangemessen Lebensunterhalt der Beamten und deren Familien auch in besonderen Belastungssituationen‚ wie Krankheit und Pflegebedürftigkeit, sichere. Er müsse dafür Sorge tragen‚ dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet blieben‚ die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten könnten. Dies sei auf Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen‚ in dem zur Eigenvorsorge des Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung trete. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlange weder‚ dass Aufwendungen der Beamten im Krankheitsfall durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und der ergänzenden Beihilfe vollständig abgedeckt würden‚ noch dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar seien. Der Dienstherr sei durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht daran gehindert‚ im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens. Die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen überfordere einen Beamten (speziell auch den Kläger) finanziell grundsätzlich nicht, zumal Aufwendungen für Sehhilfen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und durch eine private Krankenversicherung grundsätzlich versichert werden könnten. Unter dem Gesichtspunkt des Sparzwangs der öffentlichen Haushalte sowie unter dem Gesichtspunkt‚ dass für die zu leistende ergänzende Beihilfe nicht auf ein traditionelles Anspruchsniveau der Beamtenschaft abgestellt werden könne‚ könne die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen bzw. die Einschränkung auf sehr schwere Augenleiden nicht als Verletzung der Fürsorgepflicht im Wesenskern angesehen werden. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen‚ dass die Beihilfevorschriften der Beschränkung für Sehhilfen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet worden seien.

Im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beschränkte der Kläger seine Klage auf die Gewährung von Beihilfe für die Gleitsichtbrille in bestimmter Höhe.

Der Kläger beantragt‚

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 abzuändern und unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 den Beklagten zu verpflichten‚ für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zwinge die Verfassung den Verordnungsgeber neben der „quantitativen“ auch zur Beachtung einer „qualitativen“ Belastungsgrenze. Der Ausschluss gewisser Hilfsmittel von der Beihilfe liege mindestens dann außerhalb des ihm zustehenden Ermessensspielraums‚ wenn sie unmittelbar die Dienstfähigkeit sicher stellten‚ deren Erhalt der Kläger - wie jeder Beamte - seinem Dienstherrn unabhängig von seiner Besoldung schon unter Treuegesichtspunkten schulde. Der Verweis auf einen angeblichen „öffentlichen Sparzwang“ sei kein stichhaltiges Argument. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ es bestehe keine verfassungsrechtliche Verpflichtung‚ den Beamten in Krankheitsfällen Unterstützungen in Form von Beihilfen oder gar von Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren‚ werde nicht beigepflichtet. Vielmehr sei eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Dienstherrn zur Gewährung von Beihilfe unbestritten und er habe lediglich ein Ermessen‚ solange er die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern nicht verletze. Auch aus Gründen des „Sparzwangs der öffentlichen Haushalte“ dürfe den Beamten kein Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Nicht ersichtlich sei‚ auf welches „traditionelle Anspruchsniveau“ sich das Verwaltungsgericht berufe. Das Argument‚ die Beschränkung der Beihilfe nur für „sehr schwere Augenleiden“ sei der Angleichung an die gesetzliche Krankenversicherung geschuldet‚ könne keine Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht rechtfertigen. Im Rahmen der Beihilfe sei zu beachten‚ dass der Kläger die Sehhilfe zur Herstellung seiner Dienstfähigkeit benötige. Der Dienstherr habe sich prinzipiell an den Kosten aller Hilfsmittel zu beteiligen‚ die zum Ausgleich einer Behinderung erforderlich seien‚ erst recht wenn sie zur Herstellung der Dienstfähigkeit unerlässlich seien. Der Verordnungsgeber habe indessen unsachlich und willkürlich zwischen verschiedenen Stufen der Blindheit differenziert‚ wobei ohne Hilfsmittel weder in den im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV berücksichtigten Indikationen noch im Falle des Klägers eine Dienstfähigkeit gegeben sei. Einschränkungen der Beihilfe seien nur dann möglich‚ wenn dadurch die Dienstfähigkeit nicht in Frage gestellt werde.

Der Beklagte beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, das Verwaltungsgericht habe die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen durch § 22 BayBhV mit zutreffenden Erwägungen für verfassungsgemäß gehalten. Die Begrenzung halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums abgeleiteten Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens, ohne die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern zu verletzen. Denn die Fürsorgepflicht verpflichte den Dienstherrn nicht, zu jeglichen Aufwendungen, die aus Anlass einer Krankheit oder Behinderung entstünden, Beihilfen zu leisten. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass bereits nach „alter“ Rechtslage (bis zum 1.1.2004) erhebliche Beschränkungen im Hinblick auf die Beihilfegewährung bei Sehhilfen bestanden hätten. So seien schon damals Höchstbeträge für Brillengläser festgesetzt gewesen und es habe zeitliche Grenzen und medizinische Voraussetzungen für die Neubeschaffung von Sehhilfen gegeben. Damit hätten Beihilfeberechtigte erhebliche Aufwendungen bei der Anschaffung von Sehhilfen selbst tragen bzw. sich auf das Entstehen solcher Aufwendungen z. B. durch den Abschluss privater Versicherungen einstellen müssen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die weitgehende Leistungsausgrenzung von erwachsenen Personen bei der Beihilfegewährung im Bereich der Sehhilfen diese grundsätzlich finanziell nicht überfordere, zumal die Aufwendungen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und Sehhilfen auch relativ günstig zu erwerben bzw. durch Ergänzungstarife bei privaten Versicherungen abzudecken seien. Es sei auch zu beachten, dass die „neuen“ Beihilfevorschriften im Bereich der Sehhilfen denjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand der Entscheidung ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Antrag des Klägers, ihm Beihilfe für die Aufwendungen für die Gleitsichtbrille, beschränkt auf die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge, zu gewähren. Darin liegt - bezogen auf den vorangegangenen Sachantrag - keine Teilrücknahme der Berufung oder der Klage. Das Klage- und Berufungsbegehren des Klägers zielt im Kern darauf, die Wirksamkeit des Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen durch die Beihilfeverordnung gerichtlich klären zu lassen. Dabei ging es ihm von Anfang an maßgeblich um die Erstattungsfähigkeit der Gleitsichtbrille, die er für die Ausübung seiner Tätigkeit als Dozent als unabdingbar erachtet. Von daher ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Sachantrag lediglich als Konkretisierung des Begehrens des Klägers zu verstehen.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille in Höhe von 232,40 Euro (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts war entsprechend abzuändern und der Bescheid vom 15. September 2009 insoweit aufzuheben.

I.

Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (st. Rspr., vgl. statt aller BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Ob und inwieweit der Kläger für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen kann, beurteilt sich daher nach der auf der Grundlage des Art. 86a des Bayerischen Beamtengesetzes (i. d. F. d. Bek. v. 8.12.2006, GVBl. S. 987 - BayBG a. F.) erlassenen Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl. S. 15), die in den hier einschlägigen Teilen bis heute unverändert geblieben ist.

II.

Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Beihilfe für die ihm ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 BayBhV. Ein wirksamer Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV liegt nicht vor.

1. Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt als aktiver Beamter zu 70% beihilfeberechtigt (§ 46 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV).

2. Die Aufwendungen des Klägers sind beihilfefähig gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BayBhV. Die Beihilfefähigkeit erstreckt sich danach grundsätzlich nur auf medizinisch notwendige und der Höhe nach angemessene Aufwendungen. Die Notwendigkeit der Aufwendungen für die dem Kläger schriftlich verordnete (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 BayBhV) Gleitsichtbrille sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stehen zwischen den Beteiligten - wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bestätigt hat - nicht in Streit. Diese in Zweifel zu ziehen hat der Senat keinen Anlass.

3. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBhV sind medizinisch notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen nur unter der Voraussetzung beihilfefähig, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sieht die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen - beschränkt auf die in Absätzen 2 bis 6 genannten Höchstbeträge - nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vor (Nr. 1 der Vorschrift). Für Volljährige sind Aufwendungen für Sehhilfen nur bei Vorliegen bestimmter Diagnosen beihilfefähig (Nr. 2 der Vorschrift). Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Diagnosen: Buchst. a - Blindheit beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.0; Buchst. b - Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges - Diagnoseschlüssel H 54.1; Buchst. c - gravierende Sehschwäche beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.2; Buchst. d - erhebliche Gesichtsfeldausfälle. Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass keiner dieser Diagnoseschlüssel auf den Kläger zutrifft. Auch hier hat der Senat keinen Anlass, dies in Zweifel zu ziehen.

4. Die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen führt im Ergebnis zu einem grundsätzlichen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene. Dieser Ausschluss ist nicht wirksam.

a) Die Wirksamkeit des Ausschlusses bzw. der Beschränkung ist nicht, wie der Kläger meint, unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, dass er nur unter Einsatz der Gleitsichtbrille Vorlesungen halten könne und infolgedessen der Dienstherr aus Gründen der Fürsorge verpflichtet sei, dieses Hilfsmittel im Rahmen der Beihilfe zu berücksichtigen, um die Dienstfähigkeit des Klägers zu erhalten. Denn die Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme beurteilt sich ausschließlich nach dem allgemeinen Lebensbereich des Beihilfeberechtigten, d. h. nach den gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensverhältnissen und Aktivitäten. Auf besondere berufliche Anforderungen ist hierbei nicht abzustellen (vgl. BayVGH, B. v. 14.5.2014 - 14 ZB 13.2658 - juris Rn. 10; BVerwG, U. v. 15.12.1983 - 2 C 66.81 - ZBR 1984, 274; OVG NW, B. v. 3.2.2012 - 1 A 1249/10 - juris Rn. 6).

b) Der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV verstößt jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche - wie sie beim Kläger laut augenärztlichem Attest vom 22. Dezember 2009 unzweifelhaft vorliegt - gegen das in § 45 Satz 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten (auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses) zu sorgen hat.

aa) Die Gewährung von Beihilfen findet ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (st. Rspr., vgl. z. B. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/99; BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 18; B. v. 18.1.2013 - 5 B 44.12 - juris Rn. 7). Dieser muss Vorkehrungen treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann. Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- oder Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfenkonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind (st. Rspr., vgl. u. a. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/101; BVerwG, U. v. 28.5.2008 - 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 26; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23).

Eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall zu gewährleisten bedeutet nicht, dass der Dienstherr die Aufwendungen eines ärztlich verordneten Hilfsmittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Nach dem gegenwärtigen System aber nicht ausschließbar sind Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 20; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23; U. v. 31.1.2002 - 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 3). In diesen Fällen ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen werden darf. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht ist wegen des Zusammenhangs mit der sich ebenfalls aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Alimentationspflicht des Dienstherrn außerdem verletzt, wenn der Beihilfeberechtigte infolge eines für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen vorgesehenen Leistungsausschlusses oder einer Leistungsbegrenzung mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (BVerwG, U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.).

bb) Dies zugrunde gelegt, ist der in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommene Beihilfeausschluss im Hinblick auf den Personenkreis der Erwachsenen, der wie der Kläger eine gravierende Sehschwäche hat, unwirksam. Die Aufwendungen des Klägers für die Gleitsichtbrille sind erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Der Kläger hat gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur wäre er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Er wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit visuell die erforderlichen Informationen verschaffen zu können bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, sind grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch das berufliche Aufgabenfeld umfasst, teilnehmen zu können. Ohne die erforderliche Sehhilfe wäre all dies für den Kläger nicht gewährleistet. Nach eigenem Bekunden ist sein erster Griff nach dem Aufwachen der zu seiner Brille, da er sich ansonsten nur tastend durch die eigene Wohnung fortbewegen könne. Bei den Aufwendungen des Klägers handelt es sich nicht um Kosten, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 21; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23). Sie dienen vielmehr dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Die Aufwendungen für eine Sehhilfe sind auch nicht nur mittelbare Folgekosten einer Krankheit (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 a. a. O.). Das Erfordernis einer Sehhilfe stellt sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen sind Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsieht (vgl. § 22 BayBhV).

Anders als bei der vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten weiteren Fallgruppe eines unzulässigen Leistungsausschlusses, wonach der Beihilfeberechtigte nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleiben darf, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (vgl. z. B. U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.), darf bei zur Bewältigung der wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unverzichtbaren Hilfsmitteln nicht auf die Höhe der Beschaffungskosten für das Hilfsmittel abgestellt werden. Würde man die Beihilfefähigkeit von unverzichtbaren Hilfsmitteln von der Höhe der jeweiligen Beschaffungskosten abhängig machen, könnte dies zu einer vollständigen Aushöhlung dieser vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten Fallgruppe führen. Denn dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber würde die Möglichkeit eröffnet, unverzichtbare, aber verhältnismäßig billige oder langlebige Hilfsmittel wie z. B. Anzieh-/Ausziehhilfen, Aufrichteschlaufen oder Gehhilfen (vgl. Anlage 4 zu § 21 Abs. 1 BayBhV) von der Beihilfefähigkeit auszuschließen. Dies wäre mit dem Fürsorgegrundsatz nicht zu vereinbaren. Die Kosten einer Brille stellen zudem, jedenfalls bei gravierender Sehschwäche, keine der Höhe nach zu vernachlässigenden Aufwendungen dar, wie im Falle des Klägers - ca. 930 Euro nur für die Gläser - deutlich wird.

cc) An den genannten Anforderungen an die Fürsorgepflicht ändert nichts, dass nach dem Vortrag des Beklagten in dem zum 1. Januar 2007 eingeführten bayerischen Beihilferecht die für die Erstattungsfähigkeit von Sehhilfen geltenden Beihilferegelungen des Bundes übernommen worden sind, die seit dem Jahr 2004 aus Gründen der Gleichbehandlung der Beihilfeberechtigten mit den gesetzlich Krankenversicherten eine Erstattung von Aufwendungen für Sehhilfen für Erwachsene nur bei Vorliegen bestimmter Indikationen vorsahen. Denn die Sicherungssysteme „gesetzliche Krankenversicherung“ und „private Eigenvorsorge mit ergänzender Beihilfe“ weisen grundlegende Strukturunterschiede auf (vgl. BVerfG (Kammer), B. v. 28.2.2008 - 1 BvR 1778/05 - juris Rn. 3; BVerwG, U. v. 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 17). Sie unterscheiden sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen. Aus diesem Grund wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG durch Unterschiede bei der Leistungsgewährung in aller Regel nicht verletzt. Erst recht vermag das Bestreben nach einer Angleichung der Systeme Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht nicht zu rechtfertigen (BVerwG, U. v. 26.6.2008 - 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 18). Zudem gilt es zu bedenken, dass Art. 96 BayBG bzw. die Vorgängerregelung Art. 86a BayBG a. F. im Gegensatz zu der entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung des § 80 BBG (siehe dort Absatz 4) keinen völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Recht der Krankenversicherung - vorsieht.

c) Nach alledem ist der Teilausschluss jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig. Dies kann der Senat selbst feststellen. Eine Vorlage an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof, der auch bayerische Gesetze im materiellen Sinn überprüft (Art. 65, 92 BV), ist nicht erforderlich, weil § 22 Abs. 1 BayBhV zwar gegen die Bayerische Verfassung verstößt (Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV), aber auch bereits wegen eines Verstoßes gegen die einfachgesetzlich in § 45 BeamtStG geregelte Fürsorgepflicht unwirksam ist (vgl. Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 92 BV Rn. 14).

III.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Gewährung von Beihilfe in der begehrten Höhe für die Anschaffung der Gleitsichtbrille. Nicht entscheidungserheblich und daher nicht zu klären ist vorliegend, ob die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge mit höherrangigem Recht vereinbar sind, weil der Kläger seinen Antrag entsprechend beschränkt hat. Der für den Kläger einschlägige Höchstbetrag errechnet sich nach übereinstimmender Auffassung der Parteien wie folgt:

Rechtes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 2 BayBhV Gläserstärke über +/- 6 dpt. - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBhV Mehraufwendungen für Leichtglas bei Gläserstärke ab +/- 6 dpt. - 21 €, insgesamt 176,50 €.

Linkes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBhV bei Anisometropie ab 2 dpt. - 21 €, insgesamt 155,50 €. Der Höchstbetrag beläuft sich damit auf 332 Euro. Unter Zugrundelegung des Beihilfesatzes von 70% ergibt sich die dem Kläger zustehende und beantragte Beihilfeleistung von 232,40 Euro.

IV.

Offenbleiben - weil nicht mehr entscheidungserheblich - kann, ob die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV geregelte Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene nur für die dort aufgenommenen Diagnosen bzw. der daraus folgende Beihilfeausschluss für alle anderen Arten der Sehschwäche gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob Art. 86a Abs. 5 BayBG a. F., der dem Art. 96 Abs. 5 BayBG entspricht, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommenen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Volljährige bzw. die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf das Vorliegen einiger weniger Diagnosen darstellt.

Nach alledem war der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 232,40 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Beihilfe zu den Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung in Form der heterologen In-vitro-Fertilisation.

2

Der Kläger, ein im Dienst des Beklagten stehender Beamter, leidet unter einer Azoospermie, d.h. dem völligen Fehlen von Samenzellen. Bei seiner gesetzlich krankenversicherten Ehefrau ist die Funktionsfähigkeit der Eileiter gestört.

3

Nach sechs erfolglosen Inseminationen ließen der Kläger und seine Ehefrau in der Zeit vom 2. bis 4. Februar 2010 eine heterologe In-vitro-Fertilisation durchführen. Dabei wurden der Ehefrau des Klägers nach einer Hormonstimulation Eizellen entnommen, die außerhalb des Körpers mit den Samenzellen eines Spenders befruchtet wurden. Der so gezeugte Embryo wurde anschließend in die Gebärmutter eingesetzt. Weitere Eizellen wurden kryokonserviert und eingelagert.

4

Den Antrag des Klägers, ihm eine Beihilfe zu den hierfür entstandenen Aufwendungen in Höhe von insgesamt 3 574,18 € zu zahlen, lehnte der Beklagte ab. Das Verwaltungsgericht hat der nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage in Höhe von 893,55 € stattgegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

5

Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne nach der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen - Beihilfeverordnung (BVO) - bezogen auf seine Person keine Beihilfe zu den im Januar/ Februar 2010 entstandenen Aufwendungen für die künstliche Befruchtung beanspruchen. Die aufgrund der Azoospermie vorliegende Sterilität des Klägers, d.h. das Unvermögen, genetisch eigene Kinder zu zeugen, sei zwar unstreitig eine Krankheit im Sinne dieser Vorschriften. Die künstliche Befruchtung in Form der In-vitro-Fertilisation unter Verwendung der Samenzellen eines Spenders stelle aber keine Krankenbehandlung für den Kläger im Sinne des Beihilferechts dar. Denn durch den medizinischen Eingriff werde die vollständige und dauerhafte Zeugungsunfähigkeit des Klägers nicht partiell oder zeitweise gelindert oder mit der Unfruchtbarkeit etwa zusammenhängende Schmerzen oder Beschwerden beseitigt. Auch werde dadurch - anders als bei einer homologen In-vitro-Fertilisation - das körperliche Unvermögen des Klägers, genetisch eigene Kinder zu zeugen, nicht ersetzt. Es genüge nicht, dass der Kläger im Falle eines Erfolgs der künstlichen Befruchtung gemäß § 1592 Abs. 1 Nr. 1 BGB als Vater des von seiner Ehefrau zur Welt gebrachten Kindes gelte. Der Umstand, dass auch bei der Ehefrau des Klägers im Hinblick auf die gestörte Funktion der Eileiter eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts vorliege, führe zu keinem anderen Ergebnis. Da die heterologe In-vitro-Fertilisation eine Gesamtmaßnahme darstelle, die bezogen auf den Kläger beihilferechtlich nicht als Krankenbehandlung angesehen werden könne, könnten deren Kosten auch nicht als für die berücksichtigungsfähige Ehefrau entstandene Aufwendungen erstattet werden. Daher komme es nicht darauf an, ob die Aufwendungen nach § 5 Abs. 4 Nr. 4 BVO auch deshalb nicht beihilfefähig seien, weil der Gesamtbetrag der Einkünfte der Ehefrau in den beiden Kalenderjahren vor der Stellung des Beihilfeantrags jeweils 18 000 € überstiegen habe.

6

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er rügt eine Verletzung des § 5 Abs. 1 Satz 1 und des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sowie des Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 2 GG.

7

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt revisibles Landesrecht (§ 127 Nr. 2 BBRG i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG; vgl. Urteil vom 29. April 2010 - BVerwG 2 C 77.08 - BVerwGE 137, 30 = Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 37 jeweils Rn. 6 m.w.N.), soweit der Verwaltungsgerichtshof entscheidungstragend annimmt, die künstliche Befruchtung in Form der heterologen In-vitro-Fertilisation sei eine Gesamtmaßnahme mit der Folge, dass die beihilferechtliche Notwendigkeit der hierfür entstandenen Aufwendungen für die berücksichtigungsfähige Ehefrau des Klägers nicht anders als für den beihilfeberechtigten Kläger selbst beantwortet werden könne. Ob Aufwendungen für die Ehefrau des Klägers beihilfefähig sind, kann der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden, sodass die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist.

9

Die Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Beihilfe findet sich in den allgemeinen Vorschriften über die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen bei Krankheit der Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums des Beklagten über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen - Beihilfeverordnung (BVO) - vom 28. Juli 1995 (GBl S. 561) in der Fassung vom 30. Oktober 2008 (GBl S. 407), die auf § 101 Satz 2 und 3 in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg vom 17. Februar 2004 (GBl S. 66) fußt. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfen verlangt werden (stRspr, vgl. Urteil vom 8. November 2012 - BVerwG 5 C 2.12 - IÖD 2013, 33 m.w.N.). Die streitgegenständlichen Aufwendungen sind nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (§ 137 Abs. 2 VwGO) im Januar/Februar 2010 entstanden. Die Beihilfeverordnung des Beklagten enthält keine spezielle Regelung über die Beihilfefähigkeit medizinischer Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, sodass auf die allgemeinen Vorschriften zurückzugreifen ist. Zutreffend ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass danach dem beihilfeberechtigten Kläger für sich selbst keine Beihilfe zu den Aufwendungen für die künstliche Befruchtung unter Verwendung der Samenzellen eines Spenders zusteht (1.) Zu Unrecht hat er aber angenommen, dass der Kläger auch für seine berücksichtigungsfähige Ehefrau - sofern deren Aufwendungen beihilfefähig sein sollten - keine Beihilfe beanspruchen kann (2.)

10

1. Nach § 1 Abs. 4 BVO werden Beihilfen zu den beihilfefähigen Aufwendungen der beihilfeberechtigten Personen gewährt. Dazu zählen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BVO Beamte, wenn und solange sie unter anderem Dienstbezüge erhalten. Beihilfefähig sind nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO aus Anlass einer Krankheit unter anderem Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, besteht auf die Beihilfe ein Rechtsanspruch (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BVO). Der Kläger ist als ein im Dienst des Beklagten stehender Beamter beihilfeberechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Einklang mit revisiblem Landesrecht entschieden, dass die aufgrund einer Azoospermie vorliegende Sterilität des Klägers eine Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO darstellt (a). Er hat die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die heterologe In-vitro-Fertilisation in Bezug auf den Kläger der Sache nach in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise wegen ihrer fehlenden beihilferechtlichen Notwendigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO verneint (b). Das verletzt nicht höherrangiges Recht (c).

11

a) Für den Krankheitsbegriff im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO ist mangels einer eigenständigen Begriffsbestimmung in der Beihilfeverordnung grundsätzlich auf den sozialversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriff nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch zurückzugreifen. Danach ist Krankheit ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher oder geistiger Funktionen ermöglicht. Jemand ist krank, wenn er in seiner Körper- oder Geistesfunktion beeinträchtigt ist (vgl. Urteil vom 24. Februar 1982 - BVerwG 6 C 8.77 - BVerwGE 65, 87 <91> = Buchholz 238.4 § 30 SG Nr. 5 S. 5; Beschlüsse vom 4. November 2008 - BVerwG 2 B 19.08 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 370 Rn. 4 und vom 30. September 2011 - BVerwG 2 B 66.11 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 21 Rn. 7 mit Nachweisen auf die Rechtsprechung des BSG).

12

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Begriffsbestimmung zugrunde gelegt und in deren Anwendung zu Recht dahin erkannt, dass bei dem Kläger eine Erkrankung im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO vorliegt. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs leidet der Kläger an einer Azoospermie. Infolge des völligen Fehlens von Samenzellen ist er auf Dauer unfähig, genetisch eigene Nachkommen zu zeugen. Seine Unfruchtbarkeit stellt einen regelwidrigen Körperzustand dar, der vom Normalzustand der Fortpflanzungsfähigkeit erwachsener Menschen im zeugungsfähigen Alter abweicht. Die Kinderlosigkeit an sich stellt demgegenüber keine Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO dar (vgl. BGH, Urteile vom 17. Dezember 1986 - IVa ZR 78/85 - BGHZ 99, 228 und vom 12. November 1997 - IV ZR 58/97 - NJW 1998, 824; BVerfG, Urteil vom 28. Februar 2007 - 1 BvL 5/03 - BVerfGE 117, 316; s.a. BSG, Urteil vom 21. Juni 2005 - B 8 KN 1/04 KR R - SozR 4-2500 § 27a Nr. 2).

13

b) Aufwendungen sind dem Grunde nach notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO, wenn sie für eine medizinisch gebotene Behandlung entstanden sind, die der Wiedererlangung der Gesundheit, der Besserung oder Linderung von Leiden, der Beseitigung oder dem Ausgleich körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen dienen. Die Behandlung muss darauf gerichtet sein, die Krankheit zu therapieren (vgl. Urteil vom 8. November 2012 a.a.O. Rn. 13; Beschluss vom 30. September 2011 a.a.O. Rn. 11). Die Beihilfefähigkeit der Maßnahme setzt weder einen vollständigen noch einen dauerhaften Erfolg voraus. Eine Maßnahme dient schon dann der Linderung von Leiden oder dem Ausgleich körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen, wenn dieser Erfolg nur partiell oder nur zeitweise erreichbar ist (vgl. Urteil vom 27. November 2003 - BVerwG 2 C 38.02 - BVerwGE 119, 265 <269> = Buchholz 240 § 69 BBesG Nr. 6 S. 8; Urteil vom 7. November 2006 - BVerwG 2 C 11.06 - BVerwGE 127, 91 = Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 2 jeweils Rn. 16).

14

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen zu Recht angenommen, dass die Aufwendungen für die künstliche Befruchtung unter Verwendung der Samenzellen eines Spenders für den Kläger selbst nicht notwendig im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind. Die ärztlichen Leistungen dienen unstreitig nicht der Wiedererlangung der Gesundheit, d.h. der Zeugungsfähigkeit des Klägers. Es reicht nicht aus, dass die heterologe In-vitro-Fertilisation gemäß § 1592 Nr. 1 BGB zu einer rechtlichen Vaterschaft des Klägers führen kann. Die ärztlichen Maßnahmen zielen auch nicht auf eine Linderung seiner Unfruchtbarkeit, weil der Kläger durch die in Rede stehende Behandlung seine Zeugungsfähigkeit auch nicht wenigstens teilweise oder wenigstens vorübergehend erwirbt. Ebenso wenig ersetzen sie die gestörte Körperfunktion des Klägers dergestalt, dass dieser in die Lage versetzt wird, sich auf einem anderen als dem natürlichen Weg fortzupflanzen. Denn durch die heterologe In-vitro-Fertilisation kann dem Kläger nicht zu einem vom ihm genetisch abstammenden Kind verholfen werden.

15

c) Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Kläger keine Beihilfe für sich selbst beanspruchen kann. Darin liegt - entgegen der Ansicht des Klägers - weder eine gleichheitswidrige Benachteiligung nach Art. 3 Abs. 1 GG (aa) noch ein Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung Behinderter nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (bb). Auch die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgepflicht, die verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 5 GG verankert ist, wird dadurch nicht verletzt (cc).

16

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das Grundrecht ist daher vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Im Rahmen seines Gestaltungsauftrags ist der Gesetzgeber grundsätzlich frei bei seiner Entscheidung, an welche tatsächlichen Verhältnisse er Rechtsfolgen anknüpft und wie er von Rechts wegen zu begünstigende Personengruppen definiert. Eine Grenze ist jedoch dann erreicht, wenn durch Bildung einer rechtlich begünstigten Gruppe andere Personen von der Begünstigung ausgeschlossen werden und sich für diese Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt. Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit unterliegt die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise zwar einer weitgehenden Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Aber auch hier muss die von ihm getroffene Regelung durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt sein (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. November 1998 - 1 BvL 50/92 - BVerfGE 99, 165 <177 f.>; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - BVerwG 5 C 28.12 - NJW 2013, 2775 = zur Veröffentlichung in der amtlichen Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen Rn. 30).

17

Der Kläger wird gegenüber beihilfeberechtigten männlichen Beamten bzw. berücksichtigungsfähigen männlichen Ehegatten, hinsichtlich derer eine homologe künstliche Befruchtung möglich ist, also die Eizellen unter Verwendung jeweils der eigenen Samenzellen künstlich befruchtet werden können, nicht ungerechtfertigt benachteiligt. Im Fall einer homologen In-vitro-Fertilisation ist die beihilferechtliche Notwendigkeit deshalb zu bejahen, weil durch diese Behandlungsmethode eine fehlende oder beeinträchtigte Körperfunktion ersetzt wird. Es wird - anders als bei der heterologen künstlichen Befruchtung - ein "Funktionsausgleich" geschaffen, indem die Fortpflanzung auf einem anderen als dem natürlichen Weg erfolgen kann. Dadurch werden die Folgen eines regelwidrigen Körperzustandes überwunden, und den Eltern wird zu einem genetisch von ihnen abstammenden Kind verholfen (vgl. Urteile vom 27. November 2003 a.a.O. 268 f. und vom 10. Oktober 2013 - BVerwG 5 C 29.12 - zur Veröffentlichung in der amtlichen Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen Rn. 45). Dieser Unterschied rechtfertigt die unterschiedliche beihilferechtliche Behandlung.

18

Die durch die Vorenthaltung der begehrten Beihilfe für sich selbst bewirkte Benachteiligung des Klägers gegenüber beihilfeberechtigten männlichen Beamten bzw. berücksichtigungsfähigen männlichen Ehegatten, die krankheitsbedingt zwar ein Kind nicht auf natürlichem Wege zu zeugen vermögen, bei denen aber Samenzellen für eine künstliche Befruchtung gewonnen werden können, ist sachlich dadurch gerechtfertigt, dass Letztgenannten durch den ärztlichen Eingriff zu genetisch eigenen Nachkommen verholfen werden kann.

19

bb) Das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ist nicht verletzt.

20

Der Senat lässt dahinstehen, ob ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG schon deshalb ausscheidet, weil das Begehren des Klägers als von dem Grundrecht nicht gewährleisteter originärer Leistungsanspruch anzusehen wäre (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288 <304> m.w.N.). Auch unabhängig davon ist eine Grundrechtsverletzung zu verneinen.

21

Eine Benachteiligung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG liegt unter anderem bei Regelungen und Maßnahmen vor, die die Situation des Behinderten wegen seiner Behinderung verschlechtern, indem ihm etwa Leistungen verwehrt werden, die jedermann zustehen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 34; BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 a.a.O. S. 303). Dies ist hier nicht der Fall.

22

Die heterologe künstliche Befruchtung erfüllt im Hinblick auf den Kläger - wie aufgezeigt - nicht die an die beihilferechtliche Notwendigkeit zu stellenden Anforderungen und ist deshalb von diesem Anspruch nicht erfasst. Dass für Aufwendungen, die nach beihilferechtlichem Maßstab dem Grunde nach nicht notwendig sind, kein Anspruch auf Beihilfegewährung besteht, gilt für behinderte Menschen und solche ohne Behinderung gleichermaßen. Mithin wird der Beihilfeanspruch des Klägers von keinen anderen als den für jedermann geltenden Voraussetzungen abhängig gemacht.

23

cc) Auch die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht (Art. 33 Abs. 5 GG) führt zu keiner anderen Beurteilung.

24

Sie ergänzt die ebenfalls durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Die Fürsorgepflicht fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt oder Tod sicherstellt. Er muss dafür Sorge tragen, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können. Dies ist auf der Grundlage des gegenwärtig praktizierten "Mischsystems" zu beurteilen, in dem zur Eigenvorsorge der Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung tritt. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlangt weder, dass Aufwendungen der Beamten in Krankheitsfällen durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden, noch, dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (vgl. Urteil vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 = Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 17 jeweils Rn. 13 m.w.N.).

25

Die Fürsorgepflicht in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen wird grundsätzlich abschließend durch die Beihilfevorschriften konkretisiert. Aus der Fürsorgepflicht ergeben sich nur dann Leistungsansprüche, wenn diese andernfalls in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Den Wesenskern der Fürsorgepflicht können allenfalls unzumutbare Belastungen des Beamten berühren (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 28. Mai 2003 - BVerwG 5 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 Rn. 16 m.w.N.).

26

Es ist weder erkennbar noch vom Kläger geltend gemacht worden, dass seine amtsangemessene Lebensführung unzumutbar beeinträchtigt wird, weil ihm die begehrte Beihilfe als Folge seiner Erkrankung vorenthalten wird.

27

2. Das Urteil verletzt revisibles Landesrecht, soweit in ihm die Gewährung von Beihilfe für Aufwendungen der Ehefrau des Klägers abgelehnt wird. Nach § 1 Abs. 4 BVO werden Beihilfen auch zu den beihilfefähigen Aufwendungen der berücksichtigungsfähigen Angehörigen des Beihilfeberechtigten gewährt. Zu diesen zählt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVO unter anderem der Ehegatte des Beihilfeberechtigten. Der Beihilfeanspruch aus Anlass einer Krankheit des Ehegatten unterliegt denselben Voraussetzungen wie der Beihilfeanspruch aus Anlass einer Krankheit des Beihilfeberechtigten. Darüber hinaus darf die Beihilfefähigkeit nicht nach § 5 Abs. 4 Nr. 4 BVO zu verneinen sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Ergebnis zu Recht dahin erkannt, dass auch die Ehefrau des Klägers an einer Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO leidet (a). Er hat aber revisibles Landesrecht verletzt, indem er der Sache nach davon ausgegangen ist, die beihilferechtliche Notwendigkeit der Aufwendungen für die In-vitro-Fertilisation sei für den Kläger und seine Ehefrau zwangsläufig einheitlich zu beantworten (b). Ob sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen, nämlich weil die Aufwendungen der Ehefrau des Klägers schon wegen der Überschreitung von Einkommensgrenzen nicht beihilfefähig sind, als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat anhand der bisher festgestellten Tatsachen nicht abschließend entscheiden (c).

28

a) Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs leidet die Ehefrau des Klägers an einer Funktionsstörung der Eileiter und kann infolgedessen nicht auf natürlichem Weg Nachkommen empfangen. Dies erfüllt den beihilferechtlichen Krankheitsbegriff des § 6 Abs. 1 BVO (vgl. Urteil vom 27. November 2003 - BVerwG 2 C 38.02 - BVerwGE 119, 265 <268 f.> = Buchholz 240 § 69 BBesG Nr. 6 S. 7 f.). Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

29

b) Sind - wie hier - sowohl der Beihilfeberechtigte als auch sein berücksichtigungsfähiger Ehegatte unfruchtbar, ist für beide getrennt und selbstständig zu prüfen, ob die Aufwendungen der künstlichen Befruchtung notwendig im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind.

30

Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs findet im Gesetz keine Stütze. Sie widerspricht dem Charakter der Beihilfen als anlassbezogene Leistungen aus öffentlichen Mitteln (vgl. Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94 jeweils Rn. 21 und 22). Nach dem gegenwärtigen Beihilfensystem wird die Beihilfe als Hilfeleistung, die die Eigenvorsorge der Beamten ergänzt, unabhängig von einer finanziellen Notlage gewährt, um einen bestimmten Vomhundertsatz der Kosten in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen zu erstatten. Nach dem beihilferechtlichen Leistungsprogramm sind grundsätzlich diejenigen Aufwendungen beihilfefähig, die durch einen konkreten Anlass verursacht werden (vgl. Urteil vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 80.10 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 22 Rn. 19 m.w.N.). Konkreter Anlass für die Beihilfen im Krankheitsfall ist die Krankheit des Beihilfeberechtigten oder - wenn dieser eine Beihilfe zu den Aufwendungen für einen berücksichtigungsfähigen Angehörigen begehrt - die Krankheit des berücksichtigungsfähigen Angehörigen. Die Anlassbezogenheit kommt nicht nur in dem Grundsatz zum Ausdruck, dass im Krankheitsfall die Behandlungskosten im Rahmen der Notwendigkeit und der Angemessenheit beihilfefähig sind (vgl. Urteile vom 29. September 2011 a.a.O. und vom 12. November 2009 - BVerwG 2 C 61.08 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 19 Rn. 12). Sie hat zudem zur Folge, dass die notwendigen Behandlungskosten in Bezug auf die Krankheit und damit die Person zu bestimmen sind, auf die das Beihilfebegehren gestützt wird.

31

In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben sind die Aufwendungen für die heterologe In-vitro-Fertilisation für die Ehefrau des Klägers grundsätzlich notwendig im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO. Denn - wie das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls bereits entschieden hat (vgl. Urteil vom 27. November 2003 a.a.O.) - kann durch die In-vitro-Fertilisation die gestörte Funktionsfähigkeit der Eileiter überwunden und jedenfalls der Frau die Möglichkeit der Empfängnis genetisch eigener Nachkommen (wieder-)eröffnet werden.

32

c) Nach § 5 Abs. 4 Nr. 4 BVO sind die in §§ 6 bis 10 BVO genannten Aufwendungen, die für den Ehegatten des Beilhilfeberechtigten entstanden sind, nicht beihilfefähig, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 des EStG) des Ehegatten in den beiden Kalenderjahren vor der Stellung des Beihilfeantrags jeweils 18 000 € übersteigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat, von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend, insoweit keine Feststellungen getroffen. Die Sache ist daher an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen, damit er diese Prüfung nachholen kann. Kommt der Verwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte der Ehefrau des Klägers in den beiden Kalenderjahren vor der Stellung des Beihilfeantrags jeweils über 18 000 € gelegen hat, wird er die im tatsächlichen Bereich angesiedelte Frage zu klären haben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang im Zusammenhang mit der heterologen In-vitro-Fertilisation berechnete Einzelleistungen medizinisch indiziert und erforderlich gewesen sind. Zudem wird der Verwaltungsgerichtshof zu beachten haben, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum für die Aufwendungen berücksichtigungsfähiger Angehöriger eine Beihilfe in Höhe von 70 v.H. beanspruchen konnte (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 2 BVO).

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Beihilfeleistungen für die osteopathische Behandlung der Ehefrau des Klägers.

Die Ehefrau des Klägers befand sich im Zeitraum vom 08.07.2013 bis 16.10.2013 aufgrund ärztlicher Verordnung des Dr. med. D. vom 27.06.2013 mit der Diagnose „Impingementsyndrom und Tenosynovitis linkes Schultergelenk“ in der Behandlung des Physiotherapeuten K. Dieser verfügt über eine 6-jährige Zusatzausbildung in Osteopathie. Die Ehefrau des Klägers wurde dabei in insgesamt 10 Sitzungen von jeweils 60-minütiger Dauer mittels osteopathischer Techniken behandelt. Die Kosten einer Behandlungssitzung belaufen sich auf 65,00 Euro, so dass der Ehefrau des Klägers unter dem 16.10.2013 ein Gesamtbetrag von 650,00 Euro in Rechnung gestellt wurde.

Mit Formblattantrag vom 24.10.2013 machte der Kläger unter anderem die für die osteopathische Behandlung seiner Ehefrau angefallenen Aufwendungen bei der Bezügestelle Beihilfe des Landesamtes für Finanzen (LfF), Dienststelle B., geltend. Mit Bescheid vom 05.11.2013 setzte der Beklagte eine Beihilfe von insgesamt 183,66 Euro fest, wobei ausweislich der enthaltenen Berechnung die Aufwendungen mit Rechnungsdatum 16.10.2013 (osteopathische Behandlung der Ehefrau) nur in Höhe von 225,00 Euro als beihilfefähig anerkannt wurden, so dass bei einem zugrunde liegenden Bemessungssatz von 70 v. H. hierauf eine Beihilfeleistung von 157,50 Euro entfällt. Dazu wurde in den Erläuterungen unter Hinweis-Nr. 1501 darauf verwiesen, dass die aus Anlass einer Krankheit ärztlich in Schriftform verordneten Heilmittel und die dabei verbrauchten Stoffe gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Beihilfeverordnung (BayBhV) i. V. m. Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV auf bestimmte Höchstbeträge begrenzt seien und die Kosten deshalb nur im Rahmen dieser Höchstgrenzen berücksichtigt haben werden können.

Unter dem 27.11.2013 ging bei der Beihilfestelle ein Schreiben des Klägers vom 26.11.2013 ein, in dem dieser Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.11.2013 insoweit erhob, als von der Rechnung vom 16.10.2013 nur 225,00 Euro als beihilfefähig anerkannt worden seien. Dazu führt der Kläger aus, dass osteopathische Behandlungen in der Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV an keiner Stelle erwähnt seien und es sich bei derartigen Behandlungen nicht lediglich um eine - vom Beklagten offensichtlich als solche nach Nr. 12 der Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV zugrunde gelegte - manuelle Therapie zur Behandlung von Gelenkblockierungen handele. Überdies dauere eine osteopathische Behandlung nicht nur 30 Minuten, sondern eine volle Stunde. Osteopathie sei nach Vermutung des Klägers zum Zeitpunkt der Erstellung der Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV noch nicht bekannt gewesen und habe deshalb dort keine Erwähnung gefunden. Weiterhin beantragte der Kläger, erforderlichenfalls eine Entscheidung der obersten Dienstbehörde über die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen gem. VV zu § 19 BayBhV Nr. 2 zu Absatz 1 einzuholen.

Mit Schreiben vom 30.11.2013, eingegangen am 02.12.2013, ergänzte der Kläger seine Ausführungen unter Vorlage eines Schreiben des Physiotherapeuten K. (Bl. 16 d. Beiakte), in dem dieser detailliert die Therapieziele und die angewandten osteopathischen Techniken auflistete.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2013, zur Post gegeben am 04.12.2013, wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, es bestehe derzeit keine konkrete Abrechnungsmöglichkeit für eine osteopathische Behandlung. Diese sei als Bestandteil der manuellen Medizin (Chirotherapie) anzusehen, so dass eine gewisse Ähnlichkeit zwischen osteopathischen Techniken und dem chirotherapeutischen Eingriff gegeben sei. Daher bestehe nach dem Schreiben des Staatsministeriums der Finanzen (FMS) vom 09.07.2008, Az. 25-P 1820-0134-26062/08, Einverständnis, die Nummer 12 (manuelle Therapie) der Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV heranzuziehen, wenn die Leistung durch einen anerkannten Heilbehandler stattgefunden habe. Gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 BayBhV seien Aufwendungen für die aus Anlass einer Krankheit von einem Arzt schriftlich verordneten Heilbehandlungen und die dabei verbrauchten Stoffe grundsätzlich beihilfefähig. Dabei seien die in Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV festgelegten Höchstbeträge zu beachten, an die die Beihilfestelle gebunden sei und welche im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden seien. Weder sprächen Fürsorgegründe gegen eine solche Begrenzung, noch sei - auch bei erheblichen Differenzen zwischen tatsächlichen Kosten und beihilfefähigen Aufwendungen - eine besondere Härteklausel vorgesehen. Vom Arzt des Klägers seien zehn osteopathische Behandlungen verordnet worden. Punkt 12 der Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV sehe für manuelle Therapie zur Behandlung von Gelenkblockierungen, Mindestdauer 30 Min., einen Höchstbetrag von 22,50 Euro vor. Dieser Höchstbetrag sei dem Kläger als beihilfefähig anerkannt worden, eine darüber hinaus gehende Erstattung sei nicht möglich.

Das ergänzende Schreiben des Klägers vom 30.11.2013 wurde der zuständigen Arbeitsgruppenleiterin ausweislich eines Aktenvermerks (Blatt 15 d. Beiakte) erst am 05.12.2013 und damit nach der Entscheidung über den Widerspruch und Versendung an den Kläger bekannt. Jedoch wäre die Entscheidung über die Begründetheit des Widerspruchs laut Vermerk auch bei rechtzeitiger Vorlage nicht anders ausgefallen.

Mit Schreiben vom 30.01.2014 (Blatt 19 d. Beiakte) nahm das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat gegenüber dem LfF, Dienststelle B., Bezügestelle Beihilfe, Stellung zur Behandlung von Aufwendungen einer osteopathischen Behandlung. Darin wird auf VV-Nr. 2 Satz 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV verwiesen, wonach über die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Heilbehandlungen, die weder in Anlage 2 aufgeführt noch den dort aufgeführten Leistungen vergleichbar seien, die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Staatsministerium entscheide. Eine eigenständige Abrechnungsziffer für osteopathische Behandlungen enthalte die Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV nicht. Angesichts einer gewissen Vergleichbarkeit mit einer manuellen Therapie bestünden keine Bedenken, wenn osteopathische Behandlungen durch Physiotherapeuten entsprechend der Nr. 12 des Verzeichnisses der Anlage 2 als beihilfefähig anerkannt würden. Da das Verzeichnis der beihilfefähigen Höchstbeträge u. a. für Physiotherapeuten keine verbindliche Gebührenordnung darstelle, habe der Beihilfeberechtigte bei Berechnung höherer Gebühren gegebenenfalls verbleibende Differenzbeträge zu tragen.

Mit Schreiben vom 30.12.2013, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 02.01.2014, erhob der Kläger Klage „gegen den Widerspruchsbescheid vom 03.12.2013 insoweit, als dort eine Rechnung für eine osteopathische Behandlung nur teilweise als beihilfefähig anerkannt wurde“.

In seiner Klagebegründung vom 26.03.2014 führt der Kläger aus, die Klage richte sich dagegen, dass die Beihilfestelle von der Rechnung über die osteopathische Behandlung seiner Ehefrau über 65,00 Euro pro Sitzung in ihren Beihilfebescheid vom 05.11.2013 nur 22,50 Euro je Sitzung als beihilfefähig anerkannt habe. Auch die Bayerische Beamtenkrankenkasse (BBK) habe in ihrer Leistungsabrechnung ursprünglich nur diesen Betrag zugrunde gelegt. Nach Vorlage des erläuternden Schreibens des Physiotherapeuten K. sei jedoch der volle Rechnungsbetrag in Ansatz gebracht worden. Seine Ehefrau sei nach zehn weiteren osteopathischen Sitzungen beschwerdefrei, auch diese habe die BBK vollumfänglich abgerechnet. In der Widerspruchsentscheidungen des Beklagten sei das vorgelegte ergänzende Schreiben nicht berücksichtigt worden. Es werde lediglich auf eine fehlende konkrete Abrechnungsmöglichkeit hingewiesen und daher die Erstattungsvorschrift zur manuellen Therapie nach Nr. 12 der Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV zugrunde gelegt. Auf wiederholte Beantragung einer Entscheidung der obersten Dienstbehörde über die Beihilfefähigkeit seiner Aufwendungen habe sich das Finanzministerium lediglich dem LfF gegenüber geäußert, auf das vorgelegte Schreiben des Physiotherapeuten sei jedoch auch hier nicht eingegangen worden, vielmehr werde weiterhin eine osteopathische Behandlung einer bloßen manuellen Behandlung von (mindestens) 30-minütiger Dauer, wie sie jeder Physiotherapeut durchführen könne, gleichgestellt. Bereits 2003 habe die WHO ihre Mitgliedstaaten aufgefordert, Komplementärmedizin - und damit auch Osteopathie - in die nationalen Gesundheitssysteme einzugliedern. Dies sei jedenfalls in Bayern nicht erfolgt. Überdies bleibe auch unberücksichtigt, dass eine große Zahl gesetzlicher Krankenkassen zumindest anteilig die Kosten osteopathischer Behandlungen erstatten, beispielsweise die TKK als eine der größten gesetzlichen Krankenkassen bereits seit 2012. Auch die BBK erkenne derlei Kosten mittlerweile offenbar vollinhaltlich als erstattungsfähig an. Die Gleichsetzung erweiterter osteopathischer Behandlungsmethoden von 60-minütiger Dauer mit einer einfachen manuellen Therapie von regelmäßig kürzerer Dauer sei jedenfalls in Ermangelung entsprechender beihilferechtlicher Regelungen nicht sachgerecht und willkürlich. Das mit einer solchen Praxis verbundene Fehlen der Vorhersehbarkeit der tatsächlichen Kostenbelastung entspreche nicht der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht. Solange eine Regelung der osteopathischen Behandlung in den Beihilfevorschriften nicht erfolge, sei es jedenfalls sachgerechter, die Ziffer 14 der Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV (erweiterte ambulante Physiotherapie) heranzuziehen, wenn auch nicht mit dem Höchstsatz. Eine schulmedizinische Behandlung der Beschwerden seiner Ehefrau wäre wohl mit höheren Kosten verbunden gewesen, hätte aber sicherlich vollständig abgerechnet werden können.

Der Beklagte trat der Klage mit Schriftsatz vom 22.04.2014 entgegen und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung werden im Wesentlichen die bereits den Widerspruchsbescheid tragenden Erwägungen wiedergegeben. Die Osteopathie sei nicht in der Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV aufgeführt, es bestehe jedoch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem chirotherapeutischen Eingriff, so dass in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen Einverständnis bestehe, die Nr. 12 der Anlage 2 (manuelle Therapie) bei der Berechnung heranzuziehen. Dies habe das Ministerium aufgrund einer Anfrage der Beihilfestelle mit Schreiben vom 14.01.2014 bestätigt.

Unter dem 08.05.2014 nahm der Kläger hierzu Stellung und führte aus, dass die in Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV enthaltenen Sätze keine Zusatzleistungen seien, sondern es sich dabei vielmehr um normativ geregelte Einschränkungen des Grundsatzes handele, dass alle medizinisch notwendigen Behandlungen beihilfefähig seien, sofern sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen oder der Höhe nach beschränkt seien. Dies sei hier nicht der Fall, interner Schriftverkehr zwischen dem Staatsministerium und den Beihilfestellen mit entsprechenden Handlungsanweisungen stelle keinen ausdrücklichen Ausschluss i. S. d. Art. 96 BayBG i. V. m. der Beihilfeverordnung dar.

In einer erneuten Stellungnahme des Beklagten vom 15.05.2014 führte dieser aus, nach Nr. 2 der zu § 19 Abs. 1 BayBhV erlassenen Verwaltungsvorschriften (VV-BayBhV) seien nur die in Anlage 2 genannten Heilbehandlungen beihilfefähig. Über die Beihilfefähigkeit dort nicht genannter Heilbehandlungen entscheide die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Ministerium, was angesichts der Vergleichbarkeit zwischen Osteopathie und manueller Therapie vorliegend erfolgt sei. Wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes könnten die Aufwendungen daher nur bis zur Höhe von 22,50 Euro pro Behandlung als beihilfefähig anerkannt werden. Der vom Kläger angeführte Verweis auf die Erstattungspraxis der privaten Krankenversicherung laufe wegen der unterschiedlichen Finanzierungssysteme von Beihilfe und PKV ins Leere. Die Beihilfe sei nach der Rechtsprechung schließlich kein Teil der amtsangemessenen Alimentation, sondern müsse lediglich den Anforderungen aus der Fürsorgepflicht des Dienstherren gegenüber dem Beamten genügen. Es handele sich nach ständiger Rechtsprechung bei der Beihilfe um eine zur zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten hinzutretende Hilfeleistung aus öffentlichen Mitteln. Der Beamte solle dadurch von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen im angemessenen Rahmen freigestellt werden, so dass kein vollständiger Ausgleich erforderlich sei. Inwieweit diese Freistellung erfolge, liege im Ermessen des Dienstherren.

Mit Schreiben vom 03.06.2014 führte der Kläger hierzu unter teilweiser Wiederholung seines bisherigen Vortrags aus, dass er eine Vergleichbarkeit von osteopathischer Behandlung und manueller Therapie generell bestreite. Bei dem vorgelegten Schreiben des Finanzministeriums handele es sich nicht um die von ihm beantragte Entscheidung. Eine konkrete Auseinandersetzung mit der tatsächlich erbrachten osteopathischen Leistung habe nicht stattgefunden, eine fachliche Begründung der Vergleichbarkeit der Leistungen fehle. Sein Verweis auf die Erstattungspraxis der privaten Versicherer sowie der gesetzlichen Krankenkassen sei als Hinweis auf die allgemeine Entwicklung zu verstehen.

Die Beteiligten erklärten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (Schriftsätze vom 28.01.2015).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Absatz 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

1. Über die Klage konnte mit Zustimmung der Beteiligten gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

2. Da der Kläger einen förmlichen Antrag nicht gestellt hat, ist sein Klagebegehren entsprechend § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass der Kläger die Verpflichtung des Beklagten begehrt, ihm unter entsprechender Aufhebung des Bescheids vom 05.11.2013 sowie des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2013 weitere Beihilfe in Höhe des sich bei Vollständiger beihilferechtlicher Anerkennung der für die osteopathische Behandlung seiner Ehefrau geltend gemachten Aufwendungen ergebenden Differenzbetrages zu gewähren.

3. Die so verstandene Klage ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Absatz 5 Satz 1 VwGO. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe für die osteopathische Behandlung seiner Ehefrau.

a) Maßgeblich für die Entscheidung beihilferechtlicher Streitigkeiten wie der vorliegenden ist die jeweilige Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der streitbefangenen Aufwendungen (Vgl. BVerwG, U. v. 08.11.2012 - 5 C 4.12 - juris m. w. N.). Vorliegend bedeutet dies, dass der Entscheidung die BayBhV in der bis zum 30.06.2014 geltenden Fassung zugrunde zu legen ist.

b) Ein weitergehender Beihilfeanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus Art. 96 BayBG i. V. m. §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1, 19 Abs. 1 BayBhV. Nach Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG erhalten Beamte Beihilfeleistungen zu den nachgewiesenen medizinisch notwendigen und angemessenen Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Pflegefällen und zur Gesundheitsvorsorge. Nach § 7 Abs. 1 der gemäß Art. 96 Abs. 5 BayBG hierzu erlassenen Bayerischen Beihilfeverordnung sind Aufwendungen „nach den folgenden Vorschriften“ beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig sowie der Höhe nach angemessen sind und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 19 Abs. 1 BayBhV regelt als eine diesen Grundsatz konkretisierende Norm die Beihilfefähigkeit von ärztlich verordneten Heilbehandlungen. Danach sind die aus Anlass einer Krankheit ärztlich in Schriftform verordneten Heilbehandlungen und die dabei verbrauchten Stoffe nach Maßgabe der Anlage 2 beihilfefähig. Dabei muss die Behandlung von einem nach § 19 Abs. 1 Satz 3 BayBhV qualifizierten Behandler - hierzu zählen unter anderem Physiotherapeuten - durchgeführt werden. In den gem. § 49 Abs. 1 BayBhV erlassenen Durchführungsbestimmungen ist unter VV Nr. 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV geregelt, dass beihilfefähig nur Aufwendungen für die in Anlage 2 genannten Heilbehandlungen sind. Über die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Heilbehandlungen, die weder in Anlage 2 aufgeführt noch den dort aufgeführten Leistungen vergleichbar sind, entscheidet die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen.

aa) Der osteopathischen Behandlung seiner Ehefrau, für die der Kläger Aufwendungen geltend macht, liegt eine schriftliche ärztliche Verordnung von „10 x Osteopathie“ zugrunde. Die Behandlung wurde ausweislich der vorgelegten Rechnung auch von einem Physiotherapeuten und damit einem nach § 19 Abs. 1 Satz 3 qualifizierten Behandler erbracht. Ein ausdrücklicher Ausschluss der Anerkennung nach § 19 Abs. 5 i. V. m. Anlage 1 BayBhV ist nicht gegeben. Indes ist in der Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV die Osteopathie bzw. die osteopathische Behandlung nicht aufgeführt. Dies lässt jedoch keinen allgemeinen Schluss auf die fehlende Notwendigkeit von Aufwendungen der hier in Streit stehenden Art zu. Notwendig sind Aufwendungen für solche diagnostischen, therapeutischen, konservierenden und prophylaktischen Maßnahmen, die nach ärztlichem Urteil für die Erkennung, Behandlung, Beseitigung oder den Ausgleich der Folgen von Leiden sowie die Vorbeugung ihrer Entstehung oder Verschlimmerung erforderlich sind. Vorliegend ergibt sich die medizinische Notwendigkeit bereits aus der ärztlichen Verordnung. Die medizinische Notwendigkeit der osteopathischen Behandlung an sich und damit die Anerkennung der Beihilfefähigkeit dem Grunde nach wird vom Beklagten auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt, was bereits die erfolgte teilweise Anerkennung der getätigten Aufwendungen im Ausgangsbescheid sowie die Ausführungen im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 30.01.2014 deutlich machen.

bb) Gleichwohl unterliegt die beihilfefähige Anerkennungshöhe geltend gemachter Aufwendungen Einschränkungen in Hinblick auf deren Angemessenheit. Dieses wirtschaftliche Element wird zunächst durch den Katalog der beihilfefähigen Höchstbeträge in Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV konkretisiert.

Anders als etwa bei Ärzten und Zahnärzten, die mit den für ihren Bereich erlassenen Gebührenordnungen einem abrechnungsrechtlichen Reglement unterliegen, existiert für Physiotherapeuten keine einheitliche bei der Abrechnung zugrunde zu legende Gebührenordnung, so dass der Leistungserbringer bei der Preisgestaltung weitestgehende Freiheit hat. Bereits die hieraus resultierende Inhomogenität des Preisgefüges bei der Erbringung osteopathischer Leistungen durch Physiotherapeuten gebietet aus beihilferechtlicher Sicht eine Begrenzung der als beihilfefähig anzuerkennenden Aufwendungen. Andernfalls wäre die Gewährung von Beihilfeleistungen aus staatlichen Mitteln in diesem Bereich in das Belieben des jeweiligen Behandlers gestellt. Mangels ausdrücklicher Erwähnung osteopathischer Techniken im Katalog der Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV ist bei der beihilferechtlichen Einordnung eine Leistungsziffer zu ermitteln, die der in Rede stehenden Heilbehandlung am ehesten entspricht. Der Beklagte stellt hierbei auf Nr. 12 der Anlage 2 zu § 19 Abs. 1 BayBhV mit der Begründung ab, die osteopathische Behandlung sei Teil der manuellen Therapie und ähnele dem chirotherapeutischen Eingriff. Diese Einordnung stellt sich als nachvollziehbar dar und begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Nach einer Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer („Wissenschaftliche Bewertung osteopathischer Verfahren“, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 106, Heft 46 vom 13. November 2009, S. 2325 ff., im Internet abrufbar unter http://www.a...de/...) fehlt dem Begriff der Osteopathie eine klare, weltweit akzeptierte Definition. Verschiedene osteopathische Verfahren hätten jedoch Eingang in die Medizin gefunden und könnten als Bestandteil und Erweiterung der Manuellen Medizin betrachtet werden. Begrifflichkeiten wie „Manuelle Medizin“, „Manualtherapie“, „Osteopathie“ und „Chiropraktik“ würden oft synonym gebraucht, da manipulative Techniken sowohl in der (parietalen) Osteopathie als auch in der Manuellen Medizin Anwendung fänden. Osteopathische Verfahren ließen sich auf der Ebene anatomischer und neurophysiologischer Grundlagenforschung auch anwenden, ohne das besondere Menschenbild der „Osteopathie“ US-amerikanischer Prägung und die damit kongruenten Funktionsvorstellungen zu übernehmen. Etwas mehr als die Hälfte der wichtigsten genutzten manuellen Techniken gehörten sowohl in der Manuellen Medizin als auch in der „Osteopathie“ sowie der Chiropraktik zur Standardprozedur (Stellungnahme, a. a. O. S. 2326). Für Physiotherapeuten gebe es mehrere Möglichkeiten zur Erlangung und Sicherstellung der notwendigen Qualifikation als Voraussetzung für die Erbringung osteopathischer Leistungen. So enthalte etwa die Qualifikation „Manuelle Therapie“ (Minimum 260 Stunden) mit einem von den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen bestätigtem Curriculum Inhalte osteopathischer Verfahren für Physiotherapeuten (Stellungnahme, a. a. O. S. 2331). Die Deutsche Gesellschaft für Osteopathische Medizin (DGOM) e.V. führt auf ihrer Homepage unter dem Stichpunkt „Informationen zur Osteopathischen Medizin“ - „Was ist Osteopathie“ (abrufbar unter http://www.d...info/.../...pdf) aus, Osteopathische Medizin beinhalte eine umfassende manuelle Diagnostik und Therapie im Bewegungssystem, den inneren Organen und am Nervensystem. Im Zentrum der Therapie stehe nicht die Behandlung einer Krankheit an sich, sondern immer die individuelle Situation bei einem Patienten. Im Mittelpunkt stehen die Selbstheilungskräfte des Patienten. Nach dem „DGMM Positionspapier zur „Osteopathie“ in Deutschland“ der Deutschen Gesellschaft für Manuelle Medizin (DGMM) e.V. könnten Heilhilfsberufe (Physiotherapeuten) osteopathische Verfahren nach entsprechender Fortbildung als delegierbare Leistungen nach ärztlicher Verordnung als Ergänzung der Manuellen Therapie anwenden (abrufbar unter http://www.d..de/.../...pdf, S. 3). Vor diesem Hintergrund erscheint dem Gericht eine Zuordnung der Behandlung mittels osteopathischer Techniken zu Nr. 12 der Anlage 2 zu § 19 BayBhV als folgerichtig. Das vom Kläger hiergegen vorgebrachte Argument, die osteopathischen Behandlungssitzungen hätten jeweils 60 Minuten gedauert, während Nr. 12 der Anlage 2 zu § 19 BayBhV nur auf eine Behandlungsdauer von 30 Minuten bezogen sei, verfängt nicht, da die dort festgelegte Mindestbehandlungsdauer lediglich eine Untergrenze festlegt, die durch eine einstündige Behandlung gerade überschritten und damit ebenfalls erfasst wird. Auch der Hinweis des Klägers, bei der Ermittlung des beihilfefähigen Höchstbetrages sei Nr. 14 der Anlage 2 zu § 19 BayBhV (Erweiterte ambulante Physiotherapie) heranzuziehen, geht insofern ins Leere, als dass dabei sowohl die dort angegebene Mindestbehandlungsdauer von 120 Minuten als auch die in Fußnote 10 enthaltene Einschränkung einer Durchführung in durch die gesetzlichen Krankenkassen oder Berufsgenossenschaften zur ambulanten Rehabilitation/Erweiterten Ambulanten Physiotherapie zugelassenen Therapieeinrichtungen unberücksichtigt bleibt. Aus diesem Grunde verbietet sich auch eine Heranziehung unter Vornahme eines gewissen Abschlags wegen der geringeren Dauer der tatsächlichen Behandlung, wie der Kläger dies vorschlägt. Bei der beihilferechtlichen Beurteilung der Angemessenheit der in Streit stehenden osteopathischen Behandlung durfte der Beklagte somit auf die Höchstbetragsgrenze der Nr. 12 der Anlage 2 zu § 19 BayBhV in Höhe von 22,50 Euro pro Behandlung zurückgreifen (vgl. im Ergebnis auch Jakubith, Beihilfe für den öffentlichen Dienst in Bayern, Bd. 1, A I § 19 BayBhV S. 28.1). Ob bei einer Aufgliederung der Behandlung in manuelle Therapie (Nr. 12 der Anlage 2), Krankengymnastik (Nr. 4) und Massage (Nr. 18) eine höhere Grenze anzusetzen wäre (so Jakubith a. a. O.), braucht mangels einer entsprechenden Rechnungsaufstellung im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden.

cc) Die Anerkennung eines darüber hinausgehenden Betrages als beihilfefähig kann der Kläger nicht verlangen. Die Regelungen des Beihilferechts, dazu gehören auch die Höchstbetragsgrenzen der Anlage 2 zu § 19 BayBhV, konkretisieren die Fürsorgepflicht des Dienstherren gegenüber dem Beamten. Vor dem Hintergrund der Konzeption der Beihilfe als Ergänzung der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge, ist es lediglich Aufgabe des Dienstherren, zu gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann. Die Beihilfe soll den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen. Eine lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen verlangt die Fürsorgepflicht jedoch nicht (Vgl. BVerfG, B. v. 7.11.2002 - 2 BvR 1053/98 - juris Rn. 29 = BVerfGE 106, 225; VG Ansbach, U. v. 16.06.2010 - AN 15 K 10.00165). Innerhalb dieses Rahmens steht es im Ermessen des Dienstherrn, inwieweit er den Beihilfeberechtigten von Aufwendung für bestimmte Behandlungsformen freistellt. Vorliegend ist weder vom Kläger vorgetragen noch ersichtlich, dass die verbleibende Differenz zwischen der gewährten Beihilfe und den getätigten Aufwendungen für den Kläger eine unzumutbare Belastung darstellt und das Maß einer vernünftigerweise zu erwartenden Eigenvorsorge übersteigt, zumal, wie der Kläger selbst angibt, eine anteilige Kostenübernahme durch seine private Krankenversicherung erfolgt. Soweit der Kläger geltend macht, es verstoße gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht, dass eine Einstellung auf die den Beihilfeberechtigten letztlich treffenden Kosten mangels ausdrücklicher Regelung der osteopathischen Behandlung in der BayBhV nicht möglich sei, ist dem entgegenzuhalten, dass durch eine Nachfrage bei der zuständigen Beihilfestelle jederzeit Klarheit über die dort herrschende Praxis in diesem Bereich erlangt werden kann.

c) Schließlich kann ein weitergehender Beihilfeanspruch des Klägers auch nicht unmittelbar aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn als Bestandteil der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums hergeleitet werden. Diese gebietet es zwar, für das Wohl und Wehe des Beamten oder Richters und seiner Familienangehörigen zu sorgen und Schaden von ihnen abzuwenden (BVerwG, U. v. 3.7.2003 - 2 C 36/02 - juris = BVerwGE 118, 277). Ansprüche hieraus können indes nur dann abgeleitet werden, wenn die Fürsorgepflicht andernfalls in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Dieser Wesenskern kann allenfalls durch unzumutbare Belastungen des Beamten berührt werden (Vgl. BVerwG, U. v. 10.10.2013 - 5 C 32/12 - juris Rn. 25 = BVerwGE 148, 106, VG Augsburg, U. v. 16.06.2010 - AN 15 K 10.00165). Wie bereits oben dargestellt, vermag das Gericht im Falle des Klägers derartige unzumutbare Belastungen durch die verbleibenden ungedeckten Aufwendungen nicht zu erkennen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der - wenn überhaupt anfallenden - allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht, zumal dieser auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.