Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 31. Aug. 2016 - 7 K 893/15.A
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
T a t b e s t a n d
2Der am 00. Mai 1974 geborene Kläger zu 1), die am 00. Mai 1985 geborene Klägerin zu 2) und die am 01. Dezember 2011 geborene Klägerin zu 3) sind albanische Staatsangehörige. Sie reisten am 19. Dezember 2012 in das Bundesgebiet ein und stellten am 27. Dezember 2012 jeweils einen Asylantrag.
3Die bei dem Verwaltungsgericht E. anhängig gewesene Klage der Mutter des Klägers zu 1) - Q. T. - ist mit Urteil vom 13. Juli 2016 abgewiesen worden (16 K 3549/15.A). Die ebenfalls dort anhängig gewesene Klage des Bruders des Klägers zu 1) - L. T. mit seinen Kindern M. und T1. - ist mit Urteil vom 27. Juni 2016 abgewiesen worden. Das Klageverfahren eines weiteren Bruders des Klägers zu 1) - Q1. T. - ist noch beim Verwaltungsgericht L1. anhängig (24 K 2693/15.A).
4Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 21. Februar 2013 (BA VIII Bl. 71 ff.) berief sich der Kläger zu 1) zunächst auf die von seinem Bruder L. T. (Aktenzeichen Bundesamt: 5591923-121) geltend gemachten Gründe. Ergänzend gab er an, die Familie T. sei in Albanien eine sehr große Familie, ihr Mittelpunkt liege in der Stadt E1. . Zwei Brüder und eine Schwester sowie ein Onkel seien noch in Albanien. Er habe als Maurer gearbeitet; außerdem hätten sie Schweine gezüchtet und verkauft. Zu seinen Asylgründen gab er an, sein Leben sei in Albanien in Gefahr. Er habe jede Menge Druck vom Staat. Sie hätten versucht, mit den anderen klarzukommen, damit es zum Frieden komme, aber es sei dazu nicht gekommen. Sie hätten 20-mal Leute zu denen geschickt, damit sie miteinander klar würden, aber die hätten die Leute jedes Mal rausgeschmissen. Sie befänden sich mit zwei Familien in Blutrache. Es gehe um die Familie des H. C. /O. und des H1. N. . Die beiden seien tot. H1. N. habe in M1. gelebt, die Brüder aber in E1. . H. C. /O. habe in G. -L2. gelebt; beide hätten für den Staat gearbeitet und deshalb ihre Wohnorte gewechselt. Der Vater von H. C. /O. habe seinen - des Klägers zu 1) - Vater umgebracht. Sein - des Klägers zu 1) - Bruder B. T. habe sich an H. C. /O. gerächt, und leider sei H1. N. auch dabei gewesen. Beide seien erschossen worden, H1. N. nur aus Versehen. B. T. sitze deshalb im Gefängnis. Die Familien hätten sich an ihnen, den Klägern, rächen wollen. Auf Nachfrage führte der Kläger zu 1) aus, der Kanun werde nicht mehr in Albanien angewandt, da herrschten jetzt andere Gesetze. Sogar sein Onkel habe sich versteckt, weil er auch bedroht sei. Ein zweiter Bruder hätte auch mit ihnen herkommen wollen, aber sein Sohn sei zu dem Zeitpunkt krank gewesen und habe deshalb nicht weggehen können. Auf Nachfrage gab der Kläger zu 1) an, sie hätten versucht, mit denen eine Regelung zu finden. Sie hätten ihnen auch Geld angeboten, das sie aber nicht angenommen hätten. Für das Blutgeld für einen Ermordeten gebe es keine feste Summe. Die Vermittler legten selbst fest, welche Summe bezahlt werde. Die Familien hätten das aber abgelehnt. Er sei auch vor der Polizei geflüchtet, weil die einfach mitten in der Nacht, gegen 2:00 Uhr, bei ihnen zur Kontrolle vorbeigekommen sei. Es habe keine Probleme mit den Behörden gegeben, sie seien einfach so vorbeigekommen, denn das seien Freunde des getöteten Polizisten H1. N. gewesen. Der Vorfall habe sich im Jahre 2003 ereignet. Seit 2004 sitze B. T. im Gefängnis. Auf Frage, warum sie erst jetzt das Land verlassen hätten, führte der Kläger zu 1) aus, sie hätten ständig versucht, denen Frieden zu schicken. Weil sie nicht darauf eingegangen seien, habe er sich jetzt entschlossen auszureisen. Etwas Konkretes sei nicht geschehen, aber sie hätten eingesehen, dass die Familien keinen Frieden mit ihnen hätten haben wollen, und sie hätten deshalb das Land verlassen. Nicht umsonst hätten sie dort vier Häuser leer stehen lassen. Auf Frage nach weiteren Gründen gab der Kläger zu 1) an, der Staat sei gegen einen, die Polizisten kämen um 2.00 Uhr nachts und störten einen in seiner Ruhe. Das seien die Gründe. Sie könnten mit denen keinen Frieden schließen, und der Staat lasse sie nicht in Ruhe. Bei dem Attentat habe B. T. mit einer Kalaschnikow geschossen.
5Die Klägerin zu 2) berief sich bei der Anhörung vor dem Bundesamt (BA VIII Bl. 77 ff.) darauf, dass ihr Mann bedroht sei. Im Grunde seien sie alle bedroht. Ihr Ehemann sei das Familienoberhaupt und sei deshalb am meisten gefährdet. Sie selbst sei in die Sache nicht so involviert. Sie habe im Fernsehen erfahren, was da passiert sei. Es müsse wohl auch irgendwelche politischen Gründe geben, weil ihr Schwiegervater ein mächtiger Mann gewesen sei und dies wahrscheinlich etwas mit Politik zu tun habe.
6Mit anwaltlichem Schreiben vom 07. November 2013 machten die Kläger gegenüber dem Bundesamt geltend, dass am 11. März 2013 O1. Q2. getötet worden sei. Von ihm hätten die Familien der (letzten) beiden Opfer angenommen, dass er mit B. T. bei dessen Tat gemeinsame Sache gemacht habe. Die Ehefrau des getöteten H1. N. - F. N. - habe mittlerweile eine höhere Funktion bei der Polizei in Tirana. Zur Großfamilie N. würden fünf Söhne gehören; weitere Mitglieder der Großfamilie seien bei der Polizei in Albanien. O1. Q2. sei wegen der Tötung von H. C. /O. und H1. N. angeklagt, aber freigesprochen worden, weil er mit der Sache nichts zu tun habe. Die Überlebenden der Familien der Opfer hätten das aber nicht geglaubt. Die Familie T. habe in einem (mittlerweile vollständig von Mauern umgebenen) Gebäudekomplex mit drei Häusern und Stallungen in E1. gelebt. Im Dorf T2. , etwa 120 km von E1. entfernt, gebe es ein eingefriedetes Grundstück mit einem großen Haus und Stallungen für Kleintiere. Wenn im Asylverfahren vorgetragen worden sei, sie hätten das Haus nicht verlassen, so sei damit der umfriedete Gebäudekomplex gemeint. Bei seltenen Reisen zwischen den beiden Komplexen seien sie nachts gefahren.
7Auf Anfrage des Bundesamtes teilte das Auswärtige Amt mit Schreiben vom 04. November 2014 (BA VIII Bl. 126 f.) mit, dass nach Mitteilung des albanischen Innenministeriums/Generaldirektorats der Kläger zu 1) und seine Familie keine Strafanzeige bei den albanischen Behörden dahingehend erstattet hätten, sich durch eine bzw. zwei andere Familien bedroht zu fühlen. Das zuständige albanische Polizeidirektorat verfüge über keinerlei Hinweise, dass die Familien T. und C. /O. bzw. N. in einem Blutrachekonflikt leben würden.
8Mit anwaltlichem Schreiben vom 02. Dezember 2014 führten die Kläger aus, am 29. September 2012 sei das Anwesen der Familie T. von einer Gruppe maskierter Polizisten überfallen worden. Das Tor des Anwesens sei aufgebrochen worden, ebenso die Tür zum Wohnhaus der Familie des Bruders des Klägers zu 1), L. T. . Dieser sei in Unterhose abgeführt und gefesselt in ein Polizeiauto gesetzt worden; währenddessen sei ca. zwei Stunden lang die Wohnung durchsucht und verwüstet worden. L. T. sei - angezogen - zur Wache mitgenommen und dort ca. 15 Stunden festgehalten worden. Ihm sei nichts vorgeworfen worden, befragt worden sei er auch nicht. Parallel dazu sei das Haus des Q1. T. gestürmt worden. Er sei gefesselt und vor das Haus geführt worden. Unter Bewachung mit einer Waffe am Kopf sei ihm gedroht worden, dass er erschossen werde, wenn er sich bewege. Im Haus sei viel zerstört, aber nichts gefunden worden. Q1. T. sei ohne Befragung zwei Wochen lang auf der Wache festgehalten worden. Da die Bedrohungen von einflussreichen Personen bei der Polizei ausgegangen seien, habe man versucht, der Polizei auszuweichen. Er, der Kläger zu 1), habe allerdings mehrfach anlässlich bedrohlicher Situationen bei der Polizei angerufen und um Schutz ersucht; es sei aber nie etwas geschehen.
9Mit Bescheid vom 20. April 2015 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Asylanerkennung und auf Gewährung des subsidiären Schutzstatus ab. Zugleich stellte es fest, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht bestehen. Es forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgemäßen Ausreise drohte es ihnen die Abschiebung nach Albanien an.
10Die Kläger haben am 13. Mai 2015 Klage erhoben. Sie machen geltend:
11Der Bescheid sei nicht wirksam. Der Entscheider J. habe Bescheide gezeichnet, die er nicht verfasst habe. Folglich sei das Vertretungsverhältnis nicht offengelegt worden. Ein Bescheid müsse aber seinen Aussteller erkennen lassen und nicht dessen Vertreter. Der Originalbescheid könne auch nicht vom 20. April 2015 stammen. In dem Verwaltungsvorgang befinde sich eine "Kurzübersicht Entscheidung" (BA VI Bl. 182), in der das Datum 13. April 2015 vermerkt sei. Zu diesem Zeitpunkt müsse die Entscheidung bereits verfasst gewesen sein.
12Anhörer und Einzelentscheider seien nicht identisch. Daraus folge zwar nicht die Nichtigkeit des Bescheides, wohl aber, dass sich das Gericht einen eigenen Eindruck von der Glaubwürdigkeit der Kläger verschaffen müsse.
13Das Auswärtige Amt habe im Fall des F1. U. eine Gefährdung aufgrund von Blutrache angenommen. Die unterschiedliche Handhabung der Fälle sei bemerkenswert und erwecke den Eindruck der Voreingenommenheit.
14Beide von B. T. Getöteten seien Polizeibeamte gewesen, so dass ihre Familien enge Verflechtungen mit der Polizei in Albanien hätten. Die Ehefrau des getöteten H1. N. habe eine höhere Funktion bei der Polizei in Tirana.
15Es sei umfassend berichtet worden, dass man immer wieder von der Polizei belästigt worden sei, dass man von den Familien der getöteten Polizisten persönlich bedroht worden sei und gerade deshalb das Versöhnungskomitee eingeschaltet habe. Zu den Einzelheiten wird auf den Anhang zum Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 06. Mai 2016 verwiesen (Blatt 108 ff. der Gerichtsakte).
16Die Mutter des Klägers zu 1) habe in einem landesweit ausgestrahlten Fernsehbeitrag die Frau des getöteten Polizeioffiziers H1. N. um Verzeihung gebeten, was brüsk und mit Drohungen zurückgewiesen worden sei.
17Die Kläger beantragen,
18die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 20. April 2015 zu verpflichten, sie jeweils als Asylberechtigte anzuerkennen und ihnen jeweils die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen,
19hilfsweise,
20die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des vorgenannten Bescheides zu verpflichten festzustellen, dass jeweils in ihrer Person Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG i.v.m. § 4 AsylG und Art. 15 a) - c) der Qualifikationsrichtlinie vorliegen,
21weiter hilfsweise,
22die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des vorgenannten Bescheides zu verpflichten festzustellen, dass jeweils in ihrer Person Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2, 3 und 7 AufenthG vorliegen,
23äußerst hilfsweise,
24die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des vorgenannten Bescheides zu verpflichten festzustellen, dass jeweils in ihrer Person Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG - einschließlich § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung - vorliegen,
25außerdem,
26die Abschiebungsandrohung aufzuheben und
27das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
28Die Beklagte beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid. Ergänzend führt sie aus, der Entscheider J. habe den von seinem Kollegen C1. gefertigten Bescheidentwurf nach Rücklauf von der Mitzeichnung unter dem 20. April 2015 unterschrieben und sodann zur Zustellung gegeben; der Kollege C1. sei urlaubsbedingt längere Zeit abwesend gewesen.
31Die Auskünfte, Gutachten und Stellungnahme, die der Kammer zu den Verhältnissen in Albanien vorliegen, sind in das Verfahren eingeführt worden.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge betreffend die Kläger sowie Q. T. , L. T. und F1. U. Bezug genommen.
33E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
34Die Kammer kann entscheiden, obwohl die Beklagte zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Die Beteiligten wurden unter Hinweis auf diese Möglichkeit ordnungsgemäß geladen (§ 102 Abs. 2 VwGO).
35Die Klage ist nicht begründet.
36I.
37Der Bescheid des Bundesamtes vom 20. April 2015 ist wirksam.
38Die Existenz eines vor dem 20. April 2015 erlassenen, den Klägern aber nicht zugegangenen Bescheides ist nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan. Die Kläger können sich nicht mit Erfolg auf die "Kurzübersicht Entscheidung" in dem Verwaltungsvorgang des Bundesamtes (Beiakte VI Bl. 182) berufen. Zwar ist darin unter dem Datum 13. April 2015 vermerkt, wie im konkreten Fall entschieden worden ist. Indes beweist das nicht das Vorhandensein eines vor dem 20. April 2015 erlassenen Bescheides. Es handelt sich bei der Kurzübersicht lediglich um die Dokumentation eines internen Arbeitsschrittes. Sie mag belegen, dass die Entscheidung in der Sache getroffen worden ist. Bis zur Bekanngabe gegenüber dem Betroffenen handelt es sich indes um ein rechtliches Nullum. Der Bescheid ist nach den plausiblen Darlegungen der Beklagten erst durch den Einzelentscheider S. J. fertiggestellt worden, und zwar unter dem 20. April 2015. Nachvollziehbar ist insoweit dargetan, dass die Fertigstellung durch den Entscheider C1. urlaubsbedingt nicht möglich war und diese Aufgabe aufgrund einer (mündlichen) Weisung der Dienstvorgesetzten dem Entscheider J. übertragen wurde.
39Der Bescheid des Bundesamtes vom 20. April 2015 ist ordnungsgemäß bekanntgegeben. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Bekanntgabe ist die Eröffnung des Verwaltungsaktes gegenüber dem Betroffenen. Zentrale Voraussetzung ist bei schriftlichen Verwaltungsakten der Zugang.
40Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Auflage 2015, § 41 Rn. 6; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 61 ff. m.w.N.
41Der Zugang ist hier erfolgt, indem bei dem Prozessbevollmächtigten der Kläger ausweislich des Eingangsstempels seiner Kanzlei eine Ausfertigung des Bescheides vom 20. April 2015 am 05. Mai 2015 eingegangen ist. Eine Kopie der Ausfertigung war der Klageschrift vom 13. Mai 2016 als Anlage beigefügt.
42Dass die dem Prozessbevollmächtigten der Kläger übersandte Ausfertigung des Bescheides keinen Beglaubigungsvermerk in Bezug auf die Namenswiedergabe des Entscheiders aufweist, stellt keinen zur Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit des Bescheides führenden Formfehler dar. Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 VwVfG muss ein schriftlicher Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Die dem Prozessbevollmächtigen der Kläger übersandte Ausfertigung des Bescheids vom 20. April 2015 enthält zwar keine Unterschrift, aber die maschinenschriftliche Namenswiedergabe des Entscheiders J. , der auch den Originalbescheid unterschrieben hat. Damit ist den gesetzlichen Anforderungen Genüge getan. Soweit bei der Namenswiedergabe teilweise ein Beglaubigungsvermerk für erforderlich gehalten wird,
43vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Auflage 2015, § 37 Rn. 35 m.w.N.,
44steht einem solchen Erfordernis schon der Wortlaut des § 37 Abs. 3 Satz 1 VwVfG entgegen, der außer der Namenswiedergabe weitere Anforderungen nicht nennt.
45Vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.05.1997 - 1 B 129/96 -, juris Rn. 12 mit dem zutreffenden Hinweis, dass die in der Kommentierung von Kopp - nunmehr Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Auflage 2015, § 37 Rn. 35 - zitierten Entscheidungen (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 30.04.1979 - GmS-OGB 1/1978 -, juris; BayVGH, NVwZ 1985, 430) andere Fallgestaltungen beträfen; OVG NRW, Beschluss vom 22.05.2014 - 1 A 2414/12 -, juris Rn. 15 m.w.N.; OVG LSA, Beschluss vom 24.08.2012 – 1 L 20/12 –, juris Rn. 25; BayVGH, Beschluss vom 30.03.2011 - 6 CS 11.234 -, juris, Rn. 9, m.w.N.; VGH BW, Beschluss vom 20.03.1997 - 4 S 2774/96 -, DÖV 1997, 602; VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 26.10.2011 – 3 L 882/11.NW –, juris Rn. 23; VG Augsburg, Beschluss vom 01.10.2002 – Au 2 S 02.805 –, Rn. 10, juris; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 37 Rn. 104; a.A. VG Magdeburg, Urteil vom 12.01.2012 – 3 A 212/09 –, juris Rn. 29.
46Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung erfordern - jedenfalls unter den Umständen des vorliegenden Falles - ebenfalls keinen Beglaubigungsvermerk bei der Namenswiedergabe. Das Erfordernis der Unterschrift bzw. der Namenswiedergabe dient vor allem dem Interesse der Rechtssicherheit und soll verhindern, dass unfertige, noch nicht als endgültige Entscheidung gedachte Schreiben, insbesondere Entwürfe, als Verwaltungsakt ergehen. Im vorliegenden Fall ist jedoch hinreichend gesichert, dass der an die Kläger gerichtete Bescheid dem Willen des Verantwortlichen entspricht und mit dessen Willen in den Rechtsverkehr gelangt ist. Neben der Namenswiedergabe des für den Bescheid Verantwortlichen ist am unteren Rand der Seite 10 vermerkt: "Ausgefertigt am 04.05.2015 in Außenstelle Dortmund" und zusätzlich ein Siegel des Bundesamtes angebracht. Daneben ist eine Unterschrift zu erkennen (die allerdings schwerlich dem Namensstempel "K. " zuzuordnen ist). Zweifel an der willentlichen Bekanntgabe ihnen gegenüber haben auch die Kläger selbst zunächst gar nicht geäußert. Nach Klageerhebung am 11. Mai 2015 ist die Wirksamkeit der Bekanntgabe erst mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 03. Mai 2016, mithin nahezu ein Jahr später, problematisiert worden.
47Dass die dem Prozessbevollmächtigten der Kläger zugestellte Ausfertigung mit Datum vom 20. April 2015 falsch ist, weil der Bescheid im Original erst später unterzeichnet worden sein könnte,
48vgl. zu dieser Konstellation VG Wiesbaden, Urteil vom 22. März 2013 - 6 K 927/12.WI.A -, juris Rn. 13,
49lässt sich nicht feststellen. Der in der Dokumentenmappe befindliche Originalbescheid (Beiakte VII) weist als Bescheiddatum ebenfalls den 20. April 2015 auf. Soweit der Prozessbevollmächtige der Kläger in diesem Zusammenhang von einer Manipulation der Akte ausgeht, weil der Bescheid ursprünglich nicht vorhanden war, folgt ihm die Kammer nicht. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargetan, es könne in bestimmten Fallkonstellationen dazu kommen, dass der unterschriebene Bescheid nach Zustellung nicht zeitnah zur Dokumentenmappe gelange, wenn nämlich diese beim Zustellvorgang nicht vorhanden sei. Dies sei etwa möglich, wenn ein Arbeitsschritt - z.B. die Anhörung - vor Bescheiderstellung in einer anderen Außenstelle erfolge. So liegt der Fall hier. Die Anhörung der Kläger ist in Dortmund erfolgt. Der Bescheid ist demgegenüber in Nürnberg erstellt worden. Warum es letztlich erhebliche Zeit in Anspruch genommen hat, bis der Originalbescheid seinen Weg in die Dokumentenmappe gefunden hat, ist zwar nicht klar. Diese Frage ist aber für die Entscheidung erkennbar ohne Belang.
50Die Kläger können schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, es fehle in Bezug auf den streitgegenständlichen Bescheid an der Erkennbarkeit des Ausstellers, weil der Mitarbeiter der Beklagten J. Bescheide gezeichnet habe, die er nicht verfasst habe. Zum einen ist damit aber nicht in Frage gestellt, dass sich der Entscheider die J. etwaig bereits vorhandene Ausführungen zu Eigen gemacht hat. Zum anderen ist ungeachtet dessen kein Verfahrensfehler dargetan, der die Unwirksamkeit des Bescheides zur Folge hat. Die Vorgabe des § 37 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 VwVfG, deren Nichteinhaltung nach § 44 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG zur Nichtigkeit des Bescheides führt, ist hier ersichtlich eingehalten. Danach muss ein schriftlicher Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen. Als solche ist hier aber ohne Weiteres das Bundesamt zu identifizieren.
51II.
52Der Bescheid des Bundesamtes vom 20. April 2015 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO.
531.) Der Bescheid ist nicht deshalb bereits formell rechtswidrig, weil er nicht von dem Bediensteten verfasst worden ist, der die Kläger zu 1) und 2) angehört hat. Aus dem Asylgesetz ergibt sich nicht, dass der Entscheider auch immer der Anhörer sein muss; eine dem § 112 VwGO vergleichbare Regelung besteht nicht.
54Vgl. BayVGH, Urteil vom 23.07.1997 – 24 B 32748 –, juris; VG E. , Urteil vom 13.12.2001 – 23 K 714/97.A –, juris; VG Schwerin, Beschluss vom 15.05.2002 – 11 B 206/01 As –, juris.
55Ob etwas anderes gilt, wenn das Bundesamt seine Entscheidung über die offensichtliche Unbegründetheit eines Asylantrags auf die persönliche Unglaubhaftigkeit eines Antragstellers stützt,
56vgl. hierzu etwa VG Bremen, Beschluss vom 05.01.2016 – 5 V 2543/15 –, juris Rn. 16; VG Göttingen, Beschluss vom 17.08.2010 – 2 B 301/10 –, juris Rn. 10 f.,
57kann dahinstehen. Zum einen ist der Asylantrag der Kläger nicht als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden. Zum anderen beruht die ablehnende Entscheidung erkennbar nicht auf einer Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Kläger zu 1) und 2) und damit auf personenbezogenen Eindrücken, die von der persönlichen Wahrnehmung abhängen, sondern auf einer Würdigung des Tatsachenvorbringens der Kläger zu 1) und 2) bei der Anhörung vor dem Bundesamt.
582.) Gegen den Bescheid ist auch materiell-rechtlich nichts zu erinnern. Die Kläger haben weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. § 3 AsylG noch auf Asylanerkennung zu (nachfolgend a). Zudem liegen jeweils in ihrer Person weder Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1, 3 AufenthG (b) noch die Voraussetzungen eines (nationalen) Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor (c).
59a) Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer ein Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b).
60Nach diesen Kriterien ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegend schon deshalb ausgeschlossen, weil die von den Klägern geltend gemachte "Verfolgung" durch die Familien C. /O. und N. nicht an ein Verfolgungsmerkmal i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG anknüpft. Denn die behauptete Verfolgungsfurcht beruht nicht auf der Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer politischen Überzeugung. In Betracht käme vorliegend allenfalls, die Familie des Klägers zu 1) als eine "soziale Gruppe" im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG anzusehen, als deren "Mitglied" die Kläger bedroht wären.
61Eine Gruppe gilt nach § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG insbesondere dann als eine "bestimmte soziale Gruppe", wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten. Zudem muss diese Gruppe in dem betreffenden Drittland eine deutlich abgegrenzte Identität haben, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Diese Abgrenzbarkeit muss schließlich schon vor der in Rede stehenden Verfolgung bestehen.
62Vgl. zur Richtlinie 2004/83/EG: EuGH, Urteil vom 07.11.2013 - C-199/12, C-200/12, C-20112 -, juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.01.2006 - 1 LB 22/05 -, juris.
63Zwar ist davon auszugehen, dass eine Familie durch die alle Mitglieder verbindende Verwandtschaft ein unveränderbares Merkmal teilt. Eine "soziale Gruppe" im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG vermag sie aber nur dann darzustellen, soweit sie in der Gesellschaft des Heimatlandes des Antragstellers auch als deutlich abgrenzbare Gruppe mit eigener "Gruppenidentität" wahrgenommen wird. Dies mag insbesondere in Ländern und Regionen in der Welt der Fall sein, wo ein Familienverband, ein Clan oder ein Stamm aufgrund äußerlicher Merkmale oder sonstiger Kennzeichen eine Gruppenidentität aufweist, insbesondere weil die Zugehörigkeit zur Familie, dem Clan oder dem Stamm im Lebensumfeld einen besonderen Stellenwert aufweist und identifikationsstiftend wirkt.
64Vgl. VG E. , Urteil vom 12.03.2015 – 6 K 8197/14.A –, juris Rn. 26 ff.
65Dies zugrunde gelegt, stellt die Familie des Klägers zu 1) keine "soziale Gruppe" i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG dar. Die Kläger werden – ihr Vorbringen als wahr unterstellt - von den Angehörigen der Getöteten, nicht auch von (irgendwelchen) anderen Bürgern in Albanien wird er in diesem Sinne "unterscheidend" wahrgenommen, dass sie Angehörige desjenigen sind, der Y. O. und H1. N. im Jahre 2003 getötet hat. Die Unterscheidung, die auf Grund der angeblich drohenden Blutrache getroffen wird, entsteht schließlich erst durch die (vermeintliche) Verfolgungshandlung. Ein solcher Fall liegt aber nicht im Anwendungsbereich des in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG geschützten Rechtsguts.
66Vgl. Sächs.OVG, Urteil vom 26.02.2013 - A 4 A 702/08 -, juris Rn. 45 BayVGH, Urteil vom 09.08.2010 - 11 B.0930091 -, juris Rn. 38; OVG Hamburg, Beschluss vom 05.12.2008 - 5 Bf 45/07. AZ -, juris Rn. 23 ff.; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.01.2006 - 1 LB 22/05 -, juris Rn. 39; VG Bremen, Urteil vom 11.08.2016 – 5 K 1170/16 –, juris Rn. 18; VG Ansbach, Urteil vom 10.07.2014 - AN 11 K 14.30425 -, juris Rn. 26; VG München, Urteil vom 11.10.2013 - M 23 K 11.30203 -, juris Rn. 18; VG Weimar, Urteil vom 31.08.2009 - 7 K 20238/07 We -, juris.
67Vor diesem Hintergrund erhellt zugleich, dass eine Flüchtlingsanerkennung auch dann nicht gerechtfertigt wäre, wenn man nicht eine Bedrohung durch zwei Familien annähme, sondern von staatlicher Verfolgung - konkret durch die Polizei - ausginge. Denn auch unter diesem Blickwinkel fehlte es an einer Anknüpfung an asylrelevante Merkmale.
68Ein Anspruch der Kläger auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a Grundgesetz scheidet ebenfalls aus. Die Kläger sind nicht politisch verfolgt. Politische Verfolgung i.S.d. Art 16a Abs. 1 GG liegt vor, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Dementsprechend entfalten solche Verfolgungen Asylrelevanz, die sich auf die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder die politische Überzeugung von Menschen beziehen.
69Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -; Beschluss vom 12.02.2008 - 2 BvR 2141/06 -, jeweils juris.
70Dies ist - wie vorstehend dargelegt - nicht der Fall.
71b) Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG. Sie haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihnen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG in ihrem Heimatland ein ernsthafter Schaden droht (nachfolgend aa). Zudem fehlt es an der Voraussetzung, dass der albanische Staat erwiesenermaßen nicht schutzfähig oder -willig ist, § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3c Nr. 3, § 3d AsylG (bb). Schließlich müssen sich die Kläger auf internen Schutz verweisen lassen, § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylG (cc).
72aa) Als ernsthafter Schaden gilt gemäß der hier allein näher in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Diese Vorschrift wurde in Umsetzung von Art. 15 Buchst. b) der Richtlinie RL 2011/95/EU erlassen und orientiert sich an Art. 3 EMRK. Daher ist die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK jedenfalls im Zweifel auch für die Anwendung und Auslegung von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG verbindlich.
73Vgl. VG E. , Urteil vom 12.03.2015 – 6 K 8197/14.A –, juris Rn. 53; Marx, AsylVfG, 8. Auflage 2014, § 4 Rn. 22 f.
74Bei der Prüfung des subsidiären Schutzes (§ 4 Abs. 1 AsylG) ist - wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1 AsylG) - der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Für das Beweismaß verwendet der EGMR zu Art. 3 EMRK den Begriff der tatsächlichen Gefahr ("real risk"). Danach muss der Antragsteller konkrete Gründe bezeichnen, um beurteilen zu können, ob im Fall der Abschiebung im Zielstaat ein tatsächliches Risiko besteht, einer Behandlung ausgesetzt zu werden, die über die gesetzte Grenze hinausgeht. Das tatsächliche Risiko bezieht sich auf eine objektive Gefahrenlage, einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung unterworfen zu werden. Dabei differenziert der EGMR zwischen der - rechtlich unerheblichen - "bloßen Möglichkeit" und der - beachtlichen - "ernsthaften" bzw. "tatsächlichen Gefahr".
75Vgl. EGMR, Urteil vom 28.02.2008 - 37201/06 -, NVwZ 2008, 1330; Marx, AsylVfG, 8. Auflage 2014, § 4 Rn. 41.
76Dieser Maßstab der ernsthaften bzw. tatsächlichen Gefahr entspricht dem der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 – 10 C 5.09 –, juris ; OVG NRW, Urteil vom 17.08.2010 – 8 A 4063/06.A –, juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 23. April 2013 – 6 B 82/13 –, juris m.w.N.
78Der EGMR vertritt mit Blick auf den objektivrechtlichen Ansatz in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Art. 3 EMRK absolut wirkt. Folglich wird die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auch auf nichtstaatliche Akteure bejaht und ist vom Verhalten der betreffenden Person unabhängig.
79Vgl. EGMR, Urteil vom 17.12.1996, Nr. 25964/94 - Ahmed ./. Österreich; vgl. auch Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.01.2014 - E 7121/2013 -, abrufbar unter www.bvger.ch.
80Dies folgt nicht zuletzt gesetzessystematisch aus § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG, der auf §§ 3c bis 3e AsylG umfassend - also einschließlich der Vorschriften zum Schutz vor ernsthaften Schäden durch nichtstaatliche Akteure (§ 3c Nr. 3, § 3d AsylG) - Bezug nimmt.
81Nach diesen Maßstäben liegen stichhaltige Gründe für die Annahme, die Kläger seien im Falle ihrer Rückkehr nach Albanien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen Behandlung in Gestalt eines Racheaktes ausgesetzt, nicht vor.
82Das Gericht geht auf Grundlage der im Klageverfahren gewonnenen Erkenntnisse zwar davon aus, dass
83im Jahre 2001 O2. T. , der Vater des Klägers zu 1), durch Q3. C. /O. ermordet wurde,
84am 06. August 2003 B. T. , der Bruder des Klägers zu 1), den Sohn H. des Q3. C. /O. tötete und den Polizeichef von E1. – H1. N. – so schwer verletzte, dass dieser am nächsten Tag seinen Verletzungen erlag,
85sich B. T. mehrere Monate nach der Tat stellte und wegen Mordes zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde.
86(1) Indes rechtfertigt dieser Sachverhalt nicht die Annahme, den Klägern drohe Blutrache seitens der Familie C. /O. . Vielmehr spricht alles dafür, dass die Auseinandersetzung beendet ist.
87Die Blutrache ist ein zentrales Element des Gewohnheitsrechts der Nordalbaner, wie es im sog. Kanun tradiert ist. Dessen Anwendung spielt im Hinblick auf die Ehre der Familie in Teilen der Gesellschaft, insbesondere in muslimischen-konservativen Familien, die auf dem Lande in dörflichen Gemeinschaften leben, eine große Rolle. Die Blutrache stellt eine Form der Selbstjustiz dar. Sie dient in erster Linie der Wiederherstellung der Familienehre, die durch einen Mord, eine Vergewaltigung, eine Grenzverletzung oder eine Ehrverletzung anderer Art beschädigt worden ist. Die Familie, der die Verletzung oder Entehrung zugefügt wurde, ist verpflichtet, sich von der Verletzung oder Entehrung zu reinigen.
88Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Blutrache, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 13. Juli 2016, Seite 2 f.; Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Oldenburg vom 6. August 2014; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Albanien - Blutrache, April 2014, Seite 9 f.; aus der Rechtsprechung NdsOVG, Beschluss vom 19.03.2013 - 8 ME 44/13 - juris Rn. 8; VG München, Beschluss vom 27.11.2015 – M 5 S 15.31551 –, juris Rn. 19.
89Tötungen eines erwachsenen männlichen Mitglieds der Familie des Täters als Antwort auf eine zuvor erfolgte Tötung sind klassische Fälle der Blutrache.
90Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Albanien - Blutrache, April 2014, Seite 10 f.; VG E. , Beschluss vom 30.10.2015 – 17 L 3499/15.A –, juris.
91Daraus folgt zunächst, dass für die Klägerin zu 2) und 3) ohnehin keine Gefahr beachtlich wahrscheinlich angenommen werden kann. Frauen und Kinder dürfen nach den Regeln des Kanun in der Regel nicht getötet werden.
92Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Albanien: Blutrache, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 13. Juli 2016, Seite 3; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Albanien - Blutrache, April 2014, Seite 11; Bundesasylamt der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, August 2013, Seite 21; zur Rechtsprechung jüngst VG Oldenburg, Urteil vom 29.08.2016 - 15 A 3997/16 -, juris Rn. 27.
93Soweit die Schweizerische Flüchtlingshilfe in ihrer Auskunft vom 13. Juli 2016, Seite 5, ausführt, Personen jeglichen Alters und beider Geschlechter seien von einer Blutfehde betroffen, rechtfertigt das keine andere Einschätzung. Denn konkretisierend wird lediglich ausgeführt, Hunderte von Kindern seien aufgrund von Blutfehden gezwungen, zu Hause zu bleiben und müssten u.a. auf den Schulbesuch verzichten. Selbst wenn darüber hinaus für möglich erachtet werden sollte, dass Frauen und Minderjährige auch von Racheakten betroffen sein sollten, stellt das den Regelfall, dass dies eben nicht geschieht, nicht in Frage.
94Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Gießen vom 15.09.2005: Blutrache an Frauen nur in Einzelfällen, deren Zahl sehr gering ist.
95Für männliche und damit potentiell betroffene Familienmitglieder gilt: Ist durch eine Tötung die Ehre wiederhergestellt, so hat es damit sein Bewenden, die Blutrache ist mit anderen Worten beendet.
96Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 13. Juli 2016, Seite 3.
97So liegt der Fall hier. Die Tötung des H. C. /O. erfolgte aus Rache für die Ermordung des Vaters des Klägers zu 1). Demgemäß hat dieser in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt, es habe gegenüber dieser Familie keine Vermittlungsbemühungen gegeben; sie stünden vielmehr „1 zu 1“, die Papiere stünden offen.
98Diese Aussage deckt sich auch mit dem Vorbringen der Mutter des Klägers zu 1) bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 21. November 2012. Sie hat ausgeführt, eigentlich sei die Sache erledigt. Die weitere Aussage, zwei Söhne desjenigen, den ihr Sohn getötet habe, hätten Kontakt zur Familie des getöteten Komissars H1. N. aufgenommen und wollten weiter Rache üben, ist unsubstantiiert geblieben und damit nicht glaubhaft. In ähnlicher Weise hat sich auch der Bruder des Klägers zu 1) L. T. bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 21. November 2012 eingelassen. Er hat erklärt, laut Kanun sei die Sache erledigt. Dass die Kinder „von denen“ dies nicht akzeptierten und weiter Rache für den Vater wollten, ist ebenfalls vage und inhaltsleer geblieben. Die Nachfrage nach konkreten Bedrohungen durch die Söhne des Getöteten ist vielmehr expliziert verneint worden.
99Auch die Kläger haben von Übergriffen seitens der Familie C. /O. nichts berichtet.
100Die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 16. November 2007 an das Bundesamt im Fall des F1. U. , eines Neffen von Q3. C. /O. , rechtfertigt keine andere Einschätzung. Zwar hat das Bundesamt auf dieser Grundlage zugunsten des F1. U. mit Bescheid vom 07. Dezember 2007 ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festgestellt, weil eine Gefährdung aufgrund von Blutrache bestehe. Indes darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Ausführungen des Auswärtigen Amtes zu einer Gefährdung durch Blutrache auf Angaben des Q3. C. /O. selbst beruhen. So heißt es explizit, dass nach „Auskunft von Herrn Q3. O. “ das Leben seines Neffen F1. U. wie das Leben des gesamten Clans O. in Albanien gefährdet sei. Auch dass sein – Q3. C.s/O.s – Fall zu den zehn kompliziertesten von Blutrache gehöre, ist keine Bewertung, die das Auswärtige Amt getroffen hat; vielmehr handelt es sich auch hier – in indirekter Rede – um eine Aussage des Q3. C. /O. selbst. Einer eigenen Bewertung hat sich das Auswärtige Amt demgegenüber enthalten. Allein die Aussage desjenigen, der an dem Blutrachekonflikt zwischen den beteiligten Familien als einer der Hauptakteure unmittelbar beteiligt war, ist aber eine eher dürftige Grundlage für eine Einschätzung der drohenden Gefahr. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Aussagen des Q3. C. /O. auch interessengesteuert getroffen worden sind – etwa mit dem Interesse, seinem Neffen F1. U. , den er nach der Scheidung der Eheleute U. bei sich aufgenommen und wie seinen eigenen Sohn aufgezogen hatte, einen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu sichern.
101Hinzu kommt, dass F1. U. bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 30. März 2006 selbst nicht von konkreten Übergriffen hat berichten können. Er hat zwar bekundet, er habe schon seit zwei Jahren im Untergrund gelebt. Indes ist seinem Vorbringen ansonsten zu entnehmen, dass er sich frei bewegt hat; von 1992 bis 2003 habe er legal in Griechenland und von Dezember 2003 bis März 2006 in Albanien gelebt. Im Jahre habe er ein Jahr lang als Kraftfahrer in Albanien gearbeitet, bis er im März 2006 nach Deutschland gereist sei. Dass er versteckt gelebt haben soll, ist auf dieser Grundlage nur schwer vorstellbar.
102Überdies ist auch die von F1. U. vorgelegte Bescheinigung des Bürgermeisters der albanischen Gemeinde S1. vom 07. April 2006 nicht viel wert. Darin heißt es zwar, die Familie befinde sich in Blutrache, F1. U. selbst sei in Albanien bedroht worden. Indes fehlt es zum einen gänzlich an konkreten Angaben. Zum anderen ist es in Albanien kein Problem – wie unten noch näher aufzuzeigen sein wird –, eine inhaltlich falsche, aber echte Bescheinigung zu erhalten.
103Schließlich ist zu konstatieren, dass das Auswärtige Amt in seiner Auskunft vom 04. November 2014 in Übereinstimmung mit dem bisher erarbeiteten Befund mitgeteilt hat, dass das zuständige albanische Polizeidirektorat über keinerlei Hinweise verfüge, dass die Familie T. mit der Familie C. /O. in einem Blutrachekonflikt lebe. Der Einwand, dass diese Auskunft nicht verwertbar sei, ist nicht stichhaltig. Zwar ist richtig, dass nicht klar ist, welche zehn pdf-Dokumente der Anfrage des Bundesamtes beigefügt waren. Indes ist die Relevanz dieses Umstandes für die Auskunft des Auswärtigen Amtes nicht erkennbar; es hat sich in seiner Antwort auf diese Dokumente nicht bezogen. Auch das Argument, es überrasche nicht, wenn der Verfolger eine solche Antwort gebe, überzeugt die Kammer nicht. Es ist – wie noch darzulegen sein wird – nicht glaubhaft, dass die Kläger aufgrund einer Blutrachefehde von der albanischen Polizei verfolgt werden. Vor diesem Hintergrund ist auch der Ansatz einer erhöhten Gefährdung durch das Auswärtige Amt beim albanischen Innenministerium/Generaldirektorat der albanischen Polizei verfehlt. Schließlich erweist sich auch ein Widerspruch zu der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 16. November 2007 im Fall F1. U. als konstruiert. Die Entstehungsgeschichte dieser Auskunft ist bereits oben dargelegt worden; das Auswärtige Amt hat als Quelle allein auf denjenigen zurückgegriffen, der einer der zentralen Akteure war, nämlich Q3. C. /O. . Ob dagegen der Blutrachekonflikt auch von der albanischen Polizei bestätigt worden wäre, muss bezweifelt werden.
104(2) Es kann auch nicht angenommen werden, die Kläger - nach dem zuvor zur Gefährdung von Frauen und minderjährigen Kindern Gesagten in erster Linie der Kläger zu 1) - seien im Fall ihrer Rückkehr nach Albanien der Gefahr der Blutrache seitens der Familie N. ausgesetzt.
105Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass H1. N. am 06. August 2003 von B. T. angeschossen worden und einen Tag später seinen Verletzungen erlegen ist. Geht man von einer unbeabsichtigten Tötung des H1. N. aus, wie der Täter B. T. selbst betont hat, so ist eine Gefährdung schon deshalb zu verneinen, weil eine Tötung ohne Absicht nach dem Kanun straflos ist und keine Blutrache auslöst.
106Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Albanien – Blutrache, April 2014, Seite 10; Redi Isak, Der Kanun in Albanien - Gewohnheitsrechts im modernen Staat?, März 2011, S. 59 m.N. (abrufbar im Internet unter http://www.design.kyushu-u.ac.jp/~hoken/Kazuhiko/ 2011DerKanun.pdf (Zugriff am 30.08.2016)).
107Die Kammer bezweifelt aber ungeachtet dessen eine Gefährdung der Kläger. Ihre Ausreise ist erst im Dezember 2012 und damit über neun Jahre nach der Tat erfolgt. Gemessen an diesem langen Zeitraum ist das Vorbringen der Kläger und weiterer Familienangehöriger bei der Anhörung vor dem Bundesamt zu konkreten Übergriffen oder Vorfällen überaus dürftig. Das ist umso bemerkenswerter, als die Familie N. nur wenige hundert Meter entfernt von den Klägern - die Mutter des Klägers zu 1) Q. N. hat bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt von „300 oder 400 Metern“ gesprochen (BA X Blatt 36) - gewohnt haben soll.
108Das Gericht nimmt den Klägern aber nicht ab, dass sie "immer wieder" von der Polizei aufgesucht worden sein sollen und es "immer wieder" zu Mitnahmen des Klägers zu 1) auf die Wache gekommen sein soll. Ihr Vorbringen ist insoweit durchweg unsubstantiiert.
109So hat L. T. , auf dessen Vorbringen sich der Kläger zu 1) bei der Anhörung vor dem Bundesamt zunächst berufen hat, in seiner eigenen Anhörung am 21. November 2012 vorgetragen, sie hätten "in letzter Zeit" Schwierigkeiten mit der Polizei gehabt. Auf Nachfrage hat er ausgeführt, Polizisten hätten vor ungefähr sechs Wochen sein Haus durchsucht und hätten ihn und seinen Bruder Q1. mitgenommen und zehn Stunden auf der Wache festgehalten; verhört worden sei er nicht. Auf ihre Frage nach dem Grund der Verhaftung hätten die Polizisten gesagt, es handele sich um eine allgemeine Kontrolle. Danach sei nichts weiter geschehen. Nach dem Mord an H. C. /O. seien sie alle mehrfach von der Polizei mitgenommen und verhört worden. Konkrete Drohungen hätten sie in letzter Zeit nicht erhalten. Ergänzend hat der Kläger zu 1) bei seiner eigenen Anhörung wenig konkret ausgeführt, er habe „jede Menge Druck vom Staat“ gehabt. Nicht minder diffus heißt es zu dem Grund für die Ausreise, sie hätten eingesehen, dass die Familien keinen Frieden mit ihnen hätten haben wollen; der Staat komme um 2.00 Uhr nachts und störe einen in seiner Ruhe. Immerhin aber hat er auch erklärt, etwas Konkretes sei nicht geschehen. Diese Angaben lassen nicht erkennen, dass es zu häufigen und regelmäßigen polizeilichen Maßnahmen gegenüber den Klägern gekommen ist. Den Angaben des Bruders L. zufolge ist es lediglich nach dem Mord an H. C. /O. zu mehrfachen Festnahmen und Verhören gekommen. Ansonsten hat er lediglich von Schwierigkeiten mit der Polizei "in letzter Zeit", mithin kurz vor der Ausreise im Jahre 2012 gesprochen. Der Kläger zu 1. selbst hat nur einen Vorfall mit der Polizei erwähnt, wobei er aber abgesehen von der bloßen Erwähnung dieses Umstandes kaum Angaben gemacht hat. Dass (auch) der Kläger zu 1) "immer wieder" von der Polizei mitgenommen und auf der Wache in E1. stundenlang festgehalten worden sei, wie in dem Anhang vom 02. Mai 2016 zum anwaltlichen Schriftsatz vom 06. Mai 2016 behauptet worden ist, begegnet auf dieser Grundlage erheblichen Zweifeln.
110Diese Zweifel sind durch den Vortrag der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht ausgeräumt, sondern - im Gegenteil - verstärkt worden. Zwar hat der Kläger zu 1) auf Frage erklärt, Polizisten seien öfter zu ihnen gekommen und hätten sie abgeführt; dies sei nicht nur einmal, sondern oft passiert. Auf Nachfrage hat er dies dahingehend konkretisiert, dass es etwa einmal in zwei Monaten passiert sei. Indes ist zunächst zu konstatieren, dass der Kläger zu 1) weniger substantiiert wohl kaum hätte antworten können. Sowohl die Bitte des Gerichts, die fehlende Versöhnung mit der Familie N. konkreter zu schildern, als auch die offen gehaltene Frage zu erklären, was er mit "Druck vom Staat" gemeint habe, hätten ihm Veranlassung geben müssen, detailliertere Angaben zu machen, zumal wenn man sich erneut den langen Zeitraum zwischen der Tötung des H1. N. und der Ausreise der Kläger vor Augen führt. So aber entsteht nicht der Eindruck, der Kläger zu 1) berichte hier von tatsächlich Erlebtem. Die Zweifel daran werden dadurch noch verstärkt, dass er seine zunächst getroffene Aussage später korrigiert hat. So hat er bekundet, nach dem Scheitern der Bemühungen um eine Versöhnung sei die Polizei einmal im Monat vorbeigekommen. Warum er zunächst ohne zeitliche Differenzierung von "etwa einmal in zwei Monaten" gesprochen hat, erschließt sich nicht und hat auch der Kläger zu 1) nicht plausibel erklären können.
111Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zu 1) aufgrund einer psychischen Erkrankung zu einem substantiierten Vortrag beim Bundesamt und auch im gerichtlichen Verfahren nicht in der Lage war, bestehen nicht. Eine ärztliche Bescheinigung über eine sich in dieser Weise auswirkende psychische Erkrankung ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegt worden. Auch der Verweis auf die Aussage der Mutter des Klägers zu 1) bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 21. November 2013 zu einer psychischen Erkrankung führt nicht weiter. Denn gefragt war ausdrücklich nach ihren fünf Schwiegersöhnen (BA X Blatt 31). Ferner ist zu konstatieren, dass ersichtlich nicht jedes unsubstantiierte Vorbringen auf eine (psychische) Erkrankung zurückzuführen ist. Der Vortrag des Klägers zu 1) beim Bundesamt und auch im gerichtlichen Verfahren ist nicht erkennbar unsubstantiierter als die Angaben seiner Mutter oder seines Bruders L. , von denen nicht irgendwelche gesundheitliche Einschränkungen behauptet worden sind. Und schließlich kann die Erkrankung auch deshalb nicht schwerwiegend sein, weil der Prozessbevollmächtigte ungeachtet der Mandatsübernahme bereits im Juli 2013 erst in der mündlichen Verhandlung und damit über drei Jahre später – durch Befragung der Ehefrau des Klägers zu 1) – davon erfahren haben will, dass dieser psychisch krank sei.
112Die Klägerin zu 2) hat zu konkreten Übergriffen durch die Polizei bei der Anhörung vor dem Bundesamt gar nichts berichtet. Sie hat zu ihren Asylgründen lediglich vorgetragen, sie habe Albanien nur verlassen, weil ihr Ehemann bedroht sei; im Grunde lebten sie alle zusammen, und die gesamte Familie sei ja bedroht; ihr Ehemann aber am meisten, weil er das Familienoberhaupt sei.
113Ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung lassen ebenfalls nicht erkennen, dass die Familie häufigen bzw. regelmäßigen Übergriffen der Polizei ausgesetzt war. Die Klägerin zu 2) hat keine konkreten Angaben dazu machen können, wie oft es zu polizeilichen Maßnahmen gekommen sein soll. Zu berücksichtigen ist dabei, dass ihre Wahrnehmung ohnehin auf den Zeitraum ab 2010 beschränkt ist, weil sie erst ab diesem Zeitpunkt zur Familie gehörte. Unsubstantiiert hat sie hierzu erklärt, sie könne keine Daten nennen, es sei oft passiert. Ihre weitere Aussage, sie habe "viele schwere Situationen" mitbekommen, hat sie nur wenig mit Leben füllen können; geschildert hat sie konkret nur einen Vorfall kurz nach der Geburt ihrer Tochter im Jahre 2011.
114Ergänzend ist anzumerken, dass auch das Vorbringen der Mutter des Klägers zu 1) Q. T. nicht darauf schließen lässt, er sei häufig bzw. regelmäßig auf die Polizeiwache mitgenommen worden. So hat sie bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt lediglich davon gesprochen, kurz vor der Ausreise seien L. und Q1. von der Polizei mitgenommen worden. In der mündlichen Verhandlung hat sie - erkennbar unsubstantiiert - bekundet, es sei "so oft" vorgekommen, dass die Polizei sie, Q. T. , mit den Kindern zur Wache mitgenommen habe.
115Geht man vor diesem Hintergrund davon aus, dass es nur vereinzelt, jedenfalls aber nicht "immer wieder" zu Polizeieinsätzen bei der Familie gekommen ist, so fehlt es gleichwohl erkennbar an der Schilderung eines in sich stimmigen Sachverhalts, der darauf schließen lässt, dass sich die Kläger in Albanien in einer ausweglosen, nicht anders als durch Flucht ins Ausland zu bewältigenden Lage befunden haben. Denn es spricht nichts dafür, dass die Polizeieinsätze im Rahmen einer drohenden Blutrachetat erfolgt sind:
116Generell merkt die Kammer an, dass eine ungewöhnliche Vielzahl von Klägern aus Albanien, die sich auf Blutrache berufen, geltend macht, Angehörige der gegnerischen Familie seien bei der Polizei oder hätten zumindest Beziehungen zur Polizei. Das ist zwar im jeweiligen Einzelfall nicht auszuschließen, aber nicht ganz fernliegend ist der - auch hier bestehende - Verdacht, dass so der Versuch unternommen soll, die vermeintliche private Verfolgung in Bezug zum albanischen Staat zu setzen.
117Konkret ist auszuführen: Unmittelbar nach der Ermordung von H. C. /O. und H1. N. dürften etwaige Polizeieinsätze darauf abgezielt haben, den monatelang flüchtigen Täter B. T. ausfindig zu machen. Da die Tat mit einem Sturmgewehr AK-47 („Kalaschnikow“) begangen worden war, wäre ohne weiteres nachvollziehbar, dass nicht lediglich ein mit seiner kleinkalibrigen Dienstpistole bewaffneter Streifenpolizist bei den Klägern erschienen ist. Und auch Beschimpfungen mit Ausdrücken wie „Polizistenmörder“ erschienen nicht fernliegend.
118Auch der – von den Klägern selbst bei der Anhörung vor dem Bundesamt gar nicht erwähnte – Polizeieinsatz Ende September 2012 belegt eine Gefährdung der Kläger nicht. Hausdurchsuchungen, (vorläufige) Festnahmen und Verhöre auf einer Polizeiwache sind reguläre Bestandteile normaler polizeilicher Arbeit. Die Kläger sind konkrete Anhaltspunkte dafür schuldig geblieben, dass dieses Vorgehen auf Bestrebungen der Familie N. beruht, ihnen gegenüber Blutrache zu üben. Diese Annahme setzt voraus, dass die Familienangehörigen, soweit sie selbst im Polizeidienst sind, bereit wären, für private Zwecke, nämlich den der Blutrache, den Polizeiapparat zu missbrauchen. Ein solches Vorgehen ist zwar - abstrakt betrachtet - nie ganz auszuschließen. Indes ist es auch nicht als wahrscheinlich anzusehen. Soweit in diesem Zusammenhang behauptet worden ist, die Witwe des getöteten Polizeioffiziers, F. N. , habe bei der Polizei in Tirana eine höhere Funktion, handelt es sich ersichtlich um eine Aussage "ins Blaue hinein", die durch nichts belegt ist. Es spricht demgemäß nichts für die Annahme, sie würde eine Position einnehmen, in der es ihr möglich wäre, solche Polizeieinsätze anzuordnen. Dass sie als Kriminelle beschimpft worden sind, wie die Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung berichtet hat, deutet darauf hin, dass die Polizeieinsätze einen anderen Hintergrund gehabt haben könnten. Hierzu verweist das Gericht auf die Zusammenstellung in dem angefochtenen Bescheid zu möglichen kriminellen Verstrickungen der Familie (Seite 7). Demgemäß wären auch etwaige Kompetenzverletzungen – etwa das Richten einer Maschinenpistole an die Schläfe eines Kindes – asylrechtlich ohne Belang. Entscheidend gegen das Vorbringen der Kläger spricht freilich, dass die Frage unbeantwortet bleibt, warum kein männliches Mitglied der Familie T. getötet oder dies zumindest versucht worden ist, obwohl die Polizei doch - insoweit dem Vorbringen der Kläger folgend - über neun Jahre offensichtlich zahlreiche Zugriffsmöglichkeiten hatte?
119Soweit geltend gemacht worden ist, der Neffe des Klägers zu 1) T3. T. sei einmal auf dem Nachhauseweg von der Schule von Mitgliedern der Familie N. bedroht worden, rechtfertigt dies ebenfalls nicht die Annahme einer ernsthaften Gefahr für die Kläger. Der Vorfall ist vereinzelt geblieben und war, da er sich bereits etwa im Jahre 2010 ereignet haben soll, für die Ausreise der Kläger erkennbar nicht bestimmend. Nichts anderes gilt für die Bedrohung des Neffen des Klägers zu 1 Gjergj T. .
120(2) Dem Vorbringen der Kläger ist auch nicht zu entnehmen, dass sie in Albanien als Folge der Tötung des H1. N. eingeschlossen gelebt haben.
121Personen, die konkret von Blutrache betroffen sind, sind regelmäßig gezwungen, in kompletter Isolation leben und haben keine Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, da sie jederzeit mit einem Vergeltungsschlag rechnen müssten. Im Falle der Drohung mit Blutrache sind die betroffenen Familien von heute auf morgen isoliert und praktisch in ihren Wohnhäusern oder im Gartenbereich gefangen. Diese Isolation der Familien ist ein wesentliches Kennzeichen einer Blutrachefehde.
122Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Albanien - Blutrache, April 2014, Seite 12.
123Eine solche Isolation kann hier nicht festgestellt werden. Der Kläger zu 1) hat zwar in der mündlichen Verhandlung bekundet, er habe sich durchgängig innerhalb des der Familie gehörenden und mit einer hohen Mauer umgebenen Gebäudekomplexes in E1. aufgehalten. Die Richtigkeit der Aussage ist freilich zu bezweifeln. Der Kläger zu 1) hat nach eigenen Angaben zusammen mit seinem Bruder eine Schweinezucht in E1. betrieben. Dass dies über neun Jahre ohne Kontakt zur Außenwelt möglich gewesen sein soll, ergibt sich plausibel weder aus den Angaben des Klägers zu 1) bei der Anhörung vor dem Bundesamt noch aus seinem Vortrag im Klageverfahren. Unterstellt man sein Vorbringen zu den häufigen Mitnahmen zur Wache als wahr, so ist ihm ferner entgegenzuhalten, dass er bekundet hat, von der Polizei zwar festgehalten, aber nicht nach Hause begleitet worden sei. In Anlehnung an seinen eigenen Vortrag legt das die Schlussfolgerung nahe, dass die – behauptete – Isolation „immer wieder“ aufgehoben gewesen sei. Schließlich ist das Vorbringen der Mutter des Klägers zu 1) und seines Bruders L. T. einzubeziehen. So hat Q. T. bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt erklärt, sie habe in E1. gelebt; im Sommer hielten sie sich in ihrem Heimatdorf T2. etwa eineinhalb Stunden entfernt auf. Der Bruder L. hat beim Bundesamt ausgeführt, sie hätten sich jedes Jahr von Mai bis Mitte September in ihrem Heimatdorf T2. aufgehalten. Dass ein Familienmitglied, nämlich der Kläger zu 1), nicht in der beschriebenen Weise jährlich seinen Standort gewechselt hätte, ist dem Vorbringen beider nicht ansatzweise zu entnehmen. Schon vor diesem Hintergrund ist die Aussage der Q. T. , ihre Söhne seien keinen einzigen Tag draußen gewesen, als erkennbar überzogen anzusehen.
124(3) Auch aufgrund der undatierten Bescheinigung des Nationalen Versöhnungskomitees in E1. in albanischer Sprache und englischer Übersetzung (in der Dokumentenmappe zum Verfahren der Q. T. , BA XII) kann nicht von einer konkreten Gefährdungslage ausgegangen werden. Es fehlt an konkreten Angaben zur Entwicklung des in Rede stehenden Konflikts nach der Tat. Solche Angaben wären insbesondere deshalb erforderlich gewesen, weil zwischen der Tat und der Ausreise der Kläger rund neun Jahre liegen, wobei für die Ausreise nach Angaben der Kläger das Scheitern der Vermittlungsbemühungen maßgeblich gewesen sein soll. Ungeachtet dessen beschränkt sich der Verfasser auf die pauschale Feststellung, dass nach Ansicht des Ausschusses eine Bedrohung für das Leben der Kläger und der gesamten Großfamilie bestehe. Darüber hinaus enthält sie allgemeine Ausführungen zu der nach Auffassung des Versöhnungskomitees fehlenden Schutzfähigkeit der albanischen Polizei und zu anderen Blutrachekonflikten.
125Überdies darf nicht außer Betracht bleiben, dass nach den der Kammer vorliegenden Erkenntnismitteln gerade auch im Zusammenhang mit Blutrachefehden vielfach unechte Dokumente oder echte Dokumente unwahren Inhalts ausgestellt werden.
126Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG vom 16. August 2016 (Stand: Mai 2016), Seite 14.
127Die Seriosität von Bescheinigungen des Nationalen Versöhnungskomitees (Komiteti i Pajtimit Mbarëkombëtar, Comitee of Nationwide Reconciliation) ist ernsthaft in Frage gestellt, seitdem der Vorsitzende O3. Q2. und drei weitere Personen am 18. Februar 2014 wegen des Verdachts der Korruption und Fälschung von Dokumenten festgenommen wurden.
128Vgl. hierzu Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Albanien - Blutrache, April 2014, Seite 13 f. m.w.N., Seite 15 f. m.w.N.
129Daran gemessen ist die von den Klägern vorgelegte Bescheinigung zur Glaubhaftmachung des Bestehens einer Blutrachefehde ungeeignet.
130Vgl. zu anderen Fällen der Blutrache VG München, Beschluss vom 18.11.2015 – M 2 S 15.31508 –, juris Rn. 26.
131Zur Ablehnung der Kammer, eine Bescheinigung des Bundesvorsitzenden des Nationalen Versöhnungskomitees, H2. N1. , als Beweismittel in das Verfahren einzuführen, ist ergänzend anzumerken: Der entsprechende Beweisantrag ist unsubstantiiert und daher auch deswegen abzulehnen, weil nicht dargetan worden ist, wie der Bundesvorsitzende zu seinem Wissen über die Familie der Kläger gekommen ist.
132Vgl. zur Ablehnung eines Beweisantrags bei mangelnder Konnexität zwischen Beweisziel und Beweismittel BGH, Beschluss vom 08.07.2014 – 3 StR 240/14 –, juris Rn. 6; Beschluss vom 04.12.2012 – 4 StR 372/12 –, juris Rn. 10 m.w.N.; Frister, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, Band IV: §§ 198 - 246 StPO, 5. Auflage 2015, § 244 Rn. 55 ff. m.w.N.; Meyer-Goßner, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage 2016, § 244 Rn. 21a m.w.N.
133Dass die Kläger oder die übrigen Angehörigen der Familie T. jemals Kontakt mit Herrn H2. N1. hatten, ist ihrem gesamten Vorbringen nicht zu entnehmen. Es spricht auch nichts dafür, dass er persönlich Vermittlungsbemühungen in dem konkreten Fall unternommen hat. Denn dann wäre fraglich, warum eine Bescheinigung nicht von ihm, sondern von der Abteilung in E1. ausgestellt worden ist.
134Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der (sachverständige) Zeuge, soweit bekannt, in keinem der mittlerweile abgeschlossenen Klageverfahren von Angehörigen der Familie T. vor dem Verwaltungsgericht E. auch nur erwähnt worden ist. Der - immerhin denkbare - Einwand, dass die Notwendigkeit zur Benennung dieses Zeugen, der eigens aus Albanien anreisen muss, bzw. zur Vorlage einer von ihm ausgestellten Bescheinigung in diesen Klageverfahren nicht erkennbar gewesen sei, erwiese sich als nicht tragfähig. Wenn jemand sein Heimatland aus begründeter Furcht verlassen hat - und die Angehörigen der Familie T. behaupten dies durchweg -, wird er alles daransetzen, dies fundiert darzutun. Er wird insbesondere hinsichtlich in Betracht kommender Beweismittel nicht taktieren, sondern vielmehr alle verfügbaren Beweismittel vorlegen.
135Für die Bescheinigung des H2. N1. , die die Kläger als Beweismittel in das Verfahren einführen wollten, gilt Entsprechendes. Hinzu kommt jedoch, dass weder dem Prozessbevollmächtigten der Kläger noch - schon gar nicht - diesen selbst bekannt war, was Inhalt der in albanischer Sprache vorgelegten Bescheinigung ist. Für die Übersetzung von Schriftstücken, deren Relevanz für den konkreten Fall nicht dargetan ist, bietet das im Verwaltungsprozess geltende Beweiserhebungsrecht keinen Raum. Es darf auch nicht die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 02. August 2011 an das Bundesamt außer Betracht bleiben. Darin hat das Auswärtige Amt zwar den Stellenwert des Nationalen Versöhnungskomitees bestätigt, zugleich aber darauf hingewiesen hat, es sei nicht auszuschließen, dass einzelne Familien versuchen würden, gezielt Druck auf den Vorsitzenden oder weitere Mitglieder auszuüben, um eine für sie günstige Stellungnahme zu erwirken. Das Auswärtige Amt hat demgemäß erklärt, keine abschließende Garantie für die Objektivität der Einschätzung geben zu können.
136(4) Die Tötung des O1. Q2. am 11. März 2013 sagt ebenfalls nichts über eine Gefährdung der Kläger durch die Familie N. aus. O1. Q2. wurde zunächst beschuldigt, an dem Attentat auf H1. N. und H. C. /O. im Jahre 2003 beteiligt gewesen zu sein, wurde aber später freigesprochen. Die Schlussfolgerung der Kläger, dass die Tötung des O1. Q2. ihre eigene Gefährdung auch lange nach der Tat belege, teilt die Kammer nicht. Denn die Hintergründe der Tat sind unklar. Es steht noch nicht einmal fest, ob es einen Zusammenhang mit der vermeintlichen Tatbeteiligung zehn Jahre zuvor gibt. Dagegen spricht, dass O1. Q2. von dem Vorwurf der Tatbeteiligung freigesprochen worden ist. Dieser Umstand schließt zwar nicht aus, dass die Familien der Opfer eine andere Auffassung hinsichtlich einer Tatbeteiligung des O1. Q2. haben. Indes ist das nicht mehr als bloße Spekulation.
137(5) Dass sich die Witwe von H1. N. unversöhnlich gezeigt und eine Entschuldigung brüsk zurückgewiesen haben soll, stellt ebensowenig ein Indiz dafür dar, dass den Klägern Blutrache drohen könnte. Denn die fehlende Bereitschaft zur Versöhnung lässt ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte nicht darauf schließen, dass die Witwe auch zu einem aktiven Vorgehen gegen die Kläger bereit wäre oder dies sogar schon unternommen hätte.
138(6) Auch die im Verfahren der Q. T. vorgelegten Zeitungsberichte geben allesamt nichts dafür her, dass die Familie der Kläger in Gefahr ist. Sie beziehen sich hauptsächlich auf die Tötung des H1. N. durch B. T. und seine deswegen in die Wege geleitete strafrechtliche Verfolgung. Warum die vom Prozessbevollmächtigten geforderte professionelle Übersetzung der Artikel von Belang gewesen sein soll, erschließt sich vor diesem Hintergrund nicht. Die vorhandenen Übersetzungen sind ausreichend, den Inhalt verständig zur Kenntnis zu nehmen.
139bb) Ungeachtet dessen ist die Zuerkennung subsidiären Schutzes auch gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 3c Nr. 3, 3d AsylG ausgeschlossen. Die Kläger sind wegen der ihnen (angeblich) drohenden Gefährdung an die Sicherheitsbehörden ihres Heimatlandes zu verweisen. Nach dem Wortlaut des § 3c Nr. 3 AsylG („erwiesenermaßen“) muss feststehen, dass der albanische Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, vor befürchteten Übergriffen nichtstaatlicher Akteure Schutz zu bieten bzw. dagegen einzuschreiten oder solchen vorzubeugen (§ 4 Abs. 3, § 3c Nr. 3, § 3d Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AsylG). Den Antragsteller trifft insoweit die Darlegungslast, d.h. er muss konkrete Tatsachen und Umstände bezeichnen, aus denen sich ergibt, dass er sich erfolglos um Schutz bei staatlichen oder quasistaatlichen Stellen bemüht hat. Er muss die persönlichen Umstände, Verhältnisse, Erlebnisse mit Blick auf das Schutzbegehren schlüssig und hinsichtlich Ort und Zeit detailliert und vollständig darlegen.
140Vgl. VG Aachen, Urteil vom 30.01.2012 – 6 K 812/11.A –, juris Rn. 47; Marx, AsylVfG, 8. Auflage 2014, § 4 Rn. 35; Treiber, in: GK-AufenthG, § 60 Rn. 141 (Stand: April 2011).
141Gemessen daran lässt sich nicht feststellen, dass ein Schutzersuchen an die albanische Polizei von vornherein aussichtslos wäre.
142Vgl. ebenso Saarl.OVG, Beschluss vom 18.12.2015 – 2 A 128/15 –, juris Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 23.02.2015 - 11 A 334/14.A -, juris Rn. 8 ff.; VG München, Beschluss vom 02.08.2016 – M 15 S 16.31763 –, juris Rn. 16; VG Trier, Urteil vom 02.05.2016 – 6 K 349/16.A –, juris; VG Schwerin, Urteil vom 29.03.2016 – 5 A 2716/15 As SN –, juris Rn. 21 ff.; VG E. , Beschluss vom 30.10.2015 – 17 L 3499/15.A –, juris Rn. 21; VG E. , Urteil vom 12.03.2015 - 6 K 8197/14.A -, juris Rn. 64 ff.; VG Osnabrück, Urteil vom 31.08.2015 – 5 A 94/15 –, juris; a.A. VG Bremen, Urteil vom 11.08.2016 – 5 K 1170/16 –, juris Rn. 22; VG Braunschweig, Urteil vom 21.04.2016 – 6 A 53/15 –, juris; VG Magdeburg, Urteil vom 22.09.2015 – 3 A 179/14 MD –, juris.
143Im Juni 2014 wurde Albanien der Status des Beitrittskandidaten zur Europäischen Union verliehen. Die Entscheidung des Europäischen Rats war Anerkennung der von Albanien unternommenen Reformmaßnahmen und gleichzeitig eine Ermutigung, notwendige Reformen weiter voranzutreiben. Aus den sich auf den Zeitraum Oktober 2013 bis September 2014 beziehenden Fortschrittsberichten der EU-Kommission ergibt sich, dass Albanien, auch wenn in vielen Bereichen noch Mängel festzustellen sind, u. a. Reformmaßnahmen im Bereich der Justiz und der öffentlichen Verwaltung umgesetzt und Fortschritte im Kampf gegen die Korruption und die organisierte Kriminalität erreicht hat. Denn der albanische Staat hat Reformwillen nicht nur gezeigt, sondern auch Reformen, gerade im Bereich der Justiz und Verwaltung, nachweisbar auf den Weg gebracht.
144Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 11 A 334/14.A -, juris m.w.N; BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 17 ff.; Home Office, Country Information an Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, Seite 6.
145Diese Anstrengungen erstrecken sich nicht zuletzt unter dem Eindruck gestiegener Asylbewerberzahlen in Europa auch auf das Phänomen der Blutrache, die der albanische Staat verstärkt bekämpft. Der albanische Staat hat spezielle Rechtsvorschriften erlassen bzw. auf den Weg gebracht. So wurde im Zuge der Novellierung des albanischen Strafgesetzbuchs im Jahre 2012 die vorsätzliche Tötung im Kontext mit Blutrache oder Blutfehde mit nunmehr nicht weniger als dreißig Jahren Freiheitsstrafe pönalisiert (Art. 78a). Schon die Androhung von Blutrache wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft (Art. 83a).
146Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Albanien – Blutrache, April 2014, Seite 18; Bundesasylamt der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Albanien, August 2013.
147Zuletzt hat der Rechtsausschluss des albanischen Parlaments im Februar 2015 eine Gesetzesvorlage zur Bekämpfung der Blutrache beschlossen und dem Parlament vorgelegt. Demnach fordert das Parlament die Ermittlungsbehörden zu einer Zusammenarbeit mit der Staatspolizei und zur Untersuchung sämtlicher Blutrachefälle auf.
148Vgl. http://top-channel.tv/english/artikull.php?id=13671 - "Albania drafts resolution on prevention of blood feud" (Zugriff am 30. August 2016).
149Die Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen haben sich in ihrer Wirksamkeit verbessert. Gerade in Städten Nordalbaniens (T4. , M1. , L3. ) findet eine aktive Arbeit der Ermittlungsbehörden gegen Blutrache statt. Die Regierung hat die Ermittlungsbehörden zur Strafverfolgung von Blutrachefällen angewiesen, so dass im Jahre 2014 eine Reihe von Tätern angeklagt wurde.
150Vgl. Home Office, Country Information and Guidance - Albania: Blood feuds, 2014, Seite 6.
151Seitens des Ombudsmannes (People´s Advocate) wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, staatliche Institutionen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Auf sein Bestreben wurde eine Task-Force für die Verfolgung und Untersuchung von Fällen eingerichtet, in denen die Behörden nicht ausreichend eingegriffen hatten.
152Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Albanien - Blutrache, April 2014, Seite 18.
153Die Kammer verkennt nicht, dass die Schweizerische Flüchtlingshilfe in ihrer Auskunft vom 13. Juli 2016 die Maßnahmen der albanischen Regierung für unzureichend erachtet hat (vgl. Seite 7 f.). Ob dem ungeachtet der oben beschriebenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Blutrache gefolgt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn jedenfalls im vorliegenden Einzelfall können sich die Kläger nicht auf diesen Standpunkt zurückziehen. Denn konkrete Tatsachen und Umstände, aus denen sich ergibt, dass sie sich erfolglos um Schutz bei staatlichen oder quasistaatlichen Stellen bemüht haben, sind nicht dargetan. Solche Bemühungen sind auch dann zu erwarten, wenn Personen unmittelbar in die Blutrache involviert sind, die bei der Polizei beschäftigt sind. Denn es kann nicht ohne Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte angenommen werden, dass auch andere Polizisten bereit wären, allein wegen der Beteiligung eines Kollegen Unrecht geschehen zu lassen. Dass die Kläger tatsächlich sich bemüht haben, Schutz zu erlangen, ist nicht klar. So ist im Asylverfahren lediglich vorgetragen worden, der Kläger zu 1) habe mehrfach bei der Polizei angerufen, woraufhin aber nichts geschehen sei. "Mehrfache" Anrufe - zeitlich nicht näher eingegrenzt - für einen Zeitraum von über neun Jahren ist arg wenig. Jedenfalls haben die Kläger offenbar die Möglichkeit nicht genutzt, sich mit einer Beschwerde an den zur Untersuchung von Missständen bei der Polizei eingerichteten Ombudsmann einzuschalten oder sich an die Sonderabteilung des albanischen Generaldirektorats für Blutrachefälle zu wenden.
154Vgl. VG Schwerin, Urteil vom 29.03.2016 - 5 A 2716/15 As SN -, juris; VG Berlin, Beschluss vom 21.10.2015 - 33 L 300.15 A -, juris Rn. 16.
155cc) Außerdem hätten die Antragsteller bei einer Rückkehr nach Albanien auch die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen, wenn sie an ihrem Herkunftsort weitere Übergriffe befürchten.
156Vgl. VG München, Beschluss vom 27.11.2015 – M 5 S 15.31551 –, juris Rn. 17; VG E. , Beschluss vom 14.10.2015 – 17 L 3111/15.A – juris Rn. 20; VG E. , Urteil vom 12.03.2015 – 6 K 8197/14.A – juris Rn. 63; VG Oldenburg, Urteil vom 10.04.2015 – 5 A 1688/14 – juris.
157Eine Übersiedlung in andere Teile des Landes unterliegt keinen rechtlichen Einschränkungen.
158Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG vom 16. August 2016 (Stand: Mai 2016), Seite 11.
159Die Antragsteller können jedenfalls durch Verlegung ihres Wohnsitzes in die Hauptstadt Tirana oder andere urbane Zentren in Albanien, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden.
160Vgl. VG München, Beschluss vom 27.11.2015 – M 5 S 15.31551 –, juris Rn. 17.
161Soweit die Schweizerische Flüchtlingshilfe in ihrer Auskunft vom 13. Juli 2016 auch eine inländische Fluchtalternative in Frage stellt, rechtfertigt das keine abweichende Einschätzung. Die Kläger sind nach eigenen Angaben wirtschaftlich gut gestellt. So besitzt die Familie zwei Gebäudekomplexe in Albanien und hat von ihrer Arbeit in der Landwirtschaft gut gelebt. Folglich dürfte ihnen der Erwerb von Grund und Boden auch (oder stattdessen) in einem anderen Landesteil möglich sein. Sie sind auch nicht darauf angewiesen, etwa in U1. in einen Stadtteil zu ziehen, in dem bereits andere Personen aus ihrem Dorf oder Clan leben.
162Vgl. zu dieser Erwägung Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft der SFH-Länderanalyse, Albanien: Blutrache, 13. Juli 2016, Seite 9.
163Der Umstand, dass die Kläger in Deutschland Leistungen nach dem AsylbLG beziehen, heißt nicht, dass sie auch in Albanien von staatlicher Hilfeleistung abhängig wären.
164Soweit das Auswärtige Amt in seinem jüngsten Lagebericht vom 16. August 2016 (Stand: Mai 2016), Seite 11, davon spricht, die Flucht an einen anderen Ort im Inland biete wenig Schutz, ist in den Blick zu nehmen, dass diese Aussage für den Fall hartnäckiger Verfolgung getroffen worden ist, von der hier nun wahrlich nicht die Rede sein kann.
165c) Es liegen auch keine nationalen Abschiebungsverbote vor.
166aa) Für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG, wonach ein Ausländer nicht abgeschoben werden darf, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist, liegen keine Anhaltspunkte vor.
167bb) Es besteht auch kein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wonach von der Abschiebung abgesehen werden soll, wenn diese für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bedeuten würde. Dabei erfasst diese Bestimmung nur solche Gefahren, die dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen. Eine solche Gefahr ist bei den Klägern zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) nicht gegeben.
168Damit liegen auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung vor, §§ 34, 38 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG.
169Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt; - 2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt; - 3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein; - 4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann; - 5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht; - 6.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt; - 2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat; - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war; - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Das Urteil kann nur von den Richtern und ehrenamtlichen Richtern gefällt werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.
(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.