Sozialgericht Ulm Urteil, 19. Jan. 2017 - S 13 R 1604/16

bei uns veröffentlicht am19.01.2017

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) für die Beschäftigung des Klägers ab 01.10.2015 in der Funktion als Manager Auditing.
Der 0000 geborene Kläger studierte Pharmazie. Ihm wurde die Approbation als Apotheker erteilt.
Zunächst arbeitete der Kläger ab 16.07.2001 als Pharmaziepraktikant und ist ab diesem Zeitpunkt Pflichtmitglied der B. Apothekerversorgung und jedenfalls seit 01.05.2013 auch der Landesapothekerkammer B.-W..
Seit 01.05.2013 ist der Kläger bei der Beigeladenen, einem forschenden und produzierenden pharmazeutischen Unternehmen, versicherungspflichtig beschäftigt, zunächst als Compliance Expert. Auf seinen Antrag wurde der Kläger mit Bescheid vom 22.08.2013 ab 01.05.2013 als „Apotheker (Compliance Expert)“ von der Versicherungspflicht zur GRV befreit. Zugleich stellte die Beklagte im Bescheid fest, dass die Befreiung für die oben genannte Beschäftigung / Tätigkeit gelte, solange hierfür eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer bestehe und solange Versorgungsabgaben bzw. Beiträge in gleicher Höhe geleistet würden, wie ohne die Befreiung zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen wären. Zudem wies die Beklagte darauf hin, dass die Befreiung auf die jeweilige Tätigkeit beschränkt sei.
Zum 01.10.2015 wurde der Kläger versetzt. Nach der Stellenbeschreibung ist er seither als Manager Auditing beschäftigt. Die Tätigkeit umfasst u.a. das Betreuen von Behördeninspektionen und Kundenaudits und die Organisation und Durchführung von internen Audits. Die erforderliche Ausbildung erfordert einen Diplom, Master oder Bachelor in Biopharmazie, Biochemie oder Chemie.
Am 12.10.2015 beantragte der Kläger bei der B. Apothekerversorgung seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für die Zeit ab 01.10.2015, gab an, als Apotheker / Manager Auditing berufsspezifisch beschäftigt zu sein und legte die Stellenbeschreibung, das Jobprofil und eine Stellungnahme der Landesapothekerkammer B.-W. vom 09.10.2015 vor, die ausführte, bei der Tätigkeit des Klägers handele es sich um eine apothekerliche Tätigkeit. Zum Antrag bestätigte die B. Apothekerversorgung am 19.10.2015 die Pflichtmitgliedschaft. Der Antrag ging am 21.10.2015 bei der Beklagten ein.
Mit Bescheid vom 20.11.2015 lehnte die Beklagte den Befreiungsantrag für die Beschäftigung als Manager Auditing ab 01.10.2015 ab mit der Begründung, bei der Beschäftigung handele es sich nicht um eine berufsspezifische Tätigkeit als Apotheker. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV setze einen inneren Zusammenhang zwischen der Tätigkeit, für die eine Befreiung begehrt werde, und dem Versicherungsschutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung voraus; dieser innere Zusammenhang werde durch das Merkmal „berufsspezifisch“ gewährleistet. Für eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV reiche es daher nicht, dass die Antragsteller Pflichtmitglieder in der berufsständischen Kammer und der Versorgungseinrichtung seien; vielmehr müssten sie auch eine dem Kammerberuf entsprechende berufsspezifische - vorliegend pharmazeutische - Tätigkeit ausüben. Die Tätigkeit des Klägers entspreche insoweit nicht dem in der Bundes-Apothekerordnung (BApO) niedergelegten Berufsbild von Apothekern. Zudem sei die Approbation nicht unabdingbare Zugangsvoraussetzung. Ausweislich der Stellenbeschreibung sei ein Studium der Biochemie bzw. Chemie gleichfalls eine mögliche Qualifikation.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, er übe eine pharmazeutische Tätigkeit aus. Denn die Tätigkeit bei internen Audits entspreche der im Arzneimittelgesetz aufgeführten Selbstinspektion und somit der Überprüfung des gesamten Qualitätssystems. Hierzu sei fundiertes Wissen aus der pharmazeutischen Ausbildung erforderlich. Durch die Tätigkeit werde die ordnungsgemäße Versorgung gewährleistet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine befreiungsfähige Apothekertätigkeit sei nur zu bejahen, wenn die Tätigkeit objektiv zwingend die Approbation als Apotheker voraussetze und gleichzeitig dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Apothekers entspreche. Dies sei bei der Tätigkeit als Manager Auditing im Funktionsbereich Biopharmazeutika nicht der Fall, da die Approbation als Apotheker nicht zwingende Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit sei. Zudem stelle keine der im Stellenprofil angegebenen Aufgaben eine berufsspezifische Tätigkeit dar. Allein die fortbestehende Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer reiche nicht aus. Denn der Tätigkeitsbezug werde in der GRV wesentlich enger ausgelegt als im Kammerrecht.
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Hiergegen hat der Kläger am 23.05.2016 Klage erhoben. Er führt aus, er sei als Apotheker bei der Beigeladenen im Bereich der Qualitätssicherung der Arzneimittelherstellung im Hinblick auf die Einhaltung der Guten Herstellungspraxis (GMP) tätig. Schwerpunktmäßig umfasse das Tätigkeitsfeld die Sicherstellung der GMP-gerechten Arzneimittelherstellung (durch Vorbereitung und erfolgreiche Durchführung der Inspektionen/Audits als Haupteskorte oder Notiznehmer; durch Koordinierung der Nachverfolgung von korrektiven und präventiven Maßnahmen; durch Erstellung eines jährlichen Audits; durch Vorbereitung und Durchführung von internen Audits entsprechend des jährlichen Audits Programms und durch Bewertung der GMP Übereinstimmung). Die Anforderungen an diese Position setzten umfangreiche pharmazeutische Kenntnisse voraus. Die pharmazeutische Hochschulausbildung und die Approbation als Apotheker seien darum für die Ausübung der Tätigkeit erforderlich. Die Beklagte habe ihn in der zuvor ausgeübten Tätigkeit als Compliance Expert befreit. In dieser Funktion sei er auch für Audits und Inspektionen zuständig gewesen. Das neue Arbeitsfeld umfasse im Wesentlichen dieselben Tätigkeiten wie zuvor. Er habe lediglich mehr Verantwortung im Bereich der Audits und Inspektionen übernommen und die Verantwortung für das Funktionieren des Compliance-Systeme abgegeben. Es liege deshalb schon keine wesentliche Änderung der Tätigkeit vor, weshalb die erteilte Befreiung fortwirke. Schließlich gehöre zu seinen Aufgaben auch die Ausbildung von Pharmaziepraktikanten. Hierzu hat der Kläger die Bescheinigung der Beigeladenen vom 25.10.2016 vorgelegt, nach der der Kläger für die Ausbildung von Pharmaziepraktikanten mitverantwortlich sei. Aus diesem Grund seien zur Ausübung der Tätigkeit ein abgeschlossenes Pharmaziestudium und die Approbation als Apotheker unabdingbare Voraussetzung.
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Der Kläger beantragt (zum Teil sinngemäß),
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den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.04.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger für seine Tätigkeit als Manager Auditing bei der Beigeladenen ab 01.10.2015 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hält ihre Entscheidung für rechtmäßig. Aus den vorgelegten Unterlagen sei nicht erkennbar, dass die neue Tätigkeit als Manager Auditing dieselben Aufgaben beinhalte wie die vorige Tätigkeit. Die Tätigkeit könne auch von einem Chemiker oder Biologen ausgeübt werden. Eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit liege damit nicht vor.
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Mit Beschluss vom 01.06.2016 hat das Gericht die Arbeitgeberin des Klägers beigeladen. Diese hat keinen Antrag gestellt.
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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Klage, über die die Kammer gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.04.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger ist in seiner Tätigkeit als Manager Auditing bei der Beigeladenen ab 01.10.2015 nicht von der Versicherungspflicht in der GRV zu befreien.
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Gegenstand der Klage ist das zulässigerweise mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23.11.2005 – B 12 RA 15/04 R –, SozR 4-2600 § 2 Nr 5; BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 8/10 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 8) geltend zu machende Begehren, von der Versicherungspflicht in der GRV befreit zu werden, da über die Befreiung von der Beklagten durch Verwaltungsakt entschieden werden muss. Insofern ist der bislang vom Kläger im Sinne einer Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Antrag sinngemäß ausgelegt worden.
21 
Von der Versicherungspflicht werden gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - GRV - (SGB VI) befreit Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich Kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
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a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
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b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
24 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
25 
Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, nachdem in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Die Befreiung ist gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.
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Nach der Rechtsprechung des BSG ist Anknüpfungspunkt einer Befreiung allein die „jeweilige“ Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit; aus dem Tätigkeitsbezug der Befreiung ergibt sich daher eine auf die jeweilige Tätigkeit beschränkte Wirkung der Befreiung. Bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung wird der ursprüngliche Befreiungsbescheid somit gegenstandslos (BSG, Urteile vom 31.10.2012 –, z.B. B 12 R 3/11 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 9 und B 12 R 8/10 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 8).
27 
Der Kläger kann keine Rechte mehr aus dem letzten Befreiungsbescheid vom 22.08.2013 herleiten. Denn die Tätigkeit hat sich wesentlich geändert und entspricht nicht mehr der letzten Tätigkeit. Dies ergibt sich schon aus den Stellenprofilen der beiden Tätigkeiten und den eigenen Angaben des Klägers. Während der Schwerpunkt der letzten Tätigkeit auf der Zuständigkeit für Compliance-Systeme gelegen hat, ist dieser Tätigkeitsbereich nunmehr weggefallen. Inwiefern deshalb noch von einer im Wesentlichen nicht geänderten Tätigkeit ausgegangen werden soll, erschließt sich der Kammer nicht.
28 
Die Tatsache, dass der Kläger als Pflichtmitglied bei der Landesapothekerkammer und der B. Apothekerversorgung geführt wird, ist ebenfalls nicht entscheidend. Denn die von der Versorgungseinrichtung vorgenommene Bewertung bindet weder den Rentenversicherungsträger noch die Gerichte (LSG Baden-Württemberg (LSG BW), Urteil vom 23.01.2013 – L 5 R 4971/10 –, juris m.w.N. ). Dies ergibt sich vorliegend schon daraus, dass der Kläger nicht „wegen“ seiner Beschäftigung - wie dies § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI fordert - Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer ist. Ob der Kläger wegen seiner Beschäftigung Pflichtmitglied ist, ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen (BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 9).
29 
Vorliegend richtet sich die Frage der Pflichtmitgliedschaft bei Landesapothekerkammer und in der Folge auch der B. Apothekerversorgung nicht nach der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, sondern allein nach der Approbation. Denn nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 des Baden-Württembergischen Gesetzes über das Berufsrecht und die Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Heilberufe-Kammergesetz) sowie § 3 der Hauptsatzung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg sind Kammermitglieder alle Apothekerinnen und Apotheker, die bestallt oder approbiert sind oder eine Erlaubnis zur Ausübung des Apothekerberufs besitzen, und die im Land ihren Beruf ausüben oder, falls sie ihren Beruf nicht ausüben, im Land ihren Wohnsitz haben. Ausreichend sind danach also schon die Approbation und der Wohnsitz in Baden-Württemberg; eine Berufsausübung ist nicht entscheidend.
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Dementsprechend werden Pflichtmitglieder der B. Apothekerversorgung nach Art. 1 des Staatsvertrages zwischen dem Freistaat Bayern und dem Land Baden-Württemberg über die Zugehörigkeit der Apotheker und Pharmaziepraktikanten des Landes Baden-Württemberg zur Bayerischen Apothekerversorgung vom 07.08.1978 (GBl für Baden-Württemberg 1978, Seite 307) i.V.m. § 15 Abs. 2 der Satzung der Bayerischen Apothekerversorgung alle nicht berufsunfähigen Pflichtmitglieder und Pharmaziepraktikanten der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg. Damit wird Pflichtmitglied bei der Bayerischen Apothekerversorgung allein schon, wer - wie der Kläger - Pflichtmitglied der Landesapothekerkammer und nicht berufsunfähig ist. Zur Pflichtmitgliedschaft bei der Landesapothekerkammer wiederum ist - siehe oben - die Berufsausübung nicht entscheidend.
31 
Somit ist der Kläger zwar Pflichtmitglied der Landesapothekerkammer und der B. Apothekerversorgung. Diese Mitgliedschaft wird allerdings nicht wegen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen begründet. Bei einer eng am Wortlaut orientierten Auslegung müsste damit auch schon die grundsätzliche Befreiungsmöglichkeit des Klägers verneint werden, da ihre Pflichtmitgliedschaft nicht „wegen“ der Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI begründet wird. Allerdings fordert die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zwingend ein den Gegebenheiten des Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung. Deshalb ist im vorliegenden Zusammenhang unter „derselben Beschäftigung“ im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI die „von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit“ zu verstehen (BSG, Urteil vom 03.04.2014 – B 5 RE 13/14 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 12; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 19.07.2016 – 1 BvR 2584/14 –, juris). Maßgeblich für die Frage der Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist nämlich der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (GRV und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der „Beschäftigung“, die § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst (BSG a.a.O.).
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Entscheidend für die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV bleibt daher die Frage, ob die Erwerbstätigkeit des Klägers dem „Berufsfeld“ (BSG a.a.O.) des Apothekers zugeordnet werden kann.
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Das Berufsfeld der Apotheker wird durch die BApO definiert. Der Apotheker ist gemäß § 1 Satz 1 BApO berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen. Wer den Apothekerberuf ausüben will, bedarf der Approbation als Apotheker, § 2 Abs. 1 BApO (in der ab 23.04.2016 geltenden Fassung durch das EURL55/2013UmsG, BGBl I 2016, 886). Ausübung des Apothekerberufs ist gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 BApO die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“. Pharmazeutische Tätigkeiten umfassen gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 BApO insbesondere:
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1. Herstellung der Darreichungsform von Arzneimitteln,
2. Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln,
3. Arzneimittelprüfung in einem Laboratorium für die Prüfung von Arzneimitteln,
4. Lagerung, Qualitätserhaltung und Abgabe von Arzneimitteln auf der Großhandelsstufe,
5. Bevorratung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Verteilung und Verkauf von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in der Öffentlichkeit zugänglichen Apotheken,
6. Herstellung, Prüfung, Lagerung und Verkauf von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in Krankenhäusern,
7. Information und Beratung über Arzneimittel als solche, einschließlich ihrer angemessenen Verwendung,
8. Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen an die zuständigen Behörden,
9. personalisierte Unterstützung von Patienten bei Selbstmedikation,
10. Beiträge zu örtlichen oder landesweiten gesundheitsbezogenen Kampagnen.
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Vor der Neufassung des § 2 BApO lautete der maßgebliche Absatz 3 des § 2 BApO seit mindestens 1982 wie folgt: Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“.
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§ 2 Abs. 3 Satz 1 BApO erfordert (in beiden Fassungen) nicht nur eine pharmazeutische Tätigkeit, sondern diese auch unter der Berufsbezeichnung als Apotheker oder Apothekerin. Der Kläger übt seine Tätigkeit zwar nicht unter der Berufsbezeichnung als Apotheker aus. Bei einer wiederum eng am Wortlaut orientierten Auslegung wäre die Klage deshalb wiederum unbegründet.
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Lässt man die Ausübung einer Tätigkeit - gerade in der pharmazeutischen Industrie - auch unter einer anderen Berufsbezeichnung zu, ist nach Ansicht der Kammer aber zwingend zu fordern, dass die Tätigkeit die Approbation als Apotheker oder Apothekerin, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Apotheker oder Apothekerin führen zu dürfen, erfordert. Denn nur so wird die Verknüpfung der pharmazeutischen Tätigkeit mit der Berufsbezeichnung, die § 2 Abs. 3 BApO fordert, umgesetzt. Nicht ausreichend ist deshalb, dass es für den approbierten Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt (LSG BW, Urteil vom 23.01.2009 – L 4 R 738/06 –, juris ). Das Tätigkeitsfeld muss gerade zum wesentlichen Kernbereich der pharmazeutischen Tätigkeit gehören und darf nicht nur Randbereiche davon berühren. Es genügt daher nicht, dass der Kläger bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat (LSG BW a.a.O.). Demzufolge scheidet eine Befreiung aus, wenn die Ausbildung keinen spezifischen Bezug zur Beschäftigung hat, sondern austauschbar ist (LSG BW, Urteil vom 01.03.2011 – L 11 R 4872/09 –, juris , nachgehend BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 9 und in der Folge LSG BW, Urteil vom 20.01.2015 – L 11 R 1710/13 ZVW –, BeckRS 2015, 71734).
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An diesem Ergebnis ändert das Urteil des BSG vom 31.10.2012 (– B 12 R 3/11 R –, a.a.O.) nichts. Zwar hat das BSG das Urteil des LSG BW vom 01.03.2011 (– L 11 R 4872/09 – , a.a.O.) zum Teil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, allerdings nur deshalb, da zusätzlich die Prüfung der Befreiung unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Treu und Glauben sowie dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch für erforderlich gehalten wurde. Mit dem materiellen Inhalt der Entscheidung des LSG hat sich das BSG deshalb nur am Rande auseinandergesetzt. Es hat insofern lediglich anklingen lassen, dass es entgegen den Erwägungen des LSG nicht von vornherein ausgeschlossen sei, dass der Pharmareferent auf einen entsprechenden Antrag hin für die von ihm ausgeübte Beschäftigung zu befreien gewesen wäre, wenn er aufgrund landesrechtlicher Regelungen wegen dieser Beschäftigung Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer gewesen sei. Allerdings führt dieser Hinweis für approbierte Apotheker in Baden-Württemberg ins Leere, da landesrechtlich die Pflichtmitgliedschaft dieser Berufsgruppe nicht zwingend an die Erwerbstätigkeit geknüpft ist (siehe oben).
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Auch hat das LSG BW in der Folge seine Rechtsauffassung - jedenfalls noch - nicht aufgegeben (a.A. Sozialgericht Berlin, Urteil vom 25.01.2016 – S 10 R 3345/14 –, juris). Denn das LSG BW hat im anschließenden Urteil ausgeführt, der Pharmaberater habe ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der ihm ursprünglich erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV. Damit hat das LSG BW allein die Gesichtspunkte von Treu und Glauben geprüft - die vorliegend bei dem Kläger nicht in Betracht kommen - und diese bejaht, weshalb es inhaltlich in den Entscheidungsgründen keine Stellung mehr zu den materiellen Voraussetzungen einer Befreiung genommen hat (LSG BW, Urteil vom 20.01.2015 – L 11 R 1710/13 ZVW –, a.a.O.). Daraus kann deshalb nicht auf die Aufgabe der Rechtsprechung geschlossen werden. Im Übrigen ist auch das Urteil des LSG BW vom 23.01.2009 (– L 4 R 738/06 –, a.a.O.) rechtskräftig.
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Allein die Anwendung oder Mitverwendung von berufsspezifischem Wissen hat zwar dem LSG Hamburg ausgereicht, um eine Medizinjournalistin und approbierte Ärztin von der Rentenversicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung zu befreien. Dieses Urteil hatte revisionsrechtlich Bestand, da die Auslegung des Landesrechts im Rahmen der Frage, wie der Begriff der ärztlichen Tätigkeit zu verstehen ist, bindend und jedenfalls nicht willkürlich gewesen ist (BSG, Urteil vom 10.03.2011 – B 3 KS 2/10 R –, SozR 4-5425 § 4 Nr 1). Eine Schlussfolgerung für andere Fälle und andere landesrechtliche Regelungen kann damit aus dem Urteil nicht gezogen werden.
41 
Ebenso hat das BSG in der Entscheidung zur Syndikusanwältin (Urteil vom 03.04.2014 – B 5 RE 13/14 R –, a.a.O.) auf formale Aspekte abgestellt. Denn unabhängig davon, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich Elemente der zu beurteilenden Tätigkeit oder mögliche Sachbezüge zum streitigen Berufsbild aufweist, ist gerade die Form der Ausübung - bei Syndikusanwälten die Gestalt einer dem Anwaltsberuf wesensfremden abhängigen Beschäftigung - entscheidend gewesen. Deshalb wird kein Widerspruch zu höchstrichterlichen Entscheidungen gesehen, wenn vorliegend ebenfalls auf formale Aspekte abgestellt wird.
42 
Der in der Rechtsprechung der Instanzgerichte im Übrigen vertretenen gegenteiligen Ansicht (u.a. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 28.04.2016 – L 1 KR 347/15 –, juris , Revision anhängig unter B 5 RE 5/16 R) wird nicht gefolgt. Schon die landesrechtlichen Regelungen unterscheiden sich nämlich. Konkret sehen z.B. die hessischen Regelungen eine Pflichtmitgliedschaft in der Landesapothekerkammer nur bei Ausübung des Berufs vor. Wer seinen Beruf nicht ausübt, wird lediglich - im Unterschied zu den Regelungen in Baden-Württemberg (siehe oben) - freiwilliges Mitglied.
43 
Hinzu kommt, dass sich die Forderung einer nicht austauschbaren Ausbildung und damit letztlich einer approbationspflichtigen Tätigkeit aus dem klaren Wortlaut und der damit verbundenen Auslegung des § 2 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BApO ergibt. Zwar ist die Aufzählung des § 2 Abs. 3 Satz 2 BApO in der Tat durch das Wort „insbesondere“ nicht abschließend. Allerdings ist die Ausübung des Berufs - auch jeder nicht ausdrücklich aufgeführten pharmazeutischen Tätigkeit in der Industrie - unter der Berufsbezeichnung Apotheker erforderlich. Denn das Wort „insbesondere“ bezieht sich auf die Aufzählung der möglichen pharmazeutischen Tätigkeiten, nicht jedoch auf Satz 1, der jegliche pharmazeutische Tätigkeit nur unter der entsprechenden Berufsbezeichnung als Ausübung des Apothekerberufs definiert.
44 
Dass dieses enge Verständnis des § 6 SGB VI und des § 2 BApO dazu führt, dass sich die befreiungsfähigen Betätigungsfelder auf wenige klassische Apothekertätigkeiten beschränken dürften, steht dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht entgegen, sondern entspricht dieser vielmehr (so auch Sozialgericht Ulm, Urteil vom 09.06.2016, – S 10 R 1912/15 –, nicht veröffentlicht). Denn der Kläger gehört als abhängig Beschäftigter zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und folglich Zwangsversicherten in der GRV. Demgegenüber ist § 6 SGB VI als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig (BSG, Urteil vom 03.04.2014 – B 5 RE 13/14 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 12).
45 
Die seit 01.10.2015 ausgeübte Tätigkeit des Klägers erfordert keine Approbation mehr, da sie auch von einem Chemiker oder Biochemiker ausgeübt werden könnte. Deshalb ist eine Befreiung nicht möglich.
46 
Die Beschäftigung des Klägers erfordert darüber hinaus auch keine Kenntnisse, die nur ein Apotheker hat. Er ist der Bescheinigung vom 25.10.2016 zufolge zwar für die Ausbildung von Pharmaziepraktikanten „mitverantwortlich“. Wer die Ausbildung von Pharmaziepraktikanten leitet, muss zwingend über die Approbation als Apotheker oder Apothekerin verfügen. Denn zur Ausbildung als Apotheker gehört nach § 4 AAppO eine praktische Ausbildung, die zum Teil auch in der pharmazeutischen Industrie abgeleistet werden kann. Dabei muss die Ausbildung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 AAppO von einem Apotheker, der hauptberuflich in der Ausbildungsstätte tätig ist, geleitet werden. Die Anerkennungsfähigkeit der praktischen Ausbildung ist daher nur gegeben, wenn diese unter Verantwortung eines Apothekers erfolgt, so dass dieser Teil der Zuständigkeit zwingend von einem Apotheker oder einer Apothekerin verantwortet werden muss. Der Kläger ist nach der Bescheinigung der Beigeladenen vom 25.10.2016 nur für die Ausbildung von Pharmaziepraktikanten „mitverantwortlich“. Diese Bescheinigung, die offensichtlich nach Kenntnis der Urteile der 13. Kammer des SG Ulm vom 21.07.2016 und 04.11.2016 (S 13 R 3575/15 und 568/16) ausgestellt worden ist, reicht nicht aus, um die Zuständigkeit des Klägers für die Ausbildung von Pharmaziepraktikanten nachzuweisen. Denn § 4 Abs. 2 Satz 3 AAppO bestimmt ausdrücklich, dass dieser der Apotheker die Ausbildung „leiten“ muss. Eine Ausbildung kann nur leiten, wer den Auszubildenden unter konkreter Verantwortung hat. Demzufolge ist der Wortlaut der Vorschrift so zu lesen, dass die (konkrete) Ausbildung von einem Apotheker geleitet werden muss. Aus der Bescheinigung geht jedoch nur hervor, dass der Kläger mitverantwortlich ist; nicht jedoch, dass er - im Gegensatz zu den in den Verfahren S 13 R 3575/15 und S 13 R 568/16 entschiedenen Sachverhalten - konkret für die Leitung einer Ausbildung zuständig wäre oder ist.
47 
Nach alledem kommt eine Befreiung des Klägers für die Tätigkeit als Manager Auditing nicht in Betracht, weshalb die Klage unbegründet ist.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

 
19 
Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Klage, über die die Kammer gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.04.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger ist in seiner Tätigkeit als Manager Auditing bei der Beigeladenen ab 01.10.2015 nicht von der Versicherungspflicht in der GRV zu befreien.
20 
Gegenstand der Klage ist das zulässigerweise mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23.11.2005 – B 12 RA 15/04 R –, SozR 4-2600 § 2 Nr 5; BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 8/10 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 8) geltend zu machende Begehren, von der Versicherungspflicht in der GRV befreit zu werden, da über die Befreiung von der Beklagten durch Verwaltungsakt entschieden werden muss. Insofern ist der bislang vom Kläger im Sinne einer Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Antrag sinngemäß ausgelegt worden.
21 
Von der Versicherungspflicht werden gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - GRV - (SGB VI) befreit Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich Kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
22 
a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
23 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
24 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
25 
Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, nachdem in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Die Befreiung ist gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.
26 
Nach der Rechtsprechung des BSG ist Anknüpfungspunkt einer Befreiung allein die „jeweilige“ Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit; aus dem Tätigkeitsbezug der Befreiung ergibt sich daher eine auf die jeweilige Tätigkeit beschränkte Wirkung der Befreiung. Bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung wird der ursprüngliche Befreiungsbescheid somit gegenstandslos (BSG, Urteile vom 31.10.2012 –, z.B. B 12 R 3/11 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 9 und B 12 R 8/10 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 8).
27 
Der Kläger kann keine Rechte mehr aus dem letzten Befreiungsbescheid vom 22.08.2013 herleiten. Denn die Tätigkeit hat sich wesentlich geändert und entspricht nicht mehr der letzten Tätigkeit. Dies ergibt sich schon aus den Stellenprofilen der beiden Tätigkeiten und den eigenen Angaben des Klägers. Während der Schwerpunkt der letzten Tätigkeit auf der Zuständigkeit für Compliance-Systeme gelegen hat, ist dieser Tätigkeitsbereich nunmehr weggefallen. Inwiefern deshalb noch von einer im Wesentlichen nicht geänderten Tätigkeit ausgegangen werden soll, erschließt sich der Kammer nicht.
28 
Die Tatsache, dass der Kläger als Pflichtmitglied bei der Landesapothekerkammer und der B. Apothekerversorgung geführt wird, ist ebenfalls nicht entscheidend. Denn die von der Versorgungseinrichtung vorgenommene Bewertung bindet weder den Rentenversicherungsträger noch die Gerichte (LSG Baden-Württemberg (LSG BW), Urteil vom 23.01.2013 – L 5 R 4971/10 –, juris m.w.N. ). Dies ergibt sich vorliegend schon daraus, dass der Kläger nicht „wegen“ seiner Beschäftigung - wie dies § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI fordert - Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer ist. Ob der Kläger wegen seiner Beschäftigung Pflichtmitglied ist, ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen (BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 9).
29 
Vorliegend richtet sich die Frage der Pflichtmitgliedschaft bei Landesapothekerkammer und in der Folge auch der B. Apothekerversorgung nicht nach der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, sondern allein nach der Approbation. Denn nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 des Baden-Württembergischen Gesetzes über das Berufsrecht und die Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Heilberufe-Kammergesetz) sowie § 3 der Hauptsatzung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg sind Kammermitglieder alle Apothekerinnen und Apotheker, die bestallt oder approbiert sind oder eine Erlaubnis zur Ausübung des Apothekerberufs besitzen, und die im Land ihren Beruf ausüben oder, falls sie ihren Beruf nicht ausüben, im Land ihren Wohnsitz haben. Ausreichend sind danach also schon die Approbation und der Wohnsitz in Baden-Württemberg; eine Berufsausübung ist nicht entscheidend.
30 
Dementsprechend werden Pflichtmitglieder der B. Apothekerversorgung nach Art. 1 des Staatsvertrages zwischen dem Freistaat Bayern und dem Land Baden-Württemberg über die Zugehörigkeit der Apotheker und Pharmaziepraktikanten des Landes Baden-Württemberg zur Bayerischen Apothekerversorgung vom 07.08.1978 (GBl für Baden-Württemberg 1978, Seite 307) i.V.m. § 15 Abs. 2 der Satzung der Bayerischen Apothekerversorgung alle nicht berufsunfähigen Pflichtmitglieder und Pharmaziepraktikanten der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg. Damit wird Pflichtmitglied bei der Bayerischen Apothekerversorgung allein schon, wer - wie der Kläger - Pflichtmitglied der Landesapothekerkammer und nicht berufsunfähig ist. Zur Pflichtmitgliedschaft bei der Landesapothekerkammer wiederum ist - siehe oben - die Berufsausübung nicht entscheidend.
31 
Somit ist der Kläger zwar Pflichtmitglied der Landesapothekerkammer und der B. Apothekerversorgung. Diese Mitgliedschaft wird allerdings nicht wegen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen begründet. Bei einer eng am Wortlaut orientierten Auslegung müsste damit auch schon die grundsätzliche Befreiungsmöglichkeit des Klägers verneint werden, da ihre Pflichtmitgliedschaft nicht „wegen“ der Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI begründet wird. Allerdings fordert die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zwingend ein den Gegebenheiten des Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung. Deshalb ist im vorliegenden Zusammenhang unter „derselben Beschäftigung“ im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI die „von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit“ zu verstehen (BSG, Urteil vom 03.04.2014 – B 5 RE 13/14 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 12; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 19.07.2016 – 1 BvR 2584/14 –, juris). Maßgeblich für die Frage der Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist nämlich der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (GRV und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der „Beschäftigung“, die § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst (BSG a.a.O.).
32 
Entscheidend für die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV bleibt daher die Frage, ob die Erwerbstätigkeit des Klägers dem „Berufsfeld“ (BSG a.a.O.) des Apothekers zugeordnet werden kann.
33 
Das Berufsfeld der Apotheker wird durch die BApO definiert. Der Apotheker ist gemäß § 1 Satz 1 BApO berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen. Wer den Apothekerberuf ausüben will, bedarf der Approbation als Apotheker, § 2 Abs. 1 BApO (in der ab 23.04.2016 geltenden Fassung durch das EURL55/2013UmsG, BGBl I 2016, 886). Ausübung des Apothekerberufs ist gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 BApO die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“. Pharmazeutische Tätigkeiten umfassen gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 BApO insbesondere:
34 
1. Herstellung der Darreichungsform von Arzneimitteln,
2. Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln,
3. Arzneimittelprüfung in einem Laboratorium für die Prüfung von Arzneimitteln,
4. Lagerung, Qualitätserhaltung und Abgabe von Arzneimitteln auf der Großhandelsstufe,
5. Bevorratung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Verteilung und Verkauf von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in der Öffentlichkeit zugänglichen Apotheken,
6. Herstellung, Prüfung, Lagerung und Verkauf von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in Krankenhäusern,
7. Information und Beratung über Arzneimittel als solche, einschließlich ihrer angemessenen Verwendung,
8. Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen an die zuständigen Behörden,
9. personalisierte Unterstützung von Patienten bei Selbstmedikation,
10. Beiträge zu örtlichen oder landesweiten gesundheitsbezogenen Kampagnen.
35 
Vor der Neufassung des § 2 BApO lautete der maßgebliche Absatz 3 des § 2 BApO seit mindestens 1982 wie folgt: Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“.
36 
§ 2 Abs. 3 Satz 1 BApO erfordert (in beiden Fassungen) nicht nur eine pharmazeutische Tätigkeit, sondern diese auch unter der Berufsbezeichnung als Apotheker oder Apothekerin. Der Kläger übt seine Tätigkeit zwar nicht unter der Berufsbezeichnung als Apotheker aus. Bei einer wiederum eng am Wortlaut orientierten Auslegung wäre die Klage deshalb wiederum unbegründet.
37 
Lässt man die Ausübung einer Tätigkeit - gerade in der pharmazeutischen Industrie - auch unter einer anderen Berufsbezeichnung zu, ist nach Ansicht der Kammer aber zwingend zu fordern, dass die Tätigkeit die Approbation als Apotheker oder Apothekerin, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Apotheker oder Apothekerin führen zu dürfen, erfordert. Denn nur so wird die Verknüpfung der pharmazeutischen Tätigkeit mit der Berufsbezeichnung, die § 2 Abs. 3 BApO fordert, umgesetzt. Nicht ausreichend ist deshalb, dass es für den approbierten Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt (LSG BW, Urteil vom 23.01.2009 – L 4 R 738/06 –, juris ). Das Tätigkeitsfeld muss gerade zum wesentlichen Kernbereich der pharmazeutischen Tätigkeit gehören und darf nicht nur Randbereiche davon berühren. Es genügt daher nicht, dass der Kläger bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat (LSG BW a.a.O.). Demzufolge scheidet eine Befreiung aus, wenn die Ausbildung keinen spezifischen Bezug zur Beschäftigung hat, sondern austauschbar ist (LSG BW, Urteil vom 01.03.2011 – L 11 R 4872/09 –, juris , nachgehend BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 9 und in der Folge LSG BW, Urteil vom 20.01.2015 – L 11 R 1710/13 ZVW –, BeckRS 2015, 71734).
38 
An diesem Ergebnis ändert das Urteil des BSG vom 31.10.2012 (– B 12 R 3/11 R –, a.a.O.) nichts. Zwar hat das BSG das Urteil des LSG BW vom 01.03.2011 (– L 11 R 4872/09 – , a.a.O.) zum Teil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, allerdings nur deshalb, da zusätzlich die Prüfung der Befreiung unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Treu und Glauben sowie dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch für erforderlich gehalten wurde. Mit dem materiellen Inhalt der Entscheidung des LSG hat sich das BSG deshalb nur am Rande auseinandergesetzt. Es hat insofern lediglich anklingen lassen, dass es entgegen den Erwägungen des LSG nicht von vornherein ausgeschlossen sei, dass der Pharmareferent auf einen entsprechenden Antrag hin für die von ihm ausgeübte Beschäftigung zu befreien gewesen wäre, wenn er aufgrund landesrechtlicher Regelungen wegen dieser Beschäftigung Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer gewesen sei. Allerdings führt dieser Hinweis für approbierte Apotheker in Baden-Württemberg ins Leere, da landesrechtlich die Pflichtmitgliedschaft dieser Berufsgruppe nicht zwingend an die Erwerbstätigkeit geknüpft ist (siehe oben).
39 
Auch hat das LSG BW in der Folge seine Rechtsauffassung - jedenfalls noch - nicht aufgegeben (a.A. Sozialgericht Berlin, Urteil vom 25.01.2016 – S 10 R 3345/14 –, juris). Denn das LSG BW hat im anschließenden Urteil ausgeführt, der Pharmaberater habe ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der ihm ursprünglich erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV. Damit hat das LSG BW allein die Gesichtspunkte von Treu und Glauben geprüft - die vorliegend bei dem Kläger nicht in Betracht kommen - und diese bejaht, weshalb es inhaltlich in den Entscheidungsgründen keine Stellung mehr zu den materiellen Voraussetzungen einer Befreiung genommen hat (LSG BW, Urteil vom 20.01.2015 – L 11 R 1710/13 ZVW –, a.a.O.). Daraus kann deshalb nicht auf die Aufgabe der Rechtsprechung geschlossen werden. Im Übrigen ist auch das Urteil des LSG BW vom 23.01.2009 (– L 4 R 738/06 –, a.a.O.) rechtskräftig.
40 
Allein die Anwendung oder Mitverwendung von berufsspezifischem Wissen hat zwar dem LSG Hamburg ausgereicht, um eine Medizinjournalistin und approbierte Ärztin von der Rentenversicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung zu befreien. Dieses Urteil hatte revisionsrechtlich Bestand, da die Auslegung des Landesrechts im Rahmen der Frage, wie der Begriff der ärztlichen Tätigkeit zu verstehen ist, bindend und jedenfalls nicht willkürlich gewesen ist (BSG, Urteil vom 10.03.2011 – B 3 KS 2/10 R –, SozR 4-5425 § 4 Nr 1). Eine Schlussfolgerung für andere Fälle und andere landesrechtliche Regelungen kann damit aus dem Urteil nicht gezogen werden.
41 
Ebenso hat das BSG in der Entscheidung zur Syndikusanwältin (Urteil vom 03.04.2014 – B 5 RE 13/14 R –, a.a.O.) auf formale Aspekte abgestellt. Denn unabhängig davon, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich Elemente der zu beurteilenden Tätigkeit oder mögliche Sachbezüge zum streitigen Berufsbild aufweist, ist gerade die Form der Ausübung - bei Syndikusanwälten die Gestalt einer dem Anwaltsberuf wesensfremden abhängigen Beschäftigung - entscheidend gewesen. Deshalb wird kein Widerspruch zu höchstrichterlichen Entscheidungen gesehen, wenn vorliegend ebenfalls auf formale Aspekte abgestellt wird.
42 
Der in der Rechtsprechung der Instanzgerichte im Übrigen vertretenen gegenteiligen Ansicht (u.a. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 28.04.2016 – L 1 KR 347/15 –, juris , Revision anhängig unter B 5 RE 5/16 R) wird nicht gefolgt. Schon die landesrechtlichen Regelungen unterscheiden sich nämlich. Konkret sehen z.B. die hessischen Regelungen eine Pflichtmitgliedschaft in der Landesapothekerkammer nur bei Ausübung des Berufs vor. Wer seinen Beruf nicht ausübt, wird lediglich - im Unterschied zu den Regelungen in Baden-Württemberg (siehe oben) - freiwilliges Mitglied.
43 
Hinzu kommt, dass sich die Forderung einer nicht austauschbaren Ausbildung und damit letztlich einer approbationspflichtigen Tätigkeit aus dem klaren Wortlaut und der damit verbundenen Auslegung des § 2 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BApO ergibt. Zwar ist die Aufzählung des § 2 Abs. 3 Satz 2 BApO in der Tat durch das Wort „insbesondere“ nicht abschließend. Allerdings ist die Ausübung des Berufs - auch jeder nicht ausdrücklich aufgeführten pharmazeutischen Tätigkeit in der Industrie - unter der Berufsbezeichnung Apotheker erforderlich. Denn das Wort „insbesondere“ bezieht sich auf die Aufzählung der möglichen pharmazeutischen Tätigkeiten, nicht jedoch auf Satz 1, der jegliche pharmazeutische Tätigkeit nur unter der entsprechenden Berufsbezeichnung als Ausübung des Apothekerberufs definiert.
44 
Dass dieses enge Verständnis des § 6 SGB VI und des § 2 BApO dazu führt, dass sich die befreiungsfähigen Betätigungsfelder auf wenige klassische Apothekertätigkeiten beschränken dürften, steht dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht entgegen, sondern entspricht dieser vielmehr (so auch Sozialgericht Ulm, Urteil vom 09.06.2016, – S 10 R 1912/15 –, nicht veröffentlicht). Denn der Kläger gehört als abhängig Beschäftigter zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und folglich Zwangsversicherten in der GRV. Demgegenüber ist § 6 SGB VI als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig (BSG, Urteil vom 03.04.2014 – B 5 RE 13/14 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 12).
45 
Die seit 01.10.2015 ausgeübte Tätigkeit des Klägers erfordert keine Approbation mehr, da sie auch von einem Chemiker oder Biochemiker ausgeübt werden könnte. Deshalb ist eine Befreiung nicht möglich.
46 
Die Beschäftigung des Klägers erfordert darüber hinaus auch keine Kenntnisse, die nur ein Apotheker hat. Er ist der Bescheinigung vom 25.10.2016 zufolge zwar für die Ausbildung von Pharmaziepraktikanten „mitverantwortlich“. Wer die Ausbildung von Pharmaziepraktikanten leitet, muss zwingend über die Approbation als Apotheker oder Apothekerin verfügen. Denn zur Ausbildung als Apotheker gehört nach § 4 AAppO eine praktische Ausbildung, die zum Teil auch in der pharmazeutischen Industrie abgeleistet werden kann. Dabei muss die Ausbildung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 AAppO von einem Apotheker, der hauptberuflich in der Ausbildungsstätte tätig ist, geleitet werden. Die Anerkennungsfähigkeit der praktischen Ausbildung ist daher nur gegeben, wenn diese unter Verantwortung eines Apothekers erfolgt, so dass dieser Teil der Zuständigkeit zwingend von einem Apotheker oder einer Apothekerin verantwortet werden muss. Der Kläger ist nach der Bescheinigung der Beigeladenen vom 25.10.2016 nur für die Ausbildung von Pharmaziepraktikanten „mitverantwortlich“. Diese Bescheinigung, die offensichtlich nach Kenntnis der Urteile der 13. Kammer des SG Ulm vom 21.07.2016 und 04.11.2016 (S 13 R 3575/15 und 568/16) ausgestellt worden ist, reicht nicht aus, um die Zuständigkeit des Klägers für die Ausbildung von Pharmaziepraktikanten nachzuweisen. Denn § 4 Abs. 2 Satz 3 AAppO bestimmt ausdrücklich, dass dieser der Apotheker die Ausbildung „leiten“ muss. Eine Ausbildung kann nur leiten, wer den Auszubildenden unter konkreter Verantwortung hat. Demzufolge ist der Wortlaut der Vorschrift so zu lesen, dass die (konkrete) Ausbildung von einem Apotheker geleitet werden muss. Aus der Bescheinigung geht jedoch nur hervor, dass der Kläger mitverantwortlich ist; nicht jedoch, dass er - im Gegensatz zu den in den Verfahren S 13 R 3575/15 und S 13 R 568/16 entschiedenen Sachverhalten - konkret für die Leitung einer Ausbildung zuständig wäre oder ist.
47 
Nach alledem kommt eine Befreiung des Klägers für die Tätigkeit als Manager Auditing nicht in Betracht, weshalb die Klage unbegründet ist.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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Sozialgericht Ulm Urteil, 19. Jan. 2017 - S 13 R 1604/16 zitiert 10 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 124


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. (3) Entscheidungen des Gerichts, d

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 6 Befreiung von der Versicherungspflicht


(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit1.Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öff

Bundes-Apothekerordnung - BApO | § 2


(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes den Apothekerberuf ausüben will, bedarf der Approbation als Apotheker. (2) Die Ausübung des Apothekerberufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist auch auf Grund einer Erlaubnis zulässig. (2a) Apothe

Approbationsordnung für Apotheker - AAppO | § 4 Praktische Ausbildung


(1) Die praktische Ausbildung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 findet nach dem Bestehen des Zweiten Abschnitts der Pharmazeutischen Prüfung statt. Sie gliedert sich in eine Ausbildung von 1. sechs Monaten in einer öffentlichen Apotheke, die keine Zweigapotheke

Bundes-Apothekerordnung - BApO | § 1


Der Apotheker ist berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln, die zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind, und Tierarzneimitteln (Arzneimittel) zu versorgen. Er dient damit der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand Die Klägerin begehrt die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung n

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass er Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren nicht zu entrichten hat.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer für eine Tätigkeit als Steuerberater erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).

2

Der 1977 geborene Kläger war als Steuerberater in einer Steuerberaterkanzlei beschäftigt. Auf seinen Antrag befreite ihn die beklagte Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund durch Bescheid vom 7.4.2005 von der Versicherungspflicht in der GRV ab 10.2.2005 hinsichtlich seiner Beschäftigung bzw Tätigkeit als Steuerberater aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und seiner Mitgliedschaft in der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung in der Bayerischen Versorgungskammer. Mit Schreiben vom 22.3.2006 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er zum 3.4.2006 als Referendar in den juristischen Vorbereitungsdienst eintreten und demzufolge seine Steuerberaterzulassung mit Ablauf des 31.3.2006 niederlegen werde. Die Bayerische Versorgungskammer informierte die Beklagte darüber, dass der Kläger bis 31.3.2006 kraft Gesetzes ihr Pflichtmitglied gewesen sei; die Mitgliedschaft werde ab 1.4.2006 freiwillig fortgesetzt. Die Beklagte hob daraufhin den früheren Befreiungsbescheid mit Bescheid vom 17.5.2006 auf, da der Kläger aus der Steuerberaterkammer ausgeschieden sei. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und beantragte die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 SGB VI über den 31.3.2006 hinaus. Er habe auf seine Zulassung als Steuerberater für die Dauer des Referendariats verzichten müssen; die bisher ausgeübte Tätigkeit in der Steuerberaterkanzlei werde als genehmigte Nebentätigkeit zum Referendariat auf 400-Euro-Basis fortgeführt; an die zuständige Versorgungskammer werde er den Grundbeitrag abführen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

3

Die dagegen erhobene Klage hat das SG durch Urteil vom 14.2.2008 abgewiesen, die Berufung hat das LSG durch Urteil vom 17.12.2009 zurückgewiesen: Bei der vom Kläger während der Referendarzeit ausgeübten Beschäftigung als Steuerberater habe es sich um die Beschäftigung gehandelt, für die die Beklagte ursprünglich die Befreiung von der Versicherungspflicht ausgesprochen habe. Es sei nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um eine "andere" versicherungspflichtige Tätigkeit iS von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI gehandelt habe. Mit dem Ausscheiden des Klägers aus der Steuerberaterkammer seien die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI entfallen. Über den zusätzlichen Antrag des Klägers auf Abführung der Rentenversicherungsbeiträge an die Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung sei nicht zu entscheiden, weil er erstmals nach Ablauf der Klagefrist geltend gemacht worden sei. Der Antrag setze zudem die Aufhebung der angefochtenen Bescheide voraus, dem schon nicht stattzugeben sei.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 62 SGG iVm Art 103 Abs 1 GG, § 75 Abs 2 SGG sowie von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI. Das LSG habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten, indem es seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, dass er während des Referendariats als Steuerberater weitergearbeitet habe. Tatsächlich habe es sich bei der Tätigkeit mit einem wöchentlichen Zeitdeputat von fünf Stunden um eine Hilfstätigkeit gehandelt, die eine Qualifikation als Steuerberater nicht voraussetzte. Die Abweisung des zweiten Klageantrags wegen Verfristung sei verfahrensfehlerhaft überraschend erfolgt. Die DRV Knappschaft-Bahn-See habe als zuständige Einzugsstelle beigeladen werden müssen. In der Sache erfülle die ab 1.4.2006 ausgeübte Beschäftigung die Voraussetzungen nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI, da sie befristet gewesen sei und die Vorschrift das weitere Vorliegen der Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 SGB VI nicht verlange.

5

Der Kläger beantragt,

        

die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2009 und des Sozialgerichts München vom 14. Februar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2006 aufzuheben und

        

1.    

festzustellen, dass die im Bescheid der Beklagten vom 7. April 2005 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch die ab dem 1. April 2006 ausgeübte Beschäftigung in einer Steuerberaterkanzlei erfasst,
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, die in ihrem Bescheid vom 7. April 2005 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch auf diese Beschäftigung zu erstrecken,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, die für ihn im Zeitraum vom 1. April 2006 bis 31. März 2008 an die Einzugsstelle abgeführten Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 1896 Euro zu seinen Gunsten an die Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung zu überführen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Sie verweist auf den Gesetzeswortlaut von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI, der ausdrücklich von einer "Erstreckung" der Befreiung von der Versicherungspflicht spreche. Demzufolge müssten die Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 SGB VI auch bei Ausübung einer Tätigkeit oder Beschäftigung iS von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI weiterhin vorliegen. Dafür gebe es entgegen der Ansicht des Klägers auch durchaus Anwendungsfälle.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist insgesamt unbegründet.

9

Die vorinstanzlichen Urteile lassen Rechtsfehler zu Lasten des Klägers nicht erkennen. Das LSG hat die Rechtmäßigkeit der durch die angegriffenen Bescheide der beklagten DRV erfolgten Aufhebung des ursprünglichen Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV zu Recht angenommen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht entfallen sind und daher die ursprüngliche Befreiung von der Versicherungspflicht die im streitigen Zeitraum vom 1.4.2006 bis 31.3.2008 ausgeübte Beschäftigung nicht umfasst. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG ferner entschieden, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV nicht auf die ab 1.4.2006 ausgeübte Beschäftigung "erstreckt". Schließlich hat es die Klage hinsichtlich des Begehrens auf Überführung der insoweit geleisteten Rentenversicherungsbeiträge an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung rechtsfehlerfrei abgewiesen.

10

1. Die Klage ist hinsichtlich der Frage der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht als Anfechtungs- und Feststellungsklage, der Hilfsantrag als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig (dazu a); hinsichtlich der Überführung der geleisteten Beiträge zur GRV an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung ist die Klage unzulässig (dazu b). Einer Beiladung der DRV Knappschaft-Bahn-See zum Rechtsstreit noch im Revisionsverfahren (vgl § 168 S 2 SGG) bedurfte es bei alledem nicht (dazu c).

11

a) Soweit sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2006 wendet, ist seine Klage als Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) verbunden mit einer Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG) bzw verbunden mit einer Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) zulässig. Eine isolierte Anfechtungsklage würde seinem Begehren nur unzureichend Rechnung tragen. Es ist nämlich nicht auf die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Aufhebung des ursprünglichen Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV beschränkt. Vielmehr macht der Kläger geltend, dass er auch in der im streitigen Zeitraum ausgeübten Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit bzw zu befreien sei.

12

Für das Hauptbegehren des Klägers ist die Feststellungsklage statthaft und zulässig, weil er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Bestehens und des Umfangs seiner Befreiung von der Versicherungspflicht hat. Für sein Hilfsbegehren ist die Verpflichtungsklage statthaft. Zwar legt der Wortlaut von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI nicht zwingend des Schluss nahe, dass über die Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht ein Verwaltungsakt zu ergehen hat, weil der darin verwendete Begriff der "Erstreckung" dahingehend verstanden werden könnte, dass es lediglich um eine unmittelbar aus dem Gesetz abzuleitende Definition der Reichweite der Befreiung von der Versicherungspflicht geht(so werden die Ausführungen in BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 interpretiert; vgl hierzu Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Einzelkommentierung 5/2008, K § 6 RdNr 136 mwN; Gürtner in Kasseler Komm, Stand Einzelkommentierung Oktober 2011, § 6 SGB VI RdNr 31). Hiergegen spricht jedoch, dass über die "Erstreckung" der Befreiung - ebenso wie über die ursprüngliche Befreiung selbst - vom Rentenversicherungsträger durch Verwaltungsakt entschieden werden muss (vgl hierzu Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Einzelkommentierung 5/2008, K § 6 RdNr 136). Ein solcher ist mit der Verpflichtungsklage zu erstreiten.

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b) Hinsichtlich der vom Kläger begehrten Überführung der geleisteten Beiträge an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung hat das LSG die Klage insoweit zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger sein Begehren erstmalig im Klageverfahren geltend gemacht hat, damit nicht zuvor an die Beklagte herangetreten, keine entsprechende Verwaltungsentscheidung ergangen und auch kein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Klage insoweit auch nicht als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs 5 SGG zulässig, weil dies voraussetzen würde, dass ein entsprechender Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil der Kläger schon deshalb ein über die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Beiträge nach § 26 Abs 2 SGB IV hinaus gehendes Begehren verfolgt, weil er ausdrücklich eine unmittelbare Überführung der geleisteten Beiträge an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung beantragt hat. Darüber hinaus wäre eine Entscheidung der Beklagten auch deshalb erforderlich, weil ein Beitragserstattungsanspruch nach § 26 Abs 3 S 1 SGB IV nur demjenigen zusteht, der die Beiträge "getragen" hat. Da der Kläger auch eine Überführung des von seinem Arbeitgeber getragenen Beitragsanteils begehrt und sich insoweit auf eine entsprechende Abtretung beruft, wäre eine Entscheidung der Beklagten über deren Wirksamkeit erforderlich gewesen.

14

c) Einer abschließenden Sachentscheidung des Senats steht in prozessualer Hinsicht die unterbliebene Beiladung der DRV Knappschaft-Bahn-See nicht entgegen. Auf eine Beiladung im Revisionsverfahren kann nämlich verzichtet werden, wenn das Ergebnis des Rechtsstreits den Beizuladenden weder verfahrens- noch materiell-rechtlich benachteiligen kann (so zB BSGE 96, 190 = SozR 4-4300 § 421g Nr 1, RdNr 20 mwN; BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34). So verhält es sich hier. Da die Klage hinsichtlich der begehrten Überführung der Beiträge bereits unzulässig ist, ist eine Betroffenheit der DRV Knappschaft-Bahn-See unter keinem verfahrens- oder materiell-rechtlichen Aspekt denkbar.

15

2. Die Vorinstanzen haben in der Sache zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtmäßig sind (dazu a) und zutreffend angenommen, dass die ursprünglich ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV die im streitigen Zeitraum vom 1.4.2006 bis 31.3.2008 ausgeübte Beschäftigung nicht umfasst (dazu b), sowie - im Ergebnis - zutreffend eine Verpflichtung der Beklagten zur "Erstreckung" der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht auf die spätere Beschäftigung abgelehnt (dazu c).

16

a) Die Aufhebung des die Befreiung von der Versicherungspflicht regelnden ursprünglichen Verwaltungsakts vom 7.4.2005 durch die hier angefochtenen Bescheide der Beklagten ist rechtmäßig, weil in den Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

17

aa) Die Beklagte war grundsätzlich zur auf diese Regelung gestützten Aufhebung des ursprünglichen Bescheides berechtigt, weil das Recht des SGB VI insoweit keine Sonderregelung iS von § 37 S 1 SGB I enthält.

18

Zwar hat der 5. Senat des BSG entschieden, dass sich aus dem Tätigkeitsbezug der Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 5 und § 231 SGB VI eine von vornherein auf die jeweilige Tätigkeit oder Beschäftigung beschränkte Wirkung der Befreiung ergebe. In Bezug auf eine andere Beschäftigung werde der Befreiungsbescheid nicht rechtswidrig, sondern lediglich gegenstandslos (so BSGE 83, 74, 78 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 59). Ein solcher Befreiungsbescheid erledige sich auch nicht iS des § 39 Abs 2 SGB X auf andere Weise, da er bei der erneuten Aufnahme der ursprünglichen Beschäftigung Wirkungen entfalte und es insoweit keines neuen Befreiungsantrags bedürfe. Der - im vorliegenden Revisionsverfahren zuständige - 12. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen und ausgeführt, dass ein Befreiungsbescheid selbst bei Befreiungen, die vor dem 1.1.1992 nach § 7 Abs 2 Angestelltenversicherungsgesetz ausgesprochen worden sind, nicht aufgehoben werden muss, da die Versicherungspflicht in einer anderen Beschäftigung kraft Gesetzes eintritt(SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 10). Gegenstand dieser Rechtsprechung waren allerdings jeweils Sachverhalte, in denen über die Reichweite einer früher ausgesprochenen Befreiung von der Versicherungspflicht gestritten wurde, nicht aber ging es - wie vorliegend - um die Rechtmäßigkeit einer erfolgten ausdrücklichen Aufhebung eines Verwaltungsakts über die Befreiung von der Versicherungspflicht. Die zitierte Rechtsprechung schließt daher nicht aus, dass der Rentenversicherungsträger jedenfalls gleichwohl einen entsprechenden Verwaltungsakt über die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs 1 SGB X - quasi deklaratorisch - aufhebt.

19

bb) Eine von der Beklagten zugrunde gelegte Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse iS von § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist hier bereits deshalb anzunehmen, weil der Kläger mit Ablauf des 31.3.2006 nicht länger als Steuerberater tätig war. Mit der Niederlegung seiner Zulassung als Steuerberater und infolgedessen seinem Ausscheiden aus der Steuerberaterkammer mit Ablauf des 31.3.2006 entfiel die von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI idF des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) vorausgesetzte, kraft gesetzlicher Verpflichtung bestehende Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer. Der nachträgliche Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen führt regelmäßig zur Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs 1 S 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft(so für das Ausscheiden aus der Berufsgruppe, für die die Versorgungseinrichtung errichtet wurde, BSGE 80, 215, 217 und LS 1 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4; BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 1997-9733).

20

cc) Die Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist auch "wesentlich" iS von § 48 Abs 1 S 1 SGB X, da sie zum Wegfall einer Voraussetzung für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führt und ein Fortbestand des Befreiungsstatus nicht in Betracht kommt. Bereits die Aufgabe der Tätigkeit als (zugelassener) Steuerberater ist als "wesentliche" Änderung zu qualifizieren, da § 6 Abs 5 S 1 SGB VI die Befreiung von der Versicherungspflicht auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt(vgl bereits BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 mwN; BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 ff; s hierzu nunmehr auch näher Senatsurteile vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R und B 12 R 5/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht konnte daher weder die in der Steuerberaterkanzlei ab 1.4.2006 verrichtete Beschäftigung umfassen (dazu b) noch kommt eine "Erstreckung" der Befreiung auf diese Beschäftigung in Betracht (dazu c).

21

dd) Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 17.5.2006 ist im Übrigen nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte den Kläger nicht gemäß § 24 Abs 1 SGB X vor Erlass des Bescheids angehört hatte. Die Anhörung holte die Beklagte im Widerspruchsverfahren nach, wodurch Heilung eintrat (§ 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB X).

22

b) Rechtsfehlerfrei haben die Vorinstanzen entschieden, dass der Kläger in seiner im streitigen Zeitraum ausgeübten Beschäftigung, hinsichtlich derer der Kläger nach den Feststellungen des LSG auf die Versicherungsfreiheit wegen geringfügiger Beschäftigung (vgl § 5 Abs 2 S 2 SGB VI idF vom 23.12.2002, BGBl I 4621) verzichtete, nicht von der Versicherungspflicht in der GRV befreit war. Die insoweit ausgeübte Beschäftigung führte auch nicht zu einer Pflichtmitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und erfüllte daher nicht die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI. Schließlich umfasste die für die frühere Tätigkeit als Steuerberater ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht nicht die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung, da der Verwaltungsakt über die Befreiung von der Versicherungspflicht zu Recht von der Beklagten mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wurde.

23

c) Im Ergebnis zu Recht hat das LSG die vom Kläger hilfsweise begehrte Verpflichtung der Beklagten abgelehnt, die ursprüngliche Befreiung von der Versicherungspflicht auch auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung als andere versicherungspflichtige Tätigkeit nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI zu "erstrecken".

24

aa) Der Auffassung des LSG, die Anwendung von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung mit der zuvor verrichteten Tätigkeit als Steuerberater identisch gewesen sei und daher keine andere versicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne der Vorschrift vorgelegen habe, ist allerdings nicht zu folgen. Zwar führte der Kläger noch im Widerspruchsverfahren aus, dass er seine bisher ausgeübte Tätigkeit in der Steuerberaterkanzlei J. K., auf die sich die bisherige Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI bezog, als genehmigte Tätigkeit zum Referendariat auf "400 Euro-Basis" fortführe. Eine "Identität" der früheren Tätigkeit als Steuerberater mit der ab 1.4.2006 ausgeübten Beschäftigung kann aber schon deshalb nicht vorliegen, weil der Kläger nach eigenen Angaben mit Ablauf des 31.3.2006 seine Zulassung als Steuerberater niedergelegt hatte; nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) war er aus der Steuerberaterkammer ausgeschieden und durfte daher nicht länger als Steuerberater tätig sein (vgl § 32 Abs 2, § 40 Abs 1 S 1, § 46 Abs 2 Steuerberatungsgesetz).

25

bb) Im Ergebnis zutreffend hat das LSG eine Verpflichtung der Beklagten zur "Erstreckung" der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI abgelehnt. Es kann offenbleiben, ob die Erstreckung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI - ebenso wie die ursprüngliche Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 SGB VI - von einem vorherigen Antrag(§ 6 Abs 2 SGB VI) abhängig ist. Hierfür könnte sprechen, dass nach der Systematik des Befreiungsrechts ggf auch die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen muss. Jedenfalls verlangt die Anwendung der Vorschrift ua das ununterbrochene Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach § 6 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB VI (= Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer). Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift, ihrer systematischen Stellung und ihrem Sinn und Zweck.

26

(1) Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 5 S 2 SGB VI "erstreckt" sich die Befreiung in den Fällen des Abs 1 Nr 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die danach vorgesehene "Erstreckung" der Befreiung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit kommt nur in Betracht, wenn der zur ursprünglichen Befreiung führende Sachverhalt (= Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer) auch weiterhin vorliegt; denn nach dem Wortsinn kann nur ein überhaupt noch bestehender Befreiungsstatus auf eine andere Tätigkeit erstreckt werden.

27

(2) Die systematische Stellung der Vorschrift im Anschluss an die gesetzliche Definition des auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkten Bezugspunkts der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI verdeutlicht im Zusammenhang mit der in ihr genannten Tatbestandsvoraussetzung einer zeitlich begrenzten anderen Tätigkeit, dass die Vorschrift lediglich eine Regelung enthält, die sich auf eine andere vorübergehende selbstständige Tätigkeit bzw Beschäftigung bezieht, und daher keinen von den grundlegenden Voraussetzungen in § 6 Abs 1 S 1 SGB VI losgelösten eigenständigen Befreiungstatbestand darstellt. Da im vorliegenden Fall diese frühere Tätigkeit unterbrochen wurde, braucht der Senat die in der sozialrechtlichen Literatur umstrittene Frage der Anwendbarkeit von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI auf eine andere Tätigkeit, die neben einer zur Befreiung von der Versicherungspflicht führenden Tätigkeit ausgeübt wird, nicht zu entscheiden(verneinend: Boecken in GK-SGB VI, Stand Januar 2007, § 6 RdNr 182; bejahend: Voelzke in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts - Rentenversicherungsrecht, 1999, § 17 RdNr 74; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Einzelkommentierung VI/08 Lfg 5/08, K § 6 RdNr 133; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 96).

28

(3) Diese Auslegung wird auch durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Zum Zweck der Vorschrift wird im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) angeführt, sie solle sicherstellen, dass eine vorübergehende berufsfremde Tätigkeit nicht zu einem Wechsel des Alterssicherungssystems führt. Die Regelung solle insbesondere für die Zeit des Wehrdienstes gelten (Gesetzentwurf, aaO, BT-Drucks 11/4124 S 152 zu § 6 Abs 5). Diese Begründung knüpft ebenfalls allein an den vorübergehenden Tätigkeitswechsel an (vgl Boecken, aaO). Sie beinhaltet keine Aussage dahin, dass das Ziel der Vermeidung eines Wechsels des Alterssicherungssystem auch dann eine Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht legitimieren soll, wenn die grundlegenden Befreiungsvoraussetzungen - insbesondere die Pflichtmitgliedschaften in der berufsständischen Versorgungseinrichtung und in der berufsständischen Kammer - nicht bzw nicht mehr vorliegen.

29

(4) Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 6 Abs 5 S 2 SGB VI bei der aufgezeigten Auslegung nicht etwa ohne Anwendungsbereich. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf eine Konstellation hingewiesen, die sich aus dem Berufsrecht der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ergeben kann: Die dortige Regelung der Untersagung der Ausübung des Berufs als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt in § 47 Abs 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) hat einen weitergehenden Anwendungsbereich als die entsprechende Regelung im Recht der Steuerberaterinnen und Steuerberater in § 59 S 1 StBerG und erfasst ua Verwendungen als Richter oder Beamte, ohne auf Lebenszeit ernannt zu sein. Im Anwendungsbereich des § 47 Abs 1 BRAO behält der Rechtsanwalt aber seine Zulassung und ist ua verpflichtet, den Kammerbeitrag zu zahlen(vgl Kilian in Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl 2010, § 47 RdNr 3, 12 mwN). Eine derart weitgehende zulassungserhaltende Untersagung der Berufsausübung ist dem Berufsrecht der Steuerberater fremd. § 59 S 1 StBerG sieht ein Verbot der Berufsausübung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter grundsätzlich nur in den Fällen vor, in denen ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis als Wahlbeamter auf Zeit oder ein öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis eingegangen ist. Im Übrigen gilt hinsichtlich der Inkompatibilität mit anderen Tätigkeiten die Grundnorm in § 57 StBerG. Ein weiterer Anwendungsfall des § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI ist etwa bei einem Privatschullehrer denkbar, der vorübergehend, zB zu Fortbildungszwecken, an eine staatliche Schule abgeordnet wird, seine Bezüge aber weiterhin von einer Privatschule erhält(vgl KomGRV, Stand September 2011, § 6 RdNr 11).

30

3. Die gewonnene Auslegung verletzt im Übrigen keine Grundrechte des Klägers. Von Verfassungswegen besteht kein Wahlrecht, das es ermöglichen würde, im Laufe eines Berufslebens die jeweils günstigste Versorgungsmöglichkeit zu wählen oder an ihr festzuhalten und die Anwendung aller anderen Versicherungspflichttatbestände auszuschließen (BVerfG Kammerbeschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 1776/97 - SozR 4-2600 § 6 Nr 1 RdNr 11). Demzufolge hat es das BVerfG (ebenda) - unter Bestätigung der Rechtsprechung des Senats (BSGE 80, 215 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4) - als mit dem GG vereinbar angesehen, dass die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wegen der Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk endet, wenn der Betroffene der Berufsgruppe nicht mehr angehört, für die das Versorgungswerk errichtet wurde. Daran ist festzuhalten.

31

4. Auch die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängel führen schließlich zu keinem ihm günstigen Ergebnis.

32

Die Feststellung des LSG, wonach der Kläger sein bisheriges Beschäftigungsverhältnis als Steuerberater im streitigen Zeitraum fortgeführt habe, ist zwar unzutreffend, wirkt sich auf das Ergebnis des Rechtsstreits nicht aus, weil das LSG ebenfalls - im Revisionsverfahren unbeanstandet - festgestellt hat, dass der Kläger seine Zulassung zum Steuerberater zum 31.3.2006 niederlegte. Diese Feststellung hat das LSG - wie dargelegt - zu Recht seinem Urteil zugrunde gelegt und entschieden, dass damit die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI entfielen.

33

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hat die demgegenüber vom LSG getroffene, auf § 192 SGG gestützte Kostenentscheidung geändert(vgl allgemein zur entsprechenden Befugnis des Rechtsmittelgerichts Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 193 RdNr 2a mwN), weil hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen der qualifizierten tatbestandlichen Voraussetzungen des § 192 Abs 1 S 1 SGG, insbesondere diejenigen der Nr 2 (Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung) nicht ersichtlich sind.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Die Revision des Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. März 2011 wird zurückgewiesen, soweit es die ihn betreffende, von der Beklagten gegenüber der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2003 geltend gemachte Beitragsforderung anbelangt.

Im Übrigen wird auf die Revision des Beigeladenen das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) sowie eine daran anknüpfende Beitragsforderung.

2

Der 1967 geborene Beigeladene ist approbierter Arzt. Auf seinen Antrag vom 11.10.1997 wurde er mit Blick auf sein Beschäftigungsverhältnis als Arzt im Praktikum bei dem St. J. Krankenhaus Bonn und seine Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung ab 1.10.1997 von der Versicherungspflicht in der GRV befreit (Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 29.12.1997). Der Beigeladene ist seit 1.4.1998 bei der Klägerin - einem Unternehmen der pharmazeutischen Industrie - beschäftigt. Vom 1.12.1999 bis 30.4.2000 war er dort als "Medical Manager Dermatologie/Rheumatologie" im Innendienst tätig und wurde danach im Außendienst als Pharmaberater eingesetzt. Nach den Feststellungen des LSG führte er dabei ua Patientengespräche und hielt medizinisch-wissenschaftliche Vorträge. Darüber hinaus bearbeitete er Anfragen zu Medikamenten, die er während seiner vorangegangenen Tätigkeit betreut hatte.

3

Aufgrund einer im Oktober 2004 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung für den Zeitraum 1.12.1999 bis 31.12.2003 stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund ua hinsichtlich des Beigeladenen für den gesamten Prüfzeitraum Versicherungspflicht in der GRV fest und forderte von der Klägerin Beiträge in Höhe von 43 435,05 Euro (Bescheid vom 1.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 1.3.2006).

4

Auf die hiergegen gerichtete Klage hat die Beklagte ua bezüglich des Beigeladenen ein Teilanerkenntnis abgegeben und die Beitragsnachforderung für den Zeitraum 1.12.1999 bis 30.4.2000 nicht mehr geltend gemacht. Das SG hat die darüber hinausgehende Klage durch Urteil vom 25.8.2009 abgewiesen.

5

Dagegen haben die Klägerin und der Beigeladene Berufung eingelegt. Mit Bescheid vom 28.10.2009 hat die Beklagte ihr Teilanerkenntnis ausgeführt und für den Beigeladenen nur noch Beiträge für die Zeit 1.5.2000 bis 31.12.2003 in Höhe von 39 232,50 Euro gefordert. Das LSG hat die Berufungen zurückgewiesen: Der Beigeladene sei in der im streitigen Zeitraum ausgeübten Tätigkeit nicht gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit gewesen. Die ihm früher erteilte Befreiung von Versicherungspflicht in der GRV wirke nach § 6 Abs 5 S 1 SGB VI nur für berufsgruppenspezifische Tätigkeiten, bei denen die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB VI vorlägen. Wenn eine berufsständische Versorgungseinrichtung eine Pflichtmitgliedschaft annehme, binde dies weder Verwaltung noch Gerichte. Eine Bindungswirkung könne allenfalls einer Bestätigung der für die berufsständischen Versorgungseinrichtung zuständigen Verwaltungsbehörde nach § 6 Abs 3 SGB VI zukommen. Bei der streitigen vom Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit handele es sich nicht um eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit, weil es sich nicht um eine Beschäftigung als Arzt gehandelt habe. Wie sich hinsichtlich der Tätigkeit als Pharmaberater auch aus § 75 Abs 1 S 1 Arzneimittelgesetz (AMG) ergebe, sei für diese Tätigkeit die Ausbildung als Arzt eine zwar hinreichende, nicht aber notwendige Voraussetzung. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Kammer sei im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang ohne Belang. Eine nach dem Vortrag des Beigeladenen erfolgte telefonische Auskunft der Beklagten über seine in der streitigen Beschäftigung fortbestehende Versicherungsfreiheit sei irrelevant, weil rechtlich verbindlich allenfalls eine - hier fehlende - schriftliche Bestätigung sein könnte. Die vielfältigen Beweisanträge des Beigeladenen seien mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen (Urteil vom 1.3.2011).

6

Hiergegen wendet sich der Beigeladene mit seiner Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 6 Abs 5 S 1 und Abs 1 S 1 SGB VI sowie von § 103 SGG. Das LSG überspanne die Anforderungen an das Vorliegen einer zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV führenden berufsspezifischen Tätigkeit. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liege eine ärztliche Tätigkeit auch dann vor, wenn der Betroffene im administrativen und organisatorischen Bereich tätig sei und in seinem nicht völlig berufsfremden Einsatzgebiet von seinen erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten profitieren könne. § 75 AMG habe nicht die Aufgabe, zu definieren, wann Ärzte berufsuntypische Tätigkeiten ausübten, sondern regele lediglich einen Mindeststandard für die Ausübung der Tätigkeit als Pharmaberater. Die vom LSG vorgenommene Auslegung des Merkmals "berufsspezifische Tätigkeit" im Sinne von "berufsgruppenspezifische Tätigkeit" dürfe nicht dazu führen, dass Merkmale der konkret verrichteten Tätigkeit unberücksichtigt blieben. Die Klägerin habe ihn (den Beigeladenen) bewusst als Arzt eingestellt. Nur durch sein Studium sei er in der Lage gewesen, Brustkrebsstudien durchzuführen, was er auch tatsächlich als Pharmaberater getan habe. Das gleiche gelte für die von ihm durchgeführte Schulung ärztlichen Personals. Soweit das LSG das Fehlen einer Bestätigung nach § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI problematisiere, habe es selbst zu ermitteln gehabt, ob es eine solche Bestätigung gebe. Er (der Beigeladene) nehme für sich zudem Vertrauensschutz in Anspruch, weil ihm anlässlich eines Telefonats mit einem Mitarbeiter der BfA im Juni/Juli 2000 mitgeteilt worden sei, eine (erneute) Befreiung von der Versicherungspflicht sei weder nötig noch möglich. Dies decke sich inhaltlich mit schriftlichen Auskünften, die Arbeitskolleginnen und -kollegen erhalten hätten. Dem habe das LSG nachgehen müssen.

7

Der Beigeladene beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 1. März 2011 und des Sozialgerichts Freiburg vom 25. August 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Fassung des Bescheides vom 2. Januar 2006, des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2006 und des Bescheides vom 28. Oktober 2009 aufzuheben,

        

1.    

soweit es die ihn (den Beigeladenen) betreffende für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2003 geltend gemachte Beitragsforderung anbelangt,

        

2.    

soweit es die Feststellung seiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in diesem Zeitraum betrifft.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt im Wesentlichen die inhaltlichen Ausführungen des LSG-Urteils. Da die Tätigkeit eines Pharmaberaters gemäß § 75 AMG auch Personen mit anderem Ausbildungshintergrund offen stehe, handele es sich hierbei nicht um eine - wie erforderlich - berufsgruppenspezifische Beschäftigung von Ärzten. Ein besonderer Vertrauensschutz sei bei dem Beigeladenen nicht anzuerkennen. Ob, wann und mit welchem Inhalt das von ihm angeblich im Juni/Juli 2000 geführte Telefonat erfolgt sei, sei nicht nachgewiesen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben komme ohnehin nur bei Vorlage einer - hier fehlenden - schriftlichen Äußerung des Rentenversicherungsträgers in Betracht.

10

Die Klägerin schließt sich dem Antrag des Beigeladenen an, soweit es den Klagepunkt 1. betrifft.

Entscheidungsgründe

11

Die insgesamt zulässige Revision des Beigeladenen (= Beschäftigter) ist hinsichtlich der Beitragsforderung der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund unbegründet. Hinsichtlich der darüber hinaus ebenfalls angefochtenen Feststellung der Versicherungspflicht in der GRV ist seine Revision im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung erfolgreich.

12

1. Da die Klägerin keine Revision eingelegt hat, sondern sich lediglich dem Antrag des Beigeladenen hinsichtlich der geltend gemachten Beitragsforderung angeschlossen hat, ist Gegenstand des Revisionsverfahrens in Bezug auf diesen Punkt (nur noch) das Begehren des Beigeladenen, die gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheide der Beklagten aufzuheben, soweit darin für den noch streitigen Zeitraum vom 1.5.2000 bis 31.12.2003 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin Pflichtbeiträge zur GRV in Höhe von (noch) 39 232,50 Euro gefordert werden. Entgegen den vom LSG aufgenommenen Anträgen der Beteiligten erschöpft sich der Rechtsstreit allerdings nicht allein in der Anfechtung entsprechender Beitragsbescheide der Beklagten, sondern umfasst auch und gerade die den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegende Feststellung von Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GRV. Über die Frage der Versicherungspflicht hat die Beklagte mitentschieden; hierzu hat das LSG auf Seite 19 der Entscheidungsgründe ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene in der streitigen Zeit bei der Klägerin kraft Gesetzes der Versicherungspflicht in der GRV unterlegen habe.

13

2. Hinsichtlich der von der Beklagten geltend gemachten Beitragsforderung ist die Revision des Beigeladenen unbegründet, weil ihm insoweit für eine Anfechtung der Bescheide der Beklagten die erforderliche Klagebefugnis bzw ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die durch die angefochtenen Bescheide geltend gemachte Beitragsforderung richtet sich ausschließlich an die Klägerin als Arbeitgeberin (§ 28e Abs 1 S 1 SGB IV), sodass die Anfechtungsklage des Beigeladenen insoweit unzulässig ist. Ein Rückgriff der Klägerin als Arbeitgeberin auf den Beigeladenen - und damit eine eigene Belastung durch den Beitragsbescheid - wäre lediglich in den engen Grenzen des § 28g S 3 SGB IV möglich. Danach darf ein unterbliebener Abzug aber nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist (vgl zu den - strengen - Arbeitgeberpflichten insoweit zB BSGE 48, 195 = SozR 2200 § 394 Nr 1; Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 28g RdNr 23 unter Hinweis auf BT-Drucks 11/2221 S 24; Wehrhahn in Kasseler Komm, § 28g SGB IV RdNr 12 mwN, Stand Einzelkommentierung Juni 2012). Die Beteiligten haben diesbezüglich weder vorgetragen, dass die Klägerin einen Rückgriff dem Beigeladenen gegenüber in Aussicht gestellt hat, noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Voraussetzungen für einen derartigen Rückgriff erfüllt sein könnten.

14

3. Die Revision des Beigeladenen ist in Bezug auf seine Versicherungspflicht in der GRV im (noch) streitigen Zeitraum 1.5.2000 bis 31.12.2003 im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Ob die diese Versicherungspflicht feststellenden Bescheide der Beklagten Bestand haben können, lässt sich vom Senat anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Zwar hat das LSG im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die in diesem Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht von der durch Bescheid vom 29.12.1997 erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht umfasst ist (dazu a). Es hätte jedoch dem Vortrag des Beigeladenen nachgehen müssen, er sei infolge einer telefonischen Auskunft der Beklagten davon abgehalten worden, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für seine Beschäftigung bei der Klägerin zu beantragen bzw auf der formellen Bescheidung eines schon telefonisch gestellten Befreiungsantrags zu bestehen (dazu b).

15

a) Die Annahme des LSG, dass die Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GRV wegen seiner Beschäftigung bei der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht aufgrund seiner Befreiung von der Versicherungspflicht durch Bescheid vom 29.12.1997 ausgeschlossen ist, ist im Ergebnis zutreffend. Weder ist die Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin von der früher erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht umfasst (dazu aa), noch ist die frühere Befreiung hierauf zu erstrecken (dazu bb).

16

aa) Gemäß § 6 Abs 5 S 1 SGB VI(in seiner unverändert gebliebenen Ursprungsfassung vom 18.12.1989, BGBl I 2261) ist die Befreiung auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt.

17

(1) Bereits aus dem klaren Wortlaut der Regelung ergibt sich damit zweifelsfrei, dass mit einer Befreiungsentscheidung keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die "jeweilig" ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen in Betracht kommt, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen (vgl hierzu schon BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58 mwN; BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 f; Boecken, ArztR 10/1991, II, VII; ders in GK-SGB VI, § 6 RdNr 177, Stand Einzelkommentierung Januar 2007; Voelzke in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3, Rentenversicherungsrecht, 1999, § 17 RdNr 72 f).

18

Darüber hinaus ist dem Wortlaut ebenfalls zu entnehmen, dass Anknüpfungspunkt einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV allein die (jeweilige) "Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit" des Betroffenen ist. Der Gesetzeswortlaut in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI definiert die Reichweite einer Befreiung von der Versicherungspflicht damit nicht über die konkreten inhaltlichen Merkmale der ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, wie etwa Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflichen Status. Vielmehr werden in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI ausschließlich die Rechtsbegriffe der Beschäftigung und der selbstständigen Tätigkeit verwendet. "Beschäftigung" wiederum wird in § 7 Abs 1 S 1 SGB IV als "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" definiert und in Abs 1 S 2 der Regelung gekennzeichnet als Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines (konkreten) Weisungsgebers(vgl zur Arbeitgebereigenschaft näher zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17 f mwN; hierzu auch Dankelmann in jurisPK-SGB VI, 1. Aufl 2008, § 6 RdNr 151).

19

Bei der Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin handelt es sich vor diesem Hintergrund schon deshalb offensichtlich nicht um diejenige Beschäftigung iS von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI, die der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht durch den Bescheid der BfA vom 29.12.1997 zugrunde lag, weil es sich bei der Klägerin um einen anderen Arbeitgeber als das St. J. Krankenhaus handelt und ein anderes Arbeitsverhältnis und eine andere Beschäftigung im Raum steht.

20

(2) Die Maßgeblichkeit der alleinigen Anknüpfung an die konkrete Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI wird durch eine systematische Betrachtung der Befreiungsregelungen des SGB VI bestätigt.

21

So knüpft das Gesetz bei der Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für die - im Falle des Beigeladenen betroffenen - Angehörigen der freien verkammerten Berufe in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI an die wegen der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit bestehende Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung bei gleichzeitiger Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Kammer an. Dies steht zB im Gegensatz zur Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht für Lehrer oder Erzieher in § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI, worin kein solches qualifiziertes Befreiungserfordernis geregelt ist, sondern an eine bloße Berufsgruppenbezeichnung unabhängig vom dienstrechtlichen Status der Erwerbstätigkeit angeknüpft wird.

22

Darüber hinaus hat das Gesetz in der Sonderregelung des § 231 Abs 1 S 1 SGB VI festgelegt, dass Beschäftigte, die (unter Geltung des Vorgängerrechts im Angestelltenversicherungsgesetz) am 31.12.1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, lediglich in "derselben Beschäftigung" von der Versicherungspflicht in der GRV befreit bleiben. In dieser Bestandsschutzregelung kommt - übereinstimmend mit § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI - zum Ausdruck, dass der betroffene Personenkreis durch eine ausgesprochene Befreiung nur in Bezug auf die konkret ausgeübte Beschäftigung begünstigt bleiben soll, nicht aber für andere Erwerbstätigkeiten.

23

(3) Der Vergleich der vor 1992 maßgebenden mit der danach geltenden Rechtslage zeigt ebenfalls, dass der Gesetzgeber das Recht der Befreiung von der Versicherungspflicht durch das RRG 1992 (BGBl 1989 I 2261) umfassend neu ausgestaltet hat (hierzu bereits BSGE 83, 74, 77 f = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58 f). Zur Begründung der auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit begrenzten Reichweite der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI heißt es in den Gesetzesmaterialien, dass dies in Übereinstimmung mit den Grundsätzen zur Mehrfachbeschäftigung und mit § 5 Abs 1 SGB VI den sozialen Schutz der Betroffenen verbessern solle(Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zum Rentenreformgesetz 1992, BT-Drucks 11/4124 S 152). Im Übergangsrecht hat sich der Gesetzgeber zudem in § 231 Abs 1 S 1 SGB VI bewusst gegen eine einseitige Beachtung der Interessen der bereits von der Versicherungspflicht in der GRV befreiten Personen an der Aufrechterhaltung der Befreiung entschieden; mit der Regelung sollte vielmehr ein Ausgleich mit den gegenläufigen Interessen der Solidargemeinschaft herbeigeführt werden (Gesetzentwurf zum Rentenreformgesetz 1992, aaO, S 197 zu § 226).

24

bb) Die gegen die aufgezeigte Auslegung vorgebrachten Gesichtspunkte greifen nicht durch.

25

(1) Die von den Beteiligten in den Mittelpunkt ihres Vorbringens im Revisionsverfahren gerückte und vom LSG vertieft erörterte Frage, inwieweit es sich bei der Tätigkeit eines Pharmaberaters um eine "ärztliche Tätigkeit" handelt bzw handeln kann, ist für die vorliegend allein zu entscheidende Frage der Reichweite einer für eine konkrete Beschäftigung erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 S 1 SGB VI ohne Belang.

26

(2) Mit Rücksicht auf die Ausführungen unter aa) kann dem LSG auch nicht gefolgt werden, soweit es in Übereinstimmung mit einer in der Literatur (Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand VI/08, K § 6 RdNr 131; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 93; Klattenhoff, DAngVers 1996, 404, 410) vertretenen Auffassung angenommen hat, "Beschäftigung" iS von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI sei jede berufsgruppenspezifische Tätigkeit, für die die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB VI vorlägen. Diese Ansicht findet im Wortlaut des § 6 Abs 5 S 1 SGB VI jedenfalls dann, wenn es - wie im vorliegenden Fall - um eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für eine Beschäftigung geht, keine Stütze.

27

Diese Auffassung kann sich auch nicht auf das Urteil des seinerzeit zuständig gewesenen 1. Senats des BSG vom 18.9.1963 (1 RA 202/62 - BSGE 20, 37 = SozR Nr 3 zu § 7 AVG) stützen, weil die dortigen Ausführungen zur alten Rechtslage in § 7 Abs 2 AVG ergangen sind(hierzu bereits Urteil des Senats vom 30.4.1997 - 12 RK 34/96 - BSGE 80, 215, 219 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 14). Wie oben dargelegt, knüpft die vorliegend maßgebende Nachfolgeregelung des § 6 Abs 5 S 1 SGB VI demgegenüber allein an die Merkmale "Beschäftigung"(§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV)bzw "selbstständige Tätigkeit" an und zwar gerade nicht im Sinne eines bestimmten Berufsbildes oä (vgl oben 3. a) aa)).

28

Gegen die hier vorgenommene Auslegung spricht ebenso wenig das Urteil des 5. Senats des BSG vom 22.10.1998 (BSGE 83, 74, 81 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 62). Darin wird ausgeführt, dass die ältere Rechtsprechung des BSG in Fällen, in denen nach dem Ausscheiden aus der Pflichtmitgliedschaft noch eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit ausgeübt wurde, eine Fortdauer der Versicherungsbefreiung bei freiwilliger Weiterversicherung in der berufsständischen Versorgung angenommen hatte. Die Entscheidungsgründe des Urteils enthalten indessen keine Ausführungen dazu, ob und inwieweit auch unter der Geltung von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Merkmal "berufsgruppenspezifische Beschäftigung" maßgebend sein kann. Vielmehr beschränkt sich die Urteilsbegründung des 5. Senats auf die Feststellung, dass die Klägerin im dortigen Verfahren keine berufsgruppenspezifische Beschäftigung ausgeübt habe.

29

Im Übrigen könnte sich die og Auffassung auch nicht unter teleologischen Gesichtspunkten darauf stützen, in effektiver Weise zur Verwaltungsvereinfachung beizutragen, indem sie die Betroffenen davon entbinde, bei jedem Beschäftigungswechsel einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht zu stellen. Im Gegenteil würde gerade die Etablierung des Merkmals der berufsgruppenspezifischen Beschäftigung zu erheblichen Abgrenzungs- und Definitionsproblemen führen. Darüber hinaus würde es zu erheblichen Problemen bei der Beurteilung von Sachverhalten führen, in denen Versicherte bei einem Wechsel der Beschäftigung - in der irrigen Annahme, die neue Beschäftigung sei (ebenfalls) "berufsgruppenspezifisch" - keinen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht stellen und damit den Trägern der GRV keine zeitnahe Prüfung des (weiteren) Vorliegens der Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der neuen Beschäftigung ermöglichen. In diesen Fällen droht, dass die Rentenversicherungsträger - wie im vorliegenden Fall geschehen - uU erst Jahre nach dem Wechsel der Beschäftigung hiervon erfahren, in der neuen Beschäftigung aber wegen Wegfalls der Voraussetzungen für eine Befreiung Versicherungspflicht besteht und erhebliche Beiträge zur GRV nachzufordern sind.

30

cc) Rechtsfehlerfrei hat das LSG angenommen, dass keine Verpflichtung der Beklagten besteht, die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 S 2 SGB VI auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin zu erstrecken. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in den Fällen des § 6 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil es sich bei der im streitigen Zeitraum verrichteten Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht um eine von vornherein zeitlich begrenzte Beschäftigung gehandelt hat. Im Hinblick hierauf kann offenbleiben, ob die Erstreckung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI - ebenso wie die ursprüngliche Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 SGB VI - von einem vorherigen Antrag(§ 6 Abs 2 SGB VI) abhängig ist. Hierfür könnte sprechen, dass nach der Systematik des Befreiungsrechts ggf auch die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen muss.

31

b) Trotz der vorstehenden Ausführungen unter a) kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG gleichwohl nicht abschließend über das Vorliegen von Versicherungspflicht des Beigeladenen in seiner vom 1.5.2000 bis 31.12.2003 bei der Klägerin ausgeübten Beschäftigung entscheiden. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

32

Das LSG hätte dem Vortrag des Beigeladenen nachgehen müssen, dass er infolge einer telefonischen Auskunft der Beklagten davon abgehalten worden sei, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für die Beschäftigung bei der Klägerin zu beantragen bzw auf der formellen/schriftlichen Bescheidung eines schon telefonisch gestellten Befreiungsantrags zu bestehen. Sollte sich dieses Vorbringen als zutreffend herausstellen, könnten der Feststellung von Versicherungspflicht in der GRV in der noch streitigen Zeit ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bzw die Grundsätze von Treu und Glauben entgegenstehen.

33

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 12) verstößt es gegen Treu und Glauben, wenn ein Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht eines Betroffenen in der GRV feststellt, nachdem der Träger zuvor in einer Antwort auf die Frage des Betroffenen nach der Reichweite einer früheren Befreiung im Hinblick auf eine neu eingegangene Beschäftigung den Eindruck erzeugt hatte, auch insoweit trete wegen der schon erteilten früheren Befreiung keine Versicherungspflicht ein. An dieser Rechtsprechung - nach der es (anders als vom LSG zugrundegelegt) nicht darauf ankommt, ob Verlautbarungen des Rentenversicherungsträgers in Schriftform oder nur mündlich erfolgten - hält der Senat fest. In Betracht kommt darüber hinaus (alternativ) eine Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Danach kann ein Betroffener bei Betreuungspflichtverletzungen eines Sozialversicherungsträgers so zu behandeln sein, als hätte der angegangene Träger die ihm obliegenden Pflichten (vgl §§ 14, 15 SGB I)ordnungsgemäß erfüllt (vgl zB BSGE 65, 21, 26 = SozR 4100 § 137 Nr 12 S 16; BSGE 89, 50, 53 ff = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 6; Urteil des Senats vom 29.8.2012 - B 12 R 7/10 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2600 § 2 Nr 16 RdNr 28 vorgesehen). Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beigeladene falsch beraten und/oder durch eine falsche Auskunft der Beklagten von einer erneuten Antragstellung abgehalten wurde, hätte dies zur Folge, dass der Beigeladene so behandelt werden muss, als wäre ein seinerzeit gestellter Befreiungsantrag rechtmäßig beschieden worden.

34

bb) Entgegen den Erwägungen des LSG, die in den Ausführungen seiner Entscheidungsgründe anklingen, ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Beigeladene auf einen entsprechenden Antrag hin von der Beklagten von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für die von ihm ausgeübte Beschäftigung zu befreien gewesen wäre, wenn er wegen dieser Beschäftigung Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer war. Dies ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen. Dabei ist wegen § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a SGB VI auch zu prüfen, ob am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für die Berufsgruppe der die Beschäftigung zuzuordnen ist, bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat. Zwar bezieht sich das Wort "ihre" in Buchst a auf "Beschäftigte und selbstständig Tätige“ eingangs der Nr 1 des § 6 Abs 1 S 1 SGB VI, doch kommt es insoweit wegen der Anknüpfung der Befreiung an die konkret ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit, nicht auf die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten bzw Selbstständigen an. Maßgebend ist vielmehr die Klassifikation konkret der Tätigkeit, für die die Befreiung begehrt wird.

35

Die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des LSG schon deshalb nicht allein durch den Hinweis auf § 75 AMG verneint werden; denn aus der Verwendung des Begriffs Pharmaberater durch die Klägerin und den Beigeladenen folgt noch nicht, dass die konkreten Umstände der Beschäftigung tatsächlich der Legaldefinition des § 75 Abs 1 AMG entsprechen. Hinzu kommt, dass es sich bei dem in § 75 Abs 1 AMG verwendeten Begriff des Pharmaberaters anders als bei dem des in § 75 Abs 2 Nr 3 AMG genannten (geprüften) Pharmareferenten (vgl Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Pharmareferent/Geprüfte Pharmareferentin vom 26.6.2007, BGBl I 1192) nicht um eine geschützte Berufsbezeichnung, sondern um eine Tätigkeitsbeschreibung handelt (vgl zB Schickert in Kügel, AMG, 2012, § 75 RdNr 3 mwN).

36

cc) Das vom LSG darüber hinaus problematisierte Fehlen der von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI geforderten Bestätigung der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde steht einer Befreiung des Beigeladenen von der Versicherungspflicht in der GRV ebenfalls nicht von vornherein entgegen. Nach der gesetzlichen Konzeption geht die Bestätigung der letztlich bindenden Entscheidung des Rentenversicherungsträgers voraus (vgl Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 143, Stand Einzelkommentierung VI/08; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 73). Es ist jedoch kein Grund erkennbar, dass die Einholung einer ggf fehlenden Bestätigung gemäß § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI nicht auch noch im Rahmen eines Rechtsstreits über die Befreiung von der Versicherungspflicht nachgeholt werden könnte.

37

dd) Nach alledem muss das LSG die notwendigen Feststellungen zum Ablauf des vom Beigeladenen behaupteten Telefongesprächs und dessen Inhalt nachholen und sodann erneut über die Berufung des Beigeladenen entscheiden. Dabei wird das LSG insbesondere das vom Beigeladenen mit Schriftsatz vom 1.3.2010 vorgelegte Schreiben seiner (damaligen) Lebenspartnerin vom 25.1.2010 zu würdigen und ggf dem darin gemachten Beweisangebot ihrer Vernehmung als Zeugin nachzugehen haben. In dem vorgelegten Schreiben bestätigt diese, dass der Beigeladene im Juni/Juli 2000 von der BfA die telefonische Auskunft erhalten habe, eine (erneute) Befreiung sei weder nötig noch überhaupt möglich; im Hinblick auf diese Aussage habe der Beigeladene von einer weiteren Erkundigung oder einer schriftlichen Anfrage Abstand genommen.

38

4. Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten, wobei in Bezug auf die Kosten das Revisionsverfahren allein eine Anwendung des § 193 SGG und nicht diejenige nach § 197a SGG angezeigt ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass er Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren nicht zu entrichten hat.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer für eine Tätigkeit als Steuerberater erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).

2

Der 1977 geborene Kläger war als Steuerberater in einer Steuerberaterkanzlei beschäftigt. Auf seinen Antrag befreite ihn die beklagte Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund durch Bescheid vom 7.4.2005 von der Versicherungspflicht in der GRV ab 10.2.2005 hinsichtlich seiner Beschäftigung bzw Tätigkeit als Steuerberater aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und seiner Mitgliedschaft in der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung in der Bayerischen Versorgungskammer. Mit Schreiben vom 22.3.2006 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er zum 3.4.2006 als Referendar in den juristischen Vorbereitungsdienst eintreten und demzufolge seine Steuerberaterzulassung mit Ablauf des 31.3.2006 niederlegen werde. Die Bayerische Versorgungskammer informierte die Beklagte darüber, dass der Kläger bis 31.3.2006 kraft Gesetzes ihr Pflichtmitglied gewesen sei; die Mitgliedschaft werde ab 1.4.2006 freiwillig fortgesetzt. Die Beklagte hob daraufhin den früheren Befreiungsbescheid mit Bescheid vom 17.5.2006 auf, da der Kläger aus der Steuerberaterkammer ausgeschieden sei. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und beantragte die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 SGB VI über den 31.3.2006 hinaus. Er habe auf seine Zulassung als Steuerberater für die Dauer des Referendariats verzichten müssen; die bisher ausgeübte Tätigkeit in der Steuerberaterkanzlei werde als genehmigte Nebentätigkeit zum Referendariat auf 400-Euro-Basis fortgeführt; an die zuständige Versorgungskammer werde er den Grundbeitrag abführen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

3

Die dagegen erhobene Klage hat das SG durch Urteil vom 14.2.2008 abgewiesen, die Berufung hat das LSG durch Urteil vom 17.12.2009 zurückgewiesen: Bei der vom Kläger während der Referendarzeit ausgeübten Beschäftigung als Steuerberater habe es sich um die Beschäftigung gehandelt, für die die Beklagte ursprünglich die Befreiung von der Versicherungspflicht ausgesprochen habe. Es sei nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um eine "andere" versicherungspflichtige Tätigkeit iS von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI gehandelt habe. Mit dem Ausscheiden des Klägers aus der Steuerberaterkammer seien die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI entfallen. Über den zusätzlichen Antrag des Klägers auf Abführung der Rentenversicherungsbeiträge an die Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung sei nicht zu entscheiden, weil er erstmals nach Ablauf der Klagefrist geltend gemacht worden sei. Der Antrag setze zudem die Aufhebung der angefochtenen Bescheide voraus, dem schon nicht stattzugeben sei.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 62 SGG iVm Art 103 Abs 1 GG, § 75 Abs 2 SGG sowie von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI. Das LSG habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten, indem es seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, dass er während des Referendariats als Steuerberater weitergearbeitet habe. Tatsächlich habe es sich bei der Tätigkeit mit einem wöchentlichen Zeitdeputat von fünf Stunden um eine Hilfstätigkeit gehandelt, die eine Qualifikation als Steuerberater nicht voraussetzte. Die Abweisung des zweiten Klageantrags wegen Verfristung sei verfahrensfehlerhaft überraschend erfolgt. Die DRV Knappschaft-Bahn-See habe als zuständige Einzugsstelle beigeladen werden müssen. In der Sache erfülle die ab 1.4.2006 ausgeübte Beschäftigung die Voraussetzungen nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI, da sie befristet gewesen sei und die Vorschrift das weitere Vorliegen der Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 SGB VI nicht verlange.

5

Der Kläger beantragt,

        

die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2009 und des Sozialgerichts München vom 14. Februar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2006 aufzuheben und

        

1.    

festzustellen, dass die im Bescheid der Beklagten vom 7. April 2005 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch die ab dem 1. April 2006 ausgeübte Beschäftigung in einer Steuerberaterkanzlei erfasst,
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, die in ihrem Bescheid vom 7. April 2005 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch auf diese Beschäftigung zu erstrecken,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, die für ihn im Zeitraum vom 1. April 2006 bis 31. März 2008 an die Einzugsstelle abgeführten Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 1896 Euro zu seinen Gunsten an die Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung zu überführen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Sie verweist auf den Gesetzeswortlaut von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI, der ausdrücklich von einer "Erstreckung" der Befreiung von der Versicherungspflicht spreche. Demzufolge müssten die Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 SGB VI auch bei Ausübung einer Tätigkeit oder Beschäftigung iS von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI weiterhin vorliegen. Dafür gebe es entgegen der Ansicht des Klägers auch durchaus Anwendungsfälle.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist insgesamt unbegründet.

9

Die vorinstanzlichen Urteile lassen Rechtsfehler zu Lasten des Klägers nicht erkennen. Das LSG hat die Rechtmäßigkeit der durch die angegriffenen Bescheide der beklagten DRV erfolgten Aufhebung des ursprünglichen Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV zu Recht angenommen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht entfallen sind und daher die ursprüngliche Befreiung von der Versicherungspflicht die im streitigen Zeitraum vom 1.4.2006 bis 31.3.2008 ausgeübte Beschäftigung nicht umfasst. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG ferner entschieden, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV nicht auf die ab 1.4.2006 ausgeübte Beschäftigung "erstreckt". Schließlich hat es die Klage hinsichtlich des Begehrens auf Überführung der insoweit geleisteten Rentenversicherungsbeiträge an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung rechtsfehlerfrei abgewiesen.

10

1. Die Klage ist hinsichtlich der Frage der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht als Anfechtungs- und Feststellungsklage, der Hilfsantrag als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig (dazu a); hinsichtlich der Überführung der geleisteten Beiträge zur GRV an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung ist die Klage unzulässig (dazu b). Einer Beiladung der DRV Knappschaft-Bahn-See zum Rechtsstreit noch im Revisionsverfahren (vgl § 168 S 2 SGG) bedurfte es bei alledem nicht (dazu c).

11

a) Soweit sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2006 wendet, ist seine Klage als Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) verbunden mit einer Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG) bzw verbunden mit einer Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) zulässig. Eine isolierte Anfechtungsklage würde seinem Begehren nur unzureichend Rechnung tragen. Es ist nämlich nicht auf die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Aufhebung des ursprünglichen Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV beschränkt. Vielmehr macht der Kläger geltend, dass er auch in der im streitigen Zeitraum ausgeübten Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit bzw zu befreien sei.

12

Für das Hauptbegehren des Klägers ist die Feststellungsklage statthaft und zulässig, weil er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Bestehens und des Umfangs seiner Befreiung von der Versicherungspflicht hat. Für sein Hilfsbegehren ist die Verpflichtungsklage statthaft. Zwar legt der Wortlaut von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI nicht zwingend des Schluss nahe, dass über die Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht ein Verwaltungsakt zu ergehen hat, weil der darin verwendete Begriff der "Erstreckung" dahingehend verstanden werden könnte, dass es lediglich um eine unmittelbar aus dem Gesetz abzuleitende Definition der Reichweite der Befreiung von der Versicherungspflicht geht(so werden die Ausführungen in BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 interpretiert; vgl hierzu Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Einzelkommentierung 5/2008, K § 6 RdNr 136 mwN; Gürtner in Kasseler Komm, Stand Einzelkommentierung Oktober 2011, § 6 SGB VI RdNr 31). Hiergegen spricht jedoch, dass über die "Erstreckung" der Befreiung - ebenso wie über die ursprüngliche Befreiung selbst - vom Rentenversicherungsträger durch Verwaltungsakt entschieden werden muss (vgl hierzu Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Einzelkommentierung 5/2008, K § 6 RdNr 136). Ein solcher ist mit der Verpflichtungsklage zu erstreiten.

13

b) Hinsichtlich der vom Kläger begehrten Überführung der geleisteten Beiträge an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung hat das LSG die Klage insoweit zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger sein Begehren erstmalig im Klageverfahren geltend gemacht hat, damit nicht zuvor an die Beklagte herangetreten, keine entsprechende Verwaltungsentscheidung ergangen und auch kein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Klage insoweit auch nicht als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs 5 SGG zulässig, weil dies voraussetzen würde, dass ein entsprechender Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil der Kläger schon deshalb ein über die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Beiträge nach § 26 Abs 2 SGB IV hinaus gehendes Begehren verfolgt, weil er ausdrücklich eine unmittelbare Überführung der geleisteten Beiträge an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung beantragt hat. Darüber hinaus wäre eine Entscheidung der Beklagten auch deshalb erforderlich, weil ein Beitragserstattungsanspruch nach § 26 Abs 3 S 1 SGB IV nur demjenigen zusteht, der die Beiträge "getragen" hat. Da der Kläger auch eine Überführung des von seinem Arbeitgeber getragenen Beitragsanteils begehrt und sich insoweit auf eine entsprechende Abtretung beruft, wäre eine Entscheidung der Beklagten über deren Wirksamkeit erforderlich gewesen.

14

c) Einer abschließenden Sachentscheidung des Senats steht in prozessualer Hinsicht die unterbliebene Beiladung der DRV Knappschaft-Bahn-See nicht entgegen. Auf eine Beiladung im Revisionsverfahren kann nämlich verzichtet werden, wenn das Ergebnis des Rechtsstreits den Beizuladenden weder verfahrens- noch materiell-rechtlich benachteiligen kann (so zB BSGE 96, 190 = SozR 4-4300 § 421g Nr 1, RdNr 20 mwN; BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34). So verhält es sich hier. Da die Klage hinsichtlich der begehrten Überführung der Beiträge bereits unzulässig ist, ist eine Betroffenheit der DRV Knappschaft-Bahn-See unter keinem verfahrens- oder materiell-rechtlichen Aspekt denkbar.

15

2. Die Vorinstanzen haben in der Sache zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtmäßig sind (dazu a) und zutreffend angenommen, dass die ursprünglich ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV die im streitigen Zeitraum vom 1.4.2006 bis 31.3.2008 ausgeübte Beschäftigung nicht umfasst (dazu b), sowie - im Ergebnis - zutreffend eine Verpflichtung der Beklagten zur "Erstreckung" der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht auf die spätere Beschäftigung abgelehnt (dazu c).

16

a) Die Aufhebung des die Befreiung von der Versicherungspflicht regelnden ursprünglichen Verwaltungsakts vom 7.4.2005 durch die hier angefochtenen Bescheide der Beklagten ist rechtmäßig, weil in den Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

17

aa) Die Beklagte war grundsätzlich zur auf diese Regelung gestützten Aufhebung des ursprünglichen Bescheides berechtigt, weil das Recht des SGB VI insoweit keine Sonderregelung iS von § 37 S 1 SGB I enthält.

18

Zwar hat der 5. Senat des BSG entschieden, dass sich aus dem Tätigkeitsbezug der Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 5 und § 231 SGB VI eine von vornherein auf die jeweilige Tätigkeit oder Beschäftigung beschränkte Wirkung der Befreiung ergebe. In Bezug auf eine andere Beschäftigung werde der Befreiungsbescheid nicht rechtswidrig, sondern lediglich gegenstandslos (so BSGE 83, 74, 78 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 59). Ein solcher Befreiungsbescheid erledige sich auch nicht iS des § 39 Abs 2 SGB X auf andere Weise, da er bei der erneuten Aufnahme der ursprünglichen Beschäftigung Wirkungen entfalte und es insoweit keines neuen Befreiungsantrags bedürfe. Der - im vorliegenden Revisionsverfahren zuständige - 12. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen und ausgeführt, dass ein Befreiungsbescheid selbst bei Befreiungen, die vor dem 1.1.1992 nach § 7 Abs 2 Angestelltenversicherungsgesetz ausgesprochen worden sind, nicht aufgehoben werden muss, da die Versicherungspflicht in einer anderen Beschäftigung kraft Gesetzes eintritt(SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 10). Gegenstand dieser Rechtsprechung waren allerdings jeweils Sachverhalte, in denen über die Reichweite einer früher ausgesprochenen Befreiung von der Versicherungspflicht gestritten wurde, nicht aber ging es - wie vorliegend - um die Rechtmäßigkeit einer erfolgten ausdrücklichen Aufhebung eines Verwaltungsakts über die Befreiung von der Versicherungspflicht. Die zitierte Rechtsprechung schließt daher nicht aus, dass der Rentenversicherungsträger jedenfalls gleichwohl einen entsprechenden Verwaltungsakt über die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs 1 SGB X - quasi deklaratorisch - aufhebt.

19

bb) Eine von der Beklagten zugrunde gelegte Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse iS von § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist hier bereits deshalb anzunehmen, weil der Kläger mit Ablauf des 31.3.2006 nicht länger als Steuerberater tätig war. Mit der Niederlegung seiner Zulassung als Steuerberater und infolgedessen seinem Ausscheiden aus der Steuerberaterkammer mit Ablauf des 31.3.2006 entfiel die von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI idF des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) vorausgesetzte, kraft gesetzlicher Verpflichtung bestehende Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer. Der nachträgliche Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen führt regelmäßig zur Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs 1 S 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft(so für das Ausscheiden aus der Berufsgruppe, für die die Versorgungseinrichtung errichtet wurde, BSGE 80, 215, 217 und LS 1 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4; BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 1997-9733).

20

cc) Die Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist auch "wesentlich" iS von § 48 Abs 1 S 1 SGB X, da sie zum Wegfall einer Voraussetzung für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führt und ein Fortbestand des Befreiungsstatus nicht in Betracht kommt. Bereits die Aufgabe der Tätigkeit als (zugelassener) Steuerberater ist als "wesentliche" Änderung zu qualifizieren, da § 6 Abs 5 S 1 SGB VI die Befreiung von der Versicherungspflicht auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt(vgl bereits BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 mwN; BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 ff; s hierzu nunmehr auch näher Senatsurteile vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R und B 12 R 5/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht konnte daher weder die in der Steuerberaterkanzlei ab 1.4.2006 verrichtete Beschäftigung umfassen (dazu b) noch kommt eine "Erstreckung" der Befreiung auf diese Beschäftigung in Betracht (dazu c).

21

dd) Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 17.5.2006 ist im Übrigen nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte den Kläger nicht gemäß § 24 Abs 1 SGB X vor Erlass des Bescheids angehört hatte. Die Anhörung holte die Beklagte im Widerspruchsverfahren nach, wodurch Heilung eintrat (§ 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB X).

22

b) Rechtsfehlerfrei haben die Vorinstanzen entschieden, dass der Kläger in seiner im streitigen Zeitraum ausgeübten Beschäftigung, hinsichtlich derer der Kläger nach den Feststellungen des LSG auf die Versicherungsfreiheit wegen geringfügiger Beschäftigung (vgl § 5 Abs 2 S 2 SGB VI idF vom 23.12.2002, BGBl I 4621) verzichtete, nicht von der Versicherungspflicht in der GRV befreit war. Die insoweit ausgeübte Beschäftigung führte auch nicht zu einer Pflichtmitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und erfüllte daher nicht die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI. Schließlich umfasste die für die frühere Tätigkeit als Steuerberater ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht nicht die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung, da der Verwaltungsakt über die Befreiung von der Versicherungspflicht zu Recht von der Beklagten mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wurde.

23

c) Im Ergebnis zu Recht hat das LSG die vom Kläger hilfsweise begehrte Verpflichtung der Beklagten abgelehnt, die ursprüngliche Befreiung von der Versicherungspflicht auch auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung als andere versicherungspflichtige Tätigkeit nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI zu "erstrecken".

24

aa) Der Auffassung des LSG, die Anwendung von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung mit der zuvor verrichteten Tätigkeit als Steuerberater identisch gewesen sei und daher keine andere versicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne der Vorschrift vorgelegen habe, ist allerdings nicht zu folgen. Zwar führte der Kläger noch im Widerspruchsverfahren aus, dass er seine bisher ausgeübte Tätigkeit in der Steuerberaterkanzlei J. K., auf die sich die bisherige Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI bezog, als genehmigte Tätigkeit zum Referendariat auf "400 Euro-Basis" fortführe. Eine "Identität" der früheren Tätigkeit als Steuerberater mit der ab 1.4.2006 ausgeübten Beschäftigung kann aber schon deshalb nicht vorliegen, weil der Kläger nach eigenen Angaben mit Ablauf des 31.3.2006 seine Zulassung als Steuerberater niedergelegt hatte; nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) war er aus der Steuerberaterkammer ausgeschieden und durfte daher nicht länger als Steuerberater tätig sein (vgl § 32 Abs 2, § 40 Abs 1 S 1, § 46 Abs 2 Steuerberatungsgesetz).

25

bb) Im Ergebnis zutreffend hat das LSG eine Verpflichtung der Beklagten zur "Erstreckung" der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI abgelehnt. Es kann offenbleiben, ob die Erstreckung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI - ebenso wie die ursprüngliche Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 SGB VI - von einem vorherigen Antrag(§ 6 Abs 2 SGB VI) abhängig ist. Hierfür könnte sprechen, dass nach der Systematik des Befreiungsrechts ggf auch die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen muss. Jedenfalls verlangt die Anwendung der Vorschrift ua das ununterbrochene Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach § 6 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB VI (= Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer). Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift, ihrer systematischen Stellung und ihrem Sinn und Zweck.

26

(1) Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 5 S 2 SGB VI "erstreckt" sich die Befreiung in den Fällen des Abs 1 Nr 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die danach vorgesehene "Erstreckung" der Befreiung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit kommt nur in Betracht, wenn der zur ursprünglichen Befreiung führende Sachverhalt (= Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer) auch weiterhin vorliegt; denn nach dem Wortsinn kann nur ein überhaupt noch bestehender Befreiungsstatus auf eine andere Tätigkeit erstreckt werden.

27

(2) Die systematische Stellung der Vorschrift im Anschluss an die gesetzliche Definition des auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkten Bezugspunkts der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI verdeutlicht im Zusammenhang mit der in ihr genannten Tatbestandsvoraussetzung einer zeitlich begrenzten anderen Tätigkeit, dass die Vorschrift lediglich eine Regelung enthält, die sich auf eine andere vorübergehende selbstständige Tätigkeit bzw Beschäftigung bezieht, und daher keinen von den grundlegenden Voraussetzungen in § 6 Abs 1 S 1 SGB VI losgelösten eigenständigen Befreiungstatbestand darstellt. Da im vorliegenden Fall diese frühere Tätigkeit unterbrochen wurde, braucht der Senat die in der sozialrechtlichen Literatur umstrittene Frage der Anwendbarkeit von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI auf eine andere Tätigkeit, die neben einer zur Befreiung von der Versicherungspflicht führenden Tätigkeit ausgeübt wird, nicht zu entscheiden(verneinend: Boecken in GK-SGB VI, Stand Januar 2007, § 6 RdNr 182; bejahend: Voelzke in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts - Rentenversicherungsrecht, 1999, § 17 RdNr 74; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Einzelkommentierung VI/08 Lfg 5/08, K § 6 RdNr 133; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 96).

28

(3) Diese Auslegung wird auch durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Zum Zweck der Vorschrift wird im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) angeführt, sie solle sicherstellen, dass eine vorübergehende berufsfremde Tätigkeit nicht zu einem Wechsel des Alterssicherungssystems führt. Die Regelung solle insbesondere für die Zeit des Wehrdienstes gelten (Gesetzentwurf, aaO, BT-Drucks 11/4124 S 152 zu § 6 Abs 5). Diese Begründung knüpft ebenfalls allein an den vorübergehenden Tätigkeitswechsel an (vgl Boecken, aaO). Sie beinhaltet keine Aussage dahin, dass das Ziel der Vermeidung eines Wechsels des Alterssicherungssystem auch dann eine Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht legitimieren soll, wenn die grundlegenden Befreiungsvoraussetzungen - insbesondere die Pflichtmitgliedschaften in der berufsständischen Versorgungseinrichtung und in der berufsständischen Kammer - nicht bzw nicht mehr vorliegen.

29

(4) Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 6 Abs 5 S 2 SGB VI bei der aufgezeigten Auslegung nicht etwa ohne Anwendungsbereich. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf eine Konstellation hingewiesen, die sich aus dem Berufsrecht der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ergeben kann: Die dortige Regelung der Untersagung der Ausübung des Berufs als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt in § 47 Abs 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) hat einen weitergehenden Anwendungsbereich als die entsprechende Regelung im Recht der Steuerberaterinnen und Steuerberater in § 59 S 1 StBerG und erfasst ua Verwendungen als Richter oder Beamte, ohne auf Lebenszeit ernannt zu sein. Im Anwendungsbereich des § 47 Abs 1 BRAO behält der Rechtsanwalt aber seine Zulassung und ist ua verpflichtet, den Kammerbeitrag zu zahlen(vgl Kilian in Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl 2010, § 47 RdNr 3, 12 mwN). Eine derart weitgehende zulassungserhaltende Untersagung der Berufsausübung ist dem Berufsrecht der Steuerberater fremd. § 59 S 1 StBerG sieht ein Verbot der Berufsausübung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter grundsätzlich nur in den Fällen vor, in denen ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis als Wahlbeamter auf Zeit oder ein öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis eingegangen ist. Im Übrigen gilt hinsichtlich der Inkompatibilität mit anderen Tätigkeiten die Grundnorm in § 57 StBerG. Ein weiterer Anwendungsfall des § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI ist etwa bei einem Privatschullehrer denkbar, der vorübergehend, zB zu Fortbildungszwecken, an eine staatliche Schule abgeordnet wird, seine Bezüge aber weiterhin von einer Privatschule erhält(vgl KomGRV, Stand September 2011, § 6 RdNr 11).

30

3. Die gewonnene Auslegung verletzt im Übrigen keine Grundrechte des Klägers. Von Verfassungswegen besteht kein Wahlrecht, das es ermöglichen würde, im Laufe eines Berufslebens die jeweils günstigste Versorgungsmöglichkeit zu wählen oder an ihr festzuhalten und die Anwendung aller anderen Versicherungspflichttatbestände auszuschließen (BVerfG Kammerbeschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 1776/97 - SozR 4-2600 § 6 Nr 1 RdNr 11). Demzufolge hat es das BVerfG (ebenda) - unter Bestätigung der Rechtsprechung des Senats (BSGE 80, 215 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4) - als mit dem GG vereinbar angesehen, dass die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wegen der Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk endet, wenn der Betroffene der Berufsgruppe nicht mehr angehört, für die das Versorgungswerk errichtet wurde. Daran ist festzuhalten.

31

4. Auch die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängel führen schließlich zu keinem ihm günstigen Ergebnis.

32

Die Feststellung des LSG, wonach der Kläger sein bisheriges Beschäftigungsverhältnis als Steuerberater im streitigen Zeitraum fortgeführt habe, ist zwar unzutreffend, wirkt sich auf das Ergebnis des Rechtsstreits nicht aus, weil das LSG ebenfalls - im Revisionsverfahren unbeanstandet - festgestellt hat, dass der Kläger seine Zulassung zum Steuerberater zum 31.3.2006 niederlegte. Diese Feststellung hat das LSG - wie dargelegt - zu Recht seinem Urteil zugrunde gelegt und entschieden, dass damit die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI entfielen.

33

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hat die demgegenüber vom LSG getroffene, auf § 192 SGG gestützte Kostenentscheidung geändert(vgl allgemein zur entsprechenden Befugnis des Rechtsmittelgerichts Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 193 RdNr 2a mwN), weil hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen der qualifizierten tatbestandlichen Voraussetzungen des § 192 Abs 1 S 1 SGG, insbesondere diejenigen der Nr 2 (Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung) nicht ersichtlich sind.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Die Revision des Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. März 2011 wird zurückgewiesen, soweit es die ihn betreffende, von der Beklagten gegenüber der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2003 geltend gemachte Beitragsforderung anbelangt.

Im Übrigen wird auf die Revision des Beigeladenen das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) sowie eine daran anknüpfende Beitragsforderung.

2

Der 1967 geborene Beigeladene ist approbierter Arzt. Auf seinen Antrag vom 11.10.1997 wurde er mit Blick auf sein Beschäftigungsverhältnis als Arzt im Praktikum bei dem St. J. Krankenhaus Bonn und seine Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung ab 1.10.1997 von der Versicherungspflicht in der GRV befreit (Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 29.12.1997). Der Beigeladene ist seit 1.4.1998 bei der Klägerin - einem Unternehmen der pharmazeutischen Industrie - beschäftigt. Vom 1.12.1999 bis 30.4.2000 war er dort als "Medical Manager Dermatologie/Rheumatologie" im Innendienst tätig und wurde danach im Außendienst als Pharmaberater eingesetzt. Nach den Feststellungen des LSG führte er dabei ua Patientengespräche und hielt medizinisch-wissenschaftliche Vorträge. Darüber hinaus bearbeitete er Anfragen zu Medikamenten, die er während seiner vorangegangenen Tätigkeit betreut hatte.

3

Aufgrund einer im Oktober 2004 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung für den Zeitraum 1.12.1999 bis 31.12.2003 stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund ua hinsichtlich des Beigeladenen für den gesamten Prüfzeitraum Versicherungspflicht in der GRV fest und forderte von der Klägerin Beiträge in Höhe von 43 435,05 Euro (Bescheid vom 1.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 1.3.2006).

4

Auf die hiergegen gerichtete Klage hat die Beklagte ua bezüglich des Beigeladenen ein Teilanerkenntnis abgegeben und die Beitragsnachforderung für den Zeitraum 1.12.1999 bis 30.4.2000 nicht mehr geltend gemacht. Das SG hat die darüber hinausgehende Klage durch Urteil vom 25.8.2009 abgewiesen.

5

Dagegen haben die Klägerin und der Beigeladene Berufung eingelegt. Mit Bescheid vom 28.10.2009 hat die Beklagte ihr Teilanerkenntnis ausgeführt und für den Beigeladenen nur noch Beiträge für die Zeit 1.5.2000 bis 31.12.2003 in Höhe von 39 232,50 Euro gefordert. Das LSG hat die Berufungen zurückgewiesen: Der Beigeladene sei in der im streitigen Zeitraum ausgeübten Tätigkeit nicht gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit gewesen. Die ihm früher erteilte Befreiung von Versicherungspflicht in der GRV wirke nach § 6 Abs 5 S 1 SGB VI nur für berufsgruppenspezifische Tätigkeiten, bei denen die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB VI vorlägen. Wenn eine berufsständische Versorgungseinrichtung eine Pflichtmitgliedschaft annehme, binde dies weder Verwaltung noch Gerichte. Eine Bindungswirkung könne allenfalls einer Bestätigung der für die berufsständischen Versorgungseinrichtung zuständigen Verwaltungsbehörde nach § 6 Abs 3 SGB VI zukommen. Bei der streitigen vom Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit handele es sich nicht um eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit, weil es sich nicht um eine Beschäftigung als Arzt gehandelt habe. Wie sich hinsichtlich der Tätigkeit als Pharmaberater auch aus § 75 Abs 1 S 1 Arzneimittelgesetz (AMG) ergebe, sei für diese Tätigkeit die Ausbildung als Arzt eine zwar hinreichende, nicht aber notwendige Voraussetzung. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Kammer sei im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang ohne Belang. Eine nach dem Vortrag des Beigeladenen erfolgte telefonische Auskunft der Beklagten über seine in der streitigen Beschäftigung fortbestehende Versicherungsfreiheit sei irrelevant, weil rechtlich verbindlich allenfalls eine - hier fehlende - schriftliche Bestätigung sein könnte. Die vielfältigen Beweisanträge des Beigeladenen seien mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen (Urteil vom 1.3.2011).

6

Hiergegen wendet sich der Beigeladene mit seiner Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 6 Abs 5 S 1 und Abs 1 S 1 SGB VI sowie von § 103 SGG. Das LSG überspanne die Anforderungen an das Vorliegen einer zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV führenden berufsspezifischen Tätigkeit. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liege eine ärztliche Tätigkeit auch dann vor, wenn der Betroffene im administrativen und organisatorischen Bereich tätig sei und in seinem nicht völlig berufsfremden Einsatzgebiet von seinen erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten profitieren könne. § 75 AMG habe nicht die Aufgabe, zu definieren, wann Ärzte berufsuntypische Tätigkeiten ausübten, sondern regele lediglich einen Mindeststandard für die Ausübung der Tätigkeit als Pharmaberater. Die vom LSG vorgenommene Auslegung des Merkmals "berufsspezifische Tätigkeit" im Sinne von "berufsgruppenspezifische Tätigkeit" dürfe nicht dazu führen, dass Merkmale der konkret verrichteten Tätigkeit unberücksichtigt blieben. Die Klägerin habe ihn (den Beigeladenen) bewusst als Arzt eingestellt. Nur durch sein Studium sei er in der Lage gewesen, Brustkrebsstudien durchzuführen, was er auch tatsächlich als Pharmaberater getan habe. Das gleiche gelte für die von ihm durchgeführte Schulung ärztlichen Personals. Soweit das LSG das Fehlen einer Bestätigung nach § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI problematisiere, habe es selbst zu ermitteln gehabt, ob es eine solche Bestätigung gebe. Er (der Beigeladene) nehme für sich zudem Vertrauensschutz in Anspruch, weil ihm anlässlich eines Telefonats mit einem Mitarbeiter der BfA im Juni/Juli 2000 mitgeteilt worden sei, eine (erneute) Befreiung von der Versicherungspflicht sei weder nötig noch möglich. Dies decke sich inhaltlich mit schriftlichen Auskünften, die Arbeitskolleginnen und -kollegen erhalten hätten. Dem habe das LSG nachgehen müssen.

7

Der Beigeladene beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 1. März 2011 und des Sozialgerichts Freiburg vom 25. August 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Fassung des Bescheides vom 2. Januar 2006, des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2006 und des Bescheides vom 28. Oktober 2009 aufzuheben,

        

1.    

soweit es die ihn (den Beigeladenen) betreffende für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2003 geltend gemachte Beitragsforderung anbelangt,

        

2.    

soweit es die Feststellung seiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in diesem Zeitraum betrifft.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt im Wesentlichen die inhaltlichen Ausführungen des LSG-Urteils. Da die Tätigkeit eines Pharmaberaters gemäß § 75 AMG auch Personen mit anderem Ausbildungshintergrund offen stehe, handele es sich hierbei nicht um eine - wie erforderlich - berufsgruppenspezifische Beschäftigung von Ärzten. Ein besonderer Vertrauensschutz sei bei dem Beigeladenen nicht anzuerkennen. Ob, wann und mit welchem Inhalt das von ihm angeblich im Juni/Juli 2000 geführte Telefonat erfolgt sei, sei nicht nachgewiesen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben komme ohnehin nur bei Vorlage einer - hier fehlenden - schriftlichen Äußerung des Rentenversicherungsträgers in Betracht.

10

Die Klägerin schließt sich dem Antrag des Beigeladenen an, soweit es den Klagepunkt 1. betrifft.

Entscheidungsgründe

11

Die insgesamt zulässige Revision des Beigeladenen (= Beschäftigter) ist hinsichtlich der Beitragsforderung der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund unbegründet. Hinsichtlich der darüber hinaus ebenfalls angefochtenen Feststellung der Versicherungspflicht in der GRV ist seine Revision im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung erfolgreich.

12

1. Da die Klägerin keine Revision eingelegt hat, sondern sich lediglich dem Antrag des Beigeladenen hinsichtlich der geltend gemachten Beitragsforderung angeschlossen hat, ist Gegenstand des Revisionsverfahrens in Bezug auf diesen Punkt (nur noch) das Begehren des Beigeladenen, die gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheide der Beklagten aufzuheben, soweit darin für den noch streitigen Zeitraum vom 1.5.2000 bis 31.12.2003 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin Pflichtbeiträge zur GRV in Höhe von (noch) 39 232,50 Euro gefordert werden. Entgegen den vom LSG aufgenommenen Anträgen der Beteiligten erschöpft sich der Rechtsstreit allerdings nicht allein in der Anfechtung entsprechender Beitragsbescheide der Beklagten, sondern umfasst auch und gerade die den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegende Feststellung von Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GRV. Über die Frage der Versicherungspflicht hat die Beklagte mitentschieden; hierzu hat das LSG auf Seite 19 der Entscheidungsgründe ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene in der streitigen Zeit bei der Klägerin kraft Gesetzes der Versicherungspflicht in der GRV unterlegen habe.

13

2. Hinsichtlich der von der Beklagten geltend gemachten Beitragsforderung ist die Revision des Beigeladenen unbegründet, weil ihm insoweit für eine Anfechtung der Bescheide der Beklagten die erforderliche Klagebefugnis bzw ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die durch die angefochtenen Bescheide geltend gemachte Beitragsforderung richtet sich ausschließlich an die Klägerin als Arbeitgeberin (§ 28e Abs 1 S 1 SGB IV), sodass die Anfechtungsklage des Beigeladenen insoweit unzulässig ist. Ein Rückgriff der Klägerin als Arbeitgeberin auf den Beigeladenen - und damit eine eigene Belastung durch den Beitragsbescheid - wäre lediglich in den engen Grenzen des § 28g S 3 SGB IV möglich. Danach darf ein unterbliebener Abzug aber nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist (vgl zu den - strengen - Arbeitgeberpflichten insoweit zB BSGE 48, 195 = SozR 2200 § 394 Nr 1; Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 28g RdNr 23 unter Hinweis auf BT-Drucks 11/2221 S 24; Wehrhahn in Kasseler Komm, § 28g SGB IV RdNr 12 mwN, Stand Einzelkommentierung Juni 2012). Die Beteiligten haben diesbezüglich weder vorgetragen, dass die Klägerin einen Rückgriff dem Beigeladenen gegenüber in Aussicht gestellt hat, noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Voraussetzungen für einen derartigen Rückgriff erfüllt sein könnten.

14

3. Die Revision des Beigeladenen ist in Bezug auf seine Versicherungspflicht in der GRV im (noch) streitigen Zeitraum 1.5.2000 bis 31.12.2003 im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Ob die diese Versicherungspflicht feststellenden Bescheide der Beklagten Bestand haben können, lässt sich vom Senat anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Zwar hat das LSG im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die in diesem Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht von der durch Bescheid vom 29.12.1997 erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht umfasst ist (dazu a). Es hätte jedoch dem Vortrag des Beigeladenen nachgehen müssen, er sei infolge einer telefonischen Auskunft der Beklagten davon abgehalten worden, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für seine Beschäftigung bei der Klägerin zu beantragen bzw auf der formellen Bescheidung eines schon telefonisch gestellten Befreiungsantrags zu bestehen (dazu b).

15

a) Die Annahme des LSG, dass die Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GRV wegen seiner Beschäftigung bei der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht aufgrund seiner Befreiung von der Versicherungspflicht durch Bescheid vom 29.12.1997 ausgeschlossen ist, ist im Ergebnis zutreffend. Weder ist die Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin von der früher erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht umfasst (dazu aa), noch ist die frühere Befreiung hierauf zu erstrecken (dazu bb).

16

aa) Gemäß § 6 Abs 5 S 1 SGB VI(in seiner unverändert gebliebenen Ursprungsfassung vom 18.12.1989, BGBl I 2261) ist die Befreiung auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt.

17

(1) Bereits aus dem klaren Wortlaut der Regelung ergibt sich damit zweifelsfrei, dass mit einer Befreiungsentscheidung keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die "jeweilig" ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen in Betracht kommt, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen (vgl hierzu schon BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58 mwN; BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 f; Boecken, ArztR 10/1991, II, VII; ders in GK-SGB VI, § 6 RdNr 177, Stand Einzelkommentierung Januar 2007; Voelzke in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3, Rentenversicherungsrecht, 1999, § 17 RdNr 72 f).

18

Darüber hinaus ist dem Wortlaut ebenfalls zu entnehmen, dass Anknüpfungspunkt einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV allein die (jeweilige) "Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit" des Betroffenen ist. Der Gesetzeswortlaut in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI definiert die Reichweite einer Befreiung von der Versicherungspflicht damit nicht über die konkreten inhaltlichen Merkmale der ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, wie etwa Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflichen Status. Vielmehr werden in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI ausschließlich die Rechtsbegriffe der Beschäftigung und der selbstständigen Tätigkeit verwendet. "Beschäftigung" wiederum wird in § 7 Abs 1 S 1 SGB IV als "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" definiert und in Abs 1 S 2 der Regelung gekennzeichnet als Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines (konkreten) Weisungsgebers(vgl zur Arbeitgebereigenschaft näher zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17 f mwN; hierzu auch Dankelmann in jurisPK-SGB VI, 1. Aufl 2008, § 6 RdNr 151).

19

Bei der Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin handelt es sich vor diesem Hintergrund schon deshalb offensichtlich nicht um diejenige Beschäftigung iS von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI, die der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht durch den Bescheid der BfA vom 29.12.1997 zugrunde lag, weil es sich bei der Klägerin um einen anderen Arbeitgeber als das St. J. Krankenhaus handelt und ein anderes Arbeitsverhältnis und eine andere Beschäftigung im Raum steht.

20

(2) Die Maßgeblichkeit der alleinigen Anknüpfung an die konkrete Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI wird durch eine systematische Betrachtung der Befreiungsregelungen des SGB VI bestätigt.

21

So knüpft das Gesetz bei der Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für die - im Falle des Beigeladenen betroffenen - Angehörigen der freien verkammerten Berufe in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI an die wegen der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit bestehende Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung bei gleichzeitiger Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Kammer an. Dies steht zB im Gegensatz zur Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht für Lehrer oder Erzieher in § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI, worin kein solches qualifiziertes Befreiungserfordernis geregelt ist, sondern an eine bloße Berufsgruppenbezeichnung unabhängig vom dienstrechtlichen Status der Erwerbstätigkeit angeknüpft wird.

22

Darüber hinaus hat das Gesetz in der Sonderregelung des § 231 Abs 1 S 1 SGB VI festgelegt, dass Beschäftigte, die (unter Geltung des Vorgängerrechts im Angestelltenversicherungsgesetz) am 31.12.1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, lediglich in "derselben Beschäftigung" von der Versicherungspflicht in der GRV befreit bleiben. In dieser Bestandsschutzregelung kommt - übereinstimmend mit § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI - zum Ausdruck, dass der betroffene Personenkreis durch eine ausgesprochene Befreiung nur in Bezug auf die konkret ausgeübte Beschäftigung begünstigt bleiben soll, nicht aber für andere Erwerbstätigkeiten.

23

(3) Der Vergleich der vor 1992 maßgebenden mit der danach geltenden Rechtslage zeigt ebenfalls, dass der Gesetzgeber das Recht der Befreiung von der Versicherungspflicht durch das RRG 1992 (BGBl 1989 I 2261) umfassend neu ausgestaltet hat (hierzu bereits BSGE 83, 74, 77 f = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58 f). Zur Begründung der auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit begrenzten Reichweite der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI heißt es in den Gesetzesmaterialien, dass dies in Übereinstimmung mit den Grundsätzen zur Mehrfachbeschäftigung und mit § 5 Abs 1 SGB VI den sozialen Schutz der Betroffenen verbessern solle(Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zum Rentenreformgesetz 1992, BT-Drucks 11/4124 S 152). Im Übergangsrecht hat sich der Gesetzgeber zudem in § 231 Abs 1 S 1 SGB VI bewusst gegen eine einseitige Beachtung der Interessen der bereits von der Versicherungspflicht in der GRV befreiten Personen an der Aufrechterhaltung der Befreiung entschieden; mit der Regelung sollte vielmehr ein Ausgleich mit den gegenläufigen Interessen der Solidargemeinschaft herbeigeführt werden (Gesetzentwurf zum Rentenreformgesetz 1992, aaO, S 197 zu § 226).

24

bb) Die gegen die aufgezeigte Auslegung vorgebrachten Gesichtspunkte greifen nicht durch.

25

(1) Die von den Beteiligten in den Mittelpunkt ihres Vorbringens im Revisionsverfahren gerückte und vom LSG vertieft erörterte Frage, inwieweit es sich bei der Tätigkeit eines Pharmaberaters um eine "ärztliche Tätigkeit" handelt bzw handeln kann, ist für die vorliegend allein zu entscheidende Frage der Reichweite einer für eine konkrete Beschäftigung erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 S 1 SGB VI ohne Belang.

26

(2) Mit Rücksicht auf die Ausführungen unter aa) kann dem LSG auch nicht gefolgt werden, soweit es in Übereinstimmung mit einer in der Literatur (Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand VI/08, K § 6 RdNr 131; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 93; Klattenhoff, DAngVers 1996, 404, 410) vertretenen Auffassung angenommen hat, "Beschäftigung" iS von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI sei jede berufsgruppenspezifische Tätigkeit, für die die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB VI vorlägen. Diese Ansicht findet im Wortlaut des § 6 Abs 5 S 1 SGB VI jedenfalls dann, wenn es - wie im vorliegenden Fall - um eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für eine Beschäftigung geht, keine Stütze.

27

Diese Auffassung kann sich auch nicht auf das Urteil des seinerzeit zuständig gewesenen 1. Senats des BSG vom 18.9.1963 (1 RA 202/62 - BSGE 20, 37 = SozR Nr 3 zu § 7 AVG) stützen, weil die dortigen Ausführungen zur alten Rechtslage in § 7 Abs 2 AVG ergangen sind(hierzu bereits Urteil des Senats vom 30.4.1997 - 12 RK 34/96 - BSGE 80, 215, 219 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 14). Wie oben dargelegt, knüpft die vorliegend maßgebende Nachfolgeregelung des § 6 Abs 5 S 1 SGB VI demgegenüber allein an die Merkmale "Beschäftigung"(§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV)bzw "selbstständige Tätigkeit" an und zwar gerade nicht im Sinne eines bestimmten Berufsbildes oä (vgl oben 3. a) aa)).

28

Gegen die hier vorgenommene Auslegung spricht ebenso wenig das Urteil des 5. Senats des BSG vom 22.10.1998 (BSGE 83, 74, 81 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 62). Darin wird ausgeführt, dass die ältere Rechtsprechung des BSG in Fällen, in denen nach dem Ausscheiden aus der Pflichtmitgliedschaft noch eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit ausgeübt wurde, eine Fortdauer der Versicherungsbefreiung bei freiwilliger Weiterversicherung in der berufsständischen Versorgung angenommen hatte. Die Entscheidungsgründe des Urteils enthalten indessen keine Ausführungen dazu, ob und inwieweit auch unter der Geltung von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Merkmal "berufsgruppenspezifische Beschäftigung" maßgebend sein kann. Vielmehr beschränkt sich die Urteilsbegründung des 5. Senats auf die Feststellung, dass die Klägerin im dortigen Verfahren keine berufsgruppenspezifische Beschäftigung ausgeübt habe.

29

Im Übrigen könnte sich die og Auffassung auch nicht unter teleologischen Gesichtspunkten darauf stützen, in effektiver Weise zur Verwaltungsvereinfachung beizutragen, indem sie die Betroffenen davon entbinde, bei jedem Beschäftigungswechsel einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht zu stellen. Im Gegenteil würde gerade die Etablierung des Merkmals der berufsgruppenspezifischen Beschäftigung zu erheblichen Abgrenzungs- und Definitionsproblemen führen. Darüber hinaus würde es zu erheblichen Problemen bei der Beurteilung von Sachverhalten führen, in denen Versicherte bei einem Wechsel der Beschäftigung - in der irrigen Annahme, die neue Beschäftigung sei (ebenfalls) "berufsgruppenspezifisch" - keinen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht stellen und damit den Trägern der GRV keine zeitnahe Prüfung des (weiteren) Vorliegens der Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der neuen Beschäftigung ermöglichen. In diesen Fällen droht, dass die Rentenversicherungsträger - wie im vorliegenden Fall geschehen - uU erst Jahre nach dem Wechsel der Beschäftigung hiervon erfahren, in der neuen Beschäftigung aber wegen Wegfalls der Voraussetzungen für eine Befreiung Versicherungspflicht besteht und erhebliche Beiträge zur GRV nachzufordern sind.

30

cc) Rechtsfehlerfrei hat das LSG angenommen, dass keine Verpflichtung der Beklagten besteht, die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 S 2 SGB VI auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin zu erstrecken. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in den Fällen des § 6 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil es sich bei der im streitigen Zeitraum verrichteten Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht um eine von vornherein zeitlich begrenzte Beschäftigung gehandelt hat. Im Hinblick hierauf kann offenbleiben, ob die Erstreckung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI - ebenso wie die ursprüngliche Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 SGB VI - von einem vorherigen Antrag(§ 6 Abs 2 SGB VI) abhängig ist. Hierfür könnte sprechen, dass nach der Systematik des Befreiungsrechts ggf auch die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen muss.

31

b) Trotz der vorstehenden Ausführungen unter a) kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG gleichwohl nicht abschließend über das Vorliegen von Versicherungspflicht des Beigeladenen in seiner vom 1.5.2000 bis 31.12.2003 bei der Klägerin ausgeübten Beschäftigung entscheiden. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

32

Das LSG hätte dem Vortrag des Beigeladenen nachgehen müssen, dass er infolge einer telefonischen Auskunft der Beklagten davon abgehalten worden sei, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für die Beschäftigung bei der Klägerin zu beantragen bzw auf der formellen/schriftlichen Bescheidung eines schon telefonisch gestellten Befreiungsantrags zu bestehen. Sollte sich dieses Vorbringen als zutreffend herausstellen, könnten der Feststellung von Versicherungspflicht in der GRV in der noch streitigen Zeit ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bzw die Grundsätze von Treu und Glauben entgegenstehen.

33

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 12) verstößt es gegen Treu und Glauben, wenn ein Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht eines Betroffenen in der GRV feststellt, nachdem der Träger zuvor in einer Antwort auf die Frage des Betroffenen nach der Reichweite einer früheren Befreiung im Hinblick auf eine neu eingegangene Beschäftigung den Eindruck erzeugt hatte, auch insoweit trete wegen der schon erteilten früheren Befreiung keine Versicherungspflicht ein. An dieser Rechtsprechung - nach der es (anders als vom LSG zugrundegelegt) nicht darauf ankommt, ob Verlautbarungen des Rentenversicherungsträgers in Schriftform oder nur mündlich erfolgten - hält der Senat fest. In Betracht kommt darüber hinaus (alternativ) eine Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Danach kann ein Betroffener bei Betreuungspflichtverletzungen eines Sozialversicherungsträgers so zu behandeln sein, als hätte der angegangene Träger die ihm obliegenden Pflichten (vgl §§ 14, 15 SGB I)ordnungsgemäß erfüllt (vgl zB BSGE 65, 21, 26 = SozR 4100 § 137 Nr 12 S 16; BSGE 89, 50, 53 ff = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 6; Urteil des Senats vom 29.8.2012 - B 12 R 7/10 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2600 § 2 Nr 16 RdNr 28 vorgesehen). Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beigeladene falsch beraten und/oder durch eine falsche Auskunft der Beklagten von einer erneuten Antragstellung abgehalten wurde, hätte dies zur Folge, dass der Beigeladene so behandelt werden muss, als wäre ein seinerzeit gestellter Befreiungsantrag rechtmäßig beschieden worden.

34

bb) Entgegen den Erwägungen des LSG, die in den Ausführungen seiner Entscheidungsgründe anklingen, ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Beigeladene auf einen entsprechenden Antrag hin von der Beklagten von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für die von ihm ausgeübte Beschäftigung zu befreien gewesen wäre, wenn er wegen dieser Beschäftigung Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer war. Dies ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen. Dabei ist wegen § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a SGB VI auch zu prüfen, ob am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für die Berufsgruppe der die Beschäftigung zuzuordnen ist, bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat. Zwar bezieht sich das Wort "ihre" in Buchst a auf "Beschäftigte und selbstständig Tätige“ eingangs der Nr 1 des § 6 Abs 1 S 1 SGB VI, doch kommt es insoweit wegen der Anknüpfung der Befreiung an die konkret ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit, nicht auf die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten bzw Selbstständigen an. Maßgebend ist vielmehr die Klassifikation konkret der Tätigkeit, für die die Befreiung begehrt wird.

35

Die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des LSG schon deshalb nicht allein durch den Hinweis auf § 75 AMG verneint werden; denn aus der Verwendung des Begriffs Pharmaberater durch die Klägerin und den Beigeladenen folgt noch nicht, dass die konkreten Umstände der Beschäftigung tatsächlich der Legaldefinition des § 75 Abs 1 AMG entsprechen. Hinzu kommt, dass es sich bei dem in § 75 Abs 1 AMG verwendeten Begriff des Pharmaberaters anders als bei dem des in § 75 Abs 2 Nr 3 AMG genannten (geprüften) Pharmareferenten (vgl Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Pharmareferent/Geprüfte Pharmareferentin vom 26.6.2007, BGBl I 1192) nicht um eine geschützte Berufsbezeichnung, sondern um eine Tätigkeitsbeschreibung handelt (vgl zB Schickert in Kügel, AMG, 2012, § 75 RdNr 3 mwN).

36

cc) Das vom LSG darüber hinaus problematisierte Fehlen der von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI geforderten Bestätigung der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde steht einer Befreiung des Beigeladenen von der Versicherungspflicht in der GRV ebenfalls nicht von vornherein entgegen. Nach der gesetzlichen Konzeption geht die Bestätigung der letztlich bindenden Entscheidung des Rentenversicherungsträgers voraus (vgl Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 143, Stand Einzelkommentierung VI/08; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 73). Es ist jedoch kein Grund erkennbar, dass die Einholung einer ggf fehlenden Bestätigung gemäß § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI nicht auch noch im Rahmen eines Rechtsstreits über die Befreiung von der Versicherungspflicht nachgeholt werden könnte.

37

dd) Nach alledem muss das LSG die notwendigen Feststellungen zum Ablauf des vom Beigeladenen behaupteten Telefongesprächs und dessen Inhalt nachholen und sodann erneut über die Berufung des Beigeladenen entscheiden. Dabei wird das LSG insbesondere das vom Beigeladenen mit Schriftsatz vom 1.3.2010 vorgelegte Schreiben seiner (damaligen) Lebenspartnerin vom 25.1.2010 zu würdigen und ggf dem darin gemachten Beweisangebot ihrer Vernehmung als Zeugin nachzugehen haben. In dem vorgelegten Schreiben bestätigt diese, dass der Beigeladene im Juni/Juli 2000 von der BfA die telefonische Auskunft erhalten habe, eine (erneute) Befreiung sei weder nötig noch überhaupt möglich; im Hinblick auf diese Aussage habe der Beigeladene von einer weiteren Erkundigung oder einer schriftlichen Anfrage Abstand genommen.

38

4. Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten, wobei in Bezug auf die Kosten das Revisionsverfahren allein eine Anwendung des § 193 SGG und nicht diejenige nach § 197a SGG angezeigt ist.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

15

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

16

Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

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Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

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1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

23

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

25

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

28

6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

29

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

30

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

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Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

38

In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

40

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 100.000 € (in Worten: einhunderttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer ist Syndikusrechtsanwalt und wendet sich gegen die Ablehnung seiner Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, die in letzter Instanz durch das angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 bestätigt worden ist.

2

1. Nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde ist am 1. Januar 2016 das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21. Dezember 2015 (BGBl I S. 2517) in Kraft getreten. Syndikusrechtsanwälte können nunmehr nach § 46a der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) bei der örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft beantragen. Nach § 46c Abs. 1 BRAO gelten für sie die für Rechtsanwälte geltenden Vorschriften, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Zu den demnach anzuwendenden Vorschriften gehört auch § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch (SGB VI), wonach Rechtsanwälte, wenn und solange sie Pflichtmitglieder der Versorgungswerke sind, auf Antrag von der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien sind.

3

Für die Frage der Rückwirkung eines entsprechenden Befreiungsantrags hat der Gesetzgeber in § 231 Abs. 4b und 4c SGB VI folgende Regelungen getroffen:

(4b) 1Eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, die unter Berücksichtigung der Bundesrechtsanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung oder der Patentanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung erteilt wurde, wirkt auf Antrag vom Beginn derjenigen Beschäftigung an, für die die Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt wird. 2Sie wirkt auch vom Beginn davor liegender Beschäftigungen an, wenn während dieser Beschäftigungen eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand. 3Die Befreiung nach den Sätzen 1 und 2 wirkt frühestens ab dem 1. April 2014. 4Die Befreiung wirkt jedoch auch für Zeiten vor dem 1. April 2014, wenn für diese Zeiten einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt wurden. 5Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigungen, für die eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt aufgrund einer vor dem 4. April 2014 ergangenen Entscheidung bestandskräftig abgelehnt wurde. 6Der Antrag auf rückwirkende Befreiung nach den Sätzen 1 und 2 kann nur bis zum Ablauf des 1. April 2016 gestellt werden.

(4c) 1Eine durch Gesetz angeordnete oder auf Gesetz beruhende Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 gilt als gegeben für Personen, die

1. …

2. bis zum Ablauf des 1. April 2016 die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt nach der Bundesrechtsanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung oder der Patentanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung beantragen. 2Satz 1 gilt nur, solange die Personen als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt zugelassen sind und als freiwilliges Mitglied in einem Versorgungswerk einkommensbezogene Beiträge zahlen. …

4

2. Der Beschwerdeführer hat bis zum 1. April 2016 seine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantragt und einen Antrag auf rückwirkende Befreiung nach § 231 Abs. 4b Satz 6 SGB VI gestellt. Aufgrund der in § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI getroffenen Regelung geht er jedoch davon aus, dass er eine Rückwirkung seines Befreiungsantrags nur durch Fortsetzung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens erreichen kann.

5

Wenn er die Verfassungsbeschwerde zurücknähme oder eine Erledigungserklärung abgäbe, würde er von dem Ausnahmetatbestand erfasst mit der Folge, dass eine rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht ausgeschlossen wäre. Sein im Ausgangsverfahren gestellter Befreiungsantrag sei durch das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014, also am Tag vor dem gesetzlich normierten Stichtag, bestandskräftig abgelehnt worden. Seine Verfassungsbeschwerde entfaltete keine aufschiebende Wirkung. Wenn er sich auf eine Rücknahme einließe, verzichtete er auf einen möglichen rückwirkenden Erfolg seiner Rechtsbehelfe. Im Falle einer stattgebenden Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht würde die Befreiung nicht erst ab dem 1. April 2014 (vgl. § 231 Abs. 4b Satz 3 SGB VI), sondern bereits ab Beginn der Beschäftigung gelten, auf den sich sein im Ausgangsverfahren gestellter Befreiungsantrag bezogen habe. Es könne auch nicht von ihm verlangt werden, auf mehrere Jahre Befreiungszeit zu verzichten. Auch dürfe er nicht auf einen langwierigen fachgerichtlichen Rechtsstreit verwiesen werden, der erforderlich werden könnte, wenn die Deutsche Rentenversicherung (DRV) eine Rückwirkung ablehne.

II.

6

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.

7

a) Nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung kommt der Verfassungsbeschwerde keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Für außer Kraft getretenes oder geändertes Recht besteht im Regelfall kein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse seine Verfassungsmäßigkeit zu klären, auch wenn die strittigen verfassungsrechtlichen Fragen noch nicht durch das Bundesverfassungsgericht entschieden worden sind (vgl. BVerfGE 91, 186 <200>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 8. Dezember 2015 - 1 BvR 2120/10 -, NVwZ 2016, S. 381).

8

Eine grundsätzliche Bedeutung kommt auch nicht wegen einer möglicherweise für den Beschwerdeführer nachteilhaften Anwendung der Übergangsbestimmung des § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI in Betracht. Dies folgt zum einen daraus, dass die Auslegung dieser Vorschrift und ihre Verfassungsmäßigkeit nicht Gegenstand des Ausgangsverfahrens waren. Darüber hinaus handelt es sich um eine Norm des einfachen Rechts, dessen Auslegung und Anwendung zunächst den Fachgerichten obliegt (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 72, 122 <138>; 89, 1 <9 f.>; 97, 12 <27>; 99, 145 <160>; BVerfGK 6, 46 <50>; 10, 13 <15>; 10, 159 <163>; stRspr).

9

b) Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht im Sinne von § 93a Abs. 2 Buchstabe b, 1. Halbsatz BVerfGG zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt, weil die Verfassungsbeschwerde unter Berücksichtigung der nunmehr geltenden Sach- und Rechtslage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg mehr hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <26>; 96, 245 <250>; 108, 129 <136>; BVerfGK 12, 189 <196>; stRspr). Die Verfassungsbeschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Das schutzwürdige Interesse des Beschwerdeführers, die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Entscheidungen durch das Bundesverfassungsgericht feststellen zu lassen, ist infolge der zum 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Rechtsänderung entfallen.

10

aa) Gründe für ein trotz Erledigung in der Hauptsache fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis sind insbesondere eine Wiederholungsgefahr, eine fortdauernde Beeinträchtigung oder eine tiefgreifende, anderweitig nicht zu beseitigende Grundrechtsbeeinträchtigung (vgl. BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>; 81, 138 <140>; 103, 44 <58 f.>; 116, 69 <79>; BVerfGK 6, 260 <263>; stRspr). Wenn eine mit der Verfassungsbeschwerde mittelbar angegriffene Rechtsnorm gegenstandslos geworden oder ein für verfassungswidrig gehaltenes Gesetz aufgehoben worden ist, ist eine fortdauernde Beschwer dagegen im Regelfall zu verneinen (vgl. BVerfGE 9, 89 <92 ff.>; 100, 271 <281>; 108, 370 <383>; 109, 64 <84>; stRspr). Dies gilt insbesondere dann, wenn auf Grundlage der geänderten Rechtslage auch im Falle einer erfolgreichen Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer aufgrund des nun geltenden Gesetzesrechts keinen Erfolg haben kann (vgl. BVerfGE 110, 304 <320>).

11

bb) Aus dem nunmehr von dem Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde einzig noch verfolgten Ziel, einer in zeitlicher Hinsicht möglichst weitgehenden Anerkennung seines Befreiungsantrags, ergibt sich kein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis. Der Beschwerdeführer ist unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde vielmehr gehalten, im fachgerichtlichen Verfahren eine rückwirkende Befreiung gemäß § 231 Abs. 4b Sätze 1 und 2 SGB VI geltend zu machen. Das ist ihm auch zuzumuten, obgleich er nach dem Wortlaut der Norm unter den Ausschlusstatbestand des § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI fällt. Denn die Auslegung von § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI wirft keine spezifisch verfassungsrechtlichen Fragen auf, die nur das Bundesverfassungsgericht beantworten kann. Die vornehmlich veranlasste Prüfung des einfachen Rechts lässt eine verbesserte Entscheidungsgrundlage für eine später erneut zu erhebende Verfassungsbeschwerde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten, so dass eine Vorabentscheidung durch das Bundesverfassungsgericht nicht in Betracht kommt (vgl. BVerfGE 102, 197 <210>; 123, 148 <173>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. Juli 2015 - 1 BvR 1014/13 -, NVwZ-RR 2016, S. 1 ; stRspr).

12

(1) Die Sozialgerichte werden im Rahmen der Auslegung von § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI den vom Gesetzgeber mit dieser Ausnahmebestimmung verfolgten Zweck zu berücksichtigen haben, einer bestimmten Gruppe von Syndikusrechtsanwälten einen Vertrauens- und Bestandsschutz zu versagen (vgl. BTDrucks 18/5201, S. 46 f.). Von der Rückwirkung ausgenommen werden sollen Beschäftigungszeiten, "in denen eine Befreiung von der Versicherungspflicht (auch) auf der Grundlage der vor der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus April 2014 geübten Rechtspraxis von der Verwaltung abgelehnt wurde und bestandskräftig geworden ist und in der Folge in der Regel Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden mussten" (BTDrucks 18/5201, S. 47; BRDrucks 278/15, S. 55). Ein umfassender Vertrauens- und Bestandsschutz soll nur denjenigen zukommen, die über einen wirksamen Befreiungsbescheid verfügen oder auch nach den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 weiterhin von der Rentenversicherung befreit waren (vgl. Junker/Scharnke, BB 2016, S. 195 <201>). Dagegen wird er jenen "Alt-Syndizi" verwehrt, die ihre Ablehnungsbescheide nicht angefochten und stattdessen Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt haben, weil sie damit zu erkennen gegeben haben, dass sie die von der Deutschen Rentenversicherung verfügte Eingruppierung in die gesetzliche Rentenversicherung hingenommen haben (vgl. Schafhausen, in: Kilger/Offermann-Burckart/Schafhausen/Schuster , Das neue Syndikusrecht, 2016, § 3 Rn. 61 m.w.N.). Mit Blick auf diesen Schutzzweck wird zu erwägen sein, ob ein Ausschluss des Beschwerdeführers vom personellen Anwendungsbereich im Wege der teleologischen Reduktion in Betracht kommt.

13

Dafür spricht auch ein Vergleich mit einer anderen Fallgruppe, für die unter dem Gesichtspunkt eines "sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs" über eine solche tatbestandliche Exklusion nachgedacht wird. Jene betroffenen Rechtsanwälte, die auf ein Rundschreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 12. Dezember 2014 zur Umsetzung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 (veröffentlicht unter anderem in NZA 2015, S. 29 f.) reagiert und im Vertrauen darauf, dass ihnen dadurch keine Rechtsnachteile entstehen, ihre Befreiungsanträge zurückgenommen haben, sollen so zu behandeln sein, als wenn ihnen eine bestandskräftige Befreiung erteilt worden wäre (vgl. Schafhausen, a.a.O., Rn. 62). § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI wird also im sozialrechtlichen Schrifttum nicht als starre Ausnahmeregelung begriffen, sondern in bestimmten Fallgestaltungen, in denen sachliche Gründe dafür vorliegen, werden Durchbrechungen erwogen. Auch unter diesem Aspekt besteht Grund zur Annahme, dass die für den Vollzug der Neuregelung zuständigen Behörden und Sozialgerichte bereits aus Gründen der Auslegung des einfachen Rechts im Sinne des Beschwerdeführers entscheiden werden.

14

(2) Insbesondere werden die Fachgerichte mit Blick auf die prozessuale Situation des Beschwerdeführers, der sämtliche ihm nachteilhaften, im Ausgangsverfahren getroffenen Entscheidungen mit den zu Gebote stehenden Rechtsbehelfen bis zum Bundesverfassungsgericht angegriffen hat, eine verfassungskonforme Auslegung von § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI zu erwägen haben. Dabei sind nicht nur seine Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 bzw. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen, sondern auch der Gesichtspunkt der Effektivität des von ihm beschrittenen, verfassungsrechtlich durch Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG gewährleisteten Rechtsschutzes. Da er rechtzeitig gegen das Urteil des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 Verfassungsbeschwerde erhoben hat, erscheint zumindest zweifelhaft, ob hier für das Kriterium einer "bestandskräftig abgelehnten" Befreiung von der Versicherungspflicht der Eintritt der Rechtskraft des Urteils im fachgerichtlichen Verfahren (vgl. dazu BVerfGE 93, 381 <385>) maßgeblich sein kann.

15

(3) Demnach bestehen keine Bedenken, den Beschwerdeführer für den Fall, dass er mit seinem Antrag auf rückwirkende Befreiung nach § 231 Abs. 4b Satz 6 SGB VI keinen Erfolg haben sollte, zunächst auf den fachgerichtlichen Rechtsweg zu verweisen. Dort kann er zum einen geltend machen, dass er nicht unter den Ausschlusstatbestand des § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI fällt. Zum anderen hat er die Möglichkeit, auf Grundlage von § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI eine über den 1. April 2014 hinausgehende Befreiung anzustreben. Besser stünde er angesichts der zwischenzeitlichen Neuregelung auch im Falle einer seiner Verfassungsbeschwerde stattgebenden Entscheidung nicht.

16

Nach den von der Kammer eingeholten Stellungnahmen des Beschwerdeführers ist kein Grund dafür erkennbar, dass er nicht in der Lage sein könnte, die Voraussetzungen des § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI darzulegen, zumal er sich im Ausgangsverfahren stets auf den Standpunkt gestellt hat, gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit zu sein. Einem entsprechenden Antrag stünde es insbesondere nicht entgegen, wenn der Beschwerdeführer lediglich die nach § 13 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg in der Fassung vom 1. September 2009 vorgesehenen Mindestbeiträge in Höhe von 30 % des Regelpflichtbeitrags gezahlt haben sollte. Denn auch dabei handelt es sich um einkommensbezogene Pflichtbeiträge im Sinne von § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI (vgl. Hartmann/Horn, AnwBl Online 2016, S. 255 <257>; Schafhausen, a.a.O., Rn. 59; ders., AnwBl Online 2016, S. 175 <176>; vgl. auch Wein/Walter, BB 2016, S. 245 <248>).

17

Tatsächlich hat der Beschwerdeführer jedoch nicht nur diese Mindestbeiträge, sondern ausweislich der von ihm vorgelegten Beitragskontoübersichten des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg während des gesamten Zeitraums von August 2009 bis August 2014 darüber hinausgehende zusätzliche Pflichtbeiträge gezahlt, die auf seinen Antrag hin durch Bescheid des Versorgungswerks festgesetzt worden sind (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg in der Fassung vom 1. September 2009). Dabei handelt es sich, wie der Beschwerdeführer in seinen gegenüber der Kammer abgegebenen Stellungnahmen vom 10. und 27. Juni 2016 ausgeführt hat, um einkommensbezogene Pflichtbeiträge, deren Höhe nach dem von ihm erzielten Einkommen für jeden Monat individuell errechnet worden ist. Dass die von ihm auf dieser Grundlage geleisteten zusätzlichen Zahlungen nachträglich nach Verkündung des mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Urteils des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 an den Rentenversicherungsträger ausgekehrt worden sind, steht ihrer rechtlichen Qualifikation als einkommensbezogene Pflichtbeiträge im Sinne von § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI nicht entgegen, weil es schon nach dem Wortlaut der Norm allein auf den Zahlungszeitpunkt ankommt. Zudem sind diese Zahlungen auf Grundlage des vom Gesetzgeber in § 286f Satz 1 SGB VI angeordneten internen Ausgleichs zwischen dem Rentenversicherungsträger auf der einen und den Versorgungswerken auf der anderen Seite nachträglich wieder auszugleichen. Daraus folgt, dass dem Beschwerdeführer wegen der zwischenzeitlichen Erstattung der an das Versorgungswerk geleisteten Zusatzbeiträge kein Nachteil erwachsen kann.

18

c) Von einer weitergehenden Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

19

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 3, 1. Alternative BVerfGG. Die Kammer hat aus Gründen der Billigkeit von ihrer Befugnis zu einer Kostenentscheidung zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht.

20

a) Beseitigt die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt, so kann, falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind, davon ausgegangen werden, dass sie das mit der Verfassungsbeschwerde verfolgte Begehren als berechtigt anerkennt. In diesem Fall entspricht die Auslagenerstattung durch die zuständige Gebietskörperschaft der Billigkeit, ohne dass es auf die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde ankommt (vgl. BVerfGE 33, 247 <264 f.>; 85, 109 <115>; 87, 394 <397>; 91, 146 <147>; BVerfGK 5, 316 <327 f.>; stRspr).

21

b) Der Gesetzgeber hat durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte zu erkennen gegeben, dass er dem vom Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Anliegen aus rechtspolitischen Gründen folgt. Erklärtes Ziel des Gesetzesvorhabens war es, die Rechtsstellung von Syndikusrechtsanwälten weitgehend anzugleichen und speziell im Hinblick auf die Befreiung von der Versicherungspflicht den vor Verkündung des mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Urteils des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 bestehenden Rechtszustand aufrechtzuerhalten beziehungsweise wiederherzustellen (vgl. BTDrucks 18/6915, S. 1 f.). Durch die Rechtsänderung ist der Beschwerdeführer - unbeschadet der Frage des Umfangs der Rückwirkung von der Befreiung von der Versicherungspflicht - unmittelbar begünstigt worden. Gründe, warum ihm dieser wirtschaftliche Erfolg seiner Verfassungsbeschwerde nicht auch in kostenrechtlicher Hinsicht zugutekommen sollte, sind nicht zu erkennen.

22

3. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>; stRspr).

23

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Der Apotheker ist berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln, die zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind, und Tierarzneimitteln (Arzneimittel) zu versorgen. Er dient damit der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes.

(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes den Apothekerberuf ausüben will, bedarf der Approbation als Apotheker.

(2) Die Ausübung des Apothekerberufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist auch auf Grund einer Erlaubnis zulässig.

(2a) Apotheker, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates sind, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, dürfen den Apothekerberuf im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne Approbation als Apotheker oder ohne Erlaubnis zur Ausübung des Apothekerberufs ausüben, sofern sie vorübergehend und gelegentlich als Erbringer von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 des EG-Vertrages im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig werden. Sie unterliegen jedoch der Meldepflicht nach diesem Gesetz.

(3) Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“. Pharmazeutische Tätigkeiten umfassen insbesondere:

1.
Herstellung der Darreichungsform von Arzneimitteln,
2.
Arzneimittelforschung, Entwicklung, Herstellung, Prüfung von Arzneimitteln, Tätigkeiten in der Arzneimittelzulassung, Pharmakovigilanz und Risikoabwehr in der pharmazeutischen Industrie,
3.
Arzneimittelprüfung in einem Laboratorium für die Prüfung von Arzneimitteln,
4.
Lagerung, Qualitätserhaltung und Vertrieb von Arzneimitteln auf der Großhandelsstufe,
5.
Bevorratung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Vertrieb und Abgabe von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in der Öffentlichkeit zugänglichen Apotheken,
6.
Herstellung, Prüfung, Lagerung und Abgabe von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in Krankenhäusern,
7.
Information und Beratung über Arzneimittel als solche, einschließlich ihrer angemessenen Verwendung,
8.
Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen an die zuständigen Behörden,
9.
personalisierte Unterstützung von Patienten bei Selbstmedikation,
10.
Beiträge zu örtlichen oder landesweiten gesundheitsbezogenen Kampagnen,
11.
Tätigkeiten im Arzneimittel-, Apotheken- und Medizinproduktewesen der öffentlichen Gesundheitsverwaltung in Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen sowie in Körperschaften des öffentlichen Rechts und in Berufs- und Fachverbänden,
12.
Tätigkeiten in Lehre und Forschung an Universitäten sowie in der Lehre an Lehranstalten und Berufsschulen in pharmazeutischen Fachgebieten.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Januar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 4/5 und die Beklagte 1/5 der Kosten des Klageverfahrens. Ferner trägt die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens. Kosten der Beigeladenen sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Klageverfahren auf EUR 93.621,99 und für das Berufungsverfahren endgültig auf EUR 78.621,99 festgesetzt.

Tatbestand

 
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beigeladenen auch als Pharmaberater von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI; bis 31. Dezember 1991 § 7 des Angestelltenversicherungsgesetzes [AVG]) befreit sind oder ob die Beklagte von der Klägerin für die Beigeladenen zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordert.
Die Klägerin, die bis 31. März 2005 als Y. P. GmbH firmierte, ist ein Pharma-Unternehmen, das u.a. auch Pharmaberater/Pharmaberaterinnen beschäftigt. Deren Aufgabe ist es, die von ihnen betreuten Ärzte (niedergelassene Ärzte und Klinikärzte) durch Beratung in Bezug auf die neuesten Erkenntnisse der pharmazeutisch-medizinischen Forschung in ihrem jeweiligen Spezialbereich in die Lage zu versetzen, Wirkungsweise und Applikationsbereich sowie Methoden moderner Heilpräparate optimal einzusetzen. Die am 1964 geborene Beigeladene zu 1) war als ausgebildete approbierte Tierärztin mit Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) vom 04. August 1995 ab 01. Januar 1995 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Baden-Württembergischen Versicherungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Rentenversicherung befreit worden (Bescheid der Beklagten vom 04. August 1995). Sie nahm dann am 01. Januar 2000 bei der Klägerin ihre Tätigkeit als Pharmaberaterin auf. Die am 1960 geborene Beigeladene zu 2), ebenfalls ausgebildete approbierte Tierärztin, war mit Bescheid der Beklagten vom 06. Januar 1992 ab 01. Juli 1992 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Landestierärztekammer Hessen (Versorgungswerk) entsprechend von der Rentenversicherungspflicht befreit worden (Bescheid der Beklagten vom 06. Januar 1993). Sie nahm am 01. September 1997 bei der Klägerin die Tätigkeit als Pharmaberaterin auf. Der am 1968 geborene Beigeladene zu 3), der ausgebildeter approbierter Arzt ist, wurde von der Beklagten ab 01. Dezember 1995 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung entsprechend von der Rentenversicherungspflicht befreit (Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996); er nahm am 01. Juni 1999 bei der Klägerin die Tätigkeit als Pharmaberater auf. Die Beigeladene zu 4) ist ausgebildete approbierte Apothekerin. Sie war als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Biochemie und molekulare Biologie der Technischen Universität Berlin ab 01. April 1990 tätig und deswegen Pflichtmitglied der Apothekerversorgung Berlin; deswegen war sie von der Beklagten ab dem genannten Zeitpunkt nach § 7 Abs. 2 AVG von der Rentenversicherungspflicht befreit. Wegen Wegzugs aus Berlin führte sie ab 01. August 1995 die Mitgliedschaft in der Apothekerversorgung Berlin als freiwillige Mitgliedschaft weiter. Vom 01. Mai 1997 bis 29. Januar 2003 war sie als Pharmaberaterin bei der Klägerin beschäftigt. Für die Beigeladenen wurden Beiträge zur Rentenversicherung nicht abgeführt. Eine bei der Klägerin im Mai 1997 für die Zeit ab 01. Dezember 1992 durch die Beklagte durchgeführte Betriebsprüfung ergab keine Beanstandungen hinsichtlich der nicht abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung für Pharmaberater.
In der Zeit vom 20. November 2001 bis 10. September 2003 führte die Beklagte bei der Klägerin dann erneut an mehreren Tagen eine am 20. November 2001 begonnene und 2002 fortgesetzte (Schlussbesprechung am 10. September 2003) Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) durch, die sich auf den Zeitraum vom 01. Januar 1997 bis 31. Dezember 2002 bezog. Dabei vertrat die Beklagte (vgl. Schreiben vom 25. Juli 2002) die Ansicht, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Tierärzte, Ärzte bzw. Apotheker nicht auf die berufsfremde Tätigkeit als Pharmaberater beziehe. Die Klägerin äußerte sich (Schreiben vom 16. Oktober 2002) dagegen dahingehend, dass sich die Versicherungsfreiheit auch auf die Tätigkeit als Pharmaberater erstrecke. Denn es sei, jeweils ausgehend von der Definition der Satzung der Versorgungseinrichtung, zu fragen, ob auch die Tätigkeit als Pharmaberater zur Beitragspflicht im Versorgungswerk führe. Im Übrigen sei ein Vertrauenstatbestand dadurch geschaffen worden, dass bei der früheren Betriebsprüfung im Jahr 1997 die Versicherungsfreiheit für die von Tierärzten, Ärzten bzw. Apothekern ausgeübte Tätigkeit als Pharmaberater nicht beanstandet worden sei. Darauf, dass nach der Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmareferenten vom 02. Mai 1978 (BGBl. I S. 600) für den Pharmareferenten (Pharmaberater) eine Ausbildung als Arzt, Tierarzt oder Apotheker nicht vorgeschrieben sei, komme es nicht an. Mit Bescheid vom 02. Januar 2004 forderte die Beklagte von der Klägerin u.a. für die Beigeladenen Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 78.626,95 nach. Es wurde Folgendes ausgeführt: Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Berufsfremde Beschäftigungen würden von ihr grundsätzlich nicht erfasst. Als Pharmaberater/Pharmareferent beschäftigte Personen könnten vom Befreiungsrecht keinen Gebrauch machen, weil es sich hierbei grundsätzlich nicht um eine zur Befreiung berechtigende Tätigkeit von Ärzten oder Apothekern handle. Es werde keine dem jeweiligen Kammerberuf zuzuordnende berufsspezifische Beschäftigung ausgeübt, für die das Befreiungsrecht geltend gemacht werden könne. Einer Aufhebung der Befreiungsbescheide bedürfe es insoweit nicht, weil die Befreiung gegenstandslos geworden sei. Eine dem Kammerberuf entsprechende und damit zur Befreiung berechtigende Tätigkeit sei die Tätigkeit, auf der die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung beruhe. Das sei grundsätzlich nicht die Tätigkeit als Pharmaberater, sondern die als Arzt oder Apotheker. Für diese Tätigkeiten werde die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ausgesprochen und hierfür gelte sie uneingeschränkt. Ob und welche weiteren Tätigkeiten außerdem dem jeweiligen Kammerberuf zuzuordnen seien und deshalb vom Befreiungsrecht erfasst würden, könne nicht allein danach beurteilt werden, wer nach den Satzungsbestimmungen der Versorgungswerke beitragspflichtig sei. Wenn man dies annehmen würde, würde das bedeuten, dass sich aus der Beitragspflicht zur berufsständischen Versorgungseinrichtung auf die Ausübung einer berufsspezifischen Beschäftigung schließen ließe. Eine Tätigkeit werde nicht schon deshalb zu einer berufsspezifischen Tätigkeit eines Arztes oder Apothekers, weil sie von einem solchen ausgeübt werde. Das jeweilige Berufsbild sei vielmehr aus der erforderlichen Aus- bzw. Vorbildung zu erschließen. Danach sei die Tätigkeit als Pharmaberater zu beurteilen. Pharmaberater seien Außendienst- bzw. Vertriebsmitarbeiter pharmazeutischer Unternehmen, deren Tätigkeit dadurch geprägt sei, dass sie die Angehörigen der Heilberufe über Produkte ihres eigenen Unternehmens informierten und berieten. Voraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit sei eine entsprechende Fortbildung zum Pharmaberater, für die lediglich eine abgeschlossene Ausbildung und entsprechende Berufspraxis in einschlägigen Tätigkeiten, wie beispielsweise pharmazeutisch-kaufmännischer Angestellter, Drogist, Chemielaborant, Krankenpfleger, Krankenschwester, vorausgesetzt werde. Daraus ergebe sich, dass es sich nicht um eine berufsspezifische, d.h. nur von einem approbierten Arzt oder Apotheker auszuübende Beschäftigung handle, auch wenn diese besonders gute Voraussetzungen für eine derartige Tätigkeit mitbrächten. Die Geltendmachung der Beitragsansprüche für die zurückliegende Zeit sei auch nicht treuwidrig und widerspreche den Beigeladenen einzuräumendem Vertrauensschutz nicht. Ferner wurde in dem genannten Bescheid hinsichtlich eines weiteren Pharmaberaters (J. S.) festgestellt, dass insoweit die Beitragspflicht zur Rentenversicherung erst mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheids eintrete.
Gegen den Bescheid vom 02. Januar 2004 legte die Klägerin Widerspruch ein, soweit er die jetzt beigeladenen Pharmaberater sowie den weiteren Pharmaberater S. betraf. Die von der Beklagten ausgesprochenen Befreiungen seien im Nachhinein nicht widerrufen worden. Sie erstreckten sich auch auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Denn die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht aufgrund der Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung beziehe sich grundsätzlich auf alle Beschäftigungen oder Tätigkeiten, die zu einer Pflichtmitgliedschaft in der entsprechenden Versorgungseinrichtung führten. Die Tätigkeit als Pharmaberater habe dem Berufsbild der jeweils berufsständischen Versorgungseinrichtung für Ärzte, Tierärzte bzw. Apotheker entsprochen. Das Berufsbild richte sich nach den Satzungsbestimmungen des jeweiligen Versorgungswerks, die auf der Grundlage der entsprechenden Landesgesetzgebungen ergangen seien. Für die Frage, ob eine berufsfremde Tätigkeit vorliege, seien daher die jeweiligen Satzungen der berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu Rate zu ziehen. Zu Unrecht beschränke sich die Beklagte auf die Feststellung, dass gemäß der Verordnung vom 02. Mai 1978 ein abgeschlossenes Studium als Arzt oder Apotheker für die Tätigkeit als Pharmareferent nicht erforderlich sei. Daraus könne nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Pharmaberater niemals dem Berufsbild des Arztes oder Apothekers entsprechen könne. Die Auffassung der Beklagten stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Regelung des Berufsrechts der freien, verkammerten Berufe, insbesondere der ärztlichen Berufe, sowie gleichfalls im Widerspruch zur Rechtsprechung der oberen Verwaltungsgerichte zum Berufsbild des Arztes und des Tierarztes. Dem Satzungsgeber komme im Bereich berufsständischer Versorgungseinrichtungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Für das Berufsbild des Tierarztes habe der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München im Urteil vom 26. Juli 1995 (NJW 1996, 1613 f.) bestätigt, dass als Verweisungstätigkeiten auch eine Verwendung in Industrie und Wirtschaft sowie eine Tätigkeit als Pharmareferent für Arzneimittelfirmen in Betracht komme. Auch die entsprechenden Satzungen der Versorgungseinrichtungen in Hessen und Baden-Württemberg sähen vor, dass tierärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit sei, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet würden. Dies habe bei den Beigeladenen zu 1) und 2) bei ihrer Tätigkeit als Pharmareferentinnen vorgelegen. Ihnen sei die Beratungstätigkeit überhaupt erst aufgrund der während des Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten möglich gewesen, nämlich als gleichwertig geachtete Kollegen ihren am Menschen arbeitenden Standesgenossen auf wissenschaftlichem Niveau Wirkungsweise und Einsatz moderner Medikation zu erklären. Auch der Pharmaberater werde insoweit immer als Mediziner tätig. Dies gelte auch für den Beigeladenen zu 3). Die ärztliche Tätigkeit umfasse nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern auch alle Verrichtungen, bei denen aufgrund medizinischer Kenntnisse in ärztlicher Verantwortung gehandelt werde. Ärzte könnten ihr spezifisches Fachwissen nicht nur als behandelnder Arzt einsetzen. Auch der Apotheker sei als Pharmaberater entsprechend seinem Berufsbild tätig. Der Auftrag des Apothekers umfasse insbesondere die Information und Beratung über Arzneimittel, wobei der Apotheker in verschiedenen Bereichen tätig sei, insbesondere auch in der Industrie. Der Apotheker als Pharmaberater habe in seiner Eigenschaft als Apotheker den von ihm beratenen Medizinern die medizinisch-wissenschaftliche Information, d. h. das Zusammenstellen von Daten, ihre Aufbereitung und Überführung in eine die Ärzte ansprechende Form übermittelt, die für diese von fundamentaler Bedeutung seien, um ein auf dem Markt existierendes Medikament zum größtmöglichen Nutzen ihrer Patienten einsetzen zu können. Dass diese Tätigkeit mit dem gewerblichen Anbieten von Medikamenten verbunden sei, sei unschädlich, weil auch das klassische Berufsbild des Apothekers von jeher ein gewerbliches, nämlich auf den Verkauf von Medikamenten gerichtetes, gewesen sei. Damit habe auch die Beigeladene zu 4) niemals aufgehört, als Apothekerin tätig zu sein. Die rückwirkende Beitragserhebung sei auch treuwidrig. Der Beklagten bzw. den Einzugsstellen sei bekannt gewesen, dass die Beigeladenen bei ihr als Pharmaberater gearbeitet hätten und Beiträge an ihre jeweilige berufsständische Versorgungskasse gezahlt worden seien. Zudem habe die frühere Betriebsprüfung im Jahr 1997 keine Beanstandung ergeben. Der Widerspruch blieb insoweit erfolglos. Im Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsstelle vom 12. Juli 2004 wurde die Beurteilung im Ausgangsbescheid bestätigt, dass es sich bei der Tätigkeit als Pharmaberater durch einen Arzt bzw. Apotheker nicht um eine berufsspezifische, d.h. nur von einem approbierten Arzt oder Apotheker auszuübende Beschäftigung handle. Pharmaberater übten keinen vom Befreiungsrecht erfassten Kammerberuf aus. Die Geltendmachung der Beitragsansprüche für zurückliegende Zeiträume sei auch nicht treuwidrig. Zweifel an der weiteren Rechtmäßigkeit der Befreiung von der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hätten hier der Klägerin bzw. den Beigeladenen beim Beschäftigungswechsel selbst aufkommen und diese zu einer entsprechenden Anfrage hinsichtlich der Geltung der Befreiung veranlassen müssen. Spätestens seit 01. Juli 1979 sei die Befreiung nur tätigkeitsbezogen gewesen. Es habe keine Verpflichtung der Einzugsstellen bestanden, jede eingehende Meldung zu überprüfen. Vertrauensschutz ergebe sich auch nicht daraus, dass früher Betriebsprüfungen ohne Beanstandung durchgeführt worden seien. Betriebsprüfungen hätten lediglich den Zweck, die Beitragsentrichtung zur Sozialversicherung insgesamt zu sichern. Einerseits seien Beitragsausfälle zu verhindern, andererseits die Versicherungsträger vor dem ungerechtfertigten Entstehen von Leistungsansprüchen zu bewahren. Sie hätten jedoch nicht den Zweck, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen und ihm Entlastung zu erteilen. Von daher müssten sie auch nicht umfassend und erschöpfend sein. Sie könnten sich stattdessen auf bestimmte Einzelfälle und Stichproben beschränken. Eine Nichtbeanstandung könne von daher keinen Vertrauenstatbestand schaffen.
Am 13. August 2004 erhob die Klägerin dagegen Klage beim Sozialgericht (SG) Mannheim. Das SG lud mit Beschluss vom 27. April 2005 J. S. zum Verfahren bei. Mit Schriftsatz vom 30. September 2005 nahm die Beklagte den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung des J. S. zurück. Die Klägerin nahm dieses Teil-Anerkenntnis an (Schriftsatz vom 23. November 2006).
Die Klägerin trug unter Wiederholung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren sowie unter Vorlage verschiedener Unterlagen vor, die betroffenen Pharmaberater seien von der Beklagten wirksam von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden. Die Beklagte habe niemals zuvor Versicherungspflicht für die Tätigkeit als Pharmaberater geltend gemacht, auch nicht anlässlich einer bei ihr 1997 durchgeführten Betriebsprüfung. Den zuständigen Einzugsstellen sei durch ihr Büropersonal jeweils die Tätigkeit der Pharmaberater und deren Mitgliedschaft bei den entsprechenden Versorgungswerken aufgrund der erteilten Befreiung gemeldet worden. Daher habe ein Vertrauenstatbestand vorgelegen. Die Tätigkeit der Pharmaberater, soweit sie hier von Tierärzten, Ärzten bzw. Apothekern ausgeübt werde, sei von der Mitgliedschaft in dem jeweiligen berufsständischen Versorgungswerk erfasst. Dies gelte beispielsweise für die Satzung der Landestierärztekammer Hessen und die Satzung des entsprechenden Versorgungswerks. Danach sei eine die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk auslösende tierärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet würden. Dies decke sich mit der Entscheidung des VGH München, wonach auch die Tätigkeit als Pharmareferent in der pharmazeutischen Industrie zum Berufsbild des Tierarztes gehöre. Die Beigeladenen zu 1) und 2) hätten für ihre Tätigkeit fortwährend und in hohem Maße die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten verwerten müssen und diese auch umgesetzt. Gleiches gelte für den Arzt. Das Berufsbild des Arztes umfasse nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern auch alle Verrichtungen, bei denen aufgrund medizinischer Kenntnisse in ärztlicher Verantwortung gehandelt werde. So sei der Beigeladene zu 3) nur aufgrund seiner ärztlichen Ausbildung in der Lage gewesen, die von ihm beratenen Ärzte mit den neuesten Erkenntnissen der medizinischen und pharmazeutischen Forschung vertraut zu machen und diese in der Anwendung und im Einsatz der neuen Medikamente zu unterstützen und zu beraten. Damit umfasse der ärztliche Beruf nicht nur die Aufgabe, der Gesundheit des einzelnen Menschen zu dienen. Auch andere Tätigkeiten, die sich auf die Gesundheit der Bevölkerung insgesamt bezögen, seien dem ärztlichen Berufsbild zuzurechnen. Daher habe der Beigeladene zu 3) auch als Pharmaberater ärztliche Tätigkeit ausgeübt. Auch bei einer Apothekerin gehöre die Tätigkeit als Pharmaberaterin zum vielfältigen Berufsbild des Apothekers, der in verschiedenen Bereichen, auch in der Industrie, tätig sei, wie sich aus dem vorgelegten Aufsatz über den „Apotheker in der Pharmaindustrie“ ergebe. Die Beigeladene zu 4) habe deshalb eine pharmazeutische Tätigkeit ausgeübt. Die Befreiung der Beigeladenen ergebe sich aufgrund der Zugehörigkeit ihrer Tätigkeit auch als Pharmaberater zum jeweiligen berufsständischen Berufsbild. Es sei nämlich jeweils nach der Definition der Satzung der Versorgungseinrichtung zu fragen, ob die Tätigkeit als Pharmareferent zu einer Beitragspflicht im Versorgungswerk führe. Dies sei hier der Fall, weshalb die Befreiung für die Tätigkeit als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker auch für die Tätigkeit als Pharmaberater gelte. Zu Unrecht beschränke sich die Beklagte auf die negative Ausschlussfeststellung, dass nach der Verordnung vom 02. Mai 1978 beim Geprüften Pharmareferenten ein abgeschlossenes Studium als Arzt, Tierarzt oder Apotheker nicht erforderlich sei. Das Berufsbild des Pharmaberaters sei jeweils als Teilmenge im Berufsbild des Arztes, des Tierarztes bzw. des Apothekers enthalten. Folge der Auffassung der Beklagten sei, dass im Kollisionsfall eine Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen eintrete. Im Übrigen sei eine rückwirkende Beitragserhebung unzulässig.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von Unterlagen entgegen. Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Berufsfremde Beschäftigungen seien von ihr grundsätzlich nicht erfasst. Bei der Beschäftigung als Pharmaberater handle es sich grundsätzlich nicht um eine zur Befreiung berechtigende Tätigkeit von Ärzten oder Apothekern. Soweit die von der Klägerin beschäftigten Beigeladenen als Pharmaberater tätig seien, werde keine dem jeweiligen Berufsbild zuzuordnende berufsspezifische Beschäftigung ausgeübt. Dies ergebe sich auch nicht aus dem Arzneimittelgesetz (AMG), insbesondere nicht aus dessen § 75. Diese Vorschrift bestimme lediglich, welche Personen die Sachkenntnis besäßen, um im Auftrag pharmazeutischer Unternehmen die Angehörigen der Heilberufe über Arzneimittel zu informieren. Dass beispielsweise Ärzte, Tierärzte und Apotheker diese Sachkenntnis besäßen, sei unstreitig. Dennoch könne daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Pharmaberater der jeweiligen Kammertätigkeit entspreche. Wodurch beispielsweise die Tätigkeit eines Apothekers gekennzeichnet sei, ergebe sich nicht aus dem AMG, sondern aus der Bundesapothekerordnung (BApO). Danach sei die Ausübung des Apothekerberufs die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, die Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung Apotheker oder Apothekerin. Diese Bereiche beinhalteten die Tätigkeit als Pharmaberater nicht. Zwar komme es durch die Beratung der vom Pharmaberater aufgesuchten Ärzte über die Wirkung und die Risiken von Medikamenten teilweise zu einer Überschneidung mit dem Aufgabenbereich des Apothekers. Während jedoch vom Apotheker eine objektive Beratung erwartet werde, bestehe das Ziel des Pharmaberaters hauptsächlich darin, über die Produkte des eigenen Unternehmens zu informieren und diese zu vermarkten. Dabei liege keine Kammertätigkeit vor; dies werde auch in den vorgelegten Blättern für Berufskunde sowie durch die eingereichte Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibung zum Berufsbild des Geprüften Pharmareferenten deutlich. Danach setze die Ausführung dieser Tätigkeit weder die Ausbildung zum Apotheker noch den Abschluss eines ggf. anderen naturwissenschaftlichen Hochschulstudiums voraus. Um die Aus- und Weiterbildung zum Geprüften Pharmaberater zu absolvieren, genüge vielmehr ein zum Studium berechtigender Hochschulabschluss (Abitur) oder auch ein mittlerer Schulabschluss mit entsprechender Berufsausbildung und praktischer Erfahrung. Auch daraus ergebe sich, dass es sich nicht um eine Kammertätigkeit von Apothekern, Ärzten oder Tierärzten handle, auch wenn diese besonders gute Voraussetzungen für eine solche Tätigkeit mitbrächten. Der von ihr vertretene Standpunkt werde durch das Sozialgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 14. April 2004 (S 89 KR 2054/02) bestätigt.
Mit Urteil vom 13. Januar 2006 hob das SG den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 auf und verurteilte die Beklagte, die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des damals noch beigeladenen J. S., zu tragen. Es führte aus, die von der Beklagten erteilten Befreiungen der Ärzte bzw. Apotheker wirkten für die Tätigkeit als Pharmaberater weiter. Denn auch diese Tätigkeit sei dem Tätigkeitsfeld eines Arztes, Apothekers oder Veterinärmediziners zuzuordnen. Dies ergebe sich allein schon daraus, dass § 75 AMG vorsehe, dass für die Ausübung des Berufs des Pharmaberaters zwingend die Sachkunde eines Apothekers, Veterinär- oder Humanmediziners erforderlich sei. Nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG besäßen die entsprechende Sachkenntnis als Pharmaberater Apotheker und Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, Chemie, Biologie sowie der Human- oder Veterinärmedizin abgelegten Prüfung. Folglich sei die Sachkenntnis, die sich ein Arzt bzw. Apotheker im Rahmen seines Studiums angeeignet habe, zwingende Voraussetzung, um als Pharmaberater tätig zu sein, sofern nicht eine Ausbildung zum Pharmareferenten bzw. eine Berufsausbildung nach § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG vorliege. Ein Pharmaberater sei also entweder ein Arzt oder Apotheker oder eine Person, die eine Pharmareferentenausbildung oder eine Ausbildung zum MTA/PTA aufweisen könne. Jeder Kammerberuf umfasse immer auch Tätigkeiten, die von nicht studierten Mitarbeitern ausgeführt werden könnten. Dass die Tätigkeit des Arztes, Apothekers bzw. Veterinärmediziners auch die Tätigkeit als Pharmaberater erfasse, ergebe sich auch bei gesonderter Untersuchung der Begrifflichkeit des entsprechenden Berufsbilds nach den einschlägigen Berufsordnungen bzw. Satzungen der Versorgungswerke. Für den Apotheker gelte aufgrund der BApO nichts anderes. Insoweit arbeite der Pharmaberater im Bereich der Abgabe von Medikamenten und nutze in diesem Rahmen seine Sachkenntnis, um die aufgesuchten Ärzte und andere Stellen über die Wirkungen, Risiken und Anwendungsbereiche der verschiedenen Medikamente zu beraten. Das Urteil wurde der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 25. Januar 2006 zugestellt.
Gegen das Urteil hat die Beklagte am 15. Februar 2006 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zu Unrecht gehe das SG davon aus, dass die Sachkenntnis des Arztes, Tierarztes oder Apothekers für die Ausübung der Tätigkeit als Pharmaberater zwingend erforderlich sei. Die Berufsausübung der Angehörigen der Heilberufe ergebe sich nicht aus dem AMG, sondern aus den jeweiligen Berufsordnungen. Das AMG regle nicht, dass die Ausübung des Berufs als Pharmaberater zwingend die Sachkenntnis eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers erforderlich mache. Dies werde dadurch deutlich, dass nach § 75 Abs. 2 AMG auch Personen mit einem anderen beruflichen Werdegang als Pharmaberater tätig sein könnten. Dass die Tätigkeit als Pharmaberater somit auch von Personen ausgeübt werden könne, die nicht Arzt, Tierarzt oder Apotheker seien, mache deutlich, dass es sich nicht um eine berufsgruppenspezifische Beschäftigung von Ärzten, Tierärzten oder Apothekern handle. Dass diese aufgrund ihrer akademischen Ausbildung in der Lage und deswegen berechtigt seien, als Pharmaberater tätig zu sein, sowie außerdem besonders gute Voraussetzungen für diese Tätigkeit mitbrächten, reiche jedenfalls im Befreiungsrecht nicht aus, um von der Ausübung einer berufsgruppenspezifischen Beschäftigung auszugehen. Von einer berufsgruppenspezifischen Beschäftigung könne auch nicht deshalb ausgegangen werden, weil sie von einem Kammerberufsangehörigen ausgeübt und von dessen Berufsbild mit umfasst werde. Andernfalls wäre auch eine als Krankenpflegerin tätige Ärztin ebenso wie ein als Tierpfleger tätiger Tierarzt oder eine als pharmazeutisch-technische Assistentin beschäftigte Apothekerin als gruppenspezifisch beschäftigt anzusehen. Auch die Satzungen der jeweiligen Versorgungswerke sähen regelmäßig jede Tätigkeit, bei der die im Studium erworbenen Kenntnisse vorausgesetzt, eingesetzt, verwendet oder mit verwendet würden, als ärztliche, tierärztliche oder pharmazeutische Tätigkeit an. Es reiche nicht aus, bei der Beurteilung einer Beschäftigung als berufsgruppenspezifisch im Rahmen des Befreiungsrechts darauf abzustellen, dass die Tätigkeit zumindest auch ein Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausüben könne, weil er über eine entsprechende wissenschaftliche Ausbildung verfüge. Dies sei bei Pharmaberatern gerade nicht der Fall, weil diese Tätigkeit auch von Personen ohne entsprechende akademische Ausbildung ausgeübt werden könne. Wodurch die Tätigkeit als Arzt, Tierarzt oder Apotheker gekennzeichnet sei, ergebe sich aus den jeweiligen Berufsordnungen für Ärzte, Tierärzte bzw. Apotheker. Insoweit seien Pharmaberater lediglich Außendienst- bzw. Betriebsmitarbeiter pharmazeutischer Unternehmen, deren Aufgabe hauptsächlich darin bestehe, die Heilberufsangehörigen über Produkte ihres eigenen Unternehmens zu informieren und diese am Markt zu platzieren.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Januar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
12 
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen, soweit die Beklagte für die Beigeladenen Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 78.621,99 geltend macht, hilfsweise die Revision zuzulassen.
14 
Die Klägerin hat (Schriftsatz vom 24. Oktober 2006) klargestellt, dass eine Beitragsnachforderung von EUR 1.891,11 von Anfang an unstreitig gewesen sei.
15 
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung könne nicht abstrakt anhand des SGB VI beurteilt werden. Was als berufsspezifisch für den jeweiligen Kammerberuf anzusehen sei, sei nur anhand der jeweiligen Kammergesetze, Berufsordnungen und Satzungen der Versorgungswerke zu bestimmen. Unabhängig davon sei auf den vorliegenden Fall § 75 AMG anzuwenden, der als lex specialis in Ergänzung zur Bundesärzteordnung (BÄO), zur Bundestierärzteordnung (BTO) und zur BApO definiere, dass eine Tätigkeit als Pharmaberater für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker als berufsspezifisch anzusehen sei. Das AMG beschreibe damit als Teilmenge einen Aspekt der ärztlichen, tierärztlichen und pharmazeutischen Tätigkeit. Damit sei die Tätigkeit als Pharmaberater eine berufsspezifische, für den jeweiligen Berufsstand des Arztes bzw. Apothekers typische Berufstätigkeit. Die bisherige Rechtsprechung gehe von einem überholten Berufsbild der streitgegenständlichen Kammerberufe und einem dogmatisch falschen Ansatzpunkt bei der Bestimmung dieser Berufsbilder aus. Die in den Berufsordnungen des Bundes niedergelegten Begriffe des Arztes, Tierarztes oder Apothekers müssten berufsrechtlich durch die jeweilige Landesgesetzgebung einschließlich der Landeskammergesetze spezifiziert werden. Dies ergebe sich für das Berufsbild des Apothekers mustergültig aus dem vorgelegten Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 24. August 2005 (M 16 K 05.11/93). Es sei unzulässig, beispielsweise das berufsspezifische Gepräge eines Apothekers anhand des klassischen Berufsbilds eines in einer öffentlichen Apotheke tätigen Apothekers zu bestimmen und alle anderen pharmazeutischen Tätigkeiten davon auszuschließen. Es sei nicht zulässig, bei der Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ein Berufsbild zugrunde zu legen, welches enger zugeschnitten sei, als es von den jeweiligen Kammern in den Grenzen ihrer berufsständischen Autonomie festgelegt werde. Es liege die Definitionshoheit der Berufsbilder bei der Gesetzgebungskompetenz der Länder und der darauf beruhenden berufsständischen Satzungsautonomie. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sie (die Klägerin) als Pharmaberater bewusst keine Pharmareferenten im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG einsetze, sondern ausschließlich die in § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG genannten Personen, die nach ihrer Auffassung allein die nötige Kompetenz besäßen, Angehörige von Heilberufen fachkundig und auf gleicher Augenhöhe über ihre Produkte zu informieren.
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Der Berichterstatter des Senats hat mit Beschluss vom 21. August 2006 die Beiladung des J. S. aufgehoben und mit weiterem Beschluss vom 12. September 2006 die Beigeladenen zu 1) bis 4) zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene zu 1) hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die übrigen Beigeladenen habe sich am Verfahren nicht beteiligt und keine Anträge gestellt.
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Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 ist rechtmäßig.
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1. Angefochten hat die Klägerin den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen in Höhe von EUR 78.621,99 nachforderte sowie die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des früher Beigeladenen J. S. für die Zukunft feststellte. Nicht angefochten hat die Klägerin den Bescheid, soweit die Beklagte darüber hinaus weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.891,11 nachforderte. Insoweit hätte das SG bereits den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nicht aufheben dürfen.
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Im Berufungsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordern kann. Soweit es im Klageverfahren um die (weitere) Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Pharmaberaters J. S. für die Zukunft ging, hat sich die auch dagegen gerichtete Klage durch das von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teil-Anerkenntnis erledigt. Dieses Teil-Anerkenntnis war lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Im Übrigen war aufgrund dieses Teil-Anerkenntnisses die vom SG ausgesprochene Beiladung des J. S. aufzuheben, wie geschehen.
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2. Der in der Berufungsinstanz noch streitige Beitragsbescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004, soweit er die Beitragsnachforderung zur Rentenversicherung für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 für die im Berufungsverfahren Beigeladenen, die als Pharmaberater bei der Klägerin in der streitigen Zeit abhängig beschäftigt waren, beinhaltet, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hätte das SG die genannten Bescheide nicht aufheben dürfen.
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2.1. Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Insoweit lag eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin vor. Versicherungspflicht und sich daraus ergebende Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die wegen der Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit sind. Nach § 7 Abs. 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung galt insoweit: Auf ihren Antrag wurden (ferner) von der Versicherungspflicht befreit Personen, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf einem Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten waren und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst wurden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen war. Über den Antrag entschied der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständige Träger der Rentenversicherung (§ 7 Abs. 4 AVG). Die Befreiung wirkte vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, soweit sie innerhalb von zwei Monaten danach beantragt wurde, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 7 Abs. 3 AVG). Ab 01. Januar 1992 erfolgte diese Befreiung nach den Vorschriften des SGB VI. Insoweit lautete § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung wie folgt: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Mit Wirkung ab 01. Januar 1996 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geändert; ferner wurden in Absatz 1 die Sätze 2 ff. eingefügt. Insoweit lautet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
23 
a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
24 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
25 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
26 
Ferner wurden die folgenden Sätze 2 ff. angefügt: Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag entstanden, an dem das für die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 01. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit vor der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- bzw. Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entscheidet über die Befreiung der Träger der Rentenversicherung, nachdem die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt nach § 6 Abs. 4 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (Satz 2 der Vorschrift).
27 
Die Befreiung gilt danach, auch wenn sie bereits vor dem 01. Januar 1992 ausgesprochen wurde (vgl. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wie bei der Beigeladenen zu 4), nicht personen-, sondern beschäftigungs- bzw. tätigkeitsbezogen. Sie gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt worden ist. Lediglich eine nur vorübergehende (hier nicht vorliegend) berufsfremde Tätigkeit führt nicht zum Wechsel des Alterssicherungssystems (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12). Wird insoweit eine berufsfremde Tätigkeit, für die die Befreiung nicht erteilt worden ist, ausgeübt, wird der Befreiungsbescheid für diese andere Tätigkeit gegenstandslos, bedarf jedoch nicht seiner Aufhebung, um Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung für eine berufsfremde Tätigkeit entstehen zu lassen (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).
28 
Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen vor der Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit als Pharmaberater von der Beklagten nach § 7 Abs. 2 AVG (die Beigeladene zu 4) bzw. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (die Beigeladenen zu 1 bis 3) von der Versicherungspflicht befreit worden sind. Die Befreiung der Beigeladenen zu 1) als approbierte Tierärztin ab 01. Januar 1995 beruht nach dem Bescheid vom 04. August 1995 auf der durch die Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit begründeten Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Bei der Beigeladenen zu 2) als ebenfalls approbierte Tierärztin beruht die Befreiung ab 01. Juli 1992 nach dem Bescheid vom 06. Januar 1993 auf der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Hessen. Die erfolgte Befreiung bezog sich bei den Beigeladenen zu 1) und 2) auf die jeweils vor der Beschäftigung bei der Klägerin von ihnen ausgeübte Tätigkeit als approbierte Tierärztin auf der Grundlage der BTO. In der BTO sind die Voraussetzungen der Approbation geregelt, wobei u.a. erforderlich ist, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von mindestens fünf Jahren, von denen sechs Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die tierärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BTO). Nach § 1 Abs. 1 BTO ist der Tierarzt berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestands beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist nach Abs. 2 der Vorschrift kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf. Beim Beigeladenen zu 3) als approbiertem Arzt beruht die Befreiung nach der Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 ab 01. Dezember 1995 auf der Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihm vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierter Arzt, wobei die Voraussetzungen der Approbation in der Bundesärzteordnung (BOÄ) geregelt sind. Danach setzt die Approbation u.a. voraus, dass nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BOÄ). Bei der Beigeladenen zu 4) als approbierte Apothekerin beruht die Befreiung ab 01. April 1990 auf der Pflichtmitgliedschaft (seit 01. August 1995 freiwillige Mitgliedschaft) in der Apothekerversorgung Berlin. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihr vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierte Apothekerin im Sinne der BApO, in der die Voraussetzungen der Approbation geregelt sind; u.a. ist dafür erforderlich, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von fünf Jahren, von denen zwölf Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BApO). Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen; er dient damit der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Die Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“ (§ 2 Abs. 3 BApO).
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Soweit die Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin als Pharmaberater tätig waren - die Beigeladene zu 1) beginnend ab 01. Januar 2001, die Beigeladene zu 2) beginnend ab 01. September 1997, der Beigeladene zu 3) beginnend ab 01. Januar 1999 und die Beigeladene zu 4) beginnend ab 01. Mai 1997 - bezog sich die ihnen gegenüber ausgesprochene Befreiung auf die ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker, nicht aber auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Insoweit handelte sich jeweils um eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, bei der auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V nicht vorlagen. Die Tätigkeit als Pharmaberater erforderte nicht zwingend die Approbation als Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker führen zu dürfen, wie sie für die Tätigkeiten erforderlich war, die die Beigeladenen ausgeübt hatten, als sie befreit worden waren. Die Aufgabe des Pharmaberaters wird in § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG gesetzlich dahin definiert, dass, wie hier von den Beigeladenen geschehen, er hauptberuflich Angehörige von Heilberufen aufsucht, um diese über Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren, und zwar auch fernmündlich. Diese Tätigkeit entspricht nicht dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Arztes, Tierarztes und Apothekers, unabhängig davon, dass es für den approbierten Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt. Insoweit ist, abgesehen vom „Geprüften Pharmareferenten“ im Sinne der Verordnung vom 02. Mai 1978, Pharmaberater keine Berufs-, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung, die eine typische (Mindest-)Sachkenntnis verlangt, um Angehörige von Heilberufen entsprechend informieren zu können. Dabei werden Inhalt und Umfang der Informationen, die der Pharmaberater an Angehörige der Heilberufe weiterzugeben hat, in der Regel vom Auftraggeber (hier die Klägerin) festgelegt. Diese typische (Mindest-)Sachkenntnis für die Tätigkeit des Pharmaberaters wird durch das mittlere Ausbildungsniveau der in § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG genannten Assistenten dokumentiert, nämlich der Apothekenassistenten sowie der Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin. Diesem typischerweise nur mittleren Ausbildungsniveau entsprechen auch die Personen mit einer beruflichen Fortbildung als Geprüfter Pharmareferent nach § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG und der entsprechenden Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmaberater. Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich daraus, dass nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG diese entsprechende typische Sachkenntnis für die Tätigkeit als Pharmaberater auch Apothekern oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegten Prüfung zugestanden wird, nicht, dass diese qualifizierten Hochschulausbildungen zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit als Pharmaberater sind, mithin auch die Tätigkeit als Pharmaberater zum typischen, durch die entsprechenden Hochschulausbildungen geprägten Berufsbild gehört. Die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln gehört nicht zum wesentlichen Kernbereich der ärztlichen, tierärztlichen bzw. pharmazeutischen Tätigkeit, sondern berührt nur Randbereiche davon. Es genügt daher hier für die versicherungsrechtlich zu beurteilende (erteilte) Befreiung nicht, dass es der Gesetzgeber auch bei Ärzten, Tierärzten und Apothekern im Hinblick auf das insoweit wesentliche höhere Ausbildungsniveau im Vergleich zum typischen mittleren Ausbildungsniveau nach § 75 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 AMG zulässt, dass auch ein approbierter Arzt, Tierarzt und Apotheker als Pharmaberater arbeitet, ohne als Sachkundenachweis eine gesonderte Prüfung ablegen zu müssen. Allein der Umstand, dass die für die Tätigkeit als Pharmaberater typischerweise erforderliche Sachkenntnis als so genannte Teilmenge auch aufgrund der nach der BÄO, der BTO und der BApO erforderlichen umfassenden Ausbildung (mit Prüfung) als Arzt, Tierarzt oder Apotheker unterstellt wird, rechtfertigt die Erstreckung der Befreiung eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers, der später die Tätigkeit als Pharmaberater ausübt, auch auf diese andere Tätigkeit nicht. Die Tätigkeit als Pharmaberater wird, wenn sie von einem approbierten Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausgeübt wird, nicht zu einem typischen Kammerberuf der entsprechenden Berufskammern mit einer Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufsständischen Versorgungseinrichtung für die selbstständigen Berufe, zumal beispielsweise auch die Tätigkeit als Apothekenassistent bzw. aufgrund einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Human- oder der Veterinärmedizin nicht zu den selbstständigen Kammerberufen gehört. Darauf, dass auch der als Pharmaberater tätige approbierte Arzt, Tierarzt und Apotheker bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat, kommt es nicht an. Auch ist nicht entscheidend, ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen (hier in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin) eine Tätigkeit als Pharmaberater eine Pflichtmitgliedschaft noch begründen mag. Darauf, wie die entsprechenden Kammergesetze bzw. Satzungen die Pflichtmitgliedschaft bestimmen, kommt es für den tätigkeitsbezogenen Umfang der hier jeweils von der Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung/Befreiung erteilten Befreiungen, die sich nicht auf eine Tätigkeit als Pharmaberater bezogen hatten, weil eine solche Tätigkeit zum diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt worden war, nicht an. Auch kann sich die Klägerin für die Geltung der Befreiung für die Tätigkeit als Pharmaberater nicht darauf berufen, dass sie ihrem Vortrag zufolge als Pharmaberater lediglich Personen mit der umfassenden Sachkenntnis beispielsweise als Arzt, Tierarzt oder Apotheker im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG beschäftigt.
30 
2.2. Da danach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Pharmaberater nicht gilt, hat die Beklagte zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit seit 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachgefordert. Die Beklagte hat diese Beiträge zutreffend berechnet. Insoweit verweist der Senat auf die Anlagen zum Beitragsbescheid. Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
31 
Die Beiträge sind auch nicht verjährt, insbesondere nicht für das Jahr 1997. Die hier zunächst anzunehmende vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gehemmt. Jedenfalls noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist galt dann im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2002, in dem die Klägerin über die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht informiert worden war, die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.
32 
Die Erhebung von Beiträgen verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die erfolgten Meldungen an die Einzugsstellen berufen. Es ist gerade Aufgabe der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV unabhängig von den von der Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen die ordnungsgemäße Beitragserhebung zu prüfen. Auch der Umstand, dass eine im Mai 1997 durchgeführte Betriebsprüfung keine Beanstandung hinsichtlich der beschäftigten Pharmaberater ergeben hatte, führt nicht dazu, dass hier die Beitragserhebung ausgeschlossen wäre. Die jeweiligen Betriebsprüfungen beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum, für den möglicherweise neue Erkenntnisse zur Erhebung von Beiträgen zu berücksichtigen sind.
33 
Danach war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung. mit §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist das Teil-Anerkenntnis der Beklagten zu berücksichtigen.
35 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
36 
4. Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes (GKG). Bei der Bestimmung des Streitwerts des sozialgerichtlichen Verfahrens ist zu berücksichtigen, dass neben der streitigen Beitragsforderung in Höhe von EUR 78.621,99, die sich auf die Beigeladenen bezog, ferner im erstinstanzlichen Verfahren auch noch die Feststellung der Versicherungspflicht mit Beitragspflicht für die Zukunft des J. S. im Streit war. Insoweit ist von dem Streitwert von EUR 5.000,00 nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszugehen, dieser jedoch im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Jahren auf EUR 15.000,00 zu erhöhen, weshalb sich für das sozialgerichtliche Verfahren ein Streitwert von EUR 93.621,99 ergibt. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert endgültig auf EUR 78.621,99 festzusetzen.

Gründe

 
18 
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 ist rechtmäßig.
19 
1. Angefochten hat die Klägerin den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen in Höhe von EUR 78.621,99 nachforderte sowie die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des früher Beigeladenen J. S. für die Zukunft feststellte. Nicht angefochten hat die Klägerin den Bescheid, soweit die Beklagte darüber hinaus weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.891,11 nachforderte. Insoweit hätte das SG bereits den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nicht aufheben dürfen.
20 
Im Berufungsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordern kann. Soweit es im Klageverfahren um die (weitere) Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Pharmaberaters J. S. für die Zukunft ging, hat sich die auch dagegen gerichtete Klage durch das von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teil-Anerkenntnis erledigt. Dieses Teil-Anerkenntnis war lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Im Übrigen war aufgrund dieses Teil-Anerkenntnisses die vom SG ausgesprochene Beiladung des J. S. aufzuheben, wie geschehen.
21 
2. Der in der Berufungsinstanz noch streitige Beitragsbescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004, soweit er die Beitragsnachforderung zur Rentenversicherung für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 für die im Berufungsverfahren Beigeladenen, die als Pharmaberater bei der Klägerin in der streitigen Zeit abhängig beschäftigt waren, beinhaltet, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hätte das SG die genannten Bescheide nicht aufheben dürfen.
22 
2.1. Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Insoweit lag eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin vor. Versicherungspflicht und sich daraus ergebende Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die wegen der Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit sind. Nach § 7 Abs. 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung galt insoweit: Auf ihren Antrag wurden (ferner) von der Versicherungspflicht befreit Personen, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf einem Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten waren und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst wurden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen war. Über den Antrag entschied der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständige Träger der Rentenversicherung (§ 7 Abs. 4 AVG). Die Befreiung wirkte vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, soweit sie innerhalb von zwei Monaten danach beantragt wurde, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 7 Abs. 3 AVG). Ab 01. Januar 1992 erfolgte diese Befreiung nach den Vorschriften des SGB VI. Insoweit lautete § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung wie folgt: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Mit Wirkung ab 01. Januar 1996 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geändert; ferner wurden in Absatz 1 die Sätze 2 ff. eingefügt. Insoweit lautet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
23 
a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
24 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
25 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
26 
Ferner wurden die folgenden Sätze 2 ff. angefügt: Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag entstanden, an dem das für die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 01. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit vor der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- bzw. Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entscheidet über die Befreiung der Träger der Rentenversicherung, nachdem die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt nach § 6 Abs. 4 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (Satz 2 der Vorschrift).
27 
Die Befreiung gilt danach, auch wenn sie bereits vor dem 01. Januar 1992 ausgesprochen wurde (vgl. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wie bei der Beigeladenen zu 4), nicht personen-, sondern beschäftigungs- bzw. tätigkeitsbezogen. Sie gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt worden ist. Lediglich eine nur vorübergehende (hier nicht vorliegend) berufsfremde Tätigkeit führt nicht zum Wechsel des Alterssicherungssystems (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12). Wird insoweit eine berufsfremde Tätigkeit, für die die Befreiung nicht erteilt worden ist, ausgeübt, wird der Befreiungsbescheid für diese andere Tätigkeit gegenstandslos, bedarf jedoch nicht seiner Aufhebung, um Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung für eine berufsfremde Tätigkeit entstehen zu lassen (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).
28 
Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen vor der Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit als Pharmaberater von der Beklagten nach § 7 Abs. 2 AVG (die Beigeladene zu 4) bzw. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (die Beigeladenen zu 1 bis 3) von der Versicherungspflicht befreit worden sind. Die Befreiung der Beigeladenen zu 1) als approbierte Tierärztin ab 01. Januar 1995 beruht nach dem Bescheid vom 04. August 1995 auf der durch die Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit begründeten Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Bei der Beigeladenen zu 2) als ebenfalls approbierte Tierärztin beruht die Befreiung ab 01. Juli 1992 nach dem Bescheid vom 06. Januar 1993 auf der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Hessen. Die erfolgte Befreiung bezog sich bei den Beigeladenen zu 1) und 2) auf die jeweils vor der Beschäftigung bei der Klägerin von ihnen ausgeübte Tätigkeit als approbierte Tierärztin auf der Grundlage der BTO. In der BTO sind die Voraussetzungen der Approbation geregelt, wobei u.a. erforderlich ist, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von mindestens fünf Jahren, von denen sechs Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die tierärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BTO). Nach § 1 Abs. 1 BTO ist der Tierarzt berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestands beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist nach Abs. 2 der Vorschrift kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf. Beim Beigeladenen zu 3) als approbiertem Arzt beruht die Befreiung nach der Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 ab 01. Dezember 1995 auf der Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihm vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierter Arzt, wobei die Voraussetzungen der Approbation in der Bundesärzteordnung (BOÄ) geregelt sind. Danach setzt die Approbation u.a. voraus, dass nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BOÄ). Bei der Beigeladenen zu 4) als approbierte Apothekerin beruht die Befreiung ab 01. April 1990 auf der Pflichtmitgliedschaft (seit 01. August 1995 freiwillige Mitgliedschaft) in der Apothekerversorgung Berlin. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihr vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierte Apothekerin im Sinne der BApO, in der die Voraussetzungen der Approbation geregelt sind; u.a. ist dafür erforderlich, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von fünf Jahren, von denen zwölf Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BApO). Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen; er dient damit der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Die Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“ (§ 2 Abs. 3 BApO).
29 
Soweit die Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin als Pharmaberater tätig waren - die Beigeladene zu 1) beginnend ab 01. Januar 2001, die Beigeladene zu 2) beginnend ab 01. September 1997, der Beigeladene zu 3) beginnend ab 01. Januar 1999 und die Beigeladene zu 4) beginnend ab 01. Mai 1997 - bezog sich die ihnen gegenüber ausgesprochene Befreiung auf die ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker, nicht aber auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Insoweit handelte sich jeweils um eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, bei der auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V nicht vorlagen. Die Tätigkeit als Pharmaberater erforderte nicht zwingend die Approbation als Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker führen zu dürfen, wie sie für die Tätigkeiten erforderlich war, die die Beigeladenen ausgeübt hatten, als sie befreit worden waren. Die Aufgabe des Pharmaberaters wird in § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG gesetzlich dahin definiert, dass, wie hier von den Beigeladenen geschehen, er hauptberuflich Angehörige von Heilberufen aufsucht, um diese über Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren, und zwar auch fernmündlich. Diese Tätigkeit entspricht nicht dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Arztes, Tierarztes und Apothekers, unabhängig davon, dass es für den approbierten Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt. Insoweit ist, abgesehen vom „Geprüften Pharmareferenten“ im Sinne der Verordnung vom 02. Mai 1978, Pharmaberater keine Berufs-, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung, die eine typische (Mindest-)Sachkenntnis verlangt, um Angehörige von Heilberufen entsprechend informieren zu können. Dabei werden Inhalt und Umfang der Informationen, die der Pharmaberater an Angehörige der Heilberufe weiterzugeben hat, in der Regel vom Auftraggeber (hier die Klägerin) festgelegt. Diese typische (Mindest-)Sachkenntnis für die Tätigkeit des Pharmaberaters wird durch das mittlere Ausbildungsniveau der in § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG genannten Assistenten dokumentiert, nämlich der Apothekenassistenten sowie der Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin. Diesem typischerweise nur mittleren Ausbildungsniveau entsprechen auch die Personen mit einer beruflichen Fortbildung als Geprüfter Pharmareferent nach § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG und der entsprechenden Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmaberater. Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich daraus, dass nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG diese entsprechende typische Sachkenntnis für die Tätigkeit als Pharmaberater auch Apothekern oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegten Prüfung zugestanden wird, nicht, dass diese qualifizierten Hochschulausbildungen zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit als Pharmaberater sind, mithin auch die Tätigkeit als Pharmaberater zum typischen, durch die entsprechenden Hochschulausbildungen geprägten Berufsbild gehört. Die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln gehört nicht zum wesentlichen Kernbereich der ärztlichen, tierärztlichen bzw. pharmazeutischen Tätigkeit, sondern berührt nur Randbereiche davon. Es genügt daher hier für die versicherungsrechtlich zu beurteilende (erteilte) Befreiung nicht, dass es der Gesetzgeber auch bei Ärzten, Tierärzten und Apothekern im Hinblick auf das insoweit wesentliche höhere Ausbildungsniveau im Vergleich zum typischen mittleren Ausbildungsniveau nach § 75 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 AMG zulässt, dass auch ein approbierter Arzt, Tierarzt und Apotheker als Pharmaberater arbeitet, ohne als Sachkundenachweis eine gesonderte Prüfung ablegen zu müssen. Allein der Umstand, dass die für die Tätigkeit als Pharmaberater typischerweise erforderliche Sachkenntnis als so genannte Teilmenge auch aufgrund der nach der BÄO, der BTO und der BApO erforderlichen umfassenden Ausbildung (mit Prüfung) als Arzt, Tierarzt oder Apotheker unterstellt wird, rechtfertigt die Erstreckung der Befreiung eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers, der später die Tätigkeit als Pharmaberater ausübt, auch auf diese andere Tätigkeit nicht. Die Tätigkeit als Pharmaberater wird, wenn sie von einem approbierten Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausgeübt wird, nicht zu einem typischen Kammerberuf der entsprechenden Berufskammern mit einer Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufsständischen Versorgungseinrichtung für die selbstständigen Berufe, zumal beispielsweise auch die Tätigkeit als Apothekenassistent bzw. aufgrund einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Human- oder der Veterinärmedizin nicht zu den selbstständigen Kammerberufen gehört. Darauf, dass auch der als Pharmaberater tätige approbierte Arzt, Tierarzt und Apotheker bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat, kommt es nicht an. Auch ist nicht entscheidend, ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen (hier in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin) eine Tätigkeit als Pharmaberater eine Pflichtmitgliedschaft noch begründen mag. Darauf, wie die entsprechenden Kammergesetze bzw. Satzungen die Pflichtmitgliedschaft bestimmen, kommt es für den tätigkeitsbezogenen Umfang der hier jeweils von der Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung/Befreiung erteilten Befreiungen, die sich nicht auf eine Tätigkeit als Pharmaberater bezogen hatten, weil eine solche Tätigkeit zum diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt worden war, nicht an. Auch kann sich die Klägerin für die Geltung der Befreiung für die Tätigkeit als Pharmaberater nicht darauf berufen, dass sie ihrem Vortrag zufolge als Pharmaberater lediglich Personen mit der umfassenden Sachkenntnis beispielsweise als Arzt, Tierarzt oder Apotheker im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG beschäftigt.
30 
2.2. Da danach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Pharmaberater nicht gilt, hat die Beklagte zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit seit 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachgefordert. Die Beklagte hat diese Beiträge zutreffend berechnet. Insoweit verweist der Senat auf die Anlagen zum Beitragsbescheid. Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
31 
Die Beiträge sind auch nicht verjährt, insbesondere nicht für das Jahr 1997. Die hier zunächst anzunehmende vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gehemmt. Jedenfalls noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist galt dann im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2002, in dem die Klägerin über die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht informiert worden war, die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.
32 
Die Erhebung von Beiträgen verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die erfolgten Meldungen an die Einzugsstellen berufen. Es ist gerade Aufgabe der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV unabhängig von den von der Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen die ordnungsgemäße Beitragserhebung zu prüfen. Auch der Umstand, dass eine im Mai 1997 durchgeführte Betriebsprüfung keine Beanstandung hinsichtlich der beschäftigten Pharmaberater ergeben hatte, führt nicht dazu, dass hier die Beitragserhebung ausgeschlossen wäre. Die jeweiligen Betriebsprüfungen beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum, für den möglicherweise neue Erkenntnisse zur Erhebung von Beiträgen zu berücksichtigen sind.
33 
Danach war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung. mit §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist das Teil-Anerkenntnis der Beklagten zu berücksichtigen.
35 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
36 
4. Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes (GKG). Bei der Bestimmung des Streitwerts des sozialgerichtlichen Verfahrens ist zu berücksichtigen, dass neben der streitigen Beitragsforderung in Höhe von EUR 78.621,99, die sich auf die Beigeladenen bezog, ferner im erstinstanzlichen Verfahren auch noch die Feststellung der Versicherungspflicht mit Beitragspflicht für die Zukunft des J. S. im Streit war. Insoweit ist von dem Streitwert von EUR 5.000,00 nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszugehen, dieser jedoch im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Jahren auf EUR 15.000,00 zu erhöhen, weshalb sich für das sozialgerichtliche Verfahren ein Streitwert von EUR 93.621,99 ergibt. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert endgültig auf EUR 78.621,99 festzusetzen.

Tenor

Die Revision des Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. März 2011 wird zurückgewiesen, soweit es die ihn betreffende, von der Beklagten gegenüber der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2003 geltend gemachte Beitragsforderung anbelangt.

Im Übrigen wird auf die Revision des Beigeladenen das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) sowie eine daran anknüpfende Beitragsforderung.

2

Der 1967 geborene Beigeladene ist approbierter Arzt. Auf seinen Antrag vom 11.10.1997 wurde er mit Blick auf sein Beschäftigungsverhältnis als Arzt im Praktikum bei dem St. J. Krankenhaus Bonn und seine Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung ab 1.10.1997 von der Versicherungspflicht in der GRV befreit (Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 29.12.1997). Der Beigeladene ist seit 1.4.1998 bei der Klägerin - einem Unternehmen der pharmazeutischen Industrie - beschäftigt. Vom 1.12.1999 bis 30.4.2000 war er dort als "Medical Manager Dermatologie/Rheumatologie" im Innendienst tätig und wurde danach im Außendienst als Pharmaberater eingesetzt. Nach den Feststellungen des LSG führte er dabei ua Patientengespräche und hielt medizinisch-wissenschaftliche Vorträge. Darüber hinaus bearbeitete er Anfragen zu Medikamenten, die er während seiner vorangegangenen Tätigkeit betreut hatte.

3

Aufgrund einer im Oktober 2004 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung für den Zeitraum 1.12.1999 bis 31.12.2003 stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund ua hinsichtlich des Beigeladenen für den gesamten Prüfzeitraum Versicherungspflicht in der GRV fest und forderte von der Klägerin Beiträge in Höhe von 43 435,05 Euro (Bescheid vom 1.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 1.3.2006).

4

Auf die hiergegen gerichtete Klage hat die Beklagte ua bezüglich des Beigeladenen ein Teilanerkenntnis abgegeben und die Beitragsnachforderung für den Zeitraum 1.12.1999 bis 30.4.2000 nicht mehr geltend gemacht. Das SG hat die darüber hinausgehende Klage durch Urteil vom 25.8.2009 abgewiesen.

5

Dagegen haben die Klägerin und der Beigeladene Berufung eingelegt. Mit Bescheid vom 28.10.2009 hat die Beklagte ihr Teilanerkenntnis ausgeführt und für den Beigeladenen nur noch Beiträge für die Zeit 1.5.2000 bis 31.12.2003 in Höhe von 39 232,50 Euro gefordert. Das LSG hat die Berufungen zurückgewiesen: Der Beigeladene sei in der im streitigen Zeitraum ausgeübten Tätigkeit nicht gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit gewesen. Die ihm früher erteilte Befreiung von Versicherungspflicht in der GRV wirke nach § 6 Abs 5 S 1 SGB VI nur für berufsgruppenspezifische Tätigkeiten, bei denen die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB VI vorlägen. Wenn eine berufsständische Versorgungseinrichtung eine Pflichtmitgliedschaft annehme, binde dies weder Verwaltung noch Gerichte. Eine Bindungswirkung könne allenfalls einer Bestätigung der für die berufsständischen Versorgungseinrichtung zuständigen Verwaltungsbehörde nach § 6 Abs 3 SGB VI zukommen. Bei der streitigen vom Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit handele es sich nicht um eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit, weil es sich nicht um eine Beschäftigung als Arzt gehandelt habe. Wie sich hinsichtlich der Tätigkeit als Pharmaberater auch aus § 75 Abs 1 S 1 Arzneimittelgesetz (AMG) ergebe, sei für diese Tätigkeit die Ausbildung als Arzt eine zwar hinreichende, nicht aber notwendige Voraussetzung. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Kammer sei im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang ohne Belang. Eine nach dem Vortrag des Beigeladenen erfolgte telefonische Auskunft der Beklagten über seine in der streitigen Beschäftigung fortbestehende Versicherungsfreiheit sei irrelevant, weil rechtlich verbindlich allenfalls eine - hier fehlende - schriftliche Bestätigung sein könnte. Die vielfältigen Beweisanträge des Beigeladenen seien mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen (Urteil vom 1.3.2011).

6

Hiergegen wendet sich der Beigeladene mit seiner Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 6 Abs 5 S 1 und Abs 1 S 1 SGB VI sowie von § 103 SGG. Das LSG überspanne die Anforderungen an das Vorliegen einer zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV führenden berufsspezifischen Tätigkeit. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liege eine ärztliche Tätigkeit auch dann vor, wenn der Betroffene im administrativen und organisatorischen Bereich tätig sei und in seinem nicht völlig berufsfremden Einsatzgebiet von seinen erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten profitieren könne. § 75 AMG habe nicht die Aufgabe, zu definieren, wann Ärzte berufsuntypische Tätigkeiten ausübten, sondern regele lediglich einen Mindeststandard für die Ausübung der Tätigkeit als Pharmaberater. Die vom LSG vorgenommene Auslegung des Merkmals "berufsspezifische Tätigkeit" im Sinne von "berufsgruppenspezifische Tätigkeit" dürfe nicht dazu führen, dass Merkmale der konkret verrichteten Tätigkeit unberücksichtigt blieben. Die Klägerin habe ihn (den Beigeladenen) bewusst als Arzt eingestellt. Nur durch sein Studium sei er in der Lage gewesen, Brustkrebsstudien durchzuführen, was er auch tatsächlich als Pharmaberater getan habe. Das gleiche gelte für die von ihm durchgeführte Schulung ärztlichen Personals. Soweit das LSG das Fehlen einer Bestätigung nach § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI problematisiere, habe es selbst zu ermitteln gehabt, ob es eine solche Bestätigung gebe. Er (der Beigeladene) nehme für sich zudem Vertrauensschutz in Anspruch, weil ihm anlässlich eines Telefonats mit einem Mitarbeiter der BfA im Juni/Juli 2000 mitgeteilt worden sei, eine (erneute) Befreiung von der Versicherungspflicht sei weder nötig noch möglich. Dies decke sich inhaltlich mit schriftlichen Auskünften, die Arbeitskolleginnen und -kollegen erhalten hätten. Dem habe das LSG nachgehen müssen.

7

Der Beigeladene beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 1. März 2011 und des Sozialgerichts Freiburg vom 25. August 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Fassung des Bescheides vom 2. Januar 2006, des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2006 und des Bescheides vom 28. Oktober 2009 aufzuheben,

        

1.    

soweit es die ihn (den Beigeladenen) betreffende für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2003 geltend gemachte Beitragsforderung anbelangt,

        

2.    

soweit es die Feststellung seiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in diesem Zeitraum betrifft.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt im Wesentlichen die inhaltlichen Ausführungen des LSG-Urteils. Da die Tätigkeit eines Pharmaberaters gemäß § 75 AMG auch Personen mit anderem Ausbildungshintergrund offen stehe, handele es sich hierbei nicht um eine - wie erforderlich - berufsgruppenspezifische Beschäftigung von Ärzten. Ein besonderer Vertrauensschutz sei bei dem Beigeladenen nicht anzuerkennen. Ob, wann und mit welchem Inhalt das von ihm angeblich im Juni/Juli 2000 geführte Telefonat erfolgt sei, sei nicht nachgewiesen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben komme ohnehin nur bei Vorlage einer - hier fehlenden - schriftlichen Äußerung des Rentenversicherungsträgers in Betracht.

10

Die Klägerin schließt sich dem Antrag des Beigeladenen an, soweit es den Klagepunkt 1. betrifft.

Entscheidungsgründe

11

Die insgesamt zulässige Revision des Beigeladenen (= Beschäftigter) ist hinsichtlich der Beitragsforderung der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund unbegründet. Hinsichtlich der darüber hinaus ebenfalls angefochtenen Feststellung der Versicherungspflicht in der GRV ist seine Revision im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung erfolgreich.

12

1. Da die Klägerin keine Revision eingelegt hat, sondern sich lediglich dem Antrag des Beigeladenen hinsichtlich der geltend gemachten Beitragsforderung angeschlossen hat, ist Gegenstand des Revisionsverfahrens in Bezug auf diesen Punkt (nur noch) das Begehren des Beigeladenen, die gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheide der Beklagten aufzuheben, soweit darin für den noch streitigen Zeitraum vom 1.5.2000 bis 31.12.2003 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin Pflichtbeiträge zur GRV in Höhe von (noch) 39 232,50 Euro gefordert werden. Entgegen den vom LSG aufgenommenen Anträgen der Beteiligten erschöpft sich der Rechtsstreit allerdings nicht allein in der Anfechtung entsprechender Beitragsbescheide der Beklagten, sondern umfasst auch und gerade die den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegende Feststellung von Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GRV. Über die Frage der Versicherungspflicht hat die Beklagte mitentschieden; hierzu hat das LSG auf Seite 19 der Entscheidungsgründe ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene in der streitigen Zeit bei der Klägerin kraft Gesetzes der Versicherungspflicht in der GRV unterlegen habe.

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2. Hinsichtlich der von der Beklagten geltend gemachten Beitragsforderung ist die Revision des Beigeladenen unbegründet, weil ihm insoweit für eine Anfechtung der Bescheide der Beklagten die erforderliche Klagebefugnis bzw ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die durch die angefochtenen Bescheide geltend gemachte Beitragsforderung richtet sich ausschließlich an die Klägerin als Arbeitgeberin (§ 28e Abs 1 S 1 SGB IV), sodass die Anfechtungsklage des Beigeladenen insoweit unzulässig ist. Ein Rückgriff der Klägerin als Arbeitgeberin auf den Beigeladenen - und damit eine eigene Belastung durch den Beitragsbescheid - wäre lediglich in den engen Grenzen des § 28g S 3 SGB IV möglich. Danach darf ein unterbliebener Abzug aber nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist (vgl zu den - strengen - Arbeitgeberpflichten insoweit zB BSGE 48, 195 = SozR 2200 § 394 Nr 1; Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 28g RdNr 23 unter Hinweis auf BT-Drucks 11/2221 S 24; Wehrhahn in Kasseler Komm, § 28g SGB IV RdNr 12 mwN, Stand Einzelkommentierung Juni 2012). Die Beteiligten haben diesbezüglich weder vorgetragen, dass die Klägerin einen Rückgriff dem Beigeladenen gegenüber in Aussicht gestellt hat, noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Voraussetzungen für einen derartigen Rückgriff erfüllt sein könnten.

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3. Die Revision des Beigeladenen ist in Bezug auf seine Versicherungspflicht in der GRV im (noch) streitigen Zeitraum 1.5.2000 bis 31.12.2003 im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Ob die diese Versicherungspflicht feststellenden Bescheide der Beklagten Bestand haben können, lässt sich vom Senat anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Zwar hat das LSG im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die in diesem Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht von der durch Bescheid vom 29.12.1997 erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht umfasst ist (dazu a). Es hätte jedoch dem Vortrag des Beigeladenen nachgehen müssen, er sei infolge einer telefonischen Auskunft der Beklagten davon abgehalten worden, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für seine Beschäftigung bei der Klägerin zu beantragen bzw auf der formellen Bescheidung eines schon telefonisch gestellten Befreiungsantrags zu bestehen (dazu b).

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a) Die Annahme des LSG, dass die Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GRV wegen seiner Beschäftigung bei der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht aufgrund seiner Befreiung von der Versicherungspflicht durch Bescheid vom 29.12.1997 ausgeschlossen ist, ist im Ergebnis zutreffend. Weder ist die Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin von der früher erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht umfasst (dazu aa), noch ist die frühere Befreiung hierauf zu erstrecken (dazu bb).

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aa) Gemäß § 6 Abs 5 S 1 SGB VI(in seiner unverändert gebliebenen Ursprungsfassung vom 18.12.1989, BGBl I 2261) ist die Befreiung auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt.

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(1) Bereits aus dem klaren Wortlaut der Regelung ergibt sich damit zweifelsfrei, dass mit einer Befreiungsentscheidung keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die "jeweilig" ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen in Betracht kommt, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen (vgl hierzu schon BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58 mwN; BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 f; Boecken, ArztR 10/1991, II, VII; ders in GK-SGB VI, § 6 RdNr 177, Stand Einzelkommentierung Januar 2007; Voelzke in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3, Rentenversicherungsrecht, 1999, § 17 RdNr 72 f).

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Darüber hinaus ist dem Wortlaut ebenfalls zu entnehmen, dass Anknüpfungspunkt einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV allein die (jeweilige) "Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit" des Betroffenen ist. Der Gesetzeswortlaut in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI definiert die Reichweite einer Befreiung von der Versicherungspflicht damit nicht über die konkreten inhaltlichen Merkmale der ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, wie etwa Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflichen Status. Vielmehr werden in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI ausschließlich die Rechtsbegriffe der Beschäftigung und der selbstständigen Tätigkeit verwendet. "Beschäftigung" wiederum wird in § 7 Abs 1 S 1 SGB IV als "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" definiert und in Abs 1 S 2 der Regelung gekennzeichnet als Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines (konkreten) Weisungsgebers(vgl zur Arbeitgebereigenschaft näher zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17 f mwN; hierzu auch Dankelmann in jurisPK-SGB VI, 1. Aufl 2008, § 6 RdNr 151).

19

Bei der Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin handelt es sich vor diesem Hintergrund schon deshalb offensichtlich nicht um diejenige Beschäftigung iS von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI, die der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht durch den Bescheid der BfA vom 29.12.1997 zugrunde lag, weil es sich bei der Klägerin um einen anderen Arbeitgeber als das St. J. Krankenhaus handelt und ein anderes Arbeitsverhältnis und eine andere Beschäftigung im Raum steht.

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(2) Die Maßgeblichkeit der alleinigen Anknüpfung an die konkrete Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI wird durch eine systematische Betrachtung der Befreiungsregelungen des SGB VI bestätigt.

21

So knüpft das Gesetz bei der Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für die - im Falle des Beigeladenen betroffenen - Angehörigen der freien verkammerten Berufe in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI an die wegen der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit bestehende Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung bei gleichzeitiger Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Kammer an. Dies steht zB im Gegensatz zur Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht für Lehrer oder Erzieher in § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI, worin kein solches qualifiziertes Befreiungserfordernis geregelt ist, sondern an eine bloße Berufsgruppenbezeichnung unabhängig vom dienstrechtlichen Status der Erwerbstätigkeit angeknüpft wird.

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Darüber hinaus hat das Gesetz in der Sonderregelung des § 231 Abs 1 S 1 SGB VI festgelegt, dass Beschäftigte, die (unter Geltung des Vorgängerrechts im Angestelltenversicherungsgesetz) am 31.12.1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, lediglich in "derselben Beschäftigung" von der Versicherungspflicht in der GRV befreit bleiben. In dieser Bestandsschutzregelung kommt - übereinstimmend mit § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI - zum Ausdruck, dass der betroffene Personenkreis durch eine ausgesprochene Befreiung nur in Bezug auf die konkret ausgeübte Beschäftigung begünstigt bleiben soll, nicht aber für andere Erwerbstätigkeiten.

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(3) Der Vergleich der vor 1992 maßgebenden mit der danach geltenden Rechtslage zeigt ebenfalls, dass der Gesetzgeber das Recht der Befreiung von der Versicherungspflicht durch das RRG 1992 (BGBl 1989 I 2261) umfassend neu ausgestaltet hat (hierzu bereits BSGE 83, 74, 77 f = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58 f). Zur Begründung der auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit begrenzten Reichweite der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI heißt es in den Gesetzesmaterialien, dass dies in Übereinstimmung mit den Grundsätzen zur Mehrfachbeschäftigung und mit § 5 Abs 1 SGB VI den sozialen Schutz der Betroffenen verbessern solle(Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zum Rentenreformgesetz 1992, BT-Drucks 11/4124 S 152). Im Übergangsrecht hat sich der Gesetzgeber zudem in § 231 Abs 1 S 1 SGB VI bewusst gegen eine einseitige Beachtung der Interessen der bereits von der Versicherungspflicht in der GRV befreiten Personen an der Aufrechterhaltung der Befreiung entschieden; mit der Regelung sollte vielmehr ein Ausgleich mit den gegenläufigen Interessen der Solidargemeinschaft herbeigeführt werden (Gesetzentwurf zum Rentenreformgesetz 1992, aaO, S 197 zu § 226).

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bb) Die gegen die aufgezeigte Auslegung vorgebrachten Gesichtspunkte greifen nicht durch.

25

(1) Die von den Beteiligten in den Mittelpunkt ihres Vorbringens im Revisionsverfahren gerückte und vom LSG vertieft erörterte Frage, inwieweit es sich bei der Tätigkeit eines Pharmaberaters um eine "ärztliche Tätigkeit" handelt bzw handeln kann, ist für die vorliegend allein zu entscheidende Frage der Reichweite einer für eine konkrete Beschäftigung erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 S 1 SGB VI ohne Belang.

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(2) Mit Rücksicht auf die Ausführungen unter aa) kann dem LSG auch nicht gefolgt werden, soweit es in Übereinstimmung mit einer in der Literatur (Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand VI/08, K § 6 RdNr 131; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 93; Klattenhoff, DAngVers 1996, 404, 410) vertretenen Auffassung angenommen hat, "Beschäftigung" iS von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI sei jede berufsgruppenspezifische Tätigkeit, für die die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB VI vorlägen. Diese Ansicht findet im Wortlaut des § 6 Abs 5 S 1 SGB VI jedenfalls dann, wenn es - wie im vorliegenden Fall - um eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für eine Beschäftigung geht, keine Stütze.

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Diese Auffassung kann sich auch nicht auf das Urteil des seinerzeit zuständig gewesenen 1. Senats des BSG vom 18.9.1963 (1 RA 202/62 - BSGE 20, 37 = SozR Nr 3 zu § 7 AVG) stützen, weil die dortigen Ausführungen zur alten Rechtslage in § 7 Abs 2 AVG ergangen sind(hierzu bereits Urteil des Senats vom 30.4.1997 - 12 RK 34/96 - BSGE 80, 215, 219 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 14). Wie oben dargelegt, knüpft die vorliegend maßgebende Nachfolgeregelung des § 6 Abs 5 S 1 SGB VI demgegenüber allein an die Merkmale "Beschäftigung"(§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV)bzw "selbstständige Tätigkeit" an und zwar gerade nicht im Sinne eines bestimmten Berufsbildes oä (vgl oben 3. a) aa)).

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Gegen die hier vorgenommene Auslegung spricht ebenso wenig das Urteil des 5. Senats des BSG vom 22.10.1998 (BSGE 83, 74, 81 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 62). Darin wird ausgeführt, dass die ältere Rechtsprechung des BSG in Fällen, in denen nach dem Ausscheiden aus der Pflichtmitgliedschaft noch eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit ausgeübt wurde, eine Fortdauer der Versicherungsbefreiung bei freiwilliger Weiterversicherung in der berufsständischen Versorgung angenommen hatte. Die Entscheidungsgründe des Urteils enthalten indessen keine Ausführungen dazu, ob und inwieweit auch unter der Geltung von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Merkmal "berufsgruppenspezifische Beschäftigung" maßgebend sein kann. Vielmehr beschränkt sich die Urteilsbegründung des 5. Senats auf die Feststellung, dass die Klägerin im dortigen Verfahren keine berufsgruppenspezifische Beschäftigung ausgeübt habe.

29

Im Übrigen könnte sich die og Auffassung auch nicht unter teleologischen Gesichtspunkten darauf stützen, in effektiver Weise zur Verwaltungsvereinfachung beizutragen, indem sie die Betroffenen davon entbinde, bei jedem Beschäftigungswechsel einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht zu stellen. Im Gegenteil würde gerade die Etablierung des Merkmals der berufsgruppenspezifischen Beschäftigung zu erheblichen Abgrenzungs- und Definitionsproblemen führen. Darüber hinaus würde es zu erheblichen Problemen bei der Beurteilung von Sachverhalten führen, in denen Versicherte bei einem Wechsel der Beschäftigung - in der irrigen Annahme, die neue Beschäftigung sei (ebenfalls) "berufsgruppenspezifisch" - keinen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht stellen und damit den Trägern der GRV keine zeitnahe Prüfung des (weiteren) Vorliegens der Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der neuen Beschäftigung ermöglichen. In diesen Fällen droht, dass die Rentenversicherungsträger - wie im vorliegenden Fall geschehen - uU erst Jahre nach dem Wechsel der Beschäftigung hiervon erfahren, in der neuen Beschäftigung aber wegen Wegfalls der Voraussetzungen für eine Befreiung Versicherungspflicht besteht und erhebliche Beiträge zur GRV nachzufordern sind.

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cc) Rechtsfehlerfrei hat das LSG angenommen, dass keine Verpflichtung der Beklagten besteht, die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 S 2 SGB VI auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin zu erstrecken. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in den Fällen des § 6 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil es sich bei der im streitigen Zeitraum verrichteten Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht um eine von vornherein zeitlich begrenzte Beschäftigung gehandelt hat. Im Hinblick hierauf kann offenbleiben, ob die Erstreckung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI - ebenso wie die ursprüngliche Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 SGB VI - von einem vorherigen Antrag(§ 6 Abs 2 SGB VI) abhängig ist. Hierfür könnte sprechen, dass nach der Systematik des Befreiungsrechts ggf auch die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen muss.

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b) Trotz der vorstehenden Ausführungen unter a) kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG gleichwohl nicht abschließend über das Vorliegen von Versicherungspflicht des Beigeladenen in seiner vom 1.5.2000 bis 31.12.2003 bei der Klägerin ausgeübten Beschäftigung entscheiden. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

32

Das LSG hätte dem Vortrag des Beigeladenen nachgehen müssen, dass er infolge einer telefonischen Auskunft der Beklagten davon abgehalten worden sei, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für die Beschäftigung bei der Klägerin zu beantragen bzw auf der formellen/schriftlichen Bescheidung eines schon telefonisch gestellten Befreiungsantrags zu bestehen. Sollte sich dieses Vorbringen als zutreffend herausstellen, könnten der Feststellung von Versicherungspflicht in der GRV in der noch streitigen Zeit ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bzw die Grundsätze von Treu und Glauben entgegenstehen.

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aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 12) verstößt es gegen Treu und Glauben, wenn ein Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht eines Betroffenen in der GRV feststellt, nachdem der Träger zuvor in einer Antwort auf die Frage des Betroffenen nach der Reichweite einer früheren Befreiung im Hinblick auf eine neu eingegangene Beschäftigung den Eindruck erzeugt hatte, auch insoweit trete wegen der schon erteilten früheren Befreiung keine Versicherungspflicht ein. An dieser Rechtsprechung - nach der es (anders als vom LSG zugrundegelegt) nicht darauf ankommt, ob Verlautbarungen des Rentenversicherungsträgers in Schriftform oder nur mündlich erfolgten - hält der Senat fest. In Betracht kommt darüber hinaus (alternativ) eine Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Danach kann ein Betroffener bei Betreuungspflichtverletzungen eines Sozialversicherungsträgers so zu behandeln sein, als hätte der angegangene Träger die ihm obliegenden Pflichten (vgl §§ 14, 15 SGB I)ordnungsgemäß erfüllt (vgl zB BSGE 65, 21, 26 = SozR 4100 § 137 Nr 12 S 16; BSGE 89, 50, 53 ff = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 6; Urteil des Senats vom 29.8.2012 - B 12 R 7/10 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2600 § 2 Nr 16 RdNr 28 vorgesehen). Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beigeladene falsch beraten und/oder durch eine falsche Auskunft der Beklagten von einer erneuten Antragstellung abgehalten wurde, hätte dies zur Folge, dass der Beigeladene so behandelt werden muss, als wäre ein seinerzeit gestellter Befreiungsantrag rechtmäßig beschieden worden.

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bb) Entgegen den Erwägungen des LSG, die in den Ausführungen seiner Entscheidungsgründe anklingen, ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Beigeladene auf einen entsprechenden Antrag hin von der Beklagten von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für die von ihm ausgeübte Beschäftigung zu befreien gewesen wäre, wenn er wegen dieser Beschäftigung Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer war. Dies ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen. Dabei ist wegen § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a SGB VI auch zu prüfen, ob am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für die Berufsgruppe der die Beschäftigung zuzuordnen ist, bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat. Zwar bezieht sich das Wort "ihre" in Buchst a auf "Beschäftigte und selbstständig Tätige“ eingangs der Nr 1 des § 6 Abs 1 S 1 SGB VI, doch kommt es insoweit wegen der Anknüpfung der Befreiung an die konkret ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit, nicht auf die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten bzw Selbstständigen an. Maßgebend ist vielmehr die Klassifikation konkret der Tätigkeit, für die die Befreiung begehrt wird.

35

Die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des LSG schon deshalb nicht allein durch den Hinweis auf § 75 AMG verneint werden; denn aus der Verwendung des Begriffs Pharmaberater durch die Klägerin und den Beigeladenen folgt noch nicht, dass die konkreten Umstände der Beschäftigung tatsächlich der Legaldefinition des § 75 Abs 1 AMG entsprechen. Hinzu kommt, dass es sich bei dem in § 75 Abs 1 AMG verwendeten Begriff des Pharmaberaters anders als bei dem des in § 75 Abs 2 Nr 3 AMG genannten (geprüften) Pharmareferenten (vgl Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Pharmareferent/Geprüfte Pharmareferentin vom 26.6.2007, BGBl I 1192) nicht um eine geschützte Berufsbezeichnung, sondern um eine Tätigkeitsbeschreibung handelt (vgl zB Schickert in Kügel, AMG, 2012, § 75 RdNr 3 mwN).

36

cc) Das vom LSG darüber hinaus problematisierte Fehlen der von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI geforderten Bestätigung der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde steht einer Befreiung des Beigeladenen von der Versicherungspflicht in der GRV ebenfalls nicht von vornherein entgegen. Nach der gesetzlichen Konzeption geht die Bestätigung der letztlich bindenden Entscheidung des Rentenversicherungsträgers voraus (vgl Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 143, Stand Einzelkommentierung VI/08; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 73). Es ist jedoch kein Grund erkennbar, dass die Einholung einer ggf fehlenden Bestätigung gemäß § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI nicht auch noch im Rahmen eines Rechtsstreits über die Befreiung von der Versicherungspflicht nachgeholt werden könnte.

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dd) Nach alledem muss das LSG die notwendigen Feststellungen zum Ablauf des vom Beigeladenen behaupteten Telefongesprächs und dessen Inhalt nachholen und sodann erneut über die Berufung des Beigeladenen entscheiden. Dabei wird das LSG insbesondere das vom Beigeladenen mit Schriftsatz vom 1.3.2010 vorgelegte Schreiben seiner (damaligen) Lebenspartnerin vom 25.1.2010 zu würdigen und ggf dem darin gemachten Beweisangebot ihrer Vernehmung als Zeugin nachzugehen haben. In dem vorgelegten Schreiben bestätigt diese, dass der Beigeladene im Juni/Juli 2000 von der BfA die telefonische Auskunft erhalten habe, eine (erneute) Befreiung sei weder nötig noch überhaupt möglich; im Hinblick auf diese Aussage habe der Beigeladene von einer weiteren Erkundigung oder einer schriftlichen Anfrage Abstand genommen.

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4. Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten, wobei in Bezug auf die Kosten das Revisionsverfahren allein eine Anwendung des § 193 SGG und nicht diejenige nach § 197a SGG angezeigt ist.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Januar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 4/5 und die Beklagte 1/5 der Kosten des Klageverfahrens. Ferner trägt die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens. Kosten der Beigeladenen sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Klageverfahren auf EUR 93.621,99 und für das Berufungsverfahren endgültig auf EUR 78.621,99 festgesetzt.

Tatbestand

 
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beigeladenen auch als Pharmaberater von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI; bis 31. Dezember 1991 § 7 des Angestelltenversicherungsgesetzes [AVG]) befreit sind oder ob die Beklagte von der Klägerin für die Beigeladenen zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordert.
Die Klägerin, die bis 31. März 2005 als Y. P. GmbH firmierte, ist ein Pharma-Unternehmen, das u.a. auch Pharmaberater/Pharmaberaterinnen beschäftigt. Deren Aufgabe ist es, die von ihnen betreuten Ärzte (niedergelassene Ärzte und Klinikärzte) durch Beratung in Bezug auf die neuesten Erkenntnisse der pharmazeutisch-medizinischen Forschung in ihrem jeweiligen Spezialbereich in die Lage zu versetzen, Wirkungsweise und Applikationsbereich sowie Methoden moderner Heilpräparate optimal einzusetzen. Die am 1964 geborene Beigeladene zu 1) war als ausgebildete approbierte Tierärztin mit Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) vom 04. August 1995 ab 01. Januar 1995 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Baden-Württembergischen Versicherungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Rentenversicherung befreit worden (Bescheid der Beklagten vom 04. August 1995). Sie nahm dann am 01. Januar 2000 bei der Klägerin ihre Tätigkeit als Pharmaberaterin auf. Die am 1960 geborene Beigeladene zu 2), ebenfalls ausgebildete approbierte Tierärztin, war mit Bescheid der Beklagten vom 06. Januar 1992 ab 01. Juli 1992 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Landestierärztekammer Hessen (Versorgungswerk) entsprechend von der Rentenversicherungspflicht befreit worden (Bescheid der Beklagten vom 06. Januar 1993). Sie nahm am 01. September 1997 bei der Klägerin die Tätigkeit als Pharmaberaterin auf. Der am 1968 geborene Beigeladene zu 3), der ausgebildeter approbierter Arzt ist, wurde von der Beklagten ab 01. Dezember 1995 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung entsprechend von der Rentenversicherungspflicht befreit (Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996); er nahm am 01. Juni 1999 bei der Klägerin die Tätigkeit als Pharmaberater auf. Die Beigeladene zu 4) ist ausgebildete approbierte Apothekerin. Sie war als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Biochemie und molekulare Biologie der Technischen Universität Berlin ab 01. April 1990 tätig und deswegen Pflichtmitglied der Apothekerversorgung Berlin; deswegen war sie von der Beklagten ab dem genannten Zeitpunkt nach § 7 Abs. 2 AVG von der Rentenversicherungspflicht befreit. Wegen Wegzugs aus Berlin führte sie ab 01. August 1995 die Mitgliedschaft in der Apothekerversorgung Berlin als freiwillige Mitgliedschaft weiter. Vom 01. Mai 1997 bis 29. Januar 2003 war sie als Pharmaberaterin bei der Klägerin beschäftigt. Für die Beigeladenen wurden Beiträge zur Rentenversicherung nicht abgeführt. Eine bei der Klägerin im Mai 1997 für die Zeit ab 01. Dezember 1992 durch die Beklagte durchgeführte Betriebsprüfung ergab keine Beanstandungen hinsichtlich der nicht abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung für Pharmaberater.
In der Zeit vom 20. November 2001 bis 10. September 2003 führte die Beklagte bei der Klägerin dann erneut an mehreren Tagen eine am 20. November 2001 begonnene und 2002 fortgesetzte (Schlussbesprechung am 10. September 2003) Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) durch, die sich auf den Zeitraum vom 01. Januar 1997 bis 31. Dezember 2002 bezog. Dabei vertrat die Beklagte (vgl. Schreiben vom 25. Juli 2002) die Ansicht, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Tierärzte, Ärzte bzw. Apotheker nicht auf die berufsfremde Tätigkeit als Pharmaberater beziehe. Die Klägerin äußerte sich (Schreiben vom 16. Oktober 2002) dagegen dahingehend, dass sich die Versicherungsfreiheit auch auf die Tätigkeit als Pharmaberater erstrecke. Denn es sei, jeweils ausgehend von der Definition der Satzung der Versorgungseinrichtung, zu fragen, ob auch die Tätigkeit als Pharmaberater zur Beitragspflicht im Versorgungswerk führe. Im Übrigen sei ein Vertrauenstatbestand dadurch geschaffen worden, dass bei der früheren Betriebsprüfung im Jahr 1997 die Versicherungsfreiheit für die von Tierärzten, Ärzten bzw. Apothekern ausgeübte Tätigkeit als Pharmaberater nicht beanstandet worden sei. Darauf, dass nach der Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmareferenten vom 02. Mai 1978 (BGBl. I S. 600) für den Pharmareferenten (Pharmaberater) eine Ausbildung als Arzt, Tierarzt oder Apotheker nicht vorgeschrieben sei, komme es nicht an. Mit Bescheid vom 02. Januar 2004 forderte die Beklagte von der Klägerin u.a. für die Beigeladenen Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 78.626,95 nach. Es wurde Folgendes ausgeführt: Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Berufsfremde Beschäftigungen würden von ihr grundsätzlich nicht erfasst. Als Pharmaberater/Pharmareferent beschäftigte Personen könnten vom Befreiungsrecht keinen Gebrauch machen, weil es sich hierbei grundsätzlich nicht um eine zur Befreiung berechtigende Tätigkeit von Ärzten oder Apothekern handle. Es werde keine dem jeweiligen Kammerberuf zuzuordnende berufsspezifische Beschäftigung ausgeübt, für die das Befreiungsrecht geltend gemacht werden könne. Einer Aufhebung der Befreiungsbescheide bedürfe es insoweit nicht, weil die Befreiung gegenstandslos geworden sei. Eine dem Kammerberuf entsprechende und damit zur Befreiung berechtigende Tätigkeit sei die Tätigkeit, auf der die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung beruhe. Das sei grundsätzlich nicht die Tätigkeit als Pharmaberater, sondern die als Arzt oder Apotheker. Für diese Tätigkeiten werde die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ausgesprochen und hierfür gelte sie uneingeschränkt. Ob und welche weiteren Tätigkeiten außerdem dem jeweiligen Kammerberuf zuzuordnen seien und deshalb vom Befreiungsrecht erfasst würden, könne nicht allein danach beurteilt werden, wer nach den Satzungsbestimmungen der Versorgungswerke beitragspflichtig sei. Wenn man dies annehmen würde, würde das bedeuten, dass sich aus der Beitragspflicht zur berufsständischen Versorgungseinrichtung auf die Ausübung einer berufsspezifischen Beschäftigung schließen ließe. Eine Tätigkeit werde nicht schon deshalb zu einer berufsspezifischen Tätigkeit eines Arztes oder Apothekers, weil sie von einem solchen ausgeübt werde. Das jeweilige Berufsbild sei vielmehr aus der erforderlichen Aus- bzw. Vorbildung zu erschließen. Danach sei die Tätigkeit als Pharmaberater zu beurteilen. Pharmaberater seien Außendienst- bzw. Vertriebsmitarbeiter pharmazeutischer Unternehmen, deren Tätigkeit dadurch geprägt sei, dass sie die Angehörigen der Heilberufe über Produkte ihres eigenen Unternehmens informierten und berieten. Voraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit sei eine entsprechende Fortbildung zum Pharmaberater, für die lediglich eine abgeschlossene Ausbildung und entsprechende Berufspraxis in einschlägigen Tätigkeiten, wie beispielsweise pharmazeutisch-kaufmännischer Angestellter, Drogist, Chemielaborant, Krankenpfleger, Krankenschwester, vorausgesetzt werde. Daraus ergebe sich, dass es sich nicht um eine berufsspezifische, d.h. nur von einem approbierten Arzt oder Apotheker auszuübende Beschäftigung handle, auch wenn diese besonders gute Voraussetzungen für eine derartige Tätigkeit mitbrächten. Die Geltendmachung der Beitragsansprüche für die zurückliegende Zeit sei auch nicht treuwidrig und widerspreche den Beigeladenen einzuräumendem Vertrauensschutz nicht. Ferner wurde in dem genannten Bescheid hinsichtlich eines weiteren Pharmaberaters (J. S.) festgestellt, dass insoweit die Beitragspflicht zur Rentenversicherung erst mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheids eintrete.
Gegen den Bescheid vom 02. Januar 2004 legte die Klägerin Widerspruch ein, soweit er die jetzt beigeladenen Pharmaberater sowie den weiteren Pharmaberater S. betraf. Die von der Beklagten ausgesprochenen Befreiungen seien im Nachhinein nicht widerrufen worden. Sie erstreckten sich auch auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Denn die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht aufgrund der Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung beziehe sich grundsätzlich auf alle Beschäftigungen oder Tätigkeiten, die zu einer Pflichtmitgliedschaft in der entsprechenden Versorgungseinrichtung führten. Die Tätigkeit als Pharmaberater habe dem Berufsbild der jeweils berufsständischen Versorgungseinrichtung für Ärzte, Tierärzte bzw. Apotheker entsprochen. Das Berufsbild richte sich nach den Satzungsbestimmungen des jeweiligen Versorgungswerks, die auf der Grundlage der entsprechenden Landesgesetzgebungen ergangen seien. Für die Frage, ob eine berufsfremde Tätigkeit vorliege, seien daher die jeweiligen Satzungen der berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu Rate zu ziehen. Zu Unrecht beschränke sich die Beklagte auf die Feststellung, dass gemäß der Verordnung vom 02. Mai 1978 ein abgeschlossenes Studium als Arzt oder Apotheker für die Tätigkeit als Pharmareferent nicht erforderlich sei. Daraus könne nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Pharmaberater niemals dem Berufsbild des Arztes oder Apothekers entsprechen könne. Die Auffassung der Beklagten stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Regelung des Berufsrechts der freien, verkammerten Berufe, insbesondere der ärztlichen Berufe, sowie gleichfalls im Widerspruch zur Rechtsprechung der oberen Verwaltungsgerichte zum Berufsbild des Arztes und des Tierarztes. Dem Satzungsgeber komme im Bereich berufsständischer Versorgungseinrichtungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Für das Berufsbild des Tierarztes habe der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München im Urteil vom 26. Juli 1995 (NJW 1996, 1613 f.) bestätigt, dass als Verweisungstätigkeiten auch eine Verwendung in Industrie und Wirtschaft sowie eine Tätigkeit als Pharmareferent für Arzneimittelfirmen in Betracht komme. Auch die entsprechenden Satzungen der Versorgungseinrichtungen in Hessen und Baden-Württemberg sähen vor, dass tierärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit sei, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet würden. Dies habe bei den Beigeladenen zu 1) und 2) bei ihrer Tätigkeit als Pharmareferentinnen vorgelegen. Ihnen sei die Beratungstätigkeit überhaupt erst aufgrund der während des Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten möglich gewesen, nämlich als gleichwertig geachtete Kollegen ihren am Menschen arbeitenden Standesgenossen auf wissenschaftlichem Niveau Wirkungsweise und Einsatz moderner Medikation zu erklären. Auch der Pharmaberater werde insoweit immer als Mediziner tätig. Dies gelte auch für den Beigeladenen zu 3). Die ärztliche Tätigkeit umfasse nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern auch alle Verrichtungen, bei denen aufgrund medizinischer Kenntnisse in ärztlicher Verantwortung gehandelt werde. Ärzte könnten ihr spezifisches Fachwissen nicht nur als behandelnder Arzt einsetzen. Auch der Apotheker sei als Pharmaberater entsprechend seinem Berufsbild tätig. Der Auftrag des Apothekers umfasse insbesondere die Information und Beratung über Arzneimittel, wobei der Apotheker in verschiedenen Bereichen tätig sei, insbesondere auch in der Industrie. Der Apotheker als Pharmaberater habe in seiner Eigenschaft als Apotheker den von ihm beratenen Medizinern die medizinisch-wissenschaftliche Information, d. h. das Zusammenstellen von Daten, ihre Aufbereitung und Überführung in eine die Ärzte ansprechende Form übermittelt, die für diese von fundamentaler Bedeutung seien, um ein auf dem Markt existierendes Medikament zum größtmöglichen Nutzen ihrer Patienten einsetzen zu können. Dass diese Tätigkeit mit dem gewerblichen Anbieten von Medikamenten verbunden sei, sei unschädlich, weil auch das klassische Berufsbild des Apothekers von jeher ein gewerbliches, nämlich auf den Verkauf von Medikamenten gerichtetes, gewesen sei. Damit habe auch die Beigeladene zu 4) niemals aufgehört, als Apothekerin tätig zu sein. Die rückwirkende Beitragserhebung sei auch treuwidrig. Der Beklagten bzw. den Einzugsstellen sei bekannt gewesen, dass die Beigeladenen bei ihr als Pharmaberater gearbeitet hätten und Beiträge an ihre jeweilige berufsständische Versorgungskasse gezahlt worden seien. Zudem habe die frühere Betriebsprüfung im Jahr 1997 keine Beanstandung ergeben. Der Widerspruch blieb insoweit erfolglos. Im Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsstelle vom 12. Juli 2004 wurde die Beurteilung im Ausgangsbescheid bestätigt, dass es sich bei der Tätigkeit als Pharmaberater durch einen Arzt bzw. Apotheker nicht um eine berufsspezifische, d.h. nur von einem approbierten Arzt oder Apotheker auszuübende Beschäftigung handle. Pharmaberater übten keinen vom Befreiungsrecht erfassten Kammerberuf aus. Die Geltendmachung der Beitragsansprüche für zurückliegende Zeiträume sei auch nicht treuwidrig. Zweifel an der weiteren Rechtmäßigkeit der Befreiung von der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hätten hier der Klägerin bzw. den Beigeladenen beim Beschäftigungswechsel selbst aufkommen und diese zu einer entsprechenden Anfrage hinsichtlich der Geltung der Befreiung veranlassen müssen. Spätestens seit 01. Juli 1979 sei die Befreiung nur tätigkeitsbezogen gewesen. Es habe keine Verpflichtung der Einzugsstellen bestanden, jede eingehende Meldung zu überprüfen. Vertrauensschutz ergebe sich auch nicht daraus, dass früher Betriebsprüfungen ohne Beanstandung durchgeführt worden seien. Betriebsprüfungen hätten lediglich den Zweck, die Beitragsentrichtung zur Sozialversicherung insgesamt zu sichern. Einerseits seien Beitragsausfälle zu verhindern, andererseits die Versicherungsträger vor dem ungerechtfertigten Entstehen von Leistungsansprüchen zu bewahren. Sie hätten jedoch nicht den Zweck, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen und ihm Entlastung zu erteilen. Von daher müssten sie auch nicht umfassend und erschöpfend sein. Sie könnten sich stattdessen auf bestimmte Einzelfälle und Stichproben beschränken. Eine Nichtbeanstandung könne von daher keinen Vertrauenstatbestand schaffen.
Am 13. August 2004 erhob die Klägerin dagegen Klage beim Sozialgericht (SG) Mannheim. Das SG lud mit Beschluss vom 27. April 2005 J. S. zum Verfahren bei. Mit Schriftsatz vom 30. September 2005 nahm die Beklagte den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung des J. S. zurück. Die Klägerin nahm dieses Teil-Anerkenntnis an (Schriftsatz vom 23. November 2006).
Die Klägerin trug unter Wiederholung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren sowie unter Vorlage verschiedener Unterlagen vor, die betroffenen Pharmaberater seien von der Beklagten wirksam von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden. Die Beklagte habe niemals zuvor Versicherungspflicht für die Tätigkeit als Pharmaberater geltend gemacht, auch nicht anlässlich einer bei ihr 1997 durchgeführten Betriebsprüfung. Den zuständigen Einzugsstellen sei durch ihr Büropersonal jeweils die Tätigkeit der Pharmaberater und deren Mitgliedschaft bei den entsprechenden Versorgungswerken aufgrund der erteilten Befreiung gemeldet worden. Daher habe ein Vertrauenstatbestand vorgelegen. Die Tätigkeit der Pharmaberater, soweit sie hier von Tierärzten, Ärzten bzw. Apothekern ausgeübt werde, sei von der Mitgliedschaft in dem jeweiligen berufsständischen Versorgungswerk erfasst. Dies gelte beispielsweise für die Satzung der Landestierärztekammer Hessen und die Satzung des entsprechenden Versorgungswerks. Danach sei eine die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk auslösende tierärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet würden. Dies decke sich mit der Entscheidung des VGH München, wonach auch die Tätigkeit als Pharmareferent in der pharmazeutischen Industrie zum Berufsbild des Tierarztes gehöre. Die Beigeladenen zu 1) und 2) hätten für ihre Tätigkeit fortwährend und in hohem Maße die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten verwerten müssen und diese auch umgesetzt. Gleiches gelte für den Arzt. Das Berufsbild des Arztes umfasse nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern auch alle Verrichtungen, bei denen aufgrund medizinischer Kenntnisse in ärztlicher Verantwortung gehandelt werde. So sei der Beigeladene zu 3) nur aufgrund seiner ärztlichen Ausbildung in der Lage gewesen, die von ihm beratenen Ärzte mit den neuesten Erkenntnissen der medizinischen und pharmazeutischen Forschung vertraut zu machen und diese in der Anwendung und im Einsatz der neuen Medikamente zu unterstützen und zu beraten. Damit umfasse der ärztliche Beruf nicht nur die Aufgabe, der Gesundheit des einzelnen Menschen zu dienen. Auch andere Tätigkeiten, die sich auf die Gesundheit der Bevölkerung insgesamt bezögen, seien dem ärztlichen Berufsbild zuzurechnen. Daher habe der Beigeladene zu 3) auch als Pharmaberater ärztliche Tätigkeit ausgeübt. Auch bei einer Apothekerin gehöre die Tätigkeit als Pharmaberaterin zum vielfältigen Berufsbild des Apothekers, der in verschiedenen Bereichen, auch in der Industrie, tätig sei, wie sich aus dem vorgelegten Aufsatz über den „Apotheker in der Pharmaindustrie“ ergebe. Die Beigeladene zu 4) habe deshalb eine pharmazeutische Tätigkeit ausgeübt. Die Befreiung der Beigeladenen ergebe sich aufgrund der Zugehörigkeit ihrer Tätigkeit auch als Pharmaberater zum jeweiligen berufsständischen Berufsbild. Es sei nämlich jeweils nach der Definition der Satzung der Versorgungseinrichtung zu fragen, ob die Tätigkeit als Pharmareferent zu einer Beitragspflicht im Versorgungswerk führe. Dies sei hier der Fall, weshalb die Befreiung für die Tätigkeit als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker auch für die Tätigkeit als Pharmaberater gelte. Zu Unrecht beschränke sich die Beklagte auf die negative Ausschlussfeststellung, dass nach der Verordnung vom 02. Mai 1978 beim Geprüften Pharmareferenten ein abgeschlossenes Studium als Arzt, Tierarzt oder Apotheker nicht erforderlich sei. Das Berufsbild des Pharmaberaters sei jeweils als Teilmenge im Berufsbild des Arztes, des Tierarztes bzw. des Apothekers enthalten. Folge der Auffassung der Beklagten sei, dass im Kollisionsfall eine Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen eintrete. Im Übrigen sei eine rückwirkende Beitragserhebung unzulässig.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von Unterlagen entgegen. Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Berufsfremde Beschäftigungen seien von ihr grundsätzlich nicht erfasst. Bei der Beschäftigung als Pharmaberater handle es sich grundsätzlich nicht um eine zur Befreiung berechtigende Tätigkeit von Ärzten oder Apothekern. Soweit die von der Klägerin beschäftigten Beigeladenen als Pharmaberater tätig seien, werde keine dem jeweiligen Berufsbild zuzuordnende berufsspezifische Beschäftigung ausgeübt. Dies ergebe sich auch nicht aus dem Arzneimittelgesetz (AMG), insbesondere nicht aus dessen § 75. Diese Vorschrift bestimme lediglich, welche Personen die Sachkenntnis besäßen, um im Auftrag pharmazeutischer Unternehmen die Angehörigen der Heilberufe über Arzneimittel zu informieren. Dass beispielsweise Ärzte, Tierärzte und Apotheker diese Sachkenntnis besäßen, sei unstreitig. Dennoch könne daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Pharmaberater der jeweiligen Kammertätigkeit entspreche. Wodurch beispielsweise die Tätigkeit eines Apothekers gekennzeichnet sei, ergebe sich nicht aus dem AMG, sondern aus der Bundesapothekerordnung (BApO). Danach sei die Ausübung des Apothekerberufs die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, die Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung Apotheker oder Apothekerin. Diese Bereiche beinhalteten die Tätigkeit als Pharmaberater nicht. Zwar komme es durch die Beratung der vom Pharmaberater aufgesuchten Ärzte über die Wirkung und die Risiken von Medikamenten teilweise zu einer Überschneidung mit dem Aufgabenbereich des Apothekers. Während jedoch vom Apotheker eine objektive Beratung erwartet werde, bestehe das Ziel des Pharmaberaters hauptsächlich darin, über die Produkte des eigenen Unternehmens zu informieren und diese zu vermarkten. Dabei liege keine Kammertätigkeit vor; dies werde auch in den vorgelegten Blättern für Berufskunde sowie durch die eingereichte Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibung zum Berufsbild des Geprüften Pharmareferenten deutlich. Danach setze die Ausführung dieser Tätigkeit weder die Ausbildung zum Apotheker noch den Abschluss eines ggf. anderen naturwissenschaftlichen Hochschulstudiums voraus. Um die Aus- und Weiterbildung zum Geprüften Pharmaberater zu absolvieren, genüge vielmehr ein zum Studium berechtigender Hochschulabschluss (Abitur) oder auch ein mittlerer Schulabschluss mit entsprechender Berufsausbildung und praktischer Erfahrung. Auch daraus ergebe sich, dass es sich nicht um eine Kammertätigkeit von Apothekern, Ärzten oder Tierärzten handle, auch wenn diese besonders gute Voraussetzungen für eine solche Tätigkeit mitbrächten. Der von ihr vertretene Standpunkt werde durch das Sozialgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 14. April 2004 (S 89 KR 2054/02) bestätigt.
Mit Urteil vom 13. Januar 2006 hob das SG den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 auf und verurteilte die Beklagte, die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des damals noch beigeladenen J. S., zu tragen. Es führte aus, die von der Beklagten erteilten Befreiungen der Ärzte bzw. Apotheker wirkten für die Tätigkeit als Pharmaberater weiter. Denn auch diese Tätigkeit sei dem Tätigkeitsfeld eines Arztes, Apothekers oder Veterinärmediziners zuzuordnen. Dies ergebe sich allein schon daraus, dass § 75 AMG vorsehe, dass für die Ausübung des Berufs des Pharmaberaters zwingend die Sachkunde eines Apothekers, Veterinär- oder Humanmediziners erforderlich sei. Nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG besäßen die entsprechende Sachkenntnis als Pharmaberater Apotheker und Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, Chemie, Biologie sowie der Human- oder Veterinärmedizin abgelegten Prüfung. Folglich sei die Sachkenntnis, die sich ein Arzt bzw. Apotheker im Rahmen seines Studiums angeeignet habe, zwingende Voraussetzung, um als Pharmaberater tätig zu sein, sofern nicht eine Ausbildung zum Pharmareferenten bzw. eine Berufsausbildung nach § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG vorliege. Ein Pharmaberater sei also entweder ein Arzt oder Apotheker oder eine Person, die eine Pharmareferentenausbildung oder eine Ausbildung zum MTA/PTA aufweisen könne. Jeder Kammerberuf umfasse immer auch Tätigkeiten, die von nicht studierten Mitarbeitern ausgeführt werden könnten. Dass die Tätigkeit des Arztes, Apothekers bzw. Veterinärmediziners auch die Tätigkeit als Pharmaberater erfasse, ergebe sich auch bei gesonderter Untersuchung der Begrifflichkeit des entsprechenden Berufsbilds nach den einschlägigen Berufsordnungen bzw. Satzungen der Versorgungswerke. Für den Apotheker gelte aufgrund der BApO nichts anderes. Insoweit arbeite der Pharmaberater im Bereich der Abgabe von Medikamenten und nutze in diesem Rahmen seine Sachkenntnis, um die aufgesuchten Ärzte und andere Stellen über die Wirkungen, Risiken und Anwendungsbereiche der verschiedenen Medikamente zu beraten. Das Urteil wurde der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 25. Januar 2006 zugestellt.
Gegen das Urteil hat die Beklagte am 15. Februar 2006 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zu Unrecht gehe das SG davon aus, dass die Sachkenntnis des Arztes, Tierarztes oder Apothekers für die Ausübung der Tätigkeit als Pharmaberater zwingend erforderlich sei. Die Berufsausübung der Angehörigen der Heilberufe ergebe sich nicht aus dem AMG, sondern aus den jeweiligen Berufsordnungen. Das AMG regle nicht, dass die Ausübung des Berufs als Pharmaberater zwingend die Sachkenntnis eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers erforderlich mache. Dies werde dadurch deutlich, dass nach § 75 Abs. 2 AMG auch Personen mit einem anderen beruflichen Werdegang als Pharmaberater tätig sein könnten. Dass die Tätigkeit als Pharmaberater somit auch von Personen ausgeübt werden könne, die nicht Arzt, Tierarzt oder Apotheker seien, mache deutlich, dass es sich nicht um eine berufsgruppenspezifische Beschäftigung von Ärzten, Tierärzten oder Apothekern handle. Dass diese aufgrund ihrer akademischen Ausbildung in der Lage und deswegen berechtigt seien, als Pharmaberater tätig zu sein, sowie außerdem besonders gute Voraussetzungen für diese Tätigkeit mitbrächten, reiche jedenfalls im Befreiungsrecht nicht aus, um von der Ausübung einer berufsgruppenspezifischen Beschäftigung auszugehen. Von einer berufsgruppenspezifischen Beschäftigung könne auch nicht deshalb ausgegangen werden, weil sie von einem Kammerberufsangehörigen ausgeübt und von dessen Berufsbild mit umfasst werde. Andernfalls wäre auch eine als Krankenpflegerin tätige Ärztin ebenso wie ein als Tierpfleger tätiger Tierarzt oder eine als pharmazeutisch-technische Assistentin beschäftigte Apothekerin als gruppenspezifisch beschäftigt anzusehen. Auch die Satzungen der jeweiligen Versorgungswerke sähen regelmäßig jede Tätigkeit, bei der die im Studium erworbenen Kenntnisse vorausgesetzt, eingesetzt, verwendet oder mit verwendet würden, als ärztliche, tierärztliche oder pharmazeutische Tätigkeit an. Es reiche nicht aus, bei der Beurteilung einer Beschäftigung als berufsgruppenspezifisch im Rahmen des Befreiungsrechts darauf abzustellen, dass die Tätigkeit zumindest auch ein Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausüben könne, weil er über eine entsprechende wissenschaftliche Ausbildung verfüge. Dies sei bei Pharmaberatern gerade nicht der Fall, weil diese Tätigkeit auch von Personen ohne entsprechende akademische Ausbildung ausgeübt werden könne. Wodurch die Tätigkeit als Arzt, Tierarzt oder Apotheker gekennzeichnet sei, ergebe sich aus den jeweiligen Berufsordnungen für Ärzte, Tierärzte bzw. Apotheker. Insoweit seien Pharmaberater lediglich Außendienst- bzw. Betriebsmitarbeiter pharmazeutischer Unternehmen, deren Aufgabe hauptsächlich darin bestehe, die Heilberufsangehörigen über Produkte ihres eigenen Unternehmens zu informieren und diese am Markt zu platzieren.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Januar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen, soweit die Beklagte für die Beigeladenen Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 78.621,99 geltend macht, hilfsweise die Revision zuzulassen.
14 
Die Klägerin hat (Schriftsatz vom 24. Oktober 2006) klargestellt, dass eine Beitragsnachforderung von EUR 1.891,11 von Anfang an unstreitig gewesen sei.
15 
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung könne nicht abstrakt anhand des SGB VI beurteilt werden. Was als berufsspezifisch für den jeweiligen Kammerberuf anzusehen sei, sei nur anhand der jeweiligen Kammergesetze, Berufsordnungen und Satzungen der Versorgungswerke zu bestimmen. Unabhängig davon sei auf den vorliegenden Fall § 75 AMG anzuwenden, der als lex specialis in Ergänzung zur Bundesärzteordnung (BÄO), zur Bundestierärzteordnung (BTO) und zur BApO definiere, dass eine Tätigkeit als Pharmaberater für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker als berufsspezifisch anzusehen sei. Das AMG beschreibe damit als Teilmenge einen Aspekt der ärztlichen, tierärztlichen und pharmazeutischen Tätigkeit. Damit sei die Tätigkeit als Pharmaberater eine berufsspezifische, für den jeweiligen Berufsstand des Arztes bzw. Apothekers typische Berufstätigkeit. Die bisherige Rechtsprechung gehe von einem überholten Berufsbild der streitgegenständlichen Kammerberufe und einem dogmatisch falschen Ansatzpunkt bei der Bestimmung dieser Berufsbilder aus. Die in den Berufsordnungen des Bundes niedergelegten Begriffe des Arztes, Tierarztes oder Apothekers müssten berufsrechtlich durch die jeweilige Landesgesetzgebung einschließlich der Landeskammergesetze spezifiziert werden. Dies ergebe sich für das Berufsbild des Apothekers mustergültig aus dem vorgelegten Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 24. August 2005 (M 16 K 05.11/93). Es sei unzulässig, beispielsweise das berufsspezifische Gepräge eines Apothekers anhand des klassischen Berufsbilds eines in einer öffentlichen Apotheke tätigen Apothekers zu bestimmen und alle anderen pharmazeutischen Tätigkeiten davon auszuschließen. Es sei nicht zulässig, bei der Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ein Berufsbild zugrunde zu legen, welches enger zugeschnitten sei, als es von den jeweiligen Kammern in den Grenzen ihrer berufsständischen Autonomie festgelegt werde. Es liege die Definitionshoheit der Berufsbilder bei der Gesetzgebungskompetenz der Länder und der darauf beruhenden berufsständischen Satzungsautonomie. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sie (die Klägerin) als Pharmaberater bewusst keine Pharmareferenten im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG einsetze, sondern ausschließlich die in § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG genannten Personen, die nach ihrer Auffassung allein die nötige Kompetenz besäßen, Angehörige von Heilberufen fachkundig und auf gleicher Augenhöhe über ihre Produkte zu informieren.
16 
Der Berichterstatter des Senats hat mit Beschluss vom 21. August 2006 die Beiladung des J. S. aufgehoben und mit weiterem Beschluss vom 12. September 2006 die Beigeladenen zu 1) bis 4) zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene zu 1) hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die übrigen Beigeladenen habe sich am Verfahren nicht beteiligt und keine Anträge gestellt.
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Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 ist rechtmäßig.
19 
1. Angefochten hat die Klägerin den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen in Höhe von EUR 78.621,99 nachforderte sowie die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des früher Beigeladenen J. S. für die Zukunft feststellte. Nicht angefochten hat die Klägerin den Bescheid, soweit die Beklagte darüber hinaus weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.891,11 nachforderte. Insoweit hätte das SG bereits den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nicht aufheben dürfen.
20 
Im Berufungsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordern kann. Soweit es im Klageverfahren um die (weitere) Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Pharmaberaters J. S. für die Zukunft ging, hat sich die auch dagegen gerichtete Klage durch das von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teil-Anerkenntnis erledigt. Dieses Teil-Anerkenntnis war lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Im Übrigen war aufgrund dieses Teil-Anerkenntnisses die vom SG ausgesprochene Beiladung des J. S. aufzuheben, wie geschehen.
21 
2. Der in der Berufungsinstanz noch streitige Beitragsbescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004, soweit er die Beitragsnachforderung zur Rentenversicherung für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 für die im Berufungsverfahren Beigeladenen, die als Pharmaberater bei der Klägerin in der streitigen Zeit abhängig beschäftigt waren, beinhaltet, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hätte das SG die genannten Bescheide nicht aufheben dürfen.
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2.1. Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Insoweit lag eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin vor. Versicherungspflicht und sich daraus ergebende Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die wegen der Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit sind. Nach § 7 Abs. 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung galt insoweit: Auf ihren Antrag wurden (ferner) von der Versicherungspflicht befreit Personen, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf einem Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten waren und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst wurden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen war. Über den Antrag entschied der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständige Träger der Rentenversicherung (§ 7 Abs. 4 AVG). Die Befreiung wirkte vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, soweit sie innerhalb von zwei Monaten danach beantragt wurde, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 7 Abs. 3 AVG). Ab 01. Januar 1992 erfolgte diese Befreiung nach den Vorschriften des SGB VI. Insoweit lautete § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung wie folgt: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Mit Wirkung ab 01. Januar 1996 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geändert; ferner wurden in Absatz 1 die Sätze 2 ff. eingefügt. Insoweit lautet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
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a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
24 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
25 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
26 
Ferner wurden die folgenden Sätze 2 ff. angefügt: Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag entstanden, an dem das für die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 01. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit vor der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- bzw. Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entscheidet über die Befreiung der Träger der Rentenversicherung, nachdem die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt nach § 6 Abs. 4 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (Satz 2 der Vorschrift).
27 
Die Befreiung gilt danach, auch wenn sie bereits vor dem 01. Januar 1992 ausgesprochen wurde (vgl. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wie bei der Beigeladenen zu 4), nicht personen-, sondern beschäftigungs- bzw. tätigkeitsbezogen. Sie gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt worden ist. Lediglich eine nur vorübergehende (hier nicht vorliegend) berufsfremde Tätigkeit führt nicht zum Wechsel des Alterssicherungssystems (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12). Wird insoweit eine berufsfremde Tätigkeit, für die die Befreiung nicht erteilt worden ist, ausgeübt, wird der Befreiungsbescheid für diese andere Tätigkeit gegenstandslos, bedarf jedoch nicht seiner Aufhebung, um Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung für eine berufsfremde Tätigkeit entstehen zu lassen (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).
28 
Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen vor der Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit als Pharmaberater von der Beklagten nach § 7 Abs. 2 AVG (die Beigeladene zu 4) bzw. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (die Beigeladenen zu 1 bis 3) von der Versicherungspflicht befreit worden sind. Die Befreiung der Beigeladenen zu 1) als approbierte Tierärztin ab 01. Januar 1995 beruht nach dem Bescheid vom 04. August 1995 auf der durch die Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit begründeten Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Bei der Beigeladenen zu 2) als ebenfalls approbierte Tierärztin beruht die Befreiung ab 01. Juli 1992 nach dem Bescheid vom 06. Januar 1993 auf der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Hessen. Die erfolgte Befreiung bezog sich bei den Beigeladenen zu 1) und 2) auf die jeweils vor der Beschäftigung bei der Klägerin von ihnen ausgeübte Tätigkeit als approbierte Tierärztin auf der Grundlage der BTO. In der BTO sind die Voraussetzungen der Approbation geregelt, wobei u.a. erforderlich ist, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von mindestens fünf Jahren, von denen sechs Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die tierärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BTO). Nach § 1 Abs. 1 BTO ist der Tierarzt berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestands beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist nach Abs. 2 der Vorschrift kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf. Beim Beigeladenen zu 3) als approbiertem Arzt beruht die Befreiung nach der Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 ab 01. Dezember 1995 auf der Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihm vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierter Arzt, wobei die Voraussetzungen der Approbation in der Bundesärzteordnung (BOÄ) geregelt sind. Danach setzt die Approbation u.a. voraus, dass nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BOÄ). Bei der Beigeladenen zu 4) als approbierte Apothekerin beruht die Befreiung ab 01. April 1990 auf der Pflichtmitgliedschaft (seit 01. August 1995 freiwillige Mitgliedschaft) in der Apothekerversorgung Berlin. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihr vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierte Apothekerin im Sinne der BApO, in der die Voraussetzungen der Approbation geregelt sind; u.a. ist dafür erforderlich, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von fünf Jahren, von denen zwölf Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BApO). Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen; er dient damit der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Die Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“ (§ 2 Abs. 3 BApO).
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Soweit die Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin als Pharmaberater tätig waren - die Beigeladene zu 1) beginnend ab 01. Januar 2001, die Beigeladene zu 2) beginnend ab 01. September 1997, der Beigeladene zu 3) beginnend ab 01. Januar 1999 und die Beigeladene zu 4) beginnend ab 01. Mai 1997 - bezog sich die ihnen gegenüber ausgesprochene Befreiung auf die ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker, nicht aber auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Insoweit handelte sich jeweils um eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, bei der auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V nicht vorlagen. Die Tätigkeit als Pharmaberater erforderte nicht zwingend die Approbation als Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker führen zu dürfen, wie sie für die Tätigkeiten erforderlich war, die die Beigeladenen ausgeübt hatten, als sie befreit worden waren. Die Aufgabe des Pharmaberaters wird in § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG gesetzlich dahin definiert, dass, wie hier von den Beigeladenen geschehen, er hauptberuflich Angehörige von Heilberufen aufsucht, um diese über Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren, und zwar auch fernmündlich. Diese Tätigkeit entspricht nicht dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Arztes, Tierarztes und Apothekers, unabhängig davon, dass es für den approbierten Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt. Insoweit ist, abgesehen vom „Geprüften Pharmareferenten“ im Sinne der Verordnung vom 02. Mai 1978, Pharmaberater keine Berufs-, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung, die eine typische (Mindest-)Sachkenntnis verlangt, um Angehörige von Heilberufen entsprechend informieren zu können. Dabei werden Inhalt und Umfang der Informationen, die der Pharmaberater an Angehörige der Heilberufe weiterzugeben hat, in der Regel vom Auftraggeber (hier die Klägerin) festgelegt. Diese typische (Mindest-)Sachkenntnis für die Tätigkeit des Pharmaberaters wird durch das mittlere Ausbildungsniveau der in § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG genannten Assistenten dokumentiert, nämlich der Apothekenassistenten sowie der Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin. Diesem typischerweise nur mittleren Ausbildungsniveau entsprechen auch die Personen mit einer beruflichen Fortbildung als Geprüfter Pharmareferent nach § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG und der entsprechenden Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmaberater. Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich daraus, dass nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG diese entsprechende typische Sachkenntnis für die Tätigkeit als Pharmaberater auch Apothekern oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegten Prüfung zugestanden wird, nicht, dass diese qualifizierten Hochschulausbildungen zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit als Pharmaberater sind, mithin auch die Tätigkeit als Pharmaberater zum typischen, durch die entsprechenden Hochschulausbildungen geprägten Berufsbild gehört. Die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln gehört nicht zum wesentlichen Kernbereich der ärztlichen, tierärztlichen bzw. pharmazeutischen Tätigkeit, sondern berührt nur Randbereiche davon. Es genügt daher hier für die versicherungsrechtlich zu beurteilende (erteilte) Befreiung nicht, dass es der Gesetzgeber auch bei Ärzten, Tierärzten und Apothekern im Hinblick auf das insoweit wesentliche höhere Ausbildungsniveau im Vergleich zum typischen mittleren Ausbildungsniveau nach § 75 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 AMG zulässt, dass auch ein approbierter Arzt, Tierarzt und Apotheker als Pharmaberater arbeitet, ohne als Sachkundenachweis eine gesonderte Prüfung ablegen zu müssen. Allein der Umstand, dass die für die Tätigkeit als Pharmaberater typischerweise erforderliche Sachkenntnis als so genannte Teilmenge auch aufgrund der nach der BÄO, der BTO und der BApO erforderlichen umfassenden Ausbildung (mit Prüfung) als Arzt, Tierarzt oder Apotheker unterstellt wird, rechtfertigt die Erstreckung der Befreiung eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers, der später die Tätigkeit als Pharmaberater ausübt, auch auf diese andere Tätigkeit nicht. Die Tätigkeit als Pharmaberater wird, wenn sie von einem approbierten Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausgeübt wird, nicht zu einem typischen Kammerberuf der entsprechenden Berufskammern mit einer Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufsständischen Versorgungseinrichtung für die selbstständigen Berufe, zumal beispielsweise auch die Tätigkeit als Apothekenassistent bzw. aufgrund einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Human- oder der Veterinärmedizin nicht zu den selbstständigen Kammerberufen gehört. Darauf, dass auch der als Pharmaberater tätige approbierte Arzt, Tierarzt und Apotheker bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat, kommt es nicht an. Auch ist nicht entscheidend, ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen (hier in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin) eine Tätigkeit als Pharmaberater eine Pflichtmitgliedschaft noch begründen mag. Darauf, wie die entsprechenden Kammergesetze bzw. Satzungen die Pflichtmitgliedschaft bestimmen, kommt es für den tätigkeitsbezogenen Umfang der hier jeweils von der Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung/Befreiung erteilten Befreiungen, die sich nicht auf eine Tätigkeit als Pharmaberater bezogen hatten, weil eine solche Tätigkeit zum diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt worden war, nicht an. Auch kann sich die Klägerin für die Geltung der Befreiung für die Tätigkeit als Pharmaberater nicht darauf berufen, dass sie ihrem Vortrag zufolge als Pharmaberater lediglich Personen mit der umfassenden Sachkenntnis beispielsweise als Arzt, Tierarzt oder Apotheker im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG beschäftigt.
30 
2.2. Da danach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Pharmaberater nicht gilt, hat die Beklagte zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit seit 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachgefordert. Die Beklagte hat diese Beiträge zutreffend berechnet. Insoweit verweist der Senat auf die Anlagen zum Beitragsbescheid. Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
31 
Die Beiträge sind auch nicht verjährt, insbesondere nicht für das Jahr 1997. Die hier zunächst anzunehmende vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gehemmt. Jedenfalls noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist galt dann im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2002, in dem die Klägerin über die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht informiert worden war, die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.
32 
Die Erhebung von Beiträgen verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die erfolgten Meldungen an die Einzugsstellen berufen. Es ist gerade Aufgabe der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV unabhängig von den von der Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen die ordnungsgemäße Beitragserhebung zu prüfen. Auch der Umstand, dass eine im Mai 1997 durchgeführte Betriebsprüfung keine Beanstandung hinsichtlich der beschäftigten Pharmaberater ergeben hatte, führt nicht dazu, dass hier die Beitragserhebung ausgeschlossen wäre. Die jeweiligen Betriebsprüfungen beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum, für den möglicherweise neue Erkenntnisse zur Erhebung von Beiträgen zu berücksichtigen sind.
33 
Danach war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung. mit §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist das Teil-Anerkenntnis der Beklagten zu berücksichtigen.
35 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
36 
4. Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes (GKG). Bei der Bestimmung des Streitwerts des sozialgerichtlichen Verfahrens ist zu berücksichtigen, dass neben der streitigen Beitragsforderung in Höhe von EUR 78.621,99, die sich auf die Beigeladenen bezog, ferner im erstinstanzlichen Verfahren auch noch die Feststellung der Versicherungspflicht mit Beitragspflicht für die Zukunft des J. S. im Streit war. Insoweit ist von dem Streitwert von EUR 5.000,00 nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszugehen, dieser jedoch im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Jahren auf EUR 15.000,00 zu erhöhen, weshalb sich für das sozialgerichtliche Verfahren ein Streitwert von EUR 93.621,99 ergibt. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert endgültig auf EUR 78.621,99 festzusetzen.

Gründe

 
18 
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 ist rechtmäßig.
19 
1. Angefochten hat die Klägerin den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen in Höhe von EUR 78.621,99 nachforderte sowie die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des früher Beigeladenen J. S. für die Zukunft feststellte. Nicht angefochten hat die Klägerin den Bescheid, soweit die Beklagte darüber hinaus weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.891,11 nachforderte. Insoweit hätte das SG bereits den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nicht aufheben dürfen.
20 
Im Berufungsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordern kann. Soweit es im Klageverfahren um die (weitere) Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Pharmaberaters J. S. für die Zukunft ging, hat sich die auch dagegen gerichtete Klage durch das von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teil-Anerkenntnis erledigt. Dieses Teil-Anerkenntnis war lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Im Übrigen war aufgrund dieses Teil-Anerkenntnisses die vom SG ausgesprochene Beiladung des J. S. aufzuheben, wie geschehen.
21 
2. Der in der Berufungsinstanz noch streitige Beitragsbescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004, soweit er die Beitragsnachforderung zur Rentenversicherung für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 für die im Berufungsverfahren Beigeladenen, die als Pharmaberater bei der Klägerin in der streitigen Zeit abhängig beschäftigt waren, beinhaltet, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hätte das SG die genannten Bescheide nicht aufheben dürfen.
22 
2.1. Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Insoweit lag eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin vor. Versicherungspflicht und sich daraus ergebende Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die wegen der Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit sind. Nach § 7 Abs. 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung galt insoweit: Auf ihren Antrag wurden (ferner) von der Versicherungspflicht befreit Personen, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf einem Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten waren und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst wurden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen war. Über den Antrag entschied der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständige Träger der Rentenversicherung (§ 7 Abs. 4 AVG). Die Befreiung wirkte vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, soweit sie innerhalb von zwei Monaten danach beantragt wurde, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 7 Abs. 3 AVG). Ab 01. Januar 1992 erfolgte diese Befreiung nach den Vorschriften des SGB VI. Insoweit lautete § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung wie folgt: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Mit Wirkung ab 01. Januar 1996 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geändert; ferner wurden in Absatz 1 die Sätze 2 ff. eingefügt. Insoweit lautet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
23 
a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
24 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
25 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
26 
Ferner wurden die folgenden Sätze 2 ff. angefügt: Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag entstanden, an dem das für die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 01. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit vor der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- bzw. Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entscheidet über die Befreiung der Träger der Rentenversicherung, nachdem die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt nach § 6 Abs. 4 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (Satz 2 der Vorschrift).
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Die Befreiung gilt danach, auch wenn sie bereits vor dem 01. Januar 1992 ausgesprochen wurde (vgl. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wie bei der Beigeladenen zu 4), nicht personen-, sondern beschäftigungs- bzw. tätigkeitsbezogen. Sie gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt worden ist. Lediglich eine nur vorübergehende (hier nicht vorliegend) berufsfremde Tätigkeit führt nicht zum Wechsel des Alterssicherungssystems (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12). Wird insoweit eine berufsfremde Tätigkeit, für die die Befreiung nicht erteilt worden ist, ausgeübt, wird der Befreiungsbescheid für diese andere Tätigkeit gegenstandslos, bedarf jedoch nicht seiner Aufhebung, um Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung für eine berufsfremde Tätigkeit entstehen zu lassen (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).
28 
Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen vor der Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit als Pharmaberater von der Beklagten nach § 7 Abs. 2 AVG (die Beigeladene zu 4) bzw. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (die Beigeladenen zu 1 bis 3) von der Versicherungspflicht befreit worden sind. Die Befreiung der Beigeladenen zu 1) als approbierte Tierärztin ab 01. Januar 1995 beruht nach dem Bescheid vom 04. August 1995 auf der durch die Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit begründeten Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Bei der Beigeladenen zu 2) als ebenfalls approbierte Tierärztin beruht die Befreiung ab 01. Juli 1992 nach dem Bescheid vom 06. Januar 1993 auf der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Hessen. Die erfolgte Befreiung bezog sich bei den Beigeladenen zu 1) und 2) auf die jeweils vor der Beschäftigung bei der Klägerin von ihnen ausgeübte Tätigkeit als approbierte Tierärztin auf der Grundlage der BTO. In der BTO sind die Voraussetzungen der Approbation geregelt, wobei u.a. erforderlich ist, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von mindestens fünf Jahren, von denen sechs Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die tierärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BTO). Nach § 1 Abs. 1 BTO ist der Tierarzt berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestands beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist nach Abs. 2 der Vorschrift kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf. Beim Beigeladenen zu 3) als approbiertem Arzt beruht die Befreiung nach der Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 ab 01. Dezember 1995 auf der Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihm vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierter Arzt, wobei die Voraussetzungen der Approbation in der Bundesärzteordnung (BOÄ) geregelt sind. Danach setzt die Approbation u.a. voraus, dass nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BOÄ). Bei der Beigeladenen zu 4) als approbierte Apothekerin beruht die Befreiung ab 01. April 1990 auf der Pflichtmitgliedschaft (seit 01. August 1995 freiwillige Mitgliedschaft) in der Apothekerversorgung Berlin. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihr vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierte Apothekerin im Sinne der BApO, in der die Voraussetzungen der Approbation geregelt sind; u.a. ist dafür erforderlich, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von fünf Jahren, von denen zwölf Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BApO). Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen; er dient damit der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Die Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“ (§ 2 Abs. 3 BApO).
29 
Soweit die Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin als Pharmaberater tätig waren - die Beigeladene zu 1) beginnend ab 01. Januar 2001, die Beigeladene zu 2) beginnend ab 01. September 1997, der Beigeladene zu 3) beginnend ab 01. Januar 1999 und die Beigeladene zu 4) beginnend ab 01. Mai 1997 - bezog sich die ihnen gegenüber ausgesprochene Befreiung auf die ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker, nicht aber auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Insoweit handelte sich jeweils um eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, bei der auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V nicht vorlagen. Die Tätigkeit als Pharmaberater erforderte nicht zwingend die Approbation als Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker führen zu dürfen, wie sie für die Tätigkeiten erforderlich war, die die Beigeladenen ausgeübt hatten, als sie befreit worden waren. Die Aufgabe des Pharmaberaters wird in § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG gesetzlich dahin definiert, dass, wie hier von den Beigeladenen geschehen, er hauptberuflich Angehörige von Heilberufen aufsucht, um diese über Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren, und zwar auch fernmündlich. Diese Tätigkeit entspricht nicht dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Arztes, Tierarztes und Apothekers, unabhängig davon, dass es für den approbierten Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt. Insoweit ist, abgesehen vom „Geprüften Pharmareferenten“ im Sinne der Verordnung vom 02. Mai 1978, Pharmaberater keine Berufs-, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung, die eine typische (Mindest-)Sachkenntnis verlangt, um Angehörige von Heilberufen entsprechend informieren zu können. Dabei werden Inhalt und Umfang der Informationen, die der Pharmaberater an Angehörige der Heilberufe weiterzugeben hat, in der Regel vom Auftraggeber (hier die Klägerin) festgelegt. Diese typische (Mindest-)Sachkenntnis für die Tätigkeit des Pharmaberaters wird durch das mittlere Ausbildungsniveau der in § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG genannten Assistenten dokumentiert, nämlich der Apothekenassistenten sowie der Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin. Diesem typischerweise nur mittleren Ausbildungsniveau entsprechen auch die Personen mit einer beruflichen Fortbildung als Geprüfter Pharmareferent nach § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG und der entsprechenden Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmaberater. Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich daraus, dass nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG diese entsprechende typische Sachkenntnis für die Tätigkeit als Pharmaberater auch Apothekern oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegten Prüfung zugestanden wird, nicht, dass diese qualifizierten Hochschulausbildungen zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit als Pharmaberater sind, mithin auch die Tätigkeit als Pharmaberater zum typischen, durch die entsprechenden Hochschulausbildungen geprägten Berufsbild gehört. Die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln gehört nicht zum wesentlichen Kernbereich der ärztlichen, tierärztlichen bzw. pharmazeutischen Tätigkeit, sondern berührt nur Randbereiche davon. Es genügt daher hier für die versicherungsrechtlich zu beurteilende (erteilte) Befreiung nicht, dass es der Gesetzgeber auch bei Ärzten, Tierärzten und Apothekern im Hinblick auf das insoweit wesentliche höhere Ausbildungsniveau im Vergleich zum typischen mittleren Ausbildungsniveau nach § 75 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 AMG zulässt, dass auch ein approbierter Arzt, Tierarzt und Apotheker als Pharmaberater arbeitet, ohne als Sachkundenachweis eine gesonderte Prüfung ablegen zu müssen. Allein der Umstand, dass die für die Tätigkeit als Pharmaberater typischerweise erforderliche Sachkenntnis als so genannte Teilmenge auch aufgrund der nach der BÄO, der BTO und der BApO erforderlichen umfassenden Ausbildung (mit Prüfung) als Arzt, Tierarzt oder Apotheker unterstellt wird, rechtfertigt die Erstreckung der Befreiung eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers, der später die Tätigkeit als Pharmaberater ausübt, auch auf diese andere Tätigkeit nicht. Die Tätigkeit als Pharmaberater wird, wenn sie von einem approbierten Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausgeübt wird, nicht zu einem typischen Kammerberuf der entsprechenden Berufskammern mit einer Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufsständischen Versorgungseinrichtung für die selbstständigen Berufe, zumal beispielsweise auch die Tätigkeit als Apothekenassistent bzw. aufgrund einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Human- oder der Veterinärmedizin nicht zu den selbstständigen Kammerberufen gehört. Darauf, dass auch der als Pharmaberater tätige approbierte Arzt, Tierarzt und Apotheker bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat, kommt es nicht an. Auch ist nicht entscheidend, ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen (hier in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin) eine Tätigkeit als Pharmaberater eine Pflichtmitgliedschaft noch begründen mag. Darauf, wie die entsprechenden Kammergesetze bzw. Satzungen die Pflichtmitgliedschaft bestimmen, kommt es für den tätigkeitsbezogenen Umfang der hier jeweils von der Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung/Befreiung erteilten Befreiungen, die sich nicht auf eine Tätigkeit als Pharmaberater bezogen hatten, weil eine solche Tätigkeit zum diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt worden war, nicht an. Auch kann sich die Klägerin für die Geltung der Befreiung für die Tätigkeit als Pharmaberater nicht darauf berufen, dass sie ihrem Vortrag zufolge als Pharmaberater lediglich Personen mit der umfassenden Sachkenntnis beispielsweise als Arzt, Tierarzt oder Apotheker im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG beschäftigt.
30 
2.2. Da danach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Pharmaberater nicht gilt, hat die Beklagte zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit seit 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachgefordert. Die Beklagte hat diese Beiträge zutreffend berechnet. Insoweit verweist der Senat auf die Anlagen zum Beitragsbescheid. Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
31 
Die Beiträge sind auch nicht verjährt, insbesondere nicht für das Jahr 1997. Die hier zunächst anzunehmende vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gehemmt. Jedenfalls noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist galt dann im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2002, in dem die Klägerin über die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht informiert worden war, die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.
32 
Die Erhebung von Beiträgen verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die erfolgten Meldungen an die Einzugsstellen berufen. Es ist gerade Aufgabe der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV unabhängig von den von der Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen die ordnungsgemäße Beitragserhebung zu prüfen. Auch der Umstand, dass eine im Mai 1997 durchgeführte Betriebsprüfung keine Beanstandung hinsichtlich der beschäftigten Pharmaberater ergeben hatte, führt nicht dazu, dass hier die Beitragserhebung ausgeschlossen wäre. Die jeweiligen Betriebsprüfungen beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum, für den möglicherweise neue Erkenntnisse zur Erhebung von Beiträgen zu berücksichtigen sind.
33 
Danach war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung. mit §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist das Teil-Anerkenntnis der Beklagten zu berücksichtigen.
35 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
36 
4. Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes (GKG). Bei der Bestimmung des Streitwerts des sozialgerichtlichen Verfahrens ist zu berücksichtigen, dass neben der streitigen Beitragsforderung in Höhe von EUR 78.621,99, die sich auf die Beigeladenen bezog, ferner im erstinstanzlichen Verfahren auch noch die Feststellung der Versicherungspflicht mit Beitragspflicht für die Zukunft des J. S. im Streit war. Insoweit ist von dem Streitwert von EUR 5.000,00 nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszugehen, dieser jedoch im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Jahren auf EUR 15.000,00 zu erhöhen, weshalb sich für das sozialgerichtliche Verfahren ein Streitwert von EUR 93.621,99 ergibt. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert endgültig auf EUR 78.621,99 festzusetzen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 25. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin in allen Rechtszügen; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Rentenversicherungspflicht der Klägerin als Medizinjournalistin in der Künstlersozialversicherung (KSV).

2

Die 1973 geborene Klägerin ist approbierte Ärztin. Nach Tätigkeiten als Frauenärztin, bei einer Healthcare-Werbeagentur sowie als Vorstandsreferentin bei der D. AG () in Köln hat sie sich im September 2004 in Hamburg als Medizinjournalistin selbstständig gemacht. Während der Beschäftigung bei der war sie Pflichtmitglied der Ärztekammer Nordrhein sowie der zu 2. beigeladenen Nordrheinischen Ärzteversorgung. Von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) wurde sie im Hinblick hierauf antragsgemäß ab dem 13.9.2000 von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreit (Bescheid vom 21.11.2000). Seit dem Umzug nach Hamburg im Jahr 2001 ist sie Pflichtmitglied der zu 1. beigeladenen Ärztekammer Hamburg. Von der Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Ärztekammer Hamburg wurde sie mit Wirkung zum 1.7.2001 zugunsten der Beigeladenen zu 2. befreit, der sie weiterhin angehört.

3

Die Beklagte stellte fest, dass die Klägerin aufgrund ihrer selbstständigen publizistischen Tätigkeit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ist. Die Versicherungspflicht gelte auch für Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI befreit worden seien, wenn der Kammerberuf nicht mehr ausgeübt werde. Dass die Versorgungskammern medizinische Fachjournalisten wegen ihrer berufsspezifischen Tätigkeit weiterhin zu Pflichtbeiträgen heranzögen, schließe die Versicherungspflicht nach dem KSVG insoweit nicht aus (Bescheid vom 7.1.2005; Widerspruchsbescheid vom 25.4.2005).

4

Die Klägerin hat Klage erhoben, soweit sie auch in die Rentenversicherungspflicht nach dem KSVG einbezogen worden ist. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29.4.2008): Als selbstständige Publizistin unterliege sie der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nach dem KSVG. Die Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit nach § 4 Nr 1 KSVG lägen nicht vor, da sie neben ihrer Tätigkeit als Medizinjournalistin keine weitere Beschäftigung oder Tätigkeit ausübe. Das LSG hat das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten geändert und festgestellt, dass die Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem KSVG versicherungsfrei ist (Urteil vom 25.2.2010). In Auslegung hamburgischen Landes-Berufsrechts hat es ausgeführt, dass die Klägerin Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1. und damit grundsätzlich auch Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Kammer sei, hier nur befreit aufgrund und zu Gunsten der Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. Davon könne zwar nach dem hamburgischen Landesrecht sowie der Satzung der Beigeladenen zu 2. grundsätzlich auch eine Befreiung erteilt werden. Hier bestehe jedoch eine solche Befreiungsmöglichkeit nicht, da die Tätigkeit der Klägerin als Medizinjournalistin eine ärztliche Tätigkeit im Sinne der landesrechtlichen Regelungen über die Zugehörigkeit zur Ärztekammer Hamburg und zu deren Versorgungswerk darstelle. Hiervon ausgehend sei die Klägerin zwar bei wörtlicher Auslegung auch in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig nach dem KSVG. Unter Berücksichtigung der in § 4 Nr 1 KSVG geregelten Ausnahmen von der grundsätzlichen Versicherungspflicht widerspreche dies aber dem Sinn und Zweck der Künstlersozialversicherung. Dass der Gesetzgeber die hier vorliegende Fallkonstellation nicht berücksichtigt habe, stelle eine planwidrige Lücke des Gesetzes dar, die im Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu schließen sei.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Der vom LSG zutreffend ausgelegte Ausschlusstatbestand des § 4 Nr 1 KSVG sei abschließend. Hiernach sei die Klägerin nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem KSVG frei. Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift sei Ausgangspunkt und Grenze der Auslegung. Darüber hinaus sei die publizistische Tätigkeit der Klägerin nicht als Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit anzusehen. Soweit hier überhaupt die Problematik einer "doppelten" Beitragspflicht bestehe, betreffe dies eher die weite Auslegung des Begriffs der ärztlichen Tätigkeit in § 3 Abs 2 der Beitragsverordnung der Beigeladenen zu 1.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Hamburg vom 25.2.2010 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Hamburg vom 29.4.2008 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Sofern der Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bereits der Befreiungsbescheid der BfA vom 21.11.2000 entgegensteht (dazu unter 2.), besteht Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 4 Nr 1 KSVG(dazu unter 3.). Letzteres hat das LSG auf der Grundlage seiner nicht zu beanstandenden Auslegung hamburgischen Landesrechts zutreffend entschieden.

9

1. Grundsätzlich allerdings unterliegt die Klägerin als Journalistin der Versicherungspflicht (auch) in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das gebietet § 1 iVm § 2 Satz 2 KSVG(hier § 1 KSVG anzuwenden idF des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004, BGBl I 3242 und § 2 KSVG idF des 2. KSVG-Änderungsgesetzes vom 13.6.2001, BGBl I 1027). Hiernach werden selbstständige Künstler und Publizisten nach § 1 KSVG in der allgemeinen Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig iS des § 8 SGB IV. Nach § 2 Satz 2 KSVG ist Publizist im Sinne dieses Gesetzes, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt. Eine solche Tätigkeit übt die Klägerin als Medizinjournalistin aus, was zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht und weshalb die Beklagte grundsätzlich zutreffend eine Versicherungspflicht der Klägerin nach dem KSVG festgestellt hat.

10

2. Ob dieser Feststellung hinsichtlich der gesetzlichen Rentenversicherung bereits der Befreiungsbescheid der BfA vom 21.11.2000 entgegensteht, kann letztlich offenbleiben.

11

a) Mit dem Befreiungsbescheid vom 21.11.2000 hat die BfA die Klägerin im Hinblick auf deren Mitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung mit Wirkung vom 13.9.2000 "von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit" und hinsichtlich der Befreiungsdauer ausgeführt: "Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären. Die Wirkung der Befreiung ist grundsätzlich auf die jeweilige berufsständische Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt."

12

b) Welche Regelungswirkungen dies gegenwärtig noch hat, muss der Senat nicht entscheiden. Insbesondere kann offenbleiben, ob sich die Regelung auf die Befreiung von der Versicherungspflicht und der Bestimmung ihres Beginns beschränkt hat, wie es der 12. und ihm folgend der 5. Senat des BSG in ähnlichen Konstellationen angenommen haben (vgl BSGE 80, 215, 221 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 17; BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58). Dagegen könnte sprechen, dass aus der für die Auslegung maßgeblichen Empfängerperspektive auch unter Berücksichtigung der für die Behörde maßgeblichen Umstände (vgl BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 f; BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1, RdNr 11 jeweils mwN) die Angaben über die Dauer der Befreiung jedenfalls in der hier verwandten Formulierung als eigenständige Regelung zu verstehen und nicht erkennbar war, dass damit nur eine unverbindliche Erläuterung der Rechtslage bezweckt gewesen sein soll (so für ähnliche Formulierungen BSGE 80, 215, 221 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 17; BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58). Insoweit könnte die Inbezugnahme des in der maßgebenden Norm des § 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI nicht verwandten Merkmals der Befreiungsdauer aus Sicht der Klägerin so zu deuten sein, dass hier zusätzlich eine selbstständige Regelung auch zur Dauer der Befreiung getroffen und sie somit für die gesamte Dauer der - hier noch fortbestehenden - Pflichtmitgliedschaft im ärztlichen Versorgungswerk von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit worden ist. Dies kann letztlich aber ebenso offenbleiben wie die weitere Frage, ob die Befreiung auch ohne förmliche Aufhebung nach § 48 Abs 1 SGB X gegenstandslos geworden ist, wie es der 5. Senat des BSG in einer vergleichbaren Konstellation angenommen hat (vgl BSGE 83, 74, 78 f = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 59 f). Diese Rechtsauffassung mag fraglich erscheinen, weil durch den Befreiungsbescheid mit Dauerwirkung entschieden wird, dass eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht besteht und demzufolge seine Aufhebung oder Änderung aus Gründen sowohl der Rechtsklarheit als auch des Vertrauensschutzes den allgemeinen Vorschriften der §§ 45 ff SGB X und damit hier des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X unterworfen sein könnte(hiervon ausgehend wohl auch der 12. Senat des BSG, vgl BSGE 80, 215, 217 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 12). Abschließend zu entscheiden ist diese Frage hier jedoch nicht, weil die Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 4 Nr 1 KSVG frei ist.

13

3. Falls die Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bereits durch den Befreiungsbescheid vom 21.11.2000 freigestellt ist, besteht Versicherungsfreiheit jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 4 Nr 1 KSVG.

14

a) Unmittelbar greift der Tatbestand von § 4 Nr 1 KSVG allerdings nicht ein. Hiernach ist in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem KSVG versicherungsfrei, wer aufgrund einer Beschäftigung oder einer nicht unter § 2 KSVG fallenden selbstständigen Tätigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit ist, es sei denn, die Versicherungsfreiheit beruht auf einer geringfügigen Beschäftigung oder einer geringfügigen selbstständigen Tätigkeit iS von § 8 SGB IV. Die Vorschrift soll diejenigen selbstständigen Künstler und Publizisten von der besonderen Rentenversicherungspflicht nach dem KSVG ausnehmen, die dieses Schutzes nicht bedürftig erscheinen, weil sie bereits anderweitig kraft Gesetzes für das Alter gesichert sind. Dabei hat der Gesetzgeber neben Beamten, Richtern und Soldaten an Personen gedacht, die bereits wegen einer anderweitigen Beschäftigung oder Tätigkeit zumindest in einem am Durchschnitt ausgerichteten Umfang in die soziale Sicherung einbezogen sind (vgl BT-Drucks 9/26 S 18). Damit ist grundsätzlich zwar auch die Situation der Klägerin erfasst. Jedoch fällt sie nicht in den unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift, weil ihre Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht auf einem Beschäftigungsverhältnis, sondern auf ihrer selbstständigen Tätigkeit als Medizinjournalistin beruht und dies dem Wortlaut nach für den Ausschlusstatbestand des § 4 Nr 1 KSVG unbeachtlich ist. Demnach besteht Versicherungsfreiheit nach dem KSVG für Selbstständige grundsätzlich nur, soweit der betreffende Künstler oder Publizist wegen "einer nicht unter § 2 fallenden selbständigen Tätigkeit" in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit ist, die Freistellung in der gesetzlichen Rentenversicherung also auf einer zusätzlichen, weiteren selbstständigen Tätigkeit neben seiner künstlerischen oder publizistischen Betätigung beruht.

15

b) Ungeachtet dessen genießt die Klägerin allerdings kraft ihrer Zugehörigkeit zum Versorgungswerk der Ärzte eine Alterssicherung, wie es für den Ausschlusstatbestand des § 4 Nr 1 KSVG vom Gesetzgeber gerade vorausgesetzt ist. Rechtsgrundlage hierfür ist § 2 Abs 1 Satz 1 des Hamburgischen Kammergesetzes für die Heilberufe (HmbKGH) iVm § 6 Abs 1 Satz 1 der Satzung der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Danach gehören zunächst der zu 1. beigeladenen Ärztekammer als Pflichtmitglieder alle auf Grund einer Berufserlaubnis oder Approbation zur Berufsausübung berechtigten Ärztinnen und Ärzte an, die in der Freien und Hansestadt Hamburg entweder ihren Beruf ausüben (§ 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 HmbKGH) oder, falls sie ihren Beruf nicht oder nicht in der Freien und Hansestadt Hamburg ausüben, dort ihre Hauptwohnung im Sinne des Melderechts haben, es sei denn, dass sie Mitglied einer anderen Ärztekammer im Bundesgebiet sind (§ 2 Abs 1 Satz 1 Nr 2 HmbKGH). Hieran anknüpfend sind nach den Satzungsregelungen sowohl der Hamburger Ärzteversorgung als auch der Beigeladenen zu 2., deren Mitglied die Klägerin trotz ihres Umzugs geblieben ist, alle verkammerten Ärzte Pflichtmitglieder des jeweiligen Ärzte-Versorgungswerks (vgl § 6 Abs 1 Satz 1 der Satzung der Beigeladenen zu 2.). Zu befreien hiervon nach § 6 Abs 5 Buchstabe f der Satzung der Beigeladenen zu 2. sind nur diejenigen "Ärzte und Ärztinnen, die keine ärztliche Tätigkeit ausüben".

16

Eine solche Pflichtmitgliedschaft ohne Befreiungsmöglichkeit besteht wegen der Tätigkeit als Medizinjournalistin auch für die Klägerin. Das hat das LSG in Auslegung der genannten landesrechtlichen Vorschriften ohne Verstoß gegen Bundesrecht und damit für den Senat bindend (§ 163 SGG) entschieden. Nach seiner im angefochtenen Urteil niedergelegten und begründeten Rechtsauffassung ist die Tätigkeit als Medizinjournalistin als ärztliche Tätigkeit im Sinne der landesrechtlichen Regelungen über die Zugehörigkeit zur Berufskammer und zum Versorgungswerk zu qualifizieren. Insoweit sei nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, der sich das Berufungsgericht anschließe, eine weite Auslegung des Begriffs der Berufsausübung vorzunehmen, da die berufsständischen Kammern die Belange der Gesamtheit der von ihr vertretenen Berufsangehörigen wahrnähmen und dafür die Erfahrungen von Berufsangehörigen aus allen Tätigkeitsbereichen nutzen sollen (Verweis auf BVerwG, NJW 1997, 814 ff und BVerwGE 92, 24). Eine ärztliche Tätigkeit sei deshalb immer dann anzunehmen, wenn die Anwendung oder Mitverwendung von ärztlichem Wissen der Tätigkeit ihr Gepräge gebe (Verweis auf VG Karlsruhe, MedR 2008, 751 ff).

17

Diese Auslegung des Landesrechts durch das LSG ist für den erkennenden Senat bindend, weil sie nicht gegen Vorschriften des Bundesrechts verstößt (§ 162 SGG). Ein Verstoß gegen Bundesrecht liegt nicht bereits dann vor, wenn das Revisionsgericht aus seiner Sicht möglicherweise zu einer anderen Gesetzesauslegung kommen würde. Bundesrecht ist vielmehr erst dann verletzt, wenn das Berufungsgericht den Rahmen zulässiger Gesetzesauslegung überschritten und damit die Bindung an Gesetz und Recht (Art 3 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) missachtet (Willkürverbot) oder wenn es bei der Gesetzesauslegung bundesrechtliche Normen herangezogen hat, die den ihnen beigelegten Regelungsgehalt nicht aufweisen (BSGE 88, 215, 219 = SozR 3-3300 § 9 Nr 1 S 5; BSG SozR 3-6935 Allg Nr 1 S 3). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist eine Verletzung von Bundesrecht nicht ersichtlich. Wie die Beklagte zu Recht darlegt, könnte der Begriff der ärztlichen Tätigkeit zwar auch enger verstanden werden. Nicht zu verkennen ist jedoch, dass eine medizin-journalistische Tätigkeit wie hier von der Klägerin ausgeübt auf ärztliches Wissen aufbaut und ihr zum Teil Aufgaben der medizinischen Aufklärung zukommen, wie sie vergleichbar auch von ambulant oder stationär praktizierenden Ärzten erbracht werden. Anhaltspunkte für eine willkürliche und deshalb vom BSG zu korrigierende Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Landesrechts bestehen deshalb nicht.

18

c) Diese bereits bestehende Alterssicherung über das Versorgungswerk der Ärzte begründet entgegen der Auffassung der Beklagten in entsprechender Anwendung von § 4 Nr 1 KSVG die Versicherungsfreiheit der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem KSVG; das hat das LSG zutreffend dargelegt. Insoweit besteht eine planwidrige Regelungslücke, die durch die analoge Anwendung von § 4 Nr 1 KSVG zu schließen ist. Ein solcher Analogieschluss setzt voraus, dass die geregelte Norm analogiefähig ist, das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, so dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von denselben Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Analogie ist die Übertragung der Rechtsfolge eines geregelten Tatbestandes auf einen ihm ähnlichen, aber ungeregelten Sachverhalt. Dieser beruht - in Anlehnung an Art 3 Abs 1 GG - auf der Forderung normativer Gerechtigkeit, Gleichartiges gleich zu behandeln (vgl BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 4 RdNr 15; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 36 RdNr 25; vgl auch BGHZ 155, 380, 389, jeweils mwN).

19

So liegen die Verhältnisse hier: Mit § 4 Nr 1 KSVG ist eine Vorkehrung für diejenigen nach dem KSVG versicherungspflichtigen Künstler und Publizisten getroffen worden, die einen anderweitigen Versicherungsschutz für das Alter durch eine Alterssicherung aufgrund einer weiteren Tätigkeit oder Beschäftigung neben ihrer künstlerischen oder publizistischen selbstständigen Tätigkeit erworben haben. Soweit dadurch ein ausreichender Schutz für das Alter bereits besteht, soll nach der ausdrücklichen gesetzgeberischen Intention keine zusätzliche Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehen (vgl BT-Drucks 9/26 S 18; ebenso Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 4 RdNr 1). Keine Regelung hat der Gesetzgeber dagegen für die Gruppe getroffen, deren künstlerische oder publizistische Tätigkeit selbst - wie hier bei der Klägerin - die Zugehörigkeit zu einem weiteren Alterssicherungssystem begründet und die dadurch eine doppelte Altersversorgung erlangt. Diese Möglichkeit ist im Gesetzgebungsverfahren offenkundig nicht gesehen worden, so dass die analoge Anwendung des § 4 Nr 1 KSVG geboten erscheint. Denn einerseits entspricht dieser Fall genau der Situation, auf die der Gesetzgeber mit der Befreiungsregelung zu reagieren suchte. Andererseits besteht aber auch kein Anhaltspunkt dafür, dass für diese Gruppe die von der Grundregel des § 4 Nr 1 KSVG abweichende Heranziehung zu zwei Alterssicherungssystemen bewusst angestrebt worden sein könnte. Das entspricht schon nicht der Intention des Gesetzgebers, wie sie - oben bereits dargestellt - mit § 4 Nr 1 KSVG verfolgt worden ist. Im Übrigen ist auch kein Grund erkennbar, der eine solche unterschiedliche Behandlung vor dem Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG rechtfertigen könnte. Von daher ist die hier betroffene Gruppe von KSVG-Versicherten zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung in analoger Anwendung von § 4 Nr 1 KSVG ebenso von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem KSVG freizustellen wie die Gruppe derjenigen, die zusätzlich zu ihrer selbstständigen Tätigkeit iS von § 1 KSVG einer weiteren unselbstständigen oder selbstständigen Tätigkeit nachgehen und hierdurch eine zur Befreiung nach § 4 Nr 1 KSVG führende Alterssicherung erlangen.

20

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

15

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

16

Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

18

Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

20

1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

23

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

25

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

28

6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

29

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

30

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

33

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

38

In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

40

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes den Apothekerberuf ausüben will, bedarf der Approbation als Apotheker.

(2) Die Ausübung des Apothekerberufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist auch auf Grund einer Erlaubnis zulässig.

(2a) Apotheker, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates sind, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, dürfen den Apothekerberuf im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne Approbation als Apotheker oder ohne Erlaubnis zur Ausübung des Apothekerberufs ausüben, sofern sie vorübergehend und gelegentlich als Erbringer von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 des EG-Vertrages im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig werden. Sie unterliegen jedoch der Meldepflicht nach diesem Gesetz.

(3) Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“. Pharmazeutische Tätigkeiten umfassen insbesondere:

1.
Herstellung der Darreichungsform von Arzneimitteln,
2.
Arzneimittelforschung, Entwicklung, Herstellung, Prüfung von Arzneimitteln, Tätigkeiten in der Arzneimittelzulassung, Pharmakovigilanz und Risikoabwehr in der pharmazeutischen Industrie,
3.
Arzneimittelprüfung in einem Laboratorium für die Prüfung von Arzneimitteln,
4.
Lagerung, Qualitätserhaltung und Vertrieb von Arzneimitteln auf der Großhandelsstufe,
5.
Bevorratung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Vertrieb und Abgabe von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in der Öffentlichkeit zugänglichen Apotheken,
6.
Herstellung, Prüfung, Lagerung und Abgabe von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in Krankenhäusern,
7.
Information und Beratung über Arzneimittel als solche, einschließlich ihrer angemessenen Verwendung,
8.
Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen an die zuständigen Behörden,
9.
personalisierte Unterstützung von Patienten bei Selbstmedikation,
10.
Beiträge zu örtlichen oder landesweiten gesundheitsbezogenen Kampagnen,
11.
Tätigkeiten im Arzneimittel-, Apotheken- und Medizinproduktewesen der öffentlichen Gesundheitsverwaltung in Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen sowie in Körperschaften des öffentlichen Rechts und in Berufs- und Fachverbänden,
12.
Tätigkeiten in Lehre und Forschung an Universitäten sowie in der Lehre an Lehranstalten und Berufsschulen in pharmazeutischen Fachgebieten.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes den Apothekerberuf ausüben will, bedarf der Approbation als Apotheker.

(2) Die Ausübung des Apothekerberufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist auch auf Grund einer Erlaubnis zulässig.

(2a) Apotheker, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates sind, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, dürfen den Apothekerberuf im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne Approbation als Apotheker oder ohne Erlaubnis zur Ausübung des Apothekerberufs ausüben, sofern sie vorübergehend und gelegentlich als Erbringer von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 des EG-Vertrages im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig werden. Sie unterliegen jedoch der Meldepflicht nach diesem Gesetz.

(3) Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“. Pharmazeutische Tätigkeiten umfassen insbesondere:

1.
Herstellung der Darreichungsform von Arzneimitteln,
2.
Arzneimittelforschung, Entwicklung, Herstellung, Prüfung von Arzneimitteln, Tätigkeiten in der Arzneimittelzulassung, Pharmakovigilanz und Risikoabwehr in der pharmazeutischen Industrie,
3.
Arzneimittelprüfung in einem Laboratorium für die Prüfung von Arzneimitteln,
4.
Lagerung, Qualitätserhaltung und Vertrieb von Arzneimitteln auf der Großhandelsstufe,
5.
Bevorratung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Vertrieb und Abgabe von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in der Öffentlichkeit zugänglichen Apotheken,
6.
Herstellung, Prüfung, Lagerung und Abgabe von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in Krankenhäusern,
7.
Information und Beratung über Arzneimittel als solche, einschließlich ihrer angemessenen Verwendung,
8.
Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen an die zuständigen Behörden,
9.
personalisierte Unterstützung von Patienten bei Selbstmedikation,
10.
Beiträge zu örtlichen oder landesweiten gesundheitsbezogenen Kampagnen,
11.
Tätigkeiten im Arzneimittel-, Apotheken- und Medizinproduktewesen der öffentlichen Gesundheitsverwaltung in Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen sowie in Körperschaften des öffentlichen Rechts und in Berufs- und Fachverbänden,
12.
Tätigkeiten in Lehre und Forschung an Universitäten sowie in der Lehre an Lehranstalten und Berufsschulen in pharmazeutischen Fachgebieten.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

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Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

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Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

18

Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

20

1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

23

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

25

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

28

6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

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§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

30

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

33

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

38

In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

40

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die praktische Ausbildung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 findet nach dem Bestehen des Zweiten Abschnitts der Pharmazeutischen Prüfung statt. Sie gliedert sich in eine Ausbildung von

1.
sechs Monaten in einer öffentlichen Apotheke, die keine Zweigapotheke ist, und
2.
sechs Monaten, die wahlweise in
a)
einer Apotheke nach Nummer 1,
b)
einer Krankenhaus- oder Bundeswehrapotheke,
c)
der pharmazeutischen Industrie,
d)
einem Universitätsinstitut oder in anderen geeigneten wissenschaftlichen Institutionen einschließlich solchen der Bundeswehr,
e)
einer Arzneimitteluntersuchungsstelle oder einer vergleichbaren Einrichtung einschließlich solcher der Bundeswehr
abzuleisten sind. Drei Monate einer Ausbildung nach Satz 2 Nr. 2 Buchstabe b können auch auf der Station eines Krankenhauses oder Bundeswehrkrankenhauses abgeleistet werden.

(2) Während der ganztägigen praktischen Ausbildung sollen die im vorhergehenden Studium erworbenen pharmazeutischen Kenntnisse vertieft, erweitert und praktisch angewendet werden. Zur Ausbildung gehören insbesondere die pharmazeutischen Tätigkeiten im Sinne des § 2 Absatz 3 der Bundes-Apothekerordnung. Die Ausbildung umfasst auch Medizinprodukte, die in den Apotheken in den Verkehr gebracht werden. Die Ausbildung muß von einem Apotheker, der hauptberuflich in der Ausbildungsstätte tätig ist, geleitet werden; sofern sie an einem Universitätsinstitut abgeleistet wird, umfaßt sie eine pharmazeutisch-wissenschaftliche Tätigkeit unter der Leitung eines Professors, Hochschul- oder Privatdozenten.

(3) Der Auszubildende hat seine Arbeitskraft zu regelmäßiger Mitarbeit zur Verfügung zu stellen und sich auf den Dritten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung vorzubereiten. Er darf nur zu Tätigkeiten herangezogen werden, die seine Ausbildung fördern. Über die praktische Ausbildung erhält der Auszubildende eine Bescheinigung nach dem Muster der Anlage 5.

(4) Während der praktischen Ausbildung hat der Auszubildende an begleitenden Unterrichtsveranstaltungen teilzunehmen, in denen die in der Anlage 8 aufgeführten Stoffgebiete vermittelt werden. Die zuständige Behörde führt die begleitenden Unterrichtsveranstaltungen durch oder benennt eine oder mehrere geeignete Stellen, die diese Unterrichtsveranstaltungen durchführen. Über die Teilnahme an den begleitenden Unterrichtsveranstaltungen erhält der Auszubildende eine Bescheinigung nach dem Muster der Anlage 6.

(5) Auf die Ausbildung nach Absatz 1 werden Unterbrechungen bis zu den durch Bundesrahmentarifvertrag festgelegten Urlaubszeiten angerechnet.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass er Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren nicht zu entrichten hat.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer für eine Tätigkeit als Steuerberater erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).

2

Der 1977 geborene Kläger war als Steuerberater in einer Steuerberaterkanzlei beschäftigt. Auf seinen Antrag befreite ihn die beklagte Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund durch Bescheid vom 7.4.2005 von der Versicherungspflicht in der GRV ab 10.2.2005 hinsichtlich seiner Beschäftigung bzw Tätigkeit als Steuerberater aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und seiner Mitgliedschaft in der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung in der Bayerischen Versorgungskammer. Mit Schreiben vom 22.3.2006 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er zum 3.4.2006 als Referendar in den juristischen Vorbereitungsdienst eintreten und demzufolge seine Steuerberaterzulassung mit Ablauf des 31.3.2006 niederlegen werde. Die Bayerische Versorgungskammer informierte die Beklagte darüber, dass der Kläger bis 31.3.2006 kraft Gesetzes ihr Pflichtmitglied gewesen sei; die Mitgliedschaft werde ab 1.4.2006 freiwillig fortgesetzt. Die Beklagte hob daraufhin den früheren Befreiungsbescheid mit Bescheid vom 17.5.2006 auf, da der Kläger aus der Steuerberaterkammer ausgeschieden sei. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und beantragte die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 SGB VI über den 31.3.2006 hinaus. Er habe auf seine Zulassung als Steuerberater für die Dauer des Referendariats verzichten müssen; die bisher ausgeübte Tätigkeit in der Steuerberaterkanzlei werde als genehmigte Nebentätigkeit zum Referendariat auf 400-Euro-Basis fortgeführt; an die zuständige Versorgungskammer werde er den Grundbeitrag abführen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

3

Die dagegen erhobene Klage hat das SG durch Urteil vom 14.2.2008 abgewiesen, die Berufung hat das LSG durch Urteil vom 17.12.2009 zurückgewiesen: Bei der vom Kläger während der Referendarzeit ausgeübten Beschäftigung als Steuerberater habe es sich um die Beschäftigung gehandelt, für die die Beklagte ursprünglich die Befreiung von der Versicherungspflicht ausgesprochen habe. Es sei nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um eine "andere" versicherungspflichtige Tätigkeit iS von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI gehandelt habe. Mit dem Ausscheiden des Klägers aus der Steuerberaterkammer seien die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI entfallen. Über den zusätzlichen Antrag des Klägers auf Abführung der Rentenversicherungsbeiträge an die Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung sei nicht zu entscheiden, weil er erstmals nach Ablauf der Klagefrist geltend gemacht worden sei. Der Antrag setze zudem die Aufhebung der angefochtenen Bescheide voraus, dem schon nicht stattzugeben sei.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 62 SGG iVm Art 103 Abs 1 GG, § 75 Abs 2 SGG sowie von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI. Das LSG habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten, indem es seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, dass er während des Referendariats als Steuerberater weitergearbeitet habe. Tatsächlich habe es sich bei der Tätigkeit mit einem wöchentlichen Zeitdeputat von fünf Stunden um eine Hilfstätigkeit gehandelt, die eine Qualifikation als Steuerberater nicht voraussetzte. Die Abweisung des zweiten Klageantrags wegen Verfristung sei verfahrensfehlerhaft überraschend erfolgt. Die DRV Knappschaft-Bahn-See habe als zuständige Einzugsstelle beigeladen werden müssen. In der Sache erfülle die ab 1.4.2006 ausgeübte Beschäftigung die Voraussetzungen nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI, da sie befristet gewesen sei und die Vorschrift das weitere Vorliegen der Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 SGB VI nicht verlange.

5

Der Kläger beantragt,

        

die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2009 und des Sozialgerichts München vom 14. Februar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2006 aufzuheben und

        

1.    

festzustellen, dass die im Bescheid der Beklagten vom 7. April 2005 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch die ab dem 1. April 2006 ausgeübte Beschäftigung in einer Steuerberaterkanzlei erfasst,
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, die in ihrem Bescheid vom 7. April 2005 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch auf diese Beschäftigung zu erstrecken,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, die für ihn im Zeitraum vom 1. April 2006 bis 31. März 2008 an die Einzugsstelle abgeführten Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 1896 Euro zu seinen Gunsten an die Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung zu überführen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Sie verweist auf den Gesetzeswortlaut von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI, der ausdrücklich von einer "Erstreckung" der Befreiung von der Versicherungspflicht spreche. Demzufolge müssten die Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 SGB VI auch bei Ausübung einer Tätigkeit oder Beschäftigung iS von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI weiterhin vorliegen. Dafür gebe es entgegen der Ansicht des Klägers auch durchaus Anwendungsfälle.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist insgesamt unbegründet.

9

Die vorinstanzlichen Urteile lassen Rechtsfehler zu Lasten des Klägers nicht erkennen. Das LSG hat die Rechtmäßigkeit der durch die angegriffenen Bescheide der beklagten DRV erfolgten Aufhebung des ursprünglichen Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV zu Recht angenommen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht entfallen sind und daher die ursprüngliche Befreiung von der Versicherungspflicht die im streitigen Zeitraum vom 1.4.2006 bis 31.3.2008 ausgeübte Beschäftigung nicht umfasst. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG ferner entschieden, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV nicht auf die ab 1.4.2006 ausgeübte Beschäftigung "erstreckt". Schließlich hat es die Klage hinsichtlich des Begehrens auf Überführung der insoweit geleisteten Rentenversicherungsbeiträge an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung rechtsfehlerfrei abgewiesen.

10

1. Die Klage ist hinsichtlich der Frage der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht als Anfechtungs- und Feststellungsklage, der Hilfsantrag als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig (dazu a); hinsichtlich der Überführung der geleisteten Beiträge zur GRV an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung ist die Klage unzulässig (dazu b). Einer Beiladung der DRV Knappschaft-Bahn-See zum Rechtsstreit noch im Revisionsverfahren (vgl § 168 S 2 SGG) bedurfte es bei alledem nicht (dazu c).

11

a) Soweit sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2006 wendet, ist seine Klage als Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) verbunden mit einer Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG) bzw verbunden mit einer Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) zulässig. Eine isolierte Anfechtungsklage würde seinem Begehren nur unzureichend Rechnung tragen. Es ist nämlich nicht auf die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Aufhebung des ursprünglichen Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV beschränkt. Vielmehr macht der Kläger geltend, dass er auch in der im streitigen Zeitraum ausgeübten Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit bzw zu befreien sei.

12

Für das Hauptbegehren des Klägers ist die Feststellungsklage statthaft und zulässig, weil er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Bestehens und des Umfangs seiner Befreiung von der Versicherungspflicht hat. Für sein Hilfsbegehren ist die Verpflichtungsklage statthaft. Zwar legt der Wortlaut von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI nicht zwingend des Schluss nahe, dass über die Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht ein Verwaltungsakt zu ergehen hat, weil der darin verwendete Begriff der "Erstreckung" dahingehend verstanden werden könnte, dass es lediglich um eine unmittelbar aus dem Gesetz abzuleitende Definition der Reichweite der Befreiung von der Versicherungspflicht geht(so werden die Ausführungen in BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 interpretiert; vgl hierzu Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Einzelkommentierung 5/2008, K § 6 RdNr 136 mwN; Gürtner in Kasseler Komm, Stand Einzelkommentierung Oktober 2011, § 6 SGB VI RdNr 31). Hiergegen spricht jedoch, dass über die "Erstreckung" der Befreiung - ebenso wie über die ursprüngliche Befreiung selbst - vom Rentenversicherungsträger durch Verwaltungsakt entschieden werden muss (vgl hierzu Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Einzelkommentierung 5/2008, K § 6 RdNr 136). Ein solcher ist mit der Verpflichtungsklage zu erstreiten.

13

b) Hinsichtlich der vom Kläger begehrten Überführung der geleisteten Beiträge an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung hat das LSG die Klage insoweit zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger sein Begehren erstmalig im Klageverfahren geltend gemacht hat, damit nicht zuvor an die Beklagte herangetreten, keine entsprechende Verwaltungsentscheidung ergangen und auch kein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Klage insoweit auch nicht als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs 5 SGG zulässig, weil dies voraussetzen würde, dass ein entsprechender Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil der Kläger schon deshalb ein über die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Beiträge nach § 26 Abs 2 SGB IV hinaus gehendes Begehren verfolgt, weil er ausdrücklich eine unmittelbare Überführung der geleisteten Beiträge an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung beantragt hat. Darüber hinaus wäre eine Entscheidung der Beklagten auch deshalb erforderlich, weil ein Beitragserstattungsanspruch nach § 26 Abs 3 S 1 SGB IV nur demjenigen zusteht, der die Beiträge "getragen" hat. Da der Kläger auch eine Überführung des von seinem Arbeitgeber getragenen Beitragsanteils begehrt und sich insoweit auf eine entsprechende Abtretung beruft, wäre eine Entscheidung der Beklagten über deren Wirksamkeit erforderlich gewesen.

14

c) Einer abschließenden Sachentscheidung des Senats steht in prozessualer Hinsicht die unterbliebene Beiladung der DRV Knappschaft-Bahn-See nicht entgegen. Auf eine Beiladung im Revisionsverfahren kann nämlich verzichtet werden, wenn das Ergebnis des Rechtsstreits den Beizuladenden weder verfahrens- noch materiell-rechtlich benachteiligen kann (so zB BSGE 96, 190 = SozR 4-4300 § 421g Nr 1, RdNr 20 mwN; BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34). So verhält es sich hier. Da die Klage hinsichtlich der begehrten Überführung der Beiträge bereits unzulässig ist, ist eine Betroffenheit der DRV Knappschaft-Bahn-See unter keinem verfahrens- oder materiell-rechtlichen Aspekt denkbar.

15

2. Die Vorinstanzen haben in der Sache zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtmäßig sind (dazu a) und zutreffend angenommen, dass die ursprünglich ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV die im streitigen Zeitraum vom 1.4.2006 bis 31.3.2008 ausgeübte Beschäftigung nicht umfasst (dazu b), sowie - im Ergebnis - zutreffend eine Verpflichtung der Beklagten zur "Erstreckung" der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht auf die spätere Beschäftigung abgelehnt (dazu c).

16

a) Die Aufhebung des die Befreiung von der Versicherungspflicht regelnden ursprünglichen Verwaltungsakts vom 7.4.2005 durch die hier angefochtenen Bescheide der Beklagten ist rechtmäßig, weil in den Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

17

aa) Die Beklagte war grundsätzlich zur auf diese Regelung gestützten Aufhebung des ursprünglichen Bescheides berechtigt, weil das Recht des SGB VI insoweit keine Sonderregelung iS von § 37 S 1 SGB I enthält.

18

Zwar hat der 5. Senat des BSG entschieden, dass sich aus dem Tätigkeitsbezug der Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 5 und § 231 SGB VI eine von vornherein auf die jeweilige Tätigkeit oder Beschäftigung beschränkte Wirkung der Befreiung ergebe. In Bezug auf eine andere Beschäftigung werde der Befreiungsbescheid nicht rechtswidrig, sondern lediglich gegenstandslos (so BSGE 83, 74, 78 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 59). Ein solcher Befreiungsbescheid erledige sich auch nicht iS des § 39 Abs 2 SGB X auf andere Weise, da er bei der erneuten Aufnahme der ursprünglichen Beschäftigung Wirkungen entfalte und es insoweit keines neuen Befreiungsantrags bedürfe. Der - im vorliegenden Revisionsverfahren zuständige - 12. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen und ausgeführt, dass ein Befreiungsbescheid selbst bei Befreiungen, die vor dem 1.1.1992 nach § 7 Abs 2 Angestelltenversicherungsgesetz ausgesprochen worden sind, nicht aufgehoben werden muss, da die Versicherungspflicht in einer anderen Beschäftigung kraft Gesetzes eintritt(SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 10). Gegenstand dieser Rechtsprechung waren allerdings jeweils Sachverhalte, in denen über die Reichweite einer früher ausgesprochenen Befreiung von der Versicherungspflicht gestritten wurde, nicht aber ging es - wie vorliegend - um die Rechtmäßigkeit einer erfolgten ausdrücklichen Aufhebung eines Verwaltungsakts über die Befreiung von der Versicherungspflicht. Die zitierte Rechtsprechung schließt daher nicht aus, dass der Rentenversicherungsträger jedenfalls gleichwohl einen entsprechenden Verwaltungsakt über die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs 1 SGB X - quasi deklaratorisch - aufhebt.

19

bb) Eine von der Beklagten zugrunde gelegte Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse iS von § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist hier bereits deshalb anzunehmen, weil der Kläger mit Ablauf des 31.3.2006 nicht länger als Steuerberater tätig war. Mit der Niederlegung seiner Zulassung als Steuerberater und infolgedessen seinem Ausscheiden aus der Steuerberaterkammer mit Ablauf des 31.3.2006 entfiel die von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI idF des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) vorausgesetzte, kraft gesetzlicher Verpflichtung bestehende Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer. Der nachträgliche Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen führt regelmäßig zur Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs 1 S 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft(so für das Ausscheiden aus der Berufsgruppe, für die die Versorgungseinrichtung errichtet wurde, BSGE 80, 215, 217 und LS 1 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4; BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 1997-9733).

20

cc) Die Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist auch "wesentlich" iS von § 48 Abs 1 S 1 SGB X, da sie zum Wegfall einer Voraussetzung für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führt und ein Fortbestand des Befreiungsstatus nicht in Betracht kommt. Bereits die Aufgabe der Tätigkeit als (zugelassener) Steuerberater ist als "wesentliche" Änderung zu qualifizieren, da § 6 Abs 5 S 1 SGB VI die Befreiung von der Versicherungspflicht auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt(vgl bereits BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 mwN; BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 ff; s hierzu nunmehr auch näher Senatsurteile vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R und B 12 R 5/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht konnte daher weder die in der Steuerberaterkanzlei ab 1.4.2006 verrichtete Beschäftigung umfassen (dazu b) noch kommt eine "Erstreckung" der Befreiung auf diese Beschäftigung in Betracht (dazu c).

21

dd) Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 17.5.2006 ist im Übrigen nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte den Kläger nicht gemäß § 24 Abs 1 SGB X vor Erlass des Bescheids angehört hatte. Die Anhörung holte die Beklagte im Widerspruchsverfahren nach, wodurch Heilung eintrat (§ 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB X).

22

b) Rechtsfehlerfrei haben die Vorinstanzen entschieden, dass der Kläger in seiner im streitigen Zeitraum ausgeübten Beschäftigung, hinsichtlich derer der Kläger nach den Feststellungen des LSG auf die Versicherungsfreiheit wegen geringfügiger Beschäftigung (vgl § 5 Abs 2 S 2 SGB VI idF vom 23.12.2002, BGBl I 4621) verzichtete, nicht von der Versicherungspflicht in der GRV befreit war. Die insoweit ausgeübte Beschäftigung führte auch nicht zu einer Pflichtmitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und erfüllte daher nicht die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI. Schließlich umfasste die für die frühere Tätigkeit als Steuerberater ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht nicht die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung, da der Verwaltungsakt über die Befreiung von der Versicherungspflicht zu Recht von der Beklagten mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wurde.

23

c) Im Ergebnis zu Recht hat das LSG die vom Kläger hilfsweise begehrte Verpflichtung der Beklagten abgelehnt, die ursprüngliche Befreiung von der Versicherungspflicht auch auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung als andere versicherungspflichtige Tätigkeit nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI zu "erstrecken".

24

aa) Der Auffassung des LSG, die Anwendung von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung mit der zuvor verrichteten Tätigkeit als Steuerberater identisch gewesen sei und daher keine andere versicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne der Vorschrift vorgelegen habe, ist allerdings nicht zu folgen. Zwar führte der Kläger noch im Widerspruchsverfahren aus, dass er seine bisher ausgeübte Tätigkeit in der Steuerberaterkanzlei J. K., auf die sich die bisherige Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI bezog, als genehmigte Tätigkeit zum Referendariat auf "400 Euro-Basis" fortführe. Eine "Identität" der früheren Tätigkeit als Steuerberater mit der ab 1.4.2006 ausgeübten Beschäftigung kann aber schon deshalb nicht vorliegen, weil der Kläger nach eigenen Angaben mit Ablauf des 31.3.2006 seine Zulassung als Steuerberater niedergelegt hatte; nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) war er aus der Steuerberaterkammer ausgeschieden und durfte daher nicht länger als Steuerberater tätig sein (vgl § 32 Abs 2, § 40 Abs 1 S 1, § 46 Abs 2 Steuerberatungsgesetz).

25

bb) Im Ergebnis zutreffend hat das LSG eine Verpflichtung der Beklagten zur "Erstreckung" der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI abgelehnt. Es kann offenbleiben, ob die Erstreckung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI - ebenso wie die ursprüngliche Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 SGB VI - von einem vorherigen Antrag(§ 6 Abs 2 SGB VI) abhängig ist. Hierfür könnte sprechen, dass nach der Systematik des Befreiungsrechts ggf auch die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen muss. Jedenfalls verlangt die Anwendung der Vorschrift ua das ununterbrochene Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach § 6 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB VI (= Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer). Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift, ihrer systematischen Stellung und ihrem Sinn und Zweck.

26

(1) Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 5 S 2 SGB VI "erstreckt" sich die Befreiung in den Fällen des Abs 1 Nr 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die danach vorgesehene "Erstreckung" der Befreiung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit kommt nur in Betracht, wenn der zur ursprünglichen Befreiung führende Sachverhalt (= Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer) auch weiterhin vorliegt; denn nach dem Wortsinn kann nur ein überhaupt noch bestehender Befreiungsstatus auf eine andere Tätigkeit erstreckt werden.

27

(2) Die systematische Stellung der Vorschrift im Anschluss an die gesetzliche Definition des auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkten Bezugspunkts der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI verdeutlicht im Zusammenhang mit der in ihr genannten Tatbestandsvoraussetzung einer zeitlich begrenzten anderen Tätigkeit, dass die Vorschrift lediglich eine Regelung enthält, die sich auf eine andere vorübergehende selbstständige Tätigkeit bzw Beschäftigung bezieht, und daher keinen von den grundlegenden Voraussetzungen in § 6 Abs 1 S 1 SGB VI losgelösten eigenständigen Befreiungstatbestand darstellt. Da im vorliegenden Fall diese frühere Tätigkeit unterbrochen wurde, braucht der Senat die in der sozialrechtlichen Literatur umstrittene Frage der Anwendbarkeit von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI auf eine andere Tätigkeit, die neben einer zur Befreiung von der Versicherungspflicht führenden Tätigkeit ausgeübt wird, nicht zu entscheiden(verneinend: Boecken in GK-SGB VI, Stand Januar 2007, § 6 RdNr 182; bejahend: Voelzke in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts - Rentenversicherungsrecht, 1999, § 17 RdNr 74; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Einzelkommentierung VI/08 Lfg 5/08, K § 6 RdNr 133; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 96).

28

(3) Diese Auslegung wird auch durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Zum Zweck der Vorschrift wird im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) angeführt, sie solle sicherstellen, dass eine vorübergehende berufsfremde Tätigkeit nicht zu einem Wechsel des Alterssicherungssystems führt. Die Regelung solle insbesondere für die Zeit des Wehrdienstes gelten (Gesetzentwurf, aaO, BT-Drucks 11/4124 S 152 zu § 6 Abs 5). Diese Begründung knüpft ebenfalls allein an den vorübergehenden Tätigkeitswechsel an (vgl Boecken, aaO). Sie beinhaltet keine Aussage dahin, dass das Ziel der Vermeidung eines Wechsels des Alterssicherungssystem auch dann eine Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht legitimieren soll, wenn die grundlegenden Befreiungsvoraussetzungen - insbesondere die Pflichtmitgliedschaften in der berufsständischen Versorgungseinrichtung und in der berufsständischen Kammer - nicht bzw nicht mehr vorliegen.

29

(4) Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 6 Abs 5 S 2 SGB VI bei der aufgezeigten Auslegung nicht etwa ohne Anwendungsbereich. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf eine Konstellation hingewiesen, die sich aus dem Berufsrecht der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ergeben kann: Die dortige Regelung der Untersagung der Ausübung des Berufs als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt in § 47 Abs 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) hat einen weitergehenden Anwendungsbereich als die entsprechende Regelung im Recht der Steuerberaterinnen und Steuerberater in § 59 S 1 StBerG und erfasst ua Verwendungen als Richter oder Beamte, ohne auf Lebenszeit ernannt zu sein. Im Anwendungsbereich des § 47 Abs 1 BRAO behält der Rechtsanwalt aber seine Zulassung und ist ua verpflichtet, den Kammerbeitrag zu zahlen(vgl Kilian in Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl 2010, § 47 RdNr 3, 12 mwN). Eine derart weitgehende zulassungserhaltende Untersagung der Berufsausübung ist dem Berufsrecht der Steuerberater fremd. § 59 S 1 StBerG sieht ein Verbot der Berufsausübung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter grundsätzlich nur in den Fällen vor, in denen ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis als Wahlbeamter auf Zeit oder ein öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis eingegangen ist. Im Übrigen gilt hinsichtlich der Inkompatibilität mit anderen Tätigkeiten die Grundnorm in § 57 StBerG. Ein weiterer Anwendungsfall des § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI ist etwa bei einem Privatschullehrer denkbar, der vorübergehend, zB zu Fortbildungszwecken, an eine staatliche Schule abgeordnet wird, seine Bezüge aber weiterhin von einer Privatschule erhält(vgl KomGRV, Stand September 2011, § 6 RdNr 11).

30

3. Die gewonnene Auslegung verletzt im Übrigen keine Grundrechte des Klägers. Von Verfassungswegen besteht kein Wahlrecht, das es ermöglichen würde, im Laufe eines Berufslebens die jeweils günstigste Versorgungsmöglichkeit zu wählen oder an ihr festzuhalten und die Anwendung aller anderen Versicherungspflichttatbestände auszuschließen (BVerfG Kammerbeschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 1776/97 - SozR 4-2600 § 6 Nr 1 RdNr 11). Demzufolge hat es das BVerfG (ebenda) - unter Bestätigung der Rechtsprechung des Senats (BSGE 80, 215 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4) - als mit dem GG vereinbar angesehen, dass die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wegen der Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk endet, wenn der Betroffene der Berufsgruppe nicht mehr angehört, für die das Versorgungswerk errichtet wurde. Daran ist festzuhalten.

31

4. Auch die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängel führen schließlich zu keinem ihm günstigen Ergebnis.

32

Die Feststellung des LSG, wonach der Kläger sein bisheriges Beschäftigungsverhältnis als Steuerberater im streitigen Zeitraum fortgeführt habe, ist zwar unzutreffend, wirkt sich auf das Ergebnis des Rechtsstreits nicht aus, weil das LSG ebenfalls - im Revisionsverfahren unbeanstandet - festgestellt hat, dass der Kläger seine Zulassung zum Steuerberater zum 31.3.2006 niederlegte. Diese Feststellung hat das LSG - wie dargelegt - zu Recht seinem Urteil zugrunde gelegt und entschieden, dass damit die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI entfielen.

33

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hat die demgegenüber vom LSG getroffene, auf § 192 SGG gestützte Kostenentscheidung geändert(vgl allgemein zur entsprechenden Befugnis des Rechtsmittelgerichts Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 193 RdNr 2a mwN), weil hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen der qualifizierten tatbestandlichen Voraussetzungen des § 192 Abs 1 S 1 SGG, insbesondere diejenigen der Nr 2 (Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung) nicht ersichtlich sind.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Die Revision des Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. März 2011 wird zurückgewiesen, soweit es die ihn betreffende, von der Beklagten gegenüber der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2003 geltend gemachte Beitragsforderung anbelangt.

Im Übrigen wird auf die Revision des Beigeladenen das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) sowie eine daran anknüpfende Beitragsforderung.

2

Der 1967 geborene Beigeladene ist approbierter Arzt. Auf seinen Antrag vom 11.10.1997 wurde er mit Blick auf sein Beschäftigungsverhältnis als Arzt im Praktikum bei dem St. J. Krankenhaus Bonn und seine Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung ab 1.10.1997 von der Versicherungspflicht in der GRV befreit (Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 29.12.1997). Der Beigeladene ist seit 1.4.1998 bei der Klägerin - einem Unternehmen der pharmazeutischen Industrie - beschäftigt. Vom 1.12.1999 bis 30.4.2000 war er dort als "Medical Manager Dermatologie/Rheumatologie" im Innendienst tätig und wurde danach im Außendienst als Pharmaberater eingesetzt. Nach den Feststellungen des LSG führte er dabei ua Patientengespräche und hielt medizinisch-wissenschaftliche Vorträge. Darüber hinaus bearbeitete er Anfragen zu Medikamenten, die er während seiner vorangegangenen Tätigkeit betreut hatte.

3

Aufgrund einer im Oktober 2004 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung für den Zeitraum 1.12.1999 bis 31.12.2003 stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund ua hinsichtlich des Beigeladenen für den gesamten Prüfzeitraum Versicherungspflicht in der GRV fest und forderte von der Klägerin Beiträge in Höhe von 43 435,05 Euro (Bescheid vom 1.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 1.3.2006).

4

Auf die hiergegen gerichtete Klage hat die Beklagte ua bezüglich des Beigeladenen ein Teilanerkenntnis abgegeben und die Beitragsnachforderung für den Zeitraum 1.12.1999 bis 30.4.2000 nicht mehr geltend gemacht. Das SG hat die darüber hinausgehende Klage durch Urteil vom 25.8.2009 abgewiesen.

5

Dagegen haben die Klägerin und der Beigeladene Berufung eingelegt. Mit Bescheid vom 28.10.2009 hat die Beklagte ihr Teilanerkenntnis ausgeführt und für den Beigeladenen nur noch Beiträge für die Zeit 1.5.2000 bis 31.12.2003 in Höhe von 39 232,50 Euro gefordert. Das LSG hat die Berufungen zurückgewiesen: Der Beigeladene sei in der im streitigen Zeitraum ausgeübten Tätigkeit nicht gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit gewesen. Die ihm früher erteilte Befreiung von Versicherungspflicht in der GRV wirke nach § 6 Abs 5 S 1 SGB VI nur für berufsgruppenspezifische Tätigkeiten, bei denen die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB VI vorlägen. Wenn eine berufsständische Versorgungseinrichtung eine Pflichtmitgliedschaft annehme, binde dies weder Verwaltung noch Gerichte. Eine Bindungswirkung könne allenfalls einer Bestätigung der für die berufsständischen Versorgungseinrichtung zuständigen Verwaltungsbehörde nach § 6 Abs 3 SGB VI zukommen. Bei der streitigen vom Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit handele es sich nicht um eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit, weil es sich nicht um eine Beschäftigung als Arzt gehandelt habe. Wie sich hinsichtlich der Tätigkeit als Pharmaberater auch aus § 75 Abs 1 S 1 Arzneimittelgesetz (AMG) ergebe, sei für diese Tätigkeit die Ausbildung als Arzt eine zwar hinreichende, nicht aber notwendige Voraussetzung. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Kammer sei im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang ohne Belang. Eine nach dem Vortrag des Beigeladenen erfolgte telefonische Auskunft der Beklagten über seine in der streitigen Beschäftigung fortbestehende Versicherungsfreiheit sei irrelevant, weil rechtlich verbindlich allenfalls eine - hier fehlende - schriftliche Bestätigung sein könnte. Die vielfältigen Beweisanträge des Beigeladenen seien mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen (Urteil vom 1.3.2011).

6

Hiergegen wendet sich der Beigeladene mit seiner Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 6 Abs 5 S 1 und Abs 1 S 1 SGB VI sowie von § 103 SGG. Das LSG überspanne die Anforderungen an das Vorliegen einer zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV führenden berufsspezifischen Tätigkeit. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liege eine ärztliche Tätigkeit auch dann vor, wenn der Betroffene im administrativen und organisatorischen Bereich tätig sei und in seinem nicht völlig berufsfremden Einsatzgebiet von seinen erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten profitieren könne. § 75 AMG habe nicht die Aufgabe, zu definieren, wann Ärzte berufsuntypische Tätigkeiten ausübten, sondern regele lediglich einen Mindeststandard für die Ausübung der Tätigkeit als Pharmaberater. Die vom LSG vorgenommene Auslegung des Merkmals "berufsspezifische Tätigkeit" im Sinne von "berufsgruppenspezifische Tätigkeit" dürfe nicht dazu führen, dass Merkmale der konkret verrichteten Tätigkeit unberücksichtigt blieben. Die Klägerin habe ihn (den Beigeladenen) bewusst als Arzt eingestellt. Nur durch sein Studium sei er in der Lage gewesen, Brustkrebsstudien durchzuführen, was er auch tatsächlich als Pharmaberater getan habe. Das gleiche gelte für die von ihm durchgeführte Schulung ärztlichen Personals. Soweit das LSG das Fehlen einer Bestätigung nach § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI problematisiere, habe es selbst zu ermitteln gehabt, ob es eine solche Bestätigung gebe. Er (der Beigeladene) nehme für sich zudem Vertrauensschutz in Anspruch, weil ihm anlässlich eines Telefonats mit einem Mitarbeiter der BfA im Juni/Juli 2000 mitgeteilt worden sei, eine (erneute) Befreiung von der Versicherungspflicht sei weder nötig noch möglich. Dies decke sich inhaltlich mit schriftlichen Auskünften, die Arbeitskolleginnen und -kollegen erhalten hätten. Dem habe das LSG nachgehen müssen.

7

Der Beigeladene beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 1. März 2011 und des Sozialgerichts Freiburg vom 25. August 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Fassung des Bescheides vom 2. Januar 2006, des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2006 und des Bescheides vom 28. Oktober 2009 aufzuheben,

        

1.    

soweit es die ihn (den Beigeladenen) betreffende für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2003 geltend gemachte Beitragsforderung anbelangt,

        

2.    

soweit es die Feststellung seiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in diesem Zeitraum betrifft.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt im Wesentlichen die inhaltlichen Ausführungen des LSG-Urteils. Da die Tätigkeit eines Pharmaberaters gemäß § 75 AMG auch Personen mit anderem Ausbildungshintergrund offen stehe, handele es sich hierbei nicht um eine - wie erforderlich - berufsgruppenspezifische Beschäftigung von Ärzten. Ein besonderer Vertrauensschutz sei bei dem Beigeladenen nicht anzuerkennen. Ob, wann und mit welchem Inhalt das von ihm angeblich im Juni/Juli 2000 geführte Telefonat erfolgt sei, sei nicht nachgewiesen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben komme ohnehin nur bei Vorlage einer - hier fehlenden - schriftlichen Äußerung des Rentenversicherungsträgers in Betracht.

10

Die Klägerin schließt sich dem Antrag des Beigeladenen an, soweit es den Klagepunkt 1. betrifft.

Entscheidungsgründe

11

Die insgesamt zulässige Revision des Beigeladenen (= Beschäftigter) ist hinsichtlich der Beitragsforderung der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund unbegründet. Hinsichtlich der darüber hinaus ebenfalls angefochtenen Feststellung der Versicherungspflicht in der GRV ist seine Revision im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung erfolgreich.

12

1. Da die Klägerin keine Revision eingelegt hat, sondern sich lediglich dem Antrag des Beigeladenen hinsichtlich der geltend gemachten Beitragsforderung angeschlossen hat, ist Gegenstand des Revisionsverfahrens in Bezug auf diesen Punkt (nur noch) das Begehren des Beigeladenen, die gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheide der Beklagten aufzuheben, soweit darin für den noch streitigen Zeitraum vom 1.5.2000 bis 31.12.2003 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin Pflichtbeiträge zur GRV in Höhe von (noch) 39 232,50 Euro gefordert werden. Entgegen den vom LSG aufgenommenen Anträgen der Beteiligten erschöpft sich der Rechtsstreit allerdings nicht allein in der Anfechtung entsprechender Beitragsbescheide der Beklagten, sondern umfasst auch und gerade die den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegende Feststellung von Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GRV. Über die Frage der Versicherungspflicht hat die Beklagte mitentschieden; hierzu hat das LSG auf Seite 19 der Entscheidungsgründe ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene in der streitigen Zeit bei der Klägerin kraft Gesetzes der Versicherungspflicht in der GRV unterlegen habe.

13

2. Hinsichtlich der von der Beklagten geltend gemachten Beitragsforderung ist die Revision des Beigeladenen unbegründet, weil ihm insoweit für eine Anfechtung der Bescheide der Beklagten die erforderliche Klagebefugnis bzw ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die durch die angefochtenen Bescheide geltend gemachte Beitragsforderung richtet sich ausschließlich an die Klägerin als Arbeitgeberin (§ 28e Abs 1 S 1 SGB IV), sodass die Anfechtungsklage des Beigeladenen insoweit unzulässig ist. Ein Rückgriff der Klägerin als Arbeitgeberin auf den Beigeladenen - und damit eine eigene Belastung durch den Beitragsbescheid - wäre lediglich in den engen Grenzen des § 28g S 3 SGB IV möglich. Danach darf ein unterbliebener Abzug aber nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist (vgl zu den - strengen - Arbeitgeberpflichten insoweit zB BSGE 48, 195 = SozR 2200 § 394 Nr 1; Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 28g RdNr 23 unter Hinweis auf BT-Drucks 11/2221 S 24; Wehrhahn in Kasseler Komm, § 28g SGB IV RdNr 12 mwN, Stand Einzelkommentierung Juni 2012). Die Beteiligten haben diesbezüglich weder vorgetragen, dass die Klägerin einen Rückgriff dem Beigeladenen gegenüber in Aussicht gestellt hat, noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Voraussetzungen für einen derartigen Rückgriff erfüllt sein könnten.

14

3. Die Revision des Beigeladenen ist in Bezug auf seine Versicherungspflicht in der GRV im (noch) streitigen Zeitraum 1.5.2000 bis 31.12.2003 im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Ob die diese Versicherungspflicht feststellenden Bescheide der Beklagten Bestand haben können, lässt sich vom Senat anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Zwar hat das LSG im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die in diesem Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht von der durch Bescheid vom 29.12.1997 erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht umfasst ist (dazu a). Es hätte jedoch dem Vortrag des Beigeladenen nachgehen müssen, er sei infolge einer telefonischen Auskunft der Beklagten davon abgehalten worden, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für seine Beschäftigung bei der Klägerin zu beantragen bzw auf der formellen Bescheidung eines schon telefonisch gestellten Befreiungsantrags zu bestehen (dazu b).

15

a) Die Annahme des LSG, dass die Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GRV wegen seiner Beschäftigung bei der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht aufgrund seiner Befreiung von der Versicherungspflicht durch Bescheid vom 29.12.1997 ausgeschlossen ist, ist im Ergebnis zutreffend. Weder ist die Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin von der früher erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht umfasst (dazu aa), noch ist die frühere Befreiung hierauf zu erstrecken (dazu bb).

16

aa) Gemäß § 6 Abs 5 S 1 SGB VI(in seiner unverändert gebliebenen Ursprungsfassung vom 18.12.1989, BGBl I 2261) ist die Befreiung auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt.

17

(1) Bereits aus dem klaren Wortlaut der Regelung ergibt sich damit zweifelsfrei, dass mit einer Befreiungsentscheidung keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die "jeweilig" ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen in Betracht kommt, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen (vgl hierzu schon BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58 mwN; BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 f; Boecken, ArztR 10/1991, II, VII; ders in GK-SGB VI, § 6 RdNr 177, Stand Einzelkommentierung Januar 2007; Voelzke in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3, Rentenversicherungsrecht, 1999, § 17 RdNr 72 f).

18

Darüber hinaus ist dem Wortlaut ebenfalls zu entnehmen, dass Anknüpfungspunkt einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV allein die (jeweilige) "Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit" des Betroffenen ist. Der Gesetzeswortlaut in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI definiert die Reichweite einer Befreiung von der Versicherungspflicht damit nicht über die konkreten inhaltlichen Merkmale der ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, wie etwa Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflichen Status. Vielmehr werden in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI ausschließlich die Rechtsbegriffe der Beschäftigung und der selbstständigen Tätigkeit verwendet. "Beschäftigung" wiederum wird in § 7 Abs 1 S 1 SGB IV als "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" definiert und in Abs 1 S 2 der Regelung gekennzeichnet als Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines (konkreten) Weisungsgebers(vgl zur Arbeitgebereigenschaft näher zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17 f mwN; hierzu auch Dankelmann in jurisPK-SGB VI, 1. Aufl 2008, § 6 RdNr 151).

19

Bei der Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin handelt es sich vor diesem Hintergrund schon deshalb offensichtlich nicht um diejenige Beschäftigung iS von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI, die der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht durch den Bescheid der BfA vom 29.12.1997 zugrunde lag, weil es sich bei der Klägerin um einen anderen Arbeitgeber als das St. J. Krankenhaus handelt und ein anderes Arbeitsverhältnis und eine andere Beschäftigung im Raum steht.

20

(2) Die Maßgeblichkeit der alleinigen Anknüpfung an die konkrete Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI wird durch eine systematische Betrachtung der Befreiungsregelungen des SGB VI bestätigt.

21

So knüpft das Gesetz bei der Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für die - im Falle des Beigeladenen betroffenen - Angehörigen der freien verkammerten Berufe in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI an die wegen der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit bestehende Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung bei gleichzeitiger Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Kammer an. Dies steht zB im Gegensatz zur Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht für Lehrer oder Erzieher in § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI, worin kein solches qualifiziertes Befreiungserfordernis geregelt ist, sondern an eine bloße Berufsgruppenbezeichnung unabhängig vom dienstrechtlichen Status der Erwerbstätigkeit angeknüpft wird.

22

Darüber hinaus hat das Gesetz in der Sonderregelung des § 231 Abs 1 S 1 SGB VI festgelegt, dass Beschäftigte, die (unter Geltung des Vorgängerrechts im Angestelltenversicherungsgesetz) am 31.12.1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, lediglich in "derselben Beschäftigung" von der Versicherungspflicht in der GRV befreit bleiben. In dieser Bestandsschutzregelung kommt - übereinstimmend mit § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI - zum Ausdruck, dass der betroffene Personenkreis durch eine ausgesprochene Befreiung nur in Bezug auf die konkret ausgeübte Beschäftigung begünstigt bleiben soll, nicht aber für andere Erwerbstätigkeiten.

23

(3) Der Vergleich der vor 1992 maßgebenden mit der danach geltenden Rechtslage zeigt ebenfalls, dass der Gesetzgeber das Recht der Befreiung von der Versicherungspflicht durch das RRG 1992 (BGBl 1989 I 2261) umfassend neu ausgestaltet hat (hierzu bereits BSGE 83, 74, 77 f = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58 f). Zur Begründung der auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit begrenzten Reichweite der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI heißt es in den Gesetzesmaterialien, dass dies in Übereinstimmung mit den Grundsätzen zur Mehrfachbeschäftigung und mit § 5 Abs 1 SGB VI den sozialen Schutz der Betroffenen verbessern solle(Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zum Rentenreformgesetz 1992, BT-Drucks 11/4124 S 152). Im Übergangsrecht hat sich der Gesetzgeber zudem in § 231 Abs 1 S 1 SGB VI bewusst gegen eine einseitige Beachtung der Interessen der bereits von der Versicherungspflicht in der GRV befreiten Personen an der Aufrechterhaltung der Befreiung entschieden; mit der Regelung sollte vielmehr ein Ausgleich mit den gegenläufigen Interessen der Solidargemeinschaft herbeigeführt werden (Gesetzentwurf zum Rentenreformgesetz 1992, aaO, S 197 zu § 226).

24

bb) Die gegen die aufgezeigte Auslegung vorgebrachten Gesichtspunkte greifen nicht durch.

25

(1) Die von den Beteiligten in den Mittelpunkt ihres Vorbringens im Revisionsverfahren gerückte und vom LSG vertieft erörterte Frage, inwieweit es sich bei der Tätigkeit eines Pharmaberaters um eine "ärztliche Tätigkeit" handelt bzw handeln kann, ist für die vorliegend allein zu entscheidende Frage der Reichweite einer für eine konkrete Beschäftigung erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 S 1 SGB VI ohne Belang.

26

(2) Mit Rücksicht auf die Ausführungen unter aa) kann dem LSG auch nicht gefolgt werden, soweit es in Übereinstimmung mit einer in der Literatur (Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand VI/08, K § 6 RdNr 131; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 93; Klattenhoff, DAngVers 1996, 404, 410) vertretenen Auffassung angenommen hat, "Beschäftigung" iS von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI sei jede berufsgruppenspezifische Tätigkeit, für die die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB VI vorlägen. Diese Ansicht findet im Wortlaut des § 6 Abs 5 S 1 SGB VI jedenfalls dann, wenn es - wie im vorliegenden Fall - um eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für eine Beschäftigung geht, keine Stütze.

27

Diese Auffassung kann sich auch nicht auf das Urteil des seinerzeit zuständig gewesenen 1. Senats des BSG vom 18.9.1963 (1 RA 202/62 - BSGE 20, 37 = SozR Nr 3 zu § 7 AVG) stützen, weil die dortigen Ausführungen zur alten Rechtslage in § 7 Abs 2 AVG ergangen sind(hierzu bereits Urteil des Senats vom 30.4.1997 - 12 RK 34/96 - BSGE 80, 215, 219 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 14). Wie oben dargelegt, knüpft die vorliegend maßgebende Nachfolgeregelung des § 6 Abs 5 S 1 SGB VI demgegenüber allein an die Merkmale "Beschäftigung"(§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV)bzw "selbstständige Tätigkeit" an und zwar gerade nicht im Sinne eines bestimmten Berufsbildes oä (vgl oben 3. a) aa)).

28

Gegen die hier vorgenommene Auslegung spricht ebenso wenig das Urteil des 5. Senats des BSG vom 22.10.1998 (BSGE 83, 74, 81 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 62). Darin wird ausgeführt, dass die ältere Rechtsprechung des BSG in Fällen, in denen nach dem Ausscheiden aus der Pflichtmitgliedschaft noch eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit ausgeübt wurde, eine Fortdauer der Versicherungsbefreiung bei freiwilliger Weiterversicherung in der berufsständischen Versorgung angenommen hatte. Die Entscheidungsgründe des Urteils enthalten indessen keine Ausführungen dazu, ob und inwieweit auch unter der Geltung von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Merkmal "berufsgruppenspezifische Beschäftigung" maßgebend sein kann. Vielmehr beschränkt sich die Urteilsbegründung des 5. Senats auf die Feststellung, dass die Klägerin im dortigen Verfahren keine berufsgruppenspezifische Beschäftigung ausgeübt habe.

29

Im Übrigen könnte sich die og Auffassung auch nicht unter teleologischen Gesichtspunkten darauf stützen, in effektiver Weise zur Verwaltungsvereinfachung beizutragen, indem sie die Betroffenen davon entbinde, bei jedem Beschäftigungswechsel einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht zu stellen. Im Gegenteil würde gerade die Etablierung des Merkmals der berufsgruppenspezifischen Beschäftigung zu erheblichen Abgrenzungs- und Definitionsproblemen führen. Darüber hinaus würde es zu erheblichen Problemen bei der Beurteilung von Sachverhalten führen, in denen Versicherte bei einem Wechsel der Beschäftigung - in der irrigen Annahme, die neue Beschäftigung sei (ebenfalls) "berufsgruppenspezifisch" - keinen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht stellen und damit den Trägern der GRV keine zeitnahe Prüfung des (weiteren) Vorliegens der Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der neuen Beschäftigung ermöglichen. In diesen Fällen droht, dass die Rentenversicherungsträger - wie im vorliegenden Fall geschehen - uU erst Jahre nach dem Wechsel der Beschäftigung hiervon erfahren, in der neuen Beschäftigung aber wegen Wegfalls der Voraussetzungen für eine Befreiung Versicherungspflicht besteht und erhebliche Beiträge zur GRV nachzufordern sind.

30

cc) Rechtsfehlerfrei hat das LSG angenommen, dass keine Verpflichtung der Beklagten besteht, die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 S 2 SGB VI auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin zu erstrecken. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in den Fällen des § 6 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil es sich bei der im streitigen Zeitraum verrichteten Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht um eine von vornherein zeitlich begrenzte Beschäftigung gehandelt hat. Im Hinblick hierauf kann offenbleiben, ob die Erstreckung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI - ebenso wie die ursprüngliche Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 SGB VI - von einem vorherigen Antrag(§ 6 Abs 2 SGB VI) abhängig ist. Hierfür könnte sprechen, dass nach der Systematik des Befreiungsrechts ggf auch die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen muss.

31

b) Trotz der vorstehenden Ausführungen unter a) kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG gleichwohl nicht abschließend über das Vorliegen von Versicherungspflicht des Beigeladenen in seiner vom 1.5.2000 bis 31.12.2003 bei der Klägerin ausgeübten Beschäftigung entscheiden. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

32

Das LSG hätte dem Vortrag des Beigeladenen nachgehen müssen, dass er infolge einer telefonischen Auskunft der Beklagten davon abgehalten worden sei, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für die Beschäftigung bei der Klägerin zu beantragen bzw auf der formellen/schriftlichen Bescheidung eines schon telefonisch gestellten Befreiungsantrags zu bestehen. Sollte sich dieses Vorbringen als zutreffend herausstellen, könnten der Feststellung von Versicherungspflicht in der GRV in der noch streitigen Zeit ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bzw die Grundsätze von Treu und Glauben entgegenstehen.

33

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 12) verstößt es gegen Treu und Glauben, wenn ein Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht eines Betroffenen in der GRV feststellt, nachdem der Träger zuvor in einer Antwort auf die Frage des Betroffenen nach der Reichweite einer früheren Befreiung im Hinblick auf eine neu eingegangene Beschäftigung den Eindruck erzeugt hatte, auch insoweit trete wegen der schon erteilten früheren Befreiung keine Versicherungspflicht ein. An dieser Rechtsprechung - nach der es (anders als vom LSG zugrundegelegt) nicht darauf ankommt, ob Verlautbarungen des Rentenversicherungsträgers in Schriftform oder nur mündlich erfolgten - hält der Senat fest. In Betracht kommt darüber hinaus (alternativ) eine Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Danach kann ein Betroffener bei Betreuungspflichtverletzungen eines Sozialversicherungsträgers so zu behandeln sein, als hätte der angegangene Träger die ihm obliegenden Pflichten (vgl §§ 14, 15 SGB I)ordnungsgemäß erfüllt (vgl zB BSGE 65, 21, 26 = SozR 4100 § 137 Nr 12 S 16; BSGE 89, 50, 53 ff = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 6; Urteil des Senats vom 29.8.2012 - B 12 R 7/10 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2600 § 2 Nr 16 RdNr 28 vorgesehen). Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beigeladene falsch beraten und/oder durch eine falsche Auskunft der Beklagten von einer erneuten Antragstellung abgehalten wurde, hätte dies zur Folge, dass der Beigeladene so behandelt werden muss, als wäre ein seinerzeit gestellter Befreiungsantrag rechtmäßig beschieden worden.

34

bb) Entgegen den Erwägungen des LSG, die in den Ausführungen seiner Entscheidungsgründe anklingen, ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Beigeladene auf einen entsprechenden Antrag hin von der Beklagten von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für die von ihm ausgeübte Beschäftigung zu befreien gewesen wäre, wenn er wegen dieser Beschäftigung Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer war. Dies ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen. Dabei ist wegen § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a SGB VI auch zu prüfen, ob am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für die Berufsgruppe der die Beschäftigung zuzuordnen ist, bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat. Zwar bezieht sich das Wort "ihre" in Buchst a auf "Beschäftigte und selbstständig Tätige“ eingangs der Nr 1 des § 6 Abs 1 S 1 SGB VI, doch kommt es insoweit wegen der Anknüpfung der Befreiung an die konkret ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit, nicht auf die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten bzw Selbstständigen an. Maßgebend ist vielmehr die Klassifikation konkret der Tätigkeit, für die die Befreiung begehrt wird.

35

Die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des LSG schon deshalb nicht allein durch den Hinweis auf § 75 AMG verneint werden; denn aus der Verwendung des Begriffs Pharmaberater durch die Klägerin und den Beigeladenen folgt noch nicht, dass die konkreten Umstände der Beschäftigung tatsächlich der Legaldefinition des § 75 Abs 1 AMG entsprechen. Hinzu kommt, dass es sich bei dem in § 75 Abs 1 AMG verwendeten Begriff des Pharmaberaters anders als bei dem des in § 75 Abs 2 Nr 3 AMG genannten (geprüften) Pharmareferenten (vgl Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Pharmareferent/Geprüfte Pharmareferentin vom 26.6.2007, BGBl I 1192) nicht um eine geschützte Berufsbezeichnung, sondern um eine Tätigkeitsbeschreibung handelt (vgl zB Schickert in Kügel, AMG, 2012, § 75 RdNr 3 mwN).

36

cc) Das vom LSG darüber hinaus problematisierte Fehlen der von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI geforderten Bestätigung der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde steht einer Befreiung des Beigeladenen von der Versicherungspflicht in der GRV ebenfalls nicht von vornherein entgegen. Nach der gesetzlichen Konzeption geht die Bestätigung der letztlich bindenden Entscheidung des Rentenversicherungsträgers voraus (vgl Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 143, Stand Einzelkommentierung VI/08; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 73). Es ist jedoch kein Grund erkennbar, dass die Einholung einer ggf fehlenden Bestätigung gemäß § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI nicht auch noch im Rahmen eines Rechtsstreits über die Befreiung von der Versicherungspflicht nachgeholt werden könnte.

37

dd) Nach alledem muss das LSG die notwendigen Feststellungen zum Ablauf des vom Beigeladenen behaupteten Telefongesprächs und dessen Inhalt nachholen und sodann erneut über die Berufung des Beigeladenen entscheiden. Dabei wird das LSG insbesondere das vom Beigeladenen mit Schriftsatz vom 1.3.2010 vorgelegte Schreiben seiner (damaligen) Lebenspartnerin vom 25.1.2010 zu würdigen und ggf dem darin gemachten Beweisangebot ihrer Vernehmung als Zeugin nachzugehen haben. In dem vorgelegten Schreiben bestätigt diese, dass der Beigeladene im Juni/Juli 2000 von der BfA die telefonische Auskunft erhalten habe, eine (erneute) Befreiung sei weder nötig noch überhaupt möglich; im Hinblick auf diese Aussage habe der Beigeladene von einer weiteren Erkundigung oder einer schriftlichen Anfrage Abstand genommen.

38

4. Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten, wobei in Bezug auf die Kosten das Revisionsverfahren allein eine Anwendung des § 193 SGG und nicht diejenige nach § 197a SGG angezeigt ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass er Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren nicht zu entrichten hat.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer für eine Tätigkeit als Steuerberater erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).

2

Der 1977 geborene Kläger war als Steuerberater in einer Steuerberaterkanzlei beschäftigt. Auf seinen Antrag befreite ihn die beklagte Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund durch Bescheid vom 7.4.2005 von der Versicherungspflicht in der GRV ab 10.2.2005 hinsichtlich seiner Beschäftigung bzw Tätigkeit als Steuerberater aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und seiner Mitgliedschaft in der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung in der Bayerischen Versorgungskammer. Mit Schreiben vom 22.3.2006 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er zum 3.4.2006 als Referendar in den juristischen Vorbereitungsdienst eintreten und demzufolge seine Steuerberaterzulassung mit Ablauf des 31.3.2006 niederlegen werde. Die Bayerische Versorgungskammer informierte die Beklagte darüber, dass der Kläger bis 31.3.2006 kraft Gesetzes ihr Pflichtmitglied gewesen sei; die Mitgliedschaft werde ab 1.4.2006 freiwillig fortgesetzt. Die Beklagte hob daraufhin den früheren Befreiungsbescheid mit Bescheid vom 17.5.2006 auf, da der Kläger aus der Steuerberaterkammer ausgeschieden sei. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und beantragte die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 SGB VI über den 31.3.2006 hinaus. Er habe auf seine Zulassung als Steuerberater für die Dauer des Referendariats verzichten müssen; die bisher ausgeübte Tätigkeit in der Steuerberaterkanzlei werde als genehmigte Nebentätigkeit zum Referendariat auf 400-Euro-Basis fortgeführt; an die zuständige Versorgungskammer werde er den Grundbeitrag abführen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

3

Die dagegen erhobene Klage hat das SG durch Urteil vom 14.2.2008 abgewiesen, die Berufung hat das LSG durch Urteil vom 17.12.2009 zurückgewiesen: Bei der vom Kläger während der Referendarzeit ausgeübten Beschäftigung als Steuerberater habe es sich um die Beschäftigung gehandelt, für die die Beklagte ursprünglich die Befreiung von der Versicherungspflicht ausgesprochen habe. Es sei nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um eine "andere" versicherungspflichtige Tätigkeit iS von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI gehandelt habe. Mit dem Ausscheiden des Klägers aus der Steuerberaterkammer seien die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI entfallen. Über den zusätzlichen Antrag des Klägers auf Abführung der Rentenversicherungsbeiträge an die Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung sei nicht zu entscheiden, weil er erstmals nach Ablauf der Klagefrist geltend gemacht worden sei. Der Antrag setze zudem die Aufhebung der angefochtenen Bescheide voraus, dem schon nicht stattzugeben sei.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 62 SGG iVm Art 103 Abs 1 GG, § 75 Abs 2 SGG sowie von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI. Das LSG habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten, indem es seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, dass er während des Referendariats als Steuerberater weitergearbeitet habe. Tatsächlich habe es sich bei der Tätigkeit mit einem wöchentlichen Zeitdeputat von fünf Stunden um eine Hilfstätigkeit gehandelt, die eine Qualifikation als Steuerberater nicht voraussetzte. Die Abweisung des zweiten Klageantrags wegen Verfristung sei verfahrensfehlerhaft überraschend erfolgt. Die DRV Knappschaft-Bahn-See habe als zuständige Einzugsstelle beigeladen werden müssen. In der Sache erfülle die ab 1.4.2006 ausgeübte Beschäftigung die Voraussetzungen nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI, da sie befristet gewesen sei und die Vorschrift das weitere Vorliegen der Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 SGB VI nicht verlange.

5

Der Kläger beantragt,

        

die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2009 und des Sozialgerichts München vom 14. Februar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2006 aufzuheben und

        

1.    

festzustellen, dass die im Bescheid der Beklagten vom 7. April 2005 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch die ab dem 1. April 2006 ausgeübte Beschäftigung in einer Steuerberaterkanzlei erfasst,
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, die in ihrem Bescheid vom 7. April 2005 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch auf diese Beschäftigung zu erstrecken,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, die für ihn im Zeitraum vom 1. April 2006 bis 31. März 2008 an die Einzugsstelle abgeführten Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 1896 Euro zu seinen Gunsten an die Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung zu überführen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Sie verweist auf den Gesetzeswortlaut von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI, der ausdrücklich von einer "Erstreckung" der Befreiung von der Versicherungspflicht spreche. Demzufolge müssten die Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 SGB VI auch bei Ausübung einer Tätigkeit oder Beschäftigung iS von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI weiterhin vorliegen. Dafür gebe es entgegen der Ansicht des Klägers auch durchaus Anwendungsfälle.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist insgesamt unbegründet.

9

Die vorinstanzlichen Urteile lassen Rechtsfehler zu Lasten des Klägers nicht erkennen. Das LSG hat die Rechtmäßigkeit der durch die angegriffenen Bescheide der beklagten DRV erfolgten Aufhebung des ursprünglichen Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV zu Recht angenommen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht entfallen sind und daher die ursprüngliche Befreiung von der Versicherungspflicht die im streitigen Zeitraum vom 1.4.2006 bis 31.3.2008 ausgeübte Beschäftigung nicht umfasst. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG ferner entschieden, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV nicht auf die ab 1.4.2006 ausgeübte Beschäftigung "erstreckt". Schließlich hat es die Klage hinsichtlich des Begehrens auf Überführung der insoweit geleisteten Rentenversicherungsbeiträge an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung rechtsfehlerfrei abgewiesen.

10

1. Die Klage ist hinsichtlich der Frage der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht als Anfechtungs- und Feststellungsklage, der Hilfsantrag als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig (dazu a); hinsichtlich der Überführung der geleisteten Beiträge zur GRV an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung ist die Klage unzulässig (dazu b). Einer Beiladung der DRV Knappschaft-Bahn-See zum Rechtsstreit noch im Revisionsverfahren (vgl § 168 S 2 SGG) bedurfte es bei alledem nicht (dazu c).

11

a) Soweit sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2006 wendet, ist seine Klage als Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) verbunden mit einer Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG) bzw verbunden mit einer Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) zulässig. Eine isolierte Anfechtungsklage würde seinem Begehren nur unzureichend Rechnung tragen. Es ist nämlich nicht auf die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Aufhebung des ursprünglichen Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV beschränkt. Vielmehr macht der Kläger geltend, dass er auch in der im streitigen Zeitraum ausgeübten Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit bzw zu befreien sei.

12

Für das Hauptbegehren des Klägers ist die Feststellungsklage statthaft und zulässig, weil er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Bestehens und des Umfangs seiner Befreiung von der Versicherungspflicht hat. Für sein Hilfsbegehren ist die Verpflichtungsklage statthaft. Zwar legt der Wortlaut von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI nicht zwingend des Schluss nahe, dass über die Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht ein Verwaltungsakt zu ergehen hat, weil der darin verwendete Begriff der "Erstreckung" dahingehend verstanden werden könnte, dass es lediglich um eine unmittelbar aus dem Gesetz abzuleitende Definition der Reichweite der Befreiung von der Versicherungspflicht geht(so werden die Ausführungen in BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 interpretiert; vgl hierzu Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Einzelkommentierung 5/2008, K § 6 RdNr 136 mwN; Gürtner in Kasseler Komm, Stand Einzelkommentierung Oktober 2011, § 6 SGB VI RdNr 31). Hiergegen spricht jedoch, dass über die "Erstreckung" der Befreiung - ebenso wie über die ursprüngliche Befreiung selbst - vom Rentenversicherungsträger durch Verwaltungsakt entschieden werden muss (vgl hierzu Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Einzelkommentierung 5/2008, K § 6 RdNr 136). Ein solcher ist mit der Verpflichtungsklage zu erstreiten.

13

b) Hinsichtlich der vom Kläger begehrten Überführung der geleisteten Beiträge an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung hat das LSG die Klage insoweit zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger sein Begehren erstmalig im Klageverfahren geltend gemacht hat, damit nicht zuvor an die Beklagte herangetreten, keine entsprechende Verwaltungsentscheidung ergangen und auch kein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Klage insoweit auch nicht als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs 5 SGG zulässig, weil dies voraussetzen würde, dass ein entsprechender Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil der Kläger schon deshalb ein über die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Beiträge nach § 26 Abs 2 SGB IV hinaus gehendes Begehren verfolgt, weil er ausdrücklich eine unmittelbare Überführung der geleisteten Beiträge an die Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung beantragt hat. Darüber hinaus wäre eine Entscheidung der Beklagten auch deshalb erforderlich, weil ein Beitragserstattungsanspruch nach § 26 Abs 3 S 1 SGB IV nur demjenigen zusteht, der die Beiträge "getragen" hat. Da der Kläger auch eine Überführung des von seinem Arbeitgeber getragenen Beitragsanteils begehrt und sich insoweit auf eine entsprechende Abtretung beruft, wäre eine Entscheidung der Beklagten über deren Wirksamkeit erforderlich gewesen.

14

c) Einer abschließenden Sachentscheidung des Senats steht in prozessualer Hinsicht die unterbliebene Beiladung der DRV Knappschaft-Bahn-See nicht entgegen. Auf eine Beiladung im Revisionsverfahren kann nämlich verzichtet werden, wenn das Ergebnis des Rechtsstreits den Beizuladenden weder verfahrens- noch materiell-rechtlich benachteiligen kann (so zB BSGE 96, 190 = SozR 4-4300 § 421g Nr 1, RdNr 20 mwN; BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34). So verhält es sich hier. Da die Klage hinsichtlich der begehrten Überführung der Beiträge bereits unzulässig ist, ist eine Betroffenheit der DRV Knappschaft-Bahn-See unter keinem verfahrens- oder materiell-rechtlichen Aspekt denkbar.

15

2. Die Vorinstanzen haben in der Sache zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtmäßig sind (dazu a) und zutreffend angenommen, dass die ursprünglich ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV die im streitigen Zeitraum vom 1.4.2006 bis 31.3.2008 ausgeübte Beschäftigung nicht umfasst (dazu b), sowie - im Ergebnis - zutreffend eine Verpflichtung der Beklagten zur "Erstreckung" der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht auf die spätere Beschäftigung abgelehnt (dazu c).

16

a) Die Aufhebung des die Befreiung von der Versicherungspflicht regelnden ursprünglichen Verwaltungsakts vom 7.4.2005 durch die hier angefochtenen Bescheide der Beklagten ist rechtmäßig, weil in den Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

17

aa) Die Beklagte war grundsätzlich zur auf diese Regelung gestützten Aufhebung des ursprünglichen Bescheides berechtigt, weil das Recht des SGB VI insoweit keine Sonderregelung iS von § 37 S 1 SGB I enthält.

18

Zwar hat der 5. Senat des BSG entschieden, dass sich aus dem Tätigkeitsbezug der Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 5 und § 231 SGB VI eine von vornherein auf die jeweilige Tätigkeit oder Beschäftigung beschränkte Wirkung der Befreiung ergebe. In Bezug auf eine andere Beschäftigung werde der Befreiungsbescheid nicht rechtswidrig, sondern lediglich gegenstandslos (so BSGE 83, 74, 78 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 59). Ein solcher Befreiungsbescheid erledige sich auch nicht iS des § 39 Abs 2 SGB X auf andere Weise, da er bei der erneuten Aufnahme der ursprünglichen Beschäftigung Wirkungen entfalte und es insoweit keines neuen Befreiungsantrags bedürfe. Der - im vorliegenden Revisionsverfahren zuständige - 12. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen und ausgeführt, dass ein Befreiungsbescheid selbst bei Befreiungen, die vor dem 1.1.1992 nach § 7 Abs 2 Angestelltenversicherungsgesetz ausgesprochen worden sind, nicht aufgehoben werden muss, da die Versicherungspflicht in einer anderen Beschäftigung kraft Gesetzes eintritt(SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 10). Gegenstand dieser Rechtsprechung waren allerdings jeweils Sachverhalte, in denen über die Reichweite einer früher ausgesprochenen Befreiung von der Versicherungspflicht gestritten wurde, nicht aber ging es - wie vorliegend - um die Rechtmäßigkeit einer erfolgten ausdrücklichen Aufhebung eines Verwaltungsakts über die Befreiung von der Versicherungspflicht. Die zitierte Rechtsprechung schließt daher nicht aus, dass der Rentenversicherungsträger jedenfalls gleichwohl einen entsprechenden Verwaltungsakt über die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs 1 SGB X - quasi deklaratorisch - aufhebt.

19

bb) Eine von der Beklagten zugrunde gelegte Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse iS von § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist hier bereits deshalb anzunehmen, weil der Kläger mit Ablauf des 31.3.2006 nicht länger als Steuerberater tätig war. Mit der Niederlegung seiner Zulassung als Steuerberater und infolgedessen seinem Ausscheiden aus der Steuerberaterkammer mit Ablauf des 31.3.2006 entfiel die von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI idF des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) vorausgesetzte, kraft gesetzlicher Verpflichtung bestehende Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer. Der nachträgliche Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen führt regelmäßig zur Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs 1 S 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft(so für das Ausscheiden aus der Berufsgruppe, für die die Versorgungseinrichtung errichtet wurde, BSGE 80, 215, 217 und LS 1 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4; BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 1997-9733).

20

cc) Die Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist auch "wesentlich" iS von § 48 Abs 1 S 1 SGB X, da sie zum Wegfall einer Voraussetzung für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führt und ein Fortbestand des Befreiungsstatus nicht in Betracht kommt. Bereits die Aufgabe der Tätigkeit als (zugelassener) Steuerberater ist als "wesentliche" Änderung zu qualifizieren, da § 6 Abs 5 S 1 SGB VI die Befreiung von der Versicherungspflicht auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt(vgl bereits BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 mwN; BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 ff; s hierzu nunmehr auch näher Senatsurteile vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R und B 12 R 5/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht konnte daher weder die in der Steuerberaterkanzlei ab 1.4.2006 verrichtete Beschäftigung umfassen (dazu b) noch kommt eine "Erstreckung" der Befreiung auf diese Beschäftigung in Betracht (dazu c).

21

dd) Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 17.5.2006 ist im Übrigen nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte den Kläger nicht gemäß § 24 Abs 1 SGB X vor Erlass des Bescheids angehört hatte. Die Anhörung holte die Beklagte im Widerspruchsverfahren nach, wodurch Heilung eintrat (§ 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB X).

22

b) Rechtsfehlerfrei haben die Vorinstanzen entschieden, dass der Kläger in seiner im streitigen Zeitraum ausgeübten Beschäftigung, hinsichtlich derer der Kläger nach den Feststellungen des LSG auf die Versicherungsfreiheit wegen geringfügiger Beschäftigung (vgl § 5 Abs 2 S 2 SGB VI idF vom 23.12.2002, BGBl I 4621) verzichtete, nicht von der Versicherungspflicht in der GRV befreit war. Die insoweit ausgeübte Beschäftigung führte auch nicht zu einer Pflichtmitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und erfüllte daher nicht die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI. Schließlich umfasste die für die frühere Tätigkeit als Steuerberater ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht nicht die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung, da der Verwaltungsakt über die Befreiung von der Versicherungspflicht zu Recht von der Beklagten mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wurde.

23

c) Im Ergebnis zu Recht hat das LSG die vom Kläger hilfsweise begehrte Verpflichtung der Beklagten abgelehnt, die ursprüngliche Befreiung von der Versicherungspflicht auch auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung als andere versicherungspflichtige Tätigkeit nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI zu "erstrecken".

24

aa) Der Auffassung des LSG, die Anwendung von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung mit der zuvor verrichteten Tätigkeit als Steuerberater identisch gewesen sei und daher keine andere versicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne der Vorschrift vorgelegen habe, ist allerdings nicht zu folgen. Zwar führte der Kläger noch im Widerspruchsverfahren aus, dass er seine bisher ausgeübte Tätigkeit in der Steuerberaterkanzlei J. K., auf die sich die bisherige Befreiung nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI bezog, als genehmigte Tätigkeit zum Referendariat auf "400 Euro-Basis" fortführe. Eine "Identität" der früheren Tätigkeit als Steuerberater mit der ab 1.4.2006 ausgeübten Beschäftigung kann aber schon deshalb nicht vorliegen, weil der Kläger nach eigenen Angaben mit Ablauf des 31.3.2006 seine Zulassung als Steuerberater niedergelegt hatte; nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) war er aus der Steuerberaterkammer ausgeschieden und durfte daher nicht länger als Steuerberater tätig sein (vgl § 32 Abs 2, § 40 Abs 1 S 1, § 46 Abs 2 Steuerberatungsgesetz).

25

bb) Im Ergebnis zutreffend hat das LSG eine Verpflichtung der Beklagten zur "Erstreckung" der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI abgelehnt. Es kann offenbleiben, ob die Erstreckung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI - ebenso wie die ursprüngliche Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 SGB VI - von einem vorherigen Antrag(§ 6 Abs 2 SGB VI) abhängig ist. Hierfür könnte sprechen, dass nach der Systematik des Befreiungsrechts ggf auch die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen muss. Jedenfalls verlangt die Anwendung der Vorschrift ua das ununterbrochene Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach § 6 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB VI (= Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer). Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift, ihrer systematischen Stellung und ihrem Sinn und Zweck.

26

(1) Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 5 S 2 SGB VI "erstreckt" sich die Befreiung in den Fällen des Abs 1 Nr 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die danach vorgesehene "Erstreckung" der Befreiung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit kommt nur in Betracht, wenn der zur ursprünglichen Befreiung führende Sachverhalt (= Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer) auch weiterhin vorliegt; denn nach dem Wortsinn kann nur ein überhaupt noch bestehender Befreiungsstatus auf eine andere Tätigkeit erstreckt werden.

27

(2) Die systematische Stellung der Vorschrift im Anschluss an die gesetzliche Definition des auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkten Bezugspunkts der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI verdeutlicht im Zusammenhang mit der in ihr genannten Tatbestandsvoraussetzung einer zeitlich begrenzten anderen Tätigkeit, dass die Vorschrift lediglich eine Regelung enthält, die sich auf eine andere vorübergehende selbstständige Tätigkeit bzw Beschäftigung bezieht, und daher keinen von den grundlegenden Voraussetzungen in § 6 Abs 1 S 1 SGB VI losgelösten eigenständigen Befreiungstatbestand darstellt. Da im vorliegenden Fall diese frühere Tätigkeit unterbrochen wurde, braucht der Senat die in der sozialrechtlichen Literatur umstrittene Frage der Anwendbarkeit von § 6 Abs 5 S 2 SGB VI auf eine andere Tätigkeit, die neben einer zur Befreiung von der Versicherungspflicht führenden Tätigkeit ausgeübt wird, nicht zu entscheiden(verneinend: Boecken in GK-SGB VI, Stand Januar 2007, § 6 RdNr 182; bejahend: Voelzke in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts - Rentenversicherungsrecht, 1999, § 17 RdNr 74; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Einzelkommentierung VI/08 Lfg 5/08, K § 6 RdNr 133; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 96).

28

(3) Diese Auslegung wird auch durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Zum Zweck der Vorschrift wird im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) angeführt, sie solle sicherstellen, dass eine vorübergehende berufsfremde Tätigkeit nicht zu einem Wechsel des Alterssicherungssystems führt. Die Regelung solle insbesondere für die Zeit des Wehrdienstes gelten (Gesetzentwurf, aaO, BT-Drucks 11/4124 S 152 zu § 6 Abs 5). Diese Begründung knüpft ebenfalls allein an den vorübergehenden Tätigkeitswechsel an (vgl Boecken, aaO). Sie beinhaltet keine Aussage dahin, dass das Ziel der Vermeidung eines Wechsels des Alterssicherungssystem auch dann eine Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht legitimieren soll, wenn die grundlegenden Befreiungsvoraussetzungen - insbesondere die Pflichtmitgliedschaften in der berufsständischen Versorgungseinrichtung und in der berufsständischen Kammer - nicht bzw nicht mehr vorliegen.

29

(4) Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 6 Abs 5 S 2 SGB VI bei der aufgezeigten Auslegung nicht etwa ohne Anwendungsbereich. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf eine Konstellation hingewiesen, die sich aus dem Berufsrecht der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ergeben kann: Die dortige Regelung der Untersagung der Ausübung des Berufs als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt in § 47 Abs 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) hat einen weitergehenden Anwendungsbereich als die entsprechende Regelung im Recht der Steuerberaterinnen und Steuerberater in § 59 S 1 StBerG und erfasst ua Verwendungen als Richter oder Beamte, ohne auf Lebenszeit ernannt zu sein. Im Anwendungsbereich des § 47 Abs 1 BRAO behält der Rechtsanwalt aber seine Zulassung und ist ua verpflichtet, den Kammerbeitrag zu zahlen(vgl Kilian in Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl 2010, § 47 RdNr 3, 12 mwN). Eine derart weitgehende zulassungserhaltende Untersagung der Berufsausübung ist dem Berufsrecht der Steuerberater fremd. § 59 S 1 StBerG sieht ein Verbot der Berufsausübung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter grundsätzlich nur in den Fällen vor, in denen ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis als Wahlbeamter auf Zeit oder ein öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis eingegangen ist. Im Übrigen gilt hinsichtlich der Inkompatibilität mit anderen Tätigkeiten die Grundnorm in § 57 StBerG. Ein weiterer Anwendungsfall des § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI ist etwa bei einem Privatschullehrer denkbar, der vorübergehend, zB zu Fortbildungszwecken, an eine staatliche Schule abgeordnet wird, seine Bezüge aber weiterhin von einer Privatschule erhält(vgl KomGRV, Stand September 2011, § 6 RdNr 11).

30

3. Die gewonnene Auslegung verletzt im Übrigen keine Grundrechte des Klägers. Von Verfassungswegen besteht kein Wahlrecht, das es ermöglichen würde, im Laufe eines Berufslebens die jeweils günstigste Versorgungsmöglichkeit zu wählen oder an ihr festzuhalten und die Anwendung aller anderen Versicherungspflichttatbestände auszuschließen (BVerfG Kammerbeschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 1776/97 - SozR 4-2600 § 6 Nr 1 RdNr 11). Demzufolge hat es das BVerfG (ebenda) - unter Bestätigung der Rechtsprechung des Senats (BSGE 80, 215 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4) - als mit dem GG vereinbar angesehen, dass die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wegen der Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk endet, wenn der Betroffene der Berufsgruppe nicht mehr angehört, für die das Versorgungswerk errichtet wurde. Daran ist festzuhalten.

31

4. Auch die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängel führen schließlich zu keinem ihm günstigen Ergebnis.

32

Die Feststellung des LSG, wonach der Kläger sein bisheriges Beschäftigungsverhältnis als Steuerberater im streitigen Zeitraum fortgeführt habe, ist zwar unzutreffend, wirkt sich auf das Ergebnis des Rechtsstreits nicht aus, weil das LSG ebenfalls - im Revisionsverfahren unbeanstandet - festgestellt hat, dass der Kläger seine Zulassung zum Steuerberater zum 31.3.2006 niederlegte. Diese Feststellung hat das LSG - wie dargelegt - zu Recht seinem Urteil zugrunde gelegt und entschieden, dass damit die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI entfielen.

33

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hat die demgegenüber vom LSG getroffene, auf § 192 SGG gestützte Kostenentscheidung geändert(vgl allgemein zur entsprechenden Befugnis des Rechtsmittelgerichts Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 193 RdNr 2a mwN), weil hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen der qualifizierten tatbestandlichen Voraussetzungen des § 192 Abs 1 S 1 SGG, insbesondere diejenigen der Nr 2 (Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung) nicht ersichtlich sind.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Die Revision des Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. März 2011 wird zurückgewiesen, soweit es die ihn betreffende, von der Beklagten gegenüber der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2003 geltend gemachte Beitragsforderung anbelangt.

Im Übrigen wird auf die Revision des Beigeladenen das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) sowie eine daran anknüpfende Beitragsforderung.

2

Der 1967 geborene Beigeladene ist approbierter Arzt. Auf seinen Antrag vom 11.10.1997 wurde er mit Blick auf sein Beschäftigungsverhältnis als Arzt im Praktikum bei dem St. J. Krankenhaus Bonn und seine Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung ab 1.10.1997 von der Versicherungspflicht in der GRV befreit (Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 29.12.1997). Der Beigeladene ist seit 1.4.1998 bei der Klägerin - einem Unternehmen der pharmazeutischen Industrie - beschäftigt. Vom 1.12.1999 bis 30.4.2000 war er dort als "Medical Manager Dermatologie/Rheumatologie" im Innendienst tätig und wurde danach im Außendienst als Pharmaberater eingesetzt. Nach den Feststellungen des LSG führte er dabei ua Patientengespräche und hielt medizinisch-wissenschaftliche Vorträge. Darüber hinaus bearbeitete er Anfragen zu Medikamenten, die er während seiner vorangegangenen Tätigkeit betreut hatte.

3

Aufgrund einer im Oktober 2004 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung für den Zeitraum 1.12.1999 bis 31.12.2003 stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund ua hinsichtlich des Beigeladenen für den gesamten Prüfzeitraum Versicherungspflicht in der GRV fest und forderte von der Klägerin Beiträge in Höhe von 43 435,05 Euro (Bescheid vom 1.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 1.3.2006).

4

Auf die hiergegen gerichtete Klage hat die Beklagte ua bezüglich des Beigeladenen ein Teilanerkenntnis abgegeben und die Beitragsnachforderung für den Zeitraum 1.12.1999 bis 30.4.2000 nicht mehr geltend gemacht. Das SG hat die darüber hinausgehende Klage durch Urteil vom 25.8.2009 abgewiesen.

5

Dagegen haben die Klägerin und der Beigeladene Berufung eingelegt. Mit Bescheid vom 28.10.2009 hat die Beklagte ihr Teilanerkenntnis ausgeführt und für den Beigeladenen nur noch Beiträge für die Zeit 1.5.2000 bis 31.12.2003 in Höhe von 39 232,50 Euro gefordert. Das LSG hat die Berufungen zurückgewiesen: Der Beigeladene sei in der im streitigen Zeitraum ausgeübten Tätigkeit nicht gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit gewesen. Die ihm früher erteilte Befreiung von Versicherungspflicht in der GRV wirke nach § 6 Abs 5 S 1 SGB VI nur für berufsgruppenspezifische Tätigkeiten, bei denen die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB VI vorlägen. Wenn eine berufsständische Versorgungseinrichtung eine Pflichtmitgliedschaft annehme, binde dies weder Verwaltung noch Gerichte. Eine Bindungswirkung könne allenfalls einer Bestätigung der für die berufsständischen Versorgungseinrichtung zuständigen Verwaltungsbehörde nach § 6 Abs 3 SGB VI zukommen. Bei der streitigen vom Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit handele es sich nicht um eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit, weil es sich nicht um eine Beschäftigung als Arzt gehandelt habe. Wie sich hinsichtlich der Tätigkeit als Pharmaberater auch aus § 75 Abs 1 S 1 Arzneimittelgesetz (AMG) ergebe, sei für diese Tätigkeit die Ausbildung als Arzt eine zwar hinreichende, nicht aber notwendige Voraussetzung. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Kammer sei im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang ohne Belang. Eine nach dem Vortrag des Beigeladenen erfolgte telefonische Auskunft der Beklagten über seine in der streitigen Beschäftigung fortbestehende Versicherungsfreiheit sei irrelevant, weil rechtlich verbindlich allenfalls eine - hier fehlende - schriftliche Bestätigung sein könnte. Die vielfältigen Beweisanträge des Beigeladenen seien mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen (Urteil vom 1.3.2011).

6

Hiergegen wendet sich der Beigeladene mit seiner Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 6 Abs 5 S 1 und Abs 1 S 1 SGB VI sowie von § 103 SGG. Das LSG überspanne die Anforderungen an das Vorliegen einer zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV führenden berufsspezifischen Tätigkeit. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liege eine ärztliche Tätigkeit auch dann vor, wenn der Betroffene im administrativen und organisatorischen Bereich tätig sei und in seinem nicht völlig berufsfremden Einsatzgebiet von seinen erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten profitieren könne. § 75 AMG habe nicht die Aufgabe, zu definieren, wann Ärzte berufsuntypische Tätigkeiten ausübten, sondern regele lediglich einen Mindeststandard für die Ausübung der Tätigkeit als Pharmaberater. Die vom LSG vorgenommene Auslegung des Merkmals "berufsspezifische Tätigkeit" im Sinne von "berufsgruppenspezifische Tätigkeit" dürfe nicht dazu führen, dass Merkmale der konkret verrichteten Tätigkeit unberücksichtigt blieben. Die Klägerin habe ihn (den Beigeladenen) bewusst als Arzt eingestellt. Nur durch sein Studium sei er in der Lage gewesen, Brustkrebsstudien durchzuführen, was er auch tatsächlich als Pharmaberater getan habe. Das gleiche gelte für die von ihm durchgeführte Schulung ärztlichen Personals. Soweit das LSG das Fehlen einer Bestätigung nach § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI problematisiere, habe es selbst zu ermitteln gehabt, ob es eine solche Bestätigung gebe. Er (der Beigeladene) nehme für sich zudem Vertrauensschutz in Anspruch, weil ihm anlässlich eines Telefonats mit einem Mitarbeiter der BfA im Juni/Juli 2000 mitgeteilt worden sei, eine (erneute) Befreiung von der Versicherungspflicht sei weder nötig noch möglich. Dies decke sich inhaltlich mit schriftlichen Auskünften, die Arbeitskolleginnen und -kollegen erhalten hätten. Dem habe das LSG nachgehen müssen.

7

Der Beigeladene beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 1. März 2011 und des Sozialgerichts Freiburg vom 25. August 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Fassung des Bescheides vom 2. Januar 2006, des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2006 und des Bescheides vom 28. Oktober 2009 aufzuheben,

        

1.    

soweit es die ihn (den Beigeladenen) betreffende für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2003 geltend gemachte Beitragsforderung anbelangt,

        

2.    

soweit es die Feststellung seiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in diesem Zeitraum betrifft.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt im Wesentlichen die inhaltlichen Ausführungen des LSG-Urteils. Da die Tätigkeit eines Pharmaberaters gemäß § 75 AMG auch Personen mit anderem Ausbildungshintergrund offen stehe, handele es sich hierbei nicht um eine - wie erforderlich - berufsgruppenspezifische Beschäftigung von Ärzten. Ein besonderer Vertrauensschutz sei bei dem Beigeladenen nicht anzuerkennen. Ob, wann und mit welchem Inhalt das von ihm angeblich im Juni/Juli 2000 geführte Telefonat erfolgt sei, sei nicht nachgewiesen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben komme ohnehin nur bei Vorlage einer - hier fehlenden - schriftlichen Äußerung des Rentenversicherungsträgers in Betracht.

10

Die Klägerin schließt sich dem Antrag des Beigeladenen an, soweit es den Klagepunkt 1. betrifft.

Entscheidungsgründe

11

Die insgesamt zulässige Revision des Beigeladenen (= Beschäftigter) ist hinsichtlich der Beitragsforderung der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund unbegründet. Hinsichtlich der darüber hinaus ebenfalls angefochtenen Feststellung der Versicherungspflicht in der GRV ist seine Revision im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung erfolgreich.

12

1. Da die Klägerin keine Revision eingelegt hat, sondern sich lediglich dem Antrag des Beigeladenen hinsichtlich der geltend gemachten Beitragsforderung angeschlossen hat, ist Gegenstand des Revisionsverfahrens in Bezug auf diesen Punkt (nur noch) das Begehren des Beigeladenen, die gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheide der Beklagten aufzuheben, soweit darin für den noch streitigen Zeitraum vom 1.5.2000 bis 31.12.2003 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin Pflichtbeiträge zur GRV in Höhe von (noch) 39 232,50 Euro gefordert werden. Entgegen den vom LSG aufgenommenen Anträgen der Beteiligten erschöpft sich der Rechtsstreit allerdings nicht allein in der Anfechtung entsprechender Beitragsbescheide der Beklagten, sondern umfasst auch und gerade die den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegende Feststellung von Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GRV. Über die Frage der Versicherungspflicht hat die Beklagte mitentschieden; hierzu hat das LSG auf Seite 19 der Entscheidungsgründe ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene in der streitigen Zeit bei der Klägerin kraft Gesetzes der Versicherungspflicht in der GRV unterlegen habe.

13

2. Hinsichtlich der von der Beklagten geltend gemachten Beitragsforderung ist die Revision des Beigeladenen unbegründet, weil ihm insoweit für eine Anfechtung der Bescheide der Beklagten die erforderliche Klagebefugnis bzw ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die durch die angefochtenen Bescheide geltend gemachte Beitragsforderung richtet sich ausschließlich an die Klägerin als Arbeitgeberin (§ 28e Abs 1 S 1 SGB IV), sodass die Anfechtungsklage des Beigeladenen insoweit unzulässig ist. Ein Rückgriff der Klägerin als Arbeitgeberin auf den Beigeladenen - und damit eine eigene Belastung durch den Beitragsbescheid - wäre lediglich in den engen Grenzen des § 28g S 3 SGB IV möglich. Danach darf ein unterbliebener Abzug aber nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist (vgl zu den - strengen - Arbeitgeberpflichten insoweit zB BSGE 48, 195 = SozR 2200 § 394 Nr 1; Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 28g RdNr 23 unter Hinweis auf BT-Drucks 11/2221 S 24; Wehrhahn in Kasseler Komm, § 28g SGB IV RdNr 12 mwN, Stand Einzelkommentierung Juni 2012). Die Beteiligten haben diesbezüglich weder vorgetragen, dass die Klägerin einen Rückgriff dem Beigeladenen gegenüber in Aussicht gestellt hat, noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Voraussetzungen für einen derartigen Rückgriff erfüllt sein könnten.

14

3. Die Revision des Beigeladenen ist in Bezug auf seine Versicherungspflicht in der GRV im (noch) streitigen Zeitraum 1.5.2000 bis 31.12.2003 im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Ob die diese Versicherungspflicht feststellenden Bescheide der Beklagten Bestand haben können, lässt sich vom Senat anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Zwar hat das LSG im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die in diesem Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht von der durch Bescheid vom 29.12.1997 erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht umfasst ist (dazu a). Es hätte jedoch dem Vortrag des Beigeladenen nachgehen müssen, er sei infolge einer telefonischen Auskunft der Beklagten davon abgehalten worden, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für seine Beschäftigung bei der Klägerin zu beantragen bzw auf der formellen Bescheidung eines schon telefonisch gestellten Befreiungsantrags zu bestehen (dazu b).

15

a) Die Annahme des LSG, dass die Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GRV wegen seiner Beschäftigung bei der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht aufgrund seiner Befreiung von der Versicherungspflicht durch Bescheid vom 29.12.1997 ausgeschlossen ist, ist im Ergebnis zutreffend. Weder ist die Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin von der früher erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht umfasst (dazu aa), noch ist die frühere Befreiung hierauf zu erstrecken (dazu bb).

16

aa) Gemäß § 6 Abs 5 S 1 SGB VI(in seiner unverändert gebliebenen Ursprungsfassung vom 18.12.1989, BGBl I 2261) ist die Befreiung auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt.

17

(1) Bereits aus dem klaren Wortlaut der Regelung ergibt sich damit zweifelsfrei, dass mit einer Befreiungsentscheidung keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die "jeweilig" ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen in Betracht kommt, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen (vgl hierzu schon BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58 mwN; BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 f; Boecken, ArztR 10/1991, II, VII; ders in GK-SGB VI, § 6 RdNr 177, Stand Einzelkommentierung Januar 2007; Voelzke in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3, Rentenversicherungsrecht, 1999, § 17 RdNr 72 f).

18

Darüber hinaus ist dem Wortlaut ebenfalls zu entnehmen, dass Anknüpfungspunkt einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV allein die (jeweilige) "Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit" des Betroffenen ist. Der Gesetzeswortlaut in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI definiert die Reichweite einer Befreiung von der Versicherungspflicht damit nicht über die konkreten inhaltlichen Merkmale der ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, wie etwa Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflichen Status. Vielmehr werden in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI ausschließlich die Rechtsbegriffe der Beschäftigung und der selbstständigen Tätigkeit verwendet. "Beschäftigung" wiederum wird in § 7 Abs 1 S 1 SGB IV als "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" definiert und in Abs 1 S 2 der Regelung gekennzeichnet als Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines (konkreten) Weisungsgebers(vgl zur Arbeitgebereigenschaft näher zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17 f mwN; hierzu auch Dankelmann in jurisPK-SGB VI, 1. Aufl 2008, § 6 RdNr 151).

19

Bei der Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin handelt es sich vor diesem Hintergrund schon deshalb offensichtlich nicht um diejenige Beschäftigung iS von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI, die der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht durch den Bescheid der BfA vom 29.12.1997 zugrunde lag, weil es sich bei der Klägerin um einen anderen Arbeitgeber als das St. J. Krankenhaus handelt und ein anderes Arbeitsverhältnis und eine andere Beschäftigung im Raum steht.

20

(2) Die Maßgeblichkeit der alleinigen Anknüpfung an die konkrete Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI wird durch eine systematische Betrachtung der Befreiungsregelungen des SGB VI bestätigt.

21

So knüpft das Gesetz bei der Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für die - im Falle des Beigeladenen betroffenen - Angehörigen der freien verkammerten Berufe in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI an die wegen der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit bestehende Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung bei gleichzeitiger Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Kammer an. Dies steht zB im Gegensatz zur Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht für Lehrer oder Erzieher in § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI, worin kein solches qualifiziertes Befreiungserfordernis geregelt ist, sondern an eine bloße Berufsgruppenbezeichnung unabhängig vom dienstrechtlichen Status der Erwerbstätigkeit angeknüpft wird.

22

Darüber hinaus hat das Gesetz in der Sonderregelung des § 231 Abs 1 S 1 SGB VI festgelegt, dass Beschäftigte, die (unter Geltung des Vorgängerrechts im Angestelltenversicherungsgesetz) am 31.12.1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, lediglich in "derselben Beschäftigung" von der Versicherungspflicht in der GRV befreit bleiben. In dieser Bestandsschutzregelung kommt - übereinstimmend mit § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI - zum Ausdruck, dass der betroffene Personenkreis durch eine ausgesprochene Befreiung nur in Bezug auf die konkret ausgeübte Beschäftigung begünstigt bleiben soll, nicht aber für andere Erwerbstätigkeiten.

23

(3) Der Vergleich der vor 1992 maßgebenden mit der danach geltenden Rechtslage zeigt ebenfalls, dass der Gesetzgeber das Recht der Befreiung von der Versicherungspflicht durch das RRG 1992 (BGBl 1989 I 2261) umfassend neu ausgestaltet hat (hierzu bereits BSGE 83, 74, 77 f = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58 f). Zur Begründung der auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit begrenzten Reichweite der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI heißt es in den Gesetzesmaterialien, dass dies in Übereinstimmung mit den Grundsätzen zur Mehrfachbeschäftigung und mit § 5 Abs 1 SGB VI den sozialen Schutz der Betroffenen verbessern solle(Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zum Rentenreformgesetz 1992, BT-Drucks 11/4124 S 152). Im Übergangsrecht hat sich der Gesetzgeber zudem in § 231 Abs 1 S 1 SGB VI bewusst gegen eine einseitige Beachtung der Interessen der bereits von der Versicherungspflicht in der GRV befreiten Personen an der Aufrechterhaltung der Befreiung entschieden; mit der Regelung sollte vielmehr ein Ausgleich mit den gegenläufigen Interessen der Solidargemeinschaft herbeigeführt werden (Gesetzentwurf zum Rentenreformgesetz 1992, aaO, S 197 zu § 226).

24

bb) Die gegen die aufgezeigte Auslegung vorgebrachten Gesichtspunkte greifen nicht durch.

25

(1) Die von den Beteiligten in den Mittelpunkt ihres Vorbringens im Revisionsverfahren gerückte und vom LSG vertieft erörterte Frage, inwieweit es sich bei der Tätigkeit eines Pharmaberaters um eine "ärztliche Tätigkeit" handelt bzw handeln kann, ist für die vorliegend allein zu entscheidende Frage der Reichweite einer für eine konkrete Beschäftigung erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 S 1 SGB VI ohne Belang.

26

(2) Mit Rücksicht auf die Ausführungen unter aa) kann dem LSG auch nicht gefolgt werden, soweit es in Übereinstimmung mit einer in der Literatur (Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand VI/08, K § 6 RdNr 131; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 93; Klattenhoff, DAngVers 1996, 404, 410) vertretenen Auffassung angenommen hat, "Beschäftigung" iS von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI sei jede berufsgruppenspezifische Tätigkeit, für die die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB VI vorlägen. Diese Ansicht findet im Wortlaut des § 6 Abs 5 S 1 SGB VI jedenfalls dann, wenn es - wie im vorliegenden Fall - um eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für eine Beschäftigung geht, keine Stütze.

27

Diese Auffassung kann sich auch nicht auf das Urteil des seinerzeit zuständig gewesenen 1. Senats des BSG vom 18.9.1963 (1 RA 202/62 - BSGE 20, 37 = SozR Nr 3 zu § 7 AVG) stützen, weil die dortigen Ausführungen zur alten Rechtslage in § 7 Abs 2 AVG ergangen sind(hierzu bereits Urteil des Senats vom 30.4.1997 - 12 RK 34/96 - BSGE 80, 215, 219 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 14). Wie oben dargelegt, knüpft die vorliegend maßgebende Nachfolgeregelung des § 6 Abs 5 S 1 SGB VI demgegenüber allein an die Merkmale "Beschäftigung"(§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV)bzw "selbstständige Tätigkeit" an und zwar gerade nicht im Sinne eines bestimmten Berufsbildes oä (vgl oben 3. a) aa)).

28

Gegen die hier vorgenommene Auslegung spricht ebenso wenig das Urteil des 5. Senats des BSG vom 22.10.1998 (BSGE 83, 74, 81 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 62). Darin wird ausgeführt, dass die ältere Rechtsprechung des BSG in Fällen, in denen nach dem Ausscheiden aus der Pflichtmitgliedschaft noch eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit ausgeübt wurde, eine Fortdauer der Versicherungsbefreiung bei freiwilliger Weiterversicherung in der berufsständischen Versorgung angenommen hatte. Die Entscheidungsgründe des Urteils enthalten indessen keine Ausführungen dazu, ob und inwieweit auch unter der Geltung von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Merkmal "berufsgruppenspezifische Beschäftigung" maßgebend sein kann. Vielmehr beschränkt sich die Urteilsbegründung des 5. Senats auf die Feststellung, dass die Klägerin im dortigen Verfahren keine berufsgruppenspezifische Beschäftigung ausgeübt habe.

29

Im Übrigen könnte sich die og Auffassung auch nicht unter teleologischen Gesichtspunkten darauf stützen, in effektiver Weise zur Verwaltungsvereinfachung beizutragen, indem sie die Betroffenen davon entbinde, bei jedem Beschäftigungswechsel einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht zu stellen. Im Gegenteil würde gerade die Etablierung des Merkmals der berufsgruppenspezifischen Beschäftigung zu erheblichen Abgrenzungs- und Definitionsproblemen führen. Darüber hinaus würde es zu erheblichen Problemen bei der Beurteilung von Sachverhalten führen, in denen Versicherte bei einem Wechsel der Beschäftigung - in der irrigen Annahme, die neue Beschäftigung sei (ebenfalls) "berufsgruppenspezifisch" - keinen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht stellen und damit den Trägern der GRV keine zeitnahe Prüfung des (weiteren) Vorliegens der Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der neuen Beschäftigung ermöglichen. In diesen Fällen droht, dass die Rentenversicherungsträger - wie im vorliegenden Fall geschehen - uU erst Jahre nach dem Wechsel der Beschäftigung hiervon erfahren, in der neuen Beschäftigung aber wegen Wegfalls der Voraussetzungen für eine Befreiung Versicherungspflicht besteht und erhebliche Beiträge zur GRV nachzufordern sind.

30

cc) Rechtsfehlerfrei hat das LSG angenommen, dass keine Verpflichtung der Beklagten besteht, die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 S 2 SGB VI auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin zu erstrecken. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in den Fällen des § 6 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil es sich bei der im streitigen Zeitraum verrichteten Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht um eine von vornherein zeitlich begrenzte Beschäftigung gehandelt hat. Im Hinblick hierauf kann offenbleiben, ob die Erstreckung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI - ebenso wie die ursprüngliche Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 SGB VI - von einem vorherigen Antrag(§ 6 Abs 2 SGB VI) abhängig ist. Hierfür könnte sprechen, dass nach der Systematik des Befreiungsrechts ggf auch die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen muss.

31

b) Trotz der vorstehenden Ausführungen unter a) kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG gleichwohl nicht abschließend über das Vorliegen von Versicherungspflicht des Beigeladenen in seiner vom 1.5.2000 bis 31.12.2003 bei der Klägerin ausgeübten Beschäftigung entscheiden. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

32

Das LSG hätte dem Vortrag des Beigeladenen nachgehen müssen, dass er infolge einer telefonischen Auskunft der Beklagten davon abgehalten worden sei, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für die Beschäftigung bei der Klägerin zu beantragen bzw auf der formellen/schriftlichen Bescheidung eines schon telefonisch gestellten Befreiungsantrags zu bestehen. Sollte sich dieses Vorbringen als zutreffend herausstellen, könnten der Feststellung von Versicherungspflicht in der GRV in der noch streitigen Zeit ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bzw die Grundsätze von Treu und Glauben entgegenstehen.

33

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 12) verstößt es gegen Treu und Glauben, wenn ein Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht eines Betroffenen in der GRV feststellt, nachdem der Träger zuvor in einer Antwort auf die Frage des Betroffenen nach der Reichweite einer früheren Befreiung im Hinblick auf eine neu eingegangene Beschäftigung den Eindruck erzeugt hatte, auch insoweit trete wegen der schon erteilten früheren Befreiung keine Versicherungspflicht ein. An dieser Rechtsprechung - nach der es (anders als vom LSG zugrundegelegt) nicht darauf ankommt, ob Verlautbarungen des Rentenversicherungsträgers in Schriftform oder nur mündlich erfolgten - hält der Senat fest. In Betracht kommt darüber hinaus (alternativ) eine Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Danach kann ein Betroffener bei Betreuungspflichtverletzungen eines Sozialversicherungsträgers so zu behandeln sein, als hätte der angegangene Träger die ihm obliegenden Pflichten (vgl §§ 14, 15 SGB I)ordnungsgemäß erfüllt (vgl zB BSGE 65, 21, 26 = SozR 4100 § 137 Nr 12 S 16; BSGE 89, 50, 53 ff = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 6; Urteil des Senats vom 29.8.2012 - B 12 R 7/10 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2600 § 2 Nr 16 RdNr 28 vorgesehen). Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beigeladene falsch beraten und/oder durch eine falsche Auskunft der Beklagten von einer erneuten Antragstellung abgehalten wurde, hätte dies zur Folge, dass der Beigeladene so behandelt werden muss, als wäre ein seinerzeit gestellter Befreiungsantrag rechtmäßig beschieden worden.

34

bb) Entgegen den Erwägungen des LSG, die in den Ausführungen seiner Entscheidungsgründe anklingen, ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Beigeladene auf einen entsprechenden Antrag hin von der Beklagten von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für die von ihm ausgeübte Beschäftigung zu befreien gewesen wäre, wenn er wegen dieser Beschäftigung Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer war. Dies ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen. Dabei ist wegen § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a SGB VI auch zu prüfen, ob am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für die Berufsgruppe der die Beschäftigung zuzuordnen ist, bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat. Zwar bezieht sich das Wort "ihre" in Buchst a auf "Beschäftigte und selbstständig Tätige“ eingangs der Nr 1 des § 6 Abs 1 S 1 SGB VI, doch kommt es insoweit wegen der Anknüpfung der Befreiung an die konkret ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit, nicht auf die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten bzw Selbstständigen an. Maßgebend ist vielmehr die Klassifikation konkret der Tätigkeit, für die die Befreiung begehrt wird.

35

Die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des LSG schon deshalb nicht allein durch den Hinweis auf § 75 AMG verneint werden; denn aus der Verwendung des Begriffs Pharmaberater durch die Klägerin und den Beigeladenen folgt noch nicht, dass die konkreten Umstände der Beschäftigung tatsächlich der Legaldefinition des § 75 Abs 1 AMG entsprechen. Hinzu kommt, dass es sich bei dem in § 75 Abs 1 AMG verwendeten Begriff des Pharmaberaters anders als bei dem des in § 75 Abs 2 Nr 3 AMG genannten (geprüften) Pharmareferenten (vgl Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Pharmareferent/Geprüfte Pharmareferentin vom 26.6.2007, BGBl I 1192) nicht um eine geschützte Berufsbezeichnung, sondern um eine Tätigkeitsbeschreibung handelt (vgl zB Schickert in Kügel, AMG, 2012, § 75 RdNr 3 mwN).

36

cc) Das vom LSG darüber hinaus problematisierte Fehlen der von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI geforderten Bestätigung der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde steht einer Befreiung des Beigeladenen von der Versicherungspflicht in der GRV ebenfalls nicht von vornherein entgegen. Nach der gesetzlichen Konzeption geht die Bestätigung der letztlich bindenden Entscheidung des Rentenversicherungsträgers voraus (vgl Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 143, Stand Einzelkommentierung VI/08; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 73). Es ist jedoch kein Grund erkennbar, dass die Einholung einer ggf fehlenden Bestätigung gemäß § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI nicht auch noch im Rahmen eines Rechtsstreits über die Befreiung von der Versicherungspflicht nachgeholt werden könnte.

37

dd) Nach alledem muss das LSG die notwendigen Feststellungen zum Ablauf des vom Beigeladenen behaupteten Telefongesprächs und dessen Inhalt nachholen und sodann erneut über die Berufung des Beigeladenen entscheiden. Dabei wird das LSG insbesondere das vom Beigeladenen mit Schriftsatz vom 1.3.2010 vorgelegte Schreiben seiner (damaligen) Lebenspartnerin vom 25.1.2010 zu würdigen und ggf dem darin gemachten Beweisangebot ihrer Vernehmung als Zeugin nachzugehen haben. In dem vorgelegten Schreiben bestätigt diese, dass der Beigeladene im Juni/Juli 2000 von der BfA die telefonische Auskunft erhalten habe, eine (erneute) Befreiung sei weder nötig noch überhaupt möglich; im Hinblick auf diese Aussage habe der Beigeladene von einer weiteren Erkundigung oder einer schriftlichen Anfrage Abstand genommen.

38

4. Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten, wobei in Bezug auf die Kosten das Revisionsverfahren allein eine Anwendung des § 193 SGG und nicht diejenige nach § 197a SGG angezeigt ist.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

15

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

16

Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

18

Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

20

1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

23

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

25

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

28

6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

29

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

30

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

33

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

38

In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

40

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 100.000 € (in Worten: einhunderttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer ist Syndikusrechtsanwalt und wendet sich gegen die Ablehnung seiner Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, die in letzter Instanz durch das angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 bestätigt worden ist.

2

1. Nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde ist am 1. Januar 2016 das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21. Dezember 2015 (BGBl I S. 2517) in Kraft getreten. Syndikusrechtsanwälte können nunmehr nach § 46a der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) bei der örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft beantragen. Nach § 46c Abs. 1 BRAO gelten für sie die für Rechtsanwälte geltenden Vorschriften, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Zu den demnach anzuwendenden Vorschriften gehört auch § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch (SGB VI), wonach Rechtsanwälte, wenn und solange sie Pflichtmitglieder der Versorgungswerke sind, auf Antrag von der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien sind.

3

Für die Frage der Rückwirkung eines entsprechenden Befreiungsantrags hat der Gesetzgeber in § 231 Abs. 4b und 4c SGB VI folgende Regelungen getroffen:

(4b) 1Eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, die unter Berücksichtigung der Bundesrechtsanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung oder der Patentanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung erteilt wurde, wirkt auf Antrag vom Beginn derjenigen Beschäftigung an, für die die Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt wird. 2Sie wirkt auch vom Beginn davor liegender Beschäftigungen an, wenn während dieser Beschäftigungen eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand. 3Die Befreiung nach den Sätzen 1 und 2 wirkt frühestens ab dem 1. April 2014. 4Die Befreiung wirkt jedoch auch für Zeiten vor dem 1. April 2014, wenn für diese Zeiten einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt wurden. 5Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigungen, für die eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt aufgrund einer vor dem 4. April 2014 ergangenen Entscheidung bestandskräftig abgelehnt wurde. 6Der Antrag auf rückwirkende Befreiung nach den Sätzen 1 und 2 kann nur bis zum Ablauf des 1. April 2016 gestellt werden.

(4c) 1Eine durch Gesetz angeordnete oder auf Gesetz beruhende Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 gilt als gegeben für Personen, die

1. …

2. bis zum Ablauf des 1. April 2016 die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt nach der Bundesrechtsanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung oder der Patentanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung beantragen. 2Satz 1 gilt nur, solange die Personen als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt zugelassen sind und als freiwilliges Mitglied in einem Versorgungswerk einkommensbezogene Beiträge zahlen. …

4

2. Der Beschwerdeführer hat bis zum 1. April 2016 seine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantragt und einen Antrag auf rückwirkende Befreiung nach § 231 Abs. 4b Satz 6 SGB VI gestellt. Aufgrund der in § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI getroffenen Regelung geht er jedoch davon aus, dass er eine Rückwirkung seines Befreiungsantrags nur durch Fortsetzung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens erreichen kann.

5

Wenn er die Verfassungsbeschwerde zurücknähme oder eine Erledigungserklärung abgäbe, würde er von dem Ausnahmetatbestand erfasst mit der Folge, dass eine rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht ausgeschlossen wäre. Sein im Ausgangsverfahren gestellter Befreiungsantrag sei durch das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014, also am Tag vor dem gesetzlich normierten Stichtag, bestandskräftig abgelehnt worden. Seine Verfassungsbeschwerde entfaltete keine aufschiebende Wirkung. Wenn er sich auf eine Rücknahme einließe, verzichtete er auf einen möglichen rückwirkenden Erfolg seiner Rechtsbehelfe. Im Falle einer stattgebenden Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht würde die Befreiung nicht erst ab dem 1. April 2014 (vgl. § 231 Abs. 4b Satz 3 SGB VI), sondern bereits ab Beginn der Beschäftigung gelten, auf den sich sein im Ausgangsverfahren gestellter Befreiungsantrag bezogen habe. Es könne auch nicht von ihm verlangt werden, auf mehrere Jahre Befreiungszeit zu verzichten. Auch dürfe er nicht auf einen langwierigen fachgerichtlichen Rechtsstreit verwiesen werden, der erforderlich werden könnte, wenn die Deutsche Rentenversicherung (DRV) eine Rückwirkung ablehne.

II.

6

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.

7

a) Nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung kommt der Verfassungsbeschwerde keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Für außer Kraft getretenes oder geändertes Recht besteht im Regelfall kein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse seine Verfassungsmäßigkeit zu klären, auch wenn die strittigen verfassungsrechtlichen Fragen noch nicht durch das Bundesverfassungsgericht entschieden worden sind (vgl. BVerfGE 91, 186 <200>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 8. Dezember 2015 - 1 BvR 2120/10 -, NVwZ 2016, S. 381).

8

Eine grundsätzliche Bedeutung kommt auch nicht wegen einer möglicherweise für den Beschwerdeführer nachteilhaften Anwendung der Übergangsbestimmung des § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI in Betracht. Dies folgt zum einen daraus, dass die Auslegung dieser Vorschrift und ihre Verfassungsmäßigkeit nicht Gegenstand des Ausgangsverfahrens waren. Darüber hinaus handelt es sich um eine Norm des einfachen Rechts, dessen Auslegung und Anwendung zunächst den Fachgerichten obliegt (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 72, 122 <138>; 89, 1 <9 f.>; 97, 12 <27>; 99, 145 <160>; BVerfGK 6, 46 <50>; 10, 13 <15>; 10, 159 <163>; stRspr).

9

b) Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht im Sinne von § 93a Abs. 2 Buchstabe b, 1. Halbsatz BVerfGG zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt, weil die Verfassungsbeschwerde unter Berücksichtigung der nunmehr geltenden Sach- und Rechtslage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg mehr hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <26>; 96, 245 <250>; 108, 129 <136>; BVerfGK 12, 189 <196>; stRspr). Die Verfassungsbeschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Das schutzwürdige Interesse des Beschwerdeführers, die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Entscheidungen durch das Bundesverfassungsgericht feststellen zu lassen, ist infolge der zum 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Rechtsänderung entfallen.

10

aa) Gründe für ein trotz Erledigung in der Hauptsache fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis sind insbesondere eine Wiederholungsgefahr, eine fortdauernde Beeinträchtigung oder eine tiefgreifende, anderweitig nicht zu beseitigende Grundrechtsbeeinträchtigung (vgl. BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>; 81, 138 <140>; 103, 44 <58 f.>; 116, 69 <79>; BVerfGK 6, 260 <263>; stRspr). Wenn eine mit der Verfassungsbeschwerde mittelbar angegriffene Rechtsnorm gegenstandslos geworden oder ein für verfassungswidrig gehaltenes Gesetz aufgehoben worden ist, ist eine fortdauernde Beschwer dagegen im Regelfall zu verneinen (vgl. BVerfGE 9, 89 <92 ff.>; 100, 271 <281>; 108, 370 <383>; 109, 64 <84>; stRspr). Dies gilt insbesondere dann, wenn auf Grundlage der geänderten Rechtslage auch im Falle einer erfolgreichen Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer aufgrund des nun geltenden Gesetzesrechts keinen Erfolg haben kann (vgl. BVerfGE 110, 304 <320>).

11

bb) Aus dem nunmehr von dem Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde einzig noch verfolgten Ziel, einer in zeitlicher Hinsicht möglichst weitgehenden Anerkennung seines Befreiungsantrags, ergibt sich kein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis. Der Beschwerdeführer ist unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde vielmehr gehalten, im fachgerichtlichen Verfahren eine rückwirkende Befreiung gemäß § 231 Abs. 4b Sätze 1 und 2 SGB VI geltend zu machen. Das ist ihm auch zuzumuten, obgleich er nach dem Wortlaut der Norm unter den Ausschlusstatbestand des § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI fällt. Denn die Auslegung von § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI wirft keine spezifisch verfassungsrechtlichen Fragen auf, die nur das Bundesverfassungsgericht beantworten kann. Die vornehmlich veranlasste Prüfung des einfachen Rechts lässt eine verbesserte Entscheidungsgrundlage für eine später erneut zu erhebende Verfassungsbeschwerde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten, so dass eine Vorabentscheidung durch das Bundesverfassungsgericht nicht in Betracht kommt (vgl. BVerfGE 102, 197 <210>; 123, 148 <173>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. Juli 2015 - 1 BvR 1014/13 -, NVwZ-RR 2016, S. 1 ; stRspr).

12

(1) Die Sozialgerichte werden im Rahmen der Auslegung von § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI den vom Gesetzgeber mit dieser Ausnahmebestimmung verfolgten Zweck zu berücksichtigen haben, einer bestimmten Gruppe von Syndikusrechtsanwälten einen Vertrauens- und Bestandsschutz zu versagen (vgl. BTDrucks 18/5201, S. 46 f.). Von der Rückwirkung ausgenommen werden sollen Beschäftigungszeiten, "in denen eine Befreiung von der Versicherungspflicht (auch) auf der Grundlage der vor der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus April 2014 geübten Rechtspraxis von der Verwaltung abgelehnt wurde und bestandskräftig geworden ist und in der Folge in der Regel Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden mussten" (BTDrucks 18/5201, S. 47; BRDrucks 278/15, S. 55). Ein umfassender Vertrauens- und Bestandsschutz soll nur denjenigen zukommen, die über einen wirksamen Befreiungsbescheid verfügen oder auch nach den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 weiterhin von der Rentenversicherung befreit waren (vgl. Junker/Scharnke, BB 2016, S. 195 <201>). Dagegen wird er jenen "Alt-Syndizi" verwehrt, die ihre Ablehnungsbescheide nicht angefochten und stattdessen Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt haben, weil sie damit zu erkennen gegeben haben, dass sie die von der Deutschen Rentenversicherung verfügte Eingruppierung in die gesetzliche Rentenversicherung hingenommen haben (vgl. Schafhausen, in: Kilger/Offermann-Burckart/Schafhausen/Schuster , Das neue Syndikusrecht, 2016, § 3 Rn. 61 m.w.N.). Mit Blick auf diesen Schutzzweck wird zu erwägen sein, ob ein Ausschluss des Beschwerdeführers vom personellen Anwendungsbereich im Wege der teleologischen Reduktion in Betracht kommt.

13

Dafür spricht auch ein Vergleich mit einer anderen Fallgruppe, für die unter dem Gesichtspunkt eines "sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs" über eine solche tatbestandliche Exklusion nachgedacht wird. Jene betroffenen Rechtsanwälte, die auf ein Rundschreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 12. Dezember 2014 zur Umsetzung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 (veröffentlicht unter anderem in NZA 2015, S. 29 f.) reagiert und im Vertrauen darauf, dass ihnen dadurch keine Rechtsnachteile entstehen, ihre Befreiungsanträge zurückgenommen haben, sollen so zu behandeln sein, als wenn ihnen eine bestandskräftige Befreiung erteilt worden wäre (vgl. Schafhausen, a.a.O., Rn. 62). § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI wird also im sozialrechtlichen Schrifttum nicht als starre Ausnahmeregelung begriffen, sondern in bestimmten Fallgestaltungen, in denen sachliche Gründe dafür vorliegen, werden Durchbrechungen erwogen. Auch unter diesem Aspekt besteht Grund zur Annahme, dass die für den Vollzug der Neuregelung zuständigen Behörden und Sozialgerichte bereits aus Gründen der Auslegung des einfachen Rechts im Sinne des Beschwerdeführers entscheiden werden.

14

(2) Insbesondere werden die Fachgerichte mit Blick auf die prozessuale Situation des Beschwerdeführers, der sämtliche ihm nachteilhaften, im Ausgangsverfahren getroffenen Entscheidungen mit den zu Gebote stehenden Rechtsbehelfen bis zum Bundesverfassungsgericht angegriffen hat, eine verfassungskonforme Auslegung von § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI zu erwägen haben. Dabei sind nicht nur seine Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 bzw. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen, sondern auch der Gesichtspunkt der Effektivität des von ihm beschrittenen, verfassungsrechtlich durch Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG gewährleisteten Rechtsschutzes. Da er rechtzeitig gegen das Urteil des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 Verfassungsbeschwerde erhoben hat, erscheint zumindest zweifelhaft, ob hier für das Kriterium einer "bestandskräftig abgelehnten" Befreiung von der Versicherungspflicht der Eintritt der Rechtskraft des Urteils im fachgerichtlichen Verfahren (vgl. dazu BVerfGE 93, 381 <385>) maßgeblich sein kann.

15

(3) Demnach bestehen keine Bedenken, den Beschwerdeführer für den Fall, dass er mit seinem Antrag auf rückwirkende Befreiung nach § 231 Abs. 4b Satz 6 SGB VI keinen Erfolg haben sollte, zunächst auf den fachgerichtlichen Rechtsweg zu verweisen. Dort kann er zum einen geltend machen, dass er nicht unter den Ausschlusstatbestand des § 231 Abs. 4b Satz 5 SGB VI fällt. Zum anderen hat er die Möglichkeit, auf Grundlage von § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI eine über den 1. April 2014 hinausgehende Befreiung anzustreben. Besser stünde er angesichts der zwischenzeitlichen Neuregelung auch im Falle einer seiner Verfassungsbeschwerde stattgebenden Entscheidung nicht.

16

Nach den von der Kammer eingeholten Stellungnahmen des Beschwerdeführers ist kein Grund dafür erkennbar, dass er nicht in der Lage sein könnte, die Voraussetzungen des § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI darzulegen, zumal er sich im Ausgangsverfahren stets auf den Standpunkt gestellt hat, gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit zu sein. Einem entsprechenden Antrag stünde es insbesondere nicht entgegen, wenn der Beschwerdeführer lediglich die nach § 13 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg in der Fassung vom 1. September 2009 vorgesehenen Mindestbeiträge in Höhe von 30 % des Regelpflichtbeitrags gezahlt haben sollte. Denn auch dabei handelt es sich um einkommensbezogene Pflichtbeiträge im Sinne von § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI (vgl. Hartmann/Horn, AnwBl Online 2016, S. 255 <257>; Schafhausen, a.a.O., Rn. 59; ders., AnwBl Online 2016, S. 175 <176>; vgl. auch Wein/Walter, BB 2016, S. 245 <248>).

17

Tatsächlich hat der Beschwerdeführer jedoch nicht nur diese Mindestbeiträge, sondern ausweislich der von ihm vorgelegten Beitragskontoübersichten des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg während des gesamten Zeitraums von August 2009 bis August 2014 darüber hinausgehende zusätzliche Pflichtbeiträge gezahlt, die auf seinen Antrag hin durch Bescheid des Versorgungswerks festgesetzt worden sind (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg in der Fassung vom 1. September 2009). Dabei handelt es sich, wie der Beschwerdeführer in seinen gegenüber der Kammer abgegebenen Stellungnahmen vom 10. und 27. Juni 2016 ausgeführt hat, um einkommensbezogene Pflichtbeiträge, deren Höhe nach dem von ihm erzielten Einkommen für jeden Monat individuell errechnet worden ist. Dass die von ihm auf dieser Grundlage geleisteten zusätzlichen Zahlungen nachträglich nach Verkündung des mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Urteils des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 an den Rentenversicherungsträger ausgekehrt worden sind, steht ihrer rechtlichen Qualifikation als einkommensbezogene Pflichtbeiträge im Sinne von § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI nicht entgegen, weil es schon nach dem Wortlaut der Norm allein auf den Zahlungszeitpunkt ankommt. Zudem sind diese Zahlungen auf Grundlage des vom Gesetzgeber in § 286f Satz 1 SGB VI angeordneten internen Ausgleichs zwischen dem Rentenversicherungsträger auf der einen und den Versorgungswerken auf der anderen Seite nachträglich wieder auszugleichen. Daraus folgt, dass dem Beschwerdeführer wegen der zwischenzeitlichen Erstattung der an das Versorgungswerk geleisteten Zusatzbeiträge kein Nachteil erwachsen kann.

18

c) Von einer weitergehenden Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

19

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 3, 1. Alternative BVerfGG. Die Kammer hat aus Gründen der Billigkeit von ihrer Befugnis zu einer Kostenentscheidung zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht.

20

a) Beseitigt die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt, so kann, falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind, davon ausgegangen werden, dass sie das mit der Verfassungsbeschwerde verfolgte Begehren als berechtigt anerkennt. In diesem Fall entspricht die Auslagenerstattung durch die zuständige Gebietskörperschaft der Billigkeit, ohne dass es auf die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde ankommt (vgl. BVerfGE 33, 247 <264 f.>; 85, 109 <115>; 87, 394 <397>; 91, 146 <147>; BVerfGK 5, 316 <327 f.>; stRspr).

21

b) Der Gesetzgeber hat durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte zu erkennen gegeben, dass er dem vom Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Anliegen aus rechtspolitischen Gründen folgt. Erklärtes Ziel des Gesetzesvorhabens war es, die Rechtsstellung von Syndikusrechtsanwälten weitgehend anzugleichen und speziell im Hinblick auf die Befreiung von der Versicherungspflicht den vor Verkündung des mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Urteils des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 bestehenden Rechtszustand aufrechtzuerhalten beziehungsweise wiederherzustellen (vgl. BTDrucks 18/6915, S. 1 f.). Durch die Rechtsänderung ist der Beschwerdeführer - unbeschadet der Frage des Umfangs der Rückwirkung von der Befreiung von der Versicherungspflicht - unmittelbar begünstigt worden. Gründe, warum ihm dieser wirtschaftliche Erfolg seiner Verfassungsbeschwerde nicht auch in kostenrechtlicher Hinsicht zugutekommen sollte, sind nicht zu erkennen.

22

3. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>; stRspr).

23

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Der Apotheker ist berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln, die zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind, und Tierarzneimitteln (Arzneimittel) zu versorgen. Er dient damit der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes.

(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes den Apothekerberuf ausüben will, bedarf der Approbation als Apotheker.

(2) Die Ausübung des Apothekerberufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist auch auf Grund einer Erlaubnis zulässig.

(2a) Apotheker, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates sind, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, dürfen den Apothekerberuf im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne Approbation als Apotheker oder ohne Erlaubnis zur Ausübung des Apothekerberufs ausüben, sofern sie vorübergehend und gelegentlich als Erbringer von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 des EG-Vertrages im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig werden. Sie unterliegen jedoch der Meldepflicht nach diesem Gesetz.

(3) Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“. Pharmazeutische Tätigkeiten umfassen insbesondere:

1.
Herstellung der Darreichungsform von Arzneimitteln,
2.
Arzneimittelforschung, Entwicklung, Herstellung, Prüfung von Arzneimitteln, Tätigkeiten in der Arzneimittelzulassung, Pharmakovigilanz und Risikoabwehr in der pharmazeutischen Industrie,
3.
Arzneimittelprüfung in einem Laboratorium für die Prüfung von Arzneimitteln,
4.
Lagerung, Qualitätserhaltung und Vertrieb von Arzneimitteln auf der Großhandelsstufe,
5.
Bevorratung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Vertrieb und Abgabe von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in der Öffentlichkeit zugänglichen Apotheken,
6.
Herstellung, Prüfung, Lagerung und Abgabe von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in Krankenhäusern,
7.
Information und Beratung über Arzneimittel als solche, einschließlich ihrer angemessenen Verwendung,
8.
Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen an die zuständigen Behörden,
9.
personalisierte Unterstützung von Patienten bei Selbstmedikation,
10.
Beiträge zu örtlichen oder landesweiten gesundheitsbezogenen Kampagnen,
11.
Tätigkeiten im Arzneimittel-, Apotheken- und Medizinproduktewesen der öffentlichen Gesundheitsverwaltung in Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen sowie in Körperschaften des öffentlichen Rechts und in Berufs- und Fachverbänden,
12.
Tätigkeiten in Lehre und Forschung an Universitäten sowie in der Lehre an Lehranstalten und Berufsschulen in pharmazeutischen Fachgebieten.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Januar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 4/5 und die Beklagte 1/5 der Kosten des Klageverfahrens. Ferner trägt die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens. Kosten der Beigeladenen sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Klageverfahren auf EUR 93.621,99 und für das Berufungsverfahren endgültig auf EUR 78.621,99 festgesetzt.

Tatbestand

 
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beigeladenen auch als Pharmaberater von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI; bis 31. Dezember 1991 § 7 des Angestelltenversicherungsgesetzes [AVG]) befreit sind oder ob die Beklagte von der Klägerin für die Beigeladenen zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordert.
Die Klägerin, die bis 31. März 2005 als Y. P. GmbH firmierte, ist ein Pharma-Unternehmen, das u.a. auch Pharmaberater/Pharmaberaterinnen beschäftigt. Deren Aufgabe ist es, die von ihnen betreuten Ärzte (niedergelassene Ärzte und Klinikärzte) durch Beratung in Bezug auf die neuesten Erkenntnisse der pharmazeutisch-medizinischen Forschung in ihrem jeweiligen Spezialbereich in die Lage zu versetzen, Wirkungsweise und Applikationsbereich sowie Methoden moderner Heilpräparate optimal einzusetzen. Die am 1964 geborene Beigeladene zu 1) war als ausgebildete approbierte Tierärztin mit Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) vom 04. August 1995 ab 01. Januar 1995 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Baden-Württembergischen Versicherungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Rentenversicherung befreit worden (Bescheid der Beklagten vom 04. August 1995). Sie nahm dann am 01. Januar 2000 bei der Klägerin ihre Tätigkeit als Pharmaberaterin auf. Die am 1960 geborene Beigeladene zu 2), ebenfalls ausgebildete approbierte Tierärztin, war mit Bescheid der Beklagten vom 06. Januar 1992 ab 01. Juli 1992 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Landestierärztekammer Hessen (Versorgungswerk) entsprechend von der Rentenversicherungspflicht befreit worden (Bescheid der Beklagten vom 06. Januar 1993). Sie nahm am 01. September 1997 bei der Klägerin die Tätigkeit als Pharmaberaterin auf. Der am 1968 geborene Beigeladene zu 3), der ausgebildeter approbierter Arzt ist, wurde von der Beklagten ab 01. Dezember 1995 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung entsprechend von der Rentenversicherungspflicht befreit (Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996); er nahm am 01. Juni 1999 bei der Klägerin die Tätigkeit als Pharmaberater auf. Die Beigeladene zu 4) ist ausgebildete approbierte Apothekerin. Sie war als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Biochemie und molekulare Biologie der Technischen Universität Berlin ab 01. April 1990 tätig und deswegen Pflichtmitglied der Apothekerversorgung Berlin; deswegen war sie von der Beklagten ab dem genannten Zeitpunkt nach § 7 Abs. 2 AVG von der Rentenversicherungspflicht befreit. Wegen Wegzugs aus Berlin führte sie ab 01. August 1995 die Mitgliedschaft in der Apothekerversorgung Berlin als freiwillige Mitgliedschaft weiter. Vom 01. Mai 1997 bis 29. Januar 2003 war sie als Pharmaberaterin bei der Klägerin beschäftigt. Für die Beigeladenen wurden Beiträge zur Rentenversicherung nicht abgeführt. Eine bei der Klägerin im Mai 1997 für die Zeit ab 01. Dezember 1992 durch die Beklagte durchgeführte Betriebsprüfung ergab keine Beanstandungen hinsichtlich der nicht abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung für Pharmaberater.
In der Zeit vom 20. November 2001 bis 10. September 2003 führte die Beklagte bei der Klägerin dann erneut an mehreren Tagen eine am 20. November 2001 begonnene und 2002 fortgesetzte (Schlussbesprechung am 10. September 2003) Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) durch, die sich auf den Zeitraum vom 01. Januar 1997 bis 31. Dezember 2002 bezog. Dabei vertrat die Beklagte (vgl. Schreiben vom 25. Juli 2002) die Ansicht, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Tierärzte, Ärzte bzw. Apotheker nicht auf die berufsfremde Tätigkeit als Pharmaberater beziehe. Die Klägerin äußerte sich (Schreiben vom 16. Oktober 2002) dagegen dahingehend, dass sich die Versicherungsfreiheit auch auf die Tätigkeit als Pharmaberater erstrecke. Denn es sei, jeweils ausgehend von der Definition der Satzung der Versorgungseinrichtung, zu fragen, ob auch die Tätigkeit als Pharmaberater zur Beitragspflicht im Versorgungswerk führe. Im Übrigen sei ein Vertrauenstatbestand dadurch geschaffen worden, dass bei der früheren Betriebsprüfung im Jahr 1997 die Versicherungsfreiheit für die von Tierärzten, Ärzten bzw. Apothekern ausgeübte Tätigkeit als Pharmaberater nicht beanstandet worden sei. Darauf, dass nach der Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmareferenten vom 02. Mai 1978 (BGBl. I S. 600) für den Pharmareferenten (Pharmaberater) eine Ausbildung als Arzt, Tierarzt oder Apotheker nicht vorgeschrieben sei, komme es nicht an. Mit Bescheid vom 02. Januar 2004 forderte die Beklagte von der Klägerin u.a. für die Beigeladenen Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 78.626,95 nach. Es wurde Folgendes ausgeführt: Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Berufsfremde Beschäftigungen würden von ihr grundsätzlich nicht erfasst. Als Pharmaberater/Pharmareferent beschäftigte Personen könnten vom Befreiungsrecht keinen Gebrauch machen, weil es sich hierbei grundsätzlich nicht um eine zur Befreiung berechtigende Tätigkeit von Ärzten oder Apothekern handle. Es werde keine dem jeweiligen Kammerberuf zuzuordnende berufsspezifische Beschäftigung ausgeübt, für die das Befreiungsrecht geltend gemacht werden könne. Einer Aufhebung der Befreiungsbescheide bedürfe es insoweit nicht, weil die Befreiung gegenstandslos geworden sei. Eine dem Kammerberuf entsprechende und damit zur Befreiung berechtigende Tätigkeit sei die Tätigkeit, auf der die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung beruhe. Das sei grundsätzlich nicht die Tätigkeit als Pharmaberater, sondern die als Arzt oder Apotheker. Für diese Tätigkeiten werde die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ausgesprochen und hierfür gelte sie uneingeschränkt. Ob und welche weiteren Tätigkeiten außerdem dem jeweiligen Kammerberuf zuzuordnen seien und deshalb vom Befreiungsrecht erfasst würden, könne nicht allein danach beurteilt werden, wer nach den Satzungsbestimmungen der Versorgungswerke beitragspflichtig sei. Wenn man dies annehmen würde, würde das bedeuten, dass sich aus der Beitragspflicht zur berufsständischen Versorgungseinrichtung auf die Ausübung einer berufsspezifischen Beschäftigung schließen ließe. Eine Tätigkeit werde nicht schon deshalb zu einer berufsspezifischen Tätigkeit eines Arztes oder Apothekers, weil sie von einem solchen ausgeübt werde. Das jeweilige Berufsbild sei vielmehr aus der erforderlichen Aus- bzw. Vorbildung zu erschließen. Danach sei die Tätigkeit als Pharmaberater zu beurteilen. Pharmaberater seien Außendienst- bzw. Vertriebsmitarbeiter pharmazeutischer Unternehmen, deren Tätigkeit dadurch geprägt sei, dass sie die Angehörigen der Heilberufe über Produkte ihres eigenen Unternehmens informierten und berieten. Voraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit sei eine entsprechende Fortbildung zum Pharmaberater, für die lediglich eine abgeschlossene Ausbildung und entsprechende Berufspraxis in einschlägigen Tätigkeiten, wie beispielsweise pharmazeutisch-kaufmännischer Angestellter, Drogist, Chemielaborant, Krankenpfleger, Krankenschwester, vorausgesetzt werde. Daraus ergebe sich, dass es sich nicht um eine berufsspezifische, d.h. nur von einem approbierten Arzt oder Apotheker auszuübende Beschäftigung handle, auch wenn diese besonders gute Voraussetzungen für eine derartige Tätigkeit mitbrächten. Die Geltendmachung der Beitragsansprüche für die zurückliegende Zeit sei auch nicht treuwidrig und widerspreche den Beigeladenen einzuräumendem Vertrauensschutz nicht. Ferner wurde in dem genannten Bescheid hinsichtlich eines weiteren Pharmaberaters (J. S.) festgestellt, dass insoweit die Beitragspflicht zur Rentenversicherung erst mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheids eintrete.
Gegen den Bescheid vom 02. Januar 2004 legte die Klägerin Widerspruch ein, soweit er die jetzt beigeladenen Pharmaberater sowie den weiteren Pharmaberater S. betraf. Die von der Beklagten ausgesprochenen Befreiungen seien im Nachhinein nicht widerrufen worden. Sie erstreckten sich auch auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Denn die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht aufgrund der Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung beziehe sich grundsätzlich auf alle Beschäftigungen oder Tätigkeiten, die zu einer Pflichtmitgliedschaft in der entsprechenden Versorgungseinrichtung führten. Die Tätigkeit als Pharmaberater habe dem Berufsbild der jeweils berufsständischen Versorgungseinrichtung für Ärzte, Tierärzte bzw. Apotheker entsprochen. Das Berufsbild richte sich nach den Satzungsbestimmungen des jeweiligen Versorgungswerks, die auf der Grundlage der entsprechenden Landesgesetzgebungen ergangen seien. Für die Frage, ob eine berufsfremde Tätigkeit vorliege, seien daher die jeweiligen Satzungen der berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu Rate zu ziehen. Zu Unrecht beschränke sich die Beklagte auf die Feststellung, dass gemäß der Verordnung vom 02. Mai 1978 ein abgeschlossenes Studium als Arzt oder Apotheker für die Tätigkeit als Pharmareferent nicht erforderlich sei. Daraus könne nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Pharmaberater niemals dem Berufsbild des Arztes oder Apothekers entsprechen könne. Die Auffassung der Beklagten stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Regelung des Berufsrechts der freien, verkammerten Berufe, insbesondere der ärztlichen Berufe, sowie gleichfalls im Widerspruch zur Rechtsprechung der oberen Verwaltungsgerichte zum Berufsbild des Arztes und des Tierarztes. Dem Satzungsgeber komme im Bereich berufsständischer Versorgungseinrichtungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Für das Berufsbild des Tierarztes habe der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München im Urteil vom 26. Juli 1995 (NJW 1996, 1613 f.) bestätigt, dass als Verweisungstätigkeiten auch eine Verwendung in Industrie und Wirtschaft sowie eine Tätigkeit als Pharmareferent für Arzneimittelfirmen in Betracht komme. Auch die entsprechenden Satzungen der Versorgungseinrichtungen in Hessen und Baden-Württemberg sähen vor, dass tierärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit sei, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet würden. Dies habe bei den Beigeladenen zu 1) und 2) bei ihrer Tätigkeit als Pharmareferentinnen vorgelegen. Ihnen sei die Beratungstätigkeit überhaupt erst aufgrund der während des Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten möglich gewesen, nämlich als gleichwertig geachtete Kollegen ihren am Menschen arbeitenden Standesgenossen auf wissenschaftlichem Niveau Wirkungsweise und Einsatz moderner Medikation zu erklären. Auch der Pharmaberater werde insoweit immer als Mediziner tätig. Dies gelte auch für den Beigeladenen zu 3). Die ärztliche Tätigkeit umfasse nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern auch alle Verrichtungen, bei denen aufgrund medizinischer Kenntnisse in ärztlicher Verantwortung gehandelt werde. Ärzte könnten ihr spezifisches Fachwissen nicht nur als behandelnder Arzt einsetzen. Auch der Apotheker sei als Pharmaberater entsprechend seinem Berufsbild tätig. Der Auftrag des Apothekers umfasse insbesondere die Information und Beratung über Arzneimittel, wobei der Apotheker in verschiedenen Bereichen tätig sei, insbesondere auch in der Industrie. Der Apotheker als Pharmaberater habe in seiner Eigenschaft als Apotheker den von ihm beratenen Medizinern die medizinisch-wissenschaftliche Information, d. h. das Zusammenstellen von Daten, ihre Aufbereitung und Überführung in eine die Ärzte ansprechende Form übermittelt, die für diese von fundamentaler Bedeutung seien, um ein auf dem Markt existierendes Medikament zum größtmöglichen Nutzen ihrer Patienten einsetzen zu können. Dass diese Tätigkeit mit dem gewerblichen Anbieten von Medikamenten verbunden sei, sei unschädlich, weil auch das klassische Berufsbild des Apothekers von jeher ein gewerbliches, nämlich auf den Verkauf von Medikamenten gerichtetes, gewesen sei. Damit habe auch die Beigeladene zu 4) niemals aufgehört, als Apothekerin tätig zu sein. Die rückwirkende Beitragserhebung sei auch treuwidrig. Der Beklagten bzw. den Einzugsstellen sei bekannt gewesen, dass die Beigeladenen bei ihr als Pharmaberater gearbeitet hätten und Beiträge an ihre jeweilige berufsständische Versorgungskasse gezahlt worden seien. Zudem habe die frühere Betriebsprüfung im Jahr 1997 keine Beanstandung ergeben. Der Widerspruch blieb insoweit erfolglos. Im Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsstelle vom 12. Juli 2004 wurde die Beurteilung im Ausgangsbescheid bestätigt, dass es sich bei der Tätigkeit als Pharmaberater durch einen Arzt bzw. Apotheker nicht um eine berufsspezifische, d.h. nur von einem approbierten Arzt oder Apotheker auszuübende Beschäftigung handle. Pharmaberater übten keinen vom Befreiungsrecht erfassten Kammerberuf aus. Die Geltendmachung der Beitragsansprüche für zurückliegende Zeiträume sei auch nicht treuwidrig. Zweifel an der weiteren Rechtmäßigkeit der Befreiung von der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hätten hier der Klägerin bzw. den Beigeladenen beim Beschäftigungswechsel selbst aufkommen und diese zu einer entsprechenden Anfrage hinsichtlich der Geltung der Befreiung veranlassen müssen. Spätestens seit 01. Juli 1979 sei die Befreiung nur tätigkeitsbezogen gewesen. Es habe keine Verpflichtung der Einzugsstellen bestanden, jede eingehende Meldung zu überprüfen. Vertrauensschutz ergebe sich auch nicht daraus, dass früher Betriebsprüfungen ohne Beanstandung durchgeführt worden seien. Betriebsprüfungen hätten lediglich den Zweck, die Beitragsentrichtung zur Sozialversicherung insgesamt zu sichern. Einerseits seien Beitragsausfälle zu verhindern, andererseits die Versicherungsträger vor dem ungerechtfertigten Entstehen von Leistungsansprüchen zu bewahren. Sie hätten jedoch nicht den Zweck, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen und ihm Entlastung zu erteilen. Von daher müssten sie auch nicht umfassend und erschöpfend sein. Sie könnten sich stattdessen auf bestimmte Einzelfälle und Stichproben beschränken. Eine Nichtbeanstandung könne von daher keinen Vertrauenstatbestand schaffen.
Am 13. August 2004 erhob die Klägerin dagegen Klage beim Sozialgericht (SG) Mannheim. Das SG lud mit Beschluss vom 27. April 2005 J. S. zum Verfahren bei. Mit Schriftsatz vom 30. September 2005 nahm die Beklagte den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung des J. S. zurück. Die Klägerin nahm dieses Teil-Anerkenntnis an (Schriftsatz vom 23. November 2006).
Die Klägerin trug unter Wiederholung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren sowie unter Vorlage verschiedener Unterlagen vor, die betroffenen Pharmaberater seien von der Beklagten wirksam von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden. Die Beklagte habe niemals zuvor Versicherungspflicht für die Tätigkeit als Pharmaberater geltend gemacht, auch nicht anlässlich einer bei ihr 1997 durchgeführten Betriebsprüfung. Den zuständigen Einzugsstellen sei durch ihr Büropersonal jeweils die Tätigkeit der Pharmaberater und deren Mitgliedschaft bei den entsprechenden Versorgungswerken aufgrund der erteilten Befreiung gemeldet worden. Daher habe ein Vertrauenstatbestand vorgelegen. Die Tätigkeit der Pharmaberater, soweit sie hier von Tierärzten, Ärzten bzw. Apothekern ausgeübt werde, sei von der Mitgliedschaft in dem jeweiligen berufsständischen Versorgungswerk erfasst. Dies gelte beispielsweise für die Satzung der Landestierärztekammer Hessen und die Satzung des entsprechenden Versorgungswerks. Danach sei eine die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk auslösende tierärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet würden. Dies decke sich mit der Entscheidung des VGH München, wonach auch die Tätigkeit als Pharmareferent in der pharmazeutischen Industrie zum Berufsbild des Tierarztes gehöre. Die Beigeladenen zu 1) und 2) hätten für ihre Tätigkeit fortwährend und in hohem Maße die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten verwerten müssen und diese auch umgesetzt. Gleiches gelte für den Arzt. Das Berufsbild des Arztes umfasse nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern auch alle Verrichtungen, bei denen aufgrund medizinischer Kenntnisse in ärztlicher Verantwortung gehandelt werde. So sei der Beigeladene zu 3) nur aufgrund seiner ärztlichen Ausbildung in der Lage gewesen, die von ihm beratenen Ärzte mit den neuesten Erkenntnissen der medizinischen und pharmazeutischen Forschung vertraut zu machen und diese in der Anwendung und im Einsatz der neuen Medikamente zu unterstützen und zu beraten. Damit umfasse der ärztliche Beruf nicht nur die Aufgabe, der Gesundheit des einzelnen Menschen zu dienen. Auch andere Tätigkeiten, die sich auf die Gesundheit der Bevölkerung insgesamt bezögen, seien dem ärztlichen Berufsbild zuzurechnen. Daher habe der Beigeladene zu 3) auch als Pharmaberater ärztliche Tätigkeit ausgeübt. Auch bei einer Apothekerin gehöre die Tätigkeit als Pharmaberaterin zum vielfältigen Berufsbild des Apothekers, der in verschiedenen Bereichen, auch in der Industrie, tätig sei, wie sich aus dem vorgelegten Aufsatz über den „Apotheker in der Pharmaindustrie“ ergebe. Die Beigeladene zu 4) habe deshalb eine pharmazeutische Tätigkeit ausgeübt. Die Befreiung der Beigeladenen ergebe sich aufgrund der Zugehörigkeit ihrer Tätigkeit auch als Pharmaberater zum jeweiligen berufsständischen Berufsbild. Es sei nämlich jeweils nach der Definition der Satzung der Versorgungseinrichtung zu fragen, ob die Tätigkeit als Pharmareferent zu einer Beitragspflicht im Versorgungswerk führe. Dies sei hier der Fall, weshalb die Befreiung für die Tätigkeit als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker auch für die Tätigkeit als Pharmaberater gelte. Zu Unrecht beschränke sich die Beklagte auf die negative Ausschlussfeststellung, dass nach der Verordnung vom 02. Mai 1978 beim Geprüften Pharmareferenten ein abgeschlossenes Studium als Arzt, Tierarzt oder Apotheker nicht erforderlich sei. Das Berufsbild des Pharmaberaters sei jeweils als Teilmenge im Berufsbild des Arztes, des Tierarztes bzw. des Apothekers enthalten. Folge der Auffassung der Beklagten sei, dass im Kollisionsfall eine Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen eintrete. Im Übrigen sei eine rückwirkende Beitragserhebung unzulässig.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von Unterlagen entgegen. Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Berufsfremde Beschäftigungen seien von ihr grundsätzlich nicht erfasst. Bei der Beschäftigung als Pharmaberater handle es sich grundsätzlich nicht um eine zur Befreiung berechtigende Tätigkeit von Ärzten oder Apothekern. Soweit die von der Klägerin beschäftigten Beigeladenen als Pharmaberater tätig seien, werde keine dem jeweiligen Berufsbild zuzuordnende berufsspezifische Beschäftigung ausgeübt. Dies ergebe sich auch nicht aus dem Arzneimittelgesetz (AMG), insbesondere nicht aus dessen § 75. Diese Vorschrift bestimme lediglich, welche Personen die Sachkenntnis besäßen, um im Auftrag pharmazeutischer Unternehmen die Angehörigen der Heilberufe über Arzneimittel zu informieren. Dass beispielsweise Ärzte, Tierärzte und Apotheker diese Sachkenntnis besäßen, sei unstreitig. Dennoch könne daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Pharmaberater der jeweiligen Kammertätigkeit entspreche. Wodurch beispielsweise die Tätigkeit eines Apothekers gekennzeichnet sei, ergebe sich nicht aus dem AMG, sondern aus der Bundesapothekerordnung (BApO). Danach sei die Ausübung des Apothekerberufs die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, die Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung Apotheker oder Apothekerin. Diese Bereiche beinhalteten die Tätigkeit als Pharmaberater nicht. Zwar komme es durch die Beratung der vom Pharmaberater aufgesuchten Ärzte über die Wirkung und die Risiken von Medikamenten teilweise zu einer Überschneidung mit dem Aufgabenbereich des Apothekers. Während jedoch vom Apotheker eine objektive Beratung erwartet werde, bestehe das Ziel des Pharmaberaters hauptsächlich darin, über die Produkte des eigenen Unternehmens zu informieren und diese zu vermarkten. Dabei liege keine Kammertätigkeit vor; dies werde auch in den vorgelegten Blättern für Berufskunde sowie durch die eingereichte Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibung zum Berufsbild des Geprüften Pharmareferenten deutlich. Danach setze die Ausführung dieser Tätigkeit weder die Ausbildung zum Apotheker noch den Abschluss eines ggf. anderen naturwissenschaftlichen Hochschulstudiums voraus. Um die Aus- und Weiterbildung zum Geprüften Pharmaberater zu absolvieren, genüge vielmehr ein zum Studium berechtigender Hochschulabschluss (Abitur) oder auch ein mittlerer Schulabschluss mit entsprechender Berufsausbildung und praktischer Erfahrung. Auch daraus ergebe sich, dass es sich nicht um eine Kammertätigkeit von Apothekern, Ärzten oder Tierärzten handle, auch wenn diese besonders gute Voraussetzungen für eine solche Tätigkeit mitbrächten. Der von ihr vertretene Standpunkt werde durch das Sozialgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 14. April 2004 (S 89 KR 2054/02) bestätigt.
Mit Urteil vom 13. Januar 2006 hob das SG den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 auf und verurteilte die Beklagte, die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des damals noch beigeladenen J. S., zu tragen. Es führte aus, die von der Beklagten erteilten Befreiungen der Ärzte bzw. Apotheker wirkten für die Tätigkeit als Pharmaberater weiter. Denn auch diese Tätigkeit sei dem Tätigkeitsfeld eines Arztes, Apothekers oder Veterinärmediziners zuzuordnen. Dies ergebe sich allein schon daraus, dass § 75 AMG vorsehe, dass für die Ausübung des Berufs des Pharmaberaters zwingend die Sachkunde eines Apothekers, Veterinär- oder Humanmediziners erforderlich sei. Nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG besäßen die entsprechende Sachkenntnis als Pharmaberater Apotheker und Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, Chemie, Biologie sowie der Human- oder Veterinärmedizin abgelegten Prüfung. Folglich sei die Sachkenntnis, die sich ein Arzt bzw. Apotheker im Rahmen seines Studiums angeeignet habe, zwingende Voraussetzung, um als Pharmaberater tätig zu sein, sofern nicht eine Ausbildung zum Pharmareferenten bzw. eine Berufsausbildung nach § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG vorliege. Ein Pharmaberater sei also entweder ein Arzt oder Apotheker oder eine Person, die eine Pharmareferentenausbildung oder eine Ausbildung zum MTA/PTA aufweisen könne. Jeder Kammerberuf umfasse immer auch Tätigkeiten, die von nicht studierten Mitarbeitern ausgeführt werden könnten. Dass die Tätigkeit des Arztes, Apothekers bzw. Veterinärmediziners auch die Tätigkeit als Pharmaberater erfasse, ergebe sich auch bei gesonderter Untersuchung der Begrifflichkeit des entsprechenden Berufsbilds nach den einschlägigen Berufsordnungen bzw. Satzungen der Versorgungswerke. Für den Apotheker gelte aufgrund der BApO nichts anderes. Insoweit arbeite der Pharmaberater im Bereich der Abgabe von Medikamenten und nutze in diesem Rahmen seine Sachkenntnis, um die aufgesuchten Ärzte und andere Stellen über die Wirkungen, Risiken und Anwendungsbereiche der verschiedenen Medikamente zu beraten. Das Urteil wurde der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 25. Januar 2006 zugestellt.
Gegen das Urteil hat die Beklagte am 15. Februar 2006 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zu Unrecht gehe das SG davon aus, dass die Sachkenntnis des Arztes, Tierarztes oder Apothekers für die Ausübung der Tätigkeit als Pharmaberater zwingend erforderlich sei. Die Berufsausübung der Angehörigen der Heilberufe ergebe sich nicht aus dem AMG, sondern aus den jeweiligen Berufsordnungen. Das AMG regle nicht, dass die Ausübung des Berufs als Pharmaberater zwingend die Sachkenntnis eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers erforderlich mache. Dies werde dadurch deutlich, dass nach § 75 Abs. 2 AMG auch Personen mit einem anderen beruflichen Werdegang als Pharmaberater tätig sein könnten. Dass die Tätigkeit als Pharmaberater somit auch von Personen ausgeübt werden könne, die nicht Arzt, Tierarzt oder Apotheker seien, mache deutlich, dass es sich nicht um eine berufsgruppenspezifische Beschäftigung von Ärzten, Tierärzten oder Apothekern handle. Dass diese aufgrund ihrer akademischen Ausbildung in der Lage und deswegen berechtigt seien, als Pharmaberater tätig zu sein, sowie außerdem besonders gute Voraussetzungen für diese Tätigkeit mitbrächten, reiche jedenfalls im Befreiungsrecht nicht aus, um von der Ausübung einer berufsgruppenspezifischen Beschäftigung auszugehen. Von einer berufsgruppenspezifischen Beschäftigung könne auch nicht deshalb ausgegangen werden, weil sie von einem Kammerberufsangehörigen ausgeübt und von dessen Berufsbild mit umfasst werde. Andernfalls wäre auch eine als Krankenpflegerin tätige Ärztin ebenso wie ein als Tierpfleger tätiger Tierarzt oder eine als pharmazeutisch-technische Assistentin beschäftigte Apothekerin als gruppenspezifisch beschäftigt anzusehen. Auch die Satzungen der jeweiligen Versorgungswerke sähen regelmäßig jede Tätigkeit, bei der die im Studium erworbenen Kenntnisse vorausgesetzt, eingesetzt, verwendet oder mit verwendet würden, als ärztliche, tierärztliche oder pharmazeutische Tätigkeit an. Es reiche nicht aus, bei der Beurteilung einer Beschäftigung als berufsgruppenspezifisch im Rahmen des Befreiungsrechts darauf abzustellen, dass die Tätigkeit zumindest auch ein Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausüben könne, weil er über eine entsprechende wissenschaftliche Ausbildung verfüge. Dies sei bei Pharmaberatern gerade nicht der Fall, weil diese Tätigkeit auch von Personen ohne entsprechende akademische Ausbildung ausgeübt werden könne. Wodurch die Tätigkeit als Arzt, Tierarzt oder Apotheker gekennzeichnet sei, ergebe sich aus den jeweiligen Berufsordnungen für Ärzte, Tierärzte bzw. Apotheker. Insoweit seien Pharmaberater lediglich Außendienst- bzw. Betriebsmitarbeiter pharmazeutischer Unternehmen, deren Aufgabe hauptsächlich darin bestehe, die Heilberufsangehörigen über Produkte ihres eigenen Unternehmens zu informieren und diese am Markt zu platzieren.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Januar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
12 
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen, soweit die Beklagte für die Beigeladenen Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 78.621,99 geltend macht, hilfsweise die Revision zuzulassen.
14 
Die Klägerin hat (Schriftsatz vom 24. Oktober 2006) klargestellt, dass eine Beitragsnachforderung von EUR 1.891,11 von Anfang an unstreitig gewesen sei.
15 
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung könne nicht abstrakt anhand des SGB VI beurteilt werden. Was als berufsspezifisch für den jeweiligen Kammerberuf anzusehen sei, sei nur anhand der jeweiligen Kammergesetze, Berufsordnungen und Satzungen der Versorgungswerke zu bestimmen. Unabhängig davon sei auf den vorliegenden Fall § 75 AMG anzuwenden, der als lex specialis in Ergänzung zur Bundesärzteordnung (BÄO), zur Bundestierärzteordnung (BTO) und zur BApO definiere, dass eine Tätigkeit als Pharmaberater für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker als berufsspezifisch anzusehen sei. Das AMG beschreibe damit als Teilmenge einen Aspekt der ärztlichen, tierärztlichen und pharmazeutischen Tätigkeit. Damit sei die Tätigkeit als Pharmaberater eine berufsspezifische, für den jeweiligen Berufsstand des Arztes bzw. Apothekers typische Berufstätigkeit. Die bisherige Rechtsprechung gehe von einem überholten Berufsbild der streitgegenständlichen Kammerberufe und einem dogmatisch falschen Ansatzpunkt bei der Bestimmung dieser Berufsbilder aus. Die in den Berufsordnungen des Bundes niedergelegten Begriffe des Arztes, Tierarztes oder Apothekers müssten berufsrechtlich durch die jeweilige Landesgesetzgebung einschließlich der Landeskammergesetze spezifiziert werden. Dies ergebe sich für das Berufsbild des Apothekers mustergültig aus dem vorgelegten Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 24. August 2005 (M 16 K 05.11/93). Es sei unzulässig, beispielsweise das berufsspezifische Gepräge eines Apothekers anhand des klassischen Berufsbilds eines in einer öffentlichen Apotheke tätigen Apothekers zu bestimmen und alle anderen pharmazeutischen Tätigkeiten davon auszuschließen. Es sei nicht zulässig, bei der Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ein Berufsbild zugrunde zu legen, welches enger zugeschnitten sei, als es von den jeweiligen Kammern in den Grenzen ihrer berufsständischen Autonomie festgelegt werde. Es liege die Definitionshoheit der Berufsbilder bei der Gesetzgebungskompetenz der Länder und der darauf beruhenden berufsständischen Satzungsautonomie. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sie (die Klägerin) als Pharmaberater bewusst keine Pharmareferenten im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG einsetze, sondern ausschließlich die in § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG genannten Personen, die nach ihrer Auffassung allein die nötige Kompetenz besäßen, Angehörige von Heilberufen fachkundig und auf gleicher Augenhöhe über ihre Produkte zu informieren.
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Der Berichterstatter des Senats hat mit Beschluss vom 21. August 2006 die Beiladung des J. S. aufgehoben und mit weiterem Beschluss vom 12. September 2006 die Beigeladenen zu 1) bis 4) zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene zu 1) hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die übrigen Beigeladenen habe sich am Verfahren nicht beteiligt und keine Anträge gestellt.
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Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 ist rechtmäßig.
19 
1. Angefochten hat die Klägerin den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen in Höhe von EUR 78.621,99 nachforderte sowie die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des früher Beigeladenen J. S. für die Zukunft feststellte. Nicht angefochten hat die Klägerin den Bescheid, soweit die Beklagte darüber hinaus weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.891,11 nachforderte. Insoweit hätte das SG bereits den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nicht aufheben dürfen.
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Im Berufungsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordern kann. Soweit es im Klageverfahren um die (weitere) Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Pharmaberaters J. S. für die Zukunft ging, hat sich die auch dagegen gerichtete Klage durch das von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teil-Anerkenntnis erledigt. Dieses Teil-Anerkenntnis war lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Im Übrigen war aufgrund dieses Teil-Anerkenntnisses die vom SG ausgesprochene Beiladung des J. S. aufzuheben, wie geschehen.
21 
2. Der in der Berufungsinstanz noch streitige Beitragsbescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004, soweit er die Beitragsnachforderung zur Rentenversicherung für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 für die im Berufungsverfahren Beigeladenen, die als Pharmaberater bei der Klägerin in der streitigen Zeit abhängig beschäftigt waren, beinhaltet, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hätte das SG die genannten Bescheide nicht aufheben dürfen.
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2.1. Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Insoweit lag eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin vor. Versicherungspflicht und sich daraus ergebende Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die wegen der Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit sind. Nach § 7 Abs. 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung galt insoweit: Auf ihren Antrag wurden (ferner) von der Versicherungspflicht befreit Personen, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf einem Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten waren und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst wurden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen war. Über den Antrag entschied der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständige Träger der Rentenversicherung (§ 7 Abs. 4 AVG). Die Befreiung wirkte vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, soweit sie innerhalb von zwei Monaten danach beantragt wurde, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 7 Abs. 3 AVG). Ab 01. Januar 1992 erfolgte diese Befreiung nach den Vorschriften des SGB VI. Insoweit lautete § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung wie folgt: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Mit Wirkung ab 01. Januar 1996 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geändert; ferner wurden in Absatz 1 die Sätze 2 ff. eingefügt. Insoweit lautet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
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a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
24 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
25 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
26 
Ferner wurden die folgenden Sätze 2 ff. angefügt: Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag entstanden, an dem das für die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 01. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit vor der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- bzw. Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entscheidet über die Befreiung der Träger der Rentenversicherung, nachdem die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt nach § 6 Abs. 4 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (Satz 2 der Vorschrift).
27 
Die Befreiung gilt danach, auch wenn sie bereits vor dem 01. Januar 1992 ausgesprochen wurde (vgl. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wie bei der Beigeladenen zu 4), nicht personen-, sondern beschäftigungs- bzw. tätigkeitsbezogen. Sie gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt worden ist. Lediglich eine nur vorübergehende (hier nicht vorliegend) berufsfremde Tätigkeit führt nicht zum Wechsel des Alterssicherungssystems (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12). Wird insoweit eine berufsfremde Tätigkeit, für die die Befreiung nicht erteilt worden ist, ausgeübt, wird der Befreiungsbescheid für diese andere Tätigkeit gegenstandslos, bedarf jedoch nicht seiner Aufhebung, um Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung für eine berufsfremde Tätigkeit entstehen zu lassen (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).
28 
Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen vor der Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit als Pharmaberater von der Beklagten nach § 7 Abs. 2 AVG (die Beigeladene zu 4) bzw. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (die Beigeladenen zu 1 bis 3) von der Versicherungspflicht befreit worden sind. Die Befreiung der Beigeladenen zu 1) als approbierte Tierärztin ab 01. Januar 1995 beruht nach dem Bescheid vom 04. August 1995 auf der durch die Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit begründeten Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Bei der Beigeladenen zu 2) als ebenfalls approbierte Tierärztin beruht die Befreiung ab 01. Juli 1992 nach dem Bescheid vom 06. Januar 1993 auf der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Hessen. Die erfolgte Befreiung bezog sich bei den Beigeladenen zu 1) und 2) auf die jeweils vor der Beschäftigung bei der Klägerin von ihnen ausgeübte Tätigkeit als approbierte Tierärztin auf der Grundlage der BTO. In der BTO sind die Voraussetzungen der Approbation geregelt, wobei u.a. erforderlich ist, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von mindestens fünf Jahren, von denen sechs Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die tierärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BTO). Nach § 1 Abs. 1 BTO ist der Tierarzt berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestands beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist nach Abs. 2 der Vorschrift kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf. Beim Beigeladenen zu 3) als approbiertem Arzt beruht die Befreiung nach der Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 ab 01. Dezember 1995 auf der Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihm vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierter Arzt, wobei die Voraussetzungen der Approbation in der Bundesärzteordnung (BOÄ) geregelt sind. Danach setzt die Approbation u.a. voraus, dass nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BOÄ). Bei der Beigeladenen zu 4) als approbierte Apothekerin beruht die Befreiung ab 01. April 1990 auf der Pflichtmitgliedschaft (seit 01. August 1995 freiwillige Mitgliedschaft) in der Apothekerversorgung Berlin. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihr vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierte Apothekerin im Sinne der BApO, in der die Voraussetzungen der Approbation geregelt sind; u.a. ist dafür erforderlich, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von fünf Jahren, von denen zwölf Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BApO). Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen; er dient damit der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Die Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“ (§ 2 Abs. 3 BApO).
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Soweit die Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin als Pharmaberater tätig waren - die Beigeladene zu 1) beginnend ab 01. Januar 2001, die Beigeladene zu 2) beginnend ab 01. September 1997, der Beigeladene zu 3) beginnend ab 01. Januar 1999 und die Beigeladene zu 4) beginnend ab 01. Mai 1997 - bezog sich die ihnen gegenüber ausgesprochene Befreiung auf die ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker, nicht aber auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Insoweit handelte sich jeweils um eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, bei der auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V nicht vorlagen. Die Tätigkeit als Pharmaberater erforderte nicht zwingend die Approbation als Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker führen zu dürfen, wie sie für die Tätigkeiten erforderlich war, die die Beigeladenen ausgeübt hatten, als sie befreit worden waren. Die Aufgabe des Pharmaberaters wird in § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG gesetzlich dahin definiert, dass, wie hier von den Beigeladenen geschehen, er hauptberuflich Angehörige von Heilberufen aufsucht, um diese über Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren, und zwar auch fernmündlich. Diese Tätigkeit entspricht nicht dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Arztes, Tierarztes und Apothekers, unabhängig davon, dass es für den approbierten Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt. Insoweit ist, abgesehen vom „Geprüften Pharmareferenten“ im Sinne der Verordnung vom 02. Mai 1978, Pharmaberater keine Berufs-, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung, die eine typische (Mindest-)Sachkenntnis verlangt, um Angehörige von Heilberufen entsprechend informieren zu können. Dabei werden Inhalt und Umfang der Informationen, die der Pharmaberater an Angehörige der Heilberufe weiterzugeben hat, in der Regel vom Auftraggeber (hier die Klägerin) festgelegt. Diese typische (Mindest-)Sachkenntnis für die Tätigkeit des Pharmaberaters wird durch das mittlere Ausbildungsniveau der in § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG genannten Assistenten dokumentiert, nämlich der Apothekenassistenten sowie der Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin. Diesem typischerweise nur mittleren Ausbildungsniveau entsprechen auch die Personen mit einer beruflichen Fortbildung als Geprüfter Pharmareferent nach § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG und der entsprechenden Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmaberater. Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich daraus, dass nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG diese entsprechende typische Sachkenntnis für die Tätigkeit als Pharmaberater auch Apothekern oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegten Prüfung zugestanden wird, nicht, dass diese qualifizierten Hochschulausbildungen zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit als Pharmaberater sind, mithin auch die Tätigkeit als Pharmaberater zum typischen, durch die entsprechenden Hochschulausbildungen geprägten Berufsbild gehört. Die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln gehört nicht zum wesentlichen Kernbereich der ärztlichen, tierärztlichen bzw. pharmazeutischen Tätigkeit, sondern berührt nur Randbereiche davon. Es genügt daher hier für die versicherungsrechtlich zu beurteilende (erteilte) Befreiung nicht, dass es der Gesetzgeber auch bei Ärzten, Tierärzten und Apothekern im Hinblick auf das insoweit wesentliche höhere Ausbildungsniveau im Vergleich zum typischen mittleren Ausbildungsniveau nach § 75 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 AMG zulässt, dass auch ein approbierter Arzt, Tierarzt und Apotheker als Pharmaberater arbeitet, ohne als Sachkundenachweis eine gesonderte Prüfung ablegen zu müssen. Allein der Umstand, dass die für die Tätigkeit als Pharmaberater typischerweise erforderliche Sachkenntnis als so genannte Teilmenge auch aufgrund der nach der BÄO, der BTO und der BApO erforderlichen umfassenden Ausbildung (mit Prüfung) als Arzt, Tierarzt oder Apotheker unterstellt wird, rechtfertigt die Erstreckung der Befreiung eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers, der später die Tätigkeit als Pharmaberater ausübt, auch auf diese andere Tätigkeit nicht. Die Tätigkeit als Pharmaberater wird, wenn sie von einem approbierten Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausgeübt wird, nicht zu einem typischen Kammerberuf der entsprechenden Berufskammern mit einer Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufsständischen Versorgungseinrichtung für die selbstständigen Berufe, zumal beispielsweise auch die Tätigkeit als Apothekenassistent bzw. aufgrund einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Human- oder der Veterinärmedizin nicht zu den selbstständigen Kammerberufen gehört. Darauf, dass auch der als Pharmaberater tätige approbierte Arzt, Tierarzt und Apotheker bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat, kommt es nicht an. Auch ist nicht entscheidend, ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen (hier in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin) eine Tätigkeit als Pharmaberater eine Pflichtmitgliedschaft noch begründen mag. Darauf, wie die entsprechenden Kammergesetze bzw. Satzungen die Pflichtmitgliedschaft bestimmen, kommt es für den tätigkeitsbezogenen Umfang der hier jeweils von der Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung/Befreiung erteilten Befreiungen, die sich nicht auf eine Tätigkeit als Pharmaberater bezogen hatten, weil eine solche Tätigkeit zum diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt worden war, nicht an. Auch kann sich die Klägerin für die Geltung der Befreiung für die Tätigkeit als Pharmaberater nicht darauf berufen, dass sie ihrem Vortrag zufolge als Pharmaberater lediglich Personen mit der umfassenden Sachkenntnis beispielsweise als Arzt, Tierarzt oder Apotheker im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG beschäftigt.
30 
2.2. Da danach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Pharmaberater nicht gilt, hat die Beklagte zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit seit 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachgefordert. Die Beklagte hat diese Beiträge zutreffend berechnet. Insoweit verweist der Senat auf die Anlagen zum Beitragsbescheid. Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
31 
Die Beiträge sind auch nicht verjährt, insbesondere nicht für das Jahr 1997. Die hier zunächst anzunehmende vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gehemmt. Jedenfalls noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist galt dann im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2002, in dem die Klägerin über die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht informiert worden war, die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.
32 
Die Erhebung von Beiträgen verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die erfolgten Meldungen an die Einzugsstellen berufen. Es ist gerade Aufgabe der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV unabhängig von den von der Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen die ordnungsgemäße Beitragserhebung zu prüfen. Auch der Umstand, dass eine im Mai 1997 durchgeführte Betriebsprüfung keine Beanstandung hinsichtlich der beschäftigten Pharmaberater ergeben hatte, führt nicht dazu, dass hier die Beitragserhebung ausgeschlossen wäre. Die jeweiligen Betriebsprüfungen beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum, für den möglicherweise neue Erkenntnisse zur Erhebung von Beiträgen zu berücksichtigen sind.
33 
Danach war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung. mit §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist das Teil-Anerkenntnis der Beklagten zu berücksichtigen.
35 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
36 
4. Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes (GKG). Bei der Bestimmung des Streitwerts des sozialgerichtlichen Verfahrens ist zu berücksichtigen, dass neben der streitigen Beitragsforderung in Höhe von EUR 78.621,99, die sich auf die Beigeladenen bezog, ferner im erstinstanzlichen Verfahren auch noch die Feststellung der Versicherungspflicht mit Beitragspflicht für die Zukunft des J. S. im Streit war. Insoweit ist von dem Streitwert von EUR 5.000,00 nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszugehen, dieser jedoch im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Jahren auf EUR 15.000,00 zu erhöhen, weshalb sich für das sozialgerichtliche Verfahren ein Streitwert von EUR 93.621,99 ergibt. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert endgültig auf EUR 78.621,99 festzusetzen.

Gründe

 
18 
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 ist rechtmäßig.
19 
1. Angefochten hat die Klägerin den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen in Höhe von EUR 78.621,99 nachforderte sowie die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des früher Beigeladenen J. S. für die Zukunft feststellte. Nicht angefochten hat die Klägerin den Bescheid, soweit die Beklagte darüber hinaus weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.891,11 nachforderte. Insoweit hätte das SG bereits den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nicht aufheben dürfen.
20 
Im Berufungsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordern kann. Soweit es im Klageverfahren um die (weitere) Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Pharmaberaters J. S. für die Zukunft ging, hat sich die auch dagegen gerichtete Klage durch das von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teil-Anerkenntnis erledigt. Dieses Teil-Anerkenntnis war lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Im Übrigen war aufgrund dieses Teil-Anerkenntnisses die vom SG ausgesprochene Beiladung des J. S. aufzuheben, wie geschehen.
21 
2. Der in der Berufungsinstanz noch streitige Beitragsbescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004, soweit er die Beitragsnachforderung zur Rentenversicherung für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 für die im Berufungsverfahren Beigeladenen, die als Pharmaberater bei der Klägerin in der streitigen Zeit abhängig beschäftigt waren, beinhaltet, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hätte das SG die genannten Bescheide nicht aufheben dürfen.
22 
2.1. Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Insoweit lag eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin vor. Versicherungspflicht und sich daraus ergebende Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die wegen der Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit sind. Nach § 7 Abs. 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung galt insoweit: Auf ihren Antrag wurden (ferner) von der Versicherungspflicht befreit Personen, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf einem Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten waren und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst wurden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen war. Über den Antrag entschied der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständige Träger der Rentenversicherung (§ 7 Abs. 4 AVG). Die Befreiung wirkte vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, soweit sie innerhalb von zwei Monaten danach beantragt wurde, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 7 Abs. 3 AVG). Ab 01. Januar 1992 erfolgte diese Befreiung nach den Vorschriften des SGB VI. Insoweit lautete § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung wie folgt: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Mit Wirkung ab 01. Januar 1996 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geändert; ferner wurden in Absatz 1 die Sätze 2 ff. eingefügt. Insoweit lautet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
23 
a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
24 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
25 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
26 
Ferner wurden die folgenden Sätze 2 ff. angefügt: Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag entstanden, an dem das für die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 01. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit vor der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- bzw. Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entscheidet über die Befreiung der Träger der Rentenversicherung, nachdem die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt nach § 6 Abs. 4 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (Satz 2 der Vorschrift).
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Die Befreiung gilt danach, auch wenn sie bereits vor dem 01. Januar 1992 ausgesprochen wurde (vgl. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wie bei der Beigeladenen zu 4), nicht personen-, sondern beschäftigungs- bzw. tätigkeitsbezogen. Sie gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt worden ist. Lediglich eine nur vorübergehende (hier nicht vorliegend) berufsfremde Tätigkeit führt nicht zum Wechsel des Alterssicherungssystems (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12). Wird insoweit eine berufsfremde Tätigkeit, für die die Befreiung nicht erteilt worden ist, ausgeübt, wird der Befreiungsbescheid für diese andere Tätigkeit gegenstandslos, bedarf jedoch nicht seiner Aufhebung, um Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung für eine berufsfremde Tätigkeit entstehen zu lassen (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).
28 
Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen vor der Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit als Pharmaberater von der Beklagten nach § 7 Abs. 2 AVG (die Beigeladene zu 4) bzw. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (die Beigeladenen zu 1 bis 3) von der Versicherungspflicht befreit worden sind. Die Befreiung der Beigeladenen zu 1) als approbierte Tierärztin ab 01. Januar 1995 beruht nach dem Bescheid vom 04. August 1995 auf der durch die Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit begründeten Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Bei der Beigeladenen zu 2) als ebenfalls approbierte Tierärztin beruht die Befreiung ab 01. Juli 1992 nach dem Bescheid vom 06. Januar 1993 auf der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Hessen. Die erfolgte Befreiung bezog sich bei den Beigeladenen zu 1) und 2) auf die jeweils vor der Beschäftigung bei der Klägerin von ihnen ausgeübte Tätigkeit als approbierte Tierärztin auf der Grundlage der BTO. In der BTO sind die Voraussetzungen der Approbation geregelt, wobei u.a. erforderlich ist, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von mindestens fünf Jahren, von denen sechs Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die tierärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BTO). Nach § 1 Abs. 1 BTO ist der Tierarzt berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestands beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist nach Abs. 2 der Vorschrift kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf. Beim Beigeladenen zu 3) als approbiertem Arzt beruht die Befreiung nach der Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 ab 01. Dezember 1995 auf der Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihm vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierter Arzt, wobei die Voraussetzungen der Approbation in der Bundesärzteordnung (BOÄ) geregelt sind. Danach setzt die Approbation u.a. voraus, dass nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BOÄ). Bei der Beigeladenen zu 4) als approbierte Apothekerin beruht die Befreiung ab 01. April 1990 auf der Pflichtmitgliedschaft (seit 01. August 1995 freiwillige Mitgliedschaft) in der Apothekerversorgung Berlin. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihr vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierte Apothekerin im Sinne der BApO, in der die Voraussetzungen der Approbation geregelt sind; u.a. ist dafür erforderlich, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von fünf Jahren, von denen zwölf Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BApO). Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen; er dient damit der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Die Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“ (§ 2 Abs. 3 BApO).
29 
Soweit die Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin als Pharmaberater tätig waren - die Beigeladene zu 1) beginnend ab 01. Januar 2001, die Beigeladene zu 2) beginnend ab 01. September 1997, der Beigeladene zu 3) beginnend ab 01. Januar 1999 und die Beigeladene zu 4) beginnend ab 01. Mai 1997 - bezog sich die ihnen gegenüber ausgesprochene Befreiung auf die ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker, nicht aber auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Insoweit handelte sich jeweils um eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, bei der auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V nicht vorlagen. Die Tätigkeit als Pharmaberater erforderte nicht zwingend die Approbation als Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker führen zu dürfen, wie sie für die Tätigkeiten erforderlich war, die die Beigeladenen ausgeübt hatten, als sie befreit worden waren. Die Aufgabe des Pharmaberaters wird in § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG gesetzlich dahin definiert, dass, wie hier von den Beigeladenen geschehen, er hauptberuflich Angehörige von Heilberufen aufsucht, um diese über Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren, und zwar auch fernmündlich. Diese Tätigkeit entspricht nicht dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Arztes, Tierarztes und Apothekers, unabhängig davon, dass es für den approbierten Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt. Insoweit ist, abgesehen vom „Geprüften Pharmareferenten“ im Sinne der Verordnung vom 02. Mai 1978, Pharmaberater keine Berufs-, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung, die eine typische (Mindest-)Sachkenntnis verlangt, um Angehörige von Heilberufen entsprechend informieren zu können. Dabei werden Inhalt und Umfang der Informationen, die der Pharmaberater an Angehörige der Heilberufe weiterzugeben hat, in der Regel vom Auftraggeber (hier die Klägerin) festgelegt. Diese typische (Mindest-)Sachkenntnis für die Tätigkeit des Pharmaberaters wird durch das mittlere Ausbildungsniveau der in § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG genannten Assistenten dokumentiert, nämlich der Apothekenassistenten sowie der Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin. Diesem typischerweise nur mittleren Ausbildungsniveau entsprechen auch die Personen mit einer beruflichen Fortbildung als Geprüfter Pharmareferent nach § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG und der entsprechenden Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmaberater. Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich daraus, dass nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG diese entsprechende typische Sachkenntnis für die Tätigkeit als Pharmaberater auch Apothekern oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegten Prüfung zugestanden wird, nicht, dass diese qualifizierten Hochschulausbildungen zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit als Pharmaberater sind, mithin auch die Tätigkeit als Pharmaberater zum typischen, durch die entsprechenden Hochschulausbildungen geprägten Berufsbild gehört. Die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln gehört nicht zum wesentlichen Kernbereich der ärztlichen, tierärztlichen bzw. pharmazeutischen Tätigkeit, sondern berührt nur Randbereiche davon. Es genügt daher hier für die versicherungsrechtlich zu beurteilende (erteilte) Befreiung nicht, dass es der Gesetzgeber auch bei Ärzten, Tierärzten und Apothekern im Hinblick auf das insoweit wesentliche höhere Ausbildungsniveau im Vergleich zum typischen mittleren Ausbildungsniveau nach § 75 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 AMG zulässt, dass auch ein approbierter Arzt, Tierarzt und Apotheker als Pharmaberater arbeitet, ohne als Sachkundenachweis eine gesonderte Prüfung ablegen zu müssen. Allein der Umstand, dass die für die Tätigkeit als Pharmaberater typischerweise erforderliche Sachkenntnis als so genannte Teilmenge auch aufgrund der nach der BÄO, der BTO und der BApO erforderlichen umfassenden Ausbildung (mit Prüfung) als Arzt, Tierarzt oder Apotheker unterstellt wird, rechtfertigt die Erstreckung der Befreiung eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers, der später die Tätigkeit als Pharmaberater ausübt, auch auf diese andere Tätigkeit nicht. Die Tätigkeit als Pharmaberater wird, wenn sie von einem approbierten Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausgeübt wird, nicht zu einem typischen Kammerberuf der entsprechenden Berufskammern mit einer Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufsständischen Versorgungseinrichtung für die selbstständigen Berufe, zumal beispielsweise auch die Tätigkeit als Apothekenassistent bzw. aufgrund einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Human- oder der Veterinärmedizin nicht zu den selbstständigen Kammerberufen gehört. Darauf, dass auch der als Pharmaberater tätige approbierte Arzt, Tierarzt und Apotheker bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat, kommt es nicht an. Auch ist nicht entscheidend, ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen (hier in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin) eine Tätigkeit als Pharmaberater eine Pflichtmitgliedschaft noch begründen mag. Darauf, wie die entsprechenden Kammergesetze bzw. Satzungen die Pflichtmitgliedschaft bestimmen, kommt es für den tätigkeitsbezogenen Umfang der hier jeweils von der Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung/Befreiung erteilten Befreiungen, die sich nicht auf eine Tätigkeit als Pharmaberater bezogen hatten, weil eine solche Tätigkeit zum diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt worden war, nicht an. Auch kann sich die Klägerin für die Geltung der Befreiung für die Tätigkeit als Pharmaberater nicht darauf berufen, dass sie ihrem Vortrag zufolge als Pharmaberater lediglich Personen mit der umfassenden Sachkenntnis beispielsweise als Arzt, Tierarzt oder Apotheker im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG beschäftigt.
30 
2.2. Da danach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Pharmaberater nicht gilt, hat die Beklagte zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit seit 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachgefordert. Die Beklagte hat diese Beiträge zutreffend berechnet. Insoweit verweist der Senat auf die Anlagen zum Beitragsbescheid. Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
31 
Die Beiträge sind auch nicht verjährt, insbesondere nicht für das Jahr 1997. Die hier zunächst anzunehmende vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gehemmt. Jedenfalls noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist galt dann im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2002, in dem die Klägerin über die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht informiert worden war, die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.
32 
Die Erhebung von Beiträgen verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die erfolgten Meldungen an die Einzugsstellen berufen. Es ist gerade Aufgabe der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV unabhängig von den von der Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen die ordnungsgemäße Beitragserhebung zu prüfen. Auch der Umstand, dass eine im Mai 1997 durchgeführte Betriebsprüfung keine Beanstandung hinsichtlich der beschäftigten Pharmaberater ergeben hatte, führt nicht dazu, dass hier die Beitragserhebung ausgeschlossen wäre. Die jeweiligen Betriebsprüfungen beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum, für den möglicherweise neue Erkenntnisse zur Erhebung von Beiträgen zu berücksichtigen sind.
33 
Danach war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung. mit §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist das Teil-Anerkenntnis der Beklagten zu berücksichtigen.
35 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
36 
4. Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes (GKG). Bei der Bestimmung des Streitwerts des sozialgerichtlichen Verfahrens ist zu berücksichtigen, dass neben der streitigen Beitragsforderung in Höhe von EUR 78.621,99, die sich auf die Beigeladenen bezog, ferner im erstinstanzlichen Verfahren auch noch die Feststellung der Versicherungspflicht mit Beitragspflicht für die Zukunft des J. S. im Streit war. Insoweit ist von dem Streitwert von EUR 5.000,00 nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszugehen, dieser jedoch im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Jahren auf EUR 15.000,00 zu erhöhen, weshalb sich für das sozialgerichtliche Verfahren ein Streitwert von EUR 93.621,99 ergibt. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert endgültig auf EUR 78.621,99 festzusetzen.

Tenor

Die Revision des Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. März 2011 wird zurückgewiesen, soweit es die ihn betreffende, von der Beklagten gegenüber der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2003 geltend gemachte Beitragsforderung anbelangt.

Im Übrigen wird auf die Revision des Beigeladenen das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) sowie eine daran anknüpfende Beitragsforderung.

2

Der 1967 geborene Beigeladene ist approbierter Arzt. Auf seinen Antrag vom 11.10.1997 wurde er mit Blick auf sein Beschäftigungsverhältnis als Arzt im Praktikum bei dem St. J. Krankenhaus Bonn und seine Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung ab 1.10.1997 von der Versicherungspflicht in der GRV befreit (Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 29.12.1997). Der Beigeladene ist seit 1.4.1998 bei der Klägerin - einem Unternehmen der pharmazeutischen Industrie - beschäftigt. Vom 1.12.1999 bis 30.4.2000 war er dort als "Medical Manager Dermatologie/Rheumatologie" im Innendienst tätig und wurde danach im Außendienst als Pharmaberater eingesetzt. Nach den Feststellungen des LSG führte er dabei ua Patientengespräche und hielt medizinisch-wissenschaftliche Vorträge. Darüber hinaus bearbeitete er Anfragen zu Medikamenten, die er während seiner vorangegangenen Tätigkeit betreut hatte.

3

Aufgrund einer im Oktober 2004 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung für den Zeitraum 1.12.1999 bis 31.12.2003 stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund ua hinsichtlich des Beigeladenen für den gesamten Prüfzeitraum Versicherungspflicht in der GRV fest und forderte von der Klägerin Beiträge in Höhe von 43 435,05 Euro (Bescheid vom 1.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 1.3.2006).

4

Auf die hiergegen gerichtete Klage hat die Beklagte ua bezüglich des Beigeladenen ein Teilanerkenntnis abgegeben und die Beitragsnachforderung für den Zeitraum 1.12.1999 bis 30.4.2000 nicht mehr geltend gemacht. Das SG hat die darüber hinausgehende Klage durch Urteil vom 25.8.2009 abgewiesen.

5

Dagegen haben die Klägerin und der Beigeladene Berufung eingelegt. Mit Bescheid vom 28.10.2009 hat die Beklagte ihr Teilanerkenntnis ausgeführt und für den Beigeladenen nur noch Beiträge für die Zeit 1.5.2000 bis 31.12.2003 in Höhe von 39 232,50 Euro gefordert. Das LSG hat die Berufungen zurückgewiesen: Der Beigeladene sei in der im streitigen Zeitraum ausgeübten Tätigkeit nicht gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit gewesen. Die ihm früher erteilte Befreiung von Versicherungspflicht in der GRV wirke nach § 6 Abs 5 S 1 SGB VI nur für berufsgruppenspezifische Tätigkeiten, bei denen die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB VI vorlägen. Wenn eine berufsständische Versorgungseinrichtung eine Pflichtmitgliedschaft annehme, binde dies weder Verwaltung noch Gerichte. Eine Bindungswirkung könne allenfalls einer Bestätigung der für die berufsständischen Versorgungseinrichtung zuständigen Verwaltungsbehörde nach § 6 Abs 3 SGB VI zukommen. Bei der streitigen vom Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit handele es sich nicht um eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit, weil es sich nicht um eine Beschäftigung als Arzt gehandelt habe. Wie sich hinsichtlich der Tätigkeit als Pharmaberater auch aus § 75 Abs 1 S 1 Arzneimittelgesetz (AMG) ergebe, sei für diese Tätigkeit die Ausbildung als Arzt eine zwar hinreichende, nicht aber notwendige Voraussetzung. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Kammer sei im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang ohne Belang. Eine nach dem Vortrag des Beigeladenen erfolgte telefonische Auskunft der Beklagten über seine in der streitigen Beschäftigung fortbestehende Versicherungsfreiheit sei irrelevant, weil rechtlich verbindlich allenfalls eine - hier fehlende - schriftliche Bestätigung sein könnte. Die vielfältigen Beweisanträge des Beigeladenen seien mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen (Urteil vom 1.3.2011).

6

Hiergegen wendet sich der Beigeladene mit seiner Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 6 Abs 5 S 1 und Abs 1 S 1 SGB VI sowie von § 103 SGG. Das LSG überspanne die Anforderungen an das Vorliegen einer zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV führenden berufsspezifischen Tätigkeit. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liege eine ärztliche Tätigkeit auch dann vor, wenn der Betroffene im administrativen und organisatorischen Bereich tätig sei und in seinem nicht völlig berufsfremden Einsatzgebiet von seinen erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten profitieren könne. § 75 AMG habe nicht die Aufgabe, zu definieren, wann Ärzte berufsuntypische Tätigkeiten ausübten, sondern regele lediglich einen Mindeststandard für die Ausübung der Tätigkeit als Pharmaberater. Die vom LSG vorgenommene Auslegung des Merkmals "berufsspezifische Tätigkeit" im Sinne von "berufsgruppenspezifische Tätigkeit" dürfe nicht dazu führen, dass Merkmale der konkret verrichteten Tätigkeit unberücksichtigt blieben. Die Klägerin habe ihn (den Beigeladenen) bewusst als Arzt eingestellt. Nur durch sein Studium sei er in der Lage gewesen, Brustkrebsstudien durchzuführen, was er auch tatsächlich als Pharmaberater getan habe. Das gleiche gelte für die von ihm durchgeführte Schulung ärztlichen Personals. Soweit das LSG das Fehlen einer Bestätigung nach § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI problematisiere, habe es selbst zu ermitteln gehabt, ob es eine solche Bestätigung gebe. Er (der Beigeladene) nehme für sich zudem Vertrauensschutz in Anspruch, weil ihm anlässlich eines Telefonats mit einem Mitarbeiter der BfA im Juni/Juli 2000 mitgeteilt worden sei, eine (erneute) Befreiung von der Versicherungspflicht sei weder nötig noch möglich. Dies decke sich inhaltlich mit schriftlichen Auskünften, die Arbeitskolleginnen und -kollegen erhalten hätten. Dem habe das LSG nachgehen müssen.

7

Der Beigeladene beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 1. März 2011 und des Sozialgerichts Freiburg vom 25. August 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Fassung des Bescheides vom 2. Januar 2006, des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2006 und des Bescheides vom 28. Oktober 2009 aufzuheben,

        

1.    

soweit es die ihn (den Beigeladenen) betreffende für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2003 geltend gemachte Beitragsforderung anbelangt,

        

2.    

soweit es die Feststellung seiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in diesem Zeitraum betrifft.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt im Wesentlichen die inhaltlichen Ausführungen des LSG-Urteils. Da die Tätigkeit eines Pharmaberaters gemäß § 75 AMG auch Personen mit anderem Ausbildungshintergrund offen stehe, handele es sich hierbei nicht um eine - wie erforderlich - berufsgruppenspezifische Beschäftigung von Ärzten. Ein besonderer Vertrauensschutz sei bei dem Beigeladenen nicht anzuerkennen. Ob, wann und mit welchem Inhalt das von ihm angeblich im Juni/Juli 2000 geführte Telefonat erfolgt sei, sei nicht nachgewiesen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben komme ohnehin nur bei Vorlage einer - hier fehlenden - schriftlichen Äußerung des Rentenversicherungsträgers in Betracht.

10

Die Klägerin schließt sich dem Antrag des Beigeladenen an, soweit es den Klagepunkt 1. betrifft.

Entscheidungsgründe

11

Die insgesamt zulässige Revision des Beigeladenen (= Beschäftigter) ist hinsichtlich der Beitragsforderung der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund unbegründet. Hinsichtlich der darüber hinaus ebenfalls angefochtenen Feststellung der Versicherungspflicht in der GRV ist seine Revision im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung erfolgreich.

12

1. Da die Klägerin keine Revision eingelegt hat, sondern sich lediglich dem Antrag des Beigeladenen hinsichtlich der geltend gemachten Beitragsforderung angeschlossen hat, ist Gegenstand des Revisionsverfahrens in Bezug auf diesen Punkt (nur noch) das Begehren des Beigeladenen, die gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheide der Beklagten aufzuheben, soweit darin für den noch streitigen Zeitraum vom 1.5.2000 bis 31.12.2003 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin Pflichtbeiträge zur GRV in Höhe von (noch) 39 232,50 Euro gefordert werden. Entgegen den vom LSG aufgenommenen Anträgen der Beteiligten erschöpft sich der Rechtsstreit allerdings nicht allein in der Anfechtung entsprechender Beitragsbescheide der Beklagten, sondern umfasst auch und gerade die den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegende Feststellung von Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GRV. Über die Frage der Versicherungspflicht hat die Beklagte mitentschieden; hierzu hat das LSG auf Seite 19 der Entscheidungsgründe ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene in der streitigen Zeit bei der Klägerin kraft Gesetzes der Versicherungspflicht in der GRV unterlegen habe.

13

2. Hinsichtlich der von der Beklagten geltend gemachten Beitragsforderung ist die Revision des Beigeladenen unbegründet, weil ihm insoweit für eine Anfechtung der Bescheide der Beklagten die erforderliche Klagebefugnis bzw ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die durch die angefochtenen Bescheide geltend gemachte Beitragsforderung richtet sich ausschließlich an die Klägerin als Arbeitgeberin (§ 28e Abs 1 S 1 SGB IV), sodass die Anfechtungsklage des Beigeladenen insoweit unzulässig ist. Ein Rückgriff der Klägerin als Arbeitgeberin auf den Beigeladenen - und damit eine eigene Belastung durch den Beitragsbescheid - wäre lediglich in den engen Grenzen des § 28g S 3 SGB IV möglich. Danach darf ein unterbliebener Abzug aber nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist (vgl zu den - strengen - Arbeitgeberpflichten insoweit zB BSGE 48, 195 = SozR 2200 § 394 Nr 1; Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 28g RdNr 23 unter Hinweis auf BT-Drucks 11/2221 S 24; Wehrhahn in Kasseler Komm, § 28g SGB IV RdNr 12 mwN, Stand Einzelkommentierung Juni 2012). Die Beteiligten haben diesbezüglich weder vorgetragen, dass die Klägerin einen Rückgriff dem Beigeladenen gegenüber in Aussicht gestellt hat, noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Voraussetzungen für einen derartigen Rückgriff erfüllt sein könnten.

14

3. Die Revision des Beigeladenen ist in Bezug auf seine Versicherungspflicht in der GRV im (noch) streitigen Zeitraum 1.5.2000 bis 31.12.2003 im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Ob die diese Versicherungspflicht feststellenden Bescheide der Beklagten Bestand haben können, lässt sich vom Senat anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Zwar hat das LSG im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die in diesem Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht von der durch Bescheid vom 29.12.1997 erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht umfasst ist (dazu a). Es hätte jedoch dem Vortrag des Beigeladenen nachgehen müssen, er sei infolge einer telefonischen Auskunft der Beklagten davon abgehalten worden, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für seine Beschäftigung bei der Klägerin zu beantragen bzw auf der formellen Bescheidung eines schon telefonisch gestellten Befreiungsantrags zu bestehen (dazu b).

15

a) Die Annahme des LSG, dass die Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GRV wegen seiner Beschäftigung bei der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht aufgrund seiner Befreiung von der Versicherungspflicht durch Bescheid vom 29.12.1997 ausgeschlossen ist, ist im Ergebnis zutreffend. Weder ist die Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin von der früher erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht umfasst (dazu aa), noch ist die frühere Befreiung hierauf zu erstrecken (dazu bb).

16

aa) Gemäß § 6 Abs 5 S 1 SGB VI(in seiner unverändert gebliebenen Ursprungsfassung vom 18.12.1989, BGBl I 2261) ist die Befreiung auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt.

17

(1) Bereits aus dem klaren Wortlaut der Regelung ergibt sich damit zweifelsfrei, dass mit einer Befreiungsentscheidung keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die "jeweilig" ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen in Betracht kommt, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen (vgl hierzu schon BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58 mwN; BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 9 f; Boecken, ArztR 10/1991, II, VII; ders in GK-SGB VI, § 6 RdNr 177, Stand Einzelkommentierung Januar 2007; Voelzke in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3, Rentenversicherungsrecht, 1999, § 17 RdNr 72 f).

18

Darüber hinaus ist dem Wortlaut ebenfalls zu entnehmen, dass Anknüpfungspunkt einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV allein die (jeweilige) "Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit" des Betroffenen ist. Der Gesetzeswortlaut in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI definiert die Reichweite einer Befreiung von der Versicherungspflicht damit nicht über die konkreten inhaltlichen Merkmale der ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, wie etwa Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflichen Status. Vielmehr werden in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI ausschließlich die Rechtsbegriffe der Beschäftigung und der selbstständigen Tätigkeit verwendet. "Beschäftigung" wiederum wird in § 7 Abs 1 S 1 SGB IV als "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" definiert und in Abs 1 S 2 der Regelung gekennzeichnet als Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines (konkreten) Weisungsgebers(vgl zur Arbeitgebereigenschaft näher zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17 f mwN; hierzu auch Dankelmann in jurisPK-SGB VI, 1. Aufl 2008, § 6 RdNr 151).

19

Bei der Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin handelt es sich vor diesem Hintergrund schon deshalb offensichtlich nicht um diejenige Beschäftigung iS von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI, die der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht durch den Bescheid der BfA vom 29.12.1997 zugrunde lag, weil es sich bei der Klägerin um einen anderen Arbeitgeber als das St. J. Krankenhaus handelt und ein anderes Arbeitsverhältnis und eine andere Beschäftigung im Raum steht.

20

(2) Die Maßgeblichkeit der alleinigen Anknüpfung an die konkrete Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI wird durch eine systematische Betrachtung der Befreiungsregelungen des SGB VI bestätigt.

21

So knüpft das Gesetz bei der Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für die - im Falle des Beigeladenen betroffenen - Angehörigen der freien verkammerten Berufe in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI an die wegen der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit bestehende Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung bei gleichzeitiger Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Kammer an. Dies steht zB im Gegensatz zur Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht für Lehrer oder Erzieher in § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI, worin kein solches qualifiziertes Befreiungserfordernis geregelt ist, sondern an eine bloße Berufsgruppenbezeichnung unabhängig vom dienstrechtlichen Status der Erwerbstätigkeit angeknüpft wird.

22

Darüber hinaus hat das Gesetz in der Sonderregelung des § 231 Abs 1 S 1 SGB VI festgelegt, dass Beschäftigte, die (unter Geltung des Vorgängerrechts im Angestelltenversicherungsgesetz) am 31.12.1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, lediglich in "derselben Beschäftigung" von der Versicherungspflicht in der GRV befreit bleiben. In dieser Bestandsschutzregelung kommt - übereinstimmend mit § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI - zum Ausdruck, dass der betroffene Personenkreis durch eine ausgesprochene Befreiung nur in Bezug auf die konkret ausgeübte Beschäftigung begünstigt bleiben soll, nicht aber für andere Erwerbstätigkeiten.

23

(3) Der Vergleich der vor 1992 maßgebenden mit der danach geltenden Rechtslage zeigt ebenfalls, dass der Gesetzgeber das Recht der Befreiung von der Versicherungspflicht durch das RRG 1992 (BGBl 1989 I 2261) umfassend neu ausgestaltet hat (hierzu bereits BSGE 83, 74, 77 f = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58 f). Zur Begründung der auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit begrenzten Reichweite der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs 5 S 1 SGB VI heißt es in den Gesetzesmaterialien, dass dies in Übereinstimmung mit den Grundsätzen zur Mehrfachbeschäftigung und mit § 5 Abs 1 SGB VI den sozialen Schutz der Betroffenen verbessern solle(Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zum Rentenreformgesetz 1992, BT-Drucks 11/4124 S 152). Im Übergangsrecht hat sich der Gesetzgeber zudem in § 231 Abs 1 S 1 SGB VI bewusst gegen eine einseitige Beachtung der Interessen der bereits von der Versicherungspflicht in der GRV befreiten Personen an der Aufrechterhaltung der Befreiung entschieden; mit der Regelung sollte vielmehr ein Ausgleich mit den gegenläufigen Interessen der Solidargemeinschaft herbeigeführt werden (Gesetzentwurf zum Rentenreformgesetz 1992, aaO, S 197 zu § 226).

24

bb) Die gegen die aufgezeigte Auslegung vorgebrachten Gesichtspunkte greifen nicht durch.

25

(1) Die von den Beteiligten in den Mittelpunkt ihres Vorbringens im Revisionsverfahren gerückte und vom LSG vertieft erörterte Frage, inwieweit es sich bei der Tätigkeit eines Pharmaberaters um eine "ärztliche Tätigkeit" handelt bzw handeln kann, ist für die vorliegend allein zu entscheidende Frage der Reichweite einer für eine konkrete Beschäftigung erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 S 1 SGB VI ohne Belang.

26

(2) Mit Rücksicht auf die Ausführungen unter aa) kann dem LSG auch nicht gefolgt werden, soweit es in Übereinstimmung mit einer in der Literatur (Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand VI/08, K § 6 RdNr 131; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 93; Klattenhoff, DAngVers 1996, 404, 410) vertretenen Auffassung angenommen hat, "Beschäftigung" iS von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI sei jede berufsgruppenspezifische Tätigkeit, für die die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB VI vorlägen. Diese Ansicht findet im Wortlaut des § 6 Abs 5 S 1 SGB VI jedenfalls dann, wenn es - wie im vorliegenden Fall - um eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für eine Beschäftigung geht, keine Stütze.

27

Diese Auffassung kann sich auch nicht auf das Urteil des seinerzeit zuständig gewesenen 1. Senats des BSG vom 18.9.1963 (1 RA 202/62 - BSGE 20, 37 = SozR Nr 3 zu § 7 AVG) stützen, weil die dortigen Ausführungen zur alten Rechtslage in § 7 Abs 2 AVG ergangen sind(hierzu bereits Urteil des Senats vom 30.4.1997 - 12 RK 34/96 - BSGE 80, 215, 219 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 14). Wie oben dargelegt, knüpft die vorliegend maßgebende Nachfolgeregelung des § 6 Abs 5 S 1 SGB VI demgegenüber allein an die Merkmale "Beschäftigung"(§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV)bzw "selbstständige Tätigkeit" an und zwar gerade nicht im Sinne eines bestimmten Berufsbildes oä (vgl oben 3. a) aa)).

28

Gegen die hier vorgenommene Auslegung spricht ebenso wenig das Urteil des 5. Senats des BSG vom 22.10.1998 (BSGE 83, 74, 81 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 62). Darin wird ausgeführt, dass die ältere Rechtsprechung des BSG in Fällen, in denen nach dem Ausscheiden aus der Pflichtmitgliedschaft noch eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit ausgeübt wurde, eine Fortdauer der Versicherungsbefreiung bei freiwilliger Weiterversicherung in der berufsständischen Versorgung angenommen hatte. Die Entscheidungsgründe des Urteils enthalten indessen keine Ausführungen dazu, ob und inwieweit auch unter der Geltung von § 6 Abs 5 S 1 SGB VI über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Merkmal "berufsgruppenspezifische Beschäftigung" maßgebend sein kann. Vielmehr beschränkt sich die Urteilsbegründung des 5. Senats auf die Feststellung, dass die Klägerin im dortigen Verfahren keine berufsgruppenspezifische Beschäftigung ausgeübt habe.

29

Im Übrigen könnte sich die og Auffassung auch nicht unter teleologischen Gesichtspunkten darauf stützen, in effektiver Weise zur Verwaltungsvereinfachung beizutragen, indem sie die Betroffenen davon entbinde, bei jedem Beschäftigungswechsel einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht zu stellen. Im Gegenteil würde gerade die Etablierung des Merkmals der berufsgruppenspezifischen Beschäftigung zu erheblichen Abgrenzungs- und Definitionsproblemen führen. Darüber hinaus würde es zu erheblichen Problemen bei der Beurteilung von Sachverhalten führen, in denen Versicherte bei einem Wechsel der Beschäftigung - in der irrigen Annahme, die neue Beschäftigung sei (ebenfalls) "berufsgruppenspezifisch" - keinen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht stellen und damit den Trägern der GRV keine zeitnahe Prüfung des (weiteren) Vorliegens der Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der neuen Beschäftigung ermöglichen. In diesen Fällen droht, dass die Rentenversicherungsträger - wie im vorliegenden Fall geschehen - uU erst Jahre nach dem Wechsel der Beschäftigung hiervon erfahren, in der neuen Beschäftigung aber wegen Wegfalls der Voraussetzungen für eine Befreiung Versicherungspflicht besteht und erhebliche Beiträge zur GRV nachzufordern sind.

30

cc) Rechtsfehlerfrei hat das LSG angenommen, dass keine Verpflichtung der Beklagten besteht, die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 5 S 2 SGB VI auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin zu erstrecken. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in den Fällen des § 6 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil es sich bei der im streitigen Zeitraum verrichteten Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht um eine von vornherein zeitlich begrenzte Beschäftigung gehandelt hat. Im Hinblick hierauf kann offenbleiben, ob die Erstreckung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB VI - ebenso wie die ursprüngliche Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 SGB VI - von einem vorherigen Antrag(§ 6 Abs 2 SGB VI) abhängig ist. Hierfür könnte sprechen, dass nach der Systematik des Befreiungsrechts ggf auch die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen muss.

31

b) Trotz der vorstehenden Ausführungen unter a) kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG gleichwohl nicht abschließend über das Vorliegen von Versicherungspflicht des Beigeladenen in seiner vom 1.5.2000 bis 31.12.2003 bei der Klägerin ausgeübten Beschäftigung entscheiden. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

32

Das LSG hätte dem Vortrag des Beigeladenen nachgehen müssen, dass er infolge einer telefonischen Auskunft der Beklagten davon abgehalten worden sei, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auch für die Beschäftigung bei der Klägerin zu beantragen bzw auf der formellen/schriftlichen Bescheidung eines schon telefonisch gestellten Befreiungsantrags zu bestehen. Sollte sich dieses Vorbringen als zutreffend herausstellen, könnten der Feststellung von Versicherungspflicht in der GRV in der noch streitigen Zeit ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bzw die Grundsätze von Treu und Glauben entgegenstehen.

33

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 12) verstößt es gegen Treu und Glauben, wenn ein Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht eines Betroffenen in der GRV feststellt, nachdem der Träger zuvor in einer Antwort auf die Frage des Betroffenen nach der Reichweite einer früheren Befreiung im Hinblick auf eine neu eingegangene Beschäftigung den Eindruck erzeugt hatte, auch insoweit trete wegen der schon erteilten früheren Befreiung keine Versicherungspflicht ein. An dieser Rechtsprechung - nach der es (anders als vom LSG zugrundegelegt) nicht darauf ankommt, ob Verlautbarungen des Rentenversicherungsträgers in Schriftform oder nur mündlich erfolgten - hält der Senat fest. In Betracht kommt darüber hinaus (alternativ) eine Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Danach kann ein Betroffener bei Betreuungspflichtverletzungen eines Sozialversicherungsträgers so zu behandeln sein, als hätte der angegangene Träger die ihm obliegenden Pflichten (vgl §§ 14, 15 SGB I)ordnungsgemäß erfüllt (vgl zB BSGE 65, 21, 26 = SozR 4100 § 137 Nr 12 S 16; BSGE 89, 50, 53 ff = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 6; Urteil des Senats vom 29.8.2012 - B 12 R 7/10 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2600 § 2 Nr 16 RdNr 28 vorgesehen). Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beigeladene falsch beraten und/oder durch eine falsche Auskunft der Beklagten von einer erneuten Antragstellung abgehalten wurde, hätte dies zur Folge, dass der Beigeladene so behandelt werden muss, als wäre ein seinerzeit gestellter Befreiungsantrag rechtmäßig beschieden worden.

34

bb) Entgegen den Erwägungen des LSG, die in den Ausführungen seiner Entscheidungsgründe anklingen, ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Beigeladene auf einen entsprechenden Antrag hin von der Beklagten von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für die von ihm ausgeübte Beschäftigung zu befreien gewesen wäre, wenn er wegen dieser Beschäftigung Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer war. Dies ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen. Dabei ist wegen § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a SGB VI auch zu prüfen, ob am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für die Berufsgruppe der die Beschäftigung zuzuordnen ist, bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat. Zwar bezieht sich das Wort "ihre" in Buchst a auf "Beschäftigte und selbstständig Tätige“ eingangs der Nr 1 des § 6 Abs 1 S 1 SGB VI, doch kommt es insoweit wegen der Anknüpfung der Befreiung an die konkret ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit, nicht auf die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten bzw Selbstständigen an. Maßgebend ist vielmehr die Klassifikation konkret der Tätigkeit, für die die Befreiung begehrt wird.

35

Die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des LSG schon deshalb nicht allein durch den Hinweis auf § 75 AMG verneint werden; denn aus der Verwendung des Begriffs Pharmaberater durch die Klägerin und den Beigeladenen folgt noch nicht, dass die konkreten Umstände der Beschäftigung tatsächlich der Legaldefinition des § 75 Abs 1 AMG entsprechen. Hinzu kommt, dass es sich bei dem in § 75 Abs 1 AMG verwendeten Begriff des Pharmaberaters anders als bei dem des in § 75 Abs 2 Nr 3 AMG genannten (geprüften) Pharmareferenten (vgl Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Pharmareferent/Geprüfte Pharmareferentin vom 26.6.2007, BGBl I 1192) nicht um eine geschützte Berufsbezeichnung, sondern um eine Tätigkeitsbeschreibung handelt (vgl zB Schickert in Kügel, AMG, 2012, § 75 RdNr 3 mwN).

36

cc) Das vom LSG darüber hinaus problematisierte Fehlen der von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI geforderten Bestätigung der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde steht einer Befreiung des Beigeladenen von der Versicherungspflicht in der GRV ebenfalls nicht von vornherein entgegen. Nach der gesetzlichen Konzeption geht die Bestätigung der letztlich bindenden Entscheidung des Rentenversicherungsträgers voraus (vgl Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 143, Stand Einzelkommentierung VI/08; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 6 RdNr 73). Es ist jedoch kein Grund erkennbar, dass die Einholung einer ggf fehlenden Bestätigung gemäß § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI nicht auch noch im Rahmen eines Rechtsstreits über die Befreiung von der Versicherungspflicht nachgeholt werden könnte.

37

dd) Nach alledem muss das LSG die notwendigen Feststellungen zum Ablauf des vom Beigeladenen behaupteten Telefongesprächs und dessen Inhalt nachholen und sodann erneut über die Berufung des Beigeladenen entscheiden. Dabei wird das LSG insbesondere das vom Beigeladenen mit Schriftsatz vom 1.3.2010 vorgelegte Schreiben seiner (damaligen) Lebenspartnerin vom 25.1.2010 zu würdigen und ggf dem darin gemachten Beweisangebot ihrer Vernehmung als Zeugin nachzugehen haben. In dem vorgelegten Schreiben bestätigt diese, dass der Beigeladene im Juni/Juli 2000 von der BfA die telefonische Auskunft erhalten habe, eine (erneute) Befreiung sei weder nötig noch überhaupt möglich; im Hinblick auf diese Aussage habe der Beigeladene von einer weiteren Erkundigung oder einer schriftlichen Anfrage Abstand genommen.

38

4. Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten, wobei in Bezug auf die Kosten das Revisionsverfahren allein eine Anwendung des § 193 SGG und nicht diejenige nach § 197a SGG angezeigt ist.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Januar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 4/5 und die Beklagte 1/5 der Kosten des Klageverfahrens. Ferner trägt die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens. Kosten der Beigeladenen sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Klageverfahren auf EUR 93.621,99 und für das Berufungsverfahren endgültig auf EUR 78.621,99 festgesetzt.

Tatbestand

 
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beigeladenen auch als Pharmaberater von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI; bis 31. Dezember 1991 § 7 des Angestelltenversicherungsgesetzes [AVG]) befreit sind oder ob die Beklagte von der Klägerin für die Beigeladenen zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordert.
Die Klägerin, die bis 31. März 2005 als Y. P. GmbH firmierte, ist ein Pharma-Unternehmen, das u.a. auch Pharmaberater/Pharmaberaterinnen beschäftigt. Deren Aufgabe ist es, die von ihnen betreuten Ärzte (niedergelassene Ärzte und Klinikärzte) durch Beratung in Bezug auf die neuesten Erkenntnisse der pharmazeutisch-medizinischen Forschung in ihrem jeweiligen Spezialbereich in die Lage zu versetzen, Wirkungsweise und Applikationsbereich sowie Methoden moderner Heilpräparate optimal einzusetzen. Die am 1964 geborene Beigeladene zu 1) war als ausgebildete approbierte Tierärztin mit Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) vom 04. August 1995 ab 01. Januar 1995 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Baden-Württembergischen Versicherungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Rentenversicherung befreit worden (Bescheid der Beklagten vom 04. August 1995). Sie nahm dann am 01. Januar 2000 bei der Klägerin ihre Tätigkeit als Pharmaberaterin auf. Die am 1960 geborene Beigeladene zu 2), ebenfalls ausgebildete approbierte Tierärztin, war mit Bescheid der Beklagten vom 06. Januar 1992 ab 01. Juli 1992 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Landestierärztekammer Hessen (Versorgungswerk) entsprechend von der Rentenversicherungspflicht befreit worden (Bescheid der Beklagten vom 06. Januar 1993). Sie nahm am 01. September 1997 bei der Klägerin die Tätigkeit als Pharmaberaterin auf. Der am 1968 geborene Beigeladene zu 3), der ausgebildeter approbierter Arzt ist, wurde von der Beklagten ab 01. Dezember 1995 wegen Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung entsprechend von der Rentenversicherungspflicht befreit (Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996); er nahm am 01. Juni 1999 bei der Klägerin die Tätigkeit als Pharmaberater auf. Die Beigeladene zu 4) ist ausgebildete approbierte Apothekerin. Sie war als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Biochemie und molekulare Biologie der Technischen Universität Berlin ab 01. April 1990 tätig und deswegen Pflichtmitglied der Apothekerversorgung Berlin; deswegen war sie von der Beklagten ab dem genannten Zeitpunkt nach § 7 Abs. 2 AVG von der Rentenversicherungspflicht befreit. Wegen Wegzugs aus Berlin führte sie ab 01. August 1995 die Mitgliedschaft in der Apothekerversorgung Berlin als freiwillige Mitgliedschaft weiter. Vom 01. Mai 1997 bis 29. Januar 2003 war sie als Pharmaberaterin bei der Klägerin beschäftigt. Für die Beigeladenen wurden Beiträge zur Rentenversicherung nicht abgeführt. Eine bei der Klägerin im Mai 1997 für die Zeit ab 01. Dezember 1992 durch die Beklagte durchgeführte Betriebsprüfung ergab keine Beanstandungen hinsichtlich der nicht abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung für Pharmaberater.
In der Zeit vom 20. November 2001 bis 10. September 2003 führte die Beklagte bei der Klägerin dann erneut an mehreren Tagen eine am 20. November 2001 begonnene und 2002 fortgesetzte (Schlussbesprechung am 10. September 2003) Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) durch, die sich auf den Zeitraum vom 01. Januar 1997 bis 31. Dezember 2002 bezog. Dabei vertrat die Beklagte (vgl. Schreiben vom 25. Juli 2002) die Ansicht, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Tierärzte, Ärzte bzw. Apotheker nicht auf die berufsfremde Tätigkeit als Pharmaberater beziehe. Die Klägerin äußerte sich (Schreiben vom 16. Oktober 2002) dagegen dahingehend, dass sich die Versicherungsfreiheit auch auf die Tätigkeit als Pharmaberater erstrecke. Denn es sei, jeweils ausgehend von der Definition der Satzung der Versorgungseinrichtung, zu fragen, ob auch die Tätigkeit als Pharmaberater zur Beitragspflicht im Versorgungswerk führe. Im Übrigen sei ein Vertrauenstatbestand dadurch geschaffen worden, dass bei der früheren Betriebsprüfung im Jahr 1997 die Versicherungsfreiheit für die von Tierärzten, Ärzten bzw. Apothekern ausgeübte Tätigkeit als Pharmaberater nicht beanstandet worden sei. Darauf, dass nach der Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmareferenten vom 02. Mai 1978 (BGBl. I S. 600) für den Pharmareferenten (Pharmaberater) eine Ausbildung als Arzt, Tierarzt oder Apotheker nicht vorgeschrieben sei, komme es nicht an. Mit Bescheid vom 02. Januar 2004 forderte die Beklagte von der Klägerin u.a. für die Beigeladenen Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 78.626,95 nach. Es wurde Folgendes ausgeführt: Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Berufsfremde Beschäftigungen würden von ihr grundsätzlich nicht erfasst. Als Pharmaberater/Pharmareferent beschäftigte Personen könnten vom Befreiungsrecht keinen Gebrauch machen, weil es sich hierbei grundsätzlich nicht um eine zur Befreiung berechtigende Tätigkeit von Ärzten oder Apothekern handle. Es werde keine dem jeweiligen Kammerberuf zuzuordnende berufsspezifische Beschäftigung ausgeübt, für die das Befreiungsrecht geltend gemacht werden könne. Einer Aufhebung der Befreiungsbescheide bedürfe es insoweit nicht, weil die Befreiung gegenstandslos geworden sei. Eine dem Kammerberuf entsprechende und damit zur Befreiung berechtigende Tätigkeit sei die Tätigkeit, auf der die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung beruhe. Das sei grundsätzlich nicht die Tätigkeit als Pharmaberater, sondern die als Arzt oder Apotheker. Für diese Tätigkeiten werde die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ausgesprochen und hierfür gelte sie uneingeschränkt. Ob und welche weiteren Tätigkeiten außerdem dem jeweiligen Kammerberuf zuzuordnen seien und deshalb vom Befreiungsrecht erfasst würden, könne nicht allein danach beurteilt werden, wer nach den Satzungsbestimmungen der Versorgungswerke beitragspflichtig sei. Wenn man dies annehmen würde, würde das bedeuten, dass sich aus der Beitragspflicht zur berufsständischen Versorgungseinrichtung auf die Ausübung einer berufsspezifischen Beschäftigung schließen ließe. Eine Tätigkeit werde nicht schon deshalb zu einer berufsspezifischen Tätigkeit eines Arztes oder Apothekers, weil sie von einem solchen ausgeübt werde. Das jeweilige Berufsbild sei vielmehr aus der erforderlichen Aus- bzw. Vorbildung zu erschließen. Danach sei die Tätigkeit als Pharmaberater zu beurteilen. Pharmaberater seien Außendienst- bzw. Vertriebsmitarbeiter pharmazeutischer Unternehmen, deren Tätigkeit dadurch geprägt sei, dass sie die Angehörigen der Heilberufe über Produkte ihres eigenen Unternehmens informierten und berieten. Voraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit sei eine entsprechende Fortbildung zum Pharmaberater, für die lediglich eine abgeschlossene Ausbildung und entsprechende Berufspraxis in einschlägigen Tätigkeiten, wie beispielsweise pharmazeutisch-kaufmännischer Angestellter, Drogist, Chemielaborant, Krankenpfleger, Krankenschwester, vorausgesetzt werde. Daraus ergebe sich, dass es sich nicht um eine berufsspezifische, d.h. nur von einem approbierten Arzt oder Apotheker auszuübende Beschäftigung handle, auch wenn diese besonders gute Voraussetzungen für eine derartige Tätigkeit mitbrächten. Die Geltendmachung der Beitragsansprüche für die zurückliegende Zeit sei auch nicht treuwidrig und widerspreche den Beigeladenen einzuräumendem Vertrauensschutz nicht. Ferner wurde in dem genannten Bescheid hinsichtlich eines weiteren Pharmaberaters (J. S.) festgestellt, dass insoweit die Beitragspflicht zur Rentenversicherung erst mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheids eintrete.
Gegen den Bescheid vom 02. Januar 2004 legte die Klägerin Widerspruch ein, soweit er die jetzt beigeladenen Pharmaberater sowie den weiteren Pharmaberater S. betraf. Die von der Beklagten ausgesprochenen Befreiungen seien im Nachhinein nicht widerrufen worden. Sie erstreckten sich auch auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Denn die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht aufgrund der Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung beziehe sich grundsätzlich auf alle Beschäftigungen oder Tätigkeiten, die zu einer Pflichtmitgliedschaft in der entsprechenden Versorgungseinrichtung führten. Die Tätigkeit als Pharmaberater habe dem Berufsbild der jeweils berufsständischen Versorgungseinrichtung für Ärzte, Tierärzte bzw. Apotheker entsprochen. Das Berufsbild richte sich nach den Satzungsbestimmungen des jeweiligen Versorgungswerks, die auf der Grundlage der entsprechenden Landesgesetzgebungen ergangen seien. Für die Frage, ob eine berufsfremde Tätigkeit vorliege, seien daher die jeweiligen Satzungen der berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu Rate zu ziehen. Zu Unrecht beschränke sich die Beklagte auf die Feststellung, dass gemäß der Verordnung vom 02. Mai 1978 ein abgeschlossenes Studium als Arzt oder Apotheker für die Tätigkeit als Pharmareferent nicht erforderlich sei. Daraus könne nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Pharmaberater niemals dem Berufsbild des Arztes oder Apothekers entsprechen könne. Die Auffassung der Beklagten stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Regelung des Berufsrechts der freien, verkammerten Berufe, insbesondere der ärztlichen Berufe, sowie gleichfalls im Widerspruch zur Rechtsprechung der oberen Verwaltungsgerichte zum Berufsbild des Arztes und des Tierarztes. Dem Satzungsgeber komme im Bereich berufsständischer Versorgungseinrichtungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Für das Berufsbild des Tierarztes habe der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München im Urteil vom 26. Juli 1995 (NJW 1996, 1613 f.) bestätigt, dass als Verweisungstätigkeiten auch eine Verwendung in Industrie und Wirtschaft sowie eine Tätigkeit als Pharmareferent für Arzneimittelfirmen in Betracht komme. Auch die entsprechenden Satzungen der Versorgungseinrichtungen in Hessen und Baden-Württemberg sähen vor, dass tierärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit sei, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet würden. Dies habe bei den Beigeladenen zu 1) und 2) bei ihrer Tätigkeit als Pharmareferentinnen vorgelegen. Ihnen sei die Beratungstätigkeit überhaupt erst aufgrund der während des Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten möglich gewesen, nämlich als gleichwertig geachtete Kollegen ihren am Menschen arbeitenden Standesgenossen auf wissenschaftlichem Niveau Wirkungsweise und Einsatz moderner Medikation zu erklären. Auch der Pharmaberater werde insoweit immer als Mediziner tätig. Dies gelte auch für den Beigeladenen zu 3). Die ärztliche Tätigkeit umfasse nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern auch alle Verrichtungen, bei denen aufgrund medizinischer Kenntnisse in ärztlicher Verantwortung gehandelt werde. Ärzte könnten ihr spezifisches Fachwissen nicht nur als behandelnder Arzt einsetzen. Auch der Apotheker sei als Pharmaberater entsprechend seinem Berufsbild tätig. Der Auftrag des Apothekers umfasse insbesondere die Information und Beratung über Arzneimittel, wobei der Apotheker in verschiedenen Bereichen tätig sei, insbesondere auch in der Industrie. Der Apotheker als Pharmaberater habe in seiner Eigenschaft als Apotheker den von ihm beratenen Medizinern die medizinisch-wissenschaftliche Information, d. h. das Zusammenstellen von Daten, ihre Aufbereitung und Überführung in eine die Ärzte ansprechende Form übermittelt, die für diese von fundamentaler Bedeutung seien, um ein auf dem Markt existierendes Medikament zum größtmöglichen Nutzen ihrer Patienten einsetzen zu können. Dass diese Tätigkeit mit dem gewerblichen Anbieten von Medikamenten verbunden sei, sei unschädlich, weil auch das klassische Berufsbild des Apothekers von jeher ein gewerbliches, nämlich auf den Verkauf von Medikamenten gerichtetes, gewesen sei. Damit habe auch die Beigeladene zu 4) niemals aufgehört, als Apothekerin tätig zu sein. Die rückwirkende Beitragserhebung sei auch treuwidrig. Der Beklagten bzw. den Einzugsstellen sei bekannt gewesen, dass die Beigeladenen bei ihr als Pharmaberater gearbeitet hätten und Beiträge an ihre jeweilige berufsständische Versorgungskasse gezahlt worden seien. Zudem habe die frühere Betriebsprüfung im Jahr 1997 keine Beanstandung ergeben. Der Widerspruch blieb insoweit erfolglos. Im Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsstelle vom 12. Juli 2004 wurde die Beurteilung im Ausgangsbescheid bestätigt, dass es sich bei der Tätigkeit als Pharmaberater durch einen Arzt bzw. Apotheker nicht um eine berufsspezifische, d.h. nur von einem approbierten Arzt oder Apotheker auszuübende Beschäftigung handle. Pharmaberater übten keinen vom Befreiungsrecht erfassten Kammerberuf aus. Die Geltendmachung der Beitragsansprüche für zurückliegende Zeiträume sei auch nicht treuwidrig. Zweifel an der weiteren Rechtmäßigkeit der Befreiung von der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hätten hier der Klägerin bzw. den Beigeladenen beim Beschäftigungswechsel selbst aufkommen und diese zu einer entsprechenden Anfrage hinsichtlich der Geltung der Befreiung veranlassen müssen. Spätestens seit 01. Juli 1979 sei die Befreiung nur tätigkeitsbezogen gewesen. Es habe keine Verpflichtung der Einzugsstellen bestanden, jede eingehende Meldung zu überprüfen. Vertrauensschutz ergebe sich auch nicht daraus, dass früher Betriebsprüfungen ohne Beanstandung durchgeführt worden seien. Betriebsprüfungen hätten lediglich den Zweck, die Beitragsentrichtung zur Sozialversicherung insgesamt zu sichern. Einerseits seien Beitragsausfälle zu verhindern, andererseits die Versicherungsträger vor dem ungerechtfertigten Entstehen von Leistungsansprüchen zu bewahren. Sie hätten jedoch nicht den Zweck, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen und ihm Entlastung zu erteilen. Von daher müssten sie auch nicht umfassend und erschöpfend sein. Sie könnten sich stattdessen auf bestimmte Einzelfälle und Stichproben beschränken. Eine Nichtbeanstandung könne von daher keinen Vertrauenstatbestand schaffen.
Am 13. August 2004 erhob die Klägerin dagegen Klage beim Sozialgericht (SG) Mannheim. Das SG lud mit Beschluss vom 27. April 2005 J. S. zum Verfahren bei. Mit Schriftsatz vom 30. September 2005 nahm die Beklagte den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung des J. S. zurück. Die Klägerin nahm dieses Teil-Anerkenntnis an (Schriftsatz vom 23. November 2006).
Die Klägerin trug unter Wiederholung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren sowie unter Vorlage verschiedener Unterlagen vor, die betroffenen Pharmaberater seien von der Beklagten wirksam von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden. Die Beklagte habe niemals zuvor Versicherungspflicht für die Tätigkeit als Pharmaberater geltend gemacht, auch nicht anlässlich einer bei ihr 1997 durchgeführten Betriebsprüfung. Den zuständigen Einzugsstellen sei durch ihr Büropersonal jeweils die Tätigkeit der Pharmaberater und deren Mitgliedschaft bei den entsprechenden Versorgungswerken aufgrund der erteilten Befreiung gemeldet worden. Daher habe ein Vertrauenstatbestand vorgelegen. Die Tätigkeit der Pharmaberater, soweit sie hier von Tierärzten, Ärzten bzw. Apothekern ausgeübt werde, sei von der Mitgliedschaft in dem jeweiligen berufsständischen Versorgungswerk erfasst. Dies gelte beispielsweise für die Satzung der Landestierärztekammer Hessen und die Satzung des entsprechenden Versorgungswerks. Danach sei eine die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk auslösende tierärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet würden. Dies decke sich mit der Entscheidung des VGH München, wonach auch die Tätigkeit als Pharmareferent in der pharmazeutischen Industrie zum Berufsbild des Tierarztes gehöre. Die Beigeladenen zu 1) und 2) hätten für ihre Tätigkeit fortwährend und in hohem Maße die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten verwerten müssen und diese auch umgesetzt. Gleiches gelte für den Arzt. Das Berufsbild des Arztes umfasse nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern auch alle Verrichtungen, bei denen aufgrund medizinischer Kenntnisse in ärztlicher Verantwortung gehandelt werde. So sei der Beigeladene zu 3) nur aufgrund seiner ärztlichen Ausbildung in der Lage gewesen, die von ihm beratenen Ärzte mit den neuesten Erkenntnissen der medizinischen und pharmazeutischen Forschung vertraut zu machen und diese in der Anwendung und im Einsatz der neuen Medikamente zu unterstützen und zu beraten. Damit umfasse der ärztliche Beruf nicht nur die Aufgabe, der Gesundheit des einzelnen Menschen zu dienen. Auch andere Tätigkeiten, die sich auf die Gesundheit der Bevölkerung insgesamt bezögen, seien dem ärztlichen Berufsbild zuzurechnen. Daher habe der Beigeladene zu 3) auch als Pharmaberater ärztliche Tätigkeit ausgeübt. Auch bei einer Apothekerin gehöre die Tätigkeit als Pharmaberaterin zum vielfältigen Berufsbild des Apothekers, der in verschiedenen Bereichen, auch in der Industrie, tätig sei, wie sich aus dem vorgelegten Aufsatz über den „Apotheker in der Pharmaindustrie“ ergebe. Die Beigeladene zu 4) habe deshalb eine pharmazeutische Tätigkeit ausgeübt. Die Befreiung der Beigeladenen ergebe sich aufgrund der Zugehörigkeit ihrer Tätigkeit auch als Pharmaberater zum jeweiligen berufsständischen Berufsbild. Es sei nämlich jeweils nach der Definition der Satzung der Versorgungseinrichtung zu fragen, ob die Tätigkeit als Pharmareferent zu einer Beitragspflicht im Versorgungswerk führe. Dies sei hier der Fall, weshalb die Befreiung für die Tätigkeit als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker auch für die Tätigkeit als Pharmaberater gelte. Zu Unrecht beschränke sich die Beklagte auf die negative Ausschlussfeststellung, dass nach der Verordnung vom 02. Mai 1978 beim Geprüften Pharmareferenten ein abgeschlossenes Studium als Arzt, Tierarzt oder Apotheker nicht erforderlich sei. Das Berufsbild des Pharmaberaters sei jeweils als Teilmenge im Berufsbild des Arztes, des Tierarztes bzw. des Apothekers enthalten. Folge der Auffassung der Beklagten sei, dass im Kollisionsfall eine Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen eintrete. Im Übrigen sei eine rückwirkende Beitragserhebung unzulässig.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von Unterlagen entgegen. Die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. Berufsfremde Beschäftigungen seien von ihr grundsätzlich nicht erfasst. Bei der Beschäftigung als Pharmaberater handle es sich grundsätzlich nicht um eine zur Befreiung berechtigende Tätigkeit von Ärzten oder Apothekern. Soweit die von der Klägerin beschäftigten Beigeladenen als Pharmaberater tätig seien, werde keine dem jeweiligen Berufsbild zuzuordnende berufsspezifische Beschäftigung ausgeübt. Dies ergebe sich auch nicht aus dem Arzneimittelgesetz (AMG), insbesondere nicht aus dessen § 75. Diese Vorschrift bestimme lediglich, welche Personen die Sachkenntnis besäßen, um im Auftrag pharmazeutischer Unternehmen die Angehörigen der Heilberufe über Arzneimittel zu informieren. Dass beispielsweise Ärzte, Tierärzte und Apotheker diese Sachkenntnis besäßen, sei unstreitig. Dennoch könne daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Pharmaberater der jeweiligen Kammertätigkeit entspreche. Wodurch beispielsweise die Tätigkeit eines Apothekers gekennzeichnet sei, ergebe sich nicht aus dem AMG, sondern aus der Bundesapothekerordnung (BApO). Danach sei die Ausübung des Apothekerberufs die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, die Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung Apotheker oder Apothekerin. Diese Bereiche beinhalteten die Tätigkeit als Pharmaberater nicht. Zwar komme es durch die Beratung der vom Pharmaberater aufgesuchten Ärzte über die Wirkung und die Risiken von Medikamenten teilweise zu einer Überschneidung mit dem Aufgabenbereich des Apothekers. Während jedoch vom Apotheker eine objektive Beratung erwartet werde, bestehe das Ziel des Pharmaberaters hauptsächlich darin, über die Produkte des eigenen Unternehmens zu informieren und diese zu vermarkten. Dabei liege keine Kammertätigkeit vor; dies werde auch in den vorgelegten Blättern für Berufskunde sowie durch die eingereichte Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibung zum Berufsbild des Geprüften Pharmareferenten deutlich. Danach setze die Ausführung dieser Tätigkeit weder die Ausbildung zum Apotheker noch den Abschluss eines ggf. anderen naturwissenschaftlichen Hochschulstudiums voraus. Um die Aus- und Weiterbildung zum Geprüften Pharmaberater zu absolvieren, genüge vielmehr ein zum Studium berechtigender Hochschulabschluss (Abitur) oder auch ein mittlerer Schulabschluss mit entsprechender Berufsausbildung und praktischer Erfahrung. Auch daraus ergebe sich, dass es sich nicht um eine Kammertätigkeit von Apothekern, Ärzten oder Tierärzten handle, auch wenn diese besonders gute Voraussetzungen für eine solche Tätigkeit mitbrächten. Der von ihr vertretene Standpunkt werde durch das Sozialgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 14. April 2004 (S 89 KR 2054/02) bestätigt.
Mit Urteil vom 13. Januar 2006 hob das SG den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 auf und verurteilte die Beklagte, die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des damals noch beigeladenen J. S., zu tragen. Es führte aus, die von der Beklagten erteilten Befreiungen der Ärzte bzw. Apotheker wirkten für die Tätigkeit als Pharmaberater weiter. Denn auch diese Tätigkeit sei dem Tätigkeitsfeld eines Arztes, Apothekers oder Veterinärmediziners zuzuordnen. Dies ergebe sich allein schon daraus, dass § 75 AMG vorsehe, dass für die Ausübung des Berufs des Pharmaberaters zwingend die Sachkunde eines Apothekers, Veterinär- oder Humanmediziners erforderlich sei. Nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG besäßen die entsprechende Sachkenntnis als Pharmaberater Apotheker und Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, Chemie, Biologie sowie der Human- oder Veterinärmedizin abgelegten Prüfung. Folglich sei die Sachkenntnis, die sich ein Arzt bzw. Apotheker im Rahmen seines Studiums angeeignet habe, zwingende Voraussetzung, um als Pharmaberater tätig zu sein, sofern nicht eine Ausbildung zum Pharmareferenten bzw. eine Berufsausbildung nach § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG vorliege. Ein Pharmaberater sei also entweder ein Arzt oder Apotheker oder eine Person, die eine Pharmareferentenausbildung oder eine Ausbildung zum MTA/PTA aufweisen könne. Jeder Kammerberuf umfasse immer auch Tätigkeiten, die von nicht studierten Mitarbeitern ausgeführt werden könnten. Dass die Tätigkeit des Arztes, Apothekers bzw. Veterinärmediziners auch die Tätigkeit als Pharmaberater erfasse, ergebe sich auch bei gesonderter Untersuchung der Begrifflichkeit des entsprechenden Berufsbilds nach den einschlägigen Berufsordnungen bzw. Satzungen der Versorgungswerke. Für den Apotheker gelte aufgrund der BApO nichts anderes. Insoweit arbeite der Pharmaberater im Bereich der Abgabe von Medikamenten und nutze in diesem Rahmen seine Sachkenntnis, um die aufgesuchten Ärzte und andere Stellen über die Wirkungen, Risiken und Anwendungsbereiche der verschiedenen Medikamente zu beraten. Das Urteil wurde der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 25. Januar 2006 zugestellt.
Gegen das Urteil hat die Beklagte am 15. Februar 2006 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zu Unrecht gehe das SG davon aus, dass die Sachkenntnis des Arztes, Tierarztes oder Apothekers für die Ausübung der Tätigkeit als Pharmaberater zwingend erforderlich sei. Die Berufsausübung der Angehörigen der Heilberufe ergebe sich nicht aus dem AMG, sondern aus den jeweiligen Berufsordnungen. Das AMG regle nicht, dass die Ausübung des Berufs als Pharmaberater zwingend die Sachkenntnis eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers erforderlich mache. Dies werde dadurch deutlich, dass nach § 75 Abs. 2 AMG auch Personen mit einem anderen beruflichen Werdegang als Pharmaberater tätig sein könnten. Dass die Tätigkeit als Pharmaberater somit auch von Personen ausgeübt werden könne, die nicht Arzt, Tierarzt oder Apotheker seien, mache deutlich, dass es sich nicht um eine berufsgruppenspezifische Beschäftigung von Ärzten, Tierärzten oder Apothekern handle. Dass diese aufgrund ihrer akademischen Ausbildung in der Lage und deswegen berechtigt seien, als Pharmaberater tätig zu sein, sowie außerdem besonders gute Voraussetzungen für diese Tätigkeit mitbrächten, reiche jedenfalls im Befreiungsrecht nicht aus, um von der Ausübung einer berufsgruppenspezifischen Beschäftigung auszugehen. Von einer berufsgruppenspezifischen Beschäftigung könne auch nicht deshalb ausgegangen werden, weil sie von einem Kammerberufsangehörigen ausgeübt und von dessen Berufsbild mit umfasst werde. Andernfalls wäre auch eine als Krankenpflegerin tätige Ärztin ebenso wie ein als Tierpfleger tätiger Tierarzt oder eine als pharmazeutisch-technische Assistentin beschäftigte Apothekerin als gruppenspezifisch beschäftigt anzusehen. Auch die Satzungen der jeweiligen Versorgungswerke sähen regelmäßig jede Tätigkeit, bei der die im Studium erworbenen Kenntnisse vorausgesetzt, eingesetzt, verwendet oder mit verwendet würden, als ärztliche, tierärztliche oder pharmazeutische Tätigkeit an. Es reiche nicht aus, bei der Beurteilung einer Beschäftigung als berufsgruppenspezifisch im Rahmen des Befreiungsrechts darauf abzustellen, dass die Tätigkeit zumindest auch ein Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausüben könne, weil er über eine entsprechende wissenschaftliche Ausbildung verfüge. Dies sei bei Pharmaberatern gerade nicht der Fall, weil diese Tätigkeit auch von Personen ohne entsprechende akademische Ausbildung ausgeübt werden könne. Wodurch die Tätigkeit als Arzt, Tierarzt oder Apotheker gekennzeichnet sei, ergebe sich aus den jeweiligen Berufsordnungen für Ärzte, Tierärzte bzw. Apotheker. Insoweit seien Pharmaberater lediglich Außendienst- bzw. Betriebsmitarbeiter pharmazeutischer Unternehmen, deren Aufgabe hauptsächlich darin bestehe, die Heilberufsangehörigen über Produkte ihres eigenen Unternehmens zu informieren und diese am Markt zu platzieren.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Januar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen, soweit die Beklagte für die Beigeladenen Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 78.621,99 geltend macht, hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Die Klägerin hat (Schriftsatz vom 24. Oktober 2006) klargestellt, dass eine Beitragsnachforderung von EUR 1.891,11 von Anfang an unstreitig gewesen sei.
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Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung könne nicht abstrakt anhand des SGB VI beurteilt werden. Was als berufsspezifisch für den jeweiligen Kammerberuf anzusehen sei, sei nur anhand der jeweiligen Kammergesetze, Berufsordnungen und Satzungen der Versorgungswerke zu bestimmen. Unabhängig davon sei auf den vorliegenden Fall § 75 AMG anzuwenden, der als lex specialis in Ergänzung zur Bundesärzteordnung (BÄO), zur Bundestierärzteordnung (BTO) und zur BApO definiere, dass eine Tätigkeit als Pharmaberater für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker als berufsspezifisch anzusehen sei. Das AMG beschreibe damit als Teilmenge einen Aspekt der ärztlichen, tierärztlichen und pharmazeutischen Tätigkeit. Damit sei die Tätigkeit als Pharmaberater eine berufsspezifische, für den jeweiligen Berufsstand des Arztes bzw. Apothekers typische Berufstätigkeit. Die bisherige Rechtsprechung gehe von einem überholten Berufsbild der streitgegenständlichen Kammerberufe und einem dogmatisch falschen Ansatzpunkt bei der Bestimmung dieser Berufsbilder aus. Die in den Berufsordnungen des Bundes niedergelegten Begriffe des Arztes, Tierarztes oder Apothekers müssten berufsrechtlich durch die jeweilige Landesgesetzgebung einschließlich der Landeskammergesetze spezifiziert werden. Dies ergebe sich für das Berufsbild des Apothekers mustergültig aus dem vorgelegten Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 24. August 2005 (M 16 K 05.11/93). Es sei unzulässig, beispielsweise das berufsspezifische Gepräge eines Apothekers anhand des klassischen Berufsbilds eines in einer öffentlichen Apotheke tätigen Apothekers zu bestimmen und alle anderen pharmazeutischen Tätigkeiten davon auszuschließen. Es sei nicht zulässig, bei der Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ein Berufsbild zugrunde zu legen, welches enger zugeschnitten sei, als es von den jeweiligen Kammern in den Grenzen ihrer berufsständischen Autonomie festgelegt werde. Es liege die Definitionshoheit der Berufsbilder bei der Gesetzgebungskompetenz der Länder und der darauf beruhenden berufsständischen Satzungsautonomie. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sie (die Klägerin) als Pharmaberater bewusst keine Pharmareferenten im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG einsetze, sondern ausschließlich die in § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG genannten Personen, die nach ihrer Auffassung allein die nötige Kompetenz besäßen, Angehörige von Heilberufen fachkundig und auf gleicher Augenhöhe über ihre Produkte zu informieren.
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Der Berichterstatter des Senats hat mit Beschluss vom 21. August 2006 die Beiladung des J. S. aufgehoben und mit weiterem Beschluss vom 12. September 2006 die Beigeladenen zu 1) bis 4) zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene zu 1) hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die übrigen Beigeladenen habe sich am Verfahren nicht beteiligt und keine Anträge gestellt.
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Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 ist rechtmäßig.
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1. Angefochten hat die Klägerin den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen in Höhe von EUR 78.621,99 nachforderte sowie die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des früher Beigeladenen J. S. für die Zukunft feststellte. Nicht angefochten hat die Klägerin den Bescheid, soweit die Beklagte darüber hinaus weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.891,11 nachforderte. Insoweit hätte das SG bereits den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nicht aufheben dürfen.
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Im Berufungsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordern kann. Soweit es im Klageverfahren um die (weitere) Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Pharmaberaters J. S. für die Zukunft ging, hat sich die auch dagegen gerichtete Klage durch das von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teil-Anerkenntnis erledigt. Dieses Teil-Anerkenntnis war lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Im Übrigen war aufgrund dieses Teil-Anerkenntnisses die vom SG ausgesprochene Beiladung des J. S. aufzuheben, wie geschehen.
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2. Der in der Berufungsinstanz noch streitige Beitragsbescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004, soweit er die Beitragsnachforderung zur Rentenversicherung für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 für die im Berufungsverfahren Beigeladenen, die als Pharmaberater bei der Klägerin in der streitigen Zeit abhängig beschäftigt waren, beinhaltet, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hätte das SG die genannten Bescheide nicht aufheben dürfen.
22 
2.1. Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Insoweit lag eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin vor. Versicherungspflicht und sich daraus ergebende Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die wegen der Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit sind. Nach § 7 Abs. 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung galt insoweit: Auf ihren Antrag wurden (ferner) von der Versicherungspflicht befreit Personen, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf einem Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten waren und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst wurden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen war. Über den Antrag entschied der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständige Träger der Rentenversicherung (§ 7 Abs. 4 AVG). Die Befreiung wirkte vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, soweit sie innerhalb von zwei Monaten danach beantragt wurde, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 7 Abs. 3 AVG). Ab 01. Januar 1992 erfolgte diese Befreiung nach den Vorschriften des SGB VI. Insoweit lautete § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung wie folgt: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Mit Wirkung ab 01. Januar 1996 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geändert; ferner wurden in Absatz 1 die Sätze 2 ff. eingefügt. Insoweit lautet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
23 
a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
24 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
25 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
26 
Ferner wurden die folgenden Sätze 2 ff. angefügt: Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag entstanden, an dem das für die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 01. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit vor der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- bzw. Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entscheidet über die Befreiung der Träger der Rentenversicherung, nachdem die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt nach § 6 Abs. 4 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (Satz 2 der Vorschrift).
27 
Die Befreiung gilt danach, auch wenn sie bereits vor dem 01. Januar 1992 ausgesprochen wurde (vgl. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wie bei der Beigeladenen zu 4), nicht personen-, sondern beschäftigungs- bzw. tätigkeitsbezogen. Sie gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt worden ist. Lediglich eine nur vorübergehende (hier nicht vorliegend) berufsfremde Tätigkeit führt nicht zum Wechsel des Alterssicherungssystems (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12). Wird insoweit eine berufsfremde Tätigkeit, für die die Befreiung nicht erteilt worden ist, ausgeübt, wird der Befreiungsbescheid für diese andere Tätigkeit gegenstandslos, bedarf jedoch nicht seiner Aufhebung, um Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung für eine berufsfremde Tätigkeit entstehen zu lassen (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).
28 
Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen vor der Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit als Pharmaberater von der Beklagten nach § 7 Abs. 2 AVG (die Beigeladene zu 4) bzw. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (die Beigeladenen zu 1 bis 3) von der Versicherungspflicht befreit worden sind. Die Befreiung der Beigeladenen zu 1) als approbierte Tierärztin ab 01. Januar 1995 beruht nach dem Bescheid vom 04. August 1995 auf der durch die Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit begründeten Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Bei der Beigeladenen zu 2) als ebenfalls approbierte Tierärztin beruht die Befreiung ab 01. Juli 1992 nach dem Bescheid vom 06. Januar 1993 auf der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Hessen. Die erfolgte Befreiung bezog sich bei den Beigeladenen zu 1) und 2) auf die jeweils vor der Beschäftigung bei der Klägerin von ihnen ausgeübte Tätigkeit als approbierte Tierärztin auf der Grundlage der BTO. In der BTO sind die Voraussetzungen der Approbation geregelt, wobei u.a. erforderlich ist, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von mindestens fünf Jahren, von denen sechs Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die tierärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BTO). Nach § 1 Abs. 1 BTO ist der Tierarzt berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestands beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist nach Abs. 2 der Vorschrift kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf. Beim Beigeladenen zu 3) als approbiertem Arzt beruht die Befreiung nach der Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 ab 01. Dezember 1995 auf der Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihm vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierter Arzt, wobei die Voraussetzungen der Approbation in der Bundesärzteordnung (BOÄ) geregelt sind. Danach setzt die Approbation u.a. voraus, dass nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BOÄ). Bei der Beigeladenen zu 4) als approbierte Apothekerin beruht die Befreiung ab 01. April 1990 auf der Pflichtmitgliedschaft (seit 01. August 1995 freiwillige Mitgliedschaft) in der Apothekerversorgung Berlin. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihr vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierte Apothekerin im Sinne der BApO, in der die Voraussetzungen der Approbation geregelt sind; u.a. ist dafür erforderlich, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von fünf Jahren, von denen zwölf Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BApO). Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen; er dient damit der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Die Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“ (§ 2 Abs. 3 BApO).
29 
Soweit die Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin als Pharmaberater tätig waren - die Beigeladene zu 1) beginnend ab 01. Januar 2001, die Beigeladene zu 2) beginnend ab 01. September 1997, der Beigeladene zu 3) beginnend ab 01. Januar 1999 und die Beigeladene zu 4) beginnend ab 01. Mai 1997 - bezog sich die ihnen gegenüber ausgesprochene Befreiung auf die ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker, nicht aber auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Insoweit handelte sich jeweils um eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, bei der auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V nicht vorlagen. Die Tätigkeit als Pharmaberater erforderte nicht zwingend die Approbation als Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker führen zu dürfen, wie sie für die Tätigkeiten erforderlich war, die die Beigeladenen ausgeübt hatten, als sie befreit worden waren. Die Aufgabe des Pharmaberaters wird in § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG gesetzlich dahin definiert, dass, wie hier von den Beigeladenen geschehen, er hauptberuflich Angehörige von Heilberufen aufsucht, um diese über Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren, und zwar auch fernmündlich. Diese Tätigkeit entspricht nicht dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Arztes, Tierarztes und Apothekers, unabhängig davon, dass es für den approbierten Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt. Insoweit ist, abgesehen vom „Geprüften Pharmareferenten“ im Sinne der Verordnung vom 02. Mai 1978, Pharmaberater keine Berufs-, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung, die eine typische (Mindest-)Sachkenntnis verlangt, um Angehörige von Heilberufen entsprechend informieren zu können. Dabei werden Inhalt und Umfang der Informationen, die der Pharmaberater an Angehörige der Heilberufe weiterzugeben hat, in der Regel vom Auftraggeber (hier die Klägerin) festgelegt. Diese typische (Mindest-)Sachkenntnis für die Tätigkeit des Pharmaberaters wird durch das mittlere Ausbildungsniveau der in § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG genannten Assistenten dokumentiert, nämlich der Apothekenassistenten sowie der Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin. Diesem typischerweise nur mittleren Ausbildungsniveau entsprechen auch die Personen mit einer beruflichen Fortbildung als Geprüfter Pharmareferent nach § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG und der entsprechenden Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmaberater. Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich daraus, dass nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG diese entsprechende typische Sachkenntnis für die Tätigkeit als Pharmaberater auch Apothekern oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegten Prüfung zugestanden wird, nicht, dass diese qualifizierten Hochschulausbildungen zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit als Pharmaberater sind, mithin auch die Tätigkeit als Pharmaberater zum typischen, durch die entsprechenden Hochschulausbildungen geprägten Berufsbild gehört. Die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln gehört nicht zum wesentlichen Kernbereich der ärztlichen, tierärztlichen bzw. pharmazeutischen Tätigkeit, sondern berührt nur Randbereiche davon. Es genügt daher hier für die versicherungsrechtlich zu beurteilende (erteilte) Befreiung nicht, dass es der Gesetzgeber auch bei Ärzten, Tierärzten und Apothekern im Hinblick auf das insoweit wesentliche höhere Ausbildungsniveau im Vergleich zum typischen mittleren Ausbildungsniveau nach § 75 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 AMG zulässt, dass auch ein approbierter Arzt, Tierarzt und Apotheker als Pharmaberater arbeitet, ohne als Sachkundenachweis eine gesonderte Prüfung ablegen zu müssen. Allein der Umstand, dass die für die Tätigkeit als Pharmaberater typischerweise erforderliche Sachkenntnis als so genannte Teilmenge auch aufgrund der nach der BÄO, der BTO und der BApO erforderlichen umfassenden Ausbildung (mit Prüfung) als Arzt, Tierarzt oder Apotheker unterstellt wird, rechtfertigt die Erstreckung der Befreiung eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers, der später die Tätigkeit als Pharmaberater ausübt, auch auf diese andere Tätigkeit nicht. Die Tätigkeit als Pharmaberater wird, wenn sie von einem approbierten Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausgeübt wird, nicht zu einem typischen Kammerberuf der entsprechenden Berufskammern mit einer Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufsständischen Versorgungseinrichtung für die selbstständigen Berufe, zumal beispielsweise auch die Tätigkeit als Apothekenassistent bzw. aufgrund einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Human- oder der Veterinärmedizin nicht zu den selbstständigen Kammerberufen gehört. Darauf, dass auch der als Pharmaberater tätige approbierte Arzt, Tierarzt und Apotheker bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat, kommt es nicht an. Auch ist nicht entscheidend, ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen (hier in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin) eine Tätigkeit als Pharmaberater eine Pflichtmitgliedschaft noch begründen mag. Darauf, wie die entsprechenden Kammergesetze bzw. Satzungen die Pflichtmitgliedschaft bestimmen, kommt es für den tätigkeitsbezogenen Umfang der hier jeweils von der Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung/Befreiung erteilten Befreiungen, die sich nicht auf eine Tätigkeit als Pharmaberater bezogen hatten, weil eine solche Tätigkeit zum diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt worden war, nicht an. Auch kann sich die Klägerin für die Geltung der Befreiung für die Tätigkeit als Pharmaberater nicht darauf berufen, dass sie ihrem Vortrag zufolge als Pharmaberater lediglich Personen mit der umfassenden Sachkenntnis beispielsweise als Arzt, Tierarzt oder Apotheker im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG beschäftigt.
30 
2.2. Da danach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Pharmaberater nicht gilt, hat die Beklagte zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit seit 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachgefordert. Die Beklagte hat diese Beiträge zutreffend berechnet. Insoweit verweist der Senat auf die Anlagen zum Beitragsbescheid. Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
31 
Die Beiträge sind auch nicht verjährt, insbesondere nicht für das Jahr 1997. Die hier zunächst anzunehmende vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gehemmt. Jedenfalls noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist galt dann im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2002, in dem die Klägerin über die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht informiert worden war, die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.
32 
Die Erhebung von Beiträgen verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die erfolgten Meldungen an die Einzugsstellen berufen. Es ist gerade Aufgabe der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV unabhängig von den von der Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen die ordnungsgemäße Beitragserhebung zu prüfen. Auch der Umstand, dass eine im Mai 1997 durchgeführte Betriebsprüfung keine Beanstandung hinsichtlich der beschäftigten Pharmaberater ergeben hatte, führt nicht dazu, dass hier die Beitragserhebung ausgeschlossen wäre. Die jeweiligen Betriebsprüfungen beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum, für den möglicherweise neue Erkenntnisse zur Erhebung von Beiträgen zu berücksichtigen sind.
33 
Danach war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung. mit §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist das Teil-Anerkenntnis der Beklagten zu berücksichtigen.
35 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
36 
4. Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes (GKG). Bei der Bestimmung des Streitwerts des sozialgerichtlichen Verfahrens ist zu berücksichtigen, dass neben der streitigen Beitragsforderung in Höhe von EUR 78.621,99, die sich auf die Beigeladenen bezog, ferner im erstinstanzlichen Verfahren auch noch die Feststellung der Versicherungspflicht mit Beitragspflicht für die Zukunft des J. S. im Streit war. Insoweit ist von dem Streitwert von EUR 5.000,00 nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszugehen, dieser jedoch im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Jahren auf EUR 15.000,00 zu erhöhen, weshalb sich für das sozialgerichtliche Verfahren ein Streitwert von EUR 93.621,99 ergibt. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert endgültig auf EUR 78.621,99 festzusetzen.

Gründe

 
18 
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 ist rechtmäßig.
19 
1. Angefochten hat die Klägerin den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen in Höhe von EUR 78.621,99 nachforderte sowie die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des früher Beigeladenen J. S. für die Zukunft feststellte. Nicht angefochten hat die Klägerin den Bescheid, soweit die Beklagte darüber hinaus weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.891,11 nachforderte. Insoweit hätte das SG bereits den Bescheid vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004 nicht aufheben dürfen.
20 
Im Berufungsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachfordern kann. Soweit es im Klageverfahren um die (weitere) Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Pharmaberaters J. S. für die Zukunft ging, hat sich die auch dagegen gerichtete Klage durch das von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin angenommene Teil-Anerkenntnis erledigt. Dieses Teil-Anerkenntnis war lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Im Übrigen war aufgrund dieses Teil-Anerkenntnisses die vom SG ausgesprochene Beiladung des J. S. aufzuheben, wie geschehen.
21 
2. Der in der Berufungsinstanz noch streitige Beitragsbescheid der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2004, soweit er die Beitragsnachforderung zur Rentenversicherung für die Zeit ab 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 für die im Berufungsverfahren Beigeladenen, die als Pharmaberater bei der Klägerin in der streitigen Zeit abhängig beschäftigt waren, beinhaltet, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hätte das SG die genannten Bescheide nicht aufheben dürfen.
22 
2.1. Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Insoweit lag eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin vor. Versicherungspflicht und sich daraus ergebende Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die wegen der Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit sind. Nach § 7 Abs. 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung galt insoweit: Auf ihren Antrag wurden (ferner) von der Versicherungspflicht befreit Personen, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf einem Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten waren und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst wurden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen war. Über den Antrag entschied der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständige Träger der Rentenversicherung (§ 7 Abs. 4 AVG). Die Befreiung wirkte vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, soweit sie innerhalb von zwei Monaten danach beantragt wurde, sonst vom Eingang des Antrags an (§ 7 Abs. 3 AVG). Ab 01. Januar 1992 erfolgte diese Befreiung nach den Vorschriften des SGB VI. Insoweit lautete § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung wie folgt: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Mit Wirkung ab 01. Januar 1996 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI geändert; ferner wurden in Absatz 1 die Sätze 2 ff. eingefügt. Insoweit lautet § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: Von der Versicherungspflicht werden befreit Angestellte oder selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
23 
a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
24 
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
25 
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
26 
Ferner wurden die folgenden Sätze 2 ff. angefügt: Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag entstanden, an dem das für die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 01. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit vor der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- bzw. Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entscheidet über die Befreiung der Träger der Rentenversicherung, nachdem die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt nach § 6 Abs. 4 SGB VI vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (Satz 2 der Vorschrift).
27 
Die Befreiung gilt danach, auch wenn sie bereits vor dem 01. Januar 1992 ausgesprochen wurde (vgl. § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wie bei der Beigeladenen zu 4), nicht personen-, sondern beschäftigungs- bzw. tätigkeitsbezogen. Sie gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt worden ist. Lediglich eine nur vorübergehende (hier nicht vorliegend) berufsfremde Tätigkeit führt nicht zum Wechsel des Alterssicherungssystems (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12). Wird insoweit eine berufsfremde Tätigkeit, für die die Befreiung nicht erteilt worden ist, ausgeübt, wird der Befreiungsbescheid für diese andere Tätigkeit gegenstandslos, bedarf jedoch nicht seiner Aufhebung, um Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung für eine berufsfremde Tätigkeit entstehen zu lassen (BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).
28 
Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen vor der Aufnahme der hier zu beurteilenden Tätigkeit als Pharmaberater von der Beklagten nach § 7 Abs. 2 AVG (die Beigeladene zu 4) bzw. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (die Beigeladenen zu 1 bis 3) von der Versicherungspflicht befreit worden sind. Die Befreiung der Beigeladenen zu 1) als approbierte Tierärztin ab 01. Januar 1995 beruht nach dem Bescheid vom 04. August 1995 auf der durch die Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit begründeten Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Bei der Beigeladenen zu 2) als ebenfalls approbierte Tierärztin beruht die Befreiung ab 01. Juli 1992 nach dem Bescheid vom 06. Januar 1993 auf der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Hessen. Die erfolgte Befreiung bezog sich bei den Beigeladenen zu 1) und 2) auf die jeweils vor der Beschäftigung bei der Klägerin von ihnen ausgeübte Tätigkeit als approbierte Tierärztin auf der Grundlage der BTO. In der BTO sind die Voraussetzungen der Approbation geregelt, wobei u.a. erforderlich ist, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von mindestens fünf Jahren, von denen sechs Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die tierärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BTO). Nach § 1 Abs. 1 BTO ist der Tierarzt berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern oder zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestands beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Der tierärztliche Beruf ist nach Abs. 2 der Vorschrift kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf. Beim Beigeladenen zu 3) als approbiertem Arzt beruht die Befreiung nach der Bescheinigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 ab 01. Dezember 1995 auf der Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihm vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierter Arzt, wobei die Voraussetzungen der Approbation in der Bundesärzteordnung (BOÄ) geregelt sind. Danach setzt die Approbation u.a. voraus, dass nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich des Gesetzes bestanden wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BOÄ). Bei der Beigeladenen zu 4) als approbierte Apothekerin beruht die Befreiung ab 01. April 1990 auf der Pflichtmitgliedschaft (seit 01. August 1995 freiwillige Mitgliedschaft) in der Apothekerversorgung Berlin. Die Befreiung bezog sich auf eine von ihr vor der Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als approbierte Apothekerin im Sinne der BApO, in der die Voraussetzungen der Approbation geregelt sind; u.a. ist dafür erforderlich, dass nach einer Gesamtausbildungszeit von fünf Jahren, von denen zwölf Monate auf die praktische Ausbildung entfallen müssen, die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BApO). Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen; er dient damit der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Die Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“ (§ 2 Abs. 3 BApO).
29 
Soweit die Beigeladenen in der streitigen Zeit vom 01. Mai 1997 bis 31. Dezember 2002 bei der Klägerin als Pharmaberater tätig waren - die Beigeladene zu 1) beginnend ab 01. Januar 2001, die Beigeladene zu 2) beginnend ab 01. September 1997, der Beigeladene zu 3) beginnend ab 01. Januar 1999 und die Beigeladene zu 4) beginnend ab 01. Mai 1997 - bezog sich die ihnen gegenüber ausgesprochene Befreiung auf die ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten als Tierarzt, Arzt bzw. Apotheker, nicht aber auf die Tätigkeit als Pharmaberater. Insoweit handelte sich jeweils um eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, bei der auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V nicht vorlagen. Die Tätigkeit als Pharmaberater erforderte nicht zwingend die Approbation als Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker, d.h. die Befugnis, die Berufsbezeichnung Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker führen zu dürfen, wie sie für die Tätigkeiten erforderlich war, die die Beigeladenen ausgeübt hatten, als sie befreit worden waren. Die Aufgabe des Pharmaberaters wird in § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG gesetzlich dahin definiert, dass, wie hier von den Beigeladenen geschehen, er hauptberuflich Angehörige von Heilberufen aufsucht, um diese über Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren, und zwar auch fernmündlich. Diese Tätigkeit entspricht nicht dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Arztes, Tierarztes und Apothekers, unabhängig davon, dass es für den approbierten Arzt, Tierarzt bzw. Apotheker im Einzelfall durchaus auch im Kern berufstypische, d.h. an die umfassende Hochschulausbildung anknüpfende und durch die Approbation dokumentierte umfassende Sachkenntnis erfordernde Tätigkeitsfelder in der Pharmaindustrie gibt. Insoweit ist, abgesehen vom „Geprüften Pharmareferenten“ im Sinne der Verordnung vom 02. Mai 1978, Pharmaberater keine Berufs-, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung, die eine typische (Mindest-)Sachkenntnis verlangt, um Angehörige von Heilberufen entsprechend informieren zu können. Dabei werden Inhalt und Umfang der Informationen, die der Pharmaberater an Angehörige der Heilberufe weiterzugeben hat, in der Regel vom Auftraggeber (hier die Klägerin) festgelegt. Diese typische (Mindest-)Sachkenntnis für die Tätigkeit des Pharmaberaters wird durch das mittlere Ausbildungsniveau der in § 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG genannten Assistenten dokumentiert, nämlich der Apothekenassistenten sowie der Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin. Diesem typischerweise nur mittleren Ausbildungsniveau entsprechen auch die Personen mit einer beruflichen Fortbildung als Geprüfter Pharmareferent nach § 75 Abs. 2 Nr. 3 AMG und der entsprechenden Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmaberater. Entgegen der Ansicht des SG ergibt sich daraus, dass nach § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG diese entsprechende typische Sachkenntnis für die Tätigkeit als Pharmaberater auch Apothekern oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegten Prüfung zugestanden wird, nicht, dass diese qualifizierten Hochschulausbildungen zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit als Pharmaberater sind, mithin auch die Tätigkeit als Pharmaberater zum typischen, durch die entsprechenden Hochschulausbildungen geprägten Berufsbild gehört. Die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln gehört nicht zum wesentlichen Kernbereich der ärztlichen, tierärztlichen bzw. pharmazeutischen Tätigkeit, sondern berührt nur Randbereiche davon. Es genügt daher hier für die versicherungsrechtlich zu beurteilende (erteilte) Befreiung nicht, dass es der Gesetzgeber auch bei Ärzten, Tierärzten und Apothekern im Hinblick auf das insoweit wesentliche höhere Ausbildungsniveau im Vergleich zum typischen mittleren Ausbildungsniveau nach § 75 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 AMG zulässt, dass auch ein approbierter Arzt, Tierarzt und Apotheker als Pharmaberater arbeitet, ohne als Sachkundenachweis eine gesonderte Prüfung ablegen zu müssen. Allein der Umstand, dass die für die Tätigkeit als Pharmaberater typischerweise erforderliche Sachkenntnis als so genannte Teilmenge auch aufgrund der nach der BÄO, der BTO und der BApO erforderlichen umfassenden Ausbildung (mit Prüfung) als Arzt, Tierarzt oder Apotheker unterstellt wird, rechtfertigt die Erstreckung der Befreiung eines Arztes, Tierarztes oder Apothekers, der später die Tätigkeit als Pharmaberater ausübt, auch auf diese andere Tätigkeit nicht. Die Tätigkeit als Pharmaberater wird, wenn sie von einem approbierten Arzt, Tierarzt oder Apotheker ausgeübt wird, nicht zu einem typischen Kammerberuf der entsprechenden Berufskammern mit einer Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufsständischen Versorgungseinrichtung für die selbstständigen Berufe, zumal beispielsweise auch die Tätigkeit als Apothekenassistent bzw. aufgrund einer abgeschlossenen Ausbildung als Technischer Assistent in der Pharmazie, der Human- oder der Veterinärmedizin nicht zu den selbstständigen Kammerberufen gehört. Darauf, dass auch der als Pharmaberater tätige approbierte Arzt, Tierarzt und Apotheker bei dieser Tätigkeit Sachkenntnisse einsetzt, die er aufgrund der Hochschulausbildung erlangt hat, kommt es nicht an. Auch ist nicht entscheidend, ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen (hier in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin) eine Tätigkeit als Pharmaberater eine Pflichtmitgliedschaft noch begründen mag. Darauf, wie die entsprechenden Kammergesetze bzw. Satzungen die Pflichtmitgliedschaft bestimmen, kommt es für den tätigkeitsbezogenen Umfang der hier jeweils von der Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung/Befreiung erteilten Befreiungen, die sich nicht auf eine Tätigkeit als Pharmaberater bezogen hatten, weil eine solche Tätigkeit zum diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt worden war, nicht an. Auch kann sich die Klägerin für die Geltung der Befreiung für die Tätigkeit als Pharmaberater nicht darauf berufen, dass sie ihrem Vortrag zufolge als Pharmaberater lediglich Personen mit der umfassenden Sachkenntnis beispielsweise als Arzt, Tierarzt oder Apotheker im Sinne des § 75 Abs. 2 Nr. 1 AMG beschäftigt.
30 
2.2. Da danach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung als Pharmaberater nicht gilt, hat die Beklagte zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung für die Beigeladenen für die Zeit seit 01. Mai 1997 in Höhe von EUR 78.621,99 nachgefordert. Die Beklagte hat diese Beiträge zutreffend berechnet. Insoweit verweist der Senat auf die Anlagen zum Beitragsbescheid. Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
31 
Die Beiträge sind auch nicht verjährt, insbesondere nicht für das Jahr 1997. Die hier zunächst anzunehmende vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gehemmt. Jedenfalls noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist galt dann im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juli 2002, in dem die Klägerin über die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht informiert worden war, die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.
32 
Die Erhebung von Beiträgen verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die erfolgten Meldungen an die Einzugsstellen berufen. Es ist gerade Aufgabe der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV unabhängig von den von der Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen die ordnungsgemäße Beitragserhebung zu prüfen. Auch der Umstand, dass eine im Mai 1997 durchgeführte Betriebsprüfung keine Beanstandung hinsichtlich der beschäftigten Pharmaberater ergeben hatte, führt nicht dazu, dass hier die Beitragserhebung ausgeschlossen wäre. Die jeweiligen Betriebsprüfungen beziehen sich auf einen bestimmten Zeitraum, für den möglicherweise neue Erkenntnisse zur Erhebung von Beiträgen zu berücksichtigen sind.
33 
Danach war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung. mit §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist das Teil-Anerkenntnis der Beklagten zu berücksichtigen.
35 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
36 
4. Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge) beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes (GKG). Bei der Bestimmung des Streitwerts des sozialgerichtlichen Verfahrens ist zu berücksichtigen, dass neben der streitigen Beitragsforderung in Höhe von EUR 78.621,99, die sich auf die Beigeladenen bezog, ferner im erstinstanzlichen Verfahren auch noch die Feststellung der Versicherungspflicht mit Beitragspflicht für die Zukunft des J. S. im Streit war. Insoweit ist von dem Streitwert von EUR 5.000,00 nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auszugehen, dieser jedoch im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Jahren auf EUR 15.000,00 zu erhöhen, weshalb sich für das sozialgerichtliche Verfahren ein Streitwert von EUR 93.621,99 ergibt. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert endgültig auf EUR 78.621,99 festzusetzen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 25. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin in allen Rechtszügen; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Rentenversicherungspflicht der Klägerin als Medizinjournalistin in der Künstlersozialversicherung (KSV).

2

Die 1973 geborene Klägerin ist approbierte Ärztin. Nach Tätigkeiten als Frauenärztin, bei einer Healthcare-Werbeagentur sowie als Vorstandsreferentin bei der D. AG () in Köln hat sie sich im September 2004 in Hamburg als Medizinjournalistin selbstständig gemacht. Während der Beschäftigung bei der war sie Pflichtmitglied der Ärztekammer Nordrhein sowie der zu 2. beigeladenen Nordrheinischen Ärzteversorgung. Von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) wurde sie im Hinblick hierauf antragsgemäß ab dem 13.9.2000 von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreit (Bescheid vom 21.11.2000). Seit dem Umzug nach Hamburg im Jahr 2001 ist sie Pflichtmitglied der zu 1. beigeladenen Ärztekammer Hamburg. Von der Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Ärztekammer Hamburg wurde sie mit Wirkung zum 1.7.2001 zugunsten der Beigeladenen zu 2. befreit, der sie weiterhin angehört.

3

Die Beklagte stellte fest, dass die Klägerin aufgrund ihrer selbstständigen publizistischen Tätigkeit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ist. Die Versicherungspflicht gelte auch für Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI befreit worden seien, wenn der Kammerberuf nicht mehr ausgeübt werde. Dass die Versorgungskammern medizinische Fachjournalisten wegen ihrer berufsspezifischen Tätigkeit weiterhin zu Pflichtbeiträgen heranzögen, schließe die Versicherungspflicht nach dem KSVG insoweit nicht aus (Bescheid vom 7.1.2005; Widerspruchsbescheid vom 25.4.2005).

4

Die Klägerin hat Klage erhoben, soweit sie auch in die Rentenversicherungspflicht nach dem KSVG einbezogen worden ist. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29.4.2008): Als selbstständige Publizistin unterliege sie der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nach dem KSVG. Die Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit nach § 4 Nr 1 KSVG lägen nicht vor, da sie neben ihrer Tätigkeit als Medizinjournalistin keine weitere Beschäftigung oder Tätigkeit ausübe. Das LSG hat das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten geändert und festgestellt, dass die Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem KSVG versicherungsfrei ist (Urteil vom 25.2.2010). In Auslegung hamburgischen Landes-Berufsrechts hat es ausgeführt, dass die Klägerin Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1. und damit grundsätzlich auch Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Kammer sei, hier nur befreit aufgrund und zu Gunsten der Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. Davon könne zwar nach dem hamburgischen Landesrecht sowie der Satzung der Beigeladenen zu 2. grundsätzlich auch eine Befreiung erteilt werden. Hier bestehe jedoch eine solche Befreiungsmöglichkeit nicht, da die Tätigkeit der Klägerin als Medizinjournalistin eine ärztliche Tätigkeit im Sinne der landesrechtlichen Regelungen über die Zugehörigkeit zur Ärztekammer Hamburg und zu deren Versorgungswerk darstelle. Hiervon ausgehend sei die Klägerin zwar bei wörtlicher Auslegung auch in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig nach dem KSVG. Unter Berücksichtigung der in § 4 Nr 1 KSVG geregelten Ausnahmen von der grundsätzlichen Versicherungspflicht widerspreche dies aber dem Sinn und Zweck der Künstlersozialversicherung. Dass der Gesetzgeber die hier vorliegende Fallkonstellation nicht berücksichtigt habe, stelle eine planwidrige Lücke des Gesetzes dar, die im Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu schließen sei.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Der vom LSG zutreffend ausgelegte Ausschlusstatbestand des § 4 Nr 1 KSVG sei abschließend. Hiernach sei die Klägerin nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem KSVG frei. Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift sei Ausgangspunkt und Grenze der Auslegung. Darüber hinaus sei die publizistische Tätigkeit der Klägerin nicht als Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit anzusehen. Soweit hier überhaupt die Problematik einer "doppelten" Beitragspflicht bestehe, betreffe dies eher die weite Auslegung des Begriffs der ärztlichen Tätigkeit in § 3 Abs 2 der Beitragsverordnung der Beigeladenen zu 1.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Hamburg vom 25.2.2010 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Hamburg vom 29.4.2008 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Sofern der Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bereits der Befreiungsbescheid der BfA vom 21.11.2000 entgegensteht (dazu unter 2.), besteht Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 4 Nr 1 KSVG(dazu unter 3.). Letzteres hat das LSG auf der Grundlage seiner nicht zu beanstandenden Auslegung hamburgischen Landesrechts zutreffend entschieden.

9

1. Grundsätzlich allerdings unterliegt die Klägerin als Journalistin der Versicherungspflicht (auch) in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das gebietet § 1 iVm § 2 Satz 2 KSVG(hier § 1 KSVG anzuwenden idF des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004, BGBl I 3242 und § 2 KSVG idF des 2. KSVG-Änderungsgesetzes vom 13.6.2001, BGBl I 1027). Hiernach werden selbstständige Künstler und Publizisten nach § 1 KSVG in der allgemeinen Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig iS des § 8 SGB IV. Nach § 2 Satz 2 KSVG ist Publizist im Sinne dieses Gesetzes, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt. Eine solche Tätigkeit übt die Klägerin als Medizinjournalistin aus, was zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht und weshalb die Beklagte grundsätzlich zutreffend eine Versicherungspflicht der Klägerin nach dem KSVG festgestellt hat.

10

2. Ob dieser Feststellung hinsichtlich der gesetzlichen Rentenversicherung bereits der Befreiungsbescheid der BfA vom 21.11.2000 entgegensteht, kann letztlich offenbleiben.

11

a) Mit dem Befreiungsbescheid vom 21.11.2000 hat die BfA die Klägerin im Hinblick auf deren Mitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung mit Wirkung vom 13.9.2000 "von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit" und hinsichtlich der Befreiungsdauer ausgeführt: "Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären. Die Wirkung der Befreiung ist grundsätzlich auf die jeweilige berufsständische Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt."

12

b) Welche Regelungswirkungen dies gegenwärtig noch hat, muss der Senat nicht entscheiden. Insbesondere kann offenbleiben, ob sich die Regelung auf die Befreiung von der Versicherungspflicht und der Bestimmung ihres Beginns beschränkt hat, wie es der 12. und ihm folgend der 5. Senat des BSG in ähnlichen Konstellationen angenommen haben (vgl BSGE 80, 215, 221 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 17; BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58). Dagegen könnte sprechen, dass aus der für die Auslegung maßgeblichen Empfängerperspektive auch unter Berücksichtigung der für die Behörde maßgeblichen Umstände (vgl BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 f; BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1, RdNr 11 jeweils mwN) die Angaben über die Dauer der Befreiung jedenfalls in der hier verwandten Formulierung als eigenständige Regelung zu verstehen und nicht erkennbar war, dass damit nur eine unverbindliche Erläuterung der Rechtslage bezweckt gewesen sein soll (so für ähnliche Formulierungen BSGE 80, 215, 221 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 17; BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58). Insoweit könnte die Inbezugnahme des in der maßgebenden Norm des § 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI nicht verwandten Merkmals der Befreiungsdauer aus Sicht der Klägerin so zu deuten sein, dass hier zusätzlich eine selbstständige Regelung auch zur Dauer der Befreiung getroffen und sie somit für die gesamte Dauer der - hier noch fortbestehenden - Pflichtmitgliedschaft im ärztlichen Versorgungswerk von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit worden ist. Dies kann letztlich aber ebenso offenbleiben wie die weitere Frage, ob die Befreiung auch ohne förmliche Aufhebung nach § 48 Abs 1 SGB X gegenstandslos geworden ist, wie es der 5. Senat des BSG in einer vergleichbaren Konstellation angenommen hat (vgl BSGE 83, 74, 78 f = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 59 f). Diese Rechtsauffassung mag fraglich erscheinen, weil durch den Befreiungsbescheid mit Dauerwirkung entschieden wird, dass eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht besteht und demzufolge seine Aufhebung oder Änderung aus Gründen sowohl der Rechtsklarheit als auch des Vertrauensschutzes den allgemeinen Vorschriften der §§ 45 ff SGB X und damit hier des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X unterworfen sein könnte(hiervon ausgehend wohl auch der 12. Senat des BSG, vgl BSGE 80, 215, 217 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 12). Abschließend zu entscheiden ist diese Frage hier jedoch nicht, weil die Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 4 Nr 1 KSVG frei ist.

13

3. Falls die Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bereits durch den Befreiungsbescheid vom 21.11.2000 freigestellt ist, besteht Versicherungsfreiheit jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 4 Nr 1 KSVG.

14

a) Unmittelbar greift der Tatbestand von § 4 Nr 1 KSVG allerdings nicht ein. Hiernach ist in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem KSVG versicherungsfrei, wer aufgrund einer Beschäftigung oder einer nicht unter § 2 KSVG fallenden selbstständigen Tätigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit ist, es sei denn, die Versicherungsfreiheit beruht auf einer geringfügigen Beschäftigung oder einer geringfügigen selbstständigen Tätigkeit iS von § 8 SGB IV. Die Vorschrift soll diejenigen selbstständigen Künstler und Publizisten von der besonderen Rentenversicherungspflicht nach dem KSVG ausnehmen, die dieses Schutzes nicht bedürftig erscheinen, weil sie bereits anderweitig kraft Gesetzes für das Alter gesichert sind. Dabei hat der Gesetzgeber neben Beamten, Richtern und Soldaten an Personen gedacht, die bereits wegen einer anderweitigen Beschäftigung oder Tätigkeit zumindest in einem am Durchschnitt ausgerichteten Umfang in die soziale Sicherung einbezogen sind (vgl BT-Drucks 9/26 S 18). Damit ist grundsätzlich zwar auch die Situation der Klägerin erfasst. Jedoch fällt sie nicht in den unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift, weil ihre Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht auf einem Beschäftigungsverhältnis, sondern auf ihrer selbstständigen Tätigkeit als Medizinjournalistin beruht und dies dem Wortlaut nach für den Ausschlusstatbestand des § 4 Nr 1 KSVG unbeachtlich ist. Demnach besteht Versicherungsfreiheit nach dem KSVG für Selbstständige grundsätzlich nur, soweit der betreffende Künstler oder Publizist wegen "einer nicht unter § 2 fallenden selbständigen Tätigkeit" in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit ist, die Freistellung in der gesetzlichen Rentenversicherung also auf einer zusätzlichen, weiteren selbstständigen Tätigkeit neben seiner künstlerischen oder publizistischen Betätigung beruht.

15

b) Ungeachtet dessen genießt die Klägerin allerdings kraft ihrer Zugehörigkeit zum Versorgungswerk der Ärzte eine Alterssicherung, wie es für den Ausschlusstatbestand des § 4 Nr 1 KSVG vom Gesetzgeber gerade vorausgesetzt ist. Rechtsgrundlage hierfür ist § 2 Abs 1 Satz 1 des Hamburgischen Kammergesetzes für die Heilberufe (HmbKGH) iVm § 6 Abs 1 Satz 1 der Satzung der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Danach gehören zunächst der zu 1. beigeladenen Ärztekammer als Pflichtmitglieder alle auf Grund einer Berufserlaubnis oder Approbation zur Berufsausübung berechtigten Ärztinnen und Ärzte an, die in der Freien und Hansestadt Hamburg entweder ihren Beruf ausüben (§ 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 HmbKGH) oder, falls sie ihren Beruf nicht oder nicht in der Freien und Hansestadt Hamburg ausüben, dort ihre Hauptwohnung im Sinne des Melderechts haben, es sei denn, dass sie Mitglied einer anderen Ärztekammer im Bundesgebiet sind (§ 2 Abs 1 Satz 1 Nr 2 HmbKGH). Hieran anknüpfend sind nach den Satzungsregelungen sowohl der Hamburger Ärzteversorgung als auch der Beigeladenen zu 2., deren Mitglied die Klägerin trotz ihres Umzugs geblieben ist, alle verkammerten Ärzte Pflichtmitglieder des jeweiligen Ärzte-Versorgungswerks (vgl § 6 Abs 1 Satz 1 der Satzung der Beigeladenen zu 2.). Zu befreien hiervon nach § 6 Abs 5 Buchstabe f der Satzung der Beigeladenen zu 2. sind nur diejenigen "Ärzte und Ärztinnen, die keine ärztliche Tätigkeit ausüben".

16

Eine solche Pflichtmitgliedschaft ohne Befreiungsmöglichkeit besteht wegen der Tätigkeit als Medizinjournalistin auch für die Klägerin. Das hat das LSG in Auslegung der genannten landesrechtlichen Vorschriften ohne Verstoß gegen Bundesrecht und damit für den Senat bindend (§ 163 SGG) entschieden. Nach seiner im angefochtenen Urteil niedergelegten und begründeten Rechtsauffassung ist die Tätigkeit als Medizinjournalistin als ärztliche Tätigkeit im Sinne der landesrechtlichen Regelungen über die Zugehörigkeit zur Berufskammer und zum Versorgungswerk zu qualifizieren. Insoweit sei nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, der sich das Berufungsgericht anschließe, eine weite Auslegung des Begriffs der Berufsausübung vorzunehmen, da die berufsständischen Kammern die Belange der Gesamtheit der von ihr vertretenen Berufsangehörigen wahrnähmen und dafür die Erfahrungen von Berufsangehörigen aus allen Tätigkeitsbereichen nutzen sollen (Verweis auf BVerwG, NJW 1997, 814 ff und BVerwGE 92, 24). Eine ärztliche Tätigkeit sei deshalb immer dann anzunehmen, wenn die Anwendung oder Mitverwendung von ärztlichem Wissen der Tätigkeit ihr Gepräge gebe (Verweis auf VG Karlsruhe, MedR 2008, 751 ff).

17

Diese Auslegung des Landesrechts durch das LSG ist für den erkennenden Senat bindend, weil sie nicht gegen Vorschriften des Bundesrechts verstößt (§ 162 SGG). Ein Verstoß gegen Bundesrecht liegt nicht bereits dann vor, wenn das Revisionsgericht aus seiner Sicht möglicherweise zu einer anderen Gesetzesauslegung kommen würde. Bundesrecht ist vielmehr erst dann verletzt, wenn das Berufungsgericht den Rahmen zulässiger Gesetzesauslegung überschritten und damit die Bindung an Gesetz und Recht (Art 3 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) missachtet (Willkürverbot) oder wenn es bei der Gesetzesauslegung bundesrechtliche Normen herangezogen hat, die den ihnen beigelegten Regelungsgehalt nicht aufweisen (BSGE 88, 215, 219 = SozR 3-3300 § 9 Nr 1 S 5; BSG SozR 3-6935 Allg Nr 1 S 3). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist eine Verletzung von Bundesrecht nicht ersichtlich. Wie die Beklagte zu Recht darlegt, könnte der Begriff der ärztlichen Tätigkeit zwar auch enger verstanden werden. Nicht zu verkennen ist jedoch, dass eine medizin-journalistische Tätigkeit wie hier von der Klägerin ausgeübt auf ärztliches Wissen aufbaut und ihr zum Teil Aufgaben der medizinischen Aufklärung zukommen, wie sie vergleichbar auch von ambulant oder stationär praktizierenden Ärzten erbracht werden. Anhaltspunkte für eine willkürliche und deshalb vom BSG zu korrigierende Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Landesrechts bestehen deshalb nicht.

18

c) Diese bereits bestehende Alterssicherung über das Versorgungswerk der Ärzte begründet entgegen der Auffassung der Beklagten in entsprechender Anwendung von § 4 Nr 1 KSVG die Versicherungsfreiheit der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem KSVG; das hat das LSG zutreffend dargelegt. Insoweit besteht eine planwidrige Regelungslücke, die durch die analoge Anwendung von § 4 Nr 1 KSVG zu schließen ist. Ein solcher Analogieschluss setzt voraus, dass die geregelte Norm analogiefähig ist, das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, so dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von denselben Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Analogie ist die Übertragung der Rechtsfolge eines geregelten Tatbestandes auf einen ihm ähnlichen, aber ungeregelten Sachverhalt. Dieser beruht - in Anlehnung an Art 3 Abs 1 GG - auf der Forderung normativer Gerechtigkeit, Gleichartiges gleich zu behandeln (vgl BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 4 RdNr 15; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 36 RdNr 25; vgl auch BGHZ 155, 380, 389, jeweils mwN).

19

So liegen die Verhältnisse hier: Mit § 4 Nr 1 KSVG ist eine Vorkehrung für diejenigen nach dem KSVG versicherungspflichtigen Künstler und Publizisten getroffen worden, die einen anderweitigen Versicherungsschutz für das Alter durch eine Alterssicherung aufgrund einer weiteren Tätigkeit oder Beschäftigung neben ihrer künstlerischen oder publizistischen selbstständigen Tätigkeit erworben haben. Soweit dadurch ein ausreichender Schutz für das Alter bereits besteht, soll nach der ausdrücklichen gesetzgeberischen Intention keine zusätzliche Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehen (vgl BT-Drucks 9/26 S 18; ebenso Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 4 RdNr 1). Keine Regelung hat der Gesetzgeber dagegen für die Gruppe getroffen, deren künstlerische oder publizistische Tätigkeit selbst - wie hier bei der Klägerin - die Zugehörigkeit zu einem weiteren Alterssicherungssystem begründet und die dadurch eine doppelte Altersversorgung erlangt. Diese Möglichkeit ist im Gesetzgebungsverfahren offenkundig nicht gesehen worden, so dass die analoge Anwendung des § 4 Nr 1 KSVG geboten erscheint. Denn einerseits entspricht dieser Fall genau der Situation, auf die der Gesetzgeber mit der Befreiungsregelung zu reagieren suchte. Andererseits besteht aber auch kein Anhaltspunkt dafür, dass für diese Gruppe die von der Grundregel des § 4 Nr 1 KSVG abweichende Heranziehung zu zwei Alterssicherungssystemen bewusst angestrebt worden sein könnte. Das entspricht schon nicht der Intention des Gesetzgebers, wie sie - oben bereits dargestellt - mit § 4 Nr 1 KSVG verfolgt worden ist. Im Übrigen ist auch kein Grund erkennbar, der eine solche unterschiedliche Behandlung vor dem Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG rechtfertigen könnte. Von daher ist die hier betroffene Gruppe von KSVG-Versicherten zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung in analoger Anwendung von § 4 Nr 1 KSVG ebenso von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem KSVG freizustellen wie die Gruppe derjenigen, die zusätzlich zu ihrer selbstständigen Tätigkeit iS von § 1 KSVG einer weiteren unselbstständigen oder selbstständigen Tätigkeit nachgehen und hierdurch eine zur Befreiung nach § 4 Nr 1 KSVG führende Alterssicherung erlangen.

20

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

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Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

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Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

18

Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

20

1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

23

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

25

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

28

6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

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§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

30

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

33

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

38

In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

40

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes den Apothekerberuf ausüben will, bedarf der Approbation als Apotheker.

(2) Die Ausübung des Apothekerberufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist auch auf Grund einer Erlaubnis zulässig.

(2a) Apotheker, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates sind, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, dürfen den Apothekerberuf im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne Approbation als Apotheker oder ohne Erlaubnis zur Ausübung des Apothekerberufs ausüben, sofern sie vorübergehend und gelegentlich als Erbringer von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 des EG-Vertrages im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig werden. Sie unterliegen jedoch der Meldepflicht nach diesem Gesetz.

(3) Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“. Pharmazeutische Tätigkeiten umfassen insbesondere:

1.
Herstellung der Darreichungsform von Arzneimitteln,
2.
Arzneimittelforschung, Entwicklung, Herstellung, Prüfung von Arzneimitteln, Tätigkeiten in der Arzneimittelzulassung, Pharmakovigilanz und Risikoabwehr in der pharmazeutischen Industrie,
3.
Arzneimittelprüfung in einem Laboratorium für die Prüfung von Arzneimitteln,
4.
Lagerung, Qualitätserhaltung und Vertrieb von Arzneimitteln auf der Großhandelsstufe,
5.
Bevorratung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Vertrieb und Abgabe von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in der Öffentlichkeit zugänglichen Apotheken,
6.
Herstellung, Prüfung, Lagerung und Abgabe von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in Krankenhäusern,
7.
Information und Beratung über Arzneimittel als solche, einschließlich ihrer angemessenen Verwendung,
8.
Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen an die zuständigen Behörden,
9.
personalisierte Unterstützung von Patienten bei Selbstmedikation,
10.
Beiträge zu örtlichen oder landesweiten gesundheitsbezogenen Kampagnen,
11.
Tätigkeiten im Arzneimittel-, Apotheken- und Medizinproduktewesen der öffentlichen Gesundheitsverwaltung in Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen sowie in Körperschaften des öffentlichen Rechts und in Berufs- und Fachverbänden,
12.
Tätigkeiten in Lehre und Forschung an Universitäten sowie in der Lehre an Lehranstalten und Berufsschulen in pharmazeutischen Fachgebieten.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes den Apothekerberuf ausüben will, bedarf der Approbation als Apotheker.

(2) Die Ausübung des Apothekerberufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist auch auf Grund einer Erlaubnis zulässig.

(2a) Apotheker, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates sind, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, dürfen den Apothekerberuf im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne Approbation als Apotheker oder ohne Erlaubnis zur Ausübung des Apothekerberufs ausüben, sofern sie vorübergehend und gelegentlich als Erbringer von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 des EG-Vertrages im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig werden. Sie unterliegen jedoch der Meldepflicht nach diesem Gesetz.

(3) Ausübung des Apothekerberufs ist die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Apotheker“ oder „Apothekerin“. Pharmazeutische Tätigkeiten umfassen insbesondere:

1.
Herstellung der Darreichungsform von Arzneimitteln,
2.
Arzneimittelforschung, Entwicklung, Herstellung, Prüfung von Arzneimitteln, Tätigkeiten in der Arzneimittelzulassung, Pharmakovigilanz und Risikoabwehr in der pharmazeutischen Industrie,
3.
Arzneimittelprüfung in einem Laboratorium für die Prüfung von Arzneimitteln,
4.
Lagerung, Qualitätserhaltung und Vertrieb von Arzneimitteln auf der Großhandelsstufe,
5.
Bevorratung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Vertrieb und Abgabe von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in der Öffentlichkeit zugänglichen Apotheken,
6.
Herstellung, Prüfung, Lagerung und Abgabe von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in Krankenhäusern,
7.
Information und Beratung über Arzneimittel als solche, einschließlich ihrer angemessenen Verwendung,
8.
Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen an die zuständigen Behörden,
9.
personalisierte Unterstützung von Patienten bei Selbstmedikation,
10.
Beiträge zu örtlichen oder landesweiten gesundheitsbezogenen Kampagnen,
11.
Tätigkeiten im Arzneimittel-, Apotheken- und Medizinproduktewesen der öffentlichen Gesundheitsverwaltung in Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen sowie in Körperschaften des öffentlichen Rechts und in Berufs- und Fachverbänden,
12.
Tätigkeiten in Lehre und Forschung an Universitäten sowie in der Lehre an Lehranstalten und Berufsschulen in pharmazeutischen Fachgebieten.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

15

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

16

Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

18

Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

20

1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

23

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

25

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

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6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

29

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

30

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

33

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

38

In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

40

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die praktische Ausbildung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 findet nach dem Bestehen des Zweiten Abschnitts der Pharmazeutischen Prüfung statt. Sie gliedert sich in eine Ausbildung von

1.
sechs Monaten in einer öffentlichen Apotheke, die keine Zweigapotheke ist, und
2.
sechs Monaten, die wahlweise in
a)
einer Apotheke nach Nummer 1,
b)
einer Krankenhaus- oder Bundeswehrapotheke,
c)
der pharmazeutischen Industrie,
d)
einem Universitätsinstitut oder in anderen geeigneten wissenschaftlichen Institutionen einschließlich solchen der Bundeswehr,
e)
einer Arzneimitteluntersuchungsstelle oder einer vergleichbaren Einrichtung einschließlich solcher der Bundeswehr
abzuleisten sind. Drei Monate einer Ausbildung nach Satz 2 Nr. 2 Buchstabe b können auch auf der Station eines Krankenhauses oder Bundeswehrkrankenhauses abgeleistet werden.

(2) Während der ganztägigen praktischen Ausbildung sollen die im vorhergehenden Studium erworbenen pharmazeutischen Kenntnisse vertieft, erweitert und praktisch angewendet werden. Zur Ausbildung gehören insbesondere die pharmazeutischen Tätigkeiten im Sinne des § 2 Absatz 3 der Bundes-Apothekerordnung. Die Ausbildung umfasst auch Medizinprodukte, die in den Apotheken in den Verkehr gebracht werden. Die Ausbildung muß von einem Apotheker, der hauptberuflich in der Ausbildungsstätte tätig ist, geleitet werden; sofern sie an einem Universitätsinstitut abgeleistet wird, umfaßt sie eine pharmazeutisch-wissenschaftliche Tätigkeit unter der Leitung eines Professors, Hochschul- oder Privatdozenten.

(3) Der Auszubildende hat seine Arbeitskraft zu regelmäßiger Mitarbeit zur Verfügung zu stellen und sich auf den Dritten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung vorzubereiten. Er darf nur zu Tätigkeiten herangezogen werden, die seine Ausbildung fördern. Über die praktische Ausbildung erhält der Auszubildende eine Bescheinigung nach dem Muster der Anlage 5.

(4) Während der praktischen Ausbildung hat der Auszubildende an begleitenden Unterrichtsveranstaltungen teilzunehmen, in denen die in der Anlage 8 aufgeführten Stoffgebiete vermittelt werden. Die zuständige Behörde führt die begleitenden Unterrichtsveranstaltungen durch oder benennt eine oder mehrere geeignete Stellen, die diese Unterrichtsveranstaltungen durchführen. Über die Teilnahme an den begleitenden Unterrichtsveranstaltungen erhält der Auszubildende eine Bescheinigung nach dem Muster der Anlage 6.

(5) Auf die Ausbildung nach Absatz 1 werden Unterbrechungen bis zu den durch Bundesrahmentarifvertrag festgelegten Urlaubszeiten angerechnet.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.