Sozialgericht Nürnberg Urteil, 25. Mai 2016 - S 11 R 898/12
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1).
III.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1), Dr. D. (M. H.), als Geschäftsführer der Klägerin seit dem
Am
Am
Nach Anhörung des Beigeladenen zu 1) und der Klägerin mit Schriftsätzen vom
Mit Bescheiden vom
Den von der Klägerin hiergegen am
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin insbesondere mit der Begründung zurück, dass das Bundessozialgericht (BSG) in seinem
Hiergegen hat die Klägerin zum Sozialgericht N. (SG) am 20.07.2012 Klage erhoben und zur Klagebegründung über ihr bisheriges Vorbringen hinaus mit Schriftsätzen vom
Das Urteil des BSG
Überdies sei dem Nachtrag vom
Ferner sei die Klägerin vom Beigeladenen zu 1) wirtschaftlich abhängig. Dies beruhe insbesondere darauf, dass der Beigeladene zu 1) aufgrund seiner atypischen stillen Beteiligung in Höhe von 400.000,00 EUR am Eigenkapital der Klägerin maßgebend beteiligt sei. Dadurch und durch die konkrete Ausgestaltung des Vertrags über die atypische stille Gesellschaft sowie des GV-DV habe der Beigeladene zu 1) maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Klägerin. In seinem nach der Geschäftsordnung zugewiesenen Geschäftsbereich sei er maßgeblich für den Vertrieb und damit für den geschäftlichen Erfolg der Klägerin zuständig. Entziehe der Beigeladene zu 1) der Klägerin seine Einlage durch Kündigung der stillen Gesellschaft und durch Auseinandersetzung der atypisch stillen Gesellschaft, habe die Klägerin den Beigeladenen zu 1) nach § 16 des Vertrags über eine atypische stille Gesellschaft abzufinden und das Abfindungsguthaben entsprechend den Vorgaben des § 17 des Vertrags über eine atypische stille Gesellschaft auszubezahlen. Bei einem derzeitigen Ausscheiden habe der Beigeladene zu 1) neben der Einlage in Höhe von 400.000,00 EUR einen Abfindungsanspruch aus den stillen Reserven der Klägerin in Höhe von ca. 1 Million bis 1,5 Million, so dass das Abfindungsguthaben bestehend aus Einlage und Beteiligung an den stillen Reserven derzeit überschlägig ca. zwischen 1.400.000,00 bis 1.900.000,00 EUR betragen würde (siehe Schreiben der Wirtschaftsprüferin Köhnlein vom 01.07.2015, Anlage K3). Darüber hinaus sei der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin als Geschäftsführer für die Geschäftsbereiche Vertrieb, Konstruktion und Auftragslogistik sowie seit 01.01.2015 auch für die Geschäftsbereiche Elektrotechnik, Beschaffung (vormals als Fertigung bezeichnet) und Personal, die bisher im Zuständigkeitsbereich von S. H. gelegen hätten, allein verantwortlich. Im Bereich Vertrieb verfüge somit von den Geschäftsführern ausschließlich der Beigeladene zu 1) über die für den Geschäftserfolg der Klägerin erforderlichen Kundenbeziehungen und das Wissen über die Besonderheiten, d. h. das knowhow zu den einzelnen Kunden. Durch ein Ausscheiden des Beigeladenen zu 1) würde ein wesentlicher Teil des Geschäfts für die Klägerin verloren gehen, der nicht ohne weiteres auszugleichen wäre.
Die Klägerin beantragt (Schriftsatz vom
1. den Bescheid der Beklagten vom
Die Beklagte beantragt (Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Zur Klageerwiderung trägt die Beklagte mit Schriftsätzen vom
Die vertraglichen Regelungen des GV-DV vom
Der Beigeladene zu 1) verfüge nicht einmal laut Vertrag über die stille Gesellschaft über eine umfassende Sperrminorität, weil nur bestimmte Rechtsgeschäfte der Zustimmung bedürften und sogar die eigene Abberufung als Geschäftsführer nicht verhindert werden könne (nur Anhörung). Zudem habe der Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko, weil er kein Verlustrisiko habe. Der Beigeladene zu 1) müsse seine Vergütung im Falle des Verlustes nicht zurückzahlen (keine Nachschusspflicht). Als stiller Gesellschafter sei der Beigeladene zu 1) nicht etwa seinerseits in der Lage, seinen Bindungen aus dem GV-DV vom 27.04.2011 durch Berufung auf die rechtlichen Verpflichtungen seiner Arbeitgeberin aus dem Vertrag über eine stille Gesellschaft zu entgehen. In rechtlicher Hinsicht trete allein der Geschäftsinhaber als Träger des Unternehmens in Erscheinung, so dass eine Außenhaftung der stillen Gesellschafter ausgeschlossen sei. Als Innengesellschaft sei die (typische) stille Gesellschaft in erster Linie Schuldverhältnis mit dem Einlageverhältnis als zentral vermögensrechtlichem Aspekt. Auch die Erweiterung der Zustimmungsgrenze betreffe - nicht anders als die ursprünglich im Anstellungsvertrag vereinbarte Grenze - allein von der GmbH als Arbeitgeberin gegenüber Dritten eingeräumte Befugnisse. Sie ermächtige dagegen nicht etwa dazu, umgekehrt im Innenverhältnis die GmbH an Entscheidungen des Beigeladenen zu 1) zu binden. Dies zeige sich auch darin, dass es innerhalb wie außerhalb der Zustimmungsgrenzen der GmbH völlig unbenommen bleibe, selbst Personal einzustellen und zu entlassen. Der Beigeladene zu 1) sei zwar zur Vertretung der Klägerin berechtigt, aber halte nicht als Gesellschafter Anteile an ihrem Stammkapital und sei somit rechtlich nicht in der Lage, höchstpersönlich darüber zu bestimmen, in welchem Umfang die Gesellschafterversammlung der Klägerin ihre Rechtsmacht gebrauche, ihm Weisungen zu erteilen. Trotz seiner Kontroll-, Mitsprache- und Gewinnbezugsrechte aufgrund der atypischen stillen Gesellschaft sei der Beigeladene zu 1) somit weiterhin gehindert, seine Geschäftsführertätigkeit in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort sowie Art und Weise im Wesentlichen frei zu gestalten, weil weiterhin die Rechtsmacht der Gesellschafterversammlung der Klägerin existiere, über die für sie ausgeübte Geschäftsführertätigkeit des Beigeladenen zu 1) zu bestimmen (siehe BSG, Urteile
Der Annahme von Sozialversicherungspflicht beim Beigeladenen zu 1) stehe die einkommenssteuerrechtliche Betrachtungsweise nicht entgegen. Möge der Beigeladene zu 1) im Hinblick auf seine einem Kommanditisten angenäherten Kontrollbefugnisse aus § 716 BGB, die der BFH für eine Stellung als Mitunternehmer als ausreichend erachte (vgl. BFH vom 22.08.2002, IV R 66/01, BFH/NV 2003, 36), als selbstständig angesehen und unabhängig vom konkreten Zahlungsfluss auch die von der GmbH für die Geschäftsführung in der GmbH still gezahlten Vergütungen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. HS EStG angesehen werden (BFH, a. a. O., Rn. 16 ff), ergäben sich hieraus für das Sozialversicherungsrecht dennoch keine weitergehenden Schlussfolgerungen. Abgesehen davon, dass die sozialversicherungsrechtliche Einordnung eines Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich unabhängig von der Entscheidung der Finanzbehörden zu treffen sei (siehe bereits BSG
Das Gericht hat die Akten der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 SGG erteilt (Schriftsätze der Beigeladenen zu 2) und zu 3)
Gründe
Das Gericht durfte ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden, denn die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 SGG erklärt (Schriftsätze vom 05.11.2015, 06.11.2015, 10.11.2015, 18.11.2015 und vom 08.02.2016).
Die form- und fristgerecht erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1 1. HS, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist auch im Übrigen zulässig.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV (seit dem 01.01.1999 § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (st. Rspr., BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R; BSG, Urteil vom 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R; BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R; BSG, Urteil vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; BVerfG, Beschluss vom 20.05.1996, 1 BvR 21/96).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine „Beschäftigung“ vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu Urteil des BSG
Eine dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH vergleichbare Position liegt weder gegenüber der Klägerin noch gegenüber der vom Beigeladenen zu 1) mit der Klägerin gegründeten atypischen stillen Gesellschaft vor. Denn der Beigeladene zu 1) ist weder am Stammkapital der GmbH beteiligt noch kann er sich auf eine Sperrminorität berufen, d. h. er kann nicht genehme Weisungen hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit sowie seine Abberufung als Geschäftsführer nicht verhindern. Darüber hinaus ist die Klägerin auch nicht wirtschaftlich derart vom Beigeladenen zu 1) abhängig, dass sein Ausscheiden die Klägerin zur Geschäftsaufgabe zwingen würde. Vielmehr war der Beigeladene zu 1) von der Klägerin seit Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer (01.06.2011) persönlich abhängig und damit abhängig beschäftigt im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV.
Die im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV rechtlich relevanten Beziehungen der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) bestimmen sich im streitigen Zeitraum seit dem 01.06.2011 nach dem „GF-DV“ und dem „Vertrag über eine atypisch stille Gesellschaft“. Das hierdurch begründete Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) erlaubt unter Zugrundelegung des GF-DV eine uneingeschränkte Zuordnung zum Typus der abhängigen entgeltlichen Beschäftigung: Der Beigeladene zu 1) erhält eine durch Vereinbarung mit der Geschäftsführung festgelegte und damit von der Ertragslage unabhängige feste Vergütung, nämlich ein monatlich nachträglich zahlbares Bruttogehalt in Höhe von 13.000,00 EUR (siehe § 3 Satz 1 Buchst. a. des GV-DV). Eine Verpflichtung, die Vergütung im Fall des Verlustes zurückzuzahlen, besteht nicht. Insofern trägt der Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko, das vielmehr nur dann gegeben ist, wenn der Einsatz von Kapital oder der eigenen Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes verbunden ist, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.11. 2015, B 12 KR 16/13 R; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m. w. N.; BSG, Urteil vom 25.01.2001, B 12 KR 17/00, R = SozVers 2001, 329, 332; BSG, Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07, Juris Rn. 25 f.). Weder kann der (Arbeits-) Einsatz des Beigeladenen zu 1) dem Wagniskapital eines Unternehmers gleichgesetzt werden (vgl. BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 18) noch die dem Beigeladenen zu 1) zustehende Tantieme in Höhe von 2,5% des Reingewinns des Unternehmens, maximal jedoch brutto 25.000,00 EUR jährlich. Dabei setzt die Tantieme -im Falle, dass das Unternehmen Verluste erwirtschaftet- so lange aus, bis der Verlustvortrag wieder voll ausgeglichen ist. Die Gewinnbeteiligung in Form von Tantiemen ist jedoch nicht mit Wagniskapital gleichzusetzen, sondern nach der zutreffenden Rechtsprechung des BSG Ausdruck eines -auch bei Arbeitnehmern verbreiteten- leistungsorientierten Vergütungsbestandteils (BSG, Urteil vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, Juris Rn. 16). Die Gefahr, die Arbeitskraft ohne Gegenleistung einzusetzen, bestand und besteht für den Beigeladenen zu 1) nicht. Dass der Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer S.H. ebenfalls monatlich eine gleichbleibende Vergütung erhält, spricht nicht gegen eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin. Denn die Selbstständigkeit des S.H. ergibt sich bereits aus seiner Stellung als Mehrheits-Gesellschafter, der letztlich die Rechtsmacht hat, die Vergütung, die er für seine Geschäftsführertätigkeit erhält, festzulegen. Der Beigeladene zu 1) ist ausschließlich in den Betriebsräumen der Klägerin und mit den dortigen Betriebsmitteln tätig geworden, so dass er auch insoweit kein Unternehmerrisiko trägt.
Arbeitnehmertypisch bzw. beschäftigtentypisch sind im vorliegenden Fall auch der vertraglich vereinbarte Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe des gesetzlichen Arbeitgeberzuschusses zur Kranken- und Pflegeversicherung, maximal jedoch in Höhe eines halben Monatsbeitrages (§ 3 Satz 1 Buchst. d. des GF-DV), die Weiterzahlung von Gehalt im Krankheitsfall sechs Wochen ab dem Eintritt der Erkrankung (soweit das von der Krankenversicherung bezahlte Tagegeld niedriger ist als das Nettoentgelt, wird die Differenz für die Dauer von einem Jahr vom Arbeitgeber bezahlt) (Buchst. e.), das „Zur-Verfügung-Stellen“ eines Dienstfahrzeuges der Mittelklasse -auch für private Zwecke-, wobei der Geschäftsführer zur Führung eines Nachweises über die gefahrenen Kilometer verpflichtet ist (Buchst. f.), die pauschale Abgeltung der Vergütung von Mehrarbeit sowie Wochenend- und Feiertagszuschlägen mit der Gewährung der vereinbarten Vergütungen (Buchst. g.), der Anspruch auf Auslagenersatz für Fahrtkosten und Spesen bei Geschäftsreisen nach den jeweiligen steuerlichen Höchstbeträgen (§ 4 Satz 1), die Leistung einer betrieblichen Altersversorgung spätestens drei Jahre nach Beginn dieses Vertragsverhältnisses (§ 5), der Anspruch auf Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen kalenderjährlich (§ 6), die Zustimmungspflicht für jede entgeltliche oder das Dienstverhältnis beeinträchtigende Nebenbeschäftigung während der Dauer des Dienstverhältnisses (§ 7) sowie letztlich auch das Ende des Vertragsverhältnisses mit Ablauf des Monats, in dem der Geschäftsführer das 65. Lebensjahr vollendet hat, somit mit Erreichen der regulären Altersgrenze (§ 8).
Demgegenüber vermögen die vertraglichen Regelungen einer Kündigung (§ 8 Absätze 2 und 3 des GF-DV) eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin seit
Anhaltspunkte dafür, dass die entsprechenden Willenserklärungen im GV-DV rechtlich nicht ernst gemeint (§ 118 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-) oder unter den rechtlichen Voraussetzungen eines Scheingeschäftes (§ 117 BGB) abgegeben worden wären, sind nicht ersichtlich. Bei den vorgenannten vertraglichen Regelungen handelt es sich ganz überwiegend um solche, die typischerweise Inhalt eines Arbeitsvertrages sind. Auf die Bezeichnung als „GF-DV“ kommt es hingegen nicht an. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass dem Beigeladenen zu 1) hinsichtlich Arbeitszeit und Ausübung der Tätigkeit eine weitgehende Gestaltungsfreiheit belassen wird. Dennoch bleibt seine Arbeitsleistung fremdbestimmt, weil sie sich in eine der Gesellschafterversammlung vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedert. Die Weisungsgebundenheit verfeinert sich -wie bei Diensten höherer Art üblich- zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess (vgl. BSG, Urteile vom 29.03.1962 [3 RK 74/75] und 29.08.1963 [3 RK 86/59]). Die Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in eine nicht von ihm selbst vorgegebene Ordnung des Betriebs ergibt sich daraus, dass er nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschaftsbeschlüsse handeln darf, so dass er letztlich der Überwachung durch die Gesellschafterversammlung unterliegt (§ 46 Nr. 6 GmbHG). Während seiner Tätigkeit seit 01.06.2011 ist der Beigeladene zu 1) vollständig in den Betrieb eingegliedert, d. h. in eine ihm einseitig vorgegebene Organisation (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17 m. w. N.). Der Beigeladene zu 1) ist als Geschäftsführer der Klägerin dabei weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der Klägerin Arbeitgeberfunktionen ausübt. Dies steht seiner Eingliederung nicht entgegen. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt, kann seinerseits bei einem Dritten in persönlicher Abhängigkeit beschäftigt sein.
Maßgebend für die rechtliche Beurteilung, ob die Tätigkeit eines Geschäftsführers einer GmbH im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird, ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, d. h. in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (BSG, Urteil vom 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400, § 7 Nr. 1 m. w. N.). Insoweit ist -wie auch im vorliegenden Fall- von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann (BSG, Urteil vom 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3/2400, § 7 Nr. 4). Ist dies der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann (BSG, Urteil vom 06.02.1992, 7 RAr 134/90, SozR 3-4100, § 104 Nr. 8). Dem Beigeladenen zu 1) steht nicht etwa -wie dem Mehrheitsgesellschafter der Klägerin- oder auf sonstige Weise unmittelbar oder mittelbar ein maßgeblicher Einfluss auf die interne Willensbildung der Arbeitgeberin zu, der es ihm erlauben würde, Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern oder sonst die Geschäftstätigkeit der Klägerin ganz oder teilweise zu bestimmen (BSG, Urteil vom 08.08.1990, 11 RAr 77/89). Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob die Klägerin das Weisungsrecht gegenüber dem Beigeladenen zu 1) tatsächlich ausgeübt hat (siehe BSG Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.02.2010, L 5 KR 3/09, Juris Rn. 28). Eine Parallelität gesellschafts- und arbeitsrechtlicher bzw. sozialversicherungsrechtlich relevanter Beziehungen liegt insofern von vorneherein nicht vor (s. BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, Juris Rn. 21). Eine von (arbeits-) vertraglichen Vereinbarungen abweichende Stellung als (Mit-) Unternehmer kommt nur in Betracht, wenn die Umstände dem Betreffenden tatsächlich eine rechtliche oder wirtschaftliche Machtposition verleihen, die ihn in die Lage versetzt, im hypothetischen Fall eines Dissenses Weisungen abweichend von den vereinbarten Weisungskompetenzen zu unterbinden oder dem formal Weisungsberechtigten den eigenen Willen aufzuzwingen (so zu Recht auch SG Dresden, Urteil vom 28.04.2010, S 18 KR 602/07, Juris Rn. 53; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.06.2014, L 8 R 939/13 und
Eine Bewertung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin als selbstständige ist auch nicht damit begründbar, dass der Beigeladene zu 1) gemäß dem Vertrag über eine atypische stille Gesellschaft seit 01.01.2011 stiller Gesellschafter der Klägerin ist. Denn er ist als stiller Gesellschafter nicht seinerseits in der Lage, seinen Bindungen aus dem GV-DV vom 27.04.2011 durch Berufung auf die rechtlichen Verpflichtungen seiner Arbeitgeberin aus dem Vertrag über eine atypische stille Gesellschaft zu entgehen, insbesondere nicht in der Lage, seine Abberufung als Geschäftsführer zu verhindern. Bezüglich der Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern der Klägerin ist dem Beigeladenen zu 1) in seiner Eigenschaft als stiller Gesellschafter lediglich ein Anhörungsrecht nach § 4 Ziffer 4 des Vertrags über eine atypisch stille Gesellschaft eingeräumt worden.
Dass die Klägerin, die nach § 13 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) als Handelsgesellschaft im Sinne des HGB gilt und daher kraft Eintragung (Form-) Kaufmann ist (§§ 7 ff. GmbHG, § 5 HGB), dem Beigeladenen zu 1) in Höhe von 10 v. H. eine atypisch stille Beteiligung eingeräumt hat, d. h. ihn mit 10% am Gewinn und Verlust der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt hat (§ 7 Ziffer 1 des Vertrags über eine atypisch stille Gesellschaft), ist für die rechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer bei der Klägerin ohne rechtliche Relevanz. Der Beigeladene zu 1) ist auf diese Weise nämlich lediglich rechtlich zulässig teilweise am Unternehmensvermögen der Klägerin sowie am Unternehmensgewinn beteiligt (s. Schmidt in Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 3, 3. Aufl. München 2012, § 230 Rn. 169). Zusammen mit der Klägerin ist er dem Betrieb des Unternehmens als gemeinsamem Zweck verpflichtet, so dass die Merkmale einer stillen Gesellschaft im Sinne von § 230 ff. HGB vollständig erfüllt sind (vgl. hierzu Schmidt, a. a. O., Rn. 3). Die gesetzlich nicht definierte und nur rudimentär geregelte stille Gesellschaft ist (Personen-) Gesellschaft im Sinne von § 705 BGB und bildet als klassischer Fall einer Innengesellschaft als solche weder ein Gesellschaftsvermögen noch ist sie rechtsfähig/parteifähig noch kann sie vertreten werden (Schmidt, a. a. O., Rn. 7, 8). Der Beigeladene zu 1) war als stiller Gesellschafter keinem echten unternehmerischen Risiko ausgesetzt, weil zwar eine Beteiligung am Verlust vereinbart war (nach § 7 Ziffer 1 Beteiligung des stillen Gesellschafters mit 10% am Gewinn und Verlust), dieses Risiko jedoch limitiert war. Dies ergibt sich aus Ziffer 3 des § 7, die lautet: „Der stille Gesellschafter haftet wie ein Kommanditist nur bis zur Höhe seiner Einlage. Verluste, die die Einlage übersteigen, sind auf einem besonderen Verlustkonto auszuweisen. Eine Verbindlichkeit des stillen Gesellschafters wird dadurch nicht begründet. Gewinnauszahlungen kann der stille Gesellschafter erst nach Ausgleich des Verlustkontos und Auffüllung der Einlage verlangen. Eine Nachschusspflicht besteht nicht. „ Danach ist der Beigeladene zu 1) eindeutig keinem unternehmerischen Risiko ausgesetzt, weil eine Haftung auf die Höhe seiner Einlage limitiert ist (siehe hierzu auch BayLSG, Urteil vom 11.08.2009, L 5 R 958/08, Juris Rn. 21) und er nicht im Rahmen einer Außenhaftung verpflichtet wird. Über die Einlage hinausgehende Verluste sind lediglich für die Gewinnauszahlungen von Relevanz. Der Verlustausgleich findet somit nur im Innenverhältnis statt. Zu Recht weist auch das SG Dresden (a. a. O., Juris Rn. 71) darauf hin, dass derjenige, der als bloßer Innengesellschafter den Vorteil in Anspruch nimmt, nach außen kein Unternehmerrisiko zu tragen, sich auch im Außenverhältnis gegenüber den Sozialversicherungsträgern am Status als abhängig Beschäftigter festhalten lassen muss.
Soweit dem Beigeladenen zu 1) eine Gewinnbeteiligung an der stillen Gesellschaft eingeräumt ist, hätte dies allenfalls im Kontext sonst für eine selbstständige Stellung sprechender Umstände von Belang sein können (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.2007, a. a. O.;
Zudem fehlt es beim Beigeladenen zu 1) an dem für eine selbstständige Tätigkeit typischen Auftreten am Markt, am Abschluss von Geschäften im eigenen Namen, eigener Werbung für eigene Zwecke und am Einsatz eigener Betriebsmittel (siehe hierzu BayLSG, a. a. O., Juris Rn. 21). Der hier von der atypischen stillen Gesellschaft verfolgte Zweck kann nur in der Verfolgung eines dem Grunde und dem Umfang nach von der Klägerin vorgegebenen übergreifenden Zwecks liegen. Dementsprechend steht die Geschäftsführung nach § 4 des Vertrags über eine atypisch stille Gesellschaft allein der Inhaberin zu (Ziffer 1). Somit tritt in rechtlicher Hinsicht allein die Klägerin als Trägerin des Unternehmens in Erscheinung, so dass eine Außenhaftung des Beigeladenen zu 1) als stiller Gesellschafter ausgeschlossen ist (Schmidt, a. a. O., Rn. 13). Als Innengesellschaft ist die stille Gesellschaft in erster Linie Schuldverhältnis mit dem Einlageverhältnis als zentralem vermögensrechtlichen Aspekt (Schmidt, a. a. O., Rn. 17).
Zwar können stille Gesellschaften -jeweils unter Wahrung der Mindestvoraussetzungen der stillen Gesellschaft- im Innenverhältnis zu einer den Handelsgesellschaften angenäherten Organisation führen und insofern sogar die Rollenverteilung zwischen dem „stillen“ und dem Geschäftsinhaber umkehren (s. hierzu Schmidt, a. a. O., Rn. 73, 77; BSG, Urteil vom 24.01.2007, a. a. O., Rn. 23). Im vorliegenden Fall darf die Stellung des Beigeladenen zu 1) als stiller Gesellschafter jedoch nicht ohne den Kontext des GF-DV betrachtet werden. Vielmehr stellt sich die gesellschaftsrechtliche Position des Beigeladenen zu 1) letztlich als Abrundung seiner „dienstvertraglichen“ Rechte, die arbeitnehmertypisch sind und in deren Rahmen dar (vgl. zu diesem Aspekt Schmidt, a. a. O., Rn. 78).
Der Einwand der Klägerin, in § 4 des „Vertrags über die atypisch stille Gesellschaft“ fänden sich Maßnahmen, die nur mit Zustimmung des Beigeladenen zu 1) vorgenommen werden könnten, so dass dieser einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft habe, ist unbegründet. Nach § 4 Ziffer 2 Satz 1 des Vertrags über die atypisch stille Gesellschaft darf die Inhaberin folgende Maßnahmen nur mit Zustimmung aller Gesellschafter vornehmen: a) Änderung des Gegenstandes des Unternehmens; b) Veräußerung oder Verpachtung des Unternehmens oder eines Teils des Unternehmens; c) vollständige oder teilweise Einstellung des Gewerbebetriebs.
Satz 2 dieser Vorschrift lautet: „Kann die erforderliche Einwilligung der Gesellschafter wegen Eilbedürftigkeit nicht eingeholt werden, so hat die Inhaberin die Maßnahme durchzuführen und den stillen Gesellschafter unverzüglich über die getroffene Maßnahme und den Grund der Eilbedürftigkeit zu unterrichten“. Nach Ziffer 3 des § 4 entscheiden auf Antrag der Inhaberin die Gesellschafter durch Beschluss über die Vornahme der Handlung, wenn der stille Gesellschafter von dem ihm analog § 164 HGB zustehenden Widerspruchsrecht Gebrauch macht.
Nach der grammatikalischen und systematischen Auslegung des § 4 des „Vertrags über die atypisch stille Gesellschaft“ steht dem stillen Gesellschafter lediglich gemäß Ziffer 3 analog § 164 HGB ein Widerspruchsrecht zu, während die Maßnahmen nach Ziffer 2 a.-c. des § 4 nur mit Zustimmung aller „Gesellschafter“ vorgenommen werden dürfen. Hierzu gehört jedoch nicht der Beigeladene zu 1) als „stiller“ Gesellschafter. Denn zum einen unterscheiden § 4 Ziffern 2 und 3 terminologisch zwischen „Gesellschaftern“ und dem „stillen Gesellschafter“. Zum anderen ergibt sich aus Satz 2 des § 4 Ziffer 2, dass zu den „Gesellschaftern“, deren Einwilligung zu den in Ziffer 2 genannten Maßnahmen erforderlich ist, nicht der „stille Gesellschafter“ gehört, der von der Inhaberin über die durchgeführte Maßnahme und den Grund der Eilbedürftigkeit lediglich unverzüglich zu unterrichten ist. Der Beigeladene zu 1) ist als stiller Gesellschafter nicht zustimmungspflichtiger Gesellschafter gemäß Ziffer 2 des § 4, sondern ihm ist analog § 164 HGB lediglich ein Widerspruchsrecht nach Ziffer 3 des § 4 eingeräumt worden. Der Beigeladene zu 1) wird deshalb auch nach diesem Vertrag nur für und aufgrund einer Ermächtigung durch die Klägerin tätig. Ihm wird keine Kompetenz eingeräumt, den Gesellschaftszweck aus eigenem Recht und ggf. entgegen dem Willen und Interesse der Klägerin zu führen.
Ebenso wenig kann sich die Klägerin auf eine Sperrminorität des Beigeladenen zu 1) berufen. Die Rechtsprechung des BSG bezieht sich nämlich auf die Sperrminorität von Gesellschaftern einer Außengesellschaft, die als solche am Rechtsverkehr teilnimmt. Gerade dies ist aber bei der stillen Gesellschaft, die die Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1) eingegangen ist, nicht der Fall. Im vorliegenden Fall kann der Beigeladene zu 1) auch nicht im Rahmen der stillen Gesellschaft in deren Namen auftreten, insbesondere ist ihm im Innenverhältnis keine Rechtsmacht eingeräumt worden, die es ihm ermöglichen würde, gegen den Willen der Klägerin die Geschäfte zu betreiben (vgl. zu den notwendigen inhaltlichen Voraussetzungen einer der Arbeitnehmereigenschaft entgegenstehenden „Sperrminorität“: BSG
Der Annahme einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin steht auch nicht die einkommenssteuerrechtliche Betrachtungsweise entgegen. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 HS 1 EStG sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Gewinnanteile einer OHG, einer KG oder einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer anzusehen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine „andere Gesellschaft“ im Sinne dieser Vorschrift auch die atypisch stille Gesellschaft, d. h. eine stille Gesellschaft, bei der der stille Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist (vgl. BFH vom 15.12.1998, VIII R 62/97, GmbHR 1999, 422 = BFH/NV 1999, 773 und die dortigen Nachweise unter Rn. 15 in Juris). Abgesehen davon, dass die sozialversicherungsrechtliche Einordnung eines Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich unabhängig von der Entscheidung der Finanzbehörden zu treffen ist (siehe bereits BSG, Urteil vom 05.04.1956, 3 RK 65/55, BSGE 3, 30, 412), handelt es sich bei § 15 Nr. 2 EStG um eine allein durch Besonderheiten des dortigen Regelungsgegenstandes bedingte und auf sonstige Rechtsgebiete nicht übertragbare Sonderregelung. Die Vorschrift beruht nach der Rechtsprechung darauf, dass die Personengesellschaft einkommenssteuerrechtlich kein Steuersubjekt ist und deshalb die einzelnen Mitunternehmer als Steuersubjekte die auf sie entfallenden Gewinnanteile als Einkünfte zu versteuern haben. Sie klärt abweichend vom Bürgerlichen Recht das Verhältnis der Personengesellschaft zu ihren Gesellschaftern, die der Gesellschaft Dienste leisten (oder Wirtschaftsgüter überlassen), dahin, dass grundsätzlich alles, was die Gesellschafter für ihre Leistungen beziehen, im Rahmen ihres Gewerbetriebes anfällt und deshalb zu den Gewinnanteilen gehört (so BFH Urteil vom 14.01.1958, I 159/57 U, BFHE 66, 193, BStBl. III 1958, 75). In dem Urteil vom 16.02.1967 (IV R 62/66
Der Beigeladene zu 1) ist jedoch weiterhin im sozialversicherungsrechtlichen Sinn beschäftigt bei der Klägerin. Maßgeblich für die Bewertung der Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Klägerin als abhängig beschäftigt ist, dass er zwar zur Vertretung der Klägerin berechtigt ist, aber nicht als Gesellschafter Anteile am Stammkapital hält und auch nicht aufgrund einer Sperrminorität rechtlich in der Lage ist, höchstpersönlich darüber zu bestimmen, in welchem Umfang die Gesellschafterversammlung der Klägerin ihre Rechtsmacht gebraucht, ihm Weisungen zu erteilen. Bezüglich der Bedeutung der Rechtsmacht auch als Element der tatsächlichen Verhältnisse sind die Urteile des BSG
Schließlich ist die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin auch nicht wegen einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Klägerin vom Beigeladenen zu 1) als selbstständige zu bewerten. Eine Vergleichbarkeit mit dem der Entscheidung des LSG Baden-Württemberg
Abgesehen davon, dass die Regelungen im GF-DV im vorliegenden Fall ganz überwiegend für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin seit 01.06.2011 sprechen, ist weder von der Klägerin vorgetragen worden noch aus den Akten ersichtlich, dass die Klägerin wirtschaftlich derart vom Beigeladenen zu 1) abhängig ist, dass dessen Ausscheiden die Klägerin zur Geschäftsaufgabe zwingen würde. Allein der Anspruch des Beigeladenen zu 1) auf Zahlung einer hohen Abfindungssumme (bis zu 1,9 Millionen Euro) bei seinem Ausscheiden begründet keine derart starke wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin vom Beigeladenen zu 1), dass sein Ausscheiden diese zur Geschäftsaufgabe zwingen würde. Im Gegensatz zu dem vom LSG Baden-Württemberg entschiedenen Fall (a. a. O.) stellt sich die Klägerin gerade auch nicht faktisch als „Ein-Mann-Betrieb“ dar. Der Beigeladene zu 1) führt die Geschäfte der Gesellschaft nicht allein, sondern zusammen mit dem Mehrheitsgesellschafter S.H., wobei jedem eigenverantwortlich ein Geschäftsbereich durch die Geschäftsordnung der Klägerin vom 01.06.2011 zugewiesen worden ist. Danach ist der Beigeladene zu 1) für folgenden Geschäftsbereich verantwortlich: Vertrieb, Konstruktion und Auftragslogistik. S.H. ist für folgenden Geschäftsbereich verantwortlich: Kaufmännischer Bereich, Personal, Produktionsentwicklung, Elektrotechnik und Fertigung. Dass der Beigeladene zu 1) nach den Angaben der Klägerin (Schriftsatz vom 02.07.2015) seit 01.01.2015 auch für die Geschäftsbereiche Elektrotechnik, Beschaffung (vormals als „Fertigung“ bezeichnet) und Personal, die bisher im Zuständigkeitsbereich des S.H. lagen, allein verantwortlich ist, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Auch nach dieser Änderung der Geschäftsbereiche stellt sich die Klägerin nicht faktisch als „Ein-Mann-Betrieb“ dar. Im Übrigen ist in Zukunft eine Änderung der Geschäftsbereiche jederzeit möglich.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin seit dem 01.06.2011 seine Tätigkeit als Geschäftsführer im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV ausübt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
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Urteil einreichenSozialgericht Nürnberg Urteil, 25. Mai 2016 - S 11 R 898/12 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen:
- 1.
die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses; - 1a.
die Entscheidung über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs) und über die Billigung des von den Geschäftsführern aufgestellten Abschlusses; - 1b.
die Billigung eines von den Geschäftsführern aufgestellten Konzernabschlusses; - 2.
die Einforderung der Einlagen; - 3.
die Rückzahlung von Nachschüssen; - 4.
die Teilung, die Zusammenlegung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen; - 5.
die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben; - 6.
die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung; - 7.
die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb; - 8.
die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.
Die Kommanditisten sind von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen; sie können einer Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter nicht widersprechen, es sei denn, daß die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgeht. Die Vorschriften des § 116 Abs. 3 bleiben unberührt.
Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, ist nichtig.
Tenor
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Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 betrifft.
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In diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückgewiesen.
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Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.
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Der am 1961 geborene Kläger arbeitete aufgrund eines Anstellungsvertrags vom 11.2.1986 zunächst als Schlosser und nach Ablegen der Meisterprüfung noch im selben Jahr als Betriebsleiter bei der Beigeladenen zu 1., einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Rührwerksbau". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war bis zu seinem Tod am 11.5.2001 der Vater des Klägers. Die Geschäftsanteile erbte dessen Ehefrau; der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 31.8.2001 zum Geschäftsführer bestellt. Bereits am 30.4.1996 hatte der Vater des Klägers "gemäß § 48 Abs 2 GmbHG" folgende Niederschrift verfasst:
"… Aus gesundheitlichen Gründen werden meine Kinder S. und M. die Leitung des Unternehmens übernehmen. Mein Sohn wird aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens übernehmen, meine Tochter den kaufmännischen Teil, aufgrund ihrer Ausbildung beim Steuerberater. Die entsprechenden Vollmachten werden beiden Kindern umgehend erteilt. Ab sofort nehmen die Kinder am betrieblichen Erfolg mit einer Gewinntantieme teil und sind vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Auf das Weisungsrecht meinerseits verzichte ich. Arbeits- und Urlaubszeit kann nach Lage der Gesellschaft frei bestimmt und gestaltet werden."
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Der Kläger war bis 30.11.1999 Mitglied der beklagten Krankenkasse, seit 1.1.1996 aufgrund freiwilliger Versicherung. Nachdem eine neu gewählte Krankenkasse festgestellt hatte, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. für spätere Zeiträume nicht versicherungspflichtig in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 14.9.2005 eine entsprechende Beurteilung auch für den (nun streitigen) Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 durch die Beklagte als Einzugsstelle. Diese stellte mit Bescheid vom 23.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 20.4.2006 fest, dass der Kläger in diesem Zeitraum bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Das SG hat die auf Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.11.2008).
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Auf die Berufung des Klägers hat das LSG unter Aufhebung des Urteils des SG und der Bescheide der Beklagten festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe (Urteil vom 22.9.2010): Für eine Beschäftigung sprächen ua die fehlende Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung des Klägers, die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags und die begrenzte Befugnis des Klägers, die Geschicke "der Firma" rechtsverbindlich zu gestalten. Demgegenüber sprächen die tatsächlichen Verhältnisse gegen eine Beschäftigung. So habe sein Vater dem Kläger mit der Niederschrift vom 30.4.1996 unter Verzicht auf sein Weisungsrecht die Unternehmensleitung übertragen. Dadurch habe der Kläger zusammen mit seiner Schwester nach eigenem Gutdünken frei "schalten und walten" können. Durch Übernahme einer Bürgschaft über 100 000 DM habe er ein wirtschaftliches Risiko getragen und sei am Gewinn der Firma beteiligt gewesen. Er habe die alleinigen Branchenkenntnisse in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte gehabt, sei vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen und habe Kundengespräche geführt, Angebote eingeholt sowie Kalkulationen erstellt, ohne sich im Einzelnen mit seinem Vater abzusprechen. Diesen tatsächlichen Verhältnissen komme bei der rechtlichen Beurteilung Vorrang gegenüber den vertraglichen Regelungen zu.
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Mit der allein vom ihm eingelegten Revision rügt der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG seit dem Jahr 2006 (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da das LSG sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt habe, "dass eine im Widerspruch zu getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung unabhängig von der rechtlichen Möglichkeit einer formlosen Abbedingung vorgehen bzw. auch dann, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich nicht möglich ist". Das LSG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger am Stammkapital der zu 1. beigeladenen GmbH nicht beteiligt gewesen sei und bezogen auf die Gesellschaft keinerlei "Rechtsmacht" besessen habe. Diese Rechtsmacht habe trotz des Verzichts auf ein Weisungsrecht bei dessen Vater, dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1., gelegen. Zudem habe der Kläger die Beigeladene zu 1. nicht wie ein Alleininhaber, sondern nur zusammen mit seiner Schwester geleitet.
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Die Beigeladene zu 2. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufzuheben, soweit dieses unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2006 festgestellt hat, der Kläger habe in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen,
ferner, insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückzuweisen.
- 7
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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.
- 8
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Er verteidigt das angegriffene Urteil. Insbesondere sei mit der Niederschrift vom 30.4.1996 bereits die Bevollmächtigung beider Kinder durch ihren Vater erfolgt, der zugleich auf sein Weisungsrecht sowohl als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter verzichtet habe. Darauf, dass die Unternehmensleitung gemeinsam mit der - im Übrigen als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuften - Schwester erfolgte, komme es nicht an.
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Die Beklagte und die zu 3. beigeladene Bundesagentur für Arbeit schließen sich der Rechtsansicht der Beigeladenen zu 2. an, die Beigeladene zu 3. ohne einen Antrag zu stellen.
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Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.
Entscheidungsgründe
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Die auf die angefochtene Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten sind bezogen darauf rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem Umfang aufzuheben und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.
- 12
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1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtlich auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Vorliegend lässt das Revisionsvorbringen noch hinreichend deutlich erkennen, dass die Beigeladene zu 2. die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den tatsächlichen Verhältnissen generell Vorrang gegenüber den gesellschafts- und arbeitsvertraglichen Regelungen zu, und dass sie dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.
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2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.
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Zu Unrecht hat das LSG hier die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Bescheide der Beklagten sowie das SG-Urteil insoweit aufgehoben. Dabei ist das LSG zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Tatbestand der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen; es hat jedoch die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Wiederum zutreffend hat das LSG eine Tätigkeit in einem fremden Betrieb vorausgesetzt und den "Anstellungsvertrag" des Klägers zum Ausgangspunkt der weiteren Prüfung und seiner Tatsachenfeststellungen gemacht (hierzu b). Im Ergebnis keinen Bestand haben indes die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des LSG sowie seine davon ausgehende Bewertung des Gesamtbildes der Erwerbstätigkeit (hierzu c). Dabei steht der Einordnung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. als (abhängige) Beschäftigung die Rechtsprechung des BSG zur Tätigkeit in Familiengesellschaften nicht entgegen (hierzu d).
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a) In den Jahren 1996 bis 1999, die hier in Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der RV der Versicherungspflicht (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI; ab 1.1.1998 idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).
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Zutreffend weist die Beigeladene zu 2. in ihrer Revisionsbegründung darauf hin, dass zur Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-25).
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Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier zwar von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu unten c). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass das LSG keine Feststellungen dazu getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen die Bestimmungen des Anstellungsvertrags überhaupt abdingbar waren.
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b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.
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Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 11.2.1986, der deren Vertragsverhältnis zunächst ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG - lückenhaft - festgestellten Inhalt - regelmäßiges Entgelt, feste wöchentliche Arbeitszeit, Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Nach abgelegter Meisterprüfung wurde der Kläger sodann als Betriebsleiter eingesetzt; hiermit evtl verbundene rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" hat das LSG aber ebenso wenig festgestellt, wie es Feststellungen zur Frage dafür einzuhaltender möglicher Formerfordernisse bei Vertragsänderungen getroffen hat.
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Eine weitere Änderung der Stellung des Klägers erfolgte aufgrund der als Gesellschafterbeschluss (§ 48 GmbHG) auszulegenden Niederschrift seines Vaters vom 30.4.1996 mit der Übertragung der "Leitung" des technischen und gewerblichen Bereichs der GmbH an ihn. Dieser Beschluss enthielt gleichzeitig eine Befreiung des Klägers vom Selbstkontrahierungsverbot und einen Verzicht seines Vater - des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1. - auf ein Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Zudem wurde dem Kläger eine Gewinntantieme zugesagt und das Recht eingeräumt, über seine eigene Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass dies auch der betrieblichen Praxis entsprach. So führte der Kläger fortan die Kundengespräche, holte Angebote ein und stellte Kalkulationen auf, ohne im Einzelnen Rücksprache mit seinem Vater zu nehmen. Der Kläger war Ansprechpartner für Kunden und für Mitarbeiter. Zumindest einen Mitarbeiter stellte er ein, wenn auch der Arbeitsvertrag auf Seiten der Beigeladenen zu 1. vom Vater des Klägers unterschrieben wurde. Der Vater hatte sich - obwohl täglich im Betrieb anwesend - nach den Feststellungen des LSG "nicht mehr eingemischt" und nahm auch auf die Einstellung von Personal keinen Einfluss mehr.
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Offenbleiben kann vorliegend, ob die in der Niederschrift des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 erwähnten Vollmachten für den Kläger zu diesem Zeitpunkt oder später tatsächlich erteilt wurden und ob die Beigeladene zu 2. insoweit eine zulässige Sachrüge erhoben hat. Denn auch für den Fall, dass dem Kläger die zur Leitung des technischen und gewerblichen Teils der Beigeladenen zu 1. erforderlichen Vollmachten erteilt wurden, tragen die vom LSG festgestellten Umstände nicht dessen rechtlichen Schluss, dass sich mit der Niederschrift vom 30.4.1996 der Charakter der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. dahingehend wandelte, dass der Kläger nunmehr selbstständig tätig sein sollte.
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c) Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 1. auch in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.
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Eine Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - etwa in Form eines freien Dienstverhältnisses - ergibt sich nicht daraus, dass der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. durch Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 auf "das Weisungsrecht" gegenüber dem Kläger verzichtete und diesem das Recht einräumte, seine Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Zwar unterlag der Kläger dadurch nicht mehr umfassend einem Weisungsrecht seines Arbeitgebers - handelnd durch den weiterhin allein als Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH im Handelsregister eingetragenen Vater - hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (wie das LSG im vorliegenden Fall anhand der Aussage des Zeugen R. festgestellt hat).
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Eine solche noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes bestand bei dem Kläger auch nach dem 30.4.1996. Durch den Gesellschafterbeschluss erlangte er die Stellung eines Angestellten, der nach den Feststellungen des LSG auch in der betrieblichen Praxis den technischen und gewerblichen Teil der Beigeladenen zu 1. mit "entsprechenden Vollmachten" eigenverantwortlich zu leiten hatte. Dennoch blieb der Kläger weiterhin in die durch die Beigeladene zu 1. bzw ihren gesellschaftsrechtlich maßgebenden Geschäftsführer (= Vater des Klägers) vorgegebene Organisation eingebunden, da seine Leitungsmacht nur auf einen bestimmten Unternehmensteil beschränkt war, während die Leitung des kaufmännischen Teils der Beigeladenen zu 1. ausschließlich seiner Schwester oblag. Die Vollmacht, diese Entscheidung zur konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Organisation auf der Leitungsebene zu ändern, besaß der Kläger nicht. Selbst innerhalb des ihm zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs war seine Vertretungsbefugnis rechtlich zwingend auf den Umfang einer rechtsgeschäftlichen Handlungsvollmacht iS von § 54 Handelsgesetzbuch (HGB) begrenzt, die sich zwar auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb üblich sind, die jedoch nicht auf eine unmittelbare Vertretung der Gesellschaft, sondern lediglich auf ein (rechtlich nachgeordnetes) Handeln in Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet war(BGH Urteil vom 20.10.2008 - II ZR 107/07 - NJW 2009, 293, 294 mwN). Schon von Gesetzes wegen (§ 54 Abs 2 HGB) waren jedenfalls die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von Darlehen und die Prozessführung von der Bevollmächtigung ausgenommen. Die anderenfalls notwendige besondere Erteilung der Vollmacht auch für diese Befugnisse hat das LSG nicht festgestellt. Darüber hinaus unterlag der Kläger selbst in dem ihm danach zugewiesenen eingeschränkten Vollmachtsrahmen zwingend der Kontrolle des GmbH-Geschäftsführers (vgl zu dessen Stellung allgemein zB Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl 2010, § 35 RdNr 76 mwN). Soweit der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingeschäftsführer der Beigeladenen zu 1. diese Kontrolle tatsächlich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausübte, etwa weil - wie das LSG herausstellt - er sich darauf verließ, dass der Kläger die einzelnen Aufträge ordnungsgemäß einholte und durchführte, ist dies für die hier vorzunehmende Abgrenzung ebenso unbeachtlich, wie ein auch die zur Ausübung dieser Kontrolle notwendigen Weisungen umfassender Verzicht auf das Weisungsrecht, denn insoweit wären die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten (hierzu bereits oben a). Im Übrigen deutet sogar die Feststellung des LSG, der Zeuge R. sei "von dem Kläger eingestellt worden", den Arbeitsvertrag habe jedoch der Vater unterschrieben, darauf hin, dass die dem Kläger erteilten Vollmachten auch in der betrieblichen Praxis nicht umfassend, sondern begrenzt waren.
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Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. Gleichzeitig blieb seine Position innerhalb des Unternehmens ohnehin deutlich hinter der organschaftlich begründeten Stellung eines Geschäftsführers - als solcher wurde er trotz der vorgenommenen Änderungen (weiterhin) nicht bestellt, sondern erst nach dem Tod des Vaters Ende August 2001 - zurück. Bereits aufgrund einer solchen Unterordnung unter den Geschäftsführer ist regelmäßig von einer Beschäftigung auszugehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448 S 253).
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Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG auch solche Einflussmöglichkeiten zu beachten, soweit sie einem Geschäftsführer selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f), doch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die am 5.2.1994 für die Beigeladene zu 1. übernommene Bürgschaft des Klägers über 100 000 DM ihm eine solche Einflussnahme ermöglichte. Aus diesem Grunde war der durch den Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 erfolgte, in seinem Umfang ohnehin begrenzte Verzicht auf das Weisungsrecht nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich im Konfliktfall jederzeit widerrufbar, ohne dass der Kläger dieses hätte verhindern können.
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Für eine fortbestehende Eingliederung in eine vorgegebene betriebliche Ordnung trotz des - wie aufgezeigt - begrenzten Verzichts auf ein Weisungsrecht spricht auch die im Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 festgelegte Bindung der vom Kläger im Übrigen frei selbst zu bestimmenden Arbeits- und Urlaubszeit an die "Lage der Gesellschaft" (in diesem Sinne zur Bindung der Urlaubsplanung an die Bedürfnisse der Geschäftsführung BSG SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 17). Dass der Kläger im Rahmen der ihm erteilten begrenzten Vollmachten vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer einer kleineren GmbH bereits entschieden hat (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1, RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17)- nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.
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Ebenso hat das BSG bereits entschieden, dass die Gewährung einer Tantieme als solche nicht genügt, um eine Beschäftigung auszuschließen (vgl BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53). Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kommt Tantiemen nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 18 mwN). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist (vgl zB BSG SozR 2100 § 17 Nr 3; BSG Urteil vom 28.4.1982 - 12 RK 12/80 - Die Beiträge 1982, 382 = USK 8244), ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering. Wie die Gewichtung beispielsweise bei einer Tätigkeit in einem Einzelunternehmen zu beurteilen ist, wenn die Tätigkeit im fremden oder im (auch) eigenen Betrieb in Frage steht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb scheidet hier bereits aufgrund der Rechtsform der Beigeladenen zu 1., einer GmbH, an deren Stammkapital der Kläger nicht beteiligt war, aus (vgl oben unter b). Daher ist es auch unschädlich, dass das LSG die konkrete Höhe der Tantieme und Anlass, zu sicherndes Risiko sowie Fortbestand der Bürgschaft während des streitigen Zeitraums nicht festgestellt hat und somit das Ausmaß des wirtschaftlichen Eigeninteresses des Klägers am Erfolg der Beigeladenen zu 1. nicht einmal genau feststeht.
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Soweit das LSG im Hinblick auf die Bürgschaft über ein wirtschaftliches Eigeninteresse hinaus auch ein "typisches Unternehmerrisiko" des Klägers angenommen und als Indiz für eine Selbstständigkeit gewertet hat, erfasst es die Bedeutung dieses Merkmals im vorliegenden Kontext nicht zutreffend. So kann eine Bürgschaft wie die des Klägers für die Beigeladene zu 1., bei der er die hier streitige Tätigkeit ausübt, in erster Linie für die Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein. Für die vorliegend vorzunehmende Zuordnung einer Tätigkeit in einem - wie oben dargelegt zweifellos - fremden Betrieb ist ihre Bedeutung jedoch gering. Denn diese Bürgschaft begründete kein mit der Tätigkeit - sei es als Beschäftigter oder selbstständiger Dienstverpflichteter - des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. verbundenes Risiko. Es handelt sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil die Bürgschaft für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe für ihre Bestellung sind vielmehr außerhalb der Beschäftigung bzw des Dienstverhältnisses zu suchen (vgl hierzu allgemein Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 153). Bezogen auf seine Tätigkeit hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm nach den Feststellungen des LSG auch nach dem 30.4.1996 unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf "die Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes" zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Kläger - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen.
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d) Die Annahme von Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. kann schließlich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG zur Versicherungspflicht von in Familiengesellschaften verrichteten Tätigkeiten gestützt werden.
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Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings
: BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37) . Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).
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Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür Einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, größere Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, aaO, § 7 RdNr 124). Eine solche "SchönwetterSelbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).
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Auf die dargestellte Frage kommt es vorliegend nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger habe seit April 1996 die Geschäfte der Beigeladenen zu 1. "nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten" können (vgl dazu BSG <11. Senat> BSGE 66, 168, 171 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4), nicht tragen. So hat das LSG seine Schlussfolgerung bereits selbst dahin eingeschränkt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1. "mit seiner Schwester allein" geführt habe (Seite 15 des Urteils) bzw nur zusammen mit ihr habe führen können. In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, dass das LSG keine Feststellungen zum Umfang des Einvernehmens zwischen dem Kläger und seiner Schwester getroffen hat. Denn auch bei großzügiger Auslegung des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 war die Leitungsmacht des Klägers ausschließlich auf "den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens" beschränkt. Nur die darauf bezogenen "entsprechenden Vollmachten" wurden erteilt oder sollten noch erteilt werden. Die Leitung der Beigeladenen zu 1. insgesamt war dem Kläger damit nicht übertragen worden. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Schwester und den - wenn auch zunehmend nur noch der Form halber - weiterhin an der Unternehmensleitung mitwirkenden Vater derart dominiert hätte, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Gesamtleitung der Beigeladenen zu 1. allein durch den Kläger vorgelegen hätte. Vielmehr hat auch das LSG alleinige Branchenkenntnisse des Klägers nicht in allumfassender Weise, sondern nur in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte festgestellt. Die Leitung des kaufmännischen Teils des Unternehmens hatte der Vater des Klägers gerade mit Rücksicht auf deren durch eine Ausbildung bei einem Steuerberater erworbenen Kenntnisse der Schwester des Klägers übertragen. Zudem verfügte der Vater des Klägers über langjährige Erfahrung in der Leitung des Gesamtunternehmens, die er als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bereits zu einem Zeitpunkt innehatte, bevor der Kläger die Meisterprüfung ablegte und zum Betriebsleiter bestellt wurde. Zugleich spricht der Umstand, dass der Kläger und seine Schwester trotz Übertragung bereichsbezogener Leitungsfunktionen und eines Verzichts des Vaters auf "das Weisungsrecht" nicht zu Geschäftsführern berufen wurden, dafür, dass sich der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Kontrolle und Letztentscheidungsbefugnis zumindest bezüglich grundlegender unternehmerischer Entscheidungen vorbehalten wollte. Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1. im Erbgang an die Mutter und nicht den Kläger und seine Schwester fiel, dafür, dass ihr Vater das Unternehmen trotz seiner fortschreitenden Krankheit jedenfalls während des hier zu beurteilenden Zeitraums noch nicht vollständig an seine Kinder übergeben hatte.
Tenor
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Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. werden das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 22. Oktober 2009 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. in der Zeit vom 1. Februar 2003 bis 31. Dezember 2005 betrifft.
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Insoweit wird die Klage abgewiesen.
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Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 1.2.2003 bis 31.12.2005 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.
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Der 1975 geborene Kläger war bereits während seines Gartenbaustudiums für die Beigeladene zu 1. - eine GmbH & Co. KG mit dem Unternehmensgegenstand "Handel mit Baumschulerzeugnissen" - tätig. Persönlich haftende Gesellschafterin war die " H Verwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung" (im Folgenden: Komplementär-GmbH). Gesellschafter der Komplementär-GmbH waren ursprünglich die Eltern des Klägers mit einer Einlage in Höhe von insgesamt 20 000 DM sowie Herr D (im Folgenden D.) mit einer Einlage in Höhe von 30 000 DM. D. war zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Kommanditisten der Beigeladenen zu 1. waren D. mit einer Kommanditeinlage von 15 000 DM und die Mutter des Klägers mit einer Kommanditeinlage von 10 000 DM. Die Beigeladene zu 1. ist dem Einzelunternehmen "Baumschule H" (im Folgenden: Baumschule) "vorgeschaltet", um die Baumschule von Haftungsrisiken aus dem Handel mit den Erzeugnissen zu entlasten. Die Baumschule verkauft sämtliche Pflanzen an die Beigeladene zu 1., die sie wiederum an Gartenzentren weiterverkauft. Die Baumschule ist der einzige Lieferant der Beigeladenen zu 1. Sie verfügte über ca 100 Beschäftigte, während die Beigeladene zu 1. als "Vertriebsgesellschaft" über neun Beschäftigte verfügte. Die Baumschule ist ein Hof im Sinn der Höfeordnung. Der Kläger ist der einzige Hoferbe. Die Nachfolge ist zum 1.1.2006 tatsächlich vollzogen worden. Der Kläger führt seit diesem Zeitpunkt auch die Geschäfte der Baumschule und hat deren Bewirtschaftung übernommen.
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Der Kläger wurde durch einen zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen "Anstellungsvertrag" vom 27.1.2003 neben dem Geschäftsführer D. zum weiteren Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. bestellt. In dem Vertrag wurde festgehalten, dass der Geschäftsführer berechtigt und verpflichtet ist, die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages und einer etwaigen Geschäftsführerordnung allein zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft allein zu führen. Weiterhin wurde der Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Als Monatsgehalt wurde ein Betrag in Höhe von 2100 Euro brutto vereinbart. Im Krankheitsfall sollte eine sechsmonatige Weiterzahlung der Bezüge erfolgen. Als Jahresurlaub wurden 24 Arbeitstage vereinbart. Zeitgleich mit der Übernahme der Leitung der Baumschule wurde der Kläger am 1.1.2006 Gesellschafter der Beigeladenen zu 1.
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Durch Bescheid vom 23.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.2007 stellte die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle aufgrund der Angaben des Klägers in einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung fest, dass der Kläger in der Zeit vom 1.2.2003 bis 31.12.2005 kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig sei.
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Die dagegen erhobene Anfechtungsklage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen (Urteil des SG vom 22.10.2009; Urteil des LSG vom 5.11.2010). Das LSG ist von fehlender Versicherungspflicht des Klägers ausgegangen und hat ausgeführt: Für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung sprächen zwar der Anstellungsvertrag, die Vereinbarung eines monatlichen festen Gehalts, der Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall sowie der Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub; zudem habe der Kläger mangels Kapitalbeteiligung im streitigen Zeitraum nicht die Rechtsmacht gehabt, Beschlüsse der Gesellschaft herbeizuführen oder zu verhindern. Gleichwohl habe der Kläger "in der Familiengesellschaft" wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken das Geschäft geführt. Als Geschäftsführer sei er alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen. Er habe in weitaus größerem Maße als der Mitgeschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter D. über die erforderlichen Branchenkenntnisse verfügt. Er habe bereits seine Diplomarbeit über "die Betriebswirtschaft und das Rating in seinem Unternehmen" geschrieben und konkrete Vorstellungen über die zukünftige Entwicklung des Betriebs entwickelt. Wesentliche Geschäftsbereiche habe er selbst wahrgenommen. Er habe die Verhandlungen mit wichtigen Kunden geführt, neue Märkte erschlossen, mit Banken verhandelt und sei Ansprechpartner für den Bilanzbuchhalter und den Steuerberater gewesen. Der Kläger habe über Einstellungen und Entlassungen von Mitarbeitern entschieden, soweit sie in seinem Geschäftsbereich - "dem Vertriebsunternehmen der Beigeladenen zu 1." - tätig waren. Er habe die Verantwortung getragen und das Unternehmen weiter entwickelt. Weder der Gesellschafter D. noch die Mutter des Klägers hätten seine Aktivitäten tatsächlich kontrolliert. Darüber hinaus habe der Kläger regelmäßig auf einen Teil des vertraglich vereinbarten Jahresurlaubs verzichtet. Besonders zu berücksichtigen seien die familiären Umstände und die Verbindung der beiden Unternehmen. Der Kläger habe als künftiger Mitgesellschafter der Beigeladenen zu 1. und künftiger Inhaber der Baumschule und Hoferbe ein besonderes eigenes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der "miteinander verbundenen Unternehmen" gehabt. Aufgrund der vorliegenden Konstellation sei der Mitgeschäftsführer und Gesellschafter D. eher vom Kläger abhängig gewesen als umgekehrt.
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Mit der allein von ihm eingelegten Revision rügt der RV-Träger (Beigeladene zu 2.) sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV, insbesondere eine Divergenz zur seit dem Jahr 2006 ergangenen Rechtsprechung des BSG(BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 66; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da nach der Rechtsauffassung des LSG eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheide, wenn die tatsächlichen Verhältnisse (vorliegend eine familiäre Verbundenheit und eine Verbindung von zwei Unternehmen) die für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses sprechenden rechtlichen Aspekte überlagern. Dabei habe das LSG nicht die aktuelle Rechtsprechung des BSG berücksichtigt, wonach maßgeblich die Rechtsbeziehung sei, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Bei einem Geschäftsführer, der wie der Kläger nicht Gesellschafter der GmbH ist, sei auf die ihm eingeräumte Rechtsmacht abzustellen. Sowohl der Anstellungsvertrag als auch der Gesellschaftsvertrag unterwürfen jedoch Änderungen der Vertragsbestimmungen der Schriftform. Entsprechende Änderungen seien nicht dokumentiert, weshalb davon auszugehen sei, dass der Kläger Beschlüsse der Gesellschafterversammlung weder habe herbeiführen noch verhindern können.
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Die Beigeladene zu 2. beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 und des Sozialgerichts Oldenburg vom 22. Oktober 2009 aufzuheben, soweit sie die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 1. Februar 2003 bis 31. Dezember 2005 betreffen und die Klage insoweit abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.
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Er verteidigt die angefochtenen Urteile. Er habe in Bezug auf die Beigeladene zu 1. ohne Beschränkungen handeln können. Ein nach dem Gesellschaftsvertrag eventuell erforderliches Zustimmungserfordernis der Kommanditisten für außergewöhnliche Geschäfte sei stillschweigend abbedungen worden. Die Schriftformklausel sei hierfür ohne Belang, da auch sie stillschweigend abbedungen worden sei.
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Die Beklagte hat sich dem Antrag der Beigeladenen zu 2. angeschlossen. Die Beigeladenen zu 1., 3. und 4. äußern sich nicht.
Entscheidungsgründe
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Die auf die Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 1.2.2003 bis 31.12.2005 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der beklagten Krankenkasse (als Einzugsstelle) erweisen sich insoweit als rechtmäßig. In diesem Umfang sind die Urteile des SG und des LSG aufzuheben und ist die Klage abzuweisen.
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1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Meinung ist (BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Die Revisionsbegründung macht hinreichend deutlich, dass die Beigeladene zu 2. zum einen die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den familiären Umständen und der besonderen wirtschaftlichen Verbindung zwischen zwei Unternehmen ausschlaggebende Bedeutung zu, und zum anderen dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.
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2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.
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Zu Unrecht hat das LSG die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Berufung der Beklagten gegen das die Bescheide der Beklagten aufhebende SG-Urteil zurückgewiesen. Das LSG ist zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Typus der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen, hat in diesem Rahmen aber die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den individualvertraglichen sowie handels- und gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Zutreffend hat das LSG Merkmale der konkret vom Kläger ausgeübten Tätigkeit festgestellt (hierzu b). Die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung und Beurteilung des Gesamtbilds der Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit kann jedoch aufgrund der fehlerhaften Maßstabsbildung keinen Bestand haben (hierzu c). Damit sind auch die vom LSG entscheidungserheblich in den Fokus gerückten familiären Umstände und die Verbindung der beiden Unternehmen miteinander nicht geeignet, die Annahme von Selbstständigkeit zu rechtfertigen (hierzu d).
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a) Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen RV (vgl § 1 Nr 1 SGB VI idF des Gesetzes vom 19.2.2002, BGBl I 754). Nach § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).
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Die Beigeladene zu 2. weist in ihrer Revisionsbegründung zu Recht darauf hin, dass bei der Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = ZIP 2006, 678 = Die Beiträge, Beilage 2006, 66, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl zB BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 29.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125 = Juris RdNr 17; ferner auch BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr 17, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
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Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier nach den Feststellungen des LSG zwar insbesondere von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu c). Daher vermögen auch die Gesichtspunkte "familiäre Umstände" und "Verbindung der beiden Unternehmen" kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen (hierzu d).
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b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall maßgebend, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH & Co. KG ein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.
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Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Geschäftsführertätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 27.1.2003, der deren Vertragsverhältnis bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG festgestellten Inhalt - monatliches festes Gehalt, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Auf der Grundlage dieses Vertrages wurde der Kläger als weiterer Geschäftsführer neben dem Geschäftsführer D. der Beigeladenen zu 1. tätig. Rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" - unabhängig von der Frage insoweit einzuhaltender Formerfordernisse - hat das LSG nicht festgestellt.
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c) Der Kläger verrichtete seine Geschäftsführertätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im Zeitraum vom 1.2.2003 bis 31.12.2005 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.
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Der Kläger war im streitigen Zeitraum weder an der Beigeladenen zu 1. noch an deren Komplementär-GmbH beteiligt. Er war weder Kommanditist der Beigeladenen zu 1. noch Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Vielmehr war er insoweit als Fremdgeschäftsführer anzusehen. Bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH hat das BSG jedoch regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen und diese nur unter besonderen Umständen verneint (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 79 mwN).
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Der Kläger war auch in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1. eingebunden. Nach § 2 Abs 1 des Anstellungsvertrags hatte er seine Arbeitskraft und seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Beigeladenen zu 1. zur Verfügung zu stellen.
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Der Kläger war zudem auch nicht alleiniger Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. Vielmehr war neben ihm D. als weiterer Geschäftsführer tätig. Eine Einschränkung der Befugnisse von D. als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. hat das LSG nicht festgestellt. Zwar ergibt sich aus dem vom Kläger ausgefüllten Feststellungsbogen aus dem Jahr 2006, dass er für die Geschäftsbereiche "Kredit, Steuern, Werbung, Investition" exklusiv zuständig war. Die Geschäftsbereiche "Einkauf, Vertrieb, Personal" fielen danach aber sowohl in die Zuständigkeit des Klägers als auch in die Zuständigkeit des D. Auch in der praktischen Zusammenarbeit bewahrte sich D. einen eigenen Aufgabenbereich: Nach den Feststellungen der Vorinstanzen beschränkte er seine Tätigkeit mehr auf den praktischen Bereich des Unternehmens, insbesondere auf die Verpackung und Übersendung der Ware. Auch ist ausdrücklich festgestellt worden, dass D. dem Kläger lediglich "in seinen Geschäftsbereichen" völlig freie Hand gelassen habe. Schließlich haben die Vorinstanzen auch bei der Feststellung, dass der Kläger über die Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern entschieden habe, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies nur für den Geschäftsbereich galt, für den er zuständig war.
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Weder die dem Kläger im Anstellungsvertrag eingeräumte Handlungsfreiheit noch die darin eingeräumte Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot können eine Selbstständigkeit des Klägers im Rechtssinne rechtfertigen. Dies gilt schon deshalb, weil sich nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen die Handlungsfreiheit des Klägers von vornherein nur auf bestimmte Geschäftsbereiche der Beigeladenen zu 1. bezog. Zudem hat das BSG bereits entschieden, dass die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit spricht (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1 RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17). Im Übrigen ist die Wahrnehmung von Handlungsfreiheiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Sie werden dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG S 4; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125 = Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 65; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen. Auch der von den Vorinstanzen ohne konkrete Feststellungen angeführte Verzicht des Klägers auf einen Teil des Jahresurlaubs spricht per se nicht für Selbstständigkeit, da es auch unter (abhängig) Beschäftigten vorkommt, dass diese auf einen Teil ihres Jahresurlaubs verzichten. Der Verzicht auf einen Teil des Jahresurlaubs hat somit lediglich indiziellen Charakter (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60).
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Eine solche, noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung des Klägers in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes der Beigeladenen zu 1. bestand während des gesamten streitigen Zeitraums. Als Mitgeschäftsführer blieb er in die vorgegebene Organisation der Beigeladenen zu 1. eingebunden. Der Kläger besaß keine rechtliche Möglichkeit, auf die konkrete Ausgestaltung der betrieblichen Organisation der Beigeladenen zu 1. Einfluss zu nehmen. Die Organe einer juristischen Person können nicht in einem rechtsfreien bzw der Beliebigkeit der Beteiligten unterstehenden Raum agieren. Vielmehr sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie sie insbesondere durch das Zivilrecht ausgestaltet sind, zu beachten. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass diese Rahmenbedingungen keinen bloßen, auf den Innenbereich der juristischen Person beschränkten Anwendungsbereich haben, sondern vielfältige und umfangreiche weitere Konsequenzen, etwa zum Schutz von Gläubigern, bei Haftungsfragen oder beispielsweise im Steuerrecht nach sich ziehen. So macht § 164 S 1 HGB bei einer KG Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, von der Zustimmung der grundsätzlich von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossenen Kommanditisten abhängig. Zwar ist § 164 HGB dispositiv. Der Kernbereich der Kommanditistenrechte ist jedoch unantastbar (vgl hierzu zB Hopt in Hopt ua, HGB, 35. Aufl 2012, § 164 RdNr 6). Hinzu kommt, dass sog Grundlagengeschäfte, die das Gesellschaftsverhältnis und seine Gestaltung betreffen, stets der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen (vgl § 114 HGB; BGHZ 132, 263, 266). Angesichts dieser rechtlichen Rahmenbedingungen kann vorliegend aus der vom LSG angenommenen faktischen Nichtwahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Weisungsrechten durch die dazu gesellschaftsrechtlich berufenen Organe nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass dadurch die ihnen zugrundeliegenden Rechte und Pflichten "stillschweigend" abbedungen worden seien. Dabei kommt es auch auf die Frage des Einhaltens der in dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Schriftform nicht an. Vor dem Hintergrund der umfangreichen gesellschaftsrechtlichen Verfahrens- und Formvorschriften (vgl §§ 114, 119 Abs 1 HGB) ist eine "stillschweigende" Änderung der grundlegenden rechtlichen Verhältnisse der Gesellschaft ausgeschlossen. Darüber hinaus sieht § 3 Abs 1 des Gesellschaftsvertrags, der der Gründung der Beigeladenen zu 1. zugrunde lag, ausdrücklich vor, dass zur Geschäftsführung und Vertretung die Komplementärin berechtigt und verpflichtet ist. Änderungen des Gesellschaftsvertrags oder Gesellschafterbeschlüsse der Beigeladenen zu 1. oder der Komplementär-GmbH, die eine Änderung der Geschäftsführerbefugnisse oder eine Definition der Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Weisungsrechten innerhalb der Beigeladenen zu 1. dokumentieren würden, haben SG und LSG nicht festgestellt. Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1.
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d) Entgegen der Auffassung des LSG sind auch weder die familiären Umstände (hierzu im Folgenden aa) noch die Verbindung der beiden Unternehmen (hierzu bb) geeignet, die Selbstständigkeit des Klägers zu bejahen.
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aa) Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings
: BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten hatte (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (unter Hinweis auf BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).
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Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, maßgebende Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 124). Eine solche "Schönwetter-Selbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).
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Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Grundsätze über die rechtliche Relevanz familiärer Rücksichtnahme auf den vorliegenden Fall einer GmbH & Co. KG - bestehend aus natürlichen Personen und einer juristischen Person - überhaupt übertragbar sind. Vorliegend bestanden "familiäre" Beziehungen des Klägers lediglich zu einem der beiden Kommanditisten der Beigeladenen zu 1., nämlich seiner Mutter. Zu D. als weiterem Mehrheits-Kommanditisten und gleichzeitigem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sind keine verwandtschaftlichen Beziehungen festgestellt worden. Zur Komplementär-GmbH der Beigeladenen zu 1. sind verwandtschaftliche Beziehungen von vornherein ausgeschlossen. Selbst zu den Gesellschaftern der Komplementär-GmbH der Beigeladenen zu 1. bestanden nur teilweise verwandtschaftliche Beziehungen des Klägers, nämlich soweit diese seine Eltern waren bzw nach dem Ausscheiden des Vaters aus der Gesellschaft seine Mutter war. Die Mehrheit der Geschäftsanteile in der Komplementär-GmbH wie auch die Mehrheit der Kommanditeinlagen lagen bei D.
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bb) Die konkrete wirtschaftliche Situation bzw die faktische Verbindung der Beigeladenen zu 1. zur Baumschule als "vorgeschaltetem" Einzelunternehmen sind schließlich ebenfalls nicht geeignet, eine Selbstständigkeit des Klägers zu bejahen. Eine auch sozialversicherungsrechtlich - möglicherweise - relevante wirtschaftliche Verflechtung der Beigeladenen zu 1. zu der im streitigen Zeitraum vom Vater des Klägers betriebenen Baumschule - beispielsweise innerhalb einer Konzernstruktur (vgl § 18 AktG) - haben die Vorinstanzen nicht festgestellt. Eine Verbindung beider Unternehmen miteinander bestand nach den Feststellungen lediglich insoweit, als die Baumschule der einzige Lieferant der Beigeladenen zu 1. war. Diese wirtschaftliche Situation legt zwar die Annahme einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von der Baumschule nahe. Hieraus allein ergäbe sich aber keine Änderung der Beurteilung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1., da der Kläger im streitigen Zeitraum nicht Eigentümer bzw Betriebsinhaber der Baumschule war. Er hatte seinerzeit lediglich die Aussicht, als Hoferbe die Baumschule zu übernehmen, was jedoch erst später zum 1.1.2006 erfolgte.
(1) Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Übersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen.
(2) Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht der Geltendmachung des Rechts nicht entgegen, wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht.
(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind
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Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind; - 2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind; - 3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.
(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.
(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit
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einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind; - 2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.
(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn
- 1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und - 2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.
(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.
(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.
Tenor
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Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. werden das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 22. Oktober 2009 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. in der Zeit vom 1. Februar 2003 bis 31. Dezember 2005 betrifft.
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Insoweit wird die Klage abgewiesen.
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Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 1.2.2003 bis 31.12.2005 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.
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Der 1975 geborene Kläger war bereits während seines Gartenbaustudiums für die Beigeladene zu 1. - eine GmbH & Co. KG mit dem Unternehmensgegenstand "Handel mit Baumschulerzeugnissen" - tätig. Persönlich haftende Gesellschafterin war die " H Verwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung" (im Folgenden: Komplementär-GmbH). Gesellschafter der Komplementär-GmbH waren ursprünglich die Eltern des Klägers mit einer Einlage in Höhe von insgesamt 20 000 DM sowie Herr D (im Folgenden D.) mit einer Einlage in Höhe von 30 000 DM. D. war zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Kommanditisten der Beigeladenen zu 1. waren D. mit einer Kommanditeinlage von 15 000 DM und die Mutter des Klägers mit einer Kommanditeinlage von 10 000 DM. Die Beigeladene zu 1. ist dem Einzelunternehmen "Baumschule H" (im Folgenden: Baumschule) "vorgeschaltet", um die Baumschule von Haftungsrisiken aus dem Handel mit den Erzeugnissen zu entlasten. Die Baumschule verkauft sämtliche Pflanzen an die Beigeladene zu 1., die sie wiederum an Gartenzentren weiterverkauft. Die Baumschule ist der einzige Lieferant der Beigeladenen zu 1. Sie verfügte über ca 100 Beschäftigte, während die Beigeladene zu 1. als "Vertriebsgesellschaft" über neun Beschäftigte verfügte. Die Baumschule ist ein Hof im Sinn der Höfeordnung. Der Kläger ist der einzige Hoferbe. Die Nachfolge ist zum 1.1.2006 tatsächlich vollzogen worden. Der Kläger führt seit diesem Zeitpunkt auch die Geschäfte der Baumschule und hat deren Bewirtschaftung übernommen.
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Der Kläger wurde durch einen zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen "Anstellungsvertrag" vom 27.1.2003 neben dem Geschäftsführer D. zum weiteren Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. bestellt. In dem Vertrag wurde festgehalten, dass der Geschäftsführer berechtigt und verpflichtet ist, die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages und einer etwaigen Geschäftsführerordnung allein zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft allein zu führen. Weiterhin wurde der Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Als Monatsgehalt wurde ein Betrag in Höhe von 2100 Euro brutto vereinbart. Im Krankheitsfall sollte eine sechsmonatige Weiterzahlung der Bezüge erfolgen. Als Jahresurlaub wurden 24 Arbeitstage vereinbart. Zeitgleich mit der Übernahme der Leitung der Baumschule wurde der Kläger am 1.1.2006 Gesellschafter der Beigeladenen zu 1.
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Durch Bescheid vom 23.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.2007 stellte die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle aufgrund der Angaben des Klägers in einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung fest, dass der Kläger in der Zeit vom 1.2.2003 bis 31.12.2005 kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig sei.
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Die dagegen erhobene Anfechtungsklage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen (Urteil des SG vom 22.10.2009; Urteil des LSG vom 5.11.2010). Das LSG ist von fehlender Versicherungspflicht des Klägers ausgegangen und hat ausgeführt: Für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung sprächen zwar der Anstellungsvertrag, die Vereinbarung eines monatlichen festen Gehalts, der Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall sowie der Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub; zudem habe der Kläger mangels Kapitalbeteiligung im streitigen Zeitraum nicht die Rechtsmacht gehabt, Beschlüsse der Gesellschaft herbeizuführen oder zu verhindern. Gleichwohl habe der Kläger "in der Familiengesellschaft" wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken das Geschäft geführt. Als Geschäftsführer sei er alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen. Er habe in weitaus größerem Maße als der Mitgeschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter D. über die erforderlichen Branchenkenntnisse verfügt. Er habe bereits seine Diplomarbeit über "die Betriebswirtschaft und das Rating in seinem Unternehmen" geschrieben und konkrete Vorstellungen über die zukünftige Entwicklung des Betriebs entwickelt. Wesentliche Geschäftsbereiche habe er selbst wahrgenommen. Er habe die Verhandlungen mit wichtigen Kunden geführt, neue Märkte erschlossen, mit Banken verhandelt und sei Ansprechpartner für den Bilanzbuchhalter und den Steuerberater gewesen. Der Kläger habe über Einstellungen und Entlassungen von Mitarbeitern entschieden, soweit sie in seinem Geschäftsbereich - "dem Vertriebsunternehmen der Beigeladenen zu 1." - tätig waren. Er habe die Verantwortung getragen und das Unternehmen weiter entwickelt. Weder der Gesellschafter D. noch die Mutter des Klägers hätten seine Aktivitäten tatsächlich kontrolliert. Darüber hinaus habe der Kläger regelmäßig auf einen Teil des vertraglich vereinbarten Jahresurlaubs verzichtet. Besonders zu berücksichtigen seien die familiären Umstände und die Verbindung der beiden Unternehmen. Der Kläger habe als künftiger Mitgesellschafter der Beigeladenen zu 1. und künftiger Inhaber der Baumschule und Hoferbe ein besonderes eigenes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der "miteinander verbundenen Unternehmen" gehabt. Aufgrund der vorliegenden Konstellation sei der Mitgeschäftsführer und Gesellschafter D. eher vom Kläger abhängig gewesen als umgekehrt.
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Mit der allein von ihm eingelegten Revision rügt der RV-Träger (Beigeladene zu 2.) sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV, insbesondere eine Divergenz zur seit dem Jahr 2006 ergangenen Rechtsprechung des BSG(BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 66; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da nach der Rechtsauffassung des LSG eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheide, wenn die tatsächlichen Verhältnisse (vorliegend eine familiäre Verbundenheit und eine Verbindung von zwei Unternehmen) die für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses sprechenden rechtlichen Aspekte überlagern. Dabei habe das LSG nicht die aktuelle Rechtsprechung des BSG berücksichtigt, wonach maßgeblich die Rechtsbeziehung sei, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Bei einem Geschäftsführer, der wie der Kläger nicht Gesellschafter der GmbH ist, sei auf die ihm eingeräumte Rechtsmacht abzustellen. Sowohl der Anstellungsvertrag als auch der Gesellschaftsvertrag unterwürfen jedoch Änderungen der Vertragsbestimmungen der Schriftform. Entsprechende Änderungen seien nicht dokumentiert, weshalb davon auszugehen sei, dass der Kläger Beschlüsse der Gesellschafterversammlung weder habe herbeiführen noch verhindern können.
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Die Beigeladene zu 2. beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 und des Sozialgerichts Oldenburg vom 22. Oktober 2009 aufzuheben, soweit sie die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 1. Februar 2003 bis 31. Dezember 2005 betreffen und die Klage insoweit abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.
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Er verteidigt die angefochtenen Urteile. Er habe in Bezug auf die Beigeladene zu 1. ohne Beschränkungen handeln können. Ein nach dem Gesellschaftsvertrag eventuell erforderliches Zustimmungserfordernis der Kommanditisten für außergewöhnliche Geschäfte sei stillschweigend abbedungen worden. Die Schriftformklausel sei hierfür ohne Belang, da auch sie stillschweigend abbedungen worden sei.
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Die Beklagte hat sich dem Antrag der Beigeladenen zu 2. angeschlossen. Die Beigeladenen zu 1., 3. und 4. äußern sich nicht.
Entscheidungsgründe
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Die auf die Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 1.2.2003 bis 31.12.2005 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der beklagten Krankenkasse (als Einzugsstelle) erweisen sich insoweit als rechtmäßig. In diesem Umfang sind die Urteile des SG und des LSG aufzuheben und ist die Klage abzuweisen.
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1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Meinung ist (BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Die Revisionsbegründung macht hinreichend deutlich, dass die Beigeladene zu 2. zum einen die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den familiären Umständen und der besonderen wirtschaftlichen Verbindung zwischen zwei Unternehmen ausschlaggebende Bedeutung zu, und zum anderen dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.
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2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.
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Zu Unrecht hat das LSG die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Berufung der Beklagten gegen das die Bescheide der Beklagten aufhebende SG-Urteil zurückgewiesen. Das LSG ist zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Typus der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen, hat in diesem Rahmen aber die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den individualvertraglichen sowie handels- und gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Zutreffend hat das LSG Merkmale der konkret vom Kläger ausgeübten Tätigkeit festgestellt (hierzu b). Die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung und Beurteilung des Gesamtbilds der Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit kann jedoch aufgrund der fehlerhaften Maßstabsbildung keinen Bestand haben (hierzu c). Damit sind auch die vom LSG entscheidungserheblich in den Fokus gerückten familiären Umstände und die Verbindung der beiden Unternehmen miteinander nicht geeignet, die Annahme von Selbstständigkeit zu rechtfertigen (hierzu d).
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a) Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen RV (vgl § 1 Nr 1 SGB VI idF des Gesetzes vom 19.2.2002, BGBl I 754). Nach § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).
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Die Beigeladene zu 2. weist in ihrer Revisionsbegründung zu Recht darauf hin, dass bei der Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = ZIP 2006, 678 = Die Beiträge, Beilage 2006, 66, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl zB BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 29.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125 = Juris RdNr 17; ferner auch BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr 17, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
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Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier nach den Feststellungen des LSG zwar insbesondere von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu c). Daher vermögen auch die Gesichtspunkte "familiäre Umstände" und "Verbindung der beiden Unternehmen" kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen (hierzu d).
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b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall maßgebend, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH & Co. KG ein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.
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Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Geschäftsführertätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 27.1.2003, der deren Vertragsverhältnis bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG festgestellten Inhalt - monatliches festes Gehalt, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Auf der Grundlage dieses Vertrages wurde der Kläger als weiterer Geschäftsführer neben dem Geschäftsführer D. der Beigeladenen zu 1. tätig. Rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" - unabhängig von der Frage insoweit einzuhaltender Formerfordernisse - hat das LSG nicht festgestellt.
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c) Der Kläger verrichtete seine Geschäftsführertätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im Zeitraum vom 1.2.2003 bis 31.12.2005 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.
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Der Kläger war im streitigen Zeitraum weder an der Beigeladenen zu 1. noch an deren Komplementär-GmbH beteiligt. Er war weder Kommanditist der Beigeladenen zu 1. noch Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Vielmehr war er insoweit als Fremdgeschäftsführer anzusehen. Bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH hat das BSG jedoch regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen und diese nur unter besonderen Umständen verneint (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 79 mwN).
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Der Kläger war auch in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1. eingebunden. Nach § 2 Abs 1 des Anstellungsvertrags hatte er seine Arbeitskraft und seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Beigeladenen zu 1. zur Verfügung zu stellen.
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Der Kläger war zudem auch nicht alleiniger Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. Vielmehr war neben ihm D. als weiterer Geschäftsführer tätig. Eine Einschränkung der Befugnisse von D. als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. hat das LSG nicht festgestellt. Zwar ergibt sich aus dem vom Kläger ausgefüllten Feststellungsbogen aus dem Jahr 2006, dass er für die Geschäftsbereiche "Kredit, Steuern, Werbung, Investition" exklusiv zuständig war. Die Geschäftsbereiche "Einkauf, Vertrieb, Personal" fielen danach aber sowohl in die Zuständigkeit des Klägers als auch in die Zuständigkeit des D. Auch in der praktischen Zusammenarbeit bewahrte sich D. einen eigenen Aufgabenbereich: Nach den Feststellungen der Vorinstanzen beschränkte er seine Tätigkeit mehr auf den praktischen Bereich des Unternehmens, insbesondere auf die Verpackung und Übersendung der Ware. Auch ist ausdrücklich festgestellt worden, dass D. dem Kläger lediglich "in seinen Geschäftsbereichen" völlig freie Hand gelassen habe. Schließlich haben die Vorinstanzen auch bei der Feststellung, dass der Kläger über die Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern entschieden habe, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies nur für den Geschäftsbereich galt, für den er zuständig war.
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Weder die dem Kläger im Anstellungsvertrag eingeräumte Handlungsfreiheit noch die darin eingeräumte Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot können eine Selbstständigkeit des Klägers im Rechtssinne rechtfertigen. Dies gilt schon deshalb, weil sich nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen die Handlungsfreiheit des Klägers von vornherein nur auf bestimmte Geschäftsbereiche der Beigeladenen zu 1. bezog. Zudem hat das BSG bereits entschieden, dass die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit spricht (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1 RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17). Im Übrigen ist die Wahrnehmung von Handlungsfreiheiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Sie werden dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG S 4; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125 = Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 65; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen. Auch der von den Vorinstanzen ohne konkrete Feststellungen angeführte Verzicht des Klägers auf einen Teil des Jahresurlaubs spricht per se nicht für Selbstständigkeit, da es auch unter (abhängig) Beschäftigten vorkommt, dass diese auf einen Teil ihres Jahresurlaubs verzichten. Der Verzicht auf einen Teil des Jahresurlaubs hat somit lediglich indiziellen Charakter (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60).
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Eine solche, noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung des Klägers in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes der Beigeladenen zu 1. bestand während des gesamten streitigen Zeitraums. Als Mitgeschäftsführer blieb er in die vorgegebene Organisation der Beigeladenen zu 1. eingebunden. Der Kläger besaß keine rechtliche Möglichkeit, auf die konkrete Ausgestaltung der betrieblichen Organisation der Beigeladenen zu 1. Einfluss zu nehmen. Die Organe einer juristischen Person können nicht in einem rechtsfreien bzw der Beliebigkeit der Beteiligten unterstehenden Raum agieren. Vielmehr sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie sie insbesondere durch das Zivilrecht ausgestaltet sind, zu beachten. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass diese Rahmenbedingungen keinen bloßen, auf den Innenbereich der juristischen Person beschränkten Anwendungsbereich haben, sondern vielfältige und umfangreiche weitere Konsequenzen, etwa zum Schutz von Gläubigern, bei Haftungsfragen oder beispielsweise im Steuerrecht nach sich ziehen. So macht § 164 S 1 HGB bei einer KG Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, von der Zustimmung der grundsätzlich von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossenen Kommanditisten abhängig. Zwar ist § 164 HGB dispositiv. Der Kernbereich der Kommanditistenrechte ist jedoch unantastbar (vgl hierzu zB Hopt in Hopt ua, HGB, 35. Aufl 2012, § 164 RdNr 6). Hinzu kommt, dass sog Grundlagengeschäfte, die das Gesellschaftsverhältnis und seine Gestaltung betreffen, stets der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen (vgl § 114 HGB; BGHZ 132, 263, 266). Angesichts dieser rechtlichen Rahmenbedingungen kann vorliegend aus der vom LSG angenommenen faktischen Nichtwahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Weisungsrechten durch die dazu gesellschaftsrechtlich berufenen Organe nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass dadurch die ihnen zugrundeliegenden Rechte und Pflichten "stillschweigend" abbedungen worden seien. Dabei kommt es auch auf die Frage des Einhaltens der in dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Schriftform nicht an. Vor dem Hintergrund der umfangreichen gesellschaftsrechtlichen Verfahrens- und Formvorschriften (vgl §§ 114, 119 Abs 1 HGB) ist eine "stillschweigende" Änderung der grundlegenden rechtlichen Verhältnisse der Gesellschaft ausgeschlossen. Darüber hinaus sieht § 3 Abs 1 des Gesellschaftsvertrags, der der Gründung der Beigeladenen zu 1. zugrunde lag, ausdrücklich vor, dass zur Geschäftsführung und Vertretung die Komplementärin berechtigt und verpflichtet ist. Änderungen des Gesellschaftsvertrags oder Gesellschafterbeschlüsse der Beigeladenen zu 1. oder der Komplementär-GmbH, die eine Änderung der Geschäftsführerbefugnisse oder eine Definition der Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Weisungsrechten innerhalb der Beigeladenen zu 1. dokumentieren würden, haben SG und LSG nicht festgestellt. Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1.
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d) Entgegen der Auffassung des LSG sind auch weder die familiären Umstände (hierzu im Folgenden aa) noch die Verbindung der beiden Unternehmen (hierzu bb) geeignet, die Selbstständigkeit des Klägers zu bejahen.
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aa) Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings
: BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten hatte (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (unter Hinweis auf BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).
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Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, maßgebende Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 124). Eine solche "Schönwetter-Selbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).
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Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Grundsätze über die rechtliche Relevanz familiärer Rücksichtnahme auf den vorliegenden Fall einer GmbH & Co. KG - bestehend aus natürlichen Personen und einer juristischen Person - überhaupt übertragbar sind. Vorliegend bestanden "familiäre" Beziehungen des Klägers lediglich zu einem der beiden Kommanditisten der Beigeladenen zu 1., nämlich seiner Mutter. Zu D. als weiterem Mehrheits-Kommanditisten und gleichzeitigem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sind keine verwandtschaftlichen Beziehungen festgestellt worden. Zur Komplementär-GmbH der Beigeladenen zu 1. sind verwandtschaftliche Beziehungen von vornherein ausgeschlossen. Selbst zu den Gesellschaftern der Komplementär-GmbH der Beigeladenen zu 1. bestanden nur teilweise verwandtschaftliche Beziehungen des Klägers, nämlich soweit diese seine Eltern waren bzw nach dem Ausscheiden des Vaters aus der Gesellschaft seine Mutter war. Die Mehrheit der Geschäftsanteile in der Komplementär-GmbH wie auch die Mehrheit der Kommanditeinlagen lagen bei D.
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bb) Die konkrete wirtschaftliche Situation bzw die faktische Verbindung der Beigeladenen zu 1. zur Baumschule als "vorgeschaltetem" Einzelunternehmen sind schließlich ebenfalls nicht geeignet, eine Selbstständigkeit des Klägers zu bejahen. Eine auch sozialversicherungsrechtlich - möglicherweise - relevante wirtschaftliche Verflechtung der Beigeladenen zu 1. zu der im streitigen Zeitraum vom Vater des Klägers betriebenen Baumschule - beispielsweise innerhalb einer Konzernstruktur (vgl § 18 AktG) - haben die Vorinstanzen nicht festgestellt. Eine Verbindung beider Unternehmen miteinander bestand nach den Feststellungen lediglich insoweit, als die Baumschule der einzige Lieferant der Beigeladenen zu 1. war. Diese wirtschaftliche Situation legt zwar die Annahme einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von der Baumschule nahe. Hieraus allein ergäbe sich aber keine Änderung der Beurteilung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1., da der Kläger im streitigen Zeitraum nicht Eigentümer bzw Betriebsinhaber der Baumschule war. Er hatte seinerzeit lediglich die Aussicht, als Hoferbe die Baumschule zu übernehmen, was jedoch erst später zum 1.1.2006 erfolgte.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. September 2010 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 18 877,06 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1. als Familienhelferin der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag und ob das klagende Land Berlin für sie Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu entrichten hat.
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Die Beigeladene zu 1. ist Diplompädagogin und Diplompsychologin. Sie war von Juli 1995 bis 31.12.1999 als Familienhelferin für den Kläger als Träger der öffentlichen Jugendhilfe tätig, indem sie jugendhilferechtlich leistungsberechtigte Familien regelmäßig in deren Wohnung aufsuchte und diese dort vor Ort unterstützte; ab 1.1.2000 setzte die Beigeladene zu 1. die Tätigkeit für den Kläger als (abhängig) Beschäftigte eines freien Jugendhilfeträgers fort. Der Kläger legte für die von ihm bis 31.12.1999 als selbstständig angesehene Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. - wie in ähnlichen anderen Fällen auch - einen "Helfervorgang" mit ihren persönlichen Daten auf einem "Personenblatt" mit Nachweisen ihrer bisherigen Ausbildung und Tätigkeiten, Lebenslauf und Führungszeugnis an. Zu der Tätigkeit der Beigeladene zu 1. kam es jeweils nach der Bewilligung von Leistungen nach §§ 27, 31 SGB VIII an die Familien durch den Kläger. Diese Leistungsbewilligung erfolgte auf der Grundlage eines durch einen beim Kläger beschäftigten Sozialarbeiter erstellten Hilfeplans, der den Einsatz einer Familienhelferin vorsah und Aufgaben und Ziele der Hilfen umschrieb. Der Bewilligungsbescheid regelte die Übernahme der Kosten für den Familienhelfereinsatz in einem bestimmten Zeitraum mit einer festgelegten Wochenstundenzahl, benannte die Beigeladene zu 1. als ausführende Person und enthielt den Hinweis, dass seitens des Klägers mit dieser direkt abgerechnet werde. Die Beigeladene zu 1. erhielt Durchschriften der Bescheide und wurde in Anschreiben des Klägers zugleich darüber informiert, dass das "Familienhelfergeld" 26,40 DM je Stunde betrage; wörtlich heißt es in den Anschreiben: "Wir weisen darauf hin, dass die Familienhelfertätigkeit nicht im Rahmen von Rechtsbeziehungen zum Land Berlin ausgeübt wird, insbesondere zum Land Berlin kein Arbeitsverhältnis, freies Dienstvertrags- oder Werkvertragsverhältnis begründet wird". Die Beigeladene zu 1. war berechtigt, die Übernahme einer Betreuung abzulehnen. Für die Abrechnung hatte die Beigeladene zu 1. dem Kläger monatliche Stundenaufstellungen vorzulegen, die von ihr und den betreuten Familien zu unterzeichnen waren. Der Kläger gewährte der Beigeladenen zu 1. neben der beschriebenen Vergütung "Urlaubsabgeltung" sowie laufende monatliche Zuschüsse zu ihrer freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von "6,6 %". Die Beigeladene zu 1. arbeitete pro Betreuungsfall maximal 14 Stunden wöchentlich neben einer Weiterbildung zur Verhaltenstherapeutin; teilweise betreute sie gleichzeitig zwei oder mehrere Familien. Darüber, ob die Hilfebedürftigkeit iS des Jugendhilferechts fortbestand, informierte sie den Kläger in Gesprächen und erstellte Berichte über ihre Tätigkeit.
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Im Mai 1999 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der beklagten Krankenkasse als Einzugsstelle die Prüfung, ob sie in ihrer Tätigkeit als Familienhelferin der Sozialversicherungspflicht unterliege. Die Beklagte stellte daraufhin - nach einem vorangegangenen anderen Rechtsstreit - gegenüber dem Kläger fest, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als Familienhelferin vom 1.12.1995 bis 31.12.1999 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe, und forderte vom Kläger Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 18 877,06 Euro (Bescheid vom 27.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 14.3.2005).
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Das SG hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben (Urteil vom 24.1.2007). Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen: Zwar sprächen für eine Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum das fehlende Unternehmerrisiko, das stundenweise gezahlte, in Bezug auf seine Höhe vom Kläger vorgegebene Honorar, die Gewährung eines Zuschusses zur Krankenversicherung und die Abgeltung von Urlaub; es überwögen jedoch - bei gleichzeitigem Vorliegen einiger "neutraler" Gesichtspunkte - die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale. Diese Merkmale seien der Inhalt der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen, die zeitliche Beanspruchung der Beigeladenen zu 1. durch die Tätigkeit und ihre fehlende Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Klägers. So sei die Beigeladene zu 1. nur bei der erstmaligen Übernahme eines Einsatzes sowie bei eventuellen Gesprächen über den Stand der Hilfe in Kontakt mit den Mitarbeitern des Klägers getreten. Auch habe sie im Wesentlichen Ort, Zeit und inhaltliche Ausgestaltung ihrer Arbeitsleistung unabhängig von Vorgaben des Klägers bestimmen können, wie bereits "aus der Natur der Tätigkeit als Familienhelferin" folge. Dass dem Kläger als Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 79 Abs 1 SGB VIII die Gesamtverantwortung für die von ihm zu erbringenden Leistungen nach dem SGB VIII oblegen habe, lasse keine Rückschlüsse auf eine Tätigkeit der von ihm eingesetzten Personen als Arbeitnehmer zu (Urteil vom 22.9.2010).
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Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung der § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III sowie sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Die Gesamtschau aller Umstände ergebe hier, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für den Kläger beschäftigt und damit versicherungspflichtig gewesen sei. Dafür sprächen neben der Gewährung von Zuschüssen zur Krankenversicherung, der Abgeltung von Urlaub und einem fehlenden Unternehmerrisiko vor allem die Eingliederung der Beigeladenen zu 1. in die Arbeitsorganisation des Klägers, die aus der Wahrnehmung der ihm obliegenden gesetzlichen Aufgaben im Bereich des Jugendhilferechts, insbesondere seiner Verantwortung nach § 79 Abs 1 SGB VIII und nach § 36 Abs 2 SGB VIII, folge. Zum Ausschluss von Haftungsrisiken habe er die Tätigkeit sowie die Aus- und Fortbildung der von ihm eingesetzten Familienhelfer weitgehend selbst zu kontrollieren. Die gesetzlich vorgeschriebene Verknüpfung von Kontakt- und Berichtspflichten ermögliche eine ständige, die freie Gestaltung der Tätigkeit einschränkende Überwachung der Familienhelfer durch den zuständigen Sozialarbeiter. Das Weisungsrecht des Klägers dokumentiere sich in erstellten und fortgeschriebenen Hilfeplänen, in Rücksprachen sowie in den Berichtspflichten der Beigeladenen zu 1.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. September 2010 und des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zuschüsse zur Krankenversicherung seien bis zum Ende des Jahres 2003 freien Mitarbeitern, die den Status arbeitnehmerähnlicher Personen gehabt hätten und als sozial schutzbedürftig angesehen worden seien, ohne rechtliche Verpflichtung als freiwillige Leistung gezahlt worden. Aus dem primär auf den Hilfeempfänger bezogenen und für die öffentlich-rechtliche Bewilligung erforderlichen Hilfeplanverfahren könne ein für eine Beschäftigung sprechendes Weisungsrecht nicht hergeleitet werden.
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Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.
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Der zu 3. beigeladene Rentenversicherungsträger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. September 2010 und des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2007 hinsichtlich der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
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Er schließt sich der Rechtsauffassung der Beklagten an. Ergänzend führt er aus, der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sei verpflichtet, aufgrund seiner Gesamtverantwortung gemäß § 79 SGB VIII und in Erfüllung seines Schutzauftrags gemäß § 8a SGB VIII sicherzustellen, dass der jeweilige Vertragspartner die nach dem SGB VIII und nachgeordneten Regelungen bestehenden Pflichten und Qualitätsanforderungen bei der Leistungserbringung erfülle. Jedenfalls für Leistungen der Jugendhilfe nach § 31 SGB VIII erfordere die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung eine derart enge Anbindung der eingesetzten Mitarbeiter, dass diese in die betrieblichen Abläufe eingegliedert sein müssten. Deshalb könnten diese Tätigkeiten der Familienhilfe - wie sie auch durch die Beigeladene zu 1. erfolgt seien - nur im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden.
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Die zu 2. beigeladene Pflegekasse und die zu 4. beigeladene Bundesagentur für Arbeit stellen keinen Antrag. Sie schließen sich im Wesentlichen der Auffassung der Beklagten an.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der beklagten Krankenkasse ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (vgl § 170 Abs 2 S 2 SGG).
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Das Urteil, mit dem das LSG die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG zurückgewiesen hat, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht Stand. Das LSG hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtswidrig seien, weil die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als Familienhelferin nicht als Beschäftigte sozialversicherungspflichtig gewesen sei und der Kläger für sie deshalb keine Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten habe. Die - aus einer unzureichenden Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. gewonnene - Beurteilung des LSG, dass die Beigeladene zu 1. selbstständig tätig war, erweist sich als rechtsfehlerhaft. Ob die Beklagte deren Versicherungspflicht als Beschäftigte zu Recht festgestellt und die Beiträge in zutreffender Höhe festgesetzt hat, kann der Senat allerdings nicht selbst entscheiden, weil es dazu an erforderlichen weiteren Feststellungen durch das LSG fehlt. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
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1. Allerdings hat das LSG für sein Urteil einen zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt gewählt und dazu im Kern zutreffend die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen - Versicherungspflicht begründender - Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit entwickelten Grundsätze herangezogen.
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In den Jahren 1995 bis 1999, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 168 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz bzw § 25 Abs 1 S 1 SGB III, jeweils in den seinerzeit maßgebenden Gesetzesfassungen). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, Juris RdNr 16 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG Urteil vom 28.5.2008 -B 12 KR 13/07 R - USK 2008-45; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f; jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).Das kann bei manchen Tätigkeiten - zB in Bereichen, in denen persönliche Zuwendung Gegenstand zu erbringender Dienste ist - dazu führen, dass sie nach den jeweiligen Umständen sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden können (zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, Juris RdNr 17
; BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN .)
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2. Das LSG hat unter zutreffender Berücksichtigung der im SGB VIII geregelten Familienhilfe (dazu unter a) diese Grundsätze angewandt (dazu unter b). Es hat jedoch nicht alle für und gegen eine Beschäftigung bzw selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände aufgeklärt, in ihrer indiziellen Wirkung erkannt und ihnen daher nicht das Gewicht und den Stellenwert beimessen können, der diesen Umständen im Rahmen der Gesamtabwägung der für die Abgrenzung heranzuziehenden Tätigkeitsmerkmale zukommen muss (dazu unter c).
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a) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dem LSG allerdings darin zuzustimmen, dass nicht schon aus der einen Jugendhilfeträger treffenden Gesamtverantwortung für die Erbringung von Familienhilfe nach dem SGB VIII zu entnehmen ist, die Tätigkeit einer Familienhelferin - wie von der Beigeladenen zu 1. ausgeübt - könne (rechtmäßig) nur in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt werden.
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Den Regelungen des SGB VIII, insbesondere § 79 Abs 1 SGB VIII, aber auch § 31 und § 36 SGB VIII sowie § 8a SGB VIII, kann kein für eine Beschäftigung sprechendes, eine persönliche Abhängigkeit iS von § 7 Abs 1 SGB IV begründendes Weisungsrecht des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1. entnommen werden. Entscheidend ist insoweit, dass das SGB VIII schon von seinem Regelungsansatz her keine Aussagen über den arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Status von Familienhelfern treffen will und trifft, sondern allein die - dann im Einzelnen näher ausgestaltete - staatliche Verantwortung für die Aufgaben der Jugendhilfe im Verhältnis zu den Leistungsberechtigten im Blick hat (vgl im hier bedeutsamen Zusammenhang § 27 Abs 1 Nr 2 und Nr 4 SGB I, § 2 Abs 1 und Abs 2 Nr 2 und Nr 4 iVm §§ 16 ff, 27 ff SGB VIII). Selbst die Regelungen des SGB VIII über die Leistungserbringung enthalten keine Vorgaben über den sozialversicherungsrechtlichen Status von Mitarbeitern (vgl dagegen zB §§ 72, 72a SGB VIII zu den persönlichen und fachlichen Anforderungen an Mitarbeiter bei Trägern der öffentlichen Jugendhilfe). Zwar tragen nach § 79 Abs 1 SGB VIII die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung. Hieraus folgt jedoch keine für eine Beschäftigung typische Weisungsbefugnis eines öffentlichen Jugendhilfeträgers gegenüber einem für ihn zur Aufgabenerfüllung Tätigen. Eine Weisungsbefugnis setzt vielmehr eine entsprechende rechtliche Verankerung, ggf durch vertragliche Vereinbarung, im Verhältnis zu dem Dritten voraus, der zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe herangezogen wird. Zwar hat das BAG in seinem Urteil vom 6.5.1998 (5 AZR 347/97 - BAGE 88, 327 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit) die Weisungsabhängigkeit einer Familienhelferin (§ 31 SGB VIII) und deren Eingliederung in den Betrieb des Jugendhilfeträgers angenommen und das Weisungsrecht der den Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 79 Abs 1 SGB VIII treffenden Gesamtverantwortung entnommen. Das BAG ist jedoch in seiner späteren Rechtsprechung (Urteil vom 25.5.2005 - 5 AZR 347/04 -, BAGE 115, 1 = AP Nr 117 zu § 611 BGB Abhängigkeit
) hiervon abgerückt. Es stellt nunmehr entscheidend darauf ab, dass aus § 79 Abs 1 SGB VIII und der jedermann treffenden Pflicht, öffentlich-rechtlichen Anordnungen der Aufsichtsbehörde im Jugendhilferecht nachzukommen, keine arbeitsrechtliche Weisungsgebundenheit der zur Erfüllung jugendhilferechtlicher Aufgaben eingesetzten Erwerbstätigen gegenüber dem Jugendhilfeträger abgeleitet werden kann. Dieser überzeugenden jüngeren Rechtsprechung schließt sich der Senat auch für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung an. Nichts anderes gilt für den den Hilfeplan betreffenden § 36 SGB VIII, weil diese Vorschrift ebenfalls keine Aussage zu dem arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Status einer Erwerbstätigkeit zur Erfüllung jugendhilferechtlicher Aufgaben und zur Umsetzung eines Hilfeplans trifft.
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Die Regelung des § 8a SGB VIII konnte entgegen der Auffassung der Beklagten hier bereits deshalb keine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. begründen, weil sie erst mit Wirkung zum 1.10.2005 (durch Art 1 Nr 4 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe vom 8.9.2005, BGBl I 2729) in das SGB VIII eingefügt wurde und damit im hier streitigen Zeitraum bis Ende 1999 noch nicht galt. Hinsichtlich der von der Beigeladenen zu 3. benannten Vorschriften des Berliner Landesrechts kann offenbleiben, ob ihnen entsprechende Weisungsrechte zu entnehmen waren, weil diese ebenfalls erst nach 1999 in Kraft traten.
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Ob - wie die Beklagte und die Beigeladenen zu 3. und 4. meinen - die Familienhilfe nach dem SGB VIII "sachgerecht" nur durch Beschäftigte, nicht aber durch Selbstständige erbracht werden kann (vgl hierzu zB Stähr in Hauck/Noftz, SGB VIII, K § 31, RdNr 16 ff, Stand Einzelkommentierung 5/2004), kann hier dahinstehen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, kann hieraus jedenfalls nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass auch der Kläger dieser Einschätzung folgen und sie in seiner Praxis bei der Erfüllung jugendhilferechtlicher Leistungsansprüche umsetzen wollte und dies entsprechend getan hat.
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b) Das LSG hat die unter 1. beschriebenen Grundsätze zur Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einer (abhängigen) Beschäftigung zutreffend zum rechtlichen Ausgangspunkt seiner Erwägungen genommen. Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass eine Bewertung jeweils der einzelnen vom Kläger vergebenen Aufträge am Maßstab der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu erfolgen hat; maßgebend sind danach die Verhältnisse nach Annahme - also bei Durchführung - des einzelnen Auftrags (vgl BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 17; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - USK 2008-45, Juris RdNr 24 ff).
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Das LSG hat ausgehend von der Rechtsprechung des Senats zutreffend einige Merkmale der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. als Indizien für deren (abhängige) Beschäftigung gewertet, andere Umstände als Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen und dann eine Gesamtbetrachtung der Indizien vorgenommen. Es hat vor allem das fehlende Unternehmerrisiko (vgl dazu zB zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 25 mwN), das stundenweise gezahlte, vom Kläger der Höhe nach vorgegebene Honorar, die Gewährung eines Zuschusses zur Krankenversicherung sowie die Abgeltung von Urlaub als für eine Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. sprechende Umstände gewertet und diesen Umständen einige von ihm als "neutral" eingestufte bzw für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Gesichtspunkte (Inhalt der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen - bei als "befremdlich" erscheinendem Hinweis, dass "keinerlei Rechtsbeziehungen" zwischen Kläger und Beigeladener zu 1. bestünden -, zeitliche Beanspruchung der Beigeladenen zu 1. durch die Tätigkeit, fehlende Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Klägers) gegenübergestellt. Als maßgebend für das Fehlen einer abhängigen Beschäftigung hat es das Fehlen der Ausübung eines "ins Einzelne gehenden Weisungsrechts" angesehen, gleichwohl aber andererseits die "weitgehende Freiheit von arbeitsbezogenen Weisungen" - ähnlich der Sachlage bei Diensten höherer Art - (wiederum) nicht als Beleg für Selbstständigkeit eingestuft. Die Beigeladene zu 1. sei nicht in einer Art und Weise in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen, die auf eine Beschäftigung hindeute, weil sie nur bei der erstmaligen Übernahme eines Einsatzes sowie bei eventuellen Gesprächen über den Stand der Hilfe in Kontakt mit den Mitarbeitern des Klägers getreten sei. Die Beigeladene zu 1. habe auch im Wesentlichen Ort, Zeit und inhaltliche Ausgestaltung ihrer Arbeitsleistung unabhängig von Vorgaben des Klägers bestimmen können, wie bereits "aus der Natur der Tätigkeit als Familienhelferin" folge. Es hat weiter zugrunde gelegt, dass dem in den schriftlichen Vereinbarungen dokumentierten Willen, keine Beschäftigung zu wollen, dann keine indizielle Bedeutung zukommt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Vereinbarungen rechtlich relevant abweichen, und dass dann maßgebend ist, wie die Rechtsbeziehung tatsächlich praktiziert wurde.
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c) Das Urteil des LSG kann allerdings trotz seines zutreffend gewählten rechtlichen Ansatzes keinen Bestand haben, weil seine Abwägung der für und gegen eine Beschäftigung bzw selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände rechtliche Defizite aufweist und deshalb der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht Stand hält. Wesentliche Umstände, aus denen das LSG auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen hat, sind in ihren Hintergründen und ihrer Tragweite nicht hinreichend aufgeklärt worden, sodass eine nur unzureichende, sich in wesentlichen Punkten nur an der "Oberfläche" bewegende Gesamtwürdigung vorliegt, die die Annahme, die Beigeladene zu 1. sei als Familienhelferin für den Kläger im streitigen Zeitraum selbstständig tätig gewesen, nicht schlüssig und nachvollziehbar trägt.
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Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert - wie oben unter 1. beschrieben - eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, dh für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (vgl zu Abwägungsvorgängen im Sozialrecht, etwa bei der Ursachenbewertung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, zB BSGE 61, 127, 129 f = SozR 2200 § 548 Nr 84 S 235 f; BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15 ff mwN; zu verschiedenen Formen der Abwägung allgemein - in unterschiedlichen Rechtsgebieten und Zusammenhängen - siehe die Beiträge von Koch und Ossenbühl in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Abwägung im Recht, Symposium zur Emeritierung von Werner Hoppe, 1996, S 9 ff, 25 ff; Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl 2008, § 82
, S 651 ff; zur Abwägung widerstreitender Belange im Planungsrecht zB BVerwGE 45, 309, 314 ff; BVerwGE 64, 270, 271 ff).
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Um diesen Anforderungen im vorliegenden Zusammenhang zu genügen, muss zunächst den für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit in Betracht kommenden Merkmalen der Tätigkeit nachgegangen und vorab das Vorliegen bzw Nichtvorliegen dieser Merkmale - verfahrensrechtlich beanstandungsfrei auf der Grundlage des Amtsermittlungsprinzips (§ 103 SGG) - festgestellt werden. Für die Prüfung, welche dieser festgestellten Merkmale bei einer Gesamtbetrachtung überwiegen, sind sodann alle entscheidungserheblichen Merkmale zu berücksichtigen und in ihrer Bedeutung zu gewichten sowie nachvollziehbar gegeneinander abzuwägen. Dem haben die Vorinstanzen bislang nicht hinreichend entsprochen.
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So hätte zunächst genauer ermittelt und gewürdigt werden müssen, unter welchen rechtlichen Vorgaben Familienhelfer im Land Berlin in der streitigen Zeit bis Ende 1999 überhaupt tätig wurden und wie das Rechtsverhältnis der Beigeladenen zu 1., die gegen eine stundenweise, vom Kläger festgesetzte Vergütung arbeitete, in diesem Zusammenhang nach der im Land Berlin üblichen Praxis einzuordnen ist. Nach dem Akteninhalt und dem Vorbringen der Beteiligten könnten gewichtige Anhaltspunkte bestehen, die deutlicher als vom LSG angenommen für eine Beschäftigung und gegen eine Selbstständigkeit der Beigeladenen zu 1. sprechen und im Rahmen der Gesamtschau überwiegen könnten. Das LSG durfte es nicht dabei belassen, dass Vorgaben über die Ausgestaltung der tatsächlichen oder rechtlichen Beziehungen zwischen der Beigeladenen zu 1. und dem Kläger "nicht zu finden" seien und dass die Feststellung, es bestünden "keinerlei Rechtsbeziehungen" zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1., "befremdlich" erscheine, und nicht schon darauf seine Abwägung aufbauen. Dies rechtfertigt es, ein relevantes Abwägungsdefizit zu bejahen. Obwohl der vom LSG festgestellte Inhalt der vorhandenen Unterlagen den Schluss zulässt, dass Selbstständigkeit gewollt war, könnte den weiteren Umständen der Erwerbstätigkeit der Beigeladenen zu 1. gleichwohl zu entnehmen sein, dass diese abweichend hiervon als Beschäftigte tätig werden sollte und tatsächlich auch in dieser Weise tätig wurde. So sollte - wie bereits beschrieben - auf der einen Seite der einzelne Einsatz als Familienhelferin und dessen Durchführung allein mittelbar im Bewilligungsbescheid des Jugendamtes gegenüber der leistungsberechtigten Familie seine Grundlage haben und sollten sogar "keinerlei Rechtsbeziehungen zum Land Berlin" begründet und Arbeitnehmerrechte (insbesondere auf Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen) nicht gewährt werden. Im Gegensatz dazu steht die Gewährung typischer Arbeitnehmerleistungen des Klägers an die Beigeladene zu 1. ("Urlaubsabgeltung", was gedanklich einen eingeräumten Urlaubsanspruch voraussetzt; laufende gewährte Zuschüsse zur freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von "6,6 %"). Allerdings wäre insoweit ebenso zu berücksichtigen, dass ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung auch arbeitnehmerähnlichen Personen zustehen kann, was der Senat in der Vergangenheit als Indiz für Selbstständigkeit angesehen hat (vgl BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - USK 2004-25, Juris RdNr 25). Zu den Einzelheiten der praktischen Gestaltung der Erwerbstätigkeit der Beigeladenen zu 1. fehlen die erforderlichen Feststellungen.
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Nicht geprüft und ermittelt hat das LSG auch, ob aufgrund zusätzlicher Absprachen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. - zB in einer ggf mündlichen Rahmenvereinbarung über Einsätze als Familienhelferin, deren Umsetzung sich in den jeweils einzelnen Aufträgen vollzog (vgl zu einer solchen Rahmenvereinbarung zB BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - USK 2008-45, Juris RdNr 18, 22), oder in zusätzlichen ggf mündlichen Abreden zu den einzelnen Einsätzen selbst - weitere Rechte und Pflichten bestanden, die für eine Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. sprechen.
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Hinzu kommen im vorliegenden Fall Hinweise auf ein gänzlich fehlendes rechtlich relevantes Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25) ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011, aaO). Unter diesem Blickwinkel könnten sich Zweifel an der Selbstständigkeit der Beigeladenen zu 1. ergeben, falls sich nach Ermittlungen herausstellen sollte, dass die Arbeitsstunden-Vergütung mit 26,40 DM brutto betragsmäßig im Bereich dessen lag, was einer Familienhelferin im Jugendhilfebereich mit der Qualifikation der Beigeladenen zu 1. als Angestellte tariflich oder einzelvertraglich als Vergütung zustand. Aufgeklärt werden müsste auch, ob die Beigeladene zu 1. in einer für Arbeitnehmer allerdings eher untypischen Weise ihre einzelnen Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen konnte und vom Kläger ggf aus einem laufenden Einsatz gegen ihren Willen abgezogen und nach den Bedürfnissen einer fremden betrieblichen Organisation anderen Familien "zugeteilt" werden konnte (vgl zu diesen Gesichtspunkten BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 27). Vor diesem Hintergrund bleibt bislang offen, ob überhaupt typische Risiken, aber auch höhere Chancen einer vermeintlichen Selbstständigkeit bestanden.
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Schließlich ergibt sich auch in Bezug auf weitere Abgrenzungsmerkmale Anlass zu einer näheren Betrachtung der Umstände, unter denen die Beigeladene zu 1. tätig wurde. Das LSG hat größere Entscheidungsspielräume der Beigeladenen zu 1., insbesondere eine im Wesentlichen Ort, Zeit und inhaltliche Ausgestaltung ihrer Arbeitsleistung unabhängig von Vorgaben des Klägers bestimmbare und von Kontrollen des Klägers weitgehend freie Arbeitsleistung, als letztlich entscheidend für die Selbstständigkeit angesehen. Insoweit fehlt es an einem Vergleich mit den Spielräumen, die einer in - ggf befristeten oder projektbezogenen - (Teilzeit-)Beschäftigung erwerbstätigen Familienhelferin für deren Tätigkeit eingeräumt waren. Da das LSG insoweit selbst davon ausgeht, bereits "aus der Natur der Tätigkeit als Familienhelferin" folgten größere Spielräume, kann ein für die Tätigkeit bestehender Spielraum, der in gleicher Weise für eine angestellte, Familien vor Ort betreuende Familienhelferin besteht, kein maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung selbstständiger Tätigkeit von Beschäftigung sein. Vielmehr ist hierzu zu ermitteln, welche wesentlichen, gerade einer Selbstständigkeit das Gepräge gebenden Freiräume für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. bestanden, die einer im öffentlichen Dienst oder bei einem freien Träger beschäftigten Familienhelferin (als solche war die Beigeladene zu 1. ab dem Jahr 2000 für den Kläger eingesetzt) im streitigen Zeitraum nicht zustanden. Insoweit bietet es sich an, auch der Frage nachzugehen, ob höchstpersönliche Leistungspflichten und/oder Vertretungsregelungen bestanden. Diese nach entsprechenden Ermittlungen vorzunehmende Vergleichsbetrachtung ist dann in die erforderliche Gesamtabwägung einzustellen.
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d) Dem Senat ist nach alledem wegen fehlender hinreichender Feststellungen des LSG keine eigene abschließende Entscheidung darüber möglich, ob die Beigeladene zu 1. bei einer rechtmäßigen, an bestimmte Voraussetzungen geknüpften Gesamtschau aller Umstände als Familienhelferin in der öffentlichen Jugendhilfe bei dem Kläger (abhängig) beschäftigt oder selbstständig tätig war. Deshalb hat das LSG die vorstehend unter c) beschriebenen, bislang fehlenden erforderlichen weiteren Feststellungen durch entsprechende Ermittlungen - ggf auch persönlicher Anhörung der Beigeladenen zu 1. - nachzuholen. Sodann muss das LSG eine darauf aufbauende neue Gesamtwürdigung unter Einbeziehung der oben dargelegten Vorgaben vornehmen und gewichtend und abwägend erneut in der Sache entscheiden.
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3. Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
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4. Der Streitwert für das Revisionsverfahrens war gemäß § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des vom LSG für das Berufungsverfahren festgesetzten, der streitigen Beitragsforderung entsprechenden Betrages von 18 877,06 Euro festzusetzen.
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn
- 1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und - 2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.
(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.
(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 2013 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status aufgrund einer Tätigkeit im sog Rackjobbing.
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Die Klägerin - eine GmbH - präsentierte sich im Zeitraum der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für sie vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 als Dienstleisterin auf dem Retailmarkt. Sie verstand sich als Bindeglied zwischen Herstellern und Retailern von Waren (Einzelhändlern und Wiederverkäufern) und bot ein integriertes Vertriebs-, Merchandising- und Logistikkonzept zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Belieferung von Großmärkten und Warenhäusern an. Teil ihres Angebots war sog Rackjobbing (= Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Verkaufsförderung). Dieses Angebot umfasste einen Dispositions-Service per Fax-OCR-Erkennung, die Auftragsübertragung per EDI (Electronic Data Interchange), die regelmäßige Betreuung der Retail-Filialen/Outlets, die regelmäßige Kontrolle der Bestände, die Regalpflege einschließlich der Regaloptimierung, die Layout-Erstellung für die jeweiligen Sortimente einschließlich der dazugehörigen Planung, Umsetzung und Optimierung jeweils nach Abverkaufszahlen, Neueinrichtungen und generelle Umbauten, fundierte Zahlen für zukünftige Strategien sowie die Steuerung der Sortimente nach Abverkaufszahlen.
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Der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin lag ein mehrseitiger schriftlicher Vertrag vom 1.11.1999 zugrunde, in dem ua - durch Einzelbestimmungen in zahlreichen §§ aufgegliedert - Folgendes vereinbart worden war: Der Beigeladene zu 1. solle als "freier Mitarbeiter" zur selbstständigen Warengestaltung und -darbietung bzw Merchandising tätig werden und werde insbesondere mit der Ausführung folgender Tätigkeiten in den Geschäftsräumen der Kunden der Klägerin beauftragt: Präsentation der Produkte der Klägerin und ihrer Vertragspartner, Sortimentüberwachung, Warendisposition, Warenplatzierung, Preisauszeichnung, Regalservice (Regalaufbauten/Regalumbauten), Layout-Prüfungen und Inventuren. Einzelheiten der Vertragsausführung seien dem jeweiligen Einzelauftrag vorbehalten. Die Aufträge habe der Beigeladene zu 1. in eigener Verantwortung auszuführen und dabei zugleich die Interessen der Klägerin zu berücksichtigen. Er unterliege keinem Weisungs- und Direktionsrecht seitens der Klägerin, habe jedoch deren fachliche Vorgaben zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung zu beachten. Er sei nicht zur persönlichen Auftragserfüllung verpflichtet, sondern könne die Vertragspflichten auch durch Erfüllungsgehilfen erfüllen, soweit deren fachliche Qualifikation sichergestellt sei. Er habe das Recht, einzelne Aufträge ohne Begründung abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu werden; einer vorherigen Zustimmung der Klägerin bedürfe dies nur, sofern es sich dabei um Wettbewerber der Klägerin handele. Die Bestimmung des Orts der Tätigkeit erfolge in dem jeweiligen Einzelauftrag. Für seine Tätigkeit erhalte der Beigeladene zu 1. ein Stundenhonorar in Höhe von 24 DM zzgl Umsatzsteuer, die Abrechnung habe auf fünf Minuten genau zu erfolgen; die Auftragserfüllung sei wöchentlich auf besonderen Formularen nachzuweisen. Er habe die Kosten für Bürobetrieb, technische Vorrichtungen und sonstige im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit anfallende Kosten zu tragen. Die Gewährung von Urlaub und Zahlung eines festen Lohns, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Überstunden bzw sonstige Sozialleistungen seien ausgeschlossen. Der Beigeladene zu 1. sei vielmehr verpflichtet, während Urlaub und Krankheit die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen bzw im Verhinderungsfall unverzüglich die Klägerin zu informieren. Für Schäden, die er bzw seine Mitarbeiter im Rahmen der vertraglichen Aufgabenerfüllung der Klägerin zufügten, habe er zu haften. Der Beigeladene zu 1. bestätigte der Klägerin, dass er auch für andere Auftraggeber tätig sei und verpflichtete sich zur Mitteilung, falls dies nicht mehr zutreffe und die Klägerin seine einzige Auftraggeberin geworden sei. Weiter oblag es ihm, der Klägerin zu jedem Quartalsende den prozentualen Anteil der anderen Auftraggeber an seinem Gesamtgewinn mitzuteilen. Er verpflichtete sich des Weiteren, vor Beginn seiner Tätigkeit für die Klägerin eine Gewerbeanmeldung vorzulegen (bereits zum 29.1.1992 hatte er ein Gewerbe als selbstständiger Handelsvertreter angemeldet), seine Selbstständigkeit durch Vorlage einer Bescheinigung des Sozialversicherungsträgers nachzuweisen und seine Steuernummer für die Einkommen- und Umsatzsteuer mitzuteilen. Schließlich war der Beigeladene zu 1. verpflichtet, für den Fall, dass "Scheinselbständigkeit" durch den Sozialversicherungsträger oder die Finanzbehörden festgestellt werde, die daraus für die Klägerin resultierenden Nachforderungen unbeschränkt und zeitlich unbefristet auszugleichen. Ergänzungen und Änderungen des Vertrages bedurften der Schriftform.
- 4
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Nach einem Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status stellte die Funktionsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich "die Beklagte") mit gleichlautenden Bescheiden vom 18.8.2003 gegenüber der Klägerin sowie gegenüber dem Beigeladenen zu 1. fest, dass dieser seine Tätigkeit im Bereich Regalservice bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 12.1.2005).
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Auf die Klage der Klägerin hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt gewesen sei (Urteil vom 20.10.2008). Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte die vorgenannten Bescheide geändert und die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt (Bescheid vom 24.9.2012). Die Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen: Im Rahmen einer Gesamtwürdigung überwögen die für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sprechenden Umstände. Anknüpfungspunkt sei zunächst der Vertrag vom 1.11.1999, der als Rahmenvertrag (im Folgenden: RV) die Grundlage für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse darstelle und überwiegend für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Regelungen enthalte. Dem hierin dokumentierten Willen der Vertragsparteien komme indizielle Bedeutung zu. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es sich nur um eine formale Vereinbarung gehandelt habe, seien nicht ersichtlich. Tatsächlich sei der Beigeladene zu 1. schon vor seiner Tätigkeit bei der Klägerin selbstständig und auch während dieser Zeit für mehrere andere Unternehmen tätig gewesen. Deshalb habe er nicht jeden Auftrag der Klägerin ausführen können und Auftragsübernahmen abgelehnt. Die Klägerin habe nicht jederzeit über seine Arbeitsleistung verfügen können, was gegen eine Eingliederung in deren Betrieb spreche. Zudem habe der Beigeladene zu 1. die Aufträge nicht höchstpersönlich ausführen müssen. Zwar habe er mangels Auftragsvolumens selbst keine Erfüllungsgehilfen eingesetzt, doch sei in zwei Parallelverfahren bestätigt worden, dass die Klägerin dies ihren Auftragnehmern tatsächlich ermögliche, wobei diese die Differenz zwischen dem ihnen von der Klägerin gewährten Vergütungssatz und dem von ihnen an ihre Subunternehmer bzw Arbeitnehmer gezahlten Entgelt als unternehmerische Vergütung hätten vereinnahmen können. Bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. habe es sich nicht um klassische Regalauffüllertätigkeiten gehandelt, die typischerweise in abhängiger Beschäftigung ausgeführt würden. Vielmehr seien diese durch gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente ergänzt worden. So hätten die Auftragnehmer der Klägerin - wie durch Zeugen in Parallelverfahren bestätigt worden sei - über das mechanische Ein- und Ausräumen von Produkten hinaus auch über die Präsentation der Produkte der Vertragspartner der Klägerin zu entscheiden, Layout-Prüfungen durchzuführen und ggf Neugestaltungen der Regalaufstellung vorzunehmen gehabt. Die zeitliche Abhängigkeit vom Warenwirtschaftsturnus und Warenabverkauf sei ebenso der Natur der Tätigkeit geschuldet und nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts der Klägerin, wie der Umstand, dass die Tätigkeit in den zu betreuenden Verbrauchermärkten zu erbringen sei. Für eine Beschäftigung spreche demgegenüber die Vergütung mittels Stundenhonorar bei einer auf fünf Minuten genauen Abrechnung sowie der Umstand, dass sich der Beigeladene zu 1. seine jeweiligen Tätigkeitszeiten von den Marktleitern bzw deren Vertretern habe bestätigen lassen müssen. Allerdings rechneten auch viele Selbstständige nach Stundensätzen ab und der Beigeladene zu 1. habe zumindest durch die Auswahl der von ihm zu betreuenden Märkte Einfluss auf die Höhe der Vergütung nehmen können, in dem er über die Anfahrtszeiten seine Vergütung optimiere. Im Ergebnis gehöre der Beigeladene zu 1. als sog Solo-Selbstständiger zur soziologisch ausgemachten Gruppe der kleinen Selbstständigen, deren wirtschaftliche Situation in vielerlei Hinsicht der von Beschäftigten ähnele. Es bestehe zudem auch keine Versicherungspflicht als Solo-Selbstständiger in der GRV nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI, weil der Beigeladene zu 1. für mehrere Auftraggeber tätig gewesen sei (Urteil vom 14.3.2013).
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Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Das LSG habe bei seiner Gesamtwürdigung wesentliche Umstände, aus denen es auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen habe, in ihrer Tragweite verkannt. Insbesondere habe es den RV vom 1.11.1999 im Wortlaut herangezogen, ohne die dahinter liegende Bedeutung zu beachten. Die Möglichkeit, einzelne Aufträge abzulehnen, entspreche der Entschließungsfreiheit eines Arbeitnehmers, ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen oder nicht. Das BSG habe bereits klargestellt, dass stets die einzelnen "Einsatzaufträge" zu prüfen seien. Dem Ausschluss von Sozialleistungen als solchem komme eine indizielle Wirkung für eine Selbstständigkeit ebenso wenig zu, wie der Möglichkeit, auch für weitere Auftraggeber tätig zu sein. Mit der vom LSG festgestellten Ergänzung der Tätigkeit des Regalauffüllers durch gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente werde die typische Tätigkeit eines "kaufmännischen Angestellten" beschrieben, der zumindest im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess fremdbestimmte Arbeit leiste; entscheidend sei, dass der Beigeladene zu 1. nach Annahme eines Einzelauftrags zu den Vertragspartnern der Klägerin gefahren sei, um dort die ihm zugewiesenen Aufgaben nach deren Vorgaben auszuführen. Zudem habe für ihn kein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko bestanden, da eine Vergütung nach Stunden und keine Umsatzbeteiligung vereinbart gewesen sei. Die eingeräumte Delegationsbefugnis könne ebenfalls keine Selbstständigkeit begründen, da von ihr - anders als in Parallelverfahren - kein Gebrauch gemacht worden sei, weshalb die bloße Befugnis für das vorliegende Vertragsverhältnis nicht prägend gewesen sei.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 2013 sowie des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere habe das LSG festgestellt, dass ein Auftragsverhältnis auf selbstständiger Basis zwischen dem Beigeladenen zu 1. und ihr (der Klägerin) nicht nur formal vereinbart worden sei. Dem im RV dokumentierten Willen, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, komme daher ausschlaggebende Bedeutung zu (Hinweis auf BSG Urteile vom 12.10.1979 - 12 RK 24/78 - und vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R). Der Beigeladene zu 1. sei - anders als von der Beklagten unterstellt - nicht als Rackjobber (Regalauffüller), sondern als Merchandiser tätig gewesen. Beide Tätigkeiten seien nicht einander vergleichbar, denn der Merchandiser benötige vielfältige qualifizierte Kenntnisse und habe weitreichende Entscheidungsbefugnisse.
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Die Beigeladene zu 2. (Bundesagentur für Arbeit) schließt sich der Auffassung der Beklagten an, dass der Beigeladene zu 1. in den Arbeitsprozess der Klägerin eingebunden gewesen sei. Die Möglichkeit, auch für andere Auftraggeber Dienstleistungen zu erbringen, stehe dem nicht entgegen, zumal das LSG nicht festgestellt habe, dass der Beigeladene zu 1. hiervon tatsächlich und "im Wesentlichen" (Hinweis auf BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 15 RdNr 25) Gebrauch gemacht habe. Einen Antrag stellt weder sie, noch ein anderer Beigeladener.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 SGG)begründet.
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Das Urteil des LSG weist revisionsrechtlich bedeutsame Fehler auf; der Senat kann jedoch nicht abschließend selbst entscheiden, ob und ggf in welchem Umfang das LSG die Berufung der Beklagten gegen das ihren Bescheid vom 18.8.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.1.2005 vollständig aufhebende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen und den Bescheid vom 24.9.2012 aufgehoben hat, sowie ob und ggf in welchem Umfang diese Bescheide rechtmäßig sind. Das Berufungsgericht hat insbesondere zu Unrecht keine Konsequenzen daraus gezogen, dass eine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1. zur Leistungserbringung überhaupt erst mit der Übernahme des jeweiligen Einzelauftrags entstand. Ob der Beigeladene zu 1. während der Abwicklung der jeweiligen Einzelaufträge versicherungspflichtig in den Zweigen der Sozialversicherung war, lässt sich aufgrund insoweit fehlender entscheidungserheblicher Tatsachenfeststellungen des LSG derzeit noch nicht endgültig beurteilen.
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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist auch der während des Berufungsverfahrens von der Beklagten erlassene, an die Klägerin gerichtete Bescheid vom 24.9.2012. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht bestand) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 24.9.2012 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13).
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2. Soweit das LSG - von den Beteiligten im Revisionsverfahren unbeanstandet gelassen - auch entschieden hat, dass eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der GRV nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI nicht bestehe, ist darauf hinzuweisen, dass hierüber in dem vom Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nicht zu entscheiden war(vgl allgemein BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 21 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 20 RdNr 7).
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3. Die Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) reichen nicht aus, um ausgehend von den dafür rechtlich maßgebenden Umständen und auf der Grundlage der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 bzw während einzelner Zeiträume innerhalb dieses Rahmens abschließend zu beurteilen. Das LSG ist in seinem Urteil zwar zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von Versicherungspflicht begründender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu a). Es hat dabei jedoch die Bedeutung des zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. geschlossenen RV, wonach eine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1. zu entgeltlichen Dienstleistungen für die Klägerin erst mit Annahme eines Einzelauftrags entstand, nicht ausreichend beachtet (hierzu b). Um über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge entscheiden zu können, sind weitere Tatsachenfeststellungen des LSG notwendig (hierzu c). Zugleich hat die vorliegende Vertragskonstruktion Auswirkungen auf die Gewichtung einzelner Umstände im Rahmen der vom LSG erneut vorzunehmenden Gesamtabwägung, was dieses Gericht nach § 170 Abs 5 SGG ebenso zu beachten haben wird, wie die weitere Beurteilung seiner rechtlichen Erwägungen im angegriffenen Urteil durch den Senat(hierzu d).
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a) In den Jahren 1999 und 2003, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl insoweit insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 LS und RdNr 25).
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Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (zum Vorstehenden vgl insgesamt BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - unter II.2.b, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
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b) In Anwendung dieser Grundsätze ist das LSG - insoweit zutreffend - zunächst vom Inhalt des zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. am 1.11.1999 geschlossenen schriftlichen Vertrags ausgegangen und hat geprüft, ob die dort getroffenen Vereinbarungen den tatsächlichen Verhältnissen bei der Durchführung der vom Beigeladenen zu 1. verrichteten Tätigkeit entsprachen. Dabei hat das LSG richtig erkannt, dass es sich bei dem Vertrag vom 1.11.1999 um einen RV handelte, der die rechtliche Grundlage für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse darstellte. Dies folgt insbesondere aus § 1 Abs 2, § 4 und § 6 RV, wonach die Einzelheiten der Vertragsdurchführung sowie die Bestimmung des Orts der Tätigkeit dem jeweiligen Einzelauftrag vorbehalten blieben(§ 1 Abs 2, § 6 RV) und dem Beigeladenen zu 1. die - nach den nicht mit zulässigen Revisionsrügen angefochtenen und deshalb für den Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG nicht nur theoretische - Möglichkeit eingeräumt war, ihm von der Klägerin angebotene Aufträge ohne Begründung abzulehnen.
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Nicht ausreichend berücksichtigt hat das LSG hingegen die Konsequenzen dieser Vertragsgestaltung für den Gegenstand der im Hinblick auf eine mögliche Versicherungspflicht vorzunehmenden Prüfung und die Gewichtung bestimmter Umstände hierbei (zum Letzteren unten d). Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art ist für die Frage der Versicherungspflicht nämlich nicht auf den gesamten vom RV erfassten Zeitraum, sondern jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 35; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge Beilage 2008, 333 ff, Juris RdNr 24; BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 27; vgl insbesondere auch das Urteil des Senats vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R -, das einen einzelnen Projektvertrag über eine Tätigkeit im Rackjobbing zum Gegenstand hatte; zur Bedeutung einer durchgehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 19). Dies folgt aus dem Umstand, dass in den Zeiträumen, in denen der Beigeladene zu 1. keinen Auftrag der Klägerin angenommen und durchzuführen hatte, schon keine - die Versicherungspflicht begründende - "entgeltliche" Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 SGB IV bestand(zum Inhalt dieser Voraussetzung der Versicherungspflicht vgl BSGE 101, 273 = SozR 4-2400 § 7 Nr 10, RdNr 16 ff; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 9 RdNr 13 ff): Vor Annahme eines Auftrags durch den Beigeladenen zu 1. traf diesen keine - auch keine latente - Verpflichtung, Tätigkeiten für die Klägerin auszuüben. Umgekehrt hatte die Klägerin dem Beigeladenen zu 1. kein Entgelt zu leisten. Ob die gegenseitigen Leistungspflichten jemals (wieder) in Vollzug gesetzt werden würden, war nach der Ausgestaltung des RV vollkommen ungewiss; denn weder war die Klägerin verpflichtet, dem Beigeladenen zu 1. überhaupt Aufträge anzubieten, noch bestand eine Pflicht des Beigeladenen zu 1., einen der ihm von der Klägerin angebotenen Aufträge anzunehmen. Schon hieraus folgt die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide in Bezug auf Zeiträume ohne (entgeltliche) Beschäftigung. Die notwendigen Feststellungen dazu, in welchen Zeiträumen Einzelaufträge tatsächlich vorlagen und durchzuführen waren, hat das LSG - von seinem Ansatz her konsequent - jedoch nicht getroffen.
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c) Ob die Verhältnisse während der Durchführung der einzelnen Aufträge tatsächlich die vom LSG für die gesamte Laufzeit des RV getroffene Feststellung einer selbstständigen Tätigkeit insgesamt oder zumindest für Teilzeiträume rechtfertigen, kann der Senat auf Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen. Hierfür fehlen neben Feststellungen zu den Zeiträumen, in denen der Beigeladene zu 1. tatsächlich für die Klägerin Einzelaufträge durchführte, auch die erforderlichen konkreten Feststellungen zu Inhalt und Ausgestaltung dieser einzelnen Aufträge. Diese Einzelheiten waren nach § 1 Abs 2 des RV ausdrücklich erst den mit dem jeweiligen Einzelauftrag verbundenen Bestimmungen vorbehalten. Ob und ggf in welchem Umfang hierbei Vorgaben hinsichtlich Ort, Zeit (zB bzgl der Besuchshäufigkeit), Dauer (zB tolerierte Höchstdauer der Besuche) und Art der Ausführung (zB Richtlinien oder gar konkrete Anweisungen für die Bestückung einzelner Regale) durch die Klägerin gemacht wurden, hat das LSG im Einzelnen nicht festgestellt. Dies muss es im Rahmen der erneuten Verhandlung nachholen.
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Zugleich hält es der Senat für geboten, dass das LSG bei dieser Gelegenheit von Amts wegen (vgl § 103 SGG) auch weitere Umstände aufklärt, die Bedeutung für die vorzunehmende Gesamtabwägung haben könnten:
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So war der Beigeladene zu 1. zwar nach § 9 Abs 2 RV verpflichtet, bei Krankheit und Urlaub die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen, im Verhinderungsfall hatte er die Klägerin unverzüglich zu informieren. Jedoch begründet es Zweifel an der Verbindlichkeit bzw Ernsthaftigkeit der Sicherstellungsverpflichtung des Beigeladenen zu 1., wenn nach dessen - im angefochtenen Urteil wiedergegebenen - Angaben vor dem SG (in der mündlichen Verhandlung am 20.10.2008) die Konsequenz einer längeren Verhinderung lediglich darin bestand, dass der Händler die vorgesehenen Tätigkeiten selbst ausführen musste.
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Ferner deutet die vom Beigeladenen zu 1. ebenfalls in der mündlichen Verhandlung beim SG gemachte Angabe, der RV sei ua deswegen gekündigt worden, weil er (der Beigeladene zu 1.) nach Auffassung der Klägerin "zu lange gebraucht (habe), um die Arbeiten auszuführen", auf eine zumindest konkludent verabredete zeitliche Vorgabe für die Durchführung eines Einzelauftrags sowie eine über die bloße Bestätigung von Anwesenheitszeiten durch die Marktleiter hinausgehende Überwachung der Auftragsausführung hin.
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Schließlich wäre es im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen, wenn zu den Aufgaben des Beigeladenen zu 1. auch der von der Klägerin angebotene Dispositions-Service per Fax-OCR-Erkennung, die Auftragsübertragung per EDI sowie die Erfassung oder Aufbereitung fundierter Zahlen für zukünftige Strategien der Kunden gehört hätten und die hierfür notwendigen Geräte oder Software-Programme ganz oder zumindest teilweise durch die Klägerin gestellt worden wären.
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d) Die aus der festgestellten Vertragsgestaltung folgende Notwendigkeit einer Prüfung der jeweiligen Einzelaufträge hat zudem materiell-rechtliche Konsequenzen für die Bedeutung einzelner Umstände im Rahmen der - jedenfalls beim Vorliegen relevanter Unterschiede - für jedes Auftragsverhältnis gesondert vorzunehmenden Gesamtabwägung. Gleichzeitig vermag der Senat den rechtlichen Erwägungen des LSG auch aus anderen Gründen nicht in jeder Hinsicht zu folgen.
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aa) Zutreffend ist das LSG in Würdigung der einzelnen Klauseln des RV zu dem Ergebnis gelangt, dieser dokumentiere den Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen. Diesem Willen kommt - wie das LSG ebenfalls zutreffend ausführt - nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 38; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge Beilage 2008, 333 ff, Juris RdNr 16). Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt als ein auf Selbstständigkeit deutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen; hierdurch wird eine Selbstständigkeit jedoch nicht vorfestgelegt. Dabei ist das Gewicht dieses Indizes umso geringer, je uneindeutiger die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche zu den tatsächlichen Verhältnissen sind. Zugleich schwächt es die indizielle Wirkung ab, wenn wegen eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass alle Vertragsparteien in gleicher Weise die Möglichkeit hatten, ihre Wünsche bzgl der Ausgestaltung des sozialversicherungsrechtlichen Status durchzusetzen (zum Fall der Unerfahrenheit im Geschäftsverkehr vgl BAG Urteil vom 9.6.2010 - 5 AZR 332/09 - AP Nr 121 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Juris RdNr 33).
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In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw zu vermeiden (zB Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub bzw Urlaubsgeld; Verpflichtung, Einnahmen selbst zu versteuern; Obliegenheit, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden oder für eine Sozial- und Krankenversicherung selbst zu sorgen), auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zulassen (vgl nämlich § 32 SGB I). Darüber hinaus kommt solchen Vertragsklauseln bei der im Rahmen des § 7 Abs 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr setzen diese Regelungen - insbesondere der Ausschluss ansonsten zwingender arbeits- und sozialrechtlicher Rechte und Pflichten - bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw Beschäftigter voraus, für den in erster Linie Weisungsgebundenheit und - jedenfalls für das Sozialrecht - das Fehlen der unter II.3.a genannten, eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnenden Umstände ausschlaggebend ist. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (stRspr, vgl schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 2400 § 2 Nr 19; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332).
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bb) Nicht gerechtfertigt ist auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen auch das hohe Gewicht, welches das LSG in seiner auf den RV fokussierten Gesamtabwägung der dem Beigeladenen zu 1. eingeräumten Möglichkeit beigemessen hat, Auftragsangebote der Klägerin abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Anknüpfungstatbestand für eine mögliche die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung ist - wie oben unter II.3.b dargelegt - das einzelne angenommene Auftragsverhältnis. Daher stellte sich - wie von der Beklagten mit der Revision zu Recht geltend gemacht - für den Beigeladenen zu 1. die Situation vor Annahme eines Auftrags letztlich nicht anders dar als für einen Arbeitsuchenden, dem es ebenfalls freisteht, eine ihm angebotene (ggf befristete Teilzeit-) Arbeitsgelegenheit anzunehmen oder nicht. Zugleich haben jedenfalls Teilzeitbeschäftigte die Möglichkeit, in nennenswertem Umfang nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig zu sein. Auch solche Beschäftigte müssen angebotene Beschäftigungen ablehnen, wenn sich Arbeitszeiten überschneiden oder gesetzliche Arbeitszeitgrenzen erreicht sind. Gewicht erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber daher erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit, wie zB einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen. Ein Werben für seine Tätigkeit hatte der Beigeladene zu 1. aber - wie auch im Urteil des LSG wiedergegeben - im Verwaltungsverfahren gerade verneint.
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cc) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass eine im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit auf Selbstständigkeit hindeuten. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn diese Freiheit tatsächlich Ausdruck eines fehlenden Weisungsrechts und nicht nur Folge der Übertragung größerer Eigenverantwortung bei der Aufgabenerledigung auf den einzelnen Arbeitnehmer bei ansonsten fortbestehender funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess ist. Dabei kommt auch einer großen Gestaltungsfreiheit bzgl der Arbeitszeit nur dann erhebliches Gewicht zu, wenn sich deren Grenzen nicht einseitig an den durch die Bedürfnisse des Auftraggebers bzw Arbeitgebers vorgegebenen Rahmen orientieren. Ob dies vorliegend der Fall ist, hängt in erster Linie vom Inhalt der jeweiligen Einzelaufträge und deren praktischer Durchführung ab, was vom LSG noch weiter aufzuklären ist.
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Zwar ist die Auffassung des LSG, dass allein aus der zeitlichen und örtlichen Abhängigkeit der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. vom Warenturnus und Warenabverkauf bzw der Belegenheit der zu befüllenden Regale in den jeweiligen Verbrauchermärkten nicht auf ein diesbezügliches einseitiges Direktionsrecht der Klägerin geschlossen werden kann, im Ansatz zutreffend. Allerdings spricht es auch nicht gegen das Vorliegen eines - ggf verfeinerten - Weisungsrechts, wenn sich beispielsweise Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus "der Natur der Tätigkeit" (zu diesem Topos vgl zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30; BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 1 RdNr 20; BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Die Beiträge Beilage 2004, 154 = USK 2004-25) ergeben, also aus den mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten. Ausschlaggebend ist insoweit vielmehr, ob nach den konkreten Vereinbarungen ein Weisungsrecht hinsichtlich aller Modalitäten (zB auch hinsichtlich Inhalt, Durchführung oder Dauer) der zu erbringenden Tätigkeit besteht oder aber ausgeschlossen ist, und sich die Fremdbestimmtheit der Arbeit auch nicht über eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess innerhalb einer fremden Arbeitsorganisation vermittelt.
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Ebenso kommt der vom LSG ausführlich beschriebenen besonderen Qualität der Tätigkeit als solcher keine Indizfunktion im Sinne einer Selbstständigkeit zu. Allein der Umstand, dass die Tätigkeit eines "klassischen" Regalauffüllers mit weiteren, verantwortungsvolleren Aufgaben angereichert und mit größeren Möglichkeiten eigenverantwortlicher Gestaltung bei der Umsetzung des Auftrags bzw der Arbeitsaufgabe versehen wird, spricht noch nicht gegen Beschäftigung. Insoweit vertritt das BSG in ständiger Rechtsprechung, dass allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse selbst eines "leitenden Angestellten" diesen nicht schon zum Selbstständigen machen, solange er in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt (vgl zB BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 23 mwN). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (vgl BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 20). Solches wird typischerweise eher anzunehmen sein, wenn es sich um höherwertige Tätigkeiten handelt (vgl bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 16 mwN; BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit) und die Honorierung des Auftragnehmers vom Arbeitsergebnis und -erfolg abhängig ist (zB von Umsatz- und Verkaufszahlen, gestaffelten Provisionen, usw), nicht dagegen in gleicher Weise, wenn sich - wie nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall - die Vergütung vornehmlich nach dem zeitlichen Umfang des geleisteten Arbeitsaufwandes richtet (vgl bereits BSG SozR 2200 § 165 Nr 32 S 40; BSG SozR 2200 § 165 Nr 51 S 73 f; andererseits für Beschäftigung trotz erfolgsabhängiger Vergütung zB BSG SozR 2200 § 165 Nr 63 S 87 f; BSG SozR Nr 10 zu § 2 AVG Aa 14).
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Entgegen dem diesbezüglichen Vortrag der Beteiligten im Revisionsverfahren spielt es insoweit keine Rolle, ob die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. noch derjenigen eines Regalauffüllers entspricht, derjenigen eines kaufmännischen Angestellten angenähert ist oder entsprechend den Ausführungen des LSG zur soziologisch ausgemachten Gruppe der kleinen Selbstständigen ("Solo-Selbstständigen") im Wirtschaftsleben ein völlig neues Berufsbild darstellt. Erst recht ist es ohne Belang, mit welchem "Etikett" die am Vertragsverhältnis Beteiligten einer Tätigkeit versehen (vorliegend etwa "Rackjobber" oder "Merchandiser"). Die für das Sozialversicherungsrecht maßgebende Abgrenzung von Versicherungspflicht auslösender Beschäftigung einerseits und Selbstständigkeit andererseits erfolgt vielmehr - wie dargelegt - anhand abstrakter Merkmale (vgl oben II.3.a) und auf Grundlage der konkreten Ausgestaltung einer Tätigkeit im Einzelfall und nicht etwa anhand von Berufs- bzw Tätigkeitskatalogen (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 19 RdNr 20; vgl auch BSG Beschluss vom 27.8.2012 - B 12 R 4/12 B - Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 21.8.2013 - B 12 KR 93/12 B - Juris RdNr 16, jeweils unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 22). Dementsprechend hat der Senat schon in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass bestimmte berufliche Tätigkeiten sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch im Rahmen einer Selbstständigkeit wahrgenommen werden können und dass es für die Zuordnung insoweit auf die Gesamtschau der jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommt (vgl zB Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN
; Senatsurteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 17, 30 ; Senatsurteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 42 ; vgl auch Urteil des Senats vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 27 ).
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dd) Dem LSG ist im Ansatz auch darin zuzustimmen, dass eine dem Beigeladenen zu 1. eingeräumte Möglichkeit, sich zur Durchführung von Aufträgen auch Erfüllungsgehilfen zu bedienen, gegen das Vorliegen von Beschäftigung spricht. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für das Vorliegen von Beschäftigung typisch, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30; zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 22). Auch nach der Rechtsprechung des BAG stellt die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar, auch wenn nach § 613 S 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat(vgl BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Allerdings führt das bloße Bestehen der Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmerischer) Selbstständigkeit im Rechtssinne. Sie stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG SozR 4-2400 § 28p Nr 4 RdNr 35; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17; BAGE 98, 146, 150 = AP Nr 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Entscheidend ist insoweit, ob Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, dass die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden kann (vgl BSG SozR 4-2400 § 28p Nr 4 RdNr 35; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 14; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17 f).
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Im Rahmen der erneuten Würdigung des Sachverhalts wird das LSG auch zu beachten haben, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen tatsächlich keine Delegation erfolgt ist, die Delegationsbefugnis allenfalls dann ein Indiz für Selbstständigkeit darstellen kann, wenn von ihr realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17). Dagegen spricht vorliegend die Feststellung des LSG, der Beigeladene zu 1. habe mangels Auftragsvolumens selbst keine Erfüllungsgehilfen eingesetzt. Zugleich kommt es auch hier auf die Verhältnisse während der jeweiligen Auftragsdurchführung an. Insoweit steht die Delegationsbefugnis sogar schon nach dem Vertragstext unter dem Vorbehalt, dass "der jeweilige Auftrag dies gestattet". Bereits aus diesem Grunde kann dem vom LSG gezogenen Schluss, in zwei - den Beigeladenen zu 1. nicht betreffenden - Parallelverfahren sei bestätigt worden, dass die Klägerin dies ihren Auftragnehmern tatsächlich ermögliche, weshalb auch der Beigeladene zu 1. Dritte habe tatsächlich einsetzen können, nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Vielmehr wird das LSG zu prüfen haben, ob dem Beigeladenen zu 1. nach den Bedingungen des ihm nach Angebotsannahme jeweils obliegenden Auftrags dessen Durchführung mittels Erfüllungsgehilfen gestattet und realistischerweise möglich war.
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ee) Anlässlich der erneuten Verhandlung wird das LSG auch der Frage weiter nachzugehen haben, ob und in welchem Umfang der Beigeladene zu 1. ein Unternehmerrisiko trug. Im Unterschied zu den vorgehend angesprochenen Umständen sind hierbei nicht nur die Verhältnisse bei Durchführung der einzelnen Aufträge in den Blick zu nehmen. Ein typisches unternehmerisches Risiko kann sich nämlich gerade daraus ergeben, dass vorgreiflich Investitionen (auch) im Hinblick auf eine ungewisse Vielzahl zukünftig am Markt noch einzuwerbender Aufträge getätigt werden.
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Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 25 f), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 25 f) oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (vgl zB BSG SozR 2400 § 2 Nr 19 S 30; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 27). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bzgl der einzelnen Einsätze (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Zudem wird angesichts zunehmender Freiheiten bzgl Arbeitsort und Arbeitszeitgestaltung, die im Zuge moderner Entwicklungen der Arbeitswelt auch Arbeitnehmern eingeräumt werden (vgl Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Grünbuch Arbeiten 4.0, 2015, S 64 ff; hierzu zB Bissels/Meyer-Michaelis, DB 2015, 2331 ff) zu prüfen sein, ob Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft zukünftig nur dann als Indiz für Selbstständigkeit angesehen werden können, wenn gerade hieraus verbesserte Verdienstchancen erwachsen (zum Gesichtspunkt zeitabhängige versus erfolgsabhängige Honorierung vgl im Übrigen bereits oben cc).
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Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich, dass der Beigeladene zu 1. im Wesentlichen nur seine Arbeitskraft eingesetzt hat. Ein Selbstständigkeit indizierendes Verlustrisiko im vorgenannten Sinne bestand dabei nicht, da er einen unbedingten Anspruch auf Vergütung seiner für die Durchführung der jeweiligen Aufträge aufgewandten - gegenüber der Klägerin engmaschig, nämlich fünf-Minuten-genau und in spezifischen Firmenvordrucken in bestimmter Weise zu dokumentierenden - Arbeitszeit hatte. Das verbleibende Risiko der Insolvenz des Auftrags- bzw Arbeitgebers trifft Arbeitnehmer in gleicher Weise. Soweit der Beigeladene zu 1. - wie vom LSG im Sachverhalt des Urteils berichtet - gegenüber der Beklagten angegeben hat, für seine Tätigkeit nutze er seinen PKW, seinen Personal Computer sowie ein eigenes Telefax- und Handygerät, lässt dies ebenfalls nicht ohne Weiteres auf ein unternehmerisches Risiko schließen. Voraussetzung dafür wäre es, dass diese Gegenstände gerade im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit angeschafft, hierfür eingesetzt und das hierfür aufgewandte Kapital bei Verlust des Auftrags und/oder ausbleibenden weiterer Aufträge als verloren anzusehen wäre. Dies kann jedenfalls bei Gegenständen, die heute auch in den meisten Haushalten Beschäftigter oder nicht erwerbstätiger Personen ohnehin regelmäßig zur privaten Nutzung vorhanden sind, nicht ohne spezielle diesbezügliche Tatsachenfeststellungen unterstellt werden.
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ff) Im Rahmen der erneuten Verhandlung wird das LSG ggf schließlich zu prüfen haben, ob trotz bestehender Beschäftigung während der Durchführung der jeweiligen Aufträge Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit dieser Beschäftigung iS des § 8 SGB IV vorlag(zu den insoweit zu beachtenden Konstellationen vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 27 ff).
- 39
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4. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.
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5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG; insoweit war der Auffangstreitwert festzusetzen.
Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 622 ist, ist die Kündigung zulässig,
- 1.
wenn die Vergütung nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages; - 2.
wenn die Vergütung nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends; - 3.
wenn die Vergütung nach Monaten bemessen ist, spätestens am 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats; - 4.
wenn die Vergütung nach Vierteljahren oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen für den Schluss eines Kalendervierteljahrs; - 5.
wenn die Vergütung nicht nach Zeitabschnitten bemessen ist, jederzeit; bei einem die Erwerbstätigkeit des Verpflichteten vollständig oder hauptsächlich in Anspruch nehmenden Dienstverhältnis ist jedoch eine Kündigungsfrist von zwei Wochen einzuhalten.
Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, ist nichtig.
Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen:
- 1.
die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses; - 1a.
die Entscheidung über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs) und über die Billigung des von den Geschäftsführern aufgestellten Abschlusses; - 1b.
die Billigung eines von den Geschäftsführern aufgestellten Konzernabschlusses; - 2.
die Einforderung der Einlagen; - 3.
die Rückzahlung von Nachschüssen; - 4.
die Teilung, die Zusammenlegung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen; - 5.
die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben; - 6.
die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung; - 7.
die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb; - 8.
die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 13. November 2008 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) versicherungspflichtig beschäftigt ist.
- 2
Der 1961 geborene Kläger ist zusammen mit dem 1960 geborenen V. M. Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2), einer gGmbH. Er ist von Beruf Krankenpfleger, hatte von 1984 bis 1996 als solcher gearbeitet und war von 1996 bis 1999 Pflegedienstleiter in dem eingetragenen Verein F. a. P.. Dieser Verein ist alleiniger Gesellschafter der Beigeladenen zu 2). Er hat 7 Mitglieder, nämlich den Kläger, V. M., deren beide Ehefrauen sowie drei weitere nahestehende Mitglieder. Die beiden Geschäftsführer und ihre Ehefrauen bilden den vierköpfigen Vorstand des Vereins. Im Juli 2000 hat der Kläger eine Bürgschaftserklärung für einen Kredit der Beigeladenen zu 2) in Höhe von 25.000,00 DM abgegeben; deren Grundkapital beträgt 25.000,00 EUR.
- 3
Der Geschäftsführervertrag des Klägers mit der Beigeladenen zu 2) ist unbefristet abgeschlossen, endet mit Vollendung seines 65. Lebensjahres und ist nur aus wichtigem Grund kündbar. Der Kläger ist alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit (§ 1). Er hat seine gesamte Arbeitskraft der Beigeladenen zu 2) zur Verfügung zu stellen, ist nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden, hat ihr jedoch jederzeit nach den Erfordernissen zur Verfügung zu stehen. Eine Nebentätigkeit ist ihm grundsätzlich erlaubt. Er ist an die Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden und Dienstvorgesetzter sämtlicher Arbeitnehmer der Gesellschaft. Zustimmungspflichtig sind der Erwerb, die Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, Sachinvestitionen über 10.000,00 DM, Übernahme von Bürgschaften und die Erteilung von geschäftsunüblichen Kreditaufträgen, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, der Erwerb, die Veräußerung, Belastung und Veränderung von Beteiligungen sowie nicht geschäftsübliche Rechtsgeschäfte (§ 3). Das Jahresgehalt wurde auf 102.000,00 DM zu monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 8.500,00 DM festgesetzt (§ 4). Der Kläger hat einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen (§ 6) sowie einen Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall (§ 7). Er unterliegt einem Wettbewerbsverbot (§ 8). Die Änderung des Vertrages bedarf der Schriftform (§ 10).
- 4
Die Beigeladene zu 2) ist aufgrund des Gesellschaftsvertrages vom 12. April 1999 gegründet und am 27. Oktober 1999 in das Handelsregister eingetragen worden. Sie ist ein gemeinnütziges Unternehmen; der Gesetzeszweck ist auf die Pflege und Unterstützung von Personen gerichtet, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind sowie alle damit direkt im Zusammenhang stehenden Geschäfte (§ 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages). Gesellschafterbeschlüsse bedürfen nach § 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der einfachen Mehrheit, einer qualifizierten Mehrheit von 75 % bedarf die Erhöhung des Stammkapitals, die Auflösung der Gesellschaft, die Änderung der für Gesellschafterbeschlüsse erforderlichen Mehrheiten und die Änderung der Regelung über die Gewinnverteilung (§ 8 Abs. 4).
- 5
Für den Kläger und den Mitgeschäftsführer M. wurden Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Am 13. September 2005 beantragten sie bei der Beigeladenen zu 1) die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status. Nachdem die Beigeladene zu 1) sich am 23. September 2005 für unzuständig erklärt hatte, stellte der Kläger bei der Beklagten am 6. Oktober 2005 einen gleichgerichteten Antrag, ebenso der Mitgeschäftsführer M. bei der für ihn zuständigen Einzugsstelle. Die Feststellung von dessen Versicherungspflicht durch die Einzugsstelle wurde durch rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 28. Februar 2008 aufgehoben und die Einzugsstelle verpflichtet, festzustellen, dass der Geschäftsführer M. nicht versicherungspflichtig sei (S 3 KR 531/06; SG Lübeck). In jenem Verfahren war der Kläger dieses Verfahrens beigeladen.
- 6
Der Kläger trug gegenüber der Beklagten vor, er sei zwar Fremdgeschäftsführer, jedoch nicht versicherungspflichtig, da er und der Mitgeschäftsführer sowie deren beide Ehefrauen den Vorstand des alleinigen Gesellschafters der Beigeladenen zu 2) bildeten. Da die beiden Paare den Trägerverein beherrschten, sei es faktisch bedeutungslos, dass er – der Kläger - als Geschäftsführer den Weisungen der Mitgliederversammlung des Gesellschafters unterliege. Die Ehefrauen der beiden Geschäftsführer nähmen praktisch keinen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft. Seine Ehefrau sei Leiterin der Qualitätskontrolle und bei der Beigeladenen zu 2) versicherungspflichtig beschäftigt. Die Ehefrau des Mitgeschäftsführers M. sei bei einem anderen Arbeitgeber angestellt und habe keinen Einfluss auf die Geschäftsführung. Er und der Mitgeschäftsführer seien als Einrichtungsleiter ausgebildet und in fachlicher Hinsicht allein qualifiziert, die Gesellschaft zu führen. Ergänzend führte er aus, seine regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit betrage zwar 38,5 Wochenstunden, die tatsächliche durchschnittliche Arbeitszeit jedoch 70 bis 75 Stunden. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2005 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Seine Tätigkeit sei arbeitsvertraglich geregelt. Er verfüge über keine Mehrheitsbeteiligung, sei in den Betrieb eingegliedert und habe Beschlüsse der Gesellschafter auszuführen. In vielfacher Hinsicht könne er die Tätigkeit der Gesellschaft nicht alleine und frei bestimmen, insbesondere bei den Rechtsgeschäften, zu denen er eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfe. Er erhalte eine monatliche Vergütung und eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall von sechs Wochen. Die Tatsache, dass der Kläger, der Mitgeschäftsführer und deren Ehefrauen den Vorstand der Gesellschafterin der Beigeladenen zu 2) bildeten, ändere daran nichts.
- 7
Dagegen legte der Kläger am 19. Januar 2006 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, eine nicht versicherungspflichtige Tätigkeit eines Geschäftsführers sei nicht nur dann anzunehmen, wenn er eine Kapitalmehrheit in dem Unternehmen besitze, sondern könne auch dann vorliegen, wenn er am Gesellschaftskapital gar nicht beteiligt sei. Maßgeblich hierfür sei, dass er das Unternehmen nicht wie ein fremdes, sondern wie ein eigenes führe. Entscheidend sei ferner, ob die Gesellschafter unabhängig von ihrer rechtlichen Möglichkeit auch tatsächlich von ihrer Weisungsbefugnis auf den Geschäftsführer Gebrauch gemacht hätten. Er könne seine Arbeit in jeder Hinsicht zeitlich und organisatorisch aufgrund der Bestimmungen des Geschäftsführervertrages ausüben. Er habe noch nie vom Gesellschafter Weisungen bezüglich der Arbeitszeit oder der Ausführung der Arbeit erhalten. Tatsächlich arbeite er länger als arbeitsvertraglich vereinbart. Die Arbeitsleistung verrichte er teilweise zuhause, teilweise im Filialbetrieb in Volksdorf und teilweise im Hauptbetrieb in H-A. Er leite die Beigeladene zu 2). Faktisch führten er und der Mitgeschäftsführer M. auch die Geschäfte in dem Vorstand des Gesellschafters, in dem sie zusammen einen Stimmanteil von 50 % hätten. Ohne ihre Zustimmung sei damit keine Entscheidung auf Gesellschafterseite möglich. Die Ehefrauen übten ihr Stimmrecht nicht abweichend von dem der beiden Geschäftsführer aus. Mangels berufliche Qualifikation und Sachkenntnis wären sie nicht dazu in der Lage, ihnen – den Geschäftsführern – Weisungen zu erteilen. Die Grundsätze familiärer Rücksichtnahme innerhalb von Gesellschaften kommen hierbei zum Tragen. Wesentliche Entscheidungen, wie z. B. den Ankauf eines Pflegedienstes in H-V für 250.000,00 DM, eine Darlehensaufnahme über 25.000,00 DM, für die er die Bürgschaft abgegeben habe, den Ankauf mehrerer Firmenfahrzeuge hätten die Geschäftsführer alleine getroffen. Weder er noch der Mitgeschäftsführer unterlägen einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis. Seit 1999 hätten sich weder der Mitgliederbestand noch der Vorstand des Gesellschafters geändert, der Vorstand werde immer für drei Jahre gewählt. Er entscheide auch über die Aufnahme neuer Mitglieder. Faktisch hätten die beiden Geschäftsführer damit die Entscheidungsmacht darüber, ob neue Mitglieder in den Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) aufgenommen würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, allein die weisungsfreie Ausführung einer fremdbestimmten Arbeit spreche nicht für eine selbstständige Tätigkeit. Ein Fremdgeschäftsführer sei nicht in einer von ihm selbst vorgegebenen Ordnung des Betriebs eingegliedert. Er dürfe nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln. Das gelte auch dann, wenn die Gesellschafter ihre Überwachungsaufgaben nicht wahrnähmen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Geschäftsführer die Arbeitszeit, den Ort, die Dauer und den Umfang der Arbeit frei bestimmen könne. Der Kläger habe keine Mehrheitsbeteiligung an dem Gesellschafter der Beigeladenen zu 2), sondern lediglich einen Stimmanteil von 25 v. H.. Die Tatsache, dass die Ehefrauen beider Geschäftsführer ebenfalls Stimmrechte hätten, sei unerheblich, ebenso wie die Kontinuität der Vereinsmitglieder. Der Kläger könne die Entscheidungen des Vereinsvorstandes nicht selbst beeinflussen, zumal seine Ehefrau in der GmbH mitarbeite und damit nicht nur einen oberflächlichen Einblick in die Unternehmensabläufe habe. Die Tatsache, dass er sich für eine Schuld der Beigeladenen zu 2) verbürgt habe, ändere an der Bewertung der Umstände ebenfalls nichts. Demgegenüber sprächen das feste Gehalt und der Lohnfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall für eine abhängige Beschäftigung des Klägers, der kein eigenes Unternehmerrisiko trage.
- 8
Gegen die Entscheidung hat der Kläger am 7. Juni 2007 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) verfüge über keinen Verwaltungsrat, der die Geschäfte führe. Vielmehr gestalteten er und der Mitgeschäftsführer die gesamte Ordnung des Betriebes der Beigeladenen zu 2). Bei der Betriebskonstellation seien die vereinsrechtlichen Belange des Gesellschafters und die Familienkonstellation zu berücksichtigen. In dem Vorstand des Gesellschafters hätten seine Frau und er ebenso wie der Mitgeschäftsführer und dessen Ehefrau jeweils 50 v. H. der Stimmrechte. Die Ehefrauen übten ihr formales Stimmrecht jedoch nicht aktiv aus. Selbst wenn sie dies täten, könnten sie gegenüber den Geschäftsführern keine Mehrheit erlangen und ihnen gegenüber Weisungen durchsetzen. Die familiären Konstellationen führten dazu, dass die Geschäftsführer trotz geringerer Beteiligung am Kapital faktisch den Betrieb führten. Die Mitgliederversammlung des Gesellschafters sei nicht in der Lage, eine Fremdsteuerung über den Betrieb der Beigeladenen zu 2) auszuüben. Die Geschäftsführer hätten tatsächlich in den letzten Jahren auch alle Geschäfte ohne Beteiligung des Gesellschafters abgewickelt. Die Tatsache, dass sein Geschäftsführervertrag bis zum 65. Lebensjahr abgeschlossen sei, zeige, dass er die faktische Möglichkeit gehabt habe, den Vertragsinhalt nach seinen Interessen zu gestalten.
- 9
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2005 aufzuheben und festzustellen, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht vorliegt.
- 11
Die Beklagte hat beantragt,
- 12
die Klage abzuweisen.
- 13
Sie hat auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen und erneut darauf hingewiesen, dass der Kläger kein unternehmerisches Risiko trage. Allein die Übernahme einer Bürgschaft hindere die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nicht.
- 14
Das Sozialgericht hat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 13. November 2008 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Fa. a.P. gGmbH seit dem 11. August 2003 nicht versicherungspflichtig sei. Es hat dabei auf die Tatsache abgestellt, dass seit dem 11. August 2003 der Vorstand des Gesellschafters der Beigeladenen zu 2) aus den Geschäftsführern und ihren Ehefrauen besteht. Der Kläger habe bereits aufgrund des Geschäftsführeranstellungsvertrages eine nahezu uneingeschränkte Gestaltungsfreiheit für seine Tätigkeit. Seine Entscheidungsfreiheit werde durch keine Regelungen wesentlich eingeschränkt. Entgegen anderen Arbeitsverhältnissen sei sein Geschäftsführervertrag nur außerordentlich kündbar und ende im Übrigen erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Auch faktisch ständen seiner freien Geschäftsführertätigkeit keine Umstände entgegen. Das Direktions- und Weisungsrecht könne nur vom Vorstand des Gesellschafters ausgeübt werden, es sei aber nicht davon auszugehen, dass ein Direktionsrecht tatsächlich ausgeübt werde. Denn der Vorstand bestehe zur Hälfte seiner Mitglieder aus den beiden Geschäftsführern und zu einer weiteren Hälfte aus deren Ehefrauen und fasse im Übrigen seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Damit seien die Geschäftsführer in der Lage, ihnen nicht passende Beschlüsse zu verhindern. Ferner seien die familiären Beziehungen innerhalb des Vorstandes des Gesellschafters zu berücksichtigen. Schließlich hätten der Kläger und der Mitgeschäftsführer allein vertiefte Branchenkenntnisse. Wenigstens mittelbar trage der Kläger ein unternehmerisches Risiko, da er für die Hälfte der Stammeinlage eine Bürgschaft übernommen habe.
- 15
Gegen das ihr am 10. Dezember 2008 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die am 8. Januar 2009 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Die Beteiligten wiederholen und vertiefen den erstinstanzlichen Vortrag. Die Beklagte führt aus, die Übernahme einer Bürgschaft begründe noch kein unternehmerisches Risiko, wie es für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit erforderlich wäre.
- 16
Die Beklagte beantragt,
- 17
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 13. November 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- 18
Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
- 20
Er führt aus, die Gewinne des Unternehmens der Beigeladenen zu 2) könnten zwar nicht beliebig verwendet werden. Die Tätigkeit als deren Geschäftsführer stelle aber seine wirtschaftliche Existenz dar. Gehe es dem Unternehmen schlecht, beeinträchtige dies seine eigene wirtschaftliche Position. Im Falle der Insolvenz sei er aufgrund der Bürgschaft unmittelbar betroffen.
- 21
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den Kläger angehört. Die Verwaltungsakte der Beklagten, die den Mitgeschäftsführer M. betreffende Verfahrensakte S 3 KR 531/06 und die Verfahrensakte dieses Verfahrens haben dem Senat vorgelegen. Zur Ergänzung der Einzelheiten wird darauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 22
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Entscheidung der Beklagten aufgehoben. Diese ist rechtmäßig, denn der Kläger ist bei der Beigeladenen zu 2) als Geschäftsführer versicherungspflichtig beschäftigt.
- 23
Die Klage ist zulässig, obwohl der Kläger in dem Verfahren S 3 KR 531/06 des Sozialgerichts Lübeck beigeladen war. Dies hindert die Anfechtung der angefochtenen Bescheide der Beklagten durch den Kläger nicht, denn jenes Verfahren S 3 KR 531/06 betraf die Frage, ob der Mitgeschäftsführer M. versicherungspflichtig beschäftigt war. Selbst wenn die Verhältnisse zwischen den beiden Geschäftsführern gleich gelagert gewesen sein sollten, ist der Streitgegenstand nicht identisch, sodass keine Rechtskrafterstreckung vorliegt.
- 24
Die Beklagte ist nach § 28h Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für die Entscheidung über die Versicherungspflicht des Klägers zuständig. Nach dieser Vorschrift entscheidet die Einzugsstelle (gemäß § 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV die Krankenkasse) über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Zwar können die Beteiligten gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, sofern nicht bereits die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger ein Überprüfungsverfahren eingeleitet hat. Das derart eingeleitete Anfrageverfahren wird von dem zuständigen Rentenversicherungsträger durchgeführt. Um ein solches Überprüfungsverfahren handelt es sich hier jedoch nicht. Denn es ging dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) nicht vordringlich um die abstrakte Feststellung, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) versicherungspflichtig beschäftigt ist, sondern um die konkrete Feststellung, nicht mehr – wie bisher – sozialversicherungs- und beitragspflichtig tätig zu sein.
- 25
Die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers durch die Beklagte ist zutreffend. Die Sozialversicherungspflicht setzt eine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV voraus. Das folgt für die Arbeitslosenversicherung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, für die gesetzliche Krankenversicherung aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, für die Rentenversicherung aus § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und für die soziale Pflegeversicherung aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch. Nach diesen Vorschriften sind Angestellte oder Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, in diesen Versicherungszweigen versicherungspflichtig. Nach § 7 Abs. 1 SGB IV, der gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch für die Arbeitslosenversicherung gilt, ist die Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für die Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Beschäftigter ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und damit die Unterordnung unter das vor allem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassende Weisungsrecht des Arbeitgebers. Das Weisungsrecht kann zwar erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Die Beschäftigung setzt eine fremdbezogene Tätigkeit voraus, die Dienstleistung muss also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung eines Betriebes aufgehen. Dies hat vor allem bei der Verrichtung von Diensten höherer Art Bedeutung und bei solchen Tätigkeiten, die weitgehend eigenverantwortlich ausgeübt werden. Hier wandelt sich die Weisungsunterworfenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit um in eine so genannte funktionsgerecht dienende Teilnahme am fremd vorgegebenen Arbeitsprozess (grundlegend dazu BSG, Urteil vom 29. März 1962 – 3 RK 74/57 = BSGE 16, 289; Urteil des Senats vom 26. April 2006, L 5 KR 37/05). Wenn ein Weisungsrecht in diesem Sinne vorhanden ist, der Betreffende seine Tätigkeit im Sinne einer selbst vorgegebenen Arbeitsorganisation verrichten kann oder wenn er sich nur in die von ihm selbst vorgegebene Ordnung des Betriebes einfügt, liegt keine abhängige, sondern eine selbstständige Tätigkeit vor, die regelmäßig durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 = BSGE 75, 199; Urteile des Senats vom 23. Juli 1998, L 1 KR 11/95 und vom 10. Dezember 2008, L 5 KR 15/08). Die Kriterien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gegeneinander abzuwägen. Jedes Kriterium hat dabei lediglich indizielle Wirkung. Die Abgrenzung ist ausgehend von der Rechtslage vorzunehmen, die zwischen den Beteiligten des Arbeitsprozesses bestanden hat. Maßgeblich sind die Vertragsvereinbarungen oder, wenn solche nicht getroffen worden sind, der weitere rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Arbeiten verrichten werden. Eine im Widerspruch hierzu stehende tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten des Arbeitsprozesses geht der insoweit nur formalen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Andererseits ist es unerheblich, wenn eine Rechtsposition tatsächlich nicht ausgeübt worden ist, solange sie nicht wirksam abbedungen ist. Entscheidend ist hierbei auf die jeweilige Rechtsmacht der am Arbeitsprozess Beteiligten abzustellen (BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R = SozR 4-2400 § 7 Nr. 7).
- 26
Trotz seiner Organstellung gemäß § 35 Abs. 1 GmbH-Gesetz ist ein GmbH-Geschäftsführer grundsätzlich abhängig Beschäftigter (Urteil des Senats vom 15. Mai 2009, L 5 KR 91/08). Dies gilt auch, obwohl er regelmäßig bestimmendes Organ der Gesellschaft ist und die Arbeitsabläufe einrichtet, wie es auch offensichtlich bei dem Kläger der Fall war. Denn auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene unterliegt er den Weisungen der Gesellschafterversammlung, die zwar nicht das Tagesgeschäft, aber die gesellschaftsrechtlichen und damit unternehmerischen Geschicke der GmbH bestimmen. Dass Geschäftsführer im Hinblick auf das tägliche Geschäft von den Gesellschaftern keine Weisungen erhalten, entspricht ihrer vorgegebenen Stellung im Unternehmen. Die Position eines GmbH-Geschäftsführers kann sich jedoch dann ändern, wenn er in seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Mitgesellschafter auch maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Einzelweisungen, die an ihn in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer gerichtet sind, im Bedarfsfalle jederzeit verhindern kann. Diese Grundsätze gelten selbst dann, wenn alle Gesellschafter der GmbH zugleich Geschäftsführer sind (BSG vom 4. Juli 2007 – B 11a AL 5/06 R = SozR 4-2400 § 7 Nr. 8). Unerheblich ist es daher, dass der Kläger und der Mitgeschäftsführer M. einen Stimmanteil von 50 % im Vorstand des Gesellschafters haben sowie auch der hälftige Stimmanteil des Klägers und seiner Ehefrau gemeinsam. Die Tatsache, dass die Beigeladene zu 2) eine gemeinnützige GmbH ist, ändert daran nichts. Eine derartige gesellschaftsrechtliche Position, mit der er fremde Weisungen von sich in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer verhindern kann, hat der Kläger nicht inne. Er ist nicht Gesellschafter der Beigeladenen zu 2), sondern lediglich ein Vorstandsmitglied des Gesellschafters. Die Grundsätze, die für die Abwehr von Weisungsrechten innerhalb einer GmbH aufgestellt sind, müssen jedoch in gleicher Weise auf die Verhältnisse innerhalb des Gesellschafters der Beigeladenen zu 2) übertragen werden. Hierbei handelt es sich um einen Verein, der sieben Mitglieder hat. Die Willensbildung des Vereins erfolgt über dessen Vorstand (§ 26 Abs. 2 BGB). Den oben dargestellten Kriterien gemäß hat der Kläger keine selbstständige Position, da er im Vorstand von den übrigen drei Vorstandsmitgliedern überstimmt werden kann. Der Vorstand des Gesellschafters der Beigeladenen zu 2) fasst seine Beschlüsse regelmäßig mit einfacher Mehrheit. Der Kläger hat lediglich 25 % der Stimmanteile in dem Gremium.
- 27
Allerdings hat das BSG Ausnahmen von dieser gesellschaftsrechtlichen Betrachtung dann zugelassen, wenn ein externer Geschäftsführer in der GmbH „schalten und walten“ kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert und weil sie wirtschaftlich von ihm abhängig sind, was insbesondere bei Familiengesellschaften in Betracht kommen kann (BSG, USK 9975 Seite 419). Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Denn der weitere Geschäftsführer M. ist sowohl in der Beigeladenen zu 2) tätig als auch Mitglied des Vorstandes des Gesellschafters. Ferner arbeitet die Ehefrau des Klägers, die Vorstandsvorsitzende des Gesellschafters der Beigeladenen zu 2) ist, bei dieser ebenfalls mit. Die übrigen Vorstandsmitglieder und insbesondere der weitere Geschäftsführer des Beigeladenen zu 2) wären daher auch ohne den Kläger in der Lage, die Beigeladene zu 2) weiterzuführen.
- 28
Zu Unrecht beruft sich der Kläger darauf, dass Weisungen in der Vergangenheit nicht erteilt worden sind. Auf diese tatsächliche Ausübung in der Vergangenheit kommt es nicht an, sondern maßgeblich sind die rechtlichen Möglichkeiten. Für die Frage der Versicherungspflicht ist nicht darauf abzustellen, wie im Falle eines einvernehmlichen Wirtschaftens verfahren wird, sondern entscheidend sind die rechtlichen Verhältnisse heranzuziehen, die zum Tragen kommen, wenn unterschiedliche Auffassungen bestehen. In dem Fall wäre der Kläger in der Minderheit und die anderen Vorstandsmitglieder könnten ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2) Weisungen erteilen.
- 29
Die wirtschaftlichen Hintergründe sprechen ebenfalls nicht für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers. Zwar trägt er vor, dass die Beigeladene zu 2) seine wirtschaftliche Lebensgrundlage darstellt. Dies ist jedoch bei jedem Arbeitnehmer der Fall und zeichnet den Kläger nicht nachhaltig gegenüber anderen abhängig Beschäftigten aus. Die Tatsache, dass er für eine Verbindlichkeit der Beigeladenen zu 2) gebürgt hat, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Die Darlehenshingabe begründet grundsätzlich keine unternehmerische wirtschaftliche Position, da der Darlehensgeber wie ein externer Dritter zu behandeln ist. Nichts Anderes gilt für einen Bürgen, der dann erst verpflichtet wird, wenn der Hauptschuldner nicht in der Lage ist, die Schuld zu tilgen. Wirtschaftlich gesehen hat der Kläger somit zwar ein erhebliches Interesse an dem Fortbestehen der Beigeladenen zu 2), dies geht jedoch nicht über das Interesse eines jeden Arbeitnehmers am Fortbestand der Beschäftigungsfirma und über die Interessen eines dritten Darlehensgebers hinaus.
- 30
Schließlich zeigt § 3 des Geschäftsführervertrages selbst erhebliche Beschränkungen des Klägers auf, die für einen selbstständig tätigen Unternehmer nicht gelten. Unerheblich ist, ob der Kläger für die Beigeladene zu 2) tatsächlich Rechtshandlungen vorgenommen hat, die den Rahmen von § 3 übersteigen. Denn es kommt auf die vertragliche Rechtsmacht des Klägers an, die gemäß § 10 des Vertrages nur schriftlich erweitert werden kann.
- 31
Nach alledem kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die überwiegenden Gesichtspunkte für eine abhängige Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) sprechen, auch wenn er einen sehr großen Einfluss auf deren Geschäftsbetrieb und auch über den Vorstand des Gesellschafters auf den Bestand der Beigeladenen zu 2) auszuüben vermag. Dies verleiht ihm jedoch keine Position, mit der er fremde Weisungen von sich als Geschäftsführer hindern kann.
- 33
Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 19.07.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV -) über die Versicherungspflicht des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Kranken-, der sozialen Pflege- und der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in dem Zeitraum vom 01.07.2011 bis zum 31.07.2013.
3Der am 00.00.1985 geborene Kläger erwarb im März 2010 an der T School of Business and Economics X einen Abschluss als Bachelor of Economic Science (honours). Im Folgejahr gründete er zusammen mit anderen Personen eine GmbH. Der notarielle Gesellschaftsvertrag vom 29.03.2011 hat auszugsweise folgenden Inhalt:
4§ 1. Firma und Sitz
5Die Firma der Gesellschaft lautet: G GmbH. Sitz der Gesellschaft ist X.
6§ 2. Gegenstand des Unternehmens
7Gegenstand der Gesellschaft ist die Entwicklung, Produktion und der Vertrieb von elektronischen und elektrischen Systemen, sowie alle damit verbundenen Nebengeschäfte. ( ...)
8§ 3. Stammkapital
9Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 26.000,- EUR - in Worten: sechsundzwanzigtausend Euro.
10Von dem Stammkapital der Gesellschaft übernehmen:
11a) Herr K B, der Erschienene zu 1., eine Stammeinlage von 7.150,- EUR b) Herr E I, der Erschienene zu 2., eine Stammeinlage von 5.200,- EUR c) Herr D L, der Erschienene zu 3., eine Stammeinlage von 7.150,- EUR d) N GmbH, vertreten durch den GF Herrn N C, der Erschienene zu 4., eine Stammeinlage von 6.500,- EUR.
12Die Hälfte der Stammeinlagen wird mit Gründung eingezahlt, der Rest nach Anforderung durch die Geschäftsführung auf Grund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung.
13( ...)
14§ 5. Geschäftsführung
15(1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer, die durch die Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen werden. (2) Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft im Außenverhältnis allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft im Außenverhältnis durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. Die Gesellschafterversammlung kann auch bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer einzelnen von ihnen oder allen Alleinvertretungsbefugnis erteilen. Die Gesellschafterversammlung kann Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien.
16( ...)
17(4) Die Gesellschaft ist durch eine Geschäftsordnung berechtigt, die von der Gesellschafterversammlung zu genehmigen ist, eine Ressortaufteilung vorzunehmen. Für die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers bedarf es eines wichtigen Grundes. Die Geschäftsführer sind an die gesetzlichen Vorschriften, die Beschlüsse des Beirats, der Gesellschafterversammlung und deren sonstige Weisungen sowie an die Bestimmungen eines etwaigen Anstellungsvertrages gebunden, all dies aber nur im Innenverhältnis.
18(5) Grundsätzlich sollen die Beschlüsse der Geschäftsführer einstimmig gefasst werden. Falls Einstimmigkeit sich nicht erzielen lässt, entscheiden die Geschäftsführer durch einfache Mehrheit nach Köpfen. Der Beirat kann aus der Mitte der Geschäftsführer einen Sprecher wählen und die Geschäftsführung zwischen mehreren Geschäftsführern regeln.
19(6) Die Geschäftsführer werden für jedes Geschäftsjahr einen Jahresplan (Unternehmensplanung einschließlich der Erlös-, Kosten-, Investitionsplanung) und für jeweils drei Geschäftsjahre einen Dreijahresplan erstellen, die fortzuschreiben sind. Der Jahresplan für das nachfolgende Geschäftsjahr und der fortgeschriebene Dreijahresplan sind mit Erläuterungen dem Beirat rechtzeitig zur letzten Beiratssitzung des jeweils laufenden Geschäftsjahres vorzulegen.
20(7) Über die vorstehenden Geschäftspläne hinaus kann die Gesellschafterversammlung oder der Beirat beschließen, dass Geschäftsführer für bestimmte Geschäfte und Maßnahmen, die von grundlegender Bedeutung für die Gesellschaft sind oder über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, der vorherigen Zustimmung des Beirats bedürfen.
21(8) Die nachstehenden Geschäftsvorfälle bedürfen der vorherigen Zustimmung des Beirats: a) die Erstellung von Jahresplänen gemäß § 5 Abs. 6; b) der Erwerb, die Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, sofern der Betrag von 10.000,- Euro (in Worten: zehntausend Euro) überschritten wird; c) der Abschluss und die Beendigung von Miet-, Pacht- und sonstigen Dauerrechtsverhältnissen, sofern die feste Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt oder die Leistung der Gesellschaft im Einzelfall jährlich 10.000,- Euro (in Worten: zehntausend Euro) überschreitet; d) der Erwerb anderer Unternehmen; e) der Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmen; f) die Errichtung und Aufgabe von Zweigniederlassungen; g) die Erteilung und Änderung von Pensionszusagen sowie die Einrichtung oder Umgestaltung von Altersversorgungen jeglicher Art; h) Abschluss, Änderung und Beendigung von Anstellungsverträgen mit Mitarbeitern, soweit diese ein Gesamtjahreseinkommen von mehr als 30.000,- Euro (in Worten: dreißigtausend Euro) beziehen oder beziehen sollen sowie die Bewilligung von Tantiemen und Gratifikationen an diesen Mitarbeiterkreis; i) die Bestellung von Prokuristen; j) Rechtsgeschäfte mit Gesellschaftern, Ehegatten oder Verwandten von Gesellschaftern sowie die Einleitung eines Rechtsstreits gegen Gesellschafter, Ehegatten oder Verwandte von Gesellschaftern; k) die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstiger Haftung für fremde Schulden außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs; I) Investitionen, die nicht im Jahresplan enthalten sind und im Einzelfall einen Wert von 10.000,- Euro (in Worten: zehntausend Euro) übersteigen, sowie Investitionen, die im Jahresplan enthalten sind, deren tatsächlicher Aufwand die ursprüngliche Planung um mehr als 10% und im Einzelfall um mehr als 5.000 Euro (in Worten: fünftausend Euro) überschreitet.
22(9) Hat der Beirat seine erforderliche Zustimmung verweigert, so kann die Gesellschafterversammlung mit einer qualifizierten Mehrheit von 85% die Zustimmung ersetzen.
23(10) Die Bestellung und Abberufung eines Geschäftsführers erfolgt auf Vorschlag des Beirates durch Beschluss der Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von 85% der anwesenden oder vertretenen Stimmen. Ist der betroffene Geschäftsführer zugleich Gesellschafter, so ist er bei der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen.
24(11) Der Beirat schlägt der Gesellschafterversammlung den Abschluss eines Geschäftsführungsvertrages vor. Der Beirat ist dabei berechtigt, ergänzende Nebenabreden mit einem Geschäftsführer (z.B. Altersversorgungsregelung, Übernahme von Kosten einer Unfallversicherung, Nebentätigkeiten) zu vereinbaren.
25(12) Ein Geschäftsführer, der nicht nur vorübergehend arbeitsunfähig ist, kann jederzeit durch die Gesellschafterversammlung mit einer Frist von mindestens drei Monaten abberufen werden.
26(13) Die Geschäftsführung endet zum Schluss des Geschäftsjahres, in dem der Geschäftsführer das 67. Lebensjahr vollendet.
27§ 6. Gesellschafterversammlung, Gesellschafterbeschlüsse
28( ...)
29(7) Mit der qualifizierten Mehrheit von mindestens 85 % der anwesenden oder vertretenden Stimmen können die Gesellschafter beschließen:
30a) die Änderung des Gesellschaftsvertrages; b) Aufnahme neuer Gesellschafter; c) Bestellung und Abberufung eines Geschäftsführers auf Vorschlag des Beirates; d) Einforderung weiterer Einzahlungen zur Erhöhung der festen Einlagen des Gesellschaftskapitals; hierbei muss sämtlichen Gesellschaftern die Gelegenheit gegeben werden, sich an der Erhöhung nach dem Verhältnis ihrer bisherigen Einlagen zu beteiligen; e) Auflösung der Gesellschaft, auch durch Verschmelzung oder Aufspaltung; f) Bestimmung oder Abänderung der Funktionen des Beirates; g) Wahl und Abberufung der Beiratsmitglieder; h) Verschmelzung der Gesellschaft als übernehmende Gesellschaft, Spaltung und Formwechsel; i) Übertragung des gesamten oder nahezu des gesamten Vermögens der Gesellschaft; j) Abschluss von Unternehmensverträgen im Sinne von §§ 291, 292 AktG (z. B. Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge) sowie damit vergleichbare Verträge (z.B. Betriebsführungsverträge, Managementverträge).
31(8) Die Gesellschafterversammlung entscheidet in ihren Angelegenheiten durch Beschluss. Beschlüsse werden mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, sofern dieser Gesellschaftsvertrag oder das Gesetz nicht etwas anderes bestimmen.
32( ...)
33§ 11. Jahresabschluss und Gewinnverwendung
34Das Jahresergebnis ist grundsätzlich an die Gesellschafter auszuschütten, falls nicht die Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von mindestens 85 % der abgegebenen Stimmen etwas anderes beschließt.
35( ...)
36§ 16. Wettbewerbsverbot
37Kein Gesellschafter darf ohne Einwilligung der Gesellschaft ein gleiches oder ähnliches Gewerbe im Bereich der Lichttechnik oder im Bereich der berührungsempfindlichen Systeme betreiben. Er darf nicht Mitglied des Vorstandes, Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter einer anderen Handelsgesellschaft im Handelszweig der Gesellschaft sein. Er darf auch nicht unmittelbar, unter eigenem oder fremdem Namen, für eigene oder fremde Rechnung sonst im Handelszweige der Gesellschaft tätig werden oder sich als Mitunternehmer an einem Konkurrenzunternehmen beteiligen.
38Der Kläger schloss nach Bestellung zum Geschäftsführer durch die Gesellschafterversammlung mit Beschluss vom 29.03.2011 mit der Beigeladenen zu 1) am 08.06.2011 folgenden Geschäftsführervertrag:
39§ 1 Grundlagen
40(1) Das Arbeitsverhältnis beginnt ab dem 01. Juli 2011. (2) Der Geschäftsführer führt die Geschäfte der Gesellschaft in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen, den Vorgaben des Gesellschaftsvertrags sowie den Vereinbarungen dieses Anstellungsvertrags.
41§ 2 Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis
42Herr E I ist alleinvertretungsberechtigt, sofern eine von der Gesellschafterversammlung genehmigte Geschäftsordnung ihn für bestimmte Geschäfte einzeln zur Geschäftsführung berechtigt, ergänzend gelten die Regelungen des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaft.
43§ 3 Ressorts und genehmigungspflichtige Geschäfte
44(1) Die Geschäftsleitung wird auf folgende Ressorts aufgeteilt: Kaufmännische und Technische Leitung. Herr E I verantwortet das Ressort der Kaufmännischen Leitung.
45(2) Der Geschäftsführer benötigt für sämtliche Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, die Genehmigung der Gesellschafterversammlung. Für eine Auflistung der Geschäftsvorfälle, die der Zustimmung des Beirats bedürfen, wird auf den aktuell gültigen Gesellschaftervertrag verwiesen.
46§ 4 Abschluss von Geschäften mit sich selbst oder als Vertreter von Dritten
47Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
48§ 5 Arbeitszeit
49(1) Der Geschäftsführer hat seine Arbeit entsprechend dem betrieblichen Bedarf zu erbringen. Die Entscheidung über den Zeitpunkt und den Umfang des Arbeitseinsatzes trifft der Geschäftsführer.
50(2) Der Geschäftsführer ist in der Gestaltung der Arbeit, insbesondere der Arbeitszeit, frei. Er unterliegt insofern keinen Weisungen der Gesellschafterversammlung oder weiterer Geschäftsführer. Er hat das Wohl der Gesellschaft im Auge zu behalten.
51§ 6 Pflichten und Verantwortlichkeit des Geschäftsführers
52(1) Der Geschäftsführer hat die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu führen. Er wird seine gesamten Erfahrungen und Kenntnisse einbringen. (2) Der Geschäftsführer nimmt die Rechte und Pflichten für die Gesellschaft sowohl in sozialversicherungs- und steuerrechtlicher als auch in arbeitsrechtlicher Hinsicht wahr. (3) Der Geschäftsführer hat innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres den Jahresabschluss (Bilanz sowie Gewinn- u. Verlustrechnung) für das abgelaufene Geschäftsjahr aufzustellen und mit einem von ihm anzufertigenden Geschäftsbericht jedem Gesellschafter zu übersenden. (4) Der Geschäftsbericht enthält Angaben über den Geschäftsverlauf, insbesondere über die Umsatzentwicklung, den Auftragsbestand, die entstandenen Kosten sowie den Personalstand. (5) Die Gesellschaft ist verpflichtet, durch die Gesellschafterversammlung jährlich, spätestens zum Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses, einen Beschluss über die Entlastung des Geschäftsführers für die vorangegangene Tätigkeit zu fassen. (6) Die Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft ist auf vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten beschränkt.
53§ 7 Vergütung
54Der Geschäftsführer erhält eine jährliche Grundvergütung in Höhe von EUR 24000 (brutto), die in zwölf gleichen Teilen jeweils zum 28. eines jeden Kalendermonats ausbezahlt wird.
55§ 8 Urlaub
56Der Geschäftsführer hat im Kalenderjahr 30 Arbeitstage Urlaub, wobei von einer 5-Tage-Woche auszugehen ist. War der Geschäftsführer nicht während des gesamten Kalenderjahres tätig, so stehen ihm für jeden vollen Kalendermonat 2,5 Urlaubstage zu. Der Geschäftsführer unterliegt hinsichtlich seiner Urlaubsplanung keinen Weisungen. Der Urlaub ist so zu nehmen, dass die Belange der Gesellschaft gewahrt bleiben.
57§ 9 Geheimhaltung
58Der Geschäftsführer ist zur strikten Geheimhaltung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse - auch nach seinem Ausscheiden - verpflichtet. Er wird auf die strafrechtlichen Folgen bei Verletzung des Geheimhaltungsgebots hingewiesen.
59§ 10 Wettbewerbsverbot (ergänzend zu den Regelungen des Wettbewerbsverbotes im Gesellschaftsvertrag)
60(1) Der Geschäftsführer unterliegt während der Vertragsdauer einem Wettbewerbsverbot, das ihm verbietet, Tätigkeiten zu entfalten, durch die er sich mit dem Gesellschaftszweck und den Zielen der Gesellschaft in Widerspruch setzen würde. Hierzu gehört jede sonstige selbstständige, aber auch unselbstständige Konkurrenztätigkeit, einschließlich des unmittelbaren oder mittelbaren Erwerbs bzw. des Haltens von Beteiligungen an Konkurrenzunternehmen. (2) Verstößt der Geschäftsführer gegen dieses Wettbewerbsverbot, so darf die Gesellschaft die Rechte aus § 61 HGB geltend machen. Ferner schuldet der Geschäftsführer eine Vertragsstrafe in Höhe eines Viertels der zum Zeitpunkt der Geltendmachung vereinbarten Jahres-Grundvergütung. Über die Geltendmachung der Rechte entscheidet die Gesellschafterversammlung, wobei der betreffende Geschäftsführer, sofern er Gesellschafter ist, kein Stimmrecht hat.
61§ 11 Erfindungen/Rechte an Software
62(1) Der Geschäftsführer hat Erfindungen, die er innerhalb oder außerhalb seiner Diensttätigkeit macht, unverzüglich der GmbH zu melden. Die GmbH darf sodann innerhalb von vier Monaten nach der Meldung entscheiden, ob und in welchem Umfang sie Rechte an der Erfindung für sich beansprucht bzw. auf sich überleitet. Der Geschäftsführer ist zu allen Maßnahmen verpflichtet, um der Gesellschaft die geltend gemachten Rechte zu verschaffen. Die weiteren Einzelheiten richten sich nach den Vorschriften des Arbeitnehmererfindungsgesetzes. Nutzt die Gesellschaft nach Beendigung des Dienstverhältnisses die Erfindung, ohne dass eine Überleitung auf die Gesellschaft gegen Vergütung stattfand, hat sie dem Geschäftsführer eine angemessene marktübliche Lizenzgebühr zu zahlen, deren Höhe im Zweifel in das billige Ermessen der Gesellschaft gestellt ist. Sie hat auf Verlangen des Geschäftsführers die weitere Nutzung nach Beendigung des Dienstverhältnisses zu unterlassen. (2) Für die Rechte an Computerprogrammen gilt § 69 b Urhebergesetz in seiner jeweiligen Fassung. Damit erhält die Gesellschaft an sämtlichen Computerprogrammen, mit deren Erstellung bzw. Überarbeitung der Geschäftsführer betraut ist, sämtliche Urheberrechte.
63§ 12 Kündigung und Beendigung
64(1) Die Kündigung ist mit einer Frist von drei Monaten zum Schluss des Kalenderjahres möglich. Im Falle des Bestehens bzw. des Eintritts einer Unterbilanz oder einer Überschuldung ist die Kündigung auch vorzeitig innerhalb einer Frist von 14 Tagen zum Schluss eines Kalendermonats statthaft. Gelten zwingend längere gesetzliche Mindestkündigungsfristen, so sind diese vorrangig. ( ...) Der Anstellungsvertrag endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zum Schluss des Geschäftsjahres, in dem der Geschäftsführer sein 67. Lebensjahr vollendet. (2) Im Falle der Kündigung ist die Gesellschaft - unabhängig davon, welche Seite gekündigt hat -, berechtigt, den Geschäftsführer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von jeglicher Verpflichtung zur Dienstleistung freizustellen. Diese Freistellung kann jederzeit widerrufen werden. Dies gilt nicht, wenn dem Geschäftsführer eine Wiederaufnahme der Beschäftigung nicht zuzumuten ist - z. B. wegen der Aufnahme eines anderweitigen Beschäftigungsverhältnisses oder eines Auslands- oder Studienaufenthalts. Ferner darf sie dem Geschäftsführer ein Hausverbot erteilen. (3) Im Falle des Widerrufs der Geschäftsführerbestellung aus wichtigem Grund endet das Anstellungsverhältnis mit sofortiger Wirkung.
65§ 13 Pflichten bei Beendigung
66Nach Beendigung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags oder nach erfolgter Freistellung hat der Geschäftsführer sämtliche ihm überlassene Unterlagen und Gegenstände der Gesellschaft, so auch die Schlüssel, Aufzeichnungen und Dokumente jeder Art, einschließlich sämtlicher Kopien, unverzüglich der Gesellschaft zu übergeben und auf Verlangen der Gesellschaft die Vollständigkeit schriftlich zu bestätigen. Ein Zurückbehaltungsrecht steht dem Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft an diesen Gegenständen nicht zu.
67§ 14 Schlussbestimmungen
68Ist eine dieser Vertragsbestimmungen unwirksam oder unvollständig, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. Anstelle der unwirksamen Regelung tritt jene, die von den Parteien vereinbart worden wäre, wenn sie den Punkt bedacht hatten.
69Änderungen des Vertrags bedürfen der Schriftform sowie der Zustimmung durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung.
70Am 01.07.2011 nahm der Kläger seine Tätigkeit als Geschäftsführer auf. Am 05.10.2011 beantragte er bei der Beklagten die Statusfeststellung. Im Feststellungsbogen gab er u. a. an, dass er der GmbH oder Gesellschaftern keine Darlehen gewährt und keine Bürgschaften für sie übernommen habe. Der Mitgeschäftsführer B habe über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse im technischen Bereich, er selbst hingegen über die Marktkenntnis verfügt. Er unterliege nicht dem Direktionsrecht (Weisungsrecht) der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung. Er könne seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten. Er könne selbständig Personal einstellen und entlassen. Er müsse sich seinen Urlaub nicht genehmigen lassen. Eine Vergütung im Falle einer Arbeitsunfähigkeit sei nicht vereinbart. Auf das Geschäftsführergehalt werde Lohnsteuer entrichtet. Es werde als Betriebsausgabe verbucht. Auf die Frage, ob er am Gewinn beteiligt sei bzw. erfolgsabhängige Bezüge (z. B. Tantiemen) erhalte, verwies er auf seine GmbH-Beteiligung.
71Im Antragsformular gab der Kläger an, bis zum 30.06.2010 bei der Beigeladenen zu 3) gesetzlich krankenversichert gewesen zu sein. Seitdem bestehe eine private Kranken- und Pflegeversicherung bei der C, jedoch - abgesehen von einem Bausparvertrag - keine eigene Altersvorsorge. Mit Schreiben vom 10.11.2011 hörte die Beklagte den Kläger und die Beigeladene zu 1) zum von ihr beabsichtigten Erlass eines Feststellungsbescheides über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und der damit verbundenen Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung an. Die Beigeladene zu 1) nahm hierzu am 17.11.2011 Stellung. Sie verwies darauf, dass der Kläger zwar Minderheitsgesellschafter sei, es aber an einem Mehrheitsgesellschafter fehle. Er unterliege keinem Weisungsrecht hinsichtlich Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit. Tatsächlich halte er sich selten am Unternehmenssitz auf. Durch eine gewisse Entscheidungsfreiheit und die Gesellschafterstellung trage er auch ein unternehmerisches Risiko, wie es für einen Selbstständigen üblich sei. Zudem sei sein Gehalt gerade einmal zur Deckung des Lebensunterhalts geeignet. Einen Fremdgeschäftsführer könne man für diese Vergütung nicht anwerben. Das Gehalt sei im Geschäftsführervertrag aus rein steuerlichen Gründen ausgewiesen worden, damit das Finanzamt es nicht als verdeckte Gewinnausschüttung bewerte. Für die Selbständigkeit des Klägers spreche schließlich, dass eine Übertragung nicht genommener Urlaubstage in das Folgejahr nicht vereinbart sei, ebenso wenig eine Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall.
72Durch Bescheid vom 13.12.2011 stellte die Beklagte daraufhin gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fest, dass seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei dieser seit dem 01.07.2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass die Merkmale für eine Selbstständigkeit in Form der Beteiligung am Stammkapital sowie der - bei Wahrunterstellung der Angaben des Klägers - tatsächlich weisungsfreien Tätigkeit in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht gegenüber den Merkmalen für eine abhängige Beschäftigung zurücktreten müssten. Hier sei durch einen gesonderten Arbeitsvertrag die Mitarbeit in der Gesellschaft geregelt. Bei der Vergütung handele es sich um ein übliches Arbeitsentgelt. In Anbetracht der von dem Kläger innegehabten Geschäftsanteile von 20 % bestünde kein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Eine Gesamtwürdigung führe mithin zu dem Ergebnis, dass er wie ein Arbeitnehmer in einen fremden Betrieb eingegliedert sei.
73Hiergegen legten die Beigeladene zu 1) am 10.01.2012 und der Kläger am 08.02.2012 Widerspruch ein. Er verfüge sehr wohl über maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, da die weiteren Gesellschafter ohne Geschäftsführungsbefugnis reine Kapitalgeber ohne Fachwissen und Branchenkenntnis seien. Die von der Gesellschaft initiierten technologischen Prozesse stellten absolute Neuheiten dar und befänden sich zurzeit im Prozess der Patentanmeldung. Das vereinbarte Gehalt stelle kein übliches Entgelt für einen Akademiker, geschweige denn für einen Geschäftsführer dar. Ein bevorstehender Liquiditätsengpass habe die Reduzierung der Bezüge des Klägers auf 1.500,00 Euro pro Monat ab Februar 2012 auf seine eigene Initiative hin bedingt. Dies belege, dass die Bezüge tatsächlich vom Geschäftserfolg abhängig seien.
74Durch Widerspruchsbescheide vom 17.07.2012 wies die Beklagte die Widersprüche jeweils als unbegründet zurück. Da dem Kläger eine umfassende Sperrminorität fehle, könne er bei seiner Minderheitsbeteiligung missliebige Weisungen in Form von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung ihm gegenüber eben nicht verhindern. Nach dem Geschäftsführervertrag sei er dieser gegenüber weisungsgebunden. Die bisherige tatsächliche Weisungsfreiheit ändere an der Rechtsmacht der Gesellschafterversammlung nichts. Zwar seien die Befreiung von dem Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB und seine Alleinvertretungsberechtigung entgegenstehende Indizien, die insgesamt jedoch in der Gesamtschau die Tätigkeit nicht prägten.
75Hiergegen hat der Kläger am 17.08.2012 zum Sozialgericht Köln Klage erhoben.
76Er hat unter Vertiefung und Ergänzung seiner Ausführungen im Vorverfahren wiederum die Auffassung vertreten, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse sprächen mehr gegen als für eine abhängige Beschäftigung. Die Beklagte habe die wesentlichen Tatsachen nicht oder fehlerhaft berücksichtigt. Bereits aus seiner Gesellschafterstellung folge das von ihm getragene unternehmerische Risiko. Auch das geringe Gehalt sei Indiz dafür, dass der finanzielle Erfolg des Unternehmens gerade in der Aufbauphase im Vordergrund stehe. Der Kläger verfüge nicht nur über die notwendigen Branchenkenntnisse, sondern über ganz spezielles Fachwissen.
77Der Kläger hat beantragt,
78den Bescheid der Beklagten vom 13.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2012 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) seit dem 01.07.2011 nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt wird und keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
79Die Beklagte hat beantragt,
80die Klage abzuweisen.
81Sie hat zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides sowie des Widerspruchsbescheides Bezug genommen.
82Durch Beschluss vom 30.12.2012 sind die Beigeladenen zu 1) und 2) und durch Beschluss vom 04.03.2013 die Beigeladenen zu 3) und 4) zum Verfahren beigeladen worden.
83Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
84Ausweislich des notariell beurkundeten Gesellschaftsbeschlusses vom 08.07.2013 schied der Gesellschafter L aus und dessen Geschäftsanteile wurden auf den Kläger und Herrn B, ebenfalls Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1), aufgeteilt. Es ergab sich danach folgende Verteilung der Anteile:
85K B 7.150,00 Euro = 27,5 % Kläger 5.200,00 Euro = 20,0 % N GmbH 6.500,00 Euro = 25,0 % K B 3.770,00 Euro = 14,5 % Kläger 3.380,00 Euro = 13,0 %.
86Mit Urteil vom 19.07.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Bereits der Geschäftsführervertrag spreche für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Er sei überdies auch nach dem Gesellschaftsvertrag nicht in der Lage, ihm unangenehme Weisungen der Beigeladenen zu 1) ihm gegenüber zu verhindern. Auch faktisch lasse sich eine das Unternehmen beherrschende Position nicht feststellen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
87Gegen das dem Kläger am 14.08.2013 zugestellte Urteil hat dieser am 16.09.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor: Das Sozialgericht habe in seiner Entscheidung verkannt, wie die Beigeladene zu 1) als Start-up-Unternehmen funktioniere. Start-up-Unternehmer steuerten vollumfänglich eigenständig das Unternehmen, hätten aber häufig kein spezialisiertes Wissen in der Unternehmensgründung und verfügten regelmäßig lediglich über eingeschränkte Finanzmittel. Sie seien daher auf Kapitalgeber angewiesen, die über Beiräte und die Gesellschaftsversammlung Einfluss nehmen wollten, da diesen ansonsten schon keine Sicherheiten gestellt würden. Deren Einfluss beschränke sich auf die Beratung und Zustimmung zu zustimmungspflichtigen Geschäften. Die selbständige Geschäftsführung liege hingegen bei den Gründern. Durch die Notwendigkeit der Finanzierung führe die reine Prozentbetrachtung in die Irre. Denn wenn ein Gründer theoretisch tatsächlich überstimmt werden sollte, könne er damit drohen, das Unternehmen zu verlassen, und setze sich damit praktisch gegen die Beiräte und die Gesellschafterversammlung durch. Deren Entscheidungsmacht sei gegenüber dieser faktischen Entscheidungsmacht ein stumpfes Schwert.
88In der Einzelbetrachtung und Gesamtschau sei in der Entscheidung insbesondere das unternehmerische Risiko (Gesellschaftsanteil und extrem geringe Vergütung), die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit, wie auch der frei planbare Urlaub, dessen fehlende Übertragbarkeit sowie die nicht vereinbarte Fortzahlung im Krankheits- oder Todesfall unzureichend berücksichtigt worden. Überdies sei eine Sperrminorität in § 6 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrages vorhanden. Ohne den Kläger könne das Unternehmen die Unternehmenspolitik nicht ändern. Die zwischenzeitliche Steigerung der Geschäftsanteile belege seine bedeutende Position innerhalb der Gesellschaft. Da seine Fach- und Branchenkenntnisse existenziell wichtig seien, habe damit der Weggang unbedingt verhindert werden sollen. Es bestehe zwar teilweise eine Zustimmungspflicht des Beirates (§ 5 Abs. 8), welche aber durch die Gesellschafterversammlung unter Mitwirkung des Klägers ersetzt werden könne (§ 5 Abs. 9). Wenn die Beklagte von einer "Schönwetter-Selbständigkeit" spreche, so handele es sich dabei um Unsinn. Ein faktisches Zerwürfnis würde stets zu einem Nachgeben des Beirates bzw. der Gesellschafterversammlung führen.
89Der Kläger beantragt,
90das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 19.07.2013 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 13.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2012 und des Änderungsbescheides vom 11.06.2014 festzustellen, dass für die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der G GmbH keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.
91Die Beklagte beantragt,
92die Berufung zurückzuweisen.
93Die Beklagte tritt dem Berufungsvorbringen entgegen und verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Sie nimmt zur Begründung erneut Bezug auf den Inhalt ihres Bescheides sowie des Widerspruchsbescheides.
94Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
95Im Nachtrag vom 20.08.2013 zum Geschäftsführervertrag vom 08.06.2011 haben sich der Kläger und die Beigeladene zu 1) darauf geeinigt, dass der Kläger abweichend von § 7 des Vertrages ab dem 1.8.2013 kein Entgelt mehr erhält.
96Am 07.10.2013 ist die Beurkundung einer Satzungsneufassung erfolgt. Im Wesentlichen haben sich folgende Änderungen im Gesellschaftsvertrag ergeben:
97§ 1. Firma und Sitz
98Die Firma der Gesellschaft lautet: G GmbH Sitz der Gesellschaft ist X.
99§ 2. Gegenstand des Unternehmens
100(1) Gegenstand des Unternehmens ist Entwicklung, Produktion und Vertrieb von elektronischen Baugruppen und Produkten für private und gewerbliche Kunden.
101( ...)
102§ 3. Stammkapital
103(1) Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 26.000,- EUR - in Worten: sechsundzwanzigtausend Euro.
104(2) Die dem Stammkapital zugrundeliegenden Stammeinlagen sind bereits in voller Höhe erbracht.
105( ...)
106§ 5. Geschäftsführung
107Die nachstehenden Geschäftsvorfälle bedürfen der vorherigen Zustimmung des Beirats:
108( ...)
109h) Abschluss, Änderung und Beendigung von Anstellungsverträgen mit Mitarbeitern, soweit diese ein Gesamtjahreseinkommen von mehr als 50.000,- Euro (in Worten: fünfzigtausend Euro) beziehen oder beziehen sollen sowie die Bewilligung von Tantiemen und Gratifikationen an diesen Mitarbeiterkreis;
110( ...)
111§ 6. Gesellschafterversammlung, Gesellschafterbeschlüsse
112( ...)
113(7) Mit der qualifizierten Mehrheit von mindestens 80 % der anwesenden oder vertretenden Stimmen können die Gesellschafter beschließen:
114( ...)
115k) den Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen und Beteiligungen.
116( ...)
117§ 11. Jahresabschluss und Gewinnverwendung
118Das Jahresergebnis ist grundsätzlich an die Gesellschafter auszuschütten, falls nicht die Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von mindestens 80 % der abgegebenen Stimmen etwas anderes beschließt.
119( ...)
120§ 16. Wettbewerbsverbot
121(1) Den Gesellschaftern ist es untersagt, solange sie Geschäftsführer und/oder Gesellschafter der Gesellschaft sind, mit dieser unmittelbar oder mittelbar auf den Tätigkeitsgebieten der Lichttechnik, der Kochfeldüberwachung und der Sturzerkennung in Wettbewerb zu treten, Konkurrenzunternehmen zu erwerben oder sich an solchen zu beteiligen. ( ...)
122Durch notariellen Übertragungs- und Abtretungsvertrag vom 07.10.2013 ist der Gesellschafter E X neu in die Beigeladene zu 1) eingetreten, was zu folgender Verteilung der Geschäftsanteile geführt hat:
123K B 5.980,00 Euro = 23,0 % Kläger 4.420,00 Euro = 17,0 % N GmbH 9.620,00 Euro = 37,0 % E X 5.980,00 Euro = 23,0 %.
124Durch Beiladungsbeschluss vom 20.01.2014 ist die Beigeladene zu 5) zum Verfahren beigeladen worden.
125Zum 01.05.2014 hat der Kläger neben seiner Geschäftsführertätigkeit für die Beigeladene zu 1) eine Tätigkeit als Angestellter bei der Fa. L GmbH, X, aufgenommen.
126In der mündlichen Verhandlung am 11.06.2014 haben der Kläger, die Beklagte und der Beigeladene zu 1) den Streitzeitraum übereinstimmend auf die Zeit vom 01.07.2011 bis zum 31.07.2013 beschränkt. Für die Zeit ab dem 01.08.2013 haben der Kläger und die Beigeladene zu 1) einen neuen Antrag auf Statusfeststellung gestellt, über den die Beklagte sich verpflichtet hat, gesondert zu entscheiden.
127Zudem hat die Beklagte im Verhandlungstermin ihren Bescheid vom 13.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2012 insoweit aufgehoben, als mit diesem festgestellt worden ist, dass die Tätigkeit des Klägers für die G GmbH im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird.
128Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Senat den Kläger und den Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) B angehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
129Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
130Entscheidungsgründe:
131Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 5) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit den ordnungsgemäßen Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
132Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 13.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2012 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.06.2014 sowie der Zeitraum vom 01.07.2011 bis zum 31.07.2013.
133Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 2, Abs. 3 SGG). Die vollständige Entscheidung ist dem Klägerbevollmächtigten am 14.08.2013 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem erkennenden Gericht am 16.09.2013 (Montag) eingegangen.
134Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 1. Alt., 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG). Denn über die Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinaus begehrt der Kläger die Feststellung des Nichtbestehens seiner Versicherungspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung, sozialen Pflegeversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
135Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Köln vom 19.07.2013 ist nicht begründet, nachdem die Beklagte den ersten Verfügungssatz des Bescheides vom 13.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2012, der mangels Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig gewesen ist, aufgehoben hat (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, und Urteil vom 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, jeweils zitiert nach juris).
136In der nunmehrigen Fassung erweist sich der streitgegenständliche Bescheid als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in seinen Rechten. Denn die Beklagte hat zu Recht nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV bezüglich der von ihm seit dem 01.07.2011 bis zum 31.07.2013 fortlaufend ausgeübten Beschäftigung als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung angenommen. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
137Die Versicherungspflicht des Klägers in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), da er im Streitzeitraum bei der Beigeladenen zu 1) gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigt gewesen ist.
138Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist, und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R; BSG, Urteil vom 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R; BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R; BSG, Urteil vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; Senat, Beschluss vom 07.01.2011, L 8 R 864/10 B ER; Senat, Urteil vom 17.10.2012, L 8 R 545/11; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss vom 20.05.1996, 1 BvR 21/96; jeweils zitiert nach juris).
139Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R; Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R; Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R; jeweils zitiert nach juris). Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.2011, B 12 R 17/09 R; Senat, Urteil vom 29.06.2011, L 8 (16) R 55/08, jeweils zitiert juris).
140Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (vgl. BSG, Urteil vom 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, m.w.N., zitiert nach juris). Der Geschäftsführer einer GmbH ist weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübt. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt, kann seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (vgl. BSG, Urteil vom 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, m.w.N., zitiert nach juris). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann (vgl. BSG, Urteil vom 08.08.1990, 11 RAr 77/89, zitiert nach juris). Ist dies der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann (vgl. BSG, Urteil vom 06.02.1992, 7 RAr 134/90, zitiert nach juris). Darüber hinaus ist von Bedeutung, ob der Einfluss des Geschäftsführers auf die Willensbildung der GmbH aufgrund besonderer Einzelfallumstände unabhängig von seiner Gesellschafterstellung so erheblich ist, dass ihm gegenüber nicht genehme Beschlüsse und jede Weisung ausgeschlossen sind und er die Geschäfte nach eigenem Gutdünken führen, d.h. frei schalten und walten kann. Dann ist eine persönliche Abhängigkeit auch bei Diensten höherer Art zu verneinen, weil die Gesellschafter tatsächlich keinerlei Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen und sich der Geschäftsführer nur in die von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes einfügt (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R; BSG, Urteil vom 11.02.1993, 7 RAr 48/92; vgl. insgesamt: Senat, Urteil vom 17.10.2012, L 8 R 545/11; jeweils zitiert nach juris).
141Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze spricht nach Überzeugung des Senates unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht Überwiegendes dafür, dass der Kläger vom 01.07.2011 bis zum 31.07.2013 bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig gewesen ist.
142Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Geschäftsführertätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung oder selbständig ausgeführt wird, ist der Geschäftsführervertrag vom 08.06.2011. Dieser Vertrag hat nach den darin verwendeten Begriffen "Anstellungsvertrag", "Anstellungsverhältnis", "Arbeitsverhältnis" und "Arbeitszeit" sowie seinem Inhalt nach maßgebliche Elemente eines Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand.
143Inhaltlich regelt der Geschäftsführervertrag die Bindung an Entscheidungen der Gesellschafterversammlung (§§ 2, 3), die Ressortzuteilung (Kaufmännische Leitung, § 3), Pflichten und Verantwortlichkeiten des Geschäftsführers (§ 6), die Zahlung einer festen Vergütung (§ 7), den Urlaubsanspruch (§ 8), die Geheimhaltung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (§ 9), ein Wettbewerbsverbot (§ 10), die Behandlung von Erfindungen/Rechten an Software (§ 11), die Kündigung und Beendigung (§ 12) sowie Pflichten bei Beendigung des Vertrages (§ 13). Er entspricht damit, auch wenn einzelne Vertragsbestimmungen nicht zwingend für eine abhängige Beschäftigung sprechen, einem typischen Geschäftsführervertrag eines abhängig beschäftigten Gesellschafter-Geschäftsführers.
144Maßgebliche Elemente eines Arbeitsverhältnisses sind die Bestimmungen zum Anspruch auf ein festes monatliches Gehalt (§ 7), ebenso die Regelungen zum bezahlten jährlichen Erholungsurlaub (§ 8). Eine erfolgsbezogene Vergütung (z. B. in Form einer Tantieme oder Provision) ist nicht vereinbart worden.
145Das Fehlen von Regelungen zu einem Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall spricht nicht für eine selbständige Tätigkeit und gegen eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Denn das Bestehen einer derartigen Regelung ist keine Voraussetzung für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung. Vielmehr ergeben sich die Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall aus dem Gesetz bei dem Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung.
146Soweit in § 5 Abs. 1 und 2 des Geschäftsführervertrages ("Arbeitszeit") geregelt ist, dass der Kläger in der Gestaltung der Arbeit insbesondere der Arbeitszeit frei sei und insofern keinen Weisungen der Gesellschafterversammlung oder weiterer Geschäftsführer unterliege, ist diese Regelung Ausfluss des Umstandes, dass es sich um eine Tätigkeit höherer Art handelt, bei der das Weisungsrecht des Arbeitgebers von vornherein eingeschränkt und zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; Senat, Urteil vom 17.10.2012, L 8 R 545/11, jeweils zitiert nach juris). Es handelt sich auch nur vordergründig um größere Freiheiten, da der Kläger seine Arbeit nach dem betrieblichen Bedarf und dem Wohl der Gesellschaft zu erbringen hat. Zudem unterliegt er einem weitgehenden Wettbewerbsverbot in § 10 des Geschäftsführervertrages, sodass er in diesem Umfang gehindert ist, einer anderweitigen Erwerbsbetätigung nachzugehen. Im Ergebnis hat er damit seine Arbeitskraft im Wesentlichen für die Beigeladene zu 1) einzusetzen.
147Soweit der Kläger nach § 4 des Geschäftsführervertrages von § 181 BGB befreit und - ausweislich der Eintragung im Handelsregister - alleinvertretungsberechtigt war, ist das für einen abhängig beschäftigten Gesellschafter-Geschäftsführer nicht untypisch und deutet deshalb nicht zwingend auf eine selbständige Tätigkeit hin (vgl. BSG, Urteil vom 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R; BSG, Urteil vom 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R; Senat, Urteil vom 17.10.2012, L 8 R 545/11, jeweils zitiert nach juris).
148Die Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung auf vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten in § 6 Abs. 6 desselben geht nicht über die Arbeitnehmerhaftung hinaus. Die Pflicht zum Schadensersatz nach § 61 Handelsgesetzbuch (HGB) (§ 10 Abs. 2 Satz 1) entspricht derjenigen eines Arbeitnehmers. Eine Vertragsstrafe ist zwar für den Fall eines Wettbewerbsverstoßes in § 10 Abs. 2 Satz 2 in Höhe eines Viertels der zum Zeitpunkt der Geltendmachung vereinbarten Jahresgrundvergütung im Geschäftsführervertrag vereinbart. Allerdings kann auch eine solche Vereinbarung Bestandteil eines Vertrages mit einem abhängig Beschäftigten sein.
149Die Einbeziehung der Vorschriften des Arbeitnehmererfindungsgesetzes in die Regelungen des § 11 Erfindungen/Rechte an Software spricht für eine abhängige Beschäftigung des Klägers.
150Auf dieser vertraglichen Grundlage ist der Kläger im Streitzeitraum in einem fremden Betrieb eingegliedert und rechtlich weisungsgebunden tätig geworden.
151Nach dem insoweit unverändert gebliebenen Gesellschaftsvertrag obliegt die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie der Abschluss, die Änderung und Loslösung des Anstellungsvertrages eines Geschäftsführers allein der Gesellschafterversammlung auf Vorschlag des Beirates (§ 5 Abs. 10 - 12). Aufgaben, Rechte und Pflichten der Geschäftsführer richten sich in erster Linie nach diesem Vertrag. Der Kläger hat nach § 5 Abs. 4 bei der Geschäftsführung die Beschlüsse und sonstigen Weisungen der Gesellschafterversammlung zu befolgen. Er benötigt ferner zur Vornahme von Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehen, die vorherige Zustimmung des Beirates, im Verweigerungsfall der Gesellschafter (§ 5 Abs. 7 - 9 des Gesellschaftsvertrages).
152Der Kläger hatte demgegenüber keine Möglichkeit, ihm nicht genehme Weisungen der Beigeladenen zu 1) zu verhindern. Ihm fehlte in rechtlicher Hinsicht der notwendige maßgebliche Einfluss auf die Beigeladene zu 1). Ein solcher maßgeblicher Einfluss liegt regelmäßig dann vor, wenn der Geschäftsführer einen Anteil von mindestens 50 v. H. des Stammkapitals innehat und damit Einzelweisungen an sich als Geschäftsführer im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann (vgl. BSG, Urteil vom 08.08.1990, 11 RAr 77/89, m.w.N., jeweils zitiert nach juris). Der Kläger verfügte im Streitzeitraum zu keinem Zeitpunkt seiner Geschäftsführertätigkeit über Anteile an der Beigeladenen zu 1) in dieser Höhe.
153Auch über eine umfassende Sperrminorität, mit der der Kläger ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschaft verhindern könnte und die die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ausschließen würde, verfügte er nicht (vgl. BSG, Urteil v. 06.02.1992, 7 RAr 134/90, zitiert nach juris). Grundsätzlich reicht für die Beschlüsse nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages die einfache Mehrheit (§ 6 Abs. 8). U. a. für die Beststellung und Abberufung von Geschäftsführern auf Vorschlag des Beirates war im Streitzeitraum eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 85 % der anwesenden oder vertretenen Stimmen erforderlich, wobei der Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer ist - im Sinne des Verbots eines Richtens in eigener Sache - von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen war (§ 6 Abs. 7 lit. c), § 5 Abs. 10).
154Der Hinweis des Klägers darauf, dass die Gesellschafterversammlung die Verweigerung einer erforderlichen Zustimmung zu bestimmten Geschäften durch den Beirat (§ 5 Abs. 8) mit qualifizierter Mehrheit ersetzen könne, liegt unabhängig von ihrem Weisungsrecht auch von daher neben der Sache, als dass der Kläger mit seinen Geschäftsanteilen allein zu keinem Zeitpunkt in der Lage gewesen ist, die Zustimmung zu ersetzen, also sich über ein negatives Votum hinwegzusetzen.
155Folglich vermochte der Kläger mit seinen Anteilen von 20 % und ab dem 8.7.2013 von 33 % zu keinem Zeitpunkt, mit einfacher Mehrheit zu beschließende Weisungen an sich zu verhindern. Erst recht konnte er allein die Zustimmung zu zustimmungspflichtigen Geschäften nicht herbeiführen und war überdies von einer Entscheidung über seine Abberufung ausgeschlossen. Seit der - für den Streitzeitraum nicht mehr bedeutsamen - Neufassung des Gesellschaftsvertrages am 07.10.2013 kann der Kläger allein mit seinem Gesellschaftsanteil (17 %) nicht einmal mehr diejenigen Beschlüsse, für die eine qualifizierte Mehrheit (80 %) erforderlich ist, verhindern.
156Die vorgetragene besondere Bedeutung des Klägers für die Gesellschaft lässt sich auch nicht anhand der Entwicklung der Anteilsverteilung ablesen, wie der Kläger meint. Mit dem vereinbarten Gehaltsverzicht zum 01.08.2013 ging etwa zeitgleich die kurzfristige Aufstockung des Gesellschaftanteils auf 33 % ab dem 08.07.2013 einher. Zudem ist der Kläger nach eigenen Worten ab dem Zeitpunkt des Gehaltsverzichts - trotz fortbestehendem Geschäftsführervertrag und fortgeführter kaufmännischer Geschäftsleitung - als selbständiger Berater für die Beigeladene zu 1) tätig gewesen. Es ist nicht nachvollziehbar, inwieweit die Aufstockung vor diesem Hintergrund der Bindung des Klägers an die Beigeladene zu 1) dienen sollte, zumal dem schon zum 07.10.2013 eine Absenkung der Gesellschaftsanteile auf nur 17% folgte, die mit dem Verlust der Möglichkeit zur Verhinderung zustimmungspflichtiger Geschäfte einherging.
157Die Beigeladene zu 1) verfügte mithin über die abstrakte Rechtsmacht zu Weisungen gegenüber dem Kläger.
158Entgegen der Auffassung des Klägers liegen auch keine weiteren einzelfallbezogenen Umstände vor, die abweichend vom Regelfall seine Bindung an das willensbildende Organ der Beigeladenen zu 1), d. h. die Gesellschafterversammlung, ausschließen und damit einer für ein Beschäftigungsverhältnis typischen Abhängigkeit von dieser entgegenstünden. Wesentliche Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen wäre, sind nicht ersichtlich.
159Derartige Umstände sind in der Rechtsprechung für den Fall erwogen worden, dass die Gesellschafter aus Gründen familiärer Rücksichtnahme (vgl. hierzu i.E. BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, jeweils zitiert nach juris) auf die Ausübung einer rechtlich bestehenden Weisungsbefugnis jedenfalls solange verzichtet haben, wie es der Gesellschaft wirtschaftlich gut ging. Der Vortrag des Klägers zielt auch in diese Richtung, wenn er angibt, so unentbehrlich für die Beigeladene zu 1) zu sein, dass es tatsächlich nicht vorstellbar wäre, dass sich Beirat und Gesellschafterversammlung gegen ihn stellten.
160Auch wenn der Kläger während seiner Geschäftsführertätigkeit keine Weisungen erhalten hat, so wäre eine solche Nichtausübung des faktisch zustehenden Weisungsrechts ohne wirksame Abbedingung unbeachtlich. Denn im Konfliktfall, z. B. wenn es zu einer Trennung kommt und die Rücksichtnahmen ein Ende haben, kann von den vertraglich niedergelegten Befugnissen auch in seinem Fall jederzeit wieder Gebrauch gemacht werden, so etwa auch von einem Weisungs- und Kündigungsrecht. Es ist daher nach Überzeugung des Senates konsequent und im Hinblick auf die größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann für eine abhängige Beschäftigung ausschlaggebend sein zu lassen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht worden ist.
161Soweit der Kläger sich darauf berufen hat, er habe aufgrund besonderer Branchenkenntnisse und eines erheblichen Fachwissens eine faktisch beherrschende Stellung in der Gesellschaft inne gehabt und deshalb quasi nach seinem Willen schalten und walten können, ist diese Annahme weder nach Aktenlage noch nach Anhörung des Klägers und des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) durch den Senat von den tatsächlichen Gegebenheiten gedeckt.
162Vielfach werden Beschäftigte gerade aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten eingestellt. In solchen Fällen ist ein stark abgeschwächtes Weisungsrecht für die ausgeübte Tätigkeit ebenso wie z. B. bei der Wahrnehmung von Tätigkeiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Dennoch werden auch Tätigkeiten für leitende Angestellte im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (st. Rspr. seit BSG, Urteil vom 29.03.1962, 3 RK 74/57, zu § 165 RVO, und Urteil vom 28.04.1964, 3 RK 68/60, zu § 2 AVG S. 4; in jüngerer Zeit z.B. BSG, Urteil vom 03.02.1994, 12 RK 84/92, m.w.N., Urteil vom 30.01.1990, 11 RAr 47/88, und Urteil vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; vgl. - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG, Urteil vom 28.09.2011, B 12 R 17/09 R, jeweils zitiert nach juris). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 31.05.1989, 4 RA 22/88; Urteil vom 19.06.2001, B 12 KR 44/00 R; Urteil vom 27.02.2008, B 12 KR 23/06 R, Rdnr. 16; Urteil vom 12.01.2011, B 12 KR 17/09 R, Rdnr. 14, jeweils zitiert nach juris). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; Senat, Urteil vom 17.10.2012, L 8 R 545/11, jeweils zitiert nach juris).
163Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall. Die Beigeladene zu 1) hat es - wie bereits ausgeführt - allein in der Hand, etwa im Fall eines Zerwürfnisses, den Kläger zu entlassen und an seiner Stelle eine andere Arbeitskraft mit entsprechendem Fachwissen einzustellen, ohne dass er die Rechtsmacht besitzt, dem mit Erfolgsaussicht entgegenzutreten. Anhaltspunkte dafür, dass allein der Kläger über ein derart hohes Fachwissen verfügte, dass nur er in der Lage war, die konkrete Tätigkeit zu verrichten, sind nicht ersichtlich (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30.04.2013, B 12 KR 19/11 R, zitiert nach juris).
164Zunächst gab es zwischen den beiden Geschäftsführern der Beigeladenen zu 1) entsprechend ihrer Qualifikation und ihrer beruflichen Kenntnisse eine Aufgabenverteilung nach Geschäftsbereichen. So war der Geschäftsführer B seit Beginn für die Technik und der Kläger für die kaufmännische Leitung zuständig (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Geschäftsführervertrag). Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass jeder Geschäftsführer für seinen Geschäftsbereich ein besonderes Fachwissen und spezielle Kenntnisse und Erfahrungen einbringt, die ihn befähigen, in seinem Zuständigkeitsbereich für die Gesellschaft erfolgreich tätig zu sein (vgl. Senat, Urteil vom 17.10.2012, a.a.O., juris). Die arbeitsteilige Geschäftsführung ist indessen ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R, zitiert nach juris), denn sie ist Ausdruck der Eingliederung in eine fremde betriebliche Organisation. Die Einräumung von Freiräumen lediglich in Teilbereichen reicht zur Annahme eines beherrschenden Einflusses nicht aus.
165Ein beherrschender Einfluss des Klägers bestand auch nicht aufgrund etwaiger Kenntnisse in der Holzbearbeitung. Diese können über Grundkenntnisse nicht hinaus gegangen sein, denn der Kläger verfügte noch nicht einmal über eine Berufsausbildung in diesem Bereich. Wie wenig unternehmenswichtig diese Kenntnisse waren, verdeutlicht die strategische Neuausrichtung des Unternehmens der Beigeladenen zu 1) weg vom Lichtbereich, für den er die Bedeutung seiner Kenntnisse in der Holzbearbeitung in Anspruch nimmt, und hin zum Home-Smart-Bereich, die die Kenntnisse des Klägers in der Lichttechnik und der Holzbearbeitung weitgehend überflüssig machten.
166Zudem verfügte der Kläger nicht über eine eigene, unabhängig von dem Betrieb der Beigeladenen zu 1) bestehende Betriebsstätte und er hat auch kein für eine selbstständige Tätigkeit sprechendes wesentliches Unternehmerrisiko zu tragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium dafür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist.
167Eine solche Ungewissheit ist nicht festzustellen, soweit es um den Einsatz der Arbeitskraft des Klägers geht. Denn er erhielt ein monatliches Festgehalt, bei dem nicht einmal geringe Anteile erfolgsabhängig waren, auch wenn in dem Geschäftsführervertag von "jährlicher Grundvergütung" die Rede ist. Zwar verringerte sich das Entgelt zum 01.02.2012 von 2.000,00 EUR monatlich auf 1.500,00 EUR, jedoch folgt daraus kein maßgebliches Indiz für eine Selbständigkeit, denn mit dem (partiellen) Gehaltsverzicht war keine erkennbare Steigerung unternehmerischer Handlungsspielräume verbunden. Steuerrechtlich sind die zugewendeten Entgelte - ausweislich der vorgelegten Lohn-/Gehaltsabrechnungen - zudem der Einkommensteuer unterworfen worden, was ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung ist (vgl. LSG NRW, Urteil vom 18.04.2012, L 11 KR 312/10 m.w.N., zitiert nach juris). Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass hier ein Entgelt in nicht üblicher Höhe gezahlt wurde. Vielmehr war es der noch nicht sehr ausgeprägten Ertragskraft eines noch in der Gründungsphase befindlichen Unternehmens angepasst.
168Abgesehen davon stellt die gesellschaftsrechtliche Haftung keinen ungewissen Kapitaleinsatz im eigentlichen Sinne dar. Der Verweis auf den jeweiligen Gesellschaftsanteil greift nicht durch, da der damit verbundene Kapitaleinsatz auf seiner Stellung als Gesellschafter und nicht als Geschäftsführer beruhte. Zudem lag der höchste Kapitaleinsatz in dem kurzen Zeitraum vom 08.07.2013 bis zum 31.07.2013 bei dem Anteil am Stammkapital von 33 % bei gerade 8.580,00 Euro. Ein darüberhinausgehender Einsatz von Kapital ist nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich.
169Soweit die Beigeladene zu 1) und der Kläger angegeben haben, das Gehalt sei im Geschäftsführervertrag aus rein steuerlichen Gründen ausgewiesen worden, damit das Finanzamt es nicht als verdeckte Gewinnausschüttung bewerte, gehen beide unzutreffend davon aus, es unterliege ihrer Disposition, die Wirkungen rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten nach Maßgabe ihrer Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken.
170Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Da für Selbständigkeit sprechende Gesichtspunkte nicht in relevantem Maße vorliegen, muss in der Gesamtabwägung von einer abhängigen Beschäftigung des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer für die Beigeladene zu 1) im Streitzeitraum ausgegangen werden.
171Die Beklagte hat auch zu Recht die Versicherungspflicht ab dem 01.07.2011 festgestellt, da die Voraussetzungen für einen späteren Beginn gemäß § 7a Abs. 6 SGB VI nicht vorliegen. Die Antragstellung gemäß § 7a Abs. 1 SGB IV am 5.10.2011 ist bereits nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgt.
172Die Voraussetzungen für eine Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung - Überschreiten der jeweils maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze - sind ausgehend von den erzielten Entgelten ersichtlich nicht erfüllt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 6 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI).
173Bei dem Klageverfahren handelt es sich um ein nach den §§ 183, 193 SGG kostenprivilegiertes Verfahren. Im Rahmen seines Ermessens hat der Senat von einer Kostenquotelung trotz der teilweisen Aufhebung des Bescheides im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgrund der Geringfügigkeit des diesbezüglichen Obsiegens abgesehen.
174Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des BSG.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.4.2013 wird zurückgewiesen. Die Klagen gegen die Bescheide vom 15.11.2013 werden abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für die bei der Klägerin zu 2) ausgeübte Tätigkeit des Klägers zu 1) als Fremdgeschäftsführer ab dem 1.7.2010 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
3Bei der Klägerin zu 2) handelt es sich um eine im Handelsregister des Amtsgerichtes C (HRB 000) eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), welche zum E-Konzern gehört. Sie erbringt Dienstleistungen auf dem Gebiet des elektronischen Zahlungsverkehrs. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin zu 2) ist die E Beteiligungen Holding GmbH, deren Anteile wiederum zu 100 v.H. von der E AG als Konzernmutter gehalten werden.
4Die Klägerin zu 2) firmierte ursprünglich unter dem Namen "J GmbH". Zu diesem Zeitpunkt bestand zwischen ihr und der E Beteiligungen Holding GmbH als ihrer alleinigen Gesellschafterin ein auf den 30.10.2003 datierender Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Dort war u.a. in § 1 vereinbart:
51. Die J GmbH unterstellt die Leitung ihrer Gesellschaft der E Beteiligungen Holding GmbH. Die E Beteiligungen Holding GmbH ist demgemäß berechtigt, der Geschäftsführung der Organgesellschaft Weisungen zu erteilen. Die Geschäftsführung der Organgesellschaft verpflichtet sich, derartigen Weisungen Folge zu leisten. Das Weisungsrecht erstreckt sich nicht darauf, diesen Vertrag zu ändern, aufrecht zu erhalten oder zu beenden.
62. Das Recht zur Erteilung von Weisungen gilt ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieses Vertrages.
7Nach der Eintragung der Umfirmierung ins Handelsregister am 25.2.2010 und anlässlich der Beantragung einer Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten [Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)] bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), um als Zahlungsinstitut im Inland gewerbsmäßig Zahlungsdienste erbringen zu können, gaben die Klägerin zu 2) und die E Beteiligungen Holding GmbH im Hinblick auf den o.g. Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag und nach eigenem Bekunden auf Aufforderung durch die BaFin am 7.6.2010 eine von den unterzeichnenden Parteien so bezeichnete "Verbindliche Erklärung" ab. Dort heißt es u.a. unter Ziff. 2:
8"a) Die E Beteiligungen Holding GmbH als Organträgerin verpflichtet sich und erklärt hiermit verbindlich, dass sie keine Weisungen erteilen wird, deren Ausführung zur Folge hat, dass die E Zahlungsdienste GmbH oder ihre Organe bzw. ihre Geschäftsleiter gegen ihnen durch das ZAG, KWG, GwG oder sonstige für Zahlungsinstitute verbindliche gesetzliche oder aufsichtsrechtliche Regelungen auferlegte Pflichten verstoßen.
9Die E Beteiligungen Holding GmbH wird die nach dem ZAG bestehende Alleinverantwortung der Geschäftsleitung der E Zahlungsdienste GmbH bei ihren Weisungen beachten."
10b) Die E Beteiligungen Holding GmbH verzichtet hiermit ausdrücklich auf die Erteilung jedweder Weisungen, die dem vorstehend unter 1 a) erklärten zuwiderlaufen (nachstehend "aufsichtsrechtlich unzulässige Weisungen"). Es wird klargestellt, dass aufsichtsrechtlich unzulässige Weisungen durch die E Zahlungsdienste GmbH nicht verbindlich sind und weder von ihr bzw. ihren Geschäftsleitern noch von sonstigen für sie handelnden Personen umgesetzt werden müssen."
11Nachfolgend kündigten die Vertragsparteien zum 31.12.2010 den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag und schlossen sodann mit Datum vom 8.3.2011 einen reinen Ergebnisabführungsvertrag, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
12Mit Erteilung der beantragten Erlaubnis handelt es sich bei der Klägerin zu 2) nunmehr um ein Zahlungsinstitut im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG, das als solches der fortlaufenden Aufsicht der BaFin untersteht. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin zu 2) vom 6.8.2010 umfasst ihr Unternehmensgegenstand die Erbringung von Zahlungsdiensten im Sinne des § 1 Abs. 2 ZAG, nämlich das Lastschriftgeschäft ohne und mit Kreditgewährung, das Überweisungsgeschäft ohne und mit Kreditgewährung sowie das Zahlungsauthentifizierungsgeschäft. Die Gewährung von Krediten gemäß § 19 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) erfolgt ausschließlich im Zusammenhang mit der Erbringung von Zahlungsdiensten. Ferner ist die Erbringung betrieblicher und mit den Zahlungsdiensten eng verbundener Nebendienstleistungen im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 ZAG sowie alle sonstigen Geschäftstätigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, um den Geschäftszweck der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu erreichen, inbegriffen. Organe der über ein Stammkapital von 25.000,00 Euro verfügenden Gesellschaft sind die Gesellschafterversammlung und die Geschäftsführung (§§ 5, 6 des Gesellschaftsvertrags). Nach § 7 des Gesellschaftsvertrags hat die Klägerin zu 1) zwei oder mehr Geschäftsleiter, die als Geschäftsführer bestellt sind. Sie wird durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Dabei kann durch Beschluss der Gesellschafterversammlung einzelnen oder allen Geschäftsführern die Befugnis zur Einzelvertretung übertragen sowie die Befreiung von Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erteilt werden. Die Geschäftsführer sind an die Regelungen des Gesellschaftsvertrags sowie an die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung gebunden (§ 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags). Die Gesellschafterversammlung kann zustimmungsbedürftige Geschäfte in eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung aufnehmen (§ 8 des Gesellschaftsvertrags). Gesellschafterbeschlüsse werden, soweit das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag nicht andere Mehrheiten vorsehen, mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst (§ 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags). Im Übrigen wird auf die Regelungen des Gesellschaftsvertrags Bezug genommen.
13Nach der Geschäftsordnung der Klägerin zu 2) hat die Geschäftsführung in ihrer Gesamtheit und jedes einzelne Geschäftsführungsmitglied bei der Führung der Geschäfte der Gesellschaft die gesetzlichen Bestimmungen sowie die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages und der Geschäftsordnung gewissenhaft zu beachten (§ 1 Satz 1 der Geschäftsordnung). Ferner heißt es dort auszugsweise wörtlich:
14"[ ] § 2 Gesamt- und Einzelgeschäftsführung
15Die Geschäftsführung führt die Geschäfte der Gesellschaft gesamtverantwortlich nach einheitlichen Zielsetzungen, Plänen und Richtlinien. Unbeschadet der Gesamtverantwortung der Geschäftsführung handelt jedes Geschäftsführungsmitglied in dem ihm zugewiesenen Ressort eigenverantwortlich, ist aber gehalten, die ressortbezogenen Interessen stets dem Gesamtwohl des Unternehmens unterzuordnen.
16§ 3 Ressortverteilung
171. Die Aufgabenverteilung innerhalb der Geschäftsführung regeln die Mitglieder der Geschäftsführung im Einvernehmen mit der Gesellschafterversammlung in einem Geschäftsverteilungsplan, der dieser Geschäftsordnung als Anlage beigefügt ist.
182. Bestehen zwischen einzelnen Geschäftsführern Meinungsverschiedenheiten über die Ressortabgrenzung entscheidet hierüber die Gesellschafterversammlung.
19§ 4 Gesamtverantwortung
20Unbeschadet dieser Ressortzuständigkeit wird jeder Geschäftsführer alle für den Geschäftsverlauf der Gesellschaft entscheidenden Daten laufend verfolgen, um jederzeit auf die Abwendung drohender Nachteile, auf wünschenswerte Verbesserungen oder zweckmäßige Änderungen durch Anrufung der Gesamtgeschäftsführung oder sonst auf geeignete Weise hinwirken zu können.
21[ ] § 6 Zwingende Entscheidungsbefugnis der Gesamtgeschäftsführung
22Die Gesamtgeschäftsführung beschließt über alle Angelegenheiten, die von besonderer Bedeutung und Tragweite für die Gesellschaft sind, insbesondere über:
23a) Angelegenheiten, in denen das Gesetz, der Gesellschaftsvertrag, die Konzernrichtlinien in ihrer jeweils gültigen Fassung oder diese Geschäftsordnung eine Entscheidung über die Gesamtgeschäftsführung vorsehen,
24b) den Jahresabschluss der Gesellschaft,
25c) Angelegenheiten, die der Gesellschafterversammlung vorzulegen sind,
26d) Fragen der Geschäftsordnung und der Geschäftsverteilung,
27e) Angelegenheiten, die ein Mitglied der Geschäftsführung der Gesamtgeschäftsführung zur Entscheidung vorlegt.
28[ ] § 8 Zustimmungspflichtige Geschäfte der Geschäftsführung
29Die Geschäftsführung legt bis spätestens zum Ende eines jeden Geschäftsjahres den Wirtschafts- und Finanzplan für das folgende Geschäftsjahr der Gesellschafterversammlung zur Zustimmung vor. Darüber hinaus bedarf die Geschäftsführung für folgende Geschäfte und Maßnahmen, soweit sie nicht im jeweiligen Wirtschafts- und Finanzplan enthalten sind, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung:
301. Veräußerung des Unternehmens oder von wesentlichen Teilen, Aufgabe wesentlicher neuer Tätigkeitsgebiete sowie Aufgabe vorhandener wesentlicher Tätigkeitsgebiete;
312. Erwerb von und Verfügung über Beteiligungen an anderen Unternehmen: ferner Abschluss, Änderung und Aufhebung von stillen Gesellschafts-, Betriebsüberlassungs-, Interessengemeinschafts- sowie anderen Unternehmensverträgen;
323. Errichtung oder Aufgabe von Zweigniederlassungen;
334. Erwerb, Belastung und Veräußerung von Grundstücken und/oder grundstücksgleichen Rechten und Errichtung von Gebäuden;
345. Durchführung von Investitionen (auch auf Leasingbasis), soweit die Anschaffungs- oder Herstellungskosten innerhalb eines Jahres Euro 100.000,- überschreiten.
356. Abschluss, Änderung oder Beendigung von Miet-, Pacht-, Lizenz- oder sonstigen Verträgen mit einer Laufzeit oder Kündigungsfrist von mehr als fünf Jahren und/oder einer Jahresmiete oder Pacht von mehr als Euro 50.000,-;
367. Bestellung von Prokuristen, General- und Handlungsbevollmächtigten für den gesamten Geschäftsbetrieb;
378. Abschluss, Änderung und einvernehmliche Aufhebung von Anstellungs-, Beratungs- und ähnlichen Verträgen, soweit die Jahresbezüge Euro 10.000,- übersteigen oder durch eine Änderung übersteigen würden oder mit einer längeren Kündigungsfrist als sechs Monaten;
389. Übernahme von Bürgschaften, Abgabe von Patronatserklärungen oder Garantieversprechen, soweit diese nicht zum üblichen Geschäftsverkehr gehören, sowie die Übernahme der dinglichen Haftung für fremde Verbindlichkeiten;
3910. Aufnahme von langfristigen Krediten sowie von solchen, durch die die von der Gesellschafterversammlung gebilligten Kreditlinien überschritten werden;
4011. Gewährung von Darlehen außerhalb des üblichen Geschäftsbetriebes;
4112. Einleitung von Aktivprozessen mit einem Streitwert von mehr als Euro 100.000,-, Abschluss von Vergleichen oder Erlass von Forderungen, soweit dies außerhalb des üblichen Geschäftsverkehrs geschieht,
4213. Erlass von Betriebsordnungen;
4314. Vereinbarungen über Altersversorgungen, Gewinnbeteiligungen oder sonstige Zuwendungen an Belegschaftsmitglieder mit Ausnahme der üblichen Weihnachtsgratifikation;
4415. Wahrnehmung der Gesellschafterrechte bei Beteiligungsgesellschaften;
4516. Verträge mit Gesellschaftern, Geschäftsführern oder ihnen nahestehenden Personen;
4617. Alle Rechtsgeschäfte und Maßnahmen, zu deren Vornahme sich die Gesellschafterversammlung die Zustimmung vorbehalten hat;
4718. Alle Rechtsgeschäfte von grundsätzlicher oder im Einzelfall außerordentlicher Bedeutung.
48Der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen auch alle Rechtsgeschäfte gemäß Ziff. 1-4, die bei Tochtergesellschaften der E Zahlungsdienste GmbH zur Entscheidung anstehen.
49§ 9 Urlaub- und Dienstreisen
50Die Mitglieder der Geschäftsführung haben Zeit und Dauer von Urlaub und Dienstreisen kollegial abzustimmen. [ ]"
51Im Übrigen wird auf den Inhalt der Geschäftsordnung Bezug genommen.
52Die Geschäftsführung der Klägerin zu 2) wird durch zwei Geschäftsführer, die gleichzeitig Geschäftsleiter nach § 1 Abs. 8 Satz 1 ZAG sind, getragen. Der Kläger zu 1) ist nach dem vorgelegten Geschäftsverteilungsplan im Wesentlichen für Risikomanagement, Controlling, Rechnungswesen, Finanzen sowie für das Anzeige- und Meldewesen zuständig. Das Aufgabengebiet des weiteren Geschäftsführers, Herrn L, liegt demgegenüber vornehmlich im Bereich Vertrieb, Produktgestaltung, Personal und in der Auslagerung von IT-Leistungen sowie der Geldwäschecompliance.
53Die Klägerin zu 2) ist dabei nach § 1 Abs. 2, 3 des mit dem Kläger zu 1) geschlossenen Anstellungsvertrags vom 29.3.2010 (verlängert durch Änderungs- und Verlängerungsvertrag zum 1.7.2013) berechtigt, ihm innerhalb der Gesellschaft sowie innerhalb einer anderen zum Konzern gehörenden Gesellschaft vorübergehend oder dauerhaft eine zusätzliche oder eine andere, seiner Position, Eignung und Qualifikation entsprechende Tätigkeit zu übertragen. Der Vorbehalt erstreckt sich auch auf die Versetzung an einen anderen Ort. Im Fall der konzernweiten dauerhaften Versetzung stimmt der Kläger zu 1) einer Vertragsübernahme des aufnehmenden Unternehmens bereits im Anstellungsvertrag zu. Als Vergütung erhielt der Kläger zu 1) zunächst bis zum 30.6.2013 ein festes Jahresgehalt von 85.000,00 Euro brutto, welches nach Abzug der gesetzlichen Abgaben in zwölf gleichen Beträgen ausbezahlt wurden (§ 7 Abs. 1 des Anstellungsvertrags). Zudem vereinbarten die Kläger die Teilnahme des Klägers zu 1) an einem variablen Vergütungssystem, dessen Rahmenbedingungen in § 7 Abs. 2 des Anstellungsvertrags niedergelegt wurden. Die Höhe der variablen Zielvergütung betrug dabei 30.000,00 Euro brutto pro Geschäftsjahr. Zum 1.7.2013 vereinbarten die Kläger ein festes Jahresgehalt von nunmehr 100.000,00 Euro und eine variable Zielvergütung von 32.000,00 Euro brutto pro Geschäftsjahr (§ 7 des Änderungs- und Verlängerungsvertrags). Ferner heißt es im Anstellungsvertrag auszugsweise wörtlich:
54"[ ] § 3 Nebentätigkeit, Wettbewerbsverbot
551. Die Pflichten des Herrn S bestimmen sich nach Maßgabe dieses Vertrages, der gesetzlichen Bestimmungen, des Gesellschaftsvertrages, der jeweils geltenden Geschäftsordnung der Gesellschaft sowie der Weisungen der Gesellschafterversammlung. Herr S hat die Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu führen.
562. Jede Nebentätigkeit, gleichgültig ob sie entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird, ist vor deren Aufnahme der Gesellschaft schriftlich anzuzeigen. Die Gesellschaft kann die Nebentätigkeit untersagen, wenn die Wahrnehmung der vertraglichen Aufgaben oder sonstige berechtigte Interessen der Gesellschaft durch die Nebentätigkeit beeinträchtigt werden können. Satz 1 und 2 gelten entsprechend für eine direkte oder indirekte kapitalmäßige Beteiligung an einem Unternehmen ab einer Höhe von 10 Prozent der Gesellschafteranteile sowie für eine Mitwirkung in Aufsichtsorganen einer anderen Gesellschaft.
573. [ ]
584. Veröffentlichungen, Vorträge und Interviews, deren Inhalte in einem sachlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit von Herrn S stehen, bedürfen der vorherigen Abstimmung mit der Gesellschaft. Ebenso darf die Zugehörigkeit von Herrn S bei Veröffentlichungen, Vorträgen und Interviews nur nach vorheriger Abstimmung mit der Gesellschaft nach außen in Erscheinung treten.
59[ ] § 5 E E Code of Conduct
60Die Standards und Regelungen des E E Code of Conduct in seiner jeweils geltenden Fassung wird Herr S als Teil seiner anstellungsvertraglichen Pflichten beachten und einhalten und seine Entscheidungen in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Code of Conduct treffen. Des Weiteren wird Herr S die Umsetzung des Code of Conduct in der Organisationseinheit, für die er zuständig ist, nach besten Kräften fördern. Hierzu wird er auf die Einhaltung der Bestimmungen des Code of Conduct durch die in seiner Organisationseinheit tätigen Mitarbeiter achten und die Mitarbeiter insoweit auch informierend und beratend unterstützen.
61[ ] § 8 Arbeitszeit
62Der Geschäftsführer hat seine volle Arbeitskraft sowie sein ganzes Wissen und Können in die Dienste der Gesellschaft zu stellen. Herr S hat jederzeit, soweit dies das Wohl der Gesellschaft erfordert, zu ihrer Verfügung zu stehen und ihre Interessen wahrzunehmen.
63§ 9 Arbeitsverhinderung, Erkrankung
64Im Falle einer Erkrankung oder einer sonstigen Arbeitsverhinderung ist Herr S verpflichtet, die Arbeitsverhinderung und ihre voraussichtliche Dauer der Gesellschaft unverzüglich mitzuteilen.
65§ 10 Gehaltsfortzahlung, variable Vergütung bei Arbeitsunfähigkeit
661. Im Falle unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit - auch unfallbedingt - erhält Herr S Entgeltfortzahlung entsprechend den Voraussetzungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Das Gehalt gemäß § 7 Abs. 1 des Vertrages wird abweichend von § 3 Abs. 1 EFZG für die Dauer von 13 Wochen gezahlt.
672. Der Anspruch nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 des Vertrages vermindert sich pro rata temporis, wenn die Arbeitsunfähigkeit ununterbrochen länger als sechs Monate dauert. Etwaige gesetzliche Ansprüche bleiben unberührt.
683. [ ]
69§ 11 Krankheitsfürsorge
70Herr S erhält nach Maßgabe der Bestimmungen des Sozialgesetzbuch (§ 257 SGB V, 61 SGB XI) einen Zuschuss der Gesellschaft zur Kranken- und Pflegeversicherung.
71[ ] § 14 Versteuerung
72Die Steuern für geldwerte Leistungen aus diesem Vertrag hat Herr S zu zahlen.
73§ 15 Urlaub
74Herrn S steht ein jährlicher bezahlter Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen zu. Arbeitstage sind die Werktage von Montag bis Freitag. Der Urlaub ist so zu legen, dass die Belange der Gesellschaft nicht beeinträchtigt werden. Die Lage des Urlaubs ist mit dem Vorsitzenden des Gesellschafterausschusses abzustimmen. Zur Abwicklung des Urlaubs finden die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes (Übergangsregelung) entsprechend Anwendung.
75[ ] § 18 Haftung des Geschäftsführers
76Bzgl. der Haftung des Geschäftsführers gelten die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere die Vorschriften des GmbH-Gesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuches. Für die Gesellschaft wird eine D & O Versicherung oder erforderlichenfalls ein Adäquat geschlossen, die sich an die spezifischen Risiken der aufsichtsrechtlichen Aspekte für Zahlungsdienste orientierte.
77[ ] § 22 Freistellung von der Arbeitspflicht, Anrechnungsregelung, Urlaubsabgeltung
781. Die Gesellschaft ist berechtigt, Herrn S bei Fortzahlung der Vergütung nach § 7 vorübergehend von der Verpflichtung der Dienstleistung freizustellen, wenn überwiegende Interessen der Gesellschaft an der Freistellung vorliegen. [ ]"
79Im Übrigen wird auf den Inhalt der Verträge Bezug genommen. Seit Beginn der Tätigkeit führte die Klägerin zu 2) für den Kläger zu 1) Lohnsteuer sowie Abgaben zur Sozialversicherung ab.
80Am 19.8.2011 stellte die Klägerin zu 2) bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Der Kläger zu 1) sei nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV bei ihr beschäftigt und unterliege somit auch nicht der Versicherungspflicht in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung. Das bestehende Anstellungsverhältnis sei durch banken- und aufsichtsrechtliche Vorschriften überlagert. Diese erforderten, dass der Kläger zu 1) trotz seiner Eigenschaft als Fremdgeschäftsführer bei der Ausübung seiner Tätigkeit von den Weisungen sowohl der Klägerin zu 2) als auch der alleinigen Gesellschafterin der Klägerin zu 2) und der E AG als Konzernmutter unabhängig sei. Für den Kläger zu 1) als Geschäftsleiter im Sinne des ZAG seien besondere Vorschriften anzuwenden, die vergleichbar mit den Aufsichtsprinzipien seien, die für Geschäftsleiter von Kreditinstituten nach dem KWG gelten (insbesondere nach § 1 Abs. 2, § 33 Abs. 2 KWG). Der damit anzuwendende Grundsatz der Alleinverantwortlichkeit der Geschäftsleitung besage, dass nur die Geschäftsleitung eines beaufsichtigten Instituts gegenüber der BaFin für die Führung der Geschäfte verantwortlich sei. Ein Entscheidungsvorbehalt eines Aufsichtsorgans oder eines sonstigen Dritten, der fühlbar in die Geschäftsleitung eingreife, werde von der BaFin regelmäßig als mit den Grundsätzen der §§ 33 bis 36 KWG nicht vereinbar beanstandet. Ein uneingeschränktes Weisungsrecht eines Gesellschafters oder einer für den Gesellschafter handelnden Person sei aufsichtsrechtlich nicht zulässig. Dass die BaFin diese Ansicht auch im Rahmen des ZAG vertrete, zeige gerade ihre Beanstandung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 30.10.2003, welche die sog. verbindliche Erklärung vom 7.6.2010 veranlasst habe. Käme der Kläger zu 1) als Geschäftsleiter daher aufsichtsrechtlich zu beanstandenden Weisungen nach, könnte die BaFin letztlich seine Abberufung verlangen (§ 15 ZAG bzw. § 36 KWG). Das Prinzip der Weisungsfreiheit und Alleinverantwortung des Geschäftsleiters korrespondiere zudem mit dem Prinzip der nach dem ZAG geforderten Geschäftsleiterqualifikation. Denn nur der Geschäftsleiter, nicht aber die Gesellschafter etc. würde von der BaFin auf berufliche Erfahrungspraxis hin geprüft. Der Kläger zu 1) sei daher auch sozialversicherungsrechtlich in der Bestimmung von Art, Ort, Zeit und Dauer der zu leistenden Arbeit frei.
81Die Beklagte hörte die Kläger sodann mit Schreiben vom 14.12.2011 zu ihrer Absicht an, die Tätigkeit des Klägers zu 1) bei der Klägerin zu 2) ab dem 1.7.2010 als abhängige Beschäftigung zu werten.
82Dem traten die Kläger entgegen. Die Tätigkeit des Klägers zu 1) sei der eines Vorstandes im Rahmen einer Aktiengesellschaft vergleichbar und bereits aus diesem Grunde nicht als abhängige Beschäftigung zu werten. Der Kläger zu 1) entwickle als Geschäftsleiter die Geschäftsstrategie des Unternehmens selbständig mit dem zweiten Geschäftsleiter, Herrn L. Beide handelten frei von Weisungen des Gesellschafters bzw. der Konzernmutter, die aufgrund bankenrechtlicher Anforderungen auch nicht befugt seien, ihnen Weisungen zu erteilen. Strategische Ausrichtungen würden weisungsunabhängig beschlossen und ausgeführt. Dies gelte insbesondere im Bereich der Gründung von Tochtergesellschaften im In- und Ausland, der Einrichtung neuer Geschäftszweige, der Entscheidung unternehmerischer Maßnahmen, die zu einer Reduktion oder dem Aufbau von Personal führten, sowie grundsätzlicher strategischer Entscheidungen über die Ausrichtung der Tätigkeit der Gesellschaften. Zudem müsse das Risikomanagement durch die Geschäftsleiter selbst- und eigenständig verantwortet werden. Dies ergebe sich bereits aus einem Rundschreiben der BaFin vom 15.12.2010 (Mindestanforderungen an das Risikomanagement - MaRisk -, dort AT 4.2.3), wonach die Geschäftsleitung die Verantwortung für die Festlegung und Anpassung der Strategien trage und diese Verantwortung nicht delegierbar sei. Dass die Geschäftsleiter auch sonst weisungsfrei seien, zeige sich darin, dass beide Geschäftsführer entgegen der Empfehlungen der Gesellschafter die Entwicklung zweier Produkte abgelehnt hätten, da diese ihrer Ansicht nach den Anforderungen des Aufsichtsrechts sowie den Regelungen zur Geldwäsche-Bekämpfung nicht gerecht geworden wären.
83Mit Bescheiden vom 29.2.2012 stellte die Beklagte gegenüber den Klägern fest, dass der Kläger zu 1) die Tätigkeit bei der Klägerin zu 2) seit dem 1.7.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Versicherungspflicht bzw. -freiheit bestehe gemäß Anmeldung. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnisses spreche, dass ein gesonderter Anstellungsvertrag geschlossen worden sei und für die Tätigkeit ein monatliches übliches Arbeitsentgelt gezahlt werde. Der Kläger zu 1) habe mangels eigener Anteile am Stammkapital keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Es bestehe Weisungsgebundenheit gegenüber der Gesellschafterversammlung. Für eine selbständige Tätigkeit spreche lediglich, dass er indirekt am Gewinn der Gesellschaft beteiligt werde.
84Dagegen legten die Kläger am 29.3.2012 Widerspruch ein. Sie wiederholten und vertieften ihren Vortrag aus dem Anhörungsverfahren. Aufgrund des nahezu identischen Wortlautes der Kernvorschriften nach § 9 Nr. 4, 5 ZAG einerseits sowie § 33 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4 KWG andererseits, die die Verantwortung der Geschäftsleitung umschrieben, sei davon auszugehen, dass die dazu aufgestellten Prinzipien auch im Rahmen des ZAG Anwendung finden müssten.
85Mit Widerspruchsbescheiden vom 23.7.2012 wies die Beklagte die Widersprüche unter Vertiefung ihrer Argumentation als unbegründet zurück.
86Dagegen haben die Kläger am 24.8.2012 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Sie haben ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Ergänzend haben sie vorgetragen, dass es unerheblich sei, ob die Satzung der Klägerin zu 2) oder der Anstellungsvertrag des Klägers zu 1) diesem gegenüber Weisungsrechte der Gesellschafterversammlung enthielten, da diese bereits unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten rein faktisch nicht ausgeübt werden dürften und nicht ausgeübt würden. Die gesellschaftsrechtlichen Weisungsrechte seien durch diese Vorgaben dermaßen überlagert, dass sie letztlich für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht mehr entscheidungsrelevant wären. Der Kläger zu 1) werde daher genau wie Herr L nicht in den Arbeitsprozess der Klägerin zu 2) eingegliedert. Er bestimme vielmehr den Arbeitsprozess und gliedere andere in diesen ein.
87Die Kläger haben beantragt,
88die Bescheide vom 29.2.2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23.7.2012 aufzuheben. Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Kläger zu 1) seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin zu 2) seit dem 1.7.2010 nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausübt.
89Die Beklagte hat beantragt,
90die Klage abzuweisen.
91Sie hat auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Die Handlungsbefugnis des Geschäftsführers bestehe nur im Rahmen des Gesellschaftervertrages und der Gesellschafterbeschlüsse.
92Mit Beschluss vom 15.4.2013 hat das SG die Beiladungen der Beigeladenen zu 1) bis 3) vorgenommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat das SG den Kläger angehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Das SG hat sodann mit Urteil vom 23.4.2013 die Klagen abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
93Das am 30.4.2013 zugestellte Urteil ist von den Klägern am 31.5.2013 mit der Berufung angefochten worden. Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Gesamtabwägung des SG habe den Schwerpunkt auf das Kriterium des unternehmerischen Risikos gesetzt und insbesondere die aufsichtsrechtlichen Indizien nicht ihrem Gewicht entsprechend in die Gesamtwürdigung einbezogen. Ergänzend tragen die Kläger vor, dass die Klägerin zu 2) an den Kläger zu 1) Tantiemezahlungen im Jahr 2010 in Höhe von 18.148,00 Euro, 2011 in Höhe von 43.706,00 Euro und im Jahre 2012 in Höhe von 43.379,00 Euro geleistet habe.
94Die Beklagte hat am 15.11.2013 weitere Bescheide erlassen, mit denen sie die streitgegenständlichen Bescheide dahingehend abändert, dass in der seit dem 1.7.2010 ausgeübten Beschäftigung als Geschäftsführer bei der Klägerin zu 2) Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. In der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe Versicherungsfreiheit.
95Die Kläger beantragen,
96das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.4.2013 zu ändern und unter Aufhebung der Bescheide vom 29.2.2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23.7.2012 in der Fassung der Bescheide vom 15.11.2013 festzustellen, dass der Kläger zu 1) für seine Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Klägerin zu 2) ab dem 1.7.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
97Die Beklagte beantragt,
98die Berufung zurückzuweisen und die Klagen gegen die Bescheide vom 15.11.2013 abzuweisen.
99Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
100Der Senat hat einen Handelsregisterauszug der Klägerin zu 2) eingeholt und den E E Code of Conduct beigezogen. Ferner haben die Kläger die Firmenwagenregelung und Gehaltsabrechnungen des Klägers zu 1) vorgelegt.
101Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
102Entscheidungsgründe:
103Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) bis 3) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit den ordnungsgemäßen Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
104Streitgegenständlich sind vorliegend die Bescheide der Beklagten vom 29.2.2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23.7.2012 in Gestalt der Bescheide vom 15.11.2013. Die Bescheide vom 15.11.2013 sind erstmalig im Berufungsverfahren nach §§ 153, 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des Verfahrens geworden, sodass der Senat diesbezüglich erstinstanzlich auf Klage entscheidet.
105Die Klagen sind ebenso wie die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des SG Köln vom 23.4.2013 zulässig. Die Berufungen sind insbesondere nach §§ 143, 144 SGG statthaft und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Danach ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Das ist vorliegend geschehen. Gegen das ihnen am 30.4.2013 zugestellte Urteil haben die Kläger am Freitag, den 31.5.2013, jeweils fristgerecht Berufung eingelegt, da es sich bei dem 30.5.2013 (Fronleichnam) in Nordrhein-Westfalen um einen gesetzlichen Feiertag gehandelt hat, §§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGG, § 2 Abs. 1 Nr. 7 Feiertagsgesetz NRW.
106Es fehlt zudem auch nicht deshalb an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin zu 2) den Kläger zu 1) zur Sozialversicherung bei der zuständigen Einzugsstelle gemeldet und Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für ihn entrichtet hat. Das Rechtsschutzinteresse fehlt zwar dann, wenn Umstände vorliegen, die das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreites entfallen lassen (vgl. dazu BSG, Urteil v. 12.7.2012, B 14 AS 35/12 R, SozR 4-1500 § 54 Nr. 28). Schon der Umstand, dass die Kläger das Statusfeststellungsverfahren beantragt haben, belegt jedoch ihre Zweifel am Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, die die Durchführung des in § 7a Abs. 1 SGB IV vorgesehenen Verfahrens und daran anschließend die gerichtliche Überprüfung der dort erlassenen Bescheide rechtfertigen (vgl. zur Frage des Feststellungsinteresses Pietrek in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 7a Rdnr. 91ff.).
107Klage und Berufungen sind jedoch unbegründet. Wie das SG zutreffend entschieden hat, sind die streitgegenständlichen Bescheide rechtmäßig. Sie verletzen die Kläger daher nicht nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in ihren Rechten. Denn die Beklagte hat zu Recht nach § 7 a Abs. 1 Satz 1 SGB IV bezüglich der von dem Kläger zu 1) (jedenfalls) seit dem 1.7.2010 fortlaufend ausgeübten Beschäftigung als Geschäftsführer der Klägerin zu 2) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung angenommen. Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt sich aus § 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), da der Kläger zu 1) bei der Klägerin zu 2) gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigt ist.
108Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-82; BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v.11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Beschluss vom 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
109Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., juris; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08, juris).
110Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats und unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der Kläger zu 1) fortlaufend bei der Klägerin zu 2) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig gewesen und weiter tätig ist, da die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände in der Gesamtabwägung überwiegen.
111Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Geschäftsführertätigkeit des Klägers zu 1) für die Klägerin zu 2) im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung oder selbständig ausgeführt wurde bzw. wird, ist der Anstellungsvertrag vom 29.3.2010. Dieser Vertrag hat nach seiner Bezeichnung und seinem Inhalt - umfangreiche, einseitig durch die Klägerin zu 2) ausübbare Versetzungsvorbehalte (§ 1 Abs. 2, 3, bzgl. einer anderen Position/Tätigkeit, einer anderen Konzerngesellschaft, eines anderen Orts), Bindung an die Weisungen der Gesellschafterversammlung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 a.E.), Bindung an den E E Code of Conduct als anstellungsvertragliche Pflicht (§ 5), monatlich festes Gehalt, von dem die gesetzlichen Abgaben in Abzug zu bringen sind (§ 7 Abs. 1 Satz 1 bis 3), Verpflichtung, seine volle Arbeitskraft der Klägerin zu 2) zur Verfügung zu stellen (§ 8 Satz 1), Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 10 Abs. 1), Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub (§ 15) - maßgebliche Elemente eines Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand. Das bestätigen auch die Regelungen in dem E E Code of Conduct, dem der Kläger zu 1) nach § 5 des Anstellungsvertrags vom 29.3.2010 verpflichtet ist.
112Auf der beschriebenen vertraglichen Grundlage ist der Kläger zu 1) auch in einem fremden Betrieb, nämlich dem der Klägerin zu 2), tatsächlich tätig geworden. Während dieser Tätigkeit war er vollständig in den Betrieb und folglich in eine ihm einseitig vorgegebene Organisation eingegliedert (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17 m.w.N.). Er ist ausschließlich ausgehend von den Betriebsräumen und mit den dortigen Betriebsmitteln tätig geworden.
113Der Geschäftsführer einer GmbH ist dabei zudem weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübt. Dies steht seiner Eingliederung nicht entgegen. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt, kann seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein (vgl. z.B. zum europäischen Arbeitnehmerbegriff im Falle einer alleinigen Geschäftsführerin einer lettischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung: EuGH Urteil v. 11.11.2010, C-232/09 - Danosa, Slg 2010, I-11405). Maßgebend ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 m.w.N.). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann (BSG, Urteil v. 8.8.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Ist dies der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann (BSG, Urteil v. 6.2.1992, 7 RAr 134/90, SozR 3-4100 § 104 Nr. 8). Darüber hinaus ist von Bedeutung, ob der Einfluss des Geschäftsführers auf die Willensbildung der GmbH aufgrund besonderer Einzelfallumstände unabhängig von seiner Gesellschafterstellung so erheblich ist, dass ihm gegenüber nicht genehme Beschlüsse und Weisungen ausgeschlossen sind und er die Geschäfte nach eigenem Gutdünken führen, d.h. frei schalten und walten kann. Dann ist eine persönliche Abhängigkeit auch bei Diensten höherer Art zu verneinen, weil die Gesellschafter tatsächlich keinerlei Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen und sich der Geschäftsführer nur in der von ihm selbst gegebenen Ordnung des Betriebes einfügt (BSG, Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, USK 9975; BSG, Urteil v. 11.2.1993, 7 RAr 48/92, USK 9347; vgl. insgesamt: Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris).
114Eine Weisungsfreiheit in diesem Sinne ist im Falle des Klägers zu 1) jedoch nicht gegeben. Vielmehr unterlag und unterliegt er dem Weisungsrecht der Klägerin zu 2) bzw. deren Gesellschafterversammlung bezüglich Ort, Zeit sowie Art und Weise der Tätigkeit, und er war bzw. ist rechtlich nicht in der Lage, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern.
115Die abstrakte Rechtsmacht der Klägerin zu 2) bzw. ihres willensbildenden Organs zur Erteilung von Weisungen gegenüber dem Kläger zu 1) folgt aus ihrem Gesellschaftsvertrag und ihrer darauf basierenden, einseitig durch Gesellschafterbeschluss gegebenen Geschäftsordnung. An diese Vertragslage ist der Kläger zu 1) bereits nach dem ausdrücklichen Willen der Beteiligten gebunden, vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 des Anstellungsvertrags. Gleiches folgt aus § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages und § 1 der Geschäftsordnung, wonach die Geschäftsführer u.a. den Regelungen des Gesellschaftsvertrages und der Geschäftsordnung verpflichtet sind. Hinsichtlich der Geschäftsordnung gilt dies im Gegensatz zu den dort ebenfalls genannten Konzernrichtlinien der E AG sogar ohne eine explizite Einschränkung dieser Bindung durch die Aufsichtspraxis der BaFin, vgl. § 1 Satz 2 der Geschäftsordnung.
116Im Rahmen ihrer Rechtsmacht hat die Klägerin zu 2) ihr Weisungsrecht insbesondere bzgl. der Art und Weise der auszuübenden Tätigkeit bereits in der Geschäftsordnung konkretisiert. Dies zeigt sich zunächst bzgl. der Regelung der Ressortverteilung (§ 3 der Geschäftsordnung). Diese wird zwar grundsätzlich durch die Geschäftsführung lediglich im Einvernehmen mit der Gesellschafterversammlung festgelegt. Das gilt allerdings nicht bei Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Geschäftsführung über die Ressortabgrenzung. In diesem Fall entscheidet die Gesellschafterversammlung allein. Zudem regelt die Geschäftsordnung das Verhältnis der Ressortverantwortlichkeit zur sog. Gesamtverantwortung der Geschäftsführer (§§ 2, 4 der Geschäftsordnung), wonach die ressortbezogenen Interessen stets dem Gesamtwohl des Unternehmens unterzuordnen sind. Überdies regelt die Klägerin zu 2) nicht nur den Inhalt der auszuübenden Tätigkeit, sondern nimmt gleichzeitig auch Einfluss auf den formalen Ablauf und die zeitliche Einteilung innerhalb der Geschäftsführung (z.B. durch die Verpflichtung zur Verfolgung des Geschäftsverlaufs durch alle Geschäftsführer, § 4; den Regelungen zu Anlass, Intervall, Ablauf und Beschlussfähigkeit der Geschäftsführersitzungen und deren zwingende Zuständigkeiten, §§ 5, 6 der Geschäftsordnung). Direkten Einfluss auf die Geschäftsführung nimmt die Gesellschafterversammlung über die in § 8 der Geschäftsordnung geregelten Berichtspflichten und Zustimmungsvorbehalte. Nach § 8 Satz 1 der Geschäftsordnung ist die Geschäftsführung verpflichtet, bis zum Ende eines jeden Geschäftsjahres den Wirtschafts- und Finanzplan für das folgende Geschäftsjahr der Gesellschafterversammlung zur Zustimmung vorzulegen. Darüber hinaus hat die Geschäftsführung nach § 8 Satz 2 der Geschäftsordnung für 18 weitere, in der Geschäftsordnung näher bezeichnete Geschäfte die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen. Dabei handelt es sich um Geschäfte, die die Klägerin zu 2) in ihrem Bestand und finanziellen Möglichkeiten erheblich einschränken können und z.B. auch um Verträge mit ihren Geschäftsführern (§ 8 Satz 2 Nr. 16 der Geschäftsordnung).
117In zeitlicher und örtlicher Hinsicht ist der Kläger zu 1) bereits im Rahmen des Anstellungsvertrages verpflichtet worden, seine volle Arbeitskraft sowie sein ganzes Wissen und Können der Klägerin zu 2) zur Verfügung zu stellen (§ 8 Satz 1) und ihr jederzeit zur Verfügung zu stehen, soweit dies das Wohl der Gesellschaft erfordert (§ 8 Satz 2). Zudem übte und übt er die Tätigkeit am Betriebssitz der Klägerin zu 2) aus, was diese einseitig aufgrund der bestehenden Versetzungsvorbehalte ändern kann (§ 1 Abs. 2, 3).
118Der Kläger zu 1) hatte und hat demgegenüber keine Möglichkeiten, ihm nicht genehme Weisungen der Klägerin zu 2) zu verhindern. Ihm fehlt in rechtlicher Hinsicht der notwendige maßgebliche Einfluss auf sie. Ein solcher Einfluss liegt regelmäßig dann vor, wenn der Geschäftsführer einen Anteil von mindestens 50 v.H. des Stammkapitals innehat und damit Einzelweisungen an sich als Geschäftsführer im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann (BSG, Urteil v. 8.8.1990, a.a.O., m.w.N). Der Kläger zu 1) verfügt nicht über Anteile an der Klägerin zu 2). Er ist sog. Fremdgeschäftsführer. Damit stellt sich ebenfalls die Frage einer Sperrminorität nicht, mit der er auf andere Weise ihm unerwünschte Weisungen der Gesellschaft verhindern könnte (BSG, Urteil v. 6.2.1992, a.a.O.).
119Etwas anderes folgt auch nicht aus der auf konzernrechtlicher Ebene angesiedelten sog. "Verbindlichen Erklärung" vom 7.6.2010, die den zunächst bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Klägerin zu 2) und ihrer Gesellschafterin, der E Beteiligungen Holding GmbH, betraf und bis zu der Kündigung dieses Vertrages zum 31.12.2010 Geltung entfaltet hat.
120Zwischen der Klägerin und ihrer Gesellschafterin bestand zwar u.a. aufgrund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags ein sog. Unterordnungskonzern, der die Klägerin unter die einheitliche Leitung eines anderen Unternehmens, nämlich ihrer Gesellschafterin, stellte [§§ 17, 18, 291 Abs. 1 Aktiengesetz (AktG), die auch auf den GmbH-Vertragskonzern anwendbar ist: statt vieler Altmeppen in: MüKo, AktG, 3. Aufl. 2010, § 291 Rdnr. 17]. Der Vertrag hatte dabei die umfassende Leitung der Untergesellschaft zum Gegenstand, denn die Klägerin unterstellte sich in diesem der Leitung durch die E Beteiligungen Holding GmbH. Diese war dadurch berechtigt, der Geschäftsführung der Untergesellschaft Weisungen zu erteilen, denen diese Folge zu leisten hatte (§ 1 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags). Dadurch verstärkte sich jedoch lediglich die ohnehin bestehende gesellschaftsrechtliche Weisungsmacht der Gesellschafterin auf konzernrechtlicher Ebene.
121Dieses Weisungsrecht ist wiederum durch die Erklärung vom 7.6.2010 nicht maßgeblich eingeschränkt worden. Diese Erklärung regelt ihrem Inhalt nach allein, was bereits im Rahmen des § 308 AktG (analog) ebenfalls anerkannt ist, nämlich, dass Weisungen des herrschenden Unternehmens sich im Rahmen der geltenden Gesetze halten müssen und z.B. bei Banken das Weisungsrecht daher auch durch das KWG eingeschränkt wird (Altmeppen, Roth/Altmeppen, a.a.O., § 308 Rdnr. 100 m.w.N.). Nichts anderes kann aus Sicht des Senates für das ZAG gelten.
122Das Weisungsrecht ist - entgegen dem Vortrag der Kläger - auch nicht durch aufsichtsrechtliche Vorschriften suspendiert. Sie überlagern die Rechtsmacht der Gesellschafterversammlung der Klägerin zu 2) gegenüber dem Kläger zu 1) gerade nicht dergestalt, dass dieser sich mit einem Hinweis auf sie jeglichen ihm nicht genehmen Weisungen entziehen könnte.
123Zunächst lässt sich den Regelungen des ZAG nicht entnehmen, dass die Stellung des Geschäftsleiters ausschließlich im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt werden muss. Denn das wäre die Konsequenz der nach der klägerischen Argumentation vollständigen Überlagerung des Weisungsrechts, welche aus ihrer Sicht sämtliche weiteren in die Abwägung einzustellenden Kriterien zurücktreten ließe. Demgegenüber sind nach § 1 Abs. 8 ZAG Geschäftsleiter diejenigen natürlichen Personen, die nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung eines Zahlungsinstituts oder E-Geld-Instituts in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft berufen sind (sog. geborene Geschäftsleiter). In Ausnahmefällen kann auch eine andere mit der Führung der Geschäfte betraute und zur Vertretung ermächtigte Person widerruflich als Geschäftsleiter bezeichnet werden, wenn sie zuverlässig ist und über die erforderliche fachliche Eignung verfügt (sog. gekorene Geschäftsleiter). Die Parallelvorschrift findet sich in § 1 Abs. 2 Satz 1, 2 KWG, die ebenfalls neben den sog. geborenen Geschäftsleitern - z.B. wie hier: dem Geschäftsführer einer GmbH - die sog. gekorenen Geschäftsleiter, die neben oder anstelle des geborenen Geschäftsleiters mit der Führung der Geschäfte betraut und mit der Vertretung ermächtigt sind, kennt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 bis 4 KWG). Voraussetzung ist u.a. die tatsächliche Innehabung umfassender Geschäfts- und Vertretungsbefugnisse, was z.B. bei einem Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten der Fall ist (Schwennicke, KWG, 2. Auflage, § 1 Rdnr. 165). Folglich kann einerseits der Geschäftsführer der GmbH, bei dem aufgrund der Organisationsstruktur der GmbH bereits grundsätzlich ein nach § 37 Abs. 1 GmbHG und den gesellschaftsvertraglichen Regelungen näher ausgestaltetes Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung besteht, andererseits aber auch ein Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter die Geschäftsleiterposition übernehmen. Bei Letztgenannten handelt es sich um Personen, die im Rahmen von abhängigen Beschäftigungen auf einer nachgelagerten Führungsebene des Unternehmens tätig werden. Dass diesbezüglich auch im Übrigen keine Bedenken geboten sind, zeigt sich auch daran, dass z.B. Vorstände einer eingetragenen Genossenschaft Geschäftsleiter i.S.d. KWG werden können (BVerwG, Urteil v. 1.12.1987, 1 C 8/87, BVerwGE 78, 297), für diese jedoch grundsätzlich gilt, dass sie der Sozialversicherungspflicht unterliegen (BSG, Urteil v. 21.2.1990, 12 RK 47/87, SozR 3-2940 § 3 Nr. 1 - nicht zum KWG).
124Den Klägern ist auch nicht insofern beizupflichten, dass der Kläger zu 1) jeder missliebigen Weisung der Gesellschafterin stets mit Hinweis auf den sog. Grundsatz der Alleinverantwortlichkeit der Geschäftsleiter nach dem KWG/ZAG entgehen kann. Nach diesem Grundsatz müssen die Geschäftsleiter eigenverantwortlich tätig sein, bestimmenden Einfluss auf die laufenden Geschäfte nehmen und sich gegenseitig kontrollieren, vertreten und entlasten können. Dabei ist der Geschäftsleiter nicht eigenverantwortlich tätig, wenn er weisungsunterworfen ist (Schwennicke, a.a.O. § 33 Rdnr. 66; BVerwG, Urteil v. 1.12.1987, 1 C 8/87, BVerwGE 78, 297).
125Die Auslegung dieses Grundsatzes durch die Kläger i.S. einer allumfassenden Weisungsfreiheit des Klägers zu 1) begegnet zunächst Bedenken im Hinblick auf die eindeutige Vertragslage. Dieser Grundsatz findet seinen Niederschlag weder in dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin zu 2) noch in der darauf basierenden Geschäftsordnung für die Geschäftsführung oder in dem mit dem Kläger zu 1) geschlossenen Anstellungsvertrag. Aus ihr folgt stattdessen, wie bereits festgestellt, das umfassende Weisungsrecht der Klägerin zu 2). Die Verträge sind nach Bekunden der Kläger auch nicht geändert worden, obwohl es grundsätzlich rechtlich wirksam möglich ist, z.B. Überwachungsaufgaben der Gesellschafterversammlung der Klägerin zu 2) auf andere Organe, etwa den Geschäftsführer, zu übertragen. Das gilt jedenfalls, solange ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Leitungsmacht und Kontrolle übrigbleibt (vgl. insg.: Schmidt in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 46 Rdnr. 113). Von dieser Möglichkeit wurde jedoch kein Gebrauch gemacht.
126Das scheint offenkundig aufsichtsrechtlich auch nicht erforderlich gewesen zu sein. Denn nach § 8 Abs. 3 Nr. 11 ZAG hatte die Klägerin zu 2) bei der beantragten Erlaubnis der BaFin ihren Gesellschaftsvertrag einzureichen. Wesentliche Änderungen sind dieser zudem nach § 8 Abs. 6 ZAG ebenfalls mitzuteilen. Der Kläger zu 1) hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass auch der Anstellungsvertrag und die Geschäftsordnung der BaFin vorgelegt worden und ihr daher bekannt seien. Beanstandungen durch die BaFin sind jedoch weder vorgetragen worden noch für den Senat ersichtlich.
127Entgegen der Auffassung der Kläger liegen auch keine weiteren einzelfallbezogenen Umstände vor, die abweichend vom Regelfall eine Bindung des Klägers zu 1) an das willensbildende Organ der Klägerin zu 2), d.h. die Gesellschafterversammlung, ausschließen und damit einer für ein Beschäftigungsverhältnis typischen Abhängigkeit von der Klägerin zu 2) entgegenstehen. Solche besonderen Umstände sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausnahmsweise dann angenommen worden, wenn die übrigen Gesellschafter tatsächlich ihre Gesellschafterrechte nicht wahrgenommen und in keiner Weise in die Betriebsführung eingegriffen haben und der Geschäftsführer wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken geführt hat, d.h. schalten und walten konnte, wie er wollte. Ein derartig beherrschender Einfluss ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung teilweise bei Geschäftsführern in Familiengesellschaften bejaht worden, wenn der Geschäftsführer mit den Gesellschaftern familiär verbunden war, die Geschäftsführertätigkeit durch familienhafte Rücksichtnahme geprägt war und es an der Ausübung der Gesellschafterrechte durch die Gesellschafter völlig mangelte (BSG, Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, juris: Keine Ausübung von Gesellschafterrechten durch die Ehefrau des Geschäftsführers; BSG, Urteil v. 29.10.1986, 7 RAr 43/85, juris: Keine Ausübung von Gesellschafterrechten durch die Kinder des Geschäftsführers; BSG, Urteil v. 7.9.1988, 10 RAr 10/87, SozR 4100 § 141b Nr. 41).
128Ein solcher einzelfallbezogener Umstand ist nicht in dem klägerischen Vortrag zu sehen, dass die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der Klägerin zu 2) nur insoweit gelebt werde, wie keine aufsichtsrechtlichen Kollisionen zu befürchten seien und sie gleichsam im Sinne einer "praktischen Konkordanz" einschränkend dahingehend ausgelegt werde, dass Rechte seitens der Gesellschafterversammlung in diesen Fällen nicht wahrgenommen würden. Zunächst sind Weisungsrechte stets im Rahmen der geltenden Gesetze auszuüben, welche auch das ZAG einschließen. Übt die Gesellschafterversammlung ihr Weisungsrecht tatsächlich bei Kollision mit aufsichtsrechtlichen Normen und aufgrund der für die Position des Geschäftsleiters notwendigen Zuverlässigkeit i.S.d. ZAG nicht aus, ist dies zudem letztlich Ausfluss des Umstandes, dass es sich vorliegend - nicht nur aufgrund der Tätigkeit als Geschäftsführer sondern auch wegen der in § 8 Abs. 3 Nr. 9 i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 5 ZAG besonders geforderten Geschäftsleiterqualifikation - um eine Tätigkeit höherer Art handelt, bei der das Weisungsrecht des Arbeitgebers von Vornherein eingeschränkt und zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert ist (vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris).
129Ein stark abgeschwächtes Weisungsrecht ist für die ausgeübte Tätigkeit ebenso wie z.B. bei der Wahrnehmung von Tätigkeiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Dennoch werden auch Tätigkeiten für leitende Angestellte im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (st. Rspr. seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr. 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr. 2 zu § 2 AVG S. 4; in jüngerer Zeit z.B. BSG SozR 3-2940 § 3 Nr. 2 m.w.N.; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; vgl. - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., juris). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (st. Rspr. BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr. 48; SozR 3-2400 § 7 Nr. 18; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 3, Rdnr. 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 6 Rdnr. 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen (BSG, Urteil v. 18.12.2001, a.a.O.; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O., juris).
130Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem MaRisk-Rundschreiben der BaFin vom 15.12.2010. Nach AT 4.2.3 ist zwar die Geschäftsleitung verantwortlich für die Festlegung und Anpassung der Strategien; diese Verantwortung ist auch nicht delegierbar. Da unter Delegation allerdings grundsätzlich eine Übertragung von Aufgaben in eine - gleich- bzw. untergeordnete - Organisationsebene zu verstehen ist, tangiert dieser Grundsatz nicht das Verhältnis der Geschäftsführer zur Gesellschafterversammlung. Es ist vorliegend auch nicht relevant, ob die Geschäftsführung von sich aus eigene Aufgaben auf Dritte überträgt, sondern ob ihr ohne ihr Einverständnis Weisungen erteilt werden können.
131Soweit der Kläger zu 1) geltend macht, er habe aufgrund besonderer Branchenkenntnisse und der durch die BaFin geprüften Geschäftsleiterqualifikation i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 9 i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 5 ZAG eine faktisch beherrschende Stellung in der Gesellschaft inne und könne deshalb quasi schalten und walten, wie er wolle, stimmt dies mit den rechtlichen Verhältnissen nicht überein.
132Zwischen den beiden Geschäftsführern der Klägerin zu 2) gab und gibt es entsprechend ihrer Qualifikation und ihrer beruflichen Kenntnissen eine Aufgabenverteilung nach Geschäftsbereichen (vgl. dazu bereits: Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O., juris). So ist der weitere Geschäftsführer, Herr L, vornehmlich für den Vertrieb, Produktgestaltung, Personal, Auslagerung von IT-Leistungen sowie Geldwäschecompliance und der Kläger zu 1) als Geschäftsführer für Risikomanagement, Controlling, Rechnungswesen, Finanzen sowie für das Anzeige- und Meldewesen zuständig. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass jeder Geschäftsführer für seinen Geschäftsbereich ein besonderes Fachwissen und spezielle Kenntnisse und Erfahrungen einbringt, die ihn befähigen, in seinem Zuständigkeitsbereich für die Gesellschaft erfolgreich tätig zu sein (Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O., juris).
133Dabei ist unerheblich, dass das Ressortprinzip letztlich Ausfluss des in § 8 Abs. 3 Nr. 9 ZAG zwingend vorgeschriebenen sog. Vier-Augen-Prinzips ist. Danach war die Klägerin zu 2) verpflichtet, über zwei Geschäftsleiter zu verfügen. Dieses Prinzip soll gerade den Gefahren entgegenwirken, die sich bei der Leitung eines Zahlungsinstituts nur durch einen Geschäftsleiter durch Krankheit, Urlaubsabwesenheit und durch fehlende Kontrolle bei nicht erkennbarer Unzuverlässigkeit ergeben können. Es soll damit auch die Aufdeckung krimineller Handlungen durch einzelne Geschäftsleiter ermöglichen (Schwennicke, a.a.O. § 33 Rdnr. 64). Das setzt gerade eine gegenseitige Kontrolle der Geschäftsleiter untereinander voraus, schränkt gleichzeitig die Handlungsfähigkeit des einzelnen Geschäftsleiters ein und bewirkt ein arbeitsteiliges Zusammenwirken, welches auch in der Geschäftsordnung seinen Niederschlag gefunden hat und letztlich eine faktisch beherrschende Stellung eines Geschäftsleiters ausschließt.
134Dass das erforderliche Fachwissen und die Zuverlässigkeit nach dem ZAG zudem im Ressort des Klägers zu 1) allein durch diesen sicherzustellen sei und die Klägerin zu 2) sich im Falle eines Zerwürfnisses nicht von ihm hätte trennen können, ist nicht ersichtlich (vgl. dazu BSG, Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, USK 2013-39). Dass dabei die eigentliche Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern nicht im Gesellschaftsvertrag geregelt sind, schadet diesbezüglich nicht. Insofern sind die gesetzlichen Regelungen anzuwenden, wonach nach § 46 Nr. 5 GmbHG ihre Bestellung und Abberufung der Gesellschafterversammlung obliegt. Dabei verkennt der Senat nicht, dass nach § 8 Abs. 3 Nr. 9 ZAG die von der BaFin erteilte Erlaubnis auch die Namen der für die Geschäftsleitung des Zahlungsinstitutes verantwortlichen Personen sowie deren Nachweis über Zuverlässigkeit, Kenntnisse und Fähigkeiten beinhaltet und die Klägerin zu 2) daher in der Auswahl der Geschäftsführer eingeschränkt ist. Innerhalb des Kreises der Kandidaten, die die aufsichtsrechtlichen Anforderungen erfüllen, ist sie frei, Geschäftsführer zu bestellen und innerhalb des bestehenden Rechtsverhältnisses auch wieder abzuberufen.
135Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind nicht ersichtlich.
136Zunächst verfügt der Kläger zu 1) nicht über eine eigene, unabhängig von dem Betrieb der Klägerin zu 2) bestehende Betriebsstätte. Er hat auch kein erhebliches, für eine selbständige Tätigkeit maßgeblich sprechendes Unternehmerrisiko zu tragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium dafür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist.
137Eine solche Ungewissheit ist nicht festzustellen, soweit es um den Einsatz der Arbeitskraft des Klägers zu 1) geht. Denn er erhielt ein monatliches, erfolgsunabhängiges Festgehalt in Höhe von 7.083,33 Euro (85.000,00 Euro Jahresgehalt) und ab dem 1.7.2013 in Höhe von 8.333,33 Euro (100.000,00 Euro Jahresgehalt).
138Zudem sind (erfolgsabhängige) Tantiemen von der Klägerin zu 2) ausgeschüttet worden. Ihnen kommt jedoch nur Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, mwN, juris, Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O. juris). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist, ist deren Gewicht für die Abgrenzung der Beschäftigung gegenüber einer selbständigen Tätigkeit nicht allein erheblich. Diese ergebnisabhängige Verdienstmöglichkeit führt vorliegend zwar zu einem wirtschaftlichen Eigeninteresse des Klägers. Da aber schon das Festgehalt in Höhe von 85.000,00 Euro (bzw. ab dem 1.7.2013 100.000,00 Euro) jährlich die ergebnisabhängigen Tantiemen in Höhe von 18.148,00 Euro im Jahr 2010, 43.706,00 Euro im Jahr 2011 und 43.379,00 Euro im Jahr 2012 deutlich überschreitet, kann der Tantiemengewährung nach den vorgenannten Grundsätzen keine ausschlaggebende Bedeutung bei der Gesamtabwägung zukommen.
139Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vereinbarten Haftung auf Schadensersatz. Die Haftung für Pflichtverletzungen ist für Arbeitnehmer nicht untypisch. So haftet der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) im Rahmen eines dreistufigen Haftungsmodells nicht für leichte Fahrlässigkeit und anteilig für mittlere Fahrlässigkeit. Die volle Haftung muss er für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz übernehmen (BAG GS, Beschluss v. 27.9.1994, GS 1/89 (A), AP Nr. 103 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers, BAG, Urteil v. 25.9.1997, 8 AZR 288/96, AP Nr. 111 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; Griese in: Küttner, Personalbuch 2012, Arbeitnehmerhaftung, Rdnr. 12f.). Zwar ist die Haftung gegenüber diesem Haftungsmodell erweitert. Es ist jedoch nicht ersichtlich, inwieweit dieser erweiterten Haftung eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten gegenübersteht.
140Mangels Mitunternehmerschaft war der Kläger zu 1) weitergehend weder am Gewinn noch am Verlust der Klägerin zu 2) beteiligt. Er genoss zudem den üblichen sozialen Schutz einer Entgeltfortzahlung in Urlaubs- und Krankheitsfall.
141Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
142Die Beklagte hat zu Recht die Versicherungspflicht ab dem 1.7.2010 festgestellt, da die Voraussetzungen für einen späteren Beginn gemäß § 7 a Abs. 6 SGB VI nicht vorliegen. Die Antragstellung gemäß § 7 a Abs. 1 SGB IV ist bereits nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgt.
143Diese umfasst die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dabei ist der Kläger zu 1) nicht nach § 1 Satz 4 SGB VI als versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung anzusehen. Danach sind Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wobei Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG als ein Unternehmen gelten. Diese Regelung ist entgegen der Ansicht der Kläger nicht anwendbar. Der Kläger zu 1) ist weder Gesellschafter der Klägerin zu 2) noch hält er Anteile an einem Konzernunternehmen. Eine analoge Anwendung auf ihn als GmbH-Fremdgeschäftsführer kommt gleichfalls nicht in Betracht. Während die Rechtsstellung von stellvertretenden Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften und Vorstandsmitglieder großer Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit (BSG, Urteil v. 27.3.1980, 12 RAr 1/79, BB 1980, 1473), auf die die Regelung gleichfalls Anwendung findet, nach § 94 AktG und § 34 des Gesetzes über die Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen (VAG) überwiegend den Vorschriften für Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft folgt, ist dies bei GmbH-Geschäftsführern gerade nicht der Fall (abgelehnt für Vorstandsmitglieder eingetragener Vereine: BSG, Urteil v. 19.6.2011, B 12 KR 44/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 18; vgl. insg.: Segebrecht in: Kreikebohm, SGB VI, 4. Aufl. 2013, § 1 Rdnr. 42; Vor in: jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 1 Rdnr. 95ff.).
144Eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht hingegen entsprechend den Feststellungen der Beklagten wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht.
145Da es sich um einen Rechtsstreit u.a. des Versicherten handelt, ist dieser gerichtskostenfrei (Senat, Beschluss v. 24.3.2011, L 8 R 1107/10 B, juris). Die Entscheidung über die Kosten beruht demnach auf §§ 183, 193 SGG. Im Rahmen seines Ermessens hat der Senat von einer Kostenquotelung trotz der erst im Berufungsverfahrens entsprechend den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergangenen Bescheide vom 15.11.2013 aufgrund der Geringfügigkeit des diesbezüglichen Obsiegens abgesehen.
146Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des BSG.
(1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.
(2) Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen.
(3) Die Gesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs.
Ist eine Firma im Handelsregister eingetragen, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, daß das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei.
Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten.
Die Kommanditisten sind von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen; sie können einer Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter nicht widersprechen, es sei denn, daß die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgeht. Die Vorschriften des § 116 Abs. 3 bleiben unberührt.
(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind
- 1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind; - 2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind; - 3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.
(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.
(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit
- 1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind; - 2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.
(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.
Tenor
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Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 betrifft.
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In diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückgewiesen.
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Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.
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Der am 1961 geborene Kläger arbeitete aufgrund eines Anstellungsvertrags vom 11.2.1986 zunächst als Schlosser und nach Ablegen der Meisterprüfung noch im selben Jahr als Betriebsleiter bei der Beigeladenen zu 1., einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Rührwerksbau". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war bis zu seinem Tod am 11.5.2001 der Vater des Klägers. Die Geschäftsanteile erbte dessen Ehefrau; der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 31.8.2001 zum Geschäftsführer bestellt. Bereits am 30.4.1996 hatte der Vater des Klägers "gemäß § 48 Abs 2 GmbHG" folgende Niederschrift verfasst:
"… Aus gesundheitlichen Gründen werden meine Kinder S. und M. die Leitung des Unternehmens übernehmen. Mein Sohn wird aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens übernehmen, meine Tochter den kaufmännischen Teil, aufgrund ihrer Ausbildung beim Steuerberater. Die entsprechenden Vollmachten werden beiden Kindern umgehend erteilt. Ab sofort nehmen die Kinder am betrieblichen Erfolg mit einer Gewinntantieme teil und sind vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Auf das Weisungsrecht meinerseits verzichte ich. Arbeits- und Urlaubszeit kann nach Lage der Gesellschaft frei bestimmt und gestaltet werden."
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Der Kläger war bis 30.11.1999 Mitglied der beklagten Krankenkasse, seit 1.1.1996 aufgrund freiwilliger Versicherung. Nachdem eine neu gewählte Krankenkasse festgestellt hatte, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. für spätere Zeiträume nicht versicherungspflichtig in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 14.9.2005 eine entsprechende Beurteilung auch für den (nun streitigen) Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 durch die Beklagte als Einzugsstelle. Diese stellte mit Bescheid vom 23.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 20.4.2006 fest, dass der Kläger in diesem Zeitraum bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Das SG hat die auf Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.11.2008).
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Auf die Berufung des Klägers hat das LSG unter Aufhebung des Urteils des SG und der Bescheide der Beklagten festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe (Urteil vom 22.9.2010): Für eine Beschäftigung sprächen ua die fehlende Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung des Klägers, die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags und die begrenzte Befugnis des Klägers, die Geschicke "der Firma" rechtsverbindlich zu gestalten. Demgegenüber sprächen die tatsächlichen Verhältnisse gegen eine Beschäftigung. So habe sein Vater dem Kläger mit der Niederschrift vom 30.4.1996 unter Verzicht auf sein Weisungsrecht die Unternehmensleitung übertragen. Dadurch habe der Kläger zusammen mit seiner Schwester nach eigenem Gutdünken frei "schalten und walten" können. Durch Übernahme einer Bürgschaft über 100 000 DM habe er ein wirtschaftliches Risiko getragen und sei am Gewinn der Firma beteiligt gewesen. Er habe die alleinigen Branchenkenntnisse in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte gehabt, sei vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen und habe Kundengespräche geführt, Angebote eingeholt sowie Kalkulationen erstellt, ohne sich im Einzelnen mit seinem Vater abzusprechen. Diesen tatsächlichen Verhältnissen komme bei der rechtlichen Beurteilung Vorrang gegenüber den vertraglichen Regelungen zu.
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Mit der allein vom ihm eingelegten Revision rügt der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG seit dem Jahr 2006 (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da das LSG sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt habe, "dass eine im Widerspruch zu getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung unabhängig von der rechtlichen Möglichkeit einer formlosen Abbedingung vorgehen bzw. auch dann, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich nicht möglich ist". Das LSG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger am Stammkapital der zu 1. beigeladenen GmbH nicht beteiligt gewesen sei und bezogen auf die Gesellschaft keinerlei "Rechtsmacht" besessen habe. Diese Rechtsmacht habe trotz des Verzichts auf ein Weisungsrecht bei dessen Vater, dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1., gelegen. Zudem habe der Kläger die Beigeladene zu 1. nicht wie ein Alleininhaber, sondern nur zusammen mit seiner Schwester geleitet.
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Die Beigeladene zu 2. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufzuheben, soweit dieses unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2006 festgestellt hat, der Kläger habe in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen,
ferner, insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angegriffene Urteil. Insbesondere sei mit der Niederschrift vom 30.4.1996 bereits die Bevollmächtigung beider Kinder durch ihren Vater erfolgt, der zugleich auf sein Weisungsrecht sowohl als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter verzichtet habe. Darauf, dass die Unternehmensleitung gemeinsam mit der - im Übrigen als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuften - Schwester erfolgte, komme es nicht an.
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Die Beklagte und die zu 3. beigeladene Bundesagentur für Arbeit schließen sich der Rechtsansicht der Beigeladenen zu 2. an, die Beigeladene zu 3. ohne einen Antrag zu stellen.
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Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.
Entscheidungsgründe
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Die auf die angefochtene Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten sind bezogen darauf rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem Umfang aufzuheben und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.
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1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtlich auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Vorliegend lässt das Revisionsvorbringen noch hinreichend deutlich erkennen, dass die Beigeladene zu 2. die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den tatsächlichen Verhältnissen generell Vorrang gegenüber den gesellschafts- und arbeitsvertraglichen Regelungen zu, und dass sie dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.
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2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.
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Zu Unrecht hat das LSG hier die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Bescheide der Beklagten sowie das SG-Urteil insoweit aufgehoben. Dabei ist das LSG zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Tatbestand der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen; es hat jedoch die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Wiederum zutreffend hat das LSG eine Tätigkeit in einem fremden Betrieb vorausgesetzt und den "Anstellungsvertrag" des Klägers zum Ausgangspunkt der weiteren Prüfung und seiner Tatsachenfeststellungen gemacht (hierzu b). Im Ergebnis keinen Bestand haben indes die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des LSG sowie seine davon ausgehende Bewertung des Gesamtbildes der Erwerbstätigkeit (hierzu c). Dabei steht der Einordnung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. als (abhängige) Beschäftigung die Rechtsprechung des BSG zur Tätigkeit in Familiengesellschaften nicht entgegen (hierzu d).
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a) In den Jahren 1996 bis 1999, die hier in Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der RV der Versicherungspflicht (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI; ab 1.1.1998 idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).
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Zutreffend weist die Beigeladene zu 2. in ihrer Revisionsbegründung darauf hin, dass zur Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-25).
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Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier zwar von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu unten c). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass das LSG keine Feststellungen dazu getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen die Bestimmungen des Anstellungsvertrags überhaupt abdingbar waren.
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b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.
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Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 11.2.1986, der deren Vertragsverhältnis zunächst ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG - lückenhaft - festgestellten Inhalt - regelmäßiges Entgelt, feste wöchentliche Arbeitszeit, Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Nach abgelegter Meisterprüfung wurde der Kläger sodann als Betriebsleiter eingesetzt; hiermit evtl verbundene rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" hat das LSG aber ebenso wenig festgestellt, wie es Feststellungen zur Frage dafür einzuhaltender möglicher Formerfordernisse bei Vertragsänderungen getroffen hat.
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Eine weitere Änderung der Stellung des Klägers erfolgte aufgrund der als Gesellschafterbeschluss (§ 48 GmbHG) auszulegenden Niederschrift seines Vaters vom 30.4.1996 mit der Übertragung der "Leitung" des technischen und gewerblichen Bereichs der GmbH an ihn. Dieser Beschluss enthielt gleichzeitig eine Befreiung des Klägers vom Selbstkontrahierungsverbot und einen Verzicht seines Vater - des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1. - auf ein Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Zudem wurde dem Kläger eine Gewinntantieme zugesagt und das Recht eingeräumt, über seine eigene Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass dies auch der betrieblichen Praxis entsprach. So führte der Kläger fortan die Kundengespräche, holte Angebote ein und stellte Kalkulationen auf, ohne im Einzelnen Rücksprache mit seinem Vater zu nehmen. Der Kläger war Ansprechpartner für Kunden und für Mitarbeiter. Zumindest einen Mitarbeiter stellte er ein, wenn auch der Arbeitsvertrag auf Seiten der Beigeladenen zu 1. vom Vater des Klägers unterschrieben wurde. Der Vater hatte sich - obwohl täglich im Betrieb anwesend - nach den Feststellungen des LSG "nicht mehr eingemischt" und nahm auch auf die Einstellung von Personal keinen Einfluss mehr.
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Offenbleiben kann vorliegend, ob die in der Niederschrift des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 erwähnten Vollmachten für den Kläger zu diesem Zeitpunkt oder später tatsächlich erteilt wurden und ob die Beigeladene zu 2. insoweit eine zulässige Sachrüge erhoben hat. Denn auch für den Fall, dass dem Kläger die zur Leitung des technischen und gewerblichen Teils der Beigeladenen zu 1. erforderlichen Vollmachten erteilt wurden, tragen die vom LSG festgestellten Umstände nicht dessen rechtlichen Schluss, dass sich mit der Niederschrift vom 30.4.1996 der Charakter der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. dahingehend wandelte, dass der Kläger nunmehr selbstständig tätig sein sollte.
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c) Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 1. auch in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.
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Eine Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - etwa in Form eines freien Dienstverhältnisses - ergibt sich nicht daraus, dass der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. durch Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 auf "das Weisungsrecht" gegenüber dem Kläger verzichtete und diesem das Recht einräumte, seine Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Zwar unterlag der Kläger dadurch nicht mehr umfassend einem Weisungsrecht seines Arbeitgebers - handelnd durch den weiterhin allein als Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH im Handelsregister eingetragenen Vater - hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (wie das LSG im vorliegenden Fall anhand der Aussage des Zeugen R. festgestellt hat).
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Eine solche noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes bestand bei dem Kläger auch nach dem 30.4.1996. Durch den Gesellschafterbeschluss erlangte er die Stellung eines Angestellten, der nach den Feststellungen des LSG auch in der betrieblichen Praxis den technischen und gewerblichen Teil der Beigeladenen zu 1. mit "entsprechenden Vollmachten" eigenverantwortlich zu leiten hatte. Dennoch blieb der Kläger weiterhin in die durch die Beigeladene zu 1. bzw ihren gesellschaftsrechtlich maßgebenden Geschäftsführer (= Vater des Klägers) vorgegebene Organisation eingebunden, da seine Leitungsmacht nur auf einen bestimmten Unternehmensteil beschränkt war, während die Leitung des kaufmännischen Teils der Beigeladenen zu 1. ausschließlich seiner Schwester oblag. Die Vollmacht, diese Entscheidung zur konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Organisation auf der Leitungsebene zu ändern, besaß der Kläger nicht. Selbst innerhalb des ihm zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs war seine Vertretungsbefugnis rechtlich zwingend auf den Umfang einer rechtsgeschäftlichen Handlungsvollmacht iS von § 54 Handelsgesetzbuch (HGB) begrenzt, die sich zwar auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb üblich sind, die jedoch nicht auf eine unmittelbare Vertretung der Gesellschaft, sondern lediglich auf ein (rechtlich nachgeordnetes) Handeln in Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet war(BGH Urteil vom 20.10.2008 - II ZR 107/07 - NJW 2009, 293, 294 mwN). Schon von Gesetzes wegen (§ 54 Abs 2 HGB) waren jedenfalls die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von Darlehen und die Prozessführung von der Bevollmächtigung ausgenommen. Die anderenfalls notwendige besondere Erteilung der Vollmacht auch für diese Befugnisse hat das LSG nicht festgestellt. Darüber hinaus unterlag der Kläger selbst in dem ihm danach zugewiesenen eingeschränkten Vollmachtsrahmen zwingend der Kontrolle des GmbH-Geschäftsführers (vgl zu dessen Stellung allgemein zB Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl 2010, § 35 RdNr 76 mwN). Soweit der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingeschäftsführer der Beigeladenen zu 1. diese Kontrolle tatsächlich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausübte, etwa weil - wie das LSG herausstellt - er sich darauf verließ, dass der Kläger die einzelnen Aufträge ordnungsgemäß einholte und durchführte, ist dies für die hier vorzunehmende Abgrenzung ebenso unbeachtlich, wie ein auch die zur Ausübung dieser Kontrolle notwendigen Weisungen umfassender Verzicht auf das Weisungsrecht, denn insoweit wären die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten (hierzu bereits oben a). Im Übrigen deutet sogar die Feststellung des LSG, der Zeuge R. sei "von dem Kläger eingestellt worden", den Arbeitsvertrag habe jedoch der Vater unterschrieben, darauf hin, dass die dem Kläger erteilten Vollmachten auch in der betrieblichen Praxis nicht umfassend, sondern begrenzt waren.
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Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. Gleichzeitig blieb seine Position innerhalb des Unternehmens ohnehin deutlich hinter der organschaftlich begründeten Stellung eines Geschäftsführers - als solcher wurde er trotz der vorgenommenen Änderungen (weiterhin) nicht bestellt, sondern erst nach dem Tod des Vaters Ende August 2001 - zurück. Bereits aufgrund einer solchen Unterordnung unter den Geschäftsführer ist regelmäßig von einer Beschäftigung auszugehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448 S 253).
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Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG auch solche Einflussmöglichkeiten zu beachten, soweit sie einem Geschäftsführer selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f), doch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die am 5.2.1994 für die Beigeladene zu 1. übernommene Bürgschaft des Klägers über 100 000 DM ihm eine solche Einflussnahme ermöglichte. Aus diesem Grunde war der durch den Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 erfolgte, in seinem Umfang ohnehin begrenzte Verzicht auf das Weisungsrecht nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich im Konfliktfall jederzeit widerrufbar, ohne dass der Kläger dieses hätte verhindern können.
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Für eine fortbestehende Eingliederung in eine vorgegebene betriebliche Ordnung trotz des - wie aufgezeigt - begrenzten Verzichts auf ein Weisungsrecht spricht auch die im Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 festgelegte Bindung der vom Kläger im Übrigen frei selbst zu bestimmenden Arbeits- und Urlaubszeit an die "Lage der Gesellschaft" (in diesem Sinne zur Bindung der Urlaubsplanung an die Bedürfnisse der Geschäftsführung BSG SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 17). Dass der Kläger im Rahmen der ihm erteilten begrenzten Vollmachten vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer einer kleineren GmbH bereits entschieden hat (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1, RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17)- nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.
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Ebenso hat das BSG bereits entschieden, dass die Gewährung einer Tantieme als solche nicht genügt, um eine Beschäftigung auszuschließen (vgl BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53). Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kommt Tantiemen nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 18 mwN). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist (vgl zB BSG SozR 2100 § 17 Nr 3; BSG Urteil vom 28.4.1982 - 12 RK 12/80 - Die Beiträge 1982, 382 = USK 8244), ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering. Wie die Gewichtung beispielsweise bei einer Tätigkeit in einem Einzelunternehmen zu beurteilen ist, wenn die Tätigkeit im fremden oder im (auch) eigenen Betrieb in Frage steht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb scheidet hier bereits aufgrund der Rechtsform der Beigeladenen zu 1., einer GmbH, an deren Stammkapital der Kläger nicht beteiligt war, aus (vgl oben unter b). Daher ist es auch unschädlich, dass das LSG die konkrete Höhe der Tantieme und Anlass, zu sicherndes Risiko sowie Fortbestand der Bürgschaft während des streitigen Zeitraums nicht festgestellt hat und somit das Ausmaß des wirtschaftlichen Eigeninteresses des Klägers am Erfolg der Beigeladenen zu 1. nicht einmal genau feststeht.
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Soweit das LSG im Hinblick auf die Bürgschaft über ein wirtschaftliches Eigeninteresse hinaus auch ein "typisches Unternehmerrisiko" des Klägers angenommen und als Indiz für eine Selbstständigkeit gewertet hat, erfasst es die Bedeutung dieses Merkmals im vorliegenden Kontext nicht zutreffend. So kann eine Bürgschaft wie die des Klägers für die Beigeladene zu 1., bei der er die hier streitige Tätigkeit ausübt, in erster Linie für die Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein. Für die vorliegend vorzunehmende Zuordnung einer Tätigkeit in einem - wie oben dargelegt zweifellos - fremden Betrieb ist ihre Bedeutung jedoch gering. Denn diese Bürgschaft begründete kein mit der Tätigkeit - sei es als Beschäftigter oder selbstständiger Dienstverpflichteter - des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. verbundenes Risiko. Es handelt sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil die Bürgschaft für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe für ihre Bestellung sind vielmehr außerhalb der Beschäftigung bzw des Dienstverhältnisses zu suchen (vgl hierzu allgemein Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 153). Bezogen auf seine Tätigkeit hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm nach den Feststellungen des LSG auch nach dem 30.4.1996 unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf "die Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes" zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Kläger - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen.
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d) Die Annahme von Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. kann schließlich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG zur Versicherungspflicht von in Familiengesellschaften verrichteten Tätigkeiten gestützt werden.
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Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings
: BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37) . Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).
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Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür Einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, größere Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, aaO, § 7 RdNr 124). Eine solche "SchönwetterSelbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).
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Auf die dargestellte Frage kommt es vorliegend nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger habe seit April 1996 die Geschäfte der Beigeladenen zu 1. "nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten" können (vgl dazu BSG <11. Senat> BSGE 66, 168, 171 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4), nicht tragen. So hat das LSG seine Schlussfolgerung bereits selbst dahin eingeschränkt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1. "mit seiner Schwester allein" geführt habe (Seite 15 des Urteils) bzw nur zusammen mit ihr habe führen können. In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, dass das LSG keine Feststellungen zum Umfang des Einvernehmens zwischen dem Kläger und seiner Schwester getroffen hat. Denn auch bei großzügiger Auslegung des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 war die Leitungsmacht des Klägers ausschließlich auf "den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens" beschränkt. Nur die darauf bezogenen "entsprechenden Vollmachten" wurden erteilt oder sollten noch erteilt werden. Die Leitung der Beigeladenen zu 1. insgesamt war dem Kläger damit nicht übertragen worden. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Schwester und den - wenn auch zunehmend nur noch der Form halber - weiterhin an der Unternehmensleitung mitwirkenden Vater derart dominiert hätte, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Gesamtleitung der Beigeladenen zu 1. allein durch den Kläger vorgelegen hätte. Vielmehr hat auch das LSG alleinige Branchenkenntnisse des Klägers nicht in allumfassender Weise, sondern nur in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte festgestellt. Die Leitung des kaufmännischen Teils des Unternehmens hatte der Vater des Klägers gerade mit Rücksicht auf deren durch eine Ausbildung bei einem Steuerberater erworbenen Kenntnisse der Schwester des Klägers übertragen. Zudem verfügte der Vater des Klägers über langjährige Erfahrung in der Leitung des Gesamtunternehmens, die er als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bereits zu einem Zeitpunkt innehatte, bevor der Kläger die Meisterprüfung ablegte und zum Betriebsleiter bestellt wurde. Zugleich spricht der Umstand, dass der Kläger und seine Schwester trotz Übertragung bereichsbezogener Leitungsfunktionen und eines Verzichts des Vaters auf "das Weisungsrecht" nicht zu Geschäftsführern berufen wurden, dafür, dass sich der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Kontrolle und Letztentscheidungsbefugnis zumindest bezüglich grundlegender unternehmerischer Entscheidungen vorbehalten wollte. Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1. im Erbgang an die Mutter und nicht den Kläger und seine Schwester fiel, dafür, dass ihr Vater das Unternehmen trotz seiner fortschreitenden Krankheit jedenfalls während des hier zu beurteilenden Zeitraums noch nicht vollständig an seine Kinder übergeben hatte.
Tenor
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Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. werden das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 22. Oktober 2009 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. in der Zeit vom 1. Februar 2003 bis 31. Dezember 2005 betrifft.
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Insoweit wird die Klage abgewiesen.
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Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 1.2.2003 bis 31.12.2005 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.
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Der 1975 geborene Kläger war bereits während seines Gartenbaustudiums für die Beigeladene zu 1. - eine GmbH & Co. KG mit dem Unternehmensgegenstand "Handel mit Baumschulerzeugnissen" - tätig. Persönlich haftende Gesellschafterin war die " H Verwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung" (im Folgenden: Komplementär-GmbH). Gesellschafter der Komplementär-GmbH waren ursprünglich die Eltern des Klägers mit einer Einlage in Höhe von insgesamt 20 000 DM sowie Herr D (im Folgenden D.) mit einer Einlage in Höhe von 30 000 DM. D. war zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Kommanditisten der Beigeladenen zu 1. waren D. mit einer Kommanditeinlage von 15 000 DM und die Mutter des Klägers mit einer Kommanditeinlage von 10 000 DM. Die Beigeladene zu 1. ist dem Einzelunternehmen "Baumschule H" (im Folgenden: Baumschule) "vorgeschaltet", um die Baumschule von Haftungsrisiken aus dem Handel mit den Erzeugnissen zu entlasten. Die Baumschule verkauft sämtliche Pflanzen an die Beigeladene zu 1., die sie wiederum an Gartenzentren weiterverkauft. Die Baumschule ist der einzige Lieferant der Beigeladenen zu 1. Sie verfügte über ca 100 Beschäftigte, während die Beigeladene zu 1. als "Vertriebsgesellschaft" über neun Beschäftigte verfügte. Die Baumschule ist ein Hof im Sinn der Höfeordnung. Der Kläger ist der einzige Hoferbe. Die Nachfolge ist zum 1.1.2006 tatsächlich vollzogen worden. Der Kläger führt seit diesem Zeitpunkt auch die Geschäfte der Baumschule und hat deren Bewirtschaftung übernommen.
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Der Kläger wurde durch einen zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen "Anstellungsvertrag" vom 27.1.2003 neben dem Geschäftsführer D. zum weiteren Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. bestellt. In dem Vertrag wurde festgehalten, dass der Geschäftsführer berechtigt und verpflichtet ist, die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages und einer etwaigen Geschäftsführerordnung allein zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft allein zu führen. Weiterhin wurde der Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Als Monatsgehalt wurde ein Betrag in Höhe von 2100 Euro brutto vereinbart. Im Krankheitsfall sollte eine sechsmonatige Weiterzahlung der Bezüge erfolgen. Als Jahresurlaub wurden 24 Arbeitstage vereinbart. Zeitgleich mit der Übernahme der Leitung der Baumschule wurde der Kläger am 1.1.2006 Gesellschafter der Beigeladenen zu 1.
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Durch Bescheid vom 23.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.2007 stellte die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle aufgrund der Angaben des Klägers in einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung fest, dass der Kläger in der Zeit vom 1.2.2003 bis 31.12.2005 kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig sei.
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Die dagegen erhobene Anfechtungsklage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen (Urteil des SG vom 22.10.2009; Urteil des LSG vom 5.11.2010). Das LSG ist von fehlender Versicherungspflicht des Klägers ausgegangen und hat ausgeführt: Für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung sprächen zwar der Anstellungsvertrag, die Vereinbarung eines monatlichen festen Gehalts, der Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall sowie der Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub; zudem habe der Kläger mangels Kapitalbeteiligung im streitigen Zeitraum nicht die Rechtsmacht gehabt, Beschlüsse der Gesellschaft herbeizuführen oder zu verhindern. Gleichwohl habe der Kläger "in der Familiengesellschaft" wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken das Geschäft geführt. Als Geschäftsführer sei er alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen. Er habe in weitaus größerem Maße als der Mitgeschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter D. über die erforderlichen Branchenkenntnisse verfügt. Er habe bereits seine Diplomarbeit über "die Betriebswirtschaft und das Rating in seinem Unternehmen" geschrieben und konkrete Vorstellungen über die zukünftige Entwicklung des Betriebs entwickelt. Wesentliche Geschäftsbereiche habe er selbst wahrgenommen. Er habe die Verhandlungen mit wichtigen Kunden geführt, neue Märkte erschlossen, mit Banken verhandelt und sei Ansprechpartner für den Bilanzbuchhalter und den Steuerberater gewesen. Der Kläger habe über Einstellungen und Entlassungen von Mitarbeitern entschieden, soweit sie in seinem Geschäftsbereich - "dem Vertriebsunternehmen der Beigeladenen zu 1." - tätig waren. Er habe die Verantwortung getragen und das Unternehmen weiter entwickelt. Weder der Gesellschafter D. noch die Mutter des Klägers hätten seine Aktivitäten tatsächlich kontrolliert. Darüber hinaus habe der Kläger regelmäßig auf einen Teil des vertraglich vereinbarten Jahresurlaubs verzichtet. Besonders zu berücksichtigen seien die familiären Umstände und die Verbindung der beiden Unternehmen. Der Kläger habe als künftiger Mitgesellschafter der Beigeladenen zu 1. und künftiger Inhaber der Baumschule und Hoferbe ein besonderes eigenes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der "miteinander verbundenen Unternehmen" gehabt. Aufgrund der vorliegenden Konstellation sei der Mitgeschäftsführer und Gesellschafter D. eher vom Kläger abhängig gewesen als umgekehrt.
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Mit der allein von ihm eingelegten Revision rügt der RV-Träger (Beigeladene zu 2.) sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV, insbesondere eine Divergenz zur seit dem Jahr 2006 ergangenen Rechtsprechung des BSG(BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 66; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da nach der Rechtsauffassung des LSG eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheide, wenn die tatsächlichen Verhältnisse (vorliegend eine familiäre Verbundenheit und eine Verbindung von zwei Unternehmen) die für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses sprechenden rechtlichen Aspekte überlagern. Dabei habe das LSG nicht die aktuelle Rechtsprechung des BSG berücksichtigt, wonach maßgeblich die Rechtsbeziehung sei, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Bei einem Geschäftsführer, der wie der Kläger nicht Gesellschafter der GmbH ist, sei auf die ihm eingeräumte Rechtsmacht abzustellen. Sowohl der Anstellungsvertrag als auch der Gesellschaftsvertrag unterwürfen jedoch Änderungen der Vertragsbestimmungen der Schriftform. Entsprechende Änderungen seien nicht dokumentiert, weshalb davon auszugehen sei, dass der Kläger Beschlüsse der Gesellschafterversammlung weder habe herbeiführen noch verhindern können.
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Die Beigeladene zu 2. beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 und des Sozialgerichts Oldenburg vom 22. Oktober 2009 aufzuheben, soweit sie die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 1. Februar 2003 bis 31. Dezember 2005 betreffen und die Klage insoweit abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.
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Er verteidigt die angefochtenen Urteile. Er habe in Bezug auf die Beigeladene zu 1. ohne Beschränkungen handeln können. Ein nach dem Gesellschaftsvertrag eventuell erforderliches Zustimmungserfordernis der Kommanditisten für außergewöhnliche Geschäfte sei stillschweigend abbedungen worden. Die Schriftformklausel sei hierfür ohne Belang, da auch sie stillschweigend abbedungen worden sei.
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Die Beklagte hat sich dem Antrag der Beigeladenen zu 2. angeschlossen. Die Beigeladenen zu 1., 3. und 4. äußern sich nicht.
Entscheidungsgründe
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Die auf die Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 1.2.2003 bis 31.12.2005 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der beklagten Krankenkasse (als Einzugsstelle) erweisen sich insoweit als rechtmäßig. In diesem Umfang sind die Urteile des SG und des LSG aufzuheben und ist die Klage abzuweisen.
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1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Meinung ist (BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Die Revisionsbegründung macht hinreichend deutlich, dass die Beigeladene zu 2. zum einen die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den familiären Umständen und der besonderen wirtschaftlichen Verbindung zwischen zwei Unternehmen ausschlaggebende Bedeutung zu, und zum anderen dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.
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2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.
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Zu Unrecht hat das LSG die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Berufung der Beklagten gegen das die Bescheide der Beklagten aufhebende SG-Urteil zurückgewiesen. Das LSG ist zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Typus der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen, hat in diesem Rahmen aber die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den individualvertraglichen sowie handels- und gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Zutreffend hat das LSG Merkmale der konkret vom Kläger ausgeübten Tätigkeit festgestellt (hierzu b). Die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung und Beurteilung des Gesamtbilds der Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit kann jedoch aufgrund der fehlerhaften Maßstabsbildung keinen Bestand haben (hierzu c). Damit sind auch die vom LSG entscheidungserheblich in den Fokus gerückten familiären Umstände und die Verbindung der beiden Unternehmen miteinander nicht geeignet, die Annahme von Selbstständigkeit zu rechtfertigen (hierzu d).
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a) Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen RV (vgl § 1 Nr 1 SGB VI idF des Gesetzes vom 19.2.2002, BGBl I 754). Nach § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).
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Die Beigeladene zu 2. weist in ihrer Revisionsbegründung zu Recht darauf hin, dass bei der Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = ZIP 2006, 678 = Die Beiträge, Beilage 2006, 66, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl zB BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 29.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125 = Juris RdNr 17; ferner auch BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr 17, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
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Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier nach den Feststellungen des LSG zwar insbesondere von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu c). Daher vermögen auch die Gesichtspunkte "familiäre Umstände" und "Verbindung der beiden Unternehmen" kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen (hierzu d).
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b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall maßgebend, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH & Co. KG ein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.
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Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Geschäftsführertätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 27.1.2003, der deren Vertragsverhältnis bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG festgestellten Inhalt - monatliches festes Gehalt, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Auf der Grundlage dieses Vertrages wurde der Kläger als weiterer Geschäftsführer neben dem Geschäftsführer D. der Beigeladenen zu 1. tätig. Rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" - unabhängig von der Frage insoweit einzuhaltender Formerfordernisse - hat das LSG nicht festgestellt.
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c) Der Kläger verrichtete seine Geschäftsführertätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im Zeitraum vom 1.2.2003 bis 31.12.2005 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.
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Der Kläger war im streitigen Zeitraum weder an der Beigeladenen zu 1. noch an deren Komplementär-GmbH beteiligt. Er war weder Kommanditist der Beigeladenen zu 1. noch Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Vielmehr war er insoweit als Fremdgeschäftsführer anzusehen. Bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH hat das BSG jedoch regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen und diese nur unter besonderen Umständen verneint (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 79 mwN).
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Der Kläger war auch in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1. eingebunden. Nach § 2 Abs 1 des Anstellungsvertrags hatte er seine Arbeitskraft und seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Beigeladenen zu 1. zur Verfügung zu stellen.
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Der Kläger war zudem auch nicht alleiniger Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. Vielmehr war neben ihm D. als weiterer Geschäftsführer tätig. Eine Einschränkung der Befugnisse von D. als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. hat das LSG nicht festgestellt. Zwar ergibt sich aus dem vom Kläger ausgefüllten Feststellungsbogen aus dem Jahr 2006, dass er für die Geschäftsbereiche "Kredit, Steuern, Werbung, Investition" exklusiv zuständig war. Die Geschäftsbereiche "Einkauf, Vertrieb, Personal" fielen danach aber sowohl in die Zuständigkeit des Klägers als auch in die Zuständigkeit des D. Auch in der praktischen Zusammenarbeit bewahrte sich D. einen eigenen Aufgabenbereich: Nach den Feststellungen der Vorinstanzen beschränkte er seine Tätigkeit mehr auf den praktischen Bereich des Unternehmens, insbesondere auf die Verpackung und Übersendung der Ware. Auch ist ausdrücklich festgestellt worden, dass D. dem Kläger lediglich "in seinen Geschäftsbereichen" völlig freie Hand gelassen habe. Schließlich haben die Vorinstanzen auch bei der Feststellung, dass der Kläger über die Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern entschieden habe, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies nur für den Geschäftsbereich galt, für den er zuständig war.
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Weder die dem Kläger im Anstellungsvertrag eingeräumte Handlungsfreiheit noch die darin eingeräumte Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot können eine Selbstständigkeit des Klägers im Rechtssinne rechtfertigen. Dies gilt schon deshalb, weil sich nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen die Handlungsfreiheit des Klägers von vornherein nur auf bestimmte Geschäftsbereiche der Beigeladenen zu 1. bezog. Zudem hat das BSG bereits entschieden, dass die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit spricht (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1 RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17). Im Übrigen ist die Wahrnehmung von Handlungsfreiheiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Sie werden dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG S 4; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125 = Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 65; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen. Auch der von den Vorinstanzen ohne konkrete Feststellungen angeführte Verzicht des Klägers auf einen Teil des Jahresurlaubs spricht per se nicht für Selbstständigkeit, da es auch unter (abhängig) Beschäftigten vorkommt, dass diese auf einen Teil ihres Jahresurlaubs verzichten. Der Verzicht auf einen Teil des Jahresurlaubs hat somit lediglich indiziellen Charakter (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60).
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Eine solche, noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung des Klägers in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes der Beigeladenen zu 1. bestand während des gesamten streitigen Zeitraums. Als Mitgeschäftsführer blieb er in die vorgegebene Organisation der Beigeladenen zu 1. eingebunden. Der Kläger besaß keine rechtliche Möglichkeit, auf die konkrete Ausgestaltung der betrieblichen Organisation der Beigeladenen zu 1. Einfluss zu nehmen. Die Organe einer juristischen Person können nicht in einem rechtsfreien bzw der Beliebigkeit der Beteiligten unterstehenden Raum agieren. Vielmehr sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie sie insbesondere durch das Zivilrecht ausgestaltet sind, zu beachten. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass diese Rahmenbedingungen keinen bloßen, auf den Innenbereich der juristischen Person beschränkten Anwendungsbereich haben, sondern vielfältige und umfangreiche weitere Konsequenzen, etwa zum Schutz von Gläubigern, bei Haftungsfragen oder beispielsweise im Steuerrecht nach sich ziehen. So macht § 164 S 1 HGB bei einer KG Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, von der Zustimmung der grundsätzlich von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossenen Kommanditisten abhängig. Zwar ist § 164 HGB dispositiv. Der Kernbereich der Kommanditistenrechte ist jedoch unantastbar (vgl hierzu zB Hopt in Hopt ua, HGB, 35. Aufl 2012, § 164 RdNr 6). Hinzu kommt, dass sog Grundlagengeschäfte, die das Gesellschaftsverhältnis und seine Gestaltung betreffen, stets der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen (vgl § 114 HGB; BGHZ 132, 263, 266). Angesichts dieser rechtlichen Rahmenbedingungen kann vorliegend aus der vom LSG angenommenen faktischen Nichtwahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Weisungsrechten durch die dazu gesellschaftsrechtlich berufenen Organe nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass dadurch die ihnen zugrundeliegenden Rechte und Pflichten "stillschweigend" abbedungen worden seien. Dabei kommt es auch auf die Frage des Einhaltens der in dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Schriftform nicht an. Vor dem Hintergrund der umfangreichen gesellschaftsrechtlichen Verfahrens- und Formvorschriften (vgl §§ 114, 119 Abs 1 HGB) ist eine "stillschweigende" Änderung der grundlegenden rechtlichen Verhältnisse der Gesellschaft ausgeschlossen. Darüber hinaus sieht § 3 Abs 1 des Gesellschaftsvertrags, der der Gründung der Beigeladenen zu 1. zugrunde lag, ausdrücklich vor, dass zur Geschäftsführung und Vertretung die Komplementärin berechtigt und verpflichtet ist. Änderungen des Gesellschaftsvertrags oder Gesellschafterbeschlüsse der Beigeladenen zu 1. oder der Komplementär-GmbH, die eine Änderung der Geschäftsführerbefugnisse oder eine Definition der Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Weisungsrechten innerhalb der Beigeladenen zu 1. dokumentieren würden, haben SG und LSG nicht festgestellt. Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1.
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d) Entgegen der Auffassung des LSG sind auch weder die familiären Umstände (hierzu im Folgenden aa) noch die Verbindung der beiden Unternehmen (hierzu bb) geeignet, die Selbstständigkeit des Klägers zu bejahen.
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aa) Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings
: BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten hatte (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (unter Hinweis auf BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).
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Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, maßgebende Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 124). Eine solche "Schönwetter-Selbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).
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Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Grundsätze über die rechtliche Relevanz familiärer Rücksichtnahme auf den vorliegenden Fall einer GmbH & Co. KG - bestehend aus natürlichen Personen und einer juristischen Person - überhaupt übertragbar sind. Vorliegend bestanden "familiäre" Beziehungen des Klägers lediglich zu einem der beiden Kommanditisten der Beigeladenen zu 1., nämlich seiner Mutter. Zu D. als weiterem Mehrheits-Kommanditisten und gleichzeitigem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sind keine verwandtschaftlichen Beziehungen festgestellt worden. Zur Komplementär-GmbH der Beigeladenen zu 1. sind verwandtschaftliche Beziehungen von vornherein ausgeschlossen. Selbst zu den Gesellschaftern der Komplementär-GmbH der Beigeladenen zu 1. bestanden nur teilweise verwandtschaftliche Beziehungen des Klägers, nämlich soweit diese seine Eltern waren bzw nach dem Ausscheiden des Vaters aus der Gesellschaft seine Mutter war. Die Mehrheit der Geschäftsanteile in der Komplementär-GmbH wie auch die Mehrheit der Kommanditeinlagen lagen bei D.
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bb) Die konkrete wirtschaftliche Situation bzw die faktische Verbindung der Beigeladenen zu 1. zur Baumschule als "vorgeschaltetem" Einzelunternehmen sind schließlich ebenfalls nicht geeignet, eine Selbstständigkeit des Klägers zu bejahen. Eine auch sozialversicherungsrechtlich - möglicherweise - relevante wirtschaftliche Verflechtung der Beigeladenen zu 1. zu der im streitigen Zeitraum vom Vater des Klägers betriebenen Baumschule - beispielsweise innerhalb einer Konzernstruktur (vgl § 18 AktG) - haben die Vorinstanzen nicht festgestellt. Eine Verbindung beider Unternehmen miteinander bestand nach den Feststellungen lediglich insoweit, als die Baumschule der einzige Lieferant der Beigeladenen zu 1. war. Diese wirtschaftliche Situation legt zwar die Annahme einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von der Baumschule nahe. Hieraus allein ergäbe sich aber keine Änderung der Beurteilung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1., da der Kläger im streitigen Zeitraum nicht Eigentümer bzw Betriebsinhaber der Baumschule war. Er hatte seinerzeit lediglich die Aussicht, als Hoferbe die Baumschule zu übernehmen, was jedoch erst später zum 1.1.2006 erfolgte.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 13. November 2008 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) versicherungspflichtig beschäftigt ist.
- 2
Der 1961 geborene Kläger ist zusammen mit dem 1960 geborenen V. M. Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2), einer gGmbH. Er ist von Beruf Krankenpfleger, hatte von 1984 bis 1996 als solcher gearbeitet und war von 1996 bis 1999 Pflegedienstleiter in dem eingetragenen Verein F. a. P.. Dieser Verein ist alleiniger Gesellschafter der Beigeladenen zu 2). Er hat 7 Mitglieder, nämlich den Kläger, V. M., deren beide Ehefrauen sowie drei weitere nahestehende Mitglieder. Die beiden Geschäftsführer und ihre Ehefrauen bilden den vierköpfigen Vorstand des Vereins. Im Juli 2000 hat der Kläger eine Bürgschaftserklärung für einen Kredit der Beigeladenen zu 2) in Höhe von 25.000,00 DM abgegeben; deren Grundkapital beträgt 25.000,00 EUR.
- 3
Der Geschäftsführervertrag des Klägers mit der Beigeladenen zu 2) ist unbefristet abgeschlossen, endet mit Vollendung seines 65. Lebensjahres und ist nur aus wichtigem Grund kündbar. Der Kläger ist alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit (§ 1). Er hat seine gesamte Arbeitskraft der Beigeladenen zu 2) zur Verfügung zu stellen, ist nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden, hat ihr jedoch jederzeit nach den Erfordernissen zur Verfügung zu stehen. Eine Nebentätigkeit ist ihm grundsätzlich erlaubt. Er ist an die Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden und Dienstvorgesetzter sämtlicher Arbeitnehmer der Gesellschaft. Zustimmungspflichtig sind der Erwerb, die Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, Sachinvestitionen über 10.000,00 DM, Übernahme von Bürgschaften und die Erteilung von geschäftsunüblichen Kreditaufträgen, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, der Erwerb, die Veräußerung, Belastung und Veränderung von Beteiligungen sowie nicht geschäftsübliche Rechtsgeschäfte (§ 3). Das Jahresgehalt wurde auf 102.000,00 DM zu monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 8.500,00 DM festgesetzt (§ 4). Der Kläger hat einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen (§ 6) sowie einen Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall (§ 7). Er unterliegt einem Wettbewerbsverbot (§ 8). Die Änderung des Vertrages bedarf der Schriftform (§ 10).
- 4
Die Beigeladene zu 2) ist aufgrund des Gesellschaftsvertrages vom 12. April 1999 gegründet und am 27. Oktober 1999 in das Handelsregister eingetragen worden. Sie ist ein gemeinnütziges Unternehmen; der Gesetzeszweck ist auf die Pflege und Unterstützung von Personen gerichtet, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind sowie alle damit direkt im Zusammenhang stehenden Geschäfte (§ 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages). Gesellschafterbeschlüsse bedürfen nach § 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der einfachen Mehrheit, einer qualifizierten Mehrheit von 75 % bedarf die Erhöhung des Stammkapitals, die Auflösung der Gesellschaft, die Änderung der für Gesellschafterbeschlüsse erforderlichen Mehrheiten und die Änderung der Regelung über die Gewinnverteilung (§ 8 Abs. 4).
- 5
Für den Kläger und den Mitgeschäftsführer M. wurden Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Am 13. September 2005 beantragten sie bei der Beigeladenen zu 1) die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status. Nachdem die Beigeladene zu 1) sich am 23. September 2005 für unzuständig erklärt hatte, stellte der Kläger bei der Beklagten am 6. Oktober 2005 einen gleichgerichteten Antrag, ebenso der Mitgeschäftsführer M. bei der für ihn zuständigen Einzugsstelle. Die Feststellung von dessen Versicherungspflicht durch die Einzugsstelle wurde durch rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 28. Februar 2008 aufgehoben und die Einzugsstelle verpflichtet, festzustellen, dass der Geschäftsführer M. nicht versicherungspflichtig sei (S 3 KR 531/06; SG Lübeck). In jenem Verfahren war der Kläger dieses Verfahrens beigeladen.
- 6
Der Kläger trug gegenüber der Beklagten vor, er sei zwar Fremdgeschäftsführer, jedoch nicht versicherungspflichtig, da er und der Mitgeschäftsführer sowie deren beide Ehefrauen den Vorstand des alleinigen Gesellschafters der Beigeladenen zu 2) bildeten. Da die beiden Paare den Trägerverein beherrschten, sei es faktisch bedeutungslos, dass er – der Kläger - als Geschäftsführer den Weisungen der Mitgliederversammlung des Gesellschafters unterliege. Die Ehefrauen der beiden Geschäftsführer nähmen praktisch keinen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft. Seine Ehefrau sei Leiterin der Qualitätskontrolle und bei der Beigeladenen zu 2) versicherungspflichtig beschäftigt. Die Ehefrau des Mitgeschäftsführers M. sei bei einem anderen Arbeitgeber angestellt und habe keinen Einfluss auf die Geschäftsführung. Er und der Mitgeschäftsführer seien als Einrichtungsleiter ausgebildet und in fachlicher Hinsicht allein qualifiziert, die Gesellschaft zu führen. Ergänzend führte er aus, seine regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit betrage zwar 38,5 Wochenstunden, die tatsächliche durchschnittliche Arbeitszeit jedoch 70 bis 75 Stunden. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2005 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Seine Tätigkeit sei arbeitsvertraglich geregelt. Er verfüge über keine Mehrheitsbeteiligung, sei in den Betrieb eingegliedert und habe Beschlüsse der Gesellschafter auszuführen. In vielfacher Hinsicht könne er die Tätigkeit der Gesellschaft nicht alleine und frei bestimmen, insbesondere bei den Rechtsgeschäften, zu denen er eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfe. Er erhalte eine monatliche Vergütung und eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall von sechs Wochen. Die Tatsache, dass der Kläger, der Mitgeschäftsführer und deren Ehefrauen den Vorstand der Gesellschafterin der Beigeladenen zu 2) bildeten, ändere daran nichts.
- 7
Dagegen legte der Kläger am 19. Januar 2006 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, eine nicht versicherungspflichtige Tätigkeit eines Geschäftsführers sei nicht nur dann anzunehmen, wenn er eine Kapitalmehrheit in dem Unternehmen besitze, sondern könne auch dann vorliegen, wenn er am Gesellschaftskapital gar nicht beteiligt sei. Maßgeblich hierfür sei, dass er das Unternehmen nicht wie ein fremdes, sondern wie ein eigenes führe. Entscheidend sei ferner, ob die Gesellschafter unabhängig von ihrer rechtlichen Möglichkeit auch tatsächlich von ihrer Weisungsbefugnis auf den Geschäftsführer Gebrauch gemacht hätten. Er könne seine Arbeit in jeder Hinsicht zeitlich und organisatorisch aufgrund der Bestimmungen des Geschäftsführervertrages ausüben. Er habe noch nie vom Gesellschafter Weisungen bezüglich der Arbeitszeit oder der Ausführung der Arbeit erhalten. Tatsächlich arbeite er länger als arbeitsvertraglich vereinbart. Die Arbeitsleistung verrichte er teilweise zuhause, teilweise im Filialbetrieb in Volksdorf und teilweise im Hauptbetrieb in H-A. Er leite die Beigeladene zu 2). Faktisch führten er und der Mitgeschäftsführer M. auch die Geschäfte in dem Vorstand des Gesellschafters, in dem sie zusammen einen Stimmanteil von 50 % hätten. Ohne ihre Zustimmung sei damit keine Entscheidung auf Gesellschafterseite möglich. Die Ehefrauen übten ihr Stimmrecht nicht abweichend von dem der beiden Geschäftsführer aus. Mangels berufliche Qualifikation und Sachkenntnis wären sie nicht dazu in der Lage, ihnen – den Geschäftsführern – Weisungen zu erteilen. Die Grundsätze familiärer Rücksichtnahme innerhalb von Gesellschaften kommen hierbei zum Tragen. Wesentliche Entscheidungen, wie z. B. den Ankauf eines Pflegedienstes in H-V für 250.000,00 DM, eine Darlehensaufnahme über 25.000,00 DM, für die er die Bürgschaft abgegeben habe, den Ankauf mehrerer Firmenfahrzeuge hätten die Geschäftsführer alleine getroffen. Weder er noch der Mitgeschäftsführer unterlägen einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis. Seit 1999 hätten sich weder der Mitgliederbestand noch der Vorstand des Gesellschafters geändert, der Vorstand werde immer für drei Jahre gewählt. Er entscheide auch über die Aufnahme neuer Mitglieder. Faktisch hätten die beiden Geschäftsführer damit die Entscheidungsmacht darüber, ob neue Mitglieder in den Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) aufgenommen würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, allein die weisungsfreie Ausführung einer fremdbestimmten Arbeit spreche nicht für eine selbstständige Tätigkeit. Ein Fremdgeschäftsführer sei nicht in einer von ihm selbst vorgegebenen Ordnung des Betriebs eingegliedert. Er dürfe nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln. Das gelte auch dann, wenn die Gesellschafter ihre Überwachungsaufgaben nicht wahrnähmen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Geschäftsführer die Arbeitszeit, den Ort, die Dauer und den Umfang der Arbeit frei bestimmen könne. Der Kläger habe keine Mehrheitsbeteiligung an dem Gesellschafter der Beigeladenen zu 2), sondern lediglich einen Stimmanteil von 25 v. H.. Die Tatsache, dass die Ehefrauen beider Geschäftsführer ebenfalls Stimmrechte hätten, sei unerheblich, ebenso wie die Kontinuität der Vereinsmitglieder. Der Kläger könne die Entscheidungen des Vereinsvorstandes nicht selbst beeinflussen, zumal seine Ehefrau in der GmbH mitarbeite und damit nicht nur einen oberflächlichen Einblick in die Unternehmensabläufe habe. Die Tatsache, dass er sich für eine Schuld der Beigeladenen zu 2) verbürgt habe, ändere an der Bewertung der Umstände ebenfalls nichts. Demgegenüber sprächen das feste Gehalt und der Lohnfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall für eine abhängige Beschäftigung des Klägers, der kein eigenes Unternehmerrisiko trage.
- 8
Gegen die Entscheidung hat der Kläger am 7. Juni 2007 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) verfüge über keinen Verwaltungsrat, der die Geschäfte führe. Vielmehr gestalteten er und der Mitgeschäftsführer die gesamte Ordnung des Betriebes der Beigeladenen zu 2). Bei der Betriebskonstellation seien die vereinsrechtlichen Belange des Gesellschafters und die Familienkonstellation zu berücksichtigen. In dem Vorstand des Gesellschafters hätten seine Frau und er ebenso wie der Mitgeschäftsführer und dessen Ehefrau jeweils 50 v. H. der Stimmrechte. Die Ehefrauen übten ihr formales Stimmrecht jedoch nicht aktiv aus. Selbst wenn sie dies täten, könnten sie gegenüber den Geschäftsführern keine Mehrheit erlangen und ihnen gegenüber Weisungen durchsetzen. Die familiären Konstellationen führten dazu, dass die Geschäftsführer trotz geringerer Beteiligung am Kapital faktisch den Betrieb führten. Die Mitgliederversammlung des Gesellschafters sei nicht in der Lage, eine Fremdsteuerung über den Betrieb der Beigeladenen zu 2) auszuüben. Die Geschäftsführer hätten tatsächlich in den letzten Jahren auch alle Geschäfte ohne Beteiligung des Gesellschafters abgewickelt. Die Tatsache, dass sein Geschäftsführervertrag bis zum 65. Lebensjahr abgeschlossen sei, zeige, dass er die faktische Möglichkeit gehabt habe, den Vertragsinhalt nach seinen Interessen zu gestalten.
- 9
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2005 aufzuheben und festzustellen, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht vorliegt.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen und erneut darauf hingewiesen, dass der Kläger kein unternehmerisches Risiko trage. Allein die Übernahme einer Bürgschaft hindere die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nicht.
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Das Sozialgericht hat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 13. November 2008 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Fa. a.P. gGmbH seit dem 11. August 2003 nicht versicherungspflichtig sei. Es hat dabei auf die Tatsache abgestellt, dass seit dem 11. August 2003 der Vorstand des Gesellschafters der Beigeladenen zu 2) aus den Geschäftsführern und ihren Ehefrauen besteht. Der Kläger habe bereits aufgrund des Geschäftsführeranstellungsvertrages eine nahezu uneingeschränkte Gestaltungsfreiheit für seine Tätigkeit. Seine Entscheidungsfreiheit werde durch keine Regelungen wesentlich eingeschränkt. Entgegen anderen Arbeitsverhältnissen sei sein Geschäftsführervertrag nur außerordentlich kündbar und ende im Übrigen erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Auch faktisch ständen seiner freien Geschäftsführertätigkeit keine Umstände entgegen. Das Direktions- und Weisungsrecht könne nur vom Vorstand des Gesellschafters ausgeübt werden, es sei aber nicht davon auszugehen, dass ein Direktionsrecht tatsächlich ausgeübt werde. Denn der Vorstand bestehe zur Hälfte seiner Mitglieder aus den beiden Geschäftsführern und zu einer weiteren Hälfte aus deren Ehefrauen und fasse im Übrigen seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Damit seien die Geschäftsführer in der Lage, ihnen nicht passende Beschlüsse zu verhindern. Ferner seien die familiären Beziehungen innerhalb des Vorstandes des Gesellschafters zu berücksichtigen. Schließlich hätten der Kläger und der Mitgeschäftsführer allein vertiefte Branchenkenntnisse. Wenigstens mittelbar trage der Kläger ein unternehmerisches Risiko, da er für die Hälfte der Stammeinlage eine Bürgschaft übernommen habe.
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Gegen das ihr am 10. Dezember 2008 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die am 8. Januar 2009 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Die Beteiligten wiederholen und vertiefen den erstinstanzlichen Vortrag. Die Beklagte führt aus, die Übernahme einer Bürgschaft begründe noch kein unternehmerisches Risiko, wie es für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit erforderlich wäre.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 13. November 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- 18
Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
- 20
Er führt aus, die Gewinne des Unternehmens der Beigeladenen zu 2) könnten zwar nicht beliebig verwendet werden. Die Tätigkeit als deren Geschäftsführer stelle aber seine wirtschaftliche Existenz dar. Gehe es dem Unternehmen schlecht, beeinträchtige dies seine eigene wirtschaftliche Position. Im Falle der Insolvenz sei er aufgrund der Bürgschaft unmittelbar betroffen.
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In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den Kläger angehört. Die Verwaltungsakte der Beklagten, die den Mitgeschäftsführer M. betreffende Verfahrensakte S 3 KR 531/06 und die Verfahrensakte dieses Verfahrens haben dem Senat vorgelegen. Zur Ergänzung der Einzelheiten wird darauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Entscheidung der Beklagten aufgehoben. Diese ist rechtmäßig, denn der Kläger ist bei der Beigeladenen zu 2) als Geschäftsführer versicherungspflichtig beschäftigt.
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Die Klage ist zulässig, obwohl der Kläger in dem Verfahren S 3 KR 531/06 des Sozialgerichts Lübeck beigeladen war. Dies hindert die Anfechtung der angefochtenen Bescheide der Beklagten durch den Kläger nicht, denn jenes Verfahren S 3 KR 531/06 betraf die Frage, ob der Mitgeschäftsführer M. versicherungspflichtig beschäftigt war. Selbst wenn die Verhältnisse zwischen den beiden Geschäftsführern gleich gelagert gewesen sein sollten, ist der Streitgegenstand nicht identisch, sodass keine Rechtskrafterstreckung vorliegt.
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Die Beklagte ist nach § 28h Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für die Entscheidung über die Versicherungspflicht des Klägers zuständig. Nach dieser Vorschrift entscheidet die Einzugsstelle (gemäß § 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV die Krankenkasse) über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Zwar können die Beteiligten gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, sofern nicht bereits die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger ein Überprüfungsverfahren eingeleitet hat. Das derart eingeleitete Anfrageverfahren wird von dem zuständigen Rentenversicherungsträger durchgeführt. Um ein solches Überprüfungsverfahren handelt es sich hier jedoch nicht. Denn es ging dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) nicht vordringlich um die abstrakte Feststellung, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) versicherungspflichtig beschäftigt ist, sondern um die konkrete Feststellung, nicht mehr – wie bisher – sozialversicherungs- und beitragspflichtig tätig zu sein.
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Die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers durch die Beklagte ist zutreffend. Die Sozialversicherungspflicht setzt eine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV voraus. Das folgt für die Arbeitslosenversicherung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, für die gesetzliche Krankenversicherung aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, für die Rentenversicherung aus § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und für die soziale Pflegeversicherung aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch. Nach diesen Vorschriften sind Angestellte oder Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, in diesen Versicherungszweigen versicherungspflichtig. Nach § 7 Abs. 1 SGB IV, der gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch für die Arbeitslosenversicherung gilt, ist die Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für die Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Beschäftigter ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und damit die Unterordnung unter das vor allem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassende Weisungsrecht des Arbeitgebers. Das Weisungsrecht kann zwar erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Die Beschäftigung setzt eine fremdbezogene Tätigkeit voraus, die Dienstleistung muss also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung eines Betriebes aufgehen. Dies hat vor allem bei der Verrichtung von Diensten höherer Art Bedeutung und bei solchen Tätigkeiten, die weitgehend eigenverantwortlich ausgeübt werden. Hier wandelt sich die Weisungsunterworfenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit um in eine so genannte funktionsgerecht dienende Teilnahme am fremd vorgegebenen Arbeitsprozess (grundlegend dazu BSG, Urteil vom 29. März 1962 – 3 RK 74/57 = BSGE 16, 289; Urteil des Senats vom 26. April 2006, L 5 KR 37/05). Wenn ein Weisungsrecht in diesem Sinne vorhanden ist, der Betreffende seine Tätigkeit im Sinne einer selbst vorgegebenen Arbeitsorganisation verrichten kann oder wenn er sich nur in die von ihm selbst vorgegebene Ordnung des Betriebes einfügt, liegt keine abhängige, sondern eine selbstständige Tätigkeit vor, die regelmäßig durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 = BSGE 75, 199; Urteile des Senats vom 23. Juli 1998, L 1 KR 11/95 und vom 10. Dezember 2008, L 5 KR 15/08). Die Kriterien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gegeneinander abzuwägen. Jedes Kriterium hat dabei lediglich indizielle Wirkung. Die Abgrenzung ist ausgehend von der Rechtslage vorzunehmen, die zwischen den Beteiligten des Arbeitsprozesses bestanden hat. Maßgeblich sind die Vertragsvereinbarungen oder, wenn solche nicht getroffen worden sind, der weitere rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Arbeiten verrichten werden. Eine im Widerspruch hierzu stehende tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten des Arbeitsprozesses geht der insoweit nur formalen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Andererseits ist es unerheblich, wenn eine Rechtsposition tatsächlich nicht ausgeübt worden ist, solange sie nicht wirksam abbedungen ist. Entscheidend ist hierbei auf die jeweilige Rechtsmacht der am Arbeitsprozess Beteiligten abzustellen (BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R = SozR 4-2400 § 7 Nr. 7).
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Trotz seiner Organstellung gemäß § 35 Abs. 1 GmbH-Gesetz ist ein GmbH-Geschäftsführer grundsätzlich abhängig Beschäftigter (Urteil des Senats vom 15. Mai 2009, L 5 KR 91/08). Dies gilt auch, obwohl er regelmäßig bestimmendes Organ der Gesellschaft ist und die Arbeitsabläufe einrichtet, wie es auch offensichtlich bei dem Kläger der Fall war. Denn auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene unterliegt er den Weisungen der Gesellschafterversammlung, die zwar nicht das Tagesgeschäft, aber die gesellschaftsrechtlichen und damit unternehmerischen Geschicke der GmbH bestimmen. Dass Geschäftsführer im Hinblick auf das tägliche Geschäft von den Gesellschaftern keine Weisungen erhalten, entspricht ihrer vorgegebenen Stellung im Unternehmen. Die Position eines GmbH-Geschäftsführers kann sich jedoch dann ändern, wenn er in seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Mitgesellschafter auch maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Einzelweisungen, die an ihn in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer gerichtet sind, im Bedarfsfalle jederzeit verhindern kann. Diese Grundsätze gelten selbst dann, wenn alle Gesellschafter der GmbH zugleich Geschäftsführer sind (BSG vom 4. Juli 2007 – B 11a AL 5/06 R = SozR 4-2400 § 7 Nr. 8). Unerheblich ist es daher, dass der Kläger und der Mitgeschäftsführer M. einen Stimmanteil von 50 % im Vorstand des Gesellschafters haben sowie auch der hälftige Stimmanteil des Klägers und seiner Ehefrau gemeinsam. Die Tatsache, dass die Beigeladene zu 2) eine gemeinnützige GmbH ist, ändert daran nichts. Eine derartige gesellschaftsrechtliche Position, mit der er fremde Weisungen von sich in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer verhindern kann, hat der Kläger nicht inne. Er ist nicht Gesellschafter der Beigeladenen zu 2), sondern lediglich ein Vorstandsmitglied des Gesellschafters. Die Grundsätze, die für die Abwehr von Weisungsrechten innerhalb einer GmbH aufgestellt sind, müssen jedoch in gleicher Weise auf die Verhältnisse innerhalb des Gesellschafters der Beigeladenen zu 2) übertragen werden. Hierbei handelt es sich um einen Verein, der sieben Mitglieder hat. Die Willensbildung des Vereins erfolgt über dessen Vorstand (§ 26 Abs. 2 BGB). Den oben dargestellten Kriterien gemäß hat der Kläger keine selbstständige Position, da er im Vorstand von den übrigen drei Vorstandsmitgliedern überstimmt werden kann. Der Vorstand des Gesellschafters der Beigeladenen zu 2) fasst seine Beschlüsse regelmäßig mit einfacher Mehrheit. Der Kläger hat lediglich 25 % der Stimmanteile in dem Gremium.
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Allerdings hat das BSG Ausnahmen von dieser gesellschaftsrechtlichen Betrachtung dann zugelassen, wenn ein externer Geschäftsführer in der GmbH „schalten und walten“ kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert und weil sie wirtschaftlich von ihm abhängig sind, was insbesondere bei Familiengesellschaften in Betracht kommen kann (BSG, USK 9975 Seite 419). Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Denn der weitere Geschäftsführer M. ist sowohl in der Beigeladenen zu 2) tätig als auch Mitglied des Vorstandes des Gesellschafters. Ferner arbeitet die Ehefrau des Klägers, die Vorstandsvorsitzende des Gesellschafters der Beigeladenen zu 2) ist, bei dieser ebenfalls mit. Die übrigen Vorstandsmitglieder und insbesondere der weitere Geschäftsführer des Beigeladenen zu 2) wären daher auch ohne den Kläger in der Lage, die Beigeladene zu 2) weiterzuführen.
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Zu Unrecht beruft sich der Kläger darauf, dass Weisungen in der Vergangenheit nicht erteilt worden sind. Auf diese tatsächliche Ausübung in der Vergangenheit kommt es nicht an, sondern maßgeblich sind die rechtlichen Möglichkeiten. Für die Frage der Versicherungspflicht ist nicht darauf abzustellen, wie im Falle eines einvernehmlichen Wirtschaftens verfahren wird, sondern entscheidend sind die rechtlichen Verhältnisse heranzuziehen, die zum Tragen kommen, wenn unterschiedliche Auffassungen bestehen. In dem Fall wäre der Kläger in der Minderheit und die anderen Vorstandsmitglieder könnten ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2) Weisungen erteilen.
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Die wirtschaftlichen Hintergründe sprechen ebenfalls nicht für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers. Zwar trägt er vor, dass die Beigeladene zu 2) seine wirtschaftliche Lebensgrundlage darstellt. Dies ist jedoch bei jedem Arbeitnehmer der Fall und zeichnet den Kläger nicht nachhaltig gegenüber anderen abhängig Beschäftigten aus. Die Tatsache, dass er für eine Verbindlichkeit der Beigeladenen zu 2) gebürgt hat, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Die Darlehenshingabe begründet grundsätzlich keine unternehmerische wirtschaftliche Position, da der Darlehensgeber wie ein externer Dritter zu behandeln ist. Nichts Anderes gilt für einen Bürgen, der dann erst verpflichtet wird, wenn der Hauptschuldner nicht in der Lage ist, die Schuld zu tilgen. Wirtschaftlich gesehen hat der Kläger somit zwar ein erhebliches Interesse an dem Fortbestehen der Beigeladenen zu 2), dies geht jedoch nicht über das Interesse eines jeden Arbeitnehmers am Fortbestand der Beschäftigungsfirma und über die Interessen eines dritten Darlehensgebers hinaus.
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Schließlich zeigt § 3 des Geschäftsführervertrages selbst erhebliche Beschränkungen des Klägers auf, die für einen selbstständig tätigen Unternehmer nicht gelten. Unerheblich ist, ob der Kläger für die Beigeladene zu 2) tatsächlich Rechtshandlungen vorgenommen hat, die den Rahmen von § 3 übersteigen. Denn es kommt auf die vertragliche Rechtsmacht des Klägers an, die gemäß § 10 des Vertrages nur schriftlich erweitert werden kann.
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Nach alledem kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die überwiegenden Gesichtspunkte für eine abhängige Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) sprechen, auch wenn er einen sehr großen Einfluss auf deren Geschäftsbetrieb und auch über den Vorstand des Gesellschafters auf den Bestand der Beigeladenen zu 2) auszuüben vermag. Dies verleiht ihm jedoch keine Position, mit der er fremde Weisungen von sich als Geschäftsführer hindern kann.
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Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.06.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Kläger vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung und vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 auch nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand
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(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn
- 1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und - 2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.
(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.
(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.