Sozialgericht Koblenz Urteil, 02. Nov. 2016 - S 11 KR 163/15
Gericht
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 29.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2015 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin eine bariatrische Operation als Sachleistung im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung zu gewähren.
2. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer bariatrischen Operation als Sachleistung im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung.
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Die am … 1957 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie ist 1,57 m groß. Bei ihr besteht seit Kindheit eine Adipositas. Eine Vielzahl unterschiedlicher Abnehmversuche und Diäten führten nicht zu einer dauerhaften Gewichtsreduzierung. Im Jahre 1995 wurde eine operative Gastroplastik zu Lasten der Beklagten durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt wog die Klägerin 145 kg. In der Folge dieses Eingriffs konnte die Klägerin bis zum Jahre 1997 ihr Gewicht um 65 kg auf 80 kg verringern. Wegen einer Insuffizienz der Klammernaht konnte dieses Gewicht jedoch nicht gehalten werden. Die Klägerin nahm sukzessive über die Jahre hinweg wieder zu. Derzeit besteht ein Gewicht von 114 kg, was einem BMI von 46,5 entspricht. Eine Nachoperation wegen der insuffizienten Klammernaht wurde seinerzeit von der Beklagten abgelehnt.
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Am 29.09.2014 beantragte die Klägerin die Kostenübernahme zur erneuten Durchführung einer bariatrischen Operation. Ihrem Antrag fügte sie bei: Eine Stellungnahme des Chefarztes Dr. S. vom 25.09.2014, einen Fragebogen vom 25.09.2014 mit Anlagen zum Diätverlauf sowie den angestrebten Zielen, ein Arztbericht des Neurologen Dr. B. vom 24.07.2014, ein Attest des Orthopäden Dr. B. vom 09.12.2013, ein Bericht des Kardiologen Dr. W. vom 10.07.2014, ein Attest des Allgemeinmediziners S. vom 08.07.2014, die Teilnahmebescheinigung für eine Ernährungsberatung vom 29.01.2014 bis zum 10.07.2014, die Teilnahmebestätigung zum Besuch der Selbsthilfegruppe Adipositas S., Laborbefunde vom 18.07.2014 sowie ein von der Klägerin erstelltes Bewegungsprotokoll für die Zeit vom 03.12.2013 bis zum 20.07.2014. Mit Schreiben vom 06.10.2014 übersandte die Beklagte die Unterlagen an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Die Klägerin wurde mit Schreiben vom gleichen Tage über die Weiterleitung unterrichtet. In seiner Stellungnahme vom 09.10.2014 empfahl der MDK, die beantragte Operation zur Gewichtsreduzierung nicht auf Kosten der Beklagten durchzuführen. Diese sei medizinisch nicht notwendig. Mit Schreiben vom 31.10.2014 übersandte die Beklagte der Klägerin diese Stellungnahme und bat sie, sich mit ihrem Arzt in Verbindung zu setzen. Mit Schreiben vom 18.11.2014 übersandte die Klägerin der Beklagten die Stellungnahme ihres behandelnden Arztes Dr. S. vom 13.11.2014. Mit Schreiben vom 01.12.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie diese Stellungnahme an den MDK weiterleiten werde. Sobald eine weitere Stellungnahme vorliege, erhalte sie umgehend Bescheid. Mit Schreiben vom gleichen Tag wurden die Unterlagen dem MDK übersandt. In seiner Stellungnahme vom 12.12.2014 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass eine Operation nicht empfohlen werden könne. Am 23.12.2014 unterrichtete die Beklagte die Klägerin telefonisch über den Inhalt dieser Stellungnahme. Mit Bescheid vom 29.12.2014 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 12.01.2015 Widerspruch ein, der am 14.01.2015 bei der Beklagten einging.
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Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens bat die behandelnde Ärztin der Klägerin die Beklagte am 15.01.2015 um Überprüfung ihrer Einschätzung. Die Beklagte bat den MDK erneut um Stellungnahme. In seiner Stellungnahme vom 20.01.2015 verwies der MDK auf seine Vorgutachten. Auf die Vorsprache der Klägerin am 05.02.2015 wurde ihr die Stellungnahme vom 26.01.2015 ausgehändigt. Mit Schreiben vom 11.02.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr Widerspruch dem Widerspruchsausschuss vorgelegt werde. Der Widerspruchsausschuss werde voraussichtlich in seiner Sitzung am 30.04.2015 entscheiden.
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Mit Schriftsatz vom 24.03.2015 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Koblenz. Sie beantragte festzustellen, dass der Antrag der Klägerin vom 29.09.2014 auf Gewährung einer bariatrischen Operation als Sachleistung gem. § 13 Abs. 3a Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) als genehmigt gelte. Sie trug vor, dass ihr Antrag vom 29.09.2014 erst am 29.12.2014 beschieden worden sei. Die Beklagte habe damit die 5-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 Zweite Alternative SGB V nicht eingehalten. Eine rechtzeitige schriftliche Mitteilung der Beklagten sei nicht erfolgt. Insofern sei Genehmigungsfiktion eingetreten. Durch die Genehmigungsfiktion werde die Leistungsberechtigung wirksam verfügt. Es bestehe deshalb jetzt ein Anspruch auf die Sachleistung.
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Die Beklagte hat darauf erwidert, dass die erhobene Feststellungsklage unzulässig und unbegründet sei. Die Feststellung eines Anspruchs gegen die Beklagte auf Genehmigung einer Leistung sei nicht möglich. Über die begehrte Genehmigung müsse mittels Verwaltungsakt entschieden werden. Die Rechtsvorschrift des § 13 Abs. 3 a SGB V begründet lediglich einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für medizinisch notwendige und bereits selbst beschaffte Leistungen, wenn die Krankenkasse nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist ohne hinreichenden Grund entschieden habe. Eine Bewilligung medizinisch nicht erforderlicher Leistungen resultiere daraus nicht. Im Übrigen liege auch keine Fristversäumnis von Seiten der Beklagten vor. Die Beklagte habe die Klägerin zu jeder Zeit über den Fortlauf des Verfahrens unterrichtet. Die Klägerin habe sich deshalb darauf einstellen können, dass ihr Antrag nicht innerhalb von 5 Wochen ab Antragstellung beschieden werden konnte. Die Beklagte habe sich jedenfalls nicht pflichtwidrig verhalten. Ein zügigerer Verfahrensgang sei nicht möglich gewesen, jedenfalls nicht, wenn man der Beklagte das Recht auf ordnungsgemäße Prüfung des Sachverhalts zugestehen wolle.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2015 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte kam darin zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf eine bariatrische Operation für die Klägerin nicht besteht. Sie berief sich auf die Gutachten des MDK vom 09.10.2014, vom 12.12.2014 sowie vom 20.01.2015. Vor einer weiteren Operation müsse nachvollziehbar analysiert und begründet sein, warum die Voroperation nicht ausreichend war. Dies sei bisher nicht erfolgt. Außerdem sei eine durchgeführte konservative Therapie unter ärztlicher Anleitung und Kontrolle im Rahmen eines geforderten multimodalen Therapiekonzeptes über einen Zeitraum von 6 bis 12 Monaten nicht erfolgt. Eine medizinische Notwendigkeit für die Operation sei somit nicht gegeben.
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Die Klägerin stellte daraufhin ihre Klage in eine Leistungsklage um. Sie beantragt sinngemäß,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2015 zu verurteilen, ihr aufgrund eines Eintritts der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eine bariatrische Operation als Sachleistung zu gewähren.
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Auf den Hinweis des Gerichts, dass eine Fristversäumnis nicht vorliege, teilte die Klägerin mit, dass die Beklagte mit ihren Schreiben den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a SGB V nicht genügt habe. Den Versicherten seien die Fristen sowie die einschlägigen Vorschriften zu benennen. Die Beklagte habe aber weder der Klägerin mitgeteilt, von welcher Frist sie ausgegangen sei noch gehe aus den Schreiben hervor, dass eine Frist nicht eingehalten werden konnte. Dies genüge den Anforderungen des § 13 Abs. 3a SGB V nicht. Inhaltlich verweist sie auf das Urteil des BSG vom 08.03.2016 – B 1 KR 25/15 R.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt Sie aus, dass im Rahmen der nun umgestellten Leistungsklage aus § 13 Abs. 3a SGB V kein Sachleistungsanspruch geltend gemacht werden könne. Die Vorschrift begründe lediglich einen Kostenerstattungsanspruch für selbstbeschaffte Leistungen, sofern diese medizinisch notwendig gewesen seien. Die Klägerin habe jedoch die Leistung bisher nicht selbst beschafft. Auch gehe aus den Stellungnahmen des MDK hervor, dass diese medizinisch nicht notwendig seien. Die Beklagte verweist darauf, dass zur Frage des § 13 Abs. 3a SGB V ein weiteres Verfahren vor dem Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 3 KR 4/16 R anhängig sei.
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Mit Schreiben vom 06.07.2015 hat das Gericht seine Auffassung mitgeteilt, dass es sich bei der Regelung des § 13 Abs. 3a SGB V ausschließlich um eine Regelung im Rahmen des Kostenerstattungsverfahrens handelt. Für Fälle, in denen Versicherte eine Versorgung im Sinne einer Sachleistung begehrten, könne § 13 Abs. 3a SGB V keine Anwendung finden. Es wurde vorgeschlagen, die Klage als Sachleistungsklage fortzuführen und ggf. weitere medizinische Ermittlungen durchzuführen. Die Klägerin hat daraufhin mit Schreiben vom 14.07.2016 mitgeteilt, dass für Maßnahmen der gerichtlichen Amtsermittlung kein Raum sei. Die Klägerin werde sich an solchen Maßnahmen nicht beteiligen. Es wurde angeregt, durch Gerichtsbescheid bzw. durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Mit Schreiben vom 22.07.2016 hat die Beklagte mitgeteilt, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sei.
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Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. Die darin enthaltenen medizinischen Feststellungen sowie das Vorbringen der Beteiligten waren Gegenstand der Beratung und Urteilsfindung.
Entscheidungsgründe
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Das Gericht konnte vorliegend gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer solchen Entscheidung erklärt.
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Die nunmehr als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage geführte Klage ist zulässig und auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 29.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2015, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist und durch den die Klage nunmehr zulässig geworden ist, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Übernahme der Kosten für eine stationäre Krankenhausbehandlung der Klägerin zur Durchführung einer bariatrischen Operation zu Unrecht abgelehnt. Der Klägerin steht ein entsprechender Sachleistungsanspruch zu.
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Dieser Anspruch ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin allerdings nicht bereits aus § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V. Dieser stellt zur Überzeugung der Kammer lediglich einen Kostenerstattungsanspruch dar. Dies ergibt sich für die Kammer unzweifelhaft aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V, ohne den § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nicht gelesen werden kann, sowie aus der systematischen Stellung der Vorschrift im Rahmen des Kostenerstattungsregelung des § 13 Abs. 3 SGB V. Insofern ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass sich die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V nur dann zugunsten des Versicherten auswirkt, wenn sich dieser die Leistung selbst beschafft und anschließend von der Krankenkasse die Erstattung seiner Kosten verlangt. Entsprechend hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 08.03.2016 (Az. B 1 KR 25/15 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 13 Nr. 33) zu Recht § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V auf einen Fall angewandt, in dem sich der Versicherte eine psychotherapeutische Behandlung zunächst selbst beschafft und anschließend auf Erstattung der aufgewandten Kosten geklagt hat. Soweit das Bundessozialgericht in dieser Entscheidung in einem sog. obiter dictum allerdings darauf hingewiesen hat, dass die Genehmigungsfiktion zugunsten des Leistungsberechtigten nicht nur einen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen Naturalleistungsanspruch begründet, so ist dem nicht zu folgen. Eine Entscheidung des Bundessozialgerichts in dem anhängigen Verfahren B 3 KR 4/16 R liegt noch nicht vor, muss allerdings auch nicht abgewartet werden. Zur Überzeugung der Kammer soll die Vorschrift des § 13 Abs. 3a SGB V nicht dazu dienen, auch mittellosen Versicherten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren (vgl. so aber BSG in seinem Urteil vom 08.03.2015, RdNr. 25). Eine solche Auslegung überspannt zur Überzeugung der Kammer den Sanktionscharakter der Norm, der lediglich darauf abzielt, der Krankenkasse im Falle einer Selbstbeschaffung sich auf die fehlende Kausalität (sog. falscher Beschaffungsweg) zu berufen. Dies lässt sich im Rahmen der historischen Auslegung jedenfalls der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 28.11.2012 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (BT-Drs. 17/11710, Seite 30 zu § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V) entnehmen, wenn es dort heißt: „Eine zusätzliche eigene Fristsetzung durch den Versicherten wird nicht mehr als Voraussetzung für eine Selbstbeschaffung der Leistung mit der Folge einer Kostenerstattungspflicht der Krankkasse vorgesehen. Dies erleichtert es dem Versicherten, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen“.
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Da sich die Klägerin die von ihr begehrte Leistung (noch) nicht selbst beschafft hat, scheidet nach der hier vertretenen Auffassung ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3a SGB V vorliegend aus. Insofern kann offen bleiben, ob hier eine Fristversäumnis vorgelegen hat und ob die Beklagte im Rahmen des § 13 Abs. 3a SGB V überhaupt verpflichtet war, die Klägerin auf das Bestehen der Frist als solche, den genauen Fristlauf sowie die weiteren Gründe einer sich verzögernden Entscheidung hinzuweisen. Insgesamt kann jedoch auch die Frage der Rechtsfolgenwirkung des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V dahinstehen. Der Anspruch der Klägerin auf Gewährung der beantragten Maßnahme ergibt sich jedenfalls als Sachleistungsanspruch aus §§ 27, 29, 12 SGB V.
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Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung auch eine Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 5 SGB V). Im Hinblick auf den Antrag der Klägerin vom 29.09.2014 liegen die Voraussetzungen für einen solchen Sachleistungsanspruch vor.
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Bei dem Krankenhaus in T. handelt es sich um ein zugelassenes Krankenhaus, und die begehrte Maßnahme muss stationär durchgeführt werden. Bei der Klägerin liegt auch eine Krankheit vor. Krankheit ist dabei ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit ärztlicher Heilbehandlung oder zugleich bzw. allein Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig wird ein Zustand angesehen, der von der Norm, also vom Leitbild des gesunden Menschen abweicht. Die bei der Klägerin vorliegende Adipositas permagna mit einem BMI von über 40 stellt eine Krankheit in diesem Sinne dar (vgl. zu den Voraussetzungen BSG, Urteil vom 19.02.2003 – B 1 KR 1/02 R = BSGE 90, 289). Grundsätzlich können auch die Kosten für Maßnahmen einer Gewichtsreduktion in den Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung fallen. Da das Behandlungsziel einer Gewichtsreduktion auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann, ist allerdings zu prüfen, ob eine vollstationäre chirurgische Behandlung unter Berücksichtigung aller Behandlungsalternativen (wie z. B. diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie und Psychotherapie) notwendig und wirtschaftlich ist. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der bariatrischen Operation um eine mittelbare Krankenbehandlung handelt, da an einem funktionell intakten Organ die Behandlung einer anderweitigen krankhaften Funktionsstörung erfolgt. Nach den hier vorliegenden Unterlagen geht die Kammer davon aus, dass Ursache für das Übergewicht der Klägerin letztlich ihr krankhaftes Essverhalten ist. Der chirurgische Eingriff an ihrem funktionell intakten Magen soll die Nahrungsaufnahme begrenzen. Dies bedarf einer speziellen Rechtfertigung, denn eine mittelbare Krankenbehandlung ist nur dann ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12 Abs. 1 SGB V, wenn sie nach Art und Schwere der Erkrankung, Dringlichkeit der Intervention sowie nach Abwägung der Risiken und des zu erwartenden Nutzens der Therapie sowie etwaiger Folgekosten für die Krankenversicherung gerechtfertigt ist (vgl. BSG a.a.O., ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.10.2011 – L 5 KR 12/11, abgedruckt in juris). Die Maßnahme muss ultima ratio sein.
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Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Viszeral-Chirurgie – Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie ist eine Operation am Magen zur Behandlung einer Adipositas grundsätzlich nur indiziert, wenn alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und eine Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung erfüllt werden. Diese Leitlinien stellen eine für die Beurteilung des Gerichts sachgerechte Entscheidungshilfe dar. Voraussetzungen sind nach diesen Leitlinien insbesondere: Ein BMI über 40 bzw. ein BMI über 35 mit erheblichen Begleiterkrankungen, die Erschöpfung konservativer Behandlungsmöglichkeiten, ein tolerables Operationsrisiko, keine manifeste psychiatrische Erkrankung sowie die Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachsorge. Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten sind dann erschöpft, wenn durch eine multimodale konservative Therapie innerhalb von mindestens 6 Monaten das Therapieziel nicht erreicht und gehalten wurde. Die Möglichkeiten zur Ernährungstherapie sind dann ausgeschöpft, wenn mittels einer energiereduzierten Mischkost und weiteren ernährungsmedizinischen Maßnahmen das Therapieziel nicht erreicht wurde. Zusätzlich ist nachzuweisen, dass ausreichend Bewegung vorhanden war und keine manifeste psychische Erkrankung vorliegt. Lassen Art und Schwere der Krankheit bzw. psychosoziale Gegebenheiten annehmen, dass eine chirurgische Therapie nicht aufgeschoben werden kann oder die konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg ist, kann in Ausnahmefällen auch eine chirurgische Therapie als primäre Operationsindikation durchgeführt werden.
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt die vorliegend begehrte bariatrische Operation ultima ratio zur Behandlung der bei der Klägerin vorliegenden Adipositas dar. Konservative Behandlungsmöglichkeiten, die eine relevante und vor allen Dingen dauerhafte Gewichtsreduzierung ermöglichen, sind nach Auffassung des Gerichts unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Behandlungsunterlagen nicht mehr gegeben. Bei der Klägerin besteht seit ihrer Kindheit ein erhebliches Übergewicht. Sie hat glaubhaft eine Vielzahl ernsthafter Abnehmversuche unternommen, die zu keiner erheblichen Reduzierung des Gewichts geführt haben. Demgegenüber hat die im Jahr 1995 durchgeführte Gastroplastik zu einer Gewichtsreduktion innerhalb von 2 Jahren um 65 kg geführt. Die Klägerin konnte von 145 kg auf 80 kg abnehmen. Allein daraus ergibt sich schon, dass bei der Klägerin die begehrte Maßnahme Gewähr dafür bietet, das von ihr beantragte Ziel zu erreichen. Die Nahtinsuffizienz der Gastroplastik führte zu einer erneuten Zunahme des Gewichts auf jetzt 114 kg. Die Klägerin hat einen BMI von 46,5 erreicht. Es liegen mittlerweile zahlreiche Begleiterkrankungen vor. Die Klägerin hat glaubhaft nachgewiesen, dass sie jedenfalls 6 Monate an einer ambulanten Ernährungstherapie teilgenommen hat. Auch eine Bereitschaft zur Mitarbeit und eine hohe Motivation wurden von ihr glaubhaft gemacht. Aus den Unterlagen ergibt sich, dass bei der Klägerin keine psychiatrische Erkrankung vorliegt, die einer Operation entgegensteht. Bei der Klägerin ist die Adipositas vor allen Dingen damit zu erklären, dass es ihr nicht gelingt, die Portionsgrößen einzuhalten und ihr Essverhalten umzustellen. Die Klägerin hat mit dem vorgelegten Bewegungsprotokoll nachgewiesen, dass sie sich bemüht hat, über Monate hinweg ihre Bewegung zu steigern. Dies hatte jedoch keine erheblichen Auswirkungen.
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Das Gericht ist der Überzeugung, dass es der Klägerin nicht gelingen kann, unter einer Fortführung der multimodalen Therapie weiter wesentlich an Gewicht zu verlieren. Zur Besserung der Situation müssten zunächst jedenfalls 35 kg abgenommen werden, um den Zustand von 1997 wieder zu erreichen. Damit allein wäre jedoch noch kein zufriedenstellender BMI hergestellt bzw. das Gewicht gehalten. Für die Kammer ist aus den vorliegenden Unterlagen deutlich, dass es der Klägerin nur mithilfe der beantragten Operation gelingen kann, das Gewicht zu reduzieren bzw. weiter zu reduzieren und zu halten. Insoweit hätte eine zügige Operation nach Auftreten der Nahtinsuffizienz einen früheren Erfolg gezeitigt. Diese wurde jedoch von der Beklagten nicht bewilligt. Aus Sicht der Kammer liegt kein intolerables Operationsrisiko vor. Außerdem ist eine medizinische Nachbetreuung in der von ihr gewählten Vertragsklinik gewährleistet.
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Der Klage war daher stattzugeben und die Beklagte zur Gewährung der bariatrischen Operation als Sachleistung im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung zu verurteilen.
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(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.
(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.
(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.
(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.
(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.
(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.
(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.
(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.
(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.
(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.
(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.
(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.
(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.
(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.
(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.
(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.
(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt
- 1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung, - 2.
zahnärztliche Behandlung, - 2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, - 3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen, - 4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe, - 5.
Krankenhausbehandlung, - 6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.
(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie
- 1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist, - 2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.
(1) Versicherte haben Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht.
(2) Versicherte leisten zu der kieferorthopädischen Behandlung nach Absatz 1 einen Anteil in Höhe von 20 vom Hundert der Kosten an den Vertragszahnarzt. Satz 1 gilt nicht für im Zusammenhang mit kieferorthopädischer Behandlung erbrachte konservierend-chirurgische und Röntgenleistungen. Befinden sich mindestens zwei versicherte Kinder, die bei Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und mit ihren Erziehungsberechtigten in einem gemeinsamen Haushalt leben, in kieferorthopädischer Behandlung, beträgt der Anteil nach Satz 1 für das zweite und jedes weitere Kind 10 vom Hundert.
(3) Der Vertragszahnarzt rechnet die kieferorthopädische Behandlung abzüglich des Versichertenanteils nach Absatz 2 Satz 1 und 3 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Wenn die Behandlung in dem durch den Behandlungsplan bestimmten medizinisch erforderlichen Umfang abgeschlossen worden ist, zahlt die Kasse den von den Versicherten geleisteten Anteil nach Absatz 2 Satz 1 und 3 an die Versicherten zurück.
(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 befundbezogen die objektiv überprüfbaren Indikationsgruppen, bei denen die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen vorliegen. Dabei sind auch einzuhaltende Standards zur kieferorthopädischen Befunderhebung und Diagnostik vorzugeben.
(5) Wählen Versicherte im Fall von kieferorthopädischen Behandlungen Leistungen, die den im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen abgebildeten kieferorthopädischen Leistungen vergleichbar sind und sich lediglich in der Durchführungsart oder durch die eingesetzten Behandlungsmittel unterscheiden (Mehrleistungen), haben die Versicherten die Mehrkosten, die durch diese Mehrleistungen entstehen, selbst zu tragen. In diesem Fall ist von dem behandelnden Zahnarzt gegenüber der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung die vergleichbare im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen abgebildete kieferorthopädische Leistung als Sachleistung abzurechnen. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend.
(6) Der Bewertungsausschuss für die zahnärztlichen Leistungen beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2022 einen Katalog von Leistungen, die als Mehrleistungen vereinbart und abgerechnet werden können. Er kann solche nicht im Bewertungsmaßstab enthaltenen kieferorthopädischen Leistungen benennen, die nicht als Mehrleistungen anzusehen sind (Zusatzleistungen). Sofern es zur Abgrenzung zwischen Mehrleistungen und den im einheitlichen Bewertungsmaßstab enthaltenen kieferorthopädischen Leistungen erforderlich ist, konkretisiert der Bewertungsausschuss die im einheitlichen Bewertungsmaßstab abgebildete kieferorthopädische Leistung.
(7) Werden im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung neben kieferorthopädischen Leistungen, die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen abgebildet sind, Mehrleistungen oder Zusatzleistungen erbracht, ist der Versicherte vor Beginn der Behandlung vom behandelnden Zahnarzt über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen mündlich aufzuklären und ist eine schriftliche oder elektronische Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen, in der die von der Krankenkasse zu tragenden Kostenanteile und die vom Versicherten zu tragenden Kostenanteile aufgeschlüsselt nach Leistungen gegenübergestellt werden. Hiermit ist eine schriftliche oder elektronische Erklärung des Versicherten zu verknüpfen, dass er über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen einschließlich einer zuzahlungsfreien Behandlung auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen aufgeklärt worden ist. Die Bundesmantelvertragspartner vereinbaren für die schriftliche Vereinbarung nach Satz 1 und für die Erklärung des Versicherten nach Satz 2 verbindliche Formularvordrucke und bestimmen den Zeitpunkt, ab dem diese verbindlich zu verwenden sind.
(8) Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen überprüfen anlassbezogen die Einhaltung der Informations- und Aufklärungspflichten aus Absatz 7 Satz 1. Der behandelnde Zahnarzt ist verpflichtet, der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung auf Verlangen die Vereinbarung nach Absatz 7 Satz 1 und die Erklärung nach Absatz 7 Satz 2 vorzulegen. Soweit es zur Nachvollziehbarkeit der vereinbarten Mehr- und Zusatzkosten erforderlich ist, kann die zuständige Kassenzahnärztliche Vereinigung auch behandlungs- und rechnungsbegründende Unterlagen von dem behandelnden Zahnarzt anfordern. Der behandelnde Zahnarzt ist in diesem Fall zur Übermittlung der behandlungs- und rechnungsbegründenden Unterlagen verpflichtet, wenn der Versicherte ihm gegenüber in die Übermittlung schriftlich oder elektronisch eingewilligt hat. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen dürfen die in der Vereinbarung nach Absatz 7 Satz 1 und der Erklärung nach Absatz 7 Satz 2 enthaltenen Daten sowie die Daten, die in den ihnen übermittelten behandlungs- und rechnungsbegründenden Unterlagen enthalten sind, nur verarbeiten, soweit dies für die Prüfung nach Satz 1 erforderlich ist.
(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.
(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.
(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt
- 1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung, - 2.
zahnärztliche Behandlung, - 2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, - 3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen, - 4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe, - 5.
Krankenhausbehandlung, - 6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.
(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie
- 1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist, - 2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.
(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.
(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.
(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.
(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.
(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.