Sozialgericht Gelsenkirchen Beschluss, 16. Aug. 2016 - S 16 KA 2/16 ER
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selber zu tragen hat.
1
Gründe:
2I. Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung an dem Praxisstandort X. Straße in D ...
3Die Antragsteller zu 1) und 2) sind Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie. Antragstellerin zu 3) ist die zwischen dem Antragsteller zu 1) und dem Antragsteller zu 2) zum 18.08.2010 gegründete Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Dieser BAG liegt der Gesellschaftsvertrag vom 28.07.2010 zugrunde.
4Die Beigeladene ist die Rechtsnachfolgerin der Firma W ... Der Antragsteller zu 1) schloss mit Datum vom 28.04.2003 mit der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen einen Kooperationsvertrag, welcher zum Gegenstand den Betrieb von ausgelagerten Praxisstätten in Form von Dialysezentren in der C. in D. sowie im W.-Krankenhaus in der S. in E. hatte.
5Der Antragsteller zu 1) war seit Mitte 1992 zur vertragsärztlichen Versorgung in der C. in D. zugelassen. Den Versorgungsauftrag übte er teilweise in Einzelpraxis, teilweise in Gemeinschaftspraxis aus. Es wurden zur Erbringung von Dialyseleistungen ausgelagerte Praxisräume/Zweigpraxen insbesondere in der S. beziehungsweise in der W. Str. in Datteln erbracht.
6Mit Wirkung zum 18.8.2010 erteilte der Zulassungsausschuss dem Antragsteller zu 2) eine gemäß § 25 Abs. 2 der Bedarfsplanungs-Richtlinie auf den definierten Versorgungsauftrag (Nephrologie/Dialyse) sowie auf die Dauer der gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit mit dem Antragsteller zu 1) beschränkte Sonderbedarfszulassung und genehmigte den Antragstellern zu 1) und 2) die Ausübung ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit als Berufsausübungsgemeinschaft in D., C.straße. Auch die dem Antragsteller zu 2) daraufhin von der Antragsgegnerin erteilte Dialysegenehmigung wurde entsprechend eingeschränkt, allerdings nicht nur für den Praxissitz in der C.straße., sondern darüber hinaus (wie zuvor bereits für den Antragsteller zu 1)) auch auf eine Dialysetätigkeit in der Zweigpraxis Sstraße. in E. erstreckt.
7Der Antragsteller zu 2) wurde im Rahmen der Gründung der BAG nicht Vertragspartner der Beigeladenen.
8Bis zum 31.12.2013 betrieben die Antragsteller zu 1) und 2) die Dialyse in den ausgelagerten Praxisräumen am F. in E. sowie am W. Krankenhaus in der S. in E ... Die Praxisstätte F. befindet sich in unmittelbarer Umgebung der C ... Insbesondere befinden sich die Räumlichkeiten F. und die C. in gleichen Gebäudeteilen.
9Seit dem 01.01.2014 wurde die ausgelagerte Praxisstätte F. von den Antragstellern nicht mehr genutzt. Diese Räumlichkeiten werden seitdem von der Beigeladenen mit anderen Ärzten betrieben.
10Am 24.6.2014 genehmigte der Zulassungsausschuss mit Wirkung zum 1.7.2014 die Verlegung des Vertragsarztsitzes C ... in die X. Str. in D ... Auch insoweit wurden den Antragstellern zu 1) und 2) von dem Antragsgegner entsprechende Dialysegenehmigungen erteilt. Eine zuvor mit Beschluss vom 27.8.2013 genehmigte und für den 1.1.2014 angekündigte Verlegung des Praxissitzes in die E. Str. 32 in D. war nicht zustande gekommen.
11Nachdem der Antragsteller zu 1) den mit der Beigeladenen bestehenden Kooperationsvertrag zum 31.03.2013 gekündigt hatte folgten diesbezüglich gerichtliche Auseinandersetzungen. Das Oberlandesgericht Hamm stellte sodann in einem Urteil am 04.02.2016 (Aktenzeichen I-17 U 64/14) unter anderem fest, dass der Antragsteller zu 1) verpflichtet sei, den mit der Beigeladenen abgeschlossenen Kooperationsvertrag zum Betrieb einer ausgelagerten Praxisstätte in Form eines Dialysezentrums in der C. in E. zu erfüllen und fortzuführen. Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller zu 1) Nichtzulassungsbeschwerde bei dem Bundesgerichtshof (BGH) (Aktenzeichen II ZR 51/16) ein. Eine Entscheidung hierüber ist noch nicht ergangen.
12Zudem erging zwischen dem Antragsteller zu 1) und der Beigeladenen am 04.02.2016 in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm ein weiteres Urteil (Az.: I-17 U 84/14). Hierbei wurde der Antragssteller zu 1) zur Abgabe der folgenden Erklärung verurteilt:
13"An den Zulassungsausschuss für den Regierungsbezirk Münster, Robert-Schimrigk-Str. 4-6, 44141 Dortmund Betrifft: Verlegung des Vertragsarztsitzes
14Hiermit beantrage ich, X. I., meinen Vertragsarztsitz vom Standort X. in D. an den Standort D., C. zu verlegen.
15Begründung:
16Mit Wirkung zum 01.01.2014 hat der Zulassungsausschuss gestattet, den Vertragsarztsitz von dem Standort C. an den Standort X. in D. zu verlegen. Mit Urteil vom 25.02.2014 hat das Landgericht Dortmund unter dem Az: 25 O 347/13 entschieden, dass ich, X. I., verpflichtet bin, den mit der Verfügungsklägerin (W. GmbH) abgeschlossenen Kooperationsvertrag zum Betrieb einer ausgelagerten Praxisstätte in Form eines Dialysezentrums in der C. , D. zu erfüllen und fortzuführen.
17Um der Entscheidung des Landgerichts Dortmund nachzukommen, ist es erforderlich, den Vertragsarztsitz an den alten Standort C. zu verlegen. Nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV hat der Zulassungsausschuss die Verlegung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Derartige Gründe sind nicht ersichtlich, da ich meine Praxis bis zum 31.12.2013 an dem Verlegungsstandort geführt habe und dort alle sachlichen und personellen Einrichtungen zur Sicherstellung der Versorgung vorhanden sind.
18X. I."
19Zwecks Umsetzung des mit Zustellung rechtskräftigen Urteils des OLG Hamm mit dem Aktenzeichen I-17 U 84/14 fasste der Antragsgegner am 15.03.2016 unter dem Aktenzeichen 248/2016 folgenden Beschluss:
20Der Antrag auf Verlegung des Vertragsarztsitzes des Herrn X. I. als Arzt (fachärztlich) von D., X, nach D., C., mit Wirkung vom 16.03.2016, wird genehmigt.
21Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, dass das Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm vom 04.02.2016 mit dem Aktenzeichen I-17 U 84/14 dem Antragsgegner am 02.03.2016 förmlich zugestellt worden und somit rechtskräftig sei. Mit der Verpflichtung aus dem Urteil liege ein Antrag des Antragstellers zu 1) auf Sitzverlegung im Sinne des § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-Zulassungsverordnung vor. Mit dem Urteil werde nach § 894 Zivilprozessordnung (ZPO) eine eigene Willenserklärung des Verurteilten fingiert. Sei der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gelte die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil Rechtskraft erlange. Gründe der vertragsärztlichen Versorgung stünden der Verlegung nicht entgegen. Insbesondere befänden sich der bisherige Standort und der zukünftige Standort innerhalb der Gemeinde bei einer Entfernung von 2,6 Kilometern. Entgegenstehende planerische Gesichtspunkte seien nicht ersichtlich. Unbeachtlich sei in diesem Zusammenhang der Rechtsstreit über die Wirksamkeit des Kooperationsvertrages zwischen dem Antragsteller zu 1) und der Beigeladenen. Der Antragsgegner habe bei seiner Entscheidung insbesondere nicht die zivilrechtliche Wirksamkeit eines Nutzungsvertrages zu beurteilen.
22Zusammen mit diesem Beschluss über die Verlegung des Praxissitzes des Antragstellers zu 1) erließ der Zulassungsausschuss unter dem 15.3.2016 einen "Feststellungsbeschluss", mit dem er die den Antragstellern erteilte Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit in der X. widerrief und feststellte, dass die Sonderbedarfszulassung des Antragstellers zu 2) mit Ablauf des 15.3.2016 ende. Zur Begründung führte er aus, dass die Zulassung des Antragstellers zu 2) an die Genehmigung gemeinsamer Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit dem Antragsteller zu 1) gebunden gewesen sei. Diese Voraussetzungen lägen seit der Verlegung des Vertragsarztsitzes des Antragstellers zu 1) nicht mehr vor, da der Antragsteller zu 2) selbst keinen Verlegungsantrag gestellt habe. Eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft komme nicht in Betracht, weil im Bereich des Versorgungsauftrags für die Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten eine Sonderbedarfszulassung für einen "weiteren Arzt" zugunsten einer Praxis nur "ortsgleich" am Vertragsarztsitz des Praxisinhabers erteilt werden könne.
23Mit Datum vom 17.03.2016 haben die Antragsteller zunächst bei dem Sozialgericht Dortmund unter dem Aktenzeichen S 52 KA 30/16 ER einen Antrag auf vorläufigen Rechtschutz gestellt. Sie begehren, den Antragsgegner zu verpflichten, den Beschluss des Antragsgegners vom 16.03.2016 aufzuheben und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit eines Kooperationsvertrages zwischen der Beigeladenen und dem Antragsteller zu 1) den bis zum 15.03.2016 bestehenden Rechtszustand bezüglich der Zulassung der Antragsteller zur vertragsärztlichen Versorgung am Standort X. in D. widerherzustellen. Mit Beschluss vom 29.03.2016 hat das Sozialgericht Dortmund sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtstreit an das hiesige Gericht verwiesen.
24Insbesondere mit Schreiben vom 30.03.2016 legten die Antragsteller jeweils gegen die ergangenen Beschlüsse des Antragsgegners Widerspruch ein. Sie gingen von der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches aus. Entsprechend dürfe insbesondere der Antragsteller zu 1) nachwievor an der X. in D. tätig sein.
25Die Widersprüche gegen die Beschlüsse des Antragsgegners hat der Berufungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe jeweils mit Beschlüssen vom 18.05.2016 zurückgewiesen: Unter dem Aktenzeichen BA-Nr. 18/2016 hat der Berufungsausschuss den Widerspruch des Antragstellers gegen den Beschluss des Antragsgegners mit dem Aktenzeichen 249/2016 zurückgewiesen und die sofortige Vollziehung der Entscheidung angeordnet. Der Widerspruch des Antragstellers zu 1) gegen den Verlegungsbeschluss sei unzulässig. Denn dieser Beschluss sei antragsgemäß erlassen worden: Das im einstweiligen Verfügungsverfahren des OLG ergangene Urteil sei rechtskräftig mit der Folge, dass die im Tenor enthaltene Erklärung gemäß § 894 Satz 1 ZPO als Antrag des Antragstellers zu 1) gelte. Dass die Entscheidung im Hauptsacheverfahren noch keine Rechtskraft erlangt habe, sei unerheblich. Sollte sich die einstweilige Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweisen, könnte der Antragsteller zu 1) gemäß § 945 ZPO Schadensersatz beanspruchen. Im Übrigen sei der Widerspruch aber auch unbegründet. Hierfür sei allein entscheidend, dass planerische, die Sicherstellung der Patientenversorgung betreffende Gründe, nicht entgegenständen. Ob der Antragsteller zu 1) am neuen Vertragsarztsitz eine Dialysepraxis betreiben könne, falle nicht ins Gewicht, weil er im Rahmen seines Versorgungsauftrags hierzu nicht verpflichtet sei. Obwohl auch die Klage gegen seinen Beschluss keine aufschiebende Wirkung habe, ordne der Berufungsausschuss aus Gründen der Rechtsklarheit die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung an.
26Der Berufungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe wies zudem den Widerspruch gegen den Beschluss des Antragsgegners mit dem Aktenzeichen zurück (BA-Nr.). Der Widerspruch gegen den weiteren Beschluss des Zulassungsausschusses vom 15.3.2016 sei zwar zulässig, aber unbegründet. Nachdem feststehe, dass der Vertragsarztsitz des Antragstellers zu 1) in die C. verlegt sei, habe die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der Antragsteller zu 1) und 2) widerrufen werden müssen, weil der Antragsteller zu 2) selbst keinen Verlegungsantrag gestellt habe. Damit seien auch die Voraussetzungen für die Sonderbedarfszulassung des Antragstellers zu 2) entfallen.
27Unter dem 20.06.2016 hat der Antragsteller zu 1) Klage gegen den Beschluss des Berufungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe vom 18.05.2016 erhoben. Diese Klage wird bei dem hiesigen Gericht unter dem Aktenzeichen S 16 KA 7/16 geführt. Am 22.06.2016 haben die Antragsteller zu 1) bis 3) Klage gegen den Beschluss des Berufungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe vom 18.05.2016 (Aktenzeichen) erhoben. Die Klage wird bei dem hiesigen Gericht unter dem Aktenzeichen S 16 KA 8/16 geführt.
28Die Antragsteller führen in dem hiesigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes insbesondere aus, dass es nach dem Ergehen der Beschlüsse des Berufungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe vom 18.05.2016 in dem hiesigen Verfahren (lediglich) noch um den Zeitraum zwischen den Entscheidungen des Antragsgegners vom 15.03.2016 und den Entscheidungen des Berufungsausschusses gehe, da dieser Zeitraum ungeklärt sei und mithin ein Rechtschutzbedürfnis für diesen Zeitraum bestehe. Es werde nicht verkannt, dass der streitgegenständliche Bescheid des Antragsgegners rechtlich grundsätzlich nicht mehr existent sei. Da jedoch der Bescheid des Berufungsausschusses nicht rückwirkend gelte entstehe eine zeitliche Lücke, die wesentlich für Frage des ärztlichen Honoraranspruches sei. Gleichzeitig weisen die Antragsteller wiederholt darauf hin, dass die fraglichen Räumlichkeiten nicht genutzt werden könnten. In der C. in D. sei die frühere Dialysepraxis der Antragsteller gewesen. Nach Beendigung der Dialyse-Tätigkeit würde sich in den Räumlichkeiten unter anderem eine Zahnarztpraxis befinden. Zum Teil ständen die Räumlichkeiten leer; sie müssten folglich aufwändig hergerichtet werden. Zum Betrieb der Dialyse seien sie nicht geeignet. Es bestehe entsprechend die Unmöglichkeit, die durch Urteil des OLG Hamm fingierte Willenserklärung zu realisieren. Sowohl ein Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sei gegeben. Ein Anordnungsanspruch ergebe sich schon daraus, dass das Urteil des OLG Hamm vom 04.02.2016 mit dem Aktenzeichen I-17 U 64/14 nicht rechtskräftigt sei. Ein Anordnungsgrund ergebe sich bereits darauf, dass die mindestens 44 Dialyse-Patienten der Antragsteller versorgt werden müssten. Diese Möglichkeit böten die Räumlichkeiten in der C. nicht.
29Die Antragsteller beantragen schriftsätzlich sinngemäß,
30den Antragsgegner zu verpflichten, seinen Beschluss vom 15.03.2016 aufzuheben und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit eines Kooperationsvertrages vom 28.04.2003 zwischen der Firma W. GmbH und dem Antragsteller zu 1) den bis zum 15.03.2016 bestehenden Rechtszustand bezüglich der Zulassung der Antragsteller zur vertragsärztlichen Versorgung am Standort X., D. widerherzustellen.
31Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
32den Antrag abzuweisen.
33Insbesondere könne der Widerspruch des Antragstellers zu 1) keine aufschiebende Wirkung entfalten, da er offensichtlich unzulässig sei. Das OLG Hamm habe in dem einstweiligen Verfügungsverfahren den Antragsteller zu 1) rechtskräftig zur Abgabe einer Willenserklärung betreffend der (Rück)Verlegung in die bisherigen Räumlichkeiten verurteilt. Die eigene Willenserklärung des Verurteilten wird somit fingiert. Die Erklärung gelte als abgegeben, sobald das Urteil Rechtskraft erlangt. Der Widerspruch sei bereits nicht zulässig, da die formelle Beschwer nicht gegeben sei. Aufgrund der eigens abgegebenen Willenserklärung fehle es bezüglich des Beschlusses des Antragsgegners an einer formellen Beschwer des Antragstellers zu 1). Der Antragsgegner sei mit diesem Beschluss dem "eigenen" Verlegungsantrag des Antragstellers zu 1) nachgekommen.
34Nachdem das hiesige Gericht zunächst die beantragte Beiladung der Beigeladenen mit Beschluss vom 14.04.2016 abgelehnt hatte, hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) nach eingelegter Beschwerde die Beigeladene mit Beschluss vom 13.06.2016 zu dem hiesigen Verfahren beigeladen. Die Beigeladene bestreitet insbesondere, dass ein Praxisbetrieb für die Antragsteller am Standort C. in D. nicht möglich sei. Die Antragsteller könnten in den alten Praxisräumen weiterhin ihren Praxisbetrieb aufnehmen und in dem damit verbundenen Nachbargebäude die Dialyse durchführen. Insbesondere sei die Verlegung des Sitzes schon deshalb notwendig und zwangsläufig, als hierdurch die notwendige räumliche Nähe zu den Dialyseräumlichkeiten hergestellt werde, da auch die Praxis und die Dialyse – rein baurechtlich mit unterschiedlicher Anschrift – im selben Gebäude angesiedelt seien. In den Räumlichkeiten am F. würden zurzeit unstreitig Dialyse Leistungen, wenn auch im Kostenerstattungsverfahren, erbracht. Entsprechend sei eine Durchführung von Dialyse möglich. Ein Beschwer der Antragsteller zu den Entscheidungen des Zulassungsausschusses könne nicht erkannt werden. Der Rechtsbehelf dürfte entsprechend unzulässig sein.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die vorbereitenden Schriftsätze aller Beteiligten nebst Anlagen und dem sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte des Antragsgegners, welche das Gericht beigezogen hat.
36II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 Abs. 2 Satz 1 SGG hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, jedoch unbegründet.
37Entgegen der teilweise im hiesigen Verfahren geäußerten Fassungen der Beteiligten begehren die Antragsteller nach Auslegung des Antrages unter Beachtung der Ausführungen in der Antragsbegründung nicht die Feststellung/Wiederherstellung einer aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche:
38Das erkennende Gericht lehnt bei nur deklaratorisch-feststellenden Verwaltungsakten ein Rechtschutzbedürfnis für die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung dieser Rechtsbehelfe ab, weil damit das im Eilverfahren verfolgte Ziel einer Verbesserung der Rechtstellung von vornherein nicht erreichbar ist (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.11.2007, Az.: L 7 B 153/07 KA ER). Dieses Ziel ist bei nur deklaratorisch-feststellenden Verwaltungsakten nicht zu erreichen, weil die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage allein zu bewirken vermag, dass die durch einen belastenden Verwaltungsakt geregelten Rechtsfolgen zunächst nicht eintreten und die vor seiner Bekanntgabe geltende Rechtslage vorläufig fort gilt. Dies setzt voraus, dass erstmals und konstitutiv durch den mit Widerspruch oder Anfechtungsklage angegriffenen Verwaltungsakt Rechtsfolgen geregelt worden sind und nun vollzogen werden sollen und dass dieser Vollzug durch die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gehemmt werden kann. Beschränkt sich die Regelungswirkung eines feststellenden Verwaltungsaktes dagegen darauf, schon zuvor eingetretene Rechtsfolgen nur noch deklaratorisch festzustellen, vermag mit der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen eine solche Feststellung auch nicht nur vorläufig ein Zustand wiederhergestellt zu werden, der schon zuvor nicht mehr bestanden hat. So verhält es sich vorliegend. Durch die mit Zustellung eingetretene Rechtskraft des Urteils des OLG Hamm vom 04.02.2016 (Az.: I-17 U84/14) hat der Antragsteller zu 1) die Verlegung seines Vertragsarztsitzes beantragt. Der Antragsgegner hat also nicht mit seinem Beschluss vom 15.03.2016 eine zuvor bestehen, für die Antragsteller günstige Rechtslage zu deren Nachteil geändert und konstitutiv festgestellt, dass der Antragsteller zu 1) seinen Vertragsarztsitz zu verlegen hat, sondern er hat nur deklaratorisch festgestellt, dass die eigens als abgegeben geltende Willenserklärung des Antragstellers zu 1) umgesetzt wird. Die Willenserklärung des Antragstellers zu 1) ist gemäß § 894 ZPO fingiert worden. § 894 ZPO regelt die zwangsweise Durchsetzung des Anspruchs auf Abgabe einer Willenserklärung: ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Die Erklärung muss einen fest bestimmten Inhalt haben, der dem Titel jeweils durch Auslegung zu entnehmen sein muss. Dieser ist gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln, die auch unter Zuhilfenahme des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe erfolgen kann (zum Ganzen: BGH, Beschluss vom 19.05.2011, Az.: I ZB 57/10). Diese Voraussetzungen sind vorliegend durch das rechtskräftige Urteil des OLG Hamm erfüllt.
39Das von den Antragstellern im Verfahren des gerichtlichen Eilrechtschutzes verfolgte Ziel ihrer Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung am Standort X. in D. über den 15.03.2016 hinaus ist zulässig und nach Auffassung des Gerichtes nur im Wege einer einstweiligen Anordnung in Form der Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erreichbar.
40Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweiligen Anordnung nach Maßgabe der in Absatz 1 beziehungsweise Absatz 2 genannten Voraussetzungen treffen. Danach ist zwischen Sicherungs- (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und Regelungsanordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG) zu unterscheiden. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinaus gehende Verletzung in seinen Rechten, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist – erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des in dem Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs – einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 04.09.2006, Az.: L 10 B 2/06 KA ER), es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegen stehen. Andererseits müssen die Gerichte unter Umständen wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit Rechtsfragen nicht vertiefend behandeln und ihre Entscheidung maßgeblich auf der Grundlage einer Interessenabwägung treffen können (LSG NRW, Beschluss vom 15.11.2006, Az.: L 10 B 14/06 KA ER). Ferner darf oder muss das Gericht gegebenenfalls auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung von vorläufigem Rechtschutz bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.04.2007, Az.: L 5 KR 518/07 ER-B).
41Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung sind bereits deshalb nicht gegeben, weil es an einer ausreichenden Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes fehlt:
42Der Anordnungsgrund ist für die Sicherungsanordnung einerseits und die Regelungsanordnung andererseits in § 86b Abs. 2 SGG unterschiedlich definiert. Die Sicherungsanordnung setzt die Gefahr voraus, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Für die Regelungsanordnung ist erforderlich, dass sie für die Anwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Unter einer Regelungsanordnung fallen die praktisch häufigen Fälle eines Verpflichtungs- oder Leistungsbegehrens, in denen es um die vorläufige Begründung oder Erweiterung einer Rechtsposition geht (LSG NRW, Beschluss vom 09.07.2004, Az.: L 10 B 6/04 KA ER). Die Abgrenzung der Sicherungs- von der Regelungsanordnung ist unsicher. Sie ist letztlich unerheblich; denn beide Fälle unterliegen derselben Behandlung. Ein striktes "Entweder/Oder" zwischen Regelungs- und Sicherungsanordnung besteht dem gemäß nicht (LSG NRW, Beschluss vom 27.05.2008, Az.: L 11 B 6/08 KR ER; LSG NRW, Beschluss vom 12.08.2013, Az.: L 11 KA 92/12 B).
43Vorliegend geht es den Antragstellern darum, an der vertragsärztlichen Versorgung an einem bestimmten Praxisstandort (weiterhin) teilnehmen zu können. Dies deutet auf eine Regelungsanordnung hin.
44Der unbestimmte Rechtsbegriff "zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint" in § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erfordert eine Interessenabwägung nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls. Ein Anordnungsgrund ist danach anzunehmen, wenn dem Antragsteller ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist (LSG Hamburg, Beschluss vom 08.03.2011, Az.: L 1 KA 22/11 B ER); dabei sind die öffentlichen Interessen jenen der Verfahrensbeteiligten gegenüber zu stellen. Insbesondere sind die Folgen abzuwägen, die mit dem Erlass beziehungsweise dem Nicht-Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden sind. Einzubeziehen sind unter anderem die wirtschaftlichen Verhältnisse, die Intensität einer drohenden (Grund-)Rechtsverletzung und sonstige unbillige Härten der Beteiligten. Die mit jedem Hauptsacheverfahren zwingend verbundenen zeitlichen Nachteile reichen für den Erlass einer Regelungsanordnung nicht aus (LSG NRW, a. a. O.).
45Entsprechend der obigen Ausführungen ist ein Anordnungsgrund nicht dargelegt.
46Der (nunmehr noch) nach ergangenen Beschlüssen des Berufungsausschusses am 18.05.2016 vorliegende Regelungszeitraum liegt in der Vergangenheit. So haben die Antragsteller richtigerweise in dem Verfahren ausgeführt, dass in dem hier streitgegenständlichen Verfahren der Zeitraum zwischen den Entscheidungen des Antragsgegners und den Entscheidungen des Berufungsausschusses ungeklärt ist. Denn die Bescheide des Antragsgegners vom 15.03.2016 sind grundsätzlich nach der Entscheidung des Berufungsausschusses nicht mehr existent. Sie haben ausschließlich nur noch Wirkung für den Zeitraum zwischen den Bescheiden des Antragsgegners und den Bescheiden des Berufungsausschusses. Dies spricht erheblich gegen die Eilbedürftigkeit des Anliegens der Antragsteller.
47Nach Überzeugung des Gerichtes besteht kein eiliges Regelungsbedürfnis (mehr), weil den Antragstellern durch die Beschlüsse des Antragsgegners für die Vergangenheit keine wesentlichen Nachteile entstehen können, die sich durch den Erlass der auf eine zukünftige Regelung gerichtete einstweilige Anordnung noch abwenden ließe. Die Antragsteller haben in der Zeit, für die sie hier (noch) im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung begehren, bereits überbrückt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz stellen lediglich die Fälle dar, in denen ein sogenannter Nachholbedarf besteht. Nachholbedarf ist aber nur gegeben, wenn bei nicht rückwirkender Leistungsgewährung, also bei "nicht Nachholung" der in der Vergangenheit liegenden Leistungen, erhebliche Rechtsverletzungen für die Zukunft drohen (LSG NRW, Beschluss vom 09.11.2011, Aktenzeichen L 11 KR 465/11 B ER). Derartige erhebliche Rechtsverletzungen für die Zukunft lassen sich für das Gericht nach Aktenlage nicht erkennen und haben die Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht. Die Fortführung des hiesigen Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes begründet sich nach Auffassung der Antragsteller deshalb, weil sie hierin die Grundlage für die Frage des ärztlichen Honoraranspruches für den Zeitraum zwischen der Entscheidung des Antragsgegners und der Entscheidung des Berufungsausschusses sehen. Diese Auffassung begründet eine Eilbedürftigkeit jedoch nicht. Von einem Rechtsverlust ist nicht auszugehen, da die Antragsteller ihr Begehren in dem Hauptsacheverfahren weiter verfolgen (können).
48Für den Anordnungsanspruch gilt, dass dieser nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht offenkundig vorliegt.
49Nach Überzeugung des Gerichtes hat insbesondere der Beschluss des Antragsgegners mit dem Aktenzeichen, mit dem der Antrag auf Verlegung des Vertragsarztsitzes des Antragstellers zu 1) genehmigt wird ausschließlich deklaratorisch-feststellende Wirkung. Er ist zwingende Rechtsfolge des zwischen dem Antragsteller zu 1) und Beigeladenen ergangenen Urteils in dem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem OLG Hamm mit dem Aktenzeichen I-17 U 84/14. Dieses Urteil ist rechtskräftig, sodass die Verurteilung zu der gegebenen Erklärung rechtskräftig ist. Ausschließlich hieran hatte sich der Antragsgegner zu orientieren. Ob gegebenenfalls der BGH im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde die Wirksamkeit der Kooperationsvertrages verneint, kann auf die Entscheidung des Antragsgegners keine Auswirkung haben. Denn bei dieser Entscheidung geht es ausschließlich um den Vertragsarztsitz und nicht um die Kooperation mit der Beigeladenen.
50Da der Antragsteller zu 2) sich der Beschluss vom 15.03.2016 vollzogenen Verlegung des Vertragsarztsitzes des Antragstellers zu 1) in die C. in D. nicht angeschlossen hat, konnte seine Sonderbedarfszulassung keinen Bestand mehr haben. Auch hier handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt deklaratorischer Natur, da der Antragsgegner seinerzeit mit Beschluss vom 17.08.2010 den Antragsteller zu 2) nur unter der Maßgabe zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen hat, dass er gemeinsam mit dem Antragsteller zu 1) einen Versorgungsauftrag wahrnimmt. Diesen gemeinsamen Sitz der Berufsausübungsgemeinschaft gibt es nach dem Beschluss des Antragsgegners nicht mehr.
51Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Abs. 1, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.03.2014 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den mit der Klägerin abgeschlossenen Kooperationsvertrag zum Betrieb einer ausgelagerten Praxisstätte im Form eines Dialysezentrums in der C-Straße, P, zu erfüllen und fortzuführen.
Der Beklagte zu 1) wird ferner verurteilt, es zu unterlassen, in P und K neben dem bestehenden Dialysezentrum in der C-Straße in P ein weiteres Dialysezentrum in P und K zu betreiben.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin 2/3 und der Beklagte zu 1) 1/3. Der Beklagte zu 1) trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und zu 3) trägt die Klägerin. Von den außergerichtlichen Kosten des Streithelfers trägt die Klägerin 2/3. Im Übrigen trägt der Streithelfer seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstrecken Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
3I.
4Die Klägerin ist ein Unternehmen, das den Betrieb eines Dialyse-Zentrums zum Gegenstand hat. Die Beklagten zu 1) und zu 2) sind Ärzte, die eine nephrologische Gemeinschaftspraxis, nämlich die Beklagte zu 3), betreiben.
5Die Klägerin schloss am 28.04.2003 mit dem Beklagten zu 1) und dem Streithelfer, die seinerzeit eine Gemeinschaftspraxis betrieben, einen Kooperationsvertrag zwecks Betriebes zweier Dialysezentren in den Räumlichkeiten der Klägerin in der C-Straße in P und im Y-Krankenhaus in K. Gemäß § 1 des Vertrages verpflichtete sich die Klägerin, die erforderlichen Sachleistungen zu erbringen, einschließlich des Stellens von Räumlichkeiten, sowie für die Personalausstattung zu sorgen. Hierfür sollte der Klägerin die seitens der kassenärztlichen Vereinigung an die Ärzte ausgezahlte Sachkostenpauschale zustehen. Der Geschäftsführer der Klägerin sollte zugleich Geschäftsführer des Dialysezentrums sein, der Beklagte zu 1) und der Streithelfer hingegen die ärztlichen Leiter. Die Laufzeit des Vertrages wurde gemäß § 6 mit 20 Jahren ab dem 01.05.2003 vereinbart. § 6 Abs. 7 lautet: „Die vorstehende Vereinbarung verliert ihre Gültigkeit an dem Tag, an dem die ärztlichen Leiter ihre kassenärztliche Zulassung verlieren und/oder ihre Kassenarztpraxis schließen.“
6§ 7 des Kooperationsvertrages enthält in Abs. 1 die Verpflichtung der ärztlichen Leiter, für die Dauer von 2 Jahren ab der Beendigung des Vertrages oder im Falle des vorzeitigen Ausscheidens im bisherigen räumlichen und sachlichen Tätigkeitsbereich der Klägerin jeden Wettbewerb zu dieser zu unterlassen, insbesondere sich an Konkurrenzunternehmen weder unmittelbar noch mittelbar zu beteiligen, in die Dienste eines Konkurrenzunternehmens zu treten oder ein solches Unternehmen auf sonstige Weise unmittelbar oder durch Rat und Tat zu fördern oder aber einen eigenen Praxisbetrieb neu zu gründen. Räumlicher Tätigkeitsbereich im Sinne des Wettbewerbsverbotes ist P und K. Sachlicher Tätigkeitsbereich ist der Betrieb der Dialyse.
7Zum Ende des Jahres 2009 schied der Streithelfer aus der Gemeinschaftspraxis aus. Danach betrieb der Beklagte zu 1) die Praxis zunächst allein. Im August 2010 gründeten die Beklagten zu 1) und zu 2) eine Gemeinschaftspraxis, nämlich die Beklagte zu 3). Der Beklagte zu 2) unterzeichnete den Kooperationsvertrag nicht; er wurde jedoch aufgrund einer Sonderbedarfszulassung der kassenärztlichen Vereinigung in den Dialysezentren tätig. Die Zulassung beschränkt sich auf den Versorgungsauftrag Nephrologie/Dialyse sowie auf die Dauer der gemeinsamen Berufsausübung mit dem Beklagten zu 1).
8Mit Schreiben vom 12.12.2012 (Anl. K3, Bl. 17 d.A.) teilte der Beklagte zu 1) der Klägerin mit, dass er beabsichtige, sich nach dem 31.03.2013 aus der Dialyseversorgung zurückzuziehen und seinen Versorgungsauftrag durch u.a. den Beklagten zu 2) fortsetzen zu lassen. Der Kooperationsvertrag erledige sich mit seinem Ausscheiden aus der Dialyseversorgung.
9Im November 2013 wandte sich der Beklagte zu 1) an den Zulassungsausschuss des Regierungsbezirks Q im Hinblick auf einen Verzicht auf seine Zulassung. Der Beklagte zu 2) beantragte seine uneingeschränkte Zulassung. Unstreitig mietete er neue Praxisräume in der E-Straße in P an. Übergangsweise sollte ab Januar 2014 die Dialyse im Gebäude des ehemaligen Hospizes in der T-Straße in K durchgeführt werden.
10Aufgrund einer Krankschreibung des Beklagten zu 2) im Dezember 2013 entschied sich der Beklagte zu 1), den Beklagten zu 2) vorläufig in den neuen Räumen zu vertreten. In den bisherigen Räumen in der C-Straße in P wurden übergangsweise zwei Klinikärzte des Y-Krankenhauses tätig. Jedenfalls für die Zeit ab Januar 2014 erhielt die Klägerin auch nicht mehr die von der kassenärztlichen Vereinigung gezahlte Sachkostenpauschale.
11Der Beklagte zu 1) erklärte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 30.12.2013 die fristlose Kündigung des Kooperationsvertrages unter Berufung auf einen Überfall auf den Beklagten zu 2) und dessen Bedrohung durch eine unbekannte Person am Morgen des 23.12.2013. Hierfür macht er den Geschäftsführer der Klägerin verantwortlich. In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11.03.2014 haben die Beklagten weitere schadensstiftende Verhaltensweisen der Klägerin vorgetragen, aufgrund derer die Fortsetzung des Kooperationsvertrages bzw. das Einhalten einer Kündigungsfrist ihnen nach ihrer Auffassung nicht zumutbar sei. Der Geschäftsführer der Klägerin habe den Beklagten zu 1) mit zahlreichen Strafanzeigen überzogen.
12Unstreitig ist gegen den Beklagten zu 1) in dem Strafverfahren 700 Js 2295/13 Anklage wegen Betruges zum Nachteil der A erhoben worden. Weitere Vorwürfe sind gemäß § 154 der Strafprozessordnung vorläufig eingestellt worden (Schreiben StA Dortmund vom 23.09.2015, Anl. BB 12).
13Mit der Klage hat die Klägerin die Fortsetzung des Kooperationsvertrages mit den Beklagten sowie die Unterlassung des Betriebs eines anderen Dialysezentrums begehrt.
14Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, der Beklagte zu 2) sei nach Ausscheiden des Streithelfers als dessen Nachfolger in die frühere Gemeinschaftspraxis eingetreten und daher auch an die Verpflichtungen aus dem Kooperationsvertrag gebunden. Den Beklagten sei es verwehrt, den Vertrag zu beenden, ohne einen neuen ärztlichen Leiter zu stellen, der in den Kooperationsvertrag eintrete.
15Das Begehren, kein anderes Dialysezentrum in K und P zu betreiben, könne auf das Wettbewerbsverbot in § 7 des Kooperationsvertrages gestützt werden.
16Die Beklagten sind der Auffassung gewesen, die Beklagen zu 2) und zu 3) seien nicht Parteien des Kooperationsvertrages geworden. Die Beklagte zu 3) sei eine Neugründung.
17Der Beklagte zu 1) habe den Kooperationsvertrag wirksam gekündigt. Die Beklagten haben behauptet, der Geschäftsführer der Klägerin sei für den Überfall auf den Beklagten zu 2) am 23.12.2013 verantwortlich. Er habe die Beklagten zudem einzuschüchtern versucht, indem er Schriftstücke durch Angehörige der Rockerszene habe überbringen lassen.
18Die Beklagten halten das Wettbewerbsverbot in § 7 des Kooperationsvertrages für unwirksam.
19Wegen der weiteren Einzelheiten der in erster Instanz getroffenen Feststellungen und der dort gestellten Anträge wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25.02.2014 (Bl. 128 bis133 d.A.) sowie auf das angefochtene Urteil (Bl. 163 bis 180 d.A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
20Das Landgericht hat die Verpflichtung des Beklagten zu 1) festgestellt, den Kooperationsvertrag zu erfüllen und fortzuführen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
21Die Vereinbarung einer Laufzeit von 20 Jahren des Kooperationsvertrages sei wirksam. Die Laufzeit sei individuell ausgehandelt und der Vertag sei von seiner Natur her auf eine längere Laufzeit angelegt. Eine Abwägung der beiderseitigen Interessen spreche ebenfalls nicht gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung. Unter anderem sei zu berücksichtigen, dass sich die von der Klägerin getätigten Investitionen erst bei einer langen Vertragslaufzeit amortisieren würden. Der Beklagte zu 1) habe angesichts seines Alters bei Vertragsabschluss gewusst, dass er sich bis zum Ende seiner ärztlichen Berufstätigkeit binde.
22Der Kooperationsvertrag sei nicht wirksam beendet worden. Es habe kein wichtiger Grund vorgelegen, der eine fristlose Kündigung des Vertrages rechtfertigen würde. Der Vortrag zu den Vorfällen am 23.12.2013 reiche nicht aus. Der Vortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11.03.2014 sei nicht mehr zu berücksichtigen. Der Beklagte zu 1) habe, wie sich bei seiner Anhörung am 25.02.1014 herausgestellt habe, seine kassenärztliche Zulassung auch nicht aufgegeben, so dass die weiteren Voraussetzungen des § 6 des Kooperationsvertrages nicht vorlägen.
23Die weitergehende Klage habe keinen Erfolg. Hinsichtlich der Verpflichtungen aus dem Kooperationsvertrag fehle es den Beklagten zu 2) und zu 3) an der Passivlegitimation. Die genannten Beklagten seien nicht Parteien des Vertrages geworden. Bei dem Beklagten zu 2) handele es sich auch nicht um den Rechtsnachfolger des Streithelfers. Er habe zudem ausdrücklich erklärt, nicht in den Kooperationsvertrag eintreten zu wollen.
24Die Klägerin habe gegen die Beklagten keinen Anspruch darauf, dass diese die Gründung und den Betrieb eines weiteren Dialysezentrums unterlassen. Das vertragliche Wettbewerbsverbot des § 7 des Kooperationsvertrages zeitige hinsichtlich der Beklagten zu 2) und zu 3) bereits mangels deren Passivlegitimation keine Wirkung. Aber auch der Beklagte zu 1) sei nicht zur Unterlassung verpflichtet. Die Wettbewerbsklausel sei sittenwidrig und damit nichtig. Die von der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen gesetzte Höchstfrist von 2 Jahren werde zwar nicht überschritten. Jedoch komme das Verbot vorliegend einem Berufsausübungsverbot gleich. Der Beklagte zu 1) sei als Dialysearzt an seinen Vertragsarztsitz, für den die Zulassung bestehe, gebunden. Eine Verlegung sei nur in einem Bedarfsplanungsgebiet mit der Genehmigung des Zulassungsausschusses möglich. Für eine Dialysetätigkeit außerhalb des Gebietes K und P habe er keine Zulassung.
25Gegen dieses Urteil wenden sich die Klägerin und der Beklagte zu 1) mit ihren Berufungen.
26Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr Unterlassungsbegehren weiter. Ferner begehrt sie die Einbeziehung der Beklagten zu 2) und zu 3) in den zu ihren Gunsten ergangenen Feststellungsausspruch bezüglich der Fortsetzung des Kooperationsvertrages.
27Das Landgericht habe den Unterlassungsantrag gegen den Beklagten zu 1) zu Unrecht abgewiesen. Letzterer sei zur Fortführung des Kooperationsvertrages verpflichtet. Hieraus ergebe sich gleichzeitig unter dem Gesichtspunkt des vertragsimmanenten Wettbewerbsverbotes die Verpflichtung, Konkurrenztätigkeit zu unterlassen. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gemäß § 7 des Kooperationsvertrages habe das Landgericht zu Unrecht für nichtig gehalten.
28Zu Unrecht habe das Landgericht auch die Passivlegitimation der Beklagten zu 2) und zu 3) verneint. Der Beklagte zu 2) sei im Zusammenhang mit der Gründung der Beklagten zu 3) und durch Unterzeichnung des Vertrages über eine örtliche Berufsausübungsgemeinschaft Partei des Kooperationsvertrages geworden. Der Vertrag über die örtliche Berufsausübungsgemeinschaft genüge nicht den Anforderungen, die die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an Gemeinschaftspraxisverträge im Hinblick auf die notwendige Ausübung freiberuflicher Tätigkeit stelle.
29Der Beklagte zu 2) sei zudem in die frühere Gemeinschaftspraxis des Beklagten zu 1) mit dem Streithelfer Dr. I eingetreten. Der Beklagte zu 1) habe nach dessen Ausscheiden die Gesellschaft durch Übernahme des Gesellschaftsvermögens fortgeführt und dieses vollständig in die Gemeinschaftspraxis mit dem Beklagten zu 2) eingebracht. Dieser sei lediglich formal nicht in eine bestehende Gesellschaft eingetreten. Der Sachverhalt müsse aber rechtlich wie eine Fortführung der früheren Gemeinschaftspraxis behandelt werden mit der weiteren Folge einer Eintrittshaftung des Beklagten zu 2). Die zeitliche Verzögerung sei ausschließlich in der Dauer des Verfahrens der A bezüglich der Erteilung der Sonderbedarfszulassung begründet.
30Das Landgericht habe verkannt, dass die ärztliche Tätigkeit des Beklagten zu 2) im Bereich der Dialyse ohne Einbeziehung in den Kooperationsvertrag nicht durchführbar sei. Die Beklagten zu 1) und zu 2) hätten zudem gemeinsam entsprechend den Regelungen des Kooperationsvertrages gegenüber der Klägerin abgerechnet. Der Beklagte zu 2) habe auch selbst rechtsverbindliche Schreiben im Namen der Beklagten zu 3) unterzeichnet. Hinzu komme, dass der Beklagte zu 2) im Falle seiner fehlenden Beteiligung am Kooperationsvertrag kein Weisungsrecht gegenüber dem Personal der Dialysezentren ausüben könne. Die Klägerin habe zum Betrieb des Dialysezentrums in voller Absprache mit dem Beklagten zu 2) Sachleistungen erbracht. Andersherum habe der Beklagte zu 2) ebenfalls in Erfüllung des Kooperationsvertrages über die reine Dialysetätigkeit hinaus Leistungen erbracht. Schließlich sei der Beklagte zu 1) verpflichtet gewesen, die Verpflichtungen aus dem Kooperationsvertrag auf die Nachfolger der ärztlichen Leiter zu übertragen. Da er dies nicht getan habe, liege ein sittenwidriges Verhalten in Form des Vertragsbruchs vor.
31Das Landgericht habe zu Recht die zwanzigjährige Vertragslaufzeit nicht beanstandet. Die Investitionen zum Aufbau des Dialysezentrums beliefen sich auf ca. 5.000.000 €, von denen etwa 3,8 Millionen € über eine Landesbürgschaft des Landes Nordrhein-Westfalen abgesichert seien. Das gesamte Investitionsrisiko habe ausschließlich bei der Klägerin gelegen. Die Dauer des Kooperationsvertrages entspreche zudem den gesetzlichen Vorgaben gemäß Anl. 9.1 BMV-Ä. Auch das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 17.10.2012 (Aktenzeichen B 6 KA 44/11 R) die Ermächtigung von 10 Jahren mit einer Verlängerungsoption auf weitere 20 Jahre gemäß Anl. 9.1 bestätigt.
32Die V habe auch keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des Kooperationsvertrages gehabt. Dasselbe gelte für die A. Dort seien die Verträge Gegenstand der Erörterung mit der L GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die A sei, gewesen. Eine von Beklagtenseite bei der V erhobene Beanstandung sei zwischenzeitlich dem Vernehmen nach als grundlos und gegenstandslos zurückgewiesen worden. Ein im Wesentlichen gleicher Vertrag in Niedersachsen sei von der dortigen V genehmigt worden. Eine bedenkliche Klausel bezüglich der Geschäftsführung sei dort herausgenommen worden. Das OLG Oldenburg und der BGH hätten keine Bedenken gegen die Wirksamkeit dieses Vertrages gehabt.
33Der Kooperationsvertrag verstoße entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gegen ärztliches Berufsrecht. § 18 Abs. 1 S. 1 BerufsO und § 23 b) Abs. 1 Berufsordnung beträfen lediglich Ärztinnen und Ärzte. Die Klägerin übe auch nicht im Sinne des § 23 c) BerufsO „Heilkunde am Menschen“ aus. Die Klägerin erbringe keine Dialyseleistungen. Gegenstand des Vertrages sei vielmehr der Betrieb von Dialysezentren. Die vereinnahmte Pauschale falle für Sachkosten an.
34Es liege auch kein Verstoß gegen das Unabhängigkeitsgebot in § 30 BerufsO vor. Die Unabhängigkeit der Ärzte sei ausweislich § 3 Abs. 1 S. 2 des Kooperationsvertrages gewährleistet. Der medizinische Bereich werde ausschließlich von den Ärzten geleistet und sei unabhängig von der Klägerin. Soweit die Beklagten medizinische Versorgungszentren zur Argumentation heranziehen, werde auch dort streng zwischen der kaufmännischen und der medizinischen Leitung unterschieden. Es treffe auch nicht zu, dass die Klägerin auf medizinische Bereiche Einfluss genommen hätte.
35Abweichend von der Auffassung des Beklagten zu 1) hänge die Sonderbedarfszulassung des Beklagten zu 2) von der Zulassung des Beklagten zu 1) ab. Der zwischen beiden geschlossene Vertrag sehe zudem im Falle der Trennung lediglich das Ausscheiden des Beklagten zu 2) vor. Einer neuen Dialysegenehmigung für den Beklagten zu 1) bedürfe es im Falle seiner Rückkehr an den Standort C-Straße in P nicht.
36Soweit der Beklagte zu 1) sich auf Arbeitsunfähigkeit berufe, sei diese unzureichend belegt und werde bestritten. Sie sei nicht amtsärztlich nachgewiesen. Gegebenenfalls sei der Beklagte zu 1) verpflichtet, einen Vertreter zu stellen. Ihm sei mehrfach der Facharzt G als Vertreter angeboten worden.
37Die Klägerin beantragt,
381.
39unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 18.03.2014 – Aktenzeichen 25 O 347/13 – festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den mit der Klägerin abgeschlossenen Kooperationsvertrag zum Betrieb einer ausgelagerten Praxisstätte eines Dialysezentrums in der C-Straße, P, zu erfüllen und fortzuführen,
402.
41die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, in P und K neben dem bestehenden Dialysezentrum in der C-Straße in P ein weiteres Dialysezentrum in P oder K zu betreiben.
42Die Beklagten und der Streithelfer beantragen,
43die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
44Ferner hat der Beklagte zu 1) zunächst beantragt,
451.
46unter Abänderung des am 18.03.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Dortmund – Aktenzeichen 25 O 347/13 – festzustellen, dass der Beklagte zu 1) nicht verpflichtet ist, den mit der Klägerin abgeschlossenen Kooperationsvertrag zum Betrieb einer ausgelagerten Praxisstätte in Form eines Dialysezentrums in der C-Straße, P, zu erfüllen und fortzuführen,
472.
48hilfsweise, das am 18.03.2014 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund – Aktenzeichen 25 O 347/13 – aufzuheben und an das Landgericht Dortmund zurückzuverweisen.
49Im Senatstermin vom 04.02.2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärt, die vorstehend wiedergegebenen Anträge nicht mehr stellen zu wollen. Es werde vielmehr mit der Berufung beantragt,
50die Klage vollständig abzuweisen.
51Die Klägerin beantragt,
52die Berufung des Beklagten zu 1) zurückzuweisen.
53Der Beklagte zu 1) verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es ihm günstig ist. Mit seiner Berufung begehrt er die Abweisung der Klage auch soweit das Landgericht seine Verpflichtung zur Fortführung des Kooperationsvertrages festgestellt hat. Zur Begründung führt er aus:
54Es fehle bereits am Feststellungsinteresse der Klägerin. Diese sei nicht in der Lage, durch Vertragsfortführung durch den Beklagten zu 1) eine Dialyse auf sozialversicherungsrechtlich legitimer Basis zu betreiben. Die Erfüllung des Kooperationsvertrages verletze öffentlich-rechtliche Vorschriften. Das Landgericht habe entsprechenden erstinstanzlichen Vortrag des Beklagten zu 1) nicht beachtet.
55Letzterer könne Dialyseleistungen an dem gewünschten Standort C-Straße in P so gut wie nicht erbringen. Der Beklagte zu 1) müsste nämlich seinen Vertragsarztsitz vom derzeitigen Standort an den gewünschten Standort der Klägerin verlegen. Zu diesem Zweck müsste er aus der Gemeinschaftspraxis mit dem Beklagten zu 2) ausscheiden. Hierdurch würde er seine Zulassung für die Erbringung von Dialyseleistungen bei gesetzlich krankenversicherten Patienten verlieren. Dies folge aus § 4 Abs. 1b Anl. 9.1 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte. Danach verbleibe die Dialyse-Genehmigung bei der Praxis, die der Beklagte zu 1) verlasse. Eine neue Genehmigung am gewünschten Standort werde er wegen der ausreichenden Versorgungssituation im Raum P nicht erhalten. Er könnte ausschließlich Privatpatienten betreuen. Die Sonderbedarfszulassung für den Beklagten zu 2) sei zwar auf eine Tätigkeit in Berufsausübungsgemeinschaft mit dem Beklagten zu 1) beschränkt. Diese Beschränkung würde aber dergestalt aufzuheben sein, dass der verbleibende Versorgungsauftrag ab dem Ausscheiden des Beklagten zu 1) aus der Praxis des Beklagten zu 2) im Rahmen einer Einzelpraxis ohne Partner ausgeübt werden könnte. Dem Beklagten zu 1) würde durch einen Wechsel zurück an den von der Klägerin gewünschten Standort ein irreversibler wirtschaftlicher Schaden entstehen. Denn es bestünden keine ernsthaften Aussichten, auch nur einen Patienten aus der derzeit mit dem Beklagten zu 2) betriebenen Praxis zum Wechsel an den neuen Praxissitz motivieren zu können.
56Abweichend von der Auffassung des Landgerichts enthalte der Kooperationsvertrag sittenwidrige Komponenten, die den Beklagten zu 1) einseitig benachteiligen würden. Der Hinweis des Landgerichts auf eine Individualabrede sei verfehlt. Die Begründung zur Wirksamkeit einer Vertragslaufzeit von 20 Jahren sei nicht nachvollziehbar. Der Zeitraum sei als unangemessene Benachteiligung des Beklagten zu 1) zu bewerten. Soweit das Landgericht zur Begründung Rückgriff auf das Mietrecht nehme, könne dies nicht für den Kooperationsvertrag gelten. Insbesondere die unzulässige Nachfolgeregelung sollte nicht dem Ziel der Amortisierung dienen, sondern eine Knebelwirkung entfalten und der Gewinnerzielung dienen. Eine Amortisierung sei in der Regel bereits nach 10 Jahren gegeben. Das Landgericht habe den Gesichtspunkt der Amortisierung nicht näher verifiziert, sondern Vermutungen angestellt. Eine Amortisierung sei bereits erfolgt. Die Klägerin müsse die behauptete Amortisation der angeschafften Geräte näher darlegen und beweisen. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts bezüglich der Anmietung von Räumlichkeiten durch die Klägerin seien unzutreffend. Die Klägerin habe den „H“ 2007 mithilfe von Fördermitteln eröffnet, wobei die Dialyseräumlichkeiten nur einen Teil des Gesamtkomplexes darstellen würden. Es treffe daher nicht zu, dass die Klägerin „Räumlichkeiten angemietet“ habe.
57Der Kooperationsvertrag sei gem. § 134 BGB nichtig, weil er gegen §§ 18 Abs. 1, 23b und 23c BerufsO der Ärzte verstoße. Der Kläger sei weder Arzt, noch sonstiger Leistungserbringer i.S.d. SGB V und hätte daher den Vertrag nicht schließen dürfen. Insbesondere scheide eine Partnerschaft gem. § 23c BerufsO aus, weil die Dialyse „Heilkunde am Menschen“ sei. Zudem sei die Klägerin eine GmbH, wohingegen der Beklagte zu 1) als Arzt kein Gewerbe betreibe. Die GmbH werde nicht verantwortlich von einem Arzt geführt.
58Ferner verstoße der Kooperationsvertrag gegen das Gebot der ärztlichen Unabhängigkeit gem. § 30 BerufsO. Durch § 1 Abs. 2 des Kooperationsvertrages, wonach der Geschäftsführer der Klägerin zugleich Geschäftsführer der Dialysezentren sei und die Ärzte ärztliche Leiter, ergebe sich eine mögliche Einflussnahme. Es entstehe ein arbeitnehmerähnliches Über- und Unterordnungsverhältnis. Die KIägerin erhalte rund 87% der gesamten Zahlungen für Dialysemaßnahmen. Medizinische Entscheidungen könnten durch Kapitalinteressen beeinflusst werden. Dies sei auch schon geschehen. Es sei versucht worden, den Beklagten zu 1) daran zu hindern, die Patientenakten aus dem Dialysebereich zu entfernen, obwohl diese grundsätzlich im Eigentum des behandelnden Arztes stünden. Zudem liege es im finanziellen Interesse der Klägerin, dass möglichst viele Dialysen durchgeführt werden. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werde diese daher versucht haben, auf die Anzahl und die Durchführung Einfluss zu nehmen.
59Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die V und die A keine Bedenken gegen den Kooperationsvertrag erhoben hätten. Die V prüfe den Vorgang und verweigere den Beklagten die Einsichtnahme in die vollständige Verwaltungsakte.
60Das Landgericht habe auch fehlerhaft eine fristlose Kündigung des Kooperationsvertrages abgelehnt. Hinsichtlich des Vorfalles vom 23.12.2013 gegenüber dem Beklagten zu 2) laufe noch immer ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Bochum. Im Zivilprozess eindeutige Beweise zu fordern, überspanne die Beweislast des Beklagten zu 1). Auch die im Schriftsatz vom 11.03.2014 geschilderten Aktionen des Geschäftsführers der Klägerin würden eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Hinsichtlich der vorgetragenen Zustellungen durch Mitglieder einer Rockerbande sei der Streithelfer als Zeuge benannt, aber nicht gehört worden. Die Beweisaufnahme hätte zu der Überzeugung des Landgerichts geführt, dass eine Einschüchterung, Drohung und Nötigung des Beklagten zu 1) erfolgt seien.
61Eine fristlose Kündigung sei auch „wegen § 240 StGB“ wirksam. Es sei insoweit voll umfänglich auf den Sachvortrag des Rechtsanwalts Dr. I2 im Verfahren 25 O 385/13 verwiesen worden.
62Hinsichtlich der Berufung der Klägerin tragen die Beklagten vor:
63Der Berufungsantrag sei bereits unzulässig, weil die Klägerin nicht hinreichend dargestellt habe, woraus sich eine Gesamtschuldnerschaft der Beklagten ergeben solle. Es erschließe sich zudem nicht, dass die Beklagten am Standort C-Straße tätig werden sollen. Die Dialyse sei seit Jahren am F-Platz durchgeführt worden.
64Die Klägerin habe zudem kein Bestimmungsrecht darüber, ob und wo eine Dialyse durchgeführt werde. Dies bestimme sich allein nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Eine Genehmigung der Sitzverlegung setze eine Prüfung des Kooperationsvertrages durch die A bzw. den Zulassungsausschuss voraus. Kooperationsverträge müssten die freiberufliche Stellung des Arztes berücksichtigen. Tun sie dies nicht, so würden die Verträge nichtig sein. So verhalte es sich hier. Im Anhang 9.1.2 zu Anl. 9.1 BMV-Ä sei das Vertragsverhältnis im Falle des Zusammenwirkens von nicht ärztlichen Einrichtungen und Vertragsärzten abschließend geregelt. Der Kooperationsvertrag der Klägerin entspreche nicht ansatzweise diesen Anforderungen.
65Der Beklagte zu 1) hat zunächst vorgetragen, er sei ohnehin nicht in der Lage, den Kooperationsvertrag zu erfüllen, weil er wegen Krankheit arbeitsunfähig sei (Schriftsatz vom 23.02.2015). Der Zustand beruhe unter anderem darauf, dass der Geschäftsführer der Klägerin den Beklagten zu 1) massenhaft mit Strafanzeigen überzogen habe. Der Beklagte zu 1) sei daher psychisch und physisch nicht mehr in der Lage, im Rahmen des Kooperationsvertrages tätig zu werden. Im Senatstermin am 04.02.2016 hat der Beklagte zu 1) unwidersprochen erklärt, nach dem Ergebnis einer Begutachtung der A seien wieder vier Stunden Arbeit pro Tag möglich. Ziel sei seine vollständige Wiedereingliederung.
66Ihm, dem Beklagten zu 1) könne aber nicht mehr zugemutet werden, an der früheren Wirkungsstätte tätig zu werden, da durch die verschiedenen Aktivitäten des Geschäftsführers der Klägerin das Verhältnis unumkehrbar zerrüttet sei. Die Nichtigkeit des Kooperationsvertrages ergebe sich insoweit gem. dessen § 8. Die Klägerin habe ihn mit zahlreichen zivilrechtlichen Gerichtsverfahren und mit grundlosen Strafanzeigen überzogen. Selbst aus Sicht der Klägerin sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit offenbar nicht mehr möglich. Die Beklagten verweisen insbesondere auf ein Anschreiben des Geschäftsführers der Klägerin an die Staatsanwaltschaft Dortmund vom 18.09.2013. Der Geschäftsführer der Klägerin habe im Strafverfahren sogar Zeugen instrumentalisiert. Aus wichtigem Grund könne sogar die Auflösung des Vertrages ohne Kündigung durch gerichtliche Entscheidung ausgesprochen werden. Vorsorglich werde nochmals die Kündigung des Kooperationsvertrages aus wichtigem Grund erklärt und das dem Kooperationsvertrag zu Grunde liegende Rechtsgeschäft wegen Verstoßes gegen gesetzliche Verbote angefochten.
67Die Beklagten verteidigen die Auffassung des Landgerichts, die Beklagten zu 2) und zu 3) seien nicht Parteien des Kooperationsvertrages geworden, mit näheren Ausführungen. Soweit die Klägerin die Tätigkeiten des Beklagten zu 2) für das Dialysezentrum vortrage, verhalte es sich so, dass die Klägerin diese Tätigkeiten lediglich geduldet habe, ohne mit dem Beklagten zu 2) einen Vertrag abzuschließen. Der Beklagte zu 2) habe mit Schreiben vom 02.04.2013, obwohl dies nicht erforderlich gewesen sei, rein vorsorglich ein etwaiges Vertragsverhältnis mit der Klägerin ordentlich gekündigt.
68Der Streitverkündete hat im Berufungsverfahren ergänzend vorgetragen, dass sein Ausscheiden aus der Gemeinschaftspraxis mit dem Beklagten zu 1) nicht auf einem Zerwürfnis, sondern darauf beruht habe, dass sich für ihn eine andere berufliche Perspektive eröffnet habe.
69Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in zweiter Instanz zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem Senat vom 04.02.2016 (Bl. 898 bis 901 d. A. ) Bezug genommen.
70II.
71Die Berufung des Beklagten zu 1) ist unbegründet. Die erstinstanzliche Feststellung, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den mit der Klägerin abgeschlossenen Kooperationsvertrag fortzuführen, war aufrechtzuerhalten.
72Die Berufung der Klägerin ist begründet, soweit sie die Verurteilung des Beklagten zu 1) begehrt, es zu unterlassen, ein weiteres Dialysezentrum in P und K zu betreiben. Soweit die Berufung auf die Einbeziehung der Beklagten zu 2) und zu 3) in die Verpflichtung zur Fortführung des Kooperationsvertrages zielt, ist sie hingegen unbegründet
731. Berufung des Beklagten zu 1)
74Die Berufung ist unbegründet. Die Klägerin begehrt zu Recht die Feststellung, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den mit der Klägerin abgeschlossenen Kooperationsvertrag fortzuführen.
75a) Keine Nichtigkeit des Kooperationsvertrages
76aa) Laufzeitvereinbarung
77Der Kooperationsvertrag ist nicht gem. § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit aufgrund der Vereinbarung einer Vertragslaufzeit von 20 Jahren nichtig. Eine Sittenwidrigkeit kommt bereits unterhalb der Schwelle einer sogenannten Knebelung in Betracht, wenn die Laufzeitvereinbarung die persönliche, berufliche oder wirtschaftliche Freiheit des Verpflichteten unangemessen einengt. Es genügt ein nach Abwägung der beiderseitigen schützenswerten Interessen nicht mehr hinnehmbares Übermaß (BGH NJW-RR 1986, 982; vgl. auch Arnold in Erman BGB, Kommentar zum BGB, 14. Aufl. 2014, § 138 BGB, Rn. 102). Bei dem zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) bestehenden Kooperationsvertrag handelt es sich um einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in der Form einer Innengesellschaft. Insoweit sind für die Frage einer etwaigen Sittenwidrigkeit dieselben Maßstäbe anzulegen, wie für die Frage der Zulässigkeit einer Beschränkung der ordentlichen Kündbarkeit einer solchen Gesellschaft.
78(1)
79Der Kooperationsvertrag ist als Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in der Form einer Innengesellschaft zu qualifizieren. Gemäß § 705 BGB liegt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor, wenn sich die Gesellschafter durch Gesellschaftsvertrag gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten. Die Bildung von Gesellschaftsvermögen und das Leisten von Beiträgen stellen keine zwingende Voraussetzung dar; insoweit kann Abweichendes vereinbart werden (vgl. etwa Palandt-Sprau, BGB, 75. Auflage 2016, § 705 Rn. 33). Eine reine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts ist gegeben, wenn sich die Gesellschafter zwar im Innenverhältnis zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verpflichten, sie jedoch nach dem Inhalt Ihrer vertraglichen Vereinbarung nicht nach außen als Gesellschaft am Rechtsverkehr teilnehmen wollen. Für eine Innengesellschaft spricht insbesondere das Fehlen eines Gesamthandsvermögens (vgl. Palandt-Sprau, a. a. O., mit Nachw. aus der Rspr.).
80Nach vorstehendem Maßstab liegen die Voraussetzungen für eine Innengesellschaft vor. Die Klägerin, der Beklagte zu 1) sowie der inzwischen ausgeschiedene Streithelfer haben sich in dem Kooperationsvertrag vom 28.04.2003 verpflichtet, gemeinsam Dialyseeinrichtungen zu betreiben. Hierin liegt der erforderliche gemeinsame Zweck, den zu fördern die Vorgenannten sich verpflichtet haben. Der Geschäftsführer der Klägerin sollte gemäß § 1 des Kooperationsvertrages zugleich Geschäftsführer der Dialysezentren sein, der Beklagte zu 1) und der Streithelfer sollten die ärztliche Leitung übernehmen. Zum Zwecke des Betriebs der Dialysezentren sieht § 1 des Kooperationsvertrages weiter vor, dass die Klägerin Räumlichkeiten, Personal, Sach-und Dienstleistungen einschließlich Verwaltungsleistungen zu erbringen hatte. Der Beklagte zu 1) und der Streithelfer sollten ihrerseits die Dialyse-Therapie durchführen und gegenüber den Patienten, der kassenärztlichen Vereinigung, den Krankenkassen und anderen Versorgungsträgern abrechnen. Ferner oblagen ihnen die Entscheidung über die Aufnahme, Verlegung oder Entlassung von Patienten, sowie weitere ärztliche Maßnahmen.
81Der Umstand dass die Klägerin gemäß § 4 I. der Kooperationsvereinbarung die von der kassenärztlichen Vereinigung gezahlte Sachkostenpauschale erhalten sollte, verleiht der Vereinbarung nicht den Charakter eines Austauschvertrages. Dies wird unter anderem an den Vereinbarungen in § 4 III. und IV. deutlich, die Regelungen für den Fall enthalten, dass die Sachkostenpauschale bestimmte Beträge übersteigen oder unterschreiten. Danach sollen die Einnahmen für Dialysebehandlungen nach dort näher bezeichneten Kriterien zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) und dem Streithelfer aufgeteilt werden.
82Eine Außengesellschaft ist nicht gegeben, sondern eine Innengesellschaft. Die Gesellschaft ist unstreitig nicht nach außen gegenüber Dritten rechtsgeschäftlich aufgetreten. Dem entspricht es, dass die Kooperationsvereinbarung auch keine Vertretungsregeln aufweist; solche Regelungen sind bei Außengesellschaften üblich, wenn auch nach den gesetzlichen Vorschriften nicht zwingend erforderlich. § 5 der Vereinbarung, der mit „Stellvertretung“ überschrieben ist, regelt lediglich die interne Vertretung eines ärztlichen Leiters im Falle seiner Verhinderung hinsichtlich seiner Aufgaben in den Dialysezentren. Maßgeblich spricht für das Vorliegen einer reinen Innengesellschaft, dass die Klägerin, der Beklagte zu 1) und der Streithelfer nicht die Bildung von Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) vereinbart haben.
83(2)
84Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, sind Vereinbarungen über die Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts unwirksam und – wie oben ausgeführt – zugleich sittenwidrig, soweit die Bindung der Gesellschafter an die Gesellschaft zeitlich ganz unüberschaubar ist und infolgedessen ihre persönliche und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit unvertretbar eingeengt wird (BGHZ 50, 316; BGH NJW 2007, 295, bei Juris Rn. 10). Eine derartige zeitliche Unüberschaubarkeit mit den entsprechenden nachteiligen Folgen für die persönliche Freiheit des Gesellschafters besteht nicht nur bei unbefristeten Gesellschaftsverträgen, sondern auch bei zeitlich befristeten Gesellschaftsverträgen, bei denen die vertragliche Bindung von so langer Dauer ist, dass bei Vertragsschluss die Entwicklungen und damit die Auswirkungen auf die Gesellschafter unübersehbar sind (BGH NJW 2007, 295, bei Juris Rn. 11). Die Frage, wo die Grenze zulässiger Zeitbestimmungen verläuft, lässt sich nicht generell, sondern nur anhand des Einzelfalls unter Abwägung aller Umstände beantworten. Hierbei sind einerseits die schutzwürdigen Interessen des einzelnen Gesellschafters an einer absehbaren, einseitigen Lösungsmöglichkeit, andererseits die Struktur der Gesellschaft, die Art und das Ausmaß der für die Beteiligten aus dem Gesellschaftsvertrag folgenden Pflichten sowie das durch den Gesellschaftsvertrag begründete Interesse an einem möglichst langfristigen Bestand der Gesellschaft in den Blick zu nehmen (BGH NJW 2007, 295, bei Juris Rn. 13, mit weiteren Nachweisen). Bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer gesellschaftsvertraglichen Bindungsfrist ist, wenn wie hier die berufliche Tätigkeit der Gesellschafter betroffen ist, die in Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit zu berücksichtigen. Zur Berufsausübung gehört das Recht, sich beruflich zusammenzuschließen, aber auch das Recht, einen Arbeitsplatz nach eigener Wahl anzunehmen, beizubehalten oder aufzugeben (BVerfGE 108,150; BGH NJW 2007, 295, bei Juris Rn. 17).
85Es kann dahingestellt bleiben, ob die hier vereinbarte zwanzigjährige Dauer der Gesellschaft nach dem vorstehenden Maßstab bereits zur Unwirksamkeit der Zeitbestimmung führt. An die Stelle einer unzulässigen Kündigungsbeschränkung tritt gegebenenfalls das dispositive Recht, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrag deutlich wird, dass die Parteien übereinstimmend eine lang anhaltende Bindung gewollt und mit der Nichtigkeit gemäß § 723 Abs. 3 BGB bzw. der Behandlung der Gesellschaft als unbefristete entsprechend § 724 BGB nicht gerechnet haben. In diesem Fall ist der Vertrag anzupassen (vgl. BGH NJW 2007, 295, bei Juris Rn. 21).
86Aus dem zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) und dem Streithelfer geschlossenen Kooperationsvertrag lässt sich der Wille zu einer lang anhaltenden Bindungsdauer entnehmen. Dies folgt bereits aus dem Gesellschaftszweck, eine Dialyseeinrichtung zu führen und zu betreiben, was nur mit einem erheblichen Aufwand zu bewerkstelligen ist. Die Klägerin hat Beträge in Millionenhöhe aufgewendet, um vor allem die medizinisch-technischen Voraussetzungen für das Betreiben der Einrichtung zu schaffen. Unabhängig davon, ob es sich dabei, wie die Klägerin behauptet, um einen zweistelligen Millionenbetrag handelt oder nicht, ist nachvollziehbar und wird von dem Verfügungsbeklagten zu 1) letztlich auch nicht bestritten, dass die Amortisation der investierten Beträge eine gewisse Laufzeit des Kooperationsvertrages notwendig erscheinen lässt. Auch die Regelung in § 6 des Kooperationsvertrages, wonach der Nachfolger eines ausscheidenden ärztlichen Leiters verpflichtet werden soll, die Kooperationsvereinbarung zu übernehmen, belegt unabhängig von der Frage der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung den Willen der Vertragschließenden, eine längerfristige Bindung einzugehen.
87Der Senat ist hingegen nicht der Auffassung, dass die bisherige Dauer der Gesellschaft von etwa zwölf Jahren und 9 Monaten (Mai 2003 bis Anfang Februar 2016) bereits eine unzulässig lange und damit unwirksame Laufzeit darstelle. Die vorstehend beschriebenen Gesichtspunkte rechtfertigen zugleich eine Bindungsdauer zumindest in der genannten Höhe mit der Folge, dass eine ordentliche Kündigung gemäß § 723 Abs. 3 BGB jedenfalls bisher ausgeschlossen war.
88Dem steht das Interesse des Beklagten zu 1) an der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten freien Berufsausübung nicht entgegen. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 18.09.2006 – II ZR 137/04 – (BGH NJW 2007, 295) entschiedenen Fall deckt selbst die vereinbarte 20jährige Bindung im Falle des Beklagten zu 1) gerade nicht nahezu die gesamte Zeit seiner Berufstätigkeit ab. Zwar geht die vereinbarte Laufzeit des Kooperationsvertrages über das übliche Rentenalter von 65 bzw. 67 Jahren hinaus. Jedoch hatte der Beklagte zu 1) bei Abschluss des Kooperationsvertrages am 28.04.2003 bereits einen Großteil seiner beruflichen Tätigkeit hinter sich. Er hatte im Zeitpunkt des Abschlusses des Kooperationsvertrags bereits ein Lebensalter von 52 oder 53 Jahren erreicht. Wenn er sich zu diesem Zeitpunkt dazu entschließt, einen Vertrag mit einer über das übliche Pensionsalter hinausgehenden Laufzeit zu schließen, führt dies nicht dazu, eine zeitliche Unüberschaubarkeit mit einer nicht hinzunehmenden Einschränkung der beruflichen Betätigungsmöglichkeiten zu bejahen. Zudem war und ist der Beklagte zu 1) nicht gehindert, den Kooperationsvertrag gem. § 6 durch die Rückgabe der kassenärztlichen Zulassung für das Betreiben einer nephrologischen Praxis zu beenden und anderweitig als Arzt zu arbeiten.
89In Abwägung der Berufsfreiheit des Beklagten zu 1) mit den Interessen der Gesellschafter an einer Kontinuität der Gesellschaft, erscheint jedenfalls ein Zeitraum von zwölf Jahren und 9 Monaten nicht als unzulässige Einschränkung der Kündigungsmöglichkeit.
90Selbst wenn man eine vertragliche Bindung von 20 Jahre als unzulässig ansehen würde, wäre der Kooperationsvertrag nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat auch in diesem Punkt anschließt, nicht gem. § 723 Abs. 3 BGB oder § 138 Abs. 1 BGB, Art. 12 GG insgesamt nichtig; vielmehr wäre die Laufzeitregelung wegen des grundsätzlichen Willens der vertragsschließenden Parteien zu einer längeren Bindung, wie bereits dargelegt, anzupassen (vgl. BGH NJW 2007, 295, bei Juris Rn. 21), wobei eine Laufzeit von zumindest zwölf Jahren und 9 Monaten nicht zu beanstanden ist.
91bb) Verstoß gegen die Berufsordnung
92Der Kooperationsvertrag ist nicht gem. § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen die Berufsordnung der Ärzte nichtig. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vorschriften der Berufsordnung Verbotsgesetze im Sinne der vorgenannten Vorschrift darstellen. Jedenfalls liegt ein Verstoß nicht vor.
93(1) §§ 18 Abs. 1, 23b und 23c Berufsordnung der Ärzte
94Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Vorschriften der Berufsordnung, wie der Beklagte zu 1) meint, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf dem medizinischen Gebiet in dem Sinne abschließend regeln, dass andere Formen der Zusammenarbeit nicht zulässig sind. Entgegen der weiteren Auffassung des Beklagten zu 1) liegt jedenfalls eine Partnerschaft gem. § 23c BerufsO vor. Danach ist es Ärztinnen und Ärzten gestattet, mit Angehörigen anderer Berufe als den in § 23b beschriebenen in allen Rechtsformen zusammenzuarbeiten, wenn sie nicht die Heilkunde am Menschen ausüben. Der Auffassung des Beklagten zu 1), eine Partnerschaft gem. § 23c BerufsO scheide aus, weil die Dialyse „Heilkunde am Menschen“ sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Leistungen der Klägerin sind keine Heilkunde. Die Klägerin stellt lediglich die kaufmännische Struktur und die Organisation (Abläufe, Sachmittel, Personalausstattung) zur Verfügung. Eine derartige Form der Zusammenarbeit ist eine übliche Praxis in jedem Krankenhaus. Der Träger sorgt für die Verwaltung und die sachlichen und finanziellen Voraussetzungen, die Ärzte erbringen die medizinischen Behandlungsleistungen.
95(2) § 30 Berufsordnung der Ärzte – Ärztliche Unabhängigkeit
96Auch ein Verstoß gegen § 30 der Berufsordnung ist nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift sind Ärztinnen und Ärzte verpflichtet, in allen vertraglichen und sonstigen beruflichen Beziehungen zu Dritten ihre ärztliche Unabhängigkeit für die Behandlung der Patientinnen und Patienten zu wahren.
97Diesem Gebot trägt der Kooperationsvertrag hinreichend Rechnung. In § 3 heißt es: „Die ärztlichen Leiter haben in allen medizinischen Angelegenheiten das Weisungsrecht gegenüber dem Personal der Dialysezentren. Der medizinische Bereich wird von der ärztlichen Leitung ausschließlich und unabhängig von H geführt.“ Bezüglich möglicher Kollisionsfälle ist geregelt: „Hat eine Anordnung auf dem medizinischen Gebiet Auswirkungen auf die Verwaltung bzw. auf den finanziellen Bereich oder umgekehrt, so hat eine Abstimmung zwischen den ärztlichen Leitern und H stattzufinden“, ferner: „Das letzte Entscheidungsrecht im ärztlich fachlichen Bereich haben die ärztlichen Leiter, im Verwaltungs- und kaufmännischen Bereich H. Die ärztlichen Leiter verpflichten sich, bei der Verordnung bestimmter Dialyse-Therapien das Gebot der Wirtschaftlichkeit sowie der medizinischen Vertretbarkeit zu beachten.“ Diese Regelungen schließen Konfliktfälle zwar nicht gänzlich aus. Jedoch ist es danach dem Geschäftsführer der Klägerin verwehrt, in den Verantwortungsbereich der leitenden Ärzte eigenmächtig einzugreifen. Diese entscheiden letztverbindlich in Fragen medizinischer Notwendigkeit.
98Soweit die Beklagten vortragen, eine Einflussnahme des Klägers auf ärztliche Entscheidungen erscheine möglich, führt dieses allgemein gehaltene Vorbringen nicht zu einer abweichenden Bewertung. Für ein durch die Führung der GmbH entstehendes arbeitnehmerähnliches Über- und Unterordnungsverhältnis, das die ärztliche Unabhängigkeit ausschließen würde, tragen die Beklagten nichts Näheres vor und für ein solches Verhältnis ist auch sonst nichts ersichtlich. Soweit die Beklagten geltend machen, der Geschäftsführer der Klägerin habe bereits Einfluss genommen, beinhaltet dies lediglich den konkreten Vorwurf, sie hätten daran gehindert werden sollen, Patientenakten zu entfernen. Unabhängig davon, wem Eigentum und Besitz an diesen Akten zustehen, ist nicht erkennbar, dass dies eine Einflussnahme auf dem Gebiet medizinischer Entscheidungen darstellt.
99(3)
100Der Justitiar der V hat als amtliche Auskunftsperson im Senatstermin vom 04.02.2016 erklärt, sein Vorgänger im Amt sei mit der berufsrechtlichen Prüfung des Kooperationsvertrages befasst gewesen. Seitens der V sei die berufsrechtliche Zulässigkeit des Vertrags ebenfalls nicht beanstandet worden. Die Auffassung der V habe seinerzeit derjenigen des Senats entsprochen und werde auch heute noch geteilt.
101b) Keine Beendigung gem. § 6 Abs. 6 des Kooperationsvertrages
102Der Verpflichtung des Beklagten zu 1), den Kooperationsvertrag fortzuführen, steht auch nicht eine Vertragsbeendigung gem. dessen § 6 Abs. 6 entgegen. Nach dieser Klausel verliert der Vertrag seine Gültigkeit an dem Tag, an dem die ärztlichen Leiter ihre kassenärztliche Zulassung verlieren und/oder ihre Kassenarztpraxis schließen. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor. Unstreitig verfügt der Beklagte zu 1) nach wie vor über eine vertragsärztliche Zulassung für den Betrieb einer nephrologischen Praxis bzw. einer Dialyseeinrichtung. Die Zulassung ist, insoweit ebenfalls unstreitig, auch nicht zwischenzeitlich durch einen wirksamen Verzicht entfallen.
103Der Beklagte zu 1) hat seine Kassenarztpraxis auch nicht geschlossen. Vielmehr wird die Gemeinschaftspraxis der Beklagten zu 1) und 2) derzeit in neuen Räumlichkeiten in der J in P fortgeführt.
104c) Keine Beendigung des Kooperationsvertrages durch Kündigung
105aa) Kündigung aus wichtigem Grund
106Der Kooperationsvertrag ist auch nicht durch Kündigung aus wichtigem Grund beendet worden. Gem. § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB ist die Kündigung der Gesellschaft vor Ablauf der vereinbarten Zeitdauer zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dieser ist gem. dem hier allein in Betracht kommenden § 723 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BGB gegeben, wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Überfall auf den Verfügungsbeklagten zu 2) am Morgen des 23.12.2013 und die Übergabe eines Anwaltsschriftsatzes durch einen Angehörigen einer Rockergruppe einen wichtigen Grund zur Kündigung der Gesellschaft darstellen würden. Jedenfalls beruht die von dem Verfügungsbeklagten zu 1) behauptete Urheberschaft des Geschäftsführers der Klägerin lediglich auf einer bloßen Vermutung, die durch nichts belegt ist. Dass der Geschäftsführer der Klägerin ein nachvollziehbares Motiv hätte, genügt nicht.
107Es ist zwar deutlich geworden, dass das Verhältnis der Parteien durch Strafanzeigen und zivilrechtliche Klagen stark belastet ist. Auslöser dafür war allerdings der Beklagte zu 1), der vertragswidrig die gemeinsame Dialysepraxis verlassen und mit dem Beklagten zu 2) vertrags- und wettbewerbswidrig eine neue Dialysepraxis eröffnet hat.
108bb) ordentliche Kündigung
109Auch eine Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung ist nicht gegeben.
110Der Verfügungsbeklagte zu 1) hat durch Schreiben seiner Anwälte vom 06.01.2014 die ordentliche Kündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt unter Bezugnahme auf § 6 der Kooperationsvereinbarung“ erklärt. § 6 Abs. 4 legt fest, dass der ausscheidende ärztliche Leiter seine Tätigkeit 6 Monate, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Kündigung, weiterzuführen hat. Dies ist so auszulegen, dass eine 6-monatige Frist für die ordentliche Kündigung vereinbart wurde. Die Gesellschaft bzw. der Kooperationsvertrag endete nur dann am 05.07.2014, wenn dem Verfügungsbeklagten zu 1) auch ein Recht zur ordentlichen Kündigung zustand. Dies war hingegen im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vom 06.01.2014 und auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht der Fall.
111Gem. § 723 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Gesellschafter die Gesellschaft – ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes – kündigen, wenn sie nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen ist. Vereinbaren die Gesellschafter hingegen eine bestimmte Laufzeit, so ist ihr Recht zur ordentlichen Kündigung für die Dauer der Laufzeit ausgeschlossen. Das Kündigungsrecht des Verfügungsbeklagten zu 1) wäre nach diesem Maßstab bis zum 30.04.2023 ausgeschlossen, da der Kooperationsvertrag am 28.04.2003 mit Wirkung ab dem 01.05.2003 für die Dauer von 20 Jahren geschlossen wurde. Ein Recht des Verfügungsbeklagten zu 1) zur ordentlichen Kündigung konnte am 06.01.2014 bzw. im Zeitpunkt des Senatstermins am 04.02.2016 nur bestehen, wenn entweder die vereinbarte 20jährige Laufzeit der Gesellschaft insgesamt unwirksam ist, oder wenn im Falle der Teilunwirksamkeit die wirksame kürzere Laufzeit bereits abgelaufen ist. Beides ist hingegen nicht der Fall. Auf die Ausführungen unter Ziff. II. 1. a) aa) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
112d) keine Unzumutbarkeit der Fortführung des Kooperationsvertrages
113Der Beklagte zu 1) kann sich nicht mit Erfolg auf eine Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung berufen. Dies wäre schon deshalb treuwidrig (§ 242 BGB), weil seine Aufgabe der Dialysetätigkeit in den Räumen der Klägerin vertragswidrig war.
114Auch der Vortrag des Beklagten zu 1) zu den umfangreichen Maßnahmen des Geschäftsführers der Klägerin wie eine Vielzahl von erhobenen Zivilklagen und Strafanzeigen vermag eine Unzumutbarkeit nicht zu begründen. Insoweit ist unbestritten, dass gegen den Beklagten zu 1) Anklage wegen Betruges erhoben und die weiteren strafrechtlichen Vorwürfe lediglich gemäß § 154 StPO vorläufig eingestellt worden sind.
115Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) führt auch § 8 Nr. 2 des Kooperationsvertrages nicht zu einer Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung. Denn die Vorschrift bestimmt, dass die Nichtigkeit einzelner Bestimmungen nur dann die Nichtigkeit des gesamten Vertrages zur Folge hat, wenn dadurch die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen Partner unzumutbar wird. Die Unzumutbarkeit muss demnach darauf beruhen, dass eine einzelne Bestimmung nichtig ist. Dies ist hingegen nicht der Fall.
116e) Keine Unmöglichkeit der Fortführung des Kooperationsvertrages aus vertragsarztrechtlichen Gründen
117Einer Fortführung des Kooperationsvertrages in den Räumen der Klägerin stehen vertragsarztrechtliche Hinderungsgründe nicht entgegen.
118Die Ausführungen der Beklagten, der Beklagte zu 1) würde seinen Versorgungsauftrag für die Dialyse verlieren, wenn er nun aus der mit dem Beklagten zu 2) gebildeten Gemeinschaftspraxis in der Jausscheiden würde, treffen nicht zu. Anl. 9.1 des Bundesmantelvertrages-Ärzte betreffend die Versorgung chronisch niereninsuffizienten Patienten bestimmt in § 4 Abs. 1b: „Wenn bei gemeinschaftlicher Berufsausübung ein Arzt aus der Dialysepraxis ausscheidet, verbleibt der Versorgungsauftrag bei der Dialysepraxis.“ In der hier vorliegenden Konstellation greift diese Vorschrift jedoch nicht ein. Der Beklage zu 2) hat lediglich einen Versorgungsauftrag aufgrund Sonderbedarfs inne. Der Justitiar der A hat als amtliche Auskunftsperson im Senatstermin vom 04.02.2016 bestätigt, dass der Versorgungsauftrag des Beklagten zu 2) in der Weise von demjenigen des Beklagten zu 1) abhängig ist, dass er bei Aufgabe der Gemeinschaftspraxis von selbst entfallen würde. Hierüber würde seitens der A lediglich ein deklaratorischer Ausspruch ergehen.
119f) Keine Unmöglichkeit der Fortführung des Kooperationsvertrages wegen Krankheit des Beklagten zu 1)
120Eine Erkrankung des Beklagten zu 1) steht der Fortführung des Kooperationsvertrages ebenfalls nicht entgegen. Der Beklagte zu 1) hat bei seiner persönlichen Anhörung im Senatstermin vom 04.02.2016 angegeben, wieder 4 Stunden pro Tag arbeiten zu können. Seine vollständige Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess sei beabsichtigt.
1212. Berufung der Klägerin
122a) Unterlassung
123Die Berufung der Klägerin ist begründet, soweit sie die Verurteilung des Beklagten zu 1) begehrt, es zu unterlassen, ein weiteres Dialysezentrum in P und K zu betreiben.
124Der Unterlassungsanspruch folgt aus dem zwischen den Parteien am 28.04.2003 geschlossenen Kooperationsvertrag. Auf die obigen Ausführungen zur Wirksamkeit und zum Fortbestehen des Vertrages trotz ausgesprochener Kündigungen wird Bezug genommen.
125Aufgrund des Kooperationsvertrages ist der Beklagte verpflichtet, für die Dauer der Vertragslaufzeit jegliche Konkurrenztätigkeit durch Betreiben einer anderen Dialyseeinrichtung in P und K zu unterlassen. Dies folgt allerdings nicht aus § 7 des Kooperationsvertrages, der lediglich ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot beinhaltet. Vielmehr ergibt sich dies aus dem Gesichtspunkt des vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes.
126Nach § 1 des Kooperationsvertrages haben die ärztlichen Leiter ihre Arbeitskraft in den Dienst der gemeinsam mit der Klägerin zu betreibenden Dialysezentren zu stellen. Dies ist gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, dass dies die gesamte Arbeitskraft der ärztlichen Leiter betrifft. Dies korrespondiert damit, dass dem Beklagten zu 1) die vertragsärztliche Zulassung für die Durchführung der Dialyse bzw. für das Betreiben einer nephrologischen Praxis für einen bestimmten Standort erteilt worden ist, nämlich für die Praxisräume der Klägerin in der C-Straße in P. Hieraus folgt, dass es dem Beklagten zu 1) verboten ist, parallel zu den in der Kooperationsvereinbarung beschriebenen Tätigkeiten ein weiteres Dialysezentrum im örtlichen Bereich P und K zu führen und zu betreiben.
127Entgegen der Auffassung des Landgerichts, steht einer Untersagung des Betriebes einer Dialysepraxis in anderen Räumen als denjenigen der Klägerin nicht der öffentlich-rechtliche Auftrag bzw. die Notwendigkeit der Patientenversorgung entgegen. Diesem Auftrag kann der Beklagte zu 1) ohne weiteres wie bereits in der Zeit bis Ende 2013 in den Räumlichkeiten der Klägerin nachkommen.
128Der für einen Unterlassungsanspruch weiter erforderliche Erstverstoß liegt vor. Der Beklagte zu 1) betreibt, wie bereits ausgeführt, ein konkurrierendes Dialysezentrum in der J in P.
129b) Einbeziehung der Beklagten zu 2) und zu 3)
130Die Berufung der Klägerin ist hingegen unbegründet, soweit hiermit die Einbeziehung der Beklagten zu 2) und zu 3) in die Verpflichtung zur Fortführung des Kooperationsvertrages begehrt wird. Die Beklagten sind nicht Vertragspartner des Kooperationsvertrages geworden. Der Beklagte zu 2) ist nicht in den Vertrag eingetreten.
131aa)
132Der Beklagte zu 1) hat ausweislich des Bestätigungsschreibens der A vom 24.10.2013 (Bl. 69 d.A.) nach dem Ausscheiden des Streithelfers in der Zeit vom 01.01.2010 bis 17.08.2010 eine Einzelpraxis geführt. Es existierte demnach keine Gemeinschaftspraxis mehr, in die der Beklagte zu 2) hätte eintreten können. Vielmehr handelt es sich bei der Beklagten zu 3) um einen Neugründung. Dies belegt auch der Gründungsvertrag vom 28.07.2010 (Bl. 72ff. d.A.). Soweit der Kläger meint, der Sachverhalt müsse rechtlich wie eine Fortführung der früheren Gemeinschaftspraxis behandelt werden, hat dies keine rechtliche Grundlage.
133Eine eventuell bestehende Verpflichtung des Beklagten zu 1), einen neu eintretenden Arzt zum Beitritt zu veranlassen (§ 6, § 8 Nr. 5 des Kooperationsvertrages) ist insoweit nicht relevant. Ein etwaiger sittenwidriger Vertragsbruch des Beklagten zu 1) bei dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages mit dem Beklagten zu 2) konnte jedenfalls nicht dazu führen, dass der Beklagte zu 2) Vertragspartner des Kooperationsvertrages wird.
134bb)
135Der Vortrag der Klägerin, die ärztliche Tätigkeit des Beklagten zu 2) im Bereich der Dialyse sei ohne seine Einbeziehung in den Kooperationsvertrag nicht durchführbar, führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Die Klägerin hat unwidersprochen ausgeführt, die Beklagten zu 1) und zu 2) hätten gemeinsam entsprechend den Regelungen des Kooperationsvertrages abgerechnet. Der Beklagte zu 2) habe Weisungen gegenüber dem Personal erteilt. Die Klägerin habe in Absprache mit dem Beklagten zu 2) Sachleistungen erbracht.
136Ein Eintritt des Beklagten zu 2) in den Kooperationsvertrag kann in diesem Verhalten nur dann liegen, wenn man dieses als konkludente Willenserklärung entsprechenden Inhalts gemäß §§ 133, 157 BGB auslegt. Eine solche Auslegung ist hingegen nicht gerechtfertigt. Der Mitarbeit des Beklagten zu 2) nach dem Eintritt in die zwischenzeitlich von dem Beklagten zu 1) allein geführte Einzelpraxis kann nicht der rechtsgeschäftliche Wille des Beklagten zu 2) entnommen werden, auch dem Kooperationsvertrag beitreten zu wollen. Dem steht schon entgegen, dass der Beklagte zu 2) den Eintritt in diesen Kooperationsvertrag gerade abgelehnt hat. Da der Beklagte zu 1) mit der Klägerin vertraglich verbunden ist, ergibt sich zwangsläufig, dass der Beklagte zu 2) mit dem von der Klägerin in Erfüllung des Kooperationsvertrages mit dem Beklagten zu 1) erbrachten Leistungen in Berührung kam. Insbesondere war er naturgemäß innerhalb des von der Klägerin zur Verfügung gestellten organisatorischen Rahmens tätig, hat Räume und Geräte genutzt und Weisungen an das medizinische Hilfspersonal erteilt. Da dem Geschäftsführer der Klägerin bekannt war, dass der Beklagte zu 2) einen Eintritt in den Kooperationsvertrag gerade ablehnte, durfte er dessen Arbeitsverhalten auch nicht als konkludente Eintrittserklärung werten. Unter dem von der Klägern angesprochenen rechtlichen Gesichtspunkt eines etwaigen Zuwiderhandelns gegen das eigene frühere Verhalten (venire contra factum proprium, § 242 BGB) ergibt sich schon deshalb nichts anderes, weil es kein vorhergehendes Verhalten des Beklagten zu 2) gibt, dem er zuwider gehandelt haben könnte. Da – wie bereits ausgeführt – in der tatsächlichen Arbeit im Dialysezentrum keine Willenserklärung hinsichtlich eines Eintritts in den Kooperationsvertrag gesehen werden kann, kommt auch der Gesichtspunkt eines unbeachtlichen Widerspruchs gegen das tatsächliche Verhalten (protestatio facto contraria) nicht zum Tragen.
137cc)
138Auch das Vertragsarztrecht ist für die Frage der Bindung des Beklagten zu 2) an den Kooperationsvertrag ohne Bedeutung. Es kann dahingestellt bleiben, ob – wie die Klägerin meint – der Vertrag über die Berufsausübungsgemeinschaft nicht den Anforderungen, die die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an Gemeinschaftspraxisverträge im Hinblick auf die notwendige Ausübung freiberuflicher Tätigkeit stellt, entspricht. Dies hat keinen Einfluss auf die Frage, ob der Beklagte zu 2) Partei des Kooperationsvertrages geworden ist oder nicht.
139dd)
140Die Beklagte zu 3) ist nach den vorstehenden Ausführungen ebenfalls nicht Partei des Kooperationsvertrages geworden, da dies den Eintritt auch des Beklagten zu 2) in den Kooperationsvertrag vorausgesetzt hätte.
1413. Prozessuale Nebenentscheidungen
142Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
143Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
(1) Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz).
(2) Der Vertragsarzt muß am Vertragsarztsitz seine Sprechstunde halten.
(3) Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten sind zulässig, wenn und soweit
- 1.
dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und - 2.
die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird; geringfügige Beeinträchtigungen für die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes sind unbeachtlich, wenn sie durch die Verbesserung der Versorgung an dem weiteren Ort aufgewogen werden.
(4) Die Genehmigung und die Ermächtigung zur Aufnahme weiterer vertragsärztlicher Tätigkeiten nach Absatz 3 können mit Nebenbestimmungen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Erfüllung der Versorgungspflicht des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz und an den weiteren Orten unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte erforderlich ist. Das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln.
(5) Erbringt der Vertragsarzt spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen an weiteren Orten in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz (ausgelagerte Praxisräume), hat er Ort und Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit seiner Kassenärztlichen Vereinigung unverzüglich anzuzeigen.
(6) Ein Vertragsarzt darf die Facharztbezeichnung, mit der er zugelassen ist, nur mit vorheriger Genehmigung des Zulassungsausschusses wechseln.
(7) Der Zulassungsausschuss darf den Antrag eines Vertragsarztes auf Verlegung seines Vertragsarztsitzes nur genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Entsprechendes gilt für die Verlegung einer genehmigten Anstellung.
Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald nach den Vorschriften der §§ 726, 730 eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist.
Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 926 Abs. 2 oder des § 942 Abs. 3 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.03.2014 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den mit der Klägerin abgeschlossenen Kooperationsvertrag zum Betrieb einer ausgelagerten Praxisstätte im Form eines Dialysezentrums in der C-Straße, P, zu erfüllen und fortzuführen.
Der Beklagte zu 1) wird ferner verurteilt, es zu unterlassen, in P und K neben dem bestehenden Dialysezentrum in der C-Straße in P ein weiteres Dialysezentrum in P und K zu betreiben.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin 2/3 und der Beklagte zu 1) 1/3. Der Beklagte zu 1) trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und zu 3) trägt die Klägerin. Von den außergerichtlichen Kosten des Streithelfers trägt die Klägerin 2/3. Im Übrigen trägt der Streithelfer seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstrecken Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
3I.
4Die Klägerin ist ein Unternehmen, das den Betrieb eines Dialyse-Zentrums zum Gegenstand hat. Die Beklagten zu 1) und zu 2) sind Ärzte, die eine nephrologische Gemeinschaftspraxis, nämlich die Beklagte zu 3), betreiben.
5Die Klägerin schloss am 28.04.2003 mit dem Beklagten zu 1) und dem Streithelfer, die seinerzeit eine Gemeinschaftspraxis betrieben, einen Kooperationsvertrag zwecks Betriebes zweier Dialysezentren in den Räumlichkeiten der Klägerin in der C-Straße in P und im Y-Krankenhaus in K. Gemäß § 1 des Vertrages verpflichtete sich die Klägerin, die erforderlichen Sachleistungen zu erbringen, einschließlich des Stellens von Räumlichkeiten, sowie für die Personalausstattung zu sorgen. Hierfür sollte der Klägerin die seitens der kassenärztlichen Vereinigung an die Ärzte ausgezahlte Sachkostenpauschale zustehen. Der Geschäftsführer der Klägerin sollte zugleich Geschäftsführer des Dialysezentrums sein, der Beklagte zu 1) und der Streithelfer hingegen die ärztlichen Leiter. Die Laufzeit des Vertrages wurde gemäß § 6 mit 20 Jahren ab dem 01.05.2003 vereinbart. § 6 Abs. 7 lautet: „Die vorstehende Vereinbarung verliert ihre Gültigkeit an dem Tag, an dem die ärztlichen Leiter ihre kassenärztliche Zulassung verlieren und/oder ihre Kassenarztpraxis schließen.“
6§ 7 des Kooperationsvertrages enthält in Abs. 1 die Verpflichtung der ärztlichen Leiter, für die Dauer von 2 Jahren ab der Beendigung des Vertrages oder im Falle des vorzeitigen Ausscheidens im bisherigen räumlichen und sachlichen Tätigkeitsbereich der Klägerin jeden Wettbewerb zu dieser zu unterlassen, insbesondere sich an Konkurrenzunternehmen weder unmittelbar noch mittelbar zu beteiligen, in die Dienste eines Konkurrenzunternehmens zu treten oder ein solches Unternehmen auf sonstige Weise unmittelbar oder durch Rat und Tat zu fördern oder aber einen eigenen Praxisbetrieb neu zu gründen. Räumlicher Tätigkeitsbereich im Sinne des Wettbewerbsverbotes ist P und K. Sachlicher Tätigkeitsbereich ist der Betrieb der Dialyse.
7Zum Ende des Jahres 2009 schied der Streithelfer aus der Gemeinschaftspraxis aus. Danach betrieb der Beklagte zu 1) die Praxis zunächst allein. Im August 2010 gründeten die Beklagten zu 1) und zu 2) eine Gemeinschaftspraxis, nämlich die Beklagte zu 3). Der Beklagte zu 2) unterzeichnete den Kooperationsvertrag nicht; er wurde jedoch aufgrund einer Sonderbedarfszulassung der kassenärztlichen Vereinigung in den Dialysezentren tätig. Die Zulassung beschränkt sich auf den Versorgungsauftrag Nephrologie/Dialyse sowie auf die Dauer der gemeinsamen Berufsausübung mit dem Beklagten zu 1).
8Mit Schreiben vom 12.12.2012 (Anl. K3, Bl. 17 d.A.) teilte der Beklagte zu 1) der Klägerin mit, dass er beabsichtige, sich nach dem 31.03.2013 aus der Dialyseversorgung zurückzuziehen und seinen Versorgungsauftrag durch u.a. den Beklagten zu 2) fortsetzen zu lassen. Der Kooperationsvertrag erledige sich mit seinem Ausscheiden aus der Dialyseversorgung.
9Im November 2013 wandte sich der Beklagte zu 1) an den Zulassungsausschuss des Regierungsbezirks Q im Hinblick auf einen Verzicht auf seine Zulassung. Der Beklagte zu 2) beantragte seine uneingeschränkte Zulassung. Unstreitig mietete er neue Praxisräume in der E-Straße in P an. Übergangsweise sollte ab Januar 2014 die Dialyse im Gebäude des ehemaligen Hospizes in der T-Straße in K durchgeführt werden.
10Aufgrund einer Krankschreibung des Beklagten zu 2) im Dezember 2013 entschied sich der Beklagte zu 1), den Beklagten zu 2) vorläufig in den neuen Räumen zu vertreten. In den bisherigen Räumen in der C-Straße in P wurden übergangsweise zwei Klinikärzte des Y-Krankenhauses tätig. Jedenfalls für die Zeit ab Januar 2014 erhielt die Klägerin auch nicht mehr die von der kassenärztlichen Vereinigung gezahlte Sachkostenpauschale.
11Der Beklagte zu 1) erklärte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 30.12.2013 die fristlose Kündigung des Kooperationsvertrages unter Berufung auf einen Überfall auf den Beklagten zu 2) und dessen Bedrohung durch eine unbekannte Person am Morgen des 23.12.2013. Hierfür macht er den Geschäftsführer der Klägerin verantwortlich. In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11.03.2014 haben die Beklagten weitere schadensstiftende Verhaltensweisen der Klägerin vorgetragen, aufgrund derer die Fortsetzung des Kooperationsvertrages bzw. das Einhalten einer Kündigungsfrist ihnen nach ihrer Auffassung nicht zumutbar sei. Der Geschäftsführer der Klägerin habe den Beklagten zu 1) mit zahlreichen Strafanzeigen überzogen.
12Unstreitig ist gegen den Beklagten zu 1) in dem Strafverfahren 700 Js 2295/13 Anklage wegen Betruges zum Nachteil der A erhoben worden. Weitere Vorwürfe sind gemäß § 154 der Strafprozessordnung vorläufig eingestellt worden (Schreiben StA Dortmund vom 23.09.2015, Anl. BB 12).
13Mit der Klage hat die Klägerin die Fortsetzung des Kooperationsvertrages mit den Beklagten sowie die Unterlassung des Betriebs eines anderen Dialysezentrums begehrt.
14Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, der Beklagte zu 2) sei nach Ausscheiden des Streithelfers als dessen Nachfolger in die frühere Gemeinschaftspraxis eingetreten und daher auch an die Verpflichtungen aus dem Kooperationsvertrag gebunden. Den Beklagten sei es verwehrt, den Vertrag zu beenden, ohne einen neuen ärztlichen Leiter zu stellen, der in den Kooperationsvertrag eintrete.
15Das Begehren, kein anderes Dialysezentrum in K und P zu betreiben, könne auf das Wettbewerbsverbot in § 7 des Kooperationsvertrages gestützt werden.
16Die Beklagten sind der Auffassung gewesen, die Beklagen zu 2) und zu 3) seien nicht Parteien des Kooperationsvertrages geworden. Die Beklagte zu 3) sei eine Neugründung.
17Der Beklagte zu 1) habe den Kooperationsvertrag wirksam gekündigt. Die Beklagten haben behauptet, der Geschäftsführer der Klägerin sei für den Überfall auf den Beklagten zu 2) am 23.12.2013 verantwortlich. Er habe die Beklagten zudem einzuschüchtern versucht, indem er Schriftstücke durch Angehörige der Rockerszene habe überbringen lassen.
18Die Beklagten halten das Wettbewerbsverbot in § 7 des Kooperationsvertrages für unwirksam.
19Wegen der weiteren Einzelheiten der in erster Instanz getroffenen Feststellungen und der dort gestellten Anträge wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25.02.2014 (Bl. 128 bis133 d.A.) sowie auf das angefochtene Urteil (Bl. 163 bis 180 d.A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
20Das Landgericht hat die Verpflichtung des Beklagten zu 1) festgestellt, den Kooperationsvertrag zu erfüllen und fortzuführen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
21Die Vereinbarung einer Laufzeit von 20 Jahren des Kooperationsvertrages sei wirksam. Die Laufzeit sei individuell ausgehandelt und der Vertag sei von seiner Natur her auf eine längere Laufzeit angelegt. Eine Abwägung der beiderseitigen Interessen spreche ebenfalls nicht gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung. Unter anderem sei zu berücksichtigen, dass sich die von der Klägerin getätigten Investitionen erst bei einer langen Vertragslaufzeit amortisieren würden. Der Beklagte zu 1) habe angesichts seines Alters bei Vertragsabschluss gewusst, dass er sich bis zum Ende seiner ärztlichen Berufstätigkeit binde.
22Der Kooperationsvertrag sei nicht wirksam beendet worden. Es habe kein wichtiger Grund vorgelegen, der eine fristlose Kündigung des Vertrages rechtfertigen würde. Der Vortrag zu den Vorfällen am 23.12.2013 reiche nicht aus. Der Vortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11.03.2014 sei nicht mehr zu berücksichtigen. Der Beklagte zu 1) habe, wie sich bei seiner Anhörung am 25.02.1014 herausgestellt habe, seine kassenärztliche Zulassung auch nicht aufgegeben, so dass die weiteren Voraussetzungen des § 6 des Kooperationsvertrages nicht vorlägen.
23Die weitergehende Klage habe keinen Erfolg. Hinsichtlich der Verpflichtungen aus dem Kooperationsvertrag fehle es den Beklagten zu 2) und zu 3) an der Passivlegitimation. Die genannten Beklagten seien nicht Parteien des Vertrages geworden. Bei dem Beklagten zu 2) handele es sich auch nicht um den Rechtsnachfolger des Streithelfers. Er habe zudem ausdrücklich erklärt, nicht in den Kooperationsvertrag eintreten zu wollen.
24Die Klägerin habe gegen die Beklagten keinen Anspruch darauf, dass diese die Gründung und den Betrieb eines weiteren Dialysezentrums unterlassen. Das vertragliche Wettbewerbsverbot des § 7 des Kooperationsvertrages zeitige hinsichtlich der Beklagten zu 2) und zu 3) bereits mangels deren Passivlegitimation keine Wirkung. Aber auch der Beklagte zu 1) sei nicht zur Unterlassung verpflichtet. Die Wettbewerbsklausel sei sittenwidrig und damit nichtig. Die von der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen gesetzte Höchstfrist von 2 Jahren werde zwar nicht überschritten. Jedoch komme das Verbot vorliegend einem Berufsausübungsverbot gleich. Der Beklagte zu 1) sei als Dialysearzt an seinen Vertragsarztsitz, für den die Zulassung bestehe, gebunden. Eine Verlegung sei nur in einem Bedarfsplanungsgebiet mit der Genehmigung des Zulassungsausschusses möglich. Für eine Dialysetätigkeit außerhalb des Gebietes K und P habe er keine Zulassung.
25Gegen dieses Urteil wenden sich die Klägerin und der Beklagte zu 1) mit ihren Berufungen.
26Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr Unterlassungsbegehren weiter. Ferner begehrt sie die Einbeziehung der Beklagten zu 2) und zu 3) in den zu ihren Gunsten ergangenen Feststellungsausspruch bezüglich der Fortsetzung des Kooperationsvertrages.
27Das Landgericht habe den Unterlassungsantrag gegen den Beklagten zu 1) zu Unrecht abgewiesen. Letzterer sei zur Fortführung des Kooperationsvertrages verpflichtet. Hieraus ergebe sich gleichzeitig unter dem Gesichtspunkt des vertragsimmanenten Wettbewerbsverbotes die Verpflichtung, Konkurrenztätigkeit zu unterlassen. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gemäß § 7 des Kooperationsvertrages habe das Landgericht zu Unrecht für nichtig gehalten.
28Zu Unrecht habe das Landgericht auch die Passivlegitimation der Beklagten zu 2) und zu 3) verneint. Der Beklagte zu 2) sei im Zusammenhang mit der Gründung der Beklagten zu 3) und durch Unterzeichnung des Vertrages über eine örtliche Berufsausübungsgemeinschaft Partei des Kooperationsvertrages geworden. Der Vertrag über die örtliche Berufsausübungsgemeinschaft genüge nicht den Anforderungen, die die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an Gemeinschaftspraxisverträge im Hinblick auf die notwendige Ausübung freiberuflicher Tätigkeit stelle.
29Der Beklagte zu 2) sei zudem in die frühere Gemeinschaftspraxis des Beklagten zu 1) mit dem Streithelfer Dr. I eingetreten. Der Beklagte zu 1) habe nach dessen Ausscheiden die Gesellschaft durch Übernahme des Gesellschaftsvermögens fortgeführt und dieses vollständig in die Gemeinschaftspraxis mit dem Beklagten zu 2) eingebracht. Dieser sei lediglich formal nicht in eine bestehende Gesellschaft eingetreten. Der Sachverhalt müsse aber rechtlich wie eine Fortführung der früheren Gemeinschaftspraxis behandelt werden mit der weiteren Folge einer Eintrittshaftung des Beklagten zu 2). Die zeitliche Verzögerung sei ausschließlich in der Dauer des Verfahrens der A bezüglich der Erteilung der Sonderbedarfszulassung begründet.
30Das Landgericht habe verkannt, dass die ärztliche Tätigkeit des Beklagten zu 2) im Bereich der Dialyse ohne Einbeziehung in den Kooperationsvertrag nicht durchführbar sei. Die Beklagten zu 1) und zu 2) hätten zudem gemeinsam entsprechend den Regelungen des Kooperationsvertrages gegenüber der Klägerin abgerechnet. Der Beklagte zu 2) habe auch selbst rechtsverbindliche Schreiben im Namen der Beklagten zu 3) unterzeichnet. Hinzu komme, dass der Beklagte zu 2) im Falle seiner fehlenden Beteiligung am Kooperationsvertrag kein Weisungsrecht gegenüber dem Personal der Dialysezentren ausüben könne. Die Klägerin habe zum Betrieb des Dialysezentrums in voller Absprache mit dem Beklagten zu 2) Sachleistungen erbracht. Andersherum habe der Beklagte zu 2) ebenfalls in Erfüllung des Kooperationsvertrages über die reine Dialysetätigkeit hinaus Leistungen erbracht. Schließlich sei der Beklagte zu 1) verpflichtet gewesen, die Verpflichtungen aus dem Kooperationsvertrag auf die Nachfolger der ärztlichen Leiter zu übertragen. Da er dies nicht getan habe, liege ein sittenwidriges Verhalten in Form des Vertragsbruchs vor.
31Das Landgericht habe zu Recht die zwanzigjährige Vertragslaufzeit nicht beanstandet. Die Investitionen zum Aufbau des Dialysezentrums beliefen sich auf ca. 5.000.000 €, von denen etwa 3,8 Millionen € über eine Landesbürgschaft des Landes Nordrhein-Westfalen abgesichert seien. Das gesamte Investitionsrisiko habe ausschließlich bei der Klägerin gelegen. Die Dauer des Kooperationsvertrages entspreche zudem den gesetzlichen Vorgaben gemäß Anl. 9.1 BMV-Ä. Auch das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 17.10.2012 (Aktenzeichen B 6 KA 44/11 R) die Ermächtigung von 10 Jahren mit einer Verlängerungsoption auf weitere 20 Jahre gemäß Anl. 9.1 bestätigt.
32Die V habe auch keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des Kooperationsvertrages gehabt. Dasselbe gelte für die A. Dort seien die Verträge Gegenstand der Erörterung mit der L GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die A sei, gewesen. Eine von Beklagtenseite bei der V erhobene Beanstandung sei zwischenzeitlich dem Vernehmen nach als grundlos und gegenstandslos zurückgewiesen worden. Ein im Wesentlichen gleicher Vertrag in Niedersachsen sei von der dortigen V genehmigt worden. Eine bedenkliche Klausel bezüglich der Geschäftsführung sei dort herausgenommen worden. Das OLG Oldenburg und der BGH hätten keine Bedenken gegen die Wirksamkeit dieses Vertrages gehabt.
33Der Kooperationsvertrag verstoße entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gegen ärztliches Berufsrecht. § 18 Abs. 1 S. 1 BerufsO und § 23 b) Abs. 1 Berufsordnung beträfen lediglich Ärztinnen und Ärzte. Die Klägerin übe auch nicht im Sinne des § 23 c) BerufsO „Heilkunde am Menschen“ aus. Die Klägerin erbringe keine Dialyseleistungen. Gegenstand des Vertrages sei vielmehr der Betrieb von Dialysezentren. Die vereinnahmte Pauschale falle für Sachkosten an.
34Es liege auch kein Verstoß gegen das Unabhängigkeitsgebot in § 30 BerufsO vor. Die Unabhängigkeit der Ärzte sei ausweislich § 3 Abs. 1 S. 2 des Kooperationsvertrages gewährleistet. Der medizinische Bereich werde ausschließlich von den Ärzten geleistet und sei unabhängig von der Klägerin. Soweit die Beklagten medizinische Versorgungszentren zur Argumentation heranziehen, werde auch dort streng zwischen der kaufmännischen und der medizinischen Leitung unterschieden. Es treffe auch nicht zu, dass die Klägerin auf medizinische Bereiche Einfluss genommen hätte.
35Abweichend von der Auffassung des Beklagten zu 1) hänge die Sonderbedarfszulassung des Beklagten zu 2) von der Zulassung des Beklagten zu 1) ab. Der zwischen beiden geschlossene Vertrag sehe zudem im Falle der Trennung lediglich das Ausscheiden des Beklagten zu 2) vor. Einer neuen Dialysegenehmigung für den Beklagten zu 1) bedürfe es im Falle seiner Rückkehr an den Standort C-Straße in P nicht.
36Soweit der Beklagte zu 1) sich auf Arbeitsunfähigkeit berufe, sei diese unzureichend belegt und werde bestritten. Sie sei nicht amtsärztlich nachgewiesen. Gegebenenfalls sei der Beklagte zu 1) verpflichtet, einen Vertreter zu stellen. Ihm sei mehrfach der Facharzt G als Vertreter angeboten worden.
37Die Klägerin beantragt,
381.
39unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 18.03.2014 – Aktenzeichen 25 O 347/13 – festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den mit der Klägerin abgeschlossenen Kooperationsvertrag zum Betrieb einer ausgelagerten Praxisstätte eines Dialysezentrums in der C-Straße, P, zu erfüllen und fortzuführen,
402.
41die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, in P und K neben dem bestehenden Dialysezentrum in der C-Straße in P ein weiteres Dialysezentrum in P oder K zu betreiben.
42Die Beklagten und der Streithelfer beantragen,
43die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
44Ferner hat der Beklagte zu 1) zunächst beantragt,
451.
46unter Abänderung des am 18.03.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Dortmund – Aktenzeichen 25 O 347/13 – festzustellen, dass der Beklagte zu 1) nicht verpflichtet ist, den mit der Klägerin abgeschlossenen Kooperationsvertrag zum Betrieb einer ausgelagerten Praxisstätte in Form eines Dialysezentrums in der C-Straße, P, zu erfüllen und fortzuführen,
472.
48hilfsweise, das am 18.03.2014 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund – Aktenzeichen 25 O 347/13 – aufzuheben und an das Landgericht Dortmund zurückzuverweisen.
49Im Senatstermin vom 04.02.2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärt, die vorstehend wiedergegebenen Anträge nicht mehr stellen zu wollen. Es werde vielmehr mit der Berufung beantragt,
50die Klage vollständig abzuweisen.
51Die Klägerin beantragt,
52die Berufung des Beklagten zu 1) zurückzuweisen.
53Der Beklagte zu 1) verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es ihm günstig ist. Mit seiner Berufung begehrt er die Abweisung der Klage auch soweit das Landgericht seine Verpflichtung zur Fortführung des Kooperationsvertrages festgestellt hat. Zur Begründung führt er aus:
54Es fehle bereits am Feststellungsinteresse der Klägerin. Diese sei nicht in der Lage, durch Vertragsfortführung durch den Beklagten zu 1) eine Dialyse auf sozialversicherungsrechtlich legitimer Basis zu betreiben. Die Erfüllung des Kooperationsvertrages verletze öffentlich-rechtliche Vorschriften. Das Landgericht habe entsprechenden erstinstanzlichen Vortrag des Beklagten zu 1) nicht beachtet.
55Letzterer könne Dialyseleistungen an dem gewünschten Standort C-Straße in P so gut wie nicht erbringen. Der Beklagte zu 1) müsste nämlich seinen Vertragsarztsitz vom derzeitigen Standort an den gewünschten Standort der Klägerin verlegen. Zu diesem Zweck müsste er aus der Gemeinschaftspraxis mit dem Beklagten zu 2) ausscheiden. Hierdurch würde er seine Zulassung für die Erbringung von Dialyseleistungen bei gesetzlich krankenversicherten Patienten verlieren. Dies folge aus § 4 Abs. 1b Anl. 9.1 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte. Danach verbleibe die Dialyse-Genehmigung bei der Praxis, die der Beklagte zu 1) verlasse. Eine neue Genehmigung am gewünschten Standort werde er wegen der ausreichenden Versorgungssituation im Raum P nicht erhalten. Er könnte ausschließlich Privatpatienten betreuen. Die Sonderbedarfszulassung für den Beklagten zu 2) sei zwar auf eine Tätigkeit in Berufsausübungsgemeinschaft mit dem Beklagten zu 1) beschränkt. Diese Beschränkung würde aber dergestalt aufzuheben sein, dass der verbleibende Versorgungsauftrag ab dem Ausscheiden des Beklagten zu 1) aus der Praxis des Beklagten zu 2) im Rahmen einer Einzelpraxis ohne Partner ausgeübt werden könnte. Dem Beklagten zu 1) würde durch einen Wechsel zurück an den von der Klägerin gewünschten Standort ein irreversibler wirtschaftlicher Schaden entstehen. Denn es bestünden keine ernsthaften Aussichten, auch nur einen Patienten aus der derzeit mit dem Beklagten zu 2) betriebenen Praxis zum Wechsel an den neuen Praxissitz motivieren zu können.
56Abweichend von der Auffassung des Landgerichts enthalte der Kooperationsvertrag sittenwidrige Komponenten, die den Beklagten zu 1) einseitig benachteiligen würden. Der Hinweis des Landgerichts auf eine Individualabrede sei verfehlt. Die Begründung zur Wirksamkeit einer Vertragslaufzeit von 20 Jahren sei nicht nachvollziehbar. Der Zeitraum sei als unangemessene Benachteiligung des Beklagten zu 1) zu bewerten. Soweit das Landgericht zur Begründung Rückgriff auf das Mietrecht nehme, könne dies nicht für den Kooperationsvertrag gelten. Insbesondere die unzulässige Nachfolgeregelung sollte nicht dem Ziel der Amortisierung dienen, sondern eine Knebelwirkung entfalten und der Gewinnerzielung dienen. Eine Amortisierung sei in der Regel bereits nach 10 Jahren gegeben. Das Landgericht habe den Gesichtspunkt der Amortisierung nicht näher verifiziert, sondern Vermutungen angestellt. Eine Amortisierung sei bereits erfolgt. Die Klägerin müsse die behauptete Amortisation der angeschafften Geräte näher darlegen und beweisen. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts bezüglich der Anmietung von Räumlichkeiten durch die Klägerin seien unzutreffend. Die Klägerin habe den „H“ 2007 mithilfe von Fördermitteln eröffnet, wobei die Dialyseräumlichkeiten nur einen Teil des Gesamtkomplexes darstellen würden. Es treffe daher nicht zu, dass die Klägerin „Räumlichkeiten angemietet“ habe.
57Der Kooperationsvertrag sei gem. § 134 BGB nichtig, weil er gegen §§ 18 Abs. 1, 23b und 23c BerufsO der Ärzte verstoße. Der Kläger sei weder Arzt, noch sonstiger Leistungserbringer i.S.d. SGB V und hätte daher den Vertrag nicht schließen dürfen. Insbesondere scheide eine Partnerschaft gem. § 23c BerufsO aus, weil die Dialyse „Heilkunde am Menschen“ sei. Zudem sei die Klägerin eine GmbH, wohingegen der Beklagte zu 1) als Arzt kein Gewerbe betreibe. Die GmbH werde nicht verantwortlich von einem Arzt geführt.
58Ferner verstoße der Kooperationsvertrag gegen das Gebot der ärztlichen Unabhängigkeit gem. § 30 BerufsO. Durch § 1 Abs. 2 des Kooperationsvertrages, wonach der Geschäftsführer der Klägerin zugleich Geschäftsführer der Dialysezentren sei und die Ärzte ärztliche Leiter, ergebe sich eine mögliche Einflussnahme. Es entstehe ein arbeitnehmerähnliches Über- und Unterordnungsverhältnis. Die KIägerin erhalte rund 87% der gesamten Zahlungen für Dialysemaßnahmen. Medizinische Entscheidungen könnten durch Kapitalinteressen beeinflusst werden. Dies sei auch schon geschehen. Es sei versucht worden, den Beklagten zu 1) daran zu hindern, die Patientenakten aus dem Dialysebereich zu entfernen, obwohl diese grundsätzlich im Eigentum des behandelnden Arztes stünden. Zudem liege es im finanziellen Interesse der Klägerin, dass möglichst viele Dialysen durchgeführt werden. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werde diese daher versucht haben, auf die Anzahl und die Durchführung Einfluss zu nehmen.
59Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die V und die A keine Bedenken gegen den Kooperationsvertrag erhoben hätten. Die V prüfe den Vorgang und verweigere den Beklagten die Einsichtnahme in die vollständige Verwaltungsakte.
60Das Landgericht habe auch fehlerhaft eine fristlose Kündigung des Kooperationsvertrages abgelehnt. Hinsichtlich des Vorfalles vom 23.12.2013 gegenüber dem Beklagten zu 2) laufe noch immer ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Bochum. Im Zivilprozess eindeutige Beweise zu fordern, überspanne die Beweislast des Beklagten zu 1). Auch die im Schriftsatz vom 11.03.2014 geschilderten Aktionen des Geschäftsführers der Klägerin würden eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Hinsichtlich der vorgetragenen Zustellungen durch Mitglieder einer Rockerbande sei der Streithelfer als Zeuge benannt, aber nicht gehört worden. Die Beweisaufnahme hätte zu der Überzeugung des Landgerichts geführt, dass eine Einschüchterung, Drohung und Nötigung des Beklagten zu 1) erfolgt seien.
61Eine fristlose Kündigung sei auch „wegen § 240 StGB“ wirksam. Es sei insoweit voll umfänglich auf den Sachvortrag des Rechtsanwalts Dr. I2 im Verfahren 25 O 385/13 verwiesen worden.
62Hinsichtlich der Berufung der Klägerin tragen die Beklagten vor:
63Der Berufungsantrag sei bereits unzulässig, weil die Klägerin nicht hinreichend dargestellt habe, woraus sich eine Gesamtschuldnerschaft der Beklagten ergeben solle. Es erschließe sich zudem nicht, dass die Beklagten am Standort C-Straße tätig werden sollen. Die Dialyse sei seit Jahren am F-Platz durchgeführt worden.
64Die Klägerin habe zudem kein Bestimmungsrecht darüber, ob und wo eine Dialyse durchgeführt werde. Dies bestimme sich allein nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Eine Genehmigung der Sitzverlegung setze eine Prüfung des Kooperationsvertrages durch die A bzw. den Zulassungsausschuss voraus. Kooperationsverträge müssten die freiberufliche Stellung des Arztes berücksichtigen. Tun sie dies nicht, so würden die Verträge nichtig sein. So verhalte es sich hier. Im Anhang 9.1.2 zu Anl. 9.1 BMV-Ä sei das Vertragsverhältnis im Falle des Zusammenwirkens von nicht ärztlichen Einrichtungen und Vertragsärzten abschließend geregelt. Der Kooperationsvertrag der Klägerin entspreche nicht ansatzweise diesen Anforderungen.
65Der Beklagte zu 1) hat zunächst vorgetragen, er sei ohnehin nicht in der Lage, den Kooperationsvertrag zu erfüllen, weil er wegen Krankheit arbeitsunfähig sei (Schriftsatz vom 23.02.2015). Der Zustand beruhe unter anderem darauf, dass der Geschäftsführer der Klägerin den Beklagten zu 1) massenhaft mit Strafanzeigen überzogen habe. Der Beklagte zu 1) sei daher psychisch und physisch nicht mehr in der Lage, im Rahmen des Kooperationsvertrages tätig zu werden. Im Senatstermin am 04.02.2016 hat der Beklagte zu 1) unwidersprochen erklärt, nach dem Ergebnis einer Begutachtung der A seien wieder vier Stunden Arbeit pro Tag möglich. Ziel sei seine vollständige Wiedereingliederung.
66Ihm, dem Beklagten zu 1) könne aber nicht mehr zugemutet werden, an der früheren Wirkungsstätte tätig zu werden, da durch die verschiedenen Aktivitäten des Geschäftsführers der Klägerin das Verhältnis unumkehrbar zerrüttet sei. Die Nichtigkeit des Kooperationsvertrages ergebe sich insoweit gem. dessen § 8. Die Klägerin habe ihn mit zahlreichen zivilrechtlichen Gerichtsverfahren und mit grundlosen Strafanzeigen überzogen. Selbst aus Sicht der Klägerin sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit offenbar nicht mehr möglich. Die Beklagten verweisen insbesondere auf ein Anschreiben des Geschäftsführers der Klägerin an die Staatsanwaltschaft Dortmund vom 18.09.2013. Der Geschäftsführer der Klägerin habe im Strafverfahren sogar Zeugen instrumentalisiert. Aus wichtigem Grund könne sogar die Auflösung des Vertrages ohne Kündigung durch gerichtliche Entscheidung ausgesprochen werden. Vorsorglich werde nochmals die Kündigung des Kooperationsvertrages aus wichtigem Grund erklärt und das dem Kooperationsvertrag zu Grunde liegende Rechtsgeschäft wegen Verstoßes gegen gesetzliche Verbote angefochten.
67Die Beklagten verteidigen die Auffassung des Landgerichts, die Beklagten zu 2) und zu 3) seien nicht Parteien des Kooperationsvertrages geworden, mit näheren Ausführungen. Soweit die Klägerin die Tätigkeiten des Beklagten zu 2) für das Dialysezentrum vortrage, verhalte es sich so, dass die Klägerin diese Tätigkeiten lediglich geduldet habe, ohne mit dem Beklagten zu 2) einen Vertrag abzuschließen. Der Beklagte zu 2) habe mit Schreiben vom 02.04.2013, obwohl dies nicht erforderlich gewesen sei, rein vorsorglich ein etwaiges Vertragsverhältnis mit der Klägerin ordentlich gekündigt.
68Der Streitverkündete hat im Berufungsverfahren ergänzend vorgetragen, dass sein Ausscheiden aus der Gemeinschaftspraxis mit dem Beklagten zu 1) nicht auf einem Zerwürfnis, sondern darauf beruht habe, dass sich für ihn eine andere berufliche Perspektive eröffnet habe.
69Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in zweiter Instanz zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem Senat vom 04.02.2016 (Bl. 898 bis 901 d. A. ) Bezug genommen.
70II.
71Die Berufung des Beklagten zu 1) ist unbegründet. Die erstinstanzliche Feststellung, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den mit der Klägerin abgeschlossenen Kooperationsvertrag fortzuführen, war aufrechtzuerhalten.
72Die Berufung der Klägerin ist begründet, soweit sie die Verurteilung des Beklagten zu 1) begehrt, es zu unterlassen, ein weiteres Dialysezentrum in P und K zu betreiben. Soweit die Berufung auf die Einbeziehung der Beklagten zu 2) und zu 3) in die Verpflichtung zur Fortführung des Kooperationsvertrages zielt, ist sie hingegen unbegründet
731. Berufung des Beklagten zu 1)
74Die Berufung ist unbegründet. Die Klägerin begehrt zu Recht die Feststellung, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den mit der Klägerin abgeschlossenen Kooperationsvertrag fortzuführen.
75a) Keine Nichtigkeit des Kooperationsvertrages
76aa) Laufzeitvereinbarung
77Der Kooperationsvertrag ist nicht gem. § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit aufgrund der Vereinbarung einer Vertragslaufzeit von 20 Jahren nichtig. Eine Sittenwidrigkeit kommt bereits unterhalb der Schwelle einer sogenannten Knebelung in Betracht, wenn die Laufzeitvereinbarung die persönliche, berufliche oder wirtschaftliche Freiheit des Verpflichteten unangemessen einengt. Es genügt ein nach Abwägung der beiderseitigen schützenswerten Interessen nicht mehr hinnehmbares Übermaß (BGH NJW-RR 1986, 982; vgl. auch Arnold in Erman BGB, Kommentar zum BGB, 14. Aufl. 2014, § 138 BGB, Rn. 102). Bei dem zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) bestehenden Kooperationsvertrag handelt es sich um einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in der Form einer Innengesellschaft. Insoweit sind für die Frage einer etwaigen Sittenwidrigkeit dieselben Maßstäbe anzulegen, wie für die Frage der Zulässigkeit einer Beschränkung der ordentlichen Kündbarkeit einer solchen Gesellschaft.
78(1)
79Der Kooperationsvertrag ist als Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in der Form einer Innengesellschaft zu qualifizieren. Gemäß § 705 BGB liegt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor, wenn sich die Gesellschafter durch Gesellschaftsvertrag gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten. Die Bildung von Gesellschaftsvermögen und das Leisten von Beiträgen stellen keine zwingende Voraussetzung dar; insoweit kann Abweichendes vereinbart werden (vgl. etwa Palandt-Sprau, BGB, 75. Auflage 2016, § 705 Rn. 33). Eine reine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts ist gegeben, wenn sich die Gesellschafter zwar im Innenverhältnis zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verpflichten, sie jedoch nach dem Inhalt Ihrer vertraglichen Vereinbarung nicht nach außen als Gesellschaft am Rechtsverkehr teilnehmen wollen. Für eine Innengesellschaft spricht insbesondere das Fehlen eines Gesamthandsvermögens (vgl. Palandt-Sprau, a. a. O., mit Nachw. aus der Rspr.).
80Nach vorstehendem Maßstab liegen die Voraussetzungen für eine Innengesellschaft vor. Die Klägerin, der Beklagte zu 1) sowie der inzwischen ausgeschiedene Streithelfer haben sich in dem Kooperationsvertrag vom 28.04.2003 verpflichtet, gemeinsam Dialyseeinrichtungen zu betreiben. Hierin liegt der erforderliche gemeinsame Zweck, den zu fördern die Vorgenannten sich verpflichtet haben. Der Geschäftsführer der Klägerin sollte gemäß § 1 des Kooperationsvertrages zugleich Geschäftsführer der Dialysezentren sein, der Beklagte zu 1) und der Streithelfer sollten die ärztliche Leitung übernehmen. Zum Zwecke des Betriebs der Dialysezentren sieht § 1 des Kooperationsvertrages weiter vor, dass die Klägerin Räumlichkeiten, Personal, Sach-und Dienstleistungen einschließlich Verwaltungsleistungen zu erbringen hatte. Der Beklagte zu 1) und der Streithelfer sollten ihrerseits die Dialyse-Therapie durchführen und gegenüber den Patienten, der kassenärztlichen Vereinigung, den Krankenkassen und anderen Versorgungsträgern abrechnen. Ferner oblagen ihnen die Entscheidung über die Aufnahme, Verlegung oder Entlassung von Patienten, sowie weitere ärztliche Maßnahmen.
81Der Umstand dass die Klägerin gemäß § 4 I. der Kooperationsvereinbarung die von der kassenärztlichen Vereinigung gezahlte Sachkostenpauschale erhalten sollte, verleiht der Vereinbarung nicht den Charakter eines Austauschvertrages. Dies wird unter anderem an den Vereinbarungen in § 4 III. und IV. deutlich, die Regelungen für den Fall enthalten, dass die Sachkostenpauschale bestimmte Beträge übersteigen oder unterschreiten. Danach sollen die Einnahmen für Dialysebehandlungen nach dort näher bezeichneten Kriterien zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) und dem Streithelfer aufgeteilt werden.
82Eine Außengesellschaft ist nicht gegeben, sondern eine Innengesellschaft. Die Gesellschaft ist unstreitig nicht nach außen gegenüber Dritten rechtsgeschäftlich aufgetreten. Dem entspricht es, dass die Kooperationsvereinbarung auch keine Vertretungsregeln aufweist; solche Regelungen sind bei Außengesellschaften üblich, wenn auch nach den gesetzlichen Vorschriften nicht zwingend erforderlich. § 5 der Vereinbarung, der mit „Stellvertretung“ überschrieben ist, regelt lediglich die interne Vertretung eines ärztlichen Leiters im Falle seiner Verhinderung hinsichtlich seiner Aufgaben in den Dialysezentren. Maßgeblich spricht für das Vorliegen einer reinen Innengesellschaft, dass die Klägerin, der Beklagte zu 1) und der Streithelfer nicht die Bildung von Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) vereinbart haben.
83(2)
84Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, sind Vereinbarungen über die Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts unwirksam und – wie oben ausgeführt – zugleich sittenwidrig, soweit die Bindung der Gesellschafter an die Gesellschaft zeitlich ganz unüberschaubar ist und infolgedessen ihre persönliche und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit unvertretbar eingeengt wird (BGHZ 50, 316; BGH NJW 2007, 295, bei Juris Rn. 10). Eine derartige zeitliche Unüberschaubarkeit mit den entsprechenden nachteiligen Folgen für die persönliche Freiheit des Gesellschafters besteht nicht nur bei unbefristeten Gesellschaftsverträgen, sondern auch bei zeitlich befristeten Gesellschaftsverträgen, bei denen die vertragliche Bindung von so langer Dauer ist, dass bei Vertragsschluss die Entwicklungen und damit die Auswirkungen auf die Gesellschafter unübersehbar sind (BGH NJW 2007, 295, bei Juris Rn. 11). Die Frage, wo die Grenze zulässiger Zeitbestimmungen verläuft, lässt sich nicht generell, sondern nur anhand des Einzelfalls unter Abwägung aller Umstände beantworten. Hierbei sind einerseits die schutzwürdigen Interessen des einzelnen Gesellschafters an einer absehbaren, einseitigen Lösungsmöglichkeit, andererseits die Struktur der Gesellschaft, die Art und das Ausmaß der für die Beteiligten aus dem Gesellschaftsvertrag folgenden Pflichten sowie das durch den Gesellschaftsvertrag begründete Interesse an einem möglichst langfristigen Bestand der Gesellschaft in den Blick zu nehmen (BGH NJW 2007, 295, bei Juris Rn. 13, mit weiteren Nachweisen). Bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer gesellschaftsvertraglichen Bindungsfrist ist, wenn wie hier die berufliche Tätigkeit der Gesellschafter betroffen ist, die in Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit zu berücksichtigen. Zur Berufsausübung gehört das Recht, sich beruflich zusammenzuschließen, aber auch das Recht, einen Arbeitsplatz nach eigener Wahl anzunehmen, beizubehalten oder aufzugeben (BVerfGE 108,150; BGH NJW 2007, 295, bei Juris Rn. 17).
85Es kann dahingestellt bleiben, ob die hier vereinbarte zwanzigjährige Dauer der Gesellschaft nach dem vorstehenden Maßstab bereits zur Unwirksamkeit der Zeitbestimmung führt. An die Stelle einer unzulässigen Kündigungsbeschränkung tritt gegebenenfalls das dispositive Recht, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrag deutlich wird, dass die Parteien übereinstimmend eine lang anhaltende Bindung gewollt und mit der Nichtigkeit gemäß § 723 Abs. 3 BGB bzw. der Behandlung der Gesellschaft als unbefristete entsprechend § 724 BGB nicht gerechnet haben. In diesem Fall ist der Vertrag anzupassen (vgl. BGH NJW 2007, 295, bei Juris Rn. 21).
86Aus dem zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) und dem Streithelfer geschlossenen Kooperationsvertrag lässt sich der Wille zu einer lang anhaltenden Bindungsdauer entnehmen. Dies folgt bereits aus dem Gesellschaftszweck, eine Dialyseeinrichtung zu führen und zu betreiben, was nur mit einem erheblichen Aufwand zu bewerkstelligen ist. Die Klägerin hat Beträge in Millionenhöhe aufgewendet, um vor allem die medizinisch-technischen Voraussetzungen für das Betreiben der Einrichtung zu schaffen. Unabhängig davon, ob es sich dabei, wie die Klägerin behauptet, um einen zweistelligen Millionenbetrag handelt oder nicht, ist nachvollziehbar und wird von dem Verfügungsbeklagten zu 1) letztlich auch nicht bestritten, dass die Amortisation der investierten Beträge eine gewisse Laufzeit des Kooperationsvertrages notwendig erscheinen lässt. Auch die Regelung in § 6 des Kooperationsvertrages, wonach der Nachfolger eines ausscheidenden ärztlichen Leiters verpflichtet werden soll, die Kooperationsvereinbarung zu übernehmen, belegt unabhängig von der Frage der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung den Willen der Vertragschließenden, eine längerfristige Bindung einzugehen.
87Der Senat ist hingegen nicht der Auffassung, dass die bisherige Dauer der Gesellschaft von etwa zwölf Jahren und 9 Monaten (Mai 2003 bis Anfang Februar 2016) bereits eine unzulässig lange und damit unwirksame Laufzeit darstelle. Die vorstehend beschriebenen Gesichtspunkte rechtfertigen zugleich eine Bindungsdauer zumindest in der genannten Höhe mit der Folge, dass eine ordentliche Kündigung gemäß § 723 Abs. 3 BGB jedenfalls bisher ausgeschlossen war.
88Dem steht das Interesse des Beklagten zu 1) an der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten freien Berufsausübung nicht entgegen. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 18.09.2006 – II ZR 137/04 – (BGH NJW 2007, 295) entschiedenen Fall deckt selbst die vereinbarte 20jährige Bindung im Falle des Beklagten zu 1) gerade nicht nahezu die gesamte Zeit seiner Berufstätigkeit ab. Zwar geht die vereinbarte Laufzeit des Kooperationsvertrages über das übliche Rentenalter von 65 bzw. 67 Jahren hinaus. Jedoch hatte der Beklagte zu 1) bei Abschluss des Kooperationsvertrages am 28.04.2003 bereits einen Großteil seiner beruflichen Tätigkeit hinter sich. Er hatte im Zeitpunkt des Abschlusses des Kooperationsvertrags bereits ein Lebensalter von 52 oder 53 Jahren erreicht. Wenn er sich zu diesem Zeitpunkt dazu entschließt, einen Vertrag mit einer über das übliche Pensionsalter hinausgehenden Laufzeit zu schließen, führt dies nicht dazu, eine zeitliche Unüberschaubarkeit mit einer nicht hinzunehmenden Einschränkung der beruflichen Betätigungsmöglichkeiten zu bejahen. Zudem war und ist der Beklagte zu 1) nicht gehindert, den Kooperationsvertrag gem. § 6 durch die Rückgabe der kassenärztlichen Zulassung für das Betreiben einer nephrologischen Praxis zu beenden und anderweitig als Arzt zu arbeiten.
89In Abwägung der Berufsfreiheit des Beklagten zu 1) mit den Interessen der Gesellschafter an einer Kontinuität der Gesellschaft, erscheint jedenfalls ein Zeitraum von zwölf Jahren und 9 Monaten nicht als unzulässige Einschränkung der Kündigungsmöglichkeit.
90Selbst wenn man eine vertragliche Bindung von 20 Jahre als unzulässig ansehen würde, wäre der Kooperationsvertrag nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat auch in diesem Punkt anschließt, nicht gem. § 723 Abs. 3 BGB oder § 138 Abs. 1 BGB, Art. 12 GG insgesamt nichtig; vielmehr wäre die Laufzeitregelung wegen des grundsätzlichen Willens der vertragsschließenden Parteien zu einer längeren Bindung, wie bereits dargelegt, anzupassen (vgl. BGH NJW 2007, 295, bei Juris Rn. 21), wobei eine Laufzeit von zumindest zwölf Jahren und 9 Monaten nicht zu beanstanden ist.
91bb) Verstoß gegen die Berufsordnung
92Der Kooperationsvertrag ist nicht gem. § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen die Berufsordnung der Ärzte nichtig. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vorschriften der Berufsordnung Verbotsgesetze im Sinne der vorgenannten Vorschrift darstellen. Jedenfalls liegt ein Verstoß nicht vor.
93(1) §§ 18 Abs. 1, 23b und 23c Berufsordnung der Ärzte
94Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Vorschriften der Berufsordnung, wie der Beklagte zu 1) meint, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf dem medizinischen Gebiet in dem Sinne abschließend regeln, dass andere Formen der Zusammenarbeit nicht zulässig sind. Entgegen der weiteren Auffassung des Beklagten zu 1) liegt jedenfalls eine Partnerschaft gem. § 23c BerufsO vor. Danach ist es Ärztinnen und Ärzten gestattet, mit Angehörigen anderer Berufe als den in § 23b beschriebenen in allen Rechtsformen zusammenzuarbeiten, wenn sie nicht die Heilkunde am Menschen ausüben. Der Auffassung des Beklagten zu 1), eine Partnerschaft gem. § 23c BerufsO scheide aus, weil die Dialyse „Heilkunde am Menschen“ sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Leistungen der Klägerin sind keine Heilkunde. Die Klägerin stellt lediglich die kaufmännische Struktur und die Organisation (Abläufe, Sachmittel, Personalausstattung) zur Verfügung. Eine derartige Form der Zusammenarbeit ist eine übliche Praxis in jedem Krankenhaus. Der Träger sorgt für die Verwaltung und die sachlichen und finanziellen Voraussetzungen, die Ärzte erbringen die medizinischen Behandlungsleistungen.
95(2) § 30 Berufsordnung der Ärzte – Ärztliche Unabhängigkeit
96Auch ein Verstoß gegen § 30 der Berufsordnung ist nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift sind Ärztinnen und Ärzte verpflichtet, in allen vertraglichen und sonstigen beruflichen Beziehungen zu Dritten ihre ärztliche Unabhängigkeit für die Behandlung der Patientinnen und Patienten zu wahren.
97Diesem Gebot trägt der Kooperationsvertrag hinreichend Rechnung. In § 3 heißt es: „Die ärztlichen Leiter haben in allen medizinischen Angelegenheiten das Weisungsrecht gegenüber dem Personal der Dialysezentren. Der medizinische Bereich wird von der ärztlichen Leitung ausschließlich und unabhängig von H geführt.“ Bezüglich möglicher Kollisionsfälle ist geregelt: „Hat eine Anordnung auf dem medizinischen Gebiet Auswirkungen auf die Verwaltung bzw. auf den finanziellen Bereich oder umgekehrt, so hat eine Abstimmung zwischen den ärztlichen Leitern und H stattzufinden“, ferner: „Das letzte Entscheidungsrecht im ärztlich fachlichen Bereich haben die ärztlichen Leiter, im Verwaltungs- und kaufmännischen Bereich H. Die ärztlichen Leiter verpflichten sich, bei der Verordnung bestimmter Dialyse-Therapien das Gebot der Wirtschaftlichkeit sowie der medizinischen Vertretbarkeit zu beachten.“ Diese Regelungen schließen Konfliktfälle zwar nicht gänzlich aus. Jedoch ist es danach dem Geschäftsführer der Klägerin verwehrt, in den Verantwortungsbereich der leitenden Ärzte eigenmächtig einzugreifen. Diese entscheiden letztverbindlich in Fragen medizinischer Notwendigkeit.
98Soweit die Beklagten vortragen, eine Einflussnahme des Klägers auf ärztliche Entscheidungen erscheine möglich, führt dieses allgemein gehaltene Vorbringen nicht zu einer abweichenden Bewertung. Für ein durch die Führung der GmbH entstehendes arbeitnehmerähnliches Über- und Unterordnungsverhältnis, das die ärztliche Unabhängigkeit ausschließen würde, tragen die Beklagten nichts Näheres vor und für ein solches Verhältnis ist auch sonst nichts ersichtlich. Soweit die Beklagten geltend machen, der Geschäftsführer der Klägerin habe bereits Einfluss genommen, beinhaltet dies lediglich den konkreten Vorwurf, sie hätten daran gehindert werden sollen, Patientenakten zu entfernen. Unabhängig davon, wem Eigentum und Besitz an diesen Akten zustehen, ist nicht erkennbar, dass dies eine Einflussnahme auf dem Gebiet medizinischer Entscheidungen darstellt.
99(3)
100Der Justitiar der V hat als amtliche Auskunftsperson im Senatstermin vom 04.02.2016 erklärt, sein Vorgänger im Amt sei mit der berufsrechtlichen Prüfung des Kooperationsvertrages befasst gewesen. Seitens der V sei die berufsrechtliche Zulässigkeit des Vertrags ebenfalls nicht beanstandet worden. Die Auffassung der V habe seinerzeit derjenigen des Senats entsprochen und werde auch heute noch geteilt.
101b) Keine Beendigung gem. § 6 Abs. 6 des Kooperationsvertrages
102Der Verpflichtung des Beklagten zu 1), den Kooperationsvertrag fortzuführen, steht auch nicht eine Vertragsbeendigung gem. dessen § 6 Abs. 6 entgegen. Nach dieser Klausel verliert der Vertrag seine Gültigkeit an dem Tag, an dem die ärztlichen Leiter ihre kassenärztliche Zulassung verlieren und/oder ihre Kassenarztpraxis schließen. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor. Unstreitig verfügt der Beklagte zu 1) nach wie vor über eine vertragsärztliche Zulassung für den Betrieb einer nephrologischen Praxis bzw. einer Dialyseeinrichtung. Die Zulassung ist, insoweit ebenfalls unstreitig, auch nicht zwischenzeitlich durch einen wirksamen Verzicht entfallen.
103Der Beklagte zu 1) hat seine Kassenarztpraxis auch nicht geschlossen. Vielmehr wird die Gemeinschaftspraxis der Beklagten zu 1) und 2) derzeit in neuen Räumlichkeiten in der J in P fortgeführt.
104c) Keine Beendigung des Kooperationsvertrages durch Kündigung
105aa) Kündigung aus wichtigem Grund
106Der Kooperationsvertrag ist auch nicht durch Kündigung aus wichtigem Grund beendet worden. Gem. § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB ist die Kündigung der Gesellschaft vor Ablauf der vereinbarten Zeitdauer zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dieser ist gem. dem hier allein in Betracht kommenden § 723 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BGB gegeben, wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Überfall auf den Verfügungsbeklagten zu 2) am Morgen des 23.12.2013 und die Übergabe eines Anwaltsschriftsatzes durch einen Angehörigen einer Rockergruppe einen wichtigen Grund zur Kündigung der Gesellschaft darstellen würden. Jedenfalls beruht die von dem Verfügungsbeklagten zu 1) behauptete Urheberschaft des Geschäftsführers der Klägerin lediglich auf einer bloßen Vermutung, die durch nichts belegt ist. Dass der Geschäftsführer der Klägerin ein nachvollziehbares Motiv hätte, genügt nicht.
107Es ist zwar deutlich geworden, dass das Verhältnis der Parteien durch Strafanzeigen und zivilrechtliche Klagen stark belastet ist. Auslöser dafür war allerdings der Beklagte zu 1), der vertragswidrig die gemeinsame Dialysepraxis verlassen und mit dem Beklagten zu 2) vertrags- und wettbewerbswidrig eine neue Dialysepraxis eröffnet hat.
108bb) ordentliche Kündigung
109Auch eine Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung ist nicht gegeben.
110Der Verfügungsbeklagte zu 1) hat durch Schreiben seiner Anwälte vom 06.01.2014 die ordentliche Kündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt unter Bezugnahme auf § 6 der Kooperationsvereinbarung“ erklärt. § 6 Abs. 4 legt fest, dass der ausscheidende ärztliche Leiter seine Tätigkeit 6 Monate, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Kündigung, weiterzuführen hat. Dies ist so auszulegen, dass eine 6-monatige Frist für die ordentliche Kündigung vereinbart wurde. Die Gesellschaft bzw. der Kooperationsvertrag endete nur dann am 05.07.2014, wenn dem Verfügungsbeklagten zu 1) auch ein Recht zur ordentlichen Kündigung zustand. Dies war hingegen im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vom 06.01.2014 und auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht der Fall.
111Gem. § 723 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Gesellschafter die Gesellschaft – ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes – kündigen, wenn sie nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen ist. Vereinbaren die Gesellschafter hingegen eine bestimmte Laufzeit, so ist ihr Recht zur ordentlichen Kündigung für die Dauer der Laufzeit ausgeschlossen. Das Kündigungsrecht des Verfügungsbeklagten zu 1) wäre nach diesem Maßstab bis zum 30.04.2023 ausgeschlossen, da der Kooperationsvertrag am 28.04.2003 mit Wirkung ab dem 01.05.2003 für die Dauer von 20 Jahren geschlossen wurde. Ein Recht des Verfügungsbeklagten zu 1) zur ordentlichen Kündigung konnte am 06.01.2014 bzw. im Zeitpunkt des Senatstermins am 04.02.2016 nur bestehen, wenn entweder die vereinbarte 20jährige Laufzeit der Gesellschaft insgesamt unwirksam ist, oder wenn im Falle der Teilunwirksamkeit die wirksame kürzere Laufzeit bereits abgelaufen ist. Beides ist hingegen nicht der Fall. Auf die Ausführungen unter Ziff. II. 1. a) aa) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
112d) keine Unzumutbarkeit der Fortführung des Kooperationsvertrages
113Der Beklagte zu 1) kann sich nicht mit Erfolg auf eine Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung berufen. Dies wäre schon deshalb treuwidrig (§ 242 BGB), weil seine Aufgabe der Dialysetätigkeit in den Räumen der Klägerin vertragswidrig war.
114Auch der Vortrag des Beklagten zu 1) zu den umfangreichen Maßnahmen des Geschäftsführers der Klägerin wie eine Vielzahl von erhobenen Zivilklagen und Strafanzeigen vermag eine Unzumutbarkeit nicht zu begründen. Insoweit ist unbestritten, dass gegen den Beklagten zu 1) Anklage wegen Betruges erhoben und die weiteren strafrechtlichen Vorwürfe lediglich gemäß § 154 StPO vorläufig eingestellt worden sind.
115Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) führt auch § 8 Nr. 2 des Kooperationsvertrages nicht zu einer Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung. Denn die Vorschrift bestimmt, dass die Nichtigkeit einzelner Bestimmungen nur dann die Nichtigkeit des gesamten Vertrages zur Folge hat, wenn dadurch die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen Partner unzumutbar wird. Die Unzumutbarkeit muss demnach darauf beruhen, dass eine einzelne Bestimmung nichtig ist. Dies ist hingegen nicht der Fall.
116e) Keine Unmöglichkeit der Fortführung des Kooperationsvertrages aus vertragsarztrechtlichen Gründen
117Einer Fortführung des Kooperationsvertrages in den Räumen der Klägerin stehen vertragsarztrechtliche Hinderungsgründe nicht entgegen.
118Die Ausführungen der Beklagten, der Beklagte zu 1) würde seinen Versorgungsauftrag für die Dialyse verlieren, wenn er nun aus der mit dem Beklagten zu 2) gebildeten Gemeinschaftspraxis in der Jausscheiden würde, treffen nicht zu. Anl. 9.1 des Bundesmantelvertrages-Ärzte betreffend die Versorgung chronisch niereninsuffizienten Patienten bestimmt in § 4 Abs. 1b: „Wenn bei gemeinschaftlicher Berufsausübung ein Arzt aus der Dialysepraxis ausscheidet, verbleibt der Versorgungsauftrag bei der Dialysepraxis.“ In der hier vorliegenden Konstellation greift diese Vorschrift jedoch nicht ein. Der Beklage zu 2) hat lediglich einen Versorgungsauftrag aufgrund Sonderbedarfs inne. Der Justitiar der A hat als amtliche Auskunftsperson im Senatstermin vom 04.02.2016 bestätigt, dass der Versorgungsauftrag des Beklagten zu 2) in der Weise von demjenigen des Beklagten zu 1) abhängig ist, dass er bei Aufgabe der Gemeinschaftspraxis von selbst entfallen würde. Hierüber würde seitens der A lediglich ein deklaratorischer Ausspruch ergehen.
119f) Keine Unmöglichkeit der Fortführung des Kooperationsvertrages wegen Krankheit des Beklagten zu 1)
120Eine Erkrankung des Beklagten zu 1) steht der Fortführung des Kooperationsvertrages ebenfalls nicht entgegen. Der Beklagte zu 1) hat bei seiner persönlichen Anhörung im Senatstermin vom 04.02.2016 angegeben, wieder 4 Stunden pro Tag arbeiten zu können. Seine vollständige Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess sei beabsichtigt.
1212. Berufung der Klägerin
122a) Unterlassung
123Die Berufung der Klägerin ist begründet, soweit sie die Verurteilung des Beklagten zu 1) begehrt, es zu unterlassen, ein weiteres Dialysezentrum in P und K zu betreiben.
124Der Unterlassungsanspruch folgt aus dem zwischen den Parteien am 28.04.2003 geschlossenen Kooperationsvertrag. Auf die obigen Ausführungen zur Wirksamkeit und zum Fortbestehen des Vertrages trotz ausgesprochener Kündigungen wird Bezug genommen.
125Aufgrund des Kooperationsvertrages ist der Beklagte verpflichtet, für die Dauer der Vertragslaufzeit jegliche Konkurrenztätigkeit durch Betreiben einer anderen Dialyseeinrichtung in P und K zu unterlassen. Dies folgt allerdings nicht aus § 7 des Kooperationsvertrages, der lediglich ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot beinhaltet. Vielmehr ergibt sich dies aus dem Gesichtspunkt des vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes.
126Nach § 1 des Kooperationsvertrages haben die ärztlichen Leiter ihre Arbeitskraft in den Dienst der gemeinsam mit der Klägerin zu betreibenden Dialysezentren zu stellen. Dies ist gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, dass dies die gesamte Arbeitskraft der ärztlichen Leiter betrifft. Dies korrespondiert damit, dass dem Beklagten zu 1) die vertragsärztliche Zulassung für die Durchführung der Dialyse bzw. für das Betreiben einer nephrologischen Praxis für einen bestimmten Standort erteilt worden ist, nämlich für die Praxisräume der Klägerin in der C-Straße in P. Hieraus folgt, dass es dem Beklagten zu 1) verboten ist, parallel zu den in der Kooperationsvereinbarung beschriebenen Tätigkeiten ein weiteres Dialysezentrum im örtlichen Bereich P und K zu führen und zu betreiben.
127Entgegen der Auffassung des Landgerichts, steht einer Untersagung des Betriebes einer Dialysepraxis in anderen Räumen als denjenigen der Klägerin nicht der öffentlich-rechtliche Auftrag bzw. die Notwendigkeit der Patientenversorgung entgegen. Diesem Auftrag kann der Beklagte zu 1) ohne weiteres wie bereits in der Zeit bis Ende 2013 in den Räumlichkeiten der Klägerin nachkommen.
128Der für einen Unterlassungsanspruch weiter erforderliche Erstverstoß liegt vor. Der Beklagte zu 1) betreibt, wie bereits ausgeführt, ein konkurrierendes Dialysezentrum in der J in P.
129b) Einbeziehung der Beklagten zu 2) und zu 3)
130Die Berufung der Klägerin ist hingegen unbegründet, soweit hiermit die Einbeziehung der Beklagten zu 2) und zu 3) in die Verpflichtung zur Fortführung des Kooperationsvertrages begehrt wird. Die Beklagten sind nicht Vertragspartner des Kooperationsvertrages geworden. Der Beklagte zu 2) ist nicht in den Vertrag eingetreten.
131aa)
132Der Beklagte zu 1) hat ausweislich des Bestätigungsschreibens der A vom 24.10.2013 (Bl. 69 d.A.) nach dem Ausscheiden des Streithelfers in der Zeit vom 01.01.2010 bis 17.08.2010 eine Einzelpraxis geführt. Es existierte demnach keine Gemeinschaftspraxis mehr, in die der Beklagte zu 2) hätte eintreten können. Vielmehr handelt es sich bei der Beklagten zu 3) um einen Neugründung. Dies belegt auch der Gründungsvertrag vom 28.07.2010 (Bl. 72ff. d.A.). Soweit der Kläger meint, der Sachverhalt müsse rechtlich wie eine Fortführung der früheren Gemeinschaftspraxis behandelt werden, hat dies keine rechtliche Grundlage.
133Eine eventuell bestehende Verpflichtung des Beklagten zu 1), einen neu eintretenden Arzt zum Beitritt zu veranlassen (§ 6, § 8 Nr. 5 des Kooperationsvertrages) ist insoweit nicht relevant. Ein etwaiger sittenwidriger Vertragsbruch des Beklagten zu 1) bei dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages mit dem Beklagten zu 2) konnte jedenfalls nicht dazu führen, dass der Beklagte zu 2) Vertragspartner des Kooperationsvertrages wird.
134bb)
135Der Vortrag der Klägerin, die ärztliche Tätigkeit des Beklagten zu 2) im Bereich der Dialyse sei ohne seine Einbeziehung in den Kooperationsvertrag nicht durchführbar, führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Die Klägerin hat unwidersprochen ausgeführt, die Beklagten zu 1) und zu 2) hätten gemeinsam entsprechend den Regelungen des Kooperationsvertrages abgerechnet. Der Beklagte zu 2) habe Weisungen gegenüber dem Personal erteilt. Die Klägerin habe in Absprache mit dem Beklagten zu 2) Sachleistungen erbracht.
136Ein Eintritt des Beklagten zu 2) in den Kooperationsvertrag kann in diesem Verhalten nur dann liegen, wenn man dieses als konkludente Willenserklärung entsprechenden Inhalts gemäß §§ 133, 157 BGB auslegt. Eine solche Auslegung ist hingegen nicht gerechtfertigt. Der Mitarbeit des Beklagten zu 2) nach dem Eintritt in die zwischenzeitlich von dem Beklagten zu 1) allein geführte Einzelpraxis kann nicht der rechtsgeschäftliche Wille des Beklagten zu 2) entnommen werden, auch dem Kooperationsvertrag beitreten zu wollen. Dem steht schon entgegen, dass der Beklagte zu 2) den Eintritt in diesen Kooperationsvertrag gerade abgelehnt hat. Da der Beklagte zu 1) mit der Klägerin vertraglich verbunden ist, ergibt sich zwangsläufig, dass der Beklagte zu 2) mit dem von der Klägerin in Erfüllung des Kooperationsvertrages mit dem Beklagten zu 1) erbrachten Leistungen in Berührung kam. Insbesondere war er naturgemäß innerhalb des von der Klägerin zur Verfügung gestellten organisatorischen Rahmens tätig, hat Räume und Geräte genutzt und Weisungen an das medizinische Hilfspersonal erteilt. Da dem Geschäftsführer der Klägerin bekannt war, dass der Beklagte zu 2) einen Eintritt in den Kooperationsvertrag gerade ablehnte, durfte er dessen Arbeitsverhalten auch nicht als konkludente Eintrittserklärung werten. Unter dem von der Klägern angesprochenen rechtlichen Gesichtspunkt eines etwaigen Zuwiderhandelns gegen das eigene frühere Verhalten (venire contra factum proprium, § 242 BGB) ergibt sich schon deshalb nichts anderes, weil es kein vorhergehendes Verhalten des Beklagten zu 2) gibt, dem er zuwider gehandelt haben könnte. Da – wie bereits ausgeführt – in der tatsächlichen Arbeit im Dialysezentrum keine Willenserklärung hinsichtlich eines Eintritts in den Kooperationsvertrag gesehen werden kann, kommt auch der Gesichtspunkt eines unbeachtlichen Widerspruchs gegen das tatsächliche Verhalten (protestatio facto contraria) nicht zum Tragen.
137cc)
138Auch das Vertragsarztrecht ist für die Frage der Bindung des Beklagten zu 2) an den Kooperationsvertrag ohne Bedeutung. Es kann dahingestellt bleiben, ob – wie die Klägerin meint – der Vertrag über die Berufsausübungsgemeinschaft nicht den Anforderungen, die die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an Gemeinschaftspraxisverträge im Hinblick auf die notwendige Ausübung freiberuflicher Tätigkeit stellt, entspricht. Dies hat keinen Einfluss auf die Frage, ob der Beklagte zu 2) Partei des Kooperationsvertrages geworden ist oder nicht.
139dd)
140Die Beklagte zu 3) ist nach den vorstehenden Ausführungen ebenfalls nicht Partei des Kooperationsvertrages geworden, da dies den Eintritt auch des Beklagten zu 2) in den Kooperationsvertrag vorausgesetzt hätte.
1413. Prozessuale Nebenentscheidungen
142Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
143Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.
Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald nach den Vorschriften der §§ 726, 730 eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist.
(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag
- 1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, - 2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, - 3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag
- 1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, - 2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, - 3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.