Sozialgericht Detmold Gerichtsbescheid, 14. März 2016 - S 18 AS 1800/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich vorliegend noch gegen eine zwischenzeitlich erfolgte zuschussweise Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
3Die Klägerin stellte am 15.07.2014 einen Antrag auf Leistungen bei dem Beklagten. Hierbei füllte sie einen Hauptantrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II aus und unterzeichnete diesen. Im Rahmen eines Zusatzblattes zum Antrag auf ALG II/Sozialgeld gab sie an, dass sie Sozialgeld nach dem SGB XII beantrage, da sie ihren erlernten Beruf nicht mehr ausüben dürfe und bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Quereinsteigeranstellung gefunden habe. Hierbei strich sie die vorgedruckte Formulierung "meinen Antrag auf ALG II/Sozialgeld begründe ich wie folgt" durch.
4Zuvor war der Klägerin für die Zeit vom 01.09.2013 bis 20.07.2014 Arbeitslosengeld nach dem SGB III von der Agentur für Arbeit Bielefeld bewilligt worden.
5Mit Bescheid vom 11.09.2014 versagte der Beklagte die beantragte Leistung für die Zeit ab dem 01.07.2014. Dies begründete er damit, dass geforderte Unterlagen und Nachweise trotz entsprechender Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt worden seien. Hiergegen erhob die Klägerin in der Folgezeit Widerspruch. Aus dem Inhalt des Widerspruchs ergibt sich insbesondere, dass die Klägerin Anhängerin der so genannten "Reichsbürgerbewegung" ist. Diese zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die so genannten Reichsbürger einen rechtlichen Bestand der Bundesrepublik Deutschland bestreiten und vom Fortbestehen des Deutschen Reiches ausgehen. Inhaltlich wendet die Klägerin ein, dass sie die geforderten Unterlagen persönlich bei dem Beklagten eingereicht habe. Dies gelte auch für Unterlagen bezüglich eines Grundstückes. Des Weiteren führt die Klägerin aus, dass sie lediglich Sozialgeld beantragt habe und nichts anderes. Weiterhin machte sie geltend, dass, da die Bundesrepublik Deutschland nur eine Firma sei, sie einen Anspruch auf ein Gehalt von der Bundesrepublik Deutschland habe. Des Weiteren machte sie geltend, dass sie jedenfalls einen monatlichen Betrag von 900,00 EUR erwarte.
6Mit Schreiben vom 16.10.2014, bei Gericht eingegangen am 20.10.2014, hat die Klägerin Klage wegen Untätigkeit erhoben, da sie das beantragte Sozialgeld seit Juli 2014 nicht bekommen habe.
7Mit Bescheid vom 18.11.2014 hat der Beklagte den Versagungsbescheid vom 11.09.2014 aufgehoben und mit weiterem Bescheid vom 24.11.2014 für die Klägerin und deren beiden Kinder Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 als zinsloses Darlehn gewährt.
8In der Folgezeit hat die Klägerin gegenüber dem Gericht erklärt, dass sie Sozialgeld SGB und nicht Grundsicherung nach dem SGB II beantragt habe und sie teilte auf weitere Nachfrage, ob ihr Schreiben als erneuter Widerspruch gegen den Darlehnsbescheid gewertet werden solle, mit, dass sie keinen Darlehnsvertrag beantragt habe und der Bewilligungsbescheid bis heute immer noch fehle.
9In der Folgezeit hat der Beklagte über den Widerspruch gegen den Darlehnsbescheid entschieden und diesem abgeholfen und der Klägerin Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss von Juli bis Dezember 2014 bewilligt. Einen Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab Januar 2015 stellte die Klägerin nicht.
10Die Klägerin ist der Ansicht, dass weiterhin ein Bescheid zu den von ihr beantragten Leistungen nach dem SGB XII fehle. Des Weiteren rügte die Klägerin die Zuständigkeit des Vorsitzenden der 18. Kammer dahingehend, dass dieser kein "Staats Richter" sei und keinem staatlichen Gericht angehöre. Hierbei forderte die Klägerin insbesondere das Gericht auf, sich zu legitimieren, da sie sonst gezwungen sei, den Vorsitzenden bei den Alliierten zu melden und auch in Den Haag. Auch habe ein eventuelles Grundstück nichts mit Ansprüchen nach dem SGB XII zu tun. Leistungen nach dem SGB XII seien nicht an ein Alter gebunden, sondern nur an einen Personalausweis. Diesen habe sie nicht mehr, sie weise sich mit einem Personenausweis des Deutschen Reiches aus, sie sei Preußin mit der Staatsangehörigkeit des Geburtsrechts ihrer Eltern, die beiden aus Pommern stammen würden, daher heiße ihre Staatsangehörigkeit Königreich Preußen.
11Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
12den Beklagten zu verurteilen, ihr die beantragten Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Der Beklagte ist der Ansicht, dass die zunächst erhobene Untätigkeitsklage nicht begründet gewesen sei, da der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt nicht untätig gewesen wäre. Die Frist für die Entscheidung über einen Widerspruch von 3 Monaten sei zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen. Im Übrigen habe der Beklagte zwischenzeitlich Leistungen für Juli bis Dezember 2014 in Form eines Zuschusses bewilligt.
16Das Gericht hat die Beteiligten schriftlich zu einer möglichen Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
17Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten (2 Bände). Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidungsfindung.
18Entscheidungsgründe:
19Das Gericht konnte gem. § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.
20Die Klage der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klage der Klägerin ist unter Berücksichtigung ihres Vorbringens gemäß § 123 SGG dahingehend auszulegen, dass sie die Verpflichtung des beklagten Jobcenters zur Gewährung von Sozialgeld als Leistung nach dem SGB XII begehrt. Dies ergibt sich insbesondere aus den Schreiben der Klägerin vom 04.05.2015 und 19.09.2015, in welchen sie auf die fehlende Bescheidung zur Leistung nach dem SGB XII hinweist sowie den Umstand, dass Leistungen nach dem SGB XII nicht an ein Alter gebunden seien.
21Das Sozialgericht Detmold ist für die Entscheidung über die von der Klägerin bei dem hiesigen Sozialgericht erhobene Klage sowohl örtlich als auch sachlich wie instanziell zuständig. Es handelt sich bei dem Rechtsstreit um eine Streitigkeit über öffentlich-rechtliche Angelegenheiten im Bereich des Sozialrechts entsprechend des Kataloges des § 51 Abs. 1 SGG. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 57 SGG. Instanziell ist das Sozialgericht als 1. Instanz gemäß § 8 SGG zuständig. Die Ausführungen der Klägerin zu dem Nichtbestehen der Bundesrepublik Deutschland, dem Fortbestehen eines Deutschen Reiches sowie der fehlenden Legitimation des von ihr angerufenen Gerichts als staatliches Gericht sind in Gänze abwegig und finden keinerlei Grundlage in der verfassungsgemäßen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung der Geltung des Grundgesetzes und der Geltung der einfach gesetzlichen Rechtsnormen, insbesondere der für das vorliegende Verfahren entscheidenden Normen des SGB II, SGB XII sowie Sozialgerichtsgesetzes. Eine juristische Auseinandersetzung mit der von der Klägerin hinsichtlich der Existenz der Bundesrepublik Deutschland aufgeworfenen Fragestellung durch das Gericht ist daher nicht geboten, denn die Rechtsauffassung, welche die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und seiner Gesetze bestreitet, ist als juristisch derart unhaltbar anzusehen, dass eine gerichtliche Befassung hiermit nicht notwendig ist (vgl. Finanzgericht Münster, Urteil vom 14.04.2015, 1 K 3123/14 F; OVG NRW, Beschluss vom 18.05.2012, 19 B 578/12; VG Braunschweig, Beschluss vom 23.02.2007, 6 B 413/06). Die Zuständigkeit der zur Entscheidung berufenen 18. Kammer folgt aus § 6 SGG i.V.m. § 21e Abs. 1 GVG i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan 3/14 vom 22.09.2014.
22Die von der Klägerin weiterhin verfolgte Klage gegen das Jobcenter als Beklagten ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Nachdem der Beklagte durch den Darlehnsbescheid vom 24.11.2014 seine Abhilfeentscheidung zum Versagungsbescheid vom 11.09.2014 umgesetzt hatte, hatte sich die zunächst erhobene Untätigkeitsklage der Klägerin erledigt, da der von ihr gestellte Leistungsantrag beim Beklagten beschieden worden war. Nachdem der Beklagte in der Folgezeit auch aufgrund eines weiteren als Widerspruch ausgelegten Schriftsatzes der Klägerin an das Gericht anstelle der zunächst darlehnsweise gewährten Leistungen aufgrund von verfügbarem Vermögen zuschussweise Leistungen gewährt hatte, fehlt es der Klägerin für eine Fortführung des Klageverfahrens an jeglichem schutzwürdigen Interesse. Denn die Klägerin hat vom Beklagten Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen bewilligt bekommen und erhalten. Soweit die Klägerin demgegenüber geltend macht, dass sie Leistungen von Sozialgeld nach dem SGB XII beantragt hat, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere war der Beklagte nicht gehalten, den Antrag der Klägerin an den zuständigen Träger für Leistungen nach dem SGB XII weiterzuleiten (§ 16 Abs. 2 SGB I). Denn für eine Weiterleitung des Antrages der Klägerin fehlt es an entsprechenden Anhaltspunkten dafür, dass tatsächlich eine Zuständigkeit des SGB XII-Trägers für die Leistungsgewährung bestehen könnte. Aus dem Akteninhalt ergibt sich offenkundig, dass die Klägerin Leistungen der Grundsicherung begehrte, da sie selbst nicht über Einkommen und Vermögen verfügte, um den Lebensunterhalt für sich und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder sicherzustellen. Insofern ergab sich eine Anspruchsberechtigung der Klägerin gemäß § 7 SGB II. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII hingegen war offensichtlich ausgeschlossen. Denn gemäß § 21 SGB XII erhalten Personen, die als Erwerbsfähige oder als Angehörige von Erwerbsfähigen dem Grunde nach nach dem SGB II Leistungsberechtigt sind, keine Leistungen nach dem SGB XII für den Lebensunterhalt. Insbesondere war im Fall der Klägerin kein Anhaltspunkt dafür gegeben, dass sie nicht erwerbsfähig gewesen wäre. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin noch bis zum 20.07.2014 Leistungen nach dem SGB III aufgrund von Arbeitslosigkeit erhalten hat und eine Gewährung von entsprechendem Arbeitslosengeld auch nur möglich ist, soweit die Klägerin noch erwerbsfähig ist. (vgl. § 138 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 5 SGB III). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin offenkundig sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens darum bemüht war, finanzielle Leistungen von der Beklagten zu erhalten, ist somit kein Anhaltspunkt gegeben, der den Beklagten hätte dazu veranlassen müssen, den Antrag der Klägerin an den örtlich zuständigen SGB XII-Träger weiterzuleiten.
23Aufgrund des bereits aus den vorgenannten Gründen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin auch deshalb fehlt, da sie sich mit ihrem Klagebegehren an das Gericht gewandt hat, obzwar sie selbst ausführt, dass sie selbst weder von der Legitimation des erkennenden Gerichts ausgeht, noch die entsprechenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland aufgrund derer sie Leistungen begehrt, anerkennen will. Jedenfalls erscheint es widersprüchlich, wenn die Klägerin zum einen unter Berufung auf Vorschriften des Sozialgesetzbuches Leistungen vom Beklagten verlangt und diese auch versucht, gerichtlich durchzusetzen, auf der anderen Seite aber sowohl gegenüber dem Beklagten als auch gegenüber dem Gericht einwendet, dass es den entsprechenden Institutionen an ihrer Legitimation fehle, da die staatliche Ordnung, die durch sie repräsentiert wird, von ihr im Hinblick auf die von ihr vertretene Theorie aus der Reichsbürgerbewegung nicht anerkannt wird.
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Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten
- 1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte, - 2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten, - 3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, - 4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit, - 4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende, - 5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung, - 6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen, - 6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes, - 7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, - 8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen, - 9.
(weggefallen) - 10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.
(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.
(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.
(1) Örtlich zuständig ist das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht er in einem Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht klagen. Klagt eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts, in Angelegenheiten nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch ein Unternehmen der privaten Pflegeversicherung oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts oder des Schwerbehindertenrechts ein Land, so ist der Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Beklagten maßgebend, wenn dieser eine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts ist.
(2) Ist die erstmalige Bewilligung einer Hinterbliebenenrente streitig, so ist der Wohnsitz oder in Ermangelung dessen der Aufenthaltsort der Witwe oder des Witwers maßgebend. Ist eine Witwe oder ein Witwer nicht vorhanden, so ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die jüngste Waise im Inland ihren Wohnsitz oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort hat; sind nur Eltern oder Großeltern vorhanden, so ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Eltern oder Großeltern ihren Wohnsitz oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort haben. Bei verschiedenem Wohnsitz oder Aufenthaltsort der Eltern- oder Großelternteile gilt der im Inland gelegene Wohnsitz oder Aufenthaltsort des anspruchsberechtigten Ehemanns oder geschiedenen Mannes.
(3) Hat der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland, so ist örtlich zuständig das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat.
(4) In Angelegenheiten des § 51 Abs. 1 Nr. 2, die auf Bundesebene festgesetzte Festbeträge betreffen, ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat, in Angelegenheiten, die auf Landesebene festgesetzte Festbeträge betreffen, das Sozialgericht, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat.
(5) In Angelegenheiten nach § 130a Absatz 4 und 9 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die zur Entscheidung berufene Behörde ihren Sitz hat.
(6) Für Antragsverfahren nach § 55a ist das Landessozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Körperschaft, die die Rechtsvorschrift erlassen hat, ihren Sitz hat.
(7) In Angelegenheiten nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Auftraggeber seinen Sitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat dieser seinen Sitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz im Ausland, ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Auftragnehmer seinen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat.
Die Sozialgerichte entscheiden, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist, im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit offensteht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Diplom Kaufmann und selbständig als Unternehmensberater tätig.
3Der Kläger bestreitet die Existenz eines völkerrechtlich anerkannten Staates „Bundesrepublik Deutschland“. Die Bundesrepublik Deutschland besitzt seiner Meinung nach keine staatliche Legitimation. Stattdessen existiere der Staat „2tes Deutsches Reich“ mit einer kommissarischen Reichsregierung. Der Kläger ist weiter der Auffassung, dass die Steuergesetze der Bundesrepublik Deutschland insgesamt nicht gültig seien. Zudem bestreitet er die Legitimation des Finanzamts T zur Festsetzung und Erhebung von Steuern. Seiner Ansicht nach handelt es sich beim Finanzamt T („Finanzagentur/Verwaltung T“) nicht um eine öffentlich-rechtliche Anstalt/Körperschaft, sondern um ein privates gewerbliches Unternehmen, welches zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben nicht berechtigt sei.
4Der Kläger hat am 15.09.2014 die vorliegende Klage mit insgesamt acht Feststellungsanträgen erhoben (die einzelnen Antragsbegehren sind zunächst als selbständige Verfahren unter den Aktenzeichen 1 K 3123/14 F bis 1 K 3130/14 F eingetragen und später unter dem hiesigen Aktenzeichen verbunden worden).
5Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger u.a. wie folgt aus:
6Mit dem Finanzamt T gebe es eine Reihe von Differenzen, die einer Klärung bedürften. Beispielhaft verweist der Kläger auf einen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 2. Kalendervierteljahr 2014 vom 01.10.2014 (Bl. 18 Gerichtsakte) sowie eine Aufforderung zur Abgabe der Einkommen- und Umsatzsteuererklärung 2013 (Bl. 33 Gerichtsakte). Dem Bescheid und der Aufforderung fehle es an jedweder rechtlichen Grundlage. Als Staatsbeamter des reichsverfassungsrechtlichen Staates „2tes Deutsches Reich“ stehe er der – nicht existenten – Bundesrepublik Deutschland exterritorial gegenüber und genieße Immunität, über die sich das Finanzamt nicht hinweg setzen dürfe. Weder das Finanzamt noch eine wie auch immer geartete Finanzverwaltung seien zur Festsetzung und Erhebung von Steuern ihm gegenüber berechtigt. Jedenfalls sei eine solche Legitimation in der Vergangenheit nicht nachgewiesen worden. Auch die Mitarbeiter des Finanzamts hätten ihm gegenüber trotz mehrfacher Aufforderung bislang nicht nachgewiesen, als Beamte zur Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse überhaupt befugt zu sein.
7Was die aus seiner Sicht fehlende Existenz der Bundesrepublik Deutschland angeht, so vertritt der Kläger insbesondere folgende Auffassung: Durch die Streichung des Art. 23 Grundgesetz (GG) a.F. durch den damaligen US-Außenminister James Addison Baker am 17.07.1990 auf der „Zwei-plus-Vier-Konferenz“ in Paris sei die Bundesrepublik Deutschland handlungsunfähig erloschen. Im Bundesgesetzblatt vom 28.09.1990 (Teil II, S. 885 ff.) sei die Aufhebung bestätigt worden. Somit gebe es für das Grundgesetz keinen Geltungsbereich mehr. Folgerichtig würde von ihm die Geltung sämtlicher gesetzlicher Grundlagen der Steuerfestsetzung und Steuererhebung – etwa des Grundgesetzes, der Abgabenordnung und der materiellen Steuergesetze – zu Recht angezweifelt. Das Umsatzsteuergesetz und die Abgabenordnung besäßen daneben keinen Geltungsbereich und verstießen auch gegen das Zitier-Gebot des Art. 19 GG.
8Der Kläger vertritt weiter die Meinung, dass auch ein Bundesland „Nordrhein-Westfalen“ nicht existiere. Es gäbe weder eine Gründungsurkunde noch sei die Landesverfassung durch Volksentscheid bestätigt worden.
9Darüber hinaus macht der Kläger geltend, dass ein Großteil der Schreiben des Finanzamts T nicht unterschrieben und damit nichtig sei. Dass eine Unterschrift zwingend zu erfolgen habe, ergebe sich aus § 126 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
10Ferner verweist der Kläger zur Begründung seiner Klage auf einen Beschluss des „Reichsministers der Finanzen“ einer „kommissarischen Reichsregierung“ des „reichsverfassungsrechtlichen Staats 2tes Deutsches Reich“ vom 07.07.2010 (Bl. 3 ff. Gerichtsakte). Darin werde bestätigt, dass er – der Kläger – als amtierender Reichswirtschaftsminister, Amtsverhältnisträger und Staatsbeamter nicht in die Zuständigkeit der untergeordneten Stelle der Bundesrepublik des vereinten Deutschlands GmbH falle. Außerdem werde darin beschlossen, dass für alle Staatsbürger des Staates „2tes Deutsches Reich“ bis zur Ausrufung dieses Staates ein Steuererlass gelte.
11Er – der Kläger – habe ein berechtigtes Interesse an der Klärung des Sachverhaltes, und zwar auf der Basis der tatsächlichen Rechtslage mit Hilfe eines gesetzlichen Richters gemäß § 16 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), der an einem Staatsgericht i.S. des § 15 GVG tätig sei, vorbehaltlich der Rechte der alliierten Siegermächte gemäß SHAEF-Gesetz Nr. 2 Deutsche Gerichte, auf die er als den Alliierten Siegermächten auf der Grundlage der SHAEF-Gesetze Nr. 1 und 52 dienstverpflichteter Staatsbeamte und Amtsverhältnisträger des reichsverfassungsrechtlichen Staates „2tes Deutsches Reich“ bestehe. Eine solche Klärung des Sachverhalts sei bisher nicht erfolgt, aber in Bezug auf die rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit, des Rechtsfriedens und der Rechtseinheit zwingend erforderlich.
12Schließlich führt der Kläger aus, dass er einer Sprungklage i.S. des § 45 Finanzgerichtsordnung (FGO) zur ausstehenden Klärung des Sachverhalts im Rahmen einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich zustimme. Eine Beschlussfassung reiche insofern nicht aus.
13Der Kläger beantragt,
14- 15
1. festzustellen, dass der Eingriff in eine Völkerrechtsklage/internationales Strafverfahren ein Verstoß gegen Art. 25 GG ist, und dass seitens der BRD-Verwaltung (hier: Mitarbeiter des Finanzmats T) in eine laufende Völkerrechtsklage eingegriffen wird und man sich damit über Art. 25 GG hinwegsetzt.
- 17
2. festzustellen, dass Staatsbeamte und dienstverpflichtete Amtsträger des reichsverfassungsrechtlichen Staates 2tes Deutsches Reich Immunität genießen und dass die BRD-Verwaltung den Staatsbürgern und Staatsbeamten des reichsverfassungsrechtlichen Staates 2tes Deutsches Reich mit der Staatsangehörigkeit vom 22.07.1913 (RGBl. I S. 583) exterritorial gegenübersteht und damit von diesen überhaupt keine Steuern erheben, festsetzen und beitreiben darf (anderenfalls sei die Nennung von entsprechenden Rechtsgrundlagen und Rechtsvorschriften erforderlich).
- 19
3. festzustellen, dass das Einkommensteuergesetz einen Verstoß gegen SHAEF-Gesetz Nr. 1, gegen UN Resolution 217 A III vom 10.12.1948 sowie gegen die EU Charta für Menschenrechte darstellt.
- 21
4. festzustellen, dass das Gewerbesteuergesetz einen Verstoß gegen SHAEF-Gesetz Nr. 1, gegen UN Resolution 217 A III vom 10.12.1948 sowie gegen die EU Charta für Menschenrechte darstellt.
- 23
5. festzustellen, dass die Abgabenordnung in der letzten Fassung überhaupt nicht in Kraft getreten ist (anderenfalls sei nachzuweisen, dass es sowohl für die Abgabenordnung als auch für das Grundgesetz überhaupt einen Geltungsbereich gebe).
- 25
6. festzustellen, dass das Umsatzsteuergesetz einen Verstoß gegen das Zitier-Gebot des Art. 19 Grundgesetz darstellt (auch insofern sei nachzuweisen, dass es für die Abgabenordnung, das Grundgesetz und das Umsatzsteuergesetz überhaupt einen Geltungsbereich gebe).
- 27
7. festzustellen, dass die Firma Finanzagentur T GmbH willkürlich die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in gewerbliche Einkünfte bzw. Einkünfte aus Gewerbebetrieb umqualifiziert hat.
- 29
8. festzustellen, dass der Beschluss des Reichsministers der Finanzen vom 07.07.2010 Rechtskraft erlangt hat und gleichzeitig festzustellen wie er umzusetzen ist.
Der Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Der Beklagte weist im Rahmen seiner Gegenäußerung darauf hin, dass ein außergerichtliches Vorverfahren nicht stattgefunden habe. Er gehe insofern von einer Sprungklage i.S. des § 45 FGO aus, der ausdrücklich zugestimmt werde. In der Sache verweist der Beklagte auf eine Einspruchsentscheidung vom 22.06.2010 zur Umsatzsteuervorauszahlung IV. Kalendervierteljahr 2009, die mit Bescheid vom 16.03.2010 im Schätzungswege festgesetzt worden sei (nebst Verspätungszuschlag). Darin habe er sich ausführlich mit den Argumenten des Klägers zur (Nicht-)Existenz der Bundesrepublik Deutschland sowie zur Legitimation der Landesfinanzverwaltungen zur Festsetzung und Erhebung von Steuern auseinandergesetzt.
33Der erkennende Senat hat am 14.04.2015 mündlich in der Sache verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
34Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und Unterlagen verweisen.
35Entscheidungsgründe:
36Die Klage ist in mehrfacher Hinsicht unzulässig und hilfsweise auch unbegründet.
37I. Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster war in seiner aus dem Rubrum erkennbaren Zusammensetzung befugt, in der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2015 zu verhandeln und zu entscheiden. Die erkennenden Richter waren in Bezug auf die Person und das Begehren des Klägers die gesetzlichen Richter i.S. des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG und des § 16 S. 2 GVG.
38Zu der vom Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen Frage nach der „Legitimation“ des Gerichts weist der Senat auf Folgendes hin:
39Gemäß Art. 92 GG ist die rechtsprechende Gewalt den Richtern anvertraut; sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch die im Grundgesetz vorgesehenen Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt. Der Bundesgesetzgeber hat in Ausübung der ihm durch Art. 74 Nr. 1 GG eingeräumten konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der Gerichtsverfassung und das gerichtliche Verfahren mit der Finanzgerichtsordnung (FGO v. 06.10.1965, BGBl. I 1965, S. 1477 in der Fassung der Bekanntmachung v. 28.03.2001, BGBl. I 2001, S. 442, 2262, BGBl. I 2002, S. 679) bundeseinheitlich die Errichtung gesonderter Gerichte (§§ 1 u. 2 FGO) für die in § 33 FGO genannten Materien vorgegeben. Gemäß § 3 Abs. 1 FGO bestimmen die Länder durch Gesetz u.a. über die Errichtung und Organisation von Finanzgerichten. Auf dieser Rechtsgrundlage hat Nordrhein-Westfalen zunächst durch das Gesetz zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung (v. 01.02.1966, GV NW 1966, S. 732) und später durch § 18 Justizgesetz NRW die Errichtung der Finanzgerichte Düsseldorf, Köln und Münster angeordnet (JustG NRW v. 26.01.2010, GV NW 2010, S. 30).
40Das Präsidium des Finanzgerichts Münster hat gemäß § 21e Abs. 1 S. 1 GVG – wie auf der Internetseite des Gerichts nachzulesen – im Geschäftsverteilungsplan 2015 die gegen den Beklagten gerichteten Verfahren, soweit sie nach dem 31.12.2011 eingegangen sind, dem 1. Senat zugewiesen. Der Senat setzt sich aus den im Rubrum dieser Entscheidung ausgewiesenen Berufsrichtern i.S. der §§ 14 u. 15 FGO und den beiden gemäß § 16 FGO in Verbindung mit Abschnitt C. II. des aktuellen Geschäftsverteilungsplans zur mündlichen Verhandlung hinzugezogenen ehrenamtlichen Richtern zusammen (vgl. § 5 Abs. 3 S. 1 FGO). Eine abweichende Spezialzuweisung innerhalb des Gerichts besteht nicht.
41Die Aufhebung des § 15 GVG führt nicht dazu, dass die zuvor zitierten Regelungen unwirksam oder für die Bestimmung des gesetzlichen Richters bedeutungslos wären. Im Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine Staatsgerichte, wohl aber staatliche Gerichte i.S. des Art. 92 GG. Der im Rahmen der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag des Klägers, festzustellen, dass das Finanzgericht Münster ein Staatsgericht i.S. des § 15 GVG sei, geht damit ins Leere. Im Übrigen ist der Standpunkt, es sei „offenkundig, dass die Gerichte in Deutschland keine Staatsgerichte seien und damit über keinen Geltungsbereich verfügten“, in seiner rechtlichen Schlussfolgerung unzutreffend (s.a. OVG NRW, Beschluss v. 28.02.2014, 19 E 191/14, juris).
42II. Die Klage ist bereits unzulässig, weil sie rechtsmissbräuchlich ist.
43Es ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass Anspruch auf Rechtsschutz nur derjenige hat, der schutzwürdige Interessen verfolgt. Rechtsmissbrauch dagegen verdient und erhält keinen Rechtsschutz. Das allgemeine Prinzip, dass jede an einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt, soll den Missbrauch prozessualer Rechte verhindern. Dadurch sollen gerichtliche Verfahren unterbunden werden, in denen der Rechtsschutzsuchende eine Verbesserung seiner Rechtsstellung unter keinen Umständen erreichen kann, das Rechtsschutzbegehren mithin nutzlos ist. Eingaben, die ausschließlich auf querulatorischen Motiven beruhen, sich in Beleidigungen erschöpfen oder denen aus anderen Gründen kein ernsthaftes Begehren in der Sache zu entnehmen ist und bei denen gerichtlicher Rechtsschutz nur für unnütze, sinnlose und unlautere Zwecke in Anspruch genommen wird, sind rechtsmissbräuchlich (vgl. FG Köln, Urteil v. 08.09.1998, 8 K 5803/98, juris; FG Sachsen, Urteil v. 31.03.2004, 2 K 92/04, juris; FG Brandenburg, Urteil v. 17.08.2005, 4 K 1739/04, juris; FG Baden-Württemberg, Beschluss v. 21.01.2014, 14 K 160/03, juris; VG Frankfurt, Urteil v. 12.07.2011, 7 K 626/10, juris; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 40 FGO Tz. 19; v. Groll in Gräber, FGO7, Vor § 33 FGO Rz. 5; s.a. Kopp/Schenke, VwGO19, Vor § 40 VwGO Rz. 52 für den Verwaltungsprozess; Vollkommer in Zöller, ZPO29, Einl. Rz. 57 für das Zivilprozessrecht).
44So verhält es sich auch im Streitfall: Der schriftliche und mündliche Vortrag des Klägers enthält kein sachliches Begehren. Es erstreckt sich im Kern darauf, darzulegen, dass die Bundesrepublik Deutschland als Staat sowie Nordrhein-Westfalen als Bundesland nicht existent seien. Der Kläger geht stattdessen davon aus, dass er als vermeintlicher Staatsbürger bzw. Staatsbeamter eines reichsverfassungsrechtlichen Staates 2tes Deutsches Reich nicht an die bundesrepublikanische Rechtsordnung gebunden sei und daher auch nicht der Steuergesetzgebungs-, Steuerertrags- und Steuerverwaltungshoheit der Bundesrepublik Deutschland bzw. ihrer Bundesländer unterliege. Ein solches Vorbringen ist abwegig und geht an der (Rechts-)Wirklichkeit vorbei. Die Auffassung des Klägers, er stehe der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Nordrhein-Westfalen und damit auch den Bundes- und Landesbehörden (u.a. der Landesfinanzverwaltung) exterritorial gegenüber, ist erkennbar unzutreffend.
45Mit dem gesamten Inhalt und Duktus seiner Schriftsätze sowie den von ihm im Rahmen der mündlichen Verhandlung getätigten Aussagen und vorgelegten Unterlagen stellt sich der Kläger in den Kontext der sog. Reichsbürger-Bewegung, die der Verfassung und der rechtsstaatlichen Ordnung sowohl der Bundesrepublik Deutschland als auch der einzelnen Bundesländer kritisch bis feindlich gegenüber steht und aufgrund dessen der Beobachtung durch den Verfassungsschutz unterliegt (vgl. Internetauftritt des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Inneres und Kommunales [Verfassungsschutz / Rechtsextremismus / Sonstige-Organisationen / Reichsregierung]; zur „Reichsbürgerideologie“ vgl. ferner Rathje, „Wir sind wieder da“ – Die Reichsbürger: Überzeugungen, Gefahren und Handlungsstrategien, Herausgeber: Amadeu Antonio Stiftung, gefördert durch das Bundesministerium des Inneren, Berlin 2014; Gerhard Schumacher [Pseudonym], Vorwärts in die Vergangenheit, Durchblick durch einige „reichsideologische“ Nebenwände, Internetveröffentlichung, Berlin 2014).
46Mit der seinem Vorbringen immanenten Aufforderung an das Gericht, eine Entscheidung über die von ihm gestellten Feststellungsanträge unter Missachtung des Grundgesetzes und der geltenden Rechtsordnung zu treffen, überschreitet der Kläger die Grenzen des Zumutbaren, so dass die Klage jedenfalls als evident rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig abzuweisen ist.
47Die vom Kläger in seinen Anträgen und Schriftsätzen wiederholt geäußerten Rechtsansichten, mit denen er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat, die Geltung des Grundgesetzes und des einfachen Rechts sowie die Legitimität der handelnden Behörden und Gerichte bestreitet, sind juristisch derart unhaltbar, dass eine Befassung mit dem Klagebegehren durch das Gericht schon gar nicht notwendig erscheint. Die von ihm zum Ausdruck gebrachten Ansichten über geschichtliche Ereignisse und politische Vorgänge sind einer gerichtlichen Prüfung ohnehin nicht zugänglich. In Anbetracht dessen hat der erkennende Senat auch erwogen, das Begehren des Klägers insgesamt als sog. Nichtklage zu behandeln und schon gar nicht in das Prozessregister aufzunehmen. Denn es ist Aufgabe der Justiz im Allgemeinen und der Finanzgerichtsbarkeit im Besonderen, den Bürgern effektiven und damit auch zeitnahen Rechtsschutz zu gewähren (vgl. beispielhaft BFH, Urteil v. 07.11.2013, X K 13/12, juris). Diese Aufgabe aber wird erschwert, wenn sich die Gerichte mit Eingaben zu befassen haben, denen im Kern kein sachlicher Vortrag, sondern rechtsfeindliche, staatsfeindliche sowie politisch abwegige Verlautbarungen zu Grunde liegen. Da der Kläger den Senat jedoch erstmalig mit seinem Begehren angerufen hat und der Justizgewährleistungsanspruch (Art. 19 Abs. 4 GG) grundsätzlich unabhängig von der Person und den Ansichten des rechtsschutzsuchenden Bürgers Geltung beansprucht (§ 38 Abs. 1 Deutsches Richtergesetz), hat der erkennende Senat die Verfahren in das Prozessregister aufgenommen, dem Antrag des Klägers auf mündliche Verhandlung entsprochen und sich mit den Feststellungsbegehren im Einzelnen auseinander gesetzt.
48III. Die Klage ist aus einem weiteren Grund unzulässig. Ihr fehlt das Rechtsschutzbedürfnis auch insoweit, als der Kläger sich mit der Anrufung des Gerichts in Widerspruch zu seinem inhaltlichen Vortrag über die Nichtexistenz der Bundesrepublik Deutschland und die Unwirksamkeit der staatlichen Rechtsordnung setzt.
49Rechtsschutz durch die Justiz und damit auch die Finanzgerichte kann nur auf der Basis des Grundgesetzes und im Rahmen der geltenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland erlangt werden. Erst das Grundgesetz garantiert überhaupt gerichtlichen Rechtsschutz gegen Maßnahmen der Exekutive. Ein Richter, der die freiheitliche demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung ablehnt, indem er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat, die Geltung des Grundgesetzes und des einfachen Rechts sowie die Legitimität der handelnden Behörden und Gerichte bestreitet, müsste seines Amtes enthoben werden (zutreffend OLG Dresden, Beschluss v. 08.12.2014, 2 (S) AR 37/14). Vor diesem Hintergrund verlangt der Kläger mit den von ihm beantragten Feststellungsaussprüchen vom erkennenden Senat etwas Unmögliches.
50Dem Kläger fehlt insgesamt ein schützenswertes rechtliches Interesse an der von ihm geforderten gerichtlichen Entscheidung, weil er die gesamte bundesrepublikanische Rechtsordnung und damit auch die Existenz der von ihm selbst angerufenen Justiz in Zweifel zieht. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger eine Entscheidung des Finanzgerichts überhaupt anerkennen wird. Trotz immer wiederkehrender Behauptungen von der Nichtexistenz der Bundesrepublik Deutschland und der Ungültigkeit ihrer Rechtsordnung beruft sich der Kläger selbst auf verfassungsrechtlich eingeräumte Rechte, wie etwa das Recht auf einen gesetzlichen Richter, das Recht auf ein faires Verfahren sowie auf „die Säulen des Rechtsstaates, auf Rechtssicherheit, Rechtsfrieden und Rechtseinheit“. Im Ergebnis stehen Verhalten und Vortrag des Klägers damit in einem unauflösbaren Widerspruch (vgl. auch FG Hessen, Urteil v. 09.10.2013, 4 K 1406/13, juris; FG Brandenburg, Urteil v. 17.08.2005, 4 K 1739/04, juris; FG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 31.03.2004, 2 K 92/04, juris).
51IV. Die Klage ist schließlich auch deshalb unzulässig, weil die vom Kläger gestellten Feststellungsanträge den Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage (Vorrang von Gestaltungsklagen) nicht beachten.
52Gemäß § 41 Abs. 1 FGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, soweit der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses kann gemäß § 41 Abs. 2 FGO allerdings nicht beantragt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dadurch wird gewährleistet, dass die für die Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Sachurteilsvoraussetzungen nicht umgangen werden. Darüber hinaus trägt die Vorschrift dem Umstand Rechnung, dass § 41 FGO zur Verwirklichung effektiven Rechtsschutzes das System aus Gestaltungs- und Leistungsklagen lediglich ergänzt und insofern als Auffangtatbestand eine Rechtsschutzlücke ausfüllt (zur Subsidiarität der Feststellungsklage vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 41 FGO Tz. 1, 14 ff.).
53Die Feststellungsbegehren des Klägers zeichnen sich (jedenfalls ganz überwiegend) dadurch aus, dass sie effektiver, mindestens aber in gleicher Weise auch im Rahmen von Gestaltungsklagen verfolgt bzw. hätten verfolgt werden können. Das gilt sowohl für die Fragen, ob der Kläger dem staatlichen Steueranspruch unterliegt und ob das beklagte Finanzamt zur Festsetzung und Erhebung von Steuern überhaupt befugt ist (Feststellungsanträge zu 2. und inzidenter auch zu 1. und 8.), als auch für die Begehren, die Geltung des Einkommensteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, der Abgabenordnung und des Umsatzsteuergesetzes und deren Vereinbarkeit mit anderweitigen Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen (Feststellungsanträge zu 3. bis 6.). Erst Recht ist das mit dem Feststellungsantrag zu 7. verfolgte Begehren des Klägers, die Rechtswidrigkeit der Umqualifizierung von selbständigen Einkünften in solche aus Gewerbebetrieb festzustellen, unzulässig, da gegen entsprechende Steuerbescheide (Einkommensteuer bzw. Gewerbesteuermessbetrag) die Anfechtungsklage statthaft wäre.
54V. Darüber hinaus ist die Klage auch unbegründet.
551. Es bestehen keine Zweifel an der Existenz der Bundesrepublik Deutschland und der Bundesländer (hier: Nordrhein-Westfalens) sowie an der Wirksamkeit des Grundgesetzes und der (einfachgesetzlichen) Rechtsordnung.
56a. Die drei den völkerrechtlichen Staatsbegriff bestimmenden Elemente – Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt – liegen in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland vor. Die allgemein anerkannte, historisch, politisch und rechtlich legitime verfassungsmäßige Grundlage der Bundesrepublik Deutschland, ihrer Rechtsordnung und ihrer Institutionen ist das Bonner Grundgesetz vom 23.05.1949 (BGBl. I 1949, S. 1) in seiner zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 23.12.2014 (BGBl. I 2014, S. 2438) geänderten Fassung. Es ist nach wie vor in Kraft und gilt nach der deutschen Wiedervereinigung (auch ohne einen unmittelbaren plebiszitären Legitimationsakt) gemäß seiner Präambel für das gesamte deutsche Volk auf dem heutigen Staatsgebiet in den deutschen Bundesländern. Die Legitimität der Verfassung (des Grundgesetzes) ergibt sich (auch) daraus, dass sie mit den überwiegend im Volke bestehenden Wert-, Gerechtigkeits- und Sicherheitsvorstellungen übereinstimmt und dieser Konsens seit Jahrzehnten gelebt wird. In der demokratischen, sozialen, rechts- und bundesstaatlichen Bundesrepublik Deutschland wird die Staatsgewalt ausgehend von Wahlen und Abstimmungen des Volkes durch die Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt (Art. 20 GG).
57b. Die Bundesrepublik Deutschland ist der gegenwärtige deutsche Nationalstaat. Sie ist als Staat mit dem früheren Deutschen Reich identisch und ist dessen heutige rechtliche und tatsächliche Erscheinungsform. Das Deutsche Reich in seiner historischen Gestalt ist spätestens mit der bedingungslosen Kapitulation aller Streitkräfte im Mai 1945 institutionell vollständig zusammengebrochen. Seine damals noch vorhandenen Organe und sonstige staatsrechtlichen Strukturen sind auf allen Ebenen endgültig weggefallen. An ihre Stelle sind in der Folgezeit neue, durch allgemeine Wahlen historisch und rechtlich uneingeschränkt legitimierte Strukturen getreten. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem 1871 gegründeten Deutschen Staat besteht politisch, geschichtlich und vor allem völkerrechtlich sowie staatsrechtlich Subjektidentität, hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung allerdings nur teilweise. Hieran hat sich auch durch das Inkrafttreten des Grundgesetzes nichts geändert. Dieses Staatsverständnis ist durch das Festhalten an der deutschen Staatsangehörigkeit in Art. 116 Abs. 1, 16 Abs. 1 GG und damit an der bisherigen Identität des Staatsvolkes als Grundentscheidung des Parlamentarischen Rates auch normativ dokumentiert worden (zu den drei staatsrechtlichen Elementen in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland vgl. pars pro toto: BVerfG, Urteile v. 23.10.1952, 1 BvB 1/51, juris; v. 31.07.1973, 2 BvF 1/73, juris; Beschlüsse v. 21.10.1987, 2 BvR 373/83; v. 08.06.1990, 2 BvR 1298/85, juris; v. 18.09.1990, 2 BvE 2/90, juris; v. 26.10.2004, 2 BvR 955/00, juris).
58Die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland, die nicht zuletzt im Abschluss einer Vielzahl völkerrechtlicher Verträge zum Ausdruck kommt, ist sowohl von der internationalen Staatengemeinschaft als auch in der internationalen Rechtsprechung anerkannt.
59Die Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen von 1990 ist sowohl rechtlich als auch faktisch der gegenwärtige deutsche Nationalstaat. Einen anderen gibt es nicht. Weder existiert das Deutsche Reich noch ein anderer deutscher Staat. Gleichermaßen gibt es nur eine deutsche Staatsangehörigkeit. Der anders lautenden Auffassung des Klägers, der für sich die Staatsangehörigkeit des 2.ten Deutschen Reiches und darüber hinaus den Status eines Reichsbeamten bzw. eines Reichswirtschaftsministers reklamiert und daraus den Schluss zieht, der Bundesrepublik Deutschland sowie ihren Institutionen exterritorial gegenüber zu stehen, ist nicht zu folgen. Der Kläger stellt damit in eklatanter Weise die (Verfassungs-)Wirklichkeit in Abrede.
60c. In dem durch das Grundgesetz für die deutschen Bundesländer bestimmten Rahmen (Präambel, Art. 28 GG) gilt in Nordrhein-Westfalen die nordrhein-westfälische Landesverfassung. Nach Maßgabe der Aufteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern (Art. 70 ff. GG) sind in allen Bundesländern Bundesrecht und Landesrecht in Kraft. Die Ansicht des Klägers, dass Bundesland Nordrhein-Westfalen sei mangels Gründungsurkunde nicht existent, geht fehl. Die Gründung einer Gebietskörperschaft vollzieht sich nicht durch Urkunden, sondern in der Regel durch Gesetz. Das Land Nordrhein-Westfalen ist im Jahr 1946 von der britischen Besatzungsmacht aus der preußischen Provinz Westfalen und dem Nordteil der preußischen Rheinprovinz errichtet und im Jahr 1947 um das Land Lippe erweitert worden. Seit 1949 ist es Teil der Bundesrepublik Deutschland. Seine rechtliche Grundlage ist die Landesverfassung vom 28.06.1950 (Verf NW, GV NRW 1950, S. 127). Ihre Geltung ist unabhängig von einem besonderen plebiszitären Legitimationsakt.
61d. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grundlagen des Grundgesetzes und der Landesverfassungen sind die demgemäß bestehenden Gesetze im Steuerprozessrecht, im Steuerverfahrensrecht und im materiellen Steuerrecht anzuwenden.
62e. Im Übrigen wird hinsichtlich der Einwände des Klägers gegen die Existenz und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie die Wirksamkeit des Grundgesetzes und der (einfachgesetzlichen) Rechtsordnung exemplarisch auf folgende Entscheidungen verwiesen: BFH, Beschlüsse v. 21.02.2002, VII B 281/01, juris; v. 28.04.2010, VI B 167/09, juris; Hessisches FG, Urteile v. 12.12.2002, 1 K 2474/02, juris; v. 22.10.2010, 6 K 134/08, juris; AG Duisburg, Beschluss v. 26.01.2006, 46 K 361/04, juris; VG Braunschweig, Beschluss v. 23.02.2007, 6 B 413/06, juris; FG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 21.07.2008, 4 K 1741/06; FG Hamburg, Urteil v. 19.04.2011, 3 K 6/11, juris; FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 17.01.2013, 7 K 7303/11, juris; FG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.11.2013, 4 K 3798/10, juris; OVG NRW, Beschluss v. 28.02.2014, 19 E 191/14, juris.
632. Das vom Kläger zur Begründung der Nichtexistenz der Bundesrepublik Deutschland vorgetragene Kernargument, der damalige US-Außenminister James Addison Baker habe am 17.07.1990 auf der „Zwei-plus-Vier-Konferenz“ in Paris die Aufhebung des Art. 23 GG a.F. angeordnet und damit sei die Bundesrepublik Deutschland mangels eines definierten Geltungsbereiches handlungsunfähig erloschen, ist in mehrfacher Hinsicht nicht durchgreifend.
64Die Annahme, ein US-Außenminister sei faktisch in der Lage und vor allem rechtlich befugt die Aufhebung eines Artikels des Grundgesetzes wirksam anordnen, geht schon für sich betrachtet an der Realität vorbei (s.a. VG Braunschweig, Beschluss v. 23.02.2007, 6 B 413/06, juris). Die weitergehende Annahme, mit dem Wegfall dieses Artikels (Art. 23 GG a.F.) sei dann quasi automatisch das Grundgesetz in Gänze außer Kraft gesetzt worden, was wiederum zur Folge gehabt hätte, dass danach die gesamte Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland ungültig geworden sei, ist schlichtweg abenteuerlich. Dem Vortrag des Klägers ist insofern in tatsächlicher Hinsicht entgegenzuhalten, dass die Alliierten offensichtlich selbst nicht von einer „Abschaffung“ der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen sind, da ansonsten nicht zu erklären wäre, mit wem sie kurze Zeit später noch den „Zwei-plus-Vier-Vertrag“ geschlossen haben. In rechtlicher Hinsicht weist der erkennende Senat darauf hin, dass Art. 23 GG a.F. nicht zuvorderst den räumlichen Geltungsbereich des Grundgesetzes definiert hat, sondern sein Wortlaut in Verbindung mit Art. 146 GG a.F. dem Auftrag zur Wiedervereinigung geschuldet war (Wortlaut: „gilt zunächst“). Darüber hinaus ergibt sich der Geltungsbereich des Grundgesetzes auch ohne Art. 23 GG a.F. bereits hinreichend aus dessen Überschrift („Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“) und aus dessen Präambel. Vor allem aber ist es eine völker- und staatsrechtliche Selbstverständlichkeit, dass Verfassungen auch ohne die explizite Nennung eines räumlichen Geltungsbereichs Gültigkeit beanspruchen. Ein Großteil der Verfassungen anderer Staaten in Europa und weltweit enthält entweder schon überhaupt keine Aussage zum räumlichen Geltungsbereich oder aber jedenfalls keine nähere Definition dazu, wie der Geltungsbereich (das Staatsgebiet) im Einzelnen konkret ausgestaltet (begrenzt) ist (dies galt übrigens auch für die Weimarer Verfassung). Einseitige Grenzdefinitionen mit völkerrechtlicher Wirksamkeit kann es prinzipiell schon deshalb nicht geben, weil staatliches Recht immer nur nach innen wirkt und andere souveräne Staaten nicht bindet; folgerichtig wird der konkrete Grenzverlauf rechtswirksam nicht in der Verfassung eines Staates, sondern über völkerrechtliche Verträge bzw. Abkommen mit den Nachbarländern definiert. Schließlich steht der Ansicht des Klägers über den Entfall des Grundgesetzes als Folge der behaupteten Aufhebung des Art. 23 GG a.F. in rechtlicher Hinsicht auch die sog. Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG entgegen. Danach ist eine Änderung des Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 bis 20 niedergelten Grundsätze berührt werden, unzulässig.
65VI. Zu den einzelnen Feststellungsanträgen des Klägers nimmt der erkennende Senat (hilfsweise) noch wie folgt Stellung:
661. Für den Feststellungsantrag, dass der Eingriff in eine Völkerrechtsklage/internationales Strafverfahren ein Verstoß gegen Art. 25 GG ist, und dass seitens der BRD-Verwaltung in eine laufende Völkerrechtsklage eingegriffen wird, ist der Rechtsweg zu den Finanzgerichten schon nicht eröffnet, da es sich insofern nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Abgabenangelegenheiten handelt (§ 33 FGO). Im Übrigen weist das Gericht darauf hin, dass Völkerrechtsklagen bzw. internationale Strafverfahren gegen Mitarbeiter des beklagten Finanzamts offensichtlich nicht anhängig sind. Dem Kläger selbst steht kein Recht zu, den Internationalen Strafgerichtshof anzurufen. Dieses Recht ist ausschließlich der zuständigen Anklagebehörde (Chefankläger) vorbehalten.
672. Der Antrag auf Feststellung, dass Staatsbeamte und dienstverpflichtete Amtsträger des reichsverfassungsrechtlichen Staates 2tes Deutsches Reich Immunität genießen und Staatsbürger des reichsverfassungsrechtlichen Staates 2tes Deutsches Reich der Bundesrepublik Deutschland und ihren Verwaltungen exterritorial gegenüberstehen, geht ins Leere, weil ein solcher Staat (2tes Deutsches Reich) nicht existiert.
68Die Befugnisse der Länderfinanzbehörden (und damit auch der örtlichen Finanzämter) zur Festsetzung und Erhebung von Steuern folgen im Übrigen aus Art. 108 GG i.V. mit dem Gesetz über die Finanzverwaltung (FVG in der Fassung der Bekanntmachung v. 04.04.2006, BGBl. I 2006, 1202, zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, S. 2417).
69Soweit der Kläger die vom Beklagten in der Vergangenheit erlassenen Verwaltungsakte wegen Verstoßes gegen Formvorschriften - insbesondere wegen fehlender Unterschriften - für nichtig hält, weist der erkennende Senat darauf hin, dass ein schriftlicher oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt lediglich die erlassene Behörde erkennen lassen muss; eine Unterschrift ist bei formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassenen Verwaltungsakten nicht erforderlich (§§ 119 Abs. 3, 157 AO). Die zivilrechtliche Vorschrift des § 126 BGB findet insofern keine Anwendung.
703. Ein Verstoß des Einkommensteuergesetzes in Gänze gegen höherrangiges Recht ist für den erkennenden Senat nicht ersichtlich. Das vom Kläger angesprochene SHAEF-Gesetz Nr. 1 ist nicht Teil der bundesrepublikanischen Rechtsordnung.
714. Ein Verstoß des Gewerbesteuergesetzes in Gänze gegen höherrangiges Recht ist für den erkennenden Senat ebenfalls nicht ersichtlich. Das vom Kläger angesprochene SHAEF-Gesetz Nr. 1 ist nicht Teil der bundesrepublikanischen Rechtsordnung.
725. Die geltende Abgabenordnung ist am 01.01.1977 in Kraft getreten (AO v. 16.03.1976, BGBl. I 1976, S. 613), zum 01.10.2002 neu gefasst (BGBl. I 2002, S. 3866, berichtigt in BGBl. I 2003, S. 61) und zuletzt durch Art. 2 des Gesetzes v. 22.12.2014 geändert worden (BGBl. I 2002, S. 2417). Ein Verstoß der Abgabenordnung in Gänze gegen höherrangiges Recht ist für den erkennenden Senat nicht ersichtlich. Der räumliche Geltungsbereich der Abgabenordnung beschränkt sich gemäß dem völkerrechtlichen Territorialprinzip auf das der Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland unterliegende Staatsgebiet (vgl. dazu Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 1 AO Tz. 5).
736. Weder die Abgabenordnung noch das Umsatzsteuergesetz sind aufgrund eines Verstoßes gegen das aus Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG abzuleitende Zitiergebot im Ganzen nichtig. Diese Frage ist in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung bereits mehrfach entschieden worden und auch höchstrichterlich geklärt. Soweit Steuergesetze zu Eingriffen in die Vermögenssphäre des Steuerpflichtigen ermächtigen, stellen sie sich als bloße Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentumsrechts dar, die nicht dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG unterliegen. Darüber hinaus würde ein Verstoß einzelner Vorschriften gegen das Zitiergebot allenfalls zur Teilnichtigkeit des jeweiligen Gesetzes, nicht jedoch zur vollständigen Nichtigkeit führen (vgl. BFH, Beschlüsse v. 09.01.2009, V B 23/08, juris; v. 12.04.2009, XI B 23, 24/08, juris; v. 18.05.2011, VII B 195/10, juris; v. 19.01.2012, VI B 98/11, juris; v. 17.01.2013, II E 19/12, juris; FG Hamburg, Urteil v. 19.04.2011, 3 K 6/11, juris; FG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.11.2013, 4 K 3798/10, juris; FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 17.01.2013, 7 K 7303/11, juris; s.a. BVerfG, Beschluss v. 26.10.2011, 1 BvR 1808/11, juris).
747. Der Antrag, festzustellen, dass das beklagte Finanzamt die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit willkürlich in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert hat, ist wegen des Vorrangs der Gestaltungsklage bereits unzulässig (vgl. oben IV.). Im Übrigen hat der Kläger schon gar nicht dargelegt, welche Steuerart und welcher Zeitraum insofern betroffen sein sollen. Der Antrag ist insofern wegen Unbestimmtheit nicht entscheidungsfähig.
758. Ein wie auch immer gearteter Beschluss des Reichsministers der Finanzen vom 07.07.2010 hat weder Rechtskraft erlangt noch gehen von ihm irgendwelche rechtlichen Wirkungen aus, da es zu diesem Zeitpunkt weder ein Deutsches Reich, noch eine (kommissarische) Reichsregierung und damit auch keinen Reichsfinanzminister gab, die/der rechtswirksame Beschlüsse hätten fassen können.
76Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung geäußerte Anregung des Klägers auf Vernehmung des gestellten Zeugen (als vermeintlicher Reichsfinanzminister der vermeintlichen Reichregierung des vermeintlichen 2ten Deutschen Reiches) hat der erkennende Senat zu Recht nicht aufgegriffen. Der Senat hat den Kläger insofern darauf hingewiesen, dass das Dokument über die Beschlussfassung dem Gericht bereits in mehrfacher Abschrift vorliegt. Die rechtliche Einordnung des Beschlusses (insbesondere die Frage, ob und welche Rechtswirkungen von dem Beschluss ausgehen) gehört nicht zum Bereich der Tatsachenwürdigung, sondern ist Teil der rechtlichen Würdigung. Einer Beweisaufnahme bedurfte es insofern nicht.
77VII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
78VIII. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes.
Für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des Zweiten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes nach Maßgabe der folgenden Vorschriften entsprechend:
- 1.
Das Präsidium teilt die ehrenamtlichen Richter im voraus für jedes Geschäftsjahr, mindestens für ein Vierteljahr, einem oder mehreren Spruchkörpern zu, stellt die Reihenfolge fest, in der sie zu den Verhandlungen heranzuziehen sind, und regelt die Vertretung für den Fall der Verhinderung. Von der Reihenfolge darf nur aus besonderen Gründen abgewichen werden; die Gründe sind aktenkundig zu machen. - 2.
Den Vorsitz in den Kammern der Sozialgerichte führen die Berufsrichter.
(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.
(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.
(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.
(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.
(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.
(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.
(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.
(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.
(1) Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen.
(2) Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, sind unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist.
(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.
(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die
- 1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, - 2.
erwerbsfähig sind, - 3.
hilfebedürftig sind und - 4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
- 1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, - 2.
Ausländerinnen und Ausländer, - a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder - b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
- 3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.
(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören
- 1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, - 2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils, - 3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten - a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, - b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, - c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
- 4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.
(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner
- 1.
länger als ein Jahr zusammenleben, - 2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, - 3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder - 4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,
- 1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder - 2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
(4a) (weggefallen)
(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.
(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,
- 1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, - 2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder - b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
- 3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.
Personen, die nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, erhalten keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Abweichend von Satz 1 können Personen, die nicht hilfebedürftig nach § 9 des Zweiten Buches sind, Leistungen nach § 36 erhalten. Bestehen über die Zuständigkeit zwischen den beteiligten Leistungsträgern unterschiedliche Auffassungen, so ist der zuständige Träger der Sozialhilfe für die Leistungsberechtigung nach dem Dritten oder Vierten Kapitel an die Feststellung einer vollen Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Absatz 2 Satz 2 des Sechsten Buches und nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens an die Entscheidung der Agentur für Arbeit zur Erwerbsfähigkeit nach § 44a Absatz 1 des Zweiten Buches gebunden.
(1) Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und
- 1.
nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), - 2.
sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und - 3.
den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
(2) Eine ehrenamtliche Betätigung schließt Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn dadurch die berufliche Eingliederung der oder des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt wird.
(3) Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammengerechnet.
(4) Im Rahmen der Eigenbemühungen hat die oder der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere
- 1.
die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung, - 2.
die Mitwirkung bei der Vermittlung durch Dritte und - 3.
die Inanspruchnahme der Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit.
(5) Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer
- 1.
eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, - 2.
Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, - 3.
bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben, und - 4.
bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.