Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 28. Sept. 2017 - 4 M 131/17

bei uns veröffentlicht am28.09.2017

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.145,96 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Entscheidung konnte gem. § 87a Abs. 2 und 3 VwGO im Einverständnis der Beteiligten durch den bestellten Berichterstatter erfolgen.

2

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

3

Ihre Einwände gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung keinen Anlass.

4

Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Beitragsbescheide des Abwasserzweckverbandes (S.) als Rechtsvorgänger des Antragsgegners ist unbegründet, weil nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung an der Rechtmäßigkeit der Bescheide ernstliche Zweifel nicht bestehen und Anhaltspunkte dafür, dass die Vollziehung für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO), nicht vorliegen.

5

Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass rechtliche Grundlage für die Beitragserhebung die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung des Abwasserzweckverbandes (S.) vom 29. September 2015 - BS 2015 - sein dürfte. Dass für die Grundstücke der Antragstellerin eine sachliche Beitragspflicht auf Grund des Satzungsrechts der (ehemaligen) Gemeinde (Z.) entstanden sein könnte, die als zum 1. Januar 2011 eingemeindeter Teil der Stadt (L.) zum 1. Januar 2013 dem Abwasserzweckverbandes (S.) beigetreten sei, stehe der Entstehung einer (neuen) sachlichen Beitragspflicht für die Grundstücke nicht entgegen. Gehe die Aufgabe der Abwasserbeseitigung von einer Gemeinde auf den Zweckverband über, sei dieser grundsätzlich befugt, einen Herstellungsbeitrag zur Deckung des Aufwands für seine öffentliche leitungsgebundene Einrichtung auch von den Eigentümern der im Gebiet der beigetretenen Gemeinde gelegenen Grundstücke zu erheben, selbst wenn diese bereits Beiträge für die öffentliche leitungsgebundene Einrichtung der Gemeinde gezahlt hätten, da die öffentliche Einrichtung des Zweckverbandes mit der öffentlichen Einrichtung der Gemeinde (rechtlich) nicht identisch sei. Zwar seien nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben Doppelbelastungen der Beitragszahler zu vermeiden. Dazu sei der neue Aufgabeträger nach dem Trägerwechsel aber nicht verpflichtet, unterschiedliche Beitragssätze für Alt- und Neuanschließer festzulegen, welche die unterschiedlichen erbrachten Vorleistungen berücksichtigten. Der gebotene Belastungsausgleich könne grundsätzlich auch durch eine Billigkeitsregelung im Rahmen des Heranziehungsverfahrens bewirkt werden. Dazu sei die Antragstellerin auf ein gesondert auf Antrag durchzuführendes Erlassverfahren zu verweisen.

6

Die von der Antragstellerin dagegen erhobenen Einwendungen sind nicht durchgreifend.

7

1. Im Gegensatz zur Auffassung der Antragstellerin ist eine hinreichende Einbeziehung des Gebietes der ehemaligen Gemeinde (Z.) in das in § 1 Abs. 1 BS 2015 sowie in § 1 Abs. 1 der maßgeblichen Abwasserbeseitigungssatzung des AZV (S.) genannte Entsorgungsgebiet erfolgt, indem die Stadt (L.) u.a. mit dem Ortsteil (Z.) zum 1. Januar 2013 dem AZV (S.) beigetreten ist und der Ortsteil (Z.) durch die 10. Änderungssatzung zur Verbandssatzung des AZV-(S.) in § 2 Nr. 3 der Verbandssatzung eingefügt worden ist. Dementsprechend wurde in § 4 der zwischen der Stadt (L.) und dem AZV (S.) geschlossenen Vereinbarung vom 18. Dezember 2012 auch bestätigt, dass ab dem 1. Januar 2013 das Satzungsrecht des Ortsteils (Z.) erlösche, soweit es Regelungen für die Abwasserbeseitigung enthalte, und das Satzungsrecht des AZV unmittelbar auch für diesen Ortsteil Anwendung finde. Dass das Verwaltungsgericht für eine Entstehung von Beitragspflichten nach dem Satzungsrecht des AZV (S.) im Gebiet der ehemaligen Gemeinde (Z.) hinsichtlich des Zeitraums bis 13. Dezember 2012 eine besondere Satzungsregelung zur Erstreckung des Satzungsrechts des Verbandes auf dieses Gebiet für notwendig ansah, liegt daran, dass die Gemeinde bzw. die Stadt (L.) bis zu diesem Zeitpunkt nicht Mitglied des Verbandes war.

8

2. Dass möglicherweise für die Grundstücke der Antragstellerin schon einmal eine beitragsrechtliche Vorteilslage hinsichtlich einer Abwasserbeseitigungseinrichtung der ehemaligen Gemeinde (Z.) bzw. eine sachliche Herstellungsbeitragspflicht nach dem Satzungsrecht dieser Gemeinde entstanden ist, hindert jedenfalls nach den von der Antragstellerin genannten Gründen nicht das Entstehen eines Herstellungsbeitragsanspruchs für eine Einrichtung des AZV (S.) auf der Grundlage des Satzungsrechts dieses Verbandes.

9

a) Das „Prinzip der Einmaligkeit der Beitragspflicht“ oder der Umstand, dass „maßgebliche Legitimation jeder Beitragserhebung der dem Grundstück einmal gebotene Vorteil“ sei, steht dem nicht entgegen. Denn nach § 6 Abs. 6 Satz 1 KAG LSA bzw. § 6 Abs. 6 Satz 1 KAG LSA i.V.m. § 9 GKG LSA erheben die Gemeinden und Zweckverbände Beiträge zur Deckung ihres Aufwandes für u.a. die erforderliche Herstellung ihrer öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtungen, wenn den Beitragspflichtigen durch die Inanspruchnahme oder die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Leistungen ein Vorteil entsteht. Der Herstellungsbeitrag soll einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss (bzw. Anschlussmöglichkeit) an eine Einrichtung schaffen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 -, zit. nach JURIS). Wie § 6 Abs. 6 Satz 1 KAG LSA aber festlegt, geht es um den Vorteil hinsichtlich einer öffentlichen Einrichtung eines bestimmten Rechtsträgers. Erfolgt der Anschluss bzw. besteht die Anschlussmöglichkeit an die Einrichtung eines anderen Rechtsträgers nach einer Aufgabenübertragung, ist diese nach der ganz überwiegenden Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte regelmäßig nicht identisch mit der Einrichtung des früheren Trägers und es entsteht auf Grund des dann durch diese neue Einrichtung vermittelten Vorteils ein neuer Herstellungsbeitragsanspruch (vgl. OVG Thüringen, Beschl. v. 3. Mai 2007 - 4 EO 101/07 -; VGH Bayern, Urt. v. 29. Juni 2006 - 23 N 05.3090 -; VG Cottbus, Urt. v. 25. April 2017 - 6 K 852/14 -; VG Potsdam, Urt. v. 22. Februar 2017 - 8 K 3465/13 -; VG Meiningen, Urt. v. 8. Juli 2015 - 5 K 67/11 Me -, jeweils zit. nach JURIS; wohl auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20. Januar 2017 - OVG 9 S 28.16 - und Urt. v. 11. Februar 2016 - OVG 9 B 43.15, [OVG 9 B 35.12] -; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 26. März 1992 - 2 L 167/91 -, jeweils zit. nach JURIS; a.M.: VG Magdeburg, Urt. v. 13. Juni 2017 - 9 A 37/15 MD -).

10

Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung besagt nur, dass derjenige, der schon einmal in vollem Umfang zu einem endgültigen Beitrag herangezogen worden ist, nicht noch einmal für die Kosten derselben beitragsfähigen Maßnahme mit einer Abgabe belastet werden kann (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 21. Dezember 2016 - 4 M 221/16 [4 M 171/16] -; Beschl. v. 25. Januar 2011 - 4 L 234/09 -; Beschl. v. 18. März 2005 - 4 M 701/04 -, zit. nach JURIS). Er schließt damit nur eine wiederholte Beitragserhebung für die Herstellung derselben Einrichtung aus, nicht aber für eine neue Einrichtung, bei der Teile einer früheren Einrichtung einbezogen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28. September 2009 - 2 S 482/09 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 25. Mai 2009 - 1 M 157/08 -; OVG Thüringen, Urt. v. 21. Juni 2006 - 4 N 574/98 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Lediglich Doppelbelastungen der Beitragszahler sind auf Grund der Anforderungen des Gleichheitssatzes und des Äquivalenzprinzips zu vermeiden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22. März 2007 - 10 BN 5.06 -, zit. nach JURIS; OVG Thüringen, Beschl. v. 3. Mai 2007, a.a.O.; VG Cottbus, Urt. v. 25. April 2017, a.a.O.). Damit hindert weder das „Wesen eines Beitrages“ noch die Ausbildung des Beitragsschuldverhältnisses zu dem Rechtsträger der vorherigen öffentlichen Einrichtung (vgl. dazu VG Magdeburg, Urt. v. 13. Juni 2017, a.a.O.) die Entstehung eines neuen Beitragsanspruches bzw. die Entstehung eines weiteren Beitragsschuldverhältnisses zu dem Rechtsträger der neuen öffentlichen Einrichtung.

11

b) Ohne Erfolg verweist die Antragstellerin auf die Vereinbarung vom 18. Dezember 2012 zwischen der Stadt (L.) und dem AZV (S.), deren § 5 nach ihrer Auffassung gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 GKG LSA i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1 GO LSA im Rahmen der „Beachtung des Grundsatzes der Einmaligkeit des Entstehens der Beitragspflicht“ Anwendung finde. Es kann offen bleiben, ob Rechtsgrundlage für die Vereinbarung § 9 GKG LSA ist, sich § 5 der Vereinbarung nur auf Abwassergebühren beziehen sollte und ob - so der Antragsgegner - „die Frage der Berechtigung der Beitragserhebung sich einer vertraglichen Regelung entzieht“. Jedenfalls ergibt sich aus § 5 Satz 2 der Vereinbarung, wonach der AZV (S.) berechtigt ist, ab dem 1. Januar 2013 Forderungen gegenüber Beitrags- und Gebührenpflichtigen selbst geltend zu machen, sofern diese Ansprüche ab dem 1. Januar 2013 entstanden sind, dass eine Erhebung der streitbefangenen Beitragsansprüche durch den AZV gerade nicht ausgeschlossen werden sollte. Dass möglicherweise (auch) Herstellungsbeitragsansprüche der ehemaligen Gemeinde (Z.) entstanden waren und gem. § 5 Satz 1 der Vereinbarung bei der Stadt (L.) verblieben, hinderte nach der Vereinbarung das Entstehen eines neuen Herstellungsbeitragsanspruches des AZV (S.) für seine Einrichtung und dessen Geltendmachung nicht.

12

c) Auf die Ausführungen der Antragstellerin sowie des Antragsgegners zur Wirksamkeit der Beitragssatzung der ehemaligen Gemeinde (Z.), zur Ablösung der Beitragspflicht sowie zur Festsetzungsverjährung kommt es nach den obigen Darlegungen nicht an.

13

Insbesondere offen bleiben kann, ob die von der Antragstellerin angeführte Beitragssatzung der Gemeinde (Z.) vom 6. Juli 2009 schon deshalb unwirksam ist, weil darin keine ausdrückliche Definition des Begriffes „Vollgeschoss“ enthalten ist (so OVG Thüringen, Urt. v. 12. Januar 2016 - 4 KO 850/09 -, zit. nach JURIS; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 1025a, 1492, 2167; a.M. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1912; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 6. November 2008 - 2 LA 27/08 -, zit. nach JURIS zum Ausbaubeitragsrecht, m.w.N.).

14

d) Ob sich hinsichtlich des Entstehens eines Herstellungsbeitragsanspruchs für eine Einrichtung des AZV (S.) auf der Grundlage des Satzungsrechts dieses Verbandes aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in dem Beschluss v. 5. März 2013 (a.a.O.) zu dem Grundsatz der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit sowie aus den §§ 13b, 18 Abs. 2 KAG LSA etwas anderes ergibt, muss schon deshalb nicht geprüft werden, weil die Antragstellerin einen dahingehenden Einwand nicht erhoben hat. Dass der Antragsgegner nach seiner Beschwerdeerwiderung deshalb die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ablehnt, ist im vorliegenden Verfahren unerheblich.

15

5. Ein „unzureichender Schutz im Billigkeitsverfahren“ auf Grund einer „nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensentscheidung des Verbandes“ besteht nicht, da der Antragsgegner nach verfassungsrechtlichen Grundsätzen verpflichtet ist, im Rahmen eines solchen Verfahrens Belastungsungleichheiten von Alt- und Neuanschließern möglichst auszugleichen. Damit wird auch dem Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG Rechnung getragen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22. März 2007, a.a.O.; OVG Thüringen, Urt. v. 21. Juni 2006, a.a.O.).

16

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

17

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 3 Satz 1 GKG und erfolgt in Anlehnung an den sog. Streitwertkatalog 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) Nr. 1.5 Satz 2 und 1.7.1.

18

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Gebühr für die Anmeldung eines Anspruchs zum Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz wird mit Einreichung der Anmeldungserklärung fällig. Die Auslagen des Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz werden mit dem rechtskräftigen Abschluss des Musterverfahrens fällig.

(2) Im Übrigen werden die Gebühren und die Auslagen fällig, wenn

1.
eine unbedingte Entscheidung über die Kosten ergangen ist,
2.
das Verfahren oder der Rechtszug durch Vergleich oder Zurücknahme beendet ist,
3.
das Verfahren sechs Monate ruht oder sechs Monate nicht betrieben worden ist,
4.
das Verfahren sechs Monate unterbrochen oder sechs Monate ausgesetzt war oder
5.
das Verfahren durch anderweitige Erledigung beendet ist.

(3) Die Dokumentenpauschale sowie die Auslagen für die Versendung von Akten werden sofort nach ihrer Entstehung fällig.

Tenor

1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) ist mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) unvereinbar. Ersetzt der Gesetzgeber Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes nicht bis zum 1. April 2014 durch eine verfassungsgemäße Neuregelung, tritt Nichtigkeit der Vorschrift ein.

2. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 - M 10 K 06.2850 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird aufgehoben und die Sache an ihn zurückverwiesen.

3. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (BayKAG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) mit den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Verfassungsgrundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist.

I.

2

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs setzt das Entstehen einer Beitragspflicht für den Anschluss an leitungsgebundene Einrichtungen neben dem Erschlossensein des Grundstücks durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung (sogenannte Vorteilslage) zwingend das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus (vgl. BayVGH, Urteil vom 14. April 2011 - 20 BV 11.133 -, BayVBl 2012, S. 45 <46>; Urteil vom 29. April 2010 - 20 BV 09.2010 -, BayVBl 2011, S. 240; Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, juris). Eine wirksame Satzung ist somit Beitragsentstehungsvoraussetzung. Die Satzung muss nach Art. 5 Abs. 8 BayKAG nicht bereits im Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage in Kraft sein. Es genügt vielmehr, wenn sie nach deren Entstehung in Kraft tritt.

3

2. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung führt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b BayKAG in Verbindung mit § 47 der Abgabenordnung (AO) zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis. Die Festsetzungsfrist, nach deren Ablauf der Erlass eines Beitragsbescheids unzulässig ist, beträgt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 AO einheitlich vier Jahre.

4

3. Durch das am 31. Dezember 1992 verkündete Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) wurde der Beginn der Festsetzungsfrist mit Wirkung zum 1. Januar 1993 neu geregelt. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc BayKAG erhielt folgende Fassung:

5

Art. 13

Anwendung von Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977)

(1) Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, sind in ihrer jeweils geltenden Fassung vorbehaltlich Absatz 6 folgende Bestimmungen der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden:

(…)

4. aus dem Vierten Teil - Durchführung der Besteuerung -

(…)

b) über das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren:

(…)

cc) § 170 Abs. 1 mit der Maßgabe,

- dass die Festsetzungsfrist dann, wenn die Forderung im Zeitpunkt des Entstehens aus tatsächlichen Gründen noch nicht berechnet werden kann, erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Berechnung möglich ist und

- dass im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die gültige Satzung bekanntgemacht worden ist, (…).

6

Die in Bezug genommene Vorschrift des § 170 Abs. 1 AO lautet:

7

Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

8

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 1 BayKAG entspricht der bis dahin geltenden Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG vom 26. März 1974 (GVBl S. 109, ber. 252) in der Fassung vom 4. Februar 1977 (GVBl S. 82). Mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 wurde Spiegelstrich 2 neu in die gesetzliche Regelung eingefügt.

9

4. Der Gesetzgeber beabsichtigte hiermit ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs eine gesetzliche Klarstellung (LTDrucks 12/8082, S. 13). Bisher sei es in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs umstritten gewesen, ob in den Fällen, in denen eine nichtige Satzung rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werde, die Festsetzungsfrist mit dem Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens der Satzung (so BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60) oder erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginne, in dem die rückwirkende Satzung bekanntgemacht worden sei (so BayVGH 23. Senat, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Mit der Einfügung einer weiteren Maßgabe in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG werde die den Bedürfnissen der Praxis entgegen kommende Auffassung des 23. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gesetzlich klargestellt. Nach der gegenteiligen Ansicht könne nämlich eine rückwirkend entstandene Forderung gleichzeitig festsetzungsverjährt sein, wenn sich die Rückwirkungsfrist über die Verjährungsfrist hinaus erstrecke.

II.

10

1. Der Beschwerdeführer war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Gemeinde, in der das Grundstück gelegen ist (im Folgenden: Beklagte), fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

11

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Beschwerdeführer erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

12

Während des Widerspruchsverfahrens erwies sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

13

2. Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Beschwerdeführer sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

14

Der Beschwerdeführer könne hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, diese Regelung verstoße gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und müsse daher, insbesondere im Fall eines zwischenzeitlichen Eigentümerwechsels, abweichend von ihrem Wortlaut einschränkend ausgelegt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestünden gegen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ersichtliches Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, die Gemeinden im Falle nichtigen Satzungsrechts vor Beitragsausfällen infolge Verjährungseintritts zu bewahren. Im Übrigen sei keiner der jetzigen oder ehemaligen Grundstückseigentümer in seiner Erwartung geschützt, von der Nichtigkeit früheren Satzungsrechts profitieren zu können; denn ein abgeschlossener Beitragstatbestand liege nicht vor. Welchen der Eigentümer die Beitragspflicht treffe, hänge von der Bestimmung des Zeitpunkts der Rückwirkung ab. Sei dieser - wie im vorliegenden Fall - ohne Verstoß gegen das Willkürverbot gewählt, bestehe kein Grund für eine rechtliche Beanstandung.

15

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Beitragsanspruch zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids nicht verjährt gewesen sei. Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber habe hiermit eine Regelung getroffen, die der bis dahin ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entsprochen habe (Hinweis auf BayVGH, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Die Norm enthalte nach Inhalt, Zweck und Ausmaß eine klare Aussage über den Lauf der Festsetzungsfrist, gegen die durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestünden. Eine unzulässige echte Rückwirkung liege schon deshalb nicht vor, weil kein abgeschlossener Beitragstatbestand gegeben sei. Denn bei leitungsgebundenen Einrichtungen setze die Entstehung einer Beitragspflicht nach ständiger Rechtsprechung das Vorhandensein einer gültigen Abgabensatzung voraus. Eine wirksame Abgabensatzung habe erstmals im Jahr 2005 vorgelegen. Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, die rückwirkende Inkraftsetzung einer Abgabensatzung müsse wenigstens zeitlich auf die einschlägigen Verjährungsvorschriften beschränkt werden, lasse er außer Acht, dass nur eine bereits entstandene Beitragsforderung verjähren könne. Bei fehlgeschlagenem Satzungsrecht müsse ein bisher nicht veranlagter Beitragspflichtiger damit rechnen, zu einem späteren Zeitpunkt herangezogen zu werden. Er könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

III.

16

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG.

17

1. Die in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene uneingeschränkte Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG auf rückwirkend in Kraft gesetzte Satzungen verstoße wegen der damit verbundenen echten Rückwirkung gegen die aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. Es sei geboten, die Rückwirkung einer Satzung durch Festsetzungsfristen zu begrenzen. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung dürfe nicht beliebig hinausgeschoben werden. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei im Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens einer Satzung entweder nicht anzuwenden oder verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Verjährung rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung beginne.

18

2. Die Ausgangsgerichte hätten Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil sie ihm nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt hätten. Er habe mit der verwaltungsgerichtlichen Klage geltend gemacht, dass der Beitragsanspruch wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung erloschen sei. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beginne die Festsetzungsfrist nur zu laufen, wenn eine wirksame Beitragssatzung vorliege. Die Beklagte und die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen hätten sich darauf berufen, dass sämtliche Satzungen, die der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 vorausgingen, nichtig gewesen seien, was durch diverse Entscheidungen der Verwaltungsgerichte bereits geklärt worden sei. Er habe deshalb die Vorlage dieser Entscheidungen außergerichtlich und schließlich auch vor dem Verwaltungsgericht begehrt. Die maßgeblichen Entscheidungen seien ihm jedoch nicht vollständig zugänglich gemacht worden. Ihm sei es deshalb nicht möglich gewesen, zur Frage der Nichtigkeit sämtlicher Satzungen ausreichend Stellung zu nehmen.

IV.

19

Die Beklagte, die Bayerische Staatsregierung und der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

20

1. Die Beklagte ist der Auffassung, die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig. Der Beschwerdeführer habe eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus sei der Rechtsweg nicht erschöpft, weil der Beschwerdeführer keine Anhörungsrüge erhoben habe.

21

Die Verfassungsbeschwerde sei im Übrigen nicht begründet. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn ein Vertrauen darauf, dass eine als nichtig erkannte Regelung aufrechterhalten bleibe und nicht durch eine neue, rückwirkende Satzung ersetzt werde, sei nicht schützenswert. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer sein Grundstück veräußert habe, bedeute nicht, dass dadurch ein für seine Beitragspflicht maßgeblicher Tatbestand abgeschlossen sei und er in der Folge nicht mehr zur Beitragszahlung herangezogen werden dürfe. Er habe vielmehr den für die Entstehung der Beitragspflicht maßgeblichen Vorteil der Möglichkeit der Anschlussnahme entgegengenommen und mit dem Grundstücksverkauf nicht verloren. Dieser Vorteil habe den Wert seines Grundstücks erhöht mit der Folge, dass er für das Grundstück einen höheren Kaufpreis habe erzielen können.

22

2. Die Bayerische Staatsregierung hält Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG für verfassungsgemäß. Die Ersetzung einer als nichtig erkannten durch eine wirksame Beitragssatzung stelle keinen Fall einer echten, sondern allenfalls einer unechten Rückwirkung dar. Es sei kein abgeschlossener Lebenssachverhalt gegeben, in den nachträglich eingegriffen worden sei. Denn die Beitragsentstehung setze das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus. Ohne diese sei eine Berechnung des Beitrags in Ermangelung eines Beitragsmaßstabs nicht möglich.

23

Das Vertrauen des Beschwerdeführers wäre selbst bei Annahme einer echten Rückwirkung nicht schutzwürdig, weil er damit habe rechnen müssen, dass eine vorhandene, aber als nichtig erkannte Satzung durch eine gültige Satzung ersetzt werde, mit der die von Anfang an von der Gemeinde angestrebte Beitragspflicht herbeigeführt werde. Es seien keine Umstände erkennbar, die ein Vertrauen darauf rechtfertigten, dass die Gemeinde es bei einer nichtigen Beitragssatzung belassen und auf eine Beitragserhebung verzichten würde.

24

Eine zeitliche Beschränkung der Rückwirkung auf die Festsetzungsfristen sei aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht geboten. Der bayerische Gesetzgeber habe mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG eine Lösung gewählt, die sowohl die Gemeinden vor Beitragsausfällen aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung bewahre als auch dem Vorteilsgedanken Rechnung trage. Die Gemeinden würden nach Erlass der gültigen Satzung erstmals in die Lage versetzt, Beiträge nach den Maßstäben dieser gültigen Satzung korrekt festzusetzen und die öffentliche Einrichtung auf der Grundlage rechtsstaatlicher Regelungen zu refinanzieren. Bei Abwägung des öffentlichen Interesses mit den privaten Interessen der betroffenen Beitragspflichtigen überwiege das öffentliche Interesse. Ein Grundstückseigentümer müsse damit rechnen, zu einem Beitrag herangezogen zu werden. Sein Vertrauen darauf, dass eine nichtige Satzung nicht durch eine gültige Satzung ersetzt werde, sei nicht schutzwürdig. Verjährungsvorschriften dienten der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Im vorliegenden Fall liege kein Vorgang vor, auf dessen Abschluss der Bürger sich einstellen und auf dessen Ende er vertrauen könne. Da dem Beitragspflichtigen kein schützenswertes Vertrauen zur Seite stehe, komme dem öffentlichen Interesse an der Beitragserhebung das entscheidende Gewicht zu.

25

3. Das Bundesverwaltungsgericht teilt mit, es sei mit der Frage nach dem Lauf der Festsetzungsfrist bei der rückwirkenden "Reparatur" nichtiger Abgabennormen bisher nur am Rande befasst gewesen. Nach seiner gefestigten Rechtsprechung sei es allerdings mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar, kommunale Anschluss- und Erschließungsbeitragssatzungen rückwirkend in Kraft zu setzen, um früher erlassene, auf eine nichtige Vorgängersatzung gestützte Beitragsbescheide zu heilen (Hinweis auf BVerwGE 50, 2 <7 f.>; 67, 129 <130 ff.>; BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 1996 - BVerwG 8 B 13.96 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 36, S. 3 <4>). Werde eine ungültige durch eine gültige Satzung ersetzt, liege darin keine echte Rückwirkung, da eine Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Beitragssatzung entstehen könne und diese Satzung somit nicht in einen bereits abgeschlossenen Tatbestand eingreife (Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1986 - BVerwG 8 B 123.84 -, NVwZ 1986, S. 483 <484>).

26

Die Festsetzungsverjährung sei im Abgabenrecht der Länder geregelt (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1977 - BVerwG IV C 84-92.74 -, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 20, S. 20<25> sowie NJW 1977, S. 1740 <1741>). Die Anknüpfung der Verjährung an die rückwirkende Entstehung der Beitragspflicht stehe mit Bundesrecht in Einklang. Die Frage der bundesrechtlichen Unbedenklichkeit einer Anknüpfung an die Verkündung der neuen Satzung sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter problematisiert worden.

27

Gegen die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG getroffene Regelung bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das rückwirkende Inkrafttreten der neuen Satzung habe zwar zur Folge, dass bereits zu einem zurückliegenden Zeitpunkt (frühestens zum Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens) die Beitragsvoraussetzungen erfüllt sein könnten. Es sei aber kein verfassungsrechtlicher Grundsatz ersichtlich, der dazu zwinge, die Festsetzungsverjährung in Rückwirkungsfällen an das Entstehen der Beitragsforderung anzuknüpfen. Da die Behörde erst mit der Verkündung der neuen Satzung in den Stand versetzt werde, einen rechtlich tragfähigen Beitragsbescheid zu erlassen, beziehungsweise erst mit der Verkündung ein auf die frühere nichtige Satzung gestützter Beitragsbescheid geheilt werde, sprächen Sachgründe für den im Bayerischen Kommunalabgabengesetz gewählten zeitlichen Anknüpfungspunkt der Festsetzungsverjährung. Die Regelung verstoße daher nicht gegen das Willkürverbot.

28

Mit den aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitbaren Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit dürfte die Regelung gleichfalls in Einklang stehen. Das Institut der Festsetzungsverjährung diene dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit (Hinweis auf BFH, Urteil vom 15. Juni 1988 - I R 68/86 -, BFH/NV 1990, S. 128). Die Anknüpfung des Verjährungsbeginns an die Verkündung der neuen Satzung führe zwar dazu, dass ein sehr langer Zeitraum zwischen dem die Beitragsforderung begründenden Sachverhalt und dem Ablauf der Verjährungsfrist liegen könne. Es sei aber zu bedenken, dass die mit der Festsetzungsverjährung verfolgten Ziele in einem Spannungsverhältnis zu dem Belang materieller Gerechtigkeit und dem fiskalischen Interesse an der Durchsetzung des Abgabenanspruchs stünden. Für die Aufgabe, zwischen den Polen in diesem Spannungsverhältnis einen verhältnismäßigen Ausgleich zu schaffen, sei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Gehe man mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass der Beitragspflichtige sich gegenüber dem rückwirkenden Inkraftsetzen einer neuen Beitragssatzung nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, und berücksichtige man zusätzlich die besondere Fehleranfälligkeit kommunaler Beitragssatzungen und das daraus resultierende gesteigerte Interesse an einer effektiven Nutzbarkeit der Heilungsmöglichkeiten, dürfte sich die Verjährungsregelung des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes innerhalb dieses Gestaltungsspielraums halten.

29

4. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass der rückwirkende Erlass einer Satzung, welche die "Reparatur" einer unwirksamen Satzung bezwecke, eine Ausnahme darstelle und im vorliegenden Fall verwaltungspraktische Gründe gehabt habe. Die auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 erlassenen Bescheide wären sonst im Fall eines Eigentümerwechsels bei einem Teil der früheren Eigentümer bestandskräftig geworden und hätten bei nicht bestandskräftigen Bescheiden aufgehoben und gegenüber dem neuen Eigentümer neu erlassen werden müssen. Dadurch wäre es zu Ungleichbehandlungen gekommen. Der rückwirkende Erlass einer Satzung sei in der Praxis auch dann erforderlich, wenn andernfalls die Einbringung von Forderungen, zum Beispiel wegen Insolvenz oder Zwangsversteigerungsverfahren, gefährdet wäre. Eine Rückwirkung erstrecke sich üblicherweise nicht auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Dieser lange Zeitraum ergebe sich im vorliegenden Fall daraus, dass die Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 den in der Vorgängersatzung normierten Rückwirkungszeitpunkt beibehalten habe, was einen atypischen, sozusagen "verdoppelten" Rückwirkungszeitraum zur Folge gehabt habe.

B.

30

Die mit der Verfassungsbeschwerde vorgebrachten Rügen sind nur teilweise zulässig.

I.

31

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht hinreichend begründet wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Der Beschwerdeführer hat insoweit die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht substantiiert dargelegt (vgl. BVerfGE 7, 95 <99>; 60, 313 <318>; 86, 133 <147>).

II.

32

Soweit die Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen die aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes betrifft, ist sie zulässig.

33

Der Beschwerdeführer war - trotz Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG - nicht gehalten, zur Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG eine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO zu erheben. Wird im fachgerichtlichen Rechtsmittelverfahren die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht und bestätigt das Rechtsmittelgericht die angefochtene Entscheidung, so muss die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts - sofern kein eigenständiger neuer Gehörsverstoß durch das Rechtsmittelgericht geltend gemacht wird - nicht mit der Anhörungsrüge angegriffen werden, um dem Erfordernis der Rechtswegerschöpfung des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu genügen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410 f.>).

C.

34

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Die mittelbar angegriffene Regelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) sowie die hierauf beruhenden, unmittelbar angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen verstoßen gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

I.

35

1. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verletzt im vorliegenden Fall nicht die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit rückwirkender Gesetze.

36

Der rechtsstaatliche Vertrauensschutz begrenzt die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die in einen in der Vergangenheit begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt eingreifen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263>; 126, 369 <393>).

37

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG selbst entfaltet dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rückwirkung. Die Vorschrift regelt den Beginn der Verjährungsfrist für die Festsetzung von Beiträgen, die auf Abgabensatzungen gestützt sind, welche eine frühere unwirksame Satzung wirksam heilen. Bei ihrem Inkrafttreten zum 1. Januar 1993 lag eine solche wirksam heilende Satzung im Fall des Beschwerdeführers noch nicht vor und wurde auch später nicht rückwirkend zum oder vor dem 1. Januar 1993 in Kraft gesetzt, so dass die Verjährungsfrist unabhängig von der Neuregelung noch nicht zu laufen begonnen hatte. Solange der Lauf der Verjährungsfrist mangels gültiger Satzung nicht begonnen hat, betrifft die gesetzliche Neuregelung des Beginns der Verjährung mit der Wirkung einer Verjährungsverlängerung jedoch noch nicht einmal einen in der Vergangenheit begonnenen und nicht abgeschlossenen Sachverhalt.

38

Die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung bereits bestehende Vorteilslage begründet für den Beschwerdeführer ebenfalls keinen bereits begonnenen Sachverhalt, in den die Neuregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG im Wege einer Rückwirkung eingegriffen hätte. Denn die Neuregelung beschränkt sich auf das Hinausschieben des Beginns der Verjährung. Eine solche konnte ohne wirksame Satzung aber nicht zu laufen beginnen.

39

2. Sollte der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf die unwirksame Satzung auf den Schein eines Verjährungslaufs vertraut haben, so kann dahinstehen, ob und in welchem Zusammenhang das Vertrauen in den scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verfassungsrechtlichen Schutz verdient. Nach den Feststellungen der Ausgangsgerichte hätte die Festsetzungsfrist selbst bei Wirksamkeit der unwirksamen Satzung frühestens mit Ablauf des Jahres 1992 begonnen. Das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes wurde aber bereits am 31. Dezember 1992 und damit sogar noch vor dem scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verkündet.

II.

40

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verstößt jedoch gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit als wesentlichem Bestandteil des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 30, 392 <403>; 43, 242 <286>; 60, 253 <267>). Er erlaubt, Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen. Der Gesetzgeber hat damit den Ausgleich zwischen der Erwartung der Beitragspflichtigen auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem berechtigten öffentlichen Interesse an einem finanziellen Beitrag für die Erlangung individueller Vorteile aus dem Anschluss an die Entwässerungsanlage verfehlt und in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise einseitig zu Lasten der Beitragsschuldner entschieden.

41

1. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug (vgl. BVerfGE 60, 253 <267 f.>; 63, 343 <357>; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, DStR 2012, S. 2322 <2325>). Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 63, 215 <223>). Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten.

42

2. Für die Auferlegung einer Beitragspflicht zum Vorteilsausgleich in Anknüpfung an zurückliegende Tatbestände ist die Regelung einer Verjährung als abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden können, verfassungsrechtlich geboten. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.

43

a) Ausdruck der Gewährleistung von Rechtssicherheit sind auch Verjährungsregelungen. Sie sollen sicherstellen, dass Einzelne nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr mit Forderungen überzogen werden. Die Verjährung von Geldleistungsansprüchen der öffentlichen Hand soll einen gerechten Ausgleich zwischen dem berechtigten Anliegen der Allgemeinheit an der umfassenden und vollständigen Realisierung dieser Ansprüche auf der einen Seite und dem schutzwürdigen Interesse der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite bewirken, irgendwann nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen zu müssen und entsprechend disponieren zu können. Während das staatliche Interesse an der vollständigen Durchsetzung von Geldleistungspflichten vornehmlich von den Grundsätzen der richtigen Rechtsanwendung und der materiellen Gerechtigkeit (Belastungsgleichheit) sowie von fiskalischen Erwägungen getragen wird, steht dem auf Seiten der Bürger das Prinzip der Rechtssicherheit gegenüber.

44

Dabei ist es den Verjährungsregelungen eigen, dass sie ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greifen. Sie schöpfen ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit vielmehr aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, demzufolge Einzelne auch gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat.

45

b) Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

46

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.

47

3. Der Gesetzgeber hat in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den erforderlichen Ausgleich zwischen Rechtssicherheit auf der einen Seite und Rechtsrichtigkeit und Fiskalinteresse auf der anderen Seite verfehlt. Dadurch, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den Verjährungsbeginn bei der Heilung ungültiger Abgabensatzungen ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festlegt, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden ist, löst der Gesetzgeber den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten des Bürgers. Zwar schließt er damit die Verjährung von Beitragsansprüchen nicht völlig aus. Indem er den Verjährungsbeginn jedoch ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebt, lässt er die berechtigte Erwartung des Bürgers darauf, geraume Zeit nach Entstehen der Vorteilslage nicht mehr mit der Festsetzung des Beitrags rechnen zu müssen, gänzlich unberücksichtigt. Die Verjährung kann so unter Umständen erst Jahrzehnte nach dem Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen.

48

Der Beitragspflicht können die Bürgerinnen und Bürger im Regelfall nicht durch den Einwand der Verwirkung entgehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. August 2011 - BVerwG 3 B 36.11 -, BeckRS 2011, 53777; Beschluss vom 12. Januar 2004 - BVerwG 3 B 101.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 314) und des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urteil vom 8. Oktober 1986 - II R 167/84 -, BFHE 147, 409 <412>) erfordert Verwirkung nicht nur, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Diese Voraussetzung dürfte selbst in den Fällen der Beitragserhebung nach scheinbarem Ablauf der Festsetzungsfrist regelmäßig nicht erfüllt sein.

D.

I.

49

Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG). Hier kommt zunächst jedoch nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht, da dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfGE 130, 240 <260 f.>; stRspr).

50

Es bleibt ihm überlassen, wie er eine bestimmbare zeitliche Obergrenze für die Inanspruchnahme der Beitragsschuldner gewährleistet, die nach Maßgabe der Grundsätze dieses Beschlusses der Rechtssicherheit genügt. So könnte er etwa eine Verjährungshöchstfrist vorsehen, wonach der Beitragsanspruch nach Ablauf einer auf den Eintritt der Vorteilslage bezogenen, für den Beitragsschuldner konkret bestimmbaren Frist verjährt. Er könnte auch das Entstehen der Beitragspflicht an die Verwirklichung der Vorteilslage anknüpfen oder den Satzungsgeber verpflichten, die zur Heilung des Rechtsmangels erlassene wirksame Satzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des vorgesehenen Inkrafttretens der ursprünglichen nichtigen Satzung in Kraft zu setzen, sofern der Lauf der Festsetzungsverjährung damit beginnt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, S. 535 <536 f.>). Er kann dies mit einer Verlängerung der Festsetzungsfrist, Regelungen der Verjährungshemmung oder der Ermächtigung zur Erhebung von Vorauszahlungen auch in Fällen unwirksamer Satzungen verbinden (zur derzeitigen Rechtslage gemäß Art. 5 Abs. 5 BayKAG vgl. BayVGH, Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, BayVBl 1985, S. 211; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 128 ).

II.

51

Der angegriffene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. Die Unvereinbarkeitserklärung führt dazu, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG von Gerichten und Verwaltungsbehörden nicht mehr angewendet werden darf (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>). Laufende Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG entscheidungserheblich ist, bleiben bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens aber bis zum 1. April 2014, ausgesetzt oder sind auszusetzen.

52

Die Aussetzung gibt dem Gesetzgeber Gelegenheit zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung. Verzichtet er auf eine Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsfrist, tritt zum 1. April 2014 Nichtigkeit ein. Dann wäre es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, das Landesrecht entsprechend verfassungskonform auszulegen (vgl. etwa für den Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens heilender Satzungen BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60).

III.

53

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2008 - 2 K 2397/07 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Abwasser- und einem Wasserversorgungsbeitrag.
Die Klägerin ist Eigentümerin des 665 m 2 großen, mit einem Wohnhaus sowie einer freistehenden Garage bebauten Grundstücks Flst.Nr. ..., Gemarkung ... (... ...). Das Grundstück grenzt nach Nordwesten an die Straße ... Die Baugenehmigung für das Wohnhaus und die Garage wurde am 11.6.1991 erteilt. Im Zusammenhang mit der Erstellung des Wohnhauses wurde das Grundstück an die Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungseinrichtungen der Beklagten angeschlossen.
Mit Bescheiden vom 15.11.1991 zog die Beklagte die Klägerin zu einem Wasserversorgungsbeitrag von 3.651,38 DM sowie einem Abwasserbeitrag in Höhe von 4.777,50 DM heran. Die Beklagte veranlagte dabei nur eine 455 m 2 große Teilfläche des Grundstücks. Die in dem den Bescheiden beiliegenden Lageplan näher gekennzeichnete Teilfläche erfasst den vorderen, an die Straße grenzenden Teil des Grundstücks bis zu einer gedachten Linie, die in einem Abstand von 4,5 m parallel zur südöstlichen Außenwand des Wohnhauses verläuft.
Der Gemeinderat der Beklagten beschloss am 23.8.2002 eine auf § 34 Abs. 4 BauGB gestützte Abrundungssatzung ("..."), mit der der im Zusammenhang bebaute Ortsteil ... im Bereich "...-..." abgerundet und ein Teil des Außenbereichs in den im Zusammenhang bebauten Ortsteil einbezogen werden soll. Von der Satzung ist ein 565 m 2 großer Teil des Grundstücks der Klägerin erfasst.
Mit Bescheiden vom 8.5.2006 zog die Beklagte die Klägerin zu einem Wasserversorgungsbeitrag von 717,75 EUR sowie einem Abwasserbeitrag von 570,63 EUR für einen weiteren, 110 m 2 großen Teil ihres Grundstücks heran. Die betreffende Teilfläche schließt sich nach Südosten an die bereits 1991 veranlagte Teilfläche an. Der außerhalb des Geltungsbereichs der Abrundungssatzung gelegene Teil des Grundstücks der Klägerin wird von ihr nicht umfasst.
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 15.5.2006 Widerspruch ein und verwies zur Begründung auf die bereits 1991 erfolgte Veranlagung ihres Grundstücks. Bei der betreffenden Fläche von 110 m 2 handele es sich zudem um eine untergeordnete Grünfläche, die nicht bebaubar sei. Die Abrundungssatzung sei nicht gerechtfertigt. Bei der Aufstellung der Satzung habe die Beklagte versprochen, dass für die bestehenden Gebäude keine zusätzlichen Kosten entstünden.
Das Landratsamt Freudenstadt wies den Widerspruch der Klägerin am 30.6.2007 mit der Begründung zurück, in Fällen, in denen von einem Grundstück zulässigerweise nur eine Teilfläche veranlagt worden sei, könne für die restlichen Teilflächen (erstmalig) ein Beitrag erhoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Teilflächenabgrenzung entfielen. Voraussetzung dafür sei, dass bei der ersten Veranlagung die veranlagten Teilflächen parzellenscharf abgegrenzt worden seien. Das sei hier der Fall. Die Beitragsveranlagungen des Jahres 1991 überschnitten sich nicht mit denen des Jahres 2006, so dass keine Teilfläche doppelt belastet werde. Der Nachveranlagungsanspruch sei erst mit Inkrafttreten der Abrundungssatzung im Jahr 2002 entstanden, weshalb die Frist für die Festsetzung des weiteren Beitrags erst am 31.12.2006 geendet habe. Zweifel an der Gültigkeit der Abrundungssatzung bestünden nicht. Die Einbeziehung von größeren Außenbereichsflächen sei im Rahmen des § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB zulässig. Eine verbindliche Zusicherung, die Eigentümer der in die Abrundungssatzung einbezogenen Grundstücke nicht zu weiteren Beiträgen heranzuziehen, sei nicht erteilt worden. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 5.7.2007 zugestellt.
Die Klägerin hat am 6.8.2007 (einem Montag) beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben mit dem Antrag, die Beitragsbescheide der Beklagten vom 8.5.2006 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Freudenstadt aufzuheben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, die angefochtenen Bescheide seien nicht als Teilleistungsbescheide bezeichnet. Ihr Grundstück sei bereits 1991 bis zu der durch die Abrundungssatzung erfassten Tiefe bebaubar und damit beitragspflichtig gewesen. Der Beitragsanspruch sei daher verjährt. Die Abrundungssatzung sei zudem nichtig. § 34 Abs. 4 BauGB ermächtige nicht zum Erlass einer Satzung, die - wie hier - Außenbereichsflächen in einem Umfang einbeziehe, der den im Zusammenhang bebauten Ortsteil um das Doppelte überschreite.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
10 
Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 14.7.2008 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte sei bei der erstmaligen Veranlagung des Grundstücks der Klägerin zu einem Wasserversorgungs- und einem Abwasserbeitrag nicht berechtigt gewesen, die sich an das Wohnhaus nach Südosten anschließende Teilfläche unberücksichtigt zu lassen. Das Grundstück werde wasser- und abwassertechnisch von der südöstlichen Grundstücksgrenze her erschlossen. Damit stehe fest, dass die bei der Beitragsveranlagung nicht berücksichtigte Teilfläche des Grundstücks der Klägerin bereits im Zeitpunkt der Beitragserhebung tatsächlich an die Wasserversorgung und die Abwasserbeseitigung angeschlossen gewesen sei. Die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung gemäß § 10 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 KAG 1982 seien deshalb nicht entfallen. Die von der Beklagten vorgenommene Nachveranlagung sei somit ohne die erforderliche satzungsrechtliche Grundlage erfolgt. Die angefochtenen Bescheide verletzten auf Grund dessen auch den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung.
11 
Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 23.2.2009 zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend, die erstmalige Veranlagung des Grundstücks der Klägerin im Jahre 1991 stehe der jetzigen Veranlagung nicht entgegen, da seinerzeit nur die veranlagte Fläche von 455 m 2 beitragspflichtig gewesen sei. Die jetzt veranlagte Fläche sei dagegen erst mit dem Inkrafttreten der Abrundungssatzung beitragspflichtig geworden. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Wasserleitung, an die das Grundstück der Klägerin angeschlossen sei, östlich des Grundstücks und nicht in der Straße verlaufe, treffe nicht zu. Das Verwaltungsgericht sei davon abgesehen zu Unrecht der Ansicht, dass Teilflächenabgrenzungen nach § 10 Abs. 3 KAG a.F. bzw. § 31 Abs. 2 KAG n.F. von der jeweiligen konkreten Lage der Ver- bzw. Entsorgungsleitung aus vorzunehmen sei. Einer Teilflächenabgrenzung sei nur diejenige Teilfläche eines Grundstücks zugänglich, die über die notwendige Erschließung verfüge, die regelmäßig von der anfahrbaren Seite aus gegeben sei. Diese Flächen lägen im vorliegenden Fall zwischen der Straße "..." und dem Wohnhaus der Klägerin. Die "hinter" dem Gebäude gelegen Fläche sei dagegen erst mit dem Inkrafttreten der Abrundungssatzung Bauland geworden.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2008 - 2 K 2397/07 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
14 
Die Klägerin beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie erwidert, ihr Grundstück sei bereits 1991 in der gesamte Tiefe bis zur Grenze der Abrundungssatzung bebaubar gewesen. Die nunmehr veranlagten Teilflächen hätten somit schon vorher Baulandqualität gehabt. Die Abrundungssatzung sei rechtswidrig. Zwar gebe die Satzung in dem streitgegenständlichen Bereich zwischen den Grundstücken Flst.Nr. ... und ... nur den schon zuvor gegebenen Verlauf der Grenzen zwischen Innen- und Außenbereich wieder. Die Satzung beziehe jedoch auch Außenbereichsflächen in einem Umfang ein, der das im Zusammenhang bebaute Gebiet um das Doppelte überschreite. Die Beplanung eines so großen Gebiets, das durch die vorhandene bauliche Nutzung nicht geprägt werde, hätte die Aufstellung eines Bebauungsplans erfordert.
17 
Der Senat hat das Grundstück der Klägerin und seine nähere Umgebung im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen. Auf die Niederschrift hierüber wird verwiesen.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die angefochtenen Beitragbescheide sind auch nach Ansicht des Senats rechtswidrig und verletzen die Klägerin daher in ihren Rechten.
20 
1. Die angefochtenen Bescheide stützen sich auf § 34 Abs. 2 Nr. 2 der Wasserversorgungssatzung der Beklagten vom 28.3.2000 bzw. § 31 Abs. 2 Nr. 2 der Abwassersatzung der Beklagten vom 23.6.1998 in der Fassung vom 20.11.2001. In beiden Vorschriften ist jeweils bestimmt, dass Teilflächen, für die noch keine Beitragspflicht entstanden ist, der Beitragspflicht unterliegen, wenn die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach § 10 Abs. 3 S. 2 KAG entfallen. Nach der damit in Bezug genommenen Regelung in § 10 Abs. 3 S. 2 KAG 1996 bleiben in Fällen, in denen es nach der Satzung für die Beitragsbemessung - wie hier - auf die Fläche des Grundstücks ankommt, bestimmte Teilflächen des Grundstücks unberücksichtigt, soweit das die Erhebung von Beiträgen bestimmende Vorteilsprinzip dies gebietet und sofern sie nicht tatsächlich angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt sind. Das gilt insbesondere "außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans oder einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB oder außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile" für diejenigen Teilflächen, "deren grundbuchmäßige Abschreibung nach baurechtlichen Vorschriften ohne Übernahme einer Baulast zulässig wäre" (§ 10 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 KAG 1996; ebenso § 31 Abs. 1 S. 2 KAG in seiner derzeit geltenden Fassung).
21 
Die zitierten Regelungen in den Satzungen der Beklagten haben ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 4 S. 2 2. Alt. KAG in seiner - auf dem Änderungsgesetz vom 12.2.1996 beruhenden - Fassung vom 28.5.1996. Danach können von Grundstückseigentümern, für deren Grundstücke eine Beitragspflicht bereits entstanden ist, (weitere) Beiträge erhoben werden, soweit die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach § 10 Abs. 3 S. 2 KAG entfallen. Nach der Übergangsvorschrift in Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes vom 12.2.1996 findet diese Vorschrift auch auf Grundstücke Anwendung, für welche die Beitragspflicht bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden ist, wenn die Änderung in den Grundstücksverhältnissen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes eingetreten ist.
22 
2. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt danach in erster Linie von der Frage ab, ob im Fall des Grundstücks der Klägerin die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach § 10 Abs. 3 S. 2 KAG 1996 (nachträglich) entfallen sind oder ob diese Voraussetzungen bereits im Zeitpunkt der ersten Veranlagung des Grundstücks durch die Bescheide vom 15.11.1991 nicht gegeben waren. Das Verwaltungsgericht hat die Frage im zuletzt genannten Sinn beantwortet. Dem liegt die Annahme zugrunde, das Grundstück der Klägerin sei in dem genannten Zeitpunkt insgesamt, d.h. unter Einschluss der 1991 nicht veranlagten Teilfläche, tatsächlich angeschlossen und somit mit seiner gesamten Fläche beitragspflichtig gewesen. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.
23 
a) Aus den Bemerkungen auf der Rückseite des den Bescheiden der Beklagten vom 15.11.1991 beiliegenden Lageplans ist zu schließen, dass die Beklagte seinerzeit von einem im Außenbereich gelegenen Grundstück ausgegangen ist. Gegen diese Beurteilung bestehen keine Bedenken. Im Zeitpunkt des Erlasses der genannten Bescheide bestand die das Grundstück der Klägerin umgebende Bebauung aus sechs regellos angeordneten Wohnhäusern nebst verschiedenen Nebengebäuden im Norden sowie zwei weiteren, aneinander gebauten und isoliert stehenden Wohnhäusern mit Garagen im Süden. Das Grundstück der Klägerin war danach seinerzeit nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinn des § 34 BauGB gelegen, da darunter nur ein Bebauungskomplex zu verstehen ist, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Diese Voraussetzungen wurden von der beschriebenen Bebauung nicht erfüllt.
24 
Die Beklagte hat danach zu Recht angenommen, dass das Grundstück der Klägerin erst durch seinen tatsächlichen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung beitragspflichtig geworden ist. Als tatsächlich angeschlossen hat die Beklagte jedoch nur die bebaute Fläche des Grundstücks unter Einschluss der Abstandsflächen sowie der Fläche für die Zufahrt, nicht aber die "hinter dem Wohnhaus" gelegene, gärtnerisch genutzte Fläche angesehen. Das Verwaltungsgericht hat seine davon abweichende Auffassung damit begründet, dass sowohl der Abwasserkanal als auch die Wasserleitung auf der der angrenzenden Straße abgewandten Seite des Grundstücks der Klägerin verliefen, weshalb das Grundstück wasser- und abwassertechnisch von der südöstlichen Grundstücksgrenze her erschlossen werde. Das Verwaltungsgericht hat daraus geschlossen, dass auch die bei der Beitragsveranlagung der Klägerin im Jahre 1991 nicht berücksichtigte Teilfläche tatsächlich an die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung angeschlossen gewesen sei. Dieser Schluss ist verfehlt. Ob bei einem im Außenbereich gelegenen Grundstück, das mit einem an die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung angeschlossenen Wohnhaus bebaut ist, das gesamte Grundstück oder nur ein Teil als im Sinne des § 10 Abs. 3 S. 2 KAG 1996 bzw. § 31 Abs. 1 S. 2 KAG 2005 tatsächlich angeschlossen anzusehen ist, und, falls Letzteres zutrifft, wie diese Teilflächen zu bestimmen sind, hängt nicht von Lage und Verlauf der Ver- oder Entsorgungsleitungen ab, an die das Wohnhaus angeschlossen ist. Was die Wasserleitung betrifft, ist das Verwaltungsgericht zudem von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Entgegen seiner Annahme verläuft diese Leitung nicht an der südöstlichen Seite des Grundstücks der Klägerin, sondern in der sich auf der gegenüber liegenden Seite befindlichen Straße. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
25 
b) Die von der Beklagten ihren Bescheiden vom 15.11.1991 zugrunde gelegte Auffassung, dass die als Hausgarten genutzte Teilfläche eines Außenbereichsgrundstücks nicht in die Beitragsveranlagung einzubeziehen sei, da sie nicht im Sinne des § 10 Abs. 3 S. 2 KAG tatsächlich angeschlossen sei, steht in Übereinstimmung mit dem Beschluss des Senats vom 14.10.1997 - 2 S 1572/97 - (BWGZ 1998, 519), in dem der Senat sich in gleicher Weise geäußert hat. An dieser Auffassung hält der Senat jedoch nach erneuter Überprüfung nicht fest.
26 
Auf die Frage, welche Teile eines im Außenbereich gelegenen Grundstücks, das mit einem an die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung angeschlossenen Wohnhaus bebaut ist, als tatsächlich angeschlossen zu betrachten sind, gibt der Wortlaut des § 10 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 KAG 1996 keine Antwort. In der Vorschrift wird zwar auf die baurechtlichen Vorschriften verwiesen. Dies geschieht jedoch nur im Zusammenhang mit der Frage, ob die zu betrachtenden Teilflächen ohne Übernahme einer Baulast von dem Grundstück (grundbuchmäßig) abgetrennt werden können. Für die davon zu unterscheidende vorrangige Frage, wie die angeschlossenen Flächen von den nicht angeschlossenen abzugrenzen sind, lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift auch im Übrigen nichts Näheres entnehmen.
27 
Mit § 10 Abs. 3 S. 2 KAG 1996 wird an die der Vorschrift voran stehende Regelung in § 10 Abs. 3 S. 1 KAG 1996 angeknüpft, wonach die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen sind, die dem Grundstückseigentümer durch die Möglichkeit des Anschlusses seines Grundstücks an die öffentlichen Einrichtung geboten werden. Die Frage, welche Teile eines im Außenbereich gelegenen Grundstücks, das mit einem an die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung angeschlossenen Wohnhaus bebaut ist, als tatsächlich angeschlossen zu betrachten sind, kann deshalb nur unter Berücksichtigung des das Beitragsrecht bestimmenden Vorteilsprinzips beantwortet werden. Der in der Anschlussmöglichkeit zu sehende Vorteil besteht in der durch diese Möglichkeit bewirkten Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts eines Grundstücks, mit der in der Regel auch eine Erhöhung des Verkehrswerts einhergeht (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 3.5.2007 - 2 S 1842/06 - Juris; Urt. v. 19.10.2006 - 2 S 705/04 - VBlBW 2007, 311). Das rechtfertigt es, den Beitrag in erster Linie nach der Grundstücksfläche zu bemessen, denn je größer das durch die Anlage erschlossene Grundstück ist, desto größer ist auch die durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung bewirkte Erhöhung des Gebrauchswerts des Grundstücks.
28 
Bebauten Grundstücken im Außenbereich wird allerdings durch den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung und/oder Abwasserbeseitigung ein die Beitragserhebung rechtfertigender Vorteil nur hinsichtlich des Teils des Grundstücks vermittelt, der den tatsächlich angeschlossenen Baulichkeiten zuzuordnen ist. Denn während bei Grundstücken im Geltungsbereich eines (qualifizierten) Bebauungsplans sowie bei Grundstücken im Innenbereich grundsätzlich das ganze (Buch-) Grundstück zum Bauland gehört und der mit der Anschlussmöglichkeit verbundene Vorteil sich deshalb auf das gesamte Grundstück bezieht, ist dies bei Grundstücken im Außenbereich nicht der Fall. Grundstücke im Außenbereich dürfen gemäß § 35 BauGB nur ausnahmsweise bebaut werden. Sie gehören deshalb, selbst wenn sie bebaut sind, nicht zum Bauland. Der einem bebauten und an die öffentliche Wasserversorgung und/oder Abwasserbeseitigung angeschlossenen Grundstück im Außenbereich durch den Anschluss erwachsende Vorteil beschränkt sich danach auf den Teil des Grundstücks, der den angeschlossenen Baulichkeiten zuzuordnen ist (Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2009, § 8 Rn. 1033).
29 
Bei einem Grundstück im Außenbereich, das mit einem an die öffentliche Wasserversorgung und/oder Abwasserbeseitigung angeschlossenen Wohnhaus bebaut ist, unterliegen danach außer den überbauten Flächen jedenfalls die für die bauliche Nutzung des Grundstücks erforderlichen Flächen (Abstands- und Zugangsflächen, Flächen für Stellplätze und Garagen) der Beitragspflicht. Als beitragspflichtig sind darüber hinaus aber auch die als Grünflächen angelegten oder in anderer Weise gärtnerisch genutzten Teile des Grundstücks anzusehen, die als der Wohnnutzung akzessorische Flächen ebenfalls der Bebauung zuzuordnen sind. Bei Grundstücken, die die genannten Voraussetzungen erfüllen und die sich - wie das Grundstück der Klägerin - nach Größe und Zuschnitt nicht von Wohngrundstücken in Plangebieten oder im Innenbereich unterscheiden, ist danach grundsätzlich das Grundstück mit seiner gesamten Fläche als angeschlossen zu betrachten. Dieses Ergebnis ist interessengerecht, da auch bei einem im Geltungsbereich eines Bebauungsplans gelegenen Grundstück grundsätzlich das gesamte Grundstück der Beitragspflicht unterliegt, obgleich so gut wie niemals die gesamte Fläche eines Grundstücks baulich genutzt werden darf. Die Rechtfertigung dafür ergibt sich aus der Tatsache, dass das Baurecht fast nie die volle Überbauung eines Grundstücks zulässt, sondern die Zulässigkeit einer Bebauung meist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraussetzt, mithin für die Ausführbarkeit eines Bauvorhabens durchweg mehr an Fläche zur Verfügung stehen muss, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.11.1994 - 8 B 171.94 - NVwZ 1995, 1215; Beschl. v. 20.1.1997 - 8 B 244.96 - Juris). Für eine hiervon abweichende Behandlung der im Außenbereich gelegenen und mit einem an die öffentliche Wasserversorgung und/oder Abwasserbeseitigung angeschlossenen Wohnhaus bebauten Grundstücke, die sich nach Größe und Zuschnitt nicht von Grundstücken in einem Plangebiet unterscheiden, fehlt ein überzeugender Grund.
30 
3. Das Verwaltungsgericht hat danach im Ergebnis zu Recht angenommen, dass im Fall des Grundstücks der Klägerin die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach § 10 Abs. 3 S. 2 KAG 1996 nicht nachträglich entfallen sind. Das Verwaltungsgericht hat hieraus im Ergebnis ebenfalls zutreffend auf die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide geschlossen. Der dafür gegebenen Begründung kann jedoch nicht gefolgt werden. Weder trifft es zu, dass die angefochtenen Bescheide aus dem genannten Grund ohne die erforderliche satzungsrechtliche Grundlage ergangen sind, noch ist es richtig, dass die Bescheide deshalb den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung verletzen.
31 
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa Urt. v. 15.7.2004 - 2 S 975/02 - NVwZ-RR 2005, 135 mit zahlreichen weiteren Nachweisen) entsteht die sachliche Beitragspflicht für dieselbe öffentliche Einrichtung zu Lasten eines Grundstücks nur einmal. Ein Grundstück darf somit für dieselbe öffentliche Einrichtung grundsätzlich nur einmal zu einem Beitrag herangezogen werden. Ist ein Grundstück durch einen wirksamen Bescheid zu einem Beitrag veranlagt worden, so lässt das aus dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung folgende Verbot der Doppelbelastung nur dann Raum für eine erneute Beitragserhebung, wenn der betreffende Bescheid bestandskräftig, in sofort vollziehbarer Weise oder durch ein rechtskräftiges Urteil aufgehoben worden ist oder wenn sich die Gemeinde eine Nachveranlagung durch eine zulässige satzungsrechtliche Regelung vorbehalten hat, auf Grund deren sich die erneute Veranlagung des Grundstücks rechtfertigen lässt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.7.2004, aaO). Das gilt jedoch nur in den Fällen, in denen für ein bestimmtes Grundstück nach dem anzuwendenden Beitragsmaßstab die Gesamtfläche dem Beitragsbescheid zugrunde gelegt worden ist. Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung steht einer erneuten Beitragserhebung dagegen nicht entgegen, wenn Gegenstand der früheren Veranlagung nur eine (parzellenscharf abgegrenzte) Teilfläche des betreffenden Grundstücks war und diese bereits früher veranlagte Teilfläche nicht Gegenstand einer weiteren Veranlagung ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.7.1996 - 2 S 573/96 - Juris; Urt. v. 19.3.1992 - 2 S 1355/90 -; Urt. v. 5.6.1989 - 2 S 2202/87 - aaO; Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2009, § 8 Rn. 691a). Bei der späteren Veranlagung der zunächst nicht berücksichtigten Fläche handelt es sich nicht um eine Nachveranlagung im eigentlichen Sinn, sondern um eine Erstveranlagung (Birk, aaO, § 8 Rn. 697g; Faiß, Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, Stand August 2007, § 31 Rn. 10). Einer entsprechenden Regelung in der Satzung bedarf es deshalb hierzu nicht (Birk, aaO, Rn. 697g). Die Heranziehung des Eigentümers zu einem (weiteren) Beitrag für die bisher nicht veranlagte Fläche seines Grundstücks kann vielmehr unmittelbar auf die zur Erhebung eines Beitrags ermächtigenden Bestimmungen in den jeweiligen Satzungen gestützt werden.
32 
b) Der Umstand, dass die Voraussetzungen für eine bloße Teilveranlagung des Grundstücks der Klägerin bereits beim Erlass der Bescheide vom 15.11.1991 nicht vorlagen, führt daher für sich allein nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide. Diese sind vielmehr deshalb rechtswidrig, weil mit ihnen ein Beitragsanspruch geltend gemacht wird, der bereits mit dem Anschluss des Grundstücks der Klägerin an die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung entstanden ist, und der deshalb, soweit er sich auf die erst jetzt veranlagte Teilfläche des Grundstücks bezieht, seit langem verjährt ist. Eine Beitragserhebung ist damit nicht mehr zulässig (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KAG in Verbindung mit den §§ 169, 170 AO).
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
35 
Beschluss
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.288,38 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die angefochtenen Beitragbescheide sind auch nach Ansicht des Senats rechtswidrig und verletzen die Klägerin daher in ihren Rechten.
20 
1. Die angefochtenen Bescheide stützen sich auf § 34 Abs. 2 Nr. 2 der Wasserversorgungssatzung der Beklagten vom 28.3.2000 bzw. § 31 Abs. 2 Nr. 2 der Abwassersatzung der Beklagten vom 23.6.1998 in der Fassung vom 20.11.2001. In beiden Vorschriften ist jeweils bestimmt, dass Teilflächen, für die noch keine Beitragspflicht entstanden ist, der Beitragspflicht unterliegen, wenn die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach § 10 Abs. 3 S. 2 KAG entfallen. Nach der damit in Bezug genommenen Regelung in § 10 Abs. 3 S. 2 KAG 1996 bleiben in Fällen, in denen es nach der Satzung für die Beitragsbemessung - wie hier - auf die Fläche des Grundstücks ankommt, bestimmte Teilflächen des Grundstücks unberücksichtigt, soweit das die Erhebung von Beiträgen bestimmende Vorteilsprinzip dies gebietet und sofern sie nicht tatsächlich angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt sind. Das gilt insbesondere "außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans oder einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB oder außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile" für diejenigen Teilflächen, "deren grundbuchmäßige Abschreibung nach baurechtlichen Vorschriften ohne Übernahme einer Baulast zulässig wäre" (§ 10 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 KAG 1996; ebenso § 31 Abs. 1 S. 2 KAG in seiner derzeit geltenden Fassung).
21 
Die zitierten Regelungen in den Satzungen der Beklagten haben ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 4 S. 2 2. Alt. KAG in seiner - auf dem Änderungsgesetz vom 12.2.1996 beruhenden - Fassung vom 28.5.1996. Danach können von Grundstückseigentümern, für deren Grundstücke eine Beitragspflicht bereits entstanden ist, (weitere) Beiträge erhoben werden, soweit die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach § 10 Abs. 3 S. 2 KAG entfallen. Nach der Übergangsvorschrift in Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes vom 12.2.1996 findet diese Vorschrift auch auf Grundstücke Anwendung, für welche die Beitragspflicht bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden ist, wenn die Änderung in den Grundstücksverhältnissen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes eingetreten ist.
22 
2. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt danach in erster Linie von der Frage ab, ob im Fall des Grundstücks der Klägerin die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach § 10 Abs. 3 S. 2 KAG 1996 (nachträglich) entfallen sind oder ob diese Voraussetzungen bereits im Zeitpunkt der ersten Veranlagung des Grundstücks durch die Bescheide vom 15.11.1991 nicht gegeben waren. Das Verwaltungsgericht hat die Frage im zuletzt genannten Sinn beantwortet. Dem liegt die Annahme zugrunde, das Grundstück der Klägerin sei in dem genannten Zeitpunkt insgesamt, d.h. unter Einschluss der 1991 nicht veranlagten Teilfläche, tatsächlich angeschlossen und somit mit seiner gesamten Fläche beitragspflichtig gewesen. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.
23 
a) Aus den Bemerkungen auf der Rückseite des den Bescheiden der Beklagten vom 15.11.1991 beiliegenden Lageplans ist zu schließen, dass die Beklagte seinerzeit von einem im Außenbereich gelegenen Grundstück ausgegangen ist. Gegen diese Beurteilung bestehen keine Bedenken. Im Zeitpunkt des Erlasses der genannten Bescheide bestand die das Grundstück der Klägerin umgebende Bebauung aus sechs regellos angeordneten Wohnhäusern nebst verschiedenen Nebengebäuden im Norden sowie zwei weiteren, aneinander gebauten und isoliert stehenden Wohnhäusern mit Garagen im Süden. Das Grundstück der Klägerin war danach seinerzeit nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinn des § 34 BauGB gelegen, da darunter nur ein Bebauungskomplex zu verstehen ist, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Diese Voraussetzungen wurden von der beschriebenen Bebauung nicht erfüllt.
24 
Die Beklagte hat danach zu Recht angenommen, dass das Grundstück der Klägerin erst durch seinen tatsächlichen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung beitragspflichtig geworden ist. Als tatsächlich angeschlossen hat die Beklagte jedoch nur die bebaute Fläche des Grundstücks unter Einschluss der Abstandsflächen sowie der Fläche für die Zufahrt, nicht aber die "hinter dem Wohnhaus" gelegene, gärtnerisch genutzte Fläche angesehen. Das Verwaltungsgericht hat seine davon abweichende Auffassung damit begründet, dass sowohl der Abwasserkanal als auch die Wasserleitung auf der der angrenzenden Straße abgewandten Seite des Grundstücks der Klägerin verliefen, weshalb das Grundstück wasser- und abwassertechnisch von der südöstlichen Grundstücksgrenze her erschlossen werde. Das Verwaltungsgericht hat daraus geschlossen, dass auch die bei der Beitragsveranlagung der Klägerin im Jahre 1991 nicht berücksichtigte Teilfläche tatsächlich an die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung angeschlossen gewesen sei. Dieser Schluss ist verfehlt. Ob bei einem im Außenbereich gelegenen Grundstück, das mit einem an die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung angeschlossenen Wohnhaus bebaut ist, das gesamte Grundstück oder nur ein Teil als im Sinne des § 10 Abs. 3 S. 2 KAG 1996 bzw. § 31 Abs. 1 S. 2 KAG 2005 tatsächlich angeschlossen anzusehen ist, und, falls Letzteres zutrifft, wie diese Teilflächen zu bestimmen sind, hängt nicht von Lage und Verlauf der Ver- oder Entsorgungsleitungen ab, an die das Wohnhaus angeschlossen ist. Was die Wasserleitung betrifft, ist das Verwaltungsgericht zudem von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Entgegen seiner Annahme verläuft diese Leitung nicht an der südöstlichen Seite des Grundstücks der Klägerin, sondern in der sich auf der gegenüber liegenden Seite befindlichen Straße. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
25 
b) Die von der Beklagten ihren Bescheiden vom 15.11.1991 zugrunde gelegte Auffassung, dass die als Hausgarten genutzte Teilfläche eines Außenbereichsgrundstücks nicht in die Beitragsveranlagung einzubeziehen sei, da sie nicht im Sinne des § 10 Abs. 3 S. 2 KAG tatsächlich angeschlossen sei, steht in Übereinstimmung mit dem Beschluss des Senats vom 14.10.1997 - 2 S 1572/97 - (BWGZ 1998, 519), in dem der Senat sich in gleicher Weise geäußert hat. An dieser Auffassung hält der Senat jedoch nach erneuter Überprüfung nicht fest.
26 
Auf die Frage, welche Teile eines im Außenbereich gelegenen Grundstücks, das mit einem an die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung angeschlossenen Wohnhaus bebaut ist, als tatsächlich angeschlossen zu betrachten sind, gibt der Wortlaut des § 10 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 KAG 1996 keine Antwort. In der Vorschrift wird zwar auf die baurechtlichen Vorschriften verwiesen. Dies geschieht jedoch nur im Zusammenhang mit der Frage, ob die zu betrachtenden Teilflächen ohne Übernahme einer Baulast von dem Grundstück (grundbuchmäßig) abgetrennt werden können. Für die davon zu unterscheidende vorrangige Frage, wie die angeschlossenen Flächen von den nicht angeschlossenen abzugrenzen sind, lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift auch im Übrigen nichts Näheres entnehmen.
27 
Mit § 10 Abs. 3 S. 2 KAG 1996 wird an die der Vorschrift voran stehende Regelung in § 10 Abs. 3 S. 1 KAG 1996 angeknüpft, wonach die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen sind, die dem Grundstückseigentümer durch die Möglichkeit des Anschlusses seines Grundstücks an die öffentlichen Einrichtung geboten werden. Die Frage, welche Teile eines im Außenbereich gelegenen Grundstücks, das mit einem an die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung angeschlossenen Wohnhaus bebaut ist, als tatsächlich angeschlossen zu betrachten sind, kann deshalb nur unter Berücksichtigung des das Beitragsrecht bestimmenden Vorteilsprinzips beantwortet werden. Der in der Anschlussmöglichkeit zu sehende Vorteil besteht in der durch diese Möglichkeit bewirkten Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts eines Grundstücks, mit der in der Regel auch eine Erhöhung des Verkehrswerts einhergeht (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 3.5.2007 - 2 S 1842/06 - Juris; Urt. v. 19.10.2006 - 2 S 705/04 - VBlBW 2007, 311). Das rechtfertigt es, den Beitrag in erster Linie nach der Grundstücksfläche zu bemessen, denn je größer das durch die Anlage erschlossene Grundstück ist, desto größer ist auch die durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung bewirkte Erhöhung des Gebrauchswerts des Grundstücks.
28 
Bebauten Grundstücken im Außenbereich wird allerdings durch den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung und/oder Abwasserbeseitigung ein die Beitragserhebung rechtfertigender Vorteil nur hinsichtlich des Teils des Grundstücks vermittelt, der den tatsächlich angeschlossenen Baulichkeiten zuzuordnen ist. Denn während bei Grundstücken im Geltungsbereich eines (qualifizierten) Bebauungsplans sowie bei Grundstücken im Innenbereich grundsätzlich das ganze (Buch-) Grundstück zum Bauland gehört und der mit der Anschlussmöglichkeit verbundene Vorteil sich deshalb auf das gesamte Grundstück bezieht, ist dies bei Grundstücken im Außenbereich nicht der Fall. Grundstücke im Außenbereich dürfen gemäß § 35 BauGB nur ausnahmsweise bebaut werden. Sie gehören deshalb, selbst wenn sie bebaut sind, nicht zum Bauland. Der einem bebauten und an die öffentliche Wasserversorgung und/oder Abwasserbeseitigung angeschlossenen Grundstück im Außenbereich durch den Anschluss erwachsende Vorteil beschränkt sich danach auf den Teil des Grundstücks, der den angeschlossenen Baulichkeiten zuzuordnen ist (Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2009, § 8 Rn. 1033).
29 
Bei einem Grundstück im Außenbereich, das mit einem an die öffentliche Wasserversorgung und/oder Abwasserbeseitigung angeschlossenen Wohnhaus bebaut ist, unterliegen danach außer den überbauten Flächen jedenfalls die für die bauliche Nutzung des Grundstücks erforderlichen Flächen (Abstands- und Zugangsflächen, Flächen für Stellplätze und Garagen) der Beitragspflicht. Als beitragspflichtig sind darüber hinaus aber auch die als Grünflächen angelegten oder in anderer Weise gärtnerisch genutzten Teile des Grundstücks anzusehen, die als der Wohnnutzung akzessorische Flächen ebenfalls der Bebauung zuzuordnen sind. Bei Grundstücken, die die genannten Voraussetzungen erfüllen und die sich - wie das Grundstück der Klägerin - nach Größe und Zuschnitt nicht von Wohngrundstücken in Plangebieten oder im Innenbereich unterscheiden, ist danach grundsätzlich das Grundstück mit seiner gesamten Fläche als angeschlossen zu betrachten. Dieses Ergebnis ist interessengerecht, da auch bei einem im Geltungsbereich eines Bebauungsplans gelegenen Grundstück grundsätzlich das gesamte Grundstück der Beitragspflicht unterliegt, obgleich so gut wie niemals die gesamte Fläche eines Grundstücks baulich genutzt werden darf. Die Rechtfertigung dafür ergibt sich aus der Tatsache, dass das Baurecht fast nie die volle Überbauung eines Grundstücks zulässt, sondern die Zulässigkeit einer Bebauung meist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraussetzt, mithin für die Ausführbarkeit eines Bauvorhabens durchweg mehr an Fläche zur Verfügung stehen muss, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.11.1994 - 8 B 171.94 - NVwZ 1995, 1215; Beschl. v. 20.1.1997 - 8 B 244.96 - Juris). Für eine hiervon abweichende Behandlung der im Außenbereich gelegenen und mit einem an die öffentliche Wasserversorgung und/oder Abwasserbeseitigung angeschlossenen Wohnhaus bebauten Grundstücke, die sich nach Größe und Zuschnitt nicht von Grundstücken in einem Plangebiet unterscheiden, fehlt ein überzeugender Grund.
30 
3. Das Verwaltungsgericht hat danach im Ergebnis zu Recht angenommen, dass im Fall des Grundstücks der Klägerin die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach § 10 Abs. 3 S. 2 KAG 1996 nicht nachträglich entfallen sind. Das Verwaltungsgericht hat hieraus im Ergebnis ebenfalls zutreffend auf die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide geschlossen. Der dafür gegebenen Begründung kann jedoch nicht gefolgt werden. Weder trifft es zu, dass die angefochtenen Bescheide aus dem genannten Grund ohne die erforderliche satzungsrechtliche Grundlage ergangen sind, noch ist es richtig, dass die Bescheide deshalb den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung verletzen.
31 
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa Urt. v. 15.7.2004 - 2 S 975/02 - NVwZ-RR 2005, 135 mit zahlreichen weiteren Nachweisen) entsteht die sachliche Beitragspflicht für dieselbe öffentliche Einrichtung zu Lasten eines Grundstücks nur einmal. Ein Grundstück darf somit für dieselbe öffentliche Einrichtung grundsätzlich nur einmal zu einem Beitrag herangezogen werden. Ist ein Grundstück durch einen wirksamen Bescheid zu einem Beitrag veranlagt worden, so lässt das aus dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung folgende Verbot der Doppelbelastung nur dann Raum für eine erneute Beitragserhebung, wenn der betreffende Bescheid bestandskräftig, in sofort vollziehbarer Weise oder durch ein rechtskräftiges Urteil aufgehoben worden ist oder wenn sich die Gemeinde eine Nachveranlagung durch eine zulässige satzungsrechtliche Regelung vorbehalten hat, auf Grund deren sich die erneute Veranlagung des Grundstücks rechtfertigen lässt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.7.2004, aaO). Das gilt jedoch nur in den Fällen, in denen für ein bestimmtes Grundstück nach dem anzuwendenden Beitragsmaßstab die Gesamtfläche dem Beitragsbescheid zugrunde gelegt worden ist. Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung steht einer erneuten Beitragserhebung dagegen nicht entgegen, wenn Gegenstand der früheren Veranlagung nur eine (parzellenscharf abgegrenzte) Teilfläche des betreffenden Grundstücks war und diese bereits früher veranlagte Teilfläche nicht Gegenstand einer weiteren Veranlagung ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.7.1996 - 2 S 573/96 - Juris; Urt. v. 19.3.1992 - 2 S 1355/90 -; Urt. v. 5.6.1989 - 2 S 2202/87 - aaO; Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2009, § 8 Rn. 691a). Bei der späteren Veranlagung der zunächst nicht berücksichtigten Fläche handelt es sich nicht um eine Nachveranlagung im eigentlichen Sinn, sondern um eine Erstveranlagung (Birk, aaO, § 8 Rn. 697g; Faiß, Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, Stand August 2007, § 31 Rn. 10). Einer entsprechenden Regelung in der Satzung bedarf es deshalb hierzu nicht (Birk, aaO, Rn. 697g). Die Heranziehung des Eigentümers zu einem (weiteren) Beitrag für die bisher nicht veranlagte Fläche seines Grundstücks kann vielmehr unmittelbar auf die zur Erhebung eines Beitrags ermächtigenden Bestimmungen in den jeweiligen Satzungen gestützt werden.
32 
b) Der Umstand, dass die Voraussetzungen für eine bloße Teilveranlagung des Grundstücks der Klägerin bereits beim Erlass der Bescheide vom 15.11.1991 nicht vorlagen, führt daher für sich allein nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide. Diese sind vielmehr deshalb rechtswidrig, weil mit ihnen ein Beitragsanspruch geltend gemacht wird, der bereits mit dem Anschluss des Grundstücks der Klägerin an die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung entstanden ist, und der deshalb, soweit er sich auf die erst jetzt veranlagte Teilfläche des Grundstücks bezieht, seit langem verjährt ist. Eine Beitragserhebung ist damit nicht mehr zulässig (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KAG in Verbindung mit den §§ 169, 170 AO).
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
35 
Beschluss
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.288,38 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 27. Oktober 2008 - 3 B 1161/08 - zu Ziffer 1. wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.139,29 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Umfangs der Heranziehung der Antragstellerin zu Gebühren für den Bezug von Trinkwasser im Monat Januar 2008 für die Verbrauchsstelle der Antragstellerin unter der Anschrift .... .

2

Mit streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 04. März 2008 setzte der Antragsgegner in Abweichung zu seinem vorherigen Bescheid vom 07. Februar 2008 für den Abrechnungszeitraum 01. bis 31. Januar 2008 Wassergebühren in Höhe von 61.986,33 Euro fest. Der Bescheid vom 07. Februar 2008 hatte zuvor für denselben Zeitraum und dieselbe Verbrauchsmenge eine Gebühr von 49.429,16 Euro vorgesehen.

3

Dem Änderungsbescheid vom 04. März 2008 lag eine zwischenzeitliche Veränderung des maßgeblichen Satzungsrechts des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen (ZWAR) betreffend die Refinanzierung der Kosten für die Herstellung der zentralen Anlage der Trinkwasserversorgung zugrunde: Ursprünglich sah die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 in ihrem § 1 Abs. 2 Buchst. a) die Erhebung von Anschlussbeiträgen vor. Auf entsprechende Anfrage des Senats hat der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren mitgeteilt, dass auf dieser rechtlichen Grundlage Trinkwasseranschlussbeiträge im Umfang von rund 5 bis 6 Mio. Euro erhoben worden seien, was ca. 6 bis 8 % des gesamten zu erhebenden Beitragsvolumens entspreche. In annähernd allen offenen Fällen wäre - so der Antragsgegner - bei unterstellter Wirksamkeit der Wasserversorgungsbeitragssatzung mit Ablauf des 31. Dezember 2008 Festsetzungsverjährung eingetreten.

4

Am 28. August 2008 hat die Verbandsversammlung des ZWAR die Satzung des ZWAR zur Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung (Aufhebungssatzung) beschlossen, die am 03. September 2008 ausgefertigt wurde. Die Aufhebungssatzung enthält zwei Bestimmungen:

5

§ 1
Aufhebung

6

Die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002, in der Fassung der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004, wird ersatzlos aufgehoben.

7

§ 2
Inkrafttreten

8

Diese Satzung tritt rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft.

9

In der Beschlussvorlage zur Aufhebungssatzung heißt es u.a.: "Vorgelegt wird ein förmlicher Satzungsbeschluss zur Aufhebung der Satzung rückwirkend zum 1. Januar 2008".

10

Dem Erlass der Aufhebungssatzung vorausgegangen war ein - von der Kommunalaufsicht wegen seiner Form als ungeeignet zur Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung bewerteter - einfacher Beschluss der Verbandsversammlung vom 27. Februar 2008 über die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung. In der Beschlussvorlage dazu hieß es im Wesentlichen, § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V eröffne als "Soll-Regelung" bei Vorliegen einer atypischen Situation die Möglichkeit, auf eine Beitragserhebung zu verzichten und eine reine Gebührenfinanzierung zu installieren. Eine solche atypische Situation werde im Verbandsgebiet gesehen. Insbesondere die unterschiedliche saisonale Auslastung der Wasserversorgungsanlagen und die Heranziehung der überwiegend großen Grundstücke im ländlichen Raum der Insel Rügen zu Beiträgen ließen ein reines Gebührenmodell opportun erscheinen. Durch das Innenministerium sei mit Schreiben vom 24. Januar 2008 bestätigt worden, dass bei Einführung des sogenannten Gebührenmodells keinerlei rechtsaufsichtliche Beanstandungen erfolgen würden.

11

Unter dem 27. Januar 2008 hatte die Verbandsversammlung die Satzung des ZWAR über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung - Wasserversorgungsgebührensatzung (nachfolgend: WVGS) beschlossen, ausgefertigt am 20. März 2008. Auch diese Satzung trat rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft. In § 1 Abs. 1 Buchst. a) WVGS heißt es, der ZWAR erhebe nach Maßgabe der Wasserversorgungsgebührensatzung Gebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Wasserversorgung zur Deckung der Kosten gemäß § 6 Abs. 2 KAG M-V sowie zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen. Die Zusatzgebühr (auch Mengen- oder Verbrauchsgebühr) beträgt gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 WVGS 1,77 Euro/cbm. Demgegenüber regelte die Vorläuferbestimmung des § 3 Abs. 2 Satz 1 WVGS 2005 vom 03. November 2005 insoweit einen Gebührensatz von 1,41 Euro/cbm.

12

Den am 28. März 2008 beim Antragsgegner eingegangenen Widerspruch der Antragstellerin gegen den Änderungsbescheid, der u. a. darauf verwies, dass der erhöhte Gebührensatz bei ihr - als Vielfaches der "Anschlussgebühren" - zu jährlichen Mehrkosten in der Größenordnung von 72.000,00 Euro führe, hat dieser mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2008 - zugestellt am 19. Juli 2008 - zurückgewiesen und dabei erklärt, eine weitere Vollziehungsaussetzung werde nicht erfolgen.

13

Dem darauf beschränkten Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der - am 01. August 2008 erhobenen - Klage (Az. 3 A 1156/08 VG Greifswald) gegen den Änderungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides insoweit anzuordnen, als die Festsetzung den Betrag von 49.429,16 Euro übersteigt, hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 27. Oktober 2008 zu Ziffer 1. stattgegeben.

II.

14

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den ihm am 03. November 2008 zugestellten Beschluss, die mit dem am 07. November 2008 eingegangenen Schriftsatz fristgemäß (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegt und ebenso fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) begründet worden ist, hat im Ergebnis keinen Erfolg.

15

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.

16

In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht - dem Darlegungserfordernis genügend - geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden. Die Beschwerde bleibt erfolglos, wenn sich die erstinstanzliche Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist und - soweit die entsprechenden Umstände bzw. rechtlichen Überlegungen bislang nicht Gegenstand des Rechtsstreits waren - den Beteiligten hierzu zuvor rechtliches Gehör gewährt worden ist.

17

1. Dem Verwaltungsgericht ist im Ergebnis darin zuzustimmen, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides bestehen, weil es dem Bescheid an einer gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderlichen wirksamen Rechtsgrundlage jedenfalls insoweit fehlt, als der vorliegend allein streitgegenständliche "Erhöhungsbetrag" von 12.500,00 Euro in Rede steht; insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen.

18

Mangels wirksamer Regelung zum Abgabensatz gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V ist die Satzung des ZWAR über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung - Wasserversorgungsgebührensatzung - vom 20. März 2008 (WVGS) unwirksam. Die Bestimmung gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 WVGS, wonach die Zusatzgebühr 1,77 Euro beträgt, beruht auf einer methodisch fehlerhaften Kalkulation.

19

Nach Maßgabe der Beschlussvorlage betreffend die Trinkwassergebührenkalkulation 2008 vom 22. Februar 2008 ist "in dieser Kalkulation ... die Nichterhebung von Trinkwasserbeiträgen eingeflossen". Dies kann nur so verstanden werden, dass insbesondere die gemäß der erstinstanzlich vom Antragsgegner übermittelten Übersicht vom 08. September 2008 bis einschließlich 2007 bereits in einem Umfang von ca. 6,5 Mio. Euro erhobenen Trinkwasserbeiträge bei der Kalkulation der Zusatzgebühr, mit der auch der Aufwand für die Herstellung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen ersetzt werden soll, außer Betracht geblieben sind. Dies zeigen die unter den laufenden Nummern 4 und 5 der tabellarischen Übersicht "Gebührenkalkulation Trinkwasser 2008" ausgewiesenen Beträge für "Fördermittel/Zuschüsse/Beiträge per 31.12.2008" und "Fördermittel/Zuschüsse/Beiträge", die deutlich niedriger als die entsprechenden Beträge in der "Zusammenstellung Gebührenkalkulation Trinkwasser 2005 - 2007" unter der dortigen laufenden Nr. 4 sind. Außerdem hat der ZWAR ausweislich des Berichts der B... über die Prüfung des Lageberichts und des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 bereits eine Rückstellung für die Rückzahlung der vereinnahmten Trinkwasserbeiträge innerhalb der sonstigen Rückstellungen in Höhe von 6.543.000,00 Euro ausgewiesen. Diese Rückzahlung hat er laut Presseberichten öffentlichkeitswirksam für das Jahr 2009 angekündigt; sie ist allerdings laut Antwort auf eine entsprechende Anfrage des Senats noch nicht ins Werk gesetzt worden. Der Antragsgegner hat zwischenzeitlich ausdrücklich noch einmal bestätigt, dass die Trinkwassergebührenkalkulation dem vollzogenen Systemwechsel gemäß so angelegt sei, als habe es gleichsam nie Trinkwasserbeiträge gegeben; mithin sei insbesondere keinerlei aufwandsmindernde Berücksichtigung vereinnahmter Beiträge erfolgt, da diese ja vollständig an die Berechtigten ausgekehrt werden würden. Diese Nichtberücksichtigung der bis einschließlich 2007 vereinnahmten Trinkwasserbeiträge im Rahmen der Gebührenkalkulation 2008 erweist sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragsgegners mit Schriftsätzen vom 19. und 20. Mai 2009 als methodisch fehlerhaft, da auf der Grundlage des derzeitigen Standes des Satzungsrechts rechtlich nicht haltbar.

20

Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern muss dem normsetzenden Organ, hier der Verbandsversammlung, - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtsetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge, weil das Rechtsetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Abgabensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei hat ausüben können (st. Rspr. des OVG Greifswald, vgl. z.B. Urt. v. 02.06.2004 - 4 K 38/02 -, DVBl. 2005, 64 = juris; Urt. v. 15.11.2000 - 4 K 8/99 -, VwRR MO 2001, 175 = ZKF 2001, 160 = KStZ 2001, 174 = LKV 2001, 516 = DÖV 2001, 610 = DVBl. 2001, 1376 = FiWi 2002, 251 = Überblick 2001, 249; Urt. v. 25.02.1998 - 4 K 8/97 -, 1998 NordÖR 1998, 256 = VwRR MO 1998, 227 = KStZ 2000, 12 = NJ 1998, 609 = NVwZ-RR 1999, 144 = ZKF 1999, 111 = GemH 1999, 234 = Überblick 1998, 518; Urt. v. 15.03.1995 - 4 K 22/94 -, RAnB 1995, 229 = FiWi 1995, 259 = KStZ 1996, 114 = NJ 1995, 448 = MDR 1995, 972 = ZKF 1995, 230 = DVBl. 1995, 1146 = Überblick 1995, 324; ebenso VGH Mannheim, Beschl. v. 29. Oktober 2003 - 2 S 1019/02 -, NVwZ-RR 2004, 286, 289, Urt. v. 04.12.2003 - 2 S 2669/02 -, NVwZ-RR 2004, 293 ff.).

21

Die Ungültigkeit einer Abgabensatzung ist dann anzunehmen, wenn erstens in erheblichem Umfang nicht beitrags- oder gebührenfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird, oder zweitens, wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot beachtet ist oder nicht (OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 - 4 K 38/02 -, DVBl. 2005, 64 = juris; Urt. v. 7.11.1996 - 4 K 11/96 -, RAnB 1997, 179 = VwRR MO 1997, 13 = FiWi 1999, 234 = NJ 1997, 280 = ZKF 1997, 157 = DVBl. 1997, 1072 = LKV 1997, 422 = Überblick 1997, 298). Die Ungültigkeit eines Abgabensatzes tritt als zwingende Folge immer dann ein, wenn die unterbreitete Kalkulation in einem für die Abgabenhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft ist, weil das Vertretungsorgan ansonsten ein Ermessen nicht fehlerfrei ausüben kann (OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 - 4 K 38/02 -, DVBl. 2005, 64 = juris; Urt. v. 25.02.1998 - 4 K 8/97 -, NordÖR 1998, 256 = VwRR MO 1998, 227 = KStZ 2000, 12 = NJ 1998, 609 = NVwZ-RR 1999, 144 = ZKF 1999, 111 = GemH 1999, 234 = Überblick 1998, 518).

22

Die Nichtberücksichtigung der bis einschließlich 2007 vereinnahmten Trinkwasserbeiträge im Rahmen der Gebührenkalkulation 2008 war und ist jedenfalls auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats rechtlich nicht zulässig und infolgedessen methodisch fehlerhaft:

23

Die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 sah in ihrem § 1 Abs. 2 Buchst. a) die Erhebung von Anschlussbeiträgen vor. Aufgrund von entsprechenden Trinkwasserbeitragsbescheiden sind Beiträge im genannten Umfang erhoben worden.

24

Die Aufhebungssatzung des ZWAR vom 03. September 2008 hat die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 zwar gemäß ihrem § 1 ersatzlos aufgehoben. Nach diesem Wortlaut ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Aufhebung ex tunc, also von Anfang an, erfolgen sollte. Insbesondere folgt dies entgegen dem Vorbringen des Antragsgegners nicht aus der Verwendung des Begriffs "ersatzlos". Eine "ersatzlose" Aufhebung kann auch mit Wirkung für die Zukunft erfolgen, ist also nicht gleichbedeutend mit einer rückwirkenden Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 auf den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens. Da die rückwirkende Aufhebung einer Beitragssatzung in diesem Sinne in erheblichem Ausmaß Rückabwicklungsfragen impliziert, wäre auch eine insoweit schon nach dem Wortlaut eindeutige Regelung zu erwarten gewesen.

25

Systematisch betrachtet spricht zudem § 2 der Aufhebungssatzung gegen eine im vorstehenden Sinne rückwirkende Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung "von Anfang an": Nach ihrem § 2 sollte die Aufhebungssatzung rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft treten. Hätte bereits ihr § 1 die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 auf den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens ex tunc aufheben sollen, ist nicht ersichtlich, wieso es dann einer rückwirkenden Inkraftsetzung der Aufhebungssatzung - auf den 01. Januar 2008 - bedurft hätte. Dann enthielte die Aufhebungssatzung gleichsam eine doppelte Rückwirkungsregelung. Der Antragsgegner räumt selbst ein, dass die Rückwirkung gemäß § 2 der Aufhebungssatzung dann "schlechterdings entbehrlich" wäre. Schließlich erfordert eine Systemumstellung auch nicht zwingend eine rückwirkende Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung "von Anfang an".

26

Vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme eines Redaktionsversehens mit der doppelten Konsequenz, § 1 der Aufhebungssatzung einen ergänzenden Inhalt entnehmen und in § 2 die dort geregelte - begrenzte - Rückwirkung ausblenden zu müssen.

27

Auch die Entstehungsgeschichte liefert für die vom Antragsgegner bevorzugte "Auslegung" der Aufhebungssatzung keine genügenden Anhaltspunkte. Weder im Beschluss vom 27. Februar 2008 noch in der entsprechenden Beschlussvorlage findet sich die Aussage, die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung solle rückwirkend erfolgen. Die Stellungnahme der Rechtsaufsichtsbehörde vom 24. April 2008 mag Anlass für die Rückwirkungsregelung in § 2 gewesen sein; im Sinne des Beschwerdevorbringens ist sie unergiebig. Gegen das Verständnis des Antragsgegners spricht zudem die Erläuterung der Beschlussvorlage zum TOP 8.4 der Verbandsversammlung vom 28. August 2008, in der es heißt, "vorgelegt wird ein förmlicher Satzungsbeschluss zur Aufhebung der Satzung rückwirkend zum 1. Januar 2008". Hier ist also gerade davon die Rede, dass die Wasserversorgungsbeitragssatzung rückwirkend zum 1. Januar 2008 aufgehoben werden soll. Angesichts dieser Erläuterung spricht Überwiegendes dafür, dass auch die Mitglieder der Verbandsversammlung bei ihrer Beschlussfassung über die Aufhebungssatzung davon ausgegangen sind, die Wasserversorgungsbeitragssatzung solle - nur - rückwirkend zum 1. Januar 2008 aufgehoben werden. Dieser Umstand steht erst recht der Annahme eines redaktionellen (= unbeachtlichen) Versehens bei der Formulierung der Aufhebungssatzung entgegen.

28

Im Übrigen kann der Antragsgegner schon wegen § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO mit seinem vorstehend wiedergegebenen Vorbringen nicht durchdringen, da das Verwaltungsgericht ausdrücklich davon ausgegangen ist, dass "jedenfalls die vor dem 31.12.2007 entstandenen sachlichen Beitragspflichten ... durch die rückwirkende Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung nicht berührt worden (sind), da die Rückwirkung nur bis zum 01.01.2008 reicht"; innerhalb der Begründungsfrist ist der Antragsgegner diesen Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht entgegen getreten, so dass sein entsprechender Vortrag mit Schriftsatz vom 19. Mai 2009 auch nicht als Vertiefung bisherigen fristgemäßen Vorbringens betrachtet werden kann.

29

Im Ergebnis hat die Aufhebungssatzung die Rechtsgrundlage für eine Beitragserhebung in Gestalt der Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 erst ab dem 01. Januar 2008 zukunftsgerichtet entfallen lassen. Die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 ist folglich hinsichtlich der bis einschließlich 2007 erlassenen Trinkwasserbeitragsbescheide nach wie vor wirksame Rechtsgrundlage. Da der Antragsgegner nach Maßgabe des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung an das Satzungsrecht des ZWAR auch insoweit gebunden bzw. zum Vollzug der Satzung verpflichtet ist, bestand und besteht - jedenfalls derzeit noch - für ihn keine - ohne Weiteres - rechtlich zulässige Möglichkeit, die Trinkwasserbeitragsbescheide aufzuheben bzw. die Beitragserhebung rückgängig zu machen. Auch sonst ist insbesondere keine satzungsrechtliche Bestimmung ersichtlich, die ihm dies erlauben würde. In diesem Sinne bzw. die bereits erfolgte Beitragserhebung betreffend ist dem Verwaltungsgericht darin zuzustimmen, wenn es ausführt, der Antragsgegner könne über bereits entstandene - und befriedigte - Ansprüche (auf Beitragszahlungen) nicht frei verfügen bzw. solche Ansprüche aufgeben.

30

Auch der Vortrag des Antragsgegners gemäß Schriftsatz vom 20. Mai 2009, er habe nicht die Absicht, von seinem "Recht zum Behalten der vereinnahmten Beiträge Gebrauch zu machen", und insoweit verschiedene Möglichkeiten, dies zu dokumentieren bzw. umzusetzen, vermag an diesen Erwägungen nichts zu ändern. Abgesehen davon, dass der Antragsgegner von den seinerseits angesprochenen Optionen augenscheinlich noch keinen Gebrauch gemacht hat, verkennt dieses Vorbringen, dass nicht nur ein "Recht zum Behalten der vereinnahmten Beiträge" besteht, sondern nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen eine entsprechende Pflicht, die jedenfalls derzeit das vom Antragsgegner erwogene Vorgehen verbieten dürfte. Die Frage der Modalitäten der Rückabwicklung im Falle gezahlter Beiträge stellt sich zumindest deshalb derzeit nicht bzw. ist im vorliegenden Kontext unerheblich.

31

Folglich mussten die vereinnahmten Trinkwasserbeiträge - was nicht geschehen ist - im Rahmen der Gebührenkalkulation 2008 aufwandsmindernd berücksichtigt werden.

32

2. Auch wenn es hierauf nicht mehr entscheidungserheblich ankommt, sieht der Senat im Interesse der Beteiligten Anlass zu folgenden Hinweisen betreffend die vom Verwaltungsgericht angenommenen Verstöße der Wasserversorgungsgebührensatzung 2008 gegen die "Soll-Regelung" des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V (a) und gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung (b).

33

a) § 1 Abs. 1 Buchst. a) WVGS 2008 bestimmt, dass der ZWAR nach Maßgabe der Wasserversorgungsgebührensatzung Gebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Wasserversorgung zur Deckung der Kosten gemäß § 6 Abs. 2 KAG M-V sowie zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen erhebt. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts verstößt diese Bestimmung hinsichtlich der Regelung zur Deckung des Aufwandes für die Herstellungskosten gegen § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V.

34

Nach dieser Vorschrift sollen zur Deckung des Aufwandes für die Anschaffung und Herstellung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen zur leitungsgebundenen Versorgung mit Wasser oder Wärme oder zur leitungsgebundenen Abwasserentsorgung Anschlussbeiträge erhoben werden.

35

Eine im Sinne dieser "Soll-Bestimmung" erforderliche atypische Situation (vgl. hierzu etwa VG Schwerin, Urt. v. 26.04.2007 - 4 A 1319/06 -; VG Bayreuth, Urt. v. 07.07.1004 - B 4 K 04.578 -, juris), die es erlaubte von einer Beitragserhebung vollständig abzusehen, liege im Falle des ZWAR nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht vor.

36

Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass die Refinanzierung des beitragsfähigen Aufwandes für die in § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V genannten Maßnahmen in der Regel ganz oder zumindest zum überwiegenden Teil durch eine Beitragserhebung erfolgen müsse. Dem werde dadurch Rechnung getragen, dass ein Deckungsgrad von 70 % oder mehr angestrebt werde (S. 7 des Beschlusses). Das Verwaltungsgericht beruft sich dabei - mit "vgl. " - auf das Urteil des OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 02. Juni 2004 - 4 K 38/02 - (DVBl. 2005, 64 = juris). Diesen Ansatz greift es dann später mit seiner Annahme auf, eine am Regelungsziel des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V orientierte Ausnahme sei immer dann gegeben, wenn die Eigenkapitalausstattung für die betreffende Maßnahme - aus welchen Gründen auch immer - so gut sei, dass der Kreditbedarf des Aufgabenträgers bei einer überwiegenden Gebührenfinanzierung der Anlage ein Maß von etwa 1/3 der Herstellungskosten nicht deutlich übersteige. Für die Bemessung der Quote sei maßgeblich, dass § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V den Aufgabenträger nicht dazu zwinge, bei der Erhebung von Anschlussbeiträgen einen Deckungsgrad von 100 % anzustreben; vielmehr sei der Deckungsgrad von nur 70 % nach der bereits genannten Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern "voraussetzungslos" zulässig. Damit werde akzeptiert, dass die Refinanzierung von 30 % der Herstellungskosten durch Gebühren erfolge und insoweit ein Kreditbedarf des Aufgabenträgers bestehen könne, wobei diese Quote nicht als feste Grenze, sondern als Richtwert zu verstehen sei.

37

An diese Maßgaben anknüpfend nimmt das Verwaltungsgericht dann in den Blick, ob der ZWAR hinsichtlich der von ihm vorgesehenen reinen Gebührenfinanzierung des Herstellungsaufwandes die zulässige Kreditquote deutlich übersteigt.

38

Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass die - wesentlich mit entscheidungstragenden - Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts den Eindruck erwecken, das OVG Mecklenburg-Vorpommern habe in seinem Urteil vom 02. Juni 2004 - 4 K 38/02 - (a.a.O.) im Kontext des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG (M-V) eine Mindestgrenze für die Deckung des Herstellungsaufwandes durch Beiträge dergestalt festgelegt, dass ein Deckungsgrad von 70 % oder mehr angestrebt werde bzw. anzustreben sei und jedenfalls ein solcher Deckungsgrad "voraussetzungslos" zulässig sei. Derartige Aussagen, die diese und die daran anknüpfenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts stützen könnten, lassen sich diesem in Bezug genommenen Urteil jedoch nicht entnehmen. Zwar ist in dem Urteil der Gesichtspunkt des Deckungsgrades angesprochen, dies jedoch in einem anderen Zusammenhang: In dem dortigen Verfahren ging es ausschließlich um die Frage, ob die sich aus einem Schreibfehler in der Kalkulation ergebende geringfügige Verschiebung des tatsächlichen Deckungsgrades durch Beiträge (71,24 %) gegenüber dem beschlossen Deckungsgrad von 70,01 % unter verschiedenen rechtlichen Blickwinkeln einen beachtlichen Mangel der angegriffenen Satzung begründet habe (dort verneint). Mit dem erforderlichen Maß der beitragsfinanzierten Deckung befasst sich das Urteil demgegenüber nicht; es enthält - mangels diesbezüglicher Rügen - keine näheren Erwägungen hierzu. Allenfalls kann man der Entscheidung entnehmen, dass das Oberverwaltungsgericht den beschlossenen bzw. tatsächlichen Deckungsgrad nicht in einer Weise für offensichtlich problematisch erachtet hat, die eine nähere Auseinandersetzung erfordert hätte.

39

Die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte "kritische Grenze" einer Kreditquote von etwa 1/3 bzw. 30 % findet demzufolge in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern keine Rechtfertigung. Das Verwaltungsgericht nennt auch keine rechtliche Grundlage, die - zumal nach dem Prüfungsmaßstab des summarischen Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes - eine solche Grenzziehung erlaubte; insoweit wäre im Hinblick auf die Annahme einer solchen "Kreditquote" der Rahmen einer zulässigen richterlichen Rechtsauslegung bzw. Rechtsfortbildung zu bedenken. Im Übrigen müsste jedenfalls geprüft werden, ob eine entsprechende Grenze ggfs. anders zu ziehen wäre und ob nicht darüber hinaus den Umständen des Einzelfalles - dafür spricht das Erfordernis atypischer Umstände - maßgebliche Bedeutung zukommen müsste. Jedenfalls nach dem Prüfungsmaßstab der ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO) kann eine Grenzziehung im Sinne der angegriffenen Entscheidung nicht ohne Weiteres zum Erfolg des Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz führen.

40

Selbst wenn man der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Grenzziehung folgen wollte, erschließt sich aus der Begründung des angegriffenen Beschlusses nicht, warum es vorliegend unter diesem Blickwinkel die aufschiebende Wirkung der Klage nach dem Prüfungsmaßstab der ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im beantragten Umfang angeordnet hat. Das Verwaltungsgericht stellt ausdrücklich fest, die Frage der Kreditquote sei im vorliegenden Fall "offen"; die Angaben des Antragsgegners seien ungenau. Es gelangt dabei sogar zu der Annahme, dass die kritische Grenze durch den ZWAR unter bestimmten Voraussetzungen nicht überschritten bzw. eine "Punktlandung" erreicht worden sein könnte. Anschließend wirft es jedoch wiederum Gesichtspunkte in Form offener Fragen auf, die sich - bei entsprechender Klärung - im Ergebnis zu Lasten des ZWAR auswirken könnten. Diese Erwägungen münden schließlich darin, dass aus Sicht des Verwaltungsgerichts zweifelhaft sei, ob die Frage des Überschreitens der "kritischen" Grenze im Hauptsacheverfahren abschließend geklärt werden könne, wobei der Antragsgegner das Risiko der Nichterweislichkeit trage, was aus §9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V folge. Gelinge ihm der Beweis einer Ausnahme - also einer atypischen Situation - nicht, sei von einem Verstoß gegen die Grundregel auszugehen.

41

Hinsichtlich dieser abschließenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ist zu fragen, in welchem Verhältnis sie zu der Schlussfolgerung, die Frage der Kreditquote sei offen, stehen. Ist das Verwaltungsgericht der Auffassung, die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides sei unter dem hier erörterten Blickwinkel offen, wäre - abgesehen von der bereits angeschnittenen Frage des Maßstabes nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO - ggfs. eine Interessenabwägung unabhängig von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu erwarten gewesen. Eine vorweggenommene Beweiswürdigung und hypothetische Beweislastentscheidung für das Hauptsacheverfahren bei gleichzeitiger Unterstellung, dass der Antragsgegner den aus Sicht des Verwaltungsgerichts erforderlichen Nachweis im Hauptsacheverfahren möglicherweise nicht würde führen können, erscheint nicht zulässig und setzt sich zudem in Widerspruch zu der Annahme, die Frage der "Kreditquote" sei offen. Die Aussage, wer sich auf eine Ausnahme berufe, müsse das Vorliegen ihrer Voraussetzungen darlegen und ggfs. auch beweisen, steht - zumal sich diese Erwägung auf das Hauptsacheverfahren bezieht - zudem nicht in Einklang mit dem Untersuchungsgrundsatz gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

42

Hinsichtlich der Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Frage des Verhältnisses von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V zu § 44 Abs. 3 KV M-V und der sich daraus nach seinem Dafürhalten ergebenden Auslegung von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V ist über die im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 03. Dezember 2008 - 4 M 158/08 - hierzu enthaltenen Überlegungen hinausgehend - vorläufig - Folgendes anzumerken:

43

Die zentrale - systematisch abgeleitete - Argumentation des Verwaltungsgerichts geht dahin, dass die vollständige Refinanzierung des Herstellungsaufwandes über eine Gebührenerhebung einen deutlich höheren Kreditbedarf nach sich ziehe als eine Beitragsfinanzierung. Deshalb sei eine solche Gebührenfinanzierung grundsätzlich unzulässig bzw. nach Maßgabe der "Soll-Bestimmung" des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V nur ausnahmsweise zulässig. Für die Ermittlung atypischer Ausnahmen im Sinne dieser Vorschrift komme es allein auf die Höhe der Kreditfinanzierungsquote an.

44

Diese Überlegungen wendet das Verwaltungsgericht aber schon selbst nicht konsequent an, wenn es von einem Deckungsgrad von 70 % aufwärts an eine teilweise Gebührenfinanzierung - "voraussetzungslos" - für zulässig erachtet. Es wird nicht nachvollziehbar erläutert, warum die in diesem Fall im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichts anzunehmenden höheren Kreditkosten für die Vorfinanzierung eines Anteils an den Herstellungskosten von kleiner bzw. gleich einem Drittel ohne Weiteres, also gleichsam ohne Beachtung der "Soll-Bestimmung", zulässig sein sollen.

45

Zudem berücksichtigen die Überlegungen des Verwaltungsgerichts nicht, dass auch im Falle einer Beitragserhebung regelmäßig aus verschiedenen Gründen (z. B. Dauer des Heranziehungsverfahrens, unwirksame Rechtsgrundlagen, erst zukünftige Schaffung von Anschlussmöglichkeiten, Stundung) ein nicht unwesentlicher Teil der Herstellungskosten zunächst über Kredite gedeckt werden muss, so dass sich die Kreditkosten beider Refinanzierungsmöglichkeiten regelmäßig tatsächlich nicht in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Umfang unterscheiden dürften. Diese Frage bedarf einer sorgfältigen Klärung im Hauptsacheverfahren. Ihre Beantwortung kann das Gewicht des Arguments des Verwaltungsgerichts, § 44 Abs. 3 KV M-V zwinge zu der von ihm vorgenommenen Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, nachhaltig beeinflussen.

46

Ob die vom Antragsgegner angeführten Gründe die Annahme einer atypischen Situation im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 KV M-V rechtfertigen können (insbesondere unterschiedliche saisonale Auslastung der Wasserversorgungsanlagen und die Heranziehung der überwiegend großen Grundstücke im ländlichen Raum), stellt sich hinsichtlich ihrer tatsächlichen Grundlagen nach dem Maßstab des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens als offen dar; die Klärung dieser Frage dürfte - auch mit Blick auf das umfangreiche Vorbringen der Antragstellerin hierzu - dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten sein.

47

Zu beachten könnte zudem Folgendes sein: Zwischenzeitlich ist nach entsprechender Mitteilung des Antragsgegners wohl in nahezu allen Fällen, in denen ursprünglich - soweit noch nicht geschehen - eine Beitragserhebung hätte erfolgen können und nach Maßgabe der vormaligen Wasserversorgungsbeitragssatzung auch hätte erfolgen müssen, Festsetzungsverjährung eingetreten (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz KAG M-V). Dies beträfe gut 90 % des ursprünglichen Beitragsvolumens. In diesen Fällen bzw. in diesem Umfang dürfte folglich eine Refinanzierung des entsprechenden Herstellungsaufwandes durch Beiträge nicht mehr möglich sein. Wollte man nun in der Konsequenz der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch eine Gebührenfinanzierung aus Rechtsgründen für unzulässig erachten, wäre überhaupt keine Heranziehung der durch die Herstellung der Trinkwasserversorgungsanlage Bevorteilten zur Deckung der Herstellungskosten mehr möglich. Im Ergebnis würden diese entgegen den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes M-V der Allgemeinheit aufgebürdet. Damit würde jedenfalls ein mit Blick auf § 44 Abs. 3 KV M-V und § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V deutlich gesetzesfernerer Zustand zu verzeichnen sein, als ihn das Verwaltungsgericht in der Systemumstellung von Beitragserhebung auf Gebührenfinanzierung erblickt. Insoweit wäre zu erwägen, ob der Umstand, dass eine andere - vollständige - Refinanzierung des Herstellungsaufwandes nach dem Kommunalabgabengesetz M-V als diejenige über eine Gebührenerhebung nicht mehr möglich wäre, als atypische Situation im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V zu werten sein könnte. Insoweit könnte dem ZWAR nach derzeitigem Erkenntnisstand auch wohl nicht vorgeworfen werden, er habe diese Situation absichtsvoll herbeigeführt, um letztlich damit den angestrebten Systemwechsel erreichen zu können. Denn der ZWAR ist - selbst wenn sich seine entsprechenden Erwägungen im Ergebnis nicht als tragfähig erweisen sollten - im Vorfeld jedenfalls davon ausgegangen, dass er sich auf atypische Umstände im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V berufen könne. Er hat sich insoweit auch entsprechend beim Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern rückversichert; die untere Rechtsaufsichtsbehörde ist der Systemumstellung ebenfalls nicht entgegen getreten. In dieser Situation könnte es dem Antragsgegner wohl nicht vorgehalten werden, dass er im Vertrauen auf das Zustandekommen des Systemwechsels offensichtlich - weiterhin - davon Abstand genommen hat, gewissermaßen vorsichtshalber tausende von Beitragsbescheiden zu versenden, um einer möglichen Festsetzungsverjährung zu entgehen, falls der angestrebte Wechsel letztlich fehlschlagen sollte (vgl. hierzu auch OVG Greifswald, Beschl. v. 03.12.2008 - 4 M 158/08 -). Dass die "Soll-Bestimmung" des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V gerade in solchen Fällen zum Tragen kommen soll, erscheint nicht fernliegend. Der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern hat in dem zitierten Beschluss - im vorliegenden Kontext passend (der Antragsgegner hat jahrelang ohne Konsequenzen seitens der Rechtsaufsichtsbehörden sein eigenes Satzungsrecht faktisch weitgehend nicht angewandt) - in Erwägung gezogen, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V möglicherweise auch eine ggfs. bisherige rechtswidrige Verwaltungspraxis bestimmter Aufgabenträger im Bereich der Wasserversorgung legalisieren wollte. Dafür sprechen folgende Gesichtspunkte: Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses (LTDrs. 4/1576 zu Nummer 10, S. 75) führen aus, die Regelung über die Erhebung von Anschlussbeiträgen als Soll-Vorschrift "würde auch den Fällen gerecht werden, bei denen es in begründeten Ausnahmen bislang nicht zur Erhebung von Beiträgen gekommen sei. Zur Wahrung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden sollte das Gesetz diesen Umständen Rechnung tragen und eine Soll-Regelung aufgreifen, die in atypischen Fällen gleichsam einen Verzicht auf die Erhebung von Beiträgen ermögliche". Entsprechend hat der Abgeordnete Müller für die Fraktion der SPD in der zweiten Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes, Drs. 4/1307, ausgeführt (Plenarprotokoll 4/53 vom 09.03.2005, S. 2980, 2985 f.):

48

"Ich hielte es auch für einen vernünftigen Grund, auf Beitragserhebungen zu verzichten, wenn das bisherige Verfahren - wir leben ja nicht im luftleeren Raum, sondern in einer Wirklichkeit - eine Beitragssatzung als nicht durchsetzbar erscheinen lässt, wenn wir beispielsweise, und diesen Fall gibt es ja im Land, eine Situation haben, wo einst Beiträge erhoben worden sind, wo man auf eine reine Gebührenfinanzierung umgestiegen ist. Wenn wir jetzt in einer solchen Situation sagen würden, nein, wir gehen jetzt wieder zurück auf die Beiträge, ich glaube, dann würden wir uns öffentlich zum Affen machen. In einem solchen Fall soll die Ausnahmeregelung greifen."

49

Daneben nennt er weitere Umstände, die aus seiner Sicht bzw. der Sicht der Fraktion der SPD einen atypischen Fall begründen könnten (vgl. aber auch die Stellungnahme der Abgeordneten Schulz für die Fraktion des PDS, Plenarprotokoll 4/53 vom 09.03.2005, S. 2980, 2987).

50

Vor diesem Hintergrund gibt es zwar, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, keine "normative Kraft des Faktischen", aber möglicherweise eine normative Anerkennung des Faktischen durch den Gesetzgeber.

51

Das Verwaltungsgericht meint demgegenüber in seinem zwischen denselben Beteiligten ergangenen Beschluss vom 13. Januar 2009 - 3 B 2079/08 - (Beschwerdeverfahren Az. 1 M 19/09) unter Bezugnahme auf Sauthoff (in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 09/05, § 8 Rn. 1614), auch eine die Entstehungsgeschichte der Vorschrift berücksichtigende Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V führe zu der Annahme, dass der vom Zweckverband durchgeführte Wechsel des Refinanzierungssystems "jedenfalls im ländlichen Raum - wozu auch das Geschäftsgebiet des Antragsgegners zählt - unzulässig ist"; mit dieser Auffassung habe sich das OVG Mecklenburg-Vorpommern in seinem Beschluss vom 03. Dezember 2008 - 4 M 158/08 - nicht auseinandergesetzt. Hierzu ist zu bemerken, dass unter der angegebenen Fundstelle zu der Aussage des Verwaltungsgerichts lediglich die Stellungnahme des Landesrechnungshofes aus der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses (LTDrs. 4/1576, S. 43, 45) in einem kurzen Ausschnitt wiedergegeben wird, die zudem auch nicht dahin geht, dass pauschal jedenfalls im ländlichen Raum eine reine Gebührenfinanzierung bzw. Systemumstellung unzulässig sei, sondern dahin, dass "im ländlichen Raum ... dagegen der Verzicht auf die Beitragserhebung zu ökonomisch und sozial nicht mehr verträglichen Gebühren mit entsprechenden Vermeidungseffekten führen (dürfte)". Führte - was eine Überprüfung im Einzelfall erforderte - der Verzicht auf eine Beitragserhebung nicht zu derartigen Effekten, wäre folglich auch nach Auffassung des Landesrechnungshofes wohl eine Systemumstellung nicht von vornherein ausgeschlossen. Zudem verweist der Landesrechnungshof auch darauf, dass "nur dort, wo nur relativ wenige Beiträge entrichtet worden seien, ... daher verantwortbar die Rückzahlung der Beiträge in Erwägung gezogen werden (könne)". Diese Voraussetzungen könnten beim ZWAR gerade erfüllt sein. In seinem Beschluss vom 03. Dezember 2008 - 4 M 158/08 - hatte der 4. Senat auch keine Veranlassung, die Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V umfassend zu würdigen; dennoch sind insoweit auch Gesichtspunkte angesprochen worden, die im zu entscheidenden Fall entstehungsgeschichtlich gegen einen Systemwechsel hätten sprechen können (unter Angabe einer Fundstelle, die auch bei Sauthoff, a.a.O., zitiert wird). Im Übrigen ist zum Gesichtspunkt der Entstehungsgeschichte auf die vorstehenden Erwägungen zu verweisen.

52

Die in demselben Beschluss des Verwaltungsgerichts enthaltene Argumentation gegen ein mögliche Interpretation des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V im vorstehenden Sinne, diese erscheine mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip und die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG bedenklich, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, da sie ja ggfs. für die rechtliche Zulässigkeit eines Systemwechsels sprechen könnte. Wieso mit Blick auf die Soll-Bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V und deren Auslegung "Fehler, die irreparabel und daher besonders schwerwiegend sind, abgabenrechtlich folgelos blieben", ist aufgrund der Pauschalität dieser Annahme nicht verständlich. Gleiches gilt für das Beispiel der "Überdimensionierung einer Anlage", die "im Rahmen einer Beitrags- oder Gebührenerhebung unbeachtlich sei".

53

b) Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung unabhängig tragend auch darauf gestützt, dass die Wasserversorgungsgebührensatzung vom 20. März 2008 i. d. F. der Änderung vom 03. September 2008 die aus dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragerhebung folgenden Anforderungen nicht hinreichend berücksichtige. Dem Verwaltungsgericht ist im Grundsatz darin zuzustimmen, dass dieser Grundsatz bzw. das Verbot der Doppelbelastung unter bestimmten Voraussetzungen einer Gebührenerhebung - teilweise - entgegenstehen kann; zweifelhaft erscheint jedoch seine Annahme, Grundlage des Verbots einer Doppelbelastung sei bereits das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht.

54

Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung besagt zum einen, dass die sachliche Beitragspflicht (abstrakte Beitragsschuld) für dieselbe öffentliche Einrichtung bzw. Teileinrichtung zu Lasten eines Grundstücks nur einmal entsteht. Ist sie entstanden, kann sie nach diesem Grundsatz nicht nachträglich zu einem anderen Zeitpunkt und in anderer Höhe noch einmal entstehen. Zum anderen schließt der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung das Verbot der Doppelbelastung in dem Sinne ein, dass ein Grundstück für dieselbe öffentliche Einrichtung bzw. Teileinrichtung - hinsichtlich desselben Aufwands - grundsätzlich nur einmal zu einem Beitrag herangezogen werden darf (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 08.07.2004 - 1 M 170/04 -, juris; Beschl. v. 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, NordÖR 2004, 262; OVG Berlin/Brandenburg, Urt. v. 06.06.2007 - 9 A 77.05 -, LKV 2008, 377; OVG Weimar, Beschl. v. 03.05.2007 - 4 EO 101/07 -, juris; VGH München, Urt. v. 15.04.1999 - 23 B 97.1108 -; VGH Mannheim, Beschl. v. 05.11.1992 - 2 S 152/90 -; Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -; Beschl. v. 19.07.1990 - 2 S 412/90 -: jeweils juris; VG Potsdam, Urt. v. 18.09.2008 - 9 K 1128/05 -, juris; VG Bayreuth, Urt. v. 07.07.1004 - B 4 K 04.578 -, juris; vgl. auch VGH Kassel, Beschl. v. 12.04.2005 - 5 TG 116/05 -, NVwZ-RR 2006, 143 - zitiert nach juris).

55

Die Einmaligkeit der Leistung des Kanalanschlussbeitrags folgt aus dem Wesen des Beitrags, der an einen bestimmten Zustand ("Möglichkeit der Inanspruchnahme") anknüpft und der den bei Verwirklichung des Zustands gebotenen wirtschaftlichen Vorteil insgesamt abgelten soll. Der Grundstückseigentümer erbringt die "Gegenleistung" für den ihm durch die Anschlussmöglichkeit gebotenen wirtschaftlichen Vorteil, der der Natur der Sache nach mit der Anschlussmöglichkeit entsteht und auch in der Zukunft in der Regel nicht verändert wird. Der Kanalanschlussbeitrag ist daher grundsätzlich nur einmal zu leisten (vgl. OVG Münster, Urt. v. 17.09.1980 - 2 A 1653/79 -, DVBl. 1981, 831 - zitiert nach juris). Die Einmaligkeit der Beitragserhebung ist Folge des aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Vertrauensschutzgedankens (vgl. VGH München, Urt. v. 15.04.1999 - 23 B 97.1108 -, juris).

56

Das Bundesverwaltungsgericht spricht in seinem Urteil vom 16. September 1981 - 8 C 48.81 - (DVBl. 1982, 76 - zitiert nach juris) die Situation desjenigen, der bereits einen Anschlussbeitrag geleistet hat und der nach einer Systemumstellung zu Gebühren herangezogen werden soll, unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes bzw. Äquivalenzprinzips wie folgt an:

57

"Zwar trifft es zu, daß die Heranziehung zu Benutzungsgebühren nach einem für alle Benutzer geltenden einheitlichen Gebührensatz den Gleichheitssatz und ggf. das Äquivalenzprinzip im Hinblick auf solche Grundstückseigentümer verletzen kann, die im Gegensatz zu anderen Benutzern der Abwasseranlage Leistungen auf den Investitionsaufwand erbracht haben, der gemäß § 8 KAG durch Beiträge gedeckt werden kann. Wie das Berufungsgericht im Rahmen seiner das Landesrecht betreffenden Erwägungen dargelegt hat, wirkt sich die Erhebung von Beiträgen auf die Höhe der Benutzungsgebühren aus: Erhebt eine kommunale Körperschaft Beiträge, so führt dies zu einem niedrigeren Gebührensatz, weil bei der Ermittlung der Höhe der Kosten der aus Beiträgen aufgebrachte Anteil am Aufwand für die Abwasseranlage bei der Verzinsung unberücksichtigt bleibt (§ 6 Abs. 2 Satz 3 KAG). Sieht die kommunale Körperschaft von einer Beitragserhebung ab, erhöhen sich die Kosten und damit der Gebührensatz um die nunmehr (voll) zu berücksichtigenden Zinsen. Im Fall der Nichterhebung von Beiträgen verstößt die undifferenzierte Erhebung von Gebühren von denjenigen Benutzern der Abwasseranlage, die zu deren Aufwand beigetragen haben, im Verhältnis zu den übrigen Benutzern gegen den Gleichheitssatz. Denn erstere haben im Unterschied zu den übrigen Benutzern mit ihrer auf den Aufwand der Abwasseranlage bezogenen Leistung wirtschaftlich gesehen Anteile an den hier maßgebenden (höheren) Zinsen mittelbar erbracht. (Gleiche Rechtsfragen treten auf, wenn eine Gemeinde, die Beiträge und Gebühren erhoben hat, in Zukunft nur noch Gebühren erhebt oder wenn eine Gemeinde, die Beiträge erhoben hat, in eine Gemeinde eingegliedert wird, welche keine Beiträge, sondern nur Gebühren erhebt.) Zahlt die kommunale Körperschaft die erbrachte Leistung nicht zurück, so führt der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu der Pflicht, in der Satzung entsprechend unterschiedliche Gebührensätze festzusetzen oder bei Vorliegen von Einzelfällen den Ausgleich durch eine Billigkeitsregelung im Rahmen des Heranziehungsverfahrens vorzunehmen. ..."

58

Hieran anknüpfend hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf das aus dem Gleichheitssatz folgende, durch ihn aber zugleich auch inhaltlich festgelegte sogenannte Verbot der Doppelbelastung oder Doppelveranlagung ausgeführt, eine abgabenrechtliche Doppelbelastung "k a n n" gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass eine Pflicht der Gemeinde zur Differenzierung bei Benutzungsgebühren für eine Abwasseranlage beispielsweise dann bestehe, wenn ein Teil der Benutzer bereits zu Beiträgen für die Errichtung der Anlage herangezogen wurde, ein anderer Teil hingegen nicht. Anderenfalls würden die Benutzer, die bereits Beiträge entrichtet haben, unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz doppelt belastet. Ferner ist im Urteil vom 11. November 1987 - 8 C 49.86 - (BVerwGE 78, 275, 280) im Zusammenhang mit einer abwasserabgabenrechtlichen Umlage ausgeführt, für den Fall, dass bei der Bemessung dieser Umlage etwaige (Gebühren-)Vorleistungen außer Betracht blieben, führe das zu einer nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbaren Doppelbelastung einzelner Umlageschuldner. Der Sache nach ging es in diesen Entscheidungen jeweils um Konstellationen, in denen eine Gruppe von Grundeigentümern im Verhältnis zu einer anderen Gruppe deshalb unterschiedlich belastet wurde, weil die Angehörigen der ersten Gruppe anders als die der zweiten Gruppe für die gleiche gemeindliche Leistung (Abwasserbeseitigung) in der einen oder anderen Weise "vorbelastet" waren und sich deshalb die nunmehr erfolgende gleichmäßige Abgabenerhebung als gleichheitswidrige Doppelbelastung auswirken konnte (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 26.02.1992 - 8 C 70.89 -, NVwZ 1992, 668; vgl. auch VG Bayreuth, Urt. v. 07.07.1004 - B 4 K 04.578 -, juris).

59

Im Ergebnis kann deshalb mit Blick auf die vom ZWAR vorgenommene Systemumstellung das Verbot der Doppelbelastung nicht nur einer nochmaligen Heranziehung zu einem Beitrag für denselben Aufwand entgegenstehen, sondern auch einer äquivalenten Gebührenerhebung.

60

Insoweit spricht vom Grundgedanken her Vieles dafür, dass jedenfalls diejenigen, die vom Antragsgegner bereits zu Trinkwasserbeiträgen herangezogen worden sind und diese tatsächlich entrichtet haben, nicht durch eine Gebührenerhebung, die teilweise zur Refinanzierung des Herstellungsaufwandes bestimmt ist, doppelt belastet werden dürfen. Entscheidet sich ein Aufgabenträger nachträglich für die Finanzierung des Herstellungsaufwandes seiner Anlage ausschließlich über Benutzungsgebühren, muss er einen entsprechenden Ausgleich vornehmen, um eine solche doppelte Belastung zu vermeiden. Dabei bieten sich vom Grundsatz her verschiedene Möglichkeiten an: Zunächst könnten unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen (vgl. dazu auch vorstehend unter 1.) die vereinnahmten Beiträge zurückgezahlt werden. In Betracht käme die Schaffung einer ortsgesetzlichen Regelung mit unterschiedlichen Gebührensätzen einerseits für die Grundstückseigentümer, die bereits einen Beitrag entrichtet haben, und andererseits für diejenigen, die dies noch nicht getan haben. Als weitere Option an Stelle der Schaffung einer satzungsrechtlichen Ausgleichsbestimmung wäre an eine Billigkeitsentscheidung im Einzelfall zu denken (§§ 163 Abs. 1 Satz 1, 227 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V; vgl. zum Ganzen OVG Münster, Urt. v. 17.09.1980 - 2 A 1653/79 -, DVBl. 1981, 831; BVerwG, Beschl. v. 22.03.2007 - 10 BN 5/06 -, NVwZ 2007, 955; Urt. v. 16.09.1981 - 8 C 48.81 -, DVBl. 1982, 76 -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 06.06.2007 - 9 A 77.05 -, LKV 2008, 377; jeweils zitiert nach juris; OVG Weimar, Beschl. v. 03.05.2007 - 4 EO 101/07 -, juris; VG Potsdam, Urt. v. 18.09.2008 - 9 K 1128/05 -, juris). Die letztgenannte Vorgehensweise könnte allerdings einerseits fraglich sein, da vorliegend wohl nicht "Einzelfälle" im Sinne vereinzelter Fälle in Rede stehen und infolgedessen eine Satzungsbestimmung zu fordern sein könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1981 - 8 C 48.81 -, a.a.O.). Andererseits könnte eine möglicherweise zu hohe Komplexität einer solchen Bestimmung wiederum aus Gründen der Praktikabilität eine Billigkeitsentscheidung erlauben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.03.2007 - 10 BN 5/06 -, NVwZ 2007, 955; OVG Weimar, Beschl. v. 03.05.2007 - 4 EO 101/07 -, juris).

61

Vor diesem Hintergrund führte der Umstand, dass die Wasserversorgungsgebührensatzung 2008 keine satzungsrechtliche Ausgleichsbestimmung enthält, nicht ohne Weiteres bereits zur Annahme ihrer Gesamtunwirksamkeit bzw. zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides.

62

Wurde in der Vergangenheit ein Grundstück durch einen Bescheid wirksam zu einem Beitrag veranlagt und wurde der Beitrag entsprechend entrichtet, ist im Übrigen zu erwägen, ob nur dann Raum für eine erneute Heranziehung eines Grundstückseigentümers zu Benutzungsgebühren für denselben Aufwand besteht, wenn jener Bescheid bestandskräftig oder doch zumindest in sofort vollziehbarer Weise (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) oder durch rechtskräftiges Urteil aufgehoben worden ist (vgl. VGH München, Urt. v. 15.04.1999 - 23 B 97.1108 -; VGH Mannheim, Beschl. v. 05.11.1992 - 2 S 152/90 -; Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -; Beschl. v. 19.07.1990 - 2 S 412/90 -; jeweils juris). Dabei gewinnt wiederum der Umstand Bedeutung, ob nach Maßgabe des Ortsrechts überhaupt eine entsprechende Aufhebung rechtlich zulässig wäre (vgl. dazu unter 1.).

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Da die Antragstellerin noch nicht zu einem Trinkwasserbeitrag herangezogen worden ist, fällt sie allerdings nicht unter die vorstehend umrissene Fallgruppe und könnte sich unter diesem Blickwinkel nicht auf das Verbot der Doppelbelastung berufen.

64

Das Verwaltungsgericht hat sich allerdings auf den Standpunkt gestellt, die Wasserversorgungsgebührensatzung 2008 berücksichtige die aus dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragerhebung folgenden Anforderungen nicht hinreichend, der ZWAR dürfte bei dem von ihm favorisierten reinen Gebührenmodell trotz einer beabsichtigten Rückzahlung der vereinnahmten Beiträge nicht ohne gespaltene bzw. gestaffelte Gebührensätze auskommen.

65

Abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht sich dabei nicht mit der - vorstehend erörterten - Frage befasst, ob dem ZWAR nicht noch eine andere Option zur Verfügung steht, begegnet seine hierfür maßgebliche rechtliche Erwägung im Hinblick auf den Maßstab der ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides Bedenken. Das Verwaltungsgericht nimmt dabei den Standpunkt ein, Grundlage des Verbots einer Doppelbelastung und des daraus resultierenden Vertrauensschutzes sei nicht die Zahlung des Beitrags, sondern das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht, die durch die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung nicht berührt werde. Folglich führe die Rückzahlung vereinnahmter Beiträge nicht zu einem Wegfall des Verbots der Doppelbelastung. Alle diejenigen, zu deren Lasten die sachlichen Beitragspflichten entstanden seien, könnten sich vielmehr auf dieses Verbot berufen.

66

Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Kontext der Auffassung ist, die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung könne keine Auswirkungen auf den Ablauf der Festsetzungsfrist haben, dürfte dem zwar zu folgen sein; eine Festsetzungsverjährung könnte nicht dadurch umgangen werden, dass eine rechtmäßige Beitragssatzung rückwirkend aufgehoben wird, nur um anschließend eine neue derartige Satzung zu erlassen. Es erscheint jedoch bereits vom Begriff des "Verbots der Doppelbelastung" fraglich, ob von einer doppelten Belastung im Wortsinne gesprochen werden kann, wenn es auf der einen Seite um die Belastung durch die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht ohne eine entsprechende Veranlagung durch Bescheid mit anschließender Zahlung geht, auf der anderen Seite aber um die von ihrer Qualität her andersartige Zahlung aufgrund einer Gebührenpflicht; anders formuliert ist zu erwägen, ob nicht eine "doppelte" Belastung eine gleichartige Belastung in Gestalt von - konkretisierten - Geldzahlungspflichten erfordert. Soweit ersichtlich wird das vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Verständnis vom Inhalt des Verbots der Doppelbelastung anknüpfend allein an die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht in keiner der veröffentlichen Gerichtsentscheidungen hierzu vertreten (vgl. insoweit die oben angeführten Zitate). Vielmehr ist diesen Entscheidungen gemein, dass sie das Verbot der Doppelbelastung nur für Fälle einer bereits erfolgten Beitragsveranlagung durch entsprechenden Bescheid mit daraufhin erfolgter Zahlung in den Blick nehmen. Dies erscheint auch folgerichtig: In den betreffenden Entscheidungen werden grundsätzlich zwei Gruppen von Beitragspflichtigen gegenübergestellt, einerseits diejenigen, die bereits zu Beiträgen herangezogen worden sind, andererseits diejenigen, bei denen dies noch nicht erfolgt ist. Für diese unterschiedlichen Gruppen müssten dann im Rahmen der Gebührenerhebung Differenzierungen vorgenommen werden. Wäre die Auffassung des Verwaltungsgerichts richtig, müssten diese Gruppen anders, nämlich dergestalt gebildet werden, dass einerseits diejenigen zu betrachten wären, für die die sachliche Beitragspflicht entstanden ist, und andererseits diejenigen, für die dies nicht zutrifft. Eine solche Differenzierung wird jedoch - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung nicht vorgenommen.

67

Darüber hinaus ist zu beachten, dass etwa der VGH Baden-Württemberg das Eingreifen des Verbots der Doppelbelastung davon abhängig macht, dass das abstrakte, auf die Entstehung einer einmaligen Beitragsschuld grundsätzlich beschränkte Beitragsschuldverhältnis durch einen Beitragsbescheid konkretisiert worden ist (vgl. Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -; Beschl. v. 19.07.1990 - 2 S 412/90 -; jeweils juris).

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

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Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3, 47 GKG, wobei der streitige Abgabenbetrag - Differenz zwischen den festgesetzten Gebühren gemäß Bescheiden vom 07. Februar 2008 und 04. März 2008 - nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Eilverfahren zu vierteln ist.

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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Der Privatkläger hat, wenn er Privatklage erhebt, Rechtsmittel einlegt, die Wiederaufnahme beantragt oder das Verfahren nach den §§ 435 bis 437 der Strafprozessordnung betreibt, für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3311, 3321, 3331, 3340, 3410, 3431, 3441 oder 3450 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen. Der Widerkläger ist zur Zahlung eines Gebührenvorschusses nicht verpflichtet.

(2) Der Nebenkläger hat, wenn er Rechtsmittel einlegt oder die Wiederaufnahme beantragt, für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3511, 3521 oder 3530 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen. Wenn er im Verfahren nach den §§ 435 bis 437 der Strafprozessordnung Rechtsmittel einlegt oder die Wiederaufnahme beantragt, hat er für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3431, 3441 oder 3450 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen.

(1) Die Gebühr für die Anmeldung eines Anspruchs zum Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz wird mit Einreichung der Anmeldungserklärung fällig. Die Auslagen des Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz werden mit dem rechtskräftigen Abschluss des Musterverfahrens fällig.

(2) Im Übrigen werden die Gebühren und die Auslagen fällig, wenn

1.
eine unbedingte Entscheidung über die Kosten ergangen ist,
2.
das Verfahren oder der Rechtszug durch Vergleich oder Zurücknahme beendet ist,
3.
das Verfahren sechs Monate ruht oder sechs Monate nicht betrieben worden ist,
4.
das Verfahren sechs Monate unterbrochen oder sechs Monate ausgesetzt war oder
5.
das Verfahren durch anderweitige Erledigung beendet ist.

(3) Die Dokumentenpauschale sowie die Auslagen für die Versendung von Akten werden sofort nach ihrer Entstehung fällig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.