Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 28. Apr. 2017 - 4 L 226/16

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2017:0428.4L226.16.0A
28.04.2017

Gründe

1

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

2

Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch. Die Berufung ist weder wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch wegen Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) oder grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

3

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestünden nur dann, wenn die Klägerin im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>). Dies ist nicht der Fall.

4

a) Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit sie auf eine Verbescheidung des Widerspruchs der Klägerin gegen einen Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 2. August 2007 gerichtet ist, bereits als unzulässig abgelehnt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, mit der Verpflichtungsklage könne nicht der Erlass eines Widerspruchsbescheids eingeklagt werden. Die Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO biete hinreichenden Rechtsschutz für Fälle, in denen die Behörde über einen (Anfechtungs-)Widerspruch nicht rechtzeitig entscheide. Auch im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage abgelehnt. Dem auf Zahlung gerichteten Hilfsantrag der Klägerin stehe bereits die materielle Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 25. September 2012 (2 A 116/11 HAL) entgegen, durch das der Zahlungsanspruch rechtskräftig abgelehnt worden sei. Auch der zweite Hilfsantrag, mit dem die Klägerin die teilweise Aufhebung des Erschließungsbeitragsbescheides vom 2. August 2007 begehrt, könne keinen Erfolg haben. Der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid sei bestandskräftig, da die Klägerin hiergegen keinen Widerspruch erhoben habe. Nachweisbar seien nur mehrfach gefaxte und übersandte Widersprüche gegen den an die Klägerin gerichteten Straßenausbaubeitragsbescheid vom 2. August 2007. Durch die Vernehmung der Zeugin Frau (W.), Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, habe sich nichts Gegenteiliges erwiesen. Es sei nicht davon auszugehen, dass ein Widerspruchsschreiben bei der Beklagten verloren gegangen sei. Offenbar habe die Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Klägerin versehentlich identische Widersprüche versandt. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht beantragt und könnte jedenfalls aufgrund der Versäumung der Frist gemäß § 60 Abs. 3 VwGO auch nicht gewährt werden. Die den Widersprüchen gegen den Straßenausbaubeitragsbescheid beigefügten Vollmachten könnten auch im Hinblick auf die darin enthaltene Formulierung „Ausbau- und Erschließungsbeiträge“ nicht als Widerspruch gegen den Erschließungsbeitragsbescheid ausgelegt werden. Die Vorlage einer Vollmacht ersetze nicht die entsprechende Verfahrenshandlung. Es sei der Beklagten auch nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Bestandskraft des Erschließungsbeitragsbescheides zu berufen, weil sie den Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht innerhalb der Rechtmittelfrist auf die fehlende Widerspruchseinlegung hingewiesen habe. Es sei bereits zweifelhaft, ob eine entsprechende Hinweispflicht gegenüber einem Organ der Rechtspflege bestehe. Jedenfalls sei nicht dargetan und auch nicht offensichtlich, dass einem Mitarbeiter der Beklagten das Versäumnis des Prozessbevollmächtigten der Klägerin innerhalb der Rechtsmittelfrist aufgefallen ist.

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b) Die dagegen im Zulassungsverfahren vorgebrachten Einwände der Klägerin greifen nicht durch.

6

aa) Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe einen Anspruch auf Verbescheidung ihres Widerspruchs gegen den Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 2. August 2007, vermag sie die Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Urteils nicht aufzuzeigen. Der Senat folgt der in der Rechtsprechung und im überwiegendem Schrifttum vertretenen Ansicht, dass jedenfalls in den Fällen, in denen die Widerspruchsbehörde nur (noch) eine gebundene Rechtsentscheidung zu treffen hätte, der ein Ermessens-, Beurteilungs- oder Bewertungsspielraum nicht innewohnt, ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erlass eines Widerspruchsbescheides zu verneinen ist. Denn in derartigen Fällen fehlt in aller Regel das notwendige Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. April 1997 - 6 B 6/97 -, juris, Rn. 28; OVG LSA, Beschluss vom 26. März 2009 - 3 O 422/08 -, juris, Rn. 4 f.; Beschluss vom 23. Dezember 2015 - 2 O 171/15 -, juris, Rn. 5 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. November 1993 - 3 S 1120/92 -, juris, Rn. 27; OVG Hamburg, Beschluss vom 24. August 1998 - 4 Bf 247/98 -, juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 12. September 2000 - 22 A 5440/99, juris, Rn. 3; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 24. April 2009 - 4 PA 276/08 -, juris, Rn. 14; OVG Sachsen, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 1 A 62/08 -, juris, Rn. 24; VGH Bayern, Beschluss vom 1. Juli 2013 - 7 ZB 13.305 -, juris, Rn. 12; Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 75 Rn. 22; Geis, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 68 Rn. 10; Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 75 Rn. 2 ; Brink, in: BeckOK VwGO, § 75 Rn. 2 <01.01.2017>; Saurenhaus/Buchheister, in: Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 75 Rn. 1; Schoch, in: Ehlers/Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2009, § 20 Rn. 81; v. Schledorn, NVwZ 1995, S. 250 <251>; a. A. W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO 22. Aufl. 2016, § 75 Rn. 1a; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 79 Rn. 64; Lorenz, Verwaltungsprozessrecht, 1999, § 19 Rn. 24; jew. m.w.N.). Davon ist auch hier auszugehen, weil es sich bei der streitgegenständlichen Erhebung des Erschließungsbeitrages um eine gebundene Entscheidung handelt.

7

Gründe, hier ausnahmsweise dennoch ein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass eines Widerspruchsbescheides zu bejahen, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Bei einer gebundenen Entscheidung hat die Widerspruchsbehörde keine weitergehenden Befugnisse bei der Überprüfung des Bescheides der Ausgangsbehörde als das Verwaltungsgericht, da Ermessensgesichtspunkte und Zweckmäßigkeitserwägungen keine Rolle spielen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 1980 - 6 C 39/80 -, juris, Rn. 3). Es ist dem Betroffenen daher - auch aus Gründen der Verfahrensökonomie - zumutbar, auch ohne Widerspruchsbescheid die Anfechtung des Ausgangsbescheides zu betreiben bzw. direkt auf Verpflichtung des begehrten Verwaltungsaktes zu klagen.

8

bb) Die Klägerin macht des Weiteren geltend, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts stehe die Rechtskraft des Urteils vom 25. September 2012 (2 A 116/11 HAL) dem hilfsweise gestellten Zahlungsantrag nicht entgegen. Denn der diesem Urteil zugrunde liegende Tatbestand sei mit dem Tatbestand des angefochtenen Urteils nicht identisch.

9

Auch damit zeigt die Klägerin keine Umstände auf, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründen. Rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist (§ 121 Nr. 1 VwGO). Mit Urteil vom 25. September 2012 (2 A 116/11 HAL) hat das Verwaltungsgericht den - hier hilfsweise geltend gemachten - (Rück-)Zahlungsanspruch rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen, es sei kein entsprechender außergerichtlicher Vergleich zwischen den Beteiligten zustande gekommen. Soweit die Klägerin nunmehr geltend macht, die Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung im Verfahren 2 A 116/11 HAL erklärt, die Klägerin werde in den - mit anderen Straßenanliegern - geschlossenen Vergleich eingebunden, wenn ein fristgemäßer Zugang des Widerspruchs festgestellt werden würde, wobei dies nicht in den Tatbestand des Urteils oder das Sitzungsprotokoll aufgenommen worden sei, ist sie damit präkludiert.

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Die Rechtskraftwirkung schließt die Berufung im neuen Rechtsstreit auf Tatsachen aus, die in den Grenzen des Streitgegenstandes des Vorprozesses zu dem abgeurteilten Lebenssachverhalt gehören (vgl. Kilian, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 121 Rn. 62; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, Vor § 322 Rn. 70; eingehend Detterbeck, Streitgegenstand und Entscheidungswirkungen im Öffentlichen Recht, 1995, S. 133-139). Der Streitgegenstand wird durch den gesamten historischen Lebensvorgang bestimmt, auf den sich das Rechtsschutzbegehren des Klägers bezieht, unabhängig davon, ob einzelne Tatsachen dieses Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht und auch unabhängig davon, ob die Parteien die im Vorprozess nicht vorgetragenen Tatsachen des Lebensvorgangs damals bereits kannten und hätten vortragen können. Infolgedessen gehört zur Rechtskraftwirkung nicht nur die Präklusion der im ersten Prozess vorgetragenen Tatsachen, sondern auch die der nicht vorgetragenen Tatsachen, sofern diese nicht erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Prozess entstanden sind, sondern bei natürlicher Anschauung zu dem im Vorprozess vorgetragenen Lebenssachverhalt gehören (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 1963 - II C 98/60 -, juris, Rn. 32; BGH, Urteil vom 8. November 2013 - VIII ZR 60/03 -, juris, Rn. 12 m.w.N.).

11

Die von der Klägerin behauptete Erklärung der Beklagten bezieht sich auf den geltend gemachten Zahlungsanspruch und gehört damit zum Streitgegenstand des Vorprozesses. Es handelt sich dabei allerdings um keine Tatsache, die erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess entstanden ist. Nach Angaben der Klägerin ist die Erklärung in der mündlichen Verhandlung des Verfahrens 2 A 116/11 HAL erfolgt. Im Übrigen macht die Klägerin nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte den fristgemäßen Zugang des Widerspruchs gegen den Erschließungsbeitragsbescheid zwischenzeitlich festgestellt hat. Der fristgemäße Zugang des Widerspruchs wird von der Beklagten ausdrücklich bestritten.

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cc) Auch im Hinblick auf die Entscheidung über den weiteren Hilfsantrag der Klägerin, gerichtet auf die teilweise Aufhebung des Erschließungsbeitragsbescheides vom 2. August 2007, zeigt die Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung auf.

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(1) Soweit die Klägerin in Zweifel zieht, dass kein Widerspruch gegen den Erschließungsbeitragsbescheid bei der Beklagten eingegangen sei, genügt ihr Vortrag schon nicht den Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Es handelt sich insoweit um Mutmaßungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin über die Umstände der Übersendung des Widerspruchs, die für sich betrachtet keinen Anlass zu Zweifeln an der Annahme des Verwaltungsgerichts bieten, dass versehentlich mehrfach Widerspruch gegen den Straßenausbaubeitragsbescheid erhoben wurde.

14

Wenn dem Umstand, dass die Beklagte dem Verwaltungsgericht lediglich mit Eingangsbestätigungen versehene Widersprüche gegen den Ausbaubeitragsbescheid vorgelegt hat, die Klägerin mit Zweifeln begegnet, „da solches problemlos durch Umkopieren verändert werden kann“, hält der Senat dies schon nicht für ernst gemeintes Vorbringen. Für ein solches Verhalten der Beklagten, das letztlich auf einen Prozessbetrug hinauslaufen würde, sind Motiv oder objektive Anhaltspunkte weder benannt noch ansatzweise ersichtlich.

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Weiterhin wendet die Klägerin ein, die Beklagte habe fast drei Jahre den Widerspruch gegen den Erschließungsbeitragsbescheid bearbeitet und erst bei Vorlage des Vergleichstextes behauptet, dass ein Widerspruch gegen den Erschließungsbeitragsbescheid nicht eingegangen sei. Daher habe das Verwaltungsgericht nicht einseitig zugunsten der Beklagten davon ausgehen dürfen, dass sich die Zeugin (W.) geirrt habe und vermeintlich aufgrund der Vielzahl von Widersprüchen der Widerspruch gegen den Straßenausbaubeitragsbescheid mehrfach gefaxt worden sei. Damit wird ein Fehler der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht aufgezeigt. Es ist unklar, in welchem Zusammenhang die Bearbeitungsdauer des Widerspruchsverfahrens mit der Frage steht, ob überhaupt Widerspruch eingelegt worden ist. Geht man mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass dies aufgrund eines Büroversehens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin schon nicht der Fall gewesen ist, gibt es keine Bearbeitungsdauer, weil ein nicht eingelegter Rechtsbehelf nicht bearbeitet werden kann.

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Auch soweit die Klägerin einwendet, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass am 3. September 2007 nur gegen jeweils drei Straßenausbau- und Erschließungsbeitragsbescheide Widerspruch erhoben worden sei, zieht sie die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht in Zweifel. Das Verwaltungsgericht ist hinsichtlich der Anzahl der am 3. September 2007 vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin versandten Widersprüche nicht von falschen Tatsachen ausgegangen (vgl. UA S. 13, dritter Absatz). Dem Senat erschließt sich auch nicht, weshalb es - wie die Klägerin meint - am 3. September 2007 nicht zu einem Büroversehen gekommen sein könne, weil der Großteil der Widerspruchsschreiben bereits am 24. August 2007 gefertigt worden sei. So ist z. B. vorstellbar und wird von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt, dass am 3. September 2007 die mit der Bearbeitung der Widersprüche betrauten Mitarbeiterinnen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus anderen Gründen stark belastet waren.

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dd) Der Klägerin ist auch nicht darin zu folgen, dass jedenfalls durch die Übersendung der Vollmacht „in Sachen Widerspruchsverfahren A-Straße wegen (Ausbau- und Erschließungsbeitrag“ Widerspruch gegen den Erschließungsbeitragsbescheid eingelegt worden sei.

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Zwar enthält die Verwaltungsgerichtsordnung keine ausdrücklichen Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs. Er muss insbesondere nicht als solcher bezeichnet werden. Es genügt, wenn der Betroffene geltend macht, dass er sich von der angegriffenen Maßnahme beschwert fühlt, sich deshalb dagegen wehrt und die Überprüfung sowie Aufhebung der Maßnahme begehrt. Für die Auslegung der Erklärung ist nach den im öffentlichen Recht entsprechend anzuwendenden §§ 133, 157 BGB maßgebend, wie diese vom Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsauffassung verstanden werden musste. Zu berücksichtigen sind grundsätzlich alle Umstände, die dem Empfänger bei Zugang der Erklärung erkennbar waren. Verbleibende Zweifel sind durch Rückfrage zu klären. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist nach anerkannter Auslegungsregel zu Gunsten des Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen. Dies gilt im Grundsatz auch für anwaltliche Anträge und Rechtsbehelfe, soweit diese auslegungsfähig und -bedürftig sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2001 - 8 C 17/01 -, NJW 2002, S. 1137 <1139>; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25. November 2016 - 1 S 1750/16 -, juris, Rn. 4; Hüttenbrink, in: BeckOK VwGO, § 69 Rn. 4 <01.01.2017>; Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 69 Rn. 4 ; jew. m.w.N.).

19

Allein aus der Vorlage einer Vollmacht lässt sich der Wille zur Einlegung des Rechtsbehelfs, zu dem die Vollmacht ermächtigt, nicht ableiten. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Vorlage der Vollmacht nicht die Vornahme der entsprechenden Verfahrenshandlung ersetzt. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann ein Beteiligter sich im Verwaltungsverfahren durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 VwVfG ermächtigt die Vollmacht zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. Der Begriff "Verfahrenshandlungen" ist weit auszulegen. Es rechnen hierzu nicht allein alle das Verfahren selbst betreffenden aktiven Handlungen (z. B. Antragstellung, Akteneinsicht), sondern auch alle Handlungen, die zugleich Rechtswirkungen auf den Gegenstand des Verfahrens haben (z. B. Aufrechnung, Vergleich), auch passive, wie die Entgegennahme von behördlichen Erklärungen (vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 14 Rn. 11). Danach ist zwischen der Vornahme der Verfahrenshandlung - z. B. Einlegung des Widerspruchs - und der Vorlage der Vollmacht zu unterscheiden; letztere dient (lediglich) dem Nachweis der Vollmacht (§ 14 Abs. 1 Satz 3 VwVfG) und belegt den Willen, dass der Bevollmächtigte im Namen des Beteiligten auftritt und in seinem Namen handelt (§ 164 Abs. 1 BGB).

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ee) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zeigt die Klägerin auch nicht auf, soweit sie geltend macht, die Beklagte sei gemäß § 25 VwVfG verpflichtet gewesen sei, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin unverzüglich auf die fehlende Widerspruchseinlegung gegen den Erschließungsbeitragsbescheid hinzuweisen. Die Klägerin setzt sich schon nicht mit dem Argument des Verwaltungsgerichts auseinander, es sei nicht dargetan, ob einem Mitarbeiter der Beklagten innerhalb der Rechtsmittelfrist überhaupt aufgefallen ist, dass im Fall der Klägerin lediglich Widersprüche gegen den Ausbaubeitragsbescheid eingegangen seien. Die Beratungspflicht nach § 25 Abs. 1 Satz 1 VwVfG verlangt Kenntnis der versehentlich unterbliebenen Anträge oder Erklärungen (vgl. Herrmann, in: BeckOK VwVfG, § 25 Rn. 6 <01.01.2017>).

21

2. Eine Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist nicht dargelegt. Erforderlich ist insoweit die Darlegung, mit welchem Rechtssatz das Verwaltungsgericht von einem in der Rechtsprechung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte aufgestellten Rechtssatz abgewichen sein soll. Dazu muss der Rechtsmittelführer zum einen die Entscheidung des Gerichts, von der abgewichen werden soll, sowie einen in dieser Entscheidung enthaltenen entscheidungserheblichen abstrakten Rechtsatz so bezeichnen, dass er ohne langes Suchen auffindbar ist. Zum anderen muss er einen gleichfalls entscheidungserheblichen ebenso abstrakten Rechtssatz aus der angefochtenen Entscheidung anführen oder - soweit ein solcher in der Entscheidung nicht ausdrücklich ausgesprochen ist - herausarbeiten und aufzeigen, dass der Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung von dem in der Divergenzentscheidung aufgestellten Rechtssatz in Anwendung derselben Vorschrift abweicht (vgl. Seibert, in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 215). Daran fehlt es.

22

aa) Die von der Klägerin u. a. dem Bundesverwaltungsgericht zugeschriebene Passage,

23

Besondere Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs bestehen nicht. Insbesondere ist weder die Bezeichnung als Widerspruch noch ein bestimmter Antrag und eine Begründung vorgeschrieben. Es muss aus der abgegebenen Erklärung nur erkennbar sein, dass der Betroffene sich durch einen bestimmten Verwaltungsakt beschwert fühlt und eine Nachprüfung begehrt. Nach dem verfassungsrechtlichen Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes als Auslegungshilfe ist im Zweifel zu Gunsten des Bescheidempfängers anzunehmen, dass er den in der Sache in Betracht kommenden Rechtsbehelf einlegen wollte.“,

24

entstammt nicht dem eventuell in Bezug genommenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 1990 (- 8 C 70/88 -, NJW 1991, 508 ff). Die Klägerin benennt daher schon keinen abstrakten Rechtssatz eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte. Soweit die Klägerin als Urheber der von ihr genannten Passage darüber hinaus pauschal „die Rechtsprechung“ benennt, mangelt es an der erforderlichen Bezeichnung eines divergenzfähigen Gerichts i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.

25

Darüber hinaus ist auch nicht dargelegt oder sonst ersichtlich, dass der von der Klägerin aus der angefochtenen Entscheidung herausgearbeitete Rechtssatz des Verwaltungsgerichts,

26

Die Vorlage der Vollmacht einer Bevollmächtigung zur Durchführung eines Widerspruchverfahrens gegen einen erhaltenen Bescheid kann nicht als Widerspruch gegen diesen ausgelegt werden.“,

27

von der o. g. Passage abweicht. Nach zutreffender Ansicht des Verwaltungsgerichts belegt die Vollmacht die Ermächtigung zur Vornahme einer Verfahrenshandlung im Namen des Beteiligten, ersetzt die Vornahme der entsprechenden Verfahrenshandlung allerdings nicht. Daher ist allein durch Vorlage der Vollmacht nicht erkennbar, dass der Betroffene sich durch einen bestimmten Verwaltungsakt beschwert fühlt und eine Nachprüfung begehrt. Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht nicht auf die Vorlage einer Vollmacht zur Durchführung eines Widerspruchsverfahrens gegen einen bestimmten Bescheid abgestellt, sondern auf die vorgelegten (abstrakteren) Vollmachten in Sachen „Widerspruchsverfahren A-Straße (Ausbau- und Erschließungsbeitrag).“

28

bb) Auch der dem Bundesverwaltungsgericht von der Klägerin zugeschriebene Rechtssatz,

29

Einer Behörde ist es verwehrt, sich auf Verfristung zu stützen, wenn sie einen Formfehler eines eingelegten Rechtsmittels erkannt hat und den Rechtsmittelführer nicht rechtzeitig hierauf hingewiesen hat.“,

30

ist mangels der Bezeichnung von Entscheidungsdatum, Aktenzeichen und konkreter Fundstelle nicht hinreichend nachgewiesen; schon deshalb ist eine Divergenz nicht dargelegt.

31

Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht weder ausdrücklich noch sinngemäß den ihm von der Klägerin zugeschriebenen Rechtssatz aufgestellt,

32

„Einer Behörde obliegt keine Hinweispflicht gegenüber einem Organ der Rechtspflege auf einen erkennbaren Bürofehler, auch wenn hierdurch Verfristung droht.

33

Das Verwaltungsgericht hat offen gelassen, ob eine Hinweispflicht gegenüber einem Organ der Rechtspflege überhaupt besteht, weil nicht dargetan sei, ob einem Mitarbeiter der Beklagten der fehlende Widerspruch gegen den Erschließungsbeitragsbescheid innerhalb der Rechtsmittelfrist überhaupt aufgefallen ist (UA S. 15). Dies steht im Einklang mit dem von der Klägerin dem Bundesverwaltungsgericht zugeschriebenen Rechtssatz, wonach die Hinweispflicht davon abhänge, dass die Behörde den Formfehler eines eingelegten Rechtsmittels erkannt hat (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 10. November 2016 - 8 C 11/15 -, juris, Rn. 24).

34

cc) Schließlich ist auch der dem Bundesverwaltungsgericht von der Klägerin zugeschriebene Rechtssatz,

35

Im Hinblick auf den Rechtsschutzzweck des Vorverfahrens und weil im Rechtsstaat den Verpflichtungen der Verwaltung grundsätzlich subjektive Rechte der Bürger entsprechen, ist ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erlass eines Widerspruchsbescheids im Grundsatz zu bejahen.“,

36

nicht hinreichend nachgewiesen und eine Divergenz schon deshalb nicht dargelegt.

37

Im Übrigen entspricht der Rechtssatz des Verwaltungsgerichts,

38

Eine auf Erlass eines Widerspruchsbescheids gerichtete Klage ist regelmäßig unzulässig.“,

39

jedenfalls in den Fällen, in denen die Widerspruchsbehörde - wie hier - nur (noch) eine gebundene Rechtsentscheidung zu treffen hätte, der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. April 1997 - 6 B 6/97 -, juris, Rn. 28 m.w.N.). Zumindest insofern hätte das Bundesverwaltungsgericht an seiner - wie behauptet - abweichenden früheren Rechtsprechung nicht festgehalten, womit eine Divergenzzulassung nicht gerechtfertigt ist (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 175).

40

3. Auch der weiter angeführte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird nicht den Anforderungen des § 124 Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO entsprechend dargelegt.

41

Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass der Rechtsmittelführer eine bestimmte, obergerichtlich oder höchstrichterlich noch nicht hinreichend geklärte und für die Berufungsentscheidung erhebliche Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufzeigt, weshalb diese Frage entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist und ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Hierfür ist erforderlich, dass sich der Zulassungsantrag mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert, d. h. in einer Weise auseinandersetzt, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dem Klärungsbedarf nicht gerecht wird (vgl. Seibert, in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 211 ff.). Diesen Anforderungen genügt die Antragsbegründung nicht.

42

aa) Die aufgeworfene Rechtsfrage,

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Reicht der Eingang einer Vollmacht durch den Bevollmächtigten auf Erhebung eines Widerspruchs gegen den belastenden Beitragsbescheid bei der Ausgangsbehörde für die Wahrung der Widerspruchsfrist aus?“,

44

ist so gestellt nicht klärungsfähig. Sie würde sich in einem etwaigen Berufungsverfahren so nicht stellen. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die den Widersprüchen gegen den Ausbaubeitragsbescheid beigefügten anwaltlichen Vollmachten könnten wegen ihrer Formulierung „Ausbau- und Erschließungsbeiträge“ nicht auch als Widerspruch gegen den Erschließungsbeitragsbescheid ausgelegt werden. Auch im Zulassungsvorbringen wird die Vollmacht wie folgt zitiert: „Rechtsanwalt B. […] wird hiermit in Sachen Widerspruchsverfahren A-Straße wegen (Ausbau- und Erschließungsbeitrag) Vollmacht erteilt […]“. Danach ist es nicht entscheidungserheblich, ob der Eingang einer Vollmacht auf Erhebung eines Widerspruchs gegen den belastenden Beitragsbescheid für die Wahrung der Widerspruchsfrist ausreicht, weil eine derart präzisierte Vollmacht hier nicht vorgelegt wurde.

45

bb) Auch hinsichtlich der aufgeworfenen Rechtsfrage,

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Kann sich eine Behörde auf Fristablauf einer Widerspruchsfrist oder der Erhebung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den in den vorigen Stand berufen, wenn sie die Fristversäumnis erkannt hat oder hätte erkennen müssen und den Bescheidempfänger oder seinen Prozessbevollmächtigten nicht rechtzeitig hierauf hingewiesen hat, auch wenn es ihr noch innerhalb der Frist möglich gewesen wäre?“,

47

ist die Klärungsfähigkeit nicht dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat entscheidungstragend darauf abgestellt, es sei nicht dargetan, ob ein Mitarbeiter der Beklagten davon Kenntnis hatte, dass im Fall der Klägerin kein Widerspruch gegen den Erschließungsbeitragsbescheid eingegangen sei. Auch das Zulassungsvorbringen verhält sich hierzu nicht. Damit kommt es hier nicht darauf an, ob sich eine Behörde auf Fristablauf berufen kann, wenn sie die Fristversäumnis erkannt hat. Es fehlt auch an jeglichem Vorbringen der Klägerin, weshalb die Beklagte die Fristversäumnis vorliegend hätte erkennen müssen, womit die aufgeworfene Grundsatzfrage auch insoweit nicht klärungsfähig ist.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

49

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

50

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 25 Beratung, Auskunft, frühe Öffentlichkeitsbeteiligung


(1) Die Behörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestell

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 14 Bevollmächtigte und Beistände


(1) Ein Beteiligter kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. Der Bevollmächtigte ha

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 28. Apr. 2017 - 4 L 226/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 28. Apr. 2017 - 4 L 226/16 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 10. Nov. 2016 - 8 C 11/15

bei uns veröffentlicht am 10.11.2016

Tatbestand 1 Die Klägerin, ein Unternehmen zur Herstellung von Flachglas, begehrt für das Jahr 2013 eine Begrenzung der EEG-Umlage nach der Besonderen Ausgleichsregelung

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 23. Dez. 2015 - 2 O 171/15

bei uns veröffentlicht am 23.12.2015

Gründe 1 Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weil das Verfahren vor der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch bereits durch überei

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weil das Verfahren vor der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch bereits durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet worden ist und eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch nicht ausnahmsweise aus Billigkeitsgründen geboten war.

2

Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt regelmäßig nicht mehr in Betracht, wenn das Verfahren in der Hauptsache bereits beendet ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 17.02.2015 – 2 O 9/15 –, juris RdNr. 2). Dies folgt insbesondere aus der Beschränkung auf eine „beabsichtigte" Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und der Funktion der Prozesskostenhilfe, einer bedürftigen Partei den Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz zu ermöglichen. Demgegenüber hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht die Aufgabe, finanziell bedürftige Personen für prozessbedingte Kosten bzw. dafür eingegangene Verpflichtungen nachträglich zu entschädigen. Eine rückwirkende Gewährung von Prozesskostenhilfe nach Abschluss des Verfahrens ist allerdings aus Gründen der Billigkeit in besonders gelagerten Einzelfällen angebracht. Sie kann ausnahmsweise in Fällen geboten sein, in denen die sachlichen Voraussetzungen für die Bewilligung zu einem früheren Zeitpunkt, als die Rechtsverfolgung noch beabsichtigt war, vorgelegen haben und es lediglich in Folge eines Versäumnisses des Gerichts nicht zu einer rechtzeitigen Entscheidung über den Bewilligungsantrag gekommen ist (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 24.08.2011 – 1 O 128/11 –, juris). Gleiches gilt, wenn der Kläger vor dem Wegfall der Rechtshängigkeit alles ihm Zumutbare getan hat, um eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zu erreichen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 20.05.2014 – 11 PA 186/13 –, juris RdNr. 8).

3

Hiernach kommt eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugunsten der Klägerin nicht in Betracht. Im Zeitpunkt der Entscheidung über ihr Prozesskostenhilfegesuch am 11.11.2015 ist das verwaltungsgerichtliche Verfahren bereits beendet gewesen. Der Rechtsstreit ist durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten vom 14.10.2015 und 30.10.2015 beendet worden.

4

Es ist auch nicht aus Gründen der Billigkeit geboten, ausnahmsweise rückwirkend Prozesskostenhilfe zu gewähren. Die sachlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe lagen auch vor der Beendigung des Verfahrens durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen nicht vor, denn die Klage hatte keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Zwar dürfte dies – anders als das Verwaltungsgericht in seinem Einstellungsbeschluss vom 11.11.2015 angenommen hat, nicht daraus folgen, dass sich der Festsetzungsbescheid vom 04.12.2014 nach Durchführung der Ersatzvornahme erledigt hat (vgl. OVG NW, Urt. v. 13.06.2006 – 13 A 623/04 –, juris RdNr. 37). Das Verwaltungsgericht hat jedoch im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die erhobene Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte, weil es an einem Rechtsschutzbedürfnis für die von der Klägerin erhobene Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheides fehlte.

5

Eine auf Erlass eines Widerspruchsbescheides gerichtete Klage ist regelmäßig – so auch hier – unzulässig (vgl. BayVGH, Beschl. v. 01.07.2013 – 7 ZB 13.305 –, juris RdNr. 12; HessVGH, Beschl. v. 15.10.2013 – 6 A 1492/13.Z –, juris RdNr. 16). Der Senat schließt sich der in der Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung an, dass – mit Ausnahme einer hier nicht vorliegenden Drittwiderspruchskonstellation – grundsätzlich kein subjektives Recht auf den Erlass eines Widerspruchsbescheids besteht (vgl. VG Neustadt , Urt. v. 21.04.2010 – 1 K 1171/09.NW –, juris RdNr. 24 ff.). Dies erschließt sich bereits aus der gesetzlichen Systematik. Denn § 79 Abs. 2 VwGO eröffnet zwar in Ergänzung der Regelungen zur Anfechtungsklage die Möglichkeit, einen Widerspruchsbescheid isoliert anzufechten. Eine entsprechende gesetzliche Erweiterung der Regelungen zur Verpflichtungsklage dahin gehend, dass auf den Erlass eines Widerspruchsbescheids geklagt werden darf, kennt die Verwaltungsgerichtsordnung allerdings nicht. § 68 Abs. 2 VwGO verdeutlicht vielmehr, dass die Verpflichtungsklage sich auf die Vornahme eines abgelehnten Verwaltungsakts, nicht aber auf einen Widerspruchsbescheid, bezieht. Die Regelungen der §§ 68 ff. VwGO beschreiben somit vorprozessuale Obliegenheiten, enthalten aber keine isoliert einklagbaren Rechte und Pflichten innerhalb des Verwaltungsrechtsverhältnisses; die rechtlichen Interessen der Klägerseite sind insoweit durch die Möglichkeit der Erhebung einer Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO hinreichend geschützt (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 13.05.2009 – 1 A 62/08 –, juris RdNr. 24 m.w.N.). § 68 VwGO beschränkt sich also aus kompetenzrechtlichen Gründen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) auf die Verpflichtung, regelmäßig vor Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes ein Vorverfahren durchlaufen zu müssen; eine Anspruchsposition auf Erlass eines Widerspruchsbescheids lässt sich hieraus nicht ableiten (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 24.04.2009 – 4 PA 276/09 –, juris RdNr. 14). Dies bestätigt auch § 75 VwGO, der für den Fall der Untätigkeit der Widerspruchsbehörde nur bestimmt, dass nach Ablauf der dort genannten Frist der materielle Verpflichtungsanspruch unmittelbar, das heißt ohne Durchführung eines Vorverfahrens, mit der entsprechenden Klage verfolgt werden darf (NdsOVG, Beschl. v. 24.04.2009 – 4 PA 276/09 –, a.a.O.). Hingegen begründet § 75 VwGO keine den Katalog der VwGO erweiternde Klageart auf Erlass eines Widerspruchsbescheids. Die Untätigkeitsklage ist somit lediglich eine besondere Spielart der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage und kann im Falle eines Verpflichtungsbegehrens nur auf Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts gerichtet sein. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber in § 113 Abs. 5 VwGO den Gerichten vorgibt, in welcher Weise ein Verpflichtungsbegehren zum Gegenstand eines gerichtlichen Urteilsausspruchs zu machen ist, ohne dort die Verpflichtung zum Erlass eines Widerspruchsbescheids anzuführen. Schließlich führt selbst die Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften im Vorverfahren, wenn der Widerspruchsbescheid darauf beruht, gemäß § 79 Abs. 2 VwGO nur zur Aufhebung des Widerspruchsbescheids; ein Verpflichtungsausspruch gegenüber der Widerspruchsbehörde, einen (erneuten) Widerspruchsbescheid zu erlassen, erfolgt hingegen nicht (NdsOVG, Beschl. v. 24.04.2009 – 4 PA 276/09 –, a.a.O.).

6

Die Zulässigkeit einer auf den Erlass eines Widerspruchsbescheids gerichteten Klage kann auch nicht aus einer vermeintlichen Regelungslücke der Verwaltungsgerichtsordnung hergeleitet werden. Das Rechtsschutzsystem der Verwaltungsgerichtsordnung ist insoweit lückenlos, weil der Gesetzgeber für den Fall der Nichtentscheidung über einen Widerspruch in § 75 VwGO mit der Möglichkeit der Erhebung einer Anfechtungsklage ohne vorausgegangenes Vorverfahren eine den klägerischen Interessen hinreichend Rechnung tragende Regelung getroffen hat. Zudem bestimmt § 75 Satz 3 VwGO, dass das Gericht im Falle eines zureichenden Grundes für eine noch nicht erfolgte Entscheidung über einen Widerspruch das Verfahren unter Fristsetzung aussetzt. Eine Verurteilung zum Erlass eines Widerspruchsbescheids sieht die Verwaltungsgerichtsordnung auch in dieser Konstellation nicht vor. Schließlich kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe in der Verwaltungsgerichtsordnung ungewollt eine Regelungslücke gelassen, soweit es den hier streitigen Anspruch auf Erlass eines Widerspruchsbescheids betrifft. Hiergegen spricht, dass der Gesetzgeber mit §§ 79 Abs. 2 und 115 VwGO den Anwendungsbereich der Anfechtungsklage um die isolierte Anfechtung eines Widerspruchsbescheids erweitert hat. Da dem Gesetzgeber aber die Verpflichtungsklage als "Pendant" der Anfechtungsklage geläufig war (vgl. z.B. § 68 Abs. 2 VwGO), kann ihm nicht unterstellt werden, er habe eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Verpflichtungsklage um die Möglichkeit der isolierten Verpflichtung auf Erlass eines Widerspruchsbescheids schlicht vergessen.

7

Zuletzt sprechen auch prozessökonomische Erwägungen gegen eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Verpflichtungsklage. Denn im Rahmen einer nach den Vorgaben der Verwaltungsgerichtsordnung zulässigen Untätigkeitsklage kann ein Kläger ohne weitere Verzögerung eine gerichtliche Entscheidung über sein Anfechtungsbegehren herbeiführen. Die dennoch auf Erlass eines Widerspruchsbescheids gerichtete Klage führte hingegen zu einer zeitlichen Verschleppung der rechtsverbindlichen Klärung, ohne dass aus Sicht des Bürgers hierdurch eine größere Richtigkeitsgewähr der Rechtskontrolle erreicht würde. Zwar hat sich die Rechtsprechung bei der Prüfung, ob ein Anspruch auf Erlass eines Widerspruchsbescheids besteht, im Wesentlichen mit gebundenen Entscheidungen befasst (vgl. auch Beschl. d. Senats v. 20.05.2009 – 2 O 22/09 –, juris RdNr. 3). Die aufgezeigten systematischen Erwägungen zu den §§ 68, 75, 79 Abs. 2, 113 Abs. 5 und 114 VwGO gelten jedoch nicht nur für gebundene Entscheidungen, sondern auch im Falle eines der Behörde eingeräumten Ermessens. Denn die Frage der Ausgestaltung des gesetzlichen Klagekatalogs und die prozessuale Zulässigkeit einer Klage hängen insoweit nicht von der dem materiellen Recht zuzuordnenden Frage ab, ob die maßgebliche Norm eine gebundene oder eine Ermessensentscheidung erfordert (vgl. umfassend: VG Neustadt , Urt. v. 21.04.2010 – 1 K 1171/09.NW –, a.a.O.).

8

Die Klägerin hat auch nicht alles ihr Zumutbare getan, um eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag noch vor Wegfall der Rechtshängigkeit zu erreichen. Sie hat mit Schriftsatz vom 14.10.2015 den Rechtsstreit ohne weitere Einschränkungen für erledigt erklärt. Sie hätte jedoch eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag noch vor Wegfall der Rechtshängigkeit dadurch erreichen können, dass sie die Erledigungserklärung erst nach einer Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag abgibt. Hat es der bedürftige Prozessbeteiligte selbst in der Hand, eine Entscheidung des Gerichts zum Prozesskostenhilfeantrag zu erreichen, bevor die Rechtshängigkeit wegfällt, ist für Billigkeitserwägungen kein Raum (OVG MV, Beschl. v. 03.06.2005 – 1 O 55/05 –, juris RdNr. 9 ff.).

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

10

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ein Beteiligter kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. Der Bevollmächtigte hat auf Verlangen seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen. Ein Widerruf der Vollmacht wird der Behörde gegenüber erst wirksam, wenn er ihr zugeht.

(2) Die Vollmacht wird weder durch den Tod des Vollmachtgebers noch durch eine Veränderung in seiner Handlungsfähigkeit oder seiner gesetzlichen Vertretung aufgehoben; der Bevollmächtigte hat jedoch, wenn er für den Rechtsnachfolger im Verwaltungsverfahren auftritt, dessen Vollmacht auf Verlangen schriftlich beizubringen.

(3) Ist für das Verfahren ein Bevollmächtigter bestellt, so soll sich die Behörde an ihn wenden. Sie kann sich an den Beteiligten selbst wenden, soweit er zur Mitwirkung verpflichtet ist. Wendet sich die Behörde an den Beteiligten, so soll der Bevollmächtigte verständigt werden. Vorschriften über die Zustellung an Bevollmächtigte bleiben unberührt.

(4) Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht.

(5) Bevollmächtigte und Beistände sind zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes Rechtsdienstleistungen erbringen.

(6) Bevollmächtigte und Beistände können vom Vortrag zurückgewiesen werden, wenn sie hierzu ungeeignet sind; vom mündlichen Vortrag können sie nur zurückgewiesen werden, wenn sie zum sachgemäßen Vortrag nicht fähig sind. Nicht zurückgewiesen werden können Personen, die nach § 67 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung zur Vertretung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren befugt sind.

(7) Die Zurückweisung nach den Absätzen 5 und 6 ist auch dem Beteiligten, dessen Bevollmächtigter oder Beistand zurückgewiesen wird, mitzuteilen. Verfahrenshandlungen des zurückgewiesenen Bevollmächtigten oder Beistands, die dieser nach der Zurückweisung vornimmt, sind unwirksam.

(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.

(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.

(1) Die Behörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Behörde erörtert, soweit erforderlich, bereits vor Stellung eines Antrags mit dem zukünftigen Antragsteller, welche Nachweise und Unterlagen von ihm zu erbringen sind und in welcher Weise das Verfahren beschleunigt werden kann. Soweit es der Verfahrensbeschleunigung dient, soll sie dem Antragsteller nach Eingang des Antrags unverzüglich Auskunft über die voraussichtliche Verfahrensdauer und die Vollständigkeit der Antragsunterlagen geben.

(3) Die Behörde wirkt darauf hin, dass der Träger bei der Planung von Vorhaben, die nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben können, die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, die Mittel, es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet (frühe Öffentlichkeitsbeteiligung). Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung soll möglichst bereits vor Stellung eines Antrags stattfinden. Der betroffenen Öffentlichkeit soll Gelegenheit zur Äußerung und zur Erörterung gegeben werden. Das Ergebnis der vor Antragstellung durchgeführten frühen Öffentlichkeitsbeteiligung soll der betroffenen Öffentlichkeit und der Behörde spätestens mit der Antragstellung, im Übrigen unverzüglich mitgeteilt werden. Satz 1 gilt nicht, soweit die betroffene Öffentlichkeit bereits nach anderen Rechtsvorschriften vor der Antragstellung zu beteiligen ist. Beteiligungsrechte nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tatbestand

1

Die Klägerin, ein Unternehmen zur Herstellung von Flachglas, begehrt für das Jahr 2013 eine Begrenzung der EEG-Umlage nach der Besonderen Ausgleichsregelung des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2012).

2

Sie beantragte unter dem 29. Mai 2012 beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bundesamt) eine Begrenzung der EEG-Umlage für das Jahr 2013 für ihre Abnahmestelle in dem von ihr in B., Ortsteil T., betriebenen Floatglaswerk. An dieser Abnahmestelle verbrauchte die Klägerin in ihrem Geschäftsjahr 2011 (1. Januar bis 31. Dezember 2011) für ihre Produktion 38,8367 GWh Strom. Mit ihrem Antrag reichte sie eine Bescheinigung der BSI ... GmbH (BSI) ein, in der diese bestätigte, dass die Klägerin am Standort B. ein Energiemanagementsystem gemäß DIN EN 16001:2009 anwende. Die Bescheinigung enthielt den Vermerk: "Ursprünglich zertifiziert: 23/12/2010 - Letzte Ausgabe: 23/12/2010 - Ablaufdatum: 21/12/2013". Im Verwaltungsvorgang befindet sich ein an die Klägerin adressiertes, aber nicht versandtes Schreiben des Bundesamts vom 19. Juni 2012. Es enthielt unter anderem die Bitte, zusätzlich ein Überprüfungsauditzertifikat oder einen Auditbericht vorzulegen, das bzw. der nicht älter als das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr sein dürfe und spätestens bis zur Ausschlussfrist ausgestellt worden sein müsse. Mit Bescheid vom 22. Februar 2013 lehnte das Bundesamt den Antrag der Klägerin ab. Die erforderlichen Antragsunterlagen seien nicht vollständig fristgerecht eingereicht worden. Zum Fristablauf am 2. Juli 2012 habe eine gültige Bescheinigung einer Zertifizierungsstelle gefehlt. Die am 29. Mai 2012 eingereichte Bescheinigung der BSI genüge nicht, da sie am 23. Dezember 2010 und damit vor dem Beginn des maßgeblichen letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres 2011 ausgestellt worden sei.

3

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat die Klägerin im Juli 2013 Klage erhoben und mit Schriftsatz vom 19. März 2014 erstmals eine Bescheinigung vom 28. Februar 2013 vorgelegt, in der die BSI die Zertifizierung nach DIN EN 16001:2009 für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 für die streitgegenständliche Abnahmestelle der Klägerin bestätigt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 28. März 2014 abgewiesen.

4

Im Berufungsverfahren hat die Klägerin am 30. Juli 2015 ein weiteres Zertifikat der BSI vom 7. Juni 2012 vorgelegt, in dem bestätigt wird, dass die Klägerin ein Energiemanagementsystem gemäß ISO 50001:2011 an ihrem Standort in B. anwende. Zugleich legte sie einen undatierten Auditbericht über einen Prüferbesuch vom 10. bis 12. November 2011 vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 30. Juli 2015 zurückgewiesen. Der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die von der Klägerin begehrte Begrenzung der EEG-Umlage für das Jahr 2013 sei § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 i.V.m. § 41 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009 zugrunde zu legen. Der Wortlaut der in § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 enthaltenen Übergangsbestimmung sei eindeutig. Eine wortgetreue Anwendung dieser Übergangsvorschrift habe zur Folge, dass Unternehmen wie die Klägerin, die auch in der Vergangenheit Anträge gestellt hätten und stets einen Stromverbrauch von mehr als 10 GWh hätten nachweisen können, im Antragsjahr 2012 ein letztes Mal die Zertifizierung "im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr" hätten nachweisen müssen. Eine teleologische Reduktion des § 66 Abs. 13 EEG 2012 - wie von der Klägerin gefordert - dergestalt, die Nr. 2 der Vorschrift zu streichen, sei unzulässig. Es gebe nicht genügend Anhaltspunkte dafür, dass die Vorschrift des § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 im Fall der Klägerin einen Sachverhalt erfasse, den sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht habe erfassen sollen.

5

Auf der Grundlage des danach anwendbaren § 41 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009 müsse die den Zertifizierungsprozess abschließende Bescheinigung tatsächlich im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr erstellt und ausgestellt worden sein, um den gesetzlichen Erfordernissen zu genügen. Diese Voraussetzungen habe die Klägerin nicht nachgewiesen. Das von ihr innerhalb der Antragsfrist eingereichte Zertifikat erfülle die Anforderungen des § 41 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009 an die Zertifizierung nicht, da es nicht im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr, dem Jahr 2011, sondern am 23. Dezember 2010 erstellt und ausgestellt worden sei. Es reiche nicht aus, dass sich das Zertifikat selbst eine Gültigkeitsdauer bis zum 21. Dezember 2013 beimesse. Die im gerichtlichen Verfahren von der Klägerin vorgelegten weiteren Unterlagen seien unbeachtlich, da sie jedenfalls nicht innerhalb der Ausschlussfrist beim Bundesamt eingegangen seien. Es verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn sich das Bundesamt auf dieses Fristversäumnis berufe.

6

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, die Übergangsbestimmung des § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 sei auf ihren Antrag nicht anwendbar. Die Antragstellung habe durch sie erleichtert werden sollen. Die Norm sei ausschließlich als Übergangsvorschrift zugunsten von erstmals antragsberechtigten und zertifizierungspflichtigen Unternehmen zu verstehen. Für die übrigen Gruppen von möglichen Antragstellern habe es keiner Übergangsregelung bedurft. Unternehmen, die einen jährlichen Gesamtstromverbrauch von weniger als 10 GWh/Jahr aufwiesen, unterfielen dem Zertifizierungserfordernis auch nach der Neuregelung generell nicht. Unternehmen, die - wie die Klägerin - dem Zertifizierungserfordernis wegen eines Stromverbrauchs von mehr als 10 GWh an einer Abnahmestelle schon in der Vergangenheit unterlegen hätten, hätten nicht an die Zertifizierungspflicht herangeführt werden müssen. Sie hätten daher ausschließlich davon profitieren können und sollen, dass der Gesetzgeber mit dem EEG 2012 den zeitlichen Bezug der Zertifizierung habe abschaffen wollen. Selbst wenn § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 tatbestandlich anwendbar sein sollte, hätte sie eine ausreichende Zertifizierungsbescheinigung vorgelegt. Auf ein bestimmtes Erstell- oder Ausstellungsdatum der Bescheinigung komme es wegen des in § 41 Abs. 2 Satz 3 EEG 2012 fehlenden Zeitbezugs nicht an.

7

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Juli 2015 und des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 28. März 2014 zu ändern und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle unter Aufhebung seines Bescheids vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2013 zu verpflichten, die EEG-Umlage für die Abnahmestelle G.straße ... in ... B. gemäß ihrem Antrag vom 29. Mai 2012 zu begrenzen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Berufungsurteil verletzt zwar Bundesrecht; es erweist sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 4 VwGO).

11

1. Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass für die rechtliche Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens der Klägerin auf Begrenzung der EEG-Umlage für ihre Abnahmestelle in B. die Rechtslage maßgeblich ist, die zum Ablauf der Antragsfrist bestand (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 22. Juli 2015 - 8 C 7.14 - juris Rn. 14, insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 152, 313). Der am 29. Mai 2012 für das Jahr 2013 geltend gemachte Anspruch bestimmt sich nach der besonderen Ausgleichsregelung der §§ 40 ff. des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) vom 25. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2074) i.d.F. des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1634), das in dieser Fassung vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Juli 2014 in Kraft war (im Folgenden: EEG 2012). Hinsichtlich des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen nach § 41 EEG 2012 ist auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Antragsfrist nach § 43 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 i.V.m. § 31 Abs. 3 Satz 1 VwVfG abzustellen. Das war der 2. Juli 2012.

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2. Ebenso zutreffend ist die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Übergangsvorschrift des § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 auf den Antrag der Klägerin Anwendung findet. Der Auffassung der Klägerin, wonach diese Vorschrift nur als Übergangsbestimmung zugunsten von Unternehmen zu verstehen sei, die erstmals antragsberechtigt und zertifizierungspflichtig seien, ist der Verwaltungsgerichtshof zu Recht nicht gefolgt. Ein derart eingeschränktes Verständnis der Bestimmung ist nicht geboten. Für die von der Klägerin angeregte teleologische Reduktion besteht kein Anlass. Die Gerichte sind nur ausnahmsweise befugt, den Wortlaut einer Vorschrift zu korrigieren, wenn die gesetzliche Regelung nach ihrem Wortsinn Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll. In einem solchen Fall ist eine zu weit gefasste Regelung im Wege der teleologischen Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (BVerwG, Urteile vom 9. Februar 2012 - 5 C 10.11 - BVerwGE 142, 10 Rn. 15 und vom 1. März 2012 - 5 C 11.11 - BVerwGE 142, 107 Rn. 30). Es ist aber nicht ersichtlich, dass die grammatikalische Fassung des § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll.

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a) Nach § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 findet § 41 für die Antragstellung im Jahr 2012 mit der Maßgabe Anwendung, dass für Unternehmen mit einem Stromverbrauch von mindestens 10 GWh anstelle des § 41 Abs. 1 Nr. 2 § 41 Abs. 1 Nr. 4 in der am 31. Dezember 2011 geltenden Fassung gilt. Nach § 41 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) vom 25. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2074, im Folgenden: EEG 2009), das vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 in Kraft war, erfolgt bei einem Unternehmen des produzierenden Gewerbes die Begrenzung nur, soweit es nachweist, dass und inwieweit im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr eine Zertifizierung erfolgt ist, mit der der Energieverbrauch und die Potentiale zur Verminderung des Energieverbrauchs erhoben und bewertet worden sind. Im Gegensatz dazu verlangt § 41 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2012 keinen zeitlichen Zusammenhang mehr zwischen der Zertifizierung und dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr des Unternehmens. Hintergrund dieser zeitlichen Entkoppelung waren zahlreiche gescheiterte Anträge, weil Unternehmen in dem Zeitpunkt, in dem sie feststellten, dass sie die Antragsvoraussetzungen im Übrigen erfüllten, die Zertifizierung wegen des Ablaufs des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres nicht mehr nachholen konnten. Deshalb sollte es ausreichen, wenn die Zertifizierung im Zeitpunkt der Antragstellung gültig ist (vgl. BR-Drs. 341/11 S. 165, ebenso schon der 1. Referentenentwurf vom 17. Mai 2011).

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Die Übergangsvorschrift des § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 fand erstmals im 2. Referentenentwurf vom 30. Mai 2011 Eingang in den Gesetzestext. Sie enthielt einen Verweis auf § 41 Abs. 1a des Gesetzentwurfs, der in Abkehr von den Zertifizierungsanforderungen des EEG 2009 die Einführung eines zertifizierten Energiemanagementsystems vorsah. Dieses wurde in § 41 Abs. 1a näher definiert und sollte sicherstellen, dass die begünstigten Unternehmen ihre Einsparpotentiale auch umsetzen. Der Regierungsentwurf und der textidentische Entwurf der damaligen Regierungsfraktionen CDU/CSU und FDP vom 6. Juni 2011 behielten die zeitliche Entkoppelung der Zertifizierung vom letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr bei, verzichteten aber auf die Einführung des Erfordernisses eines Energiemanagementsystems nach § 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1a (vgl. BR-Drs. 341/11 S. 53, 56, 184 f. sowie BT-Drs. 17/6071 S. 84, 93, 96). Gleichwohl enthielt die Übergangsregelung des § 66 Abs. 13 weiterhin den Verweis auf - die inzwischen gestrichene - Bestimmung des § 41 Abs. 1a (vgl. BT-Drs. 17/6071 S. 29). Erst die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 29. Juni 2011 hat die Streichung des Verweises in § 66 Abs. 13 Nr. 2 auf § 41 Abs. 1a vorgenommen. Von dieser redaktionellen Änderung abgesehen hielt der Ausschuss aber an der Übergangsbestimmung des § 66 Abs. 13 Nr. 2 zu § 41 Abs. 1 fest (vgl. BT-Drs. 17/6363 S. 11).

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Die Beibehaltung der Übergangsvorschrift des § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 trotz Streichung des § 41 Abs. 1a deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber zwar einen redaktionellen Gleichklang zwischen beiden Vorschriften herstellen, an der Übergangsvorschrift aber bewusst festhalten wollte. Jedenfalls zeigt die ausdrückliche Befassung des Gesetzgebers im Umweltausschuss mit der Vorschrift, dass von einem Redaktionsversehen nicht ausgegangen werden kann. Die Vorschrift verfügt auch über einen sinnvollen Anwendungsbereich. Ihre vorübergehende Beibehaltung für das Begrenzungsjahr 2013 ist zudem sachlich begründet. Sie dient der Herstellung von Wettbewerbsgleichheit. Unternehmen, die - wie die Klägerin - vor Inkrafttreten des EEG 2012 das Zertifizierungsverfahren bereits eingeleitet hatten, sollten nicht benachteiligt werden gegenüber erstmaligen Antragstellern, die nach den Bestimmungen des EEG 2012 die Zertifizierung im ersten Halbjahr des auf die Antragstellung folgenden Jahres durchführen lassen und diese dann für zwei Antragsjahre verwenden konnten.

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b) Auf der Grundlage des § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 i.V.m. § 41 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009 musste auch im Fall der Klägerin die Zertifizierung im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr erfolgt sein. Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof § 41 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009 dahin ausgelegt, dass die den Zertifizierungsprozess abschließende Bescheinigung tatsächlich im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr erstellt und ausgestellt worden sein muss. Diese Auslegung steht mit Bundesrecht nicht im Einklang. Wie der Senat bereits entschieden hat, meint der in § 41 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009 verwendete Begriff der Zertifizierung das Verfahren der Erhebung und Bewertung energiewirtschaftlich relevanter Daten und Potentiale, während die Ausstellung einer Zertifizierungsbescheinigung erst in § 41 Abs. 2 Satz 2 EEG 2009 (hier: § 41 Abs. 2 Satz 3 EEG 2012) gefordert wird. Dieser Nachweis ist nicht schon notwendiger Bestandteil der Zertifizierung und muss daher auch nicht im letzten abgelaufenen Geschäftsjahr ausgestellt sein. Vielmehr genügt es, dass die Bescheinigung bis zum Ablauf der Antragsfrist ausgestellt und eingereicht wird (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2016 - 8 C 3.15 - Buchholz 451.178 EEG Nr. 5 Rn. 14). Das gilt auch dann, wenn § 41 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009 - wie hier - erst über den Verweis des § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 zur Anwendung gelangt.

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3. Das angefochtene Urteil beruht auf der fehlerhaften Auslegung des § 41 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009, stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin der geltend gemachte Begrenzungsanspruch nicht zusteht. Sie hat nicht gemäß § 41 Abs. 2 Satz 3 EEG 2012 nachgewiesen, dass die nach § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012, § 41 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009 erforderliche Zertifizierung im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr vor der Antragstellung erfolgt ist.

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a) Das rechtzeitig vor Ablauf der Antragsfrist eingereichte Zertifikat der BSI, das der Klägerin unter dem 23. Dezember 2010 bescheinigt, an ihrem Standort B. ein Energiemanagementsystem gemäß DIN EN 16001:2009 anzuwenden, genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Eine Bescheinigung, die bereits vor Beginn des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres 2011 ausgestellt worden ist, ist von vornherein nicht geeignet, eine in diesem Jahr erfolgte Zertifizierung nachzuweisen. Die weiteren im Rahmen des Verwaltungsgerichtsprozesses vorgelegten Bescheinigungen vom 28. Februar 2013 und vom 7. Juni 2012 sowie der undatierte Auditbericht genügen den gesetzlichen Anforderungen ebenfalls nicht, weil sie erst nach Ablauf der Antragsfrist und damit verspätet eingereicht wurden.

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§ 43 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 enthält eine materielle Ausschlussfrist. Sie bezieht sich neben dem Antrag ausdrücklich auch auf die vollständigen Antragsunterlagen. Dazu zählen alle gesetzlich geforderten Unterlagen, zu denen gemäß § 41 Abs. 2 Satz 3 EEG 2012 auch die Bescheinigung der Zertifizierungsstelle gehört. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die nachgereichten Dokumente daher nicht als bloße Erläuterungen zu den Antragsunterlagen zu bewerten, für die die Ausschlussfrist ohne Relevanz wäre.

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Die materielle Ausschlussfrist des § 43 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 steht mit höherrangigem Recht im Einklang. Die materielle Präklusion verspäteter Nachweise bezweckt, dass alle Anträge auf einer einheitlichen Datenbasis bearbeitet und zum gleichen Zeitpunkt beschieden werden können. Damit sollen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle stromintensiven Unternehmen hergestellt werden. Die behördliche Prüfung der Voraussetzungen für eine Begrenzung der EEG-Umlage kann bereits ab 30. Juni des laufenden Jahres auf einer abschließenden und verlässlichen Tatsachengrundlage erfolgen, ohne dass eigene behördliche Ermittlungen erforderlich sind. Damit ist zugleich regelmäßig gesichert, dass alle Anträge rechtzeitig vor Beginn des Begrenzungszeitraums am 1. Januar des Folgejahres beschieden werden können (BVerwG, Urteil vom 22. Juli 2015 - 8 C 7.14 - BVerwGE 152, 313 Rn. 25 m.w.N.; vgl. auch zu früheren Gesetzesfassungen BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2011 - 8 C 52.09 - Buchholz 451.178 EEG Nr. 1 Rn. 24 ff. und vom 10. Dezember 2013 - 8 C 25.12 -Buchholz 451.178 EEG Nr. 2 Rn. 22 ff.).

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b) Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich das Bundesamt ohne Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben auf die Fristversäumnis berufen durfte. Der Klägerin, die innerhalb der Ausschlussfrist keine den gesetzlichen Anforderungen genügende Zertifizierungsbescheinigung eingereicht hat, ist keine Nachsicht in Form der Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist zu gewähren. Zwar dürfte der von der Klägerin in der Berufungsverhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof am 30. Juli 2015 vorgelegte Auditbericht über ein im Auftrag der BSI vom 10. bis 12. November 2011 durchgeführtes Überwachungsaudit durch zwei Prüfer den Anforderungen des § 41 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009 an einen entsprechenden Nachweis genügen (zu den Mindestanforderungen für die Zertifizierung vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2016 - 8 C 3.15 - Buchholz 451.178 EEG Nr. 5 Rn. 20). Die Voraussetzungen für eine Nachsichtgewährung liegen jedoch nicht vor.

22

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass sich Behörden unter bestimmten engen Voraussetzungen nicht auf den Ablauf einer die weitere Rechtsverfolgung abschneidenden oder die Anspruchsberechtigung vernichtenden Ausschlussfrist berufen dürfen. Diese Ausnahmen lassen sich nicht allgemeingültig, sondern nur im Einklang mit dem Regelungsbereich, in dem die Ausschlussfrist wirkt, und mit Blick auf ihre dortige Funktion bestimmen. Eine solche Ausnahme kommt in Betracht, wenn erstens die Versäumung der Frist auf staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückzuführen ist, ohne deren korrekte Beachtung der Betroffene seine Rechte nicht wahren kann, und wenn zweitens durch die Berücksichtigung der verspäteten Handlung der Zweck des Gesetzes nicht verfehlt würde (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. März 1996 - BVerwG 7 C 28.95 - BVerwGE 101, 39 <45>, vom 10. Dezember 2013 - 8 C 25.12 - Buchholz 451.178 EEG Nr. 2 Rn. 29 und vom 19. November 2015 - 2 C 48.13 - Buchholz 239.1 § 57 BeamtVG Nr. 15 Rn. 15). Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

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Soweit die Klägerin geltend macht, das Bundesamt hätte sie anlässlich ihrer Anfrage per Email vom 12. Juni 2012, ob das hochgeladene Zertifikat der BSI beim Bundesamt lesbar sei, auf die Ungültigkeit des Zertifikats hinweisen müssen, ist ein behördliches Fehlverhalten nicht erkennbar. Das Bundesamt hat auf die Anfrage der Klägerin telefonisch geantwortet und die technischen Umstände, die die Anfrage der Klägerin veranlasst hatten, erläutert. Gegenstand dieser Kommunikation war allein die formale Frage, ob das Dokument auf Seiten des Bundesamts lesbar oder ob zusätzlich eine postalische Übersendung erforderlich war. Das betraf nur die Übermittlung der eingereichten Unterlagen, nicht aber deren inhaltliche Bewertung.

24

Ein behördliches Fehlverhalten liegt indes darin, dass das Bundesamt auf die Absendung des an die Klägerin gerichteten Schreibens vom 19. Juni 2012 verzichtet hat. Damit hat das Bundesamt die ihm nach § 25 Abs. 1 VwVfG auferlegte Beratungspflicht verletzt. Es ist zwar nicht verpflichtet, die Antragsunterlagen bereits bei ihrem Eingang vor Ablauf der Antragsfrist anlasslos daraufhin zu überprüfen, ob sie den gesetzlichen Anforderungen genügen. Eine derartige "Vorprüfung" gebietet § 25 Abs. 1 VwVfG nicht (vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 25 Rn. 32). Stellt das Bundesamt jedoch schon bei kursorischer Sichtung der Antragsunterlagen fest, dass der Antrag offensichtlich fehlerhaft ist, hat es den Antragsteller regelmäßig auf ein solches Defizit seines Antrags und die Beseitigung des Fehlers hinzuweisen. So liegt es hier. Dem nicht abgesandten Schreiben des Bundesamts vom 19. Juni 2012 ist zu entnehmen, dass bereits bei kursorischer Durchsicht der Unterlagen aufgefallen war, dass das von der Klägerin mit ihrem Antrag eingereichte Zertifikat vom 23. Dezember 2010 den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprach. Das Schreiben enthält daher die Anregung, zusätzlich zu dem Zertifikat ein Überprüfungsauditzertifikat oder einen Auditbericht vorzulegen. Allerdings hätte die Klägerin auch ohne das Hinweisschreiben des Bundesamts vom 19. Juni 2012 ihre Rechte wahren können. Das ihr bekannte Untermerkblatt zur Zertifizierung II A 1. des Bundesamts (Stand: 15. Dezember 2011) enthält unter Ziffer II. 1.2. den Hinweis auf das Erfordernis, bei einer Zertifizierung nach ISO 50001 oder DIN EN 16001 zusätzlich zu einem nicht im aktuellen oder im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr ausgestellten Zertifikat ein Überprüfungsauditzertifikat oder einen Auditbericht vorzulegen. Das entspricht dem Inhalt des nicht abgesandten Hinweisschreibens vom 19. Juni 2012.

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Schließlich führt auch der im vorgenannten Untermerkblatt des Bundesamts unter Ziffer I. enthaltene Hinweis, dass die Übergangsregelung des § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 unbeachtlich sei, nicht zur Nachsichtgewährung. Dieser Hinweis ist nach den vorstehenden Ausführungen zwar unzutreffend. Die Klägerin hätte aber auch hier ihre Rechte unabhängig von diesem unzutreffenden Hinweis wahren können. Hätte sie dem Hinweis unter Ziffer II. 1.2. des Untermerkblatts für das von ihr angewandte Zertifizierungsverfahren Folge geleistet und ein Überprüfungsauditzertifikat oder einen Auditbericht fristgerecht vorgelegt, hätte das den gesetzlichen Anforderungen genügt. Hätte die Klägerin diesen Hinweis im Verhältnis zur Aussage, § 66 Abs. 13 Nr. 2 EEG 2012 sei unbeachtlich, hingegen als widersprüchlich betrachtet, wäre sie gehalten gewesen, diesen Widerspruch durch Nachfrage beim Bundesamt zu klären.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.