Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 16. Feb. 2016 - 3 L 486/14

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2016:0216.3L486.14.0A
bei uns veröffentlicht am16.02.2016

Gründe

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1. Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche Schwierigkeiten) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle - 7. Kammer - vom 15. Juli 2014 hat keinen Erfolg.

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1.1. Die von der Klägerin gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

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„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (vgl. OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen(vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33).

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Das Vorbringen der Klägerin begründet im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

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1.1.1. Soweit die Klägerin unter Ziffer III., 1. ihrer Antragsbegründungsschrift rügt, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, hinsichtlich des "Semesterticket(s) Freizeit" liege der Ausschlussgrund des § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr im Land Sachsen-Anhalt (ÖPNVG LSA) in der Fassung vom 22. Dezember 2010 (GVBl. S. 642) vor, ist dieser Rechtsauffassung nicht zu folgen. Vielmehr wirkt sich das "Semesterticket Freizeit" in diesem Zusammenhang nicht zuweisungserhöhend aus.

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Voranzustellen ist, dass nach § 8 Abs. 2 ÖPNVG LSA der öffentliche Personennahverkehr grundsätzlich durch Fahrgelderlöse zu finanzieren ist (Satz 1), wobei Zuwendungen an Verkehrsunternehmen zum Ausgleich für die Erfüllung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zulässig sind (Satz 2). Die Aufgabenträger (Landkreise und kreisfreie Städte [§ 1 Abs. 2 ÖPNVG LSA]) erhalten im Jahr 2011 vom Land aus den Mitteln des Regionalisierungsgesetzes zweckgebundene Zuweisungen in Höhe von 40 Millionen Euro für den Straßenpersonennahverkehr (§ 8 Abs. 3 Satz 1 ÖPNVG LSA), wobei sich nach der hier streitbefangenen Vorschrift des § 8a Abs. 1 Satz 1 ÖPNVG LSA der Zuweisungsbetrag u. a. aus dem unter Nr. 3 bestimmten Finanzierungsfaktor (der sog. Erfolgskomponente), dem Anteil der Fahrten je Einwohnern des Aufgabenträgers an der Gesamtsumme der Fahrten je Einwohner im Land, ohne Berücksichtigung der Fahrten der Auszubildenden nach § 9 (1. Alt.), der Fahrten der schwerbehinderten Menschen nach §§ 145 bis 151 SGB IX (2. Alt.) und der Fahrten, die aufgrund vertraglicher Regelungen mit Dritten erfolgen und nicht konkret erfasst werden (3. Alt.), ergibt.

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Der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts folgend unterfallen die Fahrten auf der Grundlage des "Semesterticket(s) Freizeit" der in § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 3. Alt. ÖPNVG LSA getroffenen Einschränkung.

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Die Auffassung der Klägerin auf unter Ziffer III., 1.1. ihrer Antragsbegründungsschrift, wonach als Dritter nur diejenige anzusehen sei, der sowohl im Hinblick auf den Aufgabenträger als auch hinsichtlich des Verkehrsunternehmens als Dritter im Rechtsverkehr auftrete und dabei im Verhältnis zu diesen keine generell fest umrissene Aufgabe der Daseinsvorsorge nach dem ÖPNVG LSA erfülle, sondern diese nur im Einzelfall und auch nur soweit wahrnehme, als dies anhand einzelner Fahrten ausdrücklich und konkret nachgewiesen werde, verfängt nicht. Dritter im vorbezeichneten Sinne ist mit dem Verwaltungsgericht jeder selbstständige Rechtsträger, der auf der Grundlage eines Vertrages mit dem Verkehrsunternehmen Personen einen Beförderungsanspruch bei dem Verkehrsunternehmen einräumt. Diese Auslegung ist offenkundig, ohne dass die von der Klägerin in diesem Zusammenhang geltend gemachten Einwendungen eine andere Betrachtung rechtfertigen. Dies gilt insbesondere, soweit die Klägerin meint, der Vertrag sei vorliegend zwischen der Mitteldeutschen Verkehrsverbund GmbH (im Folgenden: MDV) und dem Studentenwerk A-Stadt und nicht etwa mit der A-Verkehrs AG (im Folgenden: HAVAG), dem hier maßgebenden Verkehrsunternehmen geschlossen worden (vgl. Seite 6, 4. und 5. Absatz der Antragsbegründungschrift). Denn die HAVAG ist ein Mitgliedsunternehmen in einem Verkehrsverbund i. S. d. § 8b Abs. 3 Satz 1 ÖPNVG LSA, dem MDV. Dass der Verkehrsverbund (MDV) das Verkehrsunternehmen (HAVAG) vertraglich gegenüber einem Dritten (Studentenwerk A-Stadt) - wirksam - zu binden vermag, begründet keine andere Sichtweise. Anderenfalls würde Umgehungsgeschäften Vorschub geleistet, und den gesetzgeberische Wille konterkarieret, Fahrten aus der Berechnung auszunehmen, bei denen die Fahrgeldeinnahmen ganz oder teilweise durch Verträge (z. B. Citytickets) gesichert werden (vgl. LT-Drs. 5/2736, Seite 21, letzter Absatz) und eine konkrete Erfassung nicht erfolgt (vgl. § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 3. Alt). Nichts anderes gilt, soweit die Klägerin wohl auch einen Vertragsabschluss des Dritten mit ihr als Aufgabenträgerin fordert. Denn dass das Studentenwerk A-Stadt eine von der Klägerin zu unterscheidende Rechtsperson ist, ist offensichtlich. Die Forderung der Klägerin ist nicht nachvollziehbar, zumal die Klägerin offen lässt, welchen Schluss sie daraus zu ziehen beabsichtigt. Sollte sie danach verlangen, dass entsprechende vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Verkehrsunternehmen und einem Dritten nur mit Zustimmung des Aufgabenträgers eingegangen werden dürfen, so ist es Sache der Aufgabenträgerin, dies im Rahmen ihrer Einflussnahmemöglichkeiten auf den Eigentümer der HAVAG, die Stadtwerke A-Stadt GmbH, ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Klägerin, durchzusetzen. Im Übrigen macht die Klägerin nicht plausibel und ist auch nicht erkennbar, aus welchen (Rechts-)Gründen der vertraglichen Regelungen der MDV nicht als solcher der Klägerin selbst mit einem Dritten angesehen werden sollten, zumal § 8 a Abs. 1 Satz 5 ÖPNVG LSA gerade auf Fahrten in Verkehrsverbänden zu Gunsten der Klägerin rekuriert.

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Soweit die Klägerin auf Seite 6 ihrer Antragsbegründungsschrift geltend macht, das Heranziehen der Gesetzesbegründung durch das Verwaltungsgericht habe nicht zur Aufklärung beigetragen, zumal in der mündlichen Verhandlung das Verwaltungsgericht als typischen Dritten die Deutsche Bahn AG unter Verweis auf das "City-Ticket" bezeichnet habe, das auch in der Gesetzesbegründung seinen Niederschlag finde, stellt das das Urteilsergebnis nicht schlüssig in Frage. Allein der Umstand, dass die Deutsche Bahn AG ihren Kunden aufgrund vertraglicher Regelung mit dem Verkehrsverbund bzw. dessen Mitgliedsunternehmen, einen Beförderungsanspruch im Tarifbereich des Verkehrsunternehmens vermittelt, schließt eine Vergleichbarkeit der Stellung des Studentenwerks A-Stadt oder aber auch von Kultur- oder Sportveranstaltern als Dritte im Sinne der o. g. Vorschrift nicht aus. Auch Letztere können aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit dem Verkehrsverbund bzw. dessen Mitgliedsunternehmen einen Beförderungsanspruch mit dem Verkauf von Eintrittskarten zu der entsprechenden Veranstaltung vermitteln. Dies gilt beispielsweise bei Fußballspielen oder sonstigen Veranstaltungen, bei denen ein geregelter Zu- und Abfahrtsverkehr oder bloßes Marketinginteresse die Motivation zum Vertragsabschluss des Veranstalters mit dem Verkehrsunternehmen bestimmen können. Nicht anders sind die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu verstehen. Für den Vertragsschluss mit dem Studentenwerk A-Stadt bedeutet dies, dass im Interesse der Werbung für den Studienort A-Stadt mit der Einschreibung der Vorteil verknüpft wurde, auf der Grundlage des daneben abgegebenen "Semesterticket(s) Freizeit", das Verkehrsnetz des Verkehrsunternehmens unter bestimmten Bedingungen zu nutzen.

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Soweit die Klägerin auf Seite 6 ihrer Antragsbegründungsschrift schließlich anführt, dass das Gesetz keine Legaldefinition des "Dritten" im Sinne der Vorschrift vorhalte und auch nach der Gesetzesbegründung völlig offen bleibe, was "Fahrten, die aufgrund vertraglicher Regelung mit Dritten" i. S. d. § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 3 ÖPNVG LSA seien, führt dies mit Blick auf obige Ausführungen zu keiner anderen Betrachtung. Unzweifelhaft handelt es sich bei dem vertragsschießenden Studentenwerk A-Stadt um einen Dritten im Sinne der Vorschrift.

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Kumulativ - wie die Klägerin richtigerweise erkennt - sind bei Verträgen mit Dritten, die Fahrten im Rahmen der Ermittlung der Erfolgskomponente indes dann berücksichtigungsfähig, wenn sie konkret nachgewiesen sind, da § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 3 ÖPNVG normiert, dass Fahrten nicht berücksichtigungsfähig sind, die aufgrund vertraglicher Regelung mit Dritten erfolgen und nicht konkret erfasst werden. Von einer fehlenden konkreten Erfassung ist mit dem Verwaltungsgericht beim streitbefangenen "Semesterticket Freizeit" auszugehen. Fest steht, dass dieses mit der Immatrikulation im jeweiligen Semester automatisch durch den Studenten über die Entrichtung des Immatrikulationsbeitrags erworben wird, wobei es auf dem Studentenausweis gekennzeichnet ist. Nutzt der Student das Beförderungsangebot zu den zwischen dem Studentenwerk A-Stadt und dem Verkehrsverbund bzw. dem die Beförderungsleistung anbietenden Mitgliedsunternehmen vereinbarten Bedingungen (wochentags: 19.00 bis 5.00 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen: ganztägig nutzbar), so erfolgt dies ohne Erhalt eines weiteren Nachweises. Folglich kann das Verkehrsunternehmen, mithin auch die Klägerin als Aufgabenträgerin tatsächlich nicht die Häufigkeit der tatsächlichen Nutzung des "Semestertickets Freizeit", also die konkrete Anzahl der Fahrten i. S. d. § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 At. 3 ÖPNVG LSA erfassen wie nachweisen.

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Die Argumentation unter Ziffer 1.2. der Antragsbegründungsschrift (Seite 7 ff.) führt zu keiner anderen Bewertung. Denn sie verkennt, dass es neben der sich aus dem Berechtigungsschein - hier dem Studentenausweis - ergebenden Beförderungsmöglichkeit einer Dokumentation der ausgeübten Fahrten i. S. v. "konkret erfasst" bedarf. Insbesondere ist diese Sichtweise auch - entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin - mit der Gesetzessystematik des § 8a Abs. 1 ÖPNVG LSA vereinbar. Richtig ist, dass zwischen "Fahrten" i. S. d. § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ÖPNVG LSA und "verkauften Fahrausweisen" i. S. d. § 8a Abs. 1 Satz 4, 1. Alt. ÖPNVG LSA grundsätzlich der Zusammenhang besteht, dass die Zahl der Fahrten nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 der Vorschrift nach den verkauften Fahrausweisen oder im Fall von Einnahmeverteilungsverträgen nach den darauf beruhenden zugerechneten Fahrausweisen zu errechnen ist. Über einen verkauften Fahrausweis i. S. d. Vorschrift verfügt der die Beförderungsmöglichkeit aufgrund des "Semesterticket(s) Freizeit" ausschöpfende Student jedoch nicht, denn seine Fahrt wird nicht dokumentiert bzw. nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 3 ÖPNVG LSA konkret erfasst. Das "Semesterticket Freizeit" ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht dargestellt hat - kein verkaufter Fahrausweis gemäß § 8a Abs. 1 Satz 4, 1. Alt. ÖPNVG LSA. Denn insbesondere in Heranziehung der Gesetzesbegründung wird deutlich, dass es neben der Erfassung der sich aus einem Vertrag mit einem Dritten ergebenden Fahrberechtigung - hier: dem "Semesterticket Freizeit" - eines weiteren Belegs bedarf. Nicht ohne Grund führt der Landesgesetzgeber aus, dass Fahrten aufgrund von Verträgen dabei nur insoweit ausgenommen seien, wie die Einzelfahrten nicht z. B. durch Nullfahrscheine konkret erfasst würden (vgl. LT-Drs. 5/2736, Seite 21, letzter Absatz). Insoweit kann die Gesetzesbegründung nur so verstanden werden, dass das auf dem Studentenausweis gekennzeichnete "Semesterticket Freizeit" zwar die Beförderung durch das Verkehrsunternehmen nach den bestehenden Beförderungsbedingungen ermöglicht, jedoch nicht genügt, um zuweisungsrelevante (Einzel-)Fahrten zu belegen, deren Nachweis jedoch Voraussetzung für eine Berücksichtigung nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ÖPNVG LSA ist. Dies auch deshalb, weil nach der Gesetzesbegründung auch zum Ausdruck kommt, dass alle an Verkehrskunden im "Jedermannsverkehr" verkauften Fahrausweise Berechnungsgrundlage nach § 8a Abs. 1 Satz 4 ÖPNVG LSA sind(vgl. LT-Drs. 5/2736, Seite 22, letzter Absatz). Nicht zum "Jedermannsverkehr" zählen zur Überzeugung des Senats solche Verkehrskunden, denen über einen Vertrag mit einem Dritten die Beförderungsmöglichkeit - wie hier - bereits unmittelbar abstrakt eingeräumt wird.

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Darüber hinaus ist zu konstatieren, dass es sich bei dem "Semesterticket Freizeit" zwar um einen sog. Zeitfahrausweis im weiteren Sinne handeln dürfte, der jedoch - entgegen der Auffassung der Klägerin - in der Vorschrift des § 8a Abs. 1 ÖPNVG LSA, insbesondere in den Regelungen der Sätze 4, 6, 7 und 9 keine weitere Regelung erfährt. Denn die dortigen Regelungen setzen die ganztägige (Tageskarte, Wochenkarte, Monatskarte, Schülerferienticket) und nicht nur zeitweise Nutzung - wie hier (wochentags: 19.00 bis 5.00 Uhr) - des Zeitfahrausweises voraus. Mithin kann § 8a Abs. 1 Satz 4, 1. Alt. ÖPNVG LSA auch nur solche (verkauften) Fahrausweise betreffen, die eine Fahrt konkret erfassen oder aber durch die Folgeregelungen der Sätze 6 bis 9 einer konkreten Erfassung zugänglich sind. Dies geschieht bei Tageskarten und sonstigen Zeitfahrausweisen unter Zugrundelegung von empirischen Wahrscheinlichkeiten der Ausnutzung des entsprechenden Fahrscheins und hat im Gesetz seinen Niederschlag gefunden (vgl. § 8a Abs. 1 Satz 6 und 7 ÖPNVG LSA, wonach für Tageskarten 4 Fahrten und bei Zeitfahrausweisen je Tag 2,3 Fahrten, je Monat 59,8 Fahrten bzw. je Jahr 552 Fahrten zugrunde zu legen sind). Die Vorschrift des § 8a Abs. 1 Satz 4 ff. ÖPNVG LSA stellt folglich auch auf solche Fahrausweise ab, die eine konkrete Ermittlung einer Anzahl von Fahrten ermöglichen, obgleich keine reale Erfassung erfolgt. Dieser gesetzlich normierte Regelfall liegt beim "Semesterticket-Freizeit" als bereits nicht verkaufter Fahrausweis, obwohl es sich auch um einen Berechtigungsschein handelt, der in einem bestimmten Zeitfenster zur Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs befähigt, gerade nicht vor. Das besondere Beförderungsangebot des Verkehrsunternehmens HAVAG durch das "Semesterticket Freizeit" erlaubt keine Bestimmung der Anzahl der (Einzel-)Fahrten und hat gesetzlich - wohl angesichts seiner Alleinstellung - nicht in den Regelungen der Sätze 4 ff. Niederschlag gefunden. Demgegenüber hat das "Schülerferienticket" als verkaufter Fahrausweis, obwohl es aus einem Vertrag mit Dritten berechtigt - hier mit der Deutsche Bahn AG und dem Land Sachsen-Anhalt -, als besonderer Zeitfahrausweis ausdrücklich Eingang ins das Gesetz gefunden und führt zu einer auf 44 Fahrten zu konkretisierenden Ausnutzung des Fahrausweises (vgl. § 8a Abs. 1 Satz 7 a.E. ÖPNVG LSA).

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Die Klägerin greift im Folgenden zu kurz, wenn sie den Schluss zieht, dass sich nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 4 und 7 ÖPNVG LSA zweifelsfrei ergebe, dass das "Semesterticket Freizeit" ein Zeitfahrausweis i. S. d. Vorschrift sei. Vielmehr verkennt sie das Regelungsgefüge der Norm. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang rügt, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht den Gesetzeszweck zur Auslegung bemüht, ist dem bereits entgegenzuhalten, dass sich die Auslegung von Normen nach dem Wortlaut, der Historie, dem Sinn und Zweck und dem Zusammenhang im Normengefüge richtet, das heißt das Verwaltungsgericht gerade in der Pflicht ist, den Gesetzeszweck zur Auslegung heranzuziehen.

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Dieser ist, wie die Gesetzesbegründung zur Neufassung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr im Land Sachsen-Anhalt mit Gesetz vom 20. Januar 2005 (GVBl. 2005, 16) zeigt, darauf angelegt, die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs neu zu ordnen. Die Höhe der Finanzzuweisungen ist nunmehr von der Zahl der Fahrplankilometer unter Einschluss der mit flexiblen Bedienformen erbrachten Beförderungsleistungen (Aufwandsfaktor), der Fläche (Strukturfaktor), den Fahrten je Einwohner (Erfolgsfaktor) und einem Straßenbahnfaktor abhängig. Zum hier maßgebenden Erfolgsfaktor führt der Landesgesetzgeber aus, dass dieser in besonderem Maße geeignet sei, flexible Bedienformen zu fördern, da er eine wirtschaftliche Angebotsgestaltung bei hoher Kundenorientierung und ein erfolgsbezogenes Marketing honoriere, um "wahlfreie" Kunden zu gewinnen. Folglich blieben die Ausbildungsverkehre mit ihren "Zwangskunden" unberücksichtigt (vgl. LT-Drs. 4/1801, S. 14 f.). Diese frühere Gesetzesfassung zum Erfolgsfaktor wurde durch die Neufassung mit Gesetz vom 22. Dezember 2010 - der hier maßgebenden Fassung - um zwei weitere Einschränkungen, die Fahrten der schwerbehinderten Menschen nach §§ 145 bis 151 SGB IX sowie die Fahrten die aufgrund vertraglicher Regelung mit Dritten erfolgen und nicht konkret erfasst werden, ergänzt.

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Ausgehend vom unverändert gebliebenen Gesetzeszweck, mit § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ÖPNVG LSA den Erfolg des Verkehrsunternehmens abzubilden, bedarf es bei Verträgen mit Dritten, der konkreten Erfassung der Fahrten, da nicht feststeht, ob überhaupt und wenn in welchem Maß auf dieser Vertragsgrundlage mit einem Dritten von dem Beförderungsangebot Gebrauch gemacht wird. Nur so kann eine gerechte Zuweisungsentscheidung getroffen werden. Dementsprechend genügt es nicht, dass das Verkehrsunternehmen überlegt einen Anreiz durch eine bestimmte Bedienform schafft; es muss vielmehr klar sein, dass aufgrund dieses Anreizes eine Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs stattgefunden hat. Nur registrierte bzw. nach § 8a Abs. 1 Satz 6 und 7, 8, 9 ÖPNVG LSA so zu behandelnde Fahrten sollen sich nach dem Willen des Landesgesetzgebers zuweisungserhöhend auswirken. Diese gesetzgeberischen Überlegungen lassen sich ohne weiteres mit der von dem Verwaltungsgericht herangezogenen Begründung rechtfertigen, dass nach der Lebenswirklichkeit zu unterstellen sei, dass gekaufte Fahrkarten regelmäßig tatsächlich und gekaufte Zeitkarten mit einer bestimmten durchschnittlichen Häufigkeit genutzt würden. Für das "Semesterticket Freizeit" gelte dies nicht, da es mit der Einschreibung/Rückmeldung automatisch (als Nebenleistung) erworben werde (vgl. Urteilsabdruck, S. 8) und damit auch zur Überzeugung des Senats keinen Rückschluss darauf zulässt, ob überhaupt eine Nutzung auf dessen Grundlage stattgefunden hat. Die Nutzungsabsicht steht gerade bei einem Erwerb bei Gelegenheit nicht fest, weil das Beförderungsangebot eine bloße - vom Willen des einzelnen Studierenden nicht getragene - Nebenleistung ist, auf die der Kunde gegebenenfalls auch verzichtet hätte. Der Verkauf von Fahrausweisen und Zeitfahrausweisen i. S. d. § 8a Abs. 1 ÖPNVG LSA bildet dagegen den unternehmerischen Erfolg ab; dieser ist bei Verträgen mit Dritten nicht ohne weiteres messbar und zwingt nach dem Willen des Gesetzgebers zum konkreten Nachweis der Fahrten.

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Allein durch Berücksichtigung der Anzahl der ausgegebenen "Semesterticket(s) Freizeit" kann - entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin - die Anzahl der Fahrten somit nicht belegt werden. Dergleichen gilt, soweit die Klägerin in Anwendung der "Kontinuierliche(n) Verkehrserhebung (KONTIV) für die HAVAG" von einer Fahrtenhäufigkeit von 4 je "Semesterticket Freizeit" ausgeht und die Anzahl der "Semesterticket(s) Freizeit" mit diesem Faktor multipliziert. Denn eine gesetzliche Grundlage hierfür besteht nicht. § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 3. Alt. ÖPNVG setzt die konkrete Erfassung der Fahrten - und nicht etwa etwaiger Berechtigungsscheine - voraus. Auch die Regelung des § 8a Abs. 1 Satz 9 ÖPNVG LSA kann insoweit nicht fruchtbar gemacht werden, weil sie von einem - gezielt willentlich erworbenen - Zeitfahrausweis i. S. d. Sätze 6 und 7 ausgeht, der - wie bereits dargestellt - gerade insofern nicht vorliegt. Anders verhält es sich dagegen mit der "Schülerfreizeitkarte A-Stadt (Tarifzone 210)". Hierbei handelt es sich zwar ebenfalls um einen solchen Zeitfahrausweis, der eine ganztägige Nutzung - wie das "Semesterticket-Freizeit" - nicht zulässt, jedoch mit dem wesentlichen Unterschied, dass mit dem eigenständigen gezielten [freiwilligen] Erwerb dieses Freizeittickets nach allgemeiner Lebenserfahrung die Absicht verknüpft ist, diese Bedienform des Verkehrsunternehmens tatsächlich zu nutzen, so dass unzweifelhaft ein verkaufter Fahrausweis i. S. d. Satzes 4 der Vorschrift vorliegt. Insoweit ist der Aufgabenträger bei einer solchen Bedienform auch berechtigt, in Anlehnung an § 8a Abs. 1 Satz 9 ÖPNVG LSA den Nachweis über die durchschnittliche Ausnutzung des (gekauften) Zeitfahrausweises zu führen.

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Der Einwand der Klägerin, wonach es dem Bemessungs- und Verteilungsmaßstab des § 8a ÖPNVG LSA widerspreche, dass das Verwaltungsgericht meint, nicht Fahrkarten, sondern die Fahrten seien konkret zu erfassen, verfängt nicht. Wie bereits dargestellt stellt das "Semesterticket Freizeit" lediglich einen Berechtigungsschein zur Nutzung dar, der (derzeit) einer Ermittlung der konkret zu erfassenden Fahrten nicht zugänglich ist, da das Ticket kein Fahrausweis im Sinne des § 8a Abs. 1 Satz 4, 1. Alt. ÖPNVG ist (vgl. obige Darstellung zur Gesetzessystematik).

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Auch die im Übrigen von der Klägerin unter Ziffer III, 1.2., lit. b) der Antragsbegründungsschrift unter den Stichworten "Wahlkunde" bzw. "Zwangskunde" aufgeworfene Thematik begründet kein anderes Ergebnis. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass das Verwaltungsgericht zwischen dem freiwilligen und dem automatischen Erwerb von Fahrberechtigungen unterscheidet, mithin wohl tatsächlich zwischen sog. Wahl- und Zwangskunden differenziert. Es lässt jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit offen, ob eine Berücksichtigung des "Semesterticket(s) Freizeit" unabhängig von der - hier fehlenden - konkreten Erfassung der Fahrten schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Nutzer Zwangskunden seien (vgl. Seite 9, 3. Absatz des Urteilsabdrucks). Zur Klärung dieser Frage wird auf die obigen Ausführungen zum Normverständnis und den insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut verwiesen, wonach Fahrten aufgrund vertraglicher Regelung mit Dritten bei konkreter Erfassung zu berücksichtigen sind. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es dem Verkehrsunternehmen unbenommen bleibt, bei dem Beförderungsangebot "Semesterticket Freizeit" durch systemische Umstellungen eine Registrierung der Einzelfahrten vorzunehmen, um einen entsprechenden Nachweis nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 3. Alt. ÖPNVG LSA zu führen, mithin die Erfolgskomponente in Zukunft abbilden zu können. Bei künftigen Vertragsgestaltungen mit Dritten kann die sich nach dem Gesetz ergebende Nachweispflicht Berücksichtigung finden, wobei es dem Verkehrsunternehmen unbenommen bleibt, den Nachweis nicht zu führen und im Wege der Preisgestaltung Einfluss zu nehmen.

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1.1.2. Es begegnet - entgegen Antragsbegründungsschrift unter Ziffer III., 2. geäußerten Rechtsauffassung der Klägerin - keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht für die "Schülerfreizeitkarte A-Stadt (Tarifzone 210)" die Anwendung des in § 8a Abs. 1 Satz 5 ÖPNVG LSA normierten Multiplikationsfaktors 1,1 abgelehnt hat. Danach wird in Verkehrsverbünden und bei anderen aufgabenträgerübergreifenden Kooperationen die Zahl der Fahrten mit dem Faktor 1,1 multipliziert.

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Soweit die Klägerin davon ausgeht, dass es sich bei den aus den verkauften Fahrausweisen ermittelten Fahrten der HAVAG als Mitgliedsunternehmen im MDV (immer) um solche in einem Verkehrsverbund nach § 8a Abs. 1 Satz 5 ÖPNVG LSA handele (vgl. Seite 12, der Antragsbegründungsschrift) und damit die Anwendung des Multiplikationsfaktors ausnahmslos gerechtfertigt sei, ist der Rechtsauffassung nicht beizupflichten. Denn es genügt mit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes nicht, dass die Fahrkarten im Gebiet eines bestehenden Verkehrsverbundes - hier: dem MDV - gekauft, aber dort nicht im gesamten Verbundsgebiet genutzt werden. Voraussetzung ist vielmehr, dass der konkrete Tarif verbundbedingte Nachteile für das Verkehrsunternehmen überhaupt begründen kann. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn die "Schülerfreizeitkarte A-Stadt (Tarifzone 210)" wird unbestritten nur von dem Verkehrsunternehmen HAVAG an Verkaufsstellen in A-Stadt nur an in A-Stadt wohnende Schüler verkauft und gilt auch nur im A-Stadtgebiet. Der Betrachtung durch das Verwaltungsgericht ist zu folgen. Zwar ist nach dem Wortlaut der Norm ein Anspruch durchaus deutbar, da keine ausdrücklichen Einschränkungen in Bezug auf den räumlichen Geltungsbereich von einzelnen Verbundprodukten oder hinsichtlich des Vertriebs dieser Produkte in § 8a Abs. 1 Satz 5 ÖPNVG LSA getroffen werden. Der Sinn und Zweck der auslegungsfähigen Regelung verbietet jedoch eine Berücksichtigung, weil § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ÖPNVG LSA einen erfolgsabhängigen Bemessungsfaktor enthält. Bei verkauften Fahrten, die in keinem (direkten) Zusammenhang mit einem Verkehrsverbund stehen, ist - wie auch das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - dem erzielten Erfolg bereits mit der Berechnung nach Satz 4 vollumfänglich Rechnung getragen. Satz 5 kann vor diesem Hintergrund allein den Zweck haben, verbundbedingten weiteren Aufwand in Form von zusätzlichen Fahrten pauschal abzugelten, weil die Fahrausweise bei einem Verbundpartner erworben werden können. Ein derartiger auszugleichender Nachteil kann folglich nur solche zusätzlichen Fahrten betreffen, die mit Verkehrsmitteln des Verkehrsunternehmens HAVAG aufgrund von Fahrkarten anderer Verbundteilnehmer erbracht werden, mithin sich aus Einnahmeaufteilungsverträgen beruhenden zugerechneten Fahrausweisen ergeben.

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Dass - wie die Klägerin auf Seite 12 ihrer Antragsbegründungsschrift zum Ausdruck bringt - die Grenzen der Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit durch das Verwaltungsgericht als verletzt anzusehen wären, erkennt der Senat nicht. Denn die vorzunehmende Auslegung folgt nicht nur dem dargestellten Sinn und Zweck der Norm, sondern auch aus dem Normenzusammenhang und ist vom Wortlaut gedeckt § 8a Abs. 1 Satz 4 ÖPNVG LSA unterscheidet ausdrücklich zwischen den Fahrten aus verkauften Fahrausweisen (1. Alt.) und denen aus Einnahmeaufteilungsverträgen beruhenden Fahrausweisen (2. Alt.). In einem Verkehrsverbund werden der Vertrieb und die daraus erzielten Fahrgelderlöse vom Verbund organisiert. Dabei wird die Verkehrsleistung durch verschiedene Verkehrsunternehmen zu einem einheitlichen Tarif erbracht. Die beteiligten Unternehmen erkennen wechselseitig und unternehmensübergreifend die von den Tarifpartnern ausgegebenen Fahrausweise an, wobei die eingenommenen Erlöse nach einem vertraglich vereinbarten Verteilschlüssel den leistenden Verkehrsbetrieben zugeschieden werden. Nur soweit eine Zuscheidung stattfindet, kann folglich von einer verbundbezogenen Fahrt ausgegangen werden. Anders gewendet: Ergibt sich bei einem Verbundmitglied eine Fahrt nicht aus einem Einnahmeaufteilungsvertrag, so ist die Anwendung des Multiplikationsfaktors schon nicht angezeigt, da es keinen Ausgleichs bedarf. Die Fahrten aufgrund der "Schülerfreizeitkarte A-Stadt (Tarifzone 210)" folgen aus keinem Einnahmeaufteilungsvertrag, weil die HAVAG allein den Vertrieb der Fahrscheine sowie die Leistungserbringung in den Händen hält, so dass die Fahrten nur einer Abrechnung nach § 8a Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 ÖPNVG LSA und nicht etwa nach der 2. Alternative der Vorschrift zugänglich sind.

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1.1.3. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht zudem die Klage teilweise als unzulässig erachtet (vgl. Urteilsabdruck Seite 6).

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Soweit die Klägerin unter Ziffer III., 3. ihrer Antragsbegründungsschrift rügt, sie habe mit Schriftsatz vom 7. November 2012 entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ihre Klage gegen den streitgegenständlichen Zuweisungsbescheid nicht ausschließlich und abschließend auf den Teil - Berücksichtigung des "Semesterticket(s) Freizeit" und der Anwendung des Multiplikationsfaktors bei der "Schülerfreizeitkarte A-Stadt (Tarifzone 210)" - begrenzt wissen wollen, vermag sie hiermit nicht durchzudringen. Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO muss die Klage den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen; sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Im Hinblick auf die Bestimmung des Klagebegehrens kommt es darauf an, welchen Erfolg der Kläger erkennbar anstrebt. Dabei darf eine Klageschrift nicht nur aus sich heraus ausgelegt werden, vielmehr sind die mit ihr abgegebenen Erklärungen zu den vorangegangenen Bescheiden in Beziehung zu setzen und Unterlagen, die der Klageschrift beigefügt oder in dieser genau bezeichnet sind, ebenso zu berücksichtigen wie in der Klageschrift enthaltene Bezugnahmen auf ein vorhergehendes Rechtsbehelfsverfahren (vgl. u. a. BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 1997 - 8 B 240.97 -, juris).

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Nach diesen Maßstäben hält der Senat die Einschätzung des Verwaltungsgerichts für richtig, dass sich der Gegenstand des mit der erhobenen Klage verfolgten Begehrens spätestens zum Zeitpunkt des Eingangs des Klagebegründungsschriftsatzes am 9. November 2012 im Wege der Auslegung hinreichend sicher ermitteln ließ, weil die Klägerin den offenen Zuweisungsbetrag explizit im Klageantrag mit 84.639,40 € bezeichnet und unter Benennung der Gründe - Berücksichtigung des "Semesterticket(s) Freizeit" und der Anwendung des Multiplikationsfaktors bei der "Schülerfreizeitkarte A-Stadt (Tarifzone 210)" - zudem rechnerisch am Ende ihrer Klagebegründung nachvollzogen hat. Dass sie in ihrer Klagebegründung vom 7. November 2012 ausführt, der Bescheid vom 18. Juni 2012 sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten und sie sich weiteren Vortrag zur Sach- und Rechtslage vorbehalte, rechtfertigt entgegen ihrer Auffassung keine andere Sichtweise. Denn eine vollständige Anfechtung des Bescheides bzw. eine Verpflichtung des Beklagten über den Betrag von 84.639,40 € hinaus hat die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht ansatzweise zum Ausdruck gebracht. Die zur Begründung der Klage erfolgten Ausführungen beschränkten sich allein darauf, das "Semesterticket Freizeit" und den Multiplikationsfaktor bei der "Schülerfreizeitkarte A-Stadt (Tarifzone 210)" zu berücksichtigten, so dass sie das angekündigte Verpflichtungsbegehren betragsmäßig auf 84.639,40 € beschränkt hat. Dafür, dass die Klägerin, die mit Zuweisungsbescheid des Beklagten versagte Festsetzung für die Berücksichtigung der Fahrten mit dem Cityticket BahnCard 25/50 gleichfalls anfechten wollte, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, zumal bereits - wie das Verwaltungsgericht zu Recht darstellt - in den klägerischen Ausführungen zum vorläufigen Streitwert mit Schreiben vom 12. Juli 2012 kein Anhalt hierfür zu finden war. Hieran muss sich die rechtskundige Klägerin festhalten lassen.

26

Dass sie ihre Klage nicht ausdrücklich und dezidiert beschränkt erhoben habe, führt entgegen ihrer unter Verweis auf die Kommentarliteratur mitgeteilten Rechtsauffassung zu keiner anderen Betrachtung. Voraussetzung dafür wäre, dass sich die Klageerweiterung im Rahmen der ursprünglichen Klagegründe hält (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Aufl. 2015, § 91 Rdnr. 32). Dies ist vorliegend schon nicht der Fall, weil erstmals eine andere als die bisher als Klagegrund bezeichneten Bedienformen - hier die mit streitbefangenem Bescheid nicht berücksichtigten Fahrten mit dem Cityticket BahnCard 25/50 - als Klagegrund für die höhere Festsetzung bezeichnet wurde. Soweit der Große Senat des Bundesfinanzhofes eine Anfechtungsklage gegen einen Einkommenssteuerbescheid regelmäßig auch insoweit als zulässig erachtet, als sie nach Ablauf der Klagefrist betragsmäßig erweitert wurde, ist dies zum einen den Besonderheiten im Bereich des Einkommenssteuerrechts geschuldet (vgl. im Einzelnen: BFH, Beschluss vom 23. Oktober 1989 - GrS 2/87 -, juris) und bezieht sich zum anderen auf die vorliegend gerade nicht gegebene bloße Anfechtungslage, so dass diese Entscheidung für das hier zu entscheidende Verfahren nicht einschlägig ist.

27

Folglich muss bei einer nachträglichen Klageerweiterung - wie vorliegend - der zusätzlich in den bereits früher anhängig gemachten Prozess eingeführte Antrag für sich gesehen alle Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllen, also u.a. die Klagefrist einhalten. Darin stimmen die Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. März 1972 - III C 132.70 - sowie vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 -, juris; Beschlüsse vom 21.5.1999 - 7 B 16.99 - sowie vom 30.7.2010 - 8 B 125.09 -, juris; BFH, Beschluss vom 23.10.1989 - GrS 2/87 -, juris) und die Literatur (Kopp/Schenke, a.a.O.) überein. Diese Auffassung rechtfertigt sich letztlich daraus, dass es keine Gesetzesbestimmung gibt, die nachträgliche Klageerweiterungen von der Regelung über die Einhaltung von Klagefristen freistellt. Im Gegenteil ergibt sich aus den §§ 173 VwGO, 261 Abs. 2 ZPO, dass bei einer nachträglichen Erweiterung einer Klage der zusätzlich erhobene Anspruch erst mit seiner erstmaligen prozessual ordnungsgemäß erfolgten Geltendmachung rechtshängig wird. Dies muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass Klagefristen der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden, mithin hochrangigen Rechtsgütern dienen, und dass es ein Kläger selbst in der Hand hat, ob sie sich - frühzeitig und eindeutig - auf eine Teilanfechtung zu beschränken oder eine entsprechende Entscheidung jedenfalls zunächst offenzuhalten (vgl. Saarl. OVG, Urteil vom 22. Mai 2012 - 1 A 115/12 -, juris). Im erstgenannten Fall, der hier gegeben ist, müssen sie die daraus resultierenden prozessualen Nachteile tragen. Dies bedeutet für das vorliegende Verfahren, dass die Klägerin mit ihrer Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 25. Juni 2013, wonach sie nunmehr auch die Verpflichtung des Beklagten begehrt, den Zuweisungsbetrag durch die Berücksichtigung der Fahrten mit dem Cityticket BahnCard 25/50 um weitere 2.047,61 € hinaus festzusetzen, die einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 2 VwGO offenkundig nicht eingehalten hat, so dass der Zuweisungsbescheid insoweit in Bestandskraft erwachsen ist.

28

Der von der Klägerin gezogene Schluss, es könne nicht der Richtigkeit entsprechen, dass ein Kläger gezwungen werde, einen teilbaren Verwaltungsakt in seiner Gesamtheit anzugreifen, um der Gefahr des Bestandskrafteintritts zu entgehen, vermag nach alledem nicht zu überzeugen. Soweit sie in diesem Zusammenhang meint, die Sichtweise des Verwaltungsgerichts zwinge einen Kläger bei einem teilbaren Verwaltungsakt zur ausdrücklichen Erwähnung, dass der Verwaltungsakt in seiner Gesamtheit angefochten werde, verfängt nicht. Ein Kläger ist in der Pflicht, erkennbar zu machen, welcher Erfolg mit der Klage anstrebt wird. Dies führt bei teilbaren Verwaltungsakten dazu, dass innerhalb der Rechtsbehelfsfrist jedenfalls im Ansatz deutlich werden muss, in welchem Umfang dieser angefochten wird.

29

Soweit die Klägerin schließlich meint, zu Unrecht seien die Angaben der Klägerin zum vorläufigen Streitwert berücksichtigt worden, zumal das Verwaltungsgericht letztlich den Streitwert am Klageantrag der mündlichen Verhandlung gemessen habe, ist dagegen nichts zu erinnern. Zum einen ist festzustellen, dass das Verwaltungsgericht bei der Bestimmung des Klagegegenstandes verpflichtet ist, das bisherige Vorbringen, mithin auch die Angaben der Klägerin zur Bestimmung des vorläufigen Streitwerts zu berücksichtigen (siehe obige Darstellung). Zum anderen hat die Klägerin die Klage als solche erweitert, so dass die endgültige Festsetzung des Streitwerts - unabhängig davon, ob die erweiterte Klage wegen Verfristung unzulässig ist - gegenüber der vorläufigen anzuheben war.

30

Hat das Verwaltungsgericht damit zu Recht die Zulässigkeit der Klage insoweit verneint, kommt es auf die übrigen Ausführungen der Klägerin auf Seite 14, unten ff. der Antragsbegründungsschrift zur Begründetheit des diesbezüglichen Anspruchs nicht an.

31

1.2. Soweit sich die Klägerin gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf den Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache beruft (vgl. Seite 16 ff. der Antragsbegründungsschrift), vermag der Senat diese nicht zu erkennen.

32

„Besondere rechtliche Schwierigkeiten“ der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bestehen dann, wenn die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht, mithin signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht(vgl. OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 6. Juni 2006 - 1 L 35/06 -, JMBl. LSA 2006, 386 [m. w. N.]). Dies ist vorliegend nicht erkennbar, zumal die auf Seite 20 (unten) der Antragsbegründungsschrift aufgeworfene Frage sich im vorliegenden im Übrigen nicht in entscheidungserheblicher Weise stellt (1.0.); Gegenteiliges legt die Klägerin auch nicht dar. Entgegen ihrer Rechtsauffassung ist die Rechtssache nicht allein deshalb besonders rechtlich schwierig, weil das Verwaltungsgericht mit dem Beklagten ein grundsätzlich anderes Verständnis von der Regelung des § 8a Abs. 1 ÖPNVG LSA als die Klägerin hat. Dergleichen gilt, soweit die Klägerin die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Gesetzesbegründung zu § 8a ÖPNVG LSA als "höchst interpretationsbedürftig" einschätzt. Das Vorbringen der Klägerin zur Erläuterung der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache erschöpft sich im Übrigen in den im Wesentlichen deckungsgleichen Ausführungen zum Zulassungsgrund der ernstlichen Richtigkeitszweifel. Aus den unter 1.1. dargestellten Gründen ergibt sich, dass die Rechtssache nicht die von der Klägerin geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist, da das Vorbringen der Klägerin keine rechtlichen Fragen aufwirft, die sich nicht schon im Zulassungsverfahren beantworten lassen. Der besondere Schwierigkeitsgrad wird ohne weiteres jedenfalls nicht plausibel gemacht und ergibt sich ebenso wenig aus der Grundlage der Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts.

33

1.3. Der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (vgl. Seite 23 [Mitte] der Antragsbegründungsschrift) ist schon nicht den Darlegungserfordernissen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügend dargelegt.

34

„Grundsätzliche Bedeutung“ im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt eine Rechtssache nur dann, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im angestrebten Rechtsmittelverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen beitragen kann, die eine über den Einzelfall hinausgehende Tragweite besitzen und die im Interesse der Rechtseinheit oder Weiterentwicklung des Rechts einer Klärung bedürfen (OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 9. März 1999 - A 3 S 69/98 - und vom 14. Juli 2005 - 3 L 161/03). „Dargelegt" im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO der genannten Vorschrift ist eine grundsätzliche Bedeutung nur dann, wenn in der Antragsbegründung eine konkrete rechtliche oder tatsächliche Frage formuliert und zugleich substantiiert vorgetragen wird, inwiefern der Klärung dieser Frage eine im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt und warum es auf die Klärung der zur Überprüfung gestellten Frage im konkreten Fall entscheidungserheblich ankommt (OVG LSA, a. a. O.). Dies zugrunde gelegt, fehlt es bereits an einer konkret aufgeworfenen und ausformulierten (Rechts-)Frage. Der bloße Verweis darauf, dass der Rechtssache aus den unter III. und IV. der Antragsbegründungsschrift (dort S. 23) erfolgten Darlegungen und Ausführungen - betreffend die Zulassungsgründe "ernstliche Zweifel" und "besondere rechtliche Schwierigkeiten" - zum Verständnis von § 8a ÖPNVG LSA auch grundsätzliche Bedeutung besitze, genügt nicht, zumal nach den vorstehenden Ausführungen des beschließenden Senates zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (siehe oben unter 1.1.) die angesprochenen Problemkreise entsprechend beantwortet sind.

35

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

36

3. Die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungsverfahren folgt aus den §§ 40, 47, 52 Abs. 3 GKG.

37

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO sowie §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

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(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 40 Zeitpunkt der Wertberechnung


Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.

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(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Wid

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 145 Hilfsmerkmale


(1) Hilfsmerkmale sind1.Name und Anschrift des Auskunftspflichtigen,2.Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,3.für die Erhebung nach § 143 Nummer 1 die Kennnummer des Leistungsberechtigten.

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Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 22. Mai 2012 - 1 A 115/12

bei uns veröffentlicht am 22.05.2012

Tenor Unter teilweiser Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2011 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 2430/10 - wird die Klage insgesamt abgewiesen.Die Kosten des Verfahrens fallen der Klägeri

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 60 entsprechend.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Tenor

Unter teilweiser Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2011 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 2430/10 - wird die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Klägerin als so genannter nachgeheirateter Witwe gewährten Unterhaltsbeitrags.

Die am 8.3.1960 geborene Klägerin und der am 8.1.1939 geborene und mit Ablauf des 30.6.1996 als Oberstudienrat - Besoldungsgruppe A 14 - mit einem Ruhegehaltssatz von 75 v.H. in den Ruhestand getretene Herr Dietrich A. heirateten am 25.2.2009. Für den Ehemann war es die zweite Ehe. Seine erste Ehe war durch am 17.11.2007 rechtskräftig gewordenes Urteil des Amtsgerichts Homburg geschieden worden, wobei zugunsten der geschiedenen Ehefrau Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 1.353,86 EUR, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 28.2.2006, begründet worden waren.

Zum Zeitpunkt der Eheschließung litt der Ehemann der Klägerin laut Auskunft seines Hausarztes vom 30.8.2010 an einer bipolaren affektiven Störung (manisch depressives Syndrom), Morbus Bechterew, Kachexie, Alkoholkrankheit mit nutritivem Leberschaden, Hypothyreose und Hyperferritinämie; den Allgemeinzustand beschrieb der Hausarzt mit „mäßig reduziert“. Laut Mitteilung des Hausarztes war der Ehemann zum Zeitpunkt der Eheschließung voll zurechnungsfähig und geschäftsfähig. Der Ehemann starb am 10.6.2010 plötzlich und unerwartet nach einem Herzinfarkt.

Mit Bescheid vom 21.9.2010, teilweise geändert durch Bescheid vom 12.10.2010, setzte der Beklagte zugunsten der Klägerin einen Unterhaltsbeitrag fest. In diesem Zusammenhang wurde u.a. ausgeführt, Witwengeld stehe der Klägerin nicht zu, da sich ihr Ehemann zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits im Ruhestand befunden und die allgemeine Altersgrenze von 65 Jahren erreicht gehabt habe (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG). Zu gewähren sei ihr ein Unterhaltsbeitrag nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, denn es lägen keine besonderen Umstände vor, die eine vollständige Versagung des Unterhaltsbeitrages rechtfertigten. Allerdings könne ihr der Unterhaltsbeitrag nicht in Höhe des wegen des 20 Jahre überschreitenden Altersunterschieds zwischen den Ehegatten eine Kürzung von 10 v.H. (= 194,53 EUR/Monat) erfahrenden Witwengeldes gewährt werden. Zum einen greife eine Kürzung von 15 v.H. (= 262,61 EUR/Monat) ein, weil die Ehe nicht einmal zwei volle Jahre gedauert habe (Tz. 22.1.6.1 BeamtVGVwV), und zum anderen werde ihre eigene Rente in Höhe von 928,16 EUR/Monat im Umfang von 658,11 EUR/Monat angerechnet. Damit ergebe sich ein Auszahlungsbetrag von 830,02 EUR.

Mit weiterem Bescheid vom 21.9.2010 kürzte der Beklagte den Unterhaltsbeitrag zusätzlich um 787,94 EUR/Monat mit Rücksicht auf die Übertragung von Rentenanwartschaften auf die erste Ehefrau.

Die Klägerin erhob Widerspruch, wobei sie insbesondere die Anrechnung ihrer Rente und die Durchführung des Versorgungsausgleichs beanstandete, andere Kürzungen aber ausdrücklich anerkannte.

Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 15.11.2010, der Klägerin zugestellt am 24.11.2010, zurückgewiesen. In dem Bescheid heißt es, der nachgeheirateten Witwe stehe kein Witwengeld, sondern lediglich ein nicht als Alimentation zu verstehender Unterhaltsbeitrag zu, der nicht Sozialleistung, sondern eine vom Dienstherrn des verstorbenen Ruhestandsbeamten aufgrund nachwirkender Fürsorge gewährte Leistung darstelle, die dem Ruhestandsbeamten die Unsicherheit über die Versorgung seiner nachgeheirateten Ehefrau nehmen solle. Angesichts dieser verhältnismäßig schwachen Anspruchsposition der nachgeheirateten Witwe sei es zulässig, dass der Unterhaltsbeitrag betragsmäßig hinter dem Witwengeld zurückbleibe. Die einschlägigen Kürzungsregelungen, insbesondere die teilweise Anrechnung der eigenen Rente, seien unter Berücksichtigung des Änderungsbescheides vom 12.10.2010 fallbezogen sachgerecht angewendet worden.

Am 22.12.2010 ist die Klage der schon damals anwaltlich vertretenen Klägerin beim Verwaltungsgericht eingegangen. In der Klageschrift wurde als Betreff „Unterhaltsbeitrag ... hier: Anrechnung der eigenen Rente nach § 22SBeamtVG“ erwähnt und folgender Antrag angekündigt:

„unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 21.9.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2010 die Beklagte zu verpflichten, den beantragten Unterhaltsbeitrag ohne Anrechnung eigener Rente zu gewähren.“

In der Klagebegründung vom 26.1.2011 hieß es u.a., die Klägerin wende sich „gegen eine ihrer Meinung nach zu Unrecht erfolgte, jedenfalls überhöhte Anrechnung einer eigenen Rente gemäß § 22SBeamtVG im Rahmen einer tatbestandlich zu gewährenden Zahlung des Unterhaltsbeitrags“. Dies wurde im Weiteren näher begründet und in diesem Zusammenhang hervorgehoben, ihr Gesamteinkommen genüge nicht, um ihr und ihrem behinderten Sohn ein angemessenes Leben zu ermöglichen.

Mit Schriftsatz vom 21.11.2011 unternahm die Klägerin den Versuch einer Fixierung des Streitwertes, führte aus, dieser sei in Höhe des Zweijahresbetrages der Kürzung der Versorgungsbezüge infolge der Anrechnung der Rente anzunehmen und gab in diesem Zusammenhang einen Betrag von 787,94 EUR/Monat an, was allerdings die Kürzung infolge des durchgeführten Versorgungsausgleichs betraf.

In der mündlichen Verhandlung vom 6.12.2011 hat die Klägerin die Klage auf die Kürzung des Unterhaltsbeitrags um 15 v.H. wegen kurzer Ehedauer erweitert und schließlich beantragt,

den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 21.9. und 12.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2010 zu verpflichten, der Klägerin ab 1.7.2010 einen Unterhaltsbeitrag ohne Kürzung wegen der Ehedauer von unter fünf Jahren und ohne Anrechnung ihrer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat seine Vorgehensweise verteidigt und darauf hingewiesen, die am weitesten gehende und zweifelsohne zu Recht erfolgte Kürzung des Unterhaltsbeitrags beruhe auf der Durchführung des Versorgungsausgleichs.

Durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6.12.2011 ergangenes Urteil hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 21.9. und 12.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2010 verpflichtet, der Klägerin ab dem 1.7.2010 einen Unterhaltsbeitrag ohne Kürzung wegen der Ehedauer von unter fünf Jahren zu gewähren; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es:

Streitgegenstand seien nach der auf einen Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung erfolgten zulässigen Klageerweiterung die verschiedenen Kürzungen des der Klägerin dem Grunde nach zugestandenen Unterhaltsbeitrags mit Ausnahme der Kürzung gemäß § 57 BeamtVG um die auf die geschiedene Ehefrau übertragenen Rentenanwartschaften. In Bezug auf den letztgenannten Punkt habe der Beklagte am 21.9.2010 einen gesonderten Bescheid erlassen, dem die Klägerin selbst zunächst zwar widersprochen habe. Diesen Widerspruch habe sie aber offenbar auf Anraten ihrer damaligen Anwälte nicht aufrechterhalten, jedenfalls aber nach dem insgesamt abschlägigen Widerspruchsbescheid mit der Klage nicht weiterverfolgt.

Von den der gerichtlichen Prüfung zugeführten Kürzungen erweise sich lediglich die um 15 v.H. wegen der Kürze der Ehedauer als rechtswidrig; die übrigen seien zu Recht erfolgt. Im Einzelnen sei zu bemerken:

Die Rechtsgrundlage für die Kürzung des Unterhaltsbeitrags um 10 v.H. bilde § 20 Abs. 2 BeamtVG und habe ihren Grund in dem Altersunterschied zwischen der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann von mehr als 21 Jahren.

Die weitere Kürzung um 15 v.H. stütze der Beklagte auf § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, weil er in der Kürze der Ehedauer von nur etwas mehr als einem Jahr einen besonderen Umstand des Falles sehe, der eine teilweise Versagung des Unterhaltsbeitrags rechtfertige. Dies entspreche zwar Tz. 22.1.6.1 BeamtVGVwV, wonach bei einer Ehedauer von weniger als fünf Jahren eine Kürzung des Unterhaltsbeitrags um 5 v.H. für jedes angefangene, an fünf Jahren fehlende Jahr vorzunehmen sei. An diese Verwaltungsvorschrift sei das Gericht jedoch nicht gebunden. Vorrangig sei vielmehr eine einzelfallbezogene Prüfung, ob tatsächlich besondere Umstände eine entsprechende Kürzung des Unterhaltsbeitrags rechtfertigten. Auszurichten sei diese Prüfung daran, ob im konkreten Fall nicht doch der Zweck einer ehelichen Lebens- und Beistandsgemeinschaft im Vordergrund gestanden habe und trotz der kurzen Ehedauer nicht von einer überwiegenden Versorgungsabsicht der Ehegatten ausgegangen werden könne. Zwar spreche wohl die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass unter Umständen, wie sie hier vorlägen, die Eheschließung vielfach - auch - von der eine teilweise Versagung des Unterhaltsbeitrags rechtfertigenden Absicht bestimmt gewesen sei, den vermeintlich bedürftigen Ehepartner finanziell abzusichern. Fallbezogen habe eine solche Absicht nach Überzeugung der Kammer aber zumindest nicht im Vordergrund gestanden. Zwar habe die Klägerin zum Zeitpunkt der Eheschließung nur eine Erwerbsunfähigkeitsrente von brutto 928,16 EUR/Monat bezogen, während ihr Ehemann eine deutlich höhere Versorgung aus der Besoldungsgruppe A 14 erhalten habe. Dass der Ehemann außerdem mehr als 20 Jahre älter gewesen sei, dürfe dagegen im gegebenen Zusammenhang keine Berücksichtigung finden, da diese Tatsache sich bereits in der zehnprozentigen Kürzung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG niedergeschlagen habe. Bei der hier durchzuführenden Prüfung falle demgegenüber ins Gewicht, dass der Ehemann erst 70 Jahre alt und ausweislich der hausärztlichen Bescheinigung zum Zeitpunkt der Eheschließung voll zurechnungs- und geschäftsfähig gewesen sei. Zwar habe es nach der erwähnten Bescheinigung mehrere Vorerkrankungen gegeben; jedoch sei sein Allgemeinzustand lediglich mäßig reduziert gewesen. Außerdem seien die Vorerkrankungen für den frühen Tod nicht ursächlich gewesen. Die Ehegatten hätten sich seit 2007 gekannt und nach der Heirat eine gemeinsame Wohnung bezogen. Die Beziehung habe, wie sich aus einem Brief der Klägerin ergebe, beiden gut getan und sei von gegenseitiger Liebe getragen gewesen, weshalb auftretende Schwierigkeiten gemeinsam gut bewältigt hätten werden können. Insgesamt spreche dies dafür, dass für die Eheschließung der Wunsch nach einer ehelichen Lebens- und Beistandsgemeinschaft ganz im Vordergrund gestanden habe, während die Versorgungsabsicht allenfalls eine nachrangige Rolle gespielt habe. Davon ausgehend rechtfertige § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG keine teilweise Kürzung des Unterhaltsbeitrags.

Die teilweise Anrechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin auf den Unterhaltsbeitrag beruhe auf § 22 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG. Die genannte Bestimmung rechtfertige sich aus dem vom Beklagten angeführten Gesichtspunkt, dass die Versorgung der nachgeheirateten Witwe nicht auf der Alimentationspflicht des Dienstherrn des verstorbenen Beamten beruhe, sondern lediglich Nachwirkung der dem verstorbenen Beamten geschuldeten Fürsorge sei. Deshalb habe sie zu Recht nur eine Auffüllfunktion in dem Sinn, dass eigenes Einkommen der Witwe und Unterhaltsbeitrag zusammen deren Lebensunterhalt sichern sollten. Beim Umfang der deswegen zulässigen Anrechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente habe der Beklagte die Grenze der Angemessenheit beachtet, indem er zwar einerseits vom Bruttobetrag der Rente ausgegangen sei, andererseits aber einen Betrag in Höhe von 30 v.H. der Mindestwitwenversorgung anrechnungsfrei gestellt habe.

Dieses Urteil ist den Beteiligten am 22.12.2011 zugestellt worden. Am 18.1.2012 hat der Beklagte um die Zulassung der Berufung nachgesucht und diesen Antrag am 7.2.2012 näher begründet.

Mit Beschluss vom 2.4.2012 - 1 A 17/12 - hat der Senat die Berufung gegen den der Klage stattgebenden Teil des erstinstanzlichen Urteils zugelassen, weil gute Gründe dafür sprächen, dass entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts die sicherlich in gewissem Umfang generalisierenden, aber insbesondere durch die mehrfache, in erster Linie auf die Dauer der Ehe abstellende Staffelung der Kürzung des Unterhaltsbeitrags auf Einzelfallgerechtigkeit unter Vermeidung eines unangemessenen Eindringens in die privaten Verhältnisse und unter Sicherung einer weitgehend einheitlichen Handhabung zielenden Regelungen in den Tz. 1.3.1, 1.4 und 1.6.1 der Verwaltungsvorschriften zu § 22 BeamtVG fallbezogen im Ergebnis doch zu einer sachgerechten Interpretation des in der genannten Gesetzesbestimmung verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffs der „besonderen Umstände des Falles“ geführt hätten. Gleichzeitig hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Klage, soweit sie in der mündlichen Verhandlung vom 6.12.2011 erweitert worden sei, wegen Verfristung unzulässig sein dürfte.

Der Beschluss vom 2.4.2012 ist dem Beklagten am 13.4.2012 zugestellt worden; die Berufungsbegründung ist am 27.4.2012 eingegangen.

Der Beklagte stellt die Zulässigkeit der Klage in Frage, soweit diese die 15 %ige Kürzung des Unterhaltsbeitrags wegen der Kürze der Ehedauer betrifft, und hält die Verneinung besonderer Umstände des Falles im Verständnis des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG durch das Verwaltungsgericht für unzutreffend. In diesem Zusammenhang vertritt er die Meinung, Ausgangspunkt für ein richtiges Verständnis des unbestimmten Rechtsbegriffes „besondere Umstände des Falles“ im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG habe die Frage zu sein, ob dem Dienstherrn eine ungekürzte Auszahlung des Unterhaltsbeitrags nicht zumutbar oder aus Fürsorgegründen nicht erforderlich sei. In diesem Zusammenhang spielten nach der Gesetzessystematik sowohl eine späte Eheschließung als auch eine kurze Dauer der Ehe durchaus eine erhebliche Rolle. Die einschlägigen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften hätten den Sinn, eine gleichmäßige Rechtsanwendung sicherzustellen, und ließen durch die Staffelung der Kürzungssätze durchaus dem Einzelfall Rechnung tragende angemessene Lösungen zu. Die hier vorgenommene Kürzung um 15 v.H. beruhe nicht auf der Annahme, es liege eine so genannte Versorgungsehe vor, denn wenn dies zuträfe, hätte der Unterhaltsbeitrag ganz verweigert werden müssen.

Der Beklagte beantragt,

unter entsprechender teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den der Klage stattgebenden Teil des erstinstanzlichen Urteils für überzeugend und meint, bereits in der Klageschrift vom 22.12.2010 seien die Kürzungen des Unterhaltsbeitrags vollumfänglich angegriffen worden; die Anrechnung der eigenen Rente habe zwar im Vordergrund gestanden, ohne aber Einwände gegen andere Kürzungen auszuschließen. Deshalb sei bereits die Formulierung, die Klage sei nach Ablauf der Klagefrist erweitert worden, falsch. In der Sache habe der Beklagte nicht die Tatbestandsmerkmale des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG geprüft, sondern formal-schematisch die einschlägigen Verwaltungsvorschriften angewandt, wobei er im Ergebnis dem konkreten Einzelfall nicht gerecht geworden sei.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den in der mündlichen Verhandlung erörterten Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenunterlagen (1 Heft) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung, die allein den der Klage stattgebenden Teil des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6.12.2011 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts - 2 K 2430/10 -, also die Frage der 15 %igen Kürzung des der Klägerin gewährten Unterhaltsbeitrags wegen besonderer Umstände des Falls (§ 22 Abs. 1 Satz 1 des für saarländische Ruhestandsbeamte als Landesrecht fortgeltenden Beamtenversorgungsgesetzes - BeamtVG -)

vgl. Art. 1 § 2 des Gesetzes Nr. 1646 zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften vom 14.5.2008, Amtsbl. S. 1062,

betrifft - im Übrigen ist das genannte Urteil in Rechtskraft erwachsen -, ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage auch insoweit abweisen müssen; diese ist nämlich in dem hier interessierenden Punkt sowohl unzulässig - dazu nachfolgend 1. - als auch unbegründet - dazu nachfolgend 2. -.

1. Die Klage ist, soweit sie die Kürzung des Unterhaltsbeitrags um 15 % betrifft, wegen Verfristung unzulässig.

Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen müssen nach § 74 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden. Im vorliegenden Fall ist der die Einwände der Klägerin gegen die ihren Unterhaltsbeitrag festsetzenden Bescheide vom 21.9. und 12.10.2010 zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 15.11.2010, der eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung umfasste, den damaligen Bevollmächtigten der Klägerin am 24.11.2010 förmlich zugestellt worden. Zwar hat die Klägerin daraufhin am 22.12.2010 und damit innerhalb eines Monats Klage erhoben. Diese Klage war aber gegenständlich klar begrenzt und bezog die Kürzung des Unterhaltsbeitrags um 15 % wegen besonderer Umstände des Falls im Verständnis des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG gerade nicht ein. Vielmehr war die Klage eindeutig auf die Kürzung des Unterhaltsbeitrags wegen der auf § 22 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG gestützten Anrechnung der eigenen Rente der Klägerin begrenzt. So wird in der Klageschrift als Betreff genannt: „Unterhaltsbeitrag ... hier: Anrechnung der eigenen Rente nach § 22SBeamtVG“, und der damals formulierte Klageantrag lautete:

„unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 21.9.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2010 die Beklagte zu verpflichten, den beantragten Unterhaltsbeitrag ohne Anrechnung eigener Rente zu gewähren.“

Folgerichtig lautet der Eingangssatz der Klagebegründung vom 26.1.2011: „Die Klägerin wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen eine ihrer Meinung nach zu Unrecht erfolgte, jedenfalls überhöhte Anrechnung einer eigenen Rente gemäß § 22SBeamtVG im Rahmen einer tatsächlich zu gewährenden Zahlung des Unterhaltsbeitrags“. Dies wurde in der Folge damit begründet, in der Person der Klägerin lägen Umstände vor, die die Anrechnung der Rente als unangemessen erscheinen ließen; andernfalls bleibe dieser nicht einmal ein „Mindestmaß an Versorgung“; schon jetzt bewege sie sich am unteren Ende des Existenzminimums.

Dass Streitgegenstand des eingeleiteten Verfahrens ausschließlich - und nicht, wie von der Klägerin im Schriftsatz vom 15.5.2012 geltend gemacht wird, lediglich in erster Linie - die Frage der Anrechnung der Rente sein sollte, wurde nochmals deutlich in dem Antrag der Klägerin zum Streitwert, den sie mit Schreiben vom 21.11.2011 mit dem 24-fachen Betrag der Differenz des Unterhaltsbeitrags mit und ohne Anrechnung der eigenen Rente angab. Demgegenüber blieb die Frage der Kürzung des Unterhaltsbeitrags um 15 % wegen besonderer Umstände des Falls auf der Grundlage des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in sämtlichen von der Klägerin bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 6.12.2011 eingereichten Schriftsätzen unerwähnt. Dieser Punkt wurde vielmehr - auf Anregung des Verwaltungsgerichts - erstmals im Rahmen der genannten mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingebracht und dann in den Klageantrag zusätzlich aufgenommen. Darin, dass mithin die Klage nachträglich erweitert wurde, stimmten das Verwaltungsgericht ausweislich seiner Ausführungen auf Seite 10 unten des Urteils vom 6.12.2011 und die Klägerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 6.12.2011 damals noch überein.

Diese Klageerweiterung war zulässig, ohne dass sich die Frage ihrer Sachdienlichkeit stellte, denn der Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung vom 6.12.2011 auf die erweiterte Klage eingelassen (§ 91 Abs. 1 und 2 VwGO).

Unzutreffend ist demgegenüber jedoch die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Zulässigkeit der Klageerweiterung bewirke zugleich die Zulässigkeit der erweiterten Klage. Vielmehr muss bei einer nachträglichen Klageerweiterung der zusätzlich in den bereits früher anhängig gemachten Prozess eingeführte Antrag für sich gesehen alle Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllen, also u.a. die Klagefrist einhalten. Darin stimmen Rechtsprechung

u.a. BVerwG, Urteile vom 23.3.1972 - III C 132.70 -, BVerwGE 40, 25 Leits. 2 und S. 32/33 = juris Rdnrn. 27/28, sowie vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 -, BVerwGE 105, 288 (294 ff.) = juris Rdnrn. 35 ff., und Beschlüsse vom 21.5.1999 - 7 B 16.99 -, Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 11 = juris Rdnrn. 8 ff., sowie vom 30.7.2010 - 8 B 125.09 -, juris Rdnr. 19; BFH, Beschluss vom 23.10.1989 - GrS 2/87 -, NVwZ 1990, 598; Entscheidungen des Senats vom 22.4.2002 - 1 R 23/01 -, SKZ 2002, 287 Leits. 8, sowie vom 29.7.1989 - 1 Q 14/98 -, SKZ 1999, 113 Leits. 2,

und Literatur

u.a. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 91 Rdnr. 32, und Brenner in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 74 Rdnr. 8 m.w.N.,

überein. Diese Auffassung rechtfertigt sich letztlich daraus, dass es keine Gesetzesbestimmung gibt, die nachträgliche Klageerweiterungen von der Regelung über die Einhaltung von Klagefristen freistellt. Im Gegenteil ergibt sich aus den §§ 173 VwGO, 261 Abs. 2 ZPO, dass bei einer nachträglichen Erweiterung einer Klage der zusätzlich erhobene Anspruch erst mit seiner erstmaligen prozessual ordnungsgemäß erfolgten Geltendmachung rechtshängig wird. Dies muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass Klagefristen der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden, mithin hochrangigen Rechtsgütern dienen und dass es die Kläger selbst in der Hand haben, ob sie sich - frühzeitig und eindeutig - auf eine Teilanfechtung beschränken oder sich eine entsprechende Entscheidung jedenfalls zunächst offen halten. Im erstgenannten Fall, der hier gegeben ist, müssen sie die daraus resultierenden prozessualen Nachteile tragen.

Selbstverständliche Voraussetzung dafür, die Zulässigkeit einer nachträglich erfolgten Klageerweiterung an den Vorschriften über die Klagefrist zu messen, ist, wie die Klägerin zutrefft betont, dass ursprüngliche und erweiterte Klage selbständige (Teil-)Regelungen betreffen

so BVerwG, Urteil vom 25.10.1978 - 8 C 7.78 -, BVerwGE 56, 362 (364) = juris Rdnr. 12, zur Teilbestandskraft von Bemessungsgrundlagen bei Rentenanrechnungen, und - allgemein - Beschluss vom 30.7.2010, a.a.O., Rdnr. 16.

Diese Voraussetzung ist beim Unterhaltsbeitrag nach § 22 Abs. 1 BeamtVG jedenfalls im Verhältnis zwischen einer Kürzung wegen besonderer Umstände des Falles nach Satz 1 der genannten Vorschrift einerseits und der Anrechnung einer eigenen Rente nach Satz 2 andererseits gegeben. Dies folgt nicht allein aus einer rein betragsmäßigen Betrachtung, sondern ausschlaggebend aus der unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung der beiden Kürzungen. Die teilweise Verweigerung des Unterhaltsbeitrags nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG betrifft bereits das Entstehen des Anspruchs und erfolgt daher auf der Regelungsebene der Festsetzung; die Anrechnung der eigenen Rente lässt dagegen - wie beim Ruhen von Versorgungsansprüchen - den Anspruch als solchen in seinem rechtlichen Bestand unberührt und betrifft lediglich dessen Auszahlung

so BVerwG, Urteil vom 9.3.1989 - 2 C 8.87 -, Buchholz 239.1 § 22 BeamtVG Nr. 5 = juris Rdnr. 13.

2. Die Klage ist zudem unbegründet. Die Kürzung des der Klägerin dem Grunde nach zugebilligten Unterhaltsbeitrags um 15 % wegen besonderer Umstände des Falles entspricht der Rechtslage.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil zutreffend ausgeführt, dass und warum der Klägerin als so genannter nachgeheirateter Witwe kein Witwengeld (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG), sondern lediglich ein Unterhaltsbeitrag (§ 22 Abs. 1 BeamtVG) zusteht und dass fallbezogen keine besonderen Umstände vorliegen, der Klägerin diesen Unterhaltsbeitrag vollständig zu verweigern. Letzteres schließt die Feststellung ein, dass keine so genannte Versorgungsehe vorlag. Die Ehe der Klägerin mit dem Ruhestandsbeamten hatte nämlich länger als ein Jahr gedauert - § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG begründet eine auch im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG beachtliche widerlegliche Vermutung für eine Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr -, und der Beklagte hat die ihm nach Tz. 22.1.3.1 BeamtVGVwV auferlegte Prüfung, ob nach den gegebenen Umständen, insbesondere angesichts der zwar mehr als ein Jahr, aber weniger als zwei Jahre dauernden Ehe (Tz. 22.1.4 BeamtVGVwV), anzunehmen ist, dass die Eheschließung in erster Linie dem Zwecke diente, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, mit negativem Ergebnis abgeschlossen. Dies in Frage zu stellen, besteht - auch nach Meinung des Beklagten - keine Veranlassung. Mithin verbleibt lediglich zu entscheiden, ob die vom Beklagten in Anlehnung an Tz. 22.1.4, 22.1.5, 22.1.5.1, 22.1.6 und 22.1.6.1 BeamtVGVwV primär mit Blick auf die kurze Dauer der Ehe vorgenommene Kürzung des Unterhaltsbeitrags um 15 % durch besondere Umstände des Falles im Verständnis des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG im Ergebnis gerechtfertigt ist

zur Rechtsgültigkeit dieser Regelung BVerwG, Beschluss vom 3.3.2000 - 2 B 6.00 -, Buchholz 239.1 § 19 BeamtVG Nr. 1 = juris.

Bei dem Tatbestandsmerkmal von den besonderen Umständen des Falles handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Diesen hat der Bundesminister des Innern durch die auf der Grundlage des § 107 BeamtVG a.F. erlassenen, bereits mehrfach erwähnten Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu konkretisieren versucht, um insbesondere eine einheitliche Handhabung zu gewährleisten. Die Gerichte sind allerdings an diese Verwaltungsvorschriften nicht gebunden, sondern haben insoweit einen uneingeschränkten eigenständigen Prüfungsauftrag. Anzusetzen ist dabei nach der insbesondere auf die Rechtsentwicklung und die Gesetzesmaterialien gestützten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

grundlegend Urteil vom 30.10.1969 - II C 46.68 -, BVerwGE 34, 149 (152) = juris Rdnr. 17; vgl. auch Hellfeier, Die „Spätehe“ des Beamten, in DÖD 2005, 237 ff.,

daran, dass die Klausel von den besonderen Umständen dem Dienstherrn eine ihm unzumutbare oder eine aus fürsorgerischen Gründen nicht gebotene Übernahme der Versorgung der - nicht alimentationsberechtigten - nachgeheirateten Witwe ganz oder teilweise ersparen soll. In diesem Zusammenhang - so das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung weiter - hätten allerdings unzumutbar in die private Lebenssphäre der Eheleute eindringende Ermittlungen zu unterbleiben, sondern sei - auch um kurzfristig eine sichere Entscheidungsgrundlage zu gewinnen - auf objektiv feststehende, durch Gerichte geklärte oder durch Urkunden belegte Tatsachen abzustellen. Was in diesem Zusammenhang relevant sei, sei einer Gesamtschau der gesetzlichen Bestimmungen über die beamtenrechtliche Witwenversorgung zu entnehmen. Das betraf damals Fragen wie die nach „unwürdigem“ oder „ehewidrigem“ Verhalten der Witwe oder die nach der Schuld am Scheitern der Ehe. Daraus sollten allenfalls dann besondere Umstände des Falles hergeleitet werden können, wenn die entsprechenden Tatsachen durch eine einschlägige gerichtliche Entscheidung zuverlässig geklärt waren. Derartiges steht fallbezogen nicht in Rede. Des ungeachtet haben die Ausführungen in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.1969 im gegebenen Zusammenhang auch heute noch Gewicht. Insbesondere hält es der Senat weiterhin für geboten, im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG - jedenfalls außerhalb des Regelungsbereichs des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG - nicht nach den Motiven der Ehegatten für die Heirat zu forschen, und dasselbe gilt für deren Gesundheitszustand am Tag der Eheschließung. Stattdessen ist auf Gesichtspunkte wie vor allem die Dauer der Ehe und das Alter der Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung abzustellen, da die einschlägigen Tatsachen unschwer kurzfristig zuverlässig ermittelt werden können und den erwähnten Gesichtspunkten vom Gesetzgeber im Zusammenhang mit der beamtenrechtlichen Witwenversorgung auch anderweitig Bedeutung beigemessen wird. Hinzuweisen ist insoweit auf § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 BeamtVG, wo bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr Witwengeld regelmäßig und bei einer Ehe mit einem Ruhestandsbeamten, der die Regelaltersgrenze zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits erreicht hatte, Witwengeld ausnahmslos verweigert wird, weiterhin auf § 20 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG, der eine Erhöhung des nach Maßgabe des Satzes 1 gekürzten Witwengeldes nach fünfjähriger Dauer der Ehe um jeweils 5 v.H. pro Jahr vorsieht. Hieraus ergibt sich verallgemeinernd, dass eine Ehedauer von nicht einmal einem Jahr, eine Ehedauer von weniger als fünf Jahren und die Ehe mit einem Ruhestandsbeamten, der zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits die Regelaltersgrenze erreicht hatte, nach Einschätzung des Gesetzgebers beamtenversorgungsrechtlich besondere Umstände darstellen. Vor diesem Hintergrund hält der Senat den hier einschlägigen Teil der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 22 BeamtVG für eine sachgerechte Konkretisierung des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Danach wird bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr im Regelfall ein Unterhaltsbeitrag vollständig verweigert (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG analog). Bei einer Ehedauer von einem bis zu zwei Jahren wird die Verwaltung zwar zu Ermittlungen zwecks Klärung des Vorliegens einer Versorgungsehe - allerdings ohne dahingehende Vermutung - aufgefordert (Tz. 22.1.3.1). Fallbezogen wurde der Klägerin jedoch ohne weitergehende Ermittlungen ein Unterhaltsbeitrag dem Grunde nach zugebilligt, wie es Tz. 22.1.4 - erst - ab einer Ehedauer von zwei Jahren als Sollregelung vorgibt; in diesen Fällen erfolgt allerdings bei einer Ehedauer von weniger als fünf Jahren eine Kürzung um 5 v.H. für jedes angefangene an fünf Jahren fehlende Jahr (Tz. 22.1.6.1 BeamtVGVwV), wobei fallbezogen die danach an sich veranlasste Kürzung um 20 v.H. vom Beklagten auf 15 v.H. beschränkt wurde. Bei seinem gesamten Vorgehen beachtete der Beklagte die Vorgabe in Tz. 22.1.7 BeamtVGVwV, nicht unangemessen in die persönlichen Lebensverhältnisse der Witwe einzudringen, sondern entschied auf der Grundlage unbestreitbarer Tatsachen und gelangte so zu einem nach Auffassung des Senats überzeugenden Ergebnis: Einerseits wird die Versorgungslast des Beklagten, der mit dem Entstehen neuer und wegen des deutlich niedrigeren Alters der nachgeheirateten Witwe voraussichtlich lange Zeit fortbestehender Versorgungsansprüche nach Vollendung des 65. Lebensjahres des Beamten nicht mehr rechnen musste, angemessen begrenzt, andererseits das Einkommen der Klägerin über ihre eigene Rente hinausgehend - wenn auch in bescheidenem Umfang und offenbar deutlich niedriger als von ihr erhofft, was allerdings primär auf den Ansprüchen der ersten Ehefrau beruht - aufgestockt. Dabei ist auch klar zu sehen, dass der von der Klägerin wiederholt ins Feld geführte Lebensbedarf wesentlich durch die Aufwendungen für ihren schwerbehinderten Sohn mitbestimmt wird; insoweit ist der Beklagte aber nicht in der Pflicht, da der Ruhestandsbeamte mit dem Sohn nicht verwandt war

siehe auch die wenigen veröffentlichten Entscheidungen zur Kürzung eines Unterhaltsbeitrags nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, nämlich HessVGH, Beschluss vom 5.3.2007 - 1 UZ 2909/06 -, IÖD 2007, 202 = juris, und VG München, Urteil vom 14.2.2007 - M 9 K 05.317 -, juris.

Nach allem ist unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

B e s c h l u s s

Der Streitwert wird im Anschluss an die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts unter Berücksichtigung des im Vergleich zum erstinstanzlichen Verfahren eingeschränkten Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren auf (262,61 EUR/Monat x 24 Monate =) 6.302,64 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die Berufung, die allein den der Klage stattgebenden Teil des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6.12.2011 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts - 2 K 2430/10 -, also die Frage der 15 %igen Kürzung des der Klägerin gewährten Unterhaltsbeitrags wegen besonderer Umstände des Falls (§ 22 Abs. 1 Satz 1 des für saarländische Ruhestandsbeamte als Landesrecht fortgeltenden Beamtenversorgungsgesetzes - BeamtVG -)

vgl. Art. 1 § 2 des Gesetzes Nr. 1646 zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften vom 14.5.2008, Amtsbl. S. 1062,

betrifft - im Übrigen ist das genannte Urteil in Rechtskraft erwachsen -, ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage auch insoweit abweisen müssen; diese ist nämlich in dem hier interessierenden Punkt sowohl unzulässig - dazu nachfolgend 1. - als auch unbegründet - dazu nachfolgend 2. -.

1. Die Klage ist, soweit sie die Kürzung des Unterhaltsbeitrags um 15 % betrifft, wegen Verfristung unzulässig.

Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen müssen nach § 74 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden. Im vorliegenden Fall ist der die Einwände der Klägerin gegen die ihren Unterhaltsbeitrag festsetzenden Bescheide vom 21.9. und 12.10.2010 zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 15.11.2010, der eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung umfasste, den damaligen Bevollmächtigten der Klägerin am 24.11.2010 förmlich zugestellt worden. Zwar hat die Klägerin daraufhin am 22.12.2010 und damit innerhalb eines Monats Klage erhoben. Diese Klage war aber gegenständlich klar begrenzt und bezog die Kürzung des Unterhaltsbeitrags um 15 % wegen besonderer Umstände des Falls im Verständnis des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG gerade nicht ein. Vielmehr war die Klage eindeutig auf die Kürzung des Unterhaltsbeitrags wegen der auf § 22 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG gestützten Anrechnung der eigenen Rente der Klägerin begrenzt. So wird in der Klageschrift als Betreff genannt: „Unterhaltsbeitrag ... hier: Anrechnung der eigenen Rente nach § 22SBeamtVG“, und der damals formulierte Klageantrag lautete:

„unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 21.9.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2010 die Beklagte zu verpflichten, den beantragten Unterhaltsbeitrag ohne Anrechnung eigener Rente zu gewähren.“

Folgerichtig lautet der Eingangssatz der Klagebegründung vom 26.1.2011: „Die Klägerin wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen eine ihrer Meinung nach zu Unrecht erfolgte, jedenfalls überhöhte Anrechnung einer eigenen Rente gemäß § 22SBeamtVG im Rahmen einer tatsächlich zu gewährenden Zahlung des Unterhaltsbeitrags“. Dies wurde in der Folge damit begründet, in der Person der Klägerin lägen Umstände vor, die die Anrechnung der Rente als unangemessen erscheinen ließen; andernfalls bleibe dieser nicht einmal ein „Mindestmaß an Versorgung“; schon jetzt bewege sie sich am unteren Ende des Existenzminimums.

Dass Streitgegenstand des eingeleiteten Verfahrens ausschließlich - und nicht, wie von der Klägerin im Schriftsatz vom 15.5.2012 geltend gemacht wird, lediglich in erster Linie - die Frage der Anrechnung der Rente sein sollte, wurde nochmals deutlich in dem Antrag der Klägerin zum Streitwert, den sie mit Schreiben vom 21.11.2011 mit dem 24-fachen Betrag der Differenz des Unterhaltsbeitrags mit und ohne Anrechnung der eigenen Rente angab. Demgegenüber blieb die Frage der Kürzung des Unterhaltsbeitrags um 15 % wegen besonderer Umstände des Falls auf der Grundlage des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in sämtlichen von der Klägerin bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 6.12.2011 eingereichten Schriftsätzen unerwähnt. Dieser Punkt wurde vielmehr - auf Anregung des Verwaltungsgerichts - erstmals im Rahmen der genannten mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingebracht und dann in den Klageantrag zusätzlich aufgenommen. Darin, dass mithin die Klage nachträglich erweitert wurde, stimmten das Verwaltungsgericht ausweislich seiner Ausführungen auf Seite 10 unten des Urteils vom 6.12.2011 und die Klägerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 6.12.2011 damals noch überein.

Diese Klageerweiterung war zulässig, ohne dass sich die Frage ihrer Sachdienlichkeit stellte, denn der Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung vom 6.12.2011 auf die erweiterte Klage eingelassen (§ 91 Abs. 1 und 2 VwGO).

Unzutreffend ist demgegenüber jedoch die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Zulässigkeit der Klageerweiterung bewirke zugleich die Zulässigkeit der erweiterten Klage. Vielmehr muss bei einer nachträglichen Klageerweiterung der zusätzlich in den bereits früher anhängig gemachten Prozess eingeführte Antrag für sich gesehen alle Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllen, also u.a. die Klagefrist einhalten. Darin stimmen Rechtsprechung

u.a. BVerwG, Urteile vom 23.3.1972 - III C 132.70 -, BVerwGE 40, 25 Leits. 2 und S. 32/33 = juris Rdnrn. 27/28, sowie vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 -, BVerwGE 105, 288 (294 ff.) = juris Rdnrn. 35 ff., und Beschlüsse vom 21.5.1999 - 7 B 16.99 -, Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 11 = juris Rdnrn. 8 ff., sowie vom 30.7.2010 - 8 B 125.09 -, juris Rdnr. 19; BFH, Beschluss vom 23.10.1989 - GrS 2/87 -, NVwZ 1990, 598; Entscheidungen des Senats vom 22.4.2002 - 1 R 23/01 -, SKZ 2002, 287 Leits. 8, sowie vom 29.7.1989 - 1 Q 14/98 -, SKZ 1999, 113 Leits. 2,

und Literatur

u.a. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 91 Rdnr. 32, und Brenner in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 74 Rdnr. 8 m.w.N.,

überein. Diese Auffassung rechtfertigt sich letztlich daraus, dass es keine Gesetzesbestimmung gibt, die nachträgliche Klageerweiterungen von der Regelung über die Einhaltung von Klagefristen freistellt. Im Gegenteil ergibt sich aus den §§ 173 VwGO, 261 Abs. 2 ZPO, dass bei einer nachträglichen Erweiterung einer Klage der zusätzlich erhobene Anspruch erst mit seiner erstmaligen prozessual ordnungsgemäß erfolgten Geltendmachung rechtshängig wird. Dies muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass Klagefristen der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden, mithin hochrangigen Rechtsgütern dienen und dass es die Kläger selbst in der Hand haben, ob sie sich - frühzeitig und eindeutig - auf eine Teilanfechtung beschränken oder sich eine entsprechende Entscheidung jedenfalls zunächst offen halten. Im erstgenannten Fall, der hier gegeben ist, müssen sie die daraus resultierenden prozessualen Nachteile tragen.

Selbstverständliche Voraussetzung dafür, die Zulässigkeit einer nachträglich erfolgten Klageerweiterung an den Vorschriften über die Klagefrist zu messen, ist, wie die Klägerin zutrefft betont, dass ursprüngliche und erweiterte Klage selbständige (Teil-)Regelungen betreffen

so BVerwG, Urteil vom 25.10.1978 - 8 C 7.78 -, BVerwGE 56, 362 (364) = juris Rdnr. 12, zur Teilbestandskraft von Bemessungsgrundlagen bei Rentenanrechnungen, und - allgemein - Beschluss vom 30.7.2010, a.a.O., Rdnr. 16.

Diese Voraussetzung ist beim Unterhaltsbeitrag nach § 22 Abs. 1 BeamtVG jedenfalls im Verhältnis zwischen einer Kürzung wegen besonderer Umstände des Falles nach Satz 1 der genannten Vorschrift einerseits und der Anrechnung einer eigenen Rente nach Satz 2 andererseits gegeben. Dies folgt nicht allein aus einer rein betragsmäßigen Betrachtung, sondern ausschlaggebend aus der unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung der beiden Kürzungen. Die teilweise Verweigerung des Unterhaltsbeitrags nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG betrifft bereits das Entstehen des Anspruchs und erfolgt daher auf der Regelungsebene der Festsetzung; die Anrechnung der eigenen Rente lässt dagegen - wie beim Ruhen von Versorgungsansprüchen - den Anspruch als solchen in seinem rechtlichen Bestand unberührt und betrifft lediglich dessen Auszahlung

so BVerwG, Urteil vom 9.3.1989 - 2 C 8.87 -, Buchholz 239.1 § 22 BeamtVG Nr. 5 = juris Rdnr. 13.

2. Die Klage ist zudem unbegründet. Die Kürzung des der Klägerin dem Grunde nach zugebilligten Unterhaltsbeitrags um 15 % wegen besonderer Umstände des Falles entspricht der Rechtslage.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil zutreffend ausgeführt, dass und warum der Klägerin als so genannter nachgeheirateter Witwe kein Witwengeld (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG), sondern lediglich ein Unterhaltsbeitrag (§ 22 Abs. 1 BeamtVG) zusteht und dass fallbezogen keine besonderen Umstände vorliegen, der Klägerin diesen Unterhaltsbeitrag vollständig zu verweigern. Letzteres schließt die Feststellung ein, dass keine so genannte Versorgungsehe vorlag. Die Ehe der Klägerin mit dem Ruhestandsbeamten hatte nämlich länger als ein Jahr gedauert - § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG begründet eine auch im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG beachtliche widerlegliche Vermutung für eine Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr -, und der Beklagte hat die ihm nach Tz. 22.1.3.1 BeamtVGVwV auferlegte Prüfung, ob nach den gegebenen Umständen, insbesondere angesichts der zwar mehr als ein Jahr, aber weniger als zwei Jahre dauernden Ehe (Tz. 22.1.4 BeamtVGVwV), anzunehmen ist, dass die Eheschließung in erster Linie dem Zwecke diente, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, mit negativem Ergebnis abgeschlossen. Dies in Frage zu stellen, besteht - auch nach Meinung des Beklagten - keine Veranlassung. Mithin verbleibt lediglich zu entscheiden, ob die vom Beklagten in Anlehnung an Tz. 22.1.4, 22.1.5, 22.1.5.1, 22.1.6 und 22.1.6.1 BeamtVGVwV primär mit Blick auf die kurze Dauer der Ehe vorgenommene Kürzung des Unterhaltsbeitrags um 15 % durch besondere Umstände des Falles im Verständnis des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG im Ergebnis gerechtfertigt ist

zur Rechtsgültigkeit dieser Regelung BVerwG, Beschluss vom 3.3.2000 - 2 B 6.00 -, Buchholz 239.1 § 19 BeamtVG Nr. 1 = juris.

Bei dem Tatbestandsmerkmal von den besonderen Umständen des Falles handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Diesen hat der Bundesminister des Innern durch die auf der Grundlage des § 107 BeamtVG a.F. erlassenen, bereits mehrfach erwähnten Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu konkretisieren versucht, um insbesondere eine einheitliche Handhabung zu gewährleisten. Die Gerichte sind allerdings an diese Verwaltungsvorschriften nicht gebunden, sondern haben insoweit einen uneingeschränkten eigenständigen Prüfungsauftrag. Anzusetzen ist dabei nach der insbesondere auf die Rechtsentwicklung und die Gesetzesmaterialien gestützten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

grundlegend Urteil vom 30.10.1969 - II C 46.68 -, BVerwGE 34, 149 (152) = juris Rdnr. 17; vgl. auch Hellfeier, Die „Spätehe“ des Beamten, in DÖD 2005, 237 ff.,

daran, dass die Klausel von den besonderen Umständen dem Dienstherrn eine ihm unzumutbare oder eine aus fürsorgerischen Gründen nicht gebotene Übernahme der Versorgung der - nicht alimentationsberechtigten - nachgeheirateten Witwe ganz oder teilweise ersparen soll. In diesem Zusammenhang - so das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung weiter - hätten allerdings unzumutbar in die private Lebenssphäre der Eheleute eindringende Ermittlungen zu unterbleiben, sondern sei - auch um kurzfristig eine sichere Entscheidungsgrundlage zu gewinnen - auf objektiv feststehende, durch Gerichte geklärte oder durch Urkunden belegte Tatsachen abzustellen. Was in diesem Zusammenhang relevant sei, sei einer Gesamtschau der gesetzlichen Bestimmungen über die beamtenrechtliche Witwenversorgung zu entnehmen. Das betraf damals Fragen wie die nach „unwürdigem“ oder „ehewidrigem“ Verhalten der Witwe oder die nach der Schuld am Scheitern der Ehe. Daraus sollten allenfalls dann besondere Umstände des Falles hergeleitet werden können, wenn die entsprechenden Tatsachen durch eine einschlägige gerichtliche Entscheidung zuverlässig geklärt waren. Derartiges steht fallbezogen nicht in Rede. Des ungeachtet haben die Ausführungen in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.1969 im gegebenen Zusammenhang auch heute noch Gewicht. Insbesondere hält es der Senat weiterhin für geboten, im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG - jedenfalls außerhalb des Regelungsbereichs des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG - nicht nach den Motiven der Ehegatten für die Heirat zu forschen, und dasselbe gilt für deren Gesundheitszustand am Tag der Eheschließung. Stattdessen ist auf Gesichtspunkte wie vor allem die Dauer der Ehe und das Alter der Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung abzustellen, da die einschlägigen Tatsachen unschwer kurzfristig zuverlässig ermittelt werden können und den erwähnten Gesichtspunkten vom Gesetzgeber im Zusammenhang mit der beamtenrechtlichen Witwenversorgung auch anderweitig Bedeutung beigemessen wird. Hinzuweisen ist insoweit auf § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 BeamtVG, wo bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr Witwengeld regelmäßig und bei einer Ehe mit einem Ruhestandsbeamten, der die Regelaltersgrenze zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits erreicht hatte, Witwengeld ausnahmslos verweigert wird, weiterhin auf § 20 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG, der eine Erhöhung des nach Maßgabe des Satzes 1 gekürzten Witwengeldes nach fünfjähriger Dauer der Ehe um jeweils 5 v.H. pro Jahr vorsieht. Hieraus ergibt sich verallgemeinernd, dass eine Ehedauer von nicht einmal einem Jahr, eine Ehedauer von weniger als fünf Jahren und die Ehe mit einem Ruhestandsbeamten, der zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits die Regelaltersgrenze erreicht hatte, nach Einschätzung des Gesetzgebers beamtenversorgungsrechtlich besondere Umstände darstellen. Vor diesem Hintergrund hält der Senat den hier einschlägigen Teil der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 22 BeamtVG für eine sachgerechte Konkretisierung des § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Danach wird bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr im Regelfall ein Unterhaltsbeitrag vollständig verweigert (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG analog). Bei einer Ehedauer von einem bis zu zwei Jahren wird die Verwaltung zwar zu Ermittlungen zwecks Klärung des Vorliegens einer Versorgungsehe - allerdings ohne dahingehende Vermutung - aufgefordert (Tz. 22.1.3.1). Fallbezogen wurde der Klägerin jedoch ohne weitergehende Ermittlungen ein Unterhaltsbeitrag dem Grunde nach zugebilligt, wie es Tz. 22.1.4 - erst - ab einer Ehedauer von zwei Jahren als Sollregelung vorgibt; in diesen Fällen erfolgt allerdings bei einer Ehedauer von weniger als fünf Jahren eine Kürzung um 5 v.H. für jedes angefangene an fünf Jahren fehlende Jahr (Tz. 22.1.6.1 BeamtVGVwV), wobei fallbezogen die danach an sich veranlasste Kürzung um 20 v.H. vom Beklagten auf 15 v.H. beschränkt wurde. Bei seinem gesamten Vorgehen beachtete der Beklagte die Vorgabe in Tz. 22.1.7 BeamtVGVwV, nicht unangemessen in die persönlichen Lebensverhältnisse der Witwe einzudringen, sondern entschied auf der Grundlage unbestreitbarer Tatsachen und gelangte so zu einem nach Auffassung des Senats überzeugenden Ergebnis: Einerseits wird die Versorgungslast des Beklagten, der mit dem Entstehen neuer und wegen des deutlich niedrigeren Alters der nachgeheirateten Witwe voraussichtlich lange Zeit fortbestehender Versorgungsansprüche nach Vollendung des 65. Lebensjahres des Beamten nicht mehr rechnen musste, angemessen begrenzt, andererseits das Einkommen der Klägerin über ihre eigene Rente hinausgehend - wenn auch in bescheidenem Umfang und offenbar deutlich niedriger als von ihr erhofft, was allerdings primär auf den Ansprüchen der ersten Ehefrau beruht - aufgestockt. Dabei ist auch klar zu sehen, dass der von der Klägerin wiederholt ins Feld geführte Lebensbedarf wesentlich durch die Aufwendungen für ihren schwerbehinderten Sohn mitbestimmt wird; insoweit ist der Beklagte aber nicht in der Pflicht, da der Ruhestandsbeamte mit dem Sohn nicht verwandt war

siehe auch die wenigen veröffentlichten Entscheidungen zur Kürzung eines Unterhaltsbeitrags nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, nämlich HessVGH, Beschluss vom 5.3.2007 - 1 UZ 2909/06 -, IÖD 2007, 202 = juris, und VG München, Urteil vom 14.2.2007 - M 9 K 05.317 -, juris.

Nach allem ist unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

B e s c h l u s s

Der Streitwert wird im Anschluss an die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts unter Berücksichtigung des im Vergleich zum erstinstanzlichen Verfahren eingeschränkten Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren auf (262,61 EUR/Monat x 24 Monate =) 6.302,64 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.