Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 25. März 2015 - 2 M 7/15

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2015:0325.2M7.15.0A
bei uns veröffentlicht am25.03.2015

Gründe

I.

1

Der Antragsteller richtet sich gegen eine Anordnung des Antragsgegners, mit der ihm aufgegeben wurde, für die (im Folgenden: (...)) das gemäß § 49 KrWG zu führende Register für die Zeit vom 01.01.2012 bis zum 30.12.2013 vorzulegen.

2

Die (...) betrieb auf dem Grundstück W-Straße 59 in T-Stadt, OT (N.), eine immissionsschutzrechtlich genehmigte Verwertungsanlage zur Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen mit Herstellung von Ersatzbrennstoffen. Am 09.08.2012 verstarb der Geschäftsführer der (...), Herr (…). Bei einer Kontrolle der Anlage durch den Antragsgegner am 19.09.2012 wurde ausweislich des Protokolls vom 25.09.2012 (GA Bl. 54 ff.) festgestellt, dass wegen eines selbst auferlegten Annahmestopps keine Abfälle mehr angeliefert würden. Alle zur Behandlung der Abfälle benötigten Maschinen (Brecher, Bagger, Siebmaschine etc.) seien defekt. Ersatzteile würden nicht geliefert. Damit sei zurzeit kein Anlagenbetrieb mehr möglich. Darüber hinaus seien mehrere mit Abfällen gefüllte Container vorgefunden worden, darunter 3 Container mit Asbest, 1 Container mit Altglas, 3 Container mit gemischten Siedlungsabfällen und 2 Container mit gemischten Bau- und Abbruchabfällen.

3

Mit Beschluss des Amtsgerichts Halle vom 13.12.2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der (...) eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestellt. Darüber hinaus wurde der Antragsteller auch zum Insolvenzverwalter der E.-Recycling GmbH (im Folgenden: E.) bestellt. Die E. ist 100 %-ige Gesellschafterin der (...) (GA Bl. 125).

4

Noch im Dezember 2012 wurde die Stromversorgung auf dem Anlagengelände der (...) auf Veranlassung des Antragstellers eingestellt, der hierzu von dem Antragsgegner mit Schreiben vom 18.12.2012 aufgefordert worden war (GA Bl. 62 f.).

5

Am 20.12.2012 führte die (F.) KG im Auftrag des Antragstellers eine Online-Versteigerung durch, wobei u.a. mehrere Container von dem Grundstück W-Straße 59 in T-Stadt an die T. GmbH & Co. KG versteigert bzw. verkauft wurden (BA A Anlage 5). Nach den Angaben von Herrn (...) T., des Prokuristen der T. GmbH & Co. KG, in einer E-Mail vom 26.09.2014 waren die im Januar 2013 übernommenen Container teilweise mit Abfällen befüllt, insbesondere mit Asbest, Gummimatten, Altreifen, KMF Wolle, Erde, Bauschutt und Baumischabfall (BA B Bl. 50).

6

Am 12.02.2013 fand eine weitere Kontrolle des Anlagengeländes der (...) statt. In dem hierüber angefertigten Protokoll vom 05.03.2013 (BA A Anlage 2) wurde festgehalten, dass seit dem 19.09.2012 ein selbst auferlegter Annahmestopp bestehe. Am 02. und 03.01.2013 habe eine Versteigerung der meisten noch vorhandenen Technik stattgefunden, so dass kaum noch Maschinen, Geräte oder Container vorgefunden worden seien. Die noch vorhandenen LKW und Radlader funktionierten nicht. Ein Anliefern von Abfällen erfolge nicht. Mit dem Verkauf der Container seien auch die darin enthaltenen Abfälle mit übergeben worden.

7

Am 04.03.2013 erstellte der Antragsteller einen Verwalterbericht. Hierin hieß es, der Betrieb sei Mitte September 2012 faktisch zum Erliegen gekommen. Aufgrund des Zustands des Betriebsgeländes und der damit verbundenen Kosten- und Haftungsrisiken hätten bislang keine Kaufinteressenten gefunden werden können. Eine Wiederaufnahme der Betriebstätigkeit sei ihm nicht möglich gewesen. Fortführungsmöglichkeiten schieden aus. An anderer Stelle hieß es, einen wesentlichen Vermögenswert der (...) könnte die behördliche Genehmigung zum Betreiben einer Verwertungsanlage zur Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen mit Herstellung von Ersatzbrennstoffen darstellen. Solche Genehmigungen seien heute nur noch äußerst schwierig zu erhalten.

8

In einem Schreiben vom 10.04.2013 stellte der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner klar, dass der Geschäftsbetrieb der (...) nicht endgültig eingestellt worden sei. Es handele sich vielmehr um ein zeitweiliges Ruhen des Betriebes zur Prüfung und Vorbereitung eines Verkaufs der Anlage alternativ zu einer endgültigen Einstellung (BA A Anlage 3).

9

Mit Schreiben vom 24.04.2013 erklärte der Antragsteller gegenüber der E. die Freigabe sämtlicher auf dem Grundstück W-Straße 59 befindlicher Anlagen einschließlich der diesbezüglich erteilten Genehmigungen sowie sämtlicher auf dem vorbenannten Grundstück lagernder Gegenstände, insbesondere Abfälle (GA Bl. 125 f.).

10

Mit Schreiben vom 20.08.2013 teilte der Antragsteller dem Antragsgegner mit, dass der Geschäftsbetrieb der (...) weiterhin ruhe und eine Wiederaufnahme nicht ausgeschlossen sei (BA A Anlage 3).

11

Mit Bescheid vom 19.08.2014 gab der Antragsgegner dem Antragsteller auf der Grundlage des § 49 Abs. 4 KrWG nach vorheriger Anhörung auf, ihm bis zum 15.09.2014 für die (...) die Registerauszüge für alle eingehenden und ausgehenden Abfälle ab dem 01.01.2012 bis zum 30.12.2013 vorzulegen. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, der Antragsteller sei als letzter Betreiber der Anlage der (...) zur Vorlage der gemäß § 49 Abs. 1 KrWG zu führenden Register verpflichtet. Der Antragsteller habe die Anlage zumindest vorübergehend in der Form eines ruhenden Betriebes weiterbetrieben. Zudem stelle der Verkauf der Container einschließlich der hierin gelagerten Abfälle einen nicht unerheblichen Output aus der Anlage dar. Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 15.09.2014 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

12

Dem Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 19.08.2014 hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller sei nicht als Betreiber der Anlage anzusehen. Übernehme ein Insolvenzverwalter eine faktisch stillgelegte Anlage und nehme er deren Betrieb in der Folgezeit nicht mehr auf, sei er grundsätzlich nicht als Betreiber anzusehen. So liege der Fall hier. Die Anlage habe bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen selbst auferlegten Annahmestopp gehabt. Die zum Betrieb der Anlage notwendigen Maschinen und Geräte seien defekt gewesen und Ersatzteile seien nicht mehr geliefert worden. Ein Betrieb der Anlage sei nicht mehr möglich gewesen. Die Geschäftstätigkeit sei zum Erliegen gekommen. Dies stimme auch mit den Erklärungen des Antragstellers überein. Er habe in seinem Verwalterbericht vom 04.03.2013 erklärt, dass der Geschäftsbetrieb Mitte September faktisch zum Erliegen gekommen sei. Etwas anderes folge auch nicht aus dessen Schreiben vom 10.04.2013 und 20.08.2013. Er habe hierin zum Ausdruck gebracht, dass er die Anlage nicht betreibe, der Betrieb ruhe. Auch die nach Aufforderung des Antragsgegners vorgenommene Trennung vom Strom sei eine Bestätigung für den zum Erliegen gekommenen Geschäftsbetrieb. Die Trennung vom Strom sei innerhalb von zwei Wochen nach der Bestellung des Antragstellers zum Insolvenzverwalter erfolgt. Spätestens in diesem Schritt sei die Stillegung der Anlage zu sehen. Es sei unerheblich, dass der Antragsteller die Stilllegung der Anlage bis heute nicht förmlich angezeigt habe. Es komme auf die tatsächliche Einstellung des Betriebes an. Diese sei bereits im September 2012, spätestens jedoch mit der Trennung der Anlage vom Strom erfolgt. Eine Betreiberstellung des Antragstellers werde auch nicht durch die Veräußerung von Containern begründet. Es sei unerheblich, ob der Antragsteller die Container selbst verkauft habe. Der Betrieb einer Anlage erfordere mehr als bloße Veräußerungstätigkeiten. Es müsse betriebsgestaltendes Handeln erkennbar sein. Das sei bei der Versteigerung der Container nicht der Fall gewesen. Zweck der Anlage sei die Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen gewesen. Die Versteigerung der Abfälle sei hingegen eine betriebsfremde Handlung und Ausdruck des beendeten Geschäftsbetriebes. Hierfür spreche auch, dass neben den Containern auch die Technik versteigert worden sei. Eine Betriebsfortführung habe der Antragsteller offensichtlich nicht angestrebt.

13

Der Antragsgegner hat gegen den ihm am 22.12.2014 zugestellten Beschluss am 05.01.2015 Beschwerde eingelegt und diese am 22.01.2015 begründet. Er trägt vor, die ordnungsrechtliche Verpflichtung des Antragstellers knüpfe an das vorübergehende Weiterbetreiben der Anlage in der Form des ruhenden Betriebes an. Eine vorübergehend ruhende Anlage sei einer dauerhaften Betriebseinstellung nicht gleichzusetzen. Zudem handele es sich bei dem Verkauf der Container einschließlich der hierin gelagerten Abfälle um eine Abgabe von Abfällen aus der Anlage. Es handele es sich um die Differenzmenge zu dem Protokoll vom 19.09.2012 von ca. 41 t, für die bislang kein gesetzlich vorgeschriebener Nachweis erfolgt sei. Würde eine Gewinnerzielungsabsicht des Insolvenzverwalters beim Verkauf von Abfällen deren ordnungsgemäße Entsorgung ausschließen, sei eine Prüfung wegen der Umgehung der gesetzlich vorgeschriebenen elektronischen Nachweisführung durch die zuständige Behörde unmöglich und der Weg einer illegalen Abfallentsorgung eröffnet. Auch wenn das Betreiben der Anlage nicht nachzuweisen sei, habe der Insolvenzverwalter als Besitzer der Abfälle nach den abfallrechtlichen Vorschriften den Nachweispflichten gegenüber der zuständigen Behörde nachzukommen. Die geforderten Register seien Grundlage für die Eröffnung weiterer abfallrechtlicher Verfahren, um durch Rückführung von Abfällen an die Anlieferer Kosten für die Allgemeinheit zu senken.

14

Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen und trägt vor, er habe die Anlage nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht betrieben. Auch die Versteigerung im Januar 2013 begründe seine Betreibereigenschaft nicht. Das folge bereits daraus, dass er bei der Erteilung des Auftrags zur Versteigerung als Insolvenzverwalter der E. und nicht der (...) gehandelt habe. Zudem sei die reine Verwertung des Vermögens der Gemeinschuldnerin keine aktive betriebsgestaltende Tätigkeit. Er könne auch nicht als Besitzer gefährlicher Abfälle herangezogen werden. Der Antragsgegner habe nicht glaubhaft gemacht, dass die am 19.09.2012 vorgefundenen Container mit Asbest zum Zeitpunkt seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter am 10.10.2012 noch auf dem Anlagengelände lagerten. Dies habe auch der bei der Kontrolle vom 12.02.2013 anwesende Herr L. nicht behauptet. Auch werde dies weder durch die vom Antragsgegner vorgelegte Rechnung vom 20.12.2012 noch durch die Angaben des Herrn (...) T. belegt. Jedenfalls sei er aufgrund seiner Freigabeerklärung im Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Anordnung nicht mehr Besitzer der Abfälle gewesen.

II.

15

A. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die vom Antragsgegner dargelegten Gründe gebieten die Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Interesse des Antragstellers, von einer sofortigen Vollziehung der abfallrechtlichen Anordnung bis zu einer (rechtskräftigen) Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug nicht, weil der von dem Antragsteller eingelegte Widerspruch nach derzeitigem Sach- und Streitstand voraussichtlich keinen Erfolg haben wird und ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung vorliegt.

16

1. Der Bescheid des Antragsgegners vom 19.08.2014 erweist sich nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung als voraussichtlich rechtmäßig. Gesetzliche Grundlage für die angefochtene Anordnung ist § 49 Abs. 4 KrWG. Gemäß § 49 Abs. 1 KrWG haben die Betreiber von Anlagen oder Unternehmen, die Abfälle in einem Verfahren nach Anlage 1 oder Anlage 2 entsorgen (Entsorger von Abfällen), ein Register zu führen, in dem hinsichtlich der Vorgänge nach Anlage 1 oder Anlage 2 folgende Angaben verzeichnet sind:

17

1. die Menge, die Art und der Ursprung sowie

18

2. die Bestimmung, die Häufigkeit der Sammlung, die Beförderungsart sowie die Art der Verwertung oder Beseitigung, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung, soweit diese Angaben zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallbewirtschaftung von Bedeutung sind. Gemäß § 49 Abs. 4 KrWG sind auf Verlangen der zuständigen Behörde die Register vorzulegen oder Angaben aus diesen Registern mitzuteilen. Hiernach ist der Antragsteller zur Vorlage der in der Anordnung vom 19.09.2014 näher konkretisierten Registerauszüge verpflichtet. Zur Vorlage der Register sind gemäß § 49 Abs. 4 KrWG u.a. die Entsorger von Abfällen im Sinne des § 49 Abs. 1 KrWG verpflichtet. Hierzu zählen die Betreiber von Anlagen zur Beseitigung oder Verwertung von Abfällen in einem Verfahren nach Anlage 1 oder Anlage 2 zum KrWG. Wird die betreffende Anlage nicht mehr betrieben, richtet sich die Vorlagepflicht des § 49 Abs. 4 KrWG an denjenigen, der sie zuletzt betrieben hat. Das ist hier der Antragsteller.

19

Betreiber einer – wie hier – immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage ist derjenige, der die Anlage im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung führt. Entscheidend ist insoweit, wer den bestimmenden bzw. maßgeblichen Einfluss auf die Lage, die Beschaffenheit und den Betrieb der Anlage ausübt. Das ist regelmäßig derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Anlage besitzt (BVerwG, Urt. v. 22.10.1998 – BVerwG 7 C 38.97 –, juris RdNr. 10; BayVGH, Urt. v. 04.05.2005 – 22 B 99.2208, 22 B 9922 B 99.2209 –, juris RdNr. 40; OVG NW, Urt. v. 01.06.2006 – 8 A 4495/04 –, juris RdNr. 53; VGH BW, Beschl. v. 17.04.2012 – 10 S 3127/11 –, juris RdNr. 4). Ein Insolvenzverwalter kann in diesem Sinne Betreiber sein, wenn er die Anlage des Gemeinschuldners kraft eigenen Rechts und im eigenen Namen fortbetrieben hat; es genügt, wenn dies auch nur für kurze Zeit geschehen ist (BVerwG, Urt. v. 22.10.1998 – BVerwG 7 C 38.97 – a.a.O.; BayVGH, Urt. v. 04.05.2005 – 22 B 99.2208, 22 B 99.2209 – a.a.O.; VGH BW, Beschl. v. 17.04.2012 – 10 S 3127/11 – a.a.O.; OVG NW, Beschl. v. 21.08.2013 – 8 B 612/13 –, juris RdNr. 17; VG Magdeburg, Urt. v. 03.12.2013 – 2 A 232/11 –, juris RdNr. 37). Erforderlich ist eine Fortführung des Betriebs der Anlage durch betriebsgestaltendes Handeln (BVerwG, Beschl. v. 05.10.2005 – BVerwG 7 B 65.05 –, juris RdNr. 4). Eine solche Betriebsfortführung liegt hier vor.

20

a) Der Betrieb der Anlage der (...) war im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht eingestellt. Der Insolvenzverwalter ist bei einer bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgten Einstellung des Betriebs der Anlage des Gemeinschuldners nicht Betreiber dieser Anlage (OVG BBg, Beschl. v. 10.11.2009 – OVG 11 N 30.07 –, juris RdNr. 14). Eine Anlage wird nicht mehr betrieben, wenn sämtliche von der Genehmigung gedeckten Betriebshandlungen eingestellt werden, d.h. wenn keine auf den Betriebszweck der Anlage gerichteten Handlungen mehr vorgenommen werden und eine Wiederaufnahme solcher Handlungen nicht zu erwarten ist. Die bestimmungsgemäße, technisch-wirtschaftliche Nutzung der Anlage und die für die Aufrechterhaltung ihrer Prozessabläufe notwendigen Betriebshandlungen müssen also vollständig und endgültig aufgegeben worden sein (OVG NW, Urt. v. 01.06.2006 – 8 A 4495/04 – a.a.O. RdNr. 57; VG Magdeburg, Urt. v. 03.12.2013 – 2 A 232/11 – a.a.O. RdNr. 38). Eine derartige endgültige Betriebsaufgabe lag hier im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht vor. Zwar wurde nach dem Tod des Geschäftsführers der (...) am 09.08.2012 ein Annahmestopp verhängt, so dass der Anlagenbetrieb zum Erliegen kam. Auch fehlte es an den zur Wiederaufnahme des Betriebs erforderlichen Mitarbeitern, Maschinen und Ersatzteilen. Gleichwohl lag eine endgültige Betriebsaufgabe nicht vor. Dies ergibt sich insbesondere aus den Schreiben des Antragstellers vom 10.04.2013 und 20.08.2013, in denen dieser erklärte, dass der Betrieb der Anlage nicht endgültig eingestellt sei, sondern nur zeitweilig ruhe und eine Wiederaufnahme des Betriebs nicht ausgeschlossen sei.

21

b) Es kann hier offen bleiben, ob der Antragsteller bereits deshalb als Betreiber der Anlage anzusehen ist, weil er nach Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 80 Abs. 1 InsO die Anlage nicht sofort stillgelegt, sondern zunächst den Betrieb nur ruhend gestellt und nach Veräußerungsmöglichkeiten gesucht hat. Zwar reicht die reine Inbesitznahme durch den Insolvenzverwalter für eine an den Betrieb der Anlage anknüpfende ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit nicht aus (vgl. OVG BBg, Beschl. v. 10.11.2009 – OVG 11 N 30.07 – a.a.O. RdNr. 8 ff.; Attendorn, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 40 RdNr. 80; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 31.08.2006 – BVerwG 7 C 3.06 –, juris RdNr. 14 zum Betrieb einer Deponie; BVerwG, Urt. v. 23.09.2004 – BVerwG 7 C 22.03 –, juris RdNr. 12 bezeichnet es als "fragwürdig", ob schon die Inbesitznahme als solche für die an die Stellung als Betreiber einer Anlage anknüpfende ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters ausreicht). Eine Betreiberstellung des Insolvenzverwalters kann jedoch dann gegeben sein, wenn er die Anlage nicht sofort nach Inbesitznahme, sondern erst nach einer Überprüfungsphase stilllegt (BayVGH, Urt. v. 04.05.2005 – 22 B 99.2208, 22 B 9922 B 99.2209 – a.a.O. RdNr. 41; gebilligt von BVerwG, Beschl. v. 05.10.2005 – BVerwG 7 B 65.05 – a.a.O.; offen gelassen von BVerwG, Urt. v. 22.10.1998 – BVerwG 7 C 38.97 – a.a.O.). Gleiches kann bei Bemühungen des Insolvenzverwalters zur Veräußerung einer Anlage gelten (vgl. HessVGH, Beschl. v. 20.04.2009 – 7 B 838/09 –, juris RdNr. 44). Dies bedarf hier indessen keiner Vertiefung.

22

c) Im vorliegenden Fall ist der Antragsteller jedenfalls deshalb als Betreiber der Anlage im Sinne des § 49 Abs. 1 KrWG anzusehen, weil er durch die von ihm im Dezember 2012 in Auftrag gegebene Versteigerung der auf dem Betriebsgelände befindlichen Container registerpflichtige Vorgänge im Sinne des § 49 Abs. 1 KrWG ausgelöst hat. Ein betriebsgestaltendes Handeln des Insolvenzverwalters, mit dem dieser eine Abfallentsorgungsanlage im Sinne des § 49 Abs. 1 KrWG betreibt, liegt auch dann vor, wenn er im Rahmen seiner Verwaltertätigkeit durch die Veräußerung von Abfällen ein Output aus der Anlage bewirkt und damit gemäß § 49 Abs. 1 KrWG registerpflichtige Vorgänge schafft. So liegt es hier. Im Rahmen der hier nur möglichen summarischen Prüfung geht der Senat davon aus, dass der Antragsteller die am 20.12.2012 erfolgte Online-Versteigerung der auf dem Betriebsgelände W-Straße 59 in T-Stadt befindlichen Container als Auftraggeber veranlasst hat. Dies hat der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 23.02.2015 auch eingeräumt. Dieser Vorgang ist dem Betrieb der (...) zuzurechnen. Zwar macht der Antragsteller geltend, er habe nicht als Insolvenzverwalter der (...), sondern der E. gehandelt. Auch heißt es in der Rechnung vom 20.12.2012 "Projekt: E. Recycling GmbH". Zudem ist in der Stellungnahme des Herrn (...) T. vom 26.09.2014 von "Material der E./(...)" bzw. von "Asbest der Firma E." oder "E. Asbest" die Rede. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Online-Versteigerung dem Betrieb der (...) nicht zugerechnet werden kann. Die E. betrieb nämlich – soweit derzeit ersichtlich – auf dem Grundstück W-Straße 59 in T-Stadt keine eigenständige Anlage, sondern ist lediglich 100 %-ige Gesellschafterin der (...) und Eigentümerin des Grundstücks. Tätigkeiten des Antragstellers im Namen der E. sind damit grundsätzlich – so auch hier – dem Betrieb der (...) zuzurechnen.

23

Der Senat geht bei summarischer Prüfung ferner davon aus, dass die im Dezember 2012 im Auftrag des Antragstellers veräußerten Container jedenfalls teilweise mit Abfällen, unter anderem mit Asbest, gefüllt waren und von der T. GmbH & Co. KG Anfang Januar 2013 auch so übernommen wurden. Dies ergibt sich aus der Stellungnahme der Herrn (...) T. vom 26.09.2014. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht und der Senat hält dies auch nicht für sehr wahrscheinlich, dass die bei der Kontrolle vom 19.09.2012 auf dem Anlagengelände vorgefundenen, mit Abfällen gefüllten Container im Zeitpunkt der Inbesitznahme der Anlage durch den Antragsteller nicht mehr vorhanden waren oder dass, entgegen der Darstellung des Herrn (...) T., die verkauften Container vor der Übergabe noch auf dem Anlagengelände geleert wurden und die darin befindlichen Abfälle auf dem Anlagengelände verblieben.

24

d) Die am 24.04.2013 gegenüber der E. erklärte Freigabe der auf dem Grundstück W-Straße 59 in T-Stadt befindlichen Anlagen, Gegenstände und Abfälle durch den Antragsteller bleibt für seine an die Stellung als Betreiber anknüpfende ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit gemäß § 49 Abs. 4 KrWG ohne Auswirkungen. Zwar ist die Freigabe von Gegenständen durch den Insolvenzverwalter rechtlich anerkannt. Sie bewirkt grundsätzlich, dass diese aus der Masse ausscheiden und die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Gemeinschuldners wieder auflebt (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.09.2004 – BVerwG 7 C 22.03 – a.a.O. RdNr. 15 ff.). Die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, die sich auf den freigegebenen Gegenstand beziehen, gehen grundsätzlich von diesem Zeitpunkt an auf den Gemeinschuldner über. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Freigabeerklärung wegen der Tatbestandsmerkmale, an welche das Ordnungsrecht anknüpft, ordnungsrechtlich ins Leere gehen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.2004 – BVerwG 7 C 22.03 – a.a.O.). Allein das Ordnungsrecht regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt, wie dieser Störung zu begegnen ist und wer dafür in Anspruch genommen werden kann. Daraus folgt, dass sich allein aus den Tatbestandsmerkmalen der einschlägigen ordnungsrechtlichen Bestimmung ergibt, welche Wirkungen die Freigabeerklärung hat. Die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters bleibt danach ordnungsrechtlich ohne Bedeutung, wenn die ordnungsrechtlichen Verpflichtungen auf dem Betrieb der Anlage beruhen (VGH BW, Beschl. v. 17.04.2012 – 10 S 3127/11 – a.a.O. RdNr. 7). So liegt es hier. Anknüpfungspunkt der Vorlagepflicht gemäß § 49 Abs. 4 KrWG ist u.a. die – hier vorliegende – Stellung als (letzter) Betreiber der Anlage.

25

2. Es liegt auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung vor. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem Bescheid des Antragsgegners vom 19.08.2014 Bezug genommen.

26

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes folgt der Senat der Festsetzung des Verwaltungsgerichts.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


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Insolvenzordnung - InsO | § 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts


(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. (2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsve

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 49 Registerpflichten


(1) Die Betreiber von Anlagen oder Unternehmen, die Abfälle in einem Verfahren nach Anlage 1 oder Anlage 2 entsorgen (Entsorger von Abfällen), haben ein Register zu führen, in dem hinsichtlich der Vorgänge nach Anlage 1 oder Anlage 2 folgende Angaben

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Tenor Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. November 2011 - 3 K 1641/11 - geändert.Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Verfahren 3 K 1640/11 gegen Ziff.

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(1) Die Betreiber von Anlagen oder Unternehmen, die Abfälle in einem Verfahren nach Anlage 1 oder Anlage 2 entsorgen (Entsorger von Abfällen), haben ein Register zu führen, in dem hinsichtlich der Vorgänge nach Anlage 1 oder Anlage 2 folgende Angaben verzeichnet sind:

1.
die Menge, die Art und der Ursprung sowie
2.
die Bestimmung, die Häufigkeit der Sammlung, die Beförderungsart sowie die Art der Verwertung oder Beseitigung, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung, soweit diese Angaben zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallbewirtschaftung von Bedeutung sind.

(2) Entsorger, die Abfälle behandeln oder lagern, haben die nach Absatz 1 erforderlichen Angaben, insbesondere die Bestimmung der behandelten oder gelagerten Abfälle, auch für die weitere Entsorgung zu verzeichnen, soweit dies erforderlich ist, um auf Grund der Zweckbestimmung der Abfallentsorgungsanlage eine ordnungsgemäße Entsorgung zu gewährleisten. Satz 1 gilt entsprechend für die weitere Verwendung von Erzeugnissen, Materialien und Stoffen, die aus der Vorbereitung zur Wiederverwendung, aus dem Recycling oder einem sonstigen Verwertungsverfahren hervorgegangen sind. Entsorger nach Satz 1 werden durch Rechtsverordnung nach § 52 Absatz 1 Satz 1 bestimmt.

(3) Die Pflicht nach Absatz 1, ein Register zu führen, gilt auch für die Erzeuger, Besitzer, Sammler, Beförderer, Händler und Makler von gefährlichen Abfällen.

(4) Auf Verlangen der zuständigen Behörde sind die Register vorzulegen oder Angaben aus diesen Registern mitzuteilen.

(5) In ein Register eingetragene Angaben oder eingestellte Belege über gefährliche Abfälle haben die Erzeuger, Besitzer, Händler, Makler und Entsorger von Abfällen mindestens drei Jahre, die Beförderer von Abfällen mindestens zwölf Monate jeweils ab dem Zeitpunkt der Eintragung oder Einstellung in das Register gerechnet aufzubewahren, soweit eine Rechtsverordnung nach § 52 keine längere Frist vorschreibt.

(6) Die Registerpflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten nicht für private Haushaltungen.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. November 2011 - 3 K 1641/11 - geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Verfahren 3 K 1640/11 gegen Ziff. 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20. Juli 2011 wird abgelehnt.

Das Verfahren über die Beschwerde des Antragstellers wird eingestellt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 65.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragsgegners, die sich nach ihrem Antrag und ihrer Begründung gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 02.11.2011 lediglich insoweit wendet, als das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziff. 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20.07.2011 wiederhergestellt hat, ist zulässig (vgl. §§ 146, 147 VwGO) und begründet.
Aus den von dem Antragsgegner in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt sich, dass der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage vom 24.08.2011 gegen Ziff. 2 der immissionsschutzrechtlichen Anordnung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20.07.2011 unbegründet ist. Die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO vorzunehmende Abwägung fällt zu Lasten des Interesses des Antragstellers aus, vom Vollzug von Ziff. 2 der Verfügung des Antragsgegners vom 20.07.2011 bis zu einer endgültigen Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren voraussichtlich keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Ziff. 2 der immissionsschutzrechtlichen Anordnung vom 20.07.2011, mit der der Antragsteller als Insolvenzverwalter verpflichtet wurde, die auf dem Grundstück der Gemeinschuldnerin lagernden Filterstäube und Aluminiumsalzschlacke bis zum 31.12.2011 ordnungsgemäß zu entsorgen. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass gegen die Verfügung zur Beseitigung der Abfälle bei ordnungsrechtlicher Betrachtung keine Bedenken bestehen (dazu unter 1.). Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts stehen der Inanspruchnahme des Antragstellers als Insolvenzverwalter auch keine Besonderheiten des Insolvenzrechts entgegen (dazu unter 2.). Schließlich besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Durchsetzung von Ziff. 2 der streitgegenständlichen Verfügung (dazu unter 3.).
1. Rechtsgrundlage für die Inanspruchnahme des Antragstellers hinsichtlich der Anordnung in Ziff. 2 der Ordnungsverfügung vom 20.07.2011 zur Beseitigung der Abfälle ist § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 a Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG. Der Antragsteller hat die nach dieser Vorschrift erforderliche Stellung als letzter Betreiber der Anlage inne (dazu unter a)). Hieran hat sich auch durch die Freigabe des Grundstücks aus dem Insolvenzbeschlag durch den Antragsteller am 22.12.2011 nichts geändert (dazu unter b)). Auch sind die weiteren Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt (dazu unter c)).
a) Eine Inanspruchnahme nach § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG setzt voraus, dass der Adressat der Ordnungsverfügung letzter Betreiber einer nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlage war, dass er also die Merkmale des immissionsschutzrechtlichen Betreiberbegriffs erfüllt. Betreiber einer - wie hier - immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage ist derjenige, der die Anlage im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1998 - 7 C 38.97 - BVerwGE 107, 299; Beschluss vom 22.07.2010 - 7 B 12.10 - UPR 2010, 452; BayVGH, Urteil vom 04.05.2005 - 22 B 99.2208 - BayVBl. 2006, 217). Es kommt mithin auf den bestimmenden Einfluss auf den Anlagenbetrieb an, d.h. darauf, wer die maßgeblichen Entscheidungen trifft (vgl. OVG Münster, Urteil vom 01.06.2006 - 8 A 4495/04 - UPR 2006, 456). Der Insolvenzverwalter kann in diesem Sinne Betreiber sein, wenn er die Anlage des Gemeinschuldners kraft eigenen Rechts und im eigenen Namen fortbetrieben hat; es genügt, wenn dies auch nur für kurze Zeit geschehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1998 - 7 C 38.97 - a.a.O.). Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Antragsteller in die Stellung als Betreiber eingerückt, indem er nach Insolvenzeröffnung am 01.05.2009 den Betrieb der immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage bis mindestens zum 31.07.2010 fortgeführt hat. Als letzten Betreiber treffen den Antragsteller die Nachsorgepflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG, ohne dass es darauf ankäme, wann die Abfälle entstanden sind und ob vor Insolvenzeröffnung bereits die Gemeinschuldnerin hätte in Anspruch genommen werden können (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 23.09.2004 - 7 C 22.03 - BVerwGE 122, 75). Da den Insolvenzverwalter die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit trifft, handelt es sich um eine persönliche Pflicht, die nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO als Masseverbindlichkeit zu erfüllen ist.
b) An der ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit des Antragstellers als Insolvenzverwalter hat sich auch durch die Freigabe des Betriebsgrundstücks am 22.12.2011 aus dem Insolvenzbeschlag nichts geändert. Zum einen ist dieser Umstand bereits aus zeitlichen Gründen im Beschwerdeverfahren nicht mehr zu berücksichtigen (dazu unter aa)). Zum anderen führt hier die Freigabe des Betriebsgrundstücks auch aus ordnungsrechtlichen Gründen nicht zu einer Beendigung der Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters (dazu unter bb)).
aa) Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass die Freigabe des Betriebsgrundstücks bereits in zeitlicher Hinsicht keine Berücksichtigung mehr im gegenständlichen Beschwerdeverfahren finden kann. Maßgeblicher Zeitpunkt für die summarische Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Zeitpunkt, auf den es aufgrund des einschlägigen materiellen Rechts auch im Hauptsacheverfahren ankommt (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 21.07.2009 - 1 B 89/09 - NuR 2009, 798). Bei Ermessensentscheidungen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG ist dabei grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen (vgl. Jarass, BImSchG, 9. Aufl., § 17 RdNr. 82 m.w.N.). Die immissionsschutzrechtliche Verfügung des Regierungspräsidiums erging bereits am 20.07.2011. Da ein Widerspruchsverfahren gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO nicht statthaft war, stellt mithin die Entscheidung des Antragsgegners vom 20.07.2011 auch gleichzeitig die letzte berücksichtigungsfähige Behördenentscheidung dar. Jedenfalls die hier allein streitgegenständliche Ziff. 2 der Verfügung vom 20.07.2011 stellt keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar, bei dem eine abweichende Betrachtung geboten wäre. Denn sie ist konkret auf die Beseitigung der in der Schmelzhalle verbliebenen Aluminiumsalzschlacke und des sonstigen auf dem Betriebsgrundstück lagernden Abfalls gerichtet. Maßgeblicher Zeitpunkt für die summarische Überprüfung der Rechtmäßigkeit ist deshalb der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also der 20.07.2011. Zu diesem Zeitpunkt war die Freigabe des Betriebsgrundstücks durch den Antragsteller jedoch noch nicht erfolgt, sodass sie im Klageverfahren nicht berücksichtigungsfähig ist.
bb) Überdies entfaltet hier die Freigabeerklärung in ordnungsrechtlicher Hinsicht keine Wirkung. Richtig ist zwar, dass die Freigabe von Gegenständen durch den Insolvenzverwalter rechtlich anerkannt ist und grundsätzlich bewirkt, dass diese aus der Masse ausscheiden und die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Gemeinschuldners wieder auflebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.2004 - 7 C 22.03 - a.a.O.; sowie Beschluss vom 20.01.1984 - 4 C 37.80 - Buchholz 402.41 Nr. 35). Die Abgabe der Freigabeerklärung nach dem Ergehen der entsprechenden Anordnung ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, weil sie dem Insolvenzzweck entsprach. Die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, die sich auf den freigegebenen Gegenstand beziehen, gehen grundsätzlich von diesem Zeitpunkt an auf den Gemeinschuldner über. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Freigabeerklärung wegen der Tatbestandsmerkmale, an welche das Ordnungsrecht anknüpft, ordnungsrechtlich ins Leere gehen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.2004 - 7 C 22.03 - a.a.O.). Allein das Ordnungsrecht regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt, wie dieser Störung zu begegnen ist und wer dafür in Anspruch genommen werden kann. Daraus folgt auch, dass sich allein aus den Tatbestandsmerkmalen der einschlägigen ordnungsrechtlichen Bestimmung ergibt, welche Wirkungen die Freigabeerklärung hat. Bei Anwendung dieser Grundsätze bleibt die Freigabeerklärung des Antragstellers ordnungsrechtlich ohne Bedeutung. Die sich aus § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG ergebenden ordnungsrechtlichen Verpflichtungen beruhen nicht auf dem Eigentum des Anlagenbetreibers an den Abfällen oder seiner Befugnis zur Verfügung über diese, sondern auf dem Betrieb der Anlage und der Sachherrschaft des Betreibers in Bezug auf diese, unabhängig von der vermögensrechtlichen Zuordnung der Stoffe oder des Betriebsgrundstücks (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1998 - 7 C 38.97 - a.a.O.). Wie sich aus dem Wortlaut von § 5 Abs. 3 BImSchG und der Binnensystematik der Bestimmung eindeutig ergibt, ist Anknüpfungspunkt der Nachsorgepflichten nicht etwa das Vorhandensein von Abfällen oder der Zustand des Betriebsgeländes nach der Stilllegung, sondern die Pflicht des Betreibers zu einer in allen Phasen von der Errichtung bis zur Stilllegung des Betriebes ordnungsgemäßen Betriebsführung, die das mit § 5 Abs. 1 BImSchG angestrebte hohe Schutzniveau für die Umwelt auch nach der Betriebseinstellung gewährleistet (vgl. näher OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.11.2009 - OVG 11 N 30.07 - NVwZ 2010, 594).
c) Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass für die Anordnung in Ziff. 2 der Verfügung vom 20.07.2011 die Voraussetzungen von § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 a Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG vorliegen. Zur Erfüllung der sich aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ergebenden Pflichten können gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nach Erteilung der Genehmigung Anordnungen getroffen werden, nach Einstellung des gesamten Betriebs zur Erfüllung der sich aus § 5 Abs. 3 BImSchG ergebenden Pflichten allerdings nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr (§ 17 Abs. 4 a Satz 2 BImSchG). Von dieser Befugnis hat der Antragsgegner hier zu Recht Gebrauch gemacht, weil der Antragsteller der ihm als letztem Betreiber obliegenden (Nachsorge-) Pflicht aus § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG nicht nachgekommen ist, die Anlage so stillzulegen, dass die vorhandenen Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung befanden sich die in der Verfügung vom 20.07.2011 im Einzelnen näher beschriebenen Abfälle im Umfang von mehreren 100 Tonnen auf dem Betriebsgelände der Anlage. Nachdem der Antragsteller trotz mehrfacher Aufforderungen und einer gemeinsamen Ortsbesichtigung mit Bediensteten des Regierungspräsidiums keine Anstalten zur Beseitigung der Abfälle unternommen hat, bestand hinreichender Anlass für die Annahme, dass er seiner Nachsorgepflicht aus § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG zur Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle nicht mehr nachkommen werde. Im Übrigen leidet Ziff. 2 der Verfügung vom 20.07.2011 nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Ermessensfehler (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Ein Auswahlermessen hinsichtlich des in Anspruch zu nehmenden Störers war von dem Antragsgegner nicht auszuüben, da als Adressat einer Anordnung zur Durchsetzung der aus § 5 Abs. 3 BImSchG folgenden, dem Betreiber obliegenden Nachsorgepflichten allein der letzte Betreiber der Anlage in Betracht kommt. Schließlich ist die Anordnung, die Abfälle zu beseitigen, auch unter Berücksichtigung der Massearmut nicht unverhältnismäßig.
2. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts stehen der Inanspruchnahme des Antragstellers als Insolvenzverwalter auch keine Besonderheiten des Insolvenzrechts entgegen. Insbesondere erweist sich Ziff. 2 der streitgegenständlichen Verfügung nicht bereits deswegen als unverhältnismäßig und damit rechtswidrig, weil sie wegen §§ 209 Abs. 1 Nr. 3, 210 InsO nicht vollstreckt werden könnte. Dabei kann dahinstehen, welchen Rang die Pflichten des Antragstellers und die Kosten einer etwaigen Ersatzvornahme im Gefüge des Insolvenzrechts einnehmen. Denn selbst wenn die Beitreibung der Kosten einer etwaigen Verwaltungsvollstreckung wegen des Verbots der Einzelzwangsvollstreckung unzulässig sein und die Behörde nur eine quotale Befriedigung erreichen können oder ihr wegen Masseunzulänglichkeit das Vollstreckungsverbot der §§ 209 Abs. 1 Nr. 3, 210 InsO entgegenstehen sollte, schlüge dies nicht auf die Befugnis der Behörde durch, den polizeipflichtigen Antragsteller zur Erfüllung seiner immissionsschutzrechtlichen Nachsorgepflichten per Verwaltungsakt in Anspruch zu nehmen. Das Verwaltungsgericht verkennt in diesem Zusammenhang, dass im Verwaltungsverfahren die einzelnen Schritte vom Erlass eines Verwaltungsakts als Grundverfügung (Primärebene) über die Vollstreckung der öffentlich-rechtlichen Pflicht des Adressaten (Sekundärebene) bis zur Beitreibung der Kosten der Verwaltungsvollstreckung (Tertiärebene) unterschieden werden müssen. Im vorliegenden Verfahren befindet sich der Streit ausschließlich auf der Primärebene. Der Erlass einer ordnungsrechtlichen Grundverfügung stellt noch keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung dar. Daher steht ihrem Erlass weder das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung aus § 89 Abs. 1 InsO noch das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO entgegen.
10 
Zutreffend geht das Verwaltungsgericht zwar in anderem Zusammenhang davon aus, dass das Insolvenzrecht das Ordnungsrecht nicht verdrängt, sondern zwischen beiden Rechtsgebieten zu trennen ist. Während das Ordnungsrecht regelt, wann eine Störung vorliegt, wie ihr zur begegnen ist und wer dafür in Anspruch genommen werden kann, regelt das Insolvenzrecht abschließend, wie die Ordnungspflicht im Insolvenzverfahren einzuordnen und durchzusetzen ist (vgl. näher BVerwG, Urteil vom 23.09.2004 - 7 C 22.03 - a.a.O.). Im Ergebnis läuft die Begründung des Verwaltungsgerichts diesem Ansatz jedoch zuwider. Denn wenn es der Behörde nicht möglich ist, den Insolvenzverwalter auf der Primärebene zur Gefahrenbeseitigung zu verpflichten, könnten die ordnungsrechtlichen Nachsorgepflichten gemäß § 5 Abs. 3 BImSchG praktisch nicht durchgesetzt werden. Entgegen der Annahme des Antragstellers besteht insbesondere keine Handlungsmöglichkeit der Behörde, ohne Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters die Gefahr selbst zu beseitigen. Denn der Immissionsschutzbehörde steht als einziges gesetzliches Mittel zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands die Ersatzvornahme gemäß § 25 LVwVG zur Verfügung, die denknotwendig zuerst auf der Primärebene die Inanspruchnahme des Störers voraussetzt. Eine zu Lasten der Allgemeinheit gehende eigenständige Pflicht der Behörde zur Gefahrenbeseitigung und daran anknüpfende Befugnisse kennt das Ordnungsrecht nicht. Eine solche Pflicht kann auch nicht durch das Insolvenzrecht geschaffen werden (vgl. näher OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16.01.1997 - 3 L 94/96 - NJW 1998, 175). Die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung, wonach § 210 InsO nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit bereits dem Erlass einer ordnungsrechtlichen Grundverfügung gegen den Insolvenzverwalter entgegenstehe, würde zu ordnungsrechtlich nicht hinzunehmenden Zuständen führen. Denn dann könnte gegen den Insolvenzverwalter keine Grundverfügung ergehen und die Behörde könnte nicht die erforderliche Grundlage zur Beseitigung der Gefahr im Wege der Verwaltungsvollstreckung mittels Ersatzvornahme schaffen. Eine solche Lösung stünde jedoch dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr entgegen; eine Suspendierung der Polizeipflicht in der Insolvenz zu Lasten der Allgemeinheit und der öffentlichen Sicherheit ist dem Gefahrenabwehrrecht fremd. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit ist deshalb für die Primärebene unerheblich und hindert nicht die Befugnis der Ordnungsbehörde, den Insolvenzverwalter als Störer auf der Grundlage der einschlägigen ordnungsrechtlichen Bestimmungen in Anspruch zu nehmen. Vielmehr bewirkt die Anzeige der Masseunzulänglichkeit nur, dass die Kosten einer etwaigen Ersatzvornahme (d.h. auf der Tertiärebene im oben dargestellten Sinne) nur im Rahmen der vorhandenen Masse nach Maßgabe der insolvenzrechtlich vorgeschriebenen Rangordnung zu befriedigen sind (vgl. ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 22.10.1998 - 7 C 38.97 - a.a.O.; BayVGH, Urteil vom 04.05.2005 - 22 B 99.2208 - a.a.O.).
11 
3. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung von Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 20.07.2011 besteht. Wegen der Gefahren, die von den in der Schmelz- und der Spänehalle lagernden Abfallstoffen ausgehen, kann mit ihrer Entsorgung nicht bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zugewartet werden. Insbesondere von den auf dem Betriebsgelände noch in großer Menge vorhandenen Filterstäuben geht nach der sachkundigen Einschätzung des Regierungspräsidiums eine erhebliche Gefahr für die Umwelt und die menschliche Gesundheit aus. Gerade wegen des sehr schlechten baulichen Zustands der Betriebshallen, die teilweise nicht mehr gegen Wasserzutritt gesichert sind und keinen dichten Boden mehr aufweisen, muss nach der übereinstimmenden Einschätzung des Regierungspräsidiums und des Immissionsschutzbeauftragten der Gemeinschuldnerin mit der Freisetzung von Filterstäuben sowie Salzen aus der Salzschlacke gerechnet werden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass wohl lediglich von den Filterstäuben, nicht jedoch von der Salzschlacke und dem Ofenausbruch, erhebliche Gesundheitsgefahren ausgehen.
12 
Nach alldem war der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklagen gegen die in Ziff. 2 des Bescheides vom 20.07.2011 verfügte Abfallbeseitigungspflicht abzulehnen.
13 
Nach der Rücknahme der Beschwerde durch den Antragsteller ist das Beschwerdeverfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
14 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 155 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 VwGO.
15 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 und § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nrn. 1.5 und 19.1.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004.
16 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Insoweit ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. Mai 2013 unwirksam.

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. Mai 2013 werden, soweit sie noch anhängig sind, zurückgewiesen.

Die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Antragsteller zu 1. zu 1/3, der Antragsgegner zu 1/6 und der Antragsteller zu 2. zu ½, wobei der Antragsteller zu 2. seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung auf 35.312,50 Euro festgesetzt.


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Tatbestand

1

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma (Gemeinschuldnerin) und wendet sich gegen eine Anordnung des Beklagten, mit der ihm die Beseitigung von auf dem Betriebsgelände in V. verbliebenen Abfällen sowie die Entsorgung von Stapelelementen aufgegeben wurde.

2

Die (spätere) Gemeinschuldnerin baute seit den 1990er Jahren in den Tongruben M. und V. Ton im Tagebaubetrieb ab. Auf dem Gelände des Tontagebaus V. betrieb sie seit 31.08.2004 ferner eine genehmigungsbedürftige Anlage zur Lagerung und Behandlung von Abfällen gemäß dem Bescheid des Regierungspräsidiums M. vom 06.06.2003. Durch Bescheid vom 23.05.2007 stellte der Beklagte fest, dass die seitens der Gemeinschuldnerin durch Schreiben vom 25.04.2007 angezeigten Änderungen der Anlage keiner Genehmigung nach § 16 BImSchG bedürften. Zu den angezeigten Änderungen gehörte gemäß Ziffer 1 des v. g. Bescheids u. a. die „Errichtung von variablen Lagerbereichen durch die Verwendung von verfestigten Stapelelementen der AVV 19 03 07, verfestigte Abfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 03 06*, fallen in Höhe von 2000 Stück aus der eigenen Herstellung, mit einer max. Stapelhöhe von 4m (vgl. Bl. 445 ff. d. BA-A).

3

Am 11.02.2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Beschluss des AG S. vom 11.02.2009 – … IN …/08 -). Nach dessen Angaben hat die Gemeinschuldnerin den Betrieb der Anlage bereits mit der Stellung des Insolvenzantrages am 16.10.2008 eingestellt. Danach seien auf dem Gelände des Tontagebaus V. weder Abfälle angenommen, behandelt oder entsorgt noch in der Anlage erzeugte Materialien veräußert worden.

4

Mit Schreiben vom 01.04.2010 teilte der Kläger dem Beklagten auf Nachfrage mit, dass die Gemeinschuldnerin im Rahmen des laufenden Insolvenzverfahrens derzeit keine werbende Tätigkeit ausübe und mithin die auf dem Gelände stehende „Bimsch-Anlage“ auch nicht benutzt werde. Weiterhin kündigte der Kläger an, für den Fall, dass er die „werbende Tätigkeit“ wieder aufnehmen werde, dies gegenüber dem Beklagten anzuzeigen. Hierauf antwortete der Beklagte durch Schreiben vom 07.04.2010, dass er das Schreiben des Klägers vom 01.04.2010 als Stilllegungsanzeige gem. § 15 Abs. 3 BImSchG einstufe. Wörtlich führte der Beklagte in dem Schreiben vom 07.04.2010 sodann Folgendes aus (vgl. Bl. 107 f. d. GA):

5

„Da bereits mit der Insolvenz seit 2008 die immissionsschutzrechtlich genehmigte Anlage nicht mehr betrieben wird, ein anderer Betreiber bisher nicht gefunden wurde und seitdem keine auf dem Betriebsgelände der BImSchG Anlage auf den Betriebszweck gerichtete Handlungen vorgenommen wurden und eine Wiederaufnahme solcher Handlungen derzeit nicht zu erwarten sind, ist der Betrieb faktisch als eingestellt zu betrachten.“

6

Dem Schreiben legte der Beklagte unter Hinweis darauf, dass die Anzeige nach § 15 Abs. 3 BImSchG der Schriftform bedürfe, ein („vorbereitetes“) Formular bei und forderte den Beklagten auf, dies bis zum 23.04.2010 unterschreiben und gegebenenfalls ergänzt zurückzusenden. Dieser Aufforderung kam der Beklagte nach. In dem am 13.04.2010 unterzeichneten Anzeigeformular ist unter Ziffer 5.1 als Termin der Betriebseinstellung der „1. April 2010“ angegeben und findet sich unter Ziffer 5.4 die folgende Ergänzung (vgl. Bl. 109 f. d. GA):

7

„Anlagengrundstück ist gegen Unbefugte gesichert, derzeit ist ein Mitarbeiter halbtags anwesend insbesondere zur Begleitung der Sicherungsarbeiten des L. für die Tongrube V. in Zuständigkeit des L..“

8

Mit dem streitgegenständlichem Bescheid vom 12.01.2011 gab der Beklagte dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung der Ersatzvornahme auf, folgende Entsorgungsmaßnahmen durchzuführen:

9

„1. Die nach der Einstellung des Anlagenbetriebes derzeit auf dem Betriebsgelände verbliebenen Abfälle in Form von Beton AVV AS 17 01 01, Boden AVV AS 17 05 04, Reste von Vorabsiebungen AVV AS 19 12 12, Steinkohlenflugaschen AVV AS 10 01 02 sowie Reststoffe an Zuschlagstoffen sind bis spätestens 31. März 2011 vollständig einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung zuzuführen.

10

2. Die Trenn- bzw. Stapelelemente aus verfestigten Abfällen AVV AS 19 03 07 sind bis spätestens 12. Januar 2013 vor Erlöschen der Genehmigung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung zuzuführen.“

11

Zugleich ordnete er unter Ziffer 3 des Bescheids die Vorlage entsprechender Nachweise über die Entsorgung (Lieferscheine/Wiegescheine) an. Als Rechtgrundlage für den Bescheid werden § 17 Abs. 4 a i.V. mit § 5 Abs. 3 Nr. 2 und 3 BImSchG genannt. Der Kläger sei als Betreiber der Anlage ordnungspflichtig, weil nach dem Inhalt der Anzeige zur Betriebseinstellung die Betriebshandlungen erst nach Bestellung des Klägers zum Insolvenzverwalter vollständig beendet worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids verwiesen.

12

Auf den dagegen vom Kläger eingelegten (nicht weiter begründeten) Widerspruch änderte bzw. ergänzte das Landesverwaltungsamt den angefochtenen Bescheid mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2011 u. a. in den Tenorpunkten 1, 2 und 5 („klarstellend“) wie folgt:

13

„1. Die nach der Einstellung des Anlagenbetriebs derzeit auf dem Betriebsgelände verbliebenen Abfälle in Form von Beton AVV ASN 17 01 01, Boden AVV ASN 17 05 04, Reste von Vorabsiebungen AVV ASN 19 02 03 vorgemischte nicht gefährliche Abfälle, Steinkohlenflugaschen AVV AS 10 01 02 sowie Reststoffe an sog. Zuschlagstoffen AVV ASN 19 01 12 sind bis spätestens drei Monate ab Bestandskraft dieses Bescheides von dort zu beräumen und vollständig zu entsorgen, d. h. ordnungsgemäß und schadlos zu verwerten oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu beseitigen.

14

15

2. Die Trenn- bzw. Stapelelemente aus verfestigten Abfällen AVV ASN 19 03 07 sind bis spätestens drei Monate ab Bestandskraft dieses Bescheides ebenfalls vom Anlagengelände zu beräumen und vollständig zu entsorgen, d. h. ordnungsgemäß und schadlos zu verwerten oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu beseitigen.

16

17

5. Für den Fall, dass Sie den Anordnungen unter Punkt 1 und 2 nicht, nicht vollständig oder nicht festgerecht nachkommen, drohe ich Ihnen die Ersatzvornahme an. Die voraussichtlichen Kosten einer Ersatzvornahme zu Punkt 1 werden von mir auf ca. 126.000 Euro zzgl. Mehrwertsteuer geschätzt und hinsichtlich Punkt 2 mit voraussichtlich 196.000 Euro zzgl. Mehrwertsteuer angegeben.“

18

Im Übrigen wies das Landesverwaltungsamt den Widerspruch als unbegründet zurück und ergänzte den angefochtenen Bescheid um abfallrechtliche Erwägungen: Zunächst habe der Beklagte den Kläger als Insolvenzverwalter zu Recht als letzten Betreiber der Anlage betrachtet, weil der Betreib der Gemeinschuldnerin nach Stellung des Insolvenzantrages vom 16.10.2008 nur unterbrochen, d. h. nicht im Sinne des BImSchG insgesamt eingestellt worden sei. Der Kläger habe zudem nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 11.02.2009 auf der Anlage noch einen Mitarbeiter beschäftigt, der dort tätig gewesen sei, um auf den Betrieb „aufzupassen“ und die Anlage prinzipiell betriebsbereit zu halten, ohne wohl tatsächlich Abfälle zu behandeln. Erst mehr als ein Jahr nach der Übernahme der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Anlage habe der Kläger gegenüber dem Beklagten die Stilllegung angezeigt. Hinzu komme als weiteres Indiz, dass der Kläger die Feststellung des Beklagten vom 06.12.2010 zu seiner Betreiberstellung aus seinem Mahnschreiben unwidersprochen hingenommen habe. Dessen ungeachtet könnten die im angefochtenen Bescheid in den Tenorpunkten 1 bis 3 getroffenen Anordnungen auch auf § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG i. V. m. den §§ 10 u. 11 KrW-/AbfG gestützt werden. Der Kläger sei Abfallbesitzer, weil er gemäß § 148 Abs. 1 InsO nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen und damit auch die in Rede stehenden Abfälle als der Insolvenzmasse in Besitz genommen habe. Als Abfallbesitzer könne er die Gefahr am effektivsten beseitigen.

19

Hiergegen hat der Kläger am 28.10.2011 – entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid – vor dem Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben, die durch Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21.11.2011 an das zuständige Verwaltungsgericht Magdeburg verwiesen wurde.

20

Zur Begründung seiner Klage verweist der Kläger im Wesentlichen auf Folgendes:

21

Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides verstoße bereits gegen die Begründungspflicht des § 39 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, da nicht erkennbar sei, auf welche Ermächtigungsgrundlage die Anordnungen letztlich gestützt würden, auf § 17 Abs. 4 a i.V. mit § 5 Abs. 3 Nr. 2 und 3 BImSchG oder § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG i. V. m. den §§ 10 u. 11 KrW-/AbfG. Der Widerspruchsbescheid lasse dies vielmehr offen.

22

Des Weiteren sei es nicht möglich, den ursprünglich auf § 17 Abs. 4 a i.V. mit § 5 Abs. 3 Nr. 2 und 3 BImSchG gestützten Bescheid auf der Grundlage des § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG aufrechtzuerhalten, weil dadurch der Ermessensrahmen verändert werde. Denn während als Adressat einer Ordnungsverfügung nach § 17 Abs. 4 a i.V. mit § 5 Abs. 3 Nr. 2 und 3 BImSchG allein der letzte Betreiber der Anlage in Betracht komme, habe die zuständige Behörde bei einer abfallrechtlichen Anordnung nach § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen, ob sie nach § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG den Abfallerzeuger, Abfallbesitzer oder eine andere Person in Anspruch nehme.

23

Soweit es die Eingriffsnorm des § 17 Abs. 4 a i.V. mit § 5 Abs. 3 Nr. 2 und 3 BImSchG betreffe, finde diese keine Anwendung, weil er nicht letzter Betreiber der immissionsschutzrechtlichen Anlage geworden sei. Die (Weiter-) Beschäftigung eines einzigen Arbeitnehmers für das gesamte Tongrubengelände in V., dessen Aufgabe es lediglich gewesen sei, dort nach dem Rechten zu sehen, genüge hierfür jedenfalls nicht. Auch die weiteren Interpretationsversuche der Widerspruchsbehörde insbesondere im Hinblick auf die angeblich fehlende Reaktion des Klägers in Bezug auf das Schreiben des Beklagten vom 06.12.2010 würden nicht verfangen, letztlich schon wegen der eigenen Feststellung des Beklagten im Schreiben vom 07.04.2010, in dem dieser selbst ausgeführt habe, dass bereits mit der Insolvenz seit 2008 die immissionsschutzrechtlich genehmigte Anlage nicht mehr betrieben werde. Hiervon ausgehend sei die Nachsorgeanordnung außerhalb der Jahresfrist des § 17 Abs. 4 a Satz 2 BImSchG und damit verspätet erlassen worden. Denn die Frist beginne nicht erst mit der Kenntnis der zuständigen Behörde von dem Umstand der Betriebseinstellung zu laufen, sondern bereits mit der tatsächlichen Einstellung des gesamten Betriebes, hier also im Jahre 2008.

24

Davon abgesehen könne die Entsorgung der Stapelelemente könne nicht auf § 17 Abs. 4 a i.V. mit § 5 Abs. 3 BImSchG gestützt werden, weil diese gemäß der Anzeigebestätigung des Beklagten vom 23.05.2007 (vgl. Bl. 445 ff. d. BA-A) für die Errichtung von variablen Lagerbereichen und damit als bauliche Maßnahmen an der Anlage verwendet worden seien. Sie stellten mithin einen Teil der baulichen Anlagen der ehemaligen Abfallbehandlungsanlage dar, dessen Entfernung nur auf der Grundlage einer Abrissverfügung gefordert werden könne. Da die Langzeitstabilität und die Umweltverträglichkeit der Stapelelemente auch aus Sicht des Beklagten belegt seien (vgl. v. g. Anzeigenbestätigung S. 3), sei eine solche Abrissverfügung nicht von § 5 Abs. 3 BImSchG gedeckt.

25

Selbst wenn es schließlich rechtlich zulässig sein sollte, die Anordnung nachträglich auf eine abfallrechtliche Grundlage zu stellen, scheitere eine Anwendung von § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG am Vorrang der immissionsschutzrechtlichen Vorschriften gemäß § 9 KrW-/AbfG. Diese Bestimmung bedeutete zwar nicht, dass die abfallrechtlichen Pflichten der Vermeidung, Verwertung und Beseitigung aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz für Betreiber von Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht gelten. Sie besage aber, dass die Konkretisierung und der Vollzug dieser Pflichten nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bestimmt werden. Dessen ungeachtet könne die Entsorgung der Trenn- und Stapelelemente nicht nach § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG i. V. m. den §§ 10 u. 11 KrW-/AbfG verlangt werden, weil es sich hierbei um Abfälle handle, die bereits ordnungsgemäß verwertet worden seien und nunmehr bauliche Teile der ehemaligen Abfallbehandlungsanlage bildeten. Ihre Herstellung und Verwendung habe den damals geltenden rechtlichen Vorgaben im Land Sachsen-Anhalt entsprochen.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vortrags im Klageverfahren wird gem. § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Schriftsätze seiner Prozessbevollmächtigten Bezug genommen.

27

Der Kläger beantragt,

28

den Bescheid des Beklagten vom 12.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 28.09.2011 aufzuheben.

29

Der Beklagte beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Er tritt der Argumentation der Klägerseite entgegen und verteidigt den angefochtenen Bescheid.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Sitzungsniederschrift sowie die vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

33

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

34

Der Bescheid des Beklagten vom 12.01.2011, mit dem dem Kläger die Entsorgung der auf dem Betriebsgelände der Gemeinschuldnerin in V. verbliebenen Abfälle sowie Trenn- und Stapelelemente aufgegeben worden ist, erweist sich in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 28.09.2011 als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

35

Zunächst geht das Gericht davon aus, dass der Kläger als Insolvenzverwalter letzter Betreiber der immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage zur Lagerung und Behandlung von Abfällen in V. war und der angefochtene Bescheid mithin seine Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 4 a i.V. mit § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG findet (vgl. I.). Selbst wenn man - der Behauptung des Klägers folgend - annimmt, dieser sei nicht in die Betreiberstellung eingerückt, weil der Betrieb der Anlage bereits bei Stellung des Insolvenzantrages im Jahre 2008 eingestellt gewesen sei, erweisen sich die Handlungsverpflichtungen des Klägers aufgrund abfallrechtlicher Rechtsgrundlagen als rechtmäßig (vgl. II. und III.).

36

I. Der Beklagte hat die angegriffene Ordnungsverfügung auf § 17 Abs. 4 a i.V. mit § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG gestützt. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden. Zur Erfüllung dieser Pflicht können nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nach Erteilung der Genehmigung Anordnungen gegenüber dem Betreiber erlassen werden, nach Einstellung des gesamten Betriebs allerdings nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr (§ 17 Abs. 4 a Satz 2 BImSchG). Betreiber einer - wie hier - immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage ist derjenige, der die Anlage im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung führt. Entscheidend ist insoweit, wer den bestimmenden bzw. maßgeblichen Einfluss auf die Lage, die Beschaffenheit und den Betrieb der Anlage ausübt. Das ist regelmäßig derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Anlage besitzt (vgl. BVerwG, U. v. 22.10.1998 - 7 C 38.97 -, BVerwGE 107, 299; OVG NRW, B. v. 21.08.2013 - 8 B 612/13 -, juris Rn. 15; BayVGH, U. v. 04.05.2005 – 22 B 99.2208 -, juris Rn. 40).

37

Ein Insolvenzverwalter kann in diesem Sinne Betreiber sein, wenn er die Anlage des Gemeinschuldners kraft eigenen Rechts und im eigenen Namen fortbetrieben hat; es genügt, wenn dies auch nur für kurze Zeit geschehen ist (vgl. BVerwG, U. v. 22.10.1998, a. a. O.: 2 Monate); eine Mindestzeit ist insofern nicht vorgeschrieben. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der v. g. Entscheidung jedoch offen gelassen, ob ein Konkursverwalter nach § 6 Abs. 2 und § 117 Abs. 1 KO ohne Weiteres in die Betreiberstellung einrückt, also auch dann, wenn er die Anlage "sofort" stilllegt. In einem weiteren Urteil (BVerwG, U. v. 23.09.2004 – 7 C 22.03 -, BVerwGE 122, 75 ff.) hat es als "fragwürdig" bezeichnet, ob bei einer Anknüpfung des Gesetzes an die Eigenschaft als Anlagenbetreiber schon die Inbesitznahme als solche für die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters ausreicht. Nach Auffassung des VG B-Stadt (Oder) rückt der Insolvenzverwalter jedenfalls dann nicht in die Betreiberpflichten der Gemeinschuldnerin im Sinne des § 5 BImSchG ein, wenn der Betrieb der Anlage bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch die Gemeinschuldnerin vollständig eingestellt worden ist (vgl. VG B-Stadt (Oder), U. v. 06.03.2007 – 7 K 2193/02 -, juris Rn. 31).

38

Ausgehend von diesen Erwägungen hat der Kläger zwar vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass seit der Stellung des Insolvenzantrages durch die Gemeinschuldnerin am 16.10.2008 auf dem Gelände des Tontagebaus V. weder Abfälle angenommen, behandelt oder entsorgt noch in der Anlage erzeugte Materialien veräußert und Handlungen zur Inbetriebnahme oder Erhaltung der Betriebsbereitschaft der entsprechenden Vorrichtungen vorgenommen worden seien. Dem war jedoch durch das Gericht nicht weiter nachzugehen und der entsprechende Beweisantrag abzulehnen. Denn eine Anlage wird nur dann (im Rechtssinne) nicht mehr betrieben, wenn keine auf den Betriebszweck der Anlage gerichteten Handlungen mehr vorgenommen werden und eine Wiederaufnahme solcher Handlungen nicht zu erwarten ist. Die bestimmungsgemäße, technisch-wirtschaftliche Nutzung der Anlage und die für die Aufrechterhaltung ihrer Prozessabläufe notwendigen Betriebshandlungen müssen also vollständig und endgültig aufgegeben worden sein. Liegt eine solche endgültige Entscheidung zur Betriebsstilllegung der Anlage vor, sind bloße Wartungsarbeiten, Funktionsprüfungen oder Probeläufe nicht (mehr) als Betrieb anzusehen (vgl. OVG NRW, B. v. 01.06.2006 - 8 A 4495/04 -, juris Rn. 57 ff., m. w. N.; BayVGH, U. v. 04.05.2005 – 22 B 99.2208 -, juris Rn. 40 f.).

39

Bei Anlegung dieses Maßstabes mag der Kläger zwar nach seiner Bestellung als vorläufiger Insolvenzverwalter am 16.10.2008 keine auf den Betriebszweck der Anlage gerichteten Handlungen mehr vorgenommen oder veranlasst haben. Der Inhalt der von ihm unterzeichneten Stilllegungsanzeige vom 13.04.2010 (vgl. Bl. 109 f. d. GA), seines Schreibens vom 01.04.2010 (vgl. Bl. 106 d. GA) sowie der Inhalt des vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Aktenvermerks vom 17.12.2008 über eine Beratung zwischen dem Kläger und den Vertretern der Beklagten am 10.12.2008, dem der Kläger nicht weiter entgegen getreten ist, lassen jedoch darauf schließen, dass vor dem 01.04.2010 die erforderliche endgültige Entscheidung zur Betriebsstilllegung der Anlage nicht getroffen worden war, eine Wiederaufnahme von auf den Betriebszweck der Anlage gerichteten Handlungen also bis zu diesem Zeitpunkt jederzeit möglich war. So ist in dem Vermerk vom 17.12.2008 davon die Rede, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt die Ansicht vertreten habe, dass eine Anzeige zur Betriebseinstellung nicht vorliege und nach seiner Ansicht – trotz der „Aufgabe des technischen Betriebes und der Bürotätigkeit von Amtswegen“ (wegen der damaligen Maßnahmen der Staatsanwaltschaft) - „noch von einer Betriebsunterbrechung“ auszugehen sei (vgl. Seite 2, 3. Absatz sowie Seite 1 letzter Absatz des Vermerks). Hintergrund für diese Annahme war offenbar die damals vom Kläger „beabsichtigte Einstellung von Mitarbeitern“ und die „vorgesehene Wiederaufnahme des Betriebes der Anlage“(vgl. Seite 1, letzter Absatz des Vermerks). Mit o. g. Schreiben vom 01.04.2010 - das sich trotz des dort angegebenen Aktenzeichens betreffend die Anlage in R. ersichtlich auf die Anlage in V. bezieht, da er für die Anlage in R. bereits zuvor und zwar mit Wirkung zum 15.01.2010 eine entsprechende Stilllegungsanzeige abgegeben hatte – teilte der Kläger dem Beklagten des Weiteren mit, dass die Gemeinschuldnerin im Rahmen des laufenden Insolvenzverfahrens „derzeit“ keine werbende Tätigkeit ausübe und mithin die auf dem Gelände stehende „Bimsch-Anlage“ auch nicht benutzt werde. Weiterhin kündigte er an, für den Fall, dass er die „werbende Tätigkeit“ wieder aufnehmen werde, dies gegenüber dem Beklagten anzuzeigen. Im Nachgang hierzu erklärte er in der Anzeige über die Betriebseinstellung vom 13.04.2010 schließlich die endgültige Einstellung des Betriebes der Gemeinschuldnerin zum „01. April 2010“. Soweit er auf entsprechenden Vorhalt in der mündlichen Verhandlung angab, er habe das eingetragene Datum in der von dem Beklagten vorbereiteten Stilllegungsanzeige „überlesen“, wertet das Gericht dies – nicht zuletzt wegen des Inhalts der vorausgegangenen, zuvor dargestellten Erklärungen des Klägers als bloße Schutzbehauptung, zumal ihm die rechtliche Bedeutung der Stilllegungsanzeige und der in ihr enthaltenen Angaben – wie der Aktenvermerk vom 17.12.2008 zeigt – sehr wohl bewusst war. Hinzu tritt, dass nach den Feststellungen des Beklagten anlässlich eines Vororttermins am 08. April 2010 die zum aktiven Betrieb der Anlage in V. notwendigen Betriebsteile im April 2010 im Wesentlichen noch vorhanden waren und auch die semimobile Anlage zur Herstellung von verfestigten Abfällen offenbar erst kurz zuvor demontiert worden war und erst zum damaligen Zeitpunkt, also im April 2010, zum Abtransport bereitstand (vgl. Bildbericht zur Kontrolle vom 08.04.2010 am Standort V., S. 2, Abb. 2 unten). Auch hieraus wird deutlich, dass der Kläger eine endgültige Entscheidung zur Betriebsstilllegung der Anlage erst im April 2010 getroffen hat mit der Folge, dass die faktische Einstellung des Betriebes seit dem 16.10.2008, soweit es die Annahme, Behandlung und Entsorgung von Abfällen und die Veräußerung von in der Anlage erzeugten Materialen betrifft, nicht als endgültige Betriebseinstellung, sondern lediglich als eine jederzeit reversible Unterbrechung der Produktion zu werten ist (vgl. BayVGH, U. v. 04.05.2005 – 22 B 99.2208 -, juris Rn. 40).

40

Der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals erhobene Einwand, die im April/Mai 2009 stattgefundene erste Gläubigerversammlung habe einen Beschluss über die Fortsetzung der werbenden Tätigkeit nicht gefasst, obwohl ein solcher Beschluss Voraussetzung für die Fortführung des Betriebs gewesen sei, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn die Gläubigerversammlung entscheidet nach § 157 InsO im Berichtstermin nicht nur über die vorläufige Fortführung, sondern auch über die Stilllegung des Unternehmens der Gemeinschuldnerin; ferner kann sie dem Verwalter aufgeben, einen Insolvenzplan auszuarbeiten. Dass die Gläubigerversammlung die Stilllegung des Unternehmens beschlossen habe, hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Insoweit schließt sein Vorbringen nicht aus, dass er – der Kläger – offenbar mangels konkreter Vorgaben durch die Gläubigersammlung – die Entscheidung über die endgültigen Betriebseinstellung tatsächlich erst im April 2010 getroffen hat.

41

Hiervon ausgehend hatte er eine Betreiberstellung inne, als er nach Insolvenzeröffnung am 11.02.2009 den Betrieb der immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage bis zur endgültigen Betriebseinstellung am 01.04.2010 fortführte. In Bezug auf diesen Zeitpunkt der Betriebseinstellung bestehen an der Einhaltung der Jahresfrist des § 17 Abs. 4 a Satz 2 BImSchG keine Bedenken. Bei den auf dem Betriebsgrundstück gelagerten Materialen, insbesondere den dort noch vorhandenen Trenn- und Stapelelementen, handelt es sich ferner um Abfälle i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG. Da für deren Abfalleigenschaft auf den Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW/AbfG abzustellen ist (vgl. BVerwG, B. v. 14.08.2007 – 7 B 42/07 -, juris; Jarass, BImSchG, 9. Aufl. § 5 Rn 112, 74), wird zur Begründung auf die Ausführungen zu II. verwiesen. Als letzten Betreiber treffen den Kläger zudem die Nachsorgepflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG, ohne dass es darauf ankäme, wann die Abfälle entstanden sind und ob vor Insolvenzeröffnung bereits die Gemeinschuldnerin hätte in Anspruch genommen werden können (vgl. BVerwG, U. v. 23.09.2004 - 7 C 22.03 -, BVerwGE 122, 75; OVG NRW, B. v. 21.08.2013 - 8 B 612/13 -, juris Rn. 19).

42

II. Selbst wenn man - der Behauptung des Klägers folgend – annehmen würde, dieser sei nicht in die Betreiberstellung eingerückt, weil der Betrieb der Anlage bereits bei Stellung des Insolvenzantrages im Jahre 2008 eingestellt gewesen sei, erweisen sich die Handlungsverpflichtungen des Klägers – wie von der Widerspruchsbehörde zutreffend angenommen - aufgrund von § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG i. V. m. den §§ 10 u. 11 KrW-/AbfG selbständig tragend als rechtmäßig.

43

1. Soweit der Kläger rügt, die Widerspruchsbehörde habe ihre Entscheidung auf keine andere Rechtsgrundlage stützen dürfen als der Beklagte im angegriffenen Bescheid, bleibt dieser Einwand ohne Erfolg.

44

Auch bei Ermessensentscheidungen ist ein "Auswechseln" der Ermächtigungsnorm grundsätzlich möglich und erst unrechtmäßig, wenn die anderweitige rechtliche Begründung zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheides führen würde (vgl. OVG LSA, B. v. 29.12.1999 – B 2 S 73/99 –, juris Rn. 3). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Vielmehr bleibt der Regelungsgehalt der angegriffenen Verfügung im Wesentlichen unverändert, wenn die angeordnete Entsorgung der Abfälle mit § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG i. V. m. den §§ 10 u. 11 KrW-/AbfG anstelle des vom Beklagten herangezogenen § 17 Abs. 4 a i.V. mit § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG begründet wird. Denn der Austausch der Normen lässt den Tenor der Verfügung und die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung der Abfälle unberührt. Er erfordert auch keine wesentlich anderen oder zusätzlichen Ermessenserwägungen (so auch BayVGH, U. v. 18.10.2010 – 22 CS 10.439 -, juris Rn. 12 ff.; U. v. 04.05.2005 – 22 B 99.2208 -, juris).

45

Soweit sich in dem angefochtenen Bescheid des Beklagten keinerlei Ausführungen zur Adressatenauswahl finden, weil die Nachsorgepflichten des § 5 Abs. 3 BImSchG allein dem Anlagenbetreiber obliegen, steht auch dies seiner Rechtmäßigkeit nicht entgegen. Denn der ursprüngliche Bescheid und der Widerspruchsbescheid sind eine einheitliche Verwaltungsentscheidung (BVerwG vom 28.2.2002 NVwZ 2002, 1252), d. h. der Widerspruchsbescheid gibt dem Bescheid die für die gerichtliche Überprüfung maßgebliche Gestalt (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Im Widerspruchsbescheid vom 28.09.2011 hat das Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt die nötigen Erwägungen zur Adressatenauswahl vorgenommen. Dagegen bestehen aus rechtlicher Sicht keine Bedenken. Denn bei Ermessensentscheidungen kann die Widerspruchsbehörde im Rahmen ihrer funktionellen Zuständigkeit nicht nur neue Ermessenserwägungen anstellen, sondern auch eine unterbliebene Ermessenbetätigung der Erstbehörde nachholen, wenn dies – wie oben ausgeführt – keine Wesensänderung des Verwaltungsaktes bewirkt (vgl. Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 45 Rn. 58 m. w. N.). Dessen ungeachtet dürfte vorliegend hinsichtlich der Störerauswahl auch von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sein (vgl. unten unter 3.c.), so dass auch diesem Grund kein Fehlerhafter Nichtgebrauch des Auswahlermessens durch den Beklagten vorliegt (so auch BayVGH, U. v. 18.10.2010 – 22 CS 10.439 -, juris Rn. 14).

46

2. Selbst wenn – entgegen der Feststellungen unter I. - unterstellt, dass der Betrieb der Anlage bereits bei Stellung des Insolvenzantrages im Jahre 2008 endgültig eingestellt gewesen war, steht § 9 KrW-/AbfG einem Rückgriff auf § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG i. V. m. den §§ 10 u. 11 KrW-/AbfG als Ermächtigungsgrundlage nicht entgegen. Denn nur dann, wenn es um die Pflichten der Betreiber von genehmigungsbedürftigen wie auch nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem BImSchG geht, diese so zu errichten und zu betreiben, dass Abfälle vermieden, verwertet oder beseitigt werden, bestimmt § 9 Satz 1 Krw-/AbfG, dass sich diese Pflichten nach den Vorschriften des BImSchG richten, d. h. dass die anlagenbezogenen Einwirkungen unter den Voraussetzungen des BImSchG zu regeln sind. § 9 KrW-/AbfG trifft mithin allein eine Aussage zu Pflichtendes Betreibers bei der Errichtung und dem Betrieb einer Anlage (vgl. Fluck, KrW-/AbfG, § 9 Rn. 51) mit der Folge, dass dann, wenn – wie hier unterstellt – im Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung am 12.01.2011 der Betrieb der Anlage über ein Jahr vollständig und endgültig eingestellt gewesen war und deshalb § 17 BImSchG keine Anwendung mehr findet (vgl. Jahresfrist des § 17 Abs. 4 a Satz 2 BImSchG), ein Anwendungsvorrang des BImSchG aus § 9 KrW-/AbfG nicht mehr herzuleiten ist. Andernfalls würde § 9 KrW-/AbfG zu einer Verkürzung und Beschränkung der Eingriffsmöglichkeiten der Behörden führen, die mit dem in § 1 KrW-/AbfG bezeichneten Gesetzeszweck (Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen) nicht vereinbar wäre.

47

3. Nach § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG i. V. m. den §§ 10 u. 11 KrW-/AbfG sind die gegenüber dem Kläger getroffenen Maßnahmen gerechtfertigt

48

Nach § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen. Dazu gehört auch, die dem Abfallbesitzer nach den §§ 5 Abs. 2, 10, 11 und 27 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG obliegenden Pflichten durchzusetzen. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG sind die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen verpflichtet, diese nach Maßgabe des § 6 zu verwerten. Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, hat die Verwertung von Abfällen Vorrang vor deren Beseitigung (§ 5 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG). Abfälle, die nicht verwertet werden, haben die Erzeuger oder Besitzer gemäß § 11 KrW-/AbfG nach den Grundsätzen der gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung gemäß § 10 zu beseitigen, soweit in den §§ 13 bis 18 nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 10 Abs. 1 KrW-/AbfG sind Abfälle, die nicht verwertet werden, dauerhaft von der Kreislaufwirtschaft auszuschließen und zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit zu beseitigen. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG dürfen Abfälle zum Zwecke der Beseitigung nur in den dafür zugelassenen Anlagen oder Einrichtungen (Abfallbeseitigungsanlagen) behandelt, gelagert oder abgelagert werden.

49

a. Der Kläger hat gegen die sich aus diesen Vorschriften ergebenden Verpflichtungen verstoßen. Entgegen seiner Auffassung handelt es sich insbesondere auch bei den in der Verfügung unter Punkt 2 bezeichneten Trenn- und Stapelelementen um Abfall im Sinne der Bestimmungen des KrW-/AbfG. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG sind Abfälle im Sinne dieses Gesetzes alle beweglichen Sachen, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. In den Absätzen 2, 3 und 4 von § 3 KrW-/AbfG ist geregelt, wann eine Entledigung (Abs. 2), ein Entledigungswille (Abs. 3) und ein Entledigenmüssen (Abs. 4) vorliegt. Ist einer dieser Tatbestände erfüllt, ist die Abfalleigenschaft gegeben.

50

Gemessen daran unterfallen die hier in Rede stehenden Trenn- und Stapelelementen mindestens der Gruppe Q 16 des Anhangs I zum KrW-/AbfG (Stoffe oder Produkte aller Art, die nicht einer der oben erwähnten Gruppen angehören). Eine Entledigung dieser auf dem Grundstück noch lagernden Materialien im Sinne des § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG hat der Kläger nicht vorgenommen. Allerdings greift hier die Fiktion des Entledigungswillens nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG ein. Danach ist ein Entledigungswille anzunehmen, wenn die ursprüngliche Zweckbestimmung beweglicher Sachen entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt, wobei gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG für die Beurteilung der Zweckbestimmung die Auffassung des Besitzers unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zugrunde zu legen ist.

51

Es kommt mithin nicht ausschließlich auf den ausdrücklich oder konkludent erklärten Willen des Abfallbesitzers an, sondern auf die gesamten Umstände, an denen sich der angebliche Wille des Besitzers messen lassen muss. Die Verkehrsanschauung stellt ein Korrektiv gegenüber den Angaben des Abfallbesitzers dar, um ggf. lebensfremde Vorstellungen des Abfallbesitzers korrigieren zu können bzw. dessen missbräuchliche Berufung auf angebliche Zwecksetzungen zu begrenzen. Damit sind vom subjektiven Abfallbegriff alle nicht mehr verwendbaren Produkte erfasst, die bisher als vermeintlich verwertbare Wirtschaftsgüter dem Zugriff des Abfallrechts entzogen waren. Entscheidend ist somit nicht mehr, ob der Besitzer eine Verwertungs- oder Beseitigungsabsicht hat, sondern ob die Sache nach der Verkehrsanschauung zweckgerichtet verwendet wird (vgl. VG Göttingen, B. v. 28.01.2004 – 4 B 3/04 -, juris Rn. 22 m.w.N.). Hierbei ist der Entledigungswille des Abfallbesitzers trotz dessen entgegenstehender Aussage nach der Verkehrsanschauung dann zu vermuten, wenn aus den gesamten Umständen deutlich wird, dass die Sachen weder gegenwärtig eine Funktion erfüllen noch künftig einer Verwendung zugeführt werden sollen, sondern der Besitzer sie auf nicht absehbare Zeit schlicht liegen lassen will (OVG SH, U. v. 12.9.2000 – 4 L 87/00 -, zitiert nach juris unter Hinweis auf BVerwG, B. v. 19.12.1989 – 7 B 157/89 -, NVwZ 1990,564; VG Ansbach, B. v. 29.12.2004 – AN 11 S 04.02575 - ).

52

Davon ist hier in Bezug auf die etwa 2000 auf dem Grundstück vorhandenen Trenn- und Stapelelemente auszugehen. Dabei handelt es sich um verfestigte Abfälle (AVV ASN 19 03 07) in Form von (bis zu) 3,0 m x 1,0 m x 1,0 m großen Betonblöcken, die von der Gemeinschuldnerin aus Beton mit Zuschlägen aus mineralischen Abfallstoffen und Recyclingstoffen sowie Mineralstoffgemischen (Kiese und Sande), Zement und Anmachwasser selbst hergestellt worden sind und die dieser zur Herstellung von variablen Lagerboxen für Schüttgüter sowie zur Flächenbegrenzung von Betriebsflächen in der eigenen Anlage dienten. Unterstellt man, dass der Betrieb dieser Anlage – wie vom Kläger behauptet - bereits bei Stellung des Insolvenzantrages im Jahre 2008 endgültig eingestellt gewesen war, ist mit dieser Betriebseinstellung die ursprüngliche Zweckbestimmung dieser verfestigten Abfälle als Stapel- und Trennelemente entfallen. Dass die in Rede stehenden Trenn- und Stapelelemente mit wirtschaftlich vernünftigem Aufwand einem anderen Verwertungszweck zugeführt werden könnten bzw. eine dahingehende Verwertungsabsicht bestand bzw. besteht, ist weder dargetan noch ersichtlich. Stattdessen wurden sie von dem Kläger als deren Besitzer seit der Betreibseinstellung 2008 und somit auf nicht absehbare Zeit schlicht liegen gelassen und zwar offenbar ohne irgendeine Behandlung und ohne jedweden Schutz vor Verwitterung. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung hierzu geltend machte, es hätten auf dem Gelände der Gemeinschuldnerin über mehrere Jahre polizeiliche Untersuchungen stattgefunden, wobei auch Tonmassen umgeschichtet und untersucht worden seien und hierbei – das unterstelle er zumindest – auch die Stapelelemente Verwendung gefunden hätten, ist dieses Vorbringen schon nicht ausreichend substantiiert, um eine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Zudem kann aus der kurzeitigen Benutzung der Trenn- und Stapelelemente im Rahmen polizeilicher Untersuchungen – diese als zutreffend unterstellt – nicht auf einen neuen Verwertungszweck und eine dahingehende Verwertungsabsicht des Abfallbesitzers geschlossen werden.

53

Dessen ungeachtet – und darauf weist das Gericht ergänzend hin – ist nicht auszuschließen, dass die aus verfestigtem Abfall bestehenden Trenn- und Stapelelemente auch die Voraussetzungen des objektiven Abfallbegriffs i.S.d. § 3 Abs. 4 KrW-/AbfG erfüllen, weil ihre Abfalleigenschaft mangels einer abgeschlossenen Verwertung noch nicht entfallen ist. Von Letzterem wäre auszugehen, wenn die Gefahr eines Schadstofftransfers in die Umwelt bei der Verwendung der in Rede stehenden Trenn- und Stapelelemente nicht generell ausgeschlossen werden kann (vgl. OVG LSA, U. v. 25.08.2011 – 4 L 34/10 - für recyceltes Abbruchmaterial, das zur Herstellung von Baustraßen oder Lärmschutzwällen eingesetzt werde sollte bzw. Einsatz gefunden hat). Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es hier indes nicht, weil sich deren Abfalleigenschaft aus § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG ergibt.

54

b. Der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin ist auch Besitzer der Abfälle geworden. Abfallbesitzer ist nach § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat. Anders als im Zivilrecht setzt Abfallbesitz keinen Besitzbegründungswillen voraus. Er knüpft an ein Mindestmaß tatsächlicher Sachherrschaft an. Die tatsächliche Herrschaftsbeziehung zu den Abfällen muss sich von derjenigen beliebig anderer Personen unterscheiden. Die Sachherrschaft an einem Grundstück vermittelt die tatsächliche Gewalt über die dort lagernden Gegenstände, sofern das Grundstück nicht aufgrund von Betretungsrechten allgemein zugänglich ist (BVerwG, U. v. 11.12.1997 – 7 C 58/96 -, juris; U. v. 22.07.2004 – 7 C 17/03 -, juris; BayVGH, U. v. 18.10.2010 – 22 CS 10.439 -, juris). Bei Anlegung dieses Maßstabes ist der Kläger nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Abfallbesitzer geworden. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht nach § 80 Abs. 1 InsO das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Dieser hat gemäß § 148 Abs. 1 InsO nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwahrung zu nehmen. Davon ist hier mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auszugehen.

55

c. Ferner ist die vom Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt im Widerspruchsbescheid vom 28.09.2011 getroffene Störerauswahl und damit die Heranziehung des Klägers als Abfallbesitzer nicht zu beanstanden. Zwar kommen gemäß § 11 bzw. § 5 Abs. 2 KrW/AbfG als Adressaten einer Beseitigungs- bzw. Verwertungspflicht und damit auch einer diesbezüglichen Anordnung nach § 21 KrW-/AbfG neben den Besitzern auch die Erzeuger von Abfällen in Betracht. Maßgeblich für die Auswahl des Pflichtigen sind jedoch die Grundsätze der Effektivität und der Zumutbarkeit sowie das Verursacherprinzip oder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Störers (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 03.12.2009 – 7 ME 55/09 -, juris, m.w.N.). Insoweit kann nicht außer Betracht bleiben, dass über das Vermögen der Gemeinschuldnerin als frühere Betreiberin der Tongrube und der Anlage zur Lagerung und Behandlung von Abfällen sowie als Herstellerin der Trenn- und Stapelelemente, die als Abfallerzeuger in Betracht kommt, das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Im Hinblick darauf liegt es von vornherein auf der Hand, dass ein Vorgehen gegen diese Pflichtige wegen deren fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit (vgl. § 17 InsO) keinen Erfolg verspricht (vgl. BayVGH, U. v. 18.10.2010 – 22 CS 10.439 -, juris, danach liegt sogar eine Ermessensreduzierung auf Null vor). Soweit es die (möglichen) weiteren Abfallerzeuger und früheren Abfallbesitzer betrifft, ist zu berücksichtigen, dass das Einschreiten gegen den (gegenwärtigen) Abfallbesitzer als Inhaber der tatsächlichen Gewalt aus Effizienzgründen jedenfalls dann nicht ermessensfehlerhaft ist, wenn aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unklar ist, ob und in welchem Umfang die Heranziehung anderer Personen in Betracht kommt (vgl. OEufach0000000009, B. v. 12.06.2013 – 2 M 28/13 -, juris; B. v. 19.09.2013 – 2 M 114/13 -, juris, jeweils m.w.N.).

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III. Auch im Übrigen sind hinreichende Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit des Bescheids weder dargetan noch ersichtlich.

57

So wird die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids des Beklagten vom 12.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 28.09.2011 nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Landesverwaltungsamt sich zu dessen Begründung auf § 17 Abs. 4 a i.V. mit § 5 Abs. 3 Nr. 2 und 3 BImSchG und hilfsweise auch auf § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG gestützt hat. Dieses Vorgehen verstößt nicht gegen die Begründungspflicht des § 39 Abs. 1 VwVfG, denn danach sind lediglich die nach Auffassung der Behörde maßgeblichen Gründe mitzuteilen. Dies ist geschehen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Widerspruchsbehörde den angefochtenen Bescheid – in den oben aufgezeigten Grenzen - auch im Hinblick auf eine andere Rechtsgrundlage bestätigen kann. Dies hat das Landesverwaltungsamtes hier in Form von hilfsweise formulierten Erwägungen getan („Wenn man annähme …“, vgl. S. 10 d. WiB). Ebenso wenig bestehen Bedenken im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot. Denn das Bestimmtheitsgebot gilt nur für den verfügenden Teil des Bescheids, während die Angabe der Rechtsgrundlagen dessen Begründung betrifft und die Regelungswirkung des Bescheids hier unangetastet lässt.

58

Soweit es die Anordnung der Vorlage von Nachweisen über die Entsorgung (Ziffer 3 des Bescheids) und die Androhung der Ersatzvornahme (Ziffer 5) betrifft, hat der Kläger hiergegen durchgreifende Bedenken weder vorgetragen, noch sind solche ersichtlich.

59

Ergänzend wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 28.09.2011, denen das Gericht folgt, verwiesen.

60

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

61

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

62

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.


(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

(1) Die Betreiber von Anlagen oder Unternehmen, die Abfälle in einem Verfahren nach Anlage 1 oder Anlage 2 entsorgen (Entsorger von Abfällen), haben ein Register zu führen, in dem hinsichtlich der Vorgänge nach Anlage 1 oder Anlage 2 folgende Angaben verzeichnet sind:

1.
die Menge, die Art und der Ursprung sowie
2.
die Bestimmung, die Häufigkeit der Sammlung, die Beförderungsart sowie die Art der Verwertung oder Beseitigung, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung, soweit diese Angaben zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallbewirtschaftung von Bedeutung sind.

(2) Entsorger, die Abfälle behandeln oder lagern, haben die nach Absatz 1 erforderlichen Angaben, insbesondere die Bestimmung der behandelten oder gelagerten Abfälle, auch für die weitere Entsorgung zu verzeichnen, soweit dies erforderlich ist, um auf Grund der Zweckbestimmung der Abfallentsorgungsanlage eine ordnungsgemäße Entsorgung zu gewährleisten. Satz 1 gilt entsprechend für die weitere Verwendung von Erzeugnissen, Materialien und Stoffen, die aus der Vorbereitung zur Wiederverwendung, aus dem Recycling oder einem sonstigen Verwertungsverfahren hervorgegangen sind. Entsorger nach Satz 1 werden durch Rechtsverordnung nach § 52 Absatz 1 Satz 1 bestimmt.

(3) Die Pflicht nach Absatz 1, ein Register zu führen, gilt auch für die Erzeuger, Besitzer, Sammler, Beförderer, Händler und Makler von gefährlichen Abfällen.

(4) Auf Verlangen der zuständigen Behörde sind die Register vorzulegen oder Angaben aus diesen Registern mitzuteilen.

(5) In ein Register eingetragene Angaben oder eingestellte Belege über gefährliche Abfälle haben die Erzeuger, Besitzer, Händler, Makler und Entsorger von Abfällen mindestens drei Jahre, die Beförderer von Abfällen mindestens zwölf Monate jeweils ab dem Zeitpunkt der Eintragung oder Einstellung in das Register gerechnet aufzubewahren, soweit eine Rechtsverordnung nach § 52 keine längere Frist vorschreibt.

(6) Die Registerpflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten nicht für private Haushaltungen.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. November 2011 - 3 K 1641/11 - geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Verfahren 3 K 1640/11 gegen Ziff. 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20. Juli 2011 wird abgelehnt.

Das Verfahren über die Beschwerde des Antragstellers wird eingestellt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 65.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragsgegners, die sich nach ihrem Antrag und ihrer Begründung gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 02.11.2011 lediglich insoweit wendet, als das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziff. 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20.07.2011 wiederhergestellt hat, ist zulässig (vgl. §§ 146, 147 VwGO) und begründet.
Aus den von dem Antragsgegner in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt sich, dass der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage vom 24.08.2011 gegen Ziff. 2 der immissionsschutzrechtlichen Anordnung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20.07.2011 unbegründet ist. Die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO vorzunehmende Abwägung fällt zu Lasten des Interesses des Antragstellers aus, vom Vollzug von Ziff. 2 der Verfügung des Antragsgegners vom 20.07.2011 bis zu einer endgültigen Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren voraussichtlich keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Ziff. 2 der immissionsschutzrechtlichen Anordnung vom 20.07.2011, mit der der Antragsteller als Insolvenzverwalter verpflichtet wurde, die auf dem Grundstück der Gemeinschuldnerin lagernden Filterstäube und Aluminiumsalzschlacke bis zum 31.12.2011 ordnungsgemäß zu entsorgen. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass gegen die Verfügung zur Beseitigung der Abfälle bei ordnungsrechtlicher Betrachtung keine Bedenken bestehen (dazu unter 1.). Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts stehen der Inanspruchnahme des Antragstellers als Insolvenzverwalter auch keine Besonderheiten des Insolvenzrechts entgegen (dazu unter 2.). Schließlich besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Durchsetzung von Ziff. 2 der streitgegenständlichen Verfügung (dazu unter 3.).
1. Rechtsgrundlage für die Inanspruchnahme des Antragstellers hinsichtlich der Anordnung in Ziff. 2 der Ordnungsverfügung vom 20.07.2011 zur Beseitigung der Abfälle ist § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 a Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG. Der Antragsteller hat die nach dieser Vorschrift erforderliche Stellung als letzter Betreiber der Anlage inne (dazu unter a)). Hieran hat sich auch durch die Freigabe des Grundstücks aus dem Insolvenzbeschlag durch den Antragsteller am 22.12.2011 nichts geändert (dazu unter b)). Auch sind die weiteren Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt (dazu unter c)).
a) Eine Inanspruchnahme nach § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG setzt voraus, dass der Adressat der Ordnungsverfügung letzter Betreiber einer nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlage war, dass er also die Merkmale des immissionsschutzrechtlichen Betreiberbegriffs erfüllt. Betreiber einer - wie hier - immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage ist derjenige, der die Anlage im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1998 - 7 C 38.97 - BVerwGE 107, 299; Beschluss vom 22.07.2010 - 7 B 12.10 - UPR 2010, 452; BayVGH, Urteil vom 04.05.2005 - 22 B 99.2208 - BayVBl. 2006, 217). Es kommt mithin auf den bestimmenden Einfluss auf den Anlagenbetrieb an, d.h. darauf, wer die maßgeblichen Entscheidungen trifft (vgl. OVG Münster, Urteil vom 01.06.2006 - 8 A 4495/04 - UPR 2006, 456). Der Insolvenzverwalter kann in diesem Sinne Betreiber sein, wenn er die Anlage des Gemeinschuldners kraft eigenen Rechts und im eigenen Namen fortbetrieben hat; es genügt, wenn dies auch nur für kurze Zeit geschehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1998 - 7 C 38.97 - a.a.O.). Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Antragsteller in die Stellung als Betreiber eingerückt, indem er nach Insolvenzeröffnung am 01.05.2009 den Betrieb der immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage bis mindestens zum 31.07.2010 fortgeführt hat. Als letzten Betreiber treffen den Antragsteller die Nachsorgepflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG, ohne dass es darauf ankäme, wann die Abfälle entstanden sind und ob vor Insolvenzeröffnung bereits die Gemeinschuldnerin hätte in Anspruch genommen werden können (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 23.09.2004 - 7 C 22.03 - BVerwGE 122, 75). Da den Insolvenzverwalter die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit trifft, handelt es sich um eine persönliche Pflicht, die nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO als Masseverbindlichkeit zu erfüllen ist.
b) An der ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit des Antragstellers als Insolvenzverwalter hat sich auch durch die Freigabe des Betriebsgrundstücks am 22.12.2011 aus dem Insolvenzbeschlag nichts geändert. Zum einen ist dieser Umstand bereits aus zeitlichen Gründen im Beschwerdeverfahren nicht mehr zu berücksichtigen (dazu unter aa)). Zum anderen führt hier die Freigabe des Betriebsgrundstücks auch aus ordnungsrechtlichen Gründen nicht zu einer Beendigung der Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters (dazu unter bb)).
aa) Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass die Freigabe des Betriebsgrundstücks bereits in zeitlicher Hinsicht keine Berücksichtigung mehr im gegenständlichen Beschwerdeverfahren finden kann. Maßgeblicher Zeitpunkt für die summarische Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Zeitpunkt, auf den es aufgrund des einschlägigen materiellen Rechts auch im Hauptsacheverfahren ankommt (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 21.07.2009 - 1 B 89/09 - NuR 2009, 798). Bei Ermessensentscheidungen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG ist dabei grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen (vgl. Jarass, BImSchG, 9. Aufl., § 17 RdNr. 82 m.w.N.). Die immissionsschutzrechtliche Verfügung des Regierungspräsidiums erging bereits am 20.07.2011. Da ein Widerspruchsverfahren gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO nicht statthaft war, stellt mithin die Entscheidung des Antragsgegners vom 20.07.2011 auch gleichzeitig die letzte berücksichtigungsfähige Behördenentscheidung dar. Jedenfalls die hier allein streitgegenständliche Ziff. 2 der Verfügung vom 20.07.2011 stellt keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar, bei dem eine abweichende Betrachtung geboten wäre. Denn sie ist konkret auf die Beseitigung der in der Schmelzhalle verbliebenen Aluminiumsalzschlacke und des sonstigen auf dem Betriebsgrundstück lagernden Abfalls gerichtet. Maßgeblicher Zeitpunkt für die summarische Überprüfung der Rechtmäßigkeit ist deshalb der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also der 20.07.2011. Zu diesem Zeitpunkt war die Freigabe des Betriebsgrundstücks durch den Antragsteller jedoch noch nicht erfolgt, sodass sie im Klageverfahren nicht berücksichtigungsfähig ist.
bb) Überdies entfaltet hier die Freigabeerklärung in ordnungsrechtlicher Hinsicht keine Wirkung. Richtig ist zwar, dass die Freigabe von Gegenständen durch den Insolvenzverwalter rechtlich anerkannt ist und grundsätzlich bewirkt, dass diese aus der Masse ausscheiden und die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Gemeinschuldners wieder auflebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.2004 - 7 C 22.03 - a.a.O.; sowie Beschluss vom 20.01.1984 - 4 C 37.80 - Buchholz 402.41 Nr. 35). Die Abgabe der Freigabeerklärung nach dem Ergehen der entsprechenden Anordnung ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, weil sie dem Insolvenzzweck entsprach. Die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, die sich auf den freigegebenen Gegenstand beziehen, gehen grundsätzlich von diesem Zeitpunkt an auf den Gemeinschuldner über. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Freigabeerklärung wegen der Tatbestandsmerkmale, an welche das Ordnungsrecht anknüpft, ordnungsrechtlich ins Leere gehen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.2004 - 7 C 22.03 - a.a.O.). Allein das Ordnungsrecht regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt, wie dieser Störung zu begegnen ist und wer dafür in Anspruch genommen werden kann. Daraus folgt auch, dass sich allein aus den Tatbestandsmerkmalen der einschlägigen ordnungsrechtlichen Bestimmung ergibt, welche Wirkungen die Freigabeerklärung hat. Bei Anwendung dieser Grundsätze bleibt die Freigabeerklärung des Antragstellers ordnungsrechtlich ohne Bedeutung. Die sich aus § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG ergebenden ordnungsrechtlichen Verpflichtungen beruhen nicht auf dem Eigentum des Anlagenbetreibers an den Abfällen oder seiner Befugnis zur Verfügung über diese, sondern auf dem Betrieb der Anlage und der Sachherrschaft des Betreibers in Bezug auf diese, unabhängig von der vermögensrechtlichen Zuordnung der Stoffe oder des Betriebsgrundstücks (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1998 - 7 C 38.97 - a.a.O.). Wie sich aus dem Wortlaut von § 5 Abs. 3 BImSchG und der Binnensystematik der Bestimmung eindeutig ergibt, ist Anknüpfungspunkt der Nachsorgepflichten nicht etwa das Vorhandensein von Abfällen oder der Zustand des Betriebsgeländes nach der Stilllegung, sondern die Pflicht des Betreibers zu einer in allen Phasen von der Errichtung bis zur Stilllegung des Betriebes ordnungsgemäßen Betriebsführung, die das mit § 5 Abs. 1 BImSchG angestrebte hohe Schutzniveau für die Umwelt auch nach der Betriebseinstellung gewährleistet (vgl. näher OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.11.2009 - OVG 11 N 30.07 - NVwZ 2010, 594).
c) Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass für die Anordnung in Ziff. 2 der Verfügung vom 20.07.2011 die Voraussetzungen von § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 a Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG vorliegen. Zur Erfüllung der sich aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ergebenden Pflichten können gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nach Erteilung der Genehmigung Anordnungen getroffen werden, nach Einstellung des gesamten Betriebs zur Erfüllung der sich aus § 5 Abs. 3 BImSchG ergebenden Pflichten allerdings nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr (§ 17 Abs. 4 a Satz 2 BImSchG). Von dieser Befugnis hat der Antragsgegner hier zu Recht Gebrauch gemacht, weil der Antragsteller der ihm als letztem Betreiber obliegenden (Nachsorge-) Pflicht aus § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG nicht nachgekommen ist, die Anlage so stillzulegen, dass die vorhandenen Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung befanden sich die in der Verfügung vom 20.07.2011 im Einzelnen näher beschriebenen Abfälle im Umfang von mehreren 100 Tonnen auf dem Betriebsgelände der Anlage. Nachdem der Antragsteller trotz mehrfacher Aufforderungen und einer gemeinsamen Ortsbesichtigung mit Bediensteten des Regierungspräsidiums keine Anstalten zur Beseitigung der Abfälle unternommen hat, bestand hinreichender Anlass für die Annahme, dass er seiner Nachsorgepflicht aus § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG zur Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle nicht mehr nachkommen werde. Im Übrigen leidet Ziff. 2 der Verfügung vom 20.07.2011 nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Ermessensfehler (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Ein Auswahlermessen hinsichtlich des in Anspruch zu nehmenden Störers war von dem Antragsgegner nicht auszuüben, da als Adressat einer Anordnung zur Durchsetzung der aus § 5 Abs. 3 BImSchG folgenden, dem Betreiber obliegenden Nachsorgepflichten allein der letzte Betreiber der Anlage in Betracht kommt. Schließlich ist die Anordnung, die Abfälle zu beseitigen, auch unter Berücksichtigung der Massearmut nicht unverhältnismäßig.
2. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts stehen der Inanspruchnahme des Antragstellers als Insolvenzverwalter auch keine Besonderheiten des Insolvenzrechts entgegen. Insbesondere erweist sich Ziff. 2 der streitgegenständlichen Verfügung nicht bereits deswegen als unverhältnismäßig und damit rechtswidrig, weil sie wegen §§ 209 Abs. 1 Nr. 3, 210 InsO nicht vollstreckt werden könnte. Dabei kann dahinstehen, welchen Rang die Pflichten des Antragstellers und die Kosten einer etwaigen Ersatzvornahme im Gefüge des Insolvenzrechts einnehmen. Denn selbst wenn die Beitreibung der Kosten einer etwaigen Verwaltungsvollstreckung wegen des Verbots der Einzelzwangsvollstreckung unzulässig sein und die Behörde nur eine quotale Befriedigung erreichen können oder ihr wegen Masseunzulänglichkeit das Vollstreckungsverbot der §§ 209 Abs. 1 Nr. 3, 210 InsO entgegenstehen sollte, schlüge dies nicht auf die Befugnis der Behörde durch, den polizeipflichtigen Antragsteller zur Erfüllung seiner immissionsschutzrechtlichen Nachsorgepflichten per Verwaltungsakt in Anspruch zu nehmen. Das Verwaltungsgericht verkennt in diesem Zusammenhang, dass im Verwaltungsverfahren die einzelnen Schritte vom Erlass eines Verwaltungsakts als Grundverfügung (Primärebene) über die Vollstreckung der öffentlich-rechtlichen Pflicht des Adressaten (Sekundärebene) bis zur Beitreibung der Kosten der Verwaltungsvollstreckung (Tertiärebene) unterschieden werden müssen. Im vorliegenden Verfahren befindet sich der Streit ausschließlich auf der Primärebene. Der Erlass einer ordnungsrechtlichen Grundverfügung stellt noch keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung dar. Daher steht ihrem Erlass weder das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung aus § 89 Abs. 1 InsO noch das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO entgegen.
10 
Zutreffend geht das Verwaltungsgericht zwar in anderem Zusammenhang davon aus, dass das Insolvenzrecht das Ordnungsrecht nicht verdrängt, sondern zwischen beiden Rechtsgebieten zu trennen ist. Während das Ordnungsrecht regelt, wann eine Störung vorliegt, wie ihr zur begegnen ist und wer dafür in Anspruch genommen werden kann, regelt das Insolvenzrecht abschließend, wie die Ordnungspflicht im Insolvenzverfahren einzuordnen und durchzusetzen ist (vgl. näher BVerwG, Urteil vom 23.09.2004 - 7 C 22.03 - a.a.O.). Im Ergebnis läuft die Begründung des Verwaltungsgerichts diesem Ansatz jedoch zuwider. Denn wenn es der Behörde nicht möglich ist, den Insolvenzverwalter auf der Primärebene zur Gefahrenbeseitigung zu verpflichten, könnten die ordnungsrechtlichen Nachsorgepflichten gemäß § 5 Abs. 3 BImSchG praktisch nicht durchgesetzt werden. Entgegen der Annahme des Antragstellers besteht insbesondere keine Handlungsmöglichkeit der Behörde, ohne Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters die Gefahr selbst zu beseitigen. Denn der Immissionsschutzbehörde steht als einziges gesetzliches Mittel zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands die Ersatzvornahme gemäß § 25 LVwVG zur Verfügung, die denknotwendig zuerst auf der Primärebene die Inanspruchnahme des Störers voraussetzt. Eine zu Lasten der Allgemeinheit gehende eigenständige Pflicht der Behörde zur Gefahrenbeseitigung und daran anknüpfende Befugnisse kennt das Ordnungsrecht nicht. Eine solche Pflicht kann auch nicht durch das Insolvenzrecht geschaffen werden (vgl. näher OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16.01.1997 - 3 L 94/96 - NJW 1998, 175). Die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung, wonach § 210 InsO nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit bereits dem Erlass einer ordnungsrechtlichen Grundverfügung gegen den Insolvenzverwalter entgegenstehe, würde zu ordnungsrechtlich nicht hinzunehmenden Zuständen führen. Denn dann könnte gegen den Insolvenzverwalter keine Grundverfügung ergehen und die Behörde könnte nicht die erforderliche Grundlage zur Beseitigung der Gefahr im Wege der Verwaltungsvollstreckung mittels Ersatzvornahme schaffen. Eine solche Lösung stünde jedoch dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr entgegen; eine Suspendierung der Polizeipflicht in der Insolvenz zu Lasten der Allgemeinheit und der öffentlichen Sicherheit ist dem Gefahrenabwehrrecht fremd. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit ist deshalb für die Primärebene unerheblich und hindert nicht die Befugnis der Ordnungsbehörde, den Insolvenzverwalter als Störer auf der Grundlage der einschlägigen ordnungsrechtlichen Bestimmungen in Anspruch zu nehmen. Vielmehr bewirkt die Anzeige der Masseunzulänglichkeit nur, dass die Kosten einer etwaigen Ersatzvornahme (d.h. auf der Tertiärebene im oben dargestellten Sinne) nur im Rahmen der vorhandenen Masse nach Maßgabe der insolvenzrechtlich vorgeschriebenen Rangordnung zu befriedigen sind (vgl. ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 22.10.1998 - 7 C 38.97 - a.a.O.; BayVGH, Urteil vom 04.05.2005 - 22 B 99.2208 - a.a.O.).
11 
3. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung von Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 20.07.2011 besteht. Wegen der Gefahren, die von den in der Schmelz- und der Spänehalle lagernden Abfallstoffen ausgehen, kann mit ihrer Entsorgung nicht bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zugewartet werden. Insbesondere von den auf dem Betriebsgelände noch in großer Menge vorhandenen Filterstäuben geht nach der sachkundigen Einschätzung des Regierungspräsidiums eine erhebliche Gefahr für die Umwelt und die menschliche Gesundheit aus. Gerade wegen des sehr schlechten baulichen Zustands der Betriebshallen, die teilweise nicht mehr gegen Wasserzutritt gesichert sind und keinen dichten Boden mehr aufweisen, muss nach der übereinstimmenden Einschätzung des Regierungspräsidiums und des Immissionsschutzbeauftragten der Gemeinschuldnerin mit der Freisetzung von Filterstäuben sowie Salzen aus der Salzschlacke gerechnet werden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass wohl lediglich von den Filterstäuben, nicht jedoch von der Salzschlacke und dem Ofenausbruch, erhebliche Gesundheitsgefahren ausgehen.
12 
Nach alldem war der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklagen gegen die in Ziff. 2 des Bescheides vom 20.07.2011 verfügte Abfallbeseitigungspflicht abzulehnen.
13 
Nach der Rücknahme der Beschwerde durch den Antragsteller ist das Beschwerdeverfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
14 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 155 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 VwGO.
15 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 und § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nrn. 1.5 und 19.1.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004.
16 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Betreiber von Anlagen oder Unternehmen, die Abfälle in einem Verfahren nach Anlage 1 oder Anlage 2 entsorgen (Entsorger von Abfällen), haben ein Register zu führen, in dem hinsichtlich der Vorgänge nach Anlage 1 oder Anlage 2 folgende Angaben verzeichnet sind:

1.
die Menge, die Art und der Ursprung sowie
2.
die Bestimmung, die Häufigkeit der Sammlung, die Beförderungsart sowie die Art der Verwertung oder Beseitigung, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung, soweit diese Angaben zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallbewirtschaftung von Bedeutung sind.

(2) Entsorger, die Abfälle behandeln oder lagern, haben die nach Absatz 1 erforderlichen Angaben, insbesondere die Bestimmung der behandelten oder gelagerten Abfälle, auch für die weitere Entsorgung zu verzeichnen, soweit dies erforderlich ist, um auf Grund der Zweckbestimmung der Abfallentsorgungsanlage eine ordnungsgemäße Entsorgung zu gewährleisten. Satz 1 gilt entsprechend für die weitere Verwendung von Erzeugnissen, Materialien und Stoffen, die aus der Vorbereitung zur Wiederverwendung, aus dem Recycling oder einem sonstigen Verwertungsverfahren hervorgegangen sind. Entsorger nach Satz 1 werden durch Rechtsverordnung nach § 52 Absatz 1 Satz 1 bestimmt.

(3) Die Pflicht nach Absatz 1, ein Register zu führen, gilt auch für die Erzeuger, Besitzer, Sammler, Beförderer, Händler und Makler von gefährlichen Abfällen.

(4) Auf Verlangen der zuständigen Behörde sind die Register vorzulegen oder Angaben aus diesen Registern mitzuteilen.

(5) In ein Register eingetragene Angaben oder eingestellte Belege über gefährliche Abfälle haben die Erzeuger, Besitzer, Händler, Makler und Entsorger von Abfällen mindestens drei Jahre, die Beförderer von Abfällen mindestens zwölf Monate jeweils ab dem Zeitpunkt der Eintragung oder Einstellung in das Register gerechnet aufzubewahren, soweit eine Rechtsverordnung nach § 52 keine längere Frist vorschreibt.

(6) Die Registerpflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten nicht für private Haushaltungen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.