Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 13. Okt. 2016 - 4 LB 6/13
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 26. Oktober 2012 - 3 A 16/10 - geändert.
Der Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 29. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2009 verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Genehmigung gemäß § 10 RDG S-H 1991 für die Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport mit einem Rettungswagen und einem Krankentransportwagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger, ein gemeinnütziger Verein, begehrt eine Genehmigung seiner Tätigkeit zur Notfallrettung und zum Krankentransport außerhalb des Rettungsdienstes i.S.d. §§ 10 ff. des Gesetzes über die Notfallrettung und den Krankentransport des Landes Schleswig-Holstein (RDG) im beklagten Kreis A-Stadt.
- 2
Der öffentliche Rettungsdienst im Kreis A-Stadt wird auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages wahrgenommen durch die Rettungsdienstkooperation in Schleswig-Holstein (RKiSH), der die Kreise …, …, … sowie der Beklagte angehören.
- 3
Mit Schreiben vom 14.08.2008 beantragte der Kläger bei dem Beklagten eine Genehmigung für die Notfallrettung mit einem Rettungswagen Typ C DIN EN 1789 (RTW) und für den Krankentransport mit einem Krankentransportwagen Typ B DIN EN 1789 (KTW). Auf Nachfrage teilte der Kläger mit, als Einsatzort werde B-Stadt, ersatzweise A-Stadt in Betracht gezogen. Für die Notfallrettung sei eine Einsatzzeit von 24 Stunden, für den Krankentransport eine Einsatzzeit von 7.00 bis 19.00 Uhr geplant.
- 4
Der Beklagte veranlasste im Verwaltungsverfahren eine erste Verträglichkeitsanalyse durch die F... GmbH, welche auf den 18.12.2008 datiert. Der Gutachter gelangt darin zu dem Ergebnis, durch die Zulassung eines zusätzlichen RTW und eines zusätzlichen KTW komme es zu einer Verschlechterung der Auslastung der Rettungsmittel des öffentlichen Rettungsdienstes auf unter 30 % bzw. zu einer Gesamterlösminderung von 13,48 %. Eine Erhöhung der rettungsdienstlichen Entgelte sei hiernach nicht zu vermeiden. Die Zulassung (nur) eines zusätzlichen KTW außerhalb der öffentlichen Versorgung hingegen übersteige die Grenze einer unverträglichen Belastung des öffentlichen Rettungsdienstes nicht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Verträglichkeitsprüfung wird Bezug genommen auf die Ausführungen der F... GmbH vom 18.12.2008.
- 5
Unter Bezugnahme auf diese Verträglichkeitsanalyse lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 29.04.2009 ab. Insbesondere die Genehmigung des Krankenwagens des Typs B komme nicht in Betracht, da dieser nicht ausschließlich für den Krankentransport konzipiert sei. Vielmehr sei dieser auch zur Notfallrettung einsetzbar, was die in der Verträglichkeitsanalyse aufgeworfenen negativen Folgen noch verstärken könne.
- 6
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 15.05.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, die herangezogene Verträglichkeitsstudie sei grob fehlerhaft und zur Bewertung des zugrundeliegenden Sachverhalts untauglich. Wegen der weiteren Einzelheiten der Widerspruchsbegründung wird auf das Schreiben des Klägers vom 09.07.2009 Bezug genommen.
- 7
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2009, dem Kläger zugestellt am 21.12.2009, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung machte der Beklagte geltend, dass ein Versagungsgrund i.S.d. § 11 Abs. 3 RDG vorliege. Der Beklagte verwies dabei auf das aus seiner Sicht für überzeugend erachtete Gutachten der F... GmbH und verteidigte es gegen die Kritik des Klägers. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid vom 17.12.2009 Bezug genommen.
- 8
Am 21.01.2010 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, sowohl die subjektiven als auch die objektiven Genehmigungsvoraussetzungen seien erfüllt. Insbesondere begegneten die bisher nur typisierten Angaben der Fahrzeuge und die Kalkulation des Personalschlüssels keinen durchgreifenden Bedenken im Sinne subjektiver Genehmigungshindernisse. In objektiver Hinsicht sei die Durchführung des Krankentransports bereits nach dem Vorbringen des Beklagten genehmigungsfähig. Anders als vom Beklagten angenommen stehe dem auch nicht entgegen, dass der Kläger den Krankentransport mit einem Fahrzeug des Typs B – anstelle des Typs A – durchführen wolle. Die Durchführung des Krankentransports mit einem höherwertig ausgestatteten Fahrzeug sei nicht zu beanstanden und liege allein im wirtschaftlichen Handlungsermessen des jeweiligen Unternehmers.
- 9
Hinsichtlich der Notfallrettung hat der Kläger vorgetragen, dass zum einen die Delegation der Verträglichkeitsanalyse durch den RKiSH als direktem Konkurrenten des Klägers in rechtswidriger Weise erfolgt sei und zum anderen die Analyse auf falschen Grundlagen beruhe. Die Analyse wechsele in nicht nachvollziehbarer Weise zwischen einer Begutachtung von Tatsachen aus dem Kreis A-Stadt einerseits und solchen aus den Versorgungsbereichen A-Stadt und B-Stadt andererseits hin und her, obwohl er, der Kläger, lediglich eine Genehmigung für den Kreis A-Stadt beantragt habe. Weiter verwende die Analyse maßgebliche Begrifflichkeiten nicht einheitlich. Es fehle an der Darstellung grundlegender Daten, wie etwa zur möglichen Überlastung des öffentlichen Rettungsdienstes und sie beinhalte überdies rechnerische Fehler. Weiter lege die Analyse schlicht nicht belegte bzw. nicht belegbare Annahmen zugrunde, etwa hinsichtlich einer Verzögerung bei einer Beauftragung des Klägers durch die Rettungsleitstelle des Kreises. Die Annahme von acht Krankentransporten in zwölf Stunden, die im Rahmen der Berechnung des Aufkommensverlustes des öffentlichen Rettungsdienstes zugrunde gelegt werde, entspreche einer unrealistischen Auslastung von 66 %. Bei der Ermittlung der Vergleichswerte für die Feststellung der Erlösminderung reduziere der Gutachter zudem ohne sachlichen Grund die entgeltfähigen Kosten des öffentlichen Rettungsdienstes um die Beträge, die für die Erbringung von Leistungen durch externe Dritte, etwa auf der Insel Helgoland oder in der Gemeinde Schenefeld, erbracht werden müssen.
- 10
Hinsichtlich einer zweiten vom Beklagten vorgelegten Verträglichkeitsanalyse vom 21.09.2012, die ebenfalls durch die F... GmbH erstellt wurde, hat der Kläger vorgetragen, dass auch diese wegen grober Fehler nicht Grundlage einer Genehmigungsentscheidung sein könne. Eine „defizitäre“ Unterhaltung des öffentlichen Rettungsdienstes sei nach der Konzeption des RDG, insbesondere unter Berücksichtigung von § 8a RDG, nicht vorstellbar. Die Gesamtkosten würden ermittelt und im Kosten- und Leistungsnachweis (KLN) festgelegt. Anschließend seien die Benutzungsentgelte dem Kostendeckungsprinzip entsprechend zu bemessen und von den Sozialversicherungsträgern zu erbringen, was jenen auch aufgrund ihrer gewachsenen Leistungsfähigkeit ohne weiteres möglich sei. Unter Zugrundelegung der Entscheidung des OVG Schleswig vom 22.10.2003 sei davon auszugehen, dass die Gesamtkosten eines Rettungsdienstbereiches die alleinige Grundlage der Beurteilung der Verträglichkeit i.S.d. § 11 Abs. 3 RDG seien. Bei der maßgeblichen Berechnung der Gesamtkosten seien alle Senkungs- und Ertragssteigerungspotentiale zu berücksichtigen, also auch etwa ersparte Aufwendungen hinsichtlich nicht genutzter Fahrzeuge des öffentlichen Rettungsdienstes. Weiter stütze sich dieses Gutachten zu Unrecht auch dort auf prognostische Annahmen, wo aufgrund des Zeitablaufes bereits statistisch gesicherte Aussagen möglich gewesen seien. Anders als im Rahmen der Analyse angenommen spiele auch die Festlegung des Betriebssitzes letztlich wegen der zu erwartenden Einsatzzahl und der damit verbundenen Mobilität der Einsatzfahrzeuge im Flächenland keine durchgreifende Rolle. Schließlich sei die Berechnung des Kostenvolumens durch die Analyse und die Ausführungen des Beklagten nicht nachvollziehbar dargelegt. Dies gelte sowohl im Hinblick auf einen Abzug von ca. 2.500.000 € für behauptete Unterdeckungen als auch im Hinblick auf die Abzüge zweckgebundener Kostenpositionen wie die bereits genannten.
- 11
Der Kläger hat beantragt,
- 12
unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 29.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Genehmigung für die Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport entsprechend dessen Antrag vom 14.08.2008 nach § 10 RDG mit einem Rettungswagen und einem Krankentransportwagen im Kreis A-Stadt zu erteilen,
- 13
hilfsweise,
- 14
den Beklagten zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
- 15
Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 17
Er hat zur Begründung seines Klagabweisungsantrages vorgetragen, dass die Voraussetzungen einer Genehmigung i.S.d. § 11 RDG nicht vorlägen. Es stünden sowohl subjektive als auch objektive Versagungsgründe entgegen. In subjektiver Hinsicht habe der Kläger weder zu den konkret einzusetzenden Fahrzeugen hinreichende Angaben gemacht noch zum beabsichtigten Betriebsstandort und den konkret zu nutzenden Räumlichkeiten. Auch der vom Kläger in Ansatz gebrachte Personalschlüssel falle zu gering aus und lasse Zweifel an einer durchgängigen Aufrechterhaltung des Versorgungsbetriebes aufkommen. In objektiver Hinsicht sei eine einer Genehmigung zwingend entgegenstehende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem funktionsfähigen Rettungsdienst i.S.d. § 11 Abs. 3 RDG zu besorgen. Dies gelte jedenfalls, soweit der Kläger die Genehmigung zur Durchführung der Notfallrettung begehre. Zwar sei der Beklagte aufgrund des gesetzlichen Sicherstellungsauftrags zur Aufbringung der Vorhaltekosten für den öffentlichen Rettungsdienst auch unabhängig von der konkreten Auslastung verpflichtet. Allerdings müsse, auch wenn den Beklagten daher ein Rückgang der Auslastung durch das Tätigwerden privater Wettbewerber nicht unmittelbar treffe, ein solcher Rückgang als Belastung der Sozialversicherungsträger, die die Kosten letztlich durch ihre Ausgaben decken müssen, trotzdem Berücksichtigung finden. Im Sinne einer Gesamtbetrachtung steigender Ausgaben im Gesamtgesundheitswesen und der Annahme, dass finanzielle Mittel jedenfalls nicht unbegrenzt zur Verfügung stünden, würde sich eine derartige Überbelastung der Sozialversicherungsträger mittelbar auch auf den Beklagten bzw. die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstwesens auswirken. Im beklagten Kreis liege eine solche angespannte Finanzierungslage des – im Übrigen bedarfsgerecht ausgestalteten – öffentlichen Rettungsdienstes auch konkret vor, so dass die vom Kläger beantragte Genehmigung zu einer Beeinträchtigung führen würde. Dies ergebe sich auch unter Berücksichtigung der aktuelleren Verträglichkeitsanalyse vom 21.09.2012, jedenfalls im Hinblick auf die Genehmigung eines RTW neben einem KTW. Hierdurch würde die Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes auf nur ca. 30 % sinken. In diesem Zuge sei eine Erhöhung der Benutzungsentgelte unabwendbar, bezogen auf den gesamten öffentlichen Rettungsdienst um mehr als 10 %. Allein im Bereich des Krankentransports wäre im Zuge einer entsprechenden Genehmigung eine Erhöhung der Benutzungsentgelte um 15% erforderlich. Derartige Erhöhungen seien gegenüber den Kostenträgern nicht durchsetzbar. Unter Zugrundelegung des Urteils des OVG Schleswig vom 22.10.2003 ergäbe sich aus diesen Gesichtspunkten eine Unverträglichkeit der beantragten Genehmigungsentscheidung. Zwar hätten sich im Gegensatz zur ersten Verträglichkeitsstudie von 2008 die Auswirkungen der begehrten Genehmigung als weniger gravierend dargestellt, eine zukünftige Entwicklung in eine ähnliche Richtung sei jedoch unsicher.
- 18
Mit Urteil vom 26.10.2012 hat das Verwaltungsgericht – 3. Kammer, Einzelrichter – der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 verpflichtet, dem Kläger die Genehmigung für die Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport entsprechend dessen Antrag vom 14.08.2008 nach § 10 RDG mit einem Rettungswagen und einem Krankentransportwagen im Kreis A-Stadt zu erteilen.
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Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Kläger einen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Genehmigung habe, weil die Genehmigungsvoraussetzungen i.S.d. §§ 10 ff. RDG vorlägen und keine Versagungsgründe bestünden. Maßgeblich sei insoweit die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, d.h. insbesondere die Tatsachenlage, die der Verträglichkeitsanalyse vom September 2012 zugrunde gelegen habe.
- 20
An der gem. § 11 Abs. 1 RDG für eine Genehmigung vorauszusetzenden fachlichen Eignung und Zuverlässigkeit des Antragstellers bestünden ebenso wenig Zweifel wie an der daneben erforderlichen Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebes. Dies ergebe sich aus den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen, u.a. ein einwandfreies Führungszeugnis des verantwortlichen Vorsitzenden sowie zahlreiche Unbedenklichkeitsbescheinigungen. Hinsichtlich der noch zu konkretisierenden Angaben betreffend die zu nutzenden Fahrzeuge und Räumlichkeiten dürften im Genehmigungsverfahren keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere wenn in einem langwierigen Verwaltungsverfahren die Frage der Verträglichkeit im Vordergrund stehe, könne von einem Unternehmer die Anschaffung bzw. die entsprechende vertragliche Verpflichtung nicht verlangt werden, wenn die Genehmigungsaussichten sich als unsicher darstellten. Verbleibende Zweifelsfragen könnten nach positiver Verträglichkeitsentscheidung schnell geklärt bzw. über entsprechende Auflagen bewältigt werden. Auch die klägerische Kalkulation des zugrundezulegenden Personalschlüssels sei jedenfalls nachvollziehbar und nicht offensichtlich fehlerhaft.
- 21
Auch ein Versagungsgrund i.S.d. § 11 Abs. 3 RDG in Gestalt einer Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem funktionsfähigen Rettungsdienst i.S.d. RDG liege nicht vor. Im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Genehmigungsversagung sei in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass es sich um eine prognostische Entscheidung mit wertendem Charakter und einem Einschätzungsspielraum handele. Eine behördliche Entscheidung könne daher gerichtlich nur dahingehend überprüft werden, ob der maßgebliche Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt worden sei, die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte erkannt worden seien und der mögliche Verlauf der Entwicklung nicht offensichtlich fehlerhaft eingeschätzt wurde (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 22.10.2003 – 4 LB 21/03 - ). Vorliegend könne sich der Beklagte nicht erfolgreich auf eine Beurteilungsermächtigung berufen, weil er durch das Festhalten an früheren Bewertungen jedenfalls entscheidungserhebliche Gesichtspunkte verkenne und eine offensichtlich fehlerhafte Einschätzung des möglichen Verlaufes der Entwicklung vornehme.
- 22
Wie eine Verträglichkeitsprüfung i.S.d. § 11 Abs. 3 RDG durchzuführen sei, sei durch die Entscheidung des OVG Schleswig vom 22.10.2003 – 4 LB 21/03 – geklärt, dessen Herangehensweise sich das Verwaltungsgericht auch in der vorliegenden Sache anschließe.
- 23
Ausgehend von diesen Grundsätzen habe der Beklagte nicht darzulegen vermocht, dass die vom Kläger begehrte Genehmigung unverträglich sei.
- 24
Zwar habe sich die Situation nach der Verträglichkeitsanalyse aus dem Jahr 2008 noch dergestalt dargestellt, dass wegen der dort als erforderlich prognostizierten Entgelterhöhung sowie der entsprechenden geringeren Auslastung sowohl im RTW- als auch im KTW-Bereich von einer Unverträglichkeit der Genehmigung auszugehen gewesen wäre. Allerdings hätten sich inzwischen die tatsächlichen Verhältnisse erheblich geändert, was der Verträglichkeitsprüfung aus dem September 2012 zu entnehmen sei. Im Rahmen der Notfallrettung sei eine Entgeltsteigerung von 50,61 € gegenüber dem momentanen Pauschalpreis je Einheit und damit nur noch i.H.v. 7,8 % erforderlich, um das entstehende Defizit auszugleichen. Hierbei sei auch weiter zu berücksichtigen, dass die Notfallrettung gemessen an den Erlösen das Schwergewicht im Rettungsdienst darstelle.
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Auch der beantragte Einsatz eines zusätzlichen KTW zusätzlich zum RTW sei verträglich. Zwar liege hier die aktuell prognostizierte Entgelterhöhung bei mehr als 15%, dies dürfe jedoch nicht isoliert betrachtet werden, zumal die Erlöse in diesem Bereich nur einen relativ geringen Anteil der Gesamterlöse ausmachten. Im Rahmen des Krankentransports würden Entgelte i.H.v. ca. 1,3 Mio. € generiert, im Bereich der Notfallrettung hingegen ca. 8,9 Mio. €. Bei der Betrachtung der Gesamtfolgen der Genehmigung eines RTW und eines KTW ergäbe sich unter Zugrundelegung einer Erlösminderung von 803.424,96 € im Bereich der Notfallrettung und von 235.827,74 € im Bereich des Krankentransports eine Erlösminderung von 9,77 %, d.h. einer Zahl noch im einstelligen Bereich. Die Gesamtkosten des öffentlichen Rettungsdienstes seien mit 10.637.918 € zu beziffern. Damit relativiere sich die zweistellige Veränderungsrate im Hinblick auf die Krankentransporte bei einer gebotenen Gesamtbetrachtung.
- 26
Eine im Einzelfall anzunehmende Unverträglichkeit habe der Beklagte ebenfalls nicht darlegen können. Besonderheiten der Versorgung in einem Flächenland könnten vorliegend nicht entscheidend berücksichtigt werden, da dies auch für andere Kreise in Schleswig-Holstein gelte. Das Risiko unerwarteter Entwicklungen sei der gesetzlich vorgesehenen Prognoseentscheidung immanent und könne insbesondere durch ein konservatives Prognoseverfahren und eine Befristung der erteilten Genehmigung aufgefangen werden. Auch die Schwierigkeit der Durchsetzbarkeit der Entgelterhöhung gegenüber den Kostenträgern sei letztlich Folge der gesetzgeberischen Entscheidung und im Rahmen des Verträglichen dem Beklagten zumutbar. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
- 27
Gegen das ihm am 05.11.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 04.12.2012 die Zulassung der Berufung beantragt, welche der Senat mit Beschluss vom 21.03.2013 gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen hat.
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Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor, dass kein Anspruch auf die beantragte Genehmigung bestehe. Dies ergebe sich zum einen aus einer erneuten Veränderung des zugrundeliegenden Sachverhalts, der Gegenstand einer neuerlichen Verträglichkeitsanalyse durch die F... GmbH vom 04.01.2013 gewesen sei. Danach werde durch die vom Kläger beantragte Zulassung eine Entgelterhöhung im Bereich der Notfallrettung von 7,71 % und im Bereich des Krankentransports von 15,65 % erforderlich. Ohne Zulassung eines privaten Unternehmers liege die Auslastung der Rettungsmittel im Rettungsdienst bei 44,2 %.
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Aufgrund des Sicherstellungsauftrags bestünden für den Beklagten keinerlei Einsparungspotentiale, die er, abgesehen von der Entgelterhöhung zum Ausgleich der Mindererlöse, ausschöpfen könne. Der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen relativierenden Gesamtbetrachtung sei nicht beizutreten, weil sie mit der insoweit übertragbaren Rechtsprechung des OVG Münster nicht vereinbar sei (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2007 – 13 A 3700/04 - , Urt. v. 10.06.2008 – 13 A 1779/06 - ). Vielmehr müsse die Betrachtung nach den einzelnen Leistungsbereichen, d.h. Notfallrettung und Krankentransport gesondert, erfolgen. Das vom Gesetz geschützte Allgemeininteresse bestehe im Hinblick darauf, dass die einzelne Leistung zu wirtschaftlich vertretbaren Preisen und dennoch bedarfsgerecht erbracht werde. Im Zuge einer Relativierung der Beeinträchtigung durch die hier vorgenommene Gesamtbetrachtung würden jedoch die Kosten zu Gunsten der Berufsfreiheit des Einzelnen unverhältnismäßig in die Höhe getrieben. Auch die durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierte Organisations- und Strukturierungshoheit des Rechtsträgers des Rettungsdienstes würde verletzt werden. Würde ein privater Wettbewerber die Zulassung von Krankentransporten bewusst in stark von der Notfallrettung geprägten Bereichen erstreben, würde sich die hierdurch entstehende Belastung zwangsläufig so stark relativieren, dass Genehmigungen regelmäßig erteilt werden müssten. Auf den Träger des öffentlichen Rettungsdienstes würde so mittelbarer Zwang zur Umstrukturierung ausgeübt werden, weil die reine KTW-Vorhaltung letztlich völlig unwirtschaftlich werde.
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Im Übrigen bestehe ein Ermessensspielraum des Beklagten im Falle einer vom Senat angenommenen Verträglichkeit der Zulassung. Dies folge daraus, dass allein die Auswirkungen auf die Entgelterhöhung nicht abschließend für die Beurteilung seien, sondern auch ein erheblicher Auslastungsausfall zu berücksichtigen sei. Nach der aktuellen Analyse der F... GmbH vom 04.01.2013 gehe die Auslastung der Rettungsmittel im begutachteten Bereich auf 34,9 % zurück, was unter Heranziehung der Rechtsprechung des OVG Münster (Urt. v. 07.03.2007 – 13 A 3700/04 -) und des OVG Lüneburg (Beschl. v. 19.06.2000 – 11 M 1026/00 - ) als derart unzureichend einzustufen sei, dass es als Abwägungsgesichtspunkt im Rahmen einer Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden könne.
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Der Beklagte beantragt,
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2. die Klage abzuweisen,
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3. hilfsweise,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 26.10.2012 – 3 A 16/10 – aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu bescheiden.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
- 38
Er macht geltend, bei der Feststellung der im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung anzusetzenden Gesamtkosten des Rettungsdienstes müssten Kostensenkungs- und Ertragssteigerungspotentiale ausgeschöpft werden, beispielsweise müssten nicht angefallene Treibstoffkosten, Wartungskosten, Abnutzungskosten von nicht in Anspruch genommenen Fahrzeugen erfasst und von den Kosten abgezogen werden. Auch dürfte nicht allein auf die Rettungswachenbereiche B-Stadt und A-Stadt abgestellt werden, da bei der Verträglichkeitsprüfung auf die Gesamtkosten im Kreis abzustellen sei. Die Wahl des Betriebssitzes dürfe bei einem Antragsteller, der sich auf Krankentransporte beschränken möchte, keine Rolle spielen, weil das Fahrzeug bei unterstellten 8 Krankentransporten pro Tag fast ununterbrochen unterwegs sei. Das Verträglichkeitsgutachten differenziere einerseits nach Rettungswachen, stelle dann aber andererseits bei den Prozentangaben auf die Gesamtkosten ab. Im Übrigen hätten die Kosten für die Rettungswachen B-Stadt und A-Stadt nicht einfach zusammengefasst werden dürfen; sie hätten isoliert nach Einsatzzahlen, Kosten und Auswirkung erfasst werden müssen. Die Kumulation der Zahlen sei nicht zulässig. Da bei Krankentransport mit Hilfe moderner Disposition die einzelnen Fahrstrecken durch eine Art Rundreise minimiert würden, sei eine Zuordnung des Betriebs (auch der Rettungswagen solle Krankentransporte durchführen) zu einzelnen oder mehreren Rettungswachen unsinnig. Eine Zuordnung zu Helgoland beispielsweise würde absurde Werte ergeben, die mit der Verträglichkeit bezogen auf die Gesamtkosten im Kreis nichts zu tun hätten. Auch dürften unter dem Gesichtspunkt einer Unterdeckung in der Vergangenheit keinerlei Beträge vom Gesamtkostenbetrag in Abzug gebracht werden. Unterdeckungen könnten auf Überzahlungen in der Vergangenheit beruhen, die ihrerseits wiederum zu einer (unverhältnismäßig großen) Herabsetzung der Entgelte geführt hätten.
- 39
Hinsichtlich der subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen unterstelle das aktuelle Verträglichkeitsgutachten zu Unrecht eine zu geringe Anzahl an hauptamtlichen Vollzeitkräften im Betrieb des Klägers. Bei richtiger Berechnung ergebe sich ein Bedarf von 10,91 Vollzeitkräften. Dieser Bedarf werde abgedeckt. Das nunmehr vorliegende aktuelle Gutachten zur Verträglichkeit sei in vielerlei Hinsicht nicht schlüssig und erklärungsbedürftig. Dies gelte für die angenommene Aufkommenssteigerungsprognose. Auch sei unklar, ob bei den Berechnungen alle Einsätze oder nur die entgeltfähigen Einsätze eingestellt worden seien. Wenn mutmaßlich von 4 Einsätzen nur 3 entgeltfähig seien, werde möglicherweise die gesamte Berechnung in Frage gestellt. Auch müsse die vom Gutachter erwartete Auslastungsquote von nur 49,4 % insgesamt bestritten werden. Es seien nur die Wachen B-Stadt und A-Stadt für das Prognosejahr 2017/2018 untersucht worden, nicht jedoch die Auslastungsquote im Kreis. Die Zahlen des Gutachtens müssten korrigiert werden. Soweit die Kosten für den Bereich Schenefeld eingerechnet worden seien, sei dies falsch, weil in Schenefeld pro Jahr etwa 1200 Fahrten für Rettungstransporte an die städtische Feuerwehr B-Stadt vergeben worden seien, was einem Nutzungsentgelt von ca. 740.000,00 € entspreche.
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Es sei nicht richtig, dass die Leitstelle einen zusätzlichen Zeitbedarf von ca. einer Minute bei Alarmierung des privaten Unternehmers habe. Hiervon gehe aber das Gutachten bei seinen Berechnungen aus. Ferner sei nicht erkennbar, ob die Beteiligung des privaten Leistungserbringers nur über die Zeit von Montag bis Freitag gerechnet worden sei. Der Rechenweg im Gutachten werde nicht ausreichend erläutert. Im Übrigen hätten die relevanten Zahlen für die einzelnen Rettungsmittel, differenziert nach Schicht und Wache, erstellt werden müssen. Dann hätten sich unterschiedliche Auslastungsquoten für die einzelnen Wagen ergeben. Stattdessen würden die Fahrzeuge alle über einen Kamm geschoren. Unberücksichtigt sei geblieben, dass bei der Rettungswache B-Stadt auch Einsätze gefahren würden, die vom Kreis Segeberg ausgingen. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht die prognostizierte Erhöhungszahl für den Bereich Krankentransport (laut Gutachten 10,83 %) relativiert, weil der Anteil “Krankentransport“ an den Gesamtkosten (Notfallrettung und Krankentransport) nur 1,16 % betrage. Auch nach den Feststellungen des Gutachters sei die Störung des Gesamtsystems relativ gering. Eine Auslastung unter 50 % habe der Gesetzgeber im Übrigen bei der Schaffung des dualen Systems bewusst in Kauf genommen. Bei zusammenfassender Betrachtung (Auswirkungen der Zulassung eines Rettungstransportwagens und eines Krankentransportwagens) betrage die prognostizierte Erlösminderung nur 6,78 %. Die sich hieraus angeblich ergebende Erhöhungsquote für die Gebühren für den Teilbereich Krankentransport sei nicht nachvollziehbar. Insgesamt ergebe sich aber auf der Basis der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch nach den nunmehr vorliegenden Zahlen der neuen Verträglichkeitsprognose ein Genehmigungsanspruch für den Kläger.
- 41
Der Beklagte erwidert, die zusammenfassende Betrachtung der Zahlen der Rettungswachenstandorte A-Stadt und B-Stadt sei bei der Prüfung der Rettungsmittelauslastung nicht zu beanstanden, weil die Rettungswachen A-Stadt und B-Stadt nach dem Bedarfsplan einen einheitlichen Versorgungsbereich (RWVB A-Stadt) bildeten. Dass auf die einzelnen Versorgungsbereiche abzustellen sei, ergebe sich auch aus der Anlage 1 der Vereinbarung von Eckpunkten zur Umsetzung der Vereinbarungslösung im Rettungsdienst Schleswig-Holstein. B-Stadt und A-Stadt bildeten bezüglich der Auslastung der Rettungsmittel eine Einheit. Anders verhalte es sich bei der Prüfung der Auswirkungen der Erlösminderung. Wegen der Einheitlichkeit der Entgelte im gesamten Rettungsdienstbereich sei die Wirkung auf das gesamte Kreisgebiet zu prüfen.
- 42
Die Personalvorhaltung des Klägers sei zu gering. Bereits die Bruttojahresarbeitszeit werde fehlerhaft mit 2496 Stunden (statt 2502,86 Stunden) angegeben. Zudem habe der Kläger die Ausfallquote im Hinblick auf freie Wochenfeiertage, Heiligabend und Sylvester, freie Tage wegen Nachtarbeit und tarifbedingter Zusatzurlaube aufgrund von Schicht- und Wechseldienst ausgeblendet. Hinzu komme, dass die üblichen Tarifverträge im Rettungsdienst mehr als 4 Wochen Jahresurlaub vorsähen.
- 43
Bei der Prüfung der Auswirkungen auf die Auslastung sei zutreffend auf alle gefahrenen Einsätze, das heißt ohne Berücksichtigung einer Fehlfahrquote, abgestellt worden. Eine Unterscheidung zwischen entgeltfähigen und nicht entgeltfähigen Einsätzen sei nicht erforderlich. Hinsichtlich der Kalkulation der Aufkommenssteigerung, wie sie sich aus dem F...-Gutachten Seite 7 ergebe, sei es unerheblich, ob - wie geschehen - auf die gefahrenen Einsätze oder die entgeltfähigen Einsätze abgestellt werde, solange die Erlösquote stabil sei. Die Auslastung sei im Übrigen ungeachtet der unglücklichen Formulierung “über alle Wachen“ für die beiden stadtnahen Rettungswachen B-Stadt und A-Stadt berechnet worden. Sie betrage knapp 50 %. Richtigerweise hätte es also heißen müssen “über beide Wachen“. Die Berechnung verdeutliche, dass selbst bei den stadtnahen Rettungswachen die Auslastung nur bei knapp 50 % liege.
- 44
Bei der Kalkulation des Einsatzaufkommens sei berücksichtigt worden, dass die Notfallrettung in Schenefeld durch die städtische Feuerwehr der Hansestadt B-Stadt durchgeführt werde. Dies zeige Ziff. 6 Seite 7 des F... -Gutachtens, wo ein Sprung hinsichtlich der Einsätze zwischen 2013 und 2014 zu erkennen sei.
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Zu Unrecht moniere der Kläger den Ansatz eines zusätzlichen Dispositionsbedarfes von einer Minute. Dies sei sachgerecht, da die kooperative Regionalleitstelle keinerlei Kenntnis über Standort, Status und Einsatzbereitschaft der Einsatzfahrzeuge eines Genehmigungsinhabers habe. Während die Rettungsmittel des öffentlichen Rettungsdienstes direkt alarmiert werden könnten, müsse im Falle eines Genehmigungsinhabers vor jeder Alarmierung zur Prüfung eines etwa gegebenen Eintreffzeitvorteils die Verfügbarkeit und Einsetzbarkeit telefonisch abgeklärt werden. Hierfür sei im Mittel das Ansetzen einer Minute sachgerecht.
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In Tabelle 8 fehle - wie vom Kläger bemerkt - die Spalte 8; ansonsten seien die Beanstandungen nicht nachvollziehbar. Eine “Individualisierung“ der Wirkung einer Genehmigung auf einzelne Rettungsfahrzeuge sei nicht zweckdienlich. Die Rettungsmittel des Rettungswachenversorgungsbereichs würden gemeinsam das Aufkommen bedienen. Zudem werde in den Berechnungen dargestellt, dass Krankentransporte durch den Rettungstransportwagen nur in dem maßgeblichen (und beantragten) Zeitraum, nämlich Montag bis Freitags von 7-19 Uhr Transporte angesetzt seien. Der Gutachter habe berücksichtigt, dass der Krankentransportwagen des Klägers unter der Woche von Montag bis Freitag von 7:00 bis 19:00 Uhr eingesetzt werden solle.
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Abzustellen sei in Schleswig-Holstein auf die Zuordnung der Rettungsmittel zu Versorgungsbereichen; die Leitstelle alarmiere innerhalb des jeweiligen Versorgungsbereiches nach einer festgelegten Alarm- und Ausrückordnung. Eine Zirkulation von Rettungsmitteln im gesamten Kreisgebiet - wie dies dem Kläger vorschwebe - sei nicht möglich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der Einzelheiten der vom Beklagten vorgelegten Nachbegutachtung 2016 wird auf die Expertise der F... GmbH vom 18. Mai 2016 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung ist zulässig, jedoch nur im tenorierten Umfang begründet. Das Verwaltungsgericht hätte keine Verpflichtung zur Erteilung der beantragten Genehmigung aussprechen dürfen. Die Versagung der Genehmigung leidet jedoch an einem zur Neubescheidung nötigenden Prognosefehler.
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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der Erteilung einer Genehmigung nach § 10 Abs. 1 RDG ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 15.04.1988 - Az. 7 C 94.86 -, BVerwGE 79, 208; OVG NRW, Urt. v. 10.06.2008 - 13 A 1779/06 m.w.N. -, vgl. auch BVerwG, Urt. v. 26.10.1995 - 3 C 10.94 - NJW 1996, 1608). Folglich sind vom Senat neue, auch erst im gerichtlichen Verfahren entstandene oder vorgetragene Tatsachen zu berücksichtigen, hier insbesondere die Expertise zur Prüfung der Verträglichkeit der Zulassung von KTW und RTW außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes nach §§ 10 ff RDG S-H im Kreis A-Stadt der F... GmbH vom 18. Mai 2016 (“Nachbegutachtung 2016“). An deren grundsätzlicher Eignung als Prognosegrundlage hat der Senat keine Zweifel. Die Prognose ist vom Beklagten selbst zu treffen. Das Gutachten ist dabei nur Hilfsmittel. Eine parteiische Tendenz ist nicht zuletzt unter Berücksichtigung der erfolgten Variantenberechnungen nicht erkennbar. Der Umstand, dass das Verträglichkeitsgutachen von der RKiSH in Auftrag gegeben wurde, macht es als Prognosegrundlage entgegen der Auffassung des Klägers nicht unbrauchbar.
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Rechtsgrundlage für die begehrte Genehmigung sind die §§ 10 Abs. 1 S. 1, 11 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 RDG SH in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Fassung. Die beabsichtigte Novellierung des Rettungsdienstgesetzes, mit deren Abschluss voraussichtlich Genehmigungserteilungen für die Notfallrettung an Private außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes nicht mehr möglich sein werden (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung Drs. 18/4586 v. 06. September 2016), ist derzeit erst im Gesetzgebungsverfahren und daher nicht maßgeblich.
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Wer außerhalb des Rettungsdienstes Notfallrettung oder Krankentransporte im Geltungsbereich des Rettungsdienstgesetzes betreibt, muss im Besitz einer Genehmigung nach diesem Gesetz sein (§ 10 Abs. 1 S. 1 RDG). Gemäß § 11 RDG darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn
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1. die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebes gewährleistet sind,
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2. keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit der Antragsteller oder des Antragstellers dartun und
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3. die Antragstellerin oder der Antragsteller oder die für die Führung des Geschäftes bestellte Person fachlich geeignet ist.
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Vom Vorliegen der subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 RDG ist vorliegend auszugehen. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug. Das Verwaltungsgericht hat dargelegt, dass der Kläger seit Jahren im Bereich Notfallrettung und Krankentransport tätig sei und erhebliche und berechtigte Beanstandungen nicht bekannt geworden seien. Zudem habe der Kläger im Verwaltungsverfahren für seinen verantwortlichen Vorsitzenden ein beanstandungsfreies Führungszeugnis vorgelegt und eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung sowie Unbedenklichkeitsbescheinigungen zahlreicher Krankenkassen eingereicht. Die von dem Beklagten im Verwaltungsverfahren erhobenen Bedenken im Hinblick auf ungenügende Angaben bezüglich der Beschaffung von Betriebsräumlichkeiten und Fahrzeugen seien vorliegend nicht als schwerwiegend zu bewerten. Bei einem Unternehmer, der seinen Betrieb erst noch aufnehmen wolle, dürften die Anforderungen zu den von ihm zu erbringenden Vorleistungen nicht überspannt werden. Es könne von ihm nicht verlangt werden, dass er trotz ungewisser Aussichten seines Antrages die Beschaffung von Räumlichkeiten und Fahrzeugen vorbereite, wenn diese logistischen Fragen zügig geklärt werden können, sobald die zwischen den Beteiligten streitige Frage nach der Verträglichkeit geklärt sei. Dem folgt der Senat. Dieser Rechtsauffassung ist der Beklagte im Berufungsverfahren auch nicht mehr entgegengetreten. Etwa fortbestehenden Bedenken kann zudem durch Erlass einer Nebenbestimmung gemäß § 13 RDG Rechnung getragen werden. Entsprechendes gilt auch für den im Berufungsverfahren vom Beklagten erneut thematisierten Gesichtspunkt einer zu geringen Kalkulation der Anzahl der hauptamtlichen Vollzeitkräfte. Der Kläger geht insoweit davon aus, dass ein Personalbedarf von 11 Rettungsassistenten besteht, während der Beklagte einen Personalbedarf von 12,2 Vollzeitarbeitsstellen errechnet. Bei der Berechnung der erforderlichen Vollzeitarbeitskräfte hätte bei der Berechnung der Nettoarbeitszeit ein Abzug im Hinblick auf die Wochenfeiertage, Heiligabend, Sylvester sowie die freien Tage wegen Nachtarbeit und wegen tarifabhängigen Zusatzurlaubs berücksichtigt werden müssen. Auch hier gilt jedoch, dass etwa fortbestehenden Bedenken insoweit durch Erteilung einer Auflage Rechnung getragen werden kann. Aus der Berechnung der erforderlichen Vollzeitarbeitskräfte durch den Kläger, welche immerhin nachvollziehbar Abzüge bei den anzusetzenden Arbeitsstunden pro Kraft für Fortbildung, Urlaub und Krankheit berücksichtigt, kann jedenfalls nicht geschlossen werden, dass die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebes nicht gewährleistet ist (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 RDG).
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Streitgegenständlich ist die begehrte Genehmigung für die Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport mit einem Rettungswagen und einem Krankentransportwagen im Kreis A-Stadt. Dies ergibt sich aus dem erstinstanzlich gestellten Antrag, welcher vom Verwaltungsgericht im Urteil vom 26. Oktober 2012 beschieden wurde. Vor der Erteilung der Genehmigung sind neben den subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen auch die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 RDG zu prüfen. Nach dieser Vorschrift ist die Genehmigung zu versagen, wenn zu erwarten ist, dass durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst nach diesem Gesetz beeinträchtigt wird (S. 1). Hierbei sind insbesondere die bedarfsgerechte Vorhaltung und Auslastung im Rettungsdienstbereich, vor allem die Einsatzzahlen, deren räumliche und zeitliche Verteilung, die Eintreffzeiten, die Einsatzdauer und die Entwicklung der Kosten- und Ertragslage zu berücksichtigen (S. 2).
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Bei der zu treffenden behördlichen Einschätzung handelt es sich um eine prognostische Entscheidung mit wertendem Charakter und einem Einschätzungsspielraum. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 3 S. 1 RDG, der davon spricht, dass eine entsprechende Beeinträchtigung “zu erwarten“ sein muss (OVG Schleswig, Urt. v. 22.10.2003 - 4 LB 21/03 -, NordÖR 2004, 495; OVG Lüneburg, Urt. v. 24.06.1999 - 11 L 719/98 -, juris unter Verweis auf einen vergleichbaren Gesetzeswortlaut sowie VGH Mannheim, Urt. v. 22.10.1996 - 10 S 8/96 -, NVwZ-RR 1998, 110, 111). Grundlage dieser Rechtsprechung ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. April 1988 zum Personenbeförderungsrecht (Az. 7 C 94.86 -, BVerwGE 79, 208). Hiernach ist die Versagung einer Taxengenehmigung als Behördenentscheidung mit prognostischen Einschätzungsspielraum aufzuheben und die Behörde zur erneuter Bescheidung zu verpflichten, wenn das Gericht feststellt, dass die Behörde nicht alle für die Beurteilung maßgeblichen Gegebenheiten berücksichtigt hat, seien diese Gegebenheiten schon im Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorhanden gewesen oder erst danach, nämlich bis zum Zeitpunkt der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz, eingetreten. Das Gericht darf die Sache nicht in der Weise „entscheidungsreif“ machen, dass es die der Behörde obliegende (prognostische) Einschätzung selbst trifft. Nur wenn eine Sachlage gegeben ist, die keinen Raum für die der - streitigen - Behördenentscheidung, hier der Versagung der Taxengenehmigung, zugrunde liegende Einschätzung lässt, darf das Gericht die Behörde zu der begehrten Entscheidung verpflichten. Diese für das Personenbeförderungrecht entwickelten Grundsätze gelten auch für die im Schleswig-Holsteinischen Landesrecht zu treffende Prognoseentscheidung. Hierfür sprechen gewichtige Gründe. Wenn das Bundesverwaltungsgericht der Behörde im Rahmen der Taxengenehmigungen einen Prognosespielraum einräumt, weil damit planerische Elemente und eine Abschätzung der künftigen Entwicklung eine wesentliche Rolle spielten, kann dies bei teilweise wortgleicher Formulierung der Vorschriften für den Rettungsdienst schlechterdings nicht verneint werden. Hier ist die Verantwortung des Staates für ein Funktionieren des Leistungssektors noch wesentlich gravierender als im Taxenbereich. Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 12. Juni 1990 zum Merkmal der Bedarfsgerechtigkeit von Krankenhäusern ausgeführt, die erforderliche Zielplanung könne sachgerecht nur im Rahmen eines planerischen Gestaltungsfreiraums verwirklicht werden (BVerfGE 82, S. 209, 225). Für einen im Interesse der Bevölkerung unverzichtbaren funktionierenden Rettungsdienst kann nichts anderes gelten (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1999 – 3 C 20/98 –, Rn. 47, juris unter Absetzung von BVerwG, Urt. v. 3.11.1994 - 3 C 30.93 -, juris -zum Rettungsdienstgesetz des Landes Sachsen-Anhalt).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass die Mehrzahl der vom Kläger gegen die Versagung vorgebrachten Einwände zwar nicht durchgreifen, die Prognoseentscheidung aber letztlich an einem nicht vom Gericht zu behebenden Prognosefehler leidet, welcher zur Aufhebung des Versagungsbescheides und zur Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung nötigt.
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Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zunächst im Grundsatz die Rechtsprechung des Senats zur Beurteilung des Vorliegens einer Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem funktionsfähigen öffentlichen Rettungsdienst im Sinne des § 11 Abs. 3 RDG (OVG Schleswig, Urt. v. 22.10.2003 - 4 LB 21/03 -, NordÖR 2004, 495 ff) zum Maßstab seiner Entscheidung gemacht.
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Danach ist auf der Grundlage des sogenannten Trennungs- bzw. dualen Systems der Erbringung von Rettungsdiensten nicht schon immer dann von einer Beeinträchtigung auszugehen, wenn durch die Zulassung eines privaten Wettbewerbers eine Überkapazität entsteht, weil dies letztlich einer vom Gesetzgeber gerade nicht vorgesehenen Bedarfsprüfung gleichkomme. Allerdings dürfe im Sinne einer dauerhaften Sicherstellung der flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung berücksichtigt werden, dass eine hinreichende Finanzierungsgrundlage des öffentlichen Rettungsdienstes sichergestellt sein muss. Die Schwelle der Unverträglichkeit wird nicht erst dann erreicht, wenn der öffentliche Rettungsdienst durch die Zulassung Privater ruinös wird, sondern bereits dann, wenn ernstliche und schwerwiegende Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit zu befürchten sind. Dies ist anzunehmen, wenn der öffentliche Träger aufgrund der Zulassung Privater nicht unerheblich defizitär tätig werden muss. Die Grenze ist jedenfalls dann regelmäßig erreicht, wenn die zur Abwendung eines Defizits erforderliche Gebührensteigerung im zweistelligen Prozentbereich liegt, im Einzelfall auch bei einem geringeren Erhöhungs- bzw. Defizitumfang.
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Diese Auslegung der Funktionsschutzklausel entspricht grundsätzlich dem Verständnis auch der anderen Obergerichte in den Ländern, in denen das sogenannte Trennungsmodell vorgesehen ist (vgl. Münster, Urt. v. 10.06.2008 - 13 A 1779/06 -, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.02.2003 - 11 LA 323/02 -, juris; OVG Saarlouis, Urt. v. 26.10.1999
- 2 R 12/98 -, juris; OVG Mannheim, Urt. v. 22.10.1996 - 10 S 8/96 -, juris). Die Festlegung einer regelhaften Obergrenze einer Gebührensteigerung im zweistelligen Prozentbereich ist geeignet, der entscheidenden Behörde - vorbehaltlich besonderer Umstände im Einzelfall - einen tauglichen Ausgangspunkt für die zu treffende Prognoseentscheidung im Sinne des § 11 Abs. 3 RDG zu liefern; dies wird als solches auch von den Beteiligten nicht in Frage gestellt.
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Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte aufgrund der Nachbegutachtung 2016 - die Problematik möglicher Einsparungen aufgrund der Genehmigungserteilung an einen privaten Dritten einmal außer Betracht gelassen - davon ausging, dass die Erteilung der Genehmigung eine gravierende Erlösminderung und eine dementsprechend erforderliche Erhöhung der Entgelte zur Kostendeckung erwarten lasse. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Genehmigung für die Notfallrettung gemäß § 12 S. 3 RDG auch die Durchführung von Krankentransporten umfasst, der genehmigte RTW mithin auch Krankentransporte durchführen wird. Der Gutachter hat angenommen, dass der RTW 4 Notfälle am Tag, daneben - in der Zeit von montags bis freitags jeweils 7:00 bis 19:00 Uhr - pro Tag 2 Krankentransporte durchführen wird. Für den KTW hat der Gutachter im genannten Zeitraum (Montag bis Freitag 7:00 bis 19:00 Uhr) die Durchführung von 8 Krankentransporten am Tag angenommen.
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Dieser Annahme hat sich der Beklagte angeschlossen und hierzu in der mündlichen Verhandlung auf seinen Einschätzungsspielraum verwiesen. Das ist unter Berücksichtigung der Ausführungen des Gutachters Dr. B..., welcher die Nachbegutachtung 2016 in der mündlichen Verhandlung erläutert und dessen Ausführungen der Beklagte sich zu eigen gemacht hat, nicht zu beanstanden. Der Gutachter hat ausgeführt, man sei bei der Prognose auf der Grundlage der bekannten entgeltfähigen Einsätze im öffentlichen Rettungsdienst und der dort bestehenden Erlösquote davon ausgegangen, dass bei einer (großzügig) unterstellten Einsatzzeit von 1 Stunde pro Einsatz und einer Auslastung von ca. 60 % 8 Krankentransporte in der maßgeblichen Zeit für den Krankentransportwagen zugrundegelegt werden können. Der Hinweis des Klägers auf eine hierbei fehlende Berücksichtigung der erforderlichen Zeit für Desinfektion und Wartung gehe fehl, weil die hierfür durchschnittlich erforderliche Zeit bereits bei der angenommenen mittleren Einsatzzeit für einen Krankentransport enthalten sei. Dies habe man aufgrund der Daten des öffentlichen Rettungsdienstes angenommen, da man andere Zahlen (aus dem privaten Sektor) nicht kenne. Die Setzung dieser Zahlen sieht der Senat als vom Einschätzungsspielraum des Beklagten gedeckt an, zumal auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage keine konkreten abweichenden eigenen Zahlen genannt hat (etwa aus anderen Bereichen, in denen er Krankentransport und Notfallrettung aufgrund erteilter Genehmigungen betreibt), sondern sich auf die pauschale Aussage beschränkt hat, die genannten Zahlen würden nie erreicht. Insgesamt ist es nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im Rahmen der Verträglichkeitsprognose von 8 Fahrten für den KTW und von 2 Fahrten für den RTW ausgegangen ist.
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Unter dieser Annahme ergibt sich bei Ansetzung der feststehenden Kostenpauschalen (Pauschalentgelt je Notfall 616,54 €; Pauschalentgelt je Krankentransport 85,63 €) eine Erlösminderung aus der Notfallrettung in Höhe von 765.126,14 € und eine Erlösminderung aus Krankentransporten in Höhe von 207.156,10 €. Gemessen an den Kosten der Notfallrettung und des Krankentransportes (relevante Prüfkosten) hat der Gutachter eine Erlösminderung von 12,21 % für den Bereich des Krankentransports ermittelt. Dies führe zu einer erforderlichen Erhöhung der Entgelte zur Kostendeckung im Bereich des Krankentransports von 13,91 %. Der Einwand des Klägers, die Berechnung der Erhöhung der Entgelte sei nicht nachvollziehbar, greift nicht durch. Der Rechenweg ist vom (früheren) Prozessbevollmächtigen des Beklagten nachvollziehbar im Schriftsatz vom 7. Januar 2015 erläutert worden.
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Hiernach sind zunächst die prognostizierten Einsätze im Bereich Krankentransport, die auf den Kläger entfallen, von den Einsatzzahlen abzuziehen. Sodann sind die Kosten durch die sich hieraus ergebende Einsatzzahl zu dividieren, woraus sich der erforderliche Entgeltsatz ergibt. Die erforderliche Erhöhung um 11,91 € (von 85,63 € auf 97,54 €) bedeutet eine Steigerung um 13.91 %.
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Dies stützt im Grundsatz die von dem Beklagten getroffene negative Prognose. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass mit Rücksicht darauf, dass die Einnahmen aus der Notfallrettung das wirtschaftliche Schwergewicht darstellen (Gesamtkosten im Bereich Notfallrettung 12.641.633,00 EURO; im Bereich Krankentransport 1.696.045,00 EURO), eine zweistellige Erhöhung im Bereich der Notfallrettung nicht isoliert betrachtet werden dürfe, sondern im Einzelfall aufgrund einer relativierenden Gesamtbetrachtung als verträglich angesehen werden könne, tritt der Senat nicht bei.
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Das Verwaltungsgericht argumentiert, der Krankentransport dürfe nicht isoliert betrachtet werden, da die Erlöse aus diesem Bereich nur einen relativ geringen Anteil der Gesamterlös des Rettungsdienstes ausmachen würden. Gegenüberzustellen sei vielmehr die Summe der Erlösminderung im Notfallbereich und im Krankentransportbereich im Verhältnis zum Prüfbetrag insgesamt (Summe der Gesamtkosten des Notfallbereichs und des Krankentransportbereichs). Diese relativierende Betrachtung verkennt jedoch, dass das Rettungsdienstgesetz zwischen der Notfallrettung und dem Krankentransport unterscheidet. Die Genehmigung wird der Unternehmerin oder dem Unternehmer für ihre oder seine Person und für die Ausübung von Notfallrettung oder Krankentransport für einen Betriebsbereich erteilt (§ 12 Abs. 1 S. 1 RDG). Die Genehmigung wird hinsichtlich des einzelnen Fahrzeugs entweder für die Notfallrettung oder den Krankentransport erteilt (§ 12 Abs. 1 S. 3 RDG). Die Genehmigung für die Notfallrettung umfasst auch die Durchführung von Krankentransporten (S. 4). Die mit den gesetzlichen Krankenkassen und deren Verbänden und dem Landesausschuss Schleswig-Holstein des Verbandes der privaten Krankenversicherung (Kostenträger) gemäß § 8 a RDG vereinbarten Benutzungsentgelte werden für die unterschiedlichen Aufgabenbereich getrennt kalkuliert. Nur soweit besondere Umstände vorliegen, sind Auswirkungen auf den jeweils anderen Aufgabenbereich in den Blick zu nehmen, etwa dann, wenn beide Aufgabenbereiche eine rechtlich-medizinische Einheit bilden und faktische Abhängigkeiten bestehen (OVG Münster, Urt. v. 07.03.2007 - 13 A 3700/04 -, DVBl. 2007, 1503, 1505; OVG Münster, Urt. v. 10.06.2008 - 13 A 1779/056 -, juris; ebenso OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.06.2000 - 11 M 1026/00 -, Juris). Wollte man entgegen der hier vertretenen Auffassung entscheidend darauf abstellen, ob die Erteilung einer Genehmigung in einem der beiden Bereiche zu einer Minderung der Gesamterlöse aus beiden Bereichen (Krankentransport und Notfallrettung) führt, wäre es privaten Wettbewerben möglich, ihre Konkurrenzbestrebungen gezielt auf Betriebsbereiche zu richten, in denen ein leistungsstarkes, ertragreiches System der Notfallrettung besteht, in der Absicht, im Wege der Relativierung der negativen Auswirkungen ihrer Beteiligung für den Krankentransport eine Verträglichkeitsprüfung im Ergebnis faktisch zu umgehen (vgl. ausdrücklich zur Abwehr einer unerwünschten “Rosinenpickerei“ OVG Münster, Urt. v. 10.06.2008 - 13 A 1779/06 -, juris). Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 RDG ist Rettungsdienst die bedarfsgerechte und leistungsfähige Sicherstellung von Notfallrettung und Krankentransport in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. Dieser Sicherstellungsauftrag bezieht sich sowohl auf Notfallrettung als auch auf den Krankentransport. Eine “Rosinenpickerei“, das heißt das gezielte Betreiben von Krankentransport unter Beschränkung auf besonders günstige und lukrative Einsatzorte und Einsatzzeiten - während dem öffentlichen Rettungsdienst nur noch die ungünstigen und kaum ertragreichen Einsatzorte und Einsatzzeiten verbleiben - gefährdet den Sicherstellungsauftrag, da die Gefahr besteht, dass die Erbringung des öffentlichen Krankentransports in den attraktiven Bereichen immer weiter in den Hintergrund gedrängt werden könnte, mit der Folge der eintretenden Unwirtschaftlichkeit. Zudem würde das Akzeptieren der Möglichkeit der gezielten Ausnutzung der Folgen, die eine relativierende Gesamtbetrachtung im Zusammenhang mit einer Zulassung im Bereich des Krankentransports hat, unter Umständen einen gravierenden Eingriff in die Gestaltungs- und Organisationshoheit des Selbstverwaltungsträger bedeuten. Dieser sähe sich letztlich gezwungen, seinen Rettungsdienst, insbesondere seinen gut funktionierenden, leistungsstarken Notfallrettungsbereich bis an die Grenze des Sicherstellungsgebots umzustrukturieren, um eine wirtschaftliche Tätigkeit auch im Bereich des Krankentransports zu ermöglichen. Eine sachliche Rechtfertigung für einen solchen Zwang ist nicht ersichtlich.
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Nach allem durfte der Beklagte die zu erwartende Erlösminderung im Bereich des Krankentransports von 12,21 % bzw. eine Entgeltsteigerung um 13,91 % als erhebliches Indiz für die Unverträglichkeit der begehrten Genehmigung durch den Beklagten werten. Der Umstand, dass der wirtschaftliche Schwerpunkt des Gesamtsystems im Bereich der Notfallrettung liegt, kann nur bei der im jeweiligen Einzelfall gebotenen Gesamtgewichtung aller maßgeblichen Kriterien Bedeutung erlangen, etwa wenn im Hinblick auf eine gute Auslastung auch bei geringfügiger Überschreitung der 10%-Grenze noch von einer Verträglichkeit ausgegangen wird.
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Neben dem Kriterium der Entwicklung der Kosten- und Ertragslage nennt der Gesetzgeber in § 11 Abs. 3 S. 2 RDG noch andere Kriterien, an erster Stelle insbesondere die bedarfsgerechte Vorhaltung und Auslastung im Rettungsdienstbereich. Auch dieser Gesichtspunkt, auf den der Beklagte auch noch in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, ist tragfähiges Indiz für die Unverträglichkeitsprognose Ein weiteres Absinken einer bereits schlechten Auslastung von lediglich ca. 70 % (vgl. OVG NRW, Urt. v. 07.03.2000 - 13 A 3700/04 -, juris) bzw. unter 60 % (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.06.2000 - 11 M 1026/99 -, juris) darf als Kriterium und Indiz für eine Unverträglichkeit herangezogen werden. Das Kriterium der Auslastung ist in § 11 Abs. 3 S. 2 RDG “insbesondere“ zu berücksichtigen. In der F...-Expertise vom 18. Mai 2016 (Nachbegutachtung 2016) wird auf Seite 8 Ziff. 8 ausgeführt, selbst im Umland des Verdichtungsraumes B-Stadt seien nur mittlere Rettungsmittelauslastungen an den Rettungswachen in B-Stadt und A-Stadt von unter 50 % zu erreichen. Dies treffe vor allem dann zu, wenn in den Nachtstunden weniger Krankentransporte anfielen und damit das Mehrzweck-Fahrzeugsystem nur wenig zur Auslastungssteigerung beitragen könne. Die erwartete Auslastung der Rettungsmittel im öffentlichen Rettungsdienst liege über alle Wachen und ohne Beteiligung eines privaten Dritten bei nur 49,4 %. Während mehr als der Hälfte ihrer Vorhaltezeiten würden also die Rettungsmittel auf einen Einsatz warten.
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Hierzu hat der Kläger eingewandt, es seien nur die Wachen B-Stadt und A-Stadt für das Prognosejahr 2017 / 2018 untersucht worden, nicht die Auslastungsquote im Kreis insgesamt. Der Beklagte hat eingeräumt, die Formulierung des Gutachters hinsichtlich der erwarteten Auslastung der Rettungsmittel “über alle Wachen“ sei unglücklich. Die Auslastung sei ungeachtet dieser Formulierung für die stadtnahen Rettungswachen B-Stadt und A-Stadt berechnet worden. Richtigerweise hätte es also heißen müssen “über beide Wachen“. Dies gehe auch aus der Überschrift der Tabelle 8 (Kalkulation der mittleren Rettungsmittelauslastung der Rettungswachen B-Stadt und A-Stadt im Prognosejahr 2017 / 2018 ohne Beteiligung eines privaten Leistungserbringers) hervor. Die zusammenfassende Betrachtung der Zahlen der Rettungswachenstandorte A-Stadt und B-Stadt sei bei der Prüfung der Rettungsmittelauslastung nicht zu beanstanden, weil sie nach dem Bedarfsplan einen einheitlichen Versorgungsbereich, nämlich den Rettungswachenversorgungsbereich (RWVB - A-Stadt) bildeten. Die genannten Rettungswachenbereiche würden bezüglich der Auslastung der Rettungsmittel folglich eine Einheit bilden. Bei dieser Sachlage sei die vom Kläger geforderte “Individualisierung“ der Wirkung einer Genehmigung auf einzelne Fahrzeuge nicht zweckdienlich. Die Rettungsmittel des Rettungswachenversorgungsbereiches würden gemeinsam das Aufkommen bedienen. Dieser Argumentation tritt der Senat bei. Bei Beteiligung eines privaten Leistungserbringers mit einem RTW und einem KTW (bei 4 Notfällen und 2 Krankentransporten [Montag bis Freitag]) des RTW je Tag und 8 Krankentransporten [Montag bis Freitag] des KTW je Tag) erwartet der Gutachter für die Rettungswachen B-Stadt und A-Stadt im Prognosejahr 2017 / 2018 eine mittlere Rettungsmittelauslastung von
40,7 %. Dies bedeutet, dass die ohnehin niedrige Auslastungsquote nochmals um über 9 % absinkt. Eine derartige Prognose für den Rettungsmittelversorgungsbereich B-Stadt und A-Stadt, bei dem aufgrund der Stadtnähe zu B-Stadt eine höhere Auslastung als in der Fläche zu erwarten ist, stützt die Erwartung des Beklagten, dass durch den Gebrauch der Genehmigung im gesamten Kreis das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst nach diesem Gesetz beeinträchtigt wird.
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Auch die Zusammenfassung der Zahlen aus den Rettungswachenbereichen B-Stadt und A-Stadt ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu beanstanden. Das Gesetz unterscheidet zwischen dem Rettungsdienstbereich (Kreisgebiet), den einzelnen Rettungswachen sowie dem Bereich, für den Privaten die Genehmigung nach § 10 RDG erteilt wird. Der Kläger hat von Anfang an mitgeteilt, er wolle - jedenfalls - Krankentransport im Kreisgebiet durchführen, als Standort präferiere er vorzugsweise B-Stadt, ersatzweise A-Stadt. Auch wenn der Kläger in seinem Antrag selbst keinen Bereich im Sinne von § 12 Abs. 2 RDG angegeben hat, so durfte der Beklagte beurteilungsfehlerfrei bei der Verträglichkeitsprognose auf den Rettungsversorgungsbereich A-Stadt abstellen, welcher aus dem Versorgungsgebiet beider Rettungswachen gebildet wird. Der Beklagte hat über den Gutachter in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass für die Bemessung der vorzuhaltenden Rettungsmittel seit 1994 die beiden Rettungswachen zusammengefasst würden. Da die Eintreffzeiten in diesem Gebiet von beiden Rettungswachen beachtet werden könnten, sei dies für die Bemessung der vorzuhaltenden Rettungsmittel sinnvoll, um andernfalls aufgrund der anstehenden Rundungen (jeweils 1,2 Rettungsmittel im jeweiligen Bereich) eine überdimensionierte Vorhaltung zu vermeiden. Angesichts der Angaben des Klägers, wonach der Standort entweder im Bereich der Rettungswache B-Stadt oder im Bereich der Rettungswache A-Stadt liegen solle, war es im Rahmen der Verträglichkeitsprognose nicht fehlerhaft, auf den Versorgungsbereich beider Wachen abzustellen.
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Ungeachtet der bisherigen Ausführungen leidet der Versagungsbescheid des Beklagten aber an einem Prognosefehler, welcher nicht vom Senat behoben werden kann und zur Aufhebung des Bescheides sowie zur Verpflichtung zur Neubescheidung nötigt.
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Rechtsfehlerhaft ist nämlich die Grundannahme des Beklagten, dass bei der Verträglichkeitsprognose Einsparmöglichkeiten, die aus der Genehmigungserteilung an Private im Hinblick auf die gebotenen Vorhaltung von Rettungsmitteln resultieren, von vornherein außer Betracht zu bleiben haben. Nach der Rechtsauffassung des Beklagten besteht grundsätzlich keine Möglichkeit, das durch die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung von Krankentransport und Notfallrettung an einen privaten Dritten zu erwartende Defizit durch reduzierte Vorhaltekosten einzusparen. Aufgrund des gesetzlichen Sicherstellungsauftrages sei es dem Beklagten verwehrt, die durch den Kläger abgeschöpften Kapazitäten freizumachen und dementsprechend die Vorhaltung zu reduzieren. Der Beklagte sei weiterhin verpflichtet, den Rettungsdienst im bestehenden Umfang sicherzustellen, so dass trotz geringerer Auslastung die Vorhaltekosten bestehen bleiben. Diese auch in der mündlichen Verhandlung aufrecht erhaltene Rechtsauffassung wird vom Senat nicht geteilt. Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sie sich nicht aus der Entscheidung des Senats vom 22.10.2003 (4 LB 21/03 - NordÖR 2004, 495) herleiten. In der genannten Entscheidung ist ausgeführt worden, dass die Verträglichkeitsprognose sich nicht auf eine reine Bedarfsprüfung beschränken darf. Die Einsparungsmöglichkeiten werden ausdrücklich angesprochen. Die Frage, ob hierbei Rettungsmittel Privater einzuberechnen sind, wird in der Entscheidung nicht in den Blick genommen.
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Das Rettungsdienstgesetz selbst gibt für die Rechtsauffassung des Beklagten nichts Entscheidendes her. Es verhält sich zu dieser Frage nicht ausdrücklich. Gemäß § 6 Abs. 1 RDG ist Rettungsdienst die bedarfsgerechte und leistungsfähige Sicherstellung von Notfallrettung und Krankentransport in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. Gemäß § 7 Abs. 1 RDG hat der Träger des Rettungsdienstes in seinem Rettungsdienstbereich eine Rettungsleitstelle und Rettungswachen in ausreichender Zahl einzurichten. Die Auswahl der Standorte der Rettungswachen hat die gleichmäßige Versorgung des Rettungsdienstbereiches zu gewährleisten; die Standorte der Rettungswachen benachbarter Träger sind zu berücksichtigen. Die Ausstattung der Rettungsleitstelle und der Rettungswachen mit Personal und Material sowie die Anzahl der Krankenkraftwagen müssen die ständige Einsatzbereitschaft des Rettungsdienstes und eine fachgerechte Betreuung während der Notfallrettung und des Krankentransports gewährleisten. Dieser sogenannte Gewährleistungs- bzw. Sicherstellungsauftrag des Gesetzes sagt jedoch für sich genommen nichts darüber aus, ob diese Sicherstellung allein durch das System des öffentlichen Rettungsdienstes erfolgen muss. Zur alten Rechtslage in Nordrhein-Westfalen hat das OVG NRW (Urt. v. 10.06.2008 - 13 A 1779/06 -, DVBl. 2008, 1139) allerdings die Auffassung vertreten, wegen der nach § 6 RettG NRW a.F. zwingend obliegenden Verpflichtung zur Vorhaltung eines bedarfs- und flächengerechten öffentlichen Rettungsdienstes dürften bestehende Bedarfslücken gerade nicht durch private Unternehmer aufgefangen werden. Das Gesetz lasse es nicht zu, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes ersatzweise durch private Unternehmer herzustellen. Diese Auffassung ist vom OVG NRW angesichts der Änderung des Rettungsdienstgesetzes vom 24.03.2015 aufgegeben worden, weil § 12 Abs. 1 Satz 3 bis 5 RettG NRW n.F. ausdrücklich bestimmt, dass bei der Ermittlung der Zahl der von den Trägern des Rettungsdienstes vorzuhaltenden Fahrzeuge auch Fahrzeuge von Unternehmen mit einer Genehmigung nach § 17 rechnerisch berücksichtigt werden können (OVG NRW, Urt. v. 03.03.2016 - 13 A 180/13 -, DVBl. 2016, 987).
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Dasselbe gilt unter der Maßgabe des derzeit geltenden RDG SH. Angesichts der in § 17 Abs. 1 RDG SH normierten Betriebspflicht, wonach die Unternehmerin oder der Unternehmer verpflichtet ist, den Betrieb ordnungsgemäß einzurichten und während der Dauer der Genehmigung entsprechend aufrecht zu erhalten, ist nicht einzusehen, weshalb bei der Abschätzung des Bedarfs die Rettungsmittel Privater nicht rechnerisch berücksichtigt werden dürfen. Es ist nicht geboten, bei der Bemessung des Bedarfes die privaten Rettungsmittel grundsätzlich wegzublenden. Das Risiko einer plötzlichen Insolvenz, auf das der Beklagte hingewiesen hat, kann auch bei natürlichen Personen und bei juristischen Personen des Privatrechts, die am öffentlichen Rettungsdienst jedenfalls teilweise beteiligt werden können (vgl. § 6 Abs. 3 Nr. 2 RDG) auftreten. Anderenfalls würden die Rettungsmittel des privaten Genehmigungsinhabers immer zusätzliche - eigentlich nicht benötigte - Rettungsmittel sein, die ohne zwingenden Grund zur Entgelterhöhung für den Benutzer führen.
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Dies muss nicht notwendig bedeuten, dass der Beklagte bei einer erstmaligen Antragstellung mit nur jeweils einem Krankentransportwagen und einem Rettungstransportwagen - wie hier - zwingend eine Einsparmöglichkeit bei den Vorhaltekosten in gleicher Höhe berücksichtigen muss. Der Beklagte muss sich jedoch mit dem Gesichtspunkt der Einsparungsmöglichkeit bei den Vorhaltekosten auseinandersetzen. Hieran hat es bisher gefehlt, weil sich der Beklagte - aus Rechtsgründen - im Hinblick auf den im Gesetz normierten Sicherstellungsauftrag gehindert sah.
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Die Berufung konnte nach allem nur im tenorierten Umfang Erfolg haben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 13. Okt. 2016 - 4 LB 6/13
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Urteil einreichenSchleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 13. Okt. 2016 - 4 LB 6/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 29.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 verpflichtet, dem Kläger die Genehmigung für die Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport entsprechend dessen Antrag vom 14. August 2008 nach § 10 RDG-SH mit einem Rettungswagen und einem Krankentransportwagen im Kreis P... zu erteilen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.200,-- € vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger, ein gemeinnütziger Verein, betreibt u. a. im Kreis X gemäß § 6 RDG und anderen Gebietskörperschaften Schleswig-Holsteins Notfallrettung und Krankentransport gemäß §§ 10 ff. RDG. Er dehnt sein Tätigkeitsgebiet aus und beabsichtigt auch im Gebiet des beklagten Kreises P... die Notfallrettung und den Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes wahrzunehmen.
- 2
Der öffentliche Rettungsdienst im Kreis P... wird aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgeführt von der Rettungsdienstkooperation in Schleswig-Holstein, der sich der Kreis A., der Kreis B., der Kreis C. und der Beklagte angeschlossen haben; hinsichtlich des Zuschnitts der verschiedenen Rettungswachenversorgungsbereiche im Kreisgebiet, sowie der unterschiedliche Bedarfe, Einsatzzahlen etc. wird auf die umfangreichen Darstellungen des Beklagten in den vorgelegten Verträglichkeitsexpertisen Bezug genommen.
- 3
Der Kläger stellte mit Schreiben vom 14.08.2008 den Antrag, die Genehmigung für die Notfallrettung mit einem Rettungswagentyp C DIN EN 1789 für die Notfallrettung und eines Krankentransportwagens Typ B DIN EN 1789 für den Krankentransport zu erteilen. Auf Nachfrage wurde zu den Einzelheiten erläutert, als Einsatzort werde vorzugsweise Quickborn, ersatzweise P... in Betracht gezogen. Für den Krankentransportwagen sei eine Einsatzzeit von Montag bis Freitag 07.00 bis 19.00 Uhr beabsichtigt.
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Im Verwaltungsverfahren wurde von der Rettungsdienstkooperation eine Verträglichkeitsprüfung veranlasst. Die xxx GmbH legte hierzu eine Verträglichkeitsexpertise vom 18.12.2008 vor, die zu der Bewertung gelangt, die Zulassung eines Rettungstransportwagens (RTW) und eines Krankentransportwagens (KTW) in dem beantragten Umfang wäre unverträglich im Sinne von § 11 Abs. 3 RDG. Die Störung allein durch einen Krankentransportwagen wäre nur relativ gering, daher könne dies zugelassen werden; damit werde die Verträglichkeitsgrenze erreicht. würden. Bezogen auf die Gesamtsituation betrage die Erlösminderung 13,48 %. Eine Entgelterhöhung wäre unausweichlich. Die Erhöhung des Entgeltes für die Notfallrettung je Fahrt würde 68,36 € betragen (bei bisher 644,80 €) und für Krankentransporte 13,74 € je Fahrt (bei bisher 78,95 € Pauschalentgelt). Wegen der weiteren Einzelheiten der Verträglichkeitsprüfung wird auf die in der Beiakte B befindliche Verträglichkeitsexpertise vom 18.12.2008 Bezug genommen (Bl. 54 ff. der Beiakte B).
- 5
Mit Bescheid vom 29.04.2009 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab. Die Verträglichkeitsprüfung habe ergeben, dass die Zulassung eines Rettungswagens und eines Krankentransportwagens eine unverhältnismäßig hohe Verschlechterung der Auslastung der Rettungsmittel des öffentlichen Rettungsdienstes und einen Eingriff in die wirtschaftliche Gestaltung von mehr als 13 % bedeuteten. Bei Genehmigung eines Notfallkrankenwagens anstelle des in der Expertise berücksichtigten Krankentransportwagens (Typ A) würden sich die negativen Auswirkungen auf den öffentlichen Rettungsdienst verstärken. Bei dem Krankenwagen Typ B handele es sich um einen Notfallkrankenwagen, der nicht ausschließlich für den Krankentransport konzipiert, sondern auch für die Notfallrettung einsetzbar und deshalb für den Krankentransport nicht genehmigungsfähig sei.
- 6
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 15.05.2009 Widerspruch ein, den er u. a. damit begründete, inzwischen sei eine Genehmigungsfiktion nach § 14 Rettungsdienstgesetz (RDG) iVm § 15 PBefG eingetreten, da nicht innerhalb von drei Monaten über den Antrag entschieden worden sei. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass Genehmigungen nach § 10 RDG nicht nach Fahrzeugtypen differenzieren würden.
- 7
Mit Bescheid vom 15.06.2009 wurde „… die nach § 14 Rettungsdienstgesetz S-H (RDG-SH) iVm § 15 Personenbeförderungsgesetz durch Fiktion erlangte gelangte Genehmigung im Sinne des § 10 RDG-SH“ gemäß § 116 Abs. 1 LVwG zurückgenommen. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Genehmigung hätte nach § 11 Abs. 3 RDG nicht erteilt werden dürfen.
- 8
Mit Schreiben vom 09.07.2009 legte der Kläger Widerspruch ein.
- 9
Der Kläger vertrat den Standpunkt, die Rücknahme der Genehmigungen sei rechtswidrig. Er habe einen Anspruch auf eine Genehmigung nach § 10 RDG. Die vom Beklagten zugrunde gelegte Verträglichkeitsstudie sei grob fehlerhaft und untauglich. Wegen der Einzelheiten in der Widerspruchsbegründung wird auf das Schreiben des Klägers vom 24.08.2009 Bezug genommen (Bl. 112 ff. der Beiakte B).
- 10
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2009 wurden die Widersprüche gegen den Bescheid vom 29.04.2009 und gegen den Bescheid vom 15.06.2009 zurückgewiesen. Der Beklagte vertrat den Standpunkt, dass hier ein Versagungsgrund nach § 11 Abs. 3 RDG vorliege und verwies insoweit auf die von ihm für überzeugend erachtete Verträglichkeitsexpertise vom 18.12.2008. Lediglich ein Krankentransportwagen des Typs A wäre genehmigungsfähig, eine solche Genehmigung werde vom Kläger jedoch nicht angestrebt. Wegen der Einzelheiten der Widerspruchsbegründung wird auf den bei den Akten befindlichen Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
- 11
Am 21.01.2010 hat der Kläger Klage erhoben.
- 12
Der Kläger trägt vor:
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Er habe einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung dafür, außerhalb des Rettungsdienstes Notfallrettung und Krankentransport mit jeweils einem Rettungsmittel im Bereich des Beklagten betreiben zu dürfen. Was die Genehmigungsfähigkeit eines Krankentransportwagens angehe, bestehe insoweit im Grunde Einigkeit, der Beklagte meine jedoch fehlerhaft, derartige Transporte dürften nicht - wie vorgesehen - mit einem KTW des Typs B durchgeführt werden. Dies sei unzutreffend, denn das Rettungsdienstgesetz stehe dem nicht entgegen, vielmehr sei auf die Durchführung von Krankentransporten mit einem besser ausgestatteten Fahrzeug zulässig.
- 14
Was die Notfallrettung angehe, gehe der Beklagte von falschen Grundlagen aus. Schon die Bearbeitung der Verträglichkeitsprüfung durch die Rettungsdienstkooperation sei nicht zulässig, denn hierbei handele es sich um einen Konkurrenten des Klägers, der dementsprechend das Gutachten nicht in Auftrag geben dürfe. Die Verträglichkeitsexpertise von xxx sei grob fehlerhaft und nicht verwertbar. Sämtliche für die Berechnung ermittelten Faktoren seien zu beanstanden. So sei etwa die Annahme unrealistisch, ein KTW des Klägers würde an Wochentagen in einem Zeitraum von jeweils 12 Stunden 8 Krankentransporte durchführen können. Das wäre eine Auslastung von 66 %, die unrealistisch sei. Der Kläger bestreite auch die Aussagen zur Reduzierung einer Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes, denn die in den entsprechenden Tabellen wiedergegebenen Zahlen würden bei unterschiedlichen Rettungsmitteln weitgehend übereinstimmen, was unplausibel sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers zu der ursprünglichen Verträglichkeitsexpertise wird auf die Schriftsätze des Klägers Bezug genommen.
- 15
Zu einer vom Beklagten vorgelegten aktuellen Verträglichkeitsprüfung vom 21.09.2012 (Beiakte C) trägt der Kläger vor, auch diese neue Verträglichkeitsprüfung sei wegen grober Fehler zu beanstanden. Im Gutachten seien dieses Mal nicht nur Rechenfehler, sondern auch systematische Fehler gemacht worden. Nach Auffassung des Klägers sei eine „defizitäre“ Unterhaltung des Rettungsdienstes nach dem Gesetz nicht möglich, denn gemäß § 8 a RDG-SH würden die Gesamtkosten des Rettungsdienstes ermittelt und im Kosten- und Leistungsnachweis (KLN) festgelegt. Die Benutzungsentgelte seien dann so zu bemessen, dass die Kosten gedeckt würden. Die Kostentragung durch die Sozialversicherungsträger sei vom Gesetz beabsichtigt und insoweit sei inzwischen zu berücksichtigen, dass die Sozialversicherungsträger, d. h. die gesetzlichen Krankenkassen, gewaltige Überschüsse aufgebaut hätten und von mangelnder Leistungsfähigkeit keine Rede mehr sein könne. Auszugehen sei von dem Urteil des OVG Schleswig vom 22.10.2003, wobei entscheidend die inzidente Feststellung in dem Urteil sei, dass die Gesamtkosten eines Rettungsdienstbereiches die alleinige Grundlage der Beurteilung der sogenannten Verträglichkeitsprüfung sein dürften. Bei der Frage der Vorhaltungskosten seien gemäß dem zitierten Urteil sämtliche Kosten, Senkungs- und Ertragssteigerungspotenziale zu beachten. Dementsprechend seien auch nicht angefallene Treibstoffkosten, Wartungskosten etc. zu berücksichtigen. Soweit die aktuelle Verträglichkeitsexpertise auf die Rettungswachenbereiche Quickborn und P... eingegangen sei, sei das völlig unerheblich, weil die Berechnung letztlich gemäß Tabelle 13 an Gesamtkosten des Kreises P... gemessen werde, die dort mit 10.269.018,00 € angegeben würden. Das Gutachten scheitere an der Differenzierung der Zeiträume, beispielsweise Zeitraum Juni 2011 bis Juni 2012 und enthalte sich jeglichen Vergleichs, der eine Steigerung der Transporte errechnen ließe, z. B. ein Vergleich erstes Halbjahr 2011 mit dem ersten Halbjahr 2012. Soweit der Beklagte und auch die aktuelle Expertise den Betriebssitz des Klägers für bedeutsam hielten, könne dem nicht gefolgt werden, denn bei einer unterstellten Einsatzzeit von acht Krankentransporten pro Tag könne der Betriebssitz keine Rolle spielen, weil das Fahrzeug fast ununterbrochen unterwegs sei. Wenn eine Differenzierung nach Rettungswachenbereichen überhaupt stattfinden solle, seien für diese Rettungswachenbereiche die konkreten Kosten festzusetzen, die auch nur in diesem Bereich dann an Vorhaltungen in den KLN eingeflossen seien. Auf dieser Basis wären dann die Beeinflussungen und die Verträglichkeit eines oder mehrerer genehmigter Fahrzeuge eines Privatunternehmens zu prüfen. Der Kläger bestreite auch die Richtigkeit der Art und Weise, wie der Beklagte das Kostenvolumen (10.269.018 €) ermittelt habe. Er widerspreche dem im Schriftsatz des Beklagten vom 15.10.2012 dargelegten Abzug von rund 2.500.000,-- € für Unterdeckungen, da dies nicht hinreichend belegt sei. Auch die weitere Abzugsliste des Beklagten hierzu im Schriftsatz vom 15.10.2012 werde beanstandet. Die „Kosten Schenefeld“ und die „Kosten Helgoland“ seien Kosten des Rettungsdienstes des Beklagten und dürften nicht abgezogen werden. Auch die Kosten für die Bestellung der Notarztversorgung seien Kosten des Rettungsdienstes, die nicht abgezogen werden dürften. Dass manche Kostenpositionen zweckgebunden seien, ändere nichts an der Systematik, sonst müssten kleine und andere Positionen, die zufällig nichts mit dem Kläger zu tun hätten, im Einzelnen analysiert und auch abgezogen werden. Die Verschlechterung der Situation für den Kreis P... könnte sich nur aus einem Gesamtvergleich aller Kosten mit den Auswirkungen der Genehmigung eines oder mehrerer Fahrzeuge des Klägers ergeben.
- 16
Insgesamt sei festzuhalten, dass der Kläger die beantragte Genehmigung beanspruchen Könne, denn bei richtiger Berechnung liege kein erheblicher Eingriff in die wirtschaftliche Gestaltung des Rettungsdienstes vor. Bei richtiger Berechnung würden sich insgesamt Werte unterhalb der 10-Prozent-Marke ergeben, so dass der Genehmigung nichts im Wege stünde.
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Der Kläger beantragt,
- 18
unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 29. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Genehmigung für die Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport entsprechend dessen Antrag vom 14. August 2008 nach § 10 RDG-SH mit einem Rettungswagen und einem Krankentransportwagen im Kreis P... zu erteilen,
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hilfsweise,
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den Beklagten zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte trägt vor:
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Die Voraussetzungen einer Genehmigung nach § 11 DRD würden nicht vorliegen, da sowohl subjektive als auch objektive Versagungsgründe gegeben seien.
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Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 RDG-SH dürfe die Genehmigung nur erteilt werden, wenn die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebes gewährleistet seien. Den Nachweis der Sicherheit und Leistungsfähigkeit seines Betriebes habe der Kläger nicht erbracht. Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit sei zu fordern, dass der Unternehmer insbesondere einen Nachweis über die ordnungsgemäße Vorhaltung und Ausrüstung der Krankenwagen sowie des dazu erforderlichen Personals einschließlich der Unterbringung erbringe. Hierfür müsse der Antragsteller zwingend angeben, welche Fahrzeuge und wie sowie bis zu welchem Zeitpunkt er diese zu beschaffen gedenke. Schließlich müsse er beschreiben, welche Räumlichkeiten er für den Betriebssitz im Betriebsbereich der zu genehmigenden Fahrzeuge er bis zur Betriebsaufnahme zur Verfügung stellen könne und wie diese zu beschaffen seien. Dies müsse er gegebenenfalls durch Vorlage einer Mietvertragsoption zumindest im Sinne einer hinreichend gesicherten Erwartung auch nachweisen können. All diesen Anforderungen genügten die Darlegungen des Klägers nicht im Mindesten. Der Kläger habe zu den einzusetzenden Fahrzeugen keinerlei nähere Angaben gemacht, er habe lediglich die vorgesehene Fahrzeuggattung und diese auch noch widersprüchlich angegeben. Der Kläger sei noch nicht einmal in der Lage gewesen, den genauen Standort zu benennen, geschweige denn irgendwelche Angaben zu den Räumlichkeiten zu machen. Schließlich bestünden Zweifel, dass der Kläger mit dem dargestellten Personaleinsatz den Betrieb durchgängig aufrecht erhalten könne. Die vom Kläger kalkulierte Anzahl an hauptamtlichen Vollzeitkräften liege mit elf Rettungsassistenten deutlich unter dem rechnerischen Personalbedarf für die Besetzung der Rettungsmittel unter Beachtung der arbeitszeitlichen Vorschriften. Der vom Beklagten hinzugezogene Gutachter errechne in diesem Zusammenhang einen Personalbedarf von 12,2 hauptamtlichen Vollzeitkräften. Die vom Kläger bei seiner Personalbedarfsberechnung zugrunde gelegte Ausfallquote von nur 13,5 % sei zur Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen nicht plausibel.
- 26
Objektive Versagungsgründe ergäben sich hier aufgrund von § 11 Abs. 3 RDG-SH, denn das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst würde durch die Erteilung der beantragten Genehmigung beeinträchtigt. Setze man die gesetzlich vorgegebenen Parameter des flächendeckenden Sicherstellungsauftrages einerseits und das Kostendeckungsprinzip andererseits als gegeben voraus, dann müsse man feststellen, dass die Vorhaltekosten für den öffentlichen Rettungsdienst zwar grundsätzlich unabhängig davon anfielen, wie hoch dessen Auslastung sei. Allerdings müsse man gleichzeitig berücksichtigen, dass durch den Gebrauch einer Genehmigung im privaten Sektor eine rückläufige Auslastung im öffentlichen Sektor entstehe. Zwar bleibe dies für den öffentlichen Rettungsdienst im Hinblick auf das Kostendeckungsprinzip unmittelbar ohne Konsequenz, nicht aber für die Krankenkassen. Für sie stellten die Kosten eines öffentlichen Rettungsdienstes, der nicht ausgelastet sei, letztlich frustrierte Auswendungen dar. Denn sie trügen einerseits die Kosten für den wegen des Sicherstellungsauftrages ohnehin vorzuhaltenden öffentlichen Rettungsdienst. Andererseits würden die privaten Unternehmer für die von ihnen durchgeführten Fahrten zusätzlich fahrtbezogene Benutzungsentgelte erheben. Damit würden die Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen für das Rettungsdienstwesen insgesamt steigen. Vor dem Hintergrund der finanziellen Misere des Gesundheitswesens und der damit verbundenen Erkenntnis, dass letztlich nicht mehr Geld ausgegeben werden könne, als vorhanden sei, müssten auch so überragend wichtige Aufgaben wie der Rettungsdienst in zunehmendem Maße unter dem Vorbehalt ihrer Finanzierbarkeit betrachtet werden. Wenn also der Landesgesetzgeber mit der Funktionsschutzklausel auch eine Ausgabenbegrenzung der GKV verfolge, dann tue er das mit dem Ziel, langfristig die Finanzierbarkeit und damit letztlich die Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes zu gewährleisten. Auch bezogen auf den Kreis P... stelle sich die Finanzierungssituation des öffentlichen Rettungsdienstes als sehr angespannt dar. Die Erteilung der beantragten Genehmigung würde die Situation sehr verschlechtern und würde im Übrigen die Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes deutlich verringern.
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Der Beklagte habe eine aktuelle Verträglichkeitsexpertise erstellen lassen und entnehme der vorliegenden Verträglichkeitsexpertise vom 21. September 2012, dass die Erteilung der beantragten Genehmigungen nach wie vor unverträglich wäre. Allenfalls bezüglich der Genehmigung eines Krankentransportwagens komme eine Genehmigung im Rahmen eines Vergleiches in Betracht, denn auch der Beklagte sei nun der Auffassung, dass auch der beantragte Krankentransportwagen Typ B genehmigungsfähig sei. Das aktuelle Gutachten komme zu dem Schluss, dass im Falle der Genehmigung eines RTW und eines KTW die derzeitige Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes von derzeit 41,3 % auf ca. 30 % sinken würde. Dass bei einer derart niedrigen Auslastung der öffentliche Rettungsdienst nicht mehr zu wirtschaftlichen Kosten betrieben werden könne, liege auf der Hand. Durch die ungenutzten Kapazitäten sei eine wirtschaftliche Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes ausgeschlossen. Um der Unwirtschaftlichkeit entgegen zu wirken, wäre ausweislich des Gutachtens eine Erhöhung der Benutzungsentgelte bezogen auf den gesamten öffentlichen Rettungsdienst um mehr als 10 % erforderlich. Allein im Bereich des Krankentransports würde eine Erhöhung der Entgelte um 15 % erforderlich werden. Erhöhungen in diesem Umfang wären wegen §§ 71 Abs. 1 und 2, 133 Abs. 1 S. 1 SGB V gegenüber dem Krankenkassen nicht durchsetzbar und darüber hinaus unverträglich. Dies ergebe sich insbesondere auch nach den Kriterien des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts, die in dem Urteil vom 22.10.2003 dargestellt würden.
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Es sei zwar richtig, dass die Auswirkungen der begehrten Genehmigungen ursprünglich -im Jahre 2008- deutlich schlechter zu bewerten gewesen seien, als dies nach der jetzt vorliegenden Verträglichkeitsstudie vom 21. September 2012 der Fall sei, jedoch sei zu berücksichtigen, dass die geänderte Situation insbesondere etwas damit zu tun habe, dass es insgesamt zu mehr Einsätzen gekommen sei. Insoweit sei völlig unsicher, wie sich dies in der Zukunft entwickeln werde. Gegenüber den Kostenträgern sei eine Entgelterhöhung nicht durchsetzbar, so dass der Beklagte keine vollständige Deckung für seine Vorhaltekosten erreichen könnte. Darunter würde der öffentliche Rettungsdienst leiden.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Verpflichtungsklage ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung mit ihrem Hauptantrag in vollem Umfang begründet.
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Streitgegenstand ist allein der Versagungsbescheid vom 29.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009; der Bescheid vom 15.6.2009 und die diesbezügliche Regelung im Widerspruchsbescheid (Rücknahme einer „fiktiven Genehmigung“) sind nicht Gegenstand des Verfahrens.
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Gemäß § 10 Rettungsdienstgesetz Schleswig-Holstein (RDG) muss derjenige, der außerhalb des Rettungsdienstes Notfallrettung oder Krankentransport im Geltungsbereich dieses Gesetzes betreibt, im Besitz einer Genehmigung sein. Aus der Systematik des Gesetzes ergibt sich, dass ein Unternehmer einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer solchen Genehmigung hat, wenn die Erteilungsvoraussetzungen vorliegen und keiner der in § 11 RDG aufgeführten zwingenden Versagungsgründe gegeben ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 17.6.1999, 3 C 20/98; vgl. auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zum Rettungsdienstgesetz vom 27.05.1991, Drucksache 12/1466). Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist das erkennende Gericht davon überzeugt, dass die Erteilungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 1 RDG vorliegen, und Versagungsgründe nicht gegeben sind.
- 33
Maßgebend für die Beurteilung der Voraussetzungen der §§ 10 ff RDG ist in Fällen der vorliegenden Art die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, wie sich aus der Norm ableiten lässt (vgl. hierzu Urteil der Kammer vom 1.10.2002, 3 A 329/98; so auch z.B. OVG NRW, Urteil vom 22.10.2003, 54 LB 21/03). Nach den aktuellen Verhältnissen, so wie sie sich aus der aktuellen Verträglichkeitsanalyse aus September 2012 ergeben, ist der Versagungsbescheid vom 29.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 als rechtswidrig zu beurteilen, denn der Erteilung der beantragten Genehmigung nach § 10 RDG-SH steht jedenfalls aktuell nichts mehr entgegen.
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Die Erteilungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 1 RDG liegen vor. Danach darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn
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1. Die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebes gewährleistet sind,
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2. keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin oder des Antragstellers dartun und
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3. die Antragstellerin oder der Antragsteller oder die für die Führung des Geschäftes bestellte Person fachlich geeignet ist.
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An der fachlichen Eignung der verantwortlichen Person besteht kein Zweifel, hierzu hat auch der Beklagte keine Bedenken vorgetragen.
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Die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebes des Klägers sind gewährleistet. Der Kläger ist seit Jahren im Bereich Notfallrettung und Krankentransport tätig, dass es hier erhebliche und berechtigte Beanstandungen gegeben hat, ist dem Gericht nicht bekannt. Der Kläger hat im Verwaltungsverfahren für seinen verantwortlichen Vorsitzenden ein einwandfreies Führungszeugnis vorgelegt, ferner wurden eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung sowie Unbedenklichkeitsbescheinigungen zahlreicher Krankenkassen eingereicht. Soweit der Beklagte auf ungenügende Angaben und Grundlagen bezüglich der Beschaffung von Betriebsräumlichkeiten und Fahrzeugen verweist, sind diese Bedenken angesichts der Besonderheiten des Verfahrens hier nicht als schwerwiegend zu bewerten. Bei einem Unternehmer, der seinen Betrieb erst noch aufnehmen will, dürfen die Anforderungen zu den von ihm zu erbringenden Vorleistungen nicht überspannt werden, insbesondere dann nicht, wenn - wie hier - in einem relativ langwierigen Verwaltungsverfahren die Bedenken bezüglich einer Verträglichkeitsprüfung im Vordergrund stehen. Bei einer solchen Sachlage kann von dem Unternehmer nicht verlangt werden, dass er trotz ungewisser Aussichten seines Antrages die Beschaffung von Räumlichkeiten und Fahrzeugen vorbereitet, wenn -wie hier anzunehmen ist- diese logistischen Fragen zügig geklärt werden können, sobald die zwischen den Beteiligten streitige Frage nach der Verträglichkeit geklärt ist. Verbleibenden Zweifelsfragen können durch die Regelung entsprechender Nebenbestimmungen bewältigt werden.
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Auch der Gesichtspunkt, dass der Kläger eine Personalausstattung mit elf Rettungsassistenten für ausreichend hält, während der Beklagte den Einsatz von 12,2 hauptamtlichen Vollzeitkräften für nötig hält, rechtfertigt nicht, von vornherein die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebes zu bezweifeln. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 31.07.2012 im Einzelnen vorgerechnet, auf welchen Annahmen seine Kalkulation beruht und dies ist jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft. Dies braucht nicht abschließend geklärt zu werden, denn jedenfalls trägt dieser Gesichtspunkt keine Versagung des Antrages, sondern allenfalls die Regelung einer entsprechenden Nebenbestimmung.
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Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung liegt auch kein Versagungsgrund nach § 11 Abs. 3 RDG-SH vor. Danach ist die Genehmigung zu versagen, wenn zu erwarten ist, dass durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst nach diesem Gesetz beeinträchtigt wird. Hierbei sind insbesondere die bedarfsgerechte Vorhaltung und Auslastung im Rettungsdienstbereich, vor allem die Einsatzzahlen, deren räumliche und zeitliche Verteilung, die Eintreffzeiten, die Einsatzdauer und die Entwicklung und die Kosten- und Ertragslage zu berücksichtigen.
- 42
Bei der gerichtlichen Überprüfung der hierzu behördlich getroffenen Entscheidung ist zu berücksichtigen, dass die Vorschrift eine prognostische Entscheidung mit wertendem Charakter und einem Einschätzungsfreiraum beinhaltet, so dass die behördliche Entscheidung gerichtlich nur dahingehend überprüfbar ist, ob sie den maßgebenden Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte erkannt und den möglichen Verlauf der Entwicklung nicht offensichtlich fehlerhaft eingeschätzt hat (vgl. hierzu OVG Schleswig, Urteil vom 22.10.2003, 4 LB 21/03). Im vorliegenden Fall ist das erkennende Gericht nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Beklagte mit seiner aktuellen Verträglichkeitsprüfung zwar den maßgeblichen Sachverhalt weitgehend zutreffend, vollständig und aktuell ermittelt hat, dass aber sein Festhalten an früheren Bewertungen auf der Verkennung entscheidungserheblicher Gesichtspunkte beruht und eine offensichtlich fehlerhafte Einschätzung des möglichen Verlaufes der Entwicklung beinhaltet. Bei einer solchen Sachlage kann sich der Beklagte nicht erfolgreich auf eine Beurteilungsermächtigung berufen.
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Es kommt hier nicht lediglich eine Verpflichtung zur Neubescheidung in Betracht, vielmehr ist der Streitstoff nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vollständig entscheidungsreif und es verbleibt kein Entscheidungsspielraum für den Beklagten, so dass dem gebundenen Rechtsanspruch des Klägers durch eine Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung Geltung zu verschaffen war. Im Rahmen des Rechtsgesprächs in der mündlichen Verhandlung ist deutlich geworden, dass der Beklagte aufgrund seines Rechtsstandpunktes in einer Neubescheidung keine Lösung sieht, weil er notgedrungen keinen Handlungsspielraum sieht und davon ausgeht, dass wieder das gleiche Ergebnis herauskäme.
- 44
Wie eine ordnungsgemäße Verträglichkeitsprüfung nach § 11 Abs. 3 RDG-SH vorzunehmen ist und wie dabei die widerstreitenden Belange abzuwägen sind, ist durch die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 22.10.2003 (4 LB 21/03) geklärt. Danach gilt folgendes:
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„Bei ihrer Entscheidung hat die Behörde gemäß § 11 Abs. 3 S. 2 RDG insbesondere die bedarfsgerechte Vorhaltung und Auslastung im Rettungsdienstbereich, vor allem die Einsatzzahlen, deren räumliche und zeitliche Verteilung, die Eintreffzeiten, die Einsatzdauer und die Entwicklung der Kosten und Ertragslage zu berücksichtigen. Die im Übrigen abwägungsrelevanten Belange für die Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem funktionsfähigen Rettungsdienst sind auf der einen Seite die gemäß § 6 Abs. 1 RDG bedarfsgerechte und leistungsfähige Sicherstellung von Notfallrettung und Krankentransport in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft, auf der anderen Seite die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Zugleich ist die Abwägung unter Beachtung von Art. 28 Abs. 2 GG vorzunehmen, da es sich bei dem Rettungsdienst um eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe handelt (§ 6 Abs. 2 RDG) und somit die Planungs- und Finanzhoheit der jeweiligen Kreise als Träger dieser Aufgabe berührt wird. Ihrerseits haben die Kreise die verfassungsrechtliche verankerten Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit (Art. 114 Abs. 2 GG und Art. 56 Abs. 1 LVerf.Schl.-Holst.) zu beachten. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Bereich der öffentlich-rechtlichen Aufgabenerfüllung eine kostendeckende Arbeitsweise nicht immer erreicht wird. Diese einander widerstreitenden Belange sind nach geltendem Schleswig-Holsteinischen Landesrecht in eine Verträglichkeits-, nicht in eine Bedarfsprüfung einzustellen. Dies ergibt sich zwingend aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes, dass in Schleswig-Holstein das sogenannte Trennungsmodell zugrunde legt. … Nicht jede Überkapazität kann im Lichte des Art. 12 GG bereits zu einer Überschreitung der Verträglichkeitsgrenze führen. Dies würde wiederum lediglich einer Bedarfsprüfung gleichkommen. Objektive Berufszulassungssperren dürfen nicht dazu führen, dass die bereits in diesem Beruf Tätigen vor wirtschaftlich spürbar - auch harter Konkurrenz - und den damit verbundenen Risiken geschützt werden (BVerfG, Urteil vom 15.04.1988 - 7 C 94.86, E 79, 208). Zwar ist unter der Berücksichtigung des Trennungssystems und der Verpflichtung zur vollständigen Bedarfsdeckung durch öffentliche Träger eine allein auf Konkurrenzgesichtspunkten gestützte Argumentation zu kurz gegriffen, jedoch sind haushaltsrechtliche Erwägungen, wie bereits aufgezeigt, allein nicht geeignet, den Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten auszuschließen. Andererseits bedarf der öffentliche Rettungsdienst für die ihm übertragenen Aufgabe der dauerhaften Sicherstellung der flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung einer hinreichenden Finanzierungsgrundlage. Da Maßstab der Feststellung der Gesamtkosten des Rettungsdienstes, die über die Leistungsentgelte der Kostenträger finanziert werden (§ 8 RDG), die Kosten eines wirtschaftlichen Rettungsdienstes sind, sind der beliebigen Erhöhung der Entgelte zur Deckung der Kosten des Rettungsdienstes Grenzen gesetzt. Daher ist die Verhinderung von Überkapazitäten und damit verbundene überflüssige Investitions- und Vorhaltekosten, die nur durch überhöhte, letztlich von den öffentlichen Kassen zu tragende Preise ausgeglichen werden könnten, ein wichtiges öffentliches Anliegen, dessen Verfehlung ein sachgerechtes Funktionieren des Rettungsdienstes konterkarieren würde. … Aufgrund des unlösbaren Zusammenhanges zwischen der bedarfs- und leistungsgerechten Rettungsdienstversorgung und der dafür erforderlichen Finanzierung sind die über Gebühren abzudeckenden Kosten sowohl aus gebührenrechtlicher als auch aus haushaltsrechtlicher Betrachtung ein sich auf das überragend wichtige Gemeinschaftsgut der Gesundheit mittelbar auswirkender Aspekt. Diese Kumulation und gegenseitige Bedingung verschiedener Gemeinschaftswerte im Rahmen des Rettungsdienstes ist im Interesse des Privaten an einer Zulassung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Sinne einer Verträglichkeitsprüfung gegenüber zu stellen. Wann unter Beachtung dieses Grundsatzes konkret eine Überschreitung der Verträglichkeitsgrenze und damit eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes im Sinne von § 11 Abs. 3 S. 1 RDG anzunehmen ist, beurteilt sich naturgemäß nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles. Bei einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ist das öffentliche Interesse jedenfalls dann beeinträchtigt, wenn die Gesundheit der Bevölkerung als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut mangels Finanzierbarkeit nicht mehr gewährleistet werden kann. Dann muss Art. 12 GG im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zurücktreten. Die Verträglichkeitsgrenze wäre überschritten. Die Grenze der Verträglichkeit ist jedoch nicht erst dann überschritten, wenn der öffentliche Rettungsdienst durch die Zulassung Privater ruinös werden würde und zusammenbräche (vgl. auch die Abgrenzung des BVerwG zwischen seiner Rechtsprechung zum Personenbeförderungsrecht - Taxengewerbe - einerseits im Urteil vom 15.04.1988 a.a.O. und zum Bereich des Rettungsdienstgewerbes im Urteil vom 17.06.1999 a.a.O. andererseits). Vielmehr ist die Schwelle der Unzumutbarkeit bereits erreicht, wenn ernstliche und schwerwiegende Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit zu befürchten sind. Dies ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der öffentliche Träger allein aufgrund der Zulassung Dritter und unter Ausschöpfung sämtlicher Kostensenkungs- und Ertragssteigerungspotentiale dauerhaft und in Anbetracht seiner Leistungsfähigkeit nicht unerheblich defizitär tätig werden muss. Dann besteht die Gefahr, dass die Qualitätsstandards nicht dauerhaft aufrecht erhalten werden können und das System beeinträchtigt wird. Dies ist z. B. der Fall, wenn durch die Zulassung und deren Auswirkung auf die Finanzierbarkeit die Einhaltung der Hilfsfrist von zwölf Minuten gefährdet wäre (vgl. VGH Baden Württemberg, Urteil vom 22.10.1996, - 10 S 8/96 -). Entsprechend den oben zitierten Grundsätzen des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.06.1999, a.a.O.) könnte dem auch nicht der bloße Verweis auf die Möglichkeit der Defizitabwendung durch Gebührenerhöhung und Mehrkostenverlagerung auf die Sozialversicherungsträger entgegengehalten werden. Das deren Leistungsfähigkeit auch ohne weitere Kostensteigerungen ihre Grenzen bereits überschritten hat, bedarf heute keiner weiteren Erläuterung. Erscheint aber angesichts dieser Lage die Möglichkeit einer Überwälzung etwaiger Mehrkosten der Träger des Rettungsdienstes auf die Sozialversicherungen von vornherein als unrealistisch bzw. äußerst begrenzt, so läge die Gefahr einer defizitbedingten Einschränkung gültiger Qualitätsstandards und damit die Beeinträchtigung eines funktionsfähigen Rettungsdienstes auf der Hand. Jedenfalls bei einer durch eine Genehmigung an private Dritte erforderlich werdenden Gebührenerhöhung im zweistelligen Prozentbereich wäre diese Grenze nach Auffassung des Senats regelmäßig überschritten, im Einzelfall auch bei geringerem Erhöhungs- und damit Defizitumfang. Wann dies jedoch ernstlich zu besorgen ist, kann nicht pauschal und allgemeingültig festgelegt werden. Vielmehr muss die finanzielle Mehrbelastung anhand konkreter Zahlen im Einzelfall und anhand einer konkreten Prognose unter Berücksichtigung der Zulassung der Beantragenden von der Behörde nach den genannten Gesichtspunkten ermittelt werden.“
- 46
Diese Kriterien sind nach Auffassung des erkennenden Gerichts nach wie vor gültig, und hieran orientiert sich auch die vorliegende Entscheidung. Es ist dabei allerdings zu berücksichtigen ist, dass es die in der Entscheidung angesprochenen Rettungsdienstgebühren nicht mehr gibt. Durch das Gesetz vom 06.11.2001 (GVOBl. S. 180) wurde § 8 RDG geändert und es wurden die Regelungen der §§ 8 a und 8 b RDG eingeführt. Folge der Gesetzesänderung war, dass für die Kosten des Rettungsdienstes nicht mehr Gebühren, sondern Benutzungsentgelte erhoben werden. Dies wird auch vom OVG Schleswig in der zitierten Entscheidung angesprochen, die nach der dargestellten Gesetzesänderung ergangen ist und in der auch diese Entgelte erwähnt werden.
- 47
Die Benutzungsentgelte nach dem RDG sind durch Vereinbarungen mit den in § 8a RDG aufgeführten Kostenträgern festzulegen, und dabei sind die Benutzungsentgelte so zu bemessen, dass sie auf der Grundlage einer bedarfsgerechten und leistungsfähigen Organisation sowie einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung die Gesamtkosten des Rettungsdienstes unter Berücksichtigung des gesamten Einsatzspektrums decken. Für den Kosten- und Leistungsnachweis folgt daraus, dass die Gesamtkosten des Rettungsdienstes zu berücksichtigen sind, soweit sie wirtschaftlich erforderlich sind. Zur Umsetzung dieser Vereinbarungslösung im Rettungsdienst Schleswig-Holstein nach § 8 a RDG haben die kommunalen Spitzenverbände und die Kostenträger Eckpunkte vereinbart (sogenanntes Eckpunktepapier Rettungsdienst). Danach werden die Kosten und Erlöse für den Rettungsdienst in einem landesweit einheitlichen Kosten- und Leistungsnachweis (KLM) festgelegt. Die aus der Bedarfsplanung abgeleiteten und einvernehmlichen Kosten- und Leistungsnachweis festgestellten Gesamtkosten sind danach Grundlage für die Entgeltvereinbarung. Kostenüberdeckungen und Kostenunterdeckungen eines Haushalts- bzw. Wirtschaftsjahres sind in den folgenden Jahren bei der Entgeltkalkulation zu berücksichtigen. Auch § 8 a RDG und die entsprechenden Vereinbarungen im Eckpunktepapier lassen deshalb Raum dafür, private Dritte außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes im Rahmen der Verträglichkeit zuzulassen und ein solches Trennungsmodell zu finanzieren. Die vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht dargelegten Grundsätze zur Abwägung zwischen den öffentlichen und privaten Interessen sind daher auch in diesem Rahmen entscheidend, auch wenn die Stellung der Kostenträger im Verhältnis zu den Trägern des Rettungsdienstes durch § 8a RDG deutlich gestärkt wurde. Wenn ein bestimmter verträglicher Rahmen nicht überschritten wird, kann dem Unternehmer im Genehmigungsverfahren deshalb nicht entgegengehalten werden, eine Entgelterhöhung sei gegenüber dem Kostenträger nicht durchsetzbar. Das Schleswig-Holsteinische Landesrecht setzt voraus, dass das Nebeneinander von einem bedarfsdeckenden öffentlichen Rettungsdienst und der zusätzlichen Aktivität Privater außerhalb des Rettungsdienstes (also in einem Trennungsmodell) auch nach Einführung der Vereinbarungslösung nach § 8 a RDG funktioniert. Wenn die Zulassung Privater zum Krankentransport und zur Notfallrettung außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes verträglich ist, muss dies bei den Entgeltverhandlungen zugunsten des entsprechenden Träger des Rettungsdienstes berücksichtigt werden, da es nicht in seiner Hand liegt, die mit dem Trennungsmodell verbundenen nachteiligen Folgen für die Auslastung und Wirtschaftlichkeit des öffentlichen Rettungsdienstes zu vermeiden. Angesichts der Grundrechtsrelevanz der Problematik ist es nicht hinnehmbar, dass jede Zulassung privater Unternehmer unter Hinweis auf die schwierigen Verhandlungen mit den Krankenkassen abgelehnt wird.
- 48
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beklagte nicht überzeugend dargelegt, dass die Genehmigung der beantragten Rettungsmittel des Klägers unverträglich wäre.
- 49
Allerdings war die Verträglichkeit der Zulassung der beantragten Rettungsmittel noch im Dezember 2008 zweifelhaft, weil nach den Ergebnissen der xxx-Expertise vom 18.12.2008 zweistellige Zuwachsraten bei den Entgelten prognostiziert wurden. In der Expertise aus Dezember 2008 heißt es, bezogen auf die Gesamtsituation betrage die zu befürchtende Erlösminderung 13,48 %. Eine Entgelterhöhung wäre unausweichlich. Die Erhöhung würde für die Notfallrettung je Fahrt 68,36 € betragen; bezogen auf das bisherige Pauschalentgelt von 644,80 € wäre das eine Steigerung von mehr als 10 %. Für den Krankentransport würde es zu einer Entgelterhöhung von 13,74 € je Fahrt kommen; bezogen auf das bisherige Pauschalentgelt von 78,95 € wäre das eine Steigerung von 17 %. Eine solch erhebliche Entgeltsteigerung sowohl im RTW-Bereich als auch im KTW-Bereich, verbunden mit einer deutlich geringeren Auslastung der Rettungsmittel, wäre -ihre Richtigkeit unterstellt- auch angesichts einer Gesamtbetrachtung der Erlössituation wahrscheinlich unverträglich, weil bei einer solchen Situation die Finanzierung des öffentlichen Rettungsdienstes gefährdet sein dürfte. Inzwischen haben sich die tatsächlichen Verhältnisse jedoch erheblich geändert, wie der aktuellen Verträglichkeitsprüfung zu entnehmen ist. In der aktuellen Expertise sind die aktuellen Pauschalentgelte der Kostenträger berücksichtigt worden und es wurde ferner berücksichtigt, dass mit deutlich mehr Notfall- und Krankentransporteinsätzen als zuvor zu rechnen ist. Insgesamt gelangt die aktuelle Verträglichkeitsexpertise zu dem Ergebnis, dass zum Ausgleich der Erlösminderung wegen des Wegfalls von Einsatzfahrtaufkommen für den öffentlichen Rettungsdienst zur Erreichung der Kostendeckung für den Bereich der Notfallrettung je Einsatzfahrt eine Erhöhung des rettungsdienstlichen Entgeltes um 50,61 € notwendig werden würde. Bezogen auf das aktuelle Pauschalentgelt von 645,84 € je Einheit bedeutete dies eine Entgeltsteigerung um 7,8 %. Eine Entgeltsteigerung für das Notfallrettungs-Pauschalentgelt im zweistelligen Bereich ist somit nach den eigenen Feststellungen des Beklagten nicht zu befürchten; bei der Bewertung dieses Ergebnisses ist zu berücksichtigen, dass die Notfallrettung -gemessen an den Erlösen- wirtschaftlich das Schwergewicht im Rettungsdienst darstellt.
- 50
Auch eine Betrachtung der in Tabelle 14 dargestellten Auswirkung der Genehmigung eines zusätzlichen RTW auf die Gesamtkosten (Notfallrettung) ergibt keine Steigerung im zweistelligen Bereich. Der Beklagte hat die Erlösminderung bei Zulassung eines privaten RTW mit 803.686,94 € angenommen, insoweit ist angesichts der angegeben Faktoren (1244 x 645,84 €) eine geringfügige Korrektur angebracht (803.424,96 €). Die Erlösminderung ist methodisch einwandfrei und aufgrund realistischer Setzungen ermittelt worden. Der Beklagte geht dabei aus, dass an jedem der 366 Tage des Jahres 2012 vier Notfalleinsätze des privaten RTW stattfinden werden; von der Gesamtzahl von 1464 Einsätzen berücksichtigt er nur den entgeltfähigen Anteil, der korrekt mit 85 % angesetzt wird. So ergeben sich die in der Tabelle 14 angesetzten 1.244 Einsätze, die mit dem aktuellen Pauschalentgelt für Notfälle von 645,84 € multipliziert werden. Setzt man den so ermittelten Betrag von 803.424,96 € in Bezug zu den relevanten Prüfkosten, die für den Notfallbereich vom Beklagten mit 8.936.500,-- € angegeben werden, so ergibt sich nur noch eine Quote von 8,99 % für die Erlösminderung, wie in Tabelle 14 auch richtig dargestellt wird.
- 51
Angesprochen auf diese für den Kläger wesentlich günstigeren Ergebnisse im RTW-Bereich gegenüber den in den Bescheiden dargestellten Berechnungen, haben die Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung den Standpunkt vertreten, es seien ja auch noch die negativen Auswirkungen mit einzubeziehen, die damit zusammenhingen, dass mit einem genehmigten RTW zugleich auch die Durchführung von Krankentransporten außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes genehmigt sei. Dieser Gesichtspunkt relativiert das Ergebnis jedoch nicht zuungunsten des Klägers, denn wenn man zusätzlich einen Betrag von 47.204,24 € (488 x 96,73 €) für zwei KTP-Fahrten pro Tag für dieses Rettungsmittel ansetzt, ergibt sich eine Gesamterlösminderung von 850.629,20 €. Setzt man diesen Betrag in Beziehung zu dem Betrag der prognostizierten Gesamterlöse des Rettungsdienstes, ergibt sich mit 7,99 % nur eine Erhöhung im einstelligen Bereich. Für den Vergleich sind die in der Tabelle 13 angegebenen Gesamtkosten von 10.269,018 € um 368.900 € zu erhöhen, so dass der Erlösausfall an dem Prüfkostenbetrag von 10.637,918 € zu messen ist. Soweit dagegen in der Tabelle 13 Gesamtkosten von 10.269.018,00 € angegeben werden, ist dieser Betrag nicht vollständig überzeugend hergeleitet worden. Nach dem Schriftsatz des Beklagten vom 15.10.2012, der in der mündlichen Verhandlung von Herrn Dr. B erläutert wurde, kann zwar hinreichend zuverlässig davon ausgegangen werden, dass nach der aktuellen Entgeltvereinbarung von einem Kostenvolumen von 14.836.807,92 € ausgegangen werden kann. Hierzu ist in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt worden, dass ein Teilbetrag von rund 2,5 Mio € zum Ausgleich von Unterdeckungen diente, so dass sich die hier relevanten Prüfkosten entsprechend vermindern. Auch der Abzug von 227.144,80 € für Erlöse und von 193.837,00 € bezüglich Schenefeld (Durchlaufposten an die BF B-Stadt) dürfte sachgerecht sein. Vertretbar ist in dem vorliegenden Zusammenhang wohl auch der Abzug von rund 1,2 Mio € für die an Notärzte geleisteten Entgelte. Eindeutig nicht gerechtfertigt ist dagegen ein Abzug von 368.900,00 € bezüglich der Kosten des öffentlichen Rettungsdienstes für Helgoland, denn auch hierbei handelt es sich um Kosten, die bei der Analyse der Erlössituation nicht unberücksichtigt bleiben dürfen; ein sachlicher Grund für die Berücksichtigung besonderer örtlicher Verhältnisse besteht nicht.
- 52
Angesichts dieser Betrachtungen und auch in Ansehung der übrigen in § 11 Abs. 3 RDG genannten Kriterien ist daher ist jedenfalls ein RTW des Klägers verträglich und damit genehmigungsfähig.
- 53
Auch der beantragte Einsatz eines KTW (zusätzlich zum RTW) ist verträglich. Zwar liegt die prognostizierte Entgelterhöhung im KTW-Bereich bei mehr als 15 %, wie sich aus der aktuellen Verträglichkeitsexpertise ergibt (Erhöhung um 15,98 € je Einsatzfahrt). Auch der KTW-Bereich darf jedoch nicht isoliert betrachtet werden, zumal die Erlöse aus diesem Bereich nur einen relativ geringen Anteil der Gesamterlöse ausmachen: nach Darstellung des Beklagten geht es beim Krankentransport im Prognosezeitraum um Pauschalentgelte von rund 1,3 Mio € gegenüber 8,9 Mio € im Bereich Notfallrettung. Bei Betrachtung der Gesamtfolgen der Genehmigung eines RTW und eines KTW ergibt sich kein zweistelliges Ergebnis. Bei einer Erlösminderung für die Notfallfahrten von 803.424,96 € (1244 x 96,73 €) und bei einer Erlösminderung bezüglich aller prognostizieren KTP-Fahrten von 235.827,74 € (2438 x 96,73 €) ergibt sich bezogen auf einen Prüfbetrag von 10.637.918 € ein Anteil von 9,77.
- 54
Eine Veränderung im zweistelligen Bereich liegt daher im Bereich der Notfallrettung nicht vor, für den Bereich des Krankentransports relativiert sich das zweistellige Ergebnis bei der gebotenen Gesamtbetrachtung.
- 55
Zwar kann nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts eine Unverträglichkeit im Einzelfall auch bei einem geringeren Erhöhungs- und damit Defizitumfang in Betracht kommen. Wann dies jedoch ernstlich zu besorgen sei, könne nicht pauschal und allgemeingültig festgelegt werden. Bei der Einzelfallprüfung in dem vorliegenden Fall ist hierbei entscheidend, dass sich weder der Verträglichkeitsexpertise noch dem Vorbringen der Beklagten vorliegend stichhaltige Argumente dafür ergeben haben, dass schon der hier in Rede stehende einstellige Erhöhungs- und damit Defizitumfang unverträglich wäre. Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass er einen effektiven und leistungsfähigen Rettungsdienst in der Fläche leisen müsse, jedoch ist dies auch für andere Kreise im Lande Schleswig-Holstein der Fall, und Besonderheiten, die hier eine besondere Gewichtung erfordern, sind nicht dargetan worden. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte zu den Änderungen, die sich gegenüber der Bescheidlage ergeben haben, ausgeführt, dies hänge mit gestiegenen Einsatzzahlen in den letzten Jahren zusammen, und es sei nicht abzusehen, wie sich dies weiter entwickele. Dies ist jedoch kein Gesichtspunkt, der die Bewertung rechtfertigt, die streitige Genehmigung würde zu unverträglichen Ergebnissen führen. Dass sich die Verhältnisse anders entwickeln könnten, als bei einer Prognose vorausgesetzt, ist stets das Risiko einer Prognoseentscheidung. Dem kann dadurch begegnet werden, dass bei der Prognose konservativ verfahren wird; ferner ist zu berücksichtigen, dass die streitige Genehmigung nur befristet erteilt wird, so dass eine unerwartete Entwicklung der Verhältnisse jedenfalls nach Ablauf der Frist berücksichtigt werden kann.
- 56
Als weiteres wesentliches Argument dafür, dass der Beklagte seinen Standpunkt trotz der zwischenzeitlichen Veränderung der Verhältnisse beibehalten will, ist in der mündlichen Verhandlung benannt worden, dass sich Entgeltsteigerungen aufgrund der Zulassung Privater gegenüber den Kostenträgern nicht durchsetzen ließen. Dieser Gesichtspunkt kann jedoch -wie bereits erläutert- dann nicht tragfähig sein, wenn die Zulassung Privater außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes sich in einem objektiv verträglichen Rahmen hält. Das Dilemma des Beklagten ist zwar nachvollziehbar, da er ja einen bedarfsgerechten Rettungsdienst auch nach Zulassung eines Privaten weiterhin vorhalten muss, und daher in der misslichen Lage ist, dass die Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes weiter sinkt, der eigene Rettungsdienst unwirtschaftlicher wird und die Diskussion mit den Kostenträgern schwierig ist. Dies ist jedoch die zu respektierende Folge der gesetzgeberischen Entscheidung dafür, im Rahmen eines Trennungsmodels die Zulassung Privater außerhalb des öffentlichen Rettungsdienst im verträglichen Rahmen vorzusehen, und damit dem betroffenen Grundrecht der Unternehmer in diesem Bereich (Art. 12 GG) Rechnung zu tragen. Solange es -wie hier- um eine objektiv verträgliche Zulassung des ersten und einzigen privaten Unternehmers mit nur zwei Fahrzeugen geht, ist es naheliegend, dass hierzu in den Verhandlungen mit den Kostenträgern eine Lösung gefunden wird, denn auch die Kostenträger müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen beachten.
- 57
Der Kläger wird die konkreten Fahrzeuge, auf die sich die Genehmigung beziehen soll, nach Rechtskraft der Entscheidung noch mit Kennzeichen und Fahrgestellnummer gegenüber dem Beklagten zu benennen haben, da dies für den Umfang der Genehmigung relevant ist (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 RDG). Dass dies bisher nicht geschehen ist, ist verständlich, da es nicht zumutbar ist, solche Fahrzeuge zu erwerben und zuzulassen, solange nicht klar ist, ob sie auch zum Einsatz kommen dürfen. Dieser Gesichtspunkt steht dem Erfolg der Verpflichtungsklage nicht entgegen, da solche Einzelheiten ebenso wie die Frage von Nebenbestimmungen im Verwaltungsverfahren im Anschluss an die Klärung eines Genehmigungsanspruchs dem Grunde nach geregelt werden können.
- 58
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 59
Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO iVm § 709 ZPO.
(1) Natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), dürfen aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in folgenden Bereichen erbringen:
- 1.
Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1), - 2.
Rentenberatung auf dem Gebiet der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts, des übrigen Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständischen Versorgung, - 3.
Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht; ist das ausländische Recht das Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, darf auch auf dem Gebiet des Rechts der Europäischen Union und des Rechts des Europäischen Wirtschaftsraums beraten werden.
(2) Die Registrierung erfolgt auf Antrag. Soll die Registrierung nach Absatz 1 Satz 2 für einen Teilbereich erfolgen, ist dieser im Antrag zu bezeichnen.
(3) Die Registrierung kann, wenn dies zum Schutz der Rechtsuchenden oder des Rechtsverkehrs erforderlich ist, von Bedingungen abhängig gemacht oder mit Auflagen verbunden werden. Auflagen können jederzeit angeordnet oder geändert werden. Ist die Registrierung auf einen Teilbereich beschränkt, muss der Umfang der beruflichen Tätigkeit den Rechtsuchenden gegenüber eindeutig angegeben werden.
(1) Inkassodienstleistungen erfordern besondere Sachkunde in den für die beantragte Inkassotätigkeit bedeutsamen Gebieten des Rechts, insbesondere des Bürgerlichen Rechts, des Handels-, Wertpapier- und Gesellschaftsrechts, des Zivilprozessrechts einschließlich des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts sowie des Kostenrechts.
(2) Rentenberatung erfordert besondere Sachkunde im Recht der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung und in den übrigen Teilbereichen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, für die eine Registrierung beantragt wird, Kenntnisse über Aufbau, Gliederung und Strukturprinzipien der sozialen Sicherung sowie Kenntnisse der gemeinsamen, für alle Sozialleistungsbereiche geltenden Rechtsgrundsätze einschließlich des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens und des sozialgerichtlichen Verfahrens.
(3) Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht erfordern besondere Sachkunde in dem ausländischen Recht oder in den Teilbereichen des ausländischen Rechts, für die eine Registrierung beantragt wird.
(4) Berufsbezeichnungen, die den Begriff „Inkasso“ enthalten, sowie die Berufsbezeichnung „Rentenberaterin“ oder „Rentenberater“ oder diesen zum Verwechseln ähnliche Bezeichnungen dürfen nur von entsprechend registrierten Personen geführt werden.
(5) Personen, die eine Berufsqualifikation im Sinne des § 12 Absatz 3 Satz 4 besitzen und nur für einen Teilbereich nach § 10 Absatz 1 Satz 2 registriert sind, haben ihre Berufstätigkeit unter der in die deutsche Sprache übersetzten Berufsbezeichnung ihres Herkunftsstaates auszuüben.
(1) Natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), dürfen aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in folgenden Bereichen erbringen:
- 1.
Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1), - 2.
Rentenberatung auf dem Gebiet der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts, des übrigen Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständischen Versorgung, - 3.
Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht; ist das ausländische Recht das Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, darf auch auf dem Gebiet des Rechts der Europäischen Union und des Rechts des Europäischen Wirtschaftsraums beraten werden.
(2) Die Registrierung erfolgt auf Antrag. Soll die Registrierung nach Absatz 1 Satz 2 für einen Teilbereich erfolgen, ist dieser im Antrag zu bezeichnen.
(3) Die Registrierung kann, wenn dies zum Schutz der Rechtsuchenden oder des Rechtsverkehrs erforderlich ist, von Bedingungen abhängig gemacht oder mit Auflagen verbunden werden. Auflagen können jederzeit angeordnet oder geändert werden. Ist die Registrierung auf einen Teilbereich beschränkt, muss der Umfang der beruflichen Tätigkeit den Rechtsuchenden gegenüber eindeutig angegeben werden.
(1) Inkassodienstleistungen erfordern besondere Sachkunde in den für die beantragte Inkassotätigkeit bedeutsamen Gebieten des Rechts, insbesondere des Bürgerlichen Rechts, des Handels-, Wertpapier- und Gesellschaftsrechts, des Zivilprozessrechts einschließlich des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts sowie des Kostenrechts.
(2) Rentenberatung erfordert besondere Sachkunde im Recht der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung und in den übrigen Teilbereichen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, für die eine Registrierung beantragt wird, Kenntnisse über Aufbau, Gliederung und Strukturprinzipien der sozialen Sicherung sowie Kenntnisse der gemeinsamen, für alle Sozialleistungsbereiche geltenden Rechtsgrundsätze einschließlich des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens und des sozialgerichtlichen Verfahrens.
(3) Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht erfordern besondere Sachkunde in dem ausländischen Recht oder in den Teilbereichen des ausländischen Rechts, für die eine Registrierung beantragt wird.
(4) Berufsbezeichnungen, die den Begriff „Inkasso“ enthalten, sowie die Berufsbezeichnung „Rentenberaterin“ oder „Rentenberater“ oder diesen zum Verwechseln ähnliche Bezeichnungen dürfen nur von entsprechend registrierten Personen geführt werden.
(5) Personen, die eine Berufsqualifikation im Sinne des § 12 Absatz 3 Satz 4 besitzen und nur für einen Teilbereich nach § 10 Absatz 1 Satz 2 registriert sind, haben ihre Berufstätigkeit unter der in die deutsche Sprache übersetzten Berufsbezeichnung ihres Herkunftsstaates auszuüben.
(1) Natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), dürfen aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in folgenden Bereichen erbringen:
- 1.
Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1), - 2.
Rentenberatung auf dem Gebiet der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts, des übrigen Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständischen Versorgung, - 3.
Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht; ist das ausländische Recht das Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, darf auch auf dem Gebiet des Rechts der Europäischen Union und des Rechts des Europäischen Wirtschaftsraums beraten werden.
(2) Die Registrierung erfolgt auf Antrag. Soll die Registrierung nach Absatz 1 Satz 2 für einen Teilbereich erfolgen, ist dieser im Antrag zu bezeichnen.
(3) Die Registrierung kann, wenn dies zum Schutz der Rechtsuchenden oder des Rechtsverkehrs erforderlich ist, von Bedingungen abhängig gemacht oder mit Auflagen verbunden werden. Auflagen können jederzeit angeordnet oder geändert werden. Ist die Registrierung auf einen Teilbereich beschränkt, muss der Umfang der beruflichen Tätigkeit den Rechtsuchenden gegenüber eindeutig angegeben werden.
(1) Inkassodienstleistungen erfordern besondere Sachkunde in den für die beantragte Inkassotätigkeit bedeutsamen Gebieten des Rechts, insbesondere des Bürgerlichen Rechts, des Handels-, Wertpapier- und Gesellschaftsrechts, des Zivilprozessrechts einschließlich des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts sowie des Kostenrechts.
(2) Rentenberatung erfordert besondere Sachkunde im Recht der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung und in den übrigen Teilbereichen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, für die eine Registrierung beantragt wird, Kenntnisse über Aufbau, Gliederung und Strukturprinzipien der sozialen Sicherung sowie Kenntnisse der gemeinsamen, für alle Sozialleistungsbereiche geltenden Rechtsgrundsätze einschließlich des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens und des sozialgerichtlichen Verfahrens.
(3) Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht erfordern besondere Sachkunde in dem ausländischen Recht oder in den Teilbereichen des ausländischen Rechts, für die eine Registrierung beantragt wird.
(4) Berufsbezeichnungen, die den Begriff „Inkasso“ enthalten, sowie die Berufsbezeichnung „Rentenberaterin“ oder „Rentenberater“ oder diesen zum Verwechseln ähnliche Bezeichnungen dürfen nur von entsprechend registrierten Personen geführt werden.
(5) Personen, die eine Berufsqualifikation im Sinne des § 12 Absatz 3 Satz 4 besitzen und nur für einen Teilbereich nach § 10 Absatz 1 Satz 2 registriert sind, haben ihre Berufstätigkeit unter der in die deutsche Sprache übersetzten Berufsbezeichnung ihres Herkunftsstaates auszuüben.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 29.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 verpflichtet, dem Kläger die Genehmigung für die Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport entsprechend dessen Antrag vom 14. August 2008 nach § 10 RDG-SH mit einem Rettungswagen und einem Krankentransportwagen im Kreis P... zu erteilen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.200,-- € vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- 1
Der Kläger, ein gemeinnütziger Verein, betreibt u. a. im Kreis X gemäß § 6 RDG und anderen Gebietskörperschaften Schleswig-Holsteins Notfallrettung und Krankentransport gemäß §§ 10 ff. RDG. Er dehnt sein Tätigkeitsgebiet aus und beabsichtigt auch im Gebiet des beklagten Kreises P... die Notfallrettung und den Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes wahrzunehmen.
- 2
Der öffentliche Rettungsdienst im Kreis P... wird aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgeführt von der Rettungsdienstkooperation in Schleswig-Holstein, der sich der Kreis A., der Kreis B., der Kreis C. und der Beklagte angeschlossen haben; hinsichtlich des Zuschnitts der verschiedenen Rettungswachenversorgungsbereiche im Kreisgebiet, sowie der unterschiedliche Bedarfe, Einsatzzahlen etc. wird auf die umfangreichen Darstellungen des Beklagten in den vorgelegten Verträglichkeitsexpertisen Bezug genommen.
- 3
Der Kläger stellte mit Schreiben vom 14.08.2008 den Antrag, die Genehmigung für die Notfallrettung mit einem Rettungswagentyp C DIN EN 1789 für die Notfallrettung und eines Krankentransportwagens Typ B DIN EN 1789 für den Krankentransport zu erteilen. Auf Nachfrage wurde zu den Einzelheiten erläutert, als Einsatzort werde vorzugsweise Quickborn, ersatzweise P... in Betracht gezogen. Für den Krankentransportwagen sei eine Einsatzzeit von Montag bis Freitag 07.00 bis 19.00 Uhr beabsichtigt.
- 4
Im Verwaltungsverfahren wurde von der Rettungsdienstkooperation eine Verträglichkeitsprüfung veranlasst. Die xxx GmbH legte hierzu eine Verträglichkeitsexpertise vom 18.12.2008 vor, die zu der Bewertung gelangt, die Zulassung eines Rettungstransportwagens (RTW) und eines Krankentransportwagens (KTW) in dem beantragten Umfang wäre unverträglich im Sinne von § 11 Abs. 3 RDG. Die Störung allein durch einen Krankentransportwagen wäre nur relativ gering, daher könne dies zugelassen werden; damit werde die Verträglichkeitsgrenze erreicht. würden. Bezogen auf die Gesamtsituation betrage die Erlösminderung 13,48 %. Eine Entgelterhöhung wäre unausweichlich. Die Erhöhung des Entgeltes für die Notfallrettung je Fahrt würde 68,36 € betragen (bei bisher 644,80 €) und für Krankentransporte 13,74 € je Fahrt (bei bisher 78,95 € Pauschalentgelt). Wegen der weiteren Einzelheiten der Verträglichkeitsprüfung wird auf die in der Beiakte B befindliche Verträglichkeitsexpertise vom 18.12.2008 Bezug genommen (Bl. 54 ff. der Beiakte B).
- 5
Mit Bescheid vom 29.04.2009 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab. Die Verträglichkeitsprüfung habe ergeben, dass die Zulassung eines Rettungswagens und eines Krankentransportwagens eine unverhältnismäßig hohe Verschlechterung der Auslastung der Rettungsmittel des öffentlichen Rettungsdienstes und einen Eingriff in die wirtschaftliche Gestaltung von mehr als 13 % bedeuteten. Bei Genehmigung eines Notfallkrankenwagens anstelle des in der Expertise berücksichtigten Krankentransportwagens (Typ A) würden sich die negativen Auswirkungen auf den öffentlichen Rettungsdienst verstärken. Bei dem Krankenwagen Typ B handele es sich um einen Notfallkrankenwagen, der nicht ausschließlich für den Krankentransport konzipiert, sondern auch für die Notfallrettung einsetzbar und deshalb für den Krankentransport nicht genehmigungsfähig sei.
- 6
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 15.05.2009 Widerspruch ein, den er u. a. damit begründete, inzwischen sei eine Genehmigungsfiktion nach § 14 Rettungsdienstgesetz (RDG) iVm § 15 PBefG eingetreten, da nicht innerhalb von drei Monaten über den Antrag entschieden worden sei. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass Genehmigungen nach § 10 RDG nicht nach Fahrzeugtypen differenzieren würden.
- 7
Mit Bescheid vom 15.06.2009 wurde „… die nach § 14 Rettungsdienstgesetz S-H (RDG-SH) iVm § 15 Personenbeförderungsgesetz durch Fiktion erlangte gelangte Genehmigung im Sinne des § 10 RDG-SH“ gemäß § 116 Abs. 1 LVwG zurückgenommen. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Genehmigung hätte nach § 11 Abs. 3 RDG nicht erteilt werden dürfen.
- 8
Mit Schreiben vom 09.07.2009 legte der Kläger Widerspruch ein.
- 9
Der Kläger vertrat den Standpunkt, die Rücknahme der Genehmigungen sei rechtswidrig. Er habe einen Anspruch auf eine Genehmigung nach § 10 RDG. Die vom Beklagten zugrunde gelegte Verträglichkeitsstudie sei grob fehlerhaft und untauglich. Wegen der Einzelheiten in der Widerspruchsbegründung wird auf das Schreiben des Klägers vom 24.08.2009 Bezug genommen (Bl. 112 ff. der Beiakte B).
- 10
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2009 wurden die Widersprüche gegen den Bescheid vom 29.04.2009 und gegen den Bescheid vom 15.06.2009 zurückgewiesen. Der Beklagte vertrat den Standpunkt, dass hier ein Versagungsgrund nach § 11 Abs. 3 RDG vorliege und verwies insoweit auf die von ihm für überzeugend erachtete Verträglichkeitsexpertise vom 18.12.2008. Lediglich ein Krankentransportwagen des Typs A wäre genehmigungsfähig, eine solche Genehmigung werde vom Kläger jedoch nicht angestrebt. Wegen der Einzelheiten der Widerspruchsbegründung wird auf den bei den Akten befindlichen Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
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Am 21.01.2010 hat der Kläger Klage erhoben.
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Der Kläger trägt vor:
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Er habe einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung dafür, außerhalb des Rettungsdienstes Notfallrettung und Krankentransport mit jeweils einem Rettungsmittel im Bereich des Beklagten betreiben zu dürfen. Was die Genehmigungsfähigkeit eines Krankentransportwagens angehe, bestehe insoweit im Grunde Einigkeit, der Beklagte meine jedoch fehlerhaft, derartige Transporte dürften nicht - wie vorgesehen - mit einem KTW des Typs B durchgeführt werden. Dies sei unzutreffend, denn das Rettungsdienstgesetz stehe dem nicht entgegen, vielmehr sei auf die Durchführung von Krankentransporten mit einem besser ausgestatteten Fahrzeug zulässig.
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Was die Notfallrettung angehe, gehe der Beklagte von falschen Grundlagen aus. Schon die Bearbeitung der Verträglichkeitsprüfung durch die Rettungsdienstkooperation sei nicht zulässig, denn hierbei handele es sich um einen Konkurrenten des Klägers, der dementsprechend das Gutachten nicht in Auftrag geben dürfe. Die Verträglichkeitsexpertise von xxx sei grob fehlerhaft und nicht verwertbar. Sämtliche für die Berechnung ermittelten Faktoren seien zu beanstanden. So sei etwa die Annahme unrealistisch, ein KTW des Klägers würde an Wochentagen in einem Zeitraum von jeweils 12 Stunden 8 Krankentransporte durchführen können. Das wäre eine Auslastung von 66 %, die unrealistisch sei. Der Kläger bestreite auch die Aussagen zur Reduzierung einer Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes, denn die in den entsprechenden Tabellen wiedergegebenen Zahlen würden bei unterschiedlichen Rettungsmitteln weitgehend übereinstimmen, was unplausibel sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers zu der ursprünglichen Verträglichkeitsexpertise wird auf die Schriftsätze des Klägers Bezug genommen.
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Zu einer vom Beklagten vorgelegten aktuellen Verträglichkeitsprüfung vom 21.09.2012 (Beiakte C) trägt der Kläger vor, auch diese neue Verträglichkeitsprüfung sei wegen grober Fehler zu beanstanden. Im Gutachten seien dieses Mal nicht nur Rechenfehler, sondern auch systematische Fehler gemacht worden. Nach Auffassung des Klägers sei eine „defizitäre“ Unterhaltung des Rettungsdienstes nach dem Gesetz nicht möglich, denn gemäß § 8 a RDG-SH würden die Gesamtkosten des Rettungsdienstes ermittelt und im Kosten- und Leistungsnachweis (KLN) festgelegt. Die Benutzungsentgelte seien dann so zu bemessen, dass die Kosten gedeckt würden. Die Kostentragung durch die Sozialversicherungsträger sei vom Gesetz beabsichtigt und insoweit sei inzwischen zu berücksichtigen, dass die Sozialversicherungsträger, d. h. die gesetzlichen Krankenkassen, gewaltige Überschüsse aufgebaut hätten und von mangelnder Leistungsfähigkeit keine Rede mehr sein könne. Auszugehen sei von dem Urteil des OVG Schleswig vom 22.10.2003, wobei entscheidend die inzidente Feststellung in dem Urteil sei, dass die Gesamtkosten eines Rettungsdienstbereiches die alleinige Grundlage der Beurteilung der sogenannten Verträglichkeitsprüfung sein dürften. Bei der Frage der Vorhaltungskosten seien gemäß dem zitierten Urteil sämtliche Kosten, Senkungs- und Ertragssteigerungspotenziale zu beachten. Dementsprechend seien auch nicht angefallene Treibstoffkosten, Wartungskosten etc. zu berücksichtigen. Soweit die aktuelle Verträglichkeitsexpertise auf die Rettungswachenbereiche Quickborn und P... eingegangen sei, sei das völlig unerheblich, weil die Berechnung letztlich gemäß Tabelle 13 an Gesamtkosten des Kreises P... gemessen werde, die dort mit 10.269.018,00 € angegeben würden. Das Gutachten scheitere an der Differenzierung der Zeiträume, beispielsweise Zeitraum Juni 2011 bis Juni 2012 und enthalte sich jeglichen Vergleichs, der eine Steigerung der Transporte errechnen ließe, z. B. ein Vergleich erstes Halbjahr 2011 mit dem ersten Halbjahr 2012. Soweit der Beklagte und auch die aktuelle Expertise den Betriebssitz des Klägers für bedeutsam hielten, könne dem nicht gefolgt werden, denn bei einer unterstellten Einsatzzeit von acht Krankentransporten pro Tag könne der Betriebssitz keine Rolle spielen, weil das Fahrzeug fast ununterbrochen unterwegs sei. Wenn eine Differenzierung nach Rettungswachenbereichen überhaupt stattfinden solle, seien für diese Rettungswachenbereiche die konkreten Kosten festzusetzen, die auch nur in diesem Bereich dann an Vorhaltungen in den KLN eingeflossen seien. Auf dieser Basis wären dann die Beeinflussungen und die Verträglichkeit eines oder mehrerer genehmigter Fahrzeuge eines Privatunternehmens zu prüfen. Der Kläger bestreite auch die Richtigkeit der Art und Weise, wie der Beklagte das Kostenvolumen (10.269.018 €) ermittelt habe. Er widerspreche dem im Schriftsatz des Beklagten vom 15.10.2012 dargelegten Abzug von rund 2.500.000,-- € für Unterdeckungen, da dies nicht hinreichend belegt sei. Auch die weitere Abzugsliste des Beklagten hierzu im Schriftsatz vom 15.10.2012 werde beanstandet. Die „Kosten Schenefeld“ und die „Kosten Helgoland“ seien Kosten des Rettungsdienstes des Beklagten und dürften nicht abgezogen werden. Auch die Kosten für die Bestellung der Notarztversorgung seien Kosten des Rettungsdienstes, die nicht abgezogen werden dürften. Dass manche Kostenpositionen zweckgebunden seien, ändere nichts an der Systematik, sonst müssten kleine und andere Positionen, die zufällig nichts mit dem Kläger zu tun hätten, im Einzelnen analysiert und auch abgezogen werden. Die Verschlechterung der Situation für den Kreis P... könnte sich nur aus einem Gesamtvergleich aller Kosten mit den Auswirkungen der Genehmigung eines oder mehrerer Fahrzeuge des Klägers ergeben.
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Insgesamt sei festzuhalten, dass der Kläger die beantragte Genehmigung beanspruchen Könne, denn bei richtiger Berechnung liege kein erheblicher Eingriff in die wirtschaftliche Gestaltung des Rettungsdienstes vor. Bei richtiger Berechnung würden sich insgesamt Werte unterhalb der 10-Prozent-Marke ergeben, so dass der Genehmigung nichts im Wege stünde.
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Der Kläger beantragt,
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unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 29. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Genehmigung für die Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport entsprechend dessen Antrag vom 14. August 2008 nach § 10 RDG-SH mit einem Rettungswagen und einem Krankentransportwagen im Kreis P... zu erteilen,
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hilfsweise,
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den Beklagten zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte trägt vor:
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Die Voraussetzungen einer Genehmigung nach § 11 DRD würden nicht vorliegen, da sowohl subjektive als auch objektive Versagungsgründe gegeben seien.
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Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 RDG-SH dürfe die Genehmigung nur erteilt werden, wenn die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebes gewährleistet seien. Den Nachweis der Sicherheit und Leistungsfähigkeit seines Betriebes habe der Kläger nicht erbracht. Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit sei zu fordern, dass der Unternehmer insbesondere einen Nachweis über die ordnungsgemäße Vorhaltung und Ausrüstung der Krankenwagen sowie des dazu erforderlichen Personals einschließlich der Unterbringung erbringe. Hierfür müsse der Antragsteller zwingend angeben, welche Fahrzeuge und wie sowie bis zu welchem Zeitpunkt er diese zu beschaffen gedenke. Schließlich müsse er beschreiben, welche Räumlichkeiten er für den Betriebssitz im Betriebsbereich der zu genehmigenden Fahrzeuge er bis zur Betriebsaufnahme zur Verfügung stellen könne und wie diese zu beschaffen seien. Dies müsse er gegebenenfalls durch Vorlage einer Mietvertragsoption zumindest im Sinne einer hinreichend gesicherten Erwartung auch nachweisen können. All diesen Anforderungen genügten die Darlegungen des Klägers nicht im Mindesten. Der Kläger habe zu den einzusetzenden Fahrzeugen keinerlei nähere Angaben gemacht, er habe lediglich die vorgesehene Fahrzeuggattung und diese auch noch widersprüchlich angegeben. Der Kläger sei noch nicht einmal in der Lage gewesen, den genauen Standort zu benennen, geschweige denn irgendwelche Angaben zu den Räumlichkeiten zu machen. Schließlich bestünden Zweifel, dass der Kläger mit dem dargestellten Personaleinsatz den Betrieb durchgängig aufrecht erhalten könne. Die vom Kläger kalkulierte Anzahl an hauptamtlichen Vollzeitkräften liege mit elf Rettungsassistenten deutlich unter dem rechnerischen Personalbedarf für die Besetzung der Rettungsmittel unter Beachtung der arbeitszeitlichen Vorschriften. Der vom Beklagten hinzugezogene Gutachter errechne in diesem Zusammenhang einen Personalbedarf von 12,2 hauptamtlichen Vollzeitkräften. Die vom Kläger bei seiner Personalbedarfsberechnung zugrunde gelegte Ausfallquote von nur 13,5 % sei zur Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen nicht plausibel.
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Objektive Versagungsgründe ergäben sich hier aufgrund von § 11 Abs. 3 RDG-SH, denn das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst würde durch die Erteilung der beantragten Genehmigung beeinträchtigt. Setze man die gesetzlich vorgegebenen Parameter des flächendeckenden Sicherstellungsauftrages einerseits und das Kostendeckungsprinzip andererseits als gegeben voraus, dann müsse man feststellen, dass die Vorhaltekosten für den öffentlichen Rettungsdienst zwar grundsätzlich unabhängig davon anfielen, wie hoch dessen Auslastung sei. Allerdings müsse man gleichzeitig berücksichtigen, dass durch den Gebrauch einer Genehmigung im privaten Sektor eine rückläufige Auslastung im öffentlichen Sektor entstehe. Zwar bleibe dies für den öffentlichen Rettungsdienst im Hinblick auf das Kostendeckungsprinzip unmittelbar ohne Konsequenz, nicht aber für die Krankenkassen. Für sie stellten die Kosten eines öffentlichen Rettungsdienstes, der nicht ausgelastet sei, letztlich frustrierte Auswendungen dar. Denn sie trügen einerseits die Kosten für den wegen des Sicherstellungsauftrages ohnehin vorzuhaltenden öffentlichen Rettungsdienst. Andererseits würden die privaten Unternehmer für die von ihnen durchgeführten Fahrten zusätzlich fahrtbezogene Benutzungsentgelte erheben. Damit würden die Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen für das Rettungsdienstwesen insgesamt steigen. Vor dem Hintergrund der finanziellen Misere des Gesundheitswesens und der damit verbundenen Erkenntnis, dass letztlich nicht mehr Geld ausgegeben werden könne, als vorhanden sei, müssten auch so überragend wichtige Aufgaben wie der Rettungsdienst in zunehmendem Maße unter dem Vorbehalt ihrer Finanzierbarkeit betrachtet werden. Wenn also der Landesgesetzgeber mit der Funktionsschutzklausel auch eine Ausgabenbegrenzung der GKV verfolge, dann tue er das mit dem Ziel, langfristig die Finanzierbarkeit und damit letztlich die Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes zu gewährleisten. Auch bezogen auf den Kreis P... stelle sich die Finanzierungssituation des öffentlichen Rettungsdienstes als sehr angespannt dar. Die Erteilung der beantragten Genehmigung würde die Situation sehr verschlechtern und würde im Übrigen die Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes deutlich verringern.
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Der Beklagte habe eine aktuelle Verträglichkeitsexpertise erstellen lassen und entnehme der vorliegenden Verträglichkeitsexpertise vom 21. September 2012, dass die Erteilung der beantragten Genehmigungen nach wie vor unverträglich wäre. Allenfalls bezüglich der Genehmigung eines Krankentransportwagens komme eine Genehmigung im Rahmen eines Vergleiches in Betracht, denn auch der Beklagte sei nun der Auffassung, dass auch der beantragte Krankentransportwagen Typ B genehmigungsfähig sei. Das aktuelle Gutachten komme zu dem Schluss, dass im Falle der Genehmigung eines RTW und eines KTW die derzeitige Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes von derzeit 41,3 % auf ca. 30 % sinken würde. Dass bei einer derart niedrigen Auslastung der öffentliche Rettungsdienst nicht mehr zu wirtschaftlichen Kosten betrieben werden könne, liege auf der Hand. Durch die ungenutzten Kapazitäten sei eine wirtschaftliche Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes ausgeschlossen. Um der Unwirtschaftlichkeit entgegen zu wirken, wäre ausweislich des Gutachtens eine Erhöhung der Benutzungsentgelte bezogen auf den gesamten öffentlichen Rettungsdienst um mehr als 10 % erforderlich. Allein im Bereich des Krankentransports würde eine Erhöhung der Entgelte um 15 % erforderlich werden. Erhöhungen in diesem Umfang wären wegen §§ 71 Abs. 1 und 2, 133 Abs. 1 S. 1 SGB V gegenüber dem Krankenkassen nicht durchsetzbar und darüber hinaus unverträglich. Dies ergebe sich insbesondere auch nach den Kriterien des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts, die in dem Urteil vom 22.10.2003 dargestellt würden.
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Es sei zwar richtig, dass die Auswirkungen der begehrten Genehmigungen ursprünglich -im Jahre 2008- deutlich schlechter zu bewerten gewesen seien, als dies nach der jetzt vorliegenden Verträglichkeitsstudie vom 21. September 2012 der Fall sei, jedoch sei zu berücksichtigen, dass die geänderte Situation insbesondere etwas damit zu tun habe, dass es insgesamt zu mehr Einsätzen gekommen sei. Insoweit sei völlig unsicher, wie sich dies in der Zukunft entwickeln werde. Gegenüber den Kostenträgern sei eine Entgelterhöhung nicht durchsetzbar, so dass der Beklagte keine vollständige Deckung für seine Vorhaltekosten erreichen könnte. Darunter würde der öffentliche Rettungsdienst leiden.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Verpflichtungsklage ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung mit ihrem Hauptantrag in vollem Umfang begründet.
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Streitgegenstand ist allein der Versagungsbescheid vom 29.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009; der Bescheid vom 15.6.2009 und die diesbezügliche Regelung im Widerspruchsbescheid (Rücknahme einer „fiktiven Genehmigung“) sind nicht Gegenstand des Verfahrens.
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Gemäß § 10 Rettungsdienstgesetz Schleswig-Holstein (RDG) muss derjenige, der außerhalb des Rettungsdienstes Notfallrettung oder Krankentransport im Geltungsbereich dieses Gesetzes betreibt, im Besitz einer Genehmigung sein. Aus der Systematik des Gesetzes ergibt sich, dass ein Unternehmer einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer solchen Genehmigung hat, wenn die Erteilungsvoraussetzungen vorliegen und keiner der in § 11 RDG aufgeführten zwingenden Versagungsgründe gegeben ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 17.6.1999, 3 C 20/98; vgl. auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zum Rettungsdienstgesetz vom 27.05.1991, Drucksache 12/1466). Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist das erkennende Gericht davon überzeugt, dass die Erteilungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 1 RDG vorliegen, und Versagungsgründe nicht gegeben sind.
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Maßgebend für die Beurteilung der Voraussetzungen der §§ 10 ff RDG ist in Fällen der vorliegenden Art die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, wie sich aus der Norm ableiten lässt (vgl. hierzu Urteil der Kammer vom 1.10.2002, 3 A 329/98; so auch z.B. OVG NRW, Urteil vom 22.10.2003, 54 LB 21/03). Nach den aktuellen Verhältnissen, so wie sie sich aus der aktuellen Verträglichkeitsanalyse aus September 2012 ergeben, ist der Versagungsbescheid vom 29.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 als rechtswidrig zu beurteilen, denn der Erteilung der beantragten Genehmigung nach § 10 RDG-SH steht jedenfalls aktuell nichts mehr entgegen.
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Die Erteilungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 1 RDG liegen vor. Danach darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn
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1. Die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebes gewährleistet sind,
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2. keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin oder des Antragstellers dartun und
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3. die Antragstellerin oder der Antragsteller oder die für die Führung des Geschäftes bestellte Person fachlich geeignet ist.
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An der fachlichen Eignung der verantwortlichen Person besteht kein Zweifel, hierzu hat auch der Beklagte keine Bedenken vorgetragen.
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Die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebes des Klägers sind gewährleistet. Der Kläger ist seit Jahren im Bereich Notfallrettung und Krankentransport tätig, dass es hier erhebliche und berechtigte Beanstandungen gegeben hat, ist dem Gericht nicht bekannt. Der Kläger hat im Verwaltungsverfahren für seinen verantwortlichen Vorsitzenden ein einwandfreies Führungszeugnis vorgelegt, ferner wurden eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung sowie Unbedenklichkeitsbescheinigungen zahlreicher Krankenkassen eingereicht. Soweit der Beklagte auf ungenügende Angaben und Grundlagen bezüglich der Beschaffung von Betriebsräumlichkeiten und Fahrzeugen verweist, sind diese Bedenken angesichts der Besonderheiten des Verfahrens hier nicht als schwerwiegend zu bewerten. Bei einem Unternehmer, der seinen Betrieb erst noch aufnehmen will, dürfen die Anforderungen zu den von ihm zu erbringenden Vorleistungen nicht überspannt werden, insbesondere dann nicht, wenn - wie hier - in einem relativ langwierigen Verwaltungsverfahren die Bedenken bezüglich einer Verträglichkeitsprüfung im Vordergrund stehen. Bei einer solchen Sachlage kann von dem Unternehmer nicht verlangt werden, dass er trotz ungewisser Aussichten seines Antrages die Beschaffung von Räumlichkeiten und Fahrzeugen vorbereitet, wenn -wie hier anzunehmen ist- diese logistischen Fragen zügig geklärt werden können, sobald die zwischen den Beteiligten streitige Frage nach der Verträglichkeit geklärt ist. Verbleibenden Zweifelsfragen können durch die Regelung entsprechender Nebenbestimmungen bewältigt werden.
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Auch der Gesichtspunkt, dass der Kläger eine Personalausstattung mit elf Rettungsassistenten für ausreichend hält, während der Beklagte den Einsatz von 12,2 hauptamtlichen Vollzeitkräften für nötig hält, rechtfertigt nicht, von vornherein die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebes zu bezweifeln. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 31.07.2012 im Einzelnen vorgerechnet, auf welchen Annahmen seine Kalkulation beruht und dies ist jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft. Dies braucht nicht abschließend geklärt zu werden, denn jedenfalls trägt dieser Gesichtspunkt keine Versagung des Antrages, sondern allenfalls die Regelung einer entsprechenden Nebenbestimmung.
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Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung liegt auch kein Versagungsgrund nach § 11 Abs. 3 RDG-SH vor. Danach ist die Genehmigung zu versagen, wenn zu erwarten ist, dass durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst nach diesem Gesetz beeinträchtigt wird. Hierbei sind insbesondere die bedarfsgerechte Vorhaltung und Auslastung im Rettungsdienstbereich, vor allem die Einsatzzahlen, deren räumliche und zeitliche Verteilung, die Eintreffzeiten, die Einsatzdauer und die Entwicklung und die Kosten- und Ertragslage zu berücksichtigen.
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Bei der gerichtlichen Überprüfung der hierzu behördlich getroffenen Entscheidung ist zu berücksichtigen, dass die Vorschrift eine prognostische Entscheidung mit wertendem Charakter und einem Einschätzungsfreiraum beinhaltet, so dass die behördliche Entscheidung gerichtlich nur dahingehend überprüfbar ist, ob sie den maßgebenden Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte erkannt und den möglichen Verlauf der Entwicklung nicht offensichtlich fehlerhaft eingeschätzt hat (vgl. hierzu OVG Schleswig, Urteil vom 22.10.2003, 4 LB 21/03). Im vorliegenden Fall ist das erkennende Gericht nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Beklagte mit seiner aktuellen Verträglichkeitsprüfung zwar den maßgeblichen Sachverhalt weitgehend zutreffend, vollständig und aktuell ermittelt hat, dass aber sein Festhalten an früheren Bewertungen auf der Verkennung entscheidungserheblicher Gesichtspunkte beruht und eine offensichtlich fehlerhafte Einschätzung des möglichen Verlaufes der Entwicklung beinhaltet. Bei einer solchen Sachlage kann sich der Beklagte nicht erfolgreich auf eine Beurteilungsermächtigung berufen.
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Es kommt hier nicht lediglich eine Verpflichtung zur Neubescheidung in Betracht, vielmehr ist der Streitstoff nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vollständig entscheidungsreif und es verbleibt kein Entscheidungsspielraum für den Beklagten, so dass dem gebundenen Rechtsanspruch des Klägers durch eine Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung Geltung zu verschaffen war. Im Rahmen des Rechtsgesprächs in der mündlichen Verhandlung ist deutlich geworden, dass der Beklagte aufgrund seines Rechtsstandpunktes in einer Neubescheidung keine Lösung sieht, weil er notgedrungen keinen Handlungsspielraum sieht und davon ausgeht, dass wieder das gleiche Ergebnis herauskäme.
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Wie eine ordnungsgemäße Verträglichkeitsprüfung nach § 11 Abs. 3 RDG-SH vorzunehmen ist und wie dabei die widerstreitenden Belange abzuwägen sind, ist durch die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 22.10.2003 (4 LB 21/03) geklärt. Danach gilt folgendes:
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„Bei ihrer Entscheidung hat die Behörde gemäß § 11 Abs. 3 S. 2 RDG insbesondere die bedarfsgerechte Vorhaltung und Auslastung im Rettungsdienstbereich, vor allem die Einsatzzahlen, deren räumliche und zeitliche Verteilung, die Eintreffzeiten, die Einsatzdauer und die Entwicklung der Kosten und Ertragslage zu berücksichtigen. Die im Übrigen abwägungsrelevanten Belange für die Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem funktionsfähigen Rettungsdienst sind auf der einen Seite die gemäß § 6 Abs. 1 RDG bedarfsgerechte und leistungsfähige Sicherstellung von Notfallrettung und Krankentransport in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft, auf der anderen Seite die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Zugleich ist die Abwägung unter Beachtung von Art. 28 Abs. 2 GG vorzunehmen, da es sich bei dem Rettungsdienst um eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe handelt (§ 6 Abs. 2 RDG) und somit die Planungs- und Finanzhoheit der jeweiligen Kreise als Träger dieser Aufgabe berührt wird. Ihrerseits haben die Kreise die verfassungsrechtliche verankerten Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit (Art. 114 Abs. 2 GG und Art. 56 Abs. 1 LVerf.Schl.-Holst.) zu beachten. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Bereich der öffentlich-rechtlichen Aufgabenerfüllung eine kostendeckende Arbeitsweise nicht immer erreicht wird. Diese einander widerstreitenden Belange sind nach geltendem Schleswig-Holsteinischen Landesrecht in eine Verträglichkeits-, nicht in eine Bedarfsprüfung einzustellen. Dies ergibt sich zwingend aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes, dass in Schleswig-Holstein das sogenannte Trennungsmodell zugrunde legt. … Nicht jede Überkapazität kann im Lichte des Art. 12 GG bereits zu einer Überschreitung der Verträglichkeitsgrenze führen. Dies würde wiederum lediglich einer Bedarfsprüfung gleichkommen. Objektive Berufszulassungssperren dürfen nicht dazu führen, dass die bereits in diesem Beruf Tätigen vor wirtschaftlich spürbar - auch harter Konkurrenz - und den damit verbundenen Risiken geschützt werden (BVerfG, Urteil vom 15.04.1988 - 7 C 94.86, E 79, 208). Zwar ist unter der Berücksichtigung des Trennungssystems und der Verpflichtung zur vollständigen Bedarfsdeckung durch öffentliche Träger eine allein auf Konkurrenzgesichtspunkten gestützte Argumentation zu kurz gegriffen, jedoch sind haushaltsrechtliche Erwägungen, wie bereits aufgezeigt, allein nicht geeignet, den Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten auszuschließen. Andererseits bedarf der öffentliche Rettungsdienst für die ihm übertragenen Aufgabe der dauerhaften Sicherstellung der flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung einer hinreichenden Finanzierungsgrundlage. Da Maßstab der Feststellung der Gesamtkosten des Rettungsdienstes, die über die Leistungsentgelte der Kostenträger finanziert werden (§ 8 RDG), die Kosten eines wirtschaftlichen Rettungsdienstes sind, sind der beliebigen Erhöhung der Entgelte zur Deckung der Kosten des Rettungsdienstes Grenzen gesetzt. Daher ist die Verhinderung von Überkapazitäten und damit verbundene überflüssige Investitions- und Vorhaltekosten, die nur durch überhöhte, letztlich von den öffentlichen Kassen zu tragende Preise ausgeglichen werden könnten, ein wichtiges öffentliches Anliegen, dessen Verfehlung ein sachgerechtes Funktionieren des Rettungsdienstes konterkarieren würde. … Aufgrund des unlösbaren Zusammenhanges zwischen der bedarfs- und leistungsgerechten Rettungsdienstversorgung und der dafür erforderlichen Finanzierung sind die über Gebühren abzudeckenden Kosten sowohl aus gebührenrechtlicher als auch aus haushaltsrechtlicher Betrachtung ein sich auf das überragend wichtige Gemeinschaftsgut der Gesundheit mittelbar auswirkender Aspekt. Diese Kumulation und gegenseitige Bedingung verschiedener Gemeinschaftswerte im Rahmen des Rettungsdienstes ist im Interesse des Privaten an einer Zulassung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Sinne einer Verträglichkeitsprüfung gegenüber zu stellen. Wann unter Beachtung dieses Grundsatzes konkret eine Überschreitung der Verträglichkeitsgrenze und damit eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes im Sinne von § 11 Abs. 3 S. 1 RDG anzunehmen ist, beurteilt sich naturgemäß nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles. Bei einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ist das öffentliche Interesse jedenfalls dann beeinträchtigt, wenn die Gesundheit der Bevölkerung als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut mangels Finanzierbarkeit nicht mehr gewährleistet werden kann. Dann muss Art. 12 GG im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zurücktreten. Die Verträglichkeitsgrenze wäre überschritten. Die Grenze der Verträglichkeit ist jedoch nicht erst dann überschritten, wenn der öffentliche Rettungsdienst durch die Zulassung Privater ruinös werden würde und zusammenbräche (vgl. auch die Abgrenzung des BVerwG zwischen seiner Rechtsprechung zum Personenbeförderungsrecht - Taxengewerbe - einerseits im Urteil vom 15.04.1988 a.a.O. und zum Bereich des Rettungsdienstgewerbes im Urteil vom 17.06.1999 a.a.O. andererseits). Vielmehr ist die Schwelle der Unzumutbarkeit bereits erreicht, wenn ernstliche und schwerwiegende Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit zu befürchten sind. Dies ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der öffentliche Träger allein aufgrund der Zulassung Dritter und unter Ausschöpfung sämtlicher Kostensenkungs- und Ertragssteigerungspotentiale dauerhaft und in Anbetracht seiner Leistungsfähigkeit nicht unerheblich defizitär tätig werden muss. Dann besteht die Gefahr, dass die Qualitätsstandards nicht dauerhaft aufrecht erhalten werden können und das System beeinträchtigt wird. Dies ist z. B. der Fall, wenn durch die Zulassung und deren Auswirkung auf die Finanzierbarkeit die Einhaltung der Hilfsfrist von zwölf Minuten gefährdet wäre (vgl. VGH Baden Württemberg, Urteil vom 22.10.1996, - 10 S 8/96 -). Entsprechend den oben zitierten Grundsätzen des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.06.1999, a.a.O.) könnte dem auch nicht der bloße Verweis auf die Möglichkeit der Defizitabwendung durch Gebührenerhöhung und Mehrkostenverlagerung auf die Sozialversicherungsträger entgegengehalten werden. Das deren Leistungsfähigkeit auch ohne weitere Kostensteigerungen ihre Grenzen bereits überschritten hat, bedarf heute keiner weiteren Erläuterung. Erscheint aber angesichts dieser Lage die Möglichkeit einer Überwälzung etwaiger Mehrkosten der Träger des Rettungsdienstes auf die Sozialversicherungen von vornherein als unrealistisch bzw. äußerst begrenzt, so läge die Gefahr einer defizitbedingten Einschränkung gültiger Qualitätsstandards und damit die Beeinträchtigung eines funktionsfähigen Rettungsdienstes auf der Hand. Jedenfalls bei einer durch eine Genehmigung an private Dritte erforderlich werdenden Gebührenerhöhung im zweistelligen Prozentbereich wäre diese Grenze nach Auffassung des Senats regelmäßig überschritten, im Einzelfall auch bei geringerem Erhöhungs- und damit Defizitumfang. Wann dies jedoch ernstlich zu besorgen ist, kann nicht pauschal und allgemeingültig festgelegt werden. Vielmehr muss die finanzielle Mehrbelastung anhand konkreter Zahlen im Einzelfall und anhand einer konkreten Prognose unter Berücksichtigung der Zulassung der Beantragenden von der Behörde nach den genannten Gesichtspunkten ermittelt werden.“
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Diese Kriterien sind nach Auffassung des erkennenden Gerichts nach wie vor gültig, und hieran orientiert sich auch die vorliegende Entscheidung. Es ist dabei allerdings zu berücksichtigen ist, dass es die in der Entscheidung angesprochenen Rettungsdienstgebühren nicht mehr gibt. Durch das Gesetz vom 06.11.2001 (GVOBl. S. 180) wurde § 8 RDG geändert und es wurden die Regelungen der §§ 8 a und 8 b RDG eingeführt. Folge der Gesetzesänderung war, dass für die Kosten des Rettungsdienstes nicht mehr Gebühren, sondern Benutzungsentgelte erhoben werden. Dies wird auch vom OVG Schleswig in der zitierten Entscheidung angesprochen, die nach der dargestellten Gesetzesänderung ergangen ist und in der auch diese Entgelte erwähnt werden.
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Die Benutzungsentgelte nach dem RDG sind durch Vereinbarungen mit den in § 8a RDG aufgeführten Kostenträgern festzulegen, und dabei sind die Benutzungsentgelte so zu bemessen, dass sie auf der Grundlage einer bedarfsgerechten und leistungsfähigen Organisation sowie einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung die Gesamtkosten des Rettungsdienstes unter Berücksichtigung des gesamten Einsatzspektrums decken. Für den Kosten- und Leistungsnachweis folgt daraus, dass die Gesamtkosten des Rettungsdienstes zu berücksichtigen sind, soweit sie wirtschaftlich erforderlich sind. Zur Umsetzung dieser Vereinbarungslösung im Rettungsdienst Schleswig-Holstein nach § 8 a RDG haben die kommunalen Spitzenverbände und die Kostenträger Eckpunkte vereinbart (sogenanntes Eckpunktepapier Rettungsdienst). Danach werden die Kosten und Erlöse für den Rettungsdienst in einem landesweit einheitlichen Kosten- und Leistungsnachweis (KLM) festgelegt. Die aus der Bedarfsplanung abgeleiteten und einvernehmlichen Kosten- und Leistungsnachweis festgestellten Gesamtkosten sind danach Grundlage für die Entgeltvereinbarung. Kostenüberdeckungen und Kostenunterdeckungen eines Haushalts- bzw. Wirtschaftsjahres sind in den folgenden Jahren bei der Entgeltkalkulation zu berücksichtigen. Auch § 8 a RDG und die entsprechenden Vereinbarungen im Eckpunktepapier lassen deshalb Raum dafür, private Dritte außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes im Rahmen der Verträglichkeit zuzulassen und ein solches Trennungsmodell zu finanzieren. Die vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht dargelegten Grundsätze zur Abwägung zwischen den öffentlichen und privaten Interessen sind daher auch in diesem Rahmen entscheidend, auch wenn die Stellung der Kostenträger im Verhältnis zu den Trägern des Rettungsdienstes durch § 8a RDG deutlich gestärkt wurde. Wenn ein bestimmter verträglicher Rahmen nicht überschritten wird, kann dem Unternehmer im Genehmigungsverfahren deshalb nicht entgegengehalten werden, eine Entgelterhöhung sei gegenüber dem Kostenträger nicht durchsetzbar. Das Schleswig-Holsteinische Landesrecht setzt voraus, dass das Nebeneinander von einem bedarfsdeckenden öffentlichen Rettungsdienst und der zusätzlichen Aktivität Privater außerhalb des Rettungsdienstes (also in einem Trennungsmodell) auch nach Einführung der Vereinbarungslösung nach § 8 a RDG funktioniert. Wenn die Zulassung Privater zum Krankentransport und zur Notfallrettung außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes verträglich ist, muss dies bei den Entgeltverhandlungen zugunsten des entsprechenden Träger des Rettungsdienstes berücksichtigt werden, da es nicht in seiner Hand liegt, die mit dem Trennungsmodell verbundenen nachteiligen Folgen für die Auslastung und Wirtschaftlichkeit des öffentlichen Rettungsdienstes zu vermeiden. Angesichts der Grundrechtsrelevanz der Problematik ist es nicht hinnehmbar, dass jede Zulassung privater Unternehmer unter Hinweis auf die schwierigen Verhandlungen mit den Krankenkassen abgelehnt wird.
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Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beklagte nicht überzeugend dargelegt, dass die Genehmigung der beantragten Rettungsmittel des Klägers unverträglich wäre.
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Allerdings war die Verträglichkeit der Zulassung der beantragten Rettungsmittel noch im Dezember 2008 zweifelhaft, weil nach den Ergebnissen der xxx-Expertise vom 18.12.2008 zweistellige Zuwachsraten bei den Entgelten prognostiziert wurden. In der Expertise aus Dezember 2008 heißt es, bezogen auf die Gesamtsituation betrage die zu befürchtende Erlösminderung 13,48 %. Eine Entgelterhöhung wäre unausweichlich. Die Erhöhung würde für die Notfallrettung je Fahrt 68,36 € betragen; bezogen auf das bisherige Pauschalentgelt von 644,80 € wäre das eine Steigerung von mehr als 10 %. Für den Krankentransport würde es zu einer Entgelterhöhung von 13,74 € je Fahrt kommen; bezogen auf das bisherige Pauschalentgelt von 78,95 € wäre das eine Steigerung von 17 %. Eine solch erhebliche Entgeltsteigerung sowohl im RTW-Bereich als auch im KTW-Bereich, verbunden mit einer deutlich geringeren Auslastung der Rettungsmittel, wäre -ihre Richtigkeit unterstellt- auch angesichts einer Gesamtbetrachtung der Erlössituation wahrscheinlich unverträglich, weil bei einer solchen Situation die Finanzierung des öffentlichen Rettungsdienstes gefährdet sein dürfte. Inzwischen haben sich die tatsächlichen Verhältnisse jedoch erheblich geändert, wie der aktuellen Verträglichkeitsprüfung zu entnehmen ist. In der aktuellen Expertise sind die aktuellen Pauschalentgelte der Kostenträger berücksichtigt worden und es wurde ferner berücksichtigt, dass mit deutlich mehr Notfall- und Krankentransporteinsätzen als zuvor zu rechnen ist. Insgesamt gelangt die aktuelle Verträglichkeitsexpertise zu dem Ergebnis, dass zum Ausgleich der Erlösminderung wegen des Wegfalls von Einsatzfahrtaufkommen für den öffentlichen Rettungsdienst zur Erreichung der Kostendeckung für den Bereich der Notfallrettung je Einsatzfahrt eine Erhöhung des rettungsdienstlichen Entgeltes um 50,61 € notwendig werden würde. Bezogen auf das aktuelle Pauschalentgelt von 645,84 € je Einheit bedeutete dies eine Entgeltsteigerung um 7,8 %. Eine Entgeltsteigerung für das Notfallrettungs-Pauschalentgelt im zweistelligen Bereich ist somit nach den eigenen Feststellungen des Beklagten nicht zu befürchten; bei der Bewertung dieses Ergebnisses ist zu berücksichtigen, dass die Notfallrettung -gemessen an den Erlösen- wirtschaftlich das Schwergewicht im Rettungsdienst darstellt.
- 50
Auch eine Betrachtung der in Tabelle 14 dargestellten Auswirkung der Genehmigung eines zusätzlichen RTW auf die Gesamtkosten (Notfallrettung) ergibt keine Steigerung im zweistelligen Bereich. Der Beklagte hat die Erlösminderung bei Zulassung eines privaten RTW mit 803.686,94 € angenommen, insoweit ist angesichts der angegeben Faktoren (1244 x 645,84 €) eine geringfügige Korrektur angebracht (803.424,96 €). Die Erlösminderung ist methodisch einwandfrei und aufgrund realistischer Setzungen ermittelt worden. Der Beklagte geht dabei aus, dass an jedem der 366 Tage des Jahres 2012 vier Notfalleinsätze des privaten RTW stattfinden werden; von der Gesamtzahl von 1464 Einsätzen berücksichtigt er nur den entgeltfähigen Anteil, der korrekt mit 85 % angesetzt wird. So ergeben sich die in der Tabelle 14 angesetzten 1.244 Einsätze, die mit dem aktuellen Pauschalentgelt für Notfälle von 645,84 € multipliziert werden. Setzt man den so ermittelten Betrag von 803.424,96 € in Bezug zu den relevanten Prüfkosten, die für den Notfallbereich vom Beklagten mit 8.936.500,-- € angegeben werden, so ergibt sich nur noch eine Quote von 8,99 % für die Erlösminderung, wie in Tabelle 14 auch richtig dargestellt wird.
- 51
Angesprochen auf diese für den Kläger wesentlich günstigeren Ergebnisse im RTW-Bereich gegenüber den in den Bescheiden dargestellten Berechnungen, haben die Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung den Standpunkt vertreten, es seien ja auch noch die negativen Auswirkungen mit einzubeziehen, die damit zusammenhingen, dass mit einem genehmigten RTW zugleich auch die Durchführung von Krankentransporten außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes genehmigt sei. Dieser Gesichtspunkt relativiert das Ergebnis jedoch nicht zuungunsten des Klägers, denn wenn man zusätzlich einen Betrag von 47.204,24 € (488 x 96,73 €) für zwei KTP-Fahrten pro Tag für dieses Rettungsmittel ansetzt, ergibt sich eine Gesamterlösminderung von 850.629,20 €. Setzt man diesen Betrag in Beziehung zu dem Betrag der prognostizierten Gesamterlöse des Rettungsdienstes, ergibt sich mit 7,99 % nur eine Erhöhung im einstelligen Bereich. Für den Vergleich sind die in der Tabelle 13 angegebenen Gesamtkosten von 10.269,018 € um 368.900 € zu erhöhen, so dass der Erlösausfall an dem Prüfkostenbetrag von 10.637,918 € zu messen ist. Soweit dagegen in der Tabelle 13 Gesamtkosten von 10.269.018,00 € angegeben werden, ist dieser Betrag nicht vollständig überzeugend hergeleitet worden. Nach dem Schriftsatz des Beklagten vom 15.10.2012, der in der mündlichen Verhandlung von Herrn Dr. B erläutert wurde, kann zwar hinreichend zuverlässig davon ausgegangen werden, dass nach der aktuellen Entgeltvereinbarung von einem Kostenvolumen von 14.836.807,92 € ausgegangen werden kann. Hierzu ist in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt worden, dass ein Teilbetrag von rund 2,5 Mio € zum Ausgleich von Unterdeckungen diente, so dass sich die hier relevanten Prüfkosten entsprechend vermindern. Auch der Abzug von 227.144,80 € für Erlöse und von 193.837,00 € bezüglich Schenefeld (Durchlaufposten an die BF B-Stadt) dürfte sachgerecht sein. Vertretbar ist in dem vorliegenden Zusammenhang wohl auch der Abzug von rund 1,2 Mio € für die an Notärzte geleisteten Entgelte. Eindeutig nicht gerechtfertigt ist dagegen ein Abzug von 368.900,00 € bezüglich der Kosten des öffentlichen Rettungsdienstes für Helgoland, denn auch hierbei handelt es sich um Kosten, die bei der Analyse der Erlössituation nicht unberücksichtigt bleiben dürfen; ein sachlicher Grund für die Berücksichtigung besonderer örtlicher Verhältnisse besteht nicht.
- 52
Angesichts dieser Betrachtungen und auch in Ansehung der übrigen in § 11 Abs. 3 RDG genannten Kriterien ist daher ist jedenfalls ein RTW des Klägers verträglich und damit genehmigungsfähig.
- 53
Auch der beantragte Einsatz eines KTW (zusätzlich zum RTW) ist verträglich. Zwar liegt die prognostizierte Entgelterhöhung im KTW-Bereich bei mehr als 15 %, wie sich aus der aktuellen Verträglichkeitsexpertise ergibt (Erhöhung um 15,98 € je Einsatzfahrt). Auch der KTW-Bereich darf jedoch nicht isoliert betrachtet werden, zumal die Erlöse aus diesem Bereich nur einen relativ geringen Anteil der Gesamterlöse ausmachen: nach Darstellung des Beklagten geht es beim Krankentransport im Prognosezeitraum um Pauschalentgelte von rund 1,3 Mio € gegenüber 8,9 Mio € im Bereich Notfallrettung. Bei Betrachtung der Gesamtfolgen der Genehmigung eines RTW und eines KTW ergibt sich kein zweistelliges Ergebnis. Bei einer Erlösminderung für die Notfallfahrten von 803.424,96 € (1244 x 96,73 €) und bei einer Erlösminderung bezüglich aller prognostizieren KTP-Fahrten von 235.827,74 € (2438 x 96,73 €) ergibt sich bezogen auf einen Prüfbetrag von 10.637.918 € ein Anteil von 9,77.
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Eine Veränderung im zweistelligen Bereich liegt daher im Bereich der Notfallrettung nicht vor, für den Bereich des Krankentransports relativiert sich das zweistellige Ergebnis bei der gebotenen Gesamtbetrachtung.
- 55
Zwar kann nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts eine Unverträglichkeit im Einzelfall auch bei einem geringeren Erhöhungs- und damit Defizitumfang in Betracht kommen. Wann dies jedoch ernstlich zu besorgen sei, könne nicht pauschal und allgemeingültig festgelegt werden. Bei der Einzelfallprüfung in dem vorliegenden Fall ist hierbei entscheidend, dass sich weder der Verträglichkeitsexpertise noch dem Vorbringen der Beklagten vorliegend stichhaltige Argumente dafür ergeben haben, dass schon der hier in Rede stehende einstellige Erhöhungs- und damit Defizitumfang unverträglich wäre. Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass er einen effektiven und leistungsfähigen Rettungsdienst in der Fläche leisen müsse, jedoch ist dies auch für andere Kreise im Lande Schleswig-Holstein der Fall, und Besonderheiten, die hier eine besondere Gewichtung erfordern, sind nicht dargetan worden. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte zu den Änderungen, die sich gegenüber der Bescheidlage ergeben haben, ausgeführt, dies hänge mit gestiegenen Einsatzzahlen in den letzten Jahren zusammen, und es sei nicht abzusehen, wie sich dies weiter entwickele. Dies ist jedoch kein Gesichtspunkt, der die Bewertung rechtfertigt, die streitige Genehmigung würde zu unverträglichen Ergebnissen führen. Dass sich die Verhältnisse anders entwickeln könnten, als bei einer Prognose vorausgesetzt, ist stets das Risiko einer Prognoseentscheidung. Dem kann dadurch begegnet werden, dass bei der Prognose konservativ verfahren wird; ferner ist zu berücksichtigen, dass die streitige Genehmigung nur befristet erteilt wird, so dass eine unerwartete Entwicklung der Verhältnisse jedenfalls nach Ablauf der Frist berücksichtigt werden kann.
- 56
Als weiteres wesentliches Argument dafür, dass der Beklagte seinen Standpunkt trotz der zwischenzeitlichen Veränderung der Verhältnisse beibehalten will, ist in der mündlichen Verhandlung benannt worden, dass sich Entgeltsteigerungen aufgrund der Zulassung Privater gegenüber den Kostenträgern nicht durchsetzen ließen. Dieser Gesichtspunkt kann jedoch -wie bereits erläutert- dann nicht tragfähig sein, wenn die Zulassung Privater außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes sich in einem objektiv verträglichen Rahmen hält. Das Dilemma des Beklagten ist zwar nachvollziehbar, da er ja einen bedarfsgerechten Rettungsdienst auch nach Zulassung eines Privaten weiterhin vorhalten muss, und daher in der misslichen Lage ist, dass die Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes weiter sinkt, der eigene Rettungsdienst unwirtschaftlicher wird und die Diskussion mit den Kostenträgern schwierig ist. Dies ist jedoch die zu respektierende Folge der gesetzgeberischen Entscheidung dafür, im Rahmen eines Trennungsmodels die Zulassung Privater außerhalb des öffentlichen Rettungsdienst im verträglichen Rahmen vorzusehen, und damit dem betroffenen Grundrecht der Unternehmer in diesem Bereich (Art. 12 GG) Rechnung zu tragen. Solange es -wie hier- um eine objektiv verträgliche Zulassung des ersten und einzigen privaten Unternehmers mit nur zwei Fahrzeugen geht, ist es naheliegend, dass hierzu in den Verhandlungen mit den Kostenträgern eine Lösung gefunden wird, denn auch die Kostenträger müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen beachten.
- 57
Der Kläger wird die konkreten Fahrzeuge, auf die sich die Genehmigung beziehen soll, nach Rechtskraft der Entscheidung noch mit Kennzeichen und Fahrgestellnummer gegenüber dem Beklagten zu benennen haben, da dies für den Umfang der Genehmigung relevant ist (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 RDG). Dass dies bisher nicht geschehen ist, ist verständlich, da es nicht zumutbar ist, solche Fahrzeuge zu erwerben und zuzulassen, solange nicht klar ist, ob sie auch zum Einsatz kommen dürfen. Dieser Gesichtspunkt steht dem Erfolg der Verpflichtungsklage nicht entgegen, da solche Einzelheiten ebenso wie die Frage von Nebenbestimmungen im Verwaltungsverfahren im Anschluss an die Klärung eines Genehmigungsanspruchs dem Grunde nach geregelt werden können.
- 58
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 59
Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO iVm § 709 ZPO.
(1) Natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), dürfen aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in folgenden Bereichen erbringen:
- 1.
Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1), - 2.
Rentenberatung auf dem Gebiet der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts, des übrigen Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständischen Versorgung, - 3.
Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht; ist das ausländische Recht das Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, darf auch auf dem Gebiet des Rechts der Europäischen Union und des Rechts des Europäischen Wirtschaftsraums beraten werden.
(2) Die Registrierung erfolgt auf Antrag. Soll die Registrierung nach Absatz 1 Satz 2 für einen Teilbereich erfolgen, ist dieser im Antrag zu bezeichnen.
(3) Die Registrierung kann, wenn dies zum Schutz der Rechtsuchenden oder des Rechtsverkehrs erforderlich ist, von Bedingungen abhängig gemacht oder mit Auflagen verbunden werden. Auflagen können jederzeit angeordnet oder geändert werden. Ist die Registrierung auf einen Teilbereich beschränkt, muss der Umfang der beruflichen Tätigkeit den Rechtsuchenden gegenüber eindeutig angegeben werden.
(1) Inkassodienstleistungen erfordern besondere Sachkunde in den für die beantragte Inkassotätigkeit bedeutsamen Gebieten des Rechts, insbesondere des Bürgerlichen Rechts, des Handels-, Wertpapier- und Gesellschaftsrechts, des Zivilprozessrechts einschließlich des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts sowie des Kostenrechts.
(2) Rentenberatung erfordert besondere Sachkunde im Recht der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung und in den übrigen Teilbereichen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, für die eine Registrierung beantragt wird, Kenntnisse über Aufbau, Gliederung und Strukturprinzipien der sozialen Sicherung sowie Kenntnisse der gemeinsamen, für alle Sozialleistungsbereiche geltenden Rechtsgrundsätze einschließlich des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens und des sozialgerichtlichen Verfahrens.
(3) Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht erfordern besondere Sachkunde in dem ausländischen Recht oder in den Teilbereichen des ausländischen Rechts, für die eine Registrierung beantragt wird.
(4) Berufsbezeichnungen, die den Begriff „Inkasso“ enthalten, sowie die Berufsbezeichnung „Rentenberaterin“ oder „Rentenberater“ oder diesen zum Verwechseln ähnliche Bezeichnungen dürfen nur von entsprechend registrierten Personen geführt werden.
(5) Personen, die eine Berufsqualifikation im Sinne des § 12 Absatz 3 Satz 4 besitzen und nur für einen Teilbereich nach § 10 Absatz 1 Satz 2 registriert sind, haben ihre Berufstätigkeit unter der in die deutsche Sprache übersetzten Berufsbezeichnung ihres Herkunftsstaates auszuüben.
(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen (unentgeltliche Rechtsdienstleistungen).
(2) Wer unentgeltliche Rechtsdienstleistungen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen erbringt, muss sicherstellen, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. Anleitung erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Rechtsdienstleistungen ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwirkung bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist.
(1) Inkassodienstleistungen erfordern besondere Sachkunde in den für die beantragte Inkassotätigkeit bedeutsamen Gebieten des Rechts, insbesondere des Bürgerlichen Rechts, des Handels-, Wertpapier- und Gesellschaftsrechts, des Zivilprozessrechts einschließlich des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts sowie des Kostenrechts.
(2) Rentenberatung erfordert besondere Sachkunde im Recht der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung und in den übrigen Teilbereichen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, für die eine Registrierung beantragt wird, Kenntnisse über Aufbau, Gliederung und Strukturprinzipien der sozialen Sicherung sowie Kenntnisse der gemeinsamen, für alle Sozialleistungsbereiche geltenden Rechtsgrundsätze einschließlich des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens und des sozialgerichtlichen Verfahrens.
(3) Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht erfordern besondere Sachkunde in dem ausländischen Recht oder in den Teilbereichen des ausländischen Rechts, für die eine Registrierung beantragt wird.
(4) Berufsbezeichnungen, die den Begriff „Inkasso“ enthalten, sowie die Berufsbezeichnung „Rentenberaterin“ oder „Rentenberater“ oder diesen zum Verwechseln ähnliche Bezeichnungen dürfen nur von entsprechend registrierten Personen geführt werden.
(5) Personen, die eine Berufsqualifikation im Sinne des § 12 Absatz 3 Satz 4 besitzen und nur für einen Teilbereich nach § 10 Absatz 1 Satz 2 registriert sind, haben ihre Berufstätigkeit unter der in die deutsche Sprache übersetzten Berufsbezeichnung ihres Herkunftsstaates auszuüben.
(1) Natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), dürfen aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in folgenden Bereichen erbringen:
- 1.
Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1), - 2.
Rentenberatung auf dem Gebiet der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts, des übrigen Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständischen Versorgung, - 3.
Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht; ist das ausländische Recht das Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, darf auch auf dem Gebiet des Rechts der Europäischen Union und des Rechts des Europäischen Wirtschaftsraums beraten werden.
(2) Die Registrierung erfolgt auf Antrag. Soll die Registrierung nach Absatz 1 Satz 2 für einen Teilbereich erfolgen, ist dieser im Antrag zu bezeichnen.
(3) Die Registrierung kann, wenn dies zum Schutz der Rechtsuchenden oder des Rechtsverkehrs erforderlich ist, von Bedingungen abhängig gemacht oder mit Auflagen verbunden werden. Auflagen können jederzeit angeordnet oder geändert werden. Ist die Registrierung auf einen Teilbereich beschränkt, muss der Umfang der beruflichen Tätigkeit den Rechtsuchenden gegenüber eindeutig angegeben werden.
(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen (unentgeltliche Rechtsdienstleistungen).
(2) Wer unentgeltliche Rechtsdienstleistungen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen erbringt, muss sicherstellen, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. Anleitung erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Rechtsdienstleistungen ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwirkung bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist.
(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen, die
- 1.
berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse, - 2.
Genossenschaften, genossenschaftliche Prüfungsverbände und deren Spitzenverbände sowie genossenschaftliche Treuhandstellen und ähnliche genossenschaftliche Einrichtungen
(2) Wer Rechtsdienstleistungen nach Absatz 1 erbringt, muss über die zur sachgerechten Erbringung dieser Rechtsdienstleistungen erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung verfügen und sicherstellen, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. § 6 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 12. Dezember 2012 geändert. Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 21. Oktober 2011 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 24. Mai 2011 auch insoweit neu zu bescheiden, als die Erteilung von weiteren zwei Genehmigungen für einen Krankentransportwagen beantragt ist.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 65% und die Beklagte zu 35%.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger betreibt in N. seit 2011 ein Taxiunternehmen mit dem er Krankenfahrten (sog. nichtqualifizierte Krankentransporte) durchführt.
3Am 24. Mai 2011 beantragte er bei der Beklagten die Erteilung von fünf Genehmigungen für die Durchführung von Krankentransporten im Gebiet der Stadt N. . Der Kläger gab an, bisher keine Genehmigung besessen zu haben. Die nötigen Fahrzeuge würden nach Erteilung der Genehmigung angeschafft.
4Der öffentliche Rettungsdienst nach dem Rettungsgesetz (RettG) NRW wurde in der Stadt N. von 2009 bis zum 30. April 2014 durch gemäß § 13 RettG NRW eingebundene Hilfsorganisationen und die Stadt N. durchgeführt, wobei acht der vorgehaltenen elf Krankentransportwagen (KTW) durch die Hilfsorganisationen (jeweils zwei vom Deutschen Roten Kreuz, von dem Malteser Hilfsdienst, der Johanniter Unfallhilfe und dem Arbeiter-Samariter-Bund) und drei KTW durch die Feuerwehr der Stadt N. betrieben wurden. Seit dem 1. Mai 2014 erfolgte als Ergebnis einer europaweitern Ausschreibung die Einbindung eines privaten Anbieters (G. Kranken-Transport I. GmbH) anstelle des Malteser Hilfsdienstes mit zwei KTW. Zudem verfügt der ASB über eine Genehmigung nach § 18 RettG NRW a.F. (jetzt § 17 RettG NRW), die zwischenzeitlich ruhte, von der Beklagten aber mit Bescheid vom 15. November 2013 im bisherigen Umfang befristet bis zum 31. Dezember 2017 nach Maßgabe des § 19 Abs. 6 RettG NRW in der bis zum 31. März 2015 geltenden Fassung wiedererteilt wurde. Der Krankentransport im Gebiet der Stadt N. wird damit insgesamt von zwölf KTW wahrgenommen.
5Nach Anhörung lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 21. Oktober 2011 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Genehmigungen seien bereits nach § 19 Abs. 4 RettG NRW zu versagen. Ein funktionsfähiger Rettungsdienst im Sinne des § 6 RettG NRW sei bereits sichergestellt. Bei Genehmigungserteilung würde die Verträglichkeitsgrenze für den öffentlichen Rettungsdienst überschritten. Die Transportzahlen seien seit Jahren rückläufig. Günstigstenfalls werde das Transportaufkommen gehalten. Die Vorhaltung von KTW sei in den letzten Jahren reduziert worden. Die Ausnutzung der begehrten Genehmigungen werde die Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes betriebswirtschaftlich schwächen und zu überhöhten Gebühren führen.
6Der Kläger hat am 12. November 2011 beim Verwaltungsgericht Münster Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, aufgrund der zu erwartenden Erhöhung der Einwohnerzahl und der zunehmenden Überalterung der Bevölkerung sei ein Mehrbedarf an Krankentransportleistungen in N. zu erwarten. Zudem erfolgten zunehmend rechtswidrige Krankenfahrten statt eigentlich durchzuführender Krankentransporte. Die Prognose der Beklagten fuße nicht auf zuverlässigen Grundlagen.
7Hinsichtlich zweier Krankentransportgenehmigungen hat der Kläger die Klage zurückgenommen und im Übrigen beantragt,
8die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger drei Krankentransportgenehmigungen für den Betriebsbereich der Stadt N. - bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen - zu erteilen,
9hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts den Antrag des Klägers neu zu bescheiden.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie hat im Wesentlichen ausgeführt, die Zahl der Krankentransporte sei in den Jahren 2002 - 2007 rückläufig und von 2008 - 2011 mit jeweils ca. 10.500 Fahrten pro Jahr relativ stabil geblieben. Aus Kostengründen sei im Entwurf des Bedarfsplans für den Rettungsdienst die Bedienzeit für den Krankentransport von 45 auf 60 Minuten erhöht worden. Diese Frist sei im Jahre 2012 in 95% der Fälle, im Jahre 2011 in mehr als 90% der Fälle eingehalten worden. Die Betriebszeiten der Krankentransporte lägen zwischen 7.00 Uhr und 22.00 Uhr. Nachts würden die in äußerst geringem Umfang anfallenden Krankentransportfahrten durch Rettungswagen ausgeführt, da die Bereitstellung von Personal für einen KTW unwirtschaftlich sei. In den Jahren 2010 und 2011 sei ein sechsstelliger Zuschuss erforderlich gewesen. Ursache sei u.a. die Zahlung höherer Vergütungen an die eingebundenen Hilfsorganisationen als Ergebnis der damaligen Ausschreibung. Dafür hätten die Hilfsorganisationen allerdings bei gleichbleibenden Einsatzzeiten acht statt sechs KTW vorhalten müssen. Mit den Hilfsorganisationen sei abgesprochen, dass bei einem Rückgang der Krankentransporte pro Jahr von ungefähr 1.000 beabsichtigt sei, einen KTW außer Betrieb zu setzen. Die Erteilung von Genehmigungen an den Kläger würde die Finanzierung der vorhandenen Hilfestandards gefährden. Der Kostendruck im Gesundheitswesen führe dazu, dass zunehmend Fahrten nach dem Personenbeförderungsgesetz verordnet und damit dem qualifizierten Krankentransport entzogen würden. Entscheidend hierfür sei die ärztliche Verordnung.
13Mit dem angefochtenen Urteil vom 12. Dezember 2012 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat. Ferner hat es der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers insoweit neu zu bescheiden, als die Erteilung einer Genehmigung für einen Krankentransportwagen beantragt ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Bescheid der Beklagten sei hinsichtlich einer beantragten Genehmigung rechtswidrig. Sie habe bei der im Rahmen des § 19 Abs. 4 RettG NRW durchzuführenden Prognose die durchschnittliche Dauer der Einsätze nicht berücksichtigt. Auch fehle es an einer hinreichend genauen Unterfütterung der Prognose, dass selbst die Zulassung nur eines KTW das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst hinreichend gewichtig beeinträchtigen würde. Von der Beklagten sei nicht nachvollziehbar aufgezeigt, dass die Genehmigung eines KTW bei den im öffentlichen Rettungsdienst vorgehaltenen elf KTW zu einem überproportionalen Einsatzrückgang führen würde oder dass ein Rückgang von 9-10% eine ernstliche und schwerwiegende Beeinträchtigung des öffentlichen Rettungsdienstes befürchten ließe. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung belegten die Zahlen wieder einen Anstieg der Krankentransporte. Der Kostendeckungsgrad sei nicht in einem solchen Maße defizitär, dass die Zulassung eines weiteren KTW notwendigerweise zu erheblichen Beeinträchtigungen führe. Es sei auch in den Blick zu nehmen, dass die Kostendeckung in den Jahren 2007 - 2009 mehr als 100% betragen habe. Eine dauernde, auch in Zukunft aller Wahrscheinlichkeit nach anhaltende defizitäre Ertragslage, der man nicht durch Umstrukturierungen begegnen könne, habe die Beklagte nicht hinreichend konkret dargelegt. Ebenso sei nicht hinreichend ausgeführt, dass die Beklagte bei Außerkraftsetzen eines KTW ihrer Sicherstellungspflicht nach § 6 Abs. 1 RettG NRW nicht mehr nachkommen könne. Auch sei nicht hinreichend belastbar dargestellt, dass als Folge der Genehmigung eines KTW eine erhebliche Erhöhung der Benutzungsgebühren erforderlich werde. Anders sei dies jedoch bereits bei der Erteilung von zwei Genehmigungen. Dies bewirke voraussichtlich einen Fahrten- und damit Umsatzrückgang von ca. 20%. Bei unveränderter Gebührenhöhe seien Einnahmeminderungen von ca. 370.000 € zu befürchten. Angesichts der Sicherstellungspflicht sei die Möglichkeit der Beklagten, kostenmindernd zu reagieren, fernliegend. Da die Vorhaltung privater KTW durch den Kläger nicht berücksichtigt werden dürfe, könnten nicht etwa zwei (öffentliche) KTW außer Betrieb gesetzt werden. Hinsichtlich der Verlagerung von Krankentransporten sei nicht hinreichend konkret erkennbar, dass der zusätzliche Umfang an Krankentransporten zur Verträglichkeit der Genehmigung zweier zusätzlicher KTW führte. Der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Prognosespielraum könne nicht dazu führen, dass die Behörde zur Neubescheidung auch in Bezug auf die weiteren beiden Genehmigungen verpflichtet werde.
14Auf den Antrag des Klägers hat der Senat die Berufung zugelassen. Die Beklagte hat ihren zunächst gestellte Zulassungsantrag wieder zurückgenommen, aber fristgerecht Anschlussberufung eingelegt.
15Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, er habe einen Anspruch auf Erteilung von drei Krankentransportgenehmigungen, wenn die weiteren säch-lichen und persönlichen Voraussetzungen vorlägen. Entsprechende KTW seien zwischenzeitlich angeschafft worden. Eine Gefährdung des öffentlichen Rettungsdienstes durch die beantragten Genehmigungen sei nicht ersichtlich. Der nunmehr vorhandene Rettungsdienstbedarfsplan setze sich nicht mit aktuellen Entwicklungen auseinander. Es werde dort von nunmehr 72 statt vormals 68 Genehmigungen für den Behindertentransport sowie Liegendkrankenfahrten ausgegangen. Die Unternehmen mit einer Genehmigung nach § 49 PBefG träten wie Anbieter von Krankentransportdienstleistungen auf und entzögen dem qualifizierten Krankentransport rechtswidrig Fahrten, so u. a. von MRSA-erkrankten und -infizierten Personen, von Patienten, die als demente, altersverwirrte oder verängstigte Personen einer fachlichen Begleitung bedürften, sowie von Parese-patienten. Dies erreiche einen Umfang pro Jahr von wenigstens 3.000 Fahrten in N. . Es könne nicht zulasten des Klägers gehen, wenn die Beklagte hier ihrer Aufsichtsfunktion nicht nachkomme. Auch habe die Beklagte nicht mehr den ASB in den öffentlichen Rettungsdienst eingebunden, sondern die Tätigkeit neu ausgeschrieben und an die G. -Gruppe vergeben. Hier hätte es sich ange-boten, dem Kläger die beantragten Genehmigungen zu erteilen. Der Bedarfsplan stelle nicht die Kosten- und Ertragslage dar. In dem angegriffenen ablehnenden Bescheid sei weder die durchschnittliche Einsatzdauer angegeben noch eine konkrete Abschätzung, etwa wie viele der jährlichen Krankentransporte durch die Nutzung einer KTW-Genehmigung oder mehrerer KTW-Genehmigungen durch den Kläger entfallen würden. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass der Landesgesetzgeber sich für ein duales System von öffentlichen und privaten Anbietern entschieden habe. Nach der gesetzlichen Neuregelung vom 25. März 2015 (§ 12 Abs. 1 Satz 3 RettG NRW) seien bei der Bedarfsermittlung auch private Anbieter berücksichtigungsfähig.
16Der Kläger beantragt,
17das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 12. Dezember 2012 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm – vorbehalt-lich einer Prüfung der in den §§ 19 und 20 RettG NRW genannten Voraussetzungen - die Geneh-migung für drei Krankentransportwagen für den Betriebsbereich der Beklagten zu erteilen,
18hilfsweise
19seinen Antrag auf Genehmigung für zwei Krankentransportwagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden
20sowie die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
21Die Beklagte beantragt,
22die Berufung des Klägers zurückzuweisen
23und das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 12. Dezember 2012 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
24Sie ist der Auffassung, die Klage sei insgesamt unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die drei beantragten rettungsdienstrechtlichen Genehmigungen. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Genehmigungen scheitere schon am fehlenden Nachweis der subjektiven Voraussetzungen.
25Dem Kläger stehe überdies auch insgesamt kein Neubescheidungsanspruch zu. Sie - die Beklagte - habe eine beurteilungsfehlerfreie Prognoseentscheidung über das Vorliegen des Versagungsgrundes nach § 19 Abs. 4 Satz 1 RettG NRW getroffen und diese aufgrund der aktuellen Zahlen und Auswertungen aktualisiert. Nach dem Ergebnis der Prognose sei zu erwarten, dass schon der Gebrauch einer zusätzlichen Genehmigung das öffentliche Interesse an einem funktionierenden Rettungsdienst im Sinne von § 6 RettG NRW ernstlich und schwerwiegend beeinträchtige. Die Prognose sei objektiv nachvollziehbar und auf der Grundlage eines vollständig ermittelten Sachverhalts getroffen worden. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, erst mithilfe der durchschnittlichen Einsatzdauer eines öffentlichen Krankentransports im fraglichen Rettungsdienstbereich sei zu ermitteln, wie viele Transporte durch den Gebrauch der beantragten Genehmigung je Krankentransportwagen dem öffentlichen Krankentransport entzogen würden, sei unzutreffend.
26Es sei davon auszugehen, dass sich der Antrag des Klägers auf den Maximalvorhalteumfang von 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr erstrecke. Das bedeute für jeden Krankentransportwagen ein Genehmigungsumfang in Höhe von 168 Std./Woche, mithin für zwei KTW 336 Std./Woche und für drei KTW 504 Std./Woche. Der Gesamtumfang der Betriebs- und Vorhaltestunden des öffent-lichen Krankentransports nach Maßgabe des aktuellen Rettungsdienstplanes betrage seit dem 1. Mai 2014 534,5 Std./Woche verteilt auf 11 KTW. Damit reiche der insgesamt beantragte Betriebs- und Vorhalteumfang des Klägers fast an die gesamte aktuelle Vorhaltung des öffentlichen Rettungsdienstes heran und hätte die bis zum 30. April 2014 bestehende Vorhaltung sogar um 19 Std. je Woche überstiegen. Zwei weitere KTW erreichten danach bereits einen Umfang von 62,9% der Gesamtvorhaltung des öffentlichen Krankentransports; ein weiterer KTW immer noch ca. ein Drittel in Höhe von 31,3% der Vorhaltung.
27Die Beklagte gehe weiterhin davon aus, dass das Hinzukommen des Klägers zu einer dem Genehmigungsumfang entsprechenden Verlagerung des Einsatzaufkommens zu Lasten der öffentlichen Vorhaltung führe. Aufgrund des Betriebsstandortes könne der Kläger grundsätzlich alle im gesamten Stadtgebiet anfallenden qualifizierten Krankentransporte innerhalb der gültigen Bedien- und Wartezeit von 60 Minuten durchführen. Zudem sei der Kläger, der nicht auch unwirtschaftliche Kapazitäten refinanzieren müsse, in der Lage, die Gebühren geringer anzusetzen als die Beklagte.
28Aufgrund der von 2011 bis zum 1. Halbjahr 2014 durchgeführten Krankentransporte ergebe sich unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlags von 10%-Punkten ein Einsatzrückgang im öffentlichen Krankentransport bei einem zusätzlichen KTW von rund 24%, bei zwei zusätzlichen KTW von rund 58%. Dabei seien noch nicht das rückläufige Einsatzaufkommen und die seit dem 1. Mai 2014 reaktivierte Genehmigung des ASB im Umfang von 168 Wochenstunden einbezogen worden.
29Der Rückgang des Einsatzaufkommens sei ernstlich und schwerwiegend im Sinne von § 19 Abs. 4 Satz 1 RettG NRW, weil er die wirtschaftlich-finanzielle Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes in einem erheblichen Umfang und damit im Ergebnis auch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen öffentlichen Krankentransport beeinträchtige. Im öffentlichen Krankentransport bestehe bereits seit dem Betriebsjahr 2010 eine defizitäre Kosten- und Ertragslage, die nur durch eine Sonderrücklage habe zunächst abgefangen werden können. Diese Rücklage sei mit Ende des Betriebsjahres 2013 aufgebraucht, so dass bereits ohne Hinzutreten des Klägers und des ASB eine Gebührenerhöhung von 120 € auf 146 € (um rund 22%) habe erfolgen müssen. Die Gebühren gehörten nunmehr im interkommunalen Vergleich zu den höchsten. Trotzdem sei für das Betriebsjahr 2014 wegen des Rückgangs an Einsatzzahlen in Höhe von 5,4% im ersten Halbjahr wieder eine Unterdeckung absehbar. Dem durch das Hinzutreten von Genehmigungen des Klägers verursachten Defizit sei nicht durch Ausgleichsmaßnahmen zu begegnen. Ein Großteil der Kosten entfalle einsatzunabhängig auf die Vorhaltung von Personal und Rettungsmitteln. Den notwendigen Vorhaltestunden stehe daher ein Auslastungsgrad je KTW von derzeit nur 68% gegenüber. Die Wirtschaftlichkeitsgrenze liege bei ca. 60%. Bei Hinzutreten bereits eines KTW des Klägers werde der Auslastungsgrad im Durchschnitt der vergangenen Jahre um 23,27% auf 45,05% reduziert, bei zwei zusätzlichen KTW sogar um 46,77% auf 21,55%. Bei einsatzabhängigen Kosten von nur rund 8,3% der Gesamtkosten ergebe sich eine (weitere) Unterdeckung für das Betriebsjahr 2015 in Höhe von 258.493,50 € bei Hinzutreten eines KTW und in Höhe von 801.598,90 € bei Hinzutreten zweier KTW. Um diese Unterdeckung auszugleichen, müssten die Gebühren bei einem weiteren KTW auf 177 € angehoben werden, bei zwei weiteren KTW sogar auf 320 €. Hierbei seien noch nicht einmal der Einsatzrückgang und die zusätzliche Genehmigung des ASB berücksichtigt worden. Diese Mehrkosten würden wegen Unwirtschaftlichkeit von den gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr erstattet, was insgesamt die dauerhafte Finanzierbarkeit des öffentlichen Rettungsdienstes und die Aufrechterhaltung eines hohen Qualitäts- und Versorgungsniveaus bedrohe. Ein Abbau von Kapazitäten des öffentlichen Krankentransports komme ebenfalls nicht in Betracht. Die Beklagte sei schon wegen der gesetzlichen Sicherstellungspflicht (§ 6 Abs. 1 RettG NRW) und der fehlenden Möglichkeit, zur Erfüllung dieser ersatzweise auf private Anbieter zurückzugreifen, nicht dazu berechtigt, im Umfang der vom Kläger beantragten Genehmigungen proportional eigene öffentliche Kapazitäten abzubauen. Daran habe sich auch durch die neue Gesetzeslage nichts geändert. Im Rahmen des § 12 Abs. 1 Satz 3 RettG NRW seien nur vorhandene Unternehmer zu berücksichtigen. Die im Bedarfsplan festgeschriebenen Bedien- und Wartezeiten würden nicht derart unterschritten, als dass ein weiterer Abbau von Kapazitäten bei Erfüllung der Sicherstellungspflicht in Betracht komme. Bei den als Verwaltungshelfer in den öffentlichen Krankentransport eingebundenen Rettungsdienstunternehmen sei ein Kapazitätsabbau überdies nur im Rahmen von Änderungen der Einbindungsvereinbarung möglich und zulässig, was aber zunächst eine entsprechende Fortschreibung des Bedarfsplanes voraussetze. Die Stilllegung eines KTW würde ohnehin die Gesamtkosten der Beklagten nur um maximal 200.000 € reduzieren, was die zu erwartende Unterdeckung bei Weitem nicht abbauen würde.
30Die Beklagte könne keine zusätzlichen Einsatzzahlen durch eine Verhinderung der Einsatzverlagerung zu Krankenfahrten erzielen. Sie erfülle ihre Aufgabe als Ordnungsbehörde. Eine Bedarfslücke führe überdies wegen der Sicherstellungspflicht der Beklagten möglicherweise zu einer Erhöhung der Vorhaltung im öffentlichen Krankentransport. MRSA-Infizierte müssten nicht zwangsläufig mit einem qualifizierten Krankentransport befördert werden.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe:
33Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg (I). Die Anschlussberufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet (II).
34I.
35Die zulässige Berufung des Klägers ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der auf die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung von drei Genehmigungen für den Betrieb von KTW - vorbehaltlich einer Prüfung der in den §§ 19 und 20 RettG NRW genannten Genehmigungsvoraussetzungen - gerichtete Hauptantrag ist unbegründet (1.). Der Hilfsantrag auf Neubescheidung des Antrags auf Erteilung von Genehmigungen für zwei weitere KTW ist hingegen begründet, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO (2.).
36Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der Erteilung einer Genehmigung für den Krankentransport ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung - hier durch das Berufungsgericht -, so dass auch die im Berufungsverfahren neu vorgetragenen Tatsachen zu berücksichtigen sind.
37Vgl. OVG NRW, Urteile vom 16. September 2008 - 13 A 2763/06 -, juris, Rn. 38 f.; vom 10. Juni 2008 - 13 A 1779/06 -, juris, Rn. 31 m. w. N., und vom 7. März 2007 ‑ 13 A 3700/04 -, juris, Rn. 43f.
38Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrten Genehmigungen sind danach §§ 17 Abs. 1 Satz 1, 19 Abs. 1 Satz 1 RettG NRW in der Fassung der Änderung vom 17. Dezember 2015. Beim Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen besteht grundsätzlich ein gebundener Anspruch auf die Genehmigungen aus §§ 17, 19 RettG NRW i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG.
391.
40Der Hauptantrag ist unbegründet, weil dem Gericht eine Feststellung über das Nichteingreifen der Funktionsschutzklausel des § 19 Abs. 4 RettG NRW wegen des der Behörde eingeräumten, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Prognosespielraums nicht möglich ist.
41Gemäß § 19 Abs. 4 RettG NRW ist eine Genehmigung zu versagen, wenn zu erwarten ist, dass durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst im Sinne von § 6 in Verbindung mit § 12 RettG NRW beeinträchtigt wird. Diese Norm, die in die Freiheit der Berufswahl eingreift, verstößt weder gegen Unionsrecht noch gegen Verfassungsrecht.
42Vgl. OVG NRW, Urteile vom 10. Juni 2008 - 13 A 1779/06 -; juris, Rn. 37 ff., vom 7. März 2007 - 13 A 3700/04 -, juris, Rn. 48 ff. m. w. N; Beschluss vom 22. September 2010 - 13 A 1047/10 -, juris, Rn. 24 f.; BVerwG, Beschluss vom 6. März 2009 - 3 B 118/08 -, juris, Rn. 3; Urteil vom 17. Juni 1999 - 3 C 20.98 -, juris, Rn. 35 ff.
43Von einer Beeinträchtigung im o. g. Sinne kann mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG nur dann die Rede sein, wenn ernstliche und schwerwiegende Nachteile zu erwarten sind, also eine Verträglichkeitsgrenze überschritten wird. Das ist nach dem Regelungszweck des § 19 Abs. 4 RettG NRW zu bestimmen. Ziel ist es, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes durch die Steuerung der Zulassung privater Unternehmer zu gewährleisten, um auszuschließen, dass unkoordiniert zusätzliche Vorhaltungen geschaffen werden, die eine sinnvolle Auslastung der für den Rettungsdienst eingesetzten Fahrzeuge einschränken. Für den Fall unbeschränkter Zulassung wird eine nachhaltige Störung der Existenz des öffentlichen Rettungsdienstes als kostenintensives flächendeckendes Versorgungssystem befürchtet, weil die privaten Unternehmen sich die lukrativsten und günstigsten Einsatzorte und Einsatzzeiten heraussuchen könnten, so dass beim öffentlichen Rettungsdienst nur noch die ungünstigen und kaum ertrag-reichen Einsatzorte und Einsatzzeiten verblieben. Die Annahme ernstlicher und schwerwiegender Nachteile ist deshalb nicht schon dann gerechtfertigt, wenn eine bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung sichergestellt ist, denn dann bestünde wegen des Gesetzesauftrags in § 6 RettG NRW nie Bedarf, Private zuzulassen. Erst dann, wenn darüber hinaus eine Verträglichkeitsgrenze überschritten wird, können ernstliche und schwerwiegende Nachteile angenommen werden. Wann das der Fall ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls.
44OVG NRW, Urteil vom 10. Juni 2008 - 13 A 1779/06 -, juris, Rn. 56 ff., m. w. N.
45Bei der Prüfung sind nach § 19 Abs. 4 Satz 2 und 3 RettG NRW insbesondere die Pflicht zur flächendeckenden Vorhaltung und die Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes im vorgesehenen Betriebsbereich zu berücksichtigen. Dabei sind die Einsatzzahlen, die Eintreffzeit und Dauer der Einsätze sowie die Entwicklung der Kosten- und Ertragslage zugrunde zu legen. Damit wird klargestellt, dass eine ungünstige Kosten- und Ertragslage für sich keinen Versagungsgrund darstellt, sondern nur als Indiz bei der Verträglichkeitsprüfung zu berücksichtigen ist. Etwas anderes kann allenfalls bei einer dauernden und auch in Zukunft aller Wahrscheinlichkeit nach anhaltenden defizitären Ertragslage des öffentlichen Rettungsdienstes gelten, wenn dieser nicht durch zumutbare Umstrukturierungen begegnet werden kann. In diesem Fall droht die Gefahr, dass die Qualitätsstandards nicht dauerhaft aufrecht erhalten werden können und das System als solches beeinträchtigt wird. Droht kein Defizit oder ein noch im Rahmen der Verträglichkeit liegendes, sind insbesondere die in § 19 Abs. 4 Satz 2 RettG NRW weiter benannten Kriterien in die Prognoseentscheidung einzubeziehen, um auf Grund einer Gesamtbeurteilung zu einer Feststellung der Verträglichkeit zu kommen.
46Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juni 2008 - 13 A 1779/06 -, juris, Rn. 69.
47Aus der Formulierung „wenn zu erwarten ist“ folgt, dass es sich bei der im Rahmen des § 19 Abs. 4 RettG NRW zu treffenden Entscheidung um eine solche handelt, bei der der Genehmigungsbehörde ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Prognosespielraum eingeräumt ist.
48Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juni 2008 - 13 A 1779/06 -, juris, Rn. 72.
49Die die Genehmigung versagende Entscheidung ist daher nur darauf zu überprüfen, ob die Behörde den maßgebenden Sachverhalt vollständig ermittelt, die maßgeblichen Gesichtspunkte erkannt und den möglichen Verlauf der Entwicklung vertretbar, d. h. nicht offensichtlich fehlerhaft, eingeschätzt hat.
50Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2007, Rn.63 f., m. w. N.
51Das bedeutet, dass das Gericht die Behörde zur erneuten Bescheidung verpflichten muss, wenn es feststellt, dass die Behörde nicht alle für die Beurteilung maßgebenden Gesichtspunkte berücksichtigt hat. Es darf die Sache hingegen nicht in der Weise „entscheidungsreif“ machen, dass es die der Behörde obliegende Prognoseentscheidung selbst trifft. Allenfalls dann, wenn eine Sachlage gegeben ist, die keinen Raum für die der streitigen Behördenentscheidung zugrunde liegende Einschätzung lässt, darf das Gericht die Behörde ausnahmsweise zur Genehmigungserteilung verpflichten.
52Vgl. OVG NRW, Urteile vom 16. September 2008 - 13 A 2763/06 -, juris, Rn. 81; vom 10. Juni 2008 - 13 S 1779/06 -, juris, Rn. 78; Beschluss vom 30. August 2011 ‑ 13 A 1558/11 -, juris, Rn. 3 ff.
53Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Mit Blick auf die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen und Ausführungen zur Entwicklung der Kosten- und Ertragslage, zu den Einsatzzahlen, der Dauer der Einsätze, den Eintreffzeiten und der Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes ist jedenfalls auch Raum für eine die Versagung rechtfertigende Prognose vorhanden.
542.
55Der Hilfsantrag ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auch hinsichtlich der weiteren zwei beantragten Genehmigungen, weil die Entscheidung der Beklagten über das Eingreifen des Versagungsgrundes nach § 19 Abs. 4 RettG NRW rechtswidrig ist. Die Behörde muss die Funktionsschutzklausel auch im Hinblick auf die zwei weiteren beantragten Genehmigungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut prüfen.
56Dabei ist, wenn - wie hier - mehrere Genehmigungsanträge vorliegen, von der Behörde nicht für jede einzelne Genehmigung eine prognostische Wertung dahin zu treffen, ob durch sie allein das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst beeinträchtigt wird. Es ist vielmehr einheitlich zu prüfen, ob und bejahendenfalls wie viele Genehmigungen noch erteilt werden können. Hat die Behörde die Frage, ob noch Genehmigungen erteilt werden können, aufgrund offensichtlich fehlerhafter Prognose verneint, so steht fest, dass ein Versagungsgrund nicht gegeben ist. Es steht dem Gericht grundsätzlich aber nicht zu, selbst die Zahl von noch zu erteilenden Genehmigungen einzuschätzen. Ist die Prognose fehlerhaft, bedarf es zunächst einer fehlerfreien behördlichen Einschätzung der Zahl von Genehmigungen, die ohne Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem funktionsfähigen Rettungsdienst erteilt werden können.
57Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juni 2008 - 13 A 1779/06 -, juris, Rn.79 ff.
58Die von der Beklagten getroffene Prognoseentscheidung, wonach jede weitere Genehmigung nach § 17 RettG NRW zur Systemunverträglichkeit führt, ist nicht tragfähig und daher rechtswidrig.
59Der von der Beklagten ihrer Prognose zugrunde gelegte Sachverhalt ist nicht zutreffend ermittelt.
60Bei der Annahme, welche Auswirkungen hinzukommende klägerische KTW auf das erwartete Einsatzaufkommen haben, wie sich die Kosten- und Ertragslage entwickeln wird und welches Defizit im öffentlichen Krankentransport voraussichtlich entstehen wird, ist die Beklagte von falschen Grundlagen ausgegangen. Sie hat in ihre Berechnungen Betriebszeiten des Klägers von wöchentlich 168 Stunden pro KTW (24 Std. täglich) einbezogen. Dies ist fehlerhaft angesichts der Tatsache, dass der öffentliche Krankentransport nur Betriebszeiten von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr (montags bis freitags) und 7.30 Uhr bis 22.00 Uhr (samstags, sonntags und feiertags) abdeckt. In der Zeit von 22.00 Uhr bis 7.00 Uhr bzw. 7.30 Uhr (s. o.) würde der Kläger dem öffentlichen Krankentransport also keine Konkurrenz machen, so dass Auswirkungen klägerischer Genehmigungen auf den öffentlichen Krankentransport in diesem Zeitraum offensichtlich ausscheiden. Im Übrigen hat die Beklagte diesbezüglich selbst ausgeführt, dass in dieser Zeit so gut wie keine Transporte stattfinden, so dass es sich wegen der äußerst geringen Nachfrage auch nicht lohne, auch nur einen KTW mit Personal bereitzuhalten. Diese Zeiten müssen daher bei der Betrachtung von Auswirkungen klägerischer KTW auf den öffentlichen Krankentransport außer Betracht bleiben. Dieser Fehler ist auch erheblich, da er einen Zeitraum von 9 bzw. 9,5 Stunden täglich betrifft, also von insgesamt fast 40% der auf Seiten des Klägers berücksichtigten Betriebszeiten. Dass die Genehmigung des ASB einen Zeitraum von 24 Stunden täglich betrifft, ist unerheblich. Es handelt sich dabei um eine nach § 17 RettG NRW a. F. (jetzt § 18 RettG NRW) erteilte Genehmigung nicht am (öffentlichen) Rettungsdienst beteiligter Unternehmer. Eine Konkurrenz zu etwaigen klägerischen Genehmigungen während der Nachtzeit hätte keinerlei Auswirkungen auf den öffentlichen Rettungsdienst.
61Dieser Fehler führt zur Rechtswidrigkeit der Prognoseentscheidung, denn damit stimmen schon die Ausgangszahlen für die Prognose nicht. Diese fanden sodann Eingang in die nachfolgenden Berechnungen bis hin zur Ermittlung des voraussichtlichen Defizits beim Hinzutreten klägerischer Genehmigungen. Die dort ermittelten Werte waren sodann Gegenstand der Prognoseentscheidung.
62Es kann auch unter keinem anderen Gesichtspunkt eine eindeutige Überschreitung der Verträglichkeitsgrenze angenommen werden. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass sich der Fehler unter keinem Gesichtspunkt auf das Ergebnis der Prognoseentscheidung ausgewirkt haben kann. Die in der Vergangenheit entstandenen Defizite hatten primär andere Gründe als einen Nachfragerückgang. Ursache hier war im Wesentlichen die Aufstockung der KTW um zwei Fahrzeuge bei den beteiligten Hilfsorganisationen ohne Änderung der Einsatzzeiten. Außerdem liegen für die letzten drei Jahre auch keine endgültigen, das Defizit betreffenden Angaben der Beklagten vor. Für das Jahr 2013 gibt es nur ein vorläufiges Betriebsergebnis; für das Jahr 2014 sind hinsichtlich der Kosten und Erlöse nur kalkulatorische Werte vorgelegt worden (wobei die Beklagte hier sogar von einer Kostendeckung zu 100% ausging) und für das Jahr 2015 fehlen die Angaben hinsichtlich der Kosten und Erlöse insgesamt.
63Ferner hat die Beklagte teilweise und zwar bei der Berechnung des Einsatzrückgangs mit einem Sicherheitsabschlag zugunsten des Klägers in Höhe von 10%-Punkten gearbeitet. Bei der weiteren Berechnung, so etwa des Transportrückgangs bei Hinzukommen von zusätzlichen KTW des Klägers, wird ein solcher Sicherheitsabschlag nicht berücksichtigt. Diese Vorgehensweise ist fehlerhaft. Die Beklagte ist zwar nicht verpflichtet, einen Sicherheitszuschlag oder -abschlag vorzunehmen; wenn sie einen solchen allerdings berücksichtigen will, muss sie ihn insgesamt ihren Berechnungen zugrunde legen.
64Darüber hinaus ist die Prognose auch deshalb fehlerhaft, weil die Beklagte nicht die zwischenzeitlich erfolgte Rechtsänderung einbezogen hat. Sie hat nämlich bei ihrer Prognose den Abbau von öffentlichen Vorhaltungen erwogen, hierbei aber angenommen, dass ihr wegen der gesetzlichen Sicherstellungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 RettG NRW ein Abbau von Kapazitäten des öffentlichen Krankentransports im Umfang der vom Kläger beantragten Genehmigungen nicht möglich sei, auch nicht nach der Änderung des RettG NRW. Im Rahmen der Sicherstellungspflicht dürfe sie weiterhin nicht ersatzweise auf private Anbieter verweisen, sondern müsse diese selbst erfüllen. Zur Begründung hat sie auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 10. Juni 2008 - 13 A 1779/06 -, juris, Rn. 90) verwiesen. Der Senat hat in dieser Entscheidung, der allerdings das RettG NRW in der ab dem 28. April 2005 geltenden Fassung zugrunde lag, Folgendes ausgeführt:
65„Wegen der dem Beklagten nach § 6 RettG NRW zwingend obliegenden Verpflichtung zur Vorhaltung eines bedarfs- und flächengerechten öffent-lichen Rettungsdienstes dürfen bestehende Bedarfslücken gerade nicht durch private Unternehmer aufgefangen werden. Auch Art. 12 Abs. 1 GG rechtfertigt nicht die Annahme, der private Unternehmer sei in einem solchen Fall berechtigt, Bedarfslücken im öffentlichen Rettungsdienst zu schließen. Wie dargelegt, kann die Erteilung von Genehmigungen nach § 18 RettG NRW auch in diesen Fällen zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes führen, etwa weil negative Auswirkungen auf die Auslastung, die Einsatzzahlen und die Entwicklung der Kosten- und Ertragslage zu befürchten sind und eine spätere Regulierung des privaten rettungsrechtlichen Marktes wegen § 19 Abs. 6 RettG NRW, wonach dem privaten Unternehmer im Falle der Wiedererteilung einer Genehmigung die Funktionsschutzklausel nicht entgegengehalten werden kann, nur schwerlich möglich ist.“
66Daran hält der Senat mit Blick auf die Änderung des Rettungsgesetzes vom 25. März 2015 nicht mehr fest. Zwar ist § 6 RettG NRW nicht geändert worden, so dass nach wie vor die gesetzliche Sicherstellungpflicht der Kreise und kreisfreien Städte und damit auch der Beklagten besteht (vgl. § 6 Abs. 1 RettG NRW). Allerdings sehen die gesetzlichen Neuregelungen eine stärkere Einbeziehung privater Unternehmer mit einer Genehmigung nach § 17 RettG NRW (§ 18 RettG NRW a. F.) vor - auch im Rahmen der Sicherstellung der bedarfsgerechten und flächendeckenden Versorgung. So ist die Regelung zu den Bedarfsplänen (§ 12 RettG NRW) geändert worden, die in engem Zusammenhang mit der Sicherstellungspflicht steht. Die Bedarfspläne bilden die Grundlage für sämtliche organisatorischen, personellen und finanziellen rettungsdienstlichen Maßnahmen im Rettungsdienstbereich und sind somit die Grundlage für die Erfüllung der Sicherstellungspflicht. § 12 Abs. 1 Satz 3 bis 5 RettG NRW bestimmt nunmehr:
67„Bei der Ermittlung der Zahl der von den Trägern des Rettungsdienstes vorzuhaltenden Fahrzeuge können auch Fahrzeuge von Unternehmen mit einer Genehmigung nach § 17 rechnerisch berücksichtigt werden. Das Nähere zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des Rettungsdienstes kann durch öffentlich-rechtlichen Vertrag mit den Unternehmen geregelt werden. Die Vorschriften des 3. Abschnitts bleiben unberührt.“
68Die Funktionsschutzklausel (§ 19 Abs. 4 RettG NRW) ist zudem wegen der vorstehenden Änderung ergänzt worden, so dass dort nunmehr bestimmt wird:
69„Die Genehmigung ist zu versagen, wenn zu erwarten ist, dass durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst im Sinne von § 6in Verbindung mit § 12 beeinträchtigt wird.“ (Hervorhebung durch den Senat)
70Bereits aus dem Wortlaut dieser Normen folgt, dass die Unternehmen mit einer Genehmigung nach § 17 RettG NRW nunmehr bei der Sicherung des öffentlichen Bedarfs Berücksichtigung finden können und dass diese Tatsache auch bei der Prognose nach § 19 Abs. 4 RettG NRW berücksichtigt werden kann. Dem entsprechen auch Sinn und Zweck der Neuregelung. Zur Begründung des Gesetzestextes, der auf der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales beruht, führt der Ausschuss aus:
71„Die mögliche Berücksichtigung der Unternehmen mit Genehmigungen nach §§ 17 ff. bei der Ermittlung der Zahl der von den Trägern des Rettungsdienstes vorzuhaltenden Fahrzeuge ist im Sinne des gemeinsamen Planungsinteresses der Träger des Rettungsdienstes, der Kostenträger, der anerkannten Hilfsorganisationen und der anderen Leistungserbringer. Den Trägern des Rettungsdienstes wird es ermöglicht, die Zahl derjenigen Fahrzeuge zu reduzieren, die sie bisher aufgrund des Sicherstellungsauftrags vorhalten mussten, obwohl dies unter Berücksichtigung der im Planungsbereich vorhandenen und einsatzbereiten Fahrzeuge von Unternehmen mit einer Genehmigung nach §§ 17 ff. nicht erforderlich gewesen wäre (doppelte Vorhaltung)…“ (LT-Drs. 16/8143, S. 36)
72Sinn und Zweck der Regelung ist also eine Einbeziehungsmöglichkeit privater Unternehmen auch bei der Sicherung des notwendigen Bedarfs, um die nach der vormals geltenden Gesetzesfassung notwendige doppelte Vorhaltung zukünftig vermeiden zu können.
73Damit ist der Beklagten eine Einbeziehung der Fahrzeuge privater Anbieter in ihre Bedarfsplanung möglich; sie steht nach der gesetzlichen Regelung allerdings in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Die Beklagte geht aber bisher (fehlerhaft) davon aus, dass sie weiterhin private Unternehmen im Rahmen ihrer Sicherstellungspflicht nicht berücksichtigen darf und es ihr deshalb nicht möglich ist, bei Erteilung von Genehmigungen an den Kläger Kapazitäten abzubauen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass § 12 Abs. 1 Satz 3 RettG NRW nur Fahrzeuge privater Anbieter erfasst, die bereits über eine Genehmigung nach § 17 RettG NRW verfügen. Das ist auch folgerichtig, denn nur diese Fahrzeuge können tatsächlich Auswirkungen auf den Bedarf haben. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass die § 19 Abs. 4 Satz 1 RettG zu treffende Prognose das (hypothetische) Gebrauchmachen einer nach § 17 RettG NRW erteilten Genehmigung beinhaltet und deren Auswirkung auf den öffentlichen Rettungsdienst beleuchtet. Mit Blick darauf muss die Beklagte zumindest in Erwägung ziehen, dass sie die Möglichkeit hat, die Fahrzeuge des Klägers im Falle der Genehmigungserteilung in ihre Bedarfsplanung einzubeziehen und es ihr jedenfalls nicht wegen des Sicherstellungsauftrags verwehrt ist, dann eigene Kapazitäten abzubauen.
74Hiervon ausgehend hat die Beklagte die Prognoseentscheidung ohne die oben aufgeführten Fehler für alle drei Genehmigungsanträge erneut zu treffen.
75Es ist allerdings nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den „Markt“ der Krankentransportfahrten nach § 49 PBefG nicht berücksichtigt hat. Die Behauptung des Klägers, mit den rechtswidrig als Krankenfahrten mit einer Genehmigung nach § 49 PBefG durchgeführten Transporten würden dem qualifizierten Krankentransport wenigstens 3.000 Fahrten jährlich entzogen, führt nicht zur Annahme eines höheren Bedarfs. Es handelt sich um eine nicht quantifizierbare Grauzone. Daran ändern auch die vom Kläger im Klageverfahren aufgeführten Fälle einzelner Personen, die fehlerhaft transportiert worden sein sollen, nichts.
76Auch wenn es zu einer erheblichen Verlagerung gekommen ist – wovon beide Beteiligten ausgehen ‑, folgt daraus nicht ohne Weiteres ein im Rahmen des § 19 Abs. 4 Satz 1 RettG NRW berücksichtigungsfähiger höherer Bedarf an Einsätzen von KTW für den qualifizierten Transport. Die Entscheidung über die Art der Beförderung trifft der behandelnde Arzt.
77Soweit der Kläger hier insbesondere den Transport von MRSA-Infizierten aufgreift, kann angesichts der derzeitigen Erlasslage,
78vgl. Gemeinsamer Erlass des Ministeriums für Bauen, Wohnen Stadtentwicklung und Verkehr Nordrhein-Westfalen und des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen vom 24. November 2015,
79sowie mit Blick auf die von der Beklagten vorgelegten Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistenten Stphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert-Koch-Institut (Bundesgesundheitsblatt 2014, S. 696 ff.) und die ebenfalls vorgelegten Empfehlungen des Landeszentrums Gesundheit Nordrhein-Westfalen vom 3. März 2015 schon nicht davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um rechtswidrig durchgeführte Krankenfahrten handelt. Die vom Kläger vorgelegten (älteren) Stellungnahmen führen nicht zu einer anderen Bewertung.
80Nicht zu beanstanden ist ferner die von der Beklagten vorgenommene Pauschalierung hinsichtlich der bei der Prognose angenommenen Einsätze pro Stunde, bei der die Beklagte von einer gleichbleibenden Nachfrage während der gesamten Vorhaltezeit ausgeht, obwohl tatsächlich die Einsätze in dieser Zeit höchst unterschiedlich verteilt sind.
81II.
82Die Anschlussberufung der Beklagte ist unbegründet. Die Klägerin hat - wie sich aus den Ausführungen zu I. ergibt - einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags in vollem Umfang.
83Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus, § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
84Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen (unentgeltliche Rechtsdienstleistungen).
(2) Wer unentgeltliche Rechtsdienstleistungen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen erbringt, muss sicherstellen, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. Anleitung erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Rechtsdienstleistungen ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwirkung bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.