Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 31. März 2016 – 6 A 536/13 – wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um einen Informationsanspruch.

2

Der Beklagte führte am 9. Oktober 2012 beim Kläger eine tierschutzrechtliche Kontrolle durch, die keine Beanstandungen ergab. Anlass der Kontrolle war eine tierschutzrechtliche Beschwerde. Der Beklagte nahm anlässlich der Beschwerde lediglich den Familiennamen des Beschwerdeführers auf und vermerkte dazu, dass es sich um einen Urlauber handele. Mit Bescheid vom 3. Januar 2013 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab, ihm den Namen des Beschwerdeführers mitzuteilen. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2013 zurück. Am 10. Juli 2013 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Greifswald mit dem Antrag erhoben, ihm unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide Auskunft über die Person des Anzeigeerstatters zu erteilen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 31. März 2016 – 6 A 536/13 – abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger am 23. Juni 2016 zugestellt worden. Am 5. Juli 2016 hat der Kläger beantragt, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen. Am 9. August 2016 hat er den Antrag begründet.

II.

3

Der fristgemäß gestellte und begründete (§ 124a Abs. 4 Satz 1 und 4 VwGO) Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Voraussetzungen an eine Berufungszulassung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.11.2013 – 2 BvR 1895/11 –, juris Rn. 14).

4

Den geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sieht der Senat in ständiger Rechtsprechung als gegeben an, wenn die Zulassungsschrift Anlass gibt, das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Damit ist gesagt, dass sich der Begriff der ernstlichen Zweifel nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen kann, sondern zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen hat. Erweist sich das Urteil aus anderen Gründen, die ohne Weiteres auf der Hand liegen, im Ergebnis als richtig, kann das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte als das Verwaltungsgericht abstellen und – soweit rechtliches Gehör gewährt ist – die Zulassung der Berufung deshalb ablehnen (BVerfG, Beschl. v. 09.06.2016 – 1 BvR 2453/12 –, juris Rn. 17).

5

Nach diesen Maßgaben liegen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vor. Das Urteil ist im Ergebnis offensichtlich richtig. Dem Kläger steht der geltend gemachte Informationsanspruch nicht zu.

6

Der Anspruch des Klägers ist durch § 7 IFG M-V ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist der Antrag auf den Zugang zu Informationen abzulehnen, soweit durch das Bekanntwerden der Informationen personenbezogene Daten offenbart werden. Bei einem Familiennamen handelt sich zweifellos um ein solches Datum (vgl. § 3 Abs. 1 DSG M-V). Ein Ausnahmetatbestand zugunsten des Klägers greift nicht ein. Die sachlichen Voraussetzungen von § 7 Nr. 1 bis 4 IFG M-V liegen ersichtlich nicht vor. Der Tatbestand von § 7 Nr. 5 IFG M-V ist gleichfalls nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift ist der Informationszugang zu gewähren, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Informationen geltend macht und überwiegende schutzwürdige Belange des Betroffenen der Offenbarung nicht entgegenstehen.

7

Der Zugang zu Informationen setzt im vorliegenden Fall voraus, dass das Verfahren nach § 9 Abs. 1 IFG M-V durchgeführt worden ist. Nach dieser Vorschrift gibt die Behörde in den Fällen des § 7 IFG M-V einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann. Durch die Drittbeteiligung werden verfahrensrechtlich diejenigen materiellen Rechte des betroffenen Dritten gesichert, die durch den Informationszugang seitens des Antragstellers beeinträchtigt werden können (Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2. Auflage, § 8, Rn. 6). Das Drittbeteiligungsverfahren dient in erster Linie dem Rechtsschutz des Dritten im Sinne von „Grundrechtsschutz durch Verfahren“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.03.2016 – 7 C 2/15 –, juris Rn. 22 zu § 8 IFG).

8

Ohne Drittbeteiligungsverfahren darf der Informationszugang nicht gewährt werden. Die in Anspruch genommene öffentliche Stelle kann ohne die vorgeschriebene Verfahrensbeteiligung des Dritten keine rechtmäßige Entscheidung über den beantragten Informationszugang erlassen, weil niemals auszuschließen ist, dass die Behörde die Interessenlage des Dritten nicht umfassend kennt (vgl. Polenz, in: Brink/Polenz/Blatt, Informationsfreiheitsgesetz, § 8, Rn. 6). Ohne Beteiligung des Drittbetroffenen ist nicht vollständig zu ermitteln, welche schutzwürdigen Belange des Drittbetroffenen mit welchem Gewicht in die Entscheidung einzustellen sind. Die nach § 7 Nr. 5 IFG M-V gebotene Abwägung dieser Belange mit dem rechtlichen Interesse des Antragstellers an der Kenntnis der begehrten Informationen kann ohne eine umfassende Kenntnis des Abwägungsmaterials nicht rechtmäßig erfolgen.

9

Daraus folgt zunächst, dass in den Fällen, in denen ein Drittbeteiligungsverfahren noch nicht durchgeführt worden ist, ein Gericht mangels Spruchreife nicht im Sinne einer Verpflichtung zur Informationsgewährung durchentscheiden kann und lediglich ein Bescheidungsurteil in Betracht kommt (vgl. zu § 8 Abs. 1 IFG BVerwG, Urt. v. 17.03.2016 – 7 C 2/15 –, juris Rn. 39 m.w.N.). Steht hingegen darüber hinaus fest, dass das nach § 9 Abs. 1 IFG M-V gesetzlich vorgeschriebene Drittbeteiligungsverfahren nicht durchgeführt werden kann, ist der Zugang zur Information abzulehnen. Eine Offenbarung der personenbezogenen Daten des Betroffenen hat dann zu unterbleiben.

10

So liegt es hier. Der Beklagte ist aus objektiven Gründen gehindert, den Drittbetroffenen zu beteiligen, weil ihm weder der vollständige Name noch Anschrift oder Wohnort bekannt sind. Unter diesen Umständen kommt auch eine Ermittlung der Anschrift des Dritten über eine Auskunft der zuständigen Meldebehörde nicht in Betracht. Ob eine öffentliche Zustellung gemäß § 108 VwVfG M-V angesichts der Funktion des Drittbeteiligungsverfahrens dem Schriftformerfordernis des § 9 Abs. 1 IFG M-V genügen würde (so Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 8, Rn. 7), muss hier nicht geklärt werden. Auch eine öffentliche Zustellung der Mitteilung scheidet jedenfalls aus, weil der Zustellungsadressat mangels Kenntnis des Vornamens nicht zweifelsfrei bezeichnet werden könnte (Sadler, VwVG/VwZG, 9. Auflage, § 10, Rn. 51).

11

Der darüber hinaus geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist gleichfalls nicht hinreichend dargelegt. Insoweit wären Darlegungen (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) dazu erforderlich gewesen, dass die Rechtssache in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist und deren Klärung der Weiterentwicklung des Rechts förderlich ist. Hierzu gehört, dass die klärungsbedürftige konkrete Rechtsfrage bezeichnet und dargestellt wird, woraus sich die grundsätzliche Bedeutung dieser speziellen Rechtsfrage ergibt (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 14.09.2012 – 1 L 195/10 –, juris Rn. 31). Eine konkrete entscheidungserhebliche Rechtsfrage bezeichnet das Zulassungsvorbringen nicht. Das Vorbringen des Klägers, der Umfang des Informationsrechtes aus § 7 IFG M-V sei hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen obergerichtlich noch nicht bestimmt, genügt dafür nicht, es fehlt ihm insoweit an jeder Konkretisierung.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Informationsfreiheitsgesetz - IFG | § 9 Ablehnung des Antrags; Rechtsweg


(1) Die Bekanntgabe einer Entscheidung, mit der der Antrag ganz oder teilweise abgelehnt wird, hat innerhalb der Frist nach § 7 Abs. 5 Satz 2 zu erfolgen. (2) Soweit die Behörde den Antrag ganz oder teilweise ablehnt, hat sie mitzuteilen, ob und wan

Informationsfreiheitsgesetz - IFG | § 7 Antrag und Verfahren


(1) Über den Antrag auf Informationszugang entscheidet die Behörde, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Im Fall des § 1 Abs. 1 Satz 3 ist der Antrag an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen

Informationsfreiheitsgesetz - IFG | § 8 Verfahren bei Beteiligung Dritter


(1) Die Behörde gibt einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er ein schutzwürdiges Interesse am A

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

1. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. August 2011 - 11 S 1943/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückverwiesen. Damit wird der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11. August 2011 - 11 S 2244/11 - gegenstandslos. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

2. Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die ihm die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) versagen, weil eine von seiner Lebensgefährtin begangene Straftat ihm nach § 104a Abs. 3 AufenthG zuzurechnen sei und der Erteilung entgegenstehe.

2

1. Der Beschwerdeführer ist chinesischer Staatsangehöriger. Er reiste im Jahr 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nach erfolgloser Stellung eines Asylantrags wird er seit 1997 geduldet. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin, die ebenfalls die chinesische Staatsangehörigkeit besitzt, und zwei 1999 und 2001 in Deutschland geborenen gemeinsamen Kindern zusammen. Seine Lebensgefährtin wurde mit Urteil des Amtsgerichts Böblingen vom 25. November 1997 wegen unerlaubten Aufenthalts im Bundesgebiet in Tateinheit mit Aufenthalt ohne Pass und ohne Ausweisersatz, Urkundenfälschung und Missbrauch von Ausweispapieren zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt.

3

2. Am 30. November 2006 beantragte der Beschwerdeführer bei der Ausländerbehörde der Landeshauptstadt Stuttgart die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß der Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006. Die Ausländerbehörde leitete den Antrag in der Folge aufgrund der befristeten Gültigkeit dieser Anordnung in einen Antrag nach der bundesrechtlichen Altfallregelung des § 104a AufenthG über. Nach dieser Vorschrift soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er weitere in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AufenthG benannte Voraussetzungen erfüllt. § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG schließt die Erteilung für den Fall aus, dass der Ausländer wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagesssätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben. Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG begangen, führt dies gemäß § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach der Vorschrift des § 104a AufenthG für andere Familienmitglieder; dies gilt gemäß Satz 2 nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen.

4

3. Mit Bescheid vom 2.November 2009 lehnte die Ausländerbehörde den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser und weiteren Vorschriften ab. Mit Blick auf die Altfallregelung stützte sie die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis auf § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Die von der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers begangene Straftat falle unter diese Vorschrift. Sie sei dem Beschwerdeführer auch nach § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG entgegenzuhalten, da er aufgrund der gemeinsamen Kinder und ihres Zusammenlebens als Familienangehöriger im Sinne dieser Vorschrift zu werten sei. Diese Zurechnungsregel sei auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Das Vorliegen einer besonderen Härte, die es nach § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG erforderlich machen könnte, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, sei nicht erkennbar.

5

4. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Beschwerdeführer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart, zu deren Begründung er im Wesentlichen vortrug, die Zurechnungsregelung des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG sei verfassungswidrig. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit hier angegriffenem Urteil vom 16. Mai 2011 ab. Zum Antrag nach § 104a AufenthG führte es aus, diese Vorschrift ermögliche im Zeitpunkt der Entscheidung ohnehin nur noch die Verlängerung einer nach dieser Vorschrift schon erteilten Aufenthaltserlaubnis, aber nicht mehr eine Neuerteilung, wie sich aus § 104a Abs. 5 AufenthG ergebe. Die Vorschrift des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG, die aufgrund der Verurteilung der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers in seinem Fall Anwendung finde, sei im Übrigen auch verfassungsgemäß.

6

5. Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wandte sich der Beschwerdeführer mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung, zu dessen Begründung er eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geltend machte. Nach dessen Urteil vom 11. Januar 2011 - 1 C 22.09 - (NVwZ 2011, S. 939) könne der Beschwerdeführer auch nach Ablauf der in § 104a Abs. 5 AufenthG bestimmten Gültigkeitsdauer für Aufenthaltserlaubnisse nach dieser Vorschrift einen Anspruch auf Ersterteilung einer solchen für die Vergangenheit geltend machen. Darüber hinaus sei der Ausschlussgrund der Vorstrafen von Familienangehörigen nach derselben Entscheidung nicht auf die Partner einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft anzuwenden. Auch die Verwandtschaft über das gemeinsame Kind mache den nicht-ehelichen Lebensgefährten nicht zum Familienangehörigen. Zudem habe die Frage, ob einem Anspruch auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis ein Fehlverhalten einer nicht-ehelichen Lebensgefährtin entgegengehalten werden könne, grundsätzliche Bedeutung und bedürfe der höchstrichterlichen Klärung. Vorsorglich werde auch eine Abweichung von der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG vom 24. Juni 2009 - 13 S 519/09 - (InfAuslR 2009, S. 350) gerügt, der zwar für die vorliegende Konstellation entgegen der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts das Merkmal des Familienangehörigen bejahe, die damit verbundene Sippenhaft aber insgesamt als unzulässig ansehe.

7

6. Mit angegriffenem Beschluss vom 4. August 2011 lehnte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sei nicht gegeben. Es bedürfe nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens, um die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage zu beantworten, ob einem Anspruch auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis ein Fehlverhalten einer nicht-ehelichen Lebensgefährtin entgegengehalten werden könne. Diese Frage würde sich in dem angestrebten Berufungsverfahren so nicht stellen und könne bezogen auf den konkreten entscheidungserheblichen Sachverhalt ohne weiteres beantwortet werden.

8

Im vorliegenden Fall gehe es nicht um den Sachverhalt einer bloßen nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft, die in der Tat, wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 11. Januar 2011 zutreffend ausführe, nicht in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG falle und insbesondere keine Familie sei, weshalb eine Anwendung des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausscheide. Nur auf eine derartige Fallkonstellation sei die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts zu beziehen. Hier gehe es vielmehr um eine (auch häusliche) Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers mit seiner nicht-ehelichen Partnerin und ihren gemeinsamen Kindern. Es sei aber geklärt und könne keinem Zweifel unterliegen, dass diese Gemeinschaft eine Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG darstelle. Denn Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG sei nach der Rechtsprechung die Gemeinschaft von Eltern und deren Kindern ungeachtet der Tatsache, ob die Eltern miteinander verheiratet seien. Der Verwaltungsgerichtshof nimmt insoweit Bezug auf BVerfGE 80, 81, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Januar 1998 - 1 C 28.96 - (InfAuslR 1998, S. 279) und seinen Beschluss vom 22. März 2000 - 11 S 209/00 - (InfAuslR 2000, S. 277). Vor diesem Hintergrund liege es nahe, den Begriff des Familienangehörigen im Sinne des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG auch in diesem Sinn auszulegen. Für ein abweichendes Verständnis sehe der Senat keine greifbaren Anhaltspunkte; der Beschwerdeführer benenne solche auch nicht. Auch die Divergenzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) greife nicht durch. Ungeachtet der Tatsache, dass ein Vorlagebeschluss keine divergenzfähige Entscheidung darstelle, liege eine Divergenz nicht mehr vor, weil sich der Senat aus Gründen der Rechtseinheit der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 11. Januar 2011 angeschlossen habe.

9

7. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 4. August 2011 erhob der Beschwerdeführer Anhörungsrüge, zu deren Begründung er ausführte, die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sehe die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Differenzierung zwischen nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften mit oder ohne gemeinsame Kinder nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Anhörungsrüge mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 11. August 2011 zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer beanstande ausschließlich eine von seiner Auffassung abweichende Sicht der materiellen Rechtslage durch den Senat. Hierfür stehe die Gehörsrüge nicht offen.

10

8. Mit seiner am 1. September 2011 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 GG, Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 103 Abs. 1 und 2 GG und Art. 7 EMRK.

11

Die Nichtzulassung der Berufung durch den Verwaltungsgerichtshof verletze den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Verwaltungsgerichtshof habe verkannt, dass die Erstreckung des Familienbegriffs in § 104a AufenthG auf nicht-eheliche Lebensgemeinschaften mit gemeinsamen Kindern höchstrichterlich nicht geklärt gewesen sei, und damit den Rechtsschutz unzulässig verkürzt. Jedenfalls das Oberverwaltungsgericht Bremen habe diese Frage mit Beschluss vom 11. Februar 2009 - 1 S 498/08 - (InfAuslR 2009, S. 181) als klärungsbedürftig angesehen. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe die Rechtsfrage im Urteil vom 11. Januar 2011 nicht geklärt, sondern lediglich ausgeführt, der sachliche Grund für eine Ungleichbehandlung von Ehegatten und nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften im Rahmen von § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG folge aus der günstigeren aufenthaltsrechtlichen Stellung, die das Gesetz Ehegatten insbesondere beim Familiennachzug, aber auch bei der Aufenthaltsbeendigung einräume. Vor diesem Hintergrund sei die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs nicht nachzuvollziehen, aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ergebe sich, dass eine nicht-eheliche Lebensgemeinschaft mit Kindern als Familie im Sinne des § 104a AufenthG anzusehen sei. Eine solche Unterscheidung widerspreche auch der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 6 GG gegenüber den betroffenen Kindern. Unterstelle man, der Familienbegriff des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG sei im vorliegenden Fall zutreffend angewandt worden, verletzten die angegriffenen Entscheidungen aufgrund der damit verbundenen ausländerrechtlichen Sippenhaft den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 GG, Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1 GG sowie Art. 103 Abs. 2 GG und Art. 7 Abs. 1 EMRK.

12

9. Die Landeshauptstadt Stuttgart hat zu der Verfassungsbeschwerde dahingehend Stellung genommen, der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg sei im Einklang mit dem Wortlaut des § 104a Abs. 3 AufenthG zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage sich in einem Berufungsverfahren nicht stellen würde, da diesem als in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied seiner Lebensgefährtin deren Fehlverhalten entgegenzuhalten sei. Das Justizministerium Baden-Württemberg hat von der Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.

II.

13

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. August 2011 richtet, nimmt die Kammer sie zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 125, 104 <136 ff.>). Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit zulässig und offensichtlich begründet. Danach liegen die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung vor.

14

1. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Einrichtung eines bestimmten Rechtszuges (vgl. BVerfGE 92, 365 <410>; 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>; 78, 88 <99>; 84, 366 <369 f.>; 125, 104 <137>). Das gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft (vgl. zuletzt BVerfGE 125, 104 <137> m.w.N.). Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfGK 5, 369 <375 f.>; 10, 208 <213>; 15, 37 <46 f.>).

15

Von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des - hier in Rede stehenden - Zulassungsgrunds des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist eine Rechtssache, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Auslegung und Anwendung geboten erscheint (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>; BVerfGK 10, 208 <214>). Stellt ein Oberverwaltungsgericht bereits im Zulassungsverfahren Erwägungen von grundsätzlicher Bedeutung an, schneidet es dem Beschwerdeführer nicht nur die Möglichkeit des Berufungsverfahrens ab, sondern zugleich den Rechtsweg zum Bundesverwaltungsgericht als der zur abschließenden fachgerichtlichen Klärung rechtsgrundsätzlicher Fragen des Bundesrechts zuständigen Instanz (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Der vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehene Rechtsschutz im Berufungsverfahren wird auf diese Weise in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verkürzt (vgl. BVerfGE 125, 104 <139 f.>).

16

2. a) Der im Fall des Beschwerdeführers aufgeworfenen Rechtsfrage, ob nicht-eheliche Lebenspartner (mit oder ohne gemeinsame Kinder) unter den Begriff des Familienmitglieds im Sinne des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG fallen, kam im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über den Antrag auf Zulassung der Berufung grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu.

17

aa) Ausweislich der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 23. April 2007 (vgl. BTDrucks 16/5065, S. 200 f.) findet die in § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgesehene Zurechnung von Straftaten für die in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienmitglieder ihre Rechtfertigung in nach der jeweiligen familiären Beziehung differenzierten Überlegungen. Für minderjährige Kinder, deren Eltern straffällig geworden seien, entspreche dies dem Grundsatz, dass das minderjährige Kind das aufenthaltsrechtliche Schicksal der Eltern teile. Hinzu komme, dass aufgrund der häuslichen Gemeinschaft ein negativer Einfluss auf die übrigen Familienmitglieder nicht auszuschließen sei. Dies gelte auch für das Verhältnis von Geschwistern untereinander. Für die Fälle, in denen Kinder eine Straftat begangen haben, sei der Ausschluss der Eltern im Hinblick auf ihre Aufsichts- und Erziehungspflicht gerechtfertigt. Zu lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaften und eheähnlichen Lebensgemeinschaften wird demgegenüber ausgeführt, die in § 104a Abs. 1 Nr. 6 AufenthG genannten Straftaten des Partners seien im Rahmen der Soll-Regelung des § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG regelmäßig zu berücksichtigen (vgl. BTDrucks 16/5065, S. 202). Die Entwurfsbegründung geht danach von der Nichtanwendbarkeit des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf Fälle nicht-ehelicher Lebenspartner aus und verhält sich zur Zurechnung von Straftaten im Eltern-Kind-Verhältnis nur allgemein und lediglich, soweit dieses unmittelbar betroffen ist.

18

bb) Ob § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG unmittelbar auf eheähnliche Lebensgemeinschaften anwendbar ist und ob die Vorschrift es gegebenenfalls - unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien - nach ihrem Wortlaut und Zweck zulässt, bei diesen das strafrechtliche Fehlverhalten des einen Partners dem anderen Partner anspruchsvernichtend zuzurechnen, sah das Oberverwaltungsgericht Bremen im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit dem vom Beschwerdeführer in Bezug genommenen Beschluss vom 11. Februar 2009 - 1 S 498/08 - (InfAuslR 2009, S. 181) als für in einem Hauptsacheverfahren klärungsbedürftig an.

19

cc) Das Bundesverwaltungsgericht hat die Frage im Urteil vom 11. Januar 2011 - 1 C 22.09 - (NVwZ 2011, S. 939) entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht entschieden, so dass ihre Klärungsbedürftigkeit und damit auch die grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsantrag nicht entfallen war (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Februar 2008 - 2 BvR 2575/07 -, InfAuslR 2008, S. 240). Das Bundesverwaltungsgericht stellt vielmehr in Gegenüberstellung zur von ihm mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG als verfassungskonform eingestuften Anwendung der Zurechnungsregel des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf Ehegatten lediglich nicht-tragende Erwägungen zu deren Anwendbarkeit auf die Partner einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft an.

20

Es führt hierzu aus, hinsichtlich der Partner einer solchen dürfte eine Anwendung der Zurechnungsregelung ausscheiden, weil es sich dabei gerade nicht um Familienangehörige handle. Insofern würden Ehegatten nach § 104a Abs. 3 AufenthG schlechter behandelt als in einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft lebende Paare. Diese Ungleichbehandlung sei allerdings auch mit Blick auf das in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Verbot der Diskriminierung der Ehe gerechtfertigt. Ein hinreichender sachlicher Grund für die wechselseitige Zurechnung von Straftaten unter Ehegatten sei darin zu sehen, dass andernfalls über ein Bleiberecht des nicht straffällig gewordenen Ehegatten mit Blick auf den besonderen Schutz der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht des an sich nach § 104a Abs. 1 Nr. 6 AufenthG ausgeschlossenen Ausländers entstehen könnte, so dass dieser Versagungsgrund in derartigen Fällen praktisch häufig leerliefe. Bei nicht-ehelichen Partnern bestehe dagegen weder eine entsprechend günstige Familiennachzugsregelung wie bei Ehegatten, noch vermittelten Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen, so dass der Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Nr. 6 AufenthG nicht durch abgeleitete Aufenthaltsansprüche leerzulaufen drohe (BVerwG, a.a.O., Rn. 38 f.).

21

dd) Die grundsätzliche Bedeutung der hier aufgeworfenen Frage ist auch nicht deshalb entfallen, weil die Altfallregelung des § 104a AufenthG insofern auslaufendes Recht darstellt, als § 104a Abs. 5 AufenthG die Gültigkeit hiernach erteilter Aufenthaltserlaubnisse auf den 31. Dezember 2009 mit der Möglichkeit einer Verlängerung um weitere zwei Jahre nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG begrenzt. Denn die betroffenen Ausländer können nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch nach Ablauf des 31. Dezember 2009 verlangen, dass ihnen rückwirkend für den Zeitraum bis zu diesem Datum eine Aufenthaltserlaubnis hiernach erteilt wird. Die Erteilung derartiger Aufenthaltserlaubnisse ist Voraussetzung für eine mögliche Verlängerung nach § 104a Abs. 5 Satz 2 AufenthG oder nach der zwischenzeitlich von der Innenministerkonferenz auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG getroffenen Anschlussregelung (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2010 - 1 C 19.09 -, NVwZ 2011, S. 236, Rn. 12 ff.; Urteil vom 11. Januar 2011, a.a.O., Rn. 25), weshalb die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs weiterhin für einen nicht überschaubaren Kreis von Personen noch von Bedeutung war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 -, NVwZ-RR 1996, S. 712 zur Revisionszulassung).

22

b) Der Verwaltungsgerichtshof verneint die Klärungsbedürftigkeit der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Rechtsfrage mit der Erwägung, im Falle des Beschwerdeführers stehe nicht die Anwendbarkeit des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf eine bloße nicht-eheliche Lebensgemeinschaft in Rede, auf die allein sich die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 11. Januar 2011 bezögen; hinsichtlich der hier gegebenen Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers mit seiner nicht-ehelichen Partnerin und ihren gemeinsamen Kindern sei in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass diese Gemeinschaft eine Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG darstelle; vor diesem Hintergrund liege es nahe, auch den Begriff des Familienmitglieds im Sinne des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG in diesem Sinn auszulegen; für ein abweichendes Verständnis bestünden keine greifbaren Anhaltspunkte. Der Verwaltungsgerichtshof hat hiermit bereits im Zulassungsverfahren Erwägungen von grundsätzlicher Bedeutung angestellt und den Rechtsschutzanspruch des Beschwerdeführers in nicht zu rechtfertigender Weise verkürzt.

23

aa) Die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Eingrenzung der Fragestellung auf die vorliegende Fallgestaltung ändert bereits an der Notwendigkeit einer grundsätzlichen Klärung des Begriffs des Familienmitglieds im Sinne des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG nichts. Den vorerwähnten Erwägungen des Gesetzentwurfs liegt erkennbar ein anderes Verständnis dieses Begriffs zugrunde, als es der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 4. August 2011 als naheliegend einstuft. Der Verwaltungsgerichtshof führt zudem mit der Unterscheidung zwischen nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften mit und solchen ohne gemeinsame Kinder bei der Frage nach der Anwendbarkeit der Zurechnungsregel des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG eine Differenzierung ein, die weder in den Gesetzesmaterialien noch in den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 11. Januar 2011 angesprochen ist.

24

bb) Diese Differenzierung drängt sich aber auch nicht in einer Weise auf, die es rechtfertigte, von der Zulassung der Berufung deshalb abzusehen, weil das Auslegungsergebnis eindeutig ist. Insbesondere folgt dies nicht aus der vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Rechtsprechung namentlich des Bundesverfassungsgerichts zum Begriff der Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG.

25

Die Entscheidung zum aufenthaltsrechtlichen Schutz eines Ausländers aus Art. 6 Abs. 1 GG bei einer Erwachsenenadoption (BVerfGE 80, 81 f.), auf die sich der Verwaltungsgerichtshof zunächst stützt, verhält sich unmittelbar allein zu den Wirkungen des Art. 6 Abs. 1 GG im Eltern-Kind-Verhältnis. Gleiches gilt für das ebenfalls in Bezug genommene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Januar 1998 - 1 C 28.96 - (InfAuslR 1998, S. 279 <282 ff.>). Für die aufgeworfene Rechtsfrage könnte danach allein von Bedeutung sein, dass sich im Verhältnis zwischen nicht-ehelichen Lebenspartnern - vermittelt über das gemeinsame Kind - mittelbare Schutzwirkungen aus Art. 6 Abs. 1 GG ergeben, wenn diesem aufgrund der Beziehung zum einen Elternteil das Verlassen des Bundesgebietes mit dem anderen nicht zumutbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2006 - 2 BvR 1935/05 -, NVwZ 2006, S. 682; siehe auch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 22. März 2000 - 11 S 209/00 -, InfAuslR 2000, S. 277). Inwiefern derartige - von den Umständen des Einzelfalls abhängige - Schutzwirkungen verallgemeinert werden und so die Erstreckung der Zurechnungsregelung des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf Gemeinschaften nicht-ehelicher Lebenspartner mit gemeinsamen Kindern rechtfertigen können, liegt nicht auf der Hand und kann daher nicht im Verfahren der Berufungszulassung abschließend entschieden werden (vgl. auch Urteil des OVG des Saarlandes vom 19. Juni 2012 - 2 A 103/10 -, juris, Rn. 32 ff. m.w.N., demzufolge § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG keinerlei Ansatz für eine Anwendbarkeit auf nicht formelle Lebensgemeinschaften biete und allein der Umstand, dass Partner einer solchen Lebensgemeinschaft gemeinsame Kinder hätten, für die beide Familienangehörige seien, an der - fehlenden - rechtlichen Beziehung der Partner zueinander nichts ändern könne).

26

3. Der Beschluss über die Nichtzulassung der Berufung beruht auf dem Verstoß gegen das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, da der Verwaltungsgerichtshof bei hinreichender Berücksichtigung der sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Vorgaben die Berufung hätte zulassen müssen. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 4. August 2011 ist aufzuheben, ohne dass es einer Entscheidung über die weiteren hiergegen gerichteten Rügen des Beschwerdeführers bedarf. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG). Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 11. August 2011 wird damit gegenstandslos.

III.

27

Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung von Rechten durch das Urteil des Verwaltungsgerichts geltend macht, steht der Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegen (vgl. BVerfGK 7, 350 <357>; 15, 37 <53>).

IV.

28

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG, die Festsetzung des Wertes des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. dazu auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.

2

1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.

3

b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).

4

c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.

6

d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.

7

aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.

8

An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.

9

bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.

10

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.

11

3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

12

1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

13

2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

14

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

16

aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

17

bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

18

Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.

19

(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).

20

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).

21

Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.

22

Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.

23

(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.

24

3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.

III.

25

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

26

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

(1) Über den Antrag auf Informationszugang entscheidet die Behörde, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Im Fall des § 1 Abs. 1 Satz 3 ist der Antrag an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Betrifft der Antrag Daten Dritter im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 oder § 6, muss er begründet werden. Bei gleichförmigen Anträgen von mehr als 50 Personen gelten die §§ 17 bis 19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.

(2) Besteht ein Anspruch auf Informationszugang zum Teil, ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Entsprechendes gilt, wenn sich der Antragsteller in den Fällen, in denen Belange Dritter berührt sind, mit einer Unkenntlichmachung der diesbezüglichen Informationen einverstanden erklärt.

(3) Auskünfte können mündlich, schriftlich oder elektronisch erteilt werden. Die Behörde ist nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Information zu prüfen.

(4) Im Fall der Einsichtnahme in amtliche Informationen kann sich der Antragsteller Notizen machen oder Ablichtungen und Ausdrucke fertigen lassen. § 6 Satz 1 bleibt unberührt.

(5) Die Information ist dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Belange unverzüglich zugänglich zu machen. Der Informationszugang soll innerhalb eines Monats erfolgen. § 8 bleibt unberührt.

(1) Die Bekanntgabe einer Entscheidung, mit der der Antrag ganz oder teilweise abgelehnt wird, hat innerhalb der Frist nach § 7 Abs. 5 Satz 2 zu erfolgen.

(2) Soweit die Behörde den Antrag ganz oder teilweise ablehnt, hat sie mitzuteilen, ob und wann der Informationszugang ganz oder teilweise zu einem späteren Zeitpunkt voraussichtlich möglich ist.

(3) Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann.

(4) Gegen die ablehnende Entscheidung sind Widerspruch und Verpflichtungsklage zulässig. Ein Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung ist auch dann durchzuführen, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundesbehörde getroffen wurde.

(1) Über den Antrag auf Informationszugang entscheidet die Behörde, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Im Fall des § 1 Abs. 1 Satz 3 ist der Antrag an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Betrifft der Antrag Daten Dritter im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 oder § 6, muss er begründet werden. Bei gleichförmigen Anträgen von mehr als 50 Personen gelten die §§ 17 bis 19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.

(2) Besteht ein Anspruch auf Informationszugang zum Teil, ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Entsprechendes gilt, wenn sich der Antragsteller in den Fällen, in denen Belange Dritter berührt sind, mit einer Unkenntlichmachung der diesbezüglichen Informationen einverstanden erklärt.

(3) Auskünfte können mündlich, schriftlich oder elektronisch erteilt werden. Die Behörde ist nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Information zu prüfen.

(4) Im Fall der Einsichtnahme in amtliche Informationen kann sich der Antragsteller Notizen machen oder Ablichtungen und Ausdrucke fertigen lassen. § 6 Satz 1 bleibt unberührt.

(5) Die Information ist dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Belange unverzüglich zugänglich zu machen. Der Informationszugang soll innerhalb eines Monats erfolgen. § 8 bleibt unberührt.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt nach dem Informationsfreiheitsgesetz Zugang zu Unterlagen über die Anfang der 1990er Jahre durchgeführte Privatisierung der L.-Werke und der M.

2

Nach eigenen Angaben war der Kläger bei der Privatisierung als Lobbyist für das französische Unternehmen E. tätig. Er wurde in Frankreich Ende 2003 wegen Beihilfe zur Untreue und Hehlerei - rechtskräftig - zu einer Haftstrafe von 15 Monaten ohne Bewährung sowie einer Geldstrafe von 1,5 Mio. € und zur Rückzahlung seines Honorars an E. verurteilt. Zudem ist er zivilrechtlichen Folgeansprüchen ausgesetzt. Wegen dieser Verurteilung hat er sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt; das Verfahren ist nach seiner Darstellung noch anhängig.

3

Die in Abwicklung begriffene Beklagte ist die durch Gesetz umbenannte ehemalige Treuhandanstalt. Im Zusammenhang mit der Privatisierung L. legte die Treuhandanstalt 4 255 Ordner mit jeweils ca. 300 Blatt an. Die Privatisierung war zudem Gegenstand eines Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages in der 14. Wahlperiode, dem die Beklagte nach Prüfung des Akteninhalts einen Bericht sowie 295 Ordner mit Aktenauszügen übersandte. Hinzu kommt der 169 Ordner umfassende Aktenbestand der vom Bundesministerium der Finanzen im September 2000 eingesetzten "Sonder-Task-Force L.", deren Mitglieder organisatorisch zur Beklagten gehörten und Zugriff auf deren Aktenbestand hatten. Diesen Aktenbestand gab die Beklagte im Juni 2007 mit Ausnahme zweier Ordner - der "Fallakte H./Fallakte P." sowie einer "C-Kopie L. Sonderband Staatsanwaltschaft M." - an das Bundesarchiv ab.

4

Im Mai 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz Einsicht in die Akten zur Privatisierung L., Anfang Juli 2006 zudem die Erteilung verschiedener Auskünfte. Im Februar 2007 erweiterte er seinen Antrag auf Einsicht in die Unterlagen der Sonder-Task-Force.

5

In der Folge erteilte die Beklagte dem Kläger verschiedene Auskünfte und überließ ihm eine Reihe von Unterlagen, darunter das Inhaltsverzeichnis der "Fallakte H." sowie Auszüge aus dieser Akte. Im Übrigen lehnte sie den Antrag mit Bescheid vom 15. Oktober 2007 unter Berufung auf Ausschlussgründe nach den §§ 5 und 6 IFG sowie einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG ab.

6

Das Verwaltungsgericht wies die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage ab: Der Anspruch auf Zugang zu den 4 255 Ordnern "Privatisierung L." sei jedenfalls nach § 6 Satz 2 IFG zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen ausgeschlossen. Im Übrigen stehe dem Anspruch § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG entgegen, weil der Aufwand für die Sichtung der 4 255 Ordner unverhältnismäßig sei; gleiches gelte auch für die 295 Ordner, die die Beklagte dem Untersuchungsausschuss übermittelt habe. Für die Unterlagen der Sonder-Task-Force sei die Beklagte nicht passivlegitimiert, dieser Anspruch richte sich gegen das Bundesarchiv.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers hinsichtlich der Unterlagen der Sonder-Task-Force zurückgewiesen: Diese lägen der Beklagten nach ihrer Abgabe an das Bundesarchiv und der Umwidmung zu Archivgut nicht mehr vor und müssten von ihr auch nicht wiederbeschafft werden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Einsicht in die 4 255 Ordner des Vorgangs "Privatisierung L." zu gewähren: Dem Anspruch stünden keine Ausschlussgründe nach den §§ 5 und 6 IFG entgegen. Die Beklagte habe nicht einmal exemplarisch dargelegt, dass die unternehmensbezogenen Informationen nach mehr als 20 Jahren noch immer wettbewerbsrelevant seien. Auch hinsichtlich der personenbezogenen Daten fehle es angesichts des Zeitablaufs sowie der parlamentarischen, strafrechtlichen und medialen Aufarbeitung an nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen dazu, warum diese noch geheimhaltungsbedürftig seien. Das Informationsinteresse des Klägers überwiege die Geheimhaltungsinteressen Dritter. Die beispielhaft benannten personenbezogenen Daten beträfen nicht die private Lebensgestaltung. Die Betroffenen hätten sich freiwillig in die Sphäre einer staatlichen Stelle begeben und nicht auf Geheimhaltung vertrauen dürfen. Für die personenbezogenen Daten, die im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stünden, gelte nichts anderes. Die Strafverfahren seien längst abgeschlossen. Der Anspruch sei nicht nach § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG wegen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands ausgeschlossen. Die Beklagte könne dem Kläger in Ermangelung von Ausschlussgründen freien Zugang zum Aktenbestand gewähren. Ihr Verwaltungsaufwand beschränke sich daher auf die Bereitstellung einer Aufsichtsperson.

8

Gegen dieses Urteil richten sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers.

9

Die Beklagte trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Das Urteil verstoße gegen § 7 Abs. 2 Satz 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Satz 2 IFG. Der Erfüllung des durch Aussonderung zweier Aktenordner begründeten Teilanspruchs stehe ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG entgegen. Diese Vorschrift sei im Übrigen unabhängig von der positiven Feststellung eines Teilanspruchs auch dann anwendbar, wenn der Aktenbestand schutzwürdige Daten Dritter enthalte und die Zahl der zu prüfenden Dokumente so groß sei, dass schon die Prüfung von Ausschlussgründen einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verursache.

10

Eine besondere Darlegungslast für die Wettbewerbsrelevanz unternehmensbezogener Informationen bei abgeschlossenen und lange zurückliegenden Geschäftsvorgängen sei weder in § 6 Satz 2 IFG noch sonst im Informationsfreiheitsgesetz vorgesehen. Die Schutzwürdigkeit der personenbezogenen Daten sei weder durch den Zeitablauf oder die freiwillige Mitwirkung an der Privatisierung noch durch die mediale, parlamentarische und strafrechtliche Aufarbeitung der Vorgänge entfallen.

11

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Januar 2014 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Oktober 2009 insgesamt zurückzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen,

sowie im Wege der Anschlussrevision,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Januar 2014 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Oktober 2009 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 15. Oktober 2007 und des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2007 zu verpflichten, dem Kläger entsprechend seinem Antrag vom 16. Februar 2007 Informationszugang auch zum Vorgang "Sonder-Task-Force L." zu gewähren.

13

Nach dem allein maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung bei der Behörde sei die Beklagte auch hinsichtlich der an das Bundesarchiv abgegebenen Unterlagen der Sonder-Task-Force passivlegitimiert.

14

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers sind zulässig und begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstößt sowohl in seinem klagestattgebenden Teil (1.) als auch hinsichtlich der Zurückweisung der Berufung des Klägers (2.) gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Senat kann mangels Spruchreife nicht selbst in der Sache entscheiden; dies nötigt zur Aufhebung und Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 VwGO; 3.).

16

1. Das Oberverwaltungsgericht hat dem Klageantrag zu 1a. (Einsicht in die 4 255 Ordner des Vorgangs "Privatisierung L.") unter Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1, § 6 Satz 2, § 7 Abs. 2 Satz 1, § 8 Abs. 1 IFG und § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO stattgegeben. Bei der Prüfung der Ausschlussgründe nach den §§ 5 und 6 IFG hat es außer Betracht gelassen, dass die Anforderungen an die Darlegung von Ausschlussgründen sich bei außerordentlich umfangreichen Aktenbeständen nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG bestimmen (a). Die im Rahmen von § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG vorgenommene Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Klägers und den schutzwürdigen Interessen Dritter leidet an Mängeln (b). Das Oberverwaltungsgericht durfte aus der unzureichenden Darlegung der fortbestehenden Wettbewerbsrelevanz unternehmensbezogener Informationen im Sinne von § 6 Satz 2 IFG ohne vorherige Drittbeteiligung nach § 8 Abs. 1 IFG nicht darauf schließen, dass dieser Ausschlussgrund nicht vorliegt (c). Zudem hätte es die Beklagte mangels Spruchreife nur zur Neubescheidung verpflichten dürfen (d).

17

a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Ausschlussgründe nach den §§ 3 bis 6 IFG von der informationspflichtigen Behörde nachvollziehbar und plausibel darzulegen sind und an diesem Darlegungserfordernis auch bei außerordentlich umfangreichen Aktenbeständen im Grundsatz festzuhalten ist. Einen allgemeinen Ausschlusstatbestand des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands bzw. der Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung, wie er etwa in § 4 Abs. 3 Nr. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (Verbraucherinformationsgesetz - VIG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 17. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2166, 2725), geändert durch Art. 2 Abs. 34 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154), § 5 Abs. 6 Nr. 4 des Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz - BArchG) vom 6. Januar 1988 (BGBl. I S. 62), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 38 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154), § 29 Abs. 2 VwVfG geregelt ist oder in § 6 Abs. 3 Nr. 3 ProfE-IFG (abgedruckt in: Schoch/Kloepfer, Informationsfreiheitsgesetz, 2002, Bd. I) vorgesehen war, enthält das Informationsfreiheitsgesetz nicht; namentlich stellt die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG nach ihrem Wortlaut und ihrer Entstehungsgeschichte keinen allgemeinen Ausschlusstatbestand in diesem Sinne dar. Gleichwohl muss den Schwierigkeiten, vor denen die informationspflichtige Behörde im Hinblick auf die erforderliche Prüfung der Unterlagen sowie eine gegebenenfalls gebotene Beteiligung von Drittbetroffenen steht, wenn Einsicht in außerordentlich umfangreiche Aktenbestände begehrt wird, Rechnung getragen werden. Dazu bedarf es jedenfalls für diese Fallgestaltung keines Analogieschlusses, der eine unbeabsichtigte Regelungslücke voraussetzen würde, denn die genannten Schwierigkeiten lassen sich mittels sachgerechter Auslegung des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG bewältigen.

18

aa) Das Oberverwaltungsgericht hat zwar berücksichtigt, dass der Umfang des Vorgangs "Privatisierung L." (4 255 Ordner mit jeweils ca. 300 Blatt) eine strikte Anwendung der Darlegungsanforderungen auf den gesamten Akteninhalt ausschließt. Es hat daher bei der Prüfung von § 5 Abs. 1 IFG nicht verlangt, dass jede schutzwürdige Information konkret bezeichnet und ihre Geheimhaltungsbedürftigkeit dargetan wird (UA S. 13). Für den Ausschlussgrund des § 6 Satz 2 IFG hat es eine zumindest exemplarische Darlegung von Anhaltspunkten für Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse als ausreichend erachtet (UA S. 17). Es erschließt sich aber weder, aufgrund welcher Rechtsgrundlage und folglich unter welchen Voraussetzungen das Oberverwaltungsgericht eine Reduzierung der behördlichen Darlegungslast für zulässig erachtet, noch werden Art und Umfang der Darlegungsanforderungen näher konkretisiert. Zu Unrecht - und ohne Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Vorbringen der Beklagten - hat das Oberverwaltungsgericht insoweit § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG nicht angewandt.

19

Allerdings ist § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG hier entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon deshalb anwendbar, weil sie aus dem Aktenbestand der Sonder-Task-Force zwei Ordner ausgesondert, dem Kläger hierzu teilweise Zugang gewährt und so einen Teilanspruch im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG begründet hat. Die Revision der Beklagten betrifft nicht den Aktenbestand der Sonder-Task-Force, sondern die 4 255 Ordner des Vorgangs "Privatisierung L.". Abgesehen davon stellt § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG nicht auf eine teilweise Erfüllung des Anspruchs, sondern einen Teilanspruch ab. Die Vorschrift geht davon aus, dass ein Informationszugang nach den materiell-rechtlichen Vorgaben nur teilweise besteht, und bestimmt daran anknüpfend, dass dem Antrag stattzugeben ist, soweit dies ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Der praktische Anwendungsbereich der zweiten Alternative mag, wenn nicht gerade der Aufwand für eine inhaltliche Trennung der Akten in Rede steht, begrenzt sein. Dies zwingt aber nicht dazu, die gesetzliche Formulierung im Anschluss an die Begründung des Gesetzentwurfs als Redaktionsversehen zu betrachten (so Rossi, IFG, 1. Aufl. 2006, § 7 Rn. 29; a.A. Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, § 7 Rn. 50 f.). Der typische Fall des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG ist zwar der, dass die Möglichkeit einer Teilstattgabe sich - im Sinne eines kumulativen Verständnisses der in § 7 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 IFG aufgeführten Voraussetzungen - danach entscheidet, ob eine Abtrennung der geheimhaltungsbedürftigen Informationen ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist. Verstünde man § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG in diesem Sinne als reine Rechtsfolgenregelung, beschränkte sich der berücksichtigungsfähige Aufwand auf die "Bearbeitung" der Akten insbesondere durch Kopieren und Schwärzen der geheimhaltungsbedürftigen Passagen. Demgegenüber würde die dieser - eher mechanischen - Tätigkeit vorausliegende inhaltlich-intellektuelle Leistung der Identifizierung potenziell schutzwürdiger Angaben und deren anschließende Bewertung als zu schwärzende Information ausgeklammert. Eine solche Trennung und Verengung eines einheitlichen Lebenssachverhalts und einer einheitlichen Problemlage leuchtet aber nicht ein. § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG ist daher sachgerecht so auszulegen, dass dann, wenn für einen Teil der Unterlagen näher dargelegt ist, dass die Akten geheimhaltungsbedürftige Informationen enthalten und folglich nur ein Teilanspruch besteht, der genaue Umfang dieses Teilanspruchs dahinstehen kann, sofern dessen Ermittlung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist. Der Wortlaut des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG steht einem solchen Normverständnis nicht entgegen. Denn diese Auslegung enthebt nicht vom Nachweis des Vorliegens eines Ausschlussgrundes und folglich dem Bestehen eines Teilanspruchs dem Grunde nach; mehr setzt § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG nicht voraus.

20

bb) Auf welche Weise die Ausschlussgründe darzulegen sind, um einen Teilanspruch im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG zu bejahen, hängt von Art, Inhalt und Struktur des jeweiligen Aktenbestandes ab. Bezieht sich das Einsichtsbegehren auf Aktenbestände, deren Bestandteile mit Hilfe von Verzeichnissen, Vorblättern etc. nach inhaltlichen Kriterien verschiedenen Kategorien zugeordnet werden können, ist das Vorhandensein geheimhaltungsbedürftiger Informationen exemplarisch für je eine Teilmenge jeder Kategorie nachvollziehbar und plausibel darzulegen. Für die hier in Rede stehenden Ausschlussgründe der §§ 5 und 6 IFG erfordert dies insbesondere konkrete Angaben zu Art und Sensibilität der personenbezogenen Daten sowie zur (fortdauernden) Wettbewerbsrelevanz unternehmensbezogener Informationen. Dabei dürften nach Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes am 1. Januar 2006 angelegte Verwaltungsvorgänge in der Regel so strukturiert und elektronisch erfasst sein, dass ihr Inhalt von der informationspflichtigen Behörde mit Hilfe der Verzeichnisse nach § 11 Abs. 1 IFG sowie elektronischer Suchfunktionen zeitnah erschlossen werden kann.

21

Weisen die betreffenden Aktenbestände dagegen keine charakteristischen Strukturmerkmale auf und können sie auch nicht unter Rückgriff auf Vorblätter, Verzeichnisse etc. kategorisiert werden, genügt es, das Vorliegen von Ausschlussgründen durch Auswertung einer angemessenen Zahl von Stichproben schlüssig darzulegen. Die Pflicht zur Erstellung von Verzeichnissen nach § 11 Abs. 1 IFG erstreckt sich zwar grundsätzlich auch auf solche Informationssammlungen, die am 1. Januar 2006 schon vorhanden waren. Die Vorschrift ist aber als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet, so dass in atypischen Fällen hiervon abgesehen werden darf (Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, § 11 Rn. 17). Ein solcher atypischer Fall kann etwa dann vorliegen, wenn die nachträgliche Erstellung der Verzeichnisse mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden wäre.

22

Finden sich in den exemplarisch oder stichprobenhaft ausgewerteten Akten schutzwürdige Daten Dritter, muss die informationspflichtige Behörde die in den betreffenden Teilmengen identifizierten Dritten nicht nach § 8 Abs. 1 IFG beteiligen. Die Drittbeteiligung nach § 8 Abs. 1 IFG dient in erster Linie dem Rechtsschutz des Dritten ("Grundrechtsschutz durch Verfahren"; vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 30). Sie hat daneben auch eine Aufklärungsfunktion, die vor allem in Bezug auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bedeutsam sein kann, eine Entscheidungsfunktion in den Fällen, in denen der Antrag ohne Einwilligung zwingend abzulehnen ist, und schließlich eine Unterstützungsfunktion, soweit die Stellungnahme des Dritten der Behörde im Hinblick auf eine gebotene Abwägung Hilfe bei der Ermittlung und Gewichtung der konfligierenden Belange bietet (Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, § 8 Rn. 28). Allerdings hat bei außerordentlich umfangreichen Aktenbeständen der Umstand, dass nicht der gesamte Aktenbestand auf schutzwürdige Daten Dritter gesichtet werden kann, zwingend zur Folge, dass nicht alle Drittbetroffenen beteiligt werden können. Dies gilt angesichts der Weite der im Informationsfreiheitsgesetz anwendbaren Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 25. Februar 2015 (BGBl. I S. 162) (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 20) insbesondere dann, wenn es um personenbezogene Daten geht. Sofern das Vorliegen schutzwürdiger Daten Dritter anhand einer Teilaktenmenge exemplarisch oder stichprobenhaft dargelegt worden ist, darf daher typisierend davon ausgegangen werden, dass jedenfalls nicht alle Drittbetroffenen mit einer Offenbarung ihrer Daten einverstanden sind.

23

cc) Sind Ausschlussgründe den o.g. Anforderungen entsprechend dargelegt und überwiegen, soweit es um personenbezogene Daten geht, die Geheimhaltungsinteressen der Dritten, muss der genaue Umfang des Teilanspruchs nicht festgestellt werden, wenn dies mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG verbunden ist. Die Darlegungslast dafür obliegt ebenfalls der informationspflichtigen Behörde.

24

Für die Frage, was unter einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zu verstehen ist, finden sich in der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte; sie verweist lediglich darauf, dass die Regelung der Transparenz und Verhältnismäßigkeit entspreche (BT-Drs. 15/4493 S. 15). Um eine grundrechtlich fundierte Verhältnismäßigkeitsprüfung geht es dabei erkennbar nicht. Die Vorschrift zielt vielmehr darauf, die informationspflichtige Stelle vor institutioneller Überforderung und einer Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit zu schützen. § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG ist eng auszulegen, zumal die Bearbeitung von Anträgen nach dem Informationsfreiheitsgesetz mittlerweile zum originären Aufgabengebiet der Behörde gehört (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 7 C 1.14 - BVerwGE 152, 241 Rn. 41). Er schließt eine Teilstattgabe wegen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands daher nur aus, wenn die Erfüllung des Teilanspruchs einen im Verhältnis zum Erkenntnisgewinn des Anspruchstellers und der Allgemeinheit unvertretbaren Aufwand an Kosten oder Personal erfordern würde oder aber auch bei zumutbarer Personal- und Sachmittelausstattung sowie unter Ausschöpfung aller organisatorischen Möglichkeiten die Wahrnehmung der vorrangigen Sachaufgaben der Behörde erheblich behindern würde (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 29. November 2013 - 6 A 1293/13 - juris Rn. 70; VG Berlin, Urteil vom 26. Februar 2002 - 23 A 202.00 - NVwZ-RR 2002, 810 <812>). Dabei ist der mit der Aufbereitung der Akten verbundene Verwaltungsaufwand, der sich in erster Linie im Personalaufwand niederschlägt, nicht nach den faktischen Verhältnissen, sondern normativ zu bestimmen. Die informationspflichtigen Behörden müssen Vorsorge dafür treffen, dass durch die Aufbereitung und Sichtung der Akten sowie Zusammenstellung der Unterlagen aus Anlass von Informationszugangsbegehren die ordnungsgemäße Wahrnehmung ihrer sonstigen Aufgaben nicht erheblich beeinträchtigt wird. Sie sind daher grundsätzlich gehalten, sich in ihrer Arbeitsorganisation und Aktenführung auf die mit der Erfüllung von IFG-Anträgen verbundenen (Zusatz-)Aufgaben einzustellen. Der Verwaltungsaufwand ist zudem nicht schon dann unverhältnismäßig, wenn er eine Verlängerung der Monatsfrist des § 7 Abs. 5 Satz 2 IFG erfordert oder selbst mit höheren Gebühren nicht angemessen abgebildet werden kann. Die "Soll"-Vorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 2 IFG lässt eine Überschreitung der Monatsfrist in atypischen Fällen, namentlich bei umfangreichen und komplexen Informationsbegehren zu; in Drittbeteiligungsfällen ist eine längere Bearbeitungsfrist gemäß § 7 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 8 Abs. 1 IFG die Regel. Die in der Begründung zu § 10 IFG (BT-Drs. 15/4493 S. 16) erwähnte Höchstgebühr von 500 €, die in der Informationsgebührenordnung vom 2. Januar 2006 (BGBl. I S. 6) aufgegriffen und im Gebührenverzeichnis festgelegt worden ist, lässt schon deshalb nicht auf einen (gerade noch) als angemessen erachteten Verwaltungsaufwand schließen, weil das Verbot einer prohibitiven Gebührenbemessung in § 10 Abs. 2 IFG festgeschrieben ist.

25

b) Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zu § 5 IFG halten revisionsrechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand. § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG verlangt bei fehlender Einwilligung des Dritten eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Antragstellers und dem Schutzinteresse des Dritten, die gerichtlich voll überprüfbar ist (h.M.; vgl. etwa OVG Münster, Urteil vom 19. März 2013 - 8 A 1172/11 - DVBl 2013, 981 <986>; Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, § 5 Rn. 39; Rossi, IFG, 1. Aufl. 2006, § 5 Rn. 23). Dabei hat der Gesetzgeber im Spannungsverhältnis zwischen dem Informationsinteresse und den Geheimhaltungsinteressen Dritter in § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG dem Datenschutz einen relativen Vorrang eingeräumt; das Informationsinteresse muss überwiegen. Dieser Vorrang trägt dem Umstand Rechnung, dass das Recht des Dritten auf Geheimhaltung seiner personenbezogenen Daten verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verankert ist, während der Antragsteller sich regelmäßig nur auf einen einfachgesetzlichen Anspruch auf Informationszugang berufen kann (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 13; BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 18.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 13 Rn. 38 und Beschluss vom 22. September 2015 - 6 VR 2.15 - ZD 2016, 94 <95>). Die Grundregel des voraussetzungslosen Informationszugangsanspruchs nach § 1 Abs. 1 IFG hat danach bei Betroffenheit Dritter eine Durchbrechung erfahren. Dem entspricht, dass der Antrag auf Informationszugang nach § 7 Abs. 1 Satz 3 IFG begründet werden muss, wenn er Daten Dritter im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 IFG oder § 6 IFG betrifft. Bei der Gewichtung des Informationsinteresses ist neben dem eigenen Informationsinteresse des Antragstellers auch das Informationsinteresse der Allgemeinheit zu berücksichtigen, weil die mit dem Informationsfreiheitsgesetz bezweckte Transparenz nicht nur dem Einzelnen, sondern der Öffentlichkeit insgesamt dient (BT-Drs. 15/4493 S. 13).

26

Daneben ist für die Abwägung das Maß der Schutzwürdigkeit der personenbezogenen Daten bedeutsam. Der Grad der Geheimhaltungsbedürftigkeit hängt von der Art der personenbezogenen Daten ab; mit zunehmender Sensibilität des Datums steigt auch dessen Schutzwürdigkeit und sein Gewicht in der Abwägung (vgl. Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, Stand 1. Februar 2016, § 5 Rn. 28). Für bestimmte Arten personenbezogener Daten wird die Abwägung in § 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 4 IFG vorweggenommen bzw. ausgeschlossen. So sind besonders sensitive personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG nach § 5 Abs. 1 Satz 2 IFG abwägungsfest; sie dürfen nur mit Einwilligung des Betroffenen zugänglich gemacht werden. § 5 Abs. 2 IFG enthält für Informationen, die mit einem Dienst- oder Amtsverhältnis oder Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen, und bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen, eine vorweggenommene Abwägung zugunsten des Schutzinteresses des Dritten (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 19). Demgegenüber geht § 5 Abs. 3 IFG bei bestimmten funktionsbezogenen Daten von Gutachtern und Sachverständigen von einem überwiegenden Informationsinteresse aus. Vom Abwägungserfordernis ausgenommen sind nach § 5 Abs. 4 IFG funktionsbezogene Daten von Bearbeitern, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist.

27

Dieser Regelungssystematik wird die Interessenabwägung des Oberverwaltungsgerichts nicht gerecht:

28

aa) Es fehlt schon an den für eine ordnungsgemäße Gewichtung und Abwägung erforderlichen Tatsachenfeststellungen zum Informationsinteresse des Klägers, namentlich zu dem nach dem Vortrag des Klägers weiterhin anhängigen Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sowie den zivilrechtlichen (Folge-)Ansprüchen, denen der Kläger nach seinen Angaben ausgesetzt ist. Ob das Informationsinteresse des Klägers - wie er geltend macht - durch das öffentliche Interesse an Transparenz und Kontrolle verstärkt wird, hat das Oberverwaltungsgericht nicht hinterfragt, obwohl hieran angesichts des Zeitablaufs und der rechtlichen, parlamentarischen sowie medialen Aufarbeitung jedenfalls Zweifel angebracht sind. Zudem hat es bei der Bewertung des Informationsinteresses nicht berücksichtigt, dass die Beklagte dem Informationsbegehren des Klägers durch die Erteilung von Auskünften und Überlassung verschiedener Unterlagen zumindest teilweise entsprochen hat. Sie hat überdies im Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 (S. 4) näher dargelegt, warum es angesichts der intensiven Prüfung der Aktenbestände im Zusammenhang mit der parlamentarischen und rechtlichen Aufarbeitung der Privatisierung kaum vorstellbar sei, in den Akten noch unbekannte Unterlagen zur Person des Klägers auszumachen, zumal dessen Tätigkeit nach seinen eigenen Angaben nur zu einem sehr geringen Teil einen Bezug zur Treuhandanstalt gehabt habe. Auch diese Umstände können für die Gewichtung des Informationsinteresses relevant sein.

29

bb) Die Erwägungen, mit denen das Oberverwaltungsgericht die Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten Dritter verneint hat, sind nicht tragfähig:

30

Seine Annahme, die Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten nehme im Laufe der Zeit ab, findet in dieser Allgemeinheit weder im Informationsfreiheitsgesetz noch in der Rechtsordnung im Übrigen eine Stütze. Die Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten bestimmt sich vielmehr in erster Linie nach ihrer Art sowie dem Funktions- und Verwendungszusammenhang.

31

Soweit das Oberverwaltungsgericht die mangelnde Schutzwürdigkeit der personenbezogenen Daten Dritter weiter damit begründet hat, dass diese sich freiwillig in die Sphäre einer Behörde begeben und nicht auf Geheimhaltung hätten vertrauen dürfen, kann dem so ebenfalls nicht gefolgt werden. Die streitgegenständlichen Unterlagen sind vor dem Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes am 1. Januar 2006 entstanden, also zu einer Zeit, in der das geltende Recht noch von einem Aktengeheimnis und der Vertraulichkeit der Verwaltung ausging (BT-Drs. 15/4493 S. 6). Ungeachtet dessen sind Daten nicht per se deshalb weniger schutzwürdig, weil sie nicht "zwangsweise" erhoben, sondern im Zuge der Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren aus "freien Stücken" offenbart worden sind (vgl. Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, § 5 Rn. 35). Der Gesetzgeber hat eine reduzierte Schutzwürdigkeit für den Fall der "freiwilligen" Verfahrensbeteiligung in § 5 Abs. 3 IFG nur für bestimmte personenbezogene Daten von behördenexternen Dritten angenommen, die als Gutachter, Sachverständige oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem Verfahren abgegeben haben. Zudem ist diese Vorschrift als Regelvorschrift ausgestaltet und ermöglicht es, den Informationszugang auch zu diesen Daten in Ausnahmefällen abzulehnen. Es liegt zwar nahe, sich bei Daten, die nicht unter die Sonderregelungen des § 5 Abs. 2 bis 4 IFG fallen, diesen aber nahestehen, an den Wertungen des Gesetzgebers zu orientieren (Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, Stand 1. Februar 2016, § 5 Rn. 28). Warum die Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren als Bevollmächtigter mit der in § 5 Abs. 3 IFG geregelten Fallgestaltung einer freiwilligen Verfahrensbeteiligung in exponierter Funktion vergleichbar sein sollte, hat das Oberverwaltungsgericht aber weder nachvollziehbar dargetan noch ist dies sonst ersichtlich. Der Gesetzgeber hat Verfahrensbevollmächtigte jedenfalls nicht in den Anwendungsbereich der § 5 Abs. 3 und 4 IFG einbezogen. Abweichendes folgt nicht daraus, dass die in Rede stehenden Daten der Sozialsphäre zuzurechnen sind. Zwar sind solche Daten in der Regel weniger schutzwürdig. Auch in diesem Bereich gibt es aber - wie § 5 Abs. 3 und 4 IFG zeigt - in Bezug auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen unterschiedlich sensible Daten.

32

Eine geringe, hinter dem Informationsinteresse zurückbleibende Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten lässt sich zudem nicht pauschal mit dem Hinweis auf die parlamentarische, juristische und mediale Aufarbeitung der Privatisierung begründen. Soweit im Rahmen dieser Aufarbeitung - etwa in dem 944 Seiten umfassenden Abschlussbericht des 1. Untersuchungsausschusses (BT-Drs. 14/9300), den Berichten der Beklagten vom 1. Oktober 1997 und vom 7. Mai 2001 an die Bundestags-Untersuchungsausschüsse sowie in Zeitungsartikeln etc. - personenbezogene Daten an die Öffentlichkeit gelangt sind, dürfte deren Schutzwürdigkeit zwar entfallen bzw. gering sein. Es ist aber weder ersichtlich, geschweige denn vom Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass die 4 255 Aktenordner nur personenbezogene Daten enthalten, auf die das zutrifft.

33

Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, das Informationsinteresse überwiege die Schutzinteressen auch im Hinblick auf solche personenbezogenen Angaben, die im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungsverfahren standen, weil die Strafverfahren sämtlich abgeschlossen seien, ist nicht haltbar. Diese Erwägung wäre selbst dann nicht tragfähig, wenn es - wozu das Oberverwaltungsgericht keine Feststellungen getroffen hat - ausschließlich um personenbezogene Daten von Dritten ginge, die von den strafrechtlichen Ermittlungsverfahren als Beschuldigte persönlich betroffen waren. Das Oberverwaltungsgericht hat weder dargetan noch ist sonst ersichtlich, warum der Abschluss strafrechtlicher Ermittlungsverfahren die Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten der davon betroffenen Dritten reduzieren sollte. Diese werden im Gegenteil auch und gerade bei im Ergebnis erfolglosen Ermittlungen ein schutzwürdiges Interesse daran haben, dass keine sie betreffenden Details offenbart werden.

34

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht nicht schon dadurch gegen § 6 Satz 2 IFG verstoßen, dass es für unternehmensbezogene Informationen, die "längst abgeschlossene Geschäftsvorgänge betreffen und weit in die Vergangenheit zurückreichen", eine spezifische Darlegungslast (UA S. 15) angenommen hat.

35

Nach § 6 Satz 2 IFG darf Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Ob schützenswerte Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse vorliegen, ist gerichtlich voll überprüfbar. Der Begriff der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse ist im Informationsfreiheitsgesetz kein anderer als in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - 7 C 18.08 - Buchholz 406.252 § 9 UIG Nr. 1 Rn. 18). Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden danach allgemein alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse ist anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, den Konkurrenten exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachhaltig zu beeinflussen (Wettbewerbsrelevanz). Hierfür muss die prognostische Einschätzung nachteiliger Auswirkungen im Falle des Bekanntwerdens der Information nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 28). Der erforderliche Wettbewerbsbezug kann fehlen, wenn die Informationen abgeschlossene Vorgänge ohne Bezug zum heutigen Geschäftsbetrieb betreffen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5. April 2013 - 20 F 4.12 - juris Rn. 12 f. und vom 24. November 2015 - 20 F 4.14 - juris Rn. 27; Rossi, IFG, 1. Aufl. 2006, § 6 Rn. 68; Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, Stand 1. Februar 2016, § 5 Rn. 28 § 6 Rn. 27).

36

Daran gemessen ist gegen die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die fortbestehende Wettbewerbsrelevanz der unternehmensbezogenen Informationen müsse angesichts des Zeitablaufs näher dargelegt werden, revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Dabei zielt der vom Oberverwaltungsgericht verwendete Begriff der "spezifischen Darlegungslast" erkennbar darauf, dass die Wettbewerbsrelevanz bei unternehmensbezogenen Informationen, die abgeschlossene und lange zurückliegende Vorgänge betreffen, jedenfalls nicht evident ist. Einen "Ewigkeitsschutz" für unternehmensbezogene Daten kennt das Informationsfreiheitsgesetz nicht. Auf vertragliche Vertraulichkeitsklauseln kann die Beklagte sich insoweit nicht berufen; das Informationsfreiheitsgesetz kann durch vertragliche Vereinbarungen nicht abbedungen werden (Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, § 6 Rn. 64).

37

Ein Verstoß gegen § 6 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 IFG liegt aber darin, dass das Oberverwaltungsgericht von der unzureichenden Darlegung des Ausschlussgrundes nach § 6 Satz 2 IFG auf dessen Nichtvorliegen geschlossen hat, obwohl die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 IFG erfüllt sind, ein Drittbeteiligungsverfahren aber bisher nicht durchgeführt worden ist.

38

Nach § 8 Abs. 1 IFG gibt die Behörde einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt werden, Gelegenheit zur Stellungnahme, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann. Solche Anhaltspunkte liegen hier vor. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Beklagte jedenfalls "nachvollziehbar vorgetragen, dass von ihr für geheimhaltungsbedürftig gehaltene Sachverhalte über den gesamten Aktenbestand verteilt sind" (UA S. 14). Ungeachtet der mittlerweile verflossenen Zeit ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass - worauf die Beklagte in erster Linie verweist - Haftungs- und Gewährleistungsregelungen in den Verträgen auch heute noch für die Wettbewerbsposition der beteiligten Unternehmen von Bedeutung sein können. Dies genügt, um weitere Prüfungen im Rahmen des Drittbeteiligungsverfahrens nach § 8 Abs. 1 IFG als geboten erscheinen zu lassen. Bei diesem Verfahrensstand scheidet die Feststellung, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nach § 6 Satz 2 IFG dem Anspruch nicht entgegenstehen, aus.

39

d) Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstößt in seinem klagestattgebenden Teil schließlich auch deshalb gegen revisibles Recht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil das Oberverwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet hat, dem Kläger Einsicht in die 4 255 Ordner zur "Privatisierung L." zu gewähren. In den Fällen, in denen ein Drittbeteiligungsverfahren nach § 8 Abs. 1 IFG nicht durchgeführt worden ist, darf ein Gericht mangels Spruchreife nicht im Sinne einer Verpflichtung zur uneingeschränkten Akteneinsicht durchentscheiden. Vielmehr kommt lediglich ein Bescheidungsurteil in Betracht (BVerwG, Urteile vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 47 und - 7 C 18.12 - NVwZ 2015, 823 <824>).

40

2. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, für den - vom Kläger mit der Anschlussrevision weiterverfolgten - Anspruch auf Einsicht in die Akten der Sonder-Task-Force (Antrag zu 1b) sei die Beklagte nach deren Abgabe an das Bundesarchiv und der Umwidmung zu Archivgut nicht mehr passivlegitimiert, verstößt gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG.

41

Der für die Feststellung der Passivlegitimation maßgebliche Zeitpunkt bestimmt sich nach dem materiellen Recht. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Zugangsanspruch erstreckt sich, auch ohne dass dies in § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG wie etwa in § 2 Abs. 4 Satz 1 UIG und § 1 VIG ausdrücklich geregelt ist, auf die Informationen, die bei der Behörde vorhanden sind (BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2013 - 7 B 43.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 11 Rn. 11). Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorhandensein ist der Eingang des Antrags auf Informationszugang bei der informationspflichtigen aktenführenden Stelle. Danach muss diese die Unterlagen zur Prüfung von Ausschlussgründen und zur Erfüllung eines möglicherweise gegebenen Anspruchs vorhalten; sie darf sie - vorbehaltlich etwaiger Löschungsregelungen mit zwingenden Fristen, die für abweichende Belange keinen Raum lassen (vgl. Debus, in: Gersdorf/Paal, Beck’scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, Stand 1. Februar 2016, § 2 IFG Rn. 28) - weder weggeben noch vernichten. Aus § 2 Abs. 1 BArchG, wonach u.a. die Behörden des Bundes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Bundesarchiv anzubieten haben, folgt nichts anderes. Dabei kann dahinstehen, ob die Prüfung von Informationszugangsanträgen allgemein zu den Aufgaben gehört, die eine Übergabe an das Bundesarchiv sperren. Denn § 2 Abs. 1 BArchG enthält keine strikten Zeitvorgaben für die Abgabe. Ein an das Vorhandensein der Information bei Antragstellung anknüpfender Zugangsanspruch kann nachträglich nur dann untergehen, wenn er infolge eines Verstoßes gegen die vorgenannten Pflichten auf etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches gerichtet ist. Sind die Akten noch existent, muss die informationspflichtige Behörde sich diese gegebenenfalls im Wege der Amtshilfe vorübergehend wieder übermitteln lassen, um den Informationsanspruch zu prüfen und zu erfüllen.

42

Davon ausgehend sind die Unterlagen der Sonder-Task-Force mit Eingang des Antrags des Klägers auf Akteneinsicht bei der Beklagten im Februar 2007 Gegenstand des Informationsanspruchs geworden. Dieser ist durch die Abgabe der Unterlagen an das Bundesarchiv im Juni 2007 nicht untergegangen. Zwar gehen nach § 1 Abs. 3 IFG Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und des § 25 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) vor. Zu den vorgehenden Regelungen gehört auch die Vorschrift des § 5 BArchG, die den Zugang zu Archivgut betrifft (BT-Drs. 15/4493 S. 8). Archivgut werden archivwürdige Unterlagen jedenfalls mit der Prüfung und Annahme angebotener Unterlagen durch das Bundesarchiv (BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2013 - 7 B 43.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 11 Rn. 7). Dass die Unterlagen der Sonder-Task-Force damit inzwischen Archivgut geworden sind, ist aber für das zuvor begründete informationsfreiheitsrechtliche Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht relevant. Anhaltspunkte für eine tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit, auf die Unterlagen der Sonder-Task-Force beim Bundesarchiv zum Zweck der Verbescheidung des Antrags des Klägers zuzugreifen, sind von der Beklagten weder dargetan noch sonst ersichtlich.

43

3. Soweit das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, erweist sich das Urteil nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ob das Oberverwaltungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Einsicht in die Unterlagen der Sonder-Task-Force im Ergebnis zu Recht verneint hat, weil Ausschlussgründe entgegenstehen, kann mangels Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz nicht beurteilt werden.

44

Eine abschließende Entscheidung des Senats nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO scheidet mangels Spruchreife aus. Die Beklagte wird nach Zurückverweisung zunächst Gelegenheit haben, zum Vorliegen von Ausschlussgründen für Teile der streitbefangenen Aktenbestände sowie zum unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand (je Aktenbestand) ergänzend vorzutragen. Dabei reicht der Umstand, dass die Beklagte in Abwicklung begriffen ist und nur noch über 1,5 Mitarbeiter verfügt, zur Annahme eines unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands für sich genommen nicht aus. Auch eine Behörde in Abwicklung muss nachwirkend noch Kapazitäten für die Erfüllung von Informationsansprüchen vorhalten, die sich auf ihre ehemalige Verwaltungstätigkeit beziehen. Sie muss aber weder externes Personal rekrutieren noch ist in die Betrachtung des angemessenen personellen Aufwands der Personalbestand ihrer Abwicklerin einzubeziehen. Zu einer digitalen Aufbereitung des gesamten Aktenbestandes nach dem heutigen Stand der Technik ist die Beklagte ebenfalls nicht verpflichtet. Es liegt daher nahe, sich an den Ausführungen der Beklagten zum tatsächlichen Aufwand von ca. sechs Stunden je Ordner (vgl. S. 13 der Revisionsbegründung vom 4. März 2016) zu orientieren, wobei damit offenbar nur der Aufwand für die Durchsicht der Ordner auf schutzwürdige Daten erfasst ist, nicht jedoch der Aufwand für das Trennen, Fotokopieren, Schwärzen und Wiederzusammenfügen von Dokumenten.

45

Sollte der Hilfsantrag unter Nr. 3 relevant werden, ist nicht zu verkennen, dass der Verwaltungsaufwand hier jedenfalls hinsichtlich der 295 Ordner für den Untersuchungsausschuss sowie der 167 Ordner der Sonder-Task-Force deutlich geringer sein dürfte als bei umfassender Akteneinsicht: Zum einen entfällt aufgrund der Beschränkung des Antrags auf Dokumente, in denen der Kläger namentlich genannt ist, die inhaltliche Bewertung einer Vielzahl potentiell schutzwürdiger Angaben. Zum anderen werden Aktenbestandteile "überblättert" werden können, bei denen die Möglichkeit einer Erwähnung des Klägers fernliegt oder definitiv ausgeschlossen ist, so etwa, wenn es um umfängliche Vertragsbestimmungen oder Unterlagen zur Anlagentechnik geht.

(1) Die Behörde gibt einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann.

(2) Die Entscheidung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ergeht schriftlich und ist auch dem Dritten bekannt zu geben. Der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die Entscheidung dem Dritten gegenüber bestandskräftig ist oder die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist und seit der Bekanntgabe der Anordnung an den Dritten zwei Wochen verstrichen sind. § 9 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1) Über den Antrag auf Informationszugang entscheidet die Behörde, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Im Fall des § 1 Abs. 1 Satz 3 ist der Antrag an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Betrifft der Antrag Daten Dritter im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 oder § 6, muss er begründet werden. Bei gleichförmigen Anträgen von mehr als 50 Personen gelten die §§ 17 bis 19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.

(2) Besteht ein Anspruch auf Informationszugang zum Teil, ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Entsprechendes gilt, wenn sich der Antragsteller in den Fällen, in denen Belange Dritter berührt sind, mit einer Unkenntlichmachung der diesbezüglichen Informationen einverstanden erklärt.

(3) Auskünfte können mündlich, schriftlich oder elektronisch erteilt werden. Die Behörde ist nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Information zu prüfen.

(4) Im Fall der Einsichtnahme in amtliche Informationen kann sich der Antragsteller Notizen machen oder Ablichtungen und Ausdrucke fertigen lassen. § 6 Satz 1 bleibt unberührt.

(5) Die Information ist dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Belange unverzüglich zugänglich zu machen. Der Informationszugang soll innerhalb eines Monats erfolgen. § 8 bleibt unberührt.

(1) Die Behörde gibt einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann.

(2) Die Entscheidung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ergeht schriftlich und ist auch dem Dritten bekannt zu geben. Der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die Entscheidung dem Dritten gegenüber bestandskräftig ist oder die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist und seit der Bekanntgabe der Anordnung an den Dritten zwei Wochen verstrichen sind. § 9 Abs. 4 gilt entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt nach dem Informationsfreiheitsgesetz Zugang zu Unterlagen über die Anfang der 1990er Jahre durchgeführte Privatisierung der L.-Werke und der M.

2

Nach eigenen Angaben war der Kläger bei der Privatisierung als Lobbyist für das französische Unternehmen E. tätig. Er wurde in Frankreich Ende 2003 wegen Beihilfe zur Untreue und Hehlerei - rechtskräftig - zu einer Haftstrafe von 15 Monaten ohne Bewährung sowie einer Geldstrafe von 1,5 Mio. € und zur Rückzahlung seines Honorars an E. verurteilt. Zudem ist er zivilrechtlichen Folgeansprüchen ausgesetzt. Wegen dieser Verurteilung hat er sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt; das Verfahren ist nach seiner Darstellung noch anhängig.

3

Die in Abwicklung begriffene Beklagte ist die durch Gesetz umbenannte ehemalige Treuhandanstalt. Im Zusammenhang mit der Privatisierung L. legte die Treuhandanstalt 4 255 Ordner mit jeweils ca. 300 Blatt an. Die Privatisierung war zudem Gegenstand eines Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages in der 14. Wahlperiode, dem die Beklagte nach Prüfung des Akteninhalts einen Bericht sowie 295 Ordner mit Aktenauszügen übersandte. Hinzu kommt der 169 Ordner umfassende Aktenbestand der vom Bundesministerium der Finanzen im September 2000 eingesetzten "Sonder-Task-Force L.", deren Mitglieder organisatorisch zur Beklagten gehörten und Zugriff auf deren Aktenbestand hatten. Diesen Aktenbestand gab die Beklagte im Juni 2007 mit Ausnahme zweier Ordner - der "Fallakte H./Fallakte P." sowie einer "C-Kopie L. Sonderband Staatsanwaltschaft M." - an das Bundesarchiv ab.

4

Im Mai 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz Einsicht in die Akten zur Privatisierung L., Anfang Juli 2006 zudem die Erteilung verschiedener Auskünfte. Im Februar 2007 erweiterte er seinen Antrag auf Einsicht in die Unterlagen der Sonder-Task-Force.

5

In der Folge erteilte die Beklagte dem Kläger verschiedene Auskünfte und überließ ihm eine Reihe von Unterlagen, darunter das Inhaltsverzeichnis der "Fallakte H." sowie Auszüge aus dieser Akte. Im Übrigen lehnte sie den Antrag mit Bescheid vom 15. Oktober 2007 unter Berufung auf Ausschlussgründe nach den §§ 5 und 6 IFG sowie einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG ab.

6

Das Verwaltungsgericht wies die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage ab: Der Anspruch auf Zugang zu den 4 255 Ordnern "Privatisierung L." sei jedenfalls nach § 6 Satz 2 IFG zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen ausgeschlossen. Im Übrigen stehe dem Anspruch § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG entgegen, weil der Aufwand für die Sichtung der 4 255 Ordner unverhältnismäßig sei; gleiches gelte auch für die 295 Ordner, die die Beklagte dem Untersuchungsausschuss übermittelt habe. Für die Unterlagen der Sonder-Task-Force sei die Beklagte nicht passivlegitimiert, dieser Anspruch richte sich gegen das Bundesarchiv.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers hinsichtlich der Unterlagen der Sonder-Task-Force zurückgewiesen: Diese lägen der Beklagten nach ihrer Abgabe an das Bundesarchiv und der Umwidmung zu Archivgut nicht mehr vor und müssten von ihr auch nicht wiederbeschafft werden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Einsicht in die 4 255 Ordner des Vorgangs "Privatisierung L." zu gewähren: Dem Anspruch stünden keine Ausschlussgründe nach den §§ 5 und 6 IFG entgegen. Die Beklagte habe nicht einmal exemplarisch dargelegt, dass die unternehmensbezogenen Informationen nach mehr als 20 Jahren noch immer wettbewerbsrelevant seien. Auch hinsichtlich der personenbezogenen Daten fehle es angesichts des Zeitablaufs sowie der parlamentarischen, strafrechtlichen und medialen Aufarbeitung an nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen dazu, warum diese noch geheimhaltungsbedürftig seien. Das Informationsinteresse des Klägers überwiege die Geheimhaltungsinteressen Dritter. Die beispielhaft benannten personenbezogenen Daten beträfen nicht die private Lebensgestaltung. Die Betroffenen hätten sich freiwillig in die Sphäre einer staatlichen Stelle begeben und nicht auf Geheimhaltung vertrauen dürfen. Für die personenbezogenen Daten, die im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stünden, gelte nichts anderes. Die Strafverfahren seien längst abgeschlossen. Der Anspruch sei nicht nach § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG wegen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands ausgeschlossen. Die Beklagte könne dem Kläger in Ermangelung von Ausschlussgründen freien Zugang zum Aktenbestand gewähren. Ihr Verwaltungsaufwand beschränke sich daher auf die Bereitstellung einer Aufsichtsperson.

8

Gegen dieses Urteil richten sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers.

9

Die Beklagte trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Das Urteil verstoße gegen § 7 Abs. 2 Satz 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Satz 2 IFG. Der Erfüllung des durch Aussonderung zweier Aktenordner begründeten Teilanspruchs stehe ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG entgegen. Diese Vorschrift sei im Übrigen unabhängig von der positiven Feststellung eines Teilanspruchs auch dann anwendbar, wenn der Aktenbestand schutzwürdige Daten Dritter enthalte und die Zahl der zu prüfenden Dokumente so groß sei, dass schon die Prüfung von Ausschlussgründen einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verursache.

10

Eine besondere Darlegungslast für die Wettbewerbsrelevanz unternehmensbezogener Informationen bei abgeschlossenen und lange zurückliegenden Geschäftsvorgängen sei weder in § 6 Satz 2 IFG noch sonst im Informationsfreiheitsgesetz vorgesehen. Die Schutzwürdigkeit der personenbezogenen Daten sei weder durch den Zeitablauf oder die freiwillige Mitwirkung an der Privatisierung noch durch die mediale, parlamentarische und strafrechtliche Aufarbeitung der Vorgänge entfallen.

11

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Januar 2014 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Oktober 2009 insgesamt zurückzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen,

sowie im Wege der Anschlussrevision,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Januar 2014 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Oktober 2009 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 15. Oktober 2007 und des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2007 zu verpflichten, dem Kläger entsprechend seinem Antrag vom 16. Februar 2007 Informationszugang auch zum Vorgang "Sonder-Task-Force L." zu gewähren.

13

Nach dem allein maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung bei der Behörde sei die Beklagte auch hinsichtlich der an das Bundesarchiv abgegebenen Unterlagen der Sonder-Task-Force passivlegitimiert.

14

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers sind zulässig und begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstößt sowohl in seinem klagestattgebenden Teil (1.) als auch hinsichtlich der Zurückweisung der Berufung des Klägers (2.) gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Senat kann mangels Spruchreife nicht selbst in der Sache entscheiden; dies nötigt zur Aufhebung und Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 VwGO; 3.).

16

1. Das Oberverwaltungsgericht hat dem Klageantrag zu 1a. (Einsicht in die 4 255 Ordner des Vorgangs "Privatisierung L.") unter Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1, § 6 Satz 2, § 7 Abs. 2 Satz 1, § 8 Abs. 1 IFG und § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO stattgegeben. Bei der Prüfung der Ausschlussgründe nach den §§ 5 und 6 IFG hat es außer Betracht gelassen, dass die Anforderungen an die Darlegung von Ausschlussgründen sich bei außerordentlich umfangreichen Aktenbeständen nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG bestimmen (a). Die im Rahmen von § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG vorgenommene Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Klägers und den schutzwürdigen Interessen Dritter leidet an Mängeln (b). Das Oberverwaltungsgericht durfte aus der unzureichenden Darlegung der fortbestehenden Wettbewerbsrelevanz unternehmensbezogener Informationen im Sinne von § 6 Satz 2 IFG ohne vorherige Drittbeteiligung nach § 8 Abs. 1 IFG nicht darauf schließen, dass dieser Ausschlussgrund nicht vorliegt (c). Zudem hätte es die Beklagte mangels Spruchreife nur zur Neubescheidung verpflichten dürfen (d).

17

a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Ausschlussgründe nach den §§ 3 bis 6 IFG von der informationspflichtigen Behörde nachvollziehbar und plausibel darzulegen sind und an diesem Darlegungserfordernis auch bei außerordentlich umfangreichen Aktenbeständen im Grundsatz festzuhalten ist. Einen allgemeinen Ausschlusstatbestand des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands bzw. der Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung, wie er etwa in § 4 Abs. 3 Nr. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (Verbraucherinformationsgesetz - VIG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 17. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2166, 2725), geändert durch Art. 2 Abs. 34 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154), § 5 Abs. 6 Nr. 4 des Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz - BArchG) vom 6. Januar 1988 (BGBl. I S. 62), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 38 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154), § 29 Abs. 2 VwVfG geregelt ist oder in § 6 Abs. 3 Nr. 3 ProfE-IFG (abgedruckt in: Schoch/Kloepfer, Informationsfreiheitsgesetz, 2002, Bd. I) vorgesehen war, enthält das Informationsfreiheitsgesetz nicht; namentlich stellt die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG nach ihrem Wortlaut und ihrer Entstehungsgeschichte keinen allgemeinen Ausschlusstatbestand in diesem Sinne dar. Gleichwohl muss den Schwierigkeiten, vor denen die informationspflichtige Behörde im Hinblick auf die erforderliche Prüfung der Unterlagen sowie eine gegebenenfalls gebotene Beteiligung von Drittbetroffenen steht, wenn Einsicht in außerordentlich umfangreiche Aktenbestände begehrt wird, Rechnung getragen werden. Dazu bedarf es jedenfalls für diese Fallgestaltung keines Analogieschlusses, der eine unbeabsichtigte Regelungslücke voraussetzen würde, denn die genannten Schwierigkeiten lassen sich mittels sachgerechter Auslegung des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG bewältigen.

18

aa) Das Oberverwaltungsgericht hat zwar berücksichtigt, dass der Umfang des Vorgangs "Privatisierung L." (4 255 Ordner mit jeweils ca. 300 Blatt) eine strikte Anwendung der Darlegungsanforderungen auf den gesamten Akteninhalt ausschließt. Es hat daher bei der Prüfung von § 5 Abs. 1 IFG nicht verlangt, dass jede schutzwürdige Information konkret bezeichnet und ihre Geheimhaltungsbedürftigkeit dargetan wird (UA S. 13). Für den Ausschlussgrund des § 6 Satz 2 IFG hat es eine zumindest exemplarische Darlegung von Anhaltspunkten für Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse als ausreichend erachtet (UA S. 17). Es erschließt sich aber weder, aufgrund welcher Rechtsgrundlage und folglich unter welchen Voraussetzungen das Oberverwaltungsgericht eine Reduzierung der behördlichen Darlegungslast für zulässig erachtet, noch werden Art und Umfang der Darlegungsanforderungen näher konkretisiert. Zu Unrecht - und ohne Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Vorbringen der Beklagten - hat das Oberverwaltungsgericht insoweit § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG nicht angewandt.

19

Allerdings ist § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG hier entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon deshalb anwendbar, weil sie aus dem Aktenbestand der Sonder-Task-Force zwei Ordner ausgesondert, dem Kläger hierzu teilweise Zugang gewährt und so einen Teilanspruch im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG begründet hat. Die Revision der Beklagten betrifft nicht den Aktenbestand der Sonder-Task-Force, sondern die 4 255 Ordner des Vorgangs "Privatisierung L.". Abgesehen davon stellt § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG nicht auf eine teilweise Erfüllung des Anspruchs, sondern einen Teilanspruch ab. Die Vorschrift geht davon aus, dass ein Informationszugang nach den materiell-rechtlichen Vorgaben nur teilweise besteht, und bestimmt daran anknüpfend, dass dem Antrag stattzugeben ist, soweit dies ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Der praktische Anwendungsbereich der zweiten Alternative mag, wenn nicht gerade der Aufwand für eine inhaltliche Trennung der Akten in Rede steht, begrenzt sein. Dies zwingt aber nicht dazu, die gesetzliche Formulierung im Anschluss an die Begründung des Gesetzentwurfs als Redaktionsversehen zu betrachten (so Rossi, IFG, 1. Aufl. 2006, § 7 Rn. 29; a.A. Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, § 7 Rn. 50 f.). Der typische Fall des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG ist zwar der, dass die Möglichkeit einer Teilstattgabe sich - im Sinne eines kumulativen Verständnisses der in § 7 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 IFG aufgeführten Voraussetzungen - danach entscheidet, ob eine Abtrennung der geheimhaltungsbedürftigen Informationen ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist. Verstünde man § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG in diesem Sinne als reine Rechtsfolgenregelung, beschränkte sich der berücksichtigungsfähige Aufwand auf die "Bearbeitung" der Akten insbesondere durch Kopieren und Schwärzen der geheimhaltungsbedürftigen Passagen. Demgegenüber würde die dieser - eher mechanischen - Tätigkeit vorausliegende inhaltlich-intellektuelle Leistung der Identifizierung potenziell schutzwürdiger Angaben und deren anschließende Bewertung als zu schwärzende Information ausgeklammert. Eine solche Trennung und Verengung eines einheitlichen Lebenssachverhalts und einer einheitlichen Problemlage leuchtet aber nicht ein. § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG ist daher sachgerecht so auszulegen, dass dann, wenn für einen Teil der Unterlagen näher dargelegt ist, dass die Akten geheimhaltungsbedürftige Informationen enthalten und folglich nur ein Teilanspruch besteht, der genaue Umfang dieses Teilanspruchs dahinstehen kann, sofern dessen Ermittlung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist. Der Wortlaut des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG steht einem solchen Normverständnis nicht entgegen. Denn diese Auslegung enthebt nicht vom Nachweis des Vorliegens eines Ausschlussgrundes und folglich dem Bestehen eines Teilanspruchs dem Grunde nach; mehr setzt § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG nicht voraus.

20

bb) Auf welche Weise die Ausschlussgründe darzulegen sind, um einen Teilanspruch im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG zu bejahen, hängt von Art, Inhalt und Struktur des jeweiligen Aktenbestandes ab. Bezieht sich das Einsichtsbegehren auf Aktenbestände, deren Bestandteile mit Hilfe von Verzeichnissen, Vorblättern etc. nach inhaltlichen Kriterien verschiedenen Kategorien zugeordnet werden können, ist das Vorhandensein geheimhaltungsbedürftiger Informationen exemplarisch für je eine Teilmenge jeder Kategorie nachvollziehbar und plausibel darzulegen. Für die hier in Rede stehenden Ausschlussgründe der §§ 5 und 6 IFG erfordert dies insbesondere konkrete Angaben zu Art und Sensibilität der personenbezogenen Daten sowie zur (fortdauernden) Wettbewerbsrelevanz unternehmensbezogener Informationen. Dabei dürften nach Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes am 1. Januar 2006 angelegte Verwaltungsvorgänge in der Regel so strukturiert und elektronisch erfasst sein, dass ihr Inhalt von der informationspflichtigen Behörde mit Hilfe der Verzeichnisse nach § 11 Abs. 1 IFG sowie elektronischer Suchfunktionen zeitnah erschlossen werden kann.

21

Weisen die betreffenden Aktenbestände dagegen keine charakteristischen Strukturmerkmale auf und können sie auch nicht unter Rückgriff auf Vorblätter, Verzeichnisse etc. kategorisiert werden, genügt es, das Vorliegen von Ausschlussgründen durch Auswertung einer angemessenen Zahl von Stichproben schlüssig darzulegen. Die Pflicht zur Erstellung von Verzeichnissen nach § 11 Abs. 1 IFG erstreckt sich zwar grundsätzlich auch auf solche Informationssammlungen, die am 1. Januar 2006 schon vorhanden waren. Die Vorschrift ist aber als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet, so dass in atypischen Fällen hiervon abgesehen werden darf (Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, § 11 Rn. 17). Ein solcher atypischer Fall kann etwa dann vorliegen, wenn die nachträgliche Erstellung der Verzeichnisse mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden wäre.

22

Finden sich in den exemplarisch oder stichprobenhaft ausgewerteten Akten schutzwürdige Daten Dritter, muss die informationspflichtige Behörde die in den betreffenden Teilmengen identifizierten Dritten nicht nach § 8 Abs. 1 IFG beteiligen. Die Drittbeteiligung nach § 8 Abs. 1 IFG dient in erster Linie dem Rechtsschutz des Dritten ("Grundrechtsschutz durch Verfahren"; vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 30). Sie hat daneben auch eine Aufklärungsfunktion, die vor allem in Bezug auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bedeutsam sein kann, eine Entscheidungsfunktion in den Fällen, in denen der Antrag ohne Einwilligung zwingend abzulehnen ist, und schließlich eine Unterstützungsfunktion, soweit die Stellungnahme des Dritten der Behörde im Hinblick auf eine gebotene Abwägung Hilfe bei der Ermittlung und Gewichtung der konfligierenden Belange bietet (Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, § 8 Rn. 28). Allerdings hat bei außerordentlich umfangreichen Aktenbeständen der Umstand, dass nicht der gesamte Aktenbestand auf schutzwürdige Daten Dritter gesichtet werden kann, zwingend zur Folge, dass nicht alle Drittbetroffenen beteiligt werden können. Dies gilt angesichts der Weite der im Informationsfreiheitsgesetz anwendbaren Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 25. Februar 2015 (BGBl. I S. 162) (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 20) insbesondere dann, wenn es um personenbezogene Daten geht. Sofern das Vorliegen schutzwürdiger Daten Dritter anhand einer Teilaktenmenge exemplarisch oder stichprobenhaft dargelegt worden ist, darf daher typisierend davon ausgegangen werden, dass jedenfalls nicht alle Drittbetroffenen mit einer Offenbarung ihrer Daten einverstanden sind.

23

cc) Sind Ausschlussgründe den o.g. Anforderungen entsprechend dargelegt und überwiegen, soweit es um personenbezogene Daten geht, die Geheimhaltungsinteressen der Dritten, muss der genaue Umfang des Teilanspruchs nicht festgestellt werden, wenn dies mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG verbunden ist. Die Darlegungslast dafür obliegt ebenfalls der informationspflichtigen Behörde.

24

Für die Frage, was unter einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zu verstehen ist, finden sich in der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte; sie verweist lediglich darauf, dass die Regelung der Transparenz und Verhältnismäßigkeit entspreche (BT-Drs. 15/4493 S. 15). Um eine grundrechtlich fundierte Verhältnismäßigkeitsprüfung geht es dabei erkennbar nicht. Die Vorschrift zielt vielmehr darauf, die informationspflichtige Stelle vor institutioneller Überforderung und einer Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit zu schützen. § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG ist eng auszulegen, zumal die Bearbeitung von Anträgen nach dem Informationsfreiheitsgesetz mittlerweile zum originären Aufgabengebiet der Behörde gehört (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 7 C 1.14 - BVerwGE 152, 241 Rn. 41). Er schließt eine Teilstattgabe wegen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands daher nur aus, wenn die Erfüllung des Teilanspruchs einen im Verhältnis zum Erkenntnisgewinn des Anspruchstellers und der Allgemeinheit unvertretbaren Aufwand an Kosten oder Personal erfordern würde oder aber auch bei zumutbarer Personal- und Sachmittelausstattung sowie unter Ausschöpfung aller organisatorischen Möglichkeiten die Wahrnehmung der vorrangigen Sachaufgaben der Behörde erheblich behindern würde (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 29. November 2013 - 6 A 1293/13 - juris Rn. 70; VG Berlin, Urteil vom 26. Februar 2002 - 23 A 202.00 - NVwZ-RR 2002, 810 <812>). Dabei ist der mit der Aufbereitung der Akten verbundene Verwaltungsaufwand, der sich in erster Linie im Personalaufwand niederschlägt, nicht nach den faktischen Verhältnissen, sondern normativ zu bestimmen. Die informationspflichtigen Behörden müssen Vorsorge dafür treffen, dass durch die Aufbereitung und Sichtung der Akten sowie Zusammenstellung der Unterlagen aus Anlass von Informationszugangsbegehren die ordnungsgemäße Wahrnehmung ihrer sonstigen Aufgaben nicht erheblich beeinträchtigt wird. Sie sind daher grundsätzlich gehalten, sich in ihrer Arbeitsorganisation und Aktenführung auf die mit der Erfüllung von IFG-Anträgen verbundenen (Zusatz-)Aufgaben einzustellen. Der Verwaltungsaufwand ist zudem nicht schon dann unverhältnismäßig, wenn er eine Verlängerung der Monatsfrist des § 7 Abs. 5 Satz 2 IFG erfordert oder selbst mit höheren Gebühren nicht angemessen abgebildet werden kann. Die "Soll"-Vorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 2 IFG lässt eine Überschreitung der Monatsfrist in atypischen Fällen, namentlich bei umfangreichen und komplexen Informationsbegehren zu; in Drittbeteiligungsfällen ist eine längere Bearbeitungsfrist gemäß § 7 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 8 Abs. 1 IFG die Regel. Die in der Begründung zu § 10 IFG (BT-Drs. 15/4493 S. 16) erwähnte Höchstgebühr von 500 €, die in der Informationsgebührenordnung vom 2. Januar 2006 (BGBl. I S. 6) aufgegriffen und im Gebührenverzeichnis festgelegt worden ist, lässt schon deshalb nicht auf einen (gerade noch) als angemessen erachteten Verwaltungsaufwand schließen, weil das Verbot einer prohibitiven Gebührenbemessung in § 10 Abs. 2 IFG festgeschrieben ist.

25

b) Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zu § 5 IFG halten revisionsrechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand. § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG verlangt bei fehlender Einwilligung des Dritten eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Antragstellers und dem Schutzinteresse des Dritten, die gerichtlich voll überprüfbar ist (h.M.; vgl. etwa OVG Münster, Urteil vom 19. März 2013 - 8 A 1172/11 - DVBl 2013, 981 <986>; Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, § 5 Rn. 39; Rossi, IFG, 1. Aufl. 2006, § 5 Rn. 23). Dabei hat der Gesetzgeber im Spannungsverhältnis zwischen dem Informationsinteresse und den Geheimhaltungsinteressen Dritter in § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG dem Datenschutz einen relativen Vorrang eingeräumt; das Informationsinteresse muss überwiegen. Dieser Vorrang trägt dem Umstand Rechnung, dass das Recht des Dritten auf Geheimhaltung seiner personenbezogenen Daten verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verankert ist, während der Antragsteller sich regelmäßig nur auf einen einfachgesetzlichen Anspruch auf Informationszugang berufen kann (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 13; BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 18.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 13 Rn. 38 und Beschluss vom 22. September 2015 - 6 VR 2.15 - ZD 2016, 94 <95>). Die Grundregel des voraussetzungslosen Informationszugangsanspruchs nach § 1 Abs. 1 IFG hat danach bei Betroffenheit Dritter eine Durchbrechung erfahren. Dem entspricht, dass der Antrag auf Informationszugang nach § 7 Abs. 1 Satz 3 IFG begründet werden muss, wenn er Daten Dritter im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 IFG oder § 6 IFG betrifft. Bei der Gewichtung des Informationsinteresses ist neben dem eigenen Informationsinteresse des Antragstellers auch das Informationsinteresse der Allgemeinheit zu berücksichtigen, weil die mit dem Informationsfreiheitsgesetz bezweckte Transparenz nicht nur dem Einzelnen, sondern der Öffentlichkeit insgesamt dient (BT-Drs. 15/4493 S. 13).

26

Daneben ist für die Abwägung das Maß der Schutzwürdigkeit der personenbezogenen Daten bedeutsam. Der Grad der Geheimhaltungsbedürftigkeit hängt von der Art der personenbezogenen Daten ab; mit zunehmender Sensibilität des Datums steigt auch dessen Schutzwürdigkeit und sein Gewicht in der Abwägung (vgl. Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, Stand 1. Februar 2016, § 5 Rn. 28). Für bestimmte Arten personenbezogener Daten wird die Abwägung in § 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 4 IFG vorweggenommen bzw. ausgeschlossen. So sind besonders sensitive personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG nach § 5 Abs. 1 Satz 2 IFG abwägungsfest; sie dürfen nur mit Einwilligung des Betroffenen zugänglich gemacht werden. § 5 Abs. 2 IFG enthält für Informationen, die mit einem Dienst- oder Amtsverhältnis oder Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen, und bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen, eine vorweggenommene Abwägung zugunsten des Schutzinteresses des Dritten (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 19). Demgegenüber geht § 5 Abs. 3 IFG bei bestimmten funktionsbezogenen Daten von Gutachtern und Sachverständigen von einem überwiegenden Informationsinteresse aus. Vom Abwägungserfordernis ausgenommen sind nach § 5 Abs. 4 IFG funktionsbezogene Daten von Bearbeitern, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist.

27

Dieser Regelungssystematik wird die Interessenabwägung des Oberverwaltungsgerichts nicht gerecht:

28

aa) Es fehlt schon an den für eine ordnungsgemäße Gewichtung und Abwägung erforderlichen Tatsachenfeststellungen zum Informationsinteresse des Klägers, namentlich zu dem nach dem Vortrag des Klägers weiterhin anhängigen Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sowie den zivilrechtlichen (Folge-)Ansprüchen, denen der Kläger nach seinen Angaben ausgesetzt ist. Ob das Informationsinteresse des Klägers - wie er geltend macht - durch das öffentliche Interesse an Transparenz und Kontrolle verstärkt wird, hat das Oberverwaltungsgericht nicht hinterfragt, obwohl hieran angesichts des Zeitablaufs und der rechtlichen, parlamentarischen sowie medialen Aufarbeitung jedenfalls Zweifel angebracht sind. Zudem hat es bei der Bewertung des Informationsinteresses nicht berücksichtigt, dass die Beklagte dem Informationsbegehren des Klägers durch die Erteilung von Auskünften und Überlassung verschiedener Unterlagen zumindest teilweise entsprochen hat. Sie hat überdies im Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 (S. 4) näher dargelegt, warum es angesichts der intensiven Prüfung der Aktenbestände im Zusammenhang mit der parlamentarischen und rechtlichen Aufarbeitung der Privatisierung kaum vorstellbar sei, in den Akten noch unbekannte Unterlagen zur Person des Klägers auszumachen, zumal dessen Tätigkeit nach seinen eigenen Angaben nur zu einem sehr geringen Teil einen Bezug zur Treuhandanstalt gehabt habe. Auch diese Umstände können für die Gewichtung des Informationsinteresses relevant sein.

29

bb) Die Erwägungen, mit denen das Oberverwaltungsgericht die Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten Dritter verneint hat, sind nicht tragfähig:

30

Seine Annahme, die Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten nehme im Laufe der Zeit ab, findet in dieser Allgemeinheit weder im Informationsfreiheitsgesetz noch in der Rechtsordnung im Übrigen eine Stütze. Die Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten bestimmt sich vielmehr in erster Linie nach ihrer Art sowie dem Funktions- und Verwendungszusammenhang.

31

Soweit das Oberverwaltungsgericht die mangelnde Schutzwürdigkeit der personenbezogenen Daten Dritter weiter damit begründet hat, dass diese sich freiwillig in die Sphäre einer Behörde begeben und nicht auf Geheimhaltung hätten vertrauen dürfen, kann dem so ebenfalls nicht gefolgt werden. Die streitgegenständlichen Unterlagen sind vor dem Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes am 1. Januar 2006 entstanden, also zu einer Zeit, in der das geltende Recht noch von einem Aktengeheimnis und der Vertraulichkeit der Verwaltung ausging (BT-Drs. 15/4493 S. 6). Ungeachtet dessen sind Daten nicht per se deshalb weniger schutzwürdig, weil sie nicht "zwangsweise" erhoben, sondern im Zuge der Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren aus "freien Stücken" offenbart worden sind (vgl. Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, § 5 Rn. 35). Der Gesetzgeber hat eine reduzierte Schutzwürdigkeit für den Fall der "freiwilligen" Verfahrensbeteiligung in § 5 Abs. 3 IFG nur für bestimmte personenbezogene Daten von behördenexternen Dritten angenommen, die als Gutachter, Sachverständige oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem Verfahren abgegeben haben. Zudem ist diese Vorschrift als Regelvorschrift ausgestaltet und ermöglicht es, den Informationszugang auch zu diesen Daten in Ausnahmefällen abzulehnen. Es liegt zwar nahe, sich bei Daten, die nicht unter die Sonderregelungen des § 5 Abs. 2 bis 4 IFG fallen, diesen aber nahestehen, an den Wertungen des Gesetzgebers zu orientieren (Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, Stand 1. Februar 2016, § 5 Rn. 28). Warum die Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren als Bevollmächtigter mit der in § 5 Abs. 3 IFG geregelten Fallgestaltung einer freiwilligen Verfahrensbeteiligung in exponierter Funktion vergleichbar sein sollte, hat das Oberverwaltungsgericht aber weder nachvollziehbar dargetan noch ist dies sonst ersichtlich. Der Gesetzgeber hat Verfahrensbevollmächtigte jedenfalls nicht in den Anwendungsbereich der § 5 Abs. 3 und 4 IFG einbezogen. Abweichendes folgt nicht daraus, dass die in Rede stehenden Daten der Sozialsphäre zuzurechnen sind. Zwar sind solche Daten in der Regel weniger schutzwürdig. Auch in diesem Bereich gibt es aber - wie § 5 Abs. 3 und 4 IFG zeigt - in Bezug auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen unterschiedlich sensible Daten.

32

Eine geringe, hinter dem Informationsinteresse zurückbleibende Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten lässt sich zudem nicht pauschal mit dem Hinweis auf die parlamentarische, juristische und mediale Aufarbeitung der Privatisierung begründen. Soweit im Rahmen dieser Aufarbeitung - etwa in dem 944 Seiten umfassenden Abschlussbericht des 1. Untersuchungsausschusses (BT-Drs. 14/9300), den Berichten der Beklagten vom 1. Oktober 1997 und vom 7. Mai 2001 an die Bundestags-Untersuchungsausschüsse sowie in Zeitungsartikeln etc. - personenbezogene Daten an die Öffentlichkeit gelangt sind, dürfte deren Schutzwürdigkeit zwar entfallen bzw. gering sein. Es ist aber weder ersichtlich, geschweige denn vom Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass die 4 255 Aktenordner nur personenbezogene Daten enthalten, auf die das zutrifft.

33

Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, das Informationsinteresse überwiege die Schutzinteressen auch im Hinblick auf solche personenbezogenen Angaben, die im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungsverfahren standen, weil die Strafverfahren sämtlich abgeschlossen seien, ist nicht haltbar. Diese Erwägung wäre selbst dann nicht tragfähig, wenn es - wozu das Oberverwaltungsgericht keine Feststellungen getroffen hat - ausschließlich um personenbezogene Daten von Dritten ginge, die von den strafrechtlichen Ermittlungsverfahren als Beschuldigte persönlich betroffen waren. Das Oberverwaltungsgericht hat weder dargetan noch ist sonst ersichtlich, warum der Abschluss strafrechtlicher Ermittlungsverfahren die Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten der davon betroffenen Dritten reduzieren sollte. Diese werden im Gegenteil auch und gerade bei im Ergebnis erfolglosen Ermittlungen ein schutzwürdiges Interesse daran haben, dass keine sie betreffenden Details offenbart werden.

34

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht nicht schon dadurch gegen § 6 Satz 2 IFG verstoßen, dass es für unternehmensbezogene Informationen, die "längst abgeschlossene Geschäftsvorgänge betreffen und weit in die Vergangenheit zurückreichen", eine spezifische Darlegungslast (UA S. 15) angenommen hat.

35

Nach § 6 Satz 2 IFG darf Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Ob schützenswerte Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse vorliegen, ist gerichtlich voll überprüfbar. Der Begriff der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse ist im Informationsfreiheitsgesetz kein anderer als in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - 7 C 18.08 - Buchholz 406.252 § 9 UIG Nr. 1 Rn. 18). Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden danach allgemein alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse ist anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, den Konkurrenten exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachhaltig zu beeinflussen (Wettbewerbsrelevanz). Hierfür muss die prognostische Einschätzung nachteiliger Auswirkungen im Falle des Bekanntwerdens der Information nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 28). Der erforderliche Wettbewerbsbezug kann fehlen, wenn die Informationen abgeschlossene Vorgänge ohne Bezug zum heutigen Geschäftsbetrieb betreffen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5. April 2013 - 20 F 4.12 - juris Rn. 12 f. und vom 24. November 2015 - 20 F 4.14 - juris Rn. 27; Rossi, IFG, 1. Aufl. 2006, § 6 Rn. 68; Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, Stand 1. Februar 2016, § 5 Rn. 28 § 6 Rn. 27).

36

Daran gemessen ist gegen die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die fortbestehende Wettbewerbsrelevanz der unternehmensbezogenen Informationen müsse angesichts des Zeitablaufs näher dargelegt werden, revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Dabei zielt der vom Oberverwaltungsgericht verwendete Begriff der "spezifischen Darlegungslast" erkennbar darauf, dass die Wettbewerbsrelevanz bei unternehmensbezogenen Informationen, die abgeschlossene und lange zurückliegende Vorgänge betreffen, jedenfalls nicht evident ist. Einen "Ewigkeitsschutz" für unternehmensbezogene Daten kennt das Informationsfreiheitsgesetz nicht. Auf vertragliche Vertraulichkeitsklauseln kann die Beklagte sich insoweit nicht berufen; das Informationsfreiheitsgesetz kann durch vertragliche Vereinbarungen nicht abbedungen werden (Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, § 6 Rn. 64).

37

Ein Verstoß gegen § 6 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 IFG liegt aber darin, dass das Oberverwaltungsgericht von der unzureichenden Darlegung des Ausschlussgrundes nach § 6 Satz 2 IFG auf dessen Nichtvorliegen geschlossen hat, obwohl die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 IFG erfüllt sind, ein Drittbeteiligungsverfahren aber bisher nicht durchgeführt worden ist.

38

Nach § 8 Abs. 1 IFG gibt die Behörde einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt werden, Gelegenheit zur Stellungnahme, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann. Solche Anhaltspunkte liegen hier vor. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Beklagte jedenfalls "nachvollziehbar vorgetragen, dass von ihr für geheimhaltungsbedürftig gehaltene Sachverhalte über den gesamten Aktenbestand verteilt sind" (UA S. 14). Ungeachtet der mittlerweile verflossenen Zeit ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass - worauf die Beklagte in erster Linie verweist - Haftungs- und Gewährleistungsregelungen in den Verträgen auch heute noch für die Wettbewerbsposition der beteiligten Unternehmen von Bedeutung sein können. Dies genügt, um weitere Prüfungen im Rahmen des Drittbeteiligungsverfahrens nach § 8 Abs. 1 IFG als geboten erscheinen zu lassen. Bei diesem Verfahrensstand scheidet die Feststellung, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nach § 6 Satz 2 IFG dem Anspruch nicht entgegenstehen, aus.

39

d) Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstößt in seinem klagestattgebenden Teil schließlich auch deshalb gegen revisibles Recht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil das Oberverwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet hat, dem Kläger Einsicht in die 4 255 Ordner zur "Privatisierung L." zu gewähren. In den Fällen, in denen ein Drittbeteiligungsverfahren nach § 8 Abs. 1 IFG nicht durchgeführt worden ist, darf ein Gericht mangels Spruchreife nicht im Sinne einer Verpflichtung zur uneingeschränkten Akteneinsicht durchentscheiden. Vielmehr kommt lediglich ein Bescheidungsurteil in Betracht (BVerwG, Urteile vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 47 und - 7 C 18.12 - NVwZ 2015, 823 <824>).

40

2. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, für den - vom Kläger mit der Anschlussrevision weiterverfolgten - Anspruch auf Einsicht in die Akten der Sonder-Task-Force (Antrag zu 1b) sei die Beklagte nach deren Abgabe an das Bundesarchiv und der Umwidmung zu Archivgut nicht mehr passivlegitimiert, verstößt gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG.

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Der für die Feststellung der Passivlegitimation maßgebliche Zeitpunkt bestimmt sich nach dem materiellen Recht. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Zugangsanspruch erstreckt sich, auch ohne dass dies in § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG wie etwa in § 2 Abs. 4 Satz 1 UIG und § 1 VIG ausdrücklich geregelt ist, auf die Informationen, die bei der Behörde vorhanden sind (BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2013 - 7 B 43.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 11 Rn. 11). Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorhandensein ist der Eingang des Antrags auf Informationszugang bei der informationspflichtigen aktenführenden Stelle. Danach muss diese die Unterlagen zur Prüfung von Ausschlussgründen und zur Erfüllung eines möglicherweise gegebenen Anspruchs vorhalten; sie darf sie - vorbehaltlich etwaiger Löschungsregelungen mit zwingenden Fristen, die für abweichende Belange keinen Raum lassen (vgl. Debus, in: Gersdorf/Paal, Beck’scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, Stand 1. Februar 2016, § 2 IFG Rn. 28) - weder weggeben noch vernichten. Aus § 2 Abs. 1 BArchG, wonach u.a. die Behörden des Bundes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Bundesarchiv anzubieten haben, folgt nichts anderes. Dabei kann dahinstehen, ob die Prüfung von Informationszugangsanträgen allgemein zu den Aufgaben gehört, die eine Übergabe an das Bundesarchiv sperren. Denn § 2 Abs. 1 BArchG enthält keine strikten Zeitvorgaben für die Abgabe. Ein an das Vorhandensein der Information bei Antragstellung anknüpfender Zugangsanspruch kann nachträglich nur dann untergehen, wenn er infolge eines Verstoßes gegen die vorgenannten Pflichten auf etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches gerichtet ist. Sind die Akten noch existent, muss die informationspflichtige Behörde sich diese gegebenenfalls im Wege der Amtshilfe vorübergehend wieder übermitteln lassen, um den Informationsanspruch zu prüfen und zu erfüllen.

42

Davon ausgehend sind die Unterlagen der Sonder-Task-Force mit Eingang des Antrags des Klägers auf Akteneinsicht bei der Beklagten im Februar 2007 Gegenstand des Informationsanspruchs geworden. Dieser ist durch die Abgabe der Unterlagen an das Bundesarchiv im Juni 2007 nicht untergegangen. Zwar gehen nach § 1 Abs. 3 IFG Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und des § 25 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) vor. Zu den vorgehenden Regelungen gehört auch die Vorschrift des § 5 BArchG, die den Zugang zu Archivgut betrifft (BT-Drs. 15/4493 S. 8). Archivgut werden archivwürdige Unterlagen jedenfalls mit der Prüfung und Annahme angebotener Unterlagen durch das Bundesarchiv (BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2013 - 7 B 43.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 11 Rn. 7). Dass die Unterlagen der Sonder-Task-Force damit inzwischen Archivgut geworden sind, ist aber für das zuvor begründete informationsfreiheitsrechtliche Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht relevant. Anhaltspunkte für eine tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit, auf die Unterlagen der Sonder-Task-Force beim Bundesarchiv zum Zweck der Verbescheidung des Antrags des Klägers zuzugreifen, sind von der Beklagten weder dargetan noch sonst ersichtlich.

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3. Soweit das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, erweist sich das Urteil nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ob das Oberverwaltungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Einsicht in die Unterlagen der Sonder-Task-Force im Ergebnis zu Recht verneint hat, weil Ausschlussgründe entgegenstehen, kann mangels Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz nicht beurteilt werden.

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Eine abschließende Entscheidung des Senats nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO scheidet mangels Spruchreife aus. Die Beklagte wird nach Zurückverweisung zunächst Gelegenheit haben, zum Vorliegen von Ausschlussgründen für Teile der streitbefangenen Aktenbestände sowie zum unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand (je Aktenbestand) ergänzend vorzutragen. Dabei reicht der Umstand, dass die Beklagte in Abwicklung begriffen ist und nur noch über 1,5 Mitarbeiter verfügt, zur Annahme eines unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands für sich genommen nicht aus. Auch eine Behörde in Abwicklung muss nachwirkend noch Kapazitäten für die Erfüllung von Informationsansprüchen vorhalten, die sich auf ihre ehemalige Verwaltungstätigkeit beziehen. Sie muss aber weder externes Personal rekrutieren noch ist in die Betrachtung des angemessenen personellen Aufwands der Personalbestand ihrer Abwicklerin einzubeziehen. Zu einer digitalen Aufbereitung des gesamten Aktenbestandes nach dem heutigen Stand der Technik ist die Beklagte ebenfalls nicht verpflichtet. Es liegt daher nahe, sich an den Ausführungen der Beklagten zum tatsächlichen Aufwand von ca. sechs Stunden je Ordner (vgl. S. 13 der Revisionsbegründung vom 4. März 2016) zu orientieren, wobei damit offenbar nur der Aufwand für die Durchsicht der Ordner auf schutzwürdige Daten erfasst ist, nicht jedoch der Aufwand für das Trennen, Fotokopieren, Schwärzen und Wiederzusammenfügen von Dokumenten.

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Sollte der Hilfsantrag unter Nr. 3 relevant werden, ist nicht zu verkennen, dass der Verwaltungsaufwand hier jedenfalls hinsichtlich der 295 Ordner für den Untersuchungsausschuss sowie der 167 Ordner der Sonder-Task-Force deutlich geringer sein dürfte als bei umfassender Akteneinsicht: Zum einen entfällt aufgrund der Beschränkung des Antrags auf Dokumente, in denen der Kläger namentlich genannt ist, die inhaltliche Bewertung einer Vielzahl potentiell schutzwürdiger Angaben. Zum anderen werden Aktenbestandteile "überblättert" werden können, bei denen die Möglichkeit einer Erwähnung des Klägers fernliegt oder definitiv ausgeschlossen ist, so etwa, wenn es um umfängliche Vertragsbestimmungen oder Unterlagen zur Anlagentechnik geht.

(1) Die Bekanntgabe einer Entscheidung, mit der der Antrag ganz oder teilweise abgelehnt wird, hat innerhalb der Frist nach § 7 Abs. 5 Satz 2 zu erfolgen.

(2) Soweit die Behörde den Antrag ganz oder teilweise ablehnt, hat sie mitzuteilen, ob und wann der Informationszugang ganz oder teilweise zu einem späteren Zeitpunkt voraussichtlich möglich ist.

(3) Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann.

(4) Gegen die ablehnende Entscheidung sind Widerspruch und Verpflichtungsklage zulässig. Ein Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung ist auch dann durchzuführen, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundesbehörde getroffen wurde.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Über den Antrag auf Informationszugang entscheidet die Behörde, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Im Fall des § 1 Abs. 1 Satz 3 ist der Antrag an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Betrifft der Antrag Daten Dritter im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 oder § 6, muss er begründet werden. Bei gleichförmigen Anträgen von mehr als 50 Personen gelten die §§ 17 bis 19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.

(2) Besteht ein Anspruch auf Informationszugang zum Teil, ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Entsprechendes gilt, wenn sich der Antragsteller in den Fällen, in denen Belange Dritter berührt sind, mit einer Unkenntlichmachung der diesbezüglichen Informationen einverstanden erklärt.

(3) Auskünfte können mündlich, schriftlich oder elektronisch erteilt werden. Die Behörde ist nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Information zu prüfen.

(4) Im Fall der Einsichtnahme in amtliche Informationen kann sich der Antragsteller Notizen machen oder Ablichtungen und Ausdrucke fertigen lassen. § 6 Satz 1 bleibt unberührt.

(5) Die Information ist dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Belange unverzüglich zugänglich zu machen. Der Informationszugang soll innerhalb eines Monats erfolgen. § 8 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.