Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 18. Dez. 2013 - 4 U 188/13
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 26.7.2013 (1 O 71/13) abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 602,04 EUR
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Urteil einreichenOberlandesgericht Stuttgart Urteil, 18. Dez. 2013 - 4 U 188/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 41.744,92 € nebst Zinsen iHv. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.09.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung iHv. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Am 12.09.2006 schloss die Klägerin mit der M. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Sicherungsgeberin) einen mit „Raumsicherungsübertragung Waren mit Abtretung der Verkaufsforderung“ überschriebenen Vertrag. Zweck der Vereinbarung war die Absicherung aller Ansprüche der Klägerin aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung mit der Sicherungsgeberin. Ziff. 1.1 der Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:
3„Die Übertragung erfasst alle Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertigen Erzeugnisse, unfertigen Leistungen sowie die fertigen Erzeugnisse und Waren (Sicherungsgut), die sich im Sicherungsraum befinden und während der Dauer der Geschäftsverbindung dorthin verbracht werden.“
4Ziff. 1.2 nimmt Bezug auf die als Anlage 1 und 2 beigefügten Grundrisse der Räumlichkeiten der Sicherungsgeberin. In der Anlage 1 sind die Räumlichkeiten, welche von der Vereinbarung erfasst sein sollten, farblich hervorgehoben. Darunter sind auch Büroräumlichkeiten. Die in der Anlage 2 abgebildeten Räumlichkeiten wurden jedenfalls im Jahr 2011 nicht mehr von der Sicherungsgeberin angemietet.
5Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Einlagerung von Dritteigentum nicht geplant. Unter Ziff. 3 versicherte die Sicherungsgeberin, dass das Sicherungsgut entweder in ihrem Eigentum stehe, oder unter dem Eigentumsvorbehalt ihrer Lieferanten, sodass sie ein Anwartschaftsrecht darauf habe. Ziff. 5.1 besagt, dass die Sicherungsgeberin der Klägerin das Eigentum bzw. Miteigentum an dem Sicherungsgut im Sicherungsraum übertrage, soweit es ihr bereits zustehe. Ferner übertrage sie ihr Eigentum an dem Sicherungsgut, welches später in den Sicherungsraum eingebracht werde. Falls das Sicherungsgut unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden sei, übertrage sie der Klägerin das jeweilige Anwartschaftsrecht auf den Eigentumserwerb.
6Anlässlich einer Betriebserweiterung bei der Sicherungsgeberin erfolgte am 24.08.2007 der Abschluss einer weiteren inhaltsgleichen Vereinbarung.
7In der Folgezeit unterhielt die Z. GmbH & Co. KG vorübergehend ein Auslieferungslager bei der Sicherungsgeberin.
8Am 08.07.2008 vereinbarte die Klägerin mit der Sicherungsgeberin die Rückabtretung aller bestehenden und künftigen Forderungen, welche zuvor im Rahmen einer Globalzession von der Sicherungsgeberin an die Klägerin abgetreten worden waren. Die Klägerin erklärte, dass ihr somit keine Rechte an den bestehenden und zukünftigen Forderungen der Sicherungsgeberin zustünden. Mit einer Vereinbarung vom gleichen Tag veräußerte die Sicherungsgeberin ihre Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen an die D.GmbH.
9Am 23.02.2011 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Sicherungsgeberin bestellt. Mit Schreiben vom 04.03.2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass „der Raumsicherungsvertrag mit der Abtretung der Verkaufsforderungen (…) nicht wirksam“ sei. Mit Beschluss des AG Bielefeld vom 01.04.2011 (Az. 43 IN 219/11) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Sicherungsgeberin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Anschließend meldete die Klägerin Forderungen an und teilte Sicherungsrechte mit. Am 20.07.2011 bat die Klägerin um Mitteilung, welche Waren sich im Warenlager der Sicherungsgeberin befinden. Zudem forderte sie die Auskehr der bereits erzielten Erlöse. In dem Schreiben des Beklagten vom 28.07.2011 heißt es dann u.a.:
10„Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen teile ich mit, dass ich gegenwärtig aus dem restlichen Warenbestand, den ich noch vorgefunden habe, zwei Lieferungen ausgeführt habe.“
11Es wird sodann auf zwei Kontoauszüge Bezug genommen, auf denen am 10.06.2011 ein Zahlungseingang iHv. 26.772,98 € und am 14.06.2011 ein Zahlungseingang iHv. 14.971,94 € verzeichnet sind.
12Der Beklagte wurde vorgerichtlich mit Schreiben der Klägervertreter vom 14.09.2012 vergeblich zur Zahlung von 41.744,92 € bis zum 28.09.2012 aufgefordert.
13Die Klägerin behauptet, dass sich der vom Beklagten veräußerte Warenbestand in den Räumlichkeiten befunden habe, welche in der Anlage 1 der Vereinbarungen vom 12.09.2006 und 24.08.2007 farblich markiert gewesen seien.
14Sie ist der Ansicht, dass ihr aufgrund der Vereinbarungen vom 12.09.2006 und 24.08.2007 ein Absonderungsrecht gem. § 51 Nr.1 InsO zustehe. Die Sicherungsübereignungen seien durch die Rückabtretung und den anschließenden Forderungsverkauf der Sicherungsgeberin am 08.07.2008 nicht außer Kraft gesetzt worden. Ferner ergebe sich ihr Recht auf abgesonderte Befriedigung aus dem Gesetz und sei schon deshalb nicht von der Rückabtretung erfasst.
15Die Klägerin beantragt,
16den Beklagten zu verurteilen,
171. 41.744,92 € nebst Zinsen iHv. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.07.2011,
182. vorgerichtliche Anwaltskosten iHv. 1.286,20 € nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Der Beklagte behauptet, dass man sich bei Abschluss der Raumsicherungsverträge keine Gedanken über Drittsicherheiten gemacht habe. Die I. GmbH sei die Rechtsvorgängerin der Z. GmbH & Co. KG. Die Sicherungsgeberin sei bereits im Jahr 2007 für die I. GmbH /Z. GmbH & Co. KG tätig geworden.
22Er ist der Ansicht, dass die Raumsicherungsverträge nicht hinreichend bestimmt seien und deshalb gegen den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz verstießen. So orientiere sich Ziff. 1.1 der Vereinbarungen an § 266 Abs. 2 HGB (B. Umlaufvermögen“) und nehme keinen konkreten Bezug auf bestimmte Sachen. Aufgrund der zwischenzeitlichen Einrichtung des Warenlagers für die Z. GmbH & Co. KG sei eine Bestimmung der Waren, die dem Raumsicherungsvertrag unterliegen, nicht mehr möglich. Schließlich stünden der Klägerin aufgrund der Rückabtretung vom 08.07.2008 keine Rechte an den Kaufpreisforderungen der Sicherungsgeberin aus dem Verkauf des Warenbestandes zu.
23Hilfsweise erklärt der Beklagte die Aufrechnung mit einer angeblichen Gegenforderung iHv. 4.470,88 €.
24Er behauptet, er habe die Klägerin nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mündlich auf den bevorstehenden Verkauf des Warenbestandes hingewiesen. Dieser Verkauf sei dringend geboten gewesen, da die im Warenbestand enthaltenen Naturdärme zu verderben drohten. Der bevorstehende Verkauf des Warenbestandes habe überdies aus seiner Äußerung in dem Schreiben vom 04.03.2011 geschlossen werden können, dass er den Raumsicherungsvertrag für unwirksam halte. Er ist daher der Ansicht, dass von dem Veräußerungserlös die zur Aufrechnung gestellten Feststellungs- und Verwertungskosten nach §§ 170, 171 InsO in Abzug zu bringen seien.
25Die Klägerin behauptet, dass der Beklagte sie nicht rechtzeitig über die Verwertung des Warenbestandes informiert habe. Sie ist der Ansicht, dass als Sanktion aus diesem Verstoß gegen die Mitteilungspflicht aus § 168 Abs. 1 InsO der Verlust der Ansprüche aus §§ 170, 171 InsO folgen müsse.
26Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die Klage ist zulässig und weitgehend begründet.
29I.
30Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Gericht nach § 19a ZPO örtlich zuständig. Denn das zuständige Insolvenzgericht ist nach § 2 Abs. 1 InsO das AG Bielefeld.
31II.
32Die Klage ist mit dem Klageantrag zu 1) überwiegend begründet und mit dem Klageantrag zu 2) unbegründet.
331.
34Der Klageantrag zu 1) ist überwiegend begründet.
35a)
36Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 41.744,92 € aus §§ 170 Abs. 1 S.2, 50, 51 Nr.1 InsO zu.
37aa)
38Die Klägerin ist nach §§ 50, 51 Nr.1 InsO zur abgesonderten Befriedigung berechtigt. Denn ihr wurde der von dem Beklagten veräußerte Warenbestand auf der Grundlage der Vereinbarungen vom 12.09.2006 und 24.08.2007 wirksam zur Sicherheit übereignet. Die von dem Beklagten vorgebrachten Einwände greifen insoweit nicht durch. Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz vor.
39(1)
40Bei der Sicherungsübereignung eines Warenlagers mit wechselndem Bestand kommt es darauf an, dass es aufgrund einfacher äußerer Abgrenzungskriterien für jeden, der die Parteiabreden kennt, ohne weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind (BGH, NJW-RR 1994, 1537). Dabei genügt es, wenn in dem Vertrag auf eine Skizze der Räumlichkeiten Bezug genommen wird (Ganter, in: MüKo, InsO, 3. Aufl. (2013), § 51 InsO, Rn. 62). Es ist auch nicht unbedingt erforderlich, dass alle Gegenstände, welche sich in dem Sicherungsraum befinden, zur Sicherheit übereignet werden, sofern eine hinreichende Individualisierung gewährleistet ist (Riggert, NZI 2009, 137). Maßgeblich für die Frage der Bestimmtheit des Gegenstandes der Sicherungsübereignung ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (BGH, NJW 1956, 1315 (1316)). Aus diesem Grund können spätere Ereignisse, die außerhalb des Vertrages liegen, diesem nicht die Bestimmtheit nehmen (Ganter, in: MüKo, aaO, § 51, Rn. 62a). Selbst wenn zu einem späteren Zeitpunkt Waren in die Sicherungsräume gelangen, welche nicht dem Sicherungsgeber gehören, kann dies die Bestimmtheit der Übereignungsvereinbarung nicht beeinflussen (Ganter, in: MüKo, aaO, § 51, Rn. 103; Riggert, NZI 2000, 241 (243)).
41(2)
42Ausgehend von diesen Erwägungen ist der Umstand, dass zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise Eigentum der I. GmbH bzw. der Z. GmbH & Co. KG in den Räumlichkeiten eingelagert worden ist, nicht entscheidungserheblich. Denn es kommt – wie bereits ausgeführt – auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. Zu diesem Zeitpunkt war jedenfalls die Einlagerung von Dritteigentum noch nicht geplant. Etwas anderes wäre auch nicht mit Ziff. 3 der Vereinbarungen vom 12.09.2006 bzw. 24.08.2007 in Einklang zu bringen. Denn die Sicherungsgeberin versichert dort, dass das Sicherungsgut entweder in ihrem Eigentum stehe oder aber unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden sei, sodass sie über ein entsprechendes Anwartschaftsrecht verfüge.
43Soweit der Beklagte vorträgt, dass die Sicherungsgeberin bereits im Jahr 2007 – und damit ggf. auch schon vor Abschluss des zweiten Raumsicherungsvertrages am 24.08.2007 – für die I. GmbH bzw. Z. GmbH & Co. KG tätig geworden sei, ist dieses Vorbringen nicht hinreichend substantiiert. Denn es kann erwartet werden, dass die Beklagte angibt, wann genau die Kooperation zwischen der Sicherungsgeberin und der I. GmbH bzw. der Z. GmbH & Co. KG begonnen hat und wo die Waren jeweils gelagert wurden.
44(3)
45Die Bestimmtheit der Raumsicherungsverträge wird auch nicht durch den Umstand, dass die Sicherungsgeberin den Mietvertrag über die in Anlage 2 zu Ziff. 1.2 bezeichneten Räumlichkeiten nachträglich beendet hat, beeinträchtigt. Denn die Räumlichkeiten der Anlage 1 zu Ziff. 1.2 können weiterhin der Vereinbarung zugeordnet werden, sodass das Sicherungsgut, welches dort hineingelangt, auch äußerlich erkennbar übereignet werden kann (vgl. Ganter, in: MüKo, aaO, § 51, Rn. 63).
46(4)
47Weiterhin wird auch das Sicherungsgut selbst durch Ziff. 1.1 der Raumsicherungsverträge hinreichend individualisiert. Insoweit ist es auch unschädlich, dass neben Kühl- und Lagerräumen auch Büroräumlichkeiten in der Anlage 2 zu Ziff. 1.2 als Sicherungsräume gekennzeichnet sind.
48(a)
49Anerkannt ist die Verwendung einer sogenannten „Allformel“, wonach das Eigentum und die Anwartschaftsrechte des Sicherungsgebers an allen in einem Raum aufbewahrten Sachen übertragen werden soll (BGH, NJW 1994, 133 (134); NZI 2008, 551 (553)). Dabei ist auch eine qualitative Einschränkung dieser „Allformel“ möglich (Oechsler, in: MüKo, BGB, 6. Aufl. (2013), Anh. z. §§ 929 – 936, Rn. 7; Riggert, NZI 2009, 137 (138)).
50(b)
51Ziff. 1.1 der Raumsicherungsverträge orientiert sich erkennbar an der Umschreibung des Begriffs „Vorräte“ in § 266 Abs. 2 B. I. Nr. 1 – 3 HGB. Das Gericht hält diesen Ansatz zur qualitativen Beschränkung des Sicherungsgutes für zulässig. Die Begriffe sind hinreichend konkret und enthalten auch keine ästhetischen Wertungen. Dieser Einschätzung steht auch nicht die Entscheidung des BGH vom 26.06.2008 – IX ZR 47/05 entgegen. Dort wird u.a. ausgeführt:
52„bb) Diesen Anforderungen genügt der Sicherungsübereignungsvertrag vom… nicht. Was mit sämtlichen „Vorräte(-n) inklusive Abtretung der Forderungen” bei dem Maschinenbauunternehmen der Schuldnerin gemeint sein soll, ist nicht für jeden, der die Parteiabreden in dem für den Eigentumsübergang vereinbarten Zeitpunkt kennt, ohne Weiteres ersichtlich. Der Begriff „Vorräte” lässt nicht erkennen, welche konkreten Gegenstände erfasst sein sollen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff „Vorrat” im weitesten Sinne für etwas für den späteren Bedarf Aufgespeichertes oder Aufgehobenes verwendet (Brockhaus/Wahrig, Dt. Wörterb., 1984, „Vorrat”), also insbesondere für einen Lagerbestand oder eine Rücklage (Reserve). Das Handelsrecht kennt Vorräte als Teil des auf der Aktivseite der Bilanz zu verzeichnenden Umlaufvermögens. Nach § 266 Abs.2 B I umfasst der Begriff der Vorräte Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (Nr. 1), unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen (Nr. 2), fertige Erzeugnisse und Waren (Nr. 3) und geleistete Anzahlungen (Nr. 4). Eine Beziehung zu bestimmten Sachen lässt sich damit nicht herstellen. Davon abgesehen kann dem Sicherungsübereignungsvertrag nicht eindeutig entnommen werden, ob mit dem Zusatz „inklusive Abtretung der Forderungen” die Abtretung von – nicht näher bestimmten – Forderungen vereinbart oder nur an die in den Vertragsbedingungen an anderer Stelle enthaltene Verlängerungsklausel angeknüpft werden sollte. Im Übrigen sind auch die Sicherungsräume in Nr. 2.4 der Vereinbarung nicht bestimmt bezeichnet.“
53Der BGH wendet sich in dieser Entscheidung gegen die Verwendung des Begriffs „Vorräte“ zur qualitativen Umschreibung des erfassten Sicherungsgutes. Das bedeutet jedoch nicht, dass damit auch eine direkte Bezugnahme auf den Wortlaut von § 266 Abs. 2 B. I. Nr.1 - 3 HGB unzulässig ist (vgl. Riggert, NZI 2009, 137 (138)). Denn Anlass der Beanstandung durch den BGH war in erster Linie der Umstand, dass durch die Verwendung des Begriffes „Vorräte“ nicht geklärt war, ob dieser im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauches oder im Sinne des § 266 Abs. 2 B. I. HGB zu verstehen ist. Selbst wenn man sich auf die Beschreibung des § 266 Abs. 2 B. I. HGB beschränken würde, wäre diese in ihrer Gesamtheit für eine Bezeichnung des Sicherungsgutes nicht geeignet. Denn § 266 Abs.2 B. I. Nr.4 HGB nimmt Bezug auf geleistete Anzahlungen, welche nicht Teil einer Sicherungsübereignung sein können. Der hier zu entscheidende Fall ist jedoch anders gelagert. Denn die Klägerin übernimmt in Ziff. 1.1 der Raumsicherungsverträge ausschließlich den Wortlaut von § 266 Abs.2 B. I. Nr.1-3 HGB. Damit ist klar, dass es nicht auf den allgemeinen Sprachgebrauch sondern auf die Begrifflichkeit des HGB ankommt. Zudem ist der insoweit untaugliche § 266 Abs. 2 B. I. Nr.4 HGB in Ziff. 1.1 nicht enthalten.
54bb)
55Die Raumsicherungsverträge vom 12.09.2006 und 24.08.2007 sind auch nicht durch die Vereinbarungen vom 08.07.2008 aufgehoben worden. Ein entsprechender Rechtsfolgewille ist den Vereinbarungen nicht zu entnehmen.
56Die am 08.07.2008 vereinbarte Rückabtretung erfasst auch nicht die von der Klägerin hier geltend gemachte Hauptforderung. Denn die Klägerin leitet ihren Anspruch nicht aus den Kaufpreisansprüchen der Sicherungsgeberin ab, die diese durch die Veräußerung des Warenbestandes erlangt hat. Sie stützt ihre Forderung vielmehr auf §§ 170 Abs. 1 S.2, 50, 51 Nr.1 InsO. Insoweit macht sie einen originären Zahlungsanspruch geltend, der seine Grundlage in den insolvenzrechtlichen Bestimmungen zur abgesonderten Befriedigung hat.
57cc)
58Der Beklagte hat den in den Räumlichkeiten der Anlage 1 von Ziff. 1.2 der Raumsicherungsverträge enthaltenen Warenbestand veräußert und damit einen Erlös iHv. 41.744,92 € (=26.772,98 € + 14.971,94 €) erzielt. Dieser Umstand ist unter den Parteien unstreitig. Jedenfalls ist dieser Umstand nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen, weil der Beklagte diese Behauptung der Klägerin nicht hinreichend substantiiert bestritten hat. Da er den Verkauf des Warenbestandes vorgenommen hat, konnte er zu der Frage seit wann sich diese Gegenstände an welchem Ort befunden haben dezidiert Stellung nehmen. Dies hat er jedoch nicht getan. Stattdessen hat er in seinen Schriftsätzen vom 28.07.2011 und 30.08.2013 ausgeführt, dass er den verbliebenen Warenbestand veräußert habe. Sollten sich darunter Gegenstände befunden haben, welche nicht in den Sicherungsräumen lagen bzw. erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in diese gelangten (vgl. § 91 Abs. 1 InsO), hätte der Beklagte dies im Einzelnen vortragen können.
59dd)
60Die Klageforderung ist auch nicht iHv. 4.470,88 € durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung des Beklagten erloschen. Denn dem Beklagten steht keine Gegenforderung zu. Ein Abzug nach Maßgabe von §§ 170 Abs. 1 S.1, 171 InsO kommt nicht in Betracht, weil der Beklagte gegen seine Mitteilungspflicht aus § 168 Abs. 1 InsO verstoßen hat. Seine Behauptung, er habe die Klägerin mündlich über die bevorstehende Veräußerung des Warenbestandes informiert ist nicht hinreichend substantiiert. So vermochte der Beklagte bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 10.09.2013 nur vage Angaben zu dem vermeintlichen Treffen machen. Eine zeitliche Einordnung war ihm nicht möglich. Überdies hält das Gericht diese Aussage auch nicht für glaubhaft. Denn in seinen Schreiben an die Klägerin wird auf dieses Treffen kein Bezug genommen. Das Gericht vermag auch nicht der Ansicht des Beklagten zu folgen, dass die Klägerin aus seinem Schreiben vom 04.03.2011 habe schließen können, dass er den Warenbestand jetzt veräußern werde. Gerade aus der in diesem Schreiben geäußerten Rechtsansicht des Beklagten wird deutlich, dass er der Klägerin nicht die Möglichkeit geben will, iSd. § 168 Abs. 1 S.2 InsO auf eine bessere Verwertungsmöglichkeit hinzuweisen. Denn er hat deutlich gemacht, dass er ihr gerade kein Recht auf eine abgesonderte Befriedigung zuspricht. Nicht überzeugend ist schließlich der Verweis des Beklagten auf die angebliche Eilbedürftigkeit des Verkaufs des Warenbestandes. Denn das Insolvenzverfahren wurde bereits am 01.04.2011 eröffnet. Die über den Verkauf des Warenbestandes ausgestellten Rechnungen datieren jedoch vom 26.05. bzw. 27.05.2011. Somit liegen fast zwei Monate zwischen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und dem Verkauf des Warenbestandes. In dieser Zeit hätte der Beklagte seiner Mitteilungspflicht aus § 168 Abs. 1 InsO nachkommen können.
61Ein Verstoß aus § 168 Abs. 1 InsO hat nach richtiger Auffassung den Verlust der Kostenbeiträge aus §§ 170, 171 InsO zur Folge (vgl. auch Tetzlaff, in: MüKo, aaO, § 168, Rn. 23). Andernfalls bliebe der Verstoß des Insolvenzverwalters gegen den in §§ 166 ff. InsO geregelten Ablauf der Verwertung folgenlos.
62b)
63Der Klägerin steht nach §§ 288, 286 BGB lediglich ein Anspruch auf Verzugszinsen seit dem 29.09.2012 zu. Das Schreiben der Klägerin vom 20.07.2011 ist dagegen nicht als Mahnung zu qualifizieren. Denn aus dem Schreiben geht hervor, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wusste, ob der Beklagte den Warenbestand der Sicherungsgeberin bereits veräußert hat. Dementsprechend hat sie ihren Anspruch aus § 170 Abs. 1 S.2 InsO auch noch nicht beziffern können. Da die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt ihren Anspruch weder dem Grunde noch der Höhe nach kannte, konnte sie den Beklagten auch nicht wirksam in Verzug setzen. Dies geschah erst mit Ablauf der in dem Schreiben der Klägervertreter vom 14.09.2012 gesetzten Frist.
642.
65Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Denn die Voraussetzungen von §§ 280 Abs. 1, 2 iVm. 286 BGB sind nicht erfüllt. So befand sich der Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessvertreter der Klägerin nicht in Verzug. Daher können die durch die Beauftragung entstandenen Kosten auch nicht als Verzugsschaden geltend gemacht werden.
66III.
67Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
68IV.
69Der Streitwert wird auf 41,744,92 € festgesetzt (§ 48 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO).
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 41.744,92 € nebst Zinsen iHv. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.09.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung iHv. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Am 12.09.2006 schloss die Klägerin mit der M. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Sicherungsgeberin) einen mit „Raumsicherungsübertragung Waren mit Abtretung der Verkaufsforderung“ überschriebenen Vertrag. Zweck der Vereinbarung war die Absicherung aller Ansprüche der Klägerin aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung mit der Sicherungsgeberin. Ziff. 1.1 der Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:
3„Die Übertragung erfasst alle Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertigen Erzeugnisse, unfertigen Leistungen sowie die fertigen Erzeugnisse und Waren (Sicherungsgut), die sich im Sicherungsraum befinden und während der Dauer der Geschäftsverbindung dorthin verbracht werden.“
4Ziff. 1.2 nimmt Bezug auf die als Anlage 1 und 2 beigefügten Grundrisse der Räumlichkeiten der Sicherungsgeberin. In der Anlage 1 sind die Räumlichkeiten, welche von der Vereinbarung erfasst sein sollten, farblich hervorgehoben. Darunter sind auch Büroräumlichkeiten. Die in der Anlage 2 abgebildeten Räumlichkeiten wurden jedenfalls im Jahr 2011 nicht mehr von der Sicherungsgeberin angemietet.
5Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Einlagerung von Dritteigentum nicht geplant. Unter Ziff. 3 versicherte die Sicherungsgeberin, dass das Sicherungsgut entweder in ihrem Eigentum stehe, oder unter dem Eigentumsvorbehalt ihrer Lieferanten, sodass sie ein Anwartschaftsrecht darauf habe. Ziff. 5.1 besagt, dass die Sicherungsgeberin der Klägerin das Eigentum bzw. Miteigentum an dem Sicherungsgut im Sicherungsraum übertrage, soweit es ihr bereits zustehe. Ferner übertrage sie ihr Eigentum an dem Sicherungsgut, welches später in den Sicherungsraum eingebracht werde. Falls das Sicherungsgut unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden sei, übertrage sie der Klägerin das jeweilige Anwartschaftsrecht auf den Eigentumserwerb.
6Anlässlich einer Betriebserweiterung bei der Sicherungsgeberin erfolgte am 24.08.2007 der Abschluss einer weiteren inhaltsgleichen Vereinbarung.
7In der Folgezeit unterhielt die Z. GmbH & Co. KG vorübergehend ein Auslieferungslager bei der Sicherungsgeberin.
8Am 08.07.2008 vereinbarte die Klägerin mit der Sicherungsgeberin die Rückabtretung aller bestehenden und künftigen Forderungen, welche zuvor im Rahmen einer Globalzession von der Sicherungsgeberin an die Klägerin abgetreten worden waren. Die Klägerin erklärte, dass ihr somit keine Rechte an den bestehenden und zukünftigen Forderungen der Sicherungsgeberin zustünden. Mit einer Vereinbarung vom gleichen Tag veräußerte die Sicherungsgeberin ihre Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen an die D.GmbH.
9Am 23.02.2011 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Sicherungsgeberin bestellt. Mit Schreiben vom 04.03.2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass „der Raumsicherungsvertrag mit der Abtretung der Verkaufsforderungen (…) nicht wirksam“ sei. Mit Beschluss des AG Bielefeld vom 01.04.2011 (Az. 43 IN 219/11) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Sicherungsgeberin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Anschließend meldete die Klägerin Forderungen an und teilte Sicherungsrechte mit. Am 20.07.2011 bat die Klägerin um Mitteilung, welche Waren sich im Warenlager der Sicherungsgeberin befinden. Zudem forderte sie die Auskehr der bereits erzielten Erlöse. In dem Schreiben des Beklagten vom 28.07.2011 heißt es dann u.a.:
10„Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen teile ich mit, dass ich gegenwärtig aus dem restlichen Warenbestand, den ich noch vorgefunden habe, zwei Lieferungen ausgeführt habe.“
11Es wird sodann auf zwei Kontoauszüge Bezug genommen, auf denen am 10.06.2011 ein Zahlungseingang iHv. 26.772,98 € und am 14.06.2011 ein Zahlungseingang iHv. 14.971,94 € verzeichnet sind.
12Der Beklagte wurde vorgerichtlich mit Schreiben der Klägervertreter vom 14.09.2012 vergeblich zur Zahlung von 41.744,92 € bis zum 28.09.2012 aufgefordert.
13Die Klägerin behauptet, dass sich der vom Beklagten veräußerte Warenbestand in den Räumlichkeiten befunden habe, welche in der Anlage 1 der Vereinbarungen vom 12.09.2006 und 24.08.2007 farblich markiert gewesen seien.
14Sie ist der Ansicht, dass ihr aufgrund der Vereinbarungen vom 12.09.2006 und 24.08.2007 ein Absonderungsrecht gem. § 51 Nr.1 InsO zustehe. Die Sicherungsübereignungen seien durch die Rückabtretung und den anschließenden Forderungsverkauf der Sicherungsgeberin am 08.07.2008 nicht außer Kraft gesetzt worden. Ferner ergebe sich ihr Recht auf abgesonderte Befriedigung aus dem Gesetz und sei schon deshalb nicht von der Rückabtretung erfasst.
15Die Klägerin beantragt,
16den Beklagten zu verurteilen,
171. 41.744,92 € nebst Zinsen iHv. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.07.2011,
182. vorgerichtliche Anwaltskosten iHv. 1.286,20 € nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Der Beklagte behauptet, dass man sich bei Abschluss der Raumsicherungsverträge keine Gedanken über Drittsicherheiten gemacht habe. Die I. GmbH sei die Rechtsvorgängerin der Z. GmbH & Co. KG. Die Sicherungsgeberin sei bereits im Jahr 2007 für die I. GmbH /Z. GmbH & Co. KG tätig geworden.
22Er ist der Ansicht, dass die Raumsicherungsverträge nicht hinreichend bestimmt seien und deshalb gegen den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz verstießen. So orientiere sich Ziff. 1.1 der Vereinbarungen an § 266 Abs. 2 HGB (B. Umlaufvermögen“) und nehme keinen konkreten Bezug auf bestimmte Sachen. Aufgrund der zwischenzeitlichen Einrichtung des Warenlagers für die Z. GmbH & Co. KG sei eine Bestimmung der Waren, die dem Raumsicherungsvertrag unterliegen, nicht mehr möglich. Schließlich stünden der Klägerin aufgrund der Rückabtretung vom 08.07.2008 keine Rechte an den Kaufpreisforderungen der Sicherungsgeberin aus dem Verkauf des Warenbestandes zu.
23Hilfsweise erklärt der Beklagte die Aufrechnung mit einer angeblichen Gegenforderung iHv. 4.470,88 €.
24Er behauptet, er habe die Klägerin nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mündlich auf den bevorstehenden Verkauf des Warenbestandes hingewiesen. Dieser Verkauf sei dringend geboten gewesen, da die im Warenbestand enthaltenen Naturdärme zu verderben drohten. Der bevorstehende Verkauf des Warenbestandes habe überdies aus seiner Äußerung in dem Schreiben vom 04.03.2011 geschlossen werden können, dass er den Raumsicherungsvertrag für unwirksam halte. Er ist daher der Ansicht, dass von dem Veräußerungserlös die zur Aufrechnung gestellten Feststellungs- und Verwertungskosten nach §§ 170, 171 InsO in Abzug zu bringen seien.
25Die Klägerin behauptet, dass der Beklagte sie nicht rechtzeitig über die Verwertung des Warenbestandes informiert habe. Sie ist der Ansicht, dass als Sanktion aus diesem Verstoß gegen die Mitteilungspflicht aus § 168 Abs. 1 InsO der Verlust der Ansprüche aus §§ 170, 171 InsO folgen müsse.
26Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die Klage ist zulässig und weitgehend begründet.
29I.
30Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Gericht nach § 19a ZPO örtlich zuständig. Denn das zuständige Insolvenzgericht ist nach § 2 Abs. 1 InsO das AG Bielefeld.
31II.
32Die Klage ist mit dem Klageantrag zu 1) überwiegend begründet und mit dem Klageantrag zu 2) unbegründet.
331.
34Der Klageantrag zu 1) ist überwiegend begründet.
35a)
36Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 41.744,92 € aus §§ 170 Abs. 1 S.2, 50, 51 Nr.1 InsO zu.
37aa)
38Die Klägerin ist nach §§ 50, 51 Nr.1 InsO zur abgesonderten Befriedigung berechtigt. Denn ihr wurde der von dem Beklagten veräußerte Warenbestand auf der Grundlage der Vereinbarungen vom 12.09.2006 und 24.08.2007 wirksam zur Sicherheit übereignet. Die von dem Beklagten vorgebrachten Einwände greifen insoweit nicht durch. Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz vor.
39(1)
40Bei der Sicherungsübereignung eines Warenlagers mit wechselndem Bestand kommt es darauf an, dass es aufgrund einfacher äußerer Abgrenzungskriterien für jeden, der die Parteiabreden kennt, ohne weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind (BGH, NJW-RR 1994, 1537). Dabei genügt es, wenn in dem Vertrag auf eine Skizze der Räumlichkeiten Bezug genommen wird (Ganter, in: MüKo, InsO, 3. Aufl. (2013), § 51 InsO, Rn. 62). Es ist auch nicht unbedingt erforderlich, dass alle Gegenstände, welche sich in dem Sicherungsraum befinden, zur Sicherheit übereignet werden, sofern eine hinreichende Individualisierung gewährleistet ist (Riggert, NZI 2009, 137). Maßgeblich für die Frage der Bestimmtheit des Gegenstandes der Sicherungsübereignung ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (BGH, NJW 1956, 1315 (1316)). Aus diesem Grund können spätere Ereignisse, die außerhalb des Vertrages liegen, diesem nicht die Bestimmtheit nehmen (Ganter, in: MüKo, aaO, § 51, Rn. 62a). Selbst wenn zu einem späteren Zeitpunkt Waren in die Sicherungsräume gelangen, welche nicht dem Sicherungsgeber gehören, kann dies die Bestimmtheit der Übereignungsvereinbarung nicht beeinflussen (Ganter, in: MüKo, aaO, § 51, Rn. 103; Riggert, NZI 2000, 241 (243)).
41(2)
42Ausgehend von diesen Erwägungen ist der Umstand, dass zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise Eigentum der I. GmbH bzw. der Z. GmbH & Co. KG in den Räumlichkeiten eingelagert worden ist, nicht entscheidungserheblich. Denn es kommt – wie bereits ausgeführt – auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. Zu diesem Zeitpunkt war jedenfalls die Einlagerung von Dritteigentum noch nicht geplant. Etwas anderes wäre auch nicht mit Ziff. 3 der Vereinbarungen vom 12.09.2006 bzw. 24.08.2007 in Einklang zu bringen. Denn die Sicherungsgeberin versichert dort, dass das Sicherungsgut entweder in ihrem Eigentum stehe oder aber unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden sei, sodass sie über ein entsprechendes Anwartschaftsrecht verfüge.
43Soweit der Beklagte vorträgt, dass die Sicherungsgeberin bereits im Jahr 2007 – und damit ggf. auch schon vor Abschluss des zweiten Raumsicherungsvertrages am 24.08.2007 – für die I. GmbH bzw. Z. GmbH & Co. KG tätig geworden sei, ist dieses Vorbringen nicht hinreichend substantiiert. Denn es kann erwartet werden, dass die Beklagte angibt, wann genau die Kooperation zwischen der Sicherungsgeberin und der I. GmbH bzw. der Z. GmbH & Co. KG begonnen hat und wo die Waren jeweils gelagert wurden.
44(3)
45Die Bestimmtheit der Raumsicherungsverträge wird auch nicht durch den Umstand, dass die Sicherungsgeberin den Mietvertrag über die in Anlage 2 zu Ziff. 1.2 bezeichneten Räumlichkeiten nachträglich beendet hat, beeinträchtigt. Denn die Räumlichkeiten der Anlage 1 zu Ziff. 1.2 können weiterhin der Vereinbarung zugeordnet werden, sodass das Sicherungsgut, welches dort hineingelangt, auch äußerlich erkennbar übereignet werden kann (vgl. Ganter, in: MüKo, aaO, § 51, Rn. 63).
46(4)
47Weiterhin wird auch das Sicherungsgut selbst durch Ziff. 1.1 der Raumsicherungsverträge hinreichend individualisiert. Insoweit ist es auch unschädlich, dass neben Kühl- und Lagerräumen auch Büroräumlichkeiten in der Anlage 2 zu Ziff. 1.2 als Sicherungsräume gekennzeichnet sind.
48(a)
49Anerkannt ist die Verwendung einer sogenannten „Allformel“, wonach das Eigentum und die Anwartschaftsrechte des Sicherungsgebers an allen in einem Raum aufbewahrten Sachen übertragen werden soll (BGH, NJW 1994, 133 (134); NZI 2008, 551 (553)). Dabei ist auch eine qualitative Einschränkung dieser „Allformel“ möglich (Oechsler, in: MüKo, BGB, 6. Aufl. (2013), Anh. z. §§ 929 – 936, Rn. 7; Riggert, NZI 2009, 137 (138)).
50(b)
51Ziff. 1.1 der Raumsicherungsverträge orientiert sich erkennbar an der Umschreibung des Begriffs „Vorräte“ in § 266 Abs. 2 B. I. Nr. 1 – 3 HGB. Das Gericht hält diesen Ansatz zur qualitativen Beschränkung des Sicherungsgutes für zulässig. Die Begriffe sind hinreichend konkret und enthalten auch keine ästhetischen Wertungen. Dieser Einschätzung steht auch nicht die Entscheidung des BGH vom 26.06.2008 – IX ZR 47/05 entgegen. Dort wird u.a. ausgeführt:
52„bb) Diesen Anforderungen genügt der Sicherungsübereignungsvertrag vom… nicht. Was mit sämtlichen „Vorräte(-n) inklusive Abtretung der Forderungen” bei dem Maschinenbauunternehmen der Schuldnerin gemeint sein soll, ist nicht für jeden, der die Parteiabreden in dem für den Eigentumsübergang vereinbarten Zeitpunkt kennt, ohne Weiteres ersichtlich. Der Begriff „Vorräte” lässt nicht erkennen, welche konkreten Gegenstände erfasst sein sollen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff „Vorrat” im weitesten Sinne für etwas für den späteren Bedarf Aufgespeichertes oder Aufgehobenes verwendet (Brockhaus/Wahrig, Dt. Wörterb., 1984, „Vorrat”), also insbesondere für einen Lagerbestand oder eine Rücklage (Reserve). Das Handelsrecht kennt Vorräte als Teil des auf der Aktivseite der Bilanz zu verzeichnenden Umlaufvermögens. Nach § 266 Abs.2 B I umfasst der Begriff der Vorräte Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (Nr. 1), unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen (Nr. 2), fertige Erzeugnisse und Waren (Nr. 3) und geleistete Anzahlungen (Nr. 4). Eine Beziehung zu bestimmten Sachen lässt sich damit nicht herstellen. Davon abgesehen kann dem Sicherungsübereignungsvertrag nicht eindeutig entnommen werden, ob mit dem Zusatz „inklusive Abtretung der Forderungen” die Abtretung von – nicht näher bestimmten – Forderungen vereinbart oder nur an die in den Vertragsbedingungen an anderer Stelle enthaltene Verlängerungsklausel angeknüpft werden sollte. Im Übrigen sind auch die Sicherungsräume in Nr. 2.4 der Vereinbarung nicht bestimmt bezeichnet.“
53Der BGH wendet sich in dieser Entscheidung gegen die Verwendung des Begriffs „Vorräte“ zur qualitativen Umschreibung des erfassten Sicherungsgutes. Das bedeutet jedoch nicht, dass damit auch eine direkte Bezugnahme auf den Wortlaut von § 266 Abs. 2 B. I. Nr.1 - 3 HGB unzulässig ist (vgl. Riggert, NZI 2009, 137 (138)). Denn Anlass der Beanstandung durch den BGH war in erster Linie der Umstand, dass durch die Verwendung des Begriffes „Vorräte“ nicht geklärt war, ob dieser im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauches oder im Sinne des § 266 Abs. 2 B. I. HGB zu verstehen ist. Selbst wenn man sich auf die Beschreibung des § 266 Abs. 2 B. I. HGB beschränken würde, wäre diese in ihrer Gesamtheit für eine Bezeichnung des Sicherungsgutes nicht geeignet. Denn § 266 Abs.2 B. I. Nr.4 HGB nimmt Bezug auf geleistete Anzahlungen, welche nicht Teil einer Sicherungsübereignung sein können. Der hier zu entscheidende Fall ist jedoch anders gelagert. Denn die Klägerin übernimmt in Ziff. 1.1 der Raumsicherungsverträge ausschließlich den Wortlaut von § 266 Abs.2 B. I. Nr.1-3 HGB. Damit ist klar, dass es nicht auf den allgemeinen Sprachgebrauch sondern auf die Begrifflichkeit des HGB ankommt. Zudem ist der insoweit untaugliche § 266 Abs. 2 B. I. Nr.4 HGB in Ziff. 1.1 nicht enthalten.
54bb)
55Die Raumsicherungsverträge vom 12.09.2006 und 24.08.2007 sind auch nicht durch die Vereinbarungen vom 08.07.2008 aufgehoben worden. Ein entsprechender Rechtsfolgewille ist den Vereinbarungen nicht zu entnehmen.
56Die am 08.07.2008 vereinbarte Rückabtretung erfasst auch nicht die von der Klägerin hier geltend gemachte Hauptforderung. Denn die Klägerin leitet ihren Anspruch nicht aus den Kaufpreisansprüchen der Sicherungsgeberin ab, die diese durch die Veräußerung des Warenbestandes erlangt hat. Sie stützt ihre Forderung vielmehr auf §§ 170 Abs. 1 S.2, 50, 51 Nr.1 InsO. Insoweit macht sie einen originären Zahlungsanspruch geltend, der seine Grundlage in den insolvenzrechtlichen Bestimmungen zur abgesonderten Befriedigung hat.
57cc)
58Der Beklagte hat den in den Räumlichkeiten der Anlage 1 von Ziff. 1.2 der Raumsicherungsverträge enthaltenen Warenbestand veräußert und damit einen Erlös iHv. 41.744,92 € (=26.772,98 € + 14.971,94 €) erzielt. Dieser Umstand ist unter den Parteien unstreitig. Jedenfalls ist dieser Umstand nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen, weil der Beklagte diese Behauptung der Klägerin nicht hinreichend substantiiert bestritten hat. Da er den Verkauf des Warenbestandes vorgenommen hat, konnte er zu der Frage seit wann sich diese Gegenstände an welchem Ort befunden haben dezidiert Stellung nehmen. Dies hat er jedoch nicht getan. Stattdessen hat er in seinen Schriftsätzen vom 28.07.2011 und 30.08.2013 ausgeführt, dass er den verbliebenen Warenbestand veräußert habe. Sollten sich darunter Gegenstände befunden haben, welche nicht in den Sicherungsräumen lagen bzw. erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in diese gelangten (vgl. § 91 Abs. 1 InsO), hätte der Beklagte dies im Einzelnen vortragen können.
59dd)
60Die Klageforderung ist auch nicht iHv. 4.470,88 € durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung des Beklagten erloschen. Denn dem Beklagten steht keine Gegenforderung zu. Ein Abzug nach Maßgabe von §§ 170 Abs. 1 S.1, 171 InsO kommt nicht in Betracht, weil der Beklagte gegen seine Mitteilungspflicht aus § 168 Abs. 1 InsO verstoßen hat. Seine Behauptung, er habe die Klägerin mündlich über die bevorstehende Veräußerung des Warenbestandes informiert ist nicht hinreichend substantiiert. So vermochte der Beklagte bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 10.09.2013 nur vage Angaben zu dem vermeintlichen Treffen machen. Eine zeitliche Einordnung war ihm nicht möglich. Überdies hält das Gericht diese Aussage auch nicht für glaubhaft. Denn in seinen Schreiben an die Klägerin wird auf dieses Treffen kein Bezug genommen. Das Gericht vermag auch nicht der Ansicht des Beklagten zu folgen, dass die Klägerin aus seinem Schreiben vom 04.03.2011 habe schließen können, dass er den Warenbestand jetzt veräußern werde. Gerade aus der in diesem Schreiben geäußerten Rechtsansicht des Beklagten wird deutlich, dass er der Klägerin nicht die Möglichkeit geben will, iSd. § 168 Abs. 1 S.2 InsO auf eine bessere Verwertungsmöglichkeit hinzuweisen. Denn er hat deutlich gemacht, dass er ihr gerade kein Recht auf eine abgesonderte Befriedigung zuspricht. Nicht überzeugend ist schließlich der Verweis des Beklagten auf die angebliche Eilbedürftigkeit des Verkaufs des Warenbestandes. Denn das Insolvenzverfahren wurde bereits am 01.04.2011 eröffnet. Die über den Verkauf des Warenbestandes ausgestellten Rechnungen datieren jedoch vom 26.05. bzw. 27.05.2011. Somit liegen fast zwei Monate zwischen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und dem Verkauf des Warenbestandes. In dieser Zeit hätte der Beklagte seiner Mitteilungspflicht aus § 168 Abs. 1 InsO nachkommen können.
61Ein Verstoß aus § 168 Abs. 1 InsO hat nach richtiger Auffassung den Verlust der Kostenbeiträge aus §§ 170, 171 InsO zur Folge (vgl. auch Tetzlaff, in: MüKo, aaO, § 168, Rn. 23). Andernfalls bliebe der Verstoß des Insolvenzverwalters gegen den in §§ 166 ff. InsO geregelten Ablauf der Verwertung folgenlos.
62b)
63Der Klägerin steht nach §§ 288, 286 BGB lediglich ein Anspruch auf Verzugszinsen seit dem 29.09.2012 zu. Das Schreiben der Klägerin vom 20.07.2011 ist dagegen nicht als Mahnung zu qualifizieren. Denn aus dem Schreiben geht hervor, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wusste, ob der Beklagte den Warenbestand der Sicherungsgeberin bereits veräußert hat. Dementsprechend hat sie ihren Anspruch aus § 170 Abs. 1 S.2 InsO auch noch nicht beziffern können. Da die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt ihren Anspruch weder dem Grunde noch der Höhe nach kannte, konnte sie den Beklagten auch nicht wirksam in Verzug setzen. Dies geschah erst mit Ablauf der in dem Schreiben der Klägervertreter vom 14.09.2012 gesetzten Frist.
642.
65Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Denn die Voraussetzungen von §§ 280 Abs. 1, 2 iVm. 286 BGB sind nicht erfüllt. So befand sich der Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessvertreter der Klägerin nicht in Verzug. Daher können die durch die Beauftragung entstandenen Kosten auch nicht als Verzugsschaden geltend gemacht werden.
66III.
67Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
68IV.
69Der Streitwert wird auf 41,744,92 € festgesetzt (§ 48 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO).
(1) Das Urteil enthält:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten; - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben; - 3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist; - 4.
die Urteilsformel; - 5.
den Tatbestand; - 6.
die Entscheidungsgründe.
(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.
(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.
(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die im Jahre 1939 geborene Klägerin verlangt von dem Beklagten materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten.
- 2
- Die Klägerin stürzte am Vormittag des 24. September 2009 auf einem von ihr seit etlichen Jahren benutzten Überweg des Mittelstreifens der N. - straße an der Kreuzung zur A. -Straße in Berlin-P. . Dieser vor dem 3. Oktober 1990 angelegte Weg bestand am Tage des Sturzes wie schon in den Jahren zuvor aus stark verwitterten und keine ebene Fläche mehr aufweisenden Betonplatten. Die letzte turnusmäßige Begehung durch einen Mitarbeiter des Bezirksamts des Beklagten hatte am 4. September 2009 stattgefunden. Am Unfalltag blieb die Klägerin, die festes Schuhwerk trug, mit einem Fuß in einem etwa 2 bis 2,5 cm tiefen Loch hängen und fiel zu Boden, wobei sie sich schwere Verletzungen im Gesicht, Prellungen im Arm- und Brustbereich sowie eine Verstauchung des rechten Handgelenks zuzog.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen - unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Klägerin von 10 % - stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Hiergegen richtet sich die vom Kammergericht zugelassene Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe
- 4
- Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
- 5
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist das schädigende Ereignis Folge einer von dem Beklagten zu vertretenden Verletzung der im Land Berlin hoheitlich ausgestalteten Straßenverkehrssicherungspflicht. Der streitgegenständliche Überweg habe sich ausweislich der vorgelegten Lichtbilder insgesamt in einem desolaten Zustand befunden, der unstreitig so auch bereits seit Jahren bestanden habe. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, seine jahrelange Untätigkeit stelle deshalb keine Pflichtverletzung dar, weil die Gefahrenlage so gravierend sei, dass diese von einem durchschnittlich sorgfältigen Fußgänger bereits bei flüchtigem Hinsehen ohne weiteres bemerkt werden könne. Jedenfalls für den vorliegenden Fall sei eine solche Auffassung zum Unterhalt öffentlicher Wege nicht vertretbar. Die Oberfläche der Betonplatten des Überwegs sei rissig und an verschiedenen Stellen aufgebrochen gewesen und habe diverse Vertiefungen bis zu 3,2 cm aufgewiesen. Der insgesamt desolate Zustand des Gehwegs habe in seiner Gesamtheit eine Stolper- und Sturzgefahr dargestellt, die bei der von einem Fußgänger zu erwartenden Sorgfalt zwar erkennbar, jedoch bei der Benutzung nicht mehr sicher zu beherrschen gewesen sei. Völlig zutreffend habe das Landgericht daher festgestellt, dass es lediglich eine Frage der Zeit gewesen sei, bis ein Fußgänger auch bei noch so großer Vorsicht zu Schaden komme. Hierbei könne offenbleiben, ob ein einzelner - für sich genommen aber gefahrträchtiger - Gehwegschaden dann hinzunehmen sei, wenn er mit einem Blick gut erkennbar und insoweit beherrschbar sei, als der Fußgänger ihm einfach ausweichen könne. Denn um eine solche Fallgestaltung handele es sich hier nicht; vielmehr sei der gesamte Überweg schadhaft und ein Ausweichen auf einen schadlosen Bereich unmöglich gewesen. In diesem Zusammenhang könne sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin von der Benutzung des Wegs gänzlich hätte absehen können. Er habe den Verkehr eröffnet, den ihm bekannten Zustand aber nicht zum Anlass genommen, den Weg zu sperren, so dass er der Klägerin nunmehr nicht entgegenhalten könne, sie hätte den Weg nicht benutzen dürfen. Im Übrigen gehe es bei dem Weg um einen übergeordneten Verkehrsbereich. Wie der Beklagte selbst vorgetragen habe, handele es sich bei der Umgebung der N. straße um ein Wohngebiet mit überwiegend älteren Bewohnern , denen durch den Überweg die Möglichkeit des Überquerens der Straße zum Zwecke der Aufsuchung eines Einkaufcenters eröffnet worden sei. Auch dies hätte der Beklagte zum Anlass nehmen müssen, den Weg instand zu halten und ihn nicht über Jahre in einem gefährlichen Zustand zu belassen. Insoweit hätte der Beklagte auch berücksichtigen müssen, dass in ihrer Bewe- gungs-, Seh- und Reaktionsfähigkeit eingeschränkte und daher bezüglich der hier streitgegenständlichen Gefahr besonders anfällige ältere Menschen den Weg benutzten. Auch seien die einzelnen Vertiefungen in der Betonoberfläche nicht so scharf umrissen, dass sie sich optisch derartig voneinander abheben würden, als dass der aufmerksame Fußgänger zwingend Einzelheiten des Gehwegprofils ohne weiteres in ihrer konkreten Ausgestaltung zu erkennen vermöge. Hinzu komme, dass sich der schadhafte Gehweg in einem Bereich befinde , bei dem damit gerechnet werden müsse, dass sich der sorgfältige Fußgänger bereits im besonderen Maß auf den Straßenverkehr und nicht so sehr auf die Beschaffenheit des Bodens konzentriere, bei der Nutzung des auf dem Mittelstreifen angelegten Überwegs mithin seinen Blick im Wesentlichen bereits auf den Fahrzeugverkehr der sogleich zu querenden zweiten Fahrbahn der N. straße richte. Ohne Erfolg berufe sich der Beklagte darauf, es sei vorgesehen gewesen, die Grunderneuerung des Überwegs zum frühest möglichen Zeitpunkt durchzuführen. Zwar erfolge der Unterhalt öffentlicher Straßen gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 des Berliner Straßengesetzes im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Trägers der Straßenbaulast. Dass dem Beklagten eine Instandsetzung der desolaten Unfallstelle jedoch aus Gründen fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit über Jahre unmöglich gewesen sei, werde nicht einmal ansatzweise dargelegt; hierzu fehle jedweder Vortrag. Von daher könne offenbleiben, ob die Beschränktheit öffentlicher Mittel ein - wenn auch nur zeitweiliges - völliges Untätigsein rechtfertigen würde. Ein weitergehendes Mitverschulden der Klägerin als vom Landgericht angenommen sei nicht ersichtlich. Hierfür reiche allein der Umstand, dass ihr die Schadhaftigkeit des Wegs bekannt gewesen sei, nicht aus. Sie habe diesen zur Erreichung des Einkaufszentrums benutzen dürfen; es sei allein Sache des Beklagten gewesen, für Abhilfe zu sorgen, was er aber bewusst über viele Jahre und daher gröblich unterlassen habe.
II.
- 6
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG) zu.
- 7
- 1. Nach § 7 Abs. 6 Satz 1 des Berliner Straßengesetzes (BerlStrG) vom 13. Juli 1999 (GVBl. S. 380) wird unter anderem die Überwachung der Verkehrssicherheit der öffentlichen Straßen vom Land Berlin als eine Pflicht des öffentlichen Rechts wahrgenommen. § 7 Abs. 6 Satz 2 BerlStrG bestimmt, dass dazu die Sorge dafür gehört, dass die öffentlichen Straßen in der Baulast Berlins den in § 7 Abs. 2 bis 5 BerlStrG formulierten Anforderungen entsprechen. Danach sind die öffentlichen Straßen im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Landes Berlin so zu unterhalten, dass sie dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 BerlStrG). Dabei sind auch die Belange der im Straßenverkehr besonders gefährdeten Personen sowie von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen (§ 7 Abs. 2 Satz 3 BerlStrG). Im Falle eines nicht verkehrssicheren Zustands ist zu veranlassen, dass bis zur Wiederherstellung eines verkehrssicheren Zustands eine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer durch Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen ausgeschlossen ist (§ 7 Abs. 2 Satz 4 BerlStrG). Im Übrigen ist für eine alsbaldige Wiederherstellung des verkehrssicheren Zustands der Straße zu sorgen (§ 7 Abs. 2 Satz 5 BerlStrG). Unter den Begriff der öffentlichen Straße fallen dabei nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BerlStrG unter anderem auch die Gehwege.
- 8
- 2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht nach Maßgabe dieser gesetzlichen Regelung eine schuldhafte Amtspflichtverletzung festgestellt.
- 9
- a) Zu Unrecht beruft sich der Beklagte darauf, dass eine Pflichtverletzung angesichts der Erkennbarkeit der Gefahrenlage ausscheide.
- 10
- aa) Zum einen kommt es hierauf nach der konkreten landesrechtlichen Regelung nicht an. Hierbei kann dahinstehen, ob es einer Warnung der Verkehrsteilnehmer durch entsprechende Verkehrsschilder im Rahmen des § 7 Abs. 2 Satz 4 BerlStrG nicht bedurfte, weil sich der Überweg, wie im angefochtenen Urteil ausgeführt, in einem "quasi vor sich selbst warnenden Zustand befand". Der Beklagte hat jedenfalls gegen die ihm ausdrücklich auferlegte und über die Verweisung in § 7 Abs. 6 Satz 2 BerlStrG zum Inhalt seiner Straßenverkehrssicherungspflicht gemachte Verpflichtung verstoßen, für eine alsbaldige Wiederherstellung der Verkehrssicherheit des Gehwegs zu sorgen (§ 7 Abs. 2 Satz 5 BerlStrG). Nach der Feststellung des Berufungsgerichts bestand der desolate Zustand des Gehwegs bereits seit Jahren, ohne dass Abhilfe geschaffen wurde. § 7 Abs. 2 Satz 5 BerlStrG enthält insoweit aber keine Einschränkung der Abhilfeverpflichtung bezüglich erkennbarer Gefahrenstellen. § 7 Abs. 2 Satz 4 BerlStrG betrifft demgegenüber nur temporäre Behelfsmaßnahmen und schafft - wie § 7 Abs. 2 Satz 5 BerlStrG deutlich macht - keine Dauerlösung. Deshalb enthebt die Erkennbarkeit einer Gefahrenquelle den Beklagten nicht von der Notwendigkeit der alsbaldigen Wiederherstellung der Verkehrssicherheit. Vor diesem Hintergrund kann auch dahinstehen, ob in einem Fall, im dem nicht nur einzelne Bereiche eines Gehwegs, sondern dieser insgesamt verkehrsunsicher ist, § 7 Abs. 2 Satz 4 BerlStrG nicht eine Sperrung des Wegs verlangt, da lediglich Warnungen zum gesetzlich geforderten Ausschluss einer Gefährdung der Verkehrsteilnehmer unzureichend sind.
- 11
- bb) Zum anderen ist es zwar zutreffend, dass ein Verkehrssicherungspflichtiger nach der von der Revision in Bezug genommenen Senatsrechtsprechung in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen muss, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (vgl. nur Urteile vom 21. Juni 1979 - III ZR 58/78, VersR 1979, 1055, vom 12. Juli 1979 - III ZR 102/78, NJW 1979, 2043, 2044, vom 10. Juli 1980 - III ZR 58/79, NJW 1980, 2194, 2195 und vom 13. Juli 1989 - III ZR 122/88, BGHZ 108, 273, 275). Der Beklagte erfasst den Aussagegehalt dieser Definition jedoch nicht vollständig, wenn er lediglich isoliert den Gesichtspunkt der Erkennbarkeit anspricht. Darüber hinaus ist vielmehr notwendig, dass sich der Benutzer auf die Gefahr einstellen kann, was beispielsweise dann in Betracht kommt, wenn er einer auf einem Gehweg vorhandenen und gut erkennbaren Gefahrenstelle unproblematisch auszuweichen vermag. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts befand sich aber der ganze Überweg in einem so desolaten Zustand, dass selbst ein umsichtiger Fußgänger der Gefahr nicht ausweichen konnte, vielmehr bei jedweder Benutzung des Wegs gezwungen war, Teile zu begehen, die sich in schlechtem Zustand befanden, sodass eine gefahrlose Benutzung nicht möglich war.
- 12
- cc) Soweit der Beklagte auf Urteile aus anderen Bundesländern verweist, in denen wegen der Erkennbarkeit der unfallursächlichen Gefahrenstelle eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verneint worden ist, kommt es auf diese Entscheidungen bereits angesichts der ausdrücklichen landesrechtlichen Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 5, Abs. 6 Satz 2 BerlStrG nicht an. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass es dort um Fallgestaltungen ging, in denen - wie vorliegend - eine Benutzung des Weges unter Umgehung der Gefahrenstelle oder ein gefahrvermeidendes Sich-Einstellen auf den Zustand des Weges unmöglich gewesen und dessen ungeachtet - insoweit auch in Abweichung von der oben angesprochenen Senatsrechtsprechung - eine Amtshaftung verneint worden wäre.
- 13
- b) Zu Unrecht rügt der Beklagte, dass das Berufungsgericht bei seiner Bewertung des Gehwegs als dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis nicht genügend und insoweit verkehrsunsicher auch die Belange schwächerer Verkehrsteilnehmer berücksichtigt hat. Denn dies schreibt bereits § 7 Abs. 6 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 BerlStrG vor. Im Übrigen hat der Beklagte selbst vorgetragen, dass es sich bei der Umgebung der Unfallstelle um ein Wohngebiet mit überwiegend älteren Bewohnern gehandelt habe, denen durch den Überweg die Möglichkeit geschaffen werden sollte, an dieser Stelle die N. straße zu überqueren, um ein Einkaufszentrum besuchen zu können. Gehörten damit aber zum üblichen Benutzerkreis vor allem ältere und damit häufig nicht so verkehrssichere Personen, musste der Beklagte, selbst wenn man mit der Revision auf den durchschnittlichen Fußgänger als Maßstab abstellen wollte, dem Rechnung tragen. Der weitere Einwand, das Berufungsgericht habe fehlerhaft darauf abgestellt, dass Fußgänger bei der Nutzung des Überwegs auf dem Mittelstreifen ihre Aufmerksamkeit auch bereits dem Fahrzeugverkehr auf der zu überquerenden zweiten Richtungsfahrbahn zuwendeten und insoweit abgelenkt würden, ist ebenfalls unbegründet. Zunächst handelt es sich hierbei lediglich um eine zusätzliche Erwägung im Urteil, die auch nach Auffassung des Senats für die Annahme einer schuldhaften Amtspflichtverletzung des Beklagten nicht von tragender Bedeutung ist. Im Übrigen obliegt diese tatrichterliche Feststellung nur einer eingeschränkten revisionsrechtlicher Überprüfung; Rechtsfehler zeigt die Revision insoweit nicht auf. Auch eine Verkennung der rechtlichen Anforderungen an die Eigensorgfalt der Verkehrsteilnehmer ist nicht gegeben.
- 14
- c) Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand des Beklagten, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin, statt den schadhaften Überweg zu benutzen, auf die daneben befindliche Grünfläche hätte ausweichen können. Denn der Verkehrssicherungspflichtige kann Verkehrsteilnehmern grundsätzlich nicht entgegenhalten, sie hätten gefährliche Stellen meiden müssen. Damit würde er die ihn treffende Verantwortung unzulässig auf den Verkehrsteilnehmer abwälzen (vgl. nur Senatsurteil vom 10. Juli 1980, aaO S. 2195). Im Übrigen zeigt die Revision keinen diesbezüglichen vom Berufungsgericht übergangenen Tatsachenvortrag vor den Instanzgerichten auf. Sie nimmt vielmehr lediglich Bezug darauf, dass der Ehemann der Klägerin im vorletzten Absatz der "Unfallmeldung" vom 29. September 2009 erwähnt habe, dass er und seine Ehefrau "bis zur Herstellung des ordnungsgemäßen Zustandes dieses Weges über die Grünfläche möglichst dicht neben dem Weg laufen". Diese Randbemerkung in einer Anlage zur Klageschrift macht substantiellen Vortrag des Beklagten zu einer zumutbaren Alternative nicht entbehrlich. Abgesehen davon ist - genauso wenig wie letztlich ein Fußgänger gehalten ist, zur Vermeidung einer Gefahrenstelle auf einem Gehweg auf den Randbereich der Fahrbahn auszuweichen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 1997 - VI ZR 90/96, NZV 1997, 430) - ein Fußgänger grundsätzlich auch nicht gehalten, einen neben dem Gehweg befindlichen und vom Verkehrssicherungspflichtigen für diesen Zweck selbst nicht vorgesehenen unbefestigten Grünstreifen zu betreten, der seinerseits häufig ebenfalls aufgrund von Unebenheiten, Löchern oder - bei Nässe - erhöhter Rutschgefahr Gefahren für die Begehung aufweist.
- 15
- d) Fehl geht auch der pauschale Hinweis der Revision auf die beengten finanziellen Verhältnisse des Beklagten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte nicht einmal ansatzweise dargelegt habe, dass ihm eine In- standsetzung des desolaten Überwegs aus Gründen fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit über Jahre hinweg unmöglich gewesen sei. Die Revision zeigt hierzu keinen entscheidungserheblichen und vom Berufungsgericht übergangenen gegenteiligen Vortrag vor den Instanzgerichten auf. Mit der Revisionsbegründung wird insoweit nur auf einen Schriftsatz der Klägerin vom 20. Januar 2011 Bezug genommen, in dem - im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Klägerin , der Beklagte habe seine Verkehrssicherungspflichten vorsätzlich verletzt - lediglich ausgeführt worden ist, dass der Beklagtenvertreter im Termin vor dem Landgericht erklärt habe, dass alle Betonplattenwege im Bezirk P. mehr oder minder so aussähen wie der streitgegenständliche, wobei es aber kein Geld gebe, diese zu sanieren. Dass diese pauschale Darstellung keine Rechtfertigung dafür sein kann, über viele Jahre hinweg den streitgegenständlichen Gehweg nicht zu reparieren, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Hierbei ist auch anzumerken, dass der Beklagte mit seiner Berufungsbegründung selbst vorgetragen hat, ihm sei selbstverständlich klar gewesen , dass angesichts des desolaten Zustands eine "Grundinstandsetzung zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgen muss". Dieser Zeitpunkt ist aber bei einer mehrjährigen Untätigkeit ersichtlich versäumt. Insoweit kann letztlich dahinstehen , inwieweit finanzielle Engpässe der öffentlichen Hand jedenfalls ein zeitweiliges Absehen von Verkehrssicherungsmaßnahmen rechtfertigen können (vgl. hierzu Senatsurteil vom 14. Oktober 1982 - III ZR 174/81, VersR 1983, 39; siehe auch Senatsbeschluss vom 27. April 1987 - III ZR 123/86, VersR 1987, 989, 990).
- 16
- 3. Ohne Erfolg fordert der Beklagte eine höhere Mithaftungsquote der Klägerin.
- 17
- a) Zu Unrecht wendet er sich dagegen, dass ihm das Berufungsgericht eine grob fahrlässige Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht zur Last gelegt hat. Die Einstufung eines Verhaltens als einfach oder grob fahrlässig ist Sache der tatrichterlichen Beurteilung. Diese ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Nachgeprüft werden kann nur, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt worden ist oder ob bei der Bewertung des Grads der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Acht gelassen wurden (vgl. nur BGH, Urteile vom 13. Dezember 2004 - II ZR 17/03, NJW 2005, 981, 982 und vom 11. Juli 2007 - XII ZR 197/05, NJW 2007, 2988 Rn. 16, jeweils mwN). Insoweit ist die Rüge des Beklagten nicht entscheidungserheblich, es sei widersprüchlich , wenn das Berufungsgericht ihm einerseits grobe Fahrlässigkeit vorwerfe , andererseits aber ihm konzediere, dass er sich für seinen Standpunkt, erkennbare Gefahrenquellen müssten nicht beseitigt werden, auf Rechtsprechung anderer Instanzgerichte stützen könne, und hierzu auch die Revision zulasse. Denn auf diese Rechtsprechung kommt es, wie ausgeführt, nicht an. Angesichts der eindeutigen Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 5, Abs. 6 Satz 2 BerlStrG sowie des offenkundigen und über Jahre nicht beseitigten Zustands des Gehwegs ist revisionsrechtlich gegen die tatrichterliche Bewertung als grob fahrlässig im Ergebnis nichts zu erinnern.
- 18
- b) Soweit mit der Revision vorgetragen wird, die Klägerin habe sich beim Überqueren des Mittelstreifens unvorsichtig verhalten, da sie die Schadstellen nicht ständig im Auge behalten habe, sodass sie sich ein weit überwiegendes Eigenverschulden anrechnen lassen müsse, zeigt der Beklagte bereits keinen diesbezüglichen Vortrag vor den Instanzgerichten auf. Vielmehr hat er im Gegenteil sogar in der Klagerwiderung - im Zusammenhang mit dem Einwand, angesichts der Erkennbarkeit der Gefahrenquelle bestehe keine Verkehrssicherungspflicht - ausdrücklich auf das Vorbringen der Klägerin Bezug genommen, sie kenne den Überweg und sei wegen dessen schlechter Qualität vorsichtig gegangen. Jedenfalls ist gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte hafte zumindest zu 90 % für die Folgen des Sturzes der Klägerin, revisionsrechtlich nichts einzuwenden. Die Abwägung der Verantwortlichkeiten zwischen Schädiger und Geschädigtem gehört dem Bereich der tatrichterlichen Würdigung an. Das Revisionsgericht überprüft nur, ob der Tatrichter die in Betracht kommenden Umstände richtig und vollständig berücksichtigt sowie bei der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat, insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen wurde (vgl. nur BGH, Urteil vom 8. Juli 1986 - VI ZR 47/85, BGHZ 98, 148, 158; Senatsurteile vom 11. Januar 2007 - III ZR 116/06, NJW 2007, 1063 Rn. 7 und vom 16. Juli 2009 - III ZR 21/09, NJW-RR 2009, 1688 Rn. 16). Revisionserhebliche Fehler zeigt der Beklagte insoweit nicht auf. Schlick Wöstmann Seiters Tombrink Remmert
LG Berlin, Entscheidung vom 08.12.2010 - 86 O 112/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 30.09.2011 - 9 U 11/11 -
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann. Auf Fahrbahnen, die so schmal sind, dass dort entgegenkommende Fahrzeuge gefährdet werden könnten, muss jedoch so langsam gefahren werden, dass mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke gehalten werden kann.
(2) Ohne triftigen Grund dürfen Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern.
(2a) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
(3) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen
- 1.
innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h, - 2.
außerhalb geschlossener Ortschaften - a)
für - aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t bis 7,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen, - bb)
Personenkraftwagen mit Anhänger, - cc)
Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t mit Anhänger sowie - dd)
Kraftomnibusse, auch mit Gepäckanhänger,
- b)
für - aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t, - bb)
alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger, ausgenommen Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t, sowie - cc)
Kraftomnibusse mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
- c)
für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t 100 km/h. Diese Geschwindigkeitsbeschränkung gilt nicht auf Autobahnen (Zeichen 330.1) sowie auf anderen Straßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind. Sie gilt ferner nicht auf Straßen, die mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) oder durch Leitlinien (Zeichen 340) markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben.
(4) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt für Kraftfahrzeuge mit Schneeketten auch unter günstigsten Umständen 50 km/h.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.
(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die im Jahre 1939 geborene Klägerin verlangt von dem Beklagten materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten.
- 2
- Die Klägerin stürzte am Vormittag des 24. September 2009 auf einem von ihr seit etlichen Jahren benutzten Überweg des Mittelstreifens der N. - straße an der Kreuzung zur A. -Straße in Berlin-P. . Dieser vor dem 3. Oktober 1990 angelegte Weg bestand am Tage des Sturzes wie schon in den Jahren zuvor aus stark verwitterten und keine ebene Fläche mehr aufweisenden Betonplatten. Die letzte turnusmäßige Begehung durch einen Mitarbeiter des Bezirksamts des Beklagten hatte am 4. September 2009 stattgefunden. Am Unfalltag blieb die Klägerin, die festes Schuhwerk trug, mit einem Fuß in einem etwa 2 bis 2,5 cm tiefen Loch hängen und fiel zu Boden, wobei sie sich schwere Verletzungen im Gesicht, Prellungen im Arm- und Brustbereich sowie eine Verstauchung des rechten Handgelenks zuzog.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen - unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Klägerin von 10 % - stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Hiergegen richtet sich die vom Kammergericht zugelassene Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe
- 4
- Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
- 5
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist das schädigende Ereignis Folge einer von dem Beklagten zu vertretenden Verletzung der im Land Berlin hoheitlich ausgestalteten Straßenverkehrssicherungspflicht. Der streitgegenständliche Überweg habe sich ausweislich der vorgelegten Lichtbilder insgesamt in einem desolaten Zustand befunden, der unstreitig so auch bereits seit Jahren bestanden habe. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, seine jahrelange Untätigkeit stelle deshalb keine Pflichtverletzung dar, weil die Gefahrenlage so gravierend sei, dass diese von einem durchschnittlich sorgfältigen Fußgänger bereits bei flüchtigem Hinsehen ohne weiteres bemerkt werden könne. Jedenfalls für den vorliegenden Fall sei eine solche Auffassung zum Unterhalt öffentlicher Wege nicht vertretbar. Die Oberfläche der Betonplatten des Überwegs sei rissig und an verschiedenen Stellen aufgebrochen gewesen und habe diverse Vertiefungen bis zu 3,2 cm aufgewiesen. Der insgesamt desolate Zustand des Gehwegs habe in seiner Gesamtheit eine Stolper- und Sturzgefahr dargestellt, die bei der von einem Fußgänger zu erwartenden Sorgfalt zwar erkennbar, jedoch bei der Benutzung nicht mehr sicher zu beherrschen gewesen sei. Völlig zutreffend habe das Landgericht daher festgestellt, dass es lediglich eine Frage der Zeit gewesen sei, bis ein Fußgänger auch bei noch so großer Vorsicht zu Schaden komme. Hierbei könne offenbleiben, ob ein einzelner - für sich genommen aber gefahrträchtiger - Gehwegschaden dann hinzunehmen sei, wenn er mit einem Blick gut erkennbar und insoweit beherrschbar sei, als der Fußgänger ihm einfach ausweichen könne. Denn um eine solche Fallgestaltung handele es sich hier nicht; vielmehr sei der gesamte Überweg schadhaft und ein Ausweichen auf einen schadlosen Bereich unmöglich gewesen. In diesem Zusammenhang könne sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin von der Benutzung des Wegs gänzlich hätte absehen können. Er habe den Verkehr eröffnet, den ihm bekannten Zustand aber nicht zum Anlass genommen, den Weg zu sperren, so dass er der Klägerin nunmehr nicht entgegenhalten könne, sie hätte den Weg nicht benutzen dürfen. Im Übrigen gehe es bei dem Weg um einen übergeordneten Verkehrsbereich. Wie der Beklagte selbst vorgetragen habe, handele es sich bei der Umgebung der N. straße um ein Wohngebiet mit überwiegend älteren Bewohnern , denen durch den Überweg die Möglichkeit des Überquerens der Straße zum Zwecke der Aufsuchung eines Einkaufcenters eröffnet worden sei. Auch dies hätte der Beklagte zum Anlass nehmen müssen, den Weg instand zu halten und ihn nicht über Jahre in einem gefährlichen Zustand zu belassen. Insoweit hätte der Beklagte auch berücksichtigen müssen, dass in ihrer Bewe- gungs-, Seh- und Reaktionsfähigkeit eingeschränkte und daher bezüglich der hier streitgegenständlichen Gefahr besonders anfällige ältere Menschen den Weg benutzten. Auch seien die einzelnen Vertiefungen in der Betonoberfläche nicht so scharf umrissen, dass sie sich optisch derartig voneinander abheben würden, als dass der aufmerksame Fußgänger zwingend Einzelheiten des Gehwegprofils ohne weiteres in ihrer konkreten Ausgestaltung zu erkennen vermöge. Hinzu komme, dass sich der schadhafte Gehweg in einem Bereich befinde , bei dem damit gerechnet werden müsse, dass sich der sorgfältige Fußgänger bereits im besonderen Maß auf den Straßenverkehr und nicht so sehr auf die Beschaffenheit des Bodens konzentriere, bei der Nutzung des auf dem Mittelstreifen angelegten Überwegs mithin seinen Blick im Wesentlichen bereits auf den Fahrzeugverkehr der sogleich zu querenden zweiten Fahrbahn der N. straße richte. Ohne Erfolg berufe sich der Beklagte darauf, es sei vorgesehen gewesen, die Grunderneuerung des Überwegs zum frühest möglichen Zeitpunkt durchzuführen. Zwar erfolge der Unterhalt öffentlicher Straßen gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 des Berliner Straßengesetzes im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Trägers der Straßenbaulast. Dass dem Beklagten eine Instandsetzung der desolaten Unfallstelle jedoch aus Gründen fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit über Jahre unmöglich gewesen sei, werde nicht einmal ansatzweise dargelegt; hierzu fehle jedweder Vortrag. Von daher könne offenbleiben, ob die Beschränktheit öffentlicher Mittel ein - wenn auch nur zeitweiliges - völliges Untätigsein rechtfertigen würde. Ein weitergehendes Mitverschulden der Klägerin als vom Landgericht angenommen sei nicht ersichtlich. Hierfür reiche allein der Umstand, dass ihr die Schadhaftigkeit des Wegs bekannt gewesen sei, nicht aus. Sie habe diesen zur Erreichung des Einkaufszentrums benutzen dürfen; es sei allein Sache des Beklagten gewesen, für Abhilfe zu sorgen, was er aber bewusst über viele Jahre und daher gröblich unterlassen habe.
II.
- 6
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG) zu.
- 7
- 1. Nach § 7 Abs. 6 Satz 1 des Berliner Straßengesetzes (BerlStrG) vom 13. Juli 1999 (GVBl. S. 380) wird unter anderem die Überwachung der Verkehrssicherheit der öffentlichen Straßen vom Land Berlin als eine Pflicht des öffentlichen Rechts wahrgenommen. § 7 Abs. 6 Satz 2 BerlStrG bestimmt, dass dazu die Sorge dafür gehört, dass die öffentlichen Straßen in der Baulast Berlins den in § 7 Abs. 2 bis 5 BerlStrG formulierten Anforderungen entsprechen. Danach sind die öffentlichen Straßen im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Landes Berlin so zu unterhalten, dass sie dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 BerlStrG). Dabei sind auch die Belange der im Straßenverkehr besonders gefährdeten Personen sowie von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen (§ 7 Abs. 2 Satz 3 BerlStrG). Im Falle eines nicht verkehrssicheren Zustands ist zu veranlassen, dass bis zur Wiederherstellung eines verkehrssicheren Zustands eine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer durch Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen ausgeschlossen ist (§ 7 Abs. 2 Satz 4 BerlStrG). Im Übrigen ist für eine alsbaldige Wiederherstellung des verkehrssicheren Zustands der Straße zu sorgen (§ 7 Abs. 2 Satz 5 BerlStrG). Unter den Begriff der öffentlichen Straße fallen dabei nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BerlStrG unter anderem auch die Gehwege.
- 8
- 2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht nach Maßgabe dieser gesetzlichen Regelung eine schuldhafte Amtspflichtverletzung festgestellt.
- 9
- a) Zu Unrecht beruft sich der Beklagte darauf, dass eine Pflichtverletzung angesichts der Erkennbarkeit der Gefahrenlage ausscheide.
- 10
- aa) Zum einen kommt es hierauf nach der konkreten landesrechtlichen Regelung nicht an. Hierbei kann dahinstehen, ob es einer Warnung der Verkehrsteilnehmer durch entsprechende Verkehrsschilder im Rahmen des § 7 Abs. 2 Satz 4 BerlStrG nicht bedurfte, weil sich der Überweg, wie im angefochtenen Urteil ausgeführt, in einem "quasi vor sich selbst warnenden Zustand befand". Der Beklagte hat jedenfalls gegen die ihm ausdrücklich auferlegte und über die Verweisung in § 7 Abs. 6 Satz 2 BerlStrG zum Inhalt seiner Straßenverkehrssicherungspflicht gemachte Verpflichtung verstoßen, für eine alsbaldige Wiederherstellung der Verkehrssicherheit des Gehwegs zu sorgen (§ 7 Abs. 2 Satz 5 BerlStrG). Nach der Feststellung des Berufungsgerichts bestand der desolate Zustand des Gehwegs bereits seit Jahren, ohne dass Abhilfe geschaffen wurde. § 7 Abs. 2 Satz 5 BerlStrG enthält insoweit aber keine Einschränkung der Abhilfeverpflichtung bezüglich erkennbarer Gefahrenstellen. § 7 Abs. 2 Satz 4 BerlStrG betrifft demgegenüber nur temporäre Behelfsmaßnahmen und schafft - wie § 7 Abs. 2 Satz 5 BerlStrG deutlich macht - keine Dauerlösung. Deshalb enthebt die Erkennbarkeit einer Gefahrenquelle den Beklagten nicht von der Notwendigkeit der alsbaldigen Wiederherstellung der Verkehrssicherheit. Vor diesem Hintergrund kann auch dahinstehen, ob in einem Fall, im dem nicht nur einzelne Bereiche eines Gehwegs, sondern dieser insgesamt verkehrsunsicher ist, § 7 Abs. 2 Satz 4 BerlStrG nicht eine Sperrung des Wegs verlangt, da lediglich Warnungen zum gesetzlich geforderten Ausschluss einer Gefährdung der Verkehrsteilnehmer unzureichend sind.
- 11
- bb) Zum anderen ist es zwar zutreffend, dass ein Verkehrssicherungspflichtiger nach der von der Revision in Bezug genommenen Senatsrechtsprechung in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen muss, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (vgl. nur Urteile vom 21. Juni 1979 - III ZR 58/78, VersR 1979, 1055, vom 12. Juli 1979 - III ZR 102/78, NJW 1979, 2043, 2044, vom 10. Juli 1980 - III ZR 58/79, NJW 1980, 2194, 2195 und vom 13. Juli 1989 - III ZR 122/88, BGHZ 108, 273, 275). Der Beklagte erfasst den Aussagegehalt dieser Definition jedoch nicht vollständig, wenn er lediglich isoliert den Gesichtspunkt der Erkennbarkeit anspricht. Darüber hinaus ist vielmehr notwendig, dass sich der Benutzer auf die Gefahr einstellen kann, was beispielsweise dann in Betracht kommt, wenn er einer auf einem Gehweg vorhandenen und gut erkennbaren Gefahrenstelle unproblematisch auszuweichen vermag. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts befand sich aber der ganze Überweg in einem so desolaten Zustand, dass selbst ein umsichtiger Fußgänger der Gefahr nicht ausweichen konnte, vielmehr bei jedweder Benutzung des Wegs gezwungen war, Teile zu begehen, die sich in schlechtem Zustand befanden, sodass eine gefahrlose Benutzung nicht möglich war.
- 12
- cc) Soweit der Beklagte auf Urteile aus anderen Bundesländern verweist, in denen wegen der Erkennbarkeit der unfallursächlichen Gefahrenstelle eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verneint worden ist, kommt es auf diese Entscheidungen bereits angesichts der ausdrücklichen landesrechtlichen Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 5, Abs. 6 Satz 2 BerlStrG nicht an. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass es dort um Fallgestaltungen ging, in denen - wie vorliegend - eine Benutzung des Weges unter Umgehung der Gefahrenstelle oder ein gefahrvermeidendes Sich-Einstellen auf den Zustand des Weges unmöglich gewesen und dessen ungeachtet - insoweit auch in Abweichung von der oben angesprochenen Senatsrechtsprechung - eine Amtshaftung verneint worden wäre.
- 13
- b) Zu Unrecht rügt der Beklagte, dass das Berufungsgericht bei seiner Bewertung des Gehwegs als dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis nicht genügend und insoweit verkehrsunsicher auch die Belange schwächerer Verkehrsteilnehmer berücksichtigt hat. Denn dies schreibt bereits § 7 Abs. 6 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 BerlStrG vor. Im Übrigen hat der Beklagte selbst vorgetragen, dass es sich bei der Umgebung der Unfallstelle um ein Wohngebiet mit überwiegend älteren Bewohnern gehandelt habe, denen durch den Überweg die Möglichkeit geschaffen werden sollte, an dieser Stelle die N. straße zu überqueren, um ein Einkaufszentrum besuchen zu können. Gehörten damit aber zum üblichen Benutzerkreis vor allem ältere und damit häufig nicht so verkehrssichere Personen, musste der Beklagte, selbst wenn man mit der Revision auf den durchschnittlichen Fußgänger als Maßstab abstellen wollte, dem Rechnung tragen. Der weitere Einwand, das Berufungsgericht habe fehlerhaft darauf abgestellt, dass Fußgänger bei der Nutzung des Überwegs auf dem Mittelstreifen ihre Aufmerksamkeit auch bereits dem Fahrzeugverkehr auf der zu überquerenden zweiten Richtungsfahrbahn zuwendeten und insoweit abgelenkt würden, ist ebenfalls unbegründet. Zunächst handelt es sich hierbei lediglich um eine zusätzliche Erwägung im Urteil, die auch nach Auffassung des Senats für die Annahme einer schuldhaften Amtspflichtverletzung des Beklagten nicht von tragender Bedeutung ist. Im Übrigen obliegt diese tatrichterliche Feststellung nur einer eingeschränkten revisionsrechtlicher Überprüfung; Rechtsfehler zeigt die Revision insoweit nicht auf. Auch eine Verkennung der rechtlichen Anforderungen an die Eigensorgfalt der Verkehrsteilnehmer ist nicht gegeben.
- 14
- c) Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand des Beklagten, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin, statt den schadhaften Überweg zu benutzen, auf die daneben befindliche Grünfläche hätte ausweichen können. Denn der Verkehrssicherungspflichtige kann Verkehrsteilnehmern grundsätzlich nicht entgegenhalten, sie hätten gefährliche Stellen meiden müssen. Damit würde er die ihn treffende Verantwortung unzulässig auf den Verkehrsteilnehmer abwälzen (vgl. nur Senatsurteil vom 10. Juli 1980, aaO S. 2195). Im Übrigen zeigt die Revision keinen diesbezüglichen vom Berufungsgericht übergangenen Tatsachenvortrag vor den Instanzgerichten auf. Sie nimmt vielmehr lediglich Bezug darauf, dass der Ehemann der Klägerin im vorletzten Absatz der "Unfallmeldung" vom 29. September 2009 erwähnt habe, dass er und seine Ehefrau "bis zur Herstellung des ordnungsgemäßen Zustandes dieses Weges über die Grünfläche möglichst dicht neben dem Weg laufen". Diese Randbemerkung in einer Anlage zur Klageschrift macht substantiellen Vortrag des Beklagten zu einer zumutbaren Alternative nicht entbehrlich. Abgesehen davon ist - genauso wenig wie letztlich ein Fußgänger gehalten ist, zur Vermeidung einer Gefahrenstelle auf einem Gehweg auf den Randbereich der Fahrbahn auszuweichen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 1997 - VI ZR 90/96, NZV 1997, 430) - ein Fußgänger grundsätzlich auch nicht gehalten, einen neben dem Gehweg befindlichen und vom Verkehrssicherungspflichtigen für diesen Zweck selbst nicht vorgesehenen unbefestigten Grünstreifen zu betreten, der seinerseits häufig ebenfalls aufgrund von Unebenheiten, Löchern oder - bei Nässe - erhöhter Rutschgefahr Gefahren für die Begehung aufweist.
- 15
- d) Fehl geht auch der pauschale Hinweis der Revision auf die beengten finanziellen Verhältnisse des Beklagten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte nicht einmal ansatzweise dargelegt habe, dass ihm eine In- standsetzung des desolaten Überwegs aus Gründen fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit über Jahre hinweg unmöglich gewesen sei. Die Revision zeigt hierzu keinen entscheidungserheblichen und vom Berufungsgericht übergangenen gegenteiligen Vortrag vor den Instanzgerichten auf. Mit der Revisionsbegründung wird insoweit nur auf einen Schriftsatz der Klägerin vom 20. Januar 2011 Bezug genommen, in dem - im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Klägerin , der Beklagte habe seine Verkehrssicherungspflichten vorsätzlich verletzt - lediglich ausgeführt worden ist, dass der Beklagtenvertreter im Termin vor dem Landgericht erklärt habe, dass alle Betonplattenwege im Bezirk P. mehr oder minder so aussähen wie der streitgegenständliche, wobei es aber kein Geld gebe, diese zu sanieren. Dass diese pauschale Darstellung keine Rechtfertigung dafür sein kann, über viele Jahre hinweg den streitgegenständlichen Gehweg nicht zu reparieren, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Hierbei ist auch anzumerken, dass der Beklagte mit seiner Berufungsbegründung selbst vorgetragen hat, ihm sei selbstverständlich klar gewesen , dass angesichts des desolaten Zustands eine "Grundinstandsetzung zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgen muss". Dieser Zeitpunkt ist aber bei einer mehrjährigen Untätigkeit ersichtlich versäumt. Insoweit kann letztlich dahinstehen , inwieweit finanzielle Engpässe der öffentlichen Hand jedenfalls ein zeitweiliges Absehen von Verkehrssicherungsmaßnahmen rechtfertigen können (vgl. hierzu Senatsurteil vom 14. Oktober 1982 - III ZR 174/81, VersR 1983, 39; siehe auch Senatsbeschluss vom 27. April 1987 - III ZR 123/86, VersR 1987, 989, 990).
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- 3. Ohne Erfolg fordert der Beklagte eine höhere Mithaftungsquote der Klägerin.
- 17
- a) Zu Unrecht wendet er sich dagegen, dass ihm das Berufungsgericht eine grob fahrlässige Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht zur Last gelegt hat. Die Einstufung eines Verhaltens als einfach oder grob fahrlässig ist Sache der tatrichterlichen Beurteilung. Diese ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Nachgeprüft werden kann nur, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt worden ist oder ob bei der Bewertung des Grads der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Acht gelassen wurden (vgl. nur BGH, Urteile vom 13. Dezember 2004 - II ZR 17/03, NJW 2005, 981, 982 und vom 11. Juli 2007 - XII ZR 197/05, NJW 2007, 2988 Rn. 16, jeweils mwN). Insoweit ist die Rüge des Beklagten nicht entscheidungserheblich, es sei widersprüchlich , wenn das Berufungsgericht ihm einerseits grobe Fahrlässigkeit vorwerfe , andererseits aber ihm konzediere, dass er sich für seinen Standpunkt, erkennbare Gefahrenquellen müssten nicht beseitigt werden, auf Rechtsprechung anderer Instanzgerichte stützen könne, und hierzu auch die Revision zulasse. Denn auf diese Rechtsprechung kommt es, wie ausgeführt, nicht an. Angesichts der eindeutigen Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 5, Abs. 6 Satz 2 BerlStrG sowie des offenkundigen und über Jahre nicht beseitigten Zustands des Gehwegs ist revisionsrechtlich gegen die tatrichterliche Bewertung als grob fahrlässig im Ergebnis nichts zu erinnern.
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- b) Soweit mit der Revision vorgetragen wird, die Klägerin habe sich beim Überqueren des Mittelstreifens unvorsichtig verhalten, da sie die Schadstellen nicht ständig im Auge behalten habe, sodass sie sich ein weit überwiegendes Eigenverschulden anrechnen lassen müsse, zeigt der Beklagte bereits keinen diesbezüglichen Vortrag vor den Instanzgerichten auf. Vielmehr hat er im Gegenteil sogar in der Klagerwiderung - im Zusammenhang mit dem Einwand, angesichts der Erkennbarkeit der Gefahrenquelle bestehe keine Verkehrssicherungspflicht - ausdrücklich auf das Vorbringen der Klägerin Bezug genommen, sie kenne den Überweg und sei wegen dessen schlechter Qualität vorsichtig gegangen. Jedenfalls ist gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte hafte zumindest zu 90 % für die Folgen des Sturzes der Klägerin, revisionsrechtlich nichts einzuwenden. Die Abwägung der Verantwortlichkeiten zwischen Schädiger und Geschädigtem gehört dem Bereich der tatrichterlichen Würdigung an. Das Revisionsgericht überprüft nur, ob der Tatrichter die in Betracht kommenden Umstände richtig und vollständig berücksichtigt sowie bei der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat, insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen wurde (vgl. nur BGH, Urteil vom 8. Juli 1986 - VI ZR 47/85, BGHZ 98, 148, 158; Senatsurteile vom 11. Januar 2007 - III ZR 116/06, NJW 2007, 1063 Rn. 7 und vom 16. Juli 2009 - III ZR 21/09, NJW-RR 2009, 1688 Rn. 16). Revisionserhebliche Fehler zeigt der Beklagte insoweit nicht auf. Schlick Wöstmann Seiters Tombrink Remmert
LG Berlin, Entscheidung vom 08.12.2010 - 86 O 112/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 30.09.2011 - 9 U 11/11 -
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann. Auf Fahrbahnen, die so schmal sind, dass dort entgegenkommende Fahrzeuge gefährdet werden könnten, muss jedoch so langsam gefahren werden, dass mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke gehalten werden kann.
(2) Ohne triftigen Grund dürfen Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern.
(2a) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
(3) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen
- 1.
innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h, - 2.
außerhalb geschlossener Ortschaften - a)
für - aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t bis 7,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen, - bb)
Personenkraftwagen mit Anhänger, - cc)
Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t mit Anhänger sowie - dd)
Kraftomnibusse, auch mit Gepäckanhänger,
- b)
für - aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t, - bb)
alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger, ausgenommen Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t, sowie - cc)
Kraftomnibusse mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
- c)
für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t 100 km/h. Diese Geschwindigkeitsbeschränkung gilt nicht auf Autobahnen (Zeichen 330.1) sowie auf anderen Straßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind. Sie gilt ferner nicht auf Straßen, die mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) oder durch Leitlinien (Zeichen 340) markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben.
(4) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt für Kraftfahrzeuge mit Schneeketten auch unter günstigsten Umständen 50 km/h.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.