Tenor

1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil der Vorsitzenden der 20 Kammer für Handelssachen des Landgerichts Tübingen vom 29. November 2010 (Az.: 20 O 86/10 KfH) wird

zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 10.000,- EUR.

Gründe

 
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung aus Wettbewerbsverstoß in Anspruch.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil der Vorsitzenden der 20 Kammer für Handelssachen des Landgerichts Tübingen vom 29. November 2010 (Az.: 20 O 86/10 KfH) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat seine Beschlussverfügung durch Urteil bestätigt und hierzu ausgeführt:
Der Antrag sei hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Die Formulierung „in deutlich lesbarer Druckgröße" sei auslegungsbedürftig, lasse sich aber an Hand der in Bezug genommenen Werbung eindeutig ermitteln.
Die Werbung sei unlauter gem. § 3 Abs. 2 UWG. Die bloße Testhinweiswerbung falle zwar nicht unter § 6 UWG. Die Werbung verstoße aber unmittelbar gegen § 3 UWG, weil der Verbraucher nicht leicht, eindeutig und in deutlicher Schrift darauf hingewiesen werde, wo er nähere Angaben zu dem jeweiligen Test erhalten könne.
Es sei ein Gebot der fachlichen Sorgfalt, mit Testergebnissen nur zu werben, wenn dem Verbraucher dabei die Fundstelle eindeutig und leicht zugänglich angegeben und ihm so eine einfache Möglichkeit eröffnet werde, den Test selbst zur Kenntnis zu nehmen. Fehle es daran, werde die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, spürbar beeinträchtigt.
Die allgemeinen Grundsätze ließen sich auf Testergebnisse in Fachzeitschriften übertragen. Zwar bestünden, anders als zur Werbung mit Testergebnissen der Stiftung Warentest, keine gesonderten Empfehlungen der Zeitschrift „Öko Test“ zur Angabe der Fundstelle bei einer werblichen Verwendung ihrer Testergebnisse. Die für die Empfehlung der Stiftung Warentest maßgebenden Gründe gälten jedoch auch hier, da die von der Stiftung Warentest ausdrücklich verlangte Fundstellenangabe sich auch im Hinblick auf die Werbung mit Testergebnissen von Fachzeitschriften zur Gewährleistung der Nachprüfbarkeit des Testaufbaus, seiner Durchführung und der Testergebnisse als erforderlich erweise, um die notwendige Transparenz herzustellen. Der fehlenden Fundstellenangabe sei die nicht ausreichend deutlich lesbare gleichzusetzen.
Auf die Anforderungen an die Lesbarkeit ließen sich die Grundsätze übertragen, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der früheren Fassung des § 4 Abs. 4 HWG aufgestellt worden seien. Lesbarkeit für den normalsichtigen Betrachter ohne besondere Konzentration und Anstrengung sei geboten. Dem genüge der winzige Schriftgrad der angegriffenen Werbungen nicht. Es lägen auch keine Besonderheiten der grafischen Gestaltung vor, die die in der geringen Schriftgröße begründete Lesbarkeitserschwerung ausglichen.
Die Möglichkeit des Verbrauchers, die testbezogene Werbung zu prüfen und insbesondere in den Gesamtzusammenhang des Tests einzuordnen, sei dadurch beeinträchtigt, was eine informierte Entscheidung des Verbrauchers behindere.
10 
Die Verfügungsbeklagte hat gegen dieses Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel prozessordnungsgemäß begründet.
11 
Sie bringt vor:
12 
Der Verfügungsantrag sei zu unbestimmt. Im Laufe des Rechtsstreits habe die Klägerin zwar klargestellt, dass sich ihr Unterlassungsantrag gegen alle drei Fundstellenangaben in der beanstandeten Werbung richte, aber es bestehe weiterhin ein Bestimmtheitsmangel hinsichtlich der geforderten Mindestgröße einer Fundstellenangabe in Zukunft. Die Lesbarkeit hänge auch nicht nur von der Schriftgröße ab, sondern beispielsweise auch vom Kontrast.
13 
Die daraus resultierenden Unsicherheiten dürften nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dies geschehe aber durch den Verfügungsantrag.
14 
Die Verfügungsklägerin habe ihren Unterlassungsanspruch auf § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG gestützt. Diesen Anspruch habe das Landgericht Tübingen zu Recht verneint. aber zu Unrecht - und wohl auch zur Überraschung der Klägerin – den Tatbestand des § 3 Abs. 2 UWG erfüllt gesehen.
15 
Nach der UWG-Reform 2008 müssten im konkreten Fall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 UWG vom Gericht geprüft werden, was das Landgericht schlichtweg unterlassen habe.
16 
Zur Schriftgröße von Fundstellenangaben bzw. Testwerbungen gebe es keine gesetzlichen Vorgaben. Weder die Zeitschrift ÖKOTEST noch die Stiftung Warentest sähen in ihren Regelwerken Vorgaben zur Schriftgröße vor. Der Bundesgerichtshof habe nur zur gänzlich fehlenden Fundstellenangabe entschieden und zu nicht in unmittelbarer Nähe zum zitierten Testergebnis stehenden.
17 
Eine deutliche bzw. gute Lesbarkeit wie z.B. bei Pflichtangaben im Heilmittelwerbegesetz sei nicht von der Verfügungsbeklagten geschuldet. Eine Erschwerung für den Leser, sich den Test zu beschaffen, sei im vorliegenden Fall aufgrund der Schriftgröße allenfalls unerheblich.
18 
Das gegenläufige Ergebnis des Landgerichts sei nicht nachvollziehbar, insbesondere bei der größeren Fundstellenangabe zur "Reinigungsmilch". Zudem sei nicht allein auf die Schriftgröße abzustellen. Die Fundstellen seien zumindest bei gewisser Konzentration durchaus lesbar.
19 
Ausweislich der Ausführungen der Beklagten-Mitarbeiterin N. G., denen in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin auch nicht widersprochen worden sei, seien die von der Werbung angesprochenen Verkehrskreise Frauen im Alter zwischen 30 und 40 Jahre (Protokoll vom 11.11.2010, S. 2), also Adressaten, die ihrer Sehkraft noch üblicherweise in überwiegendem Maße mächtig seien oder notfalls dies durch Kontaktlinsen oder Brillen korrigierten. Es gebe also keine besonderen Anforderungen an die Schriftgröße bezüglich der Lesbarkeit.
20 
In der streitgegenständlichen Zeitschrift ÖKOTEST, Ausgabe September 2010, fänden sich auf den Seiten 19, 39, 45 und 67 bspw. weitere Testwerbungen, in denen die Fundstellenangaben eine vergleichbare oder noch kleinere Schriftgröße aufwiesen. Es handele sich also bei den gerügten Fundstellenangaben durchaus um übliche Gepflogenheiten. Ob diese Marktgepflogenheiten anständig bzw. unanständig im Sinne von § 3 Abs. 2 UWG seien, habe das Landgericht Tübingen nicht geprüft. Das zitierte Urteil KG, Urteil vom 14.09.1993, 5 U 5035/93, reiche nicht aus, um den üblichen bzw. gebotenen derzeitigen Standard zu ermitteln.
21 
Eine Eignung zu einer spürbaren Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit reiche für die geschäftliche Relevanz im Sinne von § 3 Abs. 2 S.1 UWG nicht aus. Es müsse noch die Eignung hinzukommen, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Im vorliegenden Fall sei die Testwerbung inhaltlich korrekt. Auch fehle die Fundstellenangabe nicht, sie sei lediglich für manche Betrachter eventuell schwer lesbar, so dass es einer gewissen Konzentration bei der Entzifferung bedürfe. Dieses vorwerfbare Versäumnis sei jedoch keinesfalls geeignet, den Verbraucher zu einer Kaufentscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht gemacht hätte. Ein Kunde werde eher darüber verärgert sein, wenn er eine Fundstellenangabe nicht lesen könne, was sich eher negativ auf seine spätere potentielle Kaufentscheidung auswirken könne.
22 
Einem interessierten Leser könne zugemutet werden, notfalls die erforderliche Konzentration und Zeit für das Entziffern der Fundstellenangabe aufzubringen.
23 
Die Beklagte verweist auf LG Hannover, Urteil vom 12.10.2010 - 24 0 58/10, S. 4.
24 
Die Berufungsklägerin beantragt,
25 
die Beschlussverfügung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
26 
Die Berufungsbeklagte beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und ergänzt:
29 
Das OLG Celle habe in dem Berufungsverfahren zu dem von der Beklagten erwähnten Urteil des Landgerichts Hannover angeregt, den Anspruch anzuerkennen (Hinweis vom 21. Dezember 2010 - 13 U 172/10, BE 2).
30 
Der Verfügungsantrag sei eindeutig, da er sich auf die konkrete Verletzung beziehe. Es liege in der Verantwortung der Verfügungsbeklagten, den Kern des Unterlassungsversprechens zu beachten. Wähle sie eine 6-Punkt-Schrift, so habe sie nach der Rechtsprechung den Kern des Unterlassungsgebots eindeutig hinter sich gelassen.
31 
Dass eine ausdrückliche gesetzliche Vorgabe fehle, sei unerheblich. Gut lesbar werde die Werbung erst, wenn man sie auf das Doppelte vergrößere (vgl. A 6).
32 
Die Werbung richte sich an alle Leser der Zeitschrift ÖKOTEST. Es sei verfehlt, sie auf die Lesergruppe „Frauen zwischen 30 und 40 Jahren“ zu beschränken. Selbst für diese Gruppe treffe der Unlauterkeitsvorwurf aber zu.
33 
Andere Anzeigen rechtfertigten den Verstoß nicht.
34 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 24. März 2011 Bezug genommen.
II.
35 
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
A
36 
Der Verfügungsantrag ist hinreichend bestimmt. Zwar wäre die Antragsformulierung unzureichend, wenn das Wort „deutlich“ den Streit über die Grenzen des Verbotes in das Vollstreckungsverfahren verschöbe. Aber schon der Wortlaut des Antrages stellt klar, dass es dem Verfügungskläger um die Druckgröße zu tun ist. Hinzu kommt, dass der Verfügungskläger auch in seinem Sachvortrag ausdrücklich auf die Schriftgröße abstellt, wohingegen andere Parameter wie der Kontrast, die die Verfügungsbeklagte heranzieht, in den in Bezug genommenen Anzeigen keine Rolle spielen und vom Kläger auch nicht herangezogen werden (strenger KG, Beschluss vom 11. Februar 2011 - 5 W 17/11, bei juris Rz. 14 m.w.N.; vgl. ferner BGH, Urteil vom 04. Oktober 2007 - I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 - Versandkosten, bei juris Rz. 14, m.w.N.).
37 
Außerdem nimmt der Antrag die konkrete Verletzungshandlung in Bezug, so dass schon dadurch der Kern des Verbots genau umschrieben ist (vgl. auch Senatsurteil vom 17. Februar 2011 - 2 U 65/10 - Vitalsana; OLG Köln, MD 2010, 738, bei juris Rz. 28) und also auch der lauterkeitsrechtliche Kern des Verstoßes (vgl. zur Bestimmung des Unlauterkeitskerns Senatsurteil vom 30. September 2010 - 2 U 45/10 - Christophorus).
B
38 
Das Landgericht hat die angegriffenen Werbung zurecht und mit zutreffender Begründung als unlauter im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG angesehen. Die Angriffe der Berufung vermögen das nicht an von Amts wegen zu berücksichtigenden Fehlern leidende Urteil nicht zu erschüttern. Vorab kann auf die Begründung des Landgerichts billigend Bezug genommen werden; ergänzend ist in rechtlicher Hinsicht noch auf § 5a Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 1 UWG hinzuweisen.
1.
39 
Das Landgericht hat die maßgebende Rechtslage richtig erkannt.
a)
40 
In eine Werbung aufgenommene Angaben über Testurteile müssen leicht und eindeutig nachprüfbar sein. Das setzt nicht nur voraus, dass überhaupt eine Fundstelle für den Test angegeben wurde, sondern auch, dass diese Angabe für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar ist. An dieser bereits zum alten UWG durch den Bundesgerichtshof bestätigten Rechtslage hat sich durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken in das deutsche Recht nichts geändert (BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - I ZR 50/07, GRUR 2010, 248, 251, Tz. 31 ff - Kamerakauf im Internet; KG, Beschluss vom 11. Februar 2011 - 5 W 17/11, bei juris Rz. 5 ff.). Nach § 5a Abs. 2 UWG 2008 handelt unlauter, wer die Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG 2008 dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Nach § 3 Abs. 2 UWG 2008 sind geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Es ist ein Gebot der fachlichen Sorgfalt, mit Testergebnissen nur zu werben, wenn dem Verbraucher dabei die Fundstelle eindeutig und leicht zugänglich angegeben und ihm so eine einfache Möglichkeit eröffnet wird, den Test selbst zur Kenntnis zu nehmen. Fehlt es daran, beeinträchtigt dies die Möglichkeit des Verbrauchers, die testbezogene Werbung zu prüfen und insbesondere in den Gesamtzusammenhang des Tests einzuordnen. Dadurch wird die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte geschäftliche Entscheidung im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG zu treffen, spürbar beeinträchtigt (BGH, a.a.O., Kamerakauf im Internet; KG, a.a.O., bei juris Rn 6 u.H. auf sein Urteil vom 08. Juni 2010 - 5 U 30/09, Umdruck S. 6; OLG Hamburg, WRP 2007, 557).
b)
41 
Die Berufung kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, der Bundesgerichtshof habe nur zur gänzlich fehlenden Fundstellenangabe entschieden und zur nicht in unmittelbarer Nähe zum zitierten Testergebnis stehenden (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - I ZR 50/07, GRUR 2010, 248, 251 - Kamerakauf im Internet). Dabei verkennt sie nämlich den vom Bundesgerichtshof herausgearbeiteten Zweck der in jenen Fällen statuierten Vorgaben, dem Verbraucher eine weitergehende Information zu ermöglichen. Zwar steht es dem Werbenden frei, auch ihm bekannte Testergebnisse überhaupt nicht zu erwähnen. Nutzt er sie aber werblich, so hat er auch die Obliegenheit, die Fundstelle offen zu legen. Der unzureichend gestaltete Hinweis erfüllt nicht den verfolgten Zweck, eine leichte und eindeutige Nachprüfbarkeit der Angaben über Testurteile zu gewährleisten (KG, a.a.O., bei juris Rz. 8, m.w.N.).
c)
42 
Der Umstand, dass es zur Schriftgröße von Fundstellenangaben bzw. Testwerbungen keine allgemeinen, gesetzlichen Vorgaben gibt, bedeutet nicht, dass es dem Werbenden frei steht, wie er einen solchen Fundstellennachweis behandelt. Der Bundesgerichtshof hat hierzu mehrfach Stellung bezogen; auch mehrere Oberlandesgerichte haben sich damit befasst. Das Landgericht hat diese Rechtsprechung zutreffend und den Zweck eines solchen Hinweises würdigend erwogen.
d)
43 
Auf die Anforderungen an die Lesbarkeit lassen sich die Grundsätze übertragen, die die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Lesbarkeit der Pflichtangaben im Rahmen der Heilmittelwerbung aufgestellt hat, wonach Pflichtangaben "erkennbar" sein müssen. Dies bedeutet in der Auslegung des Bundesgerichtshofs Lesbarkeit für den normalsichtigen Betrachter ohne besondere Konzentration und Anstrengung. Diese Voraussetzung ist im Regelfall nur bei Verwendung einer Schrift erfüllt, deren Größe 6-Punkt nicht unterschreitet, wenn nicht besondere, die Deutlichkeit des Schriftbildes in seiner Gesamtheit fördernde Umstände die tatrichterliche Würdigung rechtfertigen, dass auch eine jene Grenze unterschreitende Schrift ausnahmsweise noch ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesbar ist (KG, a.a.O., bei juris Rz. 9, m.w.N. auch zu ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes).
e)
44 
Nicht mehr hinreichend erkennbare notwendige Werbeangaben sind geeignet, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Auf eine besondere Schutzbedürftigkeit im Zusammenhang mit Werbeaussagen, wie etwa für Heilmittel, kommt es dabei nicht an. Darauf stellen die vorgenannten höchstrichterlichen Entscheidungen zur Lesbarkeit nicht maßgeblich ab. Ebenso wenig kommt es in diesem Zusammenhang auf das zwischenzeitlich geänderte Verbraucherleitbild (nunmehr nicht der flüchtige, sondern der verständige Durchschnittsverbraucher) an. Tatsächlicher Anknüpfungspunkt ist die Normalsichtigkeit, d.h. eine durchschnittlich normale Sehfähigkeit, also eine Sehfähigkeit mit einer gewissen Schwankungsbreite um 100 % herum. Der Bundesgerichtshof stellt dabei auf den breiten Leserkreis der Werbung und auf die Erfahrung ab, dass die Sehfähigkeit insbesondere älterer Menschen nicht selten durch unbemerkte und unkorrigierte, aber auch durch - namentlich im Alter - nicht voll durch Sehhilfen korrigierbare Abweichungen vom 100 %-Wert beeinträchtigt sein kann, ohne dass dadurch die Fähigkeit verloren geht, die in Publikumszeitschriften an sich übliche Schriftgröße noch lesen zu können (BGH, Urteil vom 13. Mai 1987 - I ZR 68/85, GRUR 1988, 68, Lesbarkeit I, bei juris Rn. 16; KG, a.a.O., bei juris Rz. 9).
f)
45 
Diese Bezugsgruppe ist auch für die vom Senat zu treffende Entscheidung maßgebend. Eine Beschränkung auf die Zielgruppe „Frauen zwischen 30 und 40“ kann – ungeachtet der Frage der Zulässigkeit dieses Einwandes im Berufungsverfahren – nicht durchgreifen. Die Werbung richtet sich an alle Verbraucher, weil unstreitig in einer Zeitschrift erschienen, die nicht nur von dieser Zielgruppe gelesen wird, sondern auch von älteren Menschen. Außerdem kommt es nicht auf die betriebsintern von der Beklagten ins Visier genommene Zielgruppe an, da die beworbene Ware nicht nur für diese Zielgruppe geeignet ist und da auch ein Erwerb durch ältere Menschen, beispielsweise als Geschenk, ernstlich in Betracht kommt.
g)
46 
Die Heranziehung des Regelwertes der 6-Punkt-Schrift erlaubt nach wie vor den besonderen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende Ergebnisse und vermeidet willkürliche Entscheidungen, in denen auf die zufällige jeweilige (mehr oder weniger große, mehr oder weniger korrigierbare oder korrigierte) Sehkraft der jeweils entscheidenden Mitglieder der Gerichte abgestellt wird. Der Bundesgerichtshof stellt auch in seiner neueren Rechtsprechung darauf ab, dass die Angaben zu den Fundstellen der Testergebnisse "leicht und eindeutig nachprüfbar" bzw. "deutlich" erkennbar sein müssen (BGH, a.a.O., Kamerakauf im Internet, TZ. 30, 32; KG, a.a.O., bei juris Rz. 11).
2.
47 
Diesen Vorgaben genügt die angegriffene Werbung, wie vom Landgericht unangegriffen festgestellt, nicht.
48 
Die Berufung räumt selbst ein, dass der Fundstellennachweis für Leser schwer zu entziffern sein könne. Sie meint jedoch zu unrecht, dem Verbraucher sei, wenn es ihn interessiere, der Aufwand zuzumuten, sich den Nachweis lesbar zu machen. Diese Argumentation führt offensichtlich an der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorbei.
3.
49 
Dadurch tritt auch eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung der geschützten Belange ein. Denn der Hinweis auf das Testergebnis zeigt schon für sich genommen, dass die Verfügungsbeklagte dieses für marktrelevant erachtet. Damit geht aber unlösbar einher, dass auch die Fundstellenangabe an dieser Relevanz teilnimmt. Der Hinweis, dass der Kunde, der auf weitere Informationen Wert lege, das Produkt nicht kaufen werde, wenn er die Fundstelle nicht entziffern könne, verfängt nicht. Er ist schon durch den Ansatzpunkt der höchstrichterliche Rechtsprechung zum Fundstellennachweis bei Testergebnissen verworfen.
4.
50 
Der Umstand, dass andere Unternehmen in gleicher oder vergleichbarer Weise unlauter werben, nimmt der angegriffenen Werbung nicht die Unlauterkeit. In Bezug auf die Anständigkeit des Verhaltens kommt es zumindest mitentscheidend auf den von einer Vorgabe verfolgten Schutzzweck an. Für den Verbraucher spielt es keine Rolle, ob auch andere Anbieter den Fundstellennachweis nicht wie geboten geben.
III.
51 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung ist per se vollstreckbar. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.
52 
Eine Revisionszulassung kommt nicht in Betracht (§ 542 Abs. 2 ZPO).

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.

(2) Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich

1.
sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht,
2.
nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist,
3.
im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt,
4.
den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt,
5.
die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft oder
6.
eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Jede Werbung für Arzneimittel muß folgende Angaben enthalten:

1.
den Namen oder die Firma und den Sitz des pharmazeutischen Unternehmers,
2.
die Bezeichnung des Arzneimittels,
3.
die Zusammensetzung des Arzneimittels gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchstabe d des Arzneimittelgesetzes,
4.
die Anwendungsgebiete,
5.
die Gegenanzeigen,
6.
die Nebenwirkungen,
7.
Warnhinweise, soweit sie für die Kennzeichnung der Behältnisse und äußeren Umhüllungen vorgeschrieben sind,
7a.
bei Arzneimitteln, die der Verschreibungspflicht nach § 48 des Arzneimittelgesetzes unterliegen, den Hinweis "Verschreibungspflichtig".
Eine Werbung für traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die nach dem Arzneimittelgesetz registriert sind, muss folgenden Hinweis enthalten: "Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Anwendung bei ...(spezifiziertes Anwendungsgebiet/spezifizierte Anwendungsgebiete) ausschließlich auf Grund langjähriger Anwendung".

(1a) Bei Arzneimitteln, die nur einen Wirkstoff enthalten, muß der Angabe nach Absatz 1 Nr. 2 die Bezeichnung dieses Bestandteils mit dem Hinweis: "Wirkstoff:" folgen; dies gilt nicht, wenn in der Angabe nach Absatz 1 Nr. 2 die Bezeichnung des Wirkstoffs enthalten ist.

(2) Die Angaben nach den Absätzen 1 und 1a müssen mit denjenigen übereinstimmen, die nach § 11 oder § 12 des Arzneimittelgesetzes für die Packungsbeilage vorgeschrieben sind. Können die in § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a und Nr. 5 des Arzneimittelgesetzes vorgeschriebenen Angaben nicht gemacht werden, so können sie entfallen.

(3) Bei einer Werbung außerhalb der Fachkreise ist der Text "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" gut lesbar und von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt und abgegrenzt anzugeben. Bei einer Werbung für Heilwässer tritt an die Stelle der Angabe "die Packungsbeilage" die Angabe "das Etikett". Die Angaben nach Absatz 1 Nr. 1, 3, 5 und 6 können entfallen. Satz 1 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, es sei denn, daß in der Packungsbeilage oder auf dem Behältnis Nebenwirkungen oder sonstige Risiken angegeben sind.

(4) Die nach Absatz 1 vorgeschriebenen Angaben müssen von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt, abgegrenzt und gut lesbar sein.

(5) Nach einer Werbung in audiovisuellen Medien ist der nach Absatz 3 Satz 1 oder 2 vorgeschriebene Text einzublenden, der im Fernsehen vor neutralem Hintergrund gut lesbar wiederzugeben und gleichzeitig zu sprechen ist, sofern nicht die Angabe dieses Textes nach Absatz 3 Satz 4 entfällt. Die Angaben nach Absatz 1 können entfallen.

(6) Die Absätze 1, 1a, 3 und 5 gelten nicht für eine Erinnerungswerbung. Eine Erinnerungswerbung liegt vor, wenn ausschließlich mit der Bezeichnung eines Arzneimittels oder zusätzlich mit dem Namen, der Firma, der Marke des pharmazeutischen Unternehmers oder dem Hinweis: "Wirkstoff:"geworben wird.

(1) Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.

(2) Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich

1.
sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht,
2.
nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist,
3.
im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt,
4.
den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt,
5.
die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft oder
6.
eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 143/04 Verkündet am:
4. Oktober 2007
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Versandkosten
Ein Unterlassungsantrag, der auf das Verbot gerichtet ist, Artikel des Sortiments
ohne den eindeutig zuzuordnenden und leicht erkennbaren Hinweis darauf zu bewerben
, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten
anfallen und ob die Preise einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger
Preisbestandteile gelten, ist grundsätzlich unbestimmt, weil er ohne konkrete Bezeichnung
einer zu verbietenden Verletzungsform lediglich auf die Tatbestandsmerkmale
des § 1 Abs. 6 PAngV Bezug nimmt.
Gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) wird bei Internetangeboten nicht bereits
dann verstoßen, wenn auf einer Internetseite neben der Abbildung einer Ware
nur deren Preis genannt wird und nicht schon auf derselben Internetseite darauf
hingewiesen wird, dass der Preis die Umsatzsteuer enthält und zusätzlich zu dem
Preis Liefer- und Versandkosten anfallen. Den Verbrauchern ist bekannt, dass im
Versandhandel neben dem Endpreis üblicherweise Liefer- und Versandkosten anfallen
; sie gehen auch als selbstverständlich davon aus, dass die angegebenen
Preise die Umsatzsteuer enthalten. Es kann deshalb genügen, wenn die durch § 1
Abs. 2 PAngV geforderten Angaben jedenfalls alsbald sowie leicht erkennbar und
gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Internetseite gemacht werden, die noch
vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss.
BGH, Urt. v. 4. Oktober 2007 - I ZR 143/04 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Prof. Dr. Büscher und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 12. August 2004 aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg , Zivilkammer 12, vom 4. November 2003 abgeändert, soweit die Beklagte nach dem Hauptteil des Klageantrags zu I (Unterlassungsantrag ohne Insbesondere-Teil) sowie nach den hierauf rückbezogenen Klageanträgen zu II (Schadensersatzfeststellung) und zu III (Auskunft) verurteilt worden ist. Über die bereits erfolgte Klageabweisung hinaus wird die Klage insoweit als unzulässig abgewiesen. Im weitergehenden Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, die einen Internetversandhandel betreibt, warb am 25. Mai 2003 im Rahmen ihres Internetauftritts u.a. für Computer und Geräte der Unterhal- tungselektronik. Neben einigen der beworbenen Artikel stand der Preis, ohne dass angegeben war, dass darin die Umsatzsteuer enthalten war, und ohne Hinweis darauf, ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfielen. Allgemeine Informationen dazu konnten unter den Menüpunkten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Service“ auf nachgeordneten Seiten abgerufen werden. Im Zuge des Bestellvorgangs wurden nach Auswahl eines Artikels die Preise der Waren, die anfallenden Versandkosten und der „Gesamtpreis inkl. MwSt“ im Einzelnen ausgewiesen.
2
Die Klägerin, die mit der Beklagten im Wettbewerb steht, ist der Ansicht, die Beklagte habe mit ihrer Internetwerbung gegen die Preisangabenverordnung verstoßen und dadurch zugleich wettbewerbswidrig gehandelt. Sie hat, soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, beantragt, I. der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Artikel des Sortiments unter Angabe von Preisen zu bewerben, soweit dies ohne den eindeutig zuzuordnenden und leicht erkennbaren Hinweis darauf geschieht, ob und ggf. in welcher Höhe zusätzlich Lieferund Versandkosten anfallen und/oder dass die Preise einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile gelten, insb. wie unter www.m. .de am 25. Mai 2003 geschehen; II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen , der dieser durch die unter Ziffer I benannten Verletzungshandlungen entstanden ist und noch entsteht; III. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Wettbewerbshandlungen gemäß Ziffer I begangen hat, aufgeschlüsselt nach dem Datum und der Anzahl der Zugriffe auf die jeweilige Internetseite.
3
Die Beklagte hat die Klageanträge als unbestimmt beanstandet. Die Klage sei auch unbegründet. Ihre allgemeinen Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Versandkosten seien ausreichend und könnten von der Startseite aus mit zwei Klicks unter den Menüpunkten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Service“ abgerufen werden. Der Internetnutzer erhalte die Einzelinformationen zudem rechtzeitig im Rahmen des Bestellvorgangs, den er jederzeit abbrechen könne.
4
Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme eines nicht mehr streitgegenständlichen Zinsantrags stattgegeben.
5
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen , dass sich die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Verurteilung zur Auskunftserteilung auf die Zeit ab dem 25. Mai 2003 bezieht (OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 27).
6
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge als hinreichend bestimmt angesehen. Die Klage sei auch begründet, weil die Beklagte mit der angegriffenen Werbung gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) verstoße und dadurch wettbewerbswidrig handele.
8
Die Beklagte habe die geforderten Angaben über die Umsatzsteuer und die Versandkosten entgegen den Vorschriften in § 1 Abs. 2 und 6 PAngV weder in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Werbung für den betreffenden Artikel gemacht noch habe sie den Internetnutzer eindeutig und leicht erkennbar zu diesen Angaben hingeführt. Es könne allenfalls vermutet werden, dass allgemeine Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Versandkosten unter den Rubriken „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Service“, auf die am oberen Bildschirmrand hingewiesen werde, zu finden seien. Die notwendigen Informationen würden zwar nach Einleitung des Bestellvorgangs gegeben; dies genüge aber nicht den Anforderungen der Preisangabenverordnung. Der Wettbewerbsverstoß der Beklagten sei auch nicht unerheblich.
9
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und teilweise, und zwar hinsichtlich des Insbesondere-Teils des Unterlassungsantrags sowie der darauf rückbezogenen Auskunfts- und Schadensersatzanträge , zur Zurückverweisung, im Übrigen zur Abweisung der Klage als unzulässig.
10
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind der Hauptteil des Unterlassungsantrags (ohne Insbesondere-Teil) und die anderen Klageanträge, soweit sie auf diesen Teil des Unterlassungsantrags rückbezogen sind, nicht hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Revision führt insoweit zur Abweisung der Klage als unzulässig.
11
a) Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag, auf den die anderen Klageanträge bezogen sind, unzutreffend ausgelegt. Die Auslegung der Anträge als Prozesserklärungen hat das Revisionsgericht in vollem Umfang zu überprüfen (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 128/98, GRUR 2001, 80 = WRP 2000, 1394 – ad-hoc-Meldung; Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 9/05, NJW-RR 2005, 1359, 1360 jeweils m.w.N.).
12
Der Unterlassungsantrag ist – abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts – in seinem Hauptteil nicht deshalb hinreichend auf eine bestimmte Verletzungsform zugeschnitten und zulässig verallgemeinert, weil mit seinem Insbesondere -Teil in Verbindung mit dem Vorbringen der Klägerin dazu eine konkrete Verletzungsform festgelegt wird. Nach dem klaren Wortlaut des Antrags bezeichnet sein Insbesondere-Teil lediglich einen Unterfall des Hauptteils, ohne diesen selbst hinsichtlich der Merkmale der zu verbietenden Verhaltensweise näher zu konkretisieren. Eine solche Konkretisierung lässt sich auch nicht dem Klagevorbringen der Klägerin entnehmen. Die Klägerin hat lediglich allgemein gefordert, die Beklagte müsse die Angaben gemäß § 1 Abs. 6 PAngV dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar machen.
13
b) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Satz 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber , was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 9.9.2004 – I ZR 93/02, GRUR 2005, 443, 445 = WRP 2005, 485 – Ansprechen in der Öffentlichkeit II; Urt. v. 4.5.2005 – I ZR 127/02, GRUR 2005, 692, 693 = WRP 2005, 1009 – „statt“-Preis). Aus diesem Grund sind in der Rechtsprechung wiederholt Unterlassungsanträge, die Formulierungen wie „eindeutig“ und „unübersehbar“ enthielten, für zu unbestimmt und damit als unzulässig erachtet worden (vgl. BGH GRUR 2005, 692, 693 f. – „statt“-Preis, m.w.N.).
14
c) Nach dem Hauptteil des Unterlassungsantrags der Klägerin soll der Beklagten untersagt werden, Artikel des Sortiments „ohne den eindeutig zuzuordnenden und leicht erkennbaren Hinweis“ darauf zu bewerben, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen und/oder dass die Preise einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile gelten. Zur Bestimmung der Art und Weise, in der die geforderten Hinweise gegeben werden sollen, nimmt der Unterlassungsantrag unmittelbar und – wie dargelegt – ohne irgendeine Konkretisierung auf die entsprechenden Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 6 PAngV Bezug. Damit genügt er nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
15
Den gesetzlichen Erfordernissen des § 1 Abs. 6 PAngV kann auf verschiedene Weise Rechnung getragen werden. Die notwendigen Hinweise können nicht nur jeweils unmittelbar neben den Preisen der einzelnen Waren stehen, sondern z.B. auch in einem hervorgehobenen Vermerk auf derselben Seite (einer sog. Sternchen-Fußnote) oder auch auf einer nachgeordneten Seite, auf die ein unzweideutiger Link verweist. In allen diesen Fällen kommt es maßgeblich auf die Ausgestaltung der Hinweise im Einzelnen an. Hinweise, die der Art nach an sich möglich wären, können im konkreten Fall unzureichend sein. Der hier gestellte Unterlassungsantrag bezieht sich somit auf eine unübersehbare Zahl unterschiedlicher Verletzungsformen (vgl. dazu auch BGH GRUR 2005, 692, 693 – „statt“Preis ). Der Insbesondere-Teil des Unterlassungsantrags, der sich auf die konkrete Verletzungshandlung bezieht, ändert daran nichts (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 18.2.1993 – I ZR 219/91, GRUR 1993, 565, 566 = WRP 1993, 478 – Faltenglätter ). Durch die unbestimmte Wendung „ohne den eindeutig zuzuordnenden und leicht erkennbaren Hinweis“ wird so der gesamte Streit, ob spätere angebliche Verletzungsformen unter das mit dem Hauptteil des Unterlassungsantrags begehrte Verbot fallen, in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Dies ist der Beklagten nicht zumutbar.
16
Die Revisionserwiderung beruft sich demgegenüber zu Unrecht auf die Senatsentscheidung „Orient-Teppichmuster“ (Urt. v. 20.10.1999 – I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 620 = WRP 2000, 517). Der Fall „Orient-Teppichmuster“ betraf ein Verbot, „mit der Abbildung von Teppichen im Orient-Teppich-Muster“ für Teppiche zu werben, „ohne unmissverständlich und deutlich hervorgehoben darauf hinzuweisen, dass es sich um Webteppiche handelt“ (BGH GRUR 2000, 619). In diesem Fall hatte es der Kläger bereits als irreführend beanstandet, dass bei der Werbung mit der Abbildung eines Teppichs mit Orient-Teppich-Muster kein aufklärender Hinweis darauf gegeben worden war, dass der Teppich nicht handgeknüpft war. Unter diesen Umständen enthielt der Nebensatz des Unterlassungsantrags mit seinen unbestimmten Begriffen keine Einschränkung des begehrten Verbots, sondern nur die (selbstverständliche) Klarstellung, dass die behauptete Irreführung durch hinreichend deutlich aufklärende Hinweise ausgeräumt werden könne. Im vorliegenden Fall begehrt die Klägerin jedoch einschränkungslos, der Beklagten zu verbieten, die durch § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben nicht in einer § 1 Abs. 6 PAngV entsprechenden Art und Weise zu machen.
17
2. Die Verurteilung der Beklagten nach dem Insbesondere-Teil des Unterlassungsantrags und den darauf rückbezogenen weiteren Anträgen hat ebenfalls keinen Bestand. Die Revision führt jedoch insoweit zur Zurückverweisung.
18
a) Auch hinsichtlich des Insbesondere-Teils genügt der von der Klägerin gestellte Antrag nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
19
Mit dem Insbesondere-Teil hat die Klägerin die konkrete Verletzungsform zum Gegenstand ihres Antrags gemacht („wie unter www.m. .de am 25. Mai 2003 geschehen“). Sie hat jedoch diese Verletzungsform weder im Klageantrag noch in der Klageschrift hinreichend umschrieben. Der Klageschrift ist lediglich zu entnehmen, dass sich die Angaben zu Versandkosten und Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 2 PAngV) nicht auf der als Anlage JS1 vorgelegten ersten sich öffnenden Seite befinden, auf der die angebotenen Produkte mit dem jeweiligen Preis beworben werden; außerdem wird in der Klageschrift die Ansicht vertreten, dass die Werbung der Beklagten den Anforderungen an die Hinweispflicht aus § 1 Abs. 6 PAngV nicht gerecht werde. In dieser auch noch im Berufungsverfahren gestellten Form ist der Klageantrag auch mit dem Insbesondere-Teil nicht hinreichend bestimmt.
20
b) Das Begehren, das die Klägerin mit dem Insbesondere-Teil ihres Antrags verfolgt, lässt sich nicht darauf reduzieren, dass es ihr ausschließlich um das Verbot gegangen wäre, im Internet mit Preisangaben zu werben, solange die Angaben zu Versandkosten und Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 2 PAngV nicht auf derselben Internetseite in unmittelbarer Nachbarschaft der Preisangaben zu finden sind.
21
Der Umstand, dass die Klägerin mit der Klage nur einzelne Seiten des beanstandeten Internetauftritts in Kopie vorgelegt und im Laufe des Verfahrens den Rechtsstandpunkt vertreten hat, die von § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben hinsichtlich der Umsatzsteuer sowie der Liefer- und Versandkosten müssten im Falle der Bildschirmwerbung ebenso wie die Preisangaben unmittelbar bei den Abbildungen und Beschreibungen der angebotenen Waren stehen, führt nicht zu einer entsprechenden Einschränkung des Klagebegehrens. Dass sich die Klägerin auf den ihr günstigen und vom Berufungsgericht bereits in einer früheren Entscheidung (OLG Hamburg, Beschl. v. 14.4.2003 – 5 W 43/03) geteilten Rechtsstandpunkt gestellt hat, im Falle der Bildschirmwerbung müssten die Angaben nach § 1 Abs. 2 PAngV ebenso wie die Preisangaben unmittelbar bei den Abbildungen und Beschreibungen der angebotenen Waren stehen, bedeutet vernünftigerweise keine gegenständliche Beschränkung ihres Begehrens. Wäre es der Klägerin ausschließlich um ein Verbot der Internetwerbung gegangen, das immer dann eingreift , wenn die von § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben nicht bereits auf der ersten Angebotsseite unmittelbar bei der Abbildung oder Beschreibung der angebotenen Ware gemacht werden, hätte es nahegelegen, dies auch im Hauptantrag zum Ausdruck zu bringen. Unabhängig davon deutet ein Insbesondere-Antrag stets darauf hin, dass der Kläger eine Verurteilung auch für den Fall anstrebt, dass er sich mit seiner weitergehenden Rechtsansicht nicht wird durchsetzen können. Ein solcher Antrag dient zum einen der Erläuterung des in erster Linie beantragten abstrakten Verbots. Zum anderen kann der Kläger auf diese Weise deutlich ma- chen, dass er – falls er mit seiner weitergehenden Rechtsansicht nicht durchdringt – jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens begehrt (vgl. BGH, Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 511 – Kaufpreis je nur 1 DM; Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 107/97, WRP 1999, 512, 515 – Aktivierungskosten I; Urt. v. 16.11.2000 – I ZR 186/98, GRUR 2001, 446, 447 = WRP 2001, 392 – 1-Pfennig-Farbbild; BGHZ 152, 268, 275 – Dresdner Christstollen).
22
c) Gleichwohl kommt im derzeitigen Stand des Verfahrens eine Abweisung der Klage als unzulässig auch hinsichtlich des Insbesondere-Teils des Unterlassungsantrags mit den darauf rückbezogenen Auskunfts- und Schadensersatzansprüchen nicht in Betracht. In den Vorinstanzen ist von der Beklagten zwar die Unbestimmtheit des Hauptantrags gerügt worden. Der Insbesondere-Teil des Antrags ist jedoch in diesem Zusammenhang nicht angesprochen worden. Hinzu kommt, dass schon in erster Instanz aufgrund des Parteivorbringens unstreitig war, wie der Internetauftritt der Beklagten hinsichtlich der Angaben zu den Versandkosten und zur Umsatzsteuer zur fraglichen Zeit („wie unter www.m. .de am 25. Mai 2003 geschehen“) gestaltet war. Danach stand fest – und so lässt es sich auch dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils entnehmen –, dass in dem Internetauftritt der Beklagten Angaben zu Liefer- und Versandkosten sowie dazu, dass die angegebenen Preise die Umsatzsteuer enthielten, weder auf der ersten sich öffnenden Seite mit der Abbildung und Beschreibung der beworbenen Produkte noch auf einer anderen Seite mit näheren Angaben zu den jeweiligen Produkten zu finden waren, sondern nur unter den Menüpunkten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Service“ sowie nach Einleitung des Bestellvorgangs, also nach Auswahl der Waren durch den Internetnutzer. Wollte ein Internetnutzer sich vor Einleitung des Bestellvorgangs über die nach § 1 Abs. 2 PAngV zu machenden Angaben informieren, musste er – ohne Hinweis, dass dort die fraglichen Angaben zu finden seien – die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die Angaben unter „Service“ von sich aus durchsuchen.
23
Unter diesen Umständen hätte das Berufungsgericht nach § 139 Abs. 1 ZPO auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinwirken und insbesondere klären müssen , ob sich der Insbesondere-Teil des Klageantrags auf die lückenhafte Darstellung in der Klageschrift oder darauf beziehen sollte, wie sich die konkrete Verletzungsform inzwischen aufgrund des unstreitigen Parteivorbringens und der vom Landgericht getroffenen Feststellungen darstellte. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Anspruch der Parteien auf ein faires Gerichtsverfahren gebieten es in einem solchen Fall, von einer Abweisung der Klage als unzulässig abzusehen und dem Kläger im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit zu geben , den aufgetretenen Bedenken durch eine angepasste Antragsfassung zu begegnen (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.1997 – I ZR 69/95, GRUR 1998, 489, 492 = WRP 1998, 42 – Unbestimmter Unterlassungsantrag III, m.w.N.; Urt. v. 24.11.1999 – I ZR 189/97, GRUR 2000, 438, 441 = WRP 2000, 389 – Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge).
24
III. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird Folgendes zu beachten sein:
25
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus §§ 8 und 9 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG begründen kann. Die Vorschriften der Preisangabenverordnung sind dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zweck der Preisangabenverordnung ist es, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern (vgl. noch zum UWG a.F. BGHZ 155, 301, 305 – Telefonischer Auskunftsdienst, m.w.N.).
26
2. Die Beklagte, die Verbrauchern im Rahmen ihres Internetauftritts Waren zum Abschluss eines Fernabsatzvertrags im Sinne des § 312b BGB anbietet, ist bei einer Werbung unter Angabe von Preisen verpflichtet, zusätzlich zur Angabe der Endpreise i.S. des § 1 Abs. 1 PAngV die in § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben zu machen. Sie hat deshalb anzugeben, dass die geforderten Preise die Umsatzsteuer enthalten (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PAngV) und ob zusätzlich Lieferund Versandkosten anfallen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PAngV).
27
Entgegen der Ansicht der Revision ist § 1 Abs. 2 PAngV auch nicht mangels einer Ermächtigungsgrundlage unwirksam (Art. 80 Abs. 1 GG). Die Vorschrift beruht auf § 1 des Preisangaben- und Preisklauselgesetzes. Der in dieser Bestimmung verwendete Begriff „Preis“ umfasst nicht nur Preisbestandteile wie die Umsatzsteuer , sondern auch anfallende Liefer- und Versandkosten. Dieses Verständnis liegt (stillschweigend) auch der Änderung der Preisangabenverordnung durch § 20 Abs. 9 Nr. 1 lit. b des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) zugrunde, durch die § 1 Abs. 2 PAngV in seinen Sätzen 2 und 3 mit dem Rang eines einfachen Bundesgesetzes neu gefasst worden ist (vgl. dazu auch § 21 UWG).
28
3. Die Art und Weise, in der die Hinweise gemäß § 1 Abs. 2 PAngV zu geben sind, richtet sich nach § 1 Abs. 6 PAngV. Wer Angaben nach der Preisangabenverordnung zu machen hat, ist gemäß § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV verpflichtet, diese dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen. Diese Voraussetzungen sind bei dem beanstandeten Internetauftritt der Beklagten, wie er dem unstreitigen Parteivorbringen entspricht und wie er vom Landgericht festgestellt worden ist, nicht erfüllt.
29
a) Ein unmittelbarer räumlicher Bezug der Hinweise zu den Abbildungen der Waren oder ihren Beschreibungen wird durch § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV nicht zwingend gefordert. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich dies auch nicht aus § 4 Abs. 4 PAngV. Nach dieser Vorschrift sind Waren, die auf Bildschirmen angeboten werden, dadurch auszuzeichnen, dass die Preise unmittelbar bei den Abbildungen oder Beschreibungen der Waren angegeben werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 4 Abs. 4 PAngV scheidet bereits deshalb aus, weil die nach § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben zusätzlich zu den Preisen zu machen sind und sich § 4 Abs. 4 PAngV nur auf die Art und Weise der Angaben von Preisen bezieht (vgl. LG Hamburg MMR 2006, 420; Köhler in Hefermehl/Köhler /Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 PAngV Rdn. 1; Rohnke, GRUR 2007, 381, 382). Eine entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 4 PAngV kommt nicht in Betracht, weil die Regelung des § 1 Abs. 2 PAngV nicht lückenhaft ist.
30
b) Danach kann die Bestimmung des § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV, wonach die nach § 1 Abs. 2 PAngV zu machenden Angaben dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sind, im Einzelfall auf unterschiedliche Weise erfüllt werden (vgl. Landmann/Rohmer/Gelberg, Gewerbeordnung und ergänzende Vorschriften, Bd. II, § 1 Abs. 6 PAngV Rdn. 5). In jedem Fall müssen die Angaben allerdings der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechen (§ 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV). Wenn wie hier Waren des täglichen Gebrauchs beworben und angeboten werden, ist dabei maßgeblich auf den durchschnittlichen Nutzer des Internets abzustellen (vgl. zu § 312c BGB BGH, Urt. v. 20.7.2006 – I ZR 228/03, GRUR 2007, 159 Tz. 21 = WRP 2006, 1507 – Anbieterkennzeichnung im Internet). Dieser ist mit den Besonderheiten des Internets vertraut; er weiß, dass Informationen zu angebotenen Wa- ren auf mehrere Seiten verteilt sein können, die untereinander durch elektronische Verweise („Links“) verbunden sind.
31
c) Den Verbrauchern ist allgemein bekannt, dass im Versandhandel neben dem Endpreis üblicherweise Liefer- und Versandkosten anfallen (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.1996 – I ZR 162/94, GRUR 1997, 479, 480 = WRP 1997, 431 – Münzangebot ; Urt. v. 5.10.2005 – VIII ZR 382/04, NJW 2006, 211 Tz. 15). Die Trennung von Warenpreis und Versandkosten beruht darauf, dass beim Vertrieb im Wege des Versandhandels regelmäßig Preisaufschläge für Versandkosten anfallen, die zumeist eine variable, mit wachsendem Umfang der Bestellung (bezogen auf das einzelne Stück) abnehmende Belastung darstellen. Dem Verkehr ist geläufig, dass die Versandkosten als Drittkosten neben dem Warenpreis gesondert und nicht auf die Ware, sondern auf die Sendung erhoben werden. Die Versandkosten sind danach nicht schon deshalb in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Warenpreis auszuweisen, weil sie als Teil des Gesamt- oder Endpreises anzusehen wären (vgl. BGH NJW 2006, 211 Tz. 15). Da der durchschnittliche Käufer im Versandhandel mit zusätzlichen Liefer- und Versandkosten rechnet, genügt es, wenn die fraglichen Informationen alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gegeben werden, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss (vgl. zu § 312c BGB BGH NJW 2006, 211 Tz. 16; a.A. MünchKomm.UWG/Ernst, UWG Anh. §§ 1-7 G § 1 PAngV Rdn. 37).
32
d) Diese Anforderungen erfüllt der Internetauftritt der Beklagten im Hinblick auf die Angabe von Versand- und Lieferkosten nicht. Informationen in anderen, über Links erreichbaren Rubriken, wie sie hier unter den Menüpunkten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ oder „Service“ gegeben worden sind, genügen nicht. Ein Kaufinteressent wird erfahrungsgemäß nur Seiten aufrufen, die er zur Information über die Ware benötigt oder zu denen er durch einfache Links oder durch klare und unmissverständliche Hinweise auf dem Weg zum Vertragsschluss geführt wird (vgl. BGH, Urt. v. 3.4.2003 – I ZR 222/00, GRUR 2003, 889, 890 = WRP 2003, 1222 – Internet-Reservierungssystem). Erhält er auf diese Weise die Angaben , die er für erforderlich hält, hat er keinen Anlass, auf weiteren Seiten nach zusätzlichen Informationen zu suchen (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2004 – I ZR 222/02, GRUR 2005, 438, 441 = WRP 2005, 480 – Epson-Tinte).
33
Die Angaben nach der Preisangabenverordnung benötigt der Verbraucher nicht erst im Zuge der Bestellung, sondern bereits, wenn er sich mit dem Angebot näher befasst. Daher müssen sie dem Angebot oder der Werbung eindeutig zugeordnet sein (§ 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV). Werden die erforderlichen Informationen dem Verbraucher erst gegeben, wenn er sich bereits zum Erwerb entschlossen und deswegen den Bestellvorgang durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb eingeleitet hat, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 PAngV nicht erfüllt.
34
e) Für die durch § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PAngV geforderte Angabe, dass die Preise die Umsatzsteuer enthalten, gilt nichts anderes. Für die angesprochenen Verbraucher stellt es allerdings eine Selbstverständlichkeit dar, dass die angegebenen Preise die Umsatzsteuer enthalten (vgl. dazu auch Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rdn. 7.109 f.; MünchKomm.UWG/Ernst aaO § 1 PAngV Rdn. 34; Rohnke, GRUR 2007, 381, 382). Deshalb genügt es, darauf leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer nachgeordneten Seite hinzuweisen (a.A. MünchKomm.UWG/Ernst aaO § 1 PAngV Rdn. 35). Auch hier darf der Hinweis jedoch nicht erst nach Einleitung des Bestellvorgangs gegeben werden. RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Bornkamm ist in Urlaub und kann deswegen Pokrant nicht unterschreiben. Bornkamm Büscher Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.11.2003 - 312 O 484/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.08.2004 - 5 U 187/03 -

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 19. Mai 2010 (Az.: 4 O 281/09), ergänzt durch Beschluss vom 06.08.2010, wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

II: Auf die Berufung des Klägers wird das unter Ziffer I. bezeichnete Urteil des Landgerichts Ulm

a b g e ä n d e r t.

Die Beklagte wird über den Ausspruch des Landgerichts Ulm hinaus verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem jeweiligen Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

1. zur pharmazeutischen Beratung eine Telefon-Hotline zur Verfügung zu stellen, die nur gegen Gebühr in Anspruch genommen werden kann;

und/oder

2. in Deutschland ohne die erforderliche Apothekenbetriebserlaubnis einen Apothekenbetrieb auch nur teilweise zu unterhalten;

III. Die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts München entstandenen Mehrkosten trägt die Klägerin.

Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen der Kläger 1/6 und die Beklagte 5/6.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Für den Kläger in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100,000,- EUR aus dem Tenor Ziffer I.1 des landgerichtlichen Urteils, 100.000,- EUR aus dem Tenor Ziffer I.1.1. des landgerichtlichen Urteils, 50.000,- EUR aus dem Tenor Ziffer I.2 b des landgerichtlichen Urteils sowie in Höhe von 50.000,- EUR aus dem Tenor Ziffer II.1. des vorliegenden Urteils und 200.000,- EUR aus dem Tenor Ziffer II.2. des vorliegenden Urteils.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen sich aus dem Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Vollstreckende vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages leistet.

V. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Streitwert: Für den ersten Rechtszug 605.000,- EUR, für das Berufungsverfahren 500.000,- EUR.

Gründe

 
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung aus Wettbewerbsrecht in Anspruch.
Wegen des Sachverhalts nimmt der Senat Bezug auf das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 19.05.2010 nebst dem Ergänzungsbeschluss vom 06. August 2010 (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Das Landgericht hat der Klage unter Klageabweisung im Übrigen teilweise stattgegeben. Hierzu hat es ausgeführt:
Der auf Unterlassung von Werbung ohne deutlichen Hinweis darauf, dass es sich um Angebote der Beklagten als niederländische Versandapotheke handelt (§§ 3, 5, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG), gerichtete Antrag sei unzulässig, da zu unbestimmt. Eine Auslegung der Klagebegründung, namentlich anhand der Anlagen K 1 und K 2, beseitige diesen Mangel nicht.
Allerdings sei der Hilfsantrag zulässig und nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UWG a.F. oder jedenfalls nach §§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 5 a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 UWG begründet. Weil die Beklagte nicht darauf hingewiesen habe, dass sie eine niederländische Versandapotheke mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit sei und weil die Werbung in eine Werbedruckschrift der Firma A integriert gewesen sei, sei beim Verbraucher der unzutreffende Eindruck entstanden, die beworbenen Arzneimittel seien Angebote der Fa. A. Die Beklagte könne sich insoweit nicht mit Erfolg darauf berufen, sie praktiziere die Werbung in der aus den Anlagen K1 und K 2 ersichtlichen Form nicht mehr. Denn sie bestehe darauf, dass diese Werbung zulässig gewesen sei, so dass ohne entsprechende Verurteilung davon ausgegangen werden müsse, dass sie diese jederzeit wiederholen würde.
Mit der Verwendung des Bestell- und Abholscheines K 13 (GA 80) handele die Beklagte unlauter nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 5 a Abs. 3 Nr. 2 UWG. Der am untersten Rand des Bestell- und Abholscheins befindliche Hinweis auf den Sitz der Gesellschaft in den Niederlanden reiche nicht aus, den verständigen Verbraucher aufzuklären, der sich der Anzeige mit situationsadäquater Aufmerksamkeit zuwende. Eine Trennung der Betrachtung zwischen Werbung einerseits, sowie Bestell- und Abholschein andererseits sei nicht möglich.
Ein Anspruch darauf, dass die Beklagte es unterlasse, eine Telefon-Hotline nur gegen Gebühr anzubieten, bestehe nicht. Denn die Pflichten für Versandapotheken seien hinsichtlich der Beratung gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 1a letzter Satzteil AMG in Verbindung mit § 17 Abs. 2a ApBetrO (speziell die Hinweis-/Informationspflicht in Nr. 7) eingehend und abschließend geregelt; Unentgeltlichkeit sei nicht vorgeschrieben. Es bestehe lediglich eine Hinweispflicht darauf, dass der Kunde, sofern er dies wünsche, eine Beratung im Wege der Telekommunikation erhalte.
Die weitere Regelung in § 73 Abs. 1 Nr. la AMG betreffe den Standort und die Zulassung der Versandapotheke. Dagegen regele § 20 ApBetrO die Pflicht für Präsenzapotheken, in den dort genannten Fällen von sich aus zu beraten. Eine entsprechende Regelung bestehe für Versandapotheken jedoch nicht. Unabhängig davon enthalte auch § 20 ApBetrO keine Regelung zu Entgeltlichkeit.
Die Klausel zur Aufzeichnung von Telefongesprächen sei unzulässig.
10 
Der gegen die AGB-Klausel zum anwendbaren Recht/Gerichtsstand erhobene Anspruch aus §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG, 305 c, 307 BGB bestehe (Senatsurteil vom 10.12.2009 - 2 U 66/09 - K 25). Die Anlagen K 1 und K 2 enthielten keinen ausreichend deutlichen Hinweis darauf, dass es sich bei der Beklagten um eine niederländische Versandapotheke handele. In einem solchen Fall sei die Rechtswahlvorgabe in AGB unwirksam nach § 305 c BGB.
11 
Auch in Kenntnis, dass es sich bei ihr um eine niederländische Versandapotheke handele, werde der ausreichend aufmerksame Kunde zwar nicht im Sinne des § 305 c BGB überrascht und überrumpelt, wenn im Wege AGB die Anwendung niederländischen Rechts vereinbart werde. Allerdings beharre die Beklagte ausdrücklich auf ihrem Standpunkt, nicht zu Hinweisen auf ihre Herkunft verpflichtet zu sein. Daher behalte sich die Beklagte vor, jederzeit auch ohne ausreichende derartige Hinweise am Markt aufzutreten, so dass im Nachhinein nicht feststellbar sei, welcher Adressat aufgrund welcher Veröffentlichung als Kunde angesprochen worden sei. Die Möglichkeit unterschiedlichen Auftretens der Beklagten reiche aus, die betreffende Regelung, die für jeden Werbeauftritt unverändert in Bezug genommen werde, als Verstoß gegen § 305c BGB zu würdigen.
12 
Auf die Frage einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB komme es daher nicht an. Für deren Annahme sprächen aber gewichtige Argumente (was das Landgericht näher darlegt, unter anderem mit dem Hinweis, die Beklagte wende sich nur an Verbraucher in Deutschland, so dass sie kein Interesse an einer europaweit einheitlichen Regelung habe).
13 
Der Klagantrag I.4. sei, ebenso wie die Hilfsanträge zu I.4.a und b, nicht unbestimmt, jedoch seien sämtliche Anträge unbegründet. Unstreitig verkaufe und versende die Beklagte als niederländische Versandapotheke Arzneimittel an deutsche Verbraucher in grundsätzlich zulässiger Weise. Eine niederländische Versandapotheke bedürfe grundsätzlich keiner deutschen Apothekenbetriebserlaubnis (BGH, GRUR 2008, 275, BVerwG, NVWZ 2008, 1239 ff., OLG Frankfurt, GRUR-RR 2007, 402 ff. - B 17), unabhängig vom Betrieb einer selbstständigen gewerblichen Niederlassung in Deutschland und der dortigen Geschäftsaktivitäten, wie Verhandlungen mit Vertragspartnern. Es handele sich hierbei um eine interne Organisationsmaßnahme, die im Falle niederländischer Versandapotheken nicht über nationales Arzneimittelrecht geregelt sei. Ob insoweit eine Gewerbeanmeldung erforderlich sei, sei nicht streitgegenständlich.
14 
Soweit die Klägerin mit Nichtwissen bestreite, dass die Beklagte Inhaberin einer niederländischen Apothekenbetriebserlaubnis sei, sei dies unbeachtlich. Da die Beklagte vom DIMDI zertifiziert und ins Versandapothekenregister eingetragen sei, liege auch eine erforderliche Apothekenbetriebserlaubnis vor (B 14, GA 286, B 19, GA 319).
15 
Auch die Form der pharmazeutischen Beratung unter Einschaltung von Drittfirmen, die Mitarbeiter in Deutschland beschäftigten, sowie für die Rezeptverarbeitung und die Organisation der Arzneimittelretouren zögen nicht die Erforderlichkeit einer deutschen „Teilapothekenbetriebserlaubnis" nach sich (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - Az. 3 C 27/07, NVwZ 2008, 1239 ff., bei juris Rz. 34). Diese Regelung gehe von der räumlichen Bindung der Arzneimittelabgabe an die Apotheke aus. Eine solche fehle aber beim Versandhandel. Diese Erwägungen gälten auch hinsichtlich der Organisation der pharmazeutischen Beratung durch die Beklagte, der Rezeptverarbeitung und der Arzneimittelretouren. Der Versandhandel unterscheide sich in dieser Hinsicht grundlegend vom System der Präsenzapotheke, das wiederum den nationalen Regelungen zugrunde liege.
16 
Im Übrigen kennten die nationalen Bestimmungen den Begriff der „Teilapothekenbetriebserlaubnis" oder des „Teilapothekenbetriebs" nicht. Bei den unter dem Antrag I.4. mit seinen Hilfsanträgen erfassten Tätigkeiten der Beklagten handele es sich um logistische Teilbereiche eines Versandapothekenbetriebs, für die eine Apothekenbetriebserlaubnis nicht erforderlich sei.
17 
Eine ausreichende behördliche Aufsicht dieser Tätigkeiten müsse der Gesetzgeber im Bedarfsfalle regeln. Die Übertragung der bestehenden Regelungen auf Versandapotheken sei, soweit sie Präsenzapotheken im Blick hätten, nicht möglich.
18 
Der auf §§ 5 UKlaG, 12 Abs. 2 UWG, 291, 288 BGB gestützte Kostenerstattungsanspruch bestehe, da die Abmahnung jedenfalls hinsichtlich einzelner beanstandeter Verstöße begründet sei (BGH, GRUR 2000, 337 f., m.w.N.).
19 
Beide Parteien haben gegen dieses Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel prozessordnungsgemäß begründet.
20 
Der Kläger bringt vor:
21 
Die Beratung werde unentgeltlich geschuldet. § 73 Abs. 1 Nr. 1 a letzter Satzteil AMG i.V.m. § 17 Abs. 2a ApBetrO seien nicht abschließend. Das LGU selbst erwähne in einer Überschrift § 11 a Nr. 2d ApoG, in dem speziell für den Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln vorgeschrieben sei, dass eine Beratung durch pharmazeutisches Personal (in deutscher Sprache) zu erfolgen habe. Nach § 21 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 a ApoG stelle die Apothekenbetriebsordnung überdies nur die die Regelung des § 11 a ApoG näher konkretisierende Rechtsverordnung auf der Grundlage des ApoG dar und sei daher im Lichte der insoweit auch vorrangigen Gesetzesvorgabe des § 11 a ApoG zu sehen. Die Beratungspflicht des Apothekers auch im Versandbereich sei in § 11 a ApoG bereits explizit normiert. Ohne Beratungspflicht sei diese Vorschrift sinnlos. Der Unterschied bestehe bzgl. der Beratung lediglich darin, dass der Gesetzgeber die Inanspruchnahme der Beratung in die freie Entscheidung des bei einer Versandapotheke bestellenden Patienten gestellt habe.
22 
§ 17 Abs. 2a Ziffer 7 ApBetrO statuiere unter Bezug auf § 11 a des ApoG, dass beim erlaubten Versand der Apothekenleiter unter anderem sicherzustellen habe, dass die behandelte Person darauf hingewiesen werde, dass ihr die Beratung durch pharmazeutisches Personal „auch" mittels Einrichtungen der Telekommunikation zur Verfügung stehe. Nach § 11 a ApoG werde die Erlaubnis zum Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel nur dem Inhaber einer Erlaubnis nach § 1 Abs. 2 ApoG erteilt, der wegen der zumindest für deutsche Apotheken erforderlichen Präsenzapotheke sowieso zur unmittelbaren Beratung vor Ort verpflichtet sei (dasselbe gelte für eine niederländische Versandapotheke).
23 
§ 17 Abs. 2a Ziffer 7 ApoBetrO sei lediglich eine zusätzliche Regelung.
24 
Wie erstinstanzlich umfangreich ausgeführt, gehöre zu diesen Vorgaben auch die Unentgeltlichkeit der Beratung. Mit einer Gegenleistung würde der Apotheker letztlich eine Vielzahl der Patienten von der Inanspruchnahme der gesetzlich vorgeschriebenen Beratungsleistung abhalten. Die bezweckte Aufklärung der Verbraucher bezüglich des Umgangs mit dem Arzneimittel und seiner Risiken und Nebenwirkungen wäre also verfehlt.
25 
Ergänzend trägt der Kläger vor: Die Beratung sei Bestandteil der Mischkalkulation. Zusatzhonorare des Apothekers seien nur in Ausnahmefällen zugelassen (Notdienstgebühr nach § 6 ArznPrVO; Zusatzgebühr für Betäubungsmittel nach § 7 ArznPrVO). Im Umkehrschluss könne für andere Pflicht-Dienstleistungen in Zusammenhang mit der Abgabe von Arzneimitteln gerade keine Zusatzgebühr verlangt werden, also auch nicht für eine (telefonische) Beratung (vgl. auch §§ 6, 7 ArznPrVO).
26 
Eine deutsche Apothekenbetriebserlaubnis benötige die Beklagte. Hierzu habe das Landgericht unstreitigen Vortrag unberücksichtigt gelassen und sei auch so zu einer unzutreffenden Entscheidung gelangt.
27 
Infolge zum Teil eigenen Vortrags der Beklagten sei es unstreitig, dass sie jedenfalls die nachfolgend aufgeführten Aktivitäten in Deutschland ausübe bzw. bis vor Kurzem noch ausgeübt habe:
28 
Betreuung der für Deutschland „maßgeblichen" Aktivitäten über eine gewerbliche Niederlassung im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 UWG unter Zuhilfenahme der „Ressourcen" der Firma Anton A (Schriftsatz der Beklagten vom 19.06.2009, S. 5), schriftliche Bestellannahme inklusive Rezepten (Schriftsatz der Beklagten vom 16.11.2009, S. 7), zentrale Sammlung retournierter Arzneimittel (Schriftsatz der Beklagten vom 16.11.2009, S. 7), „Servicetätigkeiten" wie Reklamationsverarbeitungen, logistische Klärungen (Schriftsatz der Beklagten vom 16.11.2009, S. 7), pharmazeutische Beratung durch nach deutschen Vorschriften qualifiziertes pharmazeutisches Personal unter fachlicher Weisungsbefugnis allein der Beklagten (z. B. Schriftsatz der Beklagten vom 16.11.2009, S. 8).
29 
Dies erfordere an dem jeweiligen Ort eine auf den Erwerb gerichtete selbstständige, auf Dauer angelegte wirtschaftliche Tätigkeit; eine Niederlassung, wie sie die Beklagte in ihrer Zuständigkeitsrüge unter Hinweis auf § 14 UWG behauptet habe. Die Beklagte habe insbesondere mit ihrem Hinweis auf die selbstständige gewerbliche Niederlassung in Deutschland erreicht, dass der Rechtsstreit vom LG München I an das LG Ulm verwiesen worden sei. Einerseits habe sie sich also selbst darauf berufen, für eine Apotheke typisch - nämlich über eine selbstständig agierende gewerbliche Niederlassung - in Deutschland aufzutreten. Andererseits wolle sie sich von diesem Vortrag im anschließenden Verfahren wieder distanzieren. Auf den Ort der Niederlassung komme es nicht an.
30 
Wer parallel zum Arzneimittelvertrieb in Deutschland auch pharmazeutisch berate bzw. beraten lasse, unterscheide sich im Hinblick auf den Zweck der Erlaubnispflichtigkeit nach § 1 Abs. 2 ApoG nicht von allein in Deutschland agierenden Apotheken.
31 
Das Landgericht habe auch den Begriff der pharmazeutischen Beratung rechtsfehlerhaft gedeutet. Die Ausführungen in dem Urteil des BVerwG (K 9) zu § 24 ApBetrO beträfen alleine die Zulässigkeit sogenannter Rezeptsammelstellen (vgl. dort Tz. 32 ff.).
32 
§ 11a Nr. 2d ApoG sehe eine Regelung zur pharmazeutischen Beratung ausdrücklich für den Versandhandel vor. Entsprechendes gelte in Bezug auf § 17 Abs. 2a Nr. 7 ApBetrO. Aber auch die Rezeptverarbeitung nach § 17 Abs. 5 und Abs. 6 ApBetrO gehe nicht von einer räumlichen Bindung der Arzneimittelabgabe an die Apotheke aus. Im Ergebnis sei die vom BVerwG zu § 24 ApBetrO vertretene Ansicht ohne Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit.
33 
Das Landgericht begründe nicht ausreichend einen Unterschied zwischen Versandhandel und Präsenzapotheke. Das Landgericht verkenne hier insbesondere, dass die Beklagte die pharmazeutische Beratung, Rezeptverarbeitung und Annahme von Arzneimittelretouren in Deutschland vornehme bzw. vornehmen lasse, worum der Rechtsstreit gehe. Damit unterscheide sich die Beklagte auch nach der Rechtsprechung des BVerwG nicht „grundlegend" von der deutschen Präsenzapotheke. Dies werde vom BVerwG (Urteil vom 24. Juni 2010 – 3 C 30.09 [= K 30], Tz. 23 ff.) bestätigt, demzufolge die Übertragung von Dienstleistungen rund um die Arzneimittelabgabe inklusive der Beratungsdienstleistung im Zusammenhang mit einem Arzneimittelausgabeautomaten gegen die Pflicht zur persönlichen Leitung der Apotheke in § 7 ApoG verstoße. Das BVerwG stelle auch klar, dass die Übertragung solcher Dienstleistungen auf Dritte selbst dann nicht zulässig sei, wenn diese Dritten vertraglich einer unbeschränkten Weisungsbefugnis des Apothekenleiters unterlägen.
34 
Insbesondere die nach der Apothekenbetriebsordnung vorgeschriebene Raumeinheit einer Apotheke schließe den bloßen Teilbetrieb einer Apotheke in Deutschland ohne die erforderliche Genehmigung aus. Anderenfalls würden sich nicht zu beantwortende Abgrenzungsfragen stellen. Wäre der Hinweis des Landgerichts auf das Fehlen einer Teilbetriebserlaubnis richtig, so könnte sich jedermann, der von Deutschland aus und in Deutschland Arzneimittel „lediglich" vertreibe, jedoch eine pharmazeutische Beratung ablehne oder nur vom Ausland aus leiste, darauf berufen, er bedürfe keiner Apothekenbetriebserlaubnis nach § 1 Abs. 2 ApoG, da nur ein „Teilbetrieb" einer Apotheke in Deutschland unterhalten werde. Ein solches Ergebnis wäre abwegig.
35 
Nur bei Genehmigungspflichtigkeit nach § 1 Abs. 2 ApoG sei eine ausreichende behördliche Aufsicht und das gesetzgeberische Ziel eines effektiven Verbraucherschutzes gewährleistet, das auch bei Einführung der Zulässigkeit des Versandhandels von Arzneimitteln im Mittelpunkt der gesetzgeberischen Überlegungen gestanden habe (vgl. B 16 und K 31 [BT-Drs. S. 75: „Unter Wahrung eines Höchstmaßes an Verbraucherschutz und Arzneimittelsicherheit wird der Versandhandel mit Arzneimitteln zugelassen"]). Ein „Höchstmaß an Verbraucherschutz und Arzneimittelsicherheit" sei nicht gewährleistet, wenn eine niederländische Versandapotheke sich nicht darauf beschränke, von den Niederlanden aus Arzneimittel zu versenden, sondern in Deutschland auch pharmazeutisch - also u.a. zu Risiken und Nebenwirkungen der Arzneimittel - berate und die Rezeptverarbeitung vornehme, ohne dass sichergestellt sei, dass dies behördlich beaufsichtigt werde (vgl. auch Senatsurteil vom 10.12.2009, S. 24; BVerwG, Urteil wie K 31, Tz. 29).
36 
Die Klage ziele nicht darauf ab, dass die Beklagte alle Telekommunikationskosten ihrer Kunden zu tragen habe. Alleiniger Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung sei die wirtschaftliche Belastung desjenigen, der eine telefonische pharmazeutische Beratung bei der Beklagten suche. Der auf einmal in den Mittelpunkt der Ausführungen der Beklagten gestellte Einwand, ihre Kunden zahlten die 14 Cent pro Minute nicht „für" die Beratung, sondern als Entgelt für die Nutzung von Telekommunikationsmitteln, gehe ins Leere.
37 
Dass die Beklagte eine Nummer „schalten" müsse, bei der alle Kosten beim Angerufenen, also bei ihr anfielen, bestreitet der Kläger ebenso wie die Behauptung eines Wettbewerbsnachteils der Beklagten gegenüber Präsenzapotheken. Dieser Vortrag sei unentschuldigt verspätet. Wettbewerbsnachteile Einzelner, die durch die Beachtung von Gesetzesrecht im Einzelfall entstehen könnten, nehme das UWG grundsätzlich in Kauf. Sie seien systemimmanent. Erkennbar wolle sich die Beklagte also nur die Vorteile des Versandgeschäftes zu Eigen machen, sich aber der Pflichten, die damit auch zusammenhingen, entledigen.
38 
Ausdrücklich und unter Hinweis auf die 0800-Nummern mit Nichtwissen bestritten werde der unentschuldigt neue und damit erneut unbeachtliche Vortrag der Beklagten, es bestünde eine weltweite Übung in der Telekommunikationsbranche, dass der Anrufer die Kosten für die Nutzung des Telekommunikationsnetzes zu tragen habe.
39 
Wirtschaftliche Nachteile rechtfertigten kein wettbewerbswidriges Verhalten.
40 
Der weitgehend neue, unentschuldigt verspätete und somit unbeachtliche Vortrag der Beklagten zum angeblichen Mehraufwand der Beklagten im Zuge der pharmazeutischen Beratung werde vorsorglich bestritten.
41 
Der Personalaufwand sei bei einer Präsenzapotheke weit größer als bei einer Versandapotheke.
42 
Bestritten werde auch der Vortrag der Beklagten, eine gleichzeitige Beratung und Bearbeitung von Bestellungen durch die gleiche Person sei auf Seiten der Beklagten nicht möglich (vgl. K 1: „anrufen + bestellen"; K 2: „Bestellhotline", die ausweislich Ziff. 9 der AGB identisch sei mit der Nummer, über die die pharmazeutische Beratung erfolge). Weder habe die Beklagte jeden Anrufer zu beraten, noch ein „Call-Center“ einzurichten. Sie habe Organisationsfreiheit. Mit dem Vortrag, ein Telefonat bei ihr „bestehend aus Bestellung und Beratung" dauere durchschnittlich 3 1/2 Minuten (vergleiche ihr Schriftsatz vorn 22.10.2010, S. 12) gestehe die Beklagte zu, dass Anrufer bei ihr gleichzeitig Bestellungen aufgeben könnten und beraten würden. Ihr unentschuldigt neuer und damit unbeachtlicher Vortrag zu der Dauer solcher Telefonate und dem darauf angeblich entfallenden Anteil zur Beratung werde vorsorglich mit Nichtwissen bestritten.
43 
Die interne Organisation der Beklagten sei nach ihrer eigenen Auffassung ein solches Geheimnis, dass sie erstinstanzlich sogar den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt habe (vgl. Protokoll des LG Ulm vom 29. März 2010, S. 2). Interna seien dem Kläger unzugänglich. Dies müsse erwogen werden, damit keine Verweigerung effektiven Rechtsschutzes geschehe.
44 
Um Drogeriemärkte gehe es in dem Rechtsstreit nicht.
45 
Der unentschuldigt neue und damit abermals unbeachtliche Vortrag der Beklagten, in einem qualifizierten Konzern übernehme „in aller Regel" die Konzernmutter auch logistische Tätigkeiten für die Tochtergesellschaften, werde vorsorglich bestritten.
46 
Die Ausführungen der Beklagten zum Binnenmarkt gingen fehl.
47 
§ 7 ApoG wäre allenfalls dann auf die Beklagte nicht anwendbar, wenn diese ihr Apothekengeschäft ausschließlich von Holland aus betreiben würde. Dies tue sie jedoch - wie dargestellt - nicht. Vielmehr führe sie ihren Apothekenbetrieb eben auch von einer Niederlassung aus Deutschland heraus.
48 
Dem Berufungsantrag Ziffer II. 2. c) stehe keine anderweitige Rechtshängigkeit entgegen. Er decke sich mit Antrag Ziffer II. 2. b) nicht. Ein „und/oder" erfasse eben auch eine alternative Verwirklichung der einzelnen Tatbestände. Die sei in Bezug auf den letzten Hilfsantrag nicht der Fall.
49 
Zur Berufung der Beklagten:
50 
Die Beklagte verdrehe den Streitgegenstand. Es gehe um die Angabe einer für den Verbraucher wesentlichen Information im Rahmen der Werbung, nämlich deren Identität „als niederländische Versandapotheke", in K 1 und K 2 in Abgrenzung zu dem Unternehmen A (so schon die Abmahnung B 4).
51 
Die Frage nach dem anwendbaren Recht habe das Landgericht ohne Rechtsfehler abgehandelt.
52 
Den Verstoß gegen die neue Fassung des UWG räume die Beklagte auf BE 6 selbst ein, wenn sie dort ausführe: „Denn das Landgericht hat richtig erkannt, dass die Beklagte die Zulässigkeit der Werbung nach Anlage K 1 nur für den Zeitraum der Geltung des UWG a.F. behauptet, nicht jedoch für die Zeit ab Inkrafttreten des UWG n.F.”. Um eine Erstbegehungsgefahr gehe es nicht.
53 
Die Beklagte sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG n.F., hilfsweise nach § 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 UWG n.F. zu einem deutlichen Hinweis auf die Tatsache verpflichtet, dass sie als niederländische Versandapotheke die Angebote unterbreite.
54 
Eine Eigenschaft des Unternehmers im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG n.F. sei auch seine Herkunft, wollte man diese nicht sowieso schon unter den Begriff der „Identität" subsumieren. Über sie täusche die Beklagte in ihrer Werbung K 1 und K 2 durch aktives Tun. Auf die von ihr in der Berufungsbegründung in den Mittelpunkt gerückte Frage zum Bestehen einer Aufklärungspflicht infolge pflichtwidrigen Unterlassens komme es daher nicht an. Sie vermittele mit ihrer Werbung beim angesprochenen Verkehr den Eindruck, dass es sich bei den fraglichen Angeboten um solche des Unternehmens A handele. Die streitgegenständliche Werbung sei insofern jedenfalls unklar und mehrdeutig und damit irreführend. Die Beklagte suggeriere unzutreffenderweise einen Sitz des hinter A stehenden Unternehmens in Deutschland.
55 
Auch nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG seien Identität und Anschrift des Unternehmers in jedem Fall als wesentliche Information anzusehen. Zu der Anschrift gehöre jedenfalls im hier streitgegenständlichen Kontext auch die Angabe des Landes der Niederlassung, damit der Verbraucher klare und unmissverständliche Angaben darüber habe, mit wem er in geschäftlichen Kontakt tritt (vgl. Harte/Henning, a.a.O., § 5a Rn. 61), um Ladungen, Abmahnungen oder Ähnliches zustellen zu können (vgl. Fezer, UWG, 2. Aufl., § 5a Rn. 50 a. E.; vgl. ferner die auslegungsbedeutsamen Regelungen in § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 EGBGB, §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 5 Nr. 2 und Nr. 3 TMG). Gerade das überaus hohe Schutzgut der Volksgesundheit erfordere eine möglichst umfassende Aufklärung des Verbrauchers über seinen (potentiellen) Geschäftspartner im Arzneimittelsektor (vgl. Art. 21 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken („UGP-Richtlinie").
56 
Der Verbraucher nehme aus der Werbung K 1 und K 2 an, Vertragsschluss und Vertragsabwicklung unterschieden sich nicht von einem Geschäftskontakt mit dem bekannten Unternehmen A. Dies sei irrig. Die Unterschiede begännen mit der vertraglich vorgesehenen Rechtswahl und endeten mit der Rückabwicklung eines Kaufs. So werde der Verbraucher auf Grundlage der streitgegenständlichen Werbung ohne Weiteres davon ausgehen, etwaige Retouren über das Unternehmen A bzw. sogar in einem A-Markt in seiner Nähe abwickeln zu können. Tatsächlich müsse er nach den AGB der Beklagten (K 2) die Ware an eine Retourenabteilung in 89584 Berg zurücksenden; eine Rückgabe in einem A-Markt sei ausdrücklich ausgeschlossen. Auch die Versorgung mit den Arzneimitteln könne sich im Einzelfall anders gestalten, wenn das Arzneimittel dem deutschen Verbraucher nicht aus Deutschland, sondern aus den Niederlanden zugesandt werde (insbesondere deren Dauer).
57 
Mittlerweile gebe die Beklagte ihren Sitz in den Niederlanden an, wodurch auch ihr Hinweis obsolet werde, es stünden Praktikabilitätsgründe entgegen (BB 7).
58 
Bereits § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. habe den Tatbestand einer Irreführung über die geschäftlichen Verhältnisse gekannt, darunter die Art und Eigenschaften des Werbenden, insbesondere seine Identität.
59 
Zum Zeitpunkt der Werbung K 1 und K 2 sei das UWG a.F. wegen fehlender Umsetzung der UGP-Richtlinie konform zu dieser Richtlinie auszulegen (seit dem 12.12.2007; allg. Meinung; vgl. BGH, GRUR 2008, 807, 809, Abs. [8] f. - Millionen-Chance; EuGH, NJW 2006, 2465, 2467, Rn. 111).
60 
Der Versuch, niederländisches Recht über AGB zu vereinbaren, stelle für jeden Verbraucher einen wesentlichen Umstand dar und sei unangemessen. Darüber sei er frühzeitig aufzuklären (vertragliche Aufklärungspflicht). Als „Minus" zu einer Aufklärung über die vorgesehene Rechtswahl sei in jedem Fall zu fordern, dass die Beklagte zumindest über ihre niederländische Niederlassung den Verbraucher aufkläre (vgl. ergänzend § 312c Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. Art. 240 EGBGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BGBInfoV, § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG, welche über § 4 Nr. 11 UWG zu einem Wettbewerbsverstoß führten). Die Rechtswahlklausel sei auch überraschend.
61 
Die europarechtlichen Ausführungen der Beklagten seien unerheblich. Eine Ausländerdiskriminierung oder Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit liege nicht vor. Bemerkenswert an den europarechtlichen Ausführungen der Beklagten sei ihr Eingeständnis, dass ein Hinweis auf ihre ausländische Herkunft „zumindest potentiell geeignet (ist), Misstrauen beim Verbraucher hervorzurufen und so die Absatzmöglichkeiten der Beklagten zu mindern" (BB 8).
62 
Die Farbwahl in der streitgegenständlichen Werbung könne schon angesichts der „Farbpracht" der gesamten Anzeigen nichts zur erforderlichen Abgrenzung zwischen A und der Beklagten beitragen. Eine deutliche Abgrenzung fehle. Die Werbung für die Angebote der Beklagten stehe in K 1 unmittelbar unter der blickfangmäßig hervorgehobenen Überschrift „A". Die dadurch bewirkte Vermengung ihres Angebotes mit dem des Unternehmens A hätte eines ganz besonders deutlichen aufklärenden Hinweises bedurft.
63 
„X" erscheine dem Verbraucher als eine Art unselbstständige Unterabteilung, einen weiteren Geschäftszweig des Unternehmens A bzw. eine Eigenmarke dieses Unternehmens. Es werde bestritten, dass der Verbraucher überhaupt auf die verschiedenen Telefonnummern achte. Tue er dies, nehme er sie, der Üblichkeit folgend, als Nummern verschiedener Geschäftsbereiche wahr.
64 
Prominent angebracht sei in K 1 die für den Bezug im Versandhandel besonders wichtige Internetadresse, welche das Firmenschlagwort „A" hervorgehoben und „X" dagegen ausdrücklich nur als Unterseite angebe („www.A.com/X").
65 
Die ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung der Beklagten, die Seite 3 ihres Bestellmagazins K 2 werde „erfahrungsgemäß mit größerer Aufmerksamkeit wahrgenommen“, sei vorsorglich mit Nichtwissen zu bestreiten. Dieser Vortrag sei unsubstantiiert und unentschuldigt verspätet. Für den Verbraucher sei nicht der Fließtext interessant, sondern die nachfolgenden Seiten 4 ff..
66 
Ebenso bestreitet der Kläger vorsorglich, dass „im Falle der Zeitungswerbung" die Angabe der Anschrift zum Zeitpunkt der Anzeigen K 1 und K 2 „gänzlich unüblich und unpraktikabel" gewesen sei und deshalb vom Verbraucher nicht erwartet worden wäre (BB 13) und rügt auch diesen Vortrag als unsubstantiiert und unentschuldigt verspätet.
67 
Bei der dem Kläger vorliegenden Ausfertigung des LGU seien die Anlagen K 13, K 1 und K 2 mit der Ausfertigung verbunden. Dies sei aber nicht stets erforderlich (BGH, NJW 2000, 2207, 2208 - Musical-Gala)
68 
Der neue und damit unentschuldigt verspätete und außerdem unsubstantiierte Vortrag der Beklagten, wonach sich der Verbraucher „schätzungsweise" 10 bis 15 Minuten dem Bestellschein widmen müsse, um diesen vollständig auszufüllen (BB 16), werde vorsorglich bestritten. Jedenfalls bei einem Dauerkunden der Beklagten werde dies nicht der Fall sein. Der Frage, ob entgegen dem ersten eindeutigen Anschein anstelle des Unternehmens A ein anderes Unternehmen Vertragspartner sei, widme der Verbraucher keine erhöhte Aufmerksamkeit.
69 
Der außerdem unentschuldigt verspätete und unsubstantiierte Vortrag der Beklagten, es sei „weit verbreitete Praxis, wesentliche Angaben, darunter die Anschrift, am Ende von Schriftstücken in leicht verkleinerter Schrift anzugeben" (BB 16), bestreitet der Kläger mit dem Hinweis, dass die Beklagte hier ihre Anschrift als eine „wesentliche Angabe" ansehe.
70 
Er beantragt, zu seiner eigenen Berufung (wie GA 604/606),
71 
die weitergehende, mit der im landgerichtlichen Urteil ausgesprochenen Ordnungsmittelandrohung versehene Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen,
72 
1. zur pharmazeutischen Beratung eine Telefon-Hotline zur Verfügung zu stellen, die nur gegen Gebühr in Anspruch genommen werden kann;
73 
und/oder
74 
2. in Deutschland ohne die erforderliche Apothekenbetriebserlaubnis einen Apothekenbetrieb auch nur teilweise zu unterhalten;
75 
hilfsweise zu Ziff. 2. (in einem der nachfolgenden Reihenfolge entsprechenden Eventualverhältnis):
76 
2.a) bei Existenz einer selbständigen gewerblichen Niederlassung (auch Zweigniederlassung) in Deutschland ohne die erforderliche Apothekenbetriebserlaubnis apothekenpflichtige Arzneimittel anzubieten und/oder zu verkaufen;
77 
2.b) in Deutschland ohne die erforderliche Apothekenbetriebserlaubnis
78 
1) über eine selbständige gewerbliche Niederlassung (auch Zweigniederlassung) ihre den deutschen Markt betreffenden Marketingmaßnahmen zu leiten, Verträge mit deutschen Lieferanten, Dienstleistern, Krankenkassen und Logistikpartnern zu verhandeln und zu schließen, insbesondere größere und komplexere Einkaufsverhandlungen zu führen bzw. entsprechende Verträge zu schließen,
79 
und/oder
80 
2) die pharmazeutische Beratung vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen
81 
und/oder
82 
3) die Rezeptverarbeitung durchzuführen bzw. durchführen zu lassen und/oder
83 
4) Arzneimittelretouren anzunehmen bzw. annehmen zu lassen;
84 
2.c) in Deutschland ohne die erforderliche Apothekenbetriebserlaubnis über eine selbständige gewerbliche Niederlassung (auch Zweigniederlassung) ihre den deutschen Markt betreffenden Marketingmaßnahmen zu leiten, Verträge mit deutschen Lieferanten, Dienstleistern, Krankenkassen und Logistikpartnern zu verhandeln und zu schließen, insbesondere größere und komplexere Einkaufsverhandlungen zu führen bzw. entsprechende Verträge zu schließen,
85 
und
86 
die pharmazeutische Beratung vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen
87 
und
88 
die Rezeptverarbeitung durchzuführen bzw. durchführen zu lassen
89 
und
90 
Arzneimittelretouren anzunehmen bzw. annehmen zu lassen
91 
Zur Berufung der Beklagten beantragt der Kläger,
92 
diese zurückzuweisen.
93 
Die Beklagte beantragt zu ihrer eigenen Berufung (wie GA 650/651),
94 
das landgerichtliche Urteil abzuändern und die in den Ziffern I.1, I.1.1 und I.2.b des landgerichtlichen Urteilstenors ausgesprochene Verurteilung sowie in Ansehung des Zahlungsanspruchs aufzuheben und die Klage auch insoweit abzuweisen.
95 
Zur Berufung des Klägers beantragt die Beklagte,
96 
diese zurückzuweisen.
97 
Sie bringt vor,
98 
Auch der Hilfsantrag zum Antrag I.1. sei zu unbestimmt, aber auch unbegründet.
99 
Nach dem eindeutigen Wortlaut des klägerischen Antrages solle die Beklagte nicht nur dazu verurteilt werden, Werbung zu unterlassen, ohne deutlich zu machen, dass sie selbst Anbieterin der beworbenen Arzneimittel ist, sondern gleichzeitig nicht mehr zu werben, ohne einen Hinweis auf ihre niederländische Herkunft. Streitgegenstand sei also die Pflicht der Beklagten, in der Werbung ihre ausländische Herkunft anzugeben und sich gleichzeitig noch stärker von der Konzernmutter A abzugrenzen. Diese beiden Aspekte habe der Kläger dergestalt miteinander verbunden, dass nur über beide Aspekte gemeinsam entschieden werden könne.
100 
Das Landgericht habe das anzuwendende Recht verkannt. Der Verbotsantrag zu Ziff. I.1. müsse sowohl nach dem UWG n.F. als auch nach dem UWG a.F. begründet sein. Die Werbung K 1 sei ausschließlich im Frühjahr 2008 für wenige Wochen geschaltet worden, hingegen nicht mehr nach Inkrafttreten des UWG n.F. am 30. Dezember 2008. Das Gleiche gelte für das Bestellmagazin K 2, gültig bis zum 31. August 2008 (BGH, Urteil vom 28.05.2009, I ZR 124/06, GRUR 2010, 80, 81 m.w.N. - LIKEaBIKE).
101 
Erstbegehungsgefahr habe der Kläger nicht geltend gemacht und sie liege nicht vor. Denn das Landgericht habe richtig erkannt, dass die Beklagte die Zulässigkeit der Werbung K 1 nur für den Zeitraum der Geltung des UWG a.F. behauptet, nicht jedoch für die Zeit ab Inkrafttreten des UWG n.F..
102 
Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, auf ihre niederländische Herkunft hinzuweisen. Die Herkunft der Beklagten sei für den Verbraucher keine zur Entscheidung wesentliche Information, weil hieraus allein nichts folge. Hinzu komme das Interesse des Unternehmers an einer praktikablen und plakativen Werbung, die nicht durch irrelevante Informationen überfrachtet werden solle. Dieser Vorbehalt sei bereits im Gesetzeswortlaut angelegt, wonach in die Abwägung ausdrücklich auch die Beschränkungen des Kommunikationsmittels einfließen sollten.
103 
Die Herkunftsangabe unterfalle auch nicht § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG n.F.. Keine der denkbaren Anknüpfungen für „Herkunft" unterfalle diesem Begriffspaar. Vielmehr handele es sich jeweils um sonstige Eigenschaften der Beklagten. Die Begriffe Identität und Anschrift könnten nach ihrem Sinn und Zweck auch nicht dahin erweiternd ausgelegt werden, dass sie die Angabe der Herkunft umfassten. Die Identitätsangabe solle einer Verwechselung durch den Verbraucher vorbeugen und ihn darüber informieren, wer sein Vertragspartner sei. Die Angabe der Herkunft trage hierzu nichts bei. Auch zur Anschrift des Unternehmers gehöre keine der denkbaren Anknüpfungen (vgl. Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl. 2010, § 5 a Rn. 33). Für die Erreichbarkeit des Unternehmers sei sein Verwaltungssitz oder Registrierungsort völlig irrelevant. Im übrigen müssten Sitz und Anschrift nicht übereinstimmen, da es dem Unternehmer überlassen sei, durch die Wahl der Kontaktanschrift zu steuern, wo nach seiner innerbetrieblichen Organisation Anfragen der Verbraucher bearbeitet werden sollten.
104 
Eine Hinweispflicht verstieße auch in doppelter Hinsicht gegen vorrangiges Europarecht. Zum einen läge darin ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 18 Abs. 1 AEUV, weil die Herkunftsangabe nicht von deutschen Anbietern verlangt und allein an den Status der Beklagten als EU-Ausländerin angeknüpft werde. Zum anderen läge in der Hinweispflicht eine unzulässige Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV. Eine derartige Hinweispflicht auf die ausländische Herkunft sei zumindest potentiell geeignet, Misstrauen beim Verbraucher hervorzurufen und so die Absatzmöglichkeiten der Beklagten zu mindern. Die Hinweispflicht sei auch nicht nach der sog. Keck-Rechtsprechung des EuGH zulässig, wonach diskriminierungsfreie vertriebsbezogene Regelungen nicht die Warenverkehrsfreiheit beeinträchtigten (EuGH, Urteil vom 24.11.1993, C-267/91 und C¬268/91, "Keck", NJW 1994, 121, 121, Rn. 16 f.).
105 
Darüber hinaus scheide auch eine Rechtfertigung nach der sog. Cassis-Formel aus. Zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses geböten diese Einschränkung nicht (vgl. EuGH, Urteile vom 20.02.1979 - C-120/78, „Cassis de Dijon", Slg. 1979, 649 Rn. 9, und vom 09.07.1997 - C-34/95, „De Agostini", GRUR Int. 1997, 913, 917, Rn. 45 f.); sie sei nicht verhältnismäßig. Die Hinweispflicht sei für den Schutz der Verbrauchers ungeeignet, weil sie keine Rückschlüsse auf den Erfüllungsort, das anwendbare Recht, Kontaktmöglichkeiten im Inland oder sonstige für den Verbraucher relevante Informationen erlaube. Darüber hinaus sei sie auch unangemessen, weil die Beeinträchtigung der Beklagten bei der Werbegestaltung und beim Warenabsatz außer Verhältnis zu einem etwaigen Nutzen der Verbraucher stehe. Der EuGH habe wiederholt Ursprungskennzeichnungen oder Ursprungsangaben bei Waren als mit der Freiheit des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs unvereinbar angesehen (vgl. EuGH, Urteile vom 17.06.1981 - C-113/80; Slg. 1981, 1625, Rn. 17 f. und vom 25.04.1985 - C-207/83, Slg. 1985, 1201, Rn. 22).
106 
Das Unterlassen eines Hinweises auf ihre Herkunft stelle auch keine irreführende geschäftliche Handlung i.S.v. § 5 Abs. 1 UWG dar. Das Irreführungsverbot sei auf die vorliegende Konstellation eines Unterlassens gegenüber Verbrauchern schon nicht anwendbar, da im Verhältnis zum Verbraucher das pflichtwidrige Unterlassen inzwischen abschließend in § 5 a Abs. 2 UWG geregelt sei. Nach der Rechtsprechung des BGH zum UWG a.F. folge aus dem Irreführungsverbot eine Hinweispflicht nur hinsichtlich solcher Umstände, deren Kenntnis unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden für den Schutz des Verbrauchers unerlässlich sei (BGH, Urteile vom 03.12.1996 - I ZR 63/96; GRUR 1999, 757, 758; und vom 15.07.1999 - I ZR 44/97, GRUR 1999, 1122, 1122). Die Herkunftsangabe habe für den Verbraucher regelmäßig keine Bedeutung, weil aus der Herkunftsangabe allein für die Vertragsabwicklung nichts Relevantes folge. Darüber hinaus seien die oben genannten Belange der Beklagten zu beachten.
107 
Die Umsetzung der UGP-Richtlinie habe das Lauterkeitsrecht hinsichtlich der Irreführungstatbestände ausschließlich verschärft, nicht jedoch erleichtert.
108 
Die Werbung enthalte weder unwahre noch sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die Identität der Beklagten, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei durch die beanstandete Werbung der Beklagten beim Verbraucher weder der unzutreffende Eindruck entstanden, die beworbenen Arzneimittel seien Angebote der Firma A, noch sei die Werbung geeignet gewesen, einen solchen Eindruck hervorzurufen. Ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher, der der Werbung situationsadäquate Aufmerksamkeit widme, habe ohne weiteres erkennen können, dass Anbieter der Arzneimittel die Beklagte sei. Allein der Umstand, dass ein Teil der Werbung K 1 in Zeitungsanzeigen der Konzernmutter A integriert gewesen sei, genüge entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht, um eine Irreführung zu bejahen. Die Werbung der Beklagten sei innerhalb der Anzeigen der Firma A andersfarbig (hellblau bzw. leuchtend gelb) unterlegt und damit deutlich von der Werbung für Drogerieartikel abgegrenzt gewesen. Innerhalb des blau unterlegten Feldes in der Zeitung vom 25. März 2008 (K 1) erscheine dann direkt unterhalb der Überschrift „Apothekenpreise - nein danke!" unübersehbar das Firmenlogo der Beklagten mit der Angabe: „X Versand Apotheke exklusiver Partner von A".
109 
Hieraus habe der Verbraucher eindeutig entnehmen können, dass die beworbenen Medikamente nicht von der für ihre Drogerieartikel bekannten Firma A, sondern von einer Versand-Apotheke namens „X“ angeboten würden. Dass beide Unternehmen nicht identisch seien, folge zwanglos daraus, dass A bloß als exklusiver Partner bezeichnet werde. Darüber hinaus werde der Verbraucher in einem leuchtend rot unterlegten Feld aufgefordert, bei der „X Versand Apotheke" unter der Nummer 01805 ... ... anzurufen und zu bestellen oder die Homepage der Beklagten zu besuchen. Spätestens an dieser Stelle wäre einem an Arzneimitteln interessierten Verbraucher aufgefallen, dass die Arzneimittel nicht von der Firma A angeboten würden, da für Bestellungen bei A der „A Bestell-Shop“ unter einer anderen am Ende der Werbeanzeige angegebenen Telefonnummer anzurufen sei.
110 
Ähnlich verhalte es sich bei der am 28. April 2008 erschienenen Anzeige.
111 
Soweit der Kläger die Gestaltung eines Bestellmagazins der Beklagten (K 2) rüge, bestehe auch hier keine Verwechslungsgefahr. Schon auf der Titelseite befinde sich das etwa die halbe Seite ausfüllende Firmenlogo der Beklagten mit der Angabe: „X Versand Apotheke". Unmittelbar darunter heiße es dann: „exklusiver Partner von A" sowie am Ende der Seite: „X Bestellmagazine gibt es exklusiv überall bei A". Diese Angaben seien selbst für den flüchtigen Verbraucher klar. Der Eindruck werde durch die übrige Gestaltung des Bestellmagazins verstärkt, das am Ende jeder Seite das deutlich sichtbare Firmenlogo der Beklagten mit der Angabe „X Versand Apotheke" trage. Besonders hervorgehoben sei es auf S. 3 mit dem Zusatz „exklusiver Partner von A". Die Verbraucher würden überdies als „X-Kundinnen" und „X-Kunden" angeredet und A und X als „ein starkes Team" angepriesen. Darüber hinaus befinde sich auf dem integrierten Bestellschein abermals mittig das farbige Firmenlogo der Beklagen mit der Angabe „X Versand Apotheke". Schließlich seien die nachfolgenden Allgemeinen Geschäftsbedingen auch deutlich als „Allgemeine X-Geschäftsbedingungen" überschrieben.
112 
Soweit der Kläger in der ersten Instanz auch gerügt habe, die Werbung der Beklagten enthalte nicht deren Anschrift, sei dies für sein Begehren, Werbung ohne einen Hinweis auf die niederländische Herkunft der Beklagten zu unterlassen, irrelevant und im Übrigen auch nicht geeignet einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG zu begründen, da rechtmäßig.
113 
Eine Verpflichtung der Beklagten zur Angabe ihrer Anschrift habe sich auch nicht aus Art. 7 Abs. 4 lit. b) der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie) ergeben, da seinerzeit weder umgesetzt, noch unmittelbar anwendbar. Eine Vorwirkung könne nicht im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung konstruiert werden, da Auslegung contra legem. Aus Art. 7 Abs. 4 lit. b) UGP-Richtlinie wäre die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, in der Zeitungswerbung ihre Anschrift anzugeben. Im Falle der Zeitungswerbung sei die Angabe der Anschrift gänzlich unüblich gewesen und unpraktikabel und deshalb vom Verbraucher auch nicht erwartet.
114 
Eine Erstbegehungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG sei nicht gegeben. Die Beklagte verhalte sich seit Umsetzung der UGP-Richtlinie rechtmäßig und beabsichtige nicht, dies in Zukunft zu ändern.
115 
Der Bestell- und Abholschein K 13 sei nicht wettbewerbswidrig. Weder bestehe eine Pflicht zur Angabe der niederländischen Herkunft, noch gehe aus ihm nicht hinreichend deutlich hervor, dass die Beklagte Vertragspartner werde. Im beanstandeten Bestellschein heiße es wörtlich:
116 
„Sitz der Gesellschaft: X B.V., K. Weg 297, ... CH H., Niederlande Handelsregister: Kamer van Koophandel - Dossiernummer: ..."..
117 
Das Verbot zu Ziff. I.1.1 sei mangels Verbindung der Anlage K 13 mit der Ausfertigung des Urteils ebenso unbestimmt wie das Verbot zu Ziff. I.1..
118 
Auch hier liege ein „kumulierter“ Verbotsantrag vor.
119 
Der Verbraucher müsse sich schätzungsweise 10 bis 15 Minuten dem Bestellschein widmen, um diesen vollständig mit seinen persönlichen Angaben, seiner Bankverbindung und den Angaben zu den zu bestellenden Medikamenten auszufüllen. Während dieser Zeit werde er wegen der erforderlichen und aus Verbrauchersicht sensiblen Bankverbindung sowie der notwendigen Übertragung von Bestelldaten auf den Bestellschein hoch konzentriert und aufmerksam sein. Darüber hinaus befänden sich die Angaben auch an der Stelle, wo der Verbraucher mit ihnen üblicherweise rechne; verbreiteter Praxis entsprechend am Ende von Schriftstücken in leicht verkleinerter Schrift.
120 
Der Bestellschein beginne außerdem oben mittig mit dem Firmenlogo der Beklagten und der Angabe „X Versand Apotheke". Im Zusammenhang mit den aus Verbrauchersicht bedeutsamen Versandkosten werde sodann auf die AGB von „X“ hingewiesen. Der dann als Abholschein überschriebene Teil enthalte abermals das Firmenlogo, zwei Email-Adressen mit der Domain „X.eu" sowie einen Hinweis auf die Möglichkeit einer Beratung bei „X“.
121 
Der Stempel des jeweiligen A-Marktes lasse nicht darauf schließen, dass A Vertragspartner sei.
122 
Der Bestell- und Abholschein werde von der Beklagten niemals isoliert verwendet, sondern stets zusammen mit dem Bestellmagazin oder den Bestellständen im A-Markt (s. S. 7/8 des Schriftsatzes vom 19. Juni 2009; S. 7 des Schriftsatzes vom 9. Oktober 2009). Da der Kläger nichts zum Umfeld des Bestell- und Abholscheins vorgetragen habe, obwohl er nie isoliert verwendet worden sei, sei der Antrag bereits unschlüssig. Das reale Werbeumfeld schließe hier jede Gefahr einer Irreführung aus. Aus dem Bestell-Magazin der Beklagten ergebe sich eindeutig, dass die Beklagte Vertragspartner werde (vgl. B 7). So befinde sich bereits auf der Titelseite groß und gut sichtbar das Firmensymbol der Beklagten und die Bezeichnung „X Versand Apotheke". In annähernd gleicher Größe heiße es unmittelbar danach „Partner von A". Auch die folgenden Seiten enthielten das Firmensymbol der Beklagten und die Angabe „X Versand Apotheke" und die Ansprache im jeweiligen Impressum auf Seite 3 als „X-Kundinnen" und „X-Kunden". Abermals werde die Beklagte als „Partner von A" bezeichnet und schließlich damit geworben, dass A und die Beklagte ein „starkes Team" seien. Auch aus den AGB, die Teil der Bestellscheine seien, folge klar und eindeutig, dass die Beklagte Vertragspartner werde.
123 
Auch der Kontext an den in A-Märkten befindlichen Bestellständen der Beklagten (B 8) lasse keine Zweifel daran aufkommen, dass die Beklagte Vertragspartner werden würde.
124 
Eine Unterlassung einer AGB-Klausel zum anwendbarem Recht (Tenor I.2.b) könne der Kläger nicht verlangen. §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG, §§ 305 c, 307 BGB deckten dieses Verbot nicht. Der Kläger sei bereits nicht aktivlegitimiert, die AGB der Beklagten nach § 305 c BGB überprüfen zu lassen. Darüber hinaus sei die Rechtswahlklausel nicht am deutschen Recht zu messen, sondern am niederländischen. Sie sei weder überraschend noch unangemessen benachteiligend.
125 
Ausführungen zur (nicht mehr im Streit stehenden) Telefongesprächaufzeichnung (LGU 23), es liege eine Sonderanknüpfung nach Art. 29 EGBGB nahe, seien rechtsfehlerhaft. Art. 27 bis 37 EGBGB seien mit Wirkung vom 17. Dezember 2009 aufgehoben worden (vgl. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 25.06.2009, BGBl. I 2009, S. 1574). An ihre Stelle seien zeitgleich die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (im Folgenden: Rom I-VO) getreten. Diese Verordnung gelte nach Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der EU und genieße Anwendungsvorrang vor allen Bestimmungen des nationalen Rechts.
126 
Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Rom 1-VO könnten die Vertragsparteien das anzuwendende Recht frei wählen, nach der ausdrücklichen Verweisung in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO auch dann, wenn an dem Vertrag ein Verbraucher beteiligt sei. Prüfungsmaßstab für das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrages oder einer seiner Bestimmungen sei nach Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO allein das Recht, das bei Wirksamkeit des Vertrages anzuwenden wäre. Gleiches gelte nach Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO kraft ausdrücklicher Verweisung auf Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO auch für die Frage, ob eine Einigung der Parteien über das anwendbare Recht zustande gekommen sei und ob diese Einigung wirksam sei. Prüfungsmaßstab für die Wirksamkeit der Rechtswahl sei mithin das niederländische Recht als gewähltes Vertragsstatut.
127 
Die vom Landgericht vorgenommene Überprüfung der Rechtswahlklausel anhand der Bestimmungen des deutschen Rechts, insbesondere der deutschen Bestimmungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen, sei unzulässig. Sie widerspreche Art. 3 Abs. 5 i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO, wonach die Zulässigkeit der Rechtswahl nach dem Vertragsstatut zu beurteilen sei, das bei Wirksamkeit der Rechtswahl Anwendung finden würde.
128 
Eine Sonderanknüpfung für das deutsche AGB-Recht ergebe sich nicht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO, wonach die Rechtswahl nicht dazu führen dürfe, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen werde, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt sei, von denen nach dem Recht seines Heimatstaates nicht abgewichen werden dürfe. Diese Bestimmung berühre nach allgemeiner Ansicht (schon zu Art. 29 Abs. 1 EGBGB) die privatautonom getroffene Rechtswahl nicht. Der Verbraucher könne sich gegenüber seinem Vertragspartner im Sinne einer Meistbegünstigung zusätzlich zum gewählten Recht auf einzelne zwingende Bestimmungen seines Heimatrechts berufen, soweit die Bestimmungen des gewählten Rechts im Rahmen einer Günstigkeitsprüfung hinter den Bestimmungen des Heimatrechts zurückblieben. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO ordne nicht die Unwirksamkeit der Rechtswahl an, sondern untersage lediglich ein bestimmtes für den Verbraucher nachteiliges Ergebnis der Rechtswahl. Hinzu komme, dass die eine Rechtswahl ausschließenden Tatbestände erst in Art. 6 Abs. 4 Rom I-VO enumerativ aufgezählt seien.
129 
Dies schließe eine AGB-Kontrolle der Rechtswahlklausel aus. Sie wäre auch mit dem von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO intendierten Verbraucherschutz nicht vereinbar, da der Verbraucher sich auch nicht auf die für ihn im Einzelfall günstigeren Bestimmungen des Vertragsstatutes berufen könne und an den für ihn un-günstigeren Bestimmungen seines Heimatrechts festgehalten werde. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO sei europaweit einheitlich anzuwenden und unterstehe daher nicht den Vorgaben des nationalen Rechts (vgl. Erwägung 6 der Rom I-V0 und Art. 288 Abs. 2 AEUV).
130 
§ 12 AGBG sei mit dem „Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherschutzrechts" aufgehoben worden. Gleichzeitig sei Art. 29 a EGBGB mit seiner sonderkollisionsrechtlichen Regelung für das AGBG in das EGBGB aufgenommen worden, der nur noch eine Anwendung der deutschen oder europäischen Verbraucherschutznormen vorgesehen habe, wenn die Rechtswahl zur Anwendbarkeit eines Nicht-Mitgliedstaates führte. Der Gesetzgeber sei von einer Vereinheitlichung des Verbraucherschutzrechts in der EU ausgegangen und habe eine Sonderrolle des deutschen AGB-Rechts gerade nicht mehr gewollt.
131 
Selbst nach deutschem Recht sei die Rechtswahlklausel zulässig. Sie benachteilige die Vertragspartner der Beklagten nicht unangemessen im Sinne von § 307 BGB. Wegen der grundsätzlichen Zulässigkeit der Rechtswahl nach Art. 6 Abs. 2 Rom-I-VO könne eine unangemessene Benachteiligung allenfalls angenommen werden, wenn besondere Umstände hinzuträten, die für den Einzelfall zu einer unangemessenen Benachteiligung durch eine Rechtswahlklausel in AGB gegenüber Verbrauchern führe. Solche habe das Landgericht nicht festgestellt. Die Annahme des Landgerichts, dass sich viele Verbraucher aufgrund der Rechtswahlklausel von einem rechtlichen Vorgehen gegen die Beklagten abhalten ließen, „weil sie in den Niederlanden klagen müssten" (LGU 25), sei in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unhaltbar. Art. 15 Abs. 1 lit. c) EuGVVO eröffne den Gerichtsstand des Verbraucherwohnsitzes, so dass eine Klage in den Niederlanden nicht notwendig sei. Zum anderen sei nicht die Rechtswahlklausel für die internationale Zuständigkeit maßgeblich, sondern der Wohnsitz des Verbrauchers, der Sitz des Anbieters und der Inhalt der Leistung. Die Rechtswahlklausel enthalte gerade keine Gerichtsstandsklausel.
132 
Auch die Sorge, dass der Verbraucher dadurch benachteiligt werde, dass er sich im Streitfalle einen Rechtsanwalt mit Kenntnissen im niederländischen Recht suchen müsse, führe nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Verbraucher. Dieses Problem sei nach der gesetzgeberischen Wertung hinzunehmen. Andernfalls hätte er die Rechtswahl in Verbraucherverträgen ausschließen müssen. Hiergegen habe sich der europäische Gesetzgeber bewusst entschieden. Darüber hinaus bestünden die vom Landgericht angenommenen Schwierigkeiten nicht. Das Verbraucherschutzrecht sei in Europa weitgehend vereinheitlicht, so dass für den Verbraucher keine materiellrechtlichen Nachteile entstünden. Dadurch lasse sich auch ein deutscher Rechtsanwalt ohne Kenntnisse des niederländischen Rechts einschalten.
133 
Die Beklagte habe in den Niederlanden eine Präsenzapotheke, in der sie ausschließlich in den Niederlanden zugelassene Arzneimittel verkaufe. Die Werbung gegenüber deutschen Verbrauchern sei kein Nachteil, sondern neutral.
134 
Die Rechtswahlklausel sei auch nicht überraschend. Sowohl aus der Rechtsform (es sei allgemein bekannt, dass die B.V. keine deutsche Rechtsform sei) als auch aus der Anschrift ergebe sich für den angesprochenen Verkehr, dass die Beklagte ihren Sitz in den Niederlanden hat. Hinzu komme die Webseite „X.eu“, die aufgrund der Kennung „eu" darauf hinweise, dass es der Verbraucher mit einem internationalen Unternehmen zu tun habe. Eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Inhalt der Klausel und den Erwartungen des Kunden, die ihn überrumpele (BGH, Urteil vom 10.11.1989 - NJW 1990, 576, 577) fehle vorliegend. Mit DocMorris, der Europa-Apotheek Venlo und der Shop-Apotheke vereinbarten auch wichtige Wettbewerber der Beklagten in ihren AGB die Geltung niederländischen Rechts. Die Verbraucher seien also daran gewöhnt, dass bei niederländischen Versandapotheken auch niederländisches Recht vereinbart werde. Hinzu komme, dass auch der wohl bekannteste Versandhändler Deutschlands im Internet, Amazon, in seinen AGB das Recht des Staates seines Sitzes, nämlich luxemburgisches Recht, vereinbare.
135 
Ein Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 5 UKlaG, 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nebst Prozesszinsen nach §§ 291, 288 Abs. 1 BGB bestehe nicht. Die Abmahnung des Klägers (B 4) sei unberechtigt gewesen. Weder habe ein Anspruch bestanden noch sei die Abmahnung geeignet und erforderlich gewesen, eine gerichtliche Inanspruchnahme zu vermeiden. Die Abmahnung sei für die Beklagte nämlich nicht nachvollziehbar. Sie erlaube der Beklagten keine Zuordnung zu einer bestimmten Werbemaßnahme.
136 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 16. Dezember 2010 Bezug genommen.
II.
A
137 
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
1.
138 
Die Klage ist zulässig. Diese von Amts wegen als Prozessvoraussetzung zu prüfende Klagebefugnis (BGH, GRUR 2007, 614 [Tz. 14] - Sammelmitgliedschaft V; Senatsurteil vom 10. Dezember 2009 - 2 U 65/09, PharmR 2010, 123 [n. rkr., jetzt BGH, I ZR 4/10], bei juris Rz. 23, m.w.N.) des Klägers ist zu bejahen; sie steht auch nicht grundsätzlich im Streit. Einer Begründung bedarf zur Zulässigkeit nur die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Diese ist gegeben.
a)
139 
Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleich steht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Unter die Zuständigkeit des Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO fallen Klagen aufgrund unerlaubter Wettbewerbshandlungen. Der Ort des schädigenden Ereignisses im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ist neben dem Handlungsort auch der Erfolgsort, d.h. der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist (Senatsurteil vom 10. Dezember 2009 - 2 U 66/09:, PharmR 2010, 123, bei juris Rz. 27).
b)
140 
Der Ort des schädigenden Ereignisses liegt vorliegend in Deutschland. Die angegriffene Werbung ist unstreitig in A-Filialen in Deutschland verbreitet worden und die Beklagte hat beabsichtigt, Kunden in Deutschland zu beliefern. Es geht im Vertriebsmodell der Beklagten darum, die auf die Medikamentenbeschaffung in deutschen Apotheken gerichtete Willensentschließung der in Deutschland ansässigen Patienten auf die Beklagte umzulenken und die Versorgung durch eine dortige Präsenzapotheke durch eine solche durch sie zu ersetzen. Das Ziel bei der Medikamentenbeschaffung durch den Verbraucher ist die Substituierung des einen Vorortlieferanten durch einen anderen Vorortlieferanten. Damit ist Marktort Deutschland (Senatsurteil vom 10. Dezember 2009 - 2 U 66/09, bei juris Rz. 28, m.w.N.).
2.
141 
Soweit der Kläger Unterlassung eines Angebots pharmazeutischer Beratung über eine Telefon-Hotline begehrt, die nur gegen Gebühr in Anspruch genommen werden kann, ist dieser Unterlassungsanspruch begründet. Die beanstandete Vorgehensweise der Beklagten ist aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG, § 17 Abs. 2a Nr. 7 ApBetrO unlauter, wobei für die Auslegung des Gesetzes für diesen wie für alle anderen im Streit stehenden Ansprüche die UGP-Richtlinie heranzuziehen ist, weil die gerügte Werbung erst im Jahre 2008 veröffentlicht wurde und zu dieser Zeit die Richtlinie zwar noch nicht in nationales Recht umgesetzt, aber schon verbindlich zu beachten war.
a)
142 
Anwendbar ist das Wettbewerbsrecht des Marktortes, also deutsches Wettbewerbsrecht als Recht des Ortes, auf dessen Markt die wettbewerblichen Interessen der Parteien aufeinandertreffen (BGHZ 167, 91 [Tz. 25] - Arzneimittelwerbung im Internet). Danach bestimmt sich im Ausgangspunkt ungeachtet der Frage, ob es der Beklagten im Verhältnis zum Verbraucher wirksam gelungen ist, niederländisches Recht zu vereinbaren, die Lauterkeit des streitbetroffenen Verhaltens der Beklagten nach UWG (Senat, a.a.O., bei juris Rz. 29; ebenso OLG München, Urteile vom 02. Juli 2009 - 29 U 3744/08 [B. II. 2.] und 29 U 3648/08).
b)
143 
Die lauterkeitsrechtliche Bewertung wird vorliegend nicht dadurch überlagert, dass die Beklagte, wie sie rechtlich bestrittenermaßen behauptet, gegenüber den Kunden durch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen niederländisches Rechts vereinbart habe. Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass zwingendes deutsches öffentliches Recht gemäß Art. 34 EGBGB ohnehin nicht vom Vertragsstatut erfasst wird Senat, a.a.O., bei juris Rz. 31, m.w.N., so auch OLG München, Urteil vom 02. Juli 2009 - 29 U 3744/08) und danach eine formularmäßige Rechtswahl aus dem Anwendungsbereich dieses Normenwerkes nicht herausführt.
c)
144 
Soweit die Ansicht vertreten wird, ausländische Versandapotheken seien nicht an das deutsche Arzneimittelpreisrecht gebunden (etwa OLG Köln, APR 2009, 109 nach juris; BSGE 101, 161 = MedR 2009, 619, bei juris Rz. 23 f.]), ist der Senat (a.a.O., bei juris Rz. 50) dem nicht gefolgt (ebenso OLG München, Urteil vom 29. Juli 2009 - 29 U 3744/08). Ausländische Versandapotheken unterliegen den deutschen patientenschützenden Vorschriften des öffentlichen Rechts (etwa Kennzeichnungs- oder Aufklärungspflichten, Beratungspflichten und Zulassungsvoraussetzungen; vgl. näher Senat, a.a.O., bei juris Rz. 50). Letzten Endes geht es nicht darum, deutsches Recht in die Niederlande zu exportieren, vielmehr geht es darum, das deutsche Marktortrecht auch gegenüber hier operierenden niederländischen Unternehmen durchzusetzen. Würde ausländischen Anbietern, deren Marktort die Bundesrepublik Deutschland ist, nur aufgrund ihrer Ansässigkeit im Ausland eine Freistellung von den Regeln des Marktortrechts gewährt, käme es nicht nur zu einer Inländerbenachteiligung, sondern zur Gefährdung des übergeordneten Schutzziels der Versorgungssicherheit auf dem Feld eines überragenden Schutzgutes, nämlich dem der Gesundheit. Wie dem Senat aus dem Verfahren 2 U 66/09 bekannt ist, belegen die Wachstumsraten der Beklagten dieses Gefährdungspotenzial, dem angesichts des überragenden Schutzgutes Gesundheit schon in den Anfängen gewehrt werden darf. Es muss angesichts einer greifbaren Gefährdungsmöglichkeit nicht im Wege eines Feldversuches erprobt werden, wann das Risiko sich genau verwirklicht. Daher kommt es auf die Frage der Unbeachtlichkeit einer Inländerdiskriminierung nicht an, sondern darauf, ob Ausländer auf dem deutschen Markt die gleichen Pflichten treffen (vgl. zum Arzneimittelpreisrecht BGH, Vorlagebeschluss vom 09. September 2010 - I ZR 72/08, GRUR 2010, 1130 ff. - Sparen Sie beim Medikamentenkauf!).
d)
145 
Die Erstreckung des Apothekenrechts auf in den Mitgliedstaaten ansässige Versandapotheken, soweit sie sich an Endverbraucher im Inland wenden, steht im Einklang mit dem primären wie mit dem sekundären Gemeinschaftsrecht. Denn eine solche Maßnahme wäre nach Art. 30 EG zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt (Senat, a.a.O., bei juris Rz. 50 ff.; OLG München, a.a.O.). Der jeweilige Inlandsgesetzgeber kann danach nach der Verfasstheit der Infrastruktur und dem von ihm angestrebten Schutzniveau im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung im Rahmen seines Beurteilungsspielraums (Einschätzprärogative) Einzelregelungen treffen (eingehend schon HansOLG Hamburg, a.a.O., [juris Tz. 83 bis 94]; OLG München a.a.O.). Die vollständige Harmonisierung im Bereich der Arzneimittelwerbung (vgl. BGH, GRUR 2009, 179 [Tz. 12] - Kundenbefragung II; 2009, 1082 [Tz. 23] - DeguSmiles & more; EuGH, GRUR 2008, 267, 269 [Tz. 39] - Gintec) steht diesem Verständnis nicht entgegen. Dies erfasst auch das Arzneimittelpreisrecht, soweit es vorliegend in Rede steht.
e)
146 
Die Einrichtung einer Telefonberatung, die für den Patienten mit Kosten in Form von Telefonentgelten verbunden ist, die über die im Festnetz normalerweise entstehenden hinausgehen, ist mit der Beratungspflicht in §§ 20, 17 ApBetrO unvereinbar.
(1)
147 
Die Einführung des Versandhandels hat den systematischen Zusammenhang geändert, in dem § 47 Abs. 1 AMG, § 11a ApoG und § 17 Abs. 2a ApBetrO stehen (BVerwGE 123, 236 = NVwZ 2005, 1198 = Buchholz 418.21 ApBO Nr. 16, Rn. 14 ff.). Mit dem Versandhandel hat der Gesetzgeber eine Form der Medikamentenabgabe zugelassen, bei der das Arzneimittel zwar aus einer Apotheke heraus abgegeben werden muss, der Kunde aber nicht gehalten ist, die Apotheke zu betreten. Er kann seine Bestellung schriftlich oder, soweit die Verschreibungspflichtigkeit des Arzneimittels nicht die Vorlage eines Rezeptes notwendig macht, telefonisch oder über das Internet aufgeben und sich die bestellte Ware an einen beliebigen Ort zustellen lassen. Auch auf Verschreibung müssen Arzneimittel nicht mehr in Apotheken, sondern lediglich von Apotheken abgegeben werden. Als Begründung hat der Gesetzgeber unter anderem das Anliegen genannt, Erschwernisse der Arzneimittelbeschaffung abzubauen (BT-Dr 15/1525, S. 165). Damit sind Vertriebswege eröffnet, die es dem Kunden freistellen, ob er sich auf den Weg zur Apotheke macht oder Bestellung und Entgegennahme der Arzneimittel an irgendeinem anderen Ort stattfinden lässt. Er braucht die Apotheke nicht zu betreten, wenn er es nicht will. Vor diesem Hintergrund ist für die Annahme, die Aushändigung des Arzneimittels müsse stets in der Apotheke stattfinden, kein Raum mehr (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 - 3 C 30/09, NVwZ-RR 2010, 809, Tz. 14).
(2)
148 
Jedoch sind bei der Ausgestaltung der Abgabe von Arzneimitteln diejenigen Verpflichtungen einzuhalten, die der Arzneimittelsicherheit dienen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rz. 15 f.).
(3)
149 
Zur Abgabe von Arzneimitteln gehört nach dem Willen des Gesetz- und Verordnungsgebers auch die Beratung des Patienten.
(3.1)
150 
§ 20 Abs. 1 ApBetrO verpflichtet den Apotheker zur Information und Beratung. Beides dient der Arzneimittelsicherheit und der Volksgesundheit und damit dem Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter.
151 
Zwar zeigt die vom Gesetzgeber eröffnete Möglichkeit, Arzneimittel im Wege des Versandhandels zu beziehen, dass die Pflicht zur persönlichen Beratung keine zwingende Voraussetzung jeder Arzneiabgabe ist. Wenn Arzneimittel per Post, Telefon oder Internet bestellt werden können, kann der Apothekenbetriebsordnung nicht mehr die Absicht entnommen werden, sie wolle den Kunden stets zu einem persönlichen und zudem direkten Kontakt mit dem Apotheker zwingen, um ihm die Besonderheit der Ware Arzneimittel deutlich zu machen und ihn persönlich mit dem Beratungsangebot zu konfrontieren (BVerwGE 123, 236 = NVwZ 2005, 1198<; BVerwG, a.a.O., Tz. 20 f.). Mit der Einführung des Versandhandels hat der Gesetzgeber deshalb bewusst die Inanspruchnahme der Beratung durch den Apotheker in die freie Entscheidung des Patienten gestellt (BVerwGE 131, 1 = NVwZ 2008, 1238). Die Beratung kann im Versandhandel via Telefon erfolgen (§ 17 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 7 ApBetrO).
(3.2)
152 
Damit hat der Gesetzgeber eine Ausnahme von der für Präsenzapotheken bestehenden Beratungspflicht geschaffen. Deren Zweck besteht darin, den tatsächlichen Besonderheiten des Versandhandels mit Medikamenten Rechnung zu tragen. Bei der Auslegung der Sonderbestimmung ist jedoch der Zweck der Beratungspflicht zu beachten. Denn der Gesetzgeber hat Versandapotheken von dieser Pflicht nicht freigestellt und damit zu erkennen gegeben, dass auch diese gehalten sind, durch Information und Beratung Arzneimittelsicherheit und Volksgesundheit zu dienen. Vor diesem Hintergrund ist die Abweichung in § 17 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 7 ApBetrO zu verstehen.
(3.3)
153 
Der Gesetzgeber hat es der freien Entscheidung des Kunden anheimgestellt, ob er die Beratung der Versandapotheke in Anspruch nehmen will oder nicht. Aus Sicht der Apotheke entfällt bei einer Versandapotheke die Pflicht zur Eigeninitiative auf Beratung, nicht aber das Recht des Kunden (Patienten), beraten zu werden.
154 
In zeitlicher Hinsicht hat der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben, dass die Versandapotheke nicht täglich rund um die Uhr die Beratung gewährleisten muss. Diese Beschränkungen nimmt der Kunde (Patient) hin, wenn er sich entscheidet, sich einer Versandapotheke zuzuwenden. Eine jederzeitige Erreichbarkeit ist für ihn, der die Versanddauer in Kauf nimmt, nicht von entscheidender Bedeutung (eine Grenzziehung braucht der Senat vorliegend nicht vorzunehmen), und auch dass eine persönliche Beratung nicht möglich ist, nimmt er um der Vorteile, die er dadurch zu erlangen hofft, offensichtlich in Kauf.
(4)
155 
Die Versandapotheke darf aber keinerlei Hürden aufrichten, die geeignet sein könnten, den Kunden (Patienten) davon abzuhalten, sich den Rat einzuholen, den er einholen möchte. Obgleich der Wortlaut der Norm nichts über die Zulässigkeit von Sondertarifen für telefonische Beratung aussagt, ist es nach dem Zweck der Ausnahme und der Beratungspflicht unzulässig, die Beratung an solche zu knüpfen. Und auch der Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG gebietet diese Auslegung.
(4.1)
156 
Schon der Zweck der Beratungspflicht, die Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit und der damit verbundene Schutz der Volksgesundheit, gebietet eine enge Auslegung des § 17 Abs. 2a Nr. 7 ApBetrO dahin, dass alle Vorgaben unzulässig sind, welche die Entscheidungsfreiheit des Kunden (Patienten), sich beraten zu lassen, unmittelbar oder mittelbar zu beschränken geeignet sein könnten.
(4.2)
157 
Insoweit kommt es wegen der überragenden Bedeutung des Schutzgutes nicht auf eine Abwägung im Einzelfall an. Jede zusätzliche Beschränkung, insbesondere jede weitere Kostenbelastung ist abstrakt geeignet, den Kunden (Patienten) davon abzuhalten, sich Rat zu holen und kann dadurch dessen Gesundheit und sogar sein Leben gefährden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine an den Apothekenbetreiber zu erbringende Leistung handelt oder um ein Telekommunikationssonderentgelt. Denn ausschlaggebend ist für die Entscheidung des beratungswilligen Kunden (Patienten) nicht die Art der Leistung oder der Leistungsempfänger, sondern die ihn selbst treffende Belastung.
(4.3)
158 
Da es sich bei den Normen der ApBetrO und des ApoG um öffentlich-rechtliche Vorgaben handelt, kann gegen diese Auslegung auch nicht die verfassungsrechtlich garantierte Vertragsfreiheit ins Feld geführt werden. Es steht nicht in der Verfügungsbefugnis des Einzelnen, zwingende öffentlich-rechtliche Vorschriften zum Schutz der Volksgesundheit und der Gesundheit des konkret betroffenen Menschen vertraglich aufzuheben oder aufzuweichen. Dafür dass der Verordnungsgeber eine weitergehende Ausnahme habe zulassen wollen als hinsichtlich der mit der Telekommunikation nach dem Tarif des Kunden (Patienten) per se verbundenen Kosten, gibt es kein Anzeichen.
159 
Hiergegen trägt der Gedanke nicht, dass eine Kontaktaufnahme über das Internet kostengünstiger sein könnte. Unbeschadet der Fragen, ob eine solche Möglichkeit von der Versandapotheke eröffnet ist und ob diese einer telefonischen Beratung im Wege der Normauslegung überhaupt gleichgestellt stehen könnte, hat nach wie vor ein gewichtiger Teil der Bevölkerung keinen Zugang zu Internet und Email oder will über diese Kommunikationswege sensible Informationen nicht übermitteln. Hinzu kommt, dass insbesondere ältere und behinderte, namentlich sehbehinderte und motorisch gestörte Menschen, also besonders schutzbebürftige, im Umgang mit diesen Informationswegen tatsächlich stark eingeschränkt oder gar faktisch ausgeschlossen sind.
(4.4)
160 
Eine abweichende Interpretation des § 17 Abs. 2a Nr. 7 ApBetrO verstieße auch gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Beratungspflicht ist für Präsenzapotheken eine Nebenpflicht, die sie nach dem auch aus den Regelungen über Sonderentgelte ersichtlichen Willen des Gesetz- und Verordnungsgebers kostenlos zu erfüllen haben. Damit fallen ihnen auch deren Kosten zur Last. Beispielhaft darunter die Kosten für die Einrichtung und Unterhaltung der Apotheke in einem Zustand, der eine diskrete Beratung erlaubt; daneben die Personalkosten. Diese Kosten sind Teil ihrer allgemeinen betrieblichen Kalkulation.
161 
Vorhaltekosten für Beratungsräumlichkeiten fallen für den Betrieb einer Versandapotheke nicht an (eine zugleich betriebene Präsenzapotheke hat bei der Betrachtung insoweit unberücksichtigt zu bleiben), Personalkosten zur Beratung in geringerem Umfang, weil die Versandapotheke den Beratungsbedarf ihrer Kunden bündeln kann und davon auszugehen ist, dass bei ihr prozentual mehr Bestellungen eingehen, bei denen der Kunde eine Beratung nicht für geboten erachtet.
162 
Dass bei ihr hingegen höhere Telekommunikationsaufwendungen entstehen, ist Folge des frei gewählten Geschäftsmodells und daher keine Rechtfertigung, eine Kostenkompensation zu Lasten des Kunden und der Konkurrenzfähigkeit der Präsenzapotheken zu erlauben, an deren Erhaltung zum Schutz der Volksgesundheit ein öffentliches Interesse besteht, um den Medikamentenbedarf in Eilfällen patientennah decken zu können.
(4.5)
163 
Die Beklagte errichtet eine solche Hürde durch die der Höhe nach unstreitigen, über den Tarifkosten des Kunden liegenden Telefongebühren, die für den Kunden anfallen, wenn er sich von ihr beraten lassen will. Nur um diese Mehrkosten geht es dem Kläger mit seinem Klageantrag, wie er klargestellt hat, nicht hingegen um die Tarifkosten, die beim Kunden (Patienten) anfielen, wenn er die Beklagte über einen regulären Festnetzanschluss statt über eine Dienstleistungsnummer erreichen könnte.
(4.6)
164 
Dem kann die Beklagte, wie dargelegt, schon wegen des Normzweckes nicht entgegenhalten, diese Mehrkosten seien geringfügig und daher unerheblich.
165 
Eine Geringfügigkeit ist aber, ohne dass es darauf noch entscheidend ankäme, auch nicht gegeben. Selbst die von der Beklagten ins Feld geführten Kosten von 14 Cent je Minute können sich bei einer längeren Beratung oder durch Wartezeiten zu einem Betrag von mehreren Euro für ein Gespräch summieren, was im Gesamtzusammenhang nicht mehr als ein geringfügiger Betrag anzusehen wäre.
166 
Hinzu kommt, dass ein Kunde (Patient) auch dadurch abgeschreckt werden kann, eine gewünschte Beratung in Anspruch zu nehmen, dass er weder die Dauer der Beratung abschätzen noch sicher sein kann, ob er nicht längere Zeit kostenpflichtig in einer Warteschlange gehalten wird.
167 
Außerdem gilt der von der Beklagten angegebene, tatsächlich nicht zwingende Minutenpreis von 14 ct./min. nicht für alle Anrufer. Wer über ein Mobilfunknetz anruft, hat bei Servicenummern regelmäßig deutlich höhere Minutenpreise zu gewärtigen.
3.
168 
Der Klage- und Berufungsantrag, der darauf gestützt wird, dass die Beklagte nicht ohne eine deutsche Apothekenerlaubnis tätig werden dürfe, ist zulässig und gleichfalls begründet.
a)
169 
Zulässigkeitsbedenken bestehen auch im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht. Selbst wenn man den Antrag für sich genommen für zu unbestimmt formuliert halten wollte, hat der Kläger doch in seinem Sachvortrag und durch die Hilfsanträge zu diesem Klageantrag hinreichend klar zu erkennen gegeben, aus welchen Tätigkeiten der Beklagten er ableitet, dass diese einer apothekenrechtlichen Erlaubnis nach deutschem Recht bedürfe.
b)
170 
Der Antrag ist nach dem insoweit unzweifelhaft anzuwendenden deutschen Recht auch begründet.
(1)
171 
Unstreitig ist im zweiten Rechtszug, dass entsprechend der verfahrensfehlerfreien Feststellung des Landgerichts die Beklagte als niederländische Versandapotheke nach den Maßgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich keiner deutschen Apothekenbetriebserlaubnis bedarf. Der Versandhandel mit Arzneimitteln ist seit dem 01. Januar 2004 nicht mehr, wie bis dahin, grundsätzlich verboten, sondern bedarf nur noch einer besonderen Erlaubnis. Dies gilt gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG auch für einen Arzneimittelversand an Endverbraucher von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union aus. Voraussetzung ist, dass das Arzneimittel entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt wird. Zum anderen muss die Apotheke nach dem deutschen Apothekengesetz oder nach ihrem nationalen Recht, soweit dieses dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, zum Versandhandel befugt sein. Nach der Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG ist nicht allein die in Deutschland und in dem anderen Mitgliedstaat jeweils gegebene Gesetzeslage, sondern die jeweilige Rechtslage im Blick auf die tatsächlich bestehenden Sicherheitsstandards miteinander zu vergleichen. Dies ergibt sich aus § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG; nach dieser Bestimmung veröffentlicht das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung in regelmäßigen Abständen eine aktualisierte Übersicht über diejenigen Mitgliedstaaten, in denen für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen. Diese Übersicht ist für die Gerichte bindend (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - I ZR 205/04, GRUR 2008, 275, bei juris Rz. 23 ff., BverwGE 131, 1 = NVwZ 2008, 1239 ff.). Unstreitig sind die Niederlande in diese Liste aufgenommen.
(2)
172 
Nicht zu folgen ist dem Landgericht zu diesem Klageantrag jedoch in seiner weiteren Begründung.
(2.1)
173 
Schriebe man die Zulässigkeit des Versandhandels mit Medikamenten unabhängig davon fest, welche Tätigkeiten über eine gewerbliche Niederlassung in Deutschland erledigt werden, so könnte dies zu Schutzlücken führen, da eine lückenlose Kontrolle nach dem Maßstab des deutschen Apothekenrechtes aufgrund der Aufspaltung der Kontrolle auf Behörden zweier noch dazu verschiedensprachiger Staaten nicht gewährleistet wäre und selbst bei einer reibungslosen Zusammenarbeit zeitliche Verzögerungen zu gewärtigen sind. Dies wäre mit den Grundgedanken des deutschen Apothekengesetzes unvereinbar und von der amtlichen Übersicht daher auch nicht mehr gedeckt.
(2.2)
174 
Das Apothekengesetz knüpft die Befugnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke an eine personengebundene Erlaubnis (§§ 1 Abs. 3, 2 ApoG). Der Erlaubnisinhaber ist zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung verpflichtet (§ 7 ApoG). Diese Verpflichtung wird insbesondere durch die Vorschriften über die nur in engen Grenzen zulässige Vertretung und über das Apothekenpersonal abgesichert. Es arbeitet unter der Verantwortung des Apothekenleiters und darf nur entsprechend seinen Kenntnissen und Fähigkeiten eingesetzt werden. Hinzu tritt eine je nach Qualifizierung des Personals gestufte Aufsichtspflicht des Apothekenleiters, die bei dem Einsatz von angestellten Apothekern anders als bei dem übrigen pharmazeutischen Personal zwar gelockert ist, aber infolge der Pflicht zur persönlichen Leitung nicht gänzlich entfällt. Die Wahrnehmung dieser Pflichten erfordert „Apothekenpersonal”, also Personal der Apotheke, dessen Leiter der Inhaber der Erlaubnis ist. Daran hat die Einführung des Versandhandels nichts geändert. Der Versandhandel darf nur von einer öffentlichen Apotheke aus erfolgen, deren Leiter eine Erlaubnis nach § 2 ApoG besitzt (§ 11a ApoG). Die Bindung der Arzneimittelabgabe an eine Apotheke und deren Personal bleibt dadurch unberührt.
175 
Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass der Erlaubnisinhaber die ihm als Apothekenleiter obliegende pharmazeutische Tätigkeit nicht aus der Hand geben darf. Diese Tätigkeit ist nicht im Hinblick auf eine haftungsrechtliche Verantwortung für den Betrieb der Apotheke entstanden, sondern soll vorgelagert einen Schadensfall bereits verhindern. Damit korrespondiert seine Pflicht zur persönlichen Leitung (vgl. § 7 ApoG). Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass der Apothekenleiter die Verantwortung nicht nur rechtlich trägt, also einzustehen hat für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, sondern diese Verantwortung auch tatsächlich wahrnehmen muss. Damit lässt sich nicht vereinbaren, den Apothekenbetrieb zeitweise einer Gesellschaft und deren Personal oder von der Gesellschaft vermittelten anderen Apothekenleitern zu überlassen (zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 - 3 C 30.09, NVwZ-RR 2010, 809, Tz. 25 f.).
176 
Auch vertraglich geregelte Einwirkungsmöglichkeiten und Weisungsrechte sind kein gleichwertiger Ersatz für die im Apothekengesetz vorgesehene persönliche Leitung der Apotheke. Sie kranken schon daran, dass sie nicht auf einer unmittelbaren rechtlichen Beziehung des Erlaubnisinhabers zu den Personen beruhen, die für ihn und seine Apotheke tätig werden sollen.
177 
Damit ist es unvereinbar, wenn Arbeitsgänge, die dem pharmazeutischen Bereich der Apotheke zuzurechnen sind, sei es unmittelbar oder weil sie Auswirkungen auf die Arzneimittelsicherheit oder die Volksgesundheit haben können, nicht unter der direkten Kontrolle des verantwortlichen Apothekers ausgeführt werden. Lässt eine ausländische Versandapotheke - wie es die Beklagte unstreitig ist – solche Tätigkeiten in Deutschland ausführen, so bedarf sie dazu der deutschen Apothekenerlaubnis.
(2.3)
178 
Dafür dass der Gesetz- und Verordnungsgeber solche Tätigkeiten aus der Apothekenerlaubnispflicht habe ausnehmen wollen, sofern der Sitz des Unternehmens im Ausland liegt, gibt es keinen Anhalt. Hierbei ist auch zu bedenken, dass sich anderenfalls eine unklare Grenzziehung und damit ein Graubereich ergäbe, der zu Schutzlücken führen würde, wobei der Senat nicht zu klären braucht, ob die soweit reichen könnte, dass eine Apotheke ohne deutsche Apothekenerlaubnis in Deutschland tätig sein könnte, die bezogen auf das Versandgeschäft nur ihr Logistikzentrum in den Niederlanden unterhält oder gar dort nur pro forma tätig ist.
(2.4)
179 
Ferner kann nicht darauf abgestellt werden, dass das deutsche Recht keine „Teilapothekenbetriebserlaubnis" kenne (vgl. BVerwGE 131, 1 = NVwZ 2008, 1239, bei juris Rz. 34). Der Versandhandel unterscheidet sich von den Präsenzapotheken wohl organisatorisch, nicht aber in Bezug auf den zu wahrenden Schutzzweck, die Arzneimittelsicherheit und damit die Volksgesundheit zu wahren, der den nationalen Regelungen zugrunde liegt. Sobald diese Belange betroffen sind, bedarf es für eine Tätigkeit, die in Deutschland ausgeübt wird, der apothekenrechtlichen Erlaubnis. Dass der Gesetzgeber eine hiervon abweichende, schutzzweckwidrige Regelung habe treffen wollen, ist nicht ersichtlich.
(2.5)
180 
Die Beklagte führt derartige Tätigkeiten in Deutschland durch.
(2.5.1)
181 
Der Senat braucht insoweit nicht zu entscheiden, ob sich dies schon daraus ergibt, dass die Beklagte nach eigenem Bekunden in ihrer Zuständigkeitsrüge in Deutschland eine Niederlassung im Sinne des § 14 Abs. 2 UWG unterhält.
182 
Ebenso kann dahinstehen, ob die unstreitig von der Beklagten von Deutschland aus geführten Verhandlungen mit Vertragspartnern, die der Arzneimittelbeschaffung oder der logistischen Planung dienen, sich mittelbar so auf die Belange des Kunden und der Allgemeinheit auswirken, dass sie eine Genehmigungspflicht auslösten.
183 
Dasselbe gilt für die unstreitig über eine Adresse in Deutschland abgewickelte Retourenorganisation der Beklagten, die zumindest das Interesse der Allgemeinheit an einer ordnungsgemäßen Entsorgung von Altmedikamenten erfassen kann und damit einen mittelbar wirkenden Aspekt der Volksgesundheit.
184 
Schließlich mag auch dahinstehen, dass die Beklagte nach eigenem Bekunden zeitweise die Rezeptannahme über ein Postfach in Aachen und damit über eine Anlaufstelle in Deutschland organisiert hatte, was dazu führte, dass eingehende Rezepte nicht unmittelbar an ihrem Sitz bzw. in einer Präsenzapotheke in den Niederlanden ausgeliefert wurden, sondern in Deutschland.
(2.5.2)
185 
Denn die Beklagte führt unstreitig in Deutschland Leistungen durch, die im Kernbereich der Apothekentätigkeit liegen und unmittelbar dem pharmazeutischen Bereich unterfallen. Sie hat auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt, dass sie mittels eines sogenannten „Überlaufs“ Anrufe über eine Dienstleistungstelefonnummer zur Bestellannahme und Beratung - es handelt sich auch ausweislich der angegriffenen Werbung um eine für beide Bereiche geschaltete Nummer - von einer Drittfirma in Kornwestheim entgegennehmen und bearbeiten lässt, sofern ihre Kapazitäten in den Niederlanden gerade belegt sind. Sie hat auf Fragen weder Angaben zu diesen Kapazitäten in den Niederlanden gemacht noch zur Zahl der in Kornwestheim abgearbeiteten Anfragen.
186 
Anders als in dem vom BVerwG zu entscheidenden Fall (BverwGE 131, 1 = NVwZ 2008, 1239, bei juris Rz. 34 f.) geht es hierbei nicht nur um das Einsammeln und Übermitteln von Rezepten und um die Übergabe von Medikamentensendungen (also um Tätigkeiten, die anderenfalls der Post übertragen würden), sondern um pharmazeutisch bedeutsame Entscheidungen und Tätigkeiten, die sich nicht auf die innere Organisation der Beklagten beschränken, sondern einen inhaltlich nicht unwesentlichen Teil der Apothekentätigkeit darstellen und unmittelbar auf den Kunden (Patienten) einwirken.
187 
Auf die Kapazitäten der Beklagten in den Niederlanden und auf die Zahl der in Kornwestheim abgearbeiteten Anrufe kommt es nicht entscheidend an, weil jeder einzelne Anruf die vom Gesetz- und Verordnungsgeber anerkannten, zu schützenden Rechtsgüter berührt.
4.
188 
Diese Verstöße sind auch geeignet, die Interessen von Mitbewerbern oder Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 Abs. 1 UWG). Die Beklagte räumt mittelbar selbst ein, dass ein Hinweis auf die tatsächlichen Gegebenheiten geeignet wäre, Verbraucher davon abzuhalten, mit ihr in geschäftliche Verbindung zu treten. Eine Erheblichkeit ist schon angesichts des betroffenen Schutzgutes und des Umfanges der Werbungsverbreitung gegeben.
B
189 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Die auch insoweit zulässige Klage hat das Landgericht ohne für die Senatsentscheidung erhebliche Verfahrensfehler für begründet angesehen. Auf seine Ausführungen nimmt der Senat vorab Bezug, um Wiederholungen zu vermeiden. Die Angriffe der Beklagten vermögen das landgerichtliche Urteil nicht zu erschüttern.
1.
190 
Zurecht hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, zu werben wie in den Anlagen K 1, K 2 und K 13 ohne klarzustellen, dass es sich um Angebote einer niederländischen Versandapotheke handelt. Auf diese Ausführungen, in Sonderheit auf die Rechtsausführungen nimmt der Senat vorab Bezug. Die Werbung K 1 und K 2 ist unlauter, da irreführend. Die Anlage K 13 ist im Zusammenhang mit der Anlage K 2 zu würdigen, weil sie dieser beigefügt war; so dass sie deren rechtliches Schicksal teilt.
a)
191 
Maßgebend für die Prüfung der Unterlassungsansprüche ist zwar sowohl das UWG in der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der umstrittenen Werbung bzw. der Ausgabe des angegriffenen Bestellscheines (also in seiner alten) Fassung als auch auf Grund der Zukunftgerichtetheit des Unterlassungsbegehrens die neue Fassung. Da aber im fraglichen Zeitraum im Jahre 2008 das UWG a.F. mangels Umsetzung der UGP-Richtlinie konform zu dieser Richtlinie auszulegen war (seit dem 12. Dezember 2007; vgl. BGH, Beschluss vom 05. Juni 2008 - I ZR 4/06, GRUR 2008, 807, 809), kann der Senat seiner Entscheidung das neue Recht zugrunde legen. Die Beklagte kann dem auch nicht entgegenhalten, die Richtlinie wirke nicht unmittelbar. Denn es steht vorliegend keine Auslegung contra legem im Raum; die Beklagte argumentiert insoweit am Inhalt ihrer Werbung und ihres Bestellscheines vorbei.
b)
192 
Dass die Beklagte die Werbung seit der Neufassung des Gesetzes nicht mehr verwendet, bleibt unerheblich. Denn die durch einen Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr wird weder durch eine einfache Absichtserklärung noch durch das Ende der angegriffenen Werbeaktion beseitigt, sondern nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung.
c)
193 
Die Werbung nach der Anlage K 1 als auch diejenige nach der Anlage K 2 täuscht den situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbraucher darüber, wer sein Vertragspartner wird. Daran nimmt auch der Bestellschein K 13 teil, der unstreitig zusammen mit der Werbung K 2 verteilt wurde.
(1)
194 
Die Werbung richtet sich an Endverbraucher. Der Senat kann deren Verständnis vom Inhalt der Werbung aus eigener Kenntnis beurteilen, da seine Mitglieder dem angesprochenen Personenkreis angehören und seit Jahren mit Wettbewerbssachen befasst sind.
(2)
195 
Der Verbraucher gewinnt durch diese Werbeschriften jeweils den Eindruck, sein Vertragspartner sei die Firma A. Diese Beurteilung beruht auf einer Gesamtbetrachtung, die mitgeprägt ist durch den optischen Eindruck der Dokumente sowie deren textlicher Fassung. Der falsche Eindruck, welchen die Veröffentlichungen erwecken, wird auch nicht durch eine hinreichende Aufklärung verhindert oder beseitigt.
(2.1)
196 
Maßgebende Einzelaspekte, die dem Verbraucher den Eindruck vermitteln, die Anlagen K 1 und K 2 würben für einen Vertragsabschluss mit A, sind:
197 
- Schon der Umstand, dass die Anlagen K 1 und K 2 dem Verbraucher als einheitliche Werbung vorgelegt werden, spricht dafür, dass darin nicht für Waren oder Dienstleistungen mehrerer Unternehmen geworben werden soll, sondern für solche eines einzigen.
198 
- In der Werbung K 1 erscheint die Bezeichnung „X“ auf Grund des Druckbildes unter der beherrschenden Überschrift „A“ und der Internetadresse www.A.com/X wie eine Handelsmarke der Firma A. Selbst für den Leser, der erkennt, dass es sich um ein eigenes Unternehmen handelt, liegt auf Grund der Gestaltung der Anzeige (hier auch des Hinweises, bei Risiken oder Nebenwirkungen den Arzt oder Apotheker zu befragen) die Annahme nahe, „X“ sei das Unternehmen, das A beliefere, der wiederum die Ware dem Kunden anbiete.
199 
- In der Anlage K 2 tritt hinzu, dass die Namen beider Unternehmen in gleicher Farbe und typenähnlich geschrieben sind.
200 
- In der Anlage K 2 wird „X“ als „exklusiver Partner von A“ bezeichnet, was eine vertragliche Lieferbeziehung zwischen diesen Unternehmen nahelegt und dem angesprochenen Verbraucher nur als eine Erläuterung des Innenverhältnisses A / „X“ gegenübertritt.
201 
- Verstärkt wird der Eindruck eines einheitlichen Unternehmens hier noch durch die auf mehreren Seiten im Fettdruck hervorgehoben angegebene Internetadresse www.A.com/X.
(2.2)
202 
Der Verbraucher erfährt auch nicht aus anderen Teilen der Werbung klarstellende Aufklärung.
203 
- Zwar kann nicht verkannt werden, dass der angefügte Bestellschein auf X lautet. Dadurch kann jedoch der zuvor erweckte irrige Eindruck nicht ausgeräumt werden. Auch die klein – nicht nur etwas kleiner – gedruckten Angaben im unteren Teil des Bestellscheines reichen hierfür nicht aus. Der Kunde schenkt seine Aufmerksamkeit dem auszufüllenden Bestellfeld und allenfalls dem Adressfeld. Die textlich umrahmte Angabe im unteren Bereich der Seite nimmt er allenfalls flüchtig wahr.
204 
- Auch die unterschiedlichen Telefonnummern, auf die die Beklagte hinweist, bringen dem Verbraucher keine Klarheit. Selbst wenn er wahrnimmt, dass es verschiedene Bestellnummern gibt, wird er daraus keine Gedanken in Bezug auf die Person des Werbenden entwickeln. Es ist dem Verbraucher als übliches Vorgehen bekannt, dass ein Unternehmen für verschiedene Bereiche verschiedene Dienstleistungs- oder Bestelltelefonnummern unterhält.
205 
- Gleichfalls unbehelflich ist der Hinweis der Beklagen auf das Internet. Die Irreführung ist anhand der Werbung zu beurteilen, die der Verbraucher zur Kenntnis nimmt, nicht aufgrund zusätzlicher Informationen, die er sich aus anderen Medien beschaffen könnte. Selbst wenn er die Seite der Beklagten aufruft, hat sich deren Werbung bereits in einem durch die Irreführung erlangten Wettbewerbsvorteil niedergeschlagen.
d)
206 
Die Beklagte erweckt - auch dies kann der Senat aus eigener Kenntnis beurteilen - in allen drei Anlagen aber auch in marktrelevanter Weise den unzutreffenden Eindruck in Deutschland ansässig zu sein, so dass dahinstehen kann, ob sie eine lauterkeitsrechtliche Aufklärungspflicht bezüglich ihrer Herkunft bzw. ihres Firmensitzes träfe.
(1)
207 
Unlauter ist es, durch Angaben einen falschen Eindruck über einen für den Verbraucher relevanten Umstand in Bezug auf den Anbieter der beworbenen Waren oder Dienstleistungen zu erwecken (vgl. zum Begriff der Angaben Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl. [2010], Rn. 2.37 ff. zu § 5 UWG, m.w.N.).
(2)
208 
Dass die Beklagte ihren Sitz in Deutschland habe, entnimmt der Verbraucher, dem auch insoweit keine Aufklärung zuteil wird, aus dem Bezug zu A (vgl. soeben (3)), aus Servicenummern mit der in Deutschland üblichen Vorwahl 0180 und aus der abgedruckten Bestelladresse in Aachen. Demgegenüber fallen insbesondere weder die Angaben in den AGB, die viele Verbraucher nicht lesen, noch der Zusatz B.V., der dem Gros der Verbraucher unbekannt ist, ins Gewicht.
209 
Der Internetauftritt der Beklagten ist gleichfalls untauglich, den durch die gedruckte Werbung hervorgerufenen Irrtum zu beseitigen (dazu soeben (3)).
210 
Dasselbe gilt für die Werbeständer, auf die die Beklagte verweist. Unabhängig von deren Gestaltung können aus ihnen allenfalls diejenigen Verbraucher bessere Erkenntnisse gewinnen, die die Werbeschriften dort entnehmen. Sobald die Druckschrift in Umlauf gelangt ist, kommt dem Aufdruck auf dem Werbeständer keine Bedeutung mehr zu.
(3)
211 
Die Relevanz des Sitzes der Beklagten für die Verbraucherentscheidung – und damit ein Täuschungsmotiv – räumt die Beklagte selbst ein, indem sie ausführt, durch einen aufklärenden Hinweis könne es zu einer Schädigung ihres Geschäftes kommen. Ein geschäftlicher Nachteil durch die Offenlegung ihres Sitzes in den Niederlanden setzt voraus, dass der Verbraucher dem Geschäftssitz der Beklagten für seine Kaufentscheidung Bedeutung beimisst.
212 
Sie kann auch, was der Senat gleichfalls aus eigener Kenntnis seiner Mitglieder aus zwei unabhängig voneinander tragenden Erwägungen beurteilen kann, nicht von der Hand gewiesen werden:
213 
Zahlreichen in Deutschland wohnhaften Verbrauchern ist nach vielerlei Medienberichten über Medikamentenfälschungen und über Abwicklungsschwierigkeiten bei Auslandsbestellungen wichtig, Medikamente bei einer in Deutschland ansässigen Apotheke zu bestellen.
214 
Und aus Sicht des Verbrauchers besteht die Gefahr, dass sie länger auf ihre Medikamente warten müssen, wenn diese aus den Niederlanden zugesandt werden im Verhältnis zur Versanddauer aus Deutschland.
(4)
215 
Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, aufklärende Angaben fehlten aufgrund der Beschränkungen des konkreten Mediums.
216 
Diese Meinung ist schon im Ansatz falsch, weil nicht eine Unterlassung vorliegt, sondern eine täuschende Angabe.
217 
Es kann aber auch nicht festgestellt werden, dass die gedruckte Werbung es der Beklagten nur unter unzumutbaren Beschränkungen erlaubt hätte, dem Verbraucher ihren Sitz mitzuteilen. Schon geringfügige sprachliche oder grafische Änderungen hätten ausgereicht, den Firmensitz in der Werbung lauterkeitsrechtlich korrekt anzugeben. Gerade die gedruckte Werbung setzt hierbei kaum – und vorliegend gar nicht – Grenzen, die es geböten, eine Einschränkung der berechtigten Interessen des Verbrauchers an klarer und inhaltlich richtiger Werbung zurücktreten zu lassen hinter Interessen des Werbenden.
(5)
218 
Dem daraus resultierenden Interesse des Verbrauchers an einer korrekten Angabe zum Anbieter kann sich die Beklagte nicht unter Hinweis auf europarechtliche Vorschriften zum Warenverkehr entziehen.
(5.1)
219 
Der freie Warenverkehr soll dem Verbraucher nutzen, indem er herkunftsunabhängig das ihm vorzugswürdige Produkt oder die ihm vorzugswürdig erscheinende Leistung auswählen kann; hingegen soll er das Auswahlrecht als Verbraucher nicht beschränken, aushöhlen oder unterlaufen. Dabei ist der Verbraucher auch berechtigt, objektiv falsche oder dem Gedanken des freien Warenverkehrs zuwiderlaufende Auswahlkriterien anzulegen.
(5.2)
220 
Nichts anderes ergibt sich aus dem Diskriminierungsverbot. Der Verbraucher unterliegt diesem Verbot nicht. Er ist in seiner Auswahlentscheidung frei, und namentlich die UGP-Richtlinie und ihr folgend die §§ 5, 5 a UWG sowie der Anhang zu § 3 UWG lassen erkennen, dass das Lauterkeitsrecht den Verbraucher davor bewahren soll, aufgrund falscher, lückenhafter oder scheinrelevanter Informationen in die Gefahr gebracht zu werden, eine Konsumentscheidung zu treffen, die er ohne diese Angaben nicht getroffen hätte. Hinter dieser Vorgabe müssen reflexartig auftretende nachteilige Auswirkungen zurücktreten, auch wenn sie sich auf den Sitz des werbenden Unternehmens beziehen.
2.
221 
Zutreffend hat das Landgericht auch die in ihrem Charakter als AGB-Klausel und in ihrem Wortlaut unstreitige Vertragsbestimmung zum anwendbaren Recht/Gerichtsstand als unwirksam verworfen. Insoweit kann der Senat dahinstehen lassen, ob der erhobene Anspruch aus §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG vom Kläger darauf gestützt werden kann, die Klausel sei – was das Landgericht richtig erkannt hat – überraschend (vgl. zur Überraschung im Sinne dieser Vorschrift BGH, Urteil vom 30. September 2009 - IV ZR 47/09 [Tz. 13]). Denn die Klausel weicht von einem Grundgedanken des Gesetzesrechts ab und benachteiligt den Verbraucher unangemessen. Dies hat schon das Landgericht als obiter dictum skizziert.
a)
222 
Prüfungsmaßstab für die Zulässigkeit dieser AGB-Klausel ist das deutsche Recht.
(1)
223 
Soweit ausländisches Recht Vertragsstatut ist, beurteilt sich im Ausgangspunkt die Frage der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle grundsätzlich nach diesem (Senatsurteil vom 10. Dezember 2009 – 2 U 66/09, a.a.O., bei juris Rz. 32, auch wie nachfolgend, u.H. auf Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl. [2009], IntGV, 59; H. Schmidt, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl. [2006], Anh. § 310 BGB, 650). Doch bleibt die Möglichkeit einer Sonderanknüpfung zu beachten (Hau, a.a.O., 59). Insoweit galt: In den wichtigen Fällen sog. Verbraucherverträge i.S.v. Art. 29 EGBGB sind die §§ 305 ff. auch bei wirksamer Vereinbarung ausländischen Rechts anzuwenden (H. Schmidt, a.a.O., 650). Unter in dieser Vorschrift näher bestimmten Voraussetzungen ist trotz der Rechtswahl das am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verbrauchers geltende zwingende verbraucherschützende Recht anzuwenden. Auf ausländischem Recht unterliegende Verträge mit deutschen Kunden, die unter diese Vorschrift fallen, finden daher die §§ 305 ff. Anwendung (H. Schmidt, a.a.O., 655 m.w.N.).
(2)
224 
Unstreitig tritt die Beklagte dem Verbraucher nicht als niederländische Apotheke in Erscheinung, jedenfalls nicht in den hier in Rede stehenden Ausprägungen ihres vertrieblichen Auftretens über Filialen der deutschen Drogeriemarktkette A. Deshalb hat der Senat in der Sache in eine Rechtsprüfung einzutreten, welche ganz maßgeblich von deutschen Vorschriften und deutschem Recht geprägt ist, wozu auch die Beachtung europarechtlicher Richtlinien zählt.
(3)
225 
Wie bereits oben zur internationalen Zuständigkeit ausgeführt ist das Vertriebskonzept der Beklagten darauf ausgelegt, die Vorortbeschaffung rezeptpflichtiger Medikamente durch eine - was die Vorortbelieferung des Patienten anbelangt - gleichwertige Versorgung durch die Beklagte zu ersetzen, ihn über ihm vertraute deutsche Handelsorte auf einen anderen Belieferer umzulenken, der sich ihm nach Art der Kontaktaufnahme und Vertragsabwicklung als voll- und gleichwertigen Ersatz „seiner“ Apotheke präsentiert. Dieses Gleichwertigkeitsversprechen ist wesentlicher Bestandteil des Vertriebsmodells der Beklagten, mit welchem es ihr auch gelingt, das von Vertrauen in die Kompetenz der Apotheke getragene besondere Verhältnis zum bisherigen Medikamentenlieferanten aufzulösen. Wird dann, nach der Argumentationsstruktur der Beklagten ganz wesentlich, um sich aus Schutzregeln für das deutsche Apothekenwesen und/oder den deutschen Patienten zu lösen, dieser Beschaffungsakt unter die Geltung ausländischen Rechts gestellt, so verfolgt die Beklagte mit einer solchen formularmäßigen Vorgabe nicht nur ausschließlich eigene Interessen, sondern täuscht im Sinne einer Überrumpelung den Verbraucher nach dem auf Gleichwertigkeit gerichteten Geschäftsmodell über ein wesentliches Vertragselement.
b)
226 
Danach wäre die angebliche Rechtswahlvorgabe in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedenfalls schon unwirksam. Denn mit der Vereinbarung niederländischen Rechts wird der Verbraucher entweder anderen vertraglichen oder haftungsrechtlichen Vorschriften unterstellt, jedenfalls aber, selbst bei einer Gleichwertigkeit oder einer durch europarechtliche Vorschriften vorgegebenen Gleichartigkeit, im Konfliktfall gezwungen, zur Wahrnehmung seiner Rechte einen Rechtsanwalt zu suchen und zu finden, der das maßgebliche Recht und Gesetz im niederländischen Rechtskreis beherrscht, was für den Verbraucher mit erheblichen Schwierigkeiten und Belastungen verbunden ist. Ob ihm dabei konkrete Nachteile drohen, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Denn die Wirksamkeitsbewertung der Rechtswahl richtet sich aus an dem zwischen Verkäufer und Verbraucher abweichend vereinbarten Recht. Ist diese Vereinbarung unwirksam, so fällt jedenfalls als Reflex hiervon die erstrebte Ausschließung der deutschen Vorschriften, auf deren Wertigkeit für die Vertragsschließenden es bei der Gültigkeitsprüfung der Rechtswahl nicht ankommt.
227 
Nach der Verordnung Rom I Art. 6 Abs. 1, welche seit dem 17.12.2009 gilt (Rom I Art. 29; vgl. Thorn, in: Palandt, BGB, 69. Aufl. [2010], Rom I Vorbem. I, 1; allg. zum Übergangsrecht bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - I ZR 124/06 [Tz. 15] - LIKEaBIKE) unterliegen Verbraucherverträge, wenn der Unternehmer seine gewerbliche Tätigkeit auf einen Staat, in welchem der Verbraucher seinen persönlichen Aufenthaltsort hat, ausrichtet, dem Recht des Aufenthaltsortes des Verbrauchers (Art. 6 Abs. 1 b Rom I). Zwar können auch diese Vertragsbeteiligten eine Rechtswahl treffen. Die Rechtswahl darf jedoch nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht, das nach Abs. 1 mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf (Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom I). Insoweit kommen die zwingenden Vorschriften der §§ 305 f. BGB zur Anwendung (Thorn, a.a.O., Art. 6 Rom I, 8).
c)
228 
Die Klausel benachteiligt den Verbraucher aber auch in anderer Weise unangemessen und ist daher nicht zu verwenden.
(1)
229 
Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB ist dann anzunehmen, wenn der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Die Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerechtfertigt ist. Eine Unangemessenheit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn durch die Klausel von grundlegenden Wertentscheidungen des Gesetzgebers abgewichen werden soll (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 23. September 2010 - III ZR 21/10, bei juris Rz. 12; vom 01. Februar 2005 - X ZR 10/04, NJW 2005, 1774, 1775; vom 18. März 2010 - III ZR 254/09, MDR 2010, 637, 638 m.w.N.; Urteil vom 27. Mai 2010 - VII ZR 165/09, NJW 2010, 2272,Rn. 23).
(2)
230 
Die angegriffene Bestimmung erschöpft sich schon nicht in einer Rechtswahlklausel, sondern vermittelt dem Verbraucher durch ihre Überschrift den Eindruck, er habe auch nach niederländischem Prozessrecht – insbesondere also nach der niederländischen Bestimmung der Gerichtszuständigkeiten – sein Recht zu suchen. Dies widerspricht dem in zahlreichen Vorschriften des deutschen Zivilprozessrechts und im europäischen Kollisionsrecht zum Ausdruck kommenden Gedanken, dass der Verbraucher vor seinem Wohnsitzgericht verbraucherrechtliche Streitigkeiten soll führen können.
231 
Der Verbraucher muss, wenn er diese Klausel zur Kenntnis nimmt, gewärtigen, in den Niederlanden prozessieren zu müssen, um seine Rechte geltend zu machen. Da er weder das niederländische Recht kennt, noch auch nur annehmen kann, ohne Schwierigkeiten einen Rechtsanwalt zu finden, der sich in diesem auskennt, wird er geneigt sein, gerade bei Streitigkeiten mit kleinem oder mittlerem Wert von einer Rechtsverfolgung abzusehen, da ihm das Kosten- und das Prozessrisiko unkalkulierbar und außer Verhältnis zu seinem Interesse steht. Die gegenläufigen Ausführungen der Beklagten hierzu gehen an der Lebenswirklichkeit des Verbrauchers vorbei.
(3)
232 
Auch die Rechtswahl hin zum niederländischen Recht benachteiligt den deutschen Verbraucher unangemessen. Die unangemessene Benachteiligung ergibt sich hier gleichfalls aus den soeben zum Gerichtsstand dargelegten Umständen.
3.
233 
Keinen Erfolg kann demnach auch die Berufung gegen die Verurteilung in die Abmahnkosten haben. Der auf §§ 5 UKlaG, 12 Abs. 2 UWG, 291, 288 BGB gestützte Kostenerstattungsanspruch scheitert auch nicht daran, dass die Abmahnung zu ungenau gewesen wäre und daher nicht interessengerecht. Die Beklagte hat mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 02. Juni 2008 (K 4) auf die Abmahnung vom 14. Mai 2008 reagiert und in der Sache in einer Art und Weise Stellung genommen, die nicht erkennen lässt, dass sie im Unklaren gewesen wäre, worauf sich der Kläger stütze.
234 
Gegen die vom Landgericht zugebilligte Höhe des Anspruchs wendet sich die Beklagte nicht. Gegen sie ist auch nichts zu erinnern.
III.
1.
235 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
2.
236 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 48 Abs. 1, 47 Abs. 1, 45 Abs. 3 GKG i.V.m. §§ 3, 4 ZPO.
237 
Der vom Landgericht festgesetzte Wert von 60.208,65 EUR erscheint in mehrerlei Hinsicht korrekturbedürftig. Die Ansätze zu den einzelnen Unterlassungsanträgen entsprechen bei weitem nicht der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache. Die Parteien streiten um Werbung bzw. AGB im Bereich der Arzneimitteldistribution an Endverbraucher, wobei nicht ein Einzelbewerber seine Interessen verfolgt, sondern die Wettbewerbszentrale klagt. Dieser Markt hat, was aus der öffentlichen Diskussion über die Kosten im Gesundheitswesen senatsbekannt ist, in Deutschland ein Volumen von mehreren Milliarden Euro jährlich.
238 
Dem Senat erscheint, ausgehend von dem vom Kläger verfolgten Interesse, der nunmehr festgesetzte Streitwert angemessen, wobei an Hand der erstinstanzlich gestellten und im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (insoweit ergänzt durch den Beschluss vom 06. August 2010) wiedergegebenen Anträgen folgende Einzelwerte auszusetzen sind:
239 
Ziffer I.1.:
100,000,- EUR
(wobei erstinstanzlich insoweit über den zweitinstanzlich nicht
mehr gestellten Haupt- und über einen gleichwertigen
Hilfsantrag entschieden wurde; § 45 Abs. 3 ZPO)
Ziffer 1.1.1:      
100.000,- EUR
Ziffer 2:
  50.000,- EUR
Ziffer 3 a):
    5.000,- EUR
(in der Berufung nicht weiterverfolgt)
Ziffer 3 b):
  50.000,- EUR
Ziffer 4:
200.000,- EUR
240 
Über die zweitinstanzlich gestellten Hilfsanträge war nicht zu entscheiden, so dass sie den Streitwert nicht erhöhen (§ 45 Abs. 3 GKG). Dem Klageantrag Ziffer 2 kommt auch im Berufungsrechtszug nach der ständigen Rechtsprechung des Senates kein eigenständiger Wert zu (§ 4 ZPO).
241 
Der Senat lässt die Revision für die Beklagte wegen Rechtsgrundsätzlichkeit zu (vgl. schon Senatsurteil vom 10. Dezember 2009 – 2 U 66/09; über jene Revision hat der Bundesgerichtshof, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden).
242 
Im Übrigen war die Revision nicht zuzulassen.

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 13. April 2010 (Az.: 17 O 365/09)

abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.000,- EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.000,- EUR seit dem 15. September 2009 und aus weiteren 10.000,- EUR seit dem 15. Oktober 2009 zu bezahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 20.000,- EUR.

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Vertragsstrafe wegen zweier Wettbewerbsverstöße.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 13. April 2010 (Az.: 17 O 365/09) nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und hierzu ausgeführt:
Die streitgegenständlichen Artikel in dem Magazin „Christophorus“ seien keine Werbung im Sinne der Unterlassungserklärung der Beklagten vom 01.03.2007, wie deren Auslegung nach §§ 133, 157 BGB anhand der in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze ergebe. Ziel der Auslegung sei die Ermittlung des wirklichen Willens der Vertragsparteien. Hierbei seien neben dem Erklärungswortlaut die beiderseits bekannten Umstände wie insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, deren Zweck, die Wettbewerbsbeziehung zwischen den Vertragsparteien sowie deren Interessenlage heranzuziehen. Im Ergebnis entschieden die Umstände des Einzelfalls.
Ein unmittelbarer Rückgriff auf die Grundsätze zur Auslegung von Unterlassungstiteln komme dagegen nicht in Betracht. Den Parteien könne ohne besondere Anhaltspunkte nicht der Wille unterstellt werden, bei der Vereinbarung eines Unterlassungsvertrags eine Regelung gewollt zu haben, die der Rechtslage nach Erlass eines gleichlautenden Unterlassungstitels entspreche. Im Allgemeinen werde es aber dem Interesse keiner Partei entsprechen, durch die Unterlassungsverpflichtung schlechter gestellt zu werden als durch ein entsprechendes Urteil. Da der Schuldner bezwecke, die Wiederholungsgefahr auszuräumen, seien nach dem erfahrungsgemäß - nicht zwingend - anzunehmenden Parteiwillen auch im Kern gleichartige Verletzungshandlungen von der Vereinbarung erfasst, es sei denn aus dem Wortlaut oder aus den Begleitumständen ergäben sich Einschränkungen.
Maßgeblich sei in erster Linie der Wortlaut und der diesem zu entnehmende objektive Parteiwille. Im Ausgangspunkt sei daher zu prüfen, ob der Wortlaut der Vereinbarung eindeutig sei. Bei einer vom Gläubiger vorformulierten Erklärung komme es darauf an, wie der Schuldner diese verstehen musste. Auch Elemente einer ergänzenden Vertragsauslegung könnten zu beachten sein. Regelmäßig übernehme ein Kaufmann keine Unterlassungsverpflichtung ohne jegliche gesetzliche Grundlage.
Die Begleitumstände des Zustandekommens der Unterlassungsvereinbarung seien heranzuziehen, insbesondere eine vorausgegangene Abmahnung.
Unter Berücksichtigung dieser Auslegungsgrundsätze sei die Unterlassungserklärung der Beklagten vom 01.03.2007 einschränkend auszulegen. Nach dem objektiven Parteiwillen solle sie nur mit der Spiegel-Anzeige identische oder kerngleiche Handlungen verbieten. Die Wettbewerbskonformität der beanstandeten Artikel im Lichte von §§ 5 Abs. 1, 2 Nr. 9 Pkw-EnVKV wäre nur dann von Bedeutung, wenn sie Rückschlüsse auf die Auslegung der Vereinbarung zuließe.
Der Wortlaut der Unterlassungserklärung gebe den Gesetzeswortlaut von § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV in seinen maßgeblichen Teilen wieder und lege eine gesetzeswiederholende Unterlassungserklärung nahe, wie sie die Klägerin mit ihrem Entwurf (B 5, Bl. 83 d.A.) angestrebt habe.
10 
Allerdings habe die Beklagte eine anders formulierte Unterlassungserklärung abgegeben und vor allem den Satz „insbesondere wie aus der Cayenne Turbo-Anzeige im Spiegel Nr. 4 vom 22. Januar 2007 ersichtlich" eingefügt, wodurch die konkrete Verletzungsform nur als Beispiel heranzuziehen sei. Auf der anderen Seite habe der BGH eine Unterwerfungserklärung mit der Formulierung „insbesondere wie" als eine „streng an der konkreten Verletzungsform orientierte Erklärung" gedeutet und nur solche Handlungen unter die Unterwerfung gefasst, die gleichfalls das Charakteristische der verletzenden Handlung aufwiesen.
11 
Vorliegend könne der „insbesondere wie"-Zusatz entweder den Zweck haben, die abstrakt und weit gefasste Unterlassungserklärung durch ein Beispiel zu veranschaulichen oder aber eine Beschränkung der Unterlassungserklärung auf die konkrete Verletzungshandlung sowie hierzu im Kern vergleichbare Handlungen bedeuten. Der Wortlaut sei jedenfalls nicht eindeutig.
12 
Die Begleitumstände der Unterlassungserklärung ließen darauf schließen, dass die Beklagte nur eine Unterwerfung in Bezug auf die konkrete Verletzungsform und hierzu kerngleiche Handlungen abgeben habe wollen. Dies sei ersichtlich aus der Abweichung vom Verlangen in der klägerischen Abmahnung. Unter Ziff. 3 ihres Schreibens habe die Beklagte darüber hinaus kritisiert, dass die von der Klägerin geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung lediglich den Gesetzestext wiederhole, ohne sich auch nur annähernd an der beanstandeten konkreten Verletzungsform zu orientieren. Daran schließe sich in Ziff. 4 die Unterlassungsverpflichtung nebst Vertragsstrafeversprechen an. Dadurch habe der Klägerin klar sein müssen, dass die Beklagte nur eine auf die konkrete Verletzungsform eingeschränkte Unterlassungserklärung abgeben wolle. Sie habe diese Unterlassungserklärung vorbehaltlos mit Schreiben vom 06.03.2007 angenommen (B 7, Bl. 85 d.A.). Für die Beklagte habe daher kein Grund bestanden, zu befürchten, die Klägerin verstehe die Unterwerfung wie zunächst in der Abmahnung gefordert. Auch das Vertragsstrafeversprechen deute gegen eine bloß gesetzeswiederholende Unterwerfung.
13 
Sinn und Zweck der Unterlassungserklärung ließen auf eine nur eingeschränkte Unterwerfung schließen. Nach der von der Klägerin befürworteten Auslegung hätte die Beklagte genau die in der Abmahnung geforderte Unterwerfung erklärt. Dem legitimen Interesse der Beklagten, die Unterlassungsverpflichtung nur soweit zu erstrecken, wie der damalige gesetzliche Unterlassungsanspruch der Klägerin reichte, müsse ebenfalls Rechnung getragen werden. Eine sachgerechte und ausgewogene Auslegung der Unterlassungserklärung ergebe, dass die Beklagte sich nicht für sämtliche künftig eintretende Zuwiderhandlungen jeglicher Art gegen § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV vertraglich unterwerfen wollte, sondern nur für solche Handlungen, die mit der beanstandeten Spiegel-Anzeige identisch oder in Bezug auf das Charakteristische vergleichbar seien.
14 
Auch die Untätigkeit beider Parteien lasse als Indiz den Schluss zu, dass die damalige Unterwerfung nicht für Fahrzeugberichte der Beklagten im Magazin „Christophorus“ habe gelten sollen. Ob die Klägerin damals Kenntnis von diesem Magazin gehabt habe, sei dafür irrelevant, da die Beklagte bei Vertragsschluss von einer Kenntnis habe ausgehen dürfen.
15 
Die Frage, ob die Artikel im Magazin „Christophorus“ Werbeschriften im Sinne von § 2 Nr. 9 Pkw-EnVKV seien, sei eine so komplexe Auslegungsfrage im Spannungsfeld von Wettbewerbsrecht und Pressefreiheit, dass ein diesbezüglicher Regelungswille der Beteiligten aus der schlichten Formulierung „Werbeschriften" nicht hergeleitet werden könne. Selbst als Werbung stellten diese Artikel keine im Kern mit der Spiegel-Anzeige vergleichbare Begehungsform dar, da mit redaktionellem Gehalt versehen. Sie dienten zumindest auch der Unterhaltung und Information der Leser. Dies gelte auch für die beiden Tabellen mit technischen Daten in der Ausgabe Nr. 339, da sie Teil von Textbeiträgen seien.
16 
In der Spiegel-Anzeige sei die Werbebotschaft der einzige Aussagegehalt. Dass durch die Schilderung von Produktneuheiten das Kaufinteresse der Leser geweckt werden könne, mache die beanstandeten Beiträge noch nicht mit einer klassischen Werbeanzeige vergleichbar. Nahezu jede Unternehmenskommunikation sei darauf bedacht, das Unternehmen und seine Produkte in einem guten Licht erscheinen zu lassen.
17 
Die beanstandeten Beiträge seien in einem Kundenmagazin abgedruckt, das nach seiner Art und Aufmachung nicht nur Werbung enthalte, sondern einer „Special-Interest-Zeitschrift“ angenähert sei, nicht gleich eigener Werbung in Kundenbroschüren, „Werbeflyern“ oder Werbeprospekten und von Werbung in fremden Publikationen.
18 
Die beanstandeten Beiträge stellten nach ihrer Einkleidung in das unternehmenseigene Magazin, nach ihrer optischen Aufmachung sowie nach ihrer sprachlichen Fassung allenfalls eine Mischung zwischen Information und Werbung dar.
19 
Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese prozessordnungsgemäß begründet.
20 
Der Kläger begründet seine Berufung wie folgt:
21 
Das Landgericht habe den Wortlaut der von der Beklagten abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung unzulässigerweise uminterpretiert, die zu deren Abgabe führenden Umstände einseitig im Sinne der Beklagten subjektiv bewertet und daraus eine nicht korrekte Auslegung zu Lasten des Klägers vorgenommen.
22 
Parteiwille und Zielsetzung des Klägers sei nach dem Wortlaut seiner Aufforderung gewesen, von der Beklagten eine weitgehende strafbewehrte Unterlassungserklärung zu erhalten, wobei er sich eng an den Gesetzeswortlaut angelehnt habe.
23 
Die Parteien seien bei der Ausgestaltung eines wettbewerbsrechtlichen Unterwerfungsvertrages grundsätzlich frei und könnten sich auf die Übernahme des Gesetztes beschränken, wenn dieses selbst hinreichend eindeutig und konkret gefasst sei, insbesondere bei strafbewehrten Tatbeständen, wie dies bei der Pkw-EnVKV der Fall sei.
24 
Der „insbesondere“-Zusatz oder die Formulierung „wie beispielhaft" brächten dabei regelmäßig das Charakteristische des Verbots zum Ausdruck. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe die Beklagte den ihr mit Datum 29.01.2007 übermittelten Entwurf der strafbewehrten Unterlassungserklärung nur geringfügig modifiziert und in der weiten Form unverändert übernommen. Modifiziert habe er die Höhe der Vertragsstrafe (nach dem neuen Hamburger Brauch). Des so geschaffenen Überprüfungsspielraumes hätte sie nicht benötigt, wenn die Unterlassungsverpflichtung nur auf mit der besagten Werbeanzeige im Spiegel vom 22.01.2007 identische Werbungen bezogen gewesen wäre.
25 
Die zweite Modifizierung lasse ebenfalls die Reichweite der Unterlassungsverpflichtung auf alle Werbeschriften und elektronisches Werbematerial unberührt. Sie diene lediglich der Konkretisierung der Unterlassungserklärung mit einer versichernden Klarstellung, dass eine Bewerbung der Fabrikmarke Porsche in Form von Image-Werbung oder von Porsche-Typen ohne Angaben zur Motorisierung nicht zu einer Verwirkung der Vertragsstrafe führe (vgl. Ziff. 3 des Abschnitts I der Anlage 4 zu § 5 Pkw-EnVKV). Nur dieser Klarstellung habe mithin auch der „insbesondere“-Einschub gedient.
26 
Hierauf habe der Kläger eindeutig in seinen Schriftsätzen vom 12.02.2010 und vom 15.02.2010 hingewiesen, was vom Landgericht überhaupt nicht thematisiert worden sei.
27 
Wille der Beklagten sei es gewesen, die eingegangene Unterlassungsverpflichtung auf künftige Werbungen für Neufahrzeuge von Porsche-Modellen in allen Werbeschriften im Sinne der Pkw-EnVKV zu erstrecken.
28 
Nach der Sichtweise des Landgerichts Stuttgart wären auch Werbungen der Beklagten für neue Porsche-Modelle in Kundenprospekten, Werbebroschüren, Zeitungsbeilagen, „Flyern“ etc. mangels Vergleichbarkeit mit der Ursprungsanzeige im Spiegel Nr. 4 vom 22.01.2007 vom Anwendungsbereich nicht erfasst. Dies stehe in klarem Widerspruch zum Wortlaut und zum Erklärungswillen beider Parteien. Hätte die Beklagte eine lediglich auf künftige Verstöße in Werbeanzeigen wie in dem Magazin „Der Spiegel" Nr. 4 vom 22.01.2007 bezogene strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben wollen, hätte sie dies eindeutig formulieren müssen. Dann wäre aber die Aufnahme des Wortes „Werbeschriften" gegenstandslos gewesen.
29 
Das landgerichtliche Urteil leide an einem Zirkelschluss, indem es einerseits ausführe, eine Werbung der Beklagten in Kundenbroschüren, „Werbeflyern“ oder Werbeprospekten, dürfte noch zum Kernbereich der Unterwerfungserklärung zählen, während es andererseits die Klage mit der Argumentation abweise, vom Anwendungsbereich der von der Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärung seien lediglich im Kern mit der besagten Spiegel-Anzeige vergleichbare Begehungsformen erfasst.
30 
Bei in elektronischer Form verbreitetem Werbematerial dürfte ein Vergleichsversuch in Sinne des Landgerichts schon im Ansatz scheitern, was die Unrichtigkeit der Entscheidung zeige.
31 
Das von der Beklagten herausgegebene Magazin „Christophorus“ sei eine Werbeschrift im Sinne von § 2 Nr. 9 Pkw-EnVKV, wie bereits erstinstanzlich dargelegt (vgl. K 7). Die Beklagte setze es ausschließlich dafür ein, ihre Modelle der Fabrikmarke Porsche zu bewerben und deren Verkauf zu fördern. Es sei nicht als Kundenmagazin einer „Special-lnterest-Zeitschrift“ angenähert, sondern reines Marketing- und Vertriebsinstrument der Beklagten, dem jede auch journalistische Unabhängigkeit und Neutralität fehle und das sich durch eine einseitige und tendenziöse Berichterstattung über die darin vorgestellten Porsche-Fahrzeuge, deren ausschließlich positive Eigenschaften und deren Vorteile auszeichne. Über Fahrzeuge anderer Autohersteller werde darin weder berichtet, noch hätten diese die Möglichkeit, beispielsweise eigene Anzeigen über ihre Produkte zu schalten. Es werde von der Beklagten als kostenloser Werbeträger und Werbeschrift einsetzt; so biete sie derzeit über das Vielfliegerprogramm der Deutschen Lufthansa AG Statuskunden in Zusammenarbeit mit der Deutschen Lufthansa AG ein kostenloses Jahresabonnement von 6 Ausgaben des „Christophorus“ an.
32 
Die bloße Mutmaßung des Landgerichts, die Beklagte habe bei Vertragsschluss davon ausgehen dürfen, dass der Kläger ihre Hauptpublikationen kenne, entbehre jeder tatsächlichen Grundlage und rechtlichen Begründung. Der Hinweis auf ein Zuwarten des Klägers sei nicht durch den Vortrag der Parteien gestützt und spekulativ.
33 
Der Kläger habe sein Ermessen zur Höhe der Vertragsstrafe fehlerfrei ausgeübt. Das Kundenbindungsmagazin Christophorus habe eine Auflage von über 300.000 Exemplaren und spreche eine unbestimmte Anzahl von Lesern und potentiellen Kunden an. Die Beklagte selbst sei ein weltweit bekannter Hersteller hochpreisiger Pkw mit jährlichen Milliardenumsätzen.
34 
Der Kläger beantragt, das landgerichtliche Urteil abändernd
35 
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 20.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. aus 10.000,00 EURUR seit Rechtshängigkeit der Klageschrift und nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. aus 10.000,00 EUR seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterungsschrift vom 08.10.2009 zu bezahlen.
36 
Die Beklagte beantragt,
37 
die Berufung zurückzuweisen.
38 
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil:
39 
Dem Kläger gehe es offensichtlich um monetäre Interessen. Die Beklagte habe sich erstinstanzlich bereit erklärt, im Wege des Vergleichs die streitgegenständliche Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 1. März 2007 zukünftig auch auf redaktionelle Artikel im Magazin „Christophorus“ zu erstrecken; sie sei dazu nach wie vor bereit. Dies habe der Kläger abgelehnt. Der Gedanke des Umwelt- und Verbraucherschutzes trete dabei in den Hintergrund. Auch bei redaktionellen Artikeln der streitgegenständlichen Art würden die Angaben nach der Pkw-EnVKV seit der Ausgabe 344 - Juni/Juli 2010 - in der umstrittenen Publikation gemacht.
40 
Die vom Kläger vermeintlich angestrebte grundsätzliche Klärung des Begriffs der „Werbeschrift" im Sinne des § 2 Nr. 9 Pkw-EnVKV sei in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht zu erreichen, da der gesetzliche Begriff nicht entscheidungsmaßgeblich sei.
41 
Die Berufung rüge allein vermeintliche Rechtsanwendungsfehler des Landgerichts. Die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts würden dagegen nicht angegriffen. Entgegen §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO fehle eine hinreichende Begründung. Die Auslegung von Individualvereinbarungen sei als reine Tatfrage zunächst Sache des Tatsachengerichts und vom Berufungsgericht nach §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO nur eingeschränkt zu überprüfen.
42 
Der Kläger habe ein gesetzeswiederholendes Unterlassungsverlangen formuliert gehabt, ohne Bezug zum Inhalt der konkreten Spiegel-Anzeige und nicht bestimmt genug, um als eindeutige Anspruchsgrundlage für eine Vertragsstrafe oder als Vollstreckungsgrundlage zu dienen. Hierauf habe die Beklagte bereits erstinstanzlich hingewiesen (vgl. Duplik vom 15. Januar 2010, S. 12 zu Ziffer 11.3.).
43 
Die „Modifikation", richtigerweise „Einschränkung“, der Unterlassungsverpflichtungserklärung durch die Beklagte sei nicht geringfügig und beschränke die Erklärung auf kerngleiche Verstöße. Allein dass der „insbesondere"-Zusatz vorliegend von der Beklagten als der Schuldnerin der Unterlassungserklärung stamme, spreche eindeutig dafür, dass die Beklagte hiermit eine „streng an der konkreten Verletzungsform orientierte Erklärung" abgeben und sich nur hinsichtlich solcher Handlungen strafbewehrt zur Unterlassung verpflichten habe wollen, die gleichfalls das Charakteristische der verletzenden Handlung aufweisen“. Die beiden weiteren Einschränkungen änderten daran nichts. Dazu habe die Beklagte im Schreiben vom 01. März 2007 (vgl. K 2, Ziffer 1) unmittelbar Stellung bezogen.
44 
Ebenfalls systematisch verfehlt und sinnwidrig sei der Versuch des Klägers, die Bedeutung des „insbesondere"-Zusatzes der Beklagten auf den Fall der „Markenimage- und Typenwerbung" beschränken zu wollen. Im Übrigen hätte die Beklagte ihren „insbesondere"-Zusatz nicht vor dem weiteren Satz bezüglich der „Markenimage- und Typenwerbung" eingefügt, sondern diesen nachgestellt, wenn sie die Absicht gehabt hätte, diese Fallkonstellation zu erläutern.
45 
Die Beklagte habe ihre Unterlassungsverpflichtungserklärung ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage und nur deswegen abgegeben, weil sie an einem Streit über die konkrete Werbeanzeige nicht interessiert gewesen sei und daher an einer weitergehenden Erklärung kein Interesse gehabt.
46 
Der Kläger vermenge die Ebenen der Bestimmung des Erklärungstatbestands und der Subsumtion der konkret streitgegenständlichen redaktionellen Artikel im Magazin „Christophorus“ hierunter.
47 
Das Magazin „Christophorus“ sei ein Presserzeugnis, welches die Pressefreiheit für sich in Anspruch nehmen könne, und keine "Werbeschrift" im Sinne des § 2 Nr. 9 Pkw-EnVKV. Darüber hinaus erschienen im Magazin „Christophorus“ keine Anzeigen wie die konkrete Spiegel-Anzeige, sondern ausschließlich redaktionelle Artikel, einer Anzeige nicht kerngleich. Angesichts der Komplexität dieser Auslegungsfrage könne man jedenfalls nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass sich die Beklagte diesbezüglich habe "blind unterwerfen" wollen, schon weil der Kläger nach eigenem Vortrag das Magazin im März 2007 nicht einmal gekannt haben wolle.
48 
Wegen der Legaldefinition in § 2 Nr. 9 Pkw-EnVKV sei nicht zweifelhaft und zwischen den Parteien auch nicht streitig, dass die auf BB 12 genannten Veröffentlichungen "Werbeschriften" im Sinne der Pkw-EnVKV darstellten und dass sich die Unterlassungserklärung der Beklagten auf diese "Werbeschriften" selbstverständlich erstrecke.
49 
Die vom Kläger bemühte "mangelnde Vergleichbarkeit" habe das Landgericht nicht hinsichtlich des Magazins „Christophorus“ an sich im Vergleich zu anderen ausdrücklich genannten "Werbeschriften", sondern hinsichtlich der konkreten redaktionellen Beiträge festgestellt:
50 
Einem Zirkelschluss sei das Landgericht nicht erlegen.
51 
Der Kläger baue seine Argumentation letztlich allein auf der These auf, das Magazin „Christophorus“ sei an sich eine "Werbeschrift" im Sinne von § 2 Nr. 9 Pkw-EnVKV, so dass alles, was darin erscheine auch Werbung sein müsse. Die Publikation sei weder ein "reines Marketing- und Vertriebsinstrument der Beklagten [...]“, dem jegliche - auch journalistische - Unabhängigkeit und Neutralität fehle", noch pflege sie eine "einseitige und tendenziöse Berichterstattung über die [...] vorgestellten Porsche Fahrzeuge". Das Magazin enthalte aufgrund einer Grundentscheidung der Beklagten als Herausgeberin und der Chefredaktion ganz bewusst keine "einseitigen" oder "lobhudelnden" Berichte über Porsche Fahrzeuge, weil es einen journalistischen Beitrag der Beklagten zur öffentlichen Meinungsbildung über das Unternehmen Porsche und seine Produkte liefern wolle. Das Recht zu solchen journalistischen Beiträgen stehe der Beklagten wie jedem anderen Grundrechtsträger gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zu. Völlige Neutralität eines Presseorgans gebe es nicht. "Neutralität" und "Unabhängigkeit" der Berichterstattung des Magazins „Christophorus“ würden dadurch gewährleistet, dass die Beiträge ausnahmslos durch freie und unabhängige Journalisten verfasst würden. Die Verwertung im Vielfliegerprogramm der Deutschen Lufthansa AG belege, dass es sich bei diesem Magazin um ein vollwertiges Presseprodukt mit einem erheblichen Wert handele.
52 
Die zweijährige Untätigkeit beider Parteien nach dem Abschluss des Unterlassungsvertrags habe das Landgericht zutreffend gewürdigt. Habe der Kläger das Magazin gekannt, dann lasse sein zweijähriges Zuwarten den Schluss des Landgerichts zu, anderenfalls könne er hieraus für seinen objektiven Empfängerhorizont nichts herleiten.
53 
Einen Freibrief gebe das Landgericht der Beklagten schon deshalb nicht, weil der Kläger auch nicht kerngleiche Wettbewerbsverstöße abmahnen und verfolgen könne.
54 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages nimmt der Senat Bezug auf die im Berufungsrechtszug bei Gericht eingereichten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 09. September 2010.
II.
55 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Vertragsstrafe wegen zweier Verstöße gegen die in ihrem Wortlaut unstreitige strafbewehrte Unterlassungserklärung in der geltend gemachten Höhe nebst der verlangten Zinsen zu. Durch die beiden inhaltlich unstreitigen Veröffentlichungen in ihrem Magazin „Christophorus“ (s. Heft 338, S. 12 und Heft 339, S. 36) hat die Beklagte jeweils gegen ihre im März 2007 abgegebene Unterlassungserklärung verstoßen und dadurch die Vertragsstrafen in der verlangten Höhe verwirkt.
A
56 
Der Senat ist nicht gehindert, die Vertragsstrafenvereinbarung anders auszulegen als das Landgericht. Er hat nach §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO die erstinstanzliche Auslegung einer Individualvereinbarung - auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen - in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob die Auslegung überzeugt. Diese Prüfungskompetenz hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung folgt aus § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Hält das Berufungsgericht die erstinstanzliche Auslegung lediglich für eine zwar vertretbare, letztlich aber - bei Abwägung aller Gesichtspunkte - nicht für eine sachlich überzeugende Auslegung, so hat es selbst die Auslegung vorzunehmen, die es als Grundlage einer sachgerechten Entscheidung des Einzelfalles für geboten hält. Dem steht nicht entgegen, dass § 513 Abs. 1 ZPO auf § 546 ZPO verweist. Aus dieser Verweisung und dem Regelungsgehalt des § 546 ZPO ergibt sich nicht, dass das Berufungsgericht - bei der Kontrolle des vom erstinstanzlichen Gericht ermittelten Inhalts einer Vereinbarung - die mit der richterlichen Vertragsauslegung verbundene rechtliche Würdigung festgestellter Tatsachen in einem geringerem - nämlich revisionsrechtlich beschränktem - Umfang überprüfen dürfte als die von der Vorinstanz festgestellte Tatsachengrundlage des Vertragsinhalts, für deren Überprüfung § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gilt (vgl. BGHZ 160, 83 ff.; Brandenb. OLG, Urteil vom 22.01.2009 - 5 U (Lw) 149/08, bei juris Rz. 37).
B
57 
Durch die beiden angegriffenen Veröffentlichungen hat die Beklagte jeweils gegen ihre Unterlassungserklärung verstoßen. Ihr vom Kläger angenommenes Vertragsstrafversprechen erstreckt sich auch auf die nunmehr beanstandeten Veröffentlichungen.
1.
58 
Vorab nimmt der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, Bezug auf die in dem angegriffenen Urteil enthaltene, mit zahlreichen Nachweisen versehene Aufbereitung der Rechtsprechung zu den Grundsätzen, nach denen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung auszulegen ist.
2.
59 
Bei Anwendung der rechtlichen Vorgaben auf den Streitfall ist das Vertragsstrafversprechen jedoch dahin auszulegen, dass es auch die beiden angegriffenen Veröffentlichungen erfasst.
a)
60 
Ausgangspunkt der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB ist, wie vom Landgericht ausgeführt, der Wortlaut des angenommenen Unterlassungsversprechens. Jedoch hat das Landgericht die Tragweite des Wortsinnes im vorliegend zu beurteilenden Vertrag verkannt, da es den Wortlaut zu unrecht für unklar gehalten hat.
aa)
61 
Diesen hat das Landgericht mit der Überlegung, der „insbesondere wie"-Zusatz könne vorliegend entweder den Zweck haben, die abstrakt und weit gefasste Unterlassungserklärung durch ein Beispiel zu veranschaulichen oder aber die Unterlassungserklärung auf die konkrete Verletzungshandlung sowie hierzu im Kern vergleichbare Handlungen beschränken, für mehrdeutig erklärt und damit anderen Auslegungsparametern größeres Gewicht gegeben.
bb)
62 
Dem ist nach dem Wortsinn nicht zu folgen. Das Wort „insbesondere“ unterscheidet sich von anderen Formulierungen (z.B. „wenn dies geschieht wie“) gerade dadurch, dass es nur einen Beispielsfall nach sich zieht und zugleich klarstellt, dass auch andere Fälle der vorstehenden Regel (hier der vertragsstrafenbewehrten Unterlassungspflicht) unterfallen. Diese sprachliche Systematik entspricht nicht nur dem alltäglichen Sprachgebrauch, sondern sie findet sich auch vielfach in der Gesetzgebung.
cc)
63 
Folglich bewirkt dieser Einschub gerade keine Beschränkung der Unterlassungserklärung auf die konkrete Verletzungshandlung, sondern stellt klar, dass jene Pflicht sich auch auf andere, unbenannte Verstöße beziehen soll. In diesem Zusammenhang zitiert das Landgericht in unterschiedliche Richtungen weisende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, GRUR 2006, 164, 165 - [Aktivierungskosten II]; BGH, GRUR 1998, 483, 485 - [Der M.-Markt packt aus]), ohne allerdings auf die zeitliche Abfolge der Rechtsprechungsnachweise einzugehen. Die neue höchstrichterliche Rechtsprechung deckt die hier vertretene sprachliche Auslegung, dass der „insbesondere“-Zusatz regelmäßig das Charakteristische des Verbots zum Ausdruck bringe (so zum Zusatz mit dem Wort „beispielhaft“ BGH, Urteil vom 30.04.2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 [Internet-Versteigerung III], Tz. 26).
dd)
64 
Einbezogen in den Wortlaut sind, was das Landgericht wiederum erkannt hat, nicht alle denkbaren Wettbewerbsverstöße gegen die einmal verletzte Pflicht (vgl. auch BGH, Urteil vom 23.02.2006 - I ZR 272/02, GRUR 2007, 421 - [Markenparfümverkäufe] zur Urteilsauslegung), sondern nur Verstöße die in ihrem tatsächlichen Kern dem mit insbesondere beispielhaft aufgeführten gleichen und deshalb wettbewerbsrechtlich gleichwertig sind. Dies ergibt sich aus dem Zweck der Unterwerfung. Durch sie soll zwischen den Parteien in Bezug auf die Vergangenheit außer Streit gestellt werden, dass der sich Unterwerfende durch das vorangegangene, als wettbewerbsverletzend gerügte und in der Unterwerfung anerkannte Verhalten unlauter gehandelt und gegen das Gesetz verstoßen hat. Bezüglich der Zukunft soll sichergestellt werden, dass ein Handeln unterlassen werden wird, das dem gerügten gleich oder in seinem unwertbegründenden tatsächlichen Ausdruck gleichwertig ist. Unerheblich bleiben dabei Abweichungen, die das Unwerturteil nicht berühren.
b)
65 
Diese Auslegung entspricht auch den berechtigten Interessen der Vertragschließenden: Der Versprechensempfänger erhält, was er sonst erstreiten müsste, der sich Unterwerfende vermeidet den Prozess einschließlich seiner negativen Begleiterscheinungen und behält im Übrigen seine Handlungsfreiheit.
c)
66 
Von dieser Warte ist das Vertragsstrafversprechen danach abzugrenzen, ob der sich Unterwerfende ein dem Versprechensempfänger erkennbares, mit der Wiederholungsgefahr nicht kollidierendes Interesse daran hatte, ein bestimmtes Wettbewerbsverhalten aus dem Verbotsbereich herauszuhalten. Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn er aus dem ihm vorgehaltenen (unterstellten) Verstoß keinen Anlass hatte, sich auch insoweit zu unterwerfen, weil er eine Verurteilung nicht zu gewärtigen hatte oder diese zumindest als unsicher gelten konnte.
67 
Jedoch ist es Sache des Schuldners, der einen Unterwerfungsvorschlag ablehnt, für den Gläubiger erkennbar zu machen, wenn er seiner Erklärung einen vom Wortsinn, welchen ein objektiver Dritter an der Stelle des Empfängers als maßgebend ansähe, abweichenden Inhalt beimisst.
d)
68 
Dem trägt das landgerichtliche Urteil nicht ausreichend Rechnung, indem es darauf abhebt, welche Auslegung „sachgerecht“ und „ausgewogen“ sei. Damit führt es vom objektiven Empfängerhorizont weg und hin zu einer Billigkeitsauslegung, die danach fragt, was die Parteien heute gerne vereinbaren würden oder was sie bei umfassender Würdigung ihrer Interessen vielleicht vereinbart hätten. Eine solche „Reparatur kraft Auslegung“ ist jedoch unstatthaft. Zum einem weil durch den Vertragsschluss die Parteien vermögenswerte und damit grundrechtlich geschützte Ansprüche erwerben, die nicht durch bessere nachträgliche Erkenntnis auslegungshalber entzogen werden dürfen, zum anderen weil es nicht in der Kompetenz des Gerichts liegt, sich an die Stelle der Vertragschließenden zu setzen, dafür sorgend, dass ein Vertrag den Inhalt erhält, den es für ausgewogen erachtet. Die grundrechtlich geschützte Vertragsfreiheit beinhaltet auch das Recht objektiv nachteilige Verträge abzuschließen und steht konsequenterweise einer nachträglichen Korrektur unter dem Signum der Ausgewogenheit entgegen. Zu ermitteln ist dasjenige, was die Parteien bei Abgabe ihrer Willenserklärung tatsächlich gewollt haben.
e)
69 
Dafür, dass die Parteien vorliegend vom Wortsinn abweichende Ziele verfolgt hätten, sind tragfähige Anhaltspunkte in den Willenserklärungen und im zu berücksichtigenden Umfeld nicht ersichtlich.
70 
Weder der begleitende Schriftverkehr noch die Änderungen, welche die Beklagte gegenüber dem Entwurf des Klägers vorgenommen hat, lassen solche hinreichend klar erkennen. Namentlich die in der Berufungserwiderung vorgetragene Motivation, gerade redaktionelle Werbung auszuklammern, hätte die Beklagte in ihre Erklärung ebenso aufnehmen können wie sie ihren einschränkenden Hinweis zu Modellvorstellungen aufgenommen hat. Dass sie konkrete Änderungswünsche erhoben hat, deutete aus der Sicht des Klägers darauf hin, dass weitere nicht bestanden und der Wortsinn der abgegebenen Erklärung maßgebend sei.
71 
Soweit das Landgericht das nachfolgende Schweigen des Klägers heranzieht, fehlen Feststellungen dazu, dass der Kläger das Magazin „Christophorus“ beim Vertragsabschluss gekannt habe. Dahin gehende Feststellungen erlaubt auch der zweitinstanzliche Vortrag der Parteien nicht.
f)
72 
Unstreitig hat die Beklagte in dem Magazin „Christophorus“ ebenso wie seinerzeit im „Spiegel“ die Motorisierung eines Kraftfahrzeugs beschrieben, ohne die Pflichtangaben zu Schademissionen zu machen. Damit ist das nunmehr zu beurteilende Verhalten im wettbewerbsrechtlichen Kern gleich dem Altverstoß. Der wettbewerbsrechtlich erhebliche (inhaltliche) Kern der seinerzeit im „Spiegel“ veröffentlichten Anzeige bestand darin, dass für ein Kraftfahrzeug ohne die gesetzlichen Pflichtangaben geworben wurde. Entscheidendes Kriterium ist, ob die zur Grundlage des Vertragsstrafanspruchs erhobenen Veröffentlichungen in dem firmeneigenen Magazin der Werbeanzeige in einer Illustrierten (einem Nachrichtenmagazin) gleichwertig sind.
aa)
73 
Das Veröffentlichungsmedium und die Einkleidung, in der die Aussage erschienen ist, zählen nicht zu den lauterkeitserheblichen Umständen. Denn danach differenziert die über §§ 3, 4 Nr. 11 UWG heranzuziehende Marktverhaltensregel (§§ 5 Abs. 1, 2 Nr. 9 Pkw-EnVKV) nicht.
bb)
74 
Maßgebend ist nach dem Zweck der §§ 5 Abs. 1, 2 Nr. 9 Pkw-EnVKV auch nicht der formale Aspekt, ob die Angaben in einer als solche gekennzeichneten Werbeanzeige erscheinen. Denn das Informationsbedürfnis, welches der Gesetzgeber durchsetzen wollte, ist von diesem Formgesichtspunkt unabhängig.
cc)
75 
Auch auf den Herausgeber der Schrift kommt es nicht an. Hierzu gelten dieselben Erwägungen.
dd)
76 
Als entscheidendes Kriterium verbleibt somit, ob es sich bei der Veröffentlichung um Werbung im wettbewerbsrechtlichen Sinn handelt. Denn darin liegt der formale Anknüpfungspunkt der §§ 5 Abs. 1, 2 Nr. 9 Pkw-EnVKV, auf deren Verletzung das Vertragsstrafenversprechen zurückgeht.
g)
77 
Der Senat braucht letzten Endes zwar nicht zu entscheiden, ob das Magazin „Christophorus“ im Ganzen und damit jeder in ihm erscheinende Beitrag als Werbung im wettbewerbsrechtlichen Sinne anzusehen ist. Ausreichend ist, dass dies für die beiden beanstandeten Passagen zu bejahen ist. Deren Einordnung wird jedoch vom Gesamtcharakter des Magazins beeinflusst.
aa)
78 
Nach Art 2 lit a der Richtlinie 2006/114/EG fällt unter den Werbebegriff „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern“ (vgl. zur richtlinienkonformen Auslegung des deutschen Rechts BGH, GRUR 2008, 628, Tz. 18 - [Imitationswerbung]; BGH, WRP 2006, 1109, Tz. 22 - [Rechtsanwalts-Ranglisten]). Der Begriff der „Äußerung“ ist weit zu verstehen. Es ist daher unerheblich, wie die Äußerung (verbal oder nonverbal, öffentlich oder individuell) erfolgt (vgl. EuGH, Slg 2001, I-7945 = GRUR 2002, 354, Tz. 31 - [Toshiba Europe]: „Äußerung in einer beliebigen Form“). Werbung liegt auch dann vor, wenn ein Unternehmen sich die Äußerungen Dritter, wie etwa wissenschaftliche Untersuchungen, BGH, GRUR 2002, 633, 634 - [Hormonersatztherapie]) oder Presseberichte (OLG Hamburg, GRUR-RR 2002, 112) zu Werbezwecken zu eigen macht (BGH, GRUR 1962, 45 - [Betonzusatzmittel]; BGH, GRUR 1966, 92 - [Bleistiftabsätze]; OLG Hamburg, GRUR 2000, 530, 532; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl. [2010], Rn. 59 f. zu § 6 UWG und Rn. 2.22 zu § 5 UWG). Nicht anders zu beurteilen als das sich zu eigen machende Verwenden von Presseartikeln ist es, wenn das Unternehmen selbst ein presserechtliches Erzeugnis herausgibt, welches im Ganzen oder zu Teilen der Absatzförderung dient.
79 
Dass in der Absatzförderung der einzige Zweck der Publikation liege, ist für die Einordnung einzelner Passagen als Werbung nicht erforderlich. Denn die vom EuGH als wesentlich herausgestellte Absatzförderungsabsicht entfällt nicht dadurch, dass mit der Publikation zugleich ein anderes Ziel verfolgt wird, wie es beim Vertrieb einer Kunden- oder einer Fanzeitschrift gegen Entgelt sein mag.
80 
Auch muss die Absatzförderung nicht offen und unmittelbar betrieben werden. Entscheidend ist der mit der Veröffentlichung verfolgte Zweck. Daher reicht es aus, wenn der dem gewünschten Unternehmensverständnis entsprechende Ruf mittelbar oder gar verdeckt gefördert werden soll. Damit nicht zu vereinbaren sind die Erwägungen des Landgerichts zu einer „special-interest“-Zeitschrift.
81 
Es reicht mithin aus, dass eine Äußerung in einem funktionellen Zusammenhang mit einer (eigenen oder fremden) unternehmerischen Tätigkeit steht (Köhler/Lettl, WRP 2003, 1019, 1022, Tz. 10, Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl. [2010], Rn. 61 zu § 6 UWG).
bb)
82 
Dies ist bei den angegriffenen Beiträgen m Magazin „Christophorus“ zu bejahen.
(1)
83 
Dass die Beklagte ein Unternehmen betreibt, steht außer Frage.
(2)
84 
Das Magazin „Christophorus“ dient zumindest auch dazu, den Produktabsatz dieses Unternehmens zu fördern.
85 
Dafür spricht schon der Umstand, dass das Hauptverteilnetz unstreitig die Vertragshändler der Beklagten bilden, die so einen Anknüpfungspunkt erhalten, ihr gleichgelagertes Verkaufsinteresse zu fördern.
86 
Aber auch der vorgetragene Inhalt des Magazins lässt den Rückschluss zu, dass der Name „Porsche“ und damit zugleich der Ruf des Unternehmens durch diese Publikation gestärkt und dadurch sein Absatz zumindest mittelbar gefördert werden soll, indem in erster Linie bestehende Kundenbindungen gepflegt und gefestigt und in zweiter „Por-schefans“, die noch keine Kunden sind, bei der Stange gehalten werden. Diesen Zweck räumt im Kern auch die Beklagte ein, versucht aber ihn durch den Hinweis auf redaktionelle Unabhängigkeit zu überspielen. Der Inhalt des Magazins „Christophorus“ ist der Beklagten jedoch zuzurechnen. Unstreitig ist sie Herausgeber dieser Druckschrift. Weder auf die Details der internen Organisation und einen etwaigen Verzicht auf Weisungsbefugnisse, noch auf die Rechtsverhältnisse zwischen ihr und den Verfassern der einzelnen Artikel kommt es dabei an. Auch wenn die Berichte sämtlich oder überwiegend von freien Journalisten stammen, besteht doch - nicht nur mittelbar über deren Interesse, auch zukünftig mit Aufträgen bedacht zu werden - eine redaktionelle Leitung im Hause der Beklagten, kraft deren sie entscheiden kann, welche Berichte aufgenommen werden.
87 
Diesen Zweck belegt auch der Umstand, dass in der Veröffentlichung neue Fahrzeugtypen der Beklagten vorgestellt werden, während - was als Kontrollüberlegung dienen mag - weder Fahrzeuge von Konkurrenten der Beklagten dort in gleicher Weise besprochen werden, noch Kritik an den Produkten der Beklagten geübt wird (die Beklagte legt dergleichen nicht dar, sondern beschränkt sich darauf, den klägerischen Vortrag in allgemeiner Form zu bestreiten).
88 
Dass die Vorstellung der eigenen Produkte nicht durch platte Hofberichterstattung geschieht, bleibt unerheblich. Denn auch insoweit ist Werbung nicht über ihre Form zu definieren, sondern über den Zweck der Handlung.
89 
Eine Gewinnerzielungsabsicht, die das Magazin als eigenständigen, von der Kfz-Sparte unabhängigen Unternehmensteil erscheinen lassen könnte, ist nicht vorgetragen.
(3)
90 
Als Werbung sind vor diesem Hintergrund aufgrund ihres Inhalts und ihrer Gestaltung nach der Überzeugung des Senats auch die beiden im Streit stehenden Passagen zu werten. Sie nehmen an der beim Leser durch den sonstigen Inhalt des Magazins erzeugten Grundstimmung teil, welche durch die durchgängig positive Berichterstattung zum Unternehmen der Beklagten, seiner Geschichte und seinen Produkten geschaffen wird. Außerdem sind sie in ihrer von der Beklagten zu vertretenden Gestaltung in Text und Bild deutlich darauf angelegt, dem Leser Produkte der Beklagten auch mit ihren technischen Daten bekannt zu machen. Diese Kenntnis, zumal mit einer Datentabelle bzw. einem Hinweis auf die limitierte Auflage einer Serie, ist kein Selbstzweck, sondern vernünftigerweise dahin zu interpretieren, dass beim Leser Interesse am Besitz eines solchen Fahrzeugs geweckt oder gestärkt werden soll.
(4)
91 
Auf die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG kann sich die Beklagte demgegenüber nicht berufen. Ersichtlich ist nicht die Verbreitung einer Meinung Zweck der Veröffentlichung, sondern die beschriebene unternehmerische Absicht, was gegebenenfalls in eine Abwägung einzubeziehen wäre. Entscheidend ist aber schon, dass die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 2 GG der Schranke der allgemeinen Gesetze unterliegt, unter die auch die Vorschriften der Pkw-EnVKV zählen. Diese dürfen nicht unter Hinweis auf eine Meinungsäußerung umgangen werden.
3.
92 
Dem Klageanspruch steht schließlich auch nicht der Rechtsmissbrauchseinwand entgegen. Insoweit kann dahinstehen, ob der Rechtsgedanke des § 242 BGB ausprägenden § 8 Abs. 4 UWG auf eine wettbewerbsrechtlich unterlegte Vertragsstrafenforderung überhaupt anwendbar ist. Denn der Senat kann aus dem auf den vorliegenden Rechtsstreit beschränkten prozessualen Verhalten, welches die Beklagte als Ausdruck bloßen Gewinnstrebens beanstandet, ohne Parallelen aus anderen Rechtsstreitigkeiten vorzutragen, trotz der vom Kläger so ungenutzt gelassenen Möglichkeit einer weiterreichenden Klärung nicht ableiten, dass der Ausnahmetatbestand des Rechtsmissbrauchs erfüllt sei.
C
93 
Gegen die Angemessenheit der Höhe der geforderten Vertragsstrafe bestehen keine Bedenken. Zum einen wegen der aus der unstreitigen Auflage zu erahnenden Reichweite der Publikation, zum anderen wegen der kaufpreisbedingt hohen Bedeutung jedes einzelnen Fahrzeugverkaufes für die Beklagte.
III.
94 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Den Streitwert schätzt der Senat entsprechend §§ 47 Abs. 1, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.
95 
Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), besteht nicht. Der Fall erfordert insbesondere keine allgemeine Definition von grundsätzlicher Bedeutung, sondern lediglich die Umsetzung höchstrichterlicher Rechtsprechung im Zuge einer einzelfallbezogenen Vertragsauslegung.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Unlauter handelt auch, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält,

1.
die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
2.
deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Als Vorenthalten gilt auch

1.
das Verheimlichen wesentlicher Informationen,
2.
die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise sowie
3.
die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen.

(3) Bei der Beurteilung, ob wesentliche Informationen vorenthalten wurden, sind zu berücksichtigen:

1.
räumliche oder zeitliche Beschränkungen durch das für die geschäftliche Handlung gewählte Kommunikationsmittel sowie
2.
alle Maßnahmen des Unternehmers, um dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer die Informationen auf andere Weise als durch das für die geschäftliche Handlung gewählte Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen.

(4) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 50/07 Verkündet am:
16. Juli 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kamerakauf im Internet
UWG (2008) § 3 Abs. 2, § 4 Nr. 11, § 5a Abs. 2; PreisangabenVO § 1 Abs. 2

a) Beim Internetvertrieb reicht es aus, unmittelbar bei der Werbung für das einzelne
Produkt den Hinweis "zzgl. Versandkosten" aufzunehmen, wenn sich
bei Anklicken oder Ansteuern dieses Hinweises ein Bildschirmfenster mit einer
übersichtlichen und verständlichen Erläuterung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten
für die Versandkosten öffnet und außerdem die tatsächliche
Höhe der für den Einkauf anfallenden Versandkosten jeweils bei Aufruf
des virtuellen Warenkorbs in der Preisaufstellung gesondert ausgewiesen
wird.

b) Wird für ein Produkt im Internet mit einem Testergebnis geworben, muss die
Fundstelle entweder bereits deutlich auf der ersten Bildschirmseite angegeben
oder durch einen Sternchenhinweis eindeutig und leicht aufzufinden
sein.
BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - I ZR 50/07 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 14. Februar 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte warb am 9. September 2005 im Internet für diverse Waren ihres Sortiments in der nachfolgend ersichtlichen Weise:
2
Wurde "Details" angeklickt, öffnete sich eine neue Internetseite (Anlage 2):
3
Auf dieser Seite ließen sich verschiedene Fenster mit weiteren Informationen , etwa zu technischen Daten, öffnen (Anlage 4):
4
Die Klägerin beanstandet, dass diese Internetseiten keine Angaben zu Mehrwertsteuer oder Versandkosten enthielten und dass für eine Fotokamera mit einem Testergebnis geworben wurde, ohne zugleich die Fundstelle des Tests anzugeben.
5
Sie hat beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken 1. zum Abschluss von Fernabsatzverträgen Artikel des Sortiments unter Angabe von Preisen zu bewerben, ohne in einer der Preisangabe unmittelbar räumlich zugeordneten oder anderweitig hervorgehobenen Weise darauf hinzuweisen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen, und/oder dass die Preise einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile gelten, und/oder 2. für Film- und Fotogeräte mit Hinweisen auf Testergebnisse zu werben, ohne gleichzeitig die vollständige Fundstelle des Tests einschließlich des Monats und des Jahres der Erstveröffentlichung anzugeben, wie unter www.jaytech.de am 9. September 2005 geschehen.
6
Außerdem begehrt die Klägerin die Erstattung der Kosten für ein Abmahn - und Abschlussschreiben, Auskunft und Schadensersatz.
7
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten Abmahnkosten stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der beanstandeten Werbung gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 6 PAngV angenommen. Hierzu hat es ausgeführt:
9
§ 1 Abs. 6 PAngV verlange, dass sich der Preis und seine Bestandteile entweder in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Werbung mit den Artikeln befänden oder der Verbraucher dort jedenfalls unzweideutig zum Preis mit allen seinen Bestandteilen geführt werde. Hierzu reiche es nicht aus, die erforderlichen Angaben zu Umsatzsteuer sowie Liefer- und Versandkosten erst auf der Seite "Warenkorb" des Internetauftritts und damit erst nach Einleitung des Bestellvorgangs und unmittelbar vor Abgabe der Bestellung zu machen. Zwar werde der Verbraucher vor Abgabe der Bestellung aufgefordert, die Kenntnisnahme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu bestätigen, in denen darauf hingewiesen werde, dass die Versendung durch Dritte erfolge und Versandkosten anfielen. Dies beseitige jedoch nicht den Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV, weil die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht in dem erforderlichen unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit der Werbung stünden und der informierte Verbraucher dort regelmäßig keine Angaben über Liefer- und Versandkosten erwarte.
10
Die beanstandete Werbung mit dem Testergebnis sei nach § 3 UWG unlauter , weil die Fundstelle des Tests fehle. Der von der Beklagten angebotene Zeugenbeweis, dass unterhalb der Anlage 2 die Fundstelle angegeben worden sei, sei nicht zu erheben gewesen. Die vorgelegten Internetseiten zeigten, dass sich zwischen dem Text der Anlage 4 und dem Button "Technische Daten" kein Nachweis der Fundstelle befunden habe. Aber selbst wenn mittels "Klick" oder "Scrollen" die Fundstellenangabe zu finden gewesen sein sollte, ändere dies nichts an dem Verstoß. Denn der Verbraucher wäre jedenfalls nicht in der erforderlichen Weise leicht und eindeutig darauf hingewiesen worden, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten könne.
11
II. Diese Beurteilung hält sowohl bezüglich der Angabe von Umsatzsteuer und Versandkosten (unten II 3) als auch im Hinblick auf die Werbung mit dem Testergebnis (unten II 4) revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
12
1. Der Unterlassungsantrag der Klägerin genügt auch in seinem ersten Teil dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
13
Durch die Formulierung "wie unter www.jaytech.de am 9. September 2005 geschehen" hat die Klägerin die konkrete Verletzungsform zum Gegenstand ihres Antrags gemacht. Diese Verletzungsform ist im Klageantrag auch insoweit hinreichend umschrieben, als sich der Antrag auf das Fehlen eines Hinweises zu Liefer- und Versandkosten sowie Umsatzsteuer in "anderweitig hervorgehobener Weise" bezieht. Die Klägerin hat dies in der Klageschrift dahingehend konkretisiert, dass der Nutzer in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Werbung unzweideutig zu dem Preis mit allen seinen Bestandteilen hingeführt werden müsse. Diese Formulierung, die das Berufungsgericht in seine Entscheidungsgründe aufgenommen hat, ist zur Auslegung des Verbotsausspruchs heranzuziehen. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass auch ein deutlicher Sternchenhinweis ausreichen kann.
14
Da sich das aufgrund des Unterlassungsantrags zu I 1 ausgesprochene Verbot nur auf die im Antrag wiedergegebene, konkrete Verletzungsform bezieht , ist unschädlich, dass die Klägerin keinerlei Vortrag dazu gehalten hat, welche "sonstigen Preisbestandteile" die Beklagte berechnen soll, und deshalb insofern keine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr dargelegt ist.
15
2. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die Bestimmungen des am 30. Dezember 2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949) anzuwenden, mit dem die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt worden ist (UWG 2008). Der im Streitfall auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn die beanstandete Verhaltensweise auch schon zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk; Urt. v. 28.6.2007 - I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Tz. 17 = WRP 2008, 220 - Telefonaktion ). Demgegenüber kommt es für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten allein auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (vgl. BGH, Urt. v. 19.4.2007 - I ZR 57/05, GRUR 2007, 981 Tz. 15 = WRP 2007, 1337 - 150% Zinsbonus). Für die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Auskunftserteilung ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Begehung der angegriffenen Handlung maßgeblich (BGH GRUR 2005, 442 - Direkt ab Werk).
16
Die für die Entscheidung des Streitfalls hinsichtlich der Angaben zu Umsatzsteuer und Versandkosten maßgeblichen Vorschriften des § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 PAngV sind Marktverhaltensregelungen i.S. von § 4 Nr. 11 UWG, der durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keine Änderung erfahren hat. Die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht hier auch in Einklang mit Art. 7 Abs. 4 lit. c und Abs. 5 i.V. mit Anh. II der Richtlinie 2005/29/EG, der auch auf Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr verweist. Dabei entspricht das Angebot von Waren i.S. des § 1 Abs. 2 PAngV einer Aufforderung zum Kauf i.S. des Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG.
17
Soweit sich die Klägerin gegen die Werbung der Beklagten mit einem Testergebnis wendet, sind die §§ 3, 5a Abs. 2 UWG maßgeblich. Diese Vor- schriften sind durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken geändert bzw. eingeführt worden, so dass zwischen alter und neuer Rechtslage zu unterscheiden ist.
18
3. Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht es als nicht ausreichend angesehen, dass Angaben zu Liefer- und Versandkosten sowie Umsatzsteuer erst erfolgen, wenn der Verbraucher seinen virtuellen Warenkorb am Bildschirm aufruft.
19
Für das Revisionsverfahren ist zwar davon auszugehen, dass der Verbraucher beim Aufruf des virtuellen Warenkorbs und vor Eingabe seiner persönlichen Daten über die Versandkosten sowie darüber informiert wird, dass die Mehrwertsteuer in dem angegebenen Endpreis enthalten ist. Das genügt aber den Anforderungen des § 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 6 PAngV nicht.
20
a) Mit Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten zum Ablauf einer Bestellung in ihrem Online-Shop als unsubstantiiert angesehen hat. Die Beklagte hat im Einzelnen geschildert, wie Bestellungen in ihrem Online-Shop erfolgen: Der Kunde müsse die von ihm ausgewählten Produkte durch "Anklicken" in einen virtuellen Warenkorb legen. Zur Fortsetzung der Bestellung sei erforderlich, dass der Warenkorb auf dem Bildschirm geöffnet werde. Dabei würden der Nettopreis, die gesetzliche Mehrwertsteuer sowie die anfallenden Versandkosten angezeigt. Wolle er kaufen, müsse der Kunde sodann seine persönlichen Daten eingeben und per Klick bestätigen, dass er die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gelesen und akzeptiert habe. Erst durch einen weiteren Klick werde die Bestellung des Kunden ausgelöst. Dieser Bestellablauf ist im Internethandel verbreitet, worauf die Revision zutreffend hinweist.
21
Die Klägerin hat keinen von der Beschreibung der Beklagten abweichenden Ablauf der Bestellungen dargelegt und unter Beweisantritt gestellt. Es hätte ihr aber oblegen, die anspruchsbegründenden Umstände zu beweisen, hier also den fehlenden oder nicht ausreichenden Hinweis zu Versandkosten und Umsatzsteuer (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 124/94, GRUR 1997, 229, 230 = WRP 1997, 183 - Beratungskompetenz; Urt. v. 27.11.2003 - I ZR 94/01, GRUR 2004, 246, 247 = WRP 2004, 343 - Mondpreise?).
22
b) Das Berufungsgericht hat aber zu Recht angenommen, dass die Beklagte , auch wenn - wie geboten - ihr Vortrag zum Bestellvorgang zugrunde gelegt worden wäre, die Anforderungen des § 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 6 PAngV nicht erfüllt. Es reicht nicht aus, wenn der Verbraucher erst beim Aufruf des virtuellen Warenkorbs darüber informiert wird, dass und in welcher Höhe Versandkosten anfallen und dass die Mehrwertsteuer in dem angegebenen Endpreis enthalten ist.
23
aa) Die Beklagte, die Verbrauchern im Internet Waren zum Abschluss eines Fernabsatzvertrags i.S. des § 312b BGB anbietet, ist bei einer Werbung unter Angabe von Preisen verpflichtet, zusätzlich zur Angabe der Endpreise i.S. des § 1 Abs. 1 PAngV die in § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben zu machen. Sie hat deshalb anzugeben, dass die geforderten Preise die Umsatzsteuer enthalten (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PAngV) und ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PAngV). Die Art und Weise, wie die Hinweise gemäß § 1 Abs. 2 PAngV zu geben sind, richtet sich nach § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV.
24
bb) Wie der Senat bereits für das UWG 2004 entschieden hat, dürfen die erforderlichen Informationen dem Verbraucher nicht erst gegeben werden, wenn er den Bestellvorgang durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb bereits eingeleitet hat (BGH, Urt. v. 4.10.2007 - I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Tz. 33 = WRP 2008, 98 - Versandkosten). Bei dieser Auslegung des § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV hat sich der Senat von der Erwägung leiten lassen, dass der Verbraucher die Angaben nach der Preisangabenverordnung nicht erst im Zuge der Bestellung, sondern bereits dann benötigt, wenn er sich mit dem Angebot näher befasst. An dieser Rechtslage hat sich durch die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken und ihre Umsetzung im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nichts geändert.
25
Nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/EG müssen die für den Verbraucher wesentlichen Informationen rechtzeitig bereitgestellt werden. Dies gilt auch für die im Falle der Aufforderung zum Kauf erforderlichen Informationen i.S. des Art. 7 Abs. 4 lit. c der Richtlinie 2005/29/EG, zu denen die nach der Preisangabenverordnung erforderlichen Angaben zählen. Wie sich aus dem Zweck des Art. 7 der Richtlinie und dem systematischen Zusammenhang der Absätze 1 und 2 dieser Bestimmung ergibt, muss die Information so rechtzeitig erfolgen, dass der durchschnittliche Verbraucher eine "informierte geschäftliche Entscheidung" treffen kann. Dabei sind gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie die Beschränkungen des Kommunikationsmediums zu berücksichtigen.
26
Nach dem von der Beklagten geschilderten Ablauf der Bestellungen in ihrem Online-Shop entscheidet sich der Kunde zwar erst dann endgültig für den Kauf einer Ware, wenn er nach Eingabe seiner persönlichen Daten und Bestätigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten seine Bestellung absendet. Das ändert aber nichts daran, dass eine Ware nur dann in den virtuellen Warenkorb eingelegt wird, wenn der Kunde sich zuvor näher mit ihr befasst und jedenfalls vorläufig für ihren Erwerb entschieden hat. Schon das Einlegen in den Warenkorb ist eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers, für die er alle wesentlichen Informationen benötigt. Dazu zählen sowohl die Angabe der Liefer- und Versandkosten als auch, wie sich aus Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr ergibt, der Hinweis auf im Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer (vgl. BGH, Urt. v. 4.10.2007 - I ZR 22/05, GRUR 2008, 532 Tz. 28 = WRP 2008, 782 - Umsatzsteuerhinweis

).


27
Hinsichtlich der Liefer- und Versandkosten ist allerdings zu beachten, dass deren Höhe häufig vom Umfang der Gesamtbestellung des Kunden (vgl. Hullen, BB 2008, 77; Wenn, jurisPR-ITR 11/2008 Anm. 3, D.) oder von der Art der ausgewählten Waren abhängen wird. Es reicht deshalb auch im Hinblick auf § 1 Abs. 2 Satz 2 PAngV aus, unmittelbar bei der Werbung für das einzelne Produkt den Hinweis "zzgl. Versandkosten" aufzunehmen, wenn sich bei Anklicken oder Ansteuern dieses Hinweises ein Fenster mit einer übersichtlichen und verständlichen Erläuterung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten für die Versandkosten öffnet und außerdem die tatsächliche Höhe der für den Einkauf anfallenden Versandkosten jeweils bei Aufruf des virtuellen Warenkorbs in der Preisaufstellung gesondert ausgewiesen wird.
28
4. Auch die Verurteilung der Beklagten hinsichtlich der Werbung mit einem Testergebnis hat Bestand.
29
a) Das Berufungsgericht hat es zutreffend als unlauter angesehen, wenn Testergebnisse zur Werbung für ein Produkt verwendet werden und der Verbraucher nicht leicht und eindeutig darauf hingewiesen wird, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten kann.
30
Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für das bisher geltende Recht (vgl. BGH, Urt. v. 21.3.1991 - I ZR 151/89, GRUR 1991, 679 = WRP 1991, 573 - Fundstellenangabe). Danach mussten in eine Werbung aufgenommene Angaben über Testurteile leicht und eindeutig nachprüfbar sein. Das setzte nicht nur voraus, dass überhaupt eine Fundstelle für den Test ange- geben wurde, sondern auch, dass diese Angabe für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar war.
31
An dieser Rechtslage hat sich durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken in das deutsche Recht nichts geändert. Nach § 5a Abs. 2 UWG 2008 handelt unlauter, wer die Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern i.S. des § 3 Abs. 2 UWG 2008 dadurch beeinflusst , dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Nach § 3 Abs. 2 UWG 2008 sind geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Es ist ein Gebot der fachlichen Sorgfalt, mit Testergebnissen nur zu werben, wenn dem Verbraucher dabei die Fundstelle eindeutig und leicht zugänglich angegeben und ihm so eine einfache Möglichkeit eröffnet wird, den Test selbst zur Kenntnis zu nehmen. Fehlt es daran, beeinträchtigt dies die Möglichkeit des Verbrauchers , die testbezogene Werbung zu prüfen und insbesondere in den Gesamtzusammenhang des Tests einzuordnen. Dadurch wird die Fähigkeit des Verbrauchers , eine informierte geschäftliche Entscheidung i.S. des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG zu treffen, spürbar beeinträchtigt.
32
b) Danach ist erforderlich, dass bei einer Werbung für ein Produkt mit einem Testergebnis im Internet die Fundstelle entweder bereits deutlich auf der ersten Bildschirmseite dieser Werbung angegeben wird oder jedenfalls ein deutlicher Sternchenhinweis den Verbraucher ohne weiteres zu der Fundstellenangabe führt. Für die Gestaltung dieses Hinweises gelten dieselben Grundsätze , wie sie der Senat zu § 1 Abs. 6 PAngV entwickelt hat (BGHZ 139, 368, 377 - Handy für 0,00 DM; BGH GRUR 2008, 532 Tz. 23 - Umsatzsteuerhinweis ). Im vorliegenden Fall hätte danach ein derartiger Sternchenhinweis unmittelbar bei der Werbeüberschrift "Der Testsieger" erscheinen müssen. Die Werbung der Beklagten mit dem Testergebnis wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, kommt es dabei nicht auf die von der Beklagten unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung an, dass sich im Anschluss an den in der Anlage 4 wiedergegebenen Text eine Quellenangabe des Tests befunden habe, die durch Scrollen der Produktbeschreibung sichtbar geworden sei.
33
5. Damit ist die Verurteilung der Beklagten auch hinsichtlich der Kosten für Abmahnung und Abschlussschreiben sowie der Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz zu Recht erfolgt.
34
III. Die Revision ist demnach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 07.07.2006 - 406 O 275/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.02.2007 - 5 U 139/06 -

(1) Unlauter handelt auch, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält,

1.
die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
2.
deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Als Vorenthalten gilt auch

1.
das Verheimlichen wesentlicher Informationen,
2.
die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise sowie
3.
die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen.

(3) Bei der Beurteilung, ob wesentliche Informationen vorenthalten wurden, sind zu berücksichtigen:

1.
räumliche oder zeitliche Beschränkungen durch das für die geschäftliche Handlung gewählte Kommunikationsmittel sowie
2.
alle Maßnahmen des Unternehmers, um dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer die Informationen auf andere Weise als durch das für die geschäftliche Handlung gewählte Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen.

(4) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 50/07 Verkündet am:
16. Juli 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kamerakauf im Internet
UWG (2008) § 3 Abs. 2, § 4 Nr. 11, § 5a Abs. 2; PreisangabenVO § 1 Abs. 2

a) Beim Internetvertrieb reicht es aus, unmittelbar bei der Werbung für das einzelne
Produkt den Hinweis "zzgl. Versandkosten" aufzunehmen, wenn sich
bei Anklicken oder Ansteuern dieses Hinweises ein Bildschirmfenster mit einer
übersichtlichen und verständlichen Erläuterung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten
für die Versandkosten öffnet und außerdem die tatsächliche
Höhe der für den Einkauf anfallenden Versandkosten jeweils bei Aufruf
des virtuellen Warenkorbs in der Preisaufstellung gesondert ausgewiesen
wird.

b) Wird für ein Produkt im Internet mit einem Testergebnis geworben, muss die
Fundstelle entweder bereits deutlich auf der ersten Bildschirmseite angegeben
oder durch einen Sternchenhinweis eindeutig und leicht aufzufinden
sein.
BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - I ZR 50/07 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 14. Februar 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


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Die Beklagte warb am 9. September 2005 im Internet für diverse Waren ihres Sortiments in der nachfolgend ersichtlichen Weise:
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Wurde "Details" angeklickt, öffnete sich eine neue Internetseite (Anlage 2):
3
Auf dieser Seite ließen sich verschiedene Fenster mit weiteren Informationen , etwa zu technischen Daten, öffnen (Anlage 4):
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Die Klägerin beanstandet, dass diese Internetseiten keine Angaben zu Mehrwertsteuer oder Versandkosten enthielten und dass für eine Fotokamera mit einem Testergebnis geworben wurde, ohne zugleich die Fundstelle des Tests anzugeben.
5
Sie hat beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken 1. zum Abschluss von Fernabsatzverträgen Artikel des Sortiments unter Angabe von Preisen zu bewerben, ohne in einer der Preisangabe unmittelbar räumlich zugeordneten oder anderweitig hervorgehobenen Weise darauf hinzuweisen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen, und/oder dass die Preise einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile gelten, und/oder 2. für Film- und Fotogeräte mit Hinweisen auf Testergebnisse zu werben, ohne gleichzeitig die vollständige Fundstelle des Tests einschließlich des Monats und des Jahres der Erstveröffentlichung anzugeben, wie unter www.jaytech.de am 9. September 2005 geschehen.
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Außerdem begehrt die Klägerin die Erstattung der Kosten für ein Abmahn - und Abschlussschreiben, Auskunft und Schadensersatz.
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Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten Abmahnkosten stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


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I. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der beanstandeten Werbung gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 6 PAngV angenommen. Hierzu hat es ausgeführt:
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§ 1 Abs. 6 PAngV verlange, dass sich der Preis und seine Bestandteile entweder in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Werbung mit den Artikeln befänden oder der Verbraucher dort jedenfalls unzweideutig zum Preis mit allen seinen Bestandteilen geführt werde. Hierzu reiche es nicht aus, die erforderlichen Angaben zu Umsatzsteuer sowie Liefer- und Versandkosten erst auf der Seite "Warenkorb" des Internetauftritts und damit erst nach Einleitung des Bestellvorgangs und unmittelbar vor Abgabe der Bestellung zu machen. Zwar werde der Verbraucher vor Abgabe der Bestellung aufgefordert, die Kenntnisnahme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu bestätigen, in denen darauf hingewiesen werde, dass die Versendung durch Dritte erfolge und Versandkosten anfielen. Dies beseitige jedoch nicht den Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV, weil die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht in dem erforderlichen unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit der Werbung stünden und der informierte Verbraucher dort regelmäßig keine Angaben über Liefer- und Versandkosten erwarte.
10
Die beanstandete Werbung mit dem Testergebnis sei nach § 3 UWG unlauter , weil die Fundstelle des Tests fehle. Der von der Beklagten angebotene Zeugenbeweis, dass unterhalb der Anlage 2 die Fundstelle angegeben worden sei, sei nicht zu erheben gewesen. Die vorgelegten Internetseiten zeigten, dass sich zwischen dem Text der Anlage 4 und dem Button "Technische Daten" kein Nachweis der Fundstelle befunden habe. Aber selbst wenn mittels "Klick" oder "Scrollen" die Fundstellenangabe zu finden gewesen sein sollte, ändere dies nichts an dem Verstoß. Denn der Verbraucher wäre jedenfalls nicht in der erforderlichen Weise leicht und eindeutig darauf hingewiesen worden, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten könne.
11
II. Diese Beurteilung hält sowohl bezüglich der Angabe von Umsatzsteuer und Versandkosten (unten II 3) als auch im Hinblick auf die Werbung mit dem Testergebnis (unten II 4) revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
12
1. Der Unterlassungsantrag der Klägerin genügt auch in seinem ersten Teil dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
13
Durch die Formulierung "wie unter www.jaytech.de am 9. September 2005 geschehen" hat die Klägerin die konkrete Verletzungsform zum Gegenstand ihres Antrags gemacht. Diese Verletzungsform ist im Klageantrag auch insoweit hinreichend umschrieben, als sich der Antrag auf das Fehlen eines Hinweises zu Liefer- und Versandkosten sowie Umsatzsteuer in "anderweitig hervorgehobener Weise" bezieht. Die Klägerin hat dies in der Klageschrift dahingehend konkretisiert, dass der Nutzer in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Werbung unzweideutig zu dem Preis mit allen seinen Bestandteilen hingeführt werden müsse. Diese Formulierung, die das Berufungsgericht in seine Entscheidungsgründe aufgenommen hat, ist zur Auslegung des Verbotsausspruchs heranzuziehen. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass auch ein deutlicher Sternchenhinweis ausreichen kann.
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Da sich das aufgrund des Unterlassungsantrags zu I 1 ausgesprochene Verbot nur auf die im Antrag wiedergegebene, konkrete Verletzungsform bezieht , ist unschädlich, dass die Klägerin keinerlei Vortrag dazu gehalten hat, welche "sonstigen Preisbestandteile" die Beklagte berechnen soll, und deshalb insofern keine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr dargelegt ist.
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2. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die Bestimmungen des am 30. Dezember 2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949) anzuwenden, mit dem die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt worden ist (UWG 2008). Der im Streitfall auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn die beanstandete Verhaltensweise auch schon zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk; Urt. v. 28.6.2007 - I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Tz. 17 = WRP 2008, 220 - Telefonaktion ). Demgegenüber kommt es für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten allein auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (vgl. BGH, Urt. v. 19.4.2007 - I ZR 57/05, GRUR 2007, 981 Tz. 15 = WRP 2007, 1337 - 150% Zinsbonus). Für die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Auskunftserteilung ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Begehung der angegriffenen Handlung maßgeblich (BGH GRUR 2005, 442 - Direkt ab Werk).
16
Die für die Entscheidung des Streitfalls hinsichtlich der Angaben zu Umsatzsteuer und Versandkosten maßgeblichen Vorschriften des § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 PAngV sind Marktverhaltensregelungen i.S. von § 4 Nr. 11 UWG, der durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keine Änderung erfahren hat. Die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht hier auch in Einklang mit Art. 7 Abs. 4 lit. c und Abs. 5 i.V. mit Anh. II der Richtlinie 2005/29/EG, der auch auf Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr verweist. Dabei entspricht das Angebot von Waren i.S. des § 1 Abs. 2 PAngV einer Aufforderung zum Kauf i.S. des Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG.
17
Soweit sich die Klägerin gegen die Werbung der Beklagten mit einem Testergebnis wendet, sind die §§ 3, 5a Abs. 2 UWG maßgeblich. Diese Vor- schriften sind durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken geändert bzw. eingeführt worden, so dass zwischen alter und neuer Rechtslage zu unterscheiden ist.
18
3. Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht es als nicht ausreichend angesehen, dass Angaben zu Liefer- und Versandkosten sowie Umsatzsteuer erst erfolgen, wenn der Verbraucher seinen virtuellen Warenkorb am Bildschirm aufruft.
19
Für das Revisionsverfahren ist zwar davon auszugehen, dass der Verbraucher beim Aufruf des virtuellen Warenkorbs und vor Eingabe seiner persönlichen Daten über die Versandkosten sowie darüber informiert wird, dass die Mehrwertsteuer in dem angegebenen Endpreis enthalten ist. Das genügt aber den Anforderungen des § 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 6 PAngV nicht.
20
a) Mit Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten zum Ablauf einer Bestellung in ihrem Online-Shop als unsubstantiiert angesehen hat. Die Beklagte hat im Einzelnen geschildert, wie Bestellungen in ihrem Online-Shop erfolgen: Der Kunde müsse die von ihm ausgewählten Produkte durch "Anklicken" in einen virtuellen Warenkorb legen. Zur Fortsetzung der Bestellung sei erforderlich, dass der Warenkorb auf dem Bildschirm geöffnet werde. Dabei würden der Nettopreis, die gesetzliche Mehrwertsteuer sowie die anfallenden Versandkosten angezeigt. Wolle er kaufen, müsse der Kunde sodann seine persönlichen Daten eingeben und per Klick bestätigen, dass er die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gelesen und akzeptiert habe. Erst durch einen weiteren Klick werde die Bestellung des Kunden ausgelöst. Dieser Bestellablauf ist im Internethandel verbreitet, worauf die Revision zutreffend hinweist.
21
Die Klägerin hat keinen von der Beschreibung der Beklagten abweichenden Ablauf der Bestellungen dargelegt und unter Beweisantritt gestellt. Es hätte ihr aber oblegen, die anspruchsbegründenden Umstände zu beweisen, hier also den fehlenden oder nicht ausreichenden Hinweis zu Versandkosten und Umsatzsteuer (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 124/94, GRUR 1997, 229, 230 = WRP 1997, 183 - Beratungskompetenz; Urt. v. 27.11.2003 - I ZR 94/01, GRUR 2004, 246, 247 = WRP 2004, 343 - Mondpreise?).
22
b) Das Berufungsgericht hat aber zu Recht angenommen, dass die Beklagte , auch wenn - wie geboten - ihr Vortrag zum Bestellvorgang zugrunde gelegt worden wäre, die Anforderungen des § 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 6 PAngV nicht erfüllt. Es reicht nicht aus, wenn der Verbraucher erst beim Aufruf des virtuellen Warenkorbs darüber informiert wird, dass und in welcher Höhe Versandkosten anfallen und dass die Mehrwertsteuer in dem angegebenen Endpreis enthalten ist.
23
aa) Die Beklagte, die Verbrauchern im Internet Waren zum Abschluss eines Fernabsatzvertrags i.S. des § 312b BGB anbietet, ist bei einer Werbung unter Angabe von Preisen verpflichtet, zusätzlich zur Angabe der Endpreise i.S. des § 1 Abs. 1 PAngV die in § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben zu machen. Sie hat deshalb anzugeben, dass die geforderten Preise die Umsatzsteuer enthalten (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PAngV) und ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PAngV). Die Art und Weise, wie die Hinweise gemäß § 1 Abs. 2 PAngV zu geben sind, richtet sich nach § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV.
24
bb) Wie der Senat bereits für das UWG 2004 entschieden hat, dürfen die erforderlichen Informationen dem Verbraucher nicht erst gegeben werden, wenn er den Bestellvorgang durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb bereits eingeleitet hat (BGH, Urt. v. 4.10.2007 - I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Tz. 33 = WRP 2008, 98 - Versandkosten). Bei dieser Auslegung des § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV hat sich der Senat von der Erwägung leiten lassen, dass der Verbraucher die Angaben nach der Preisangabenverordnung nicht erst im Zuge der Bestellung, sondern bereits dann benötigt, wenn er sich mit dem Angebot näher befasst. An dieser Rechtslage hat sich durch die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken und ihre Umsetzung im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nichts geändert.
25
Nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/EG müssen die für den Verbraucher wesentlichen Informationen rechtzeitig bereitgestellt werden. Dies gilt auch für die im Falle der Aufforderung zum Kauf erforderlichen Informationen i.S. des Art. 7 Abs. 4 lit. c der Richtlinie 2005/29/EG, zu denen die nach der Preisangabenverordnung erforderlichen Angaben zählen. Wie sich aus dem Zweck des Art. 7 der Richtlinie und dem systematischen Zusammenhang der Absätze 1 und 2 dieser Bestimmung ergibt, muss die Information so rechtzeitig erfolgen, dass der durchschnittliche Verbraucher eine "informierte geschäftliche Entscheidung" treffen kann. Dabei sind gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie die Beschränkungen des Kommunikationsmediums zu berücksichtigen.
26
Nach dem von der Beklagten geschilderten Ablauf der Bestellungen in ihrem Online-Shop entscheidet sich der Kunde zwar erst dann endgültig für den Kauf einer Ware, wenn er nach Eingabe seiner persönlichen Daten und Bestätigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten seine Bestellung absendet. Das ändert aber nichts daran, dass eine Ware nur dann in den virtuellen Warenkorb eingelegt wird, wenn der Kunde sich zuvor näher mit ihr befasst und jedenfalls vorläufig für ihren Erwerb entschieden hat. Schon das Einlegen in den Warenkorb ist eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers, für die er alle wesentlichen Informationen benötigt. Dazu zählen sowohl die Angabe der Liefer- und Versandkosten als auch, wie sich aus Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr ergibt, der Hinweis auf im Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer (vgl. BGH, Urt. v. 4.10.2007 - I ZR 22/05, GRUR 2008, 532 Tz. 28 = WRP 2008, 782 - Umsatzsteuerhinweis

).


27
Hinsichtlich der Liefer- und Versandkosten ist allerdings zu beachten, dass deren Höhe häufig vom Umfang der Gesamtbestellung des Kunden (vgl. Hullen, BB 2008, 77; Wenn, jurisPR-ITR 11/2008 Anm. 3, D.) oder von der Art der ausgewählten Waren abhängen wird. Es reicht deshalb auch im Hinblick auf § 1 Abs. 2 Satz 2 PAngV aus, unmittelbar bei der Werbung für das einzelne Produkt den Hinweis "zzgl. Versandkosten" aufzunehmen, wenn sich bei Anklicken oder Ansteuern dieses Hinweises ein Fenster mit einer übersichtlichen und verständlichen Erläuterung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten für die Versandkosten öffnet und außerdem die tatsächliche Höhe der für den Einkauf anfallenden Versandkosten jeweils bei Aufruf des virtuellen Warenkorbs in der Preisaufstellung gesondert ausgewiesen wird.
28
4. Auch die Verurteilung der Beklagten hinsichtlich der Werbung mit einem Testergebnis hat Bestand.
29
a) Das Berufungsgericht hat es zutreffend als unlauter angesehen, wenn Testergebnisse zur Werbung für ein Produkt verwendet werden und der Verbraucher nicht leicht und eindeutig darauf hingewiesen wird, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten kann.
30
Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für das bisher geltende Recht (vgl. BGH, Urt. v. 21.3.1991 - I ZR 151/89, GRUR 1991, 679 = WRP 1991, 573 - Fundstellenangabe). Danach mussten in eine Werbung aufgenommene Angaben über Testurteile leicht und eindeutig nachprüfbar sein. Das setzte nicht nur voraus, dass überhaupt eine Fundstelle für den Test ange- geben wurde, sondern auch, dass diese Angabe für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar war.
31
An dieser Rechtslage hat sich durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken in das deutsche Recht nichts geändert. Nach § 5a Abs. 2 UWG 2008 handelt unlauter, wer die Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern i.S. des § 3 Abs. 2 UWG 2008 dadurch beeinflusst , dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Nach § 3 Abs. 2 UWG 2008 sind geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Es ist ein Gebot der fachlichen Sorgfalt, mit Testergebnissen nur zu werben, wenn dem Verbraucher dabei die Fundstelle eindeutig und leicht zugänglich angegeben und ihm so eine einfache Möglichkeit eröffnet wird, den Test selbst zur Kenntnis zu nehmen. Fehlt es daran, beeinträchtigt dies die Möglichkeit des Verbrauchers , die testbezogene Werbung zu prüfen und insbesondere in den Gesamtzusammenhang des Tests einzuordnen. Dadurch wird die Fähigkeit des Verbrauchers , eine informierte geschäftliche Entscheidung i.S. des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG zu treffen, spürbar beeinträchtigt.
32
b) Danach ist erforderlich, dass bei einer Werbung für ein Produkt mit einem Testergebnis im Internet die Fundstelle entweder bereits deutlich auf der ersten Bildschirmseite dieser Werbung angegeben wird oder jedenfalls ein deutlicher Sternchenhinweis den Verbraucher ohne weiteres zu der Fundstellenangabe führt. Für die Gestaltung dieses Hinweises gelten dieselben Grundsätze , wie sie der Senat zu § 1 Abs. 6 PAngV entwickelt hat (BGHZ 139, 368, 377 - Handy für 0,00 DM; BGH GRUR 2008, 532 Tz. 23 - Umsatzsteuerhinweis ). Im vorliegenden Fall hätte danach ein derartiger Sternchenhinweis unmittelbar bei der Werbeüberschrift "Der Testsieger" erscheinen müssen. Die Werbung der Beklagten mit dem Testergebnis wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, kommt es dabei nicht auf die von der Beklagten unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung an, dass sich im Anschluss an den in der Anlage 4 wiedergegebenen Text eine Quellenangabe des Tests befunden habe, die durch Scrollen der Produktbeschreibung sichtbar geworden sei.
33
5. Damit ist die Verurteilung der Beklagten auch hinsichtlich der Kosten für Abmahnung und Abschlussschreiben sowie der Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz zu Recht erfolgt.
34
III. Die Revision ist demnach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 07.07.2006 - 406 O 275/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.02.2007 - 5 U 139/06 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt.

(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, findet die Revision nicht statt. Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.