Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 15. Juni 2017 - 9 U 3/17

published on 15/06/2017 00:00
Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 15. Juni 2017 - 9 U 3/17
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Gericht

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Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14.12.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Halle abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 6.057,61 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.03.2016 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 465,65 € zu zahlen. Hinsichtlich der weitergehenden Zinsforderung wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.057,61 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

2

Die Berufung ist zulässig, sie hat auch in der Sache - bis auf einen geringfügigen Teil der Zinsforderung - Erfolg.

3

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 14.11.2015 in Halle einen Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 BGB, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG in geltend gemachter Höhe.

4

Dass die Beklagte als Haftpflichtversicherung des Schädigers dem Grunde nach zu 100 % für die unfallbedingten Schäden haftet, ist unstreitig. Zwischen den Parteien besteht auch kein Streit darüber, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, für die Zeit, in der das beschädigte Fahrzeug der Klägerin nicht zur Nutzung zur Verfügung stand, die notwendigen Mietwagenkosten zu erstatten, soweit die Zeit des Ausfalls des beschädigten Fahrzeugs nicht auf einer Verletzung der Schadensminderungspflicht seitens der Klägerin beruht. Das unfallbedingt beschädigte Fahrzeug stand während der 65 Tage, in denen der Mietwagen genutzt wurde, nicht zur Verfügung. Deswegen war die Bereitstellung eines Ersatzfahrzeugs für diese Zeitspanne erforderlich. Um Auto fahren zu können - oder Herrn K. S. fahren zu lassen -, benötigte die Klägerin ein Auto. Der Streit der Parteien geht ausschließlich darum, in welcher Höhe die angefallenen Mietwagenkosten zu erstatten sind.

1.

5

Die Beklagte dringt mit ihrem Einwand, es beruhe auf einer Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Klägerin, dass der Mietwagen 65 Tage genutzt wurde, und deshalb seien nicht mehr als die von der Beklagten regulierten Mietwagenkosten für neun Tage zu erstatten, nicht durch.

6

Die Auffassung der Beklagten, dass ein Geschädigter unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht generell gehalten sei, den Schaden aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren, entspricht nicht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Beklagte stützt sich auf die in der Kommentierung bei Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Auflage, § 254 Rn. 44, zitierte Entscheidung des OLG Hamm vom 18.01.1984, 3 U 116/83 (MDR 1984, 490). Nach dieser Entscheidung hat der Geschädigte im Regelfall keinen Anspruch darauf, dass der Haftpflichtversicherer ihm das wirtschaftliche Risiko des zu erteilenden Reparaturauftrags durch eine sogenannte Übernahmebestätigung abnimmt; dem OLG Hamm zufolge darf der Geschädigte etwaige Ungewissheiten zum Grund des Anspruchs nicht auf den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer abwälzen, und der Geschädigte muss sich bei mangelnder eigener finanzieller Potenz sich wegen der wirtschaftlichen Behebung des Schadens auch Kreditquellen erschließen. Diese Entscheidung des OLG Hamm ist durch spätere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überholt.

7

Nach Auffassung des BGH ist der Geschädigte im Rahmen der ihm nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht nicht stets gehalten, ein Deckungsgeschäft vorzunehmen Dies muss vielmehr im Einzelfall von der Sache her geboten und ihm auch zuzumuten sein. Insbesondere kann eine Pflicht des Geschädigten, zur Schadensbeseitigung einen Kredit aufzunehmen, nur unter besonderen Umständen angenommen werden. Die Rechtsprechung hat eine solche Pflicht nur ausnahmsweise bejaht. Es ist grundsätzlich Sache des Schädigers, die vom Geschädigten zu veranlassende Schadensbeseitigung zu finanzieren. Der Geschädigte hat Anspruch auf sofortigen Ersatz und ist nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder zur Vermeidung von Folgeschäden Kredit aufzunehmen. Vielmehr hat der Schädiger grundsätzlich auch die Nachteile zu ersetzen, die daraus herrühren, dass der Schaden mangels sofortiger Ersatzleistung nicht gleich beseitigt worden ist und sich dadurch vergrößert hat. Das Risiko, dem Geschädigten überhaupt zum Ersatz verpflichtet zu sein, trägt dabei der Schädiger, wie es umgekehrt zu Lasten des Geschädigten geht, wenn ein anfänglicher Streit über den Haftungsgrund später zu seinen Ungunsten geklärt wird (BGH, Urteil vom 26.05.1988, III ZR 42/87, zitiert nach Juris).

8

Allenfalls kann eine Verpflichtung des Geschädigten, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen, ausnahmsweise dann bejaht werden, wenn der Geschädigte sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird (BGH, Urteil vom 18.02.2002, II ZR 355/00, zitiert nach Juris).

9

Nach diesen Grundsätzen ist es die Regel und nicht etwa die Ausnahme, dass der Geschädigte die Reparatur nicht vorfinanzieren muss. Zunächst ist es Aufgabe des Schädigers bzw. des gesamtschuldnerisch mit ihm haftenden Versicherers, für eine umgehende Reparatur und für die Vermeidung von weiteren Kosten zu sorgen. Der vom BGH angenommene Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Vielmehr hat die Klägerin bereits mit Anwaltsschreiben vom 17.11.2015 (Anlage K 4, Bl. 17 d.A.) die Beklagte darauf hingewiesen, dass sie nicht in der Lage sei, die Reparatur vorzufinanzieren. Die Klägerin trifft hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse allenfalls eine sekundäre Darlegungslast; dieser hat sie mit Schriftsatz vom 25.08.2016 (Bl. 64 d.A.) genügt. Nähere Darlegungen, dass und warum Bemühungen um einen weiteren Kredit erfolglos geblieben sind oder schon nicht erfolgversprechend waren, waren der Klägerin nicht abzuverlangen, nachdem sie vorgetragen hatte, dass von einem monatlichen Einkommen von 1.300,00 € bereits zwei Darlehen in Höhe von monatlich 300,00 € bzw. 500,00 € zu bedienen waren. Aus diesen Angaben ergibt sich ohne weiteres, dass die Klägerin sich einen weiteren Kredit jedenfalls nicht ohne Schwierigkeiten beschaffen konnte. Ebenso kann auf der Grundlage der Angaben der Klägerin nicht festgestellt werden, dass die Klägerin bei einem verbleibenden Resteinkommen von monatlich 500,00 € durch eine weitere Darlehensrückzahlungsverpflichtung nicht über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet würde.

10

Das schlichte Bestreiten seitens der Beklagten genügt nicht; erfolgversprechend wäre allenfalls ein Sachvortrag der Beklagten gewesen, dass die geschädigte Klägerin sich selbst bei den von ihr dargelegten, wenn auch von der Beklagten mit Nichtwissen bestrittenen Einkommensverhältnissen und Darlehensverpflichtungen den Kredit ohne Schwierigkeiten hätte beschaffen können und dass sie durch die Rückzahlung nicht über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet worden wäre. Die Beweislast liegt insoweit nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Beklagten, nicht bei der Klägerin.

11

Es mag sein, dass die Klägerin die Mietwagenkosten bezahlt hat, wie die Beklagte in der Berufungserwiderung vorträgt. Aus welchen finanziellen Mitteln die Mietwagenrechnung vom 22.01.2016 beglichen worden ist, ist nicht vorgetragen worden. Diese Zahlung stellt indes noch kein hinreichendes Indiz dafür dar, dass die Klägerin sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt, insbesondere schon im November 2015, den Kredit für die Reparaturkosten ohne Schwierigkeiten hätte beschaffen können und dass sie durch die Rückzahlung nicht über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet worden wäre. Selbst wenn es der Klägerin im Januar 2016 gelungen sein mag, den Betrag zur Begleichung der Mietwagenrechnung aufzutreiben, möglicherweise von einem Geldgeber, der zu einer entsprechenden Zahlung nicht verpflichtet war, besteht kein tragfähiger Anhaltspunkt davon, dass die Beschaffung des Geldbetrags ohne Schwierigkeit möglich war; bezogen auf den Zeitpunkt, in dem die Reparatur vorzufinanzieren gewesen wäre, besteht insoweit erst recht kein ausreichendes Indiz.

2.

12

Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, zwecks Ermöglichung eines sofortigen Reparaturbeginns ihre Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen und diesbezügliche Folgenachteile in Kauf zu nehmen.

13

Seine gegenteilige Auffassung hat das Landgericht auf eine Entscheidung des OLG Naumburg vom 19.02.2004, 4 U 146/03, gestützt. Diese Entscheidung des OLG Naumburg aus dem Jahr 2004 ist in späteren Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte kritisiert worden. Dort ist angenommen worden, dass unabhängig davon, ob dies eine Frage der Erforderlichkeit der Kosten oder der Schadensminderungspflicht ist, weder eine Obliegenheit, noch eine Pflicht des Geschädigten besteht, zur Entlastung des Schädigers seine Vollkaskoversicherung einzusetzen (OLG Dresden, Urteil vom 04.05.2012, 1 U 1797/11; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2007, 1 U 52/07, jeweils zitiert nach Juris). Sinn und Zweck der Kaskoversicherung sei gerade nicht die Entlastung des Schädigers. Der Versicherungsnehmer einer Vollkaskoversicherung erkaufe sich den Versicherungsschutz vielmehr für die Fälle, in denen ihm ein nicht durch andere zu ersetzender Schaden verbleibe. Insoweit seien auch die Erwägungen, die bei der Vorteilsausgleichung gelten, heranzuziehen. Versicherungsleistungen an den Geschädigten entlasteten danach den Schädiger nicht.

14

Dieser Gedanke entspricht der Rechtsprechung des BGH. Dieser hat ausgeführt, Versicherungsleistungen, die sich ein Geschädigter durch die Zahlung der Versicherungsprämien selbst "erkauft" habe, könnten dem Schädiger nicht im Wege der Vorteilsausgleichung zugute kommen (BGH, Urteil vom 12.03.2009, VII ZR 88/08, zitiert nach Juris).

15

Dies legt es nahe, dass dem Schädiger auch der durch die Klägerin erkaufte Kaskoversicherungsschutz nicht zugutekommen darf in der Weise, dass sich ihr Anspruch gegen den Schädiger bzw. die Beklagte verringert, wenn sie die Kaskoversicherung nicht in Anspruch nimmt.

16

Nicht zu begründen ist nach Auffassung des OLG Düsseldorf auch, dass der Geschädigte nach Auffassung des OLG Naumburg auch verpflichtet sein soll, noch vor der Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung Berechnungen darüber anzustellen, ob der durch Zeitablauf drohende Schaden größer sein wird als der durch Verlust des Schadensfreiheitsrabatts. Da der Geschädigte seinen drohenden Rabattverlust mit der erforderlichen Sicherheit für die Zukunft gar nicht oder nur mit Schwierigkeiten konkret berechnen könne, wäre der Geschädigte dem Risiko ausgesetzt, sich vom Schädiger eine Fehleinschätzung vorhalten zu lassen. Einen Grund dafür, den Geschädigten – auch bei anwaltlicher Beratung – mit solchen Unsicherheiten zusätzlich zu belasten, sei nicht zu erkennen.

17

Schon die vom OLG Dresden und dem OLG Düsseldorf genannten Argumente sprechen dafür, eine Verletzung der Schadensminderungspflicht hier nicht darin zu sehen, dass die Klägerin die Kaskoversicherung nicht in Anspruch genommen hat. Jedenfalls unter den konkreten Umständen des vorliegenden Sachverhalts erscheint es unbillig, der Klägerin die Nichtinanspruchnahme der Kaskoversicherung als Verletzung der Schadensminderungspflicht anzulasten. Auf derartige Umstände kommt es auch nach Auffassung der Entscheidung des OLG Naumburg zum Az. 4 U 146/03 an; auch nach jener Entscheidung ist bei der Frage der Zumutbarkeit auf den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB abzustellen. Welche Kosten ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für erforderlich halten darf, hängt stark von den Umständen des Einzelfalls ab.

18

Die Klägerin hat sehr zeitnah nach dem Unfall die Beklagte mit Schreiben vom 17.11.2015 mitgeteilt, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, die Reparatur vorzufinanzieren und dass sie auf eine umgehende Haftungsbestätigung der Beklagten angewiesen sei. Die Klägerin hat auch mitgeteilt, dass die Beklagte für die Mietwagenkosten in vollem Umfang aufzukommen habe (Anlage K 4, Bl. 17 d.A.). Mit E-Mail vom 19.11.2015 hat die Klägerin der Beklagten das Gutachten mit der Bitte um Vorschussleistung übersandt und eine Zahlungsfrist bis zum 03.12.2015 gesetzt (Anlage K 5, Bl.18 d.A.). Bei telefonischer Rücksprache mit der Beklagten wurde am 30.11.2015 die Auskunft erteilt, der Unfallgegner habe den Schaden noch nicht gemeldet, daher sei die Haftung unklar. Auch bei diesem Telefonat wurde auf das Erfordernis einer umgehenden Haftungsfreigabe hingewiesen, da die Klägerin den Mietwagen bereits 1,5 Wochen fuhr. Am 02.12.2015 wurde einer Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei einem weiteren Telefonat die Information erteilt, der Unfallgegner habe den Schaden immer noch nicht gemeldet. Entsprechendes geschah bei weiteren Anrufen vom 07.12., 14.12., 18.12.2015 und 07.01.2016. Eine weitere Anwalts-E-Mail vom 11.01.2016 (Anlage K 12, Bl. 25 d.A.) weist nochmals darauf hin, dass auf die Mietwagennutzung bereits am 30.11.2015 hingewiesen worden sei. Entsprechendes wurde mit Anwaltsschreiben vom 13.01.2016 (Anlage K 13, Bl. 26 d.A.) mitgeteilt. Alle diese Schreiben blieben ohne Reaktion.

19

Die Entscheidung über den Reparaturauftrag haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin getroffen nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakte. Noch am 22.01.2016, als der Mietwagen bereits zurückgegeben war, wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage mitgeteilt, das Schreiben vom 13.01.2016 sei eingegangen, aber noch nicht bearbeitet.

20

Die Beklagte ist auf die frühzeitigen und engmaschig wiederholten Anfragen und Aufforderungen seitens der Klägerin in der Sache nicht eingegangen außer mit dem Hinweis, die Haftung sei unklar, weil eine Schadensanzeige des Versicherungsnehmers nicht vorliege. Es war in erster Linie Aufgabe des Schädigers und der gesamtschuldnerisch mit diesem haftenden Beklagten, den Zeitraum, in dem das beschädigte Fahrzeug unfallbedingt nicht zur Verfügung stand, zu begrenzen und damit eine Vergrößerung des Schadens durch Nutzungsausfall oder Mietwagenkosten zu verhindern. Dies ergibt sich aus der BGH-Rechtsprechung, derzufolge der Schädiger grundsätzlich auch die Nachteile zu ersetzen hat, die daraus herrühren, dass der Schaden mangels sofortiger Ersatzleistung nicht gleich beseitigt worden ist und sich dadurch vergrößert hat. Die Beklagte ist völlig passiv geblieben und hat die Klägerin mit der Situation der fortdauernden Schadensvergrößerung allein gelassen in Kenntnis des Umstandes, dass die Klägerin bereits bei der Schadensmeldung mitgeteilt hatte, zur Vorfinanzierung nicht in der Lage zu sein und einen Mietwagen in Anspruch zu nehmen oder Nutzungsausfall geltend zu machen. Der Beklagten musste von daher bekannt sein, dass sich der Schaden durch Zeitablauf erheblich vergrößern konnte. Obwohl in erster Linie sie dafür verantwortlich war, eine Vergrößerung des Schadens zu verhindern, hat sie nichts veranlasst, obwohl ihr die Situation der Klägerin bekannt war und in geringen Abständen telefonisch, in Textform und schriftlich erneut ins Bewusstsein gerückt wurde. Weder hat die Beklagte Informationen bei ihrem Versicherungsnehmer eingeholt, noch hat sie aus eigener Initiative die Ermittlungsakte eingesehen. Insbesondere hat sie nicht etwa, wie es das schriftsätzliche Vorbringen der Beklagten im Prozess vermuten lassen könnte, die Klägerin aufgefordert, ihre Kaskoversicherung zwecks Finanzierung der Reparatur in Anspruch zu nehmen; schon gar nicht hat sie verbindlich erklärt, für nachteilige Folgen der Inanspruchnahme der Kaskoversicherung einzustehen. Die Klägerin musste sich nicht sicher sein, dass die nachteiligen Folgen der Inanspruchnahme der Kaskoversicherung von der Beklagten übernommen werden würden, wenn die Beklagte sich insoweit nicht sicher war und an dieses Problem anscheinend noch gar nicht gedacht hatte. Sie hat auch nicht, was möglich gewesen wäre, unter Vorbehalt einen Vorschuss geleistet, mit dem die Reparatur hätte bezahlt werden können. Sie hat auch sonst keine Empfehlung zur Schadensminimierung abgegeben, etwa zur Kündigung des Mietvertrags, zur Anschaffung eines Interimsfahrzeugs oder zu einer sonstigen Maßnahme. Der Grund für das Ausbleiben der Haftungsfreigabe, nämlich dass der Versicherungsnehmer die Schadensmeldung nicht eingereicht hatte, liegt ausschließlich in der Sphäre der Schädigerseite und ist nicht ansatzweise von der Klägerin zu verantworten. In dieser Situation ist es fast treuwidrig wegen widersprüchlichen Verhaltens, wenn die Beklagte der Klägerin etwas vorwirft, was sie selbst in Kenntnis der Mietwagenbenutzung nicht getan hat, nämlich ein Ansteigen der unfallbedingten Kosten zu verhindern, obwohl sie als mit dem Schädiger Mithaftende in erster Linie dafür verantwortlich gewesen wäre.

21

Es mag sein, dass einem Versicherer regelmäßig eine mehrwöchige Prüfungsfrist eingeräumt wird. Diese Frage wird üblicherweise im Zusammenhang mit Kostenentscheidungen nach § 93 ZPO erörtert, wenn es darum geht, ob die Versicherung Anlass zur Klageerhebung gegeben hat (beispielsweise OLG Saarbrücken, 4 W 19/16, OLG Karlsruhe, 9 W 9/16, OLG Frankfurt, 7 W 64/14, jeweils zitiert nach Juris). Daraus, dass ein Verschulden der Beklagten an der späten Haftungszusage möglicherweise nicht besteht, folgt indes nicht, dass die Klägerin ihrerseits ein Verschulden daran trifft, dass sie in der Phase der Unsicherheit ihre Kaskoversicherung nicht in Anspruch genommen hat. Nur wenn eine schuldhafte Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Klägerin festgestellt werden könnte, hätte dies nachteilige Auswirkungen auf den Schadensersatzanspruch der Klägerin.

3.

22

Auch darin, dass die Klägerin nicht gleich einen – günstigeren – Vertrag für 65 Tage abgeschlossen hat, liegt keine Verletzung der Schadensminderungspflicht. Als der Mietvertrag abgeschlossen wurde, war nicht absehbar, wie lange die Reparatur dauern würde. Wenn die Beklagte im November mitgeteilt hätte, dass mit einer Entscheidung über die Haftungsübernahme erst im Februar zu rechnen sei, wäre Derartiges in Erwägung zu ziehen gewesen. Die Klägerin konnte hier aber nicht wissen, wann die Beklagte über die Haftungsübernahme entscheiden würde; dies wusste noch nicht einmal die Beklagte selbst. Der Klägerin konnte damals auch nicht zugemutet werden, ihre Rechtsanwälte, wie es offenbar im Januar 2016 geschehen ist, zu veranlassen, die Reparatur "auf die eigene Kappe zu nehmen". Einen günstigeren Wochentarif musste die Klägerin nicht auswählen, da sie zunächst nicht mit einer Mietzeit mehr als einer Woche rechnen musste, nicht einmal damit, dass diese Zeit erreicht werden würde; die Reparaturdauer betrug laut TÜV-Gutachten 3 Tage (Anlage K 3, Bl. 10 d.A.). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin zwischenzeitlich den bestehenden Mietvertrag hätte abändern müssen, weil von der Beklagten keinerlei Reaktion auf die Anfragen erfolgten, die es ausschlossen, dass mit einer zeitnahen Haftungsentscheidung zu rechnen war.

4.

23

Entgegen dem nicht näher spezifizierten Vorbringen der Beklagten hat die Klägerin das Ersatzfahrzeug auch nicht zum Unfallersatztarif angemietet. Aus der Rechnung (Anlage K 1, Bl. 8 d.A.) ergibt sich, dass der Tagesbetrag 58,70 € betrug und nicht 101,07 €. Das ist nur geringfügig höher als der von der Beklagten selbst als erstattungsfähig angesehene Normaltarif von 56,86 € pro Tag (= 511,70 € ./. 9), der allerdings die Mehrwertsteuer bereits enthalten sollte. Der Tagestarif ist auch bei Hinzurechnung der Mehrwertsteuer nicht so stark erhöht, dass die Klägerin weitere Angebote einholen musste.

24

Der von der Beklagten errechnete Gesamt-Tagespreis ergibt sich auch daraus, dass eine Haftungsbegrenzung von 18,10 € zuzüglich Mehrwertsteuer mit vereinbart war. Die Kosten der für das Ersatzfahrzeug abgeschlossenen Vollkaskoversicherung sind nach der Rechtsprechung des BGH ersatzfähig. Die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs mit Vollkaskoschutz ist in der Regel eine adäquate Schadensfolge (BGH, Urteil vom 15.02.2005, VI ZR 74/04, zitiert nach Juris).

25

Die Beklagte stützt sich unter anderem auf den Marktpreisspiegel Mietwagen des Fraunhofer-Instituts (Anlage A 1, Bl. 42 d.A.) und kommt in der Klageerwiderung (Bl. 40 d.A.) zu dem Ergebnis, dass der übliche Mietpreis pro Tag einschließlich Vollkaskoversicherung und Mehrwertsteuer 104,70 € betrage, also mehr als die von der Klägerin geltend gemachten 101,07 € (inklusive Mehrwertsteuer, Haftungsbegrenzung, Winterreifen und Zustellung/Abholung), die die Beklagte als überhöht beanstandet. Insofern ist das Vorbringen der Beklagten widersprüchlich.

26

Die Schwacke-Liste, auf die die Klägerin die Angemessenheit des von ihr gewählten Tarifs stützt, ist als Schätzungsgrundlage anerkannt. Der Marktpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts, auf den sich die Beklagte beruft, stammt aus dem Jahr 2009 und ist somit als Schätzungsgrundlage für 2015/2016 weniger geeignet als die von der Klägerin vorgelegte Schwacke-Liste von 2014. Im Übrigen hat der BGH nicht ausgeführt, dass der Marktpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts als Schätzungsgrundlage geeigneter sei; er hat die Heranziehung der Schwacke-Liste vielmehr als nicht rechtsfehlerhaft bestätigt (BGH Urteil vom 22.02.2011, VI ZR 353/09, zitiert nach Juris).

27

Die Eignung der Schwacke-Liste als Schätzungsgrundlage wird auch nicht durch die von der Beklagten vorgelegten Vergleichsangebote (Anlage A 3, Bl. 44 f. d.A.) erschüttert.

28

Diese beziehen sich nach Angaben der Beklagten (Bl. 40 d.A.) auf einen Mietzeitraum von 65 Tagen, das ist aber bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung nicht sachgerecht. Angebote für eine tages- oder wochenbezogene Anmietung auf unbestimmte Zeit hat die Beklagte nicht vorgelegt. Auch wenn grundsätzlich Internetausdrucke zu Mietwagenangeboten geeignet sein können, die durch die Schwacke-Liste begründete Schätzungsgrundlage zu erschüttern (so die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BGH zum Az. VI ZR 353/09), ist der Vortrag der Beklagten hier unzureichend.

29

Die Klägerin trägt vor, sie habe ein Fahrzeug der Mietwagenklasse 3 angemietet, was sich aus dem "C" in der angegebenen Tarifart ergebe. Dem ist die Beklagte nicht näher entgegengetreten. Die Klägerin legt weiter dar, das verunfallte Fahrzeug habe in die Mietwagenklasse 4 gehört, während die Klägerin ein Fahrzeug der Mietwagenklasse 3 angemietet habe. Deshalb sei kein Abzug von Eigenersparnis vorzunehmen. Diese Auffassung entspricht einer vom BGH als nicht rechtsfehlerhaft bestätigten Praxis bei der Ermessensausübung bei der Schadensausübung (BGH, Urteil vom 05.03.2013, VI ZR 245/11). Auch der Senat hat keine Veranlassung, dem entgegenzutreten.

5.

30

Die Zinsforderung ist im zuerkannten Umfang gemäß §§ 288, 286 BGB begründet. In Zahlungsverzug ist die Beklagte nicht bereits mit Ablauf der mit Schreiben vom 10.02.2016 (Anlage K 15, Bl. 28 d.A.) bis zum 24.02.2016 gesetzten Frist zur Begleichung der Mietwagenkosten geraten; Verzug ist gemäß § 286 Abs. 3 S. 1 BGB erst 30 Tage später eingetreten, also am 26.03.2016.

31

Die vorgerichtlichen Anwaltskosten gehören zu dem gemäß § 7 StVG, § 249 BGB zu erstattenden Rechtsverfolgungsschaden.

III.

32

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

33

Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

34

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 43, 47, 48 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG, 3 ZPO.


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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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published on 18/02/2002 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 355/00 Verkündet am: 18. Februar 2002 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH
published on 05/03/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 245/11 Verkündet am: 5. März 2013 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
published on 22/02/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 353/09 Verkündet am: 22. Februar 2011 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
published on 15/02/2005 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 74/04 Verkündet am: 15. Februar 2005 Blum, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Annotations

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,

1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder
2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder
3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.