Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt vom 4. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Antragstellerin haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene jeweils zur Hälfte zu tragen.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf eine Gebührenstufe bis zu 65.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Beteiligten streiten über die vergaberechtliche Zulässigkeit der Rücknahme einer ggf. auch von Anfang an unwirksam erklärten Kündigung eines Managementvertrages.

2

Die Antragsgegnerin ist eine steuerlich als gemeinnützig anerkannte Gesellschaft privaten Rechts, deren Geschäftsanteile vollständig vom Land Sachsen-Anhalt in Beteiligungsverwaltung des jeweiligen für Soziales zuständigen Ministeriums gehalten werden. Sie betreibt gesundheits- bzw. sozialpolitisch notwendige Einrichtungen, insbesondere Krankenhäuser, Kliniken und Heimeinrichtungen mit Arbeitsschwerpunkten in der psychiatrisch- psychotherapeutischen Versorgung. Im Rahmen dessen verwaltet und erhält sie auch Immobilien. Die Antragsgegnerin ist jeweils alleinige Gesellschafterin einer gemeinnützig und zweier gewerblich tätiger Kapitalgesellschaften. Nach ihrem Gesellschaftsvertrag ist ein Aufsichtsrat zu bilden, zu dessen Mitgliedern drei Vertreter des für Soziales zuständigen Ministeriums, ein Vertreter des für Finanzen zuständigen Ministeriums und zwei Arbeitnehmervertreter zu bestellen sind.

3

Seit ihrer Gründung im Jahre 1997 erfolgt ihre kaufmännische Betriebsführung auf der Grundlage eines Managementvertrages mit der Beigeladenen. Zuletzt schlossen die Antragsgegnerin und die Beigeladene am 09.03./05.04.2004 einen Managementvertrag mit einer Laufzeit von sieben Jahren, beginnend am 01.05.2004, und einer Verlängerungsoption jeweils um fünf Jahre für den Fall der nicht fristgerechten Kündigung (vgl. § 4 Abs. 1 MV). Gegenstand dieses Managementvertrages war die Geschäftsführung der Antragsgegnerin mit dem Ziel der Vornahme notwendiger Strukturveränderungen in der Gesamtorganisation und in den einzelnen Einrichtungen zur Anpassung an die Marktsituation und zur Verbesserung des Versorgungsstandards sowie zum Aufbau weiterer Einrichtungen (vgl. Präambel MV). Zur Geschäftsführung sollte der Managementpartner einen oder mehrere eigene Mitarbeiter als Geschäftsführer sowie u.U. für andere Funktionen zur Verfügung stellen sowie weitere Personen zur Einstellung durch die Antragsgegnerin für die Funktionen des stellvertretenden Geschäftsführers und des Prokuristen vorschlagen (§ 1 MV). Die Leistungspflichten des Managementpartners umfassten weiter die Beratung und Unterstützung in allen Managementangelegenheiten sowie die Beratung bei Investitionen und beim Einkauf (§ 2 MV). Als Vergütung war eine jährliche pauschale Grundvergütung sowie eine zusätzliche jährliche variable Vergütung vereinbart; für die variable Vergütung wurden neben den Vergütungsmaßstäben auch Höchstbeträge verabredet. Das jährliche Netto-Gesamtentgelt lag erheblich oberhalb des Schwellenwertes nach § 2 Nr. 2 VgV.

4

Mit Schreiben vom 20.04.2010 mit dem Betreff: „Management …“ (es folgt die Bezeichnung der Antragsgegnerin) kündigte die beamtete Staatssekretärin im damaligen Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt, B. B., unter dem Briefkopf des Ministeriums und ohne Hinweis auf ihre Stellung als Vorsitzende des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin den Managementvertrag zum 30.04.2011. Die Kündigung wurde damit begründet, dass eine Einigung über eine notwendige Änderung des bestehenden Managementvertrages „zwischen uns“ nicht habe erzielt werden können.

5

Am 02.09.2010 leitete die Antragsgegnerin eine EU-weite Ausschreibung zum Abschluss eines Managementvertrages für ihre Geschäftsführung durch Absendung der Vergabebekanntmachung ein. Sie schrieb eine Vertragslaufzeit von fünf Jahren vom 01.05.2011 bis zum 30.04.2016 mit einer Verlängerungsoption für zwei Jahre aus. Die Ausschreibung erfolgte im Offenen Verfahren auf der Grundlage der Vergabeordnung für Leistungen, Teil A - Ausgabe 2009 - (VOL/A). Als Bieterinnen beteiligten sich am Vergabeverfahren die hiesige Antragstellerin und die A. Kliniken Verwaltungs GmbH, ein anderes Unternehmen derjenigen Konzerngruppe, der auch die hiesige Beigeladene angehört. In der Leistungsbeschreibung führte die Antragsgegnerin neben der Gestellung des Geschäftsführers folgende weitere Leistungen auf:

6

-

Zusammenarbeit, Unterstützung und Begleitung bei Budgetverhandlungen,

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-

Zusammenarbeit im Bereich Controlling, beispielsweise durch Benchmarking und Berichtswesen,

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-

Unterstützung im Cash-Management,

9

-

Zusammenarbeit im Bereich Logistik,

10

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Zusammenarbeit im ärztlichen Bereich,

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-

Unterstützung bei Aufbau, Implementierung und Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements,

12

-

Zusammenarbeit mit dem S. Institut für Trendforschung und Therapieevaluation,

13

-

Zusammenarbeit in der Führungskräfteschulung.

14

Die Antragsgegnerin beabsichtigte, den Zuschlag auf das Angebot der Konkurrentin der hiesigen Antragstellerin zu erteilen. Im Rahmen eines durch die Antragstellerin eingeleiteten vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens gab die 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt mit ihrem Beschluss vom 02.03.2011 der Antragsgegnerin auf, das Vergabeverfahren aufzuheben und für den Fall des Fortbestehens der Beschaffungsabsicht das Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen. Diese inzwischen bestandskräftige Entscheidung wurde im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Antragsgegnerin eine Ausschlussklausel bestimmt hatte, wonach Bewerber, die im Land Sachsen-Anhalt entweder selbst eine oder mehrere einschlägige Fachkliniken betreiben oder durch Managementvertrag mit einschlägigen Fachkliniken anderer Betreiber verbunden sind, nicht am Vergabeverfahren teilnehmen dürften. Insoweit seien Mindestanforderungen an die Eignung der Bieter ausgewählt worden, deren Zustandekommen und sachliche Rechtfertigung durch den zu vergebenden Auftrag nicht dokumentiert und auch durch nachträgliche Erläuterungen nicht hinreichend erklärt worden seien. Zudem sei dieser Ausschlussgrund in der Vergabebekanntmachung nicht angegeben worden. Die Vergabekammer äußerte weitere Bedenken gegen die Art und Weise der Durchführung der Ausschreibung. Daraufhin hob die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.03.2011 das Offene Verfahren auf und veröffentlichte die Einstellung des Vergabeverfahrens im EU-Amtsblatt.

15

Bereits unmittelbar vor der Aufhebung der Ausschreibung, mit Schreiben vom 15.03.2011, erklärte die Antragsgegnerin, vertreten durch den Aufsichtsrat, dieser vertreten durch die o.a. Vorsitzende des Aufsichtsrates, B. B., gegenüber der Beigeladenen, dass sie ihre Kündigungserklärung vom 20.04.2010 zurücknehme und hieraus keine Rechte mehr geltend mache. Die im Managementvertrag 2004 vereinbarte Verlängerungsoption werde einmalig auf zweieinhalb Jahre (statt fünf Jahre) verkürzt. Solle aus Rechtsgründen eine Unwirksamkeit der Rücknahme der Kündigung durch Dritte erwirkt werden, verbleibe es beim Entgeltanspruch der Beigeladenen für alle erbrachten Leistungen. Die Beigeladene erklärte sich hiermit am 15.03.2011 ausdrücklich einverstanden; einer ihrer alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer unterzeichnete einen entsprechenden Einverständnisvermerk.

16

Nach Neukonstituierung der Landesregierung des Landes Sachsen-Anhalt beauftragte diese mit Beschluss vom 05.07.2011 das Ministerium für Arbeit und Soziales, in Abstimmung mit dem Ministerium für Finanzen zu prüfen, „… ob es Strukturveränderungen oder Kooperationen bei der … (Antragsgegnerin) … geben kann oder muss oder zusätzliche Aufgaben Dritter integriert werden können.“ Diese Prüfung ist nach Angaben der Antragsgegnerin bis jetzt nicht abgeschlossen.

17

Beginnend ab dem 25.03.2011 verlangte die Antragstellerin von der Antragsgegnerin wiederholt eine Information über das Fortbestehen der Beschaffungsabsicht bzw. über die Gründe der Nichtausschreibung. Mit Schreiben vom 15.07.2011 äußerte sie den Verdacht, dass ein Vertragsverhältnis zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen bestehe, und verlangte Aufklärung, ob das zutreffe und welche Laufzeit ein etwaiger Interimsvertrag habe. Am 04.08.2011 wurde ihr von den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass das Land derzeit eine materielle Privatisierung durch Veräußerung ihrer Geschäftsanteile an der Antragsgegnerin prüfe, was den Beschaffungsbedarf für einen Managementvertrag entfallen ließe. Auf erneute Nachfrage teilte die Antragsgegnerin am 19.08. 2011 mit, dass eine Entscheidung der Landesregierung noch nicht getroffen worden sei. Zu Vermutungen über den Abschluss sowie ggf. den Inhalt, die Dauer und den Vertragspartner eines Interimsvertrages erfolge keine Stellungnahme - weder eine Bestätigung noch ein Bestreiten.

18

Mit Schriftsatz vom 09.09.2011 hat die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit dem Ziel beantragt, dass festgestellt werden möge, dass der im Wege der Direktvergabe zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen für den Zeitraum vom 01.05.2011 bis zum 31.10.2013 geschlossene Managementvertrag für die Geschäftsführung der Antragsgegnerin unwirksam sei.

19

Die Antragstellerin hat behauptet, dass ihr Vorstandsmitglied M. D. am 05.09. 2011 anlässlich seiner Besichtigung einer Klinik der E. AG in H. von einem ihm unbekannten Besucher darüber informiert worden sei, dass die Antragsgegnerin mit einem Unternehmen der A. -Gruppe einen neuen Managementvertrag mit einer Laufzeit von zweieinhalb Jahren abgeschlossen habe.

20

Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 19.09.2011 die Vertragspartnerin der Antragsgegnerin beigeladen. Der Antragstellerin ist mit Beschluss vom 24.10.2011 Einsicht in den Schriftverkehr und den Managementvertrag gewährt worden, wobei einzelne Passagen zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen von der Akteneinsicht ausgenommen worden sind. Die Entscheidungsfrist ist insgesamt durch drei Verfügungen des Vorsitzenden vom 13.10., vom 26.10. und vom 29.11.2011 letztlich bis zum 05.01.2012 verlängert worden. Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2011 hat die Vergabekammer u.a. das Vorstandsmitglied der Antragstellerin D. und den Vertreter der Gesellschafterin der Antragstellerin P. angehört sowie die Zeugin K. vernommen, um die Umstände aufzuklären, unter denen die Antragstellerin Kenntnis vom Vertragsschluss erlangte.

21

Mit ihrem Beschluss vom 04.01.2012 hat die Vergabekammer dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin stattgegeben, die Unwirksamkeit der Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen vom 15.03.2011 festgestellt und die Antragsgegnerin verpflichtet, bei Fortbestehen des Beschaffungsbedarfs und der Beschaffungsabsicht hinsichtlich der Leistungen, die Gegenstand des Vertrages vom 15.03.2011 i.V. mit dem Vertrag vom 05.04.2004 waren, ein transparentes Vergabeverfahren durchzuführen.

22

Gegen diese, ihnen jeweils am 09.01.2012 zugestellte Entscheidung haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene jeweils mit einem vorab per Fax beim Oberlandesgericht Naumburg eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Das Fax-Schreiben der Antragsgegnerin ist am 23.01.2012 vollständig eingegangen. Das entsprechende Fax-Schreiben der Beigeladenen hat mit Anlagen insgesamt 72 Seiten umfasst und ist in der Zeit vom 23.01., 23:23 Uhr, bis 24.01., 0:05 Uhr, eingegangen. Lediglich die ersten fünfzehn Seiten dieses Fax-Schreibens haben die Beschwerdeschrift beinhaltet; im Übrigen hat das Fax-Schreiben aus Anlagen bestanden, die auch Bestandteil der Akten der Vergabekammer gewesen sind.

23

Beide Beteiligte vertreten im Wesentlichen übereinstimmend die Ansicht, dass für die Antragstellerin schon deshalb ein Zugang zum vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet sei, weil ein Managementvertrag, wie der Vertrag von 2004, keinen öffentlichen Auftrag i.S. von § 99 Abs. 1 und 4 GWB darstelle, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zudem unzulässig gewesen sei, weil er erst nach Ablauf der Frist des § 101b Abs. 2 Alt. 1 GWB eingereicht worden sei, und dass der Nachprüfungsantrag jedenfalls unbegründet sei, weil die einvernehmliche Rücknahme der Kündigung vom 20.04.2010 am 15.03.2011 kein Rechtsgeschäft darstelle, das einer Neuvergabe eines Auftrags gleichkäme. Zudem sei die Kündigungserklärung vom 20.04.2010 aus formellen Gründen unwirksam gewesen.

24

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen übereinstimmend,

25

den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 04.01.2012 aufzuheben und

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den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

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Die Antragstellerin beantragt,

28

die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen jeweils zurückzuweisen.

29

Sie verteidigt im Wesentlichen die angefochtene Entscheidung.

30

Der Senat hat am 30.03.2012 mündlich zur Sache verhandelt. Mit den Beteiligten ist insbesondere auch eine einvernehmliche Beendigung des Nachprüfungsverfahrens erörtert worden; der Senat hat einen Vergleichsvorschlag unterbreitet und einen zeitlich entfernt liegenden Verkündungstermin bestimmt. Dieser Verkündungstermin ist im Hinblick auf die zunächst aussichtsreich geführten Vergleichsverhandlungen nochmals verlegt worden. Nach dem Scheitern des Versuchs einer einvernehmlichen Beendigung des Nachprüfungsverfahrens hat der Senat mit Beschluss vom 31.05.2012 den Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 21.06.2012 verlegt.

31

Am 18.06.2012 hat die Antragsgegnerin ihre sofortige Beschwerde zurückgenommen. Die Antragsgegnerin hat hierzu vorgetragen, dass der Aufsichtsrat am 13.06.2012 beschlossen habe, ihren bisherigen, von der Beigeladenen gestellten Geschäftsführer M. H. zum 30.06.2012 abzuberufen und den von ihr selbst angestellten H. F. ab dem 01.07.2012 als Geschäftsführer zu berufen. Die Beigeladene hat bestätigt, dass dem bisherigen Geschäftsführer H. der Antragsgegnerin telefonisch mitgeteilt worden sei, dass er mit Wirkung zum 30.06.2012 abberufen sei. Der Beschluss des Aufsichtsrates bzw. sonst eine schriftliche Mitteilung liege der Beigeladenen hierüber nicht vor. Die Antragsgegnerin informierte mit internem Schreiben vom 15.06.2012 ihre Mitarbeiter über den Wechsel in der Geschäftsführung. Eine einvernehmliche Beendigung bzw. eine ausdrückliche Kündigung des Managementvertrages erfolgte nicht. Die Beigeladene bot der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 29.06.2012 die Erfüllung ihrer Vertragsverpflichtungen und insbesondere das Tätigwerden des bisherigen Geschäftsführers an. Die Antragsgegnerin erklärte gegenüber der Antragstellerin in einem außergerichtlichen Schreiben vom 29.06.2012, dass sie auch alle weiteren Leistungen, welche ursprünglich Gegenstand des Managementvertrages mit der Beigeladenen gewesen seien, ab dem 01.07.2012 selbst ausführe.

32

Der Senat hat mit Beschluss vom 21.06.2012 festgestellt, dass das Beschwerdeverfahren im Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin durch die Rücknahme der sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerin beendet worden sei. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Senat der Schlussentscheidung vorbehalten. Im Hinblick auf das Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen hat der Senat die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und den Beteiligten Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme, insbesondere jedoch zur Frage einer Erledigung des Nachprüfungsverfahrens gegeben.

33

Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 11.07.2012 haben die Beigeladene und die Antragstellerin die ursprünglich gestellten Anträge wiederholt, soweit sie sich nicht auf die Antragsgegnerin beziehen. Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt. Die Beigeladene und die Antragstellerin haben übereinstimmend die Auffassung vertreten, dass sich das Nachprüfungsverfahren durch den Beschluss des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin vom 13.06.2012 und das nachfolgende Geschehen nicht erledigt habe. Wegen des weiteren Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom selben Tage Bezug genommen.

B.

34

Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen ist zulässig; sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

35

Die Vergabekammer ist zu Recht von der Zulässigkeit und Begründetheit des Nachprüfungsantrages der Antragstellerin ausgegangen. Im Rahmen der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass das Beschwerdeverfahren ursprünglich bis zur Rücknahme des Rechtsmittels auch von der Antragsgegnerin betrieben worden ist.

36

I. Das Rechtsmittel der Beigeladenen ist zulässig.

37

1. Die sofortige Beschwerde ist frist- und formgerecht (§ 117 Abs. 1 bis 3 GWB) beim zuständigen Gericht (§ 116 Abs. 3 S. 1 GWB) eingelegt worden. Nach den getroffenen Feststellungen zu den näheren Umständen des Eingangs des Fax-Schreibens der Beigeladenen vom 23.01.2012 bestehen keine Zweifel, dass der bestimmende Schriftsatz vollständig vor dem Ablauf der Beschwerdefrist am 23.01.2012, 24:00 Uhr, eingegangen ist. Die innerhalb dieser Frist nur unvollständig beim Oberlandesgericht eingegangenen Anlagen zur Beschwerdeschrift berühren die Wirksamkeit der Beschwerdeeinlegung nicht.

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2. Die Beigeladene ist nach § 116 Abs. 1 S. 2 GWB beschwerdebefugt. Ihr Beschwerderecht ist durch das prozessuale Verhalten der Antragsgegnerin nicht beeinträchtigt, weil § 67 ZPO weder unmittelbar noch entsprechend auf die Beigeladene anzuwenden ist. Die Beigeladene ist durch die Entscheidung der Vergabekammer auch beschwert, in formeller Hinsicht durch ihr Unterliegen mit dem Antrag auf Zurückweisung des Nachprüfungsantrages und in materieller Hinsicht vor allem durch die Feststellung der Unwirksamkeit des zwischen ihr und der Antragsgegnerin bestehenden Managementvertrages und durch die Bindung der Antragsgegnerin an die Rechtsauffassung der Vergabekammer, wonach eine Direktvergabe des Auftrags an sie unzulässig sei.

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3. Das Beschwerdeverfahren hat sich nicht erledigt.

40

a) Nach §§ 123 S. 4 i.V.m. 114 Abs. 2 S. 2 GWB tritt eine Erledigung des Nachprüfungsverfahrens durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise ein. Ob eine dieser Voraussetzungen vorliegt, ist hier einheitlich für das gesamte Nachprüfungsverfahren und mithin für beide Anträge der Antragstellerin zu beantworten. Dies legt schon der Wortlaut der zitierten Vorschrift („Hat sich das Nachprüfungsverfahren … erledigt …“) nahe. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren hat einen einheitlichen Beschaffungsvorgang zum Gegenstand; eine Aufteilung dieses Beschaffungsvorgangs der Antragsgegnerin in verschiedene Verfahren, in Teilaufträge oder in Lose ist nicht erfolgt. Die Antragstellerin hat zwar innerhalb dieses Nachprüfungsverfahrens zwei Anträge gestellt, diese stehen jedoch in einem engen Zusammenhang zueinander. Die mit dem Nachprüfungsantrag angestrebte Verpflichtung der Antragsgegnerin zu einer EU-weiten Ausschreibung der Vergabe der Dienstleistungen an einen Dritten (Nachprüfungsantrag zu Ziffer 2) der Antragstellerin) setzt die Feststellung der Unwirksamkeit des Vertragsschlusses vom 15.03.2011 (Nachprüfungsantrag zu Ziffer 1) der Antragstellerin) voraus, weil eine solche Feststellung eine etwaige Beendigung des Vergabeverfahrens durch den Vertragsschluss aufhebt und damit erst den (weiteren) Zugang der Antragstellerin zum Primärrechtsschutz nach §§ 102, 104 ff. GWB gewährleistet. Andererseits ist zwar die Feststellung der Unwirksamkeit eines Vertragsschlusses nach dem Wortlaut des § 101b GWB unabhängig davon zulässig, ob ein weiter gehender Nachprüfungsantrag gestellt worden ist und ob er Erfolg hat (vgl. Kühnen in: Byok/Jaeger, VergabeR, 3. Aufl. 2011, § 101b GWB Rn. 16; Braun in: Ziekow/Völlink, VergabeR, 2011, § 101b GWB Rn. 89 ff.; a.A. Glahs in: Reidt/ Stickler/Glahs, VergabeR, 3. Aufl. 2011, § 101b Rn. 16 a.E.). Jedenfalls im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob die Antragstellerin hier durch einen unwirksamen Vertragsschluss in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt sein kann, also ob der Nachprüfungsantrag unter dem Aspekt der Kausalität des Vergaberechtsverstoßes für eine Beeinträchtigung subjektiver Rechte der Antragstellerin i.S. von § 97 Abs. 7 GWB begründet ist, ist zumindest festzustellen, dass eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zu einer Ausschreibung nicht auszuschließen ist, durch welche auch die Antragstellerin eine Chance auf Zuschlagserteilung erhielte.

41

b) Eine Erledigung des Nachprüfungsverfahrens ist nicht eingetreten.

42

aa) Allerdings käme eine Erledigung „in sonstiger Weise“ dann in Betracht, wenn der beanstandete Vertragsschluss rechtlich keine Wirkungen mehr entfaltete, z. Bsp. wegen zwischenzeitlicher Beendigung des Vertragsverhältnisses, wenn der ursprüngliche Beschaffungsbedarf des öffentlichen Auftraggebers endgültig weggefallen wäre und dieser seine Beschaffungsabsicht dauerhaft aufgegeben hätte. In einem solchen Falle wäre der öffentliche Auftraggeber berechtigt, das einmal eingeleitete Vergabeverfahren ohne Erteilung eines Zuschlags zu beenden, was selbst dann, wenn er das Vergabeverfahren nicht formell beendete, einer Aufhebung bzw. Einstellung des Vergabeverfahrens in seinen Wirkungen gleichstünde. Die endgültige Aufgabe der Beschaffungsabsicht hat unter diesen Voraussetzungen ein ähnliches Gewicht wie die in § 114 Abs. 2 S. 2 GWB ausdrücklich genannten Erledigungsgründe, denn ein Erfolg des Antragstellers im Nachprüfungsverfahren wäre ausgeschlossen, weil auszuschließen wäre, dass es zum Abschluss eines neuen Vertrages käme, bei dem der Antragsteller eine Chance auf Berücksichtigung haben könnte.

43

bb) Im vorliegenden Fall kann eine dauerhafte und endgültige Aufgabe der Beschaffungsabsicht durch die Antragsgegnerin indessen nicht festgestellt werden.

44

(1) Nach dem Ergebnis der vom Senat vorgenommenen Aufklärung ist festzustellen, dass der Managementvertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen vom 15.03. 2011 i.V. mit dem Vertrag vom 09.03./05.04.2004 bislang nicht beendet worden ist. Die Antragsgegnerin hat eine formelle Beendigung des Vertrages, z. Bsp. durch Aufhebungsvereinbarung oder durch Kündigung, schon selbst nicht vorgetragen. Die Beigeladene hat eine Beendigung des Vertrages bestritten und ist leistungsbereit. Sie hat der Antragsgegnerin die weitere Erbringung der Leistungen ausdrücklich angeboten. Dieser Umstand führt dazu, dass die Antragsgegnerin in der Lage ist, die Leistungen der Antragsgegnerin in Erfüllung des Managementvertrages gegenwärtig oder künftig ganz oder teilweise wieder in Anspruch zu nehmen.

45

(2) Allerdings unterstellt der Senat als wahr, dass der bisherige, von der Beigeladenen gestellte Geschäftsführer der Antragsgegnerin mit Wirkung zum 30.06.2012 abberufen und ein neuer, von der Antragsgegnerin selbst angestellter Geschäftsführer ab dem 01.07.2012 berufen worden ist. Auch wenn der Beschluss des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin vom 13.06.2012 dem Senat weder ganz noch auszugsweise vorgelegt worden ist und auch wenn im Handelsregister die Abberufung des bisherigen Geschäftsführers und die Berufung eines neuen Geschäftsführers bislang nicht eingetragen ist, hat die Beigeladene die Angaben der Antragsgegnerin zumindest dahin bestätigt, dass sie als Managementpartnerin von der Antragsgegnerin ebenso über den Inhalt des Aufsichtsratsbeschlusses vom 13.06.2012 informiert worden sei. Weitere Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus der zur Gerichtsakte gereichten internen Information der Antragsgegnerin an ihre Mitarbeiter und aus deren Auskunft gegenüber der Antragstellerin. Dieser Umstand lässt jedoch nicht sicher auf einen dauerhaften Wegfall des (gesamten) Beschaffungsbedarfs schließen, weil die Bestellung des neuen Geschäftsführers rückgängig gemacht werden kann und der Managementvertrag erhebliche weitere Leistungspflichten der Beigeladenen beinhaltet, die von den Arbeitsleistungen des Geschäftsführers unabhängig sind.

46

(3) Selbst wenn der Senat seiner Entscheidung zugrunde legte, dass die Antragsgegnerin einige Leistungen, die bisher die Beigeladene im Rahmen des Managementvertragsverhältnisses erbracht hat, nunmehr mit eigenen Ressourcen erbringen kann, u.a. auch aufgrund des inzwischen vollzogenen Know-how-Transfers von der Beigeladenen, und selbst wenn der Senat weiter die Ernsthaftigkeit der von der Antragsgegnerin geäußerten Absicht einer vollständigen Erbringung von Eigenleistungen im kaufmännischen Bereich unterstellte, so bestünde dennoch objektiv aus den vorgenannten Gründen für die Antragsgegnerin jederzeit die Option der Leistungsbeschaffung von der Beigeladenen aus dem nach wie vor existierenden Vertrag. Dies ist insbesondere aus Sicht der Antragstellerin nicht hinnehmbar.

47

II. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu Recht als zulässig bewertet.

48

1. Der Zugang zum vergaberechtlichen Primärrechtsschutz nach §§ 102, 104 ff. GWB ist eröffnet. Die allgemeinen Voraussetzungen nach §§ 98 bis 100 GWB liegen vor.

49

a) Die Antragsgegnerin ist, was sie nicht in Abrede stellt, öffentliche Auftraggeberin nach § 98 Nr. 2 GWB. Sie ist eine juristische Person des privaten Rechts, die zu dem Zweck gegründet wurde und auch gegenwärtig betrieben wird, um im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtwirtschaftlicher Art im Bereich des Gesundheitswesens und der Sozialfürsorge zu erfüllen. Ihr alleiniger Gesellschafter ist eine Gebietskörperschaft; die Mehrheit der Mitglieder ihres Aufsichtsrats werden von diesem Gesellschafter bestimmt.

50

b) Ein Managementvertrag des Inhalts, wie der Vertrag vom 09.03./05.04.2004, ist ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag i.S. von § 99 Abs. 1 und Abs. 4 GWB.

51

aa) Es ist ein Vertrag der Antragsgegnerin als öffentliche Auftraggeberin mit einer von ihr verschiedenen juristischen Person, einem Wirtschaftsteilnehmer, hier der Beigeladenen.

52

bb) Gegenstand des Leistungsaustausches ist einerseits die Beschaffung einer Dienstleistung durch die Antragsgegnerin. Für den Begriff der Dienstleistung nach § 99 Abs. 1 und Abs. 4 GWB sowie § 1 EG Abs. 1 VOL/A kommt es in negativer Hinsicht nur darauf an, dass die beschaffte Leistung keine Lieferung und keine speziell definierte Bauleistung ist, und in positiver Hinsicht, dass sie einer der im Anhang I zur VOL/A aufgeführten Leistungen gleichkommt. Diese nationale Regelung entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. d) UA 1 i.V.m. Anhang II der Richtlinie 2004/18/EG (Vergabekoordinierungsrichtlinie, künftig: VKR). Die im Managementvertrag aufgeführten Leistungspflichten der Beigeladenen erfüllen diese Voraussetzungen unter Berücksichtigung der EU-weit durch VO EG Nr. 213/2008 eingeführten und in der VOL/A umgesetzten CPV-Referenznummern (Common Procurement Vocabulary).

53

(1) Nach Kategorie 11 in Anhang I A der VOL/A gehören die Leistungen der Abteilung 79 (CPV 790 000 000-4 „Dienstleistungen für Unternehmen“), dort der Gruppe 794 (CPV 794 000 000-8 Unternehmens- und Managementberatung und sonstige Dienste), dort der Klasse 7941 (CPV 794 100 000-1 „Unternehmens- und Managementberatung“) zu den prioritären Dienstleistungen. Sie sind in der Erläuterung zur CPV 2008 (vgl. http://simap.europa.eu/ codes_and_nomenclatures/codes_cpv/cpv_2008_explanatory_notes_de.pdf) u.a. wie folgt beschrieben:

54

„Klasse 7941: Unternehmens- und Managementberatung …

55

-

Allgemeine Managementberatung, bestehend aus Beratung, Orientierung, betriebswirtschaftlicher Unterstützung mit Blick auf die Unternehmenspolitik und -strategie sowie aus der allgemeinen Betriebsplanung, -gestaltung und -lenkung;

56

-

Beratung im Bereich der Finanzverwaltung …, bestehend aus Beratung, Orientierung, betriebswirtschaftlicher Unterstützung bei finanziellen Entscheidungen …;

57

-

Marketingberatung, bestehend aus Beratung, Orientierung, betriebswirtschaftlicher Unterstützung mit Blick auf die Marketingstrategie und -tätigkeit von Unternehmen und Einrichtungen;

58

-

Beratung im Bereich des Personalwesens, bestehend aus Beratung, Orientierung, betriebswirtschaftlicher Unterstützung bei der Personalverwaltung von Unternehmen und Einrichtungen;

59

-

Beratung in der Produktionsleitung, zu der Beratung, Orientierung, betriebswirtschaftliche Unterstützung bezüglich der Methoden der Produktivitätserhöhung, Senkung von Produktionskosten und Verbesserung der Produktqualität zählen …“.

60

(2) Die festgestellten Vertragspflichten nach dem Managementvertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen lassen sich ohne Weiteres unter die vorstehenden Leistungsbeschreibungen subsumieren und gehen z.T. über reine Beratungsleistungen hinaus, so z. Bsp.

61

-

die Pflicht zur Geschäftsführung mit dem Ziel der Vornahme von Strukturveränderungen in der Gesamtorganisation der Antragsgegnerin und in deren einzelnen Einrichtungen zur Anpassung an die Marktsituation unter dem ersten und dritten Anstrich;

62

-

die Pflicht zur Geschäftsführung mit dem Ziel der Verbesserung des Versorgungsstandards unter dem fünften Anstrich; hierzu zählt auch die Unterstützung zur Einführung, Implementierung und zum Ausbau eines Qualitätsmanagementsystems;

63

-

die Pflicht zur Empfehlung von Personen zur Einstellung durch die Antragsgegnerin unter dem vierten Anstrich; hierzu zählen auch Maßnahmen zur Schulung von Führungskräften und ärztlichem Personal;

64

-

die Pflicht zur Beratung bei Investitionen und beim Einkauf unter dem ersten und zweiten Anstrich; hierzu zählen auch Maßnahmen zur Unterstützung bei Budgetverhandlungen und beim Cash-Management.

65

Soweit vorstehend auch Maßnahmen angeführt sind, die im Managementvertrag zwar nicht ausdrücklich genannt sind, aber von ihm erfasst sein können, schließt der Senat aus den Ausschreibungsunterlagen der Antragsgegnerin vom September 2010 auf einen entsprechenden Beschaffungsbedarf.

66

cc) Gegenstand des Vertrages ist andererseits eine unmittelbare Vergütung durch die Antragsgegnerin, deren Höhe den hier maßgeblichen Schwellenwert von 193.000,00 € (vgl. §§ 100 Abs. 1, 131 Abs. 8 GWB 2009 i.V.m. §§ 2 Nr. 2, 23 VgV 2010) bei weitem übersteigt.

67

d) Ein Ausschlussgrund i.S. von § 100 Abs. 2 GWB 2009 ist nicht gegeben. Die Beigeladene kann sich insbesondere nicht erfolgreich auf eine analoge Anwendung von § 100 Abs. 2 Halbs. 1 GWB 2009 berufen, wonach der 4. Teil des GWB nicht für Arbeitsverträge gilt, weil der Managementvertrag kein Arbeitsvertrag i.S. dieser Vorschrift ist.

68

Der Begriff „Arbeitsvertrag“ ist nicht legaldefiniert, weder im GWB noch in Art. 16 lit. e) VKR. Es handelt sich nach allg. Ansicht um Verträge, bei denen sich eine natürliche Person gegenüber dem Auftraggeber verpflichtet, unter dessen Leitung und Anweisungen Arbeitsleistungen gegen Entgelt zu erbringen (vgl. Diehr in: Reidt/Stickler/Glahs, a.a.O., § 100 Rn. 29 m.w.N.). Dem gegenüber ist der vorliegende Managementvertrag 2004 gerade nicht auf die Anstellung eines Geschäftsführers gerichtet, sondern auf eine umfassende kaufmännische Betriebsführung unter Einbeziehung der Gestellung eines Geschäftsführers; dieser soll aber Mitarbeiter des Managementpartners, hier der Beigeladenen bleiben. So ist hier auch verfahren worden. Zudem liegt der den Vertragscharakter prägende Leistungsteil in diversen Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Unternehmensführung und nicht in der Zur-Verfügung-Stellung einer Arbeitskraft.

69

2. Die Antragstellerin ist antragsbefugt i.S. von § 107 Abs. 2 GWB.

70

a) Die Antragstellerin hat ihr Interesse an der Erteilung eines Auftrags über gleichartige Leistungen, wie im Managementvertrag zwischen Antragsgegnerin und Beigeladener vereinbart, hinreichend gezeigt durch die Beteiligung am Offenen Verfahren, durch ihre ständigen Nachfragen bei der Antragsgegnerin nach der Bekanntgabe der Aufhebung des Offenen Verfahrens und nicht zuletzt auch durch die Einleitung und Fortführung des vorliegenden Nachprüfungsverfahrens. Sie hat die Verletzung eigener subjektiver Rechte i.S. von § 97 Abs. 7 GWB geltend gemacht, indem sie die Direktvergabe des Auftrags an die Beigeladene trotz einer i.E. bestehenden EU-weiten Ausschreibungspflicht beanstandet hat. Die Antragstellerin hat auch einen drohenden Schaden hinreichend vorgetragen, nämlich die Vereitelung jeder Chance auf Zuschlagserteilung auf ein von ihr unterbreitetes Angebot durch die Vornahme der Direktvergabe.

71

b) Ob die Antragstellerin zur Erbringung der Leistungen gemäß einem vergleichbaren Managementvertrages ganz oder teilweise objektiv geeignet ist oder nicht, kann hier nicht beurteilt werden. Insoweit käme es auf eine Bewerbung in einem förmlichen Verfahren und auf den zuvor bekannt gemachten Eignungsmaßstab des öffentlichen Auftraggebers an. Es wäre grundsätzlich auch zulässig, dass sich die Antragstellerin nicht nur auf ihre eigene Fachkunde und Leistungsfähigkeit beriefe, sondern auch auf die Fähigkeiten Dritter, z Bsp. im Rahmen einer hierfür zu gründenden Bietergemeinschaft oder im Rahmen der Einschaltung von Nachauftragnehmern für Teilleistungen. Für die Bejahung der Antragsbefugnis genügt es, dass der Antragstellerin die Chance zur Beteiligung an einer Ausschreibung der Leistungen genommen worden ist (vgl. BGH, Beschluss v. 08.02.2011, X ZB 4/10 „S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr I“, BGHZ 188, 200; OLG Naumburg, Beschluss v. 22.12.2011, 2 Verg 10/11 „Rettungsdienst Harz“, VergabeR 2012, 445).

72

3. Die Antragstellerin hat den Nachprüfungsantrag fristgerecht innerhalb der Frist des § 101b Abs. 2 GWB eingereicht.

73

a) Die Antragsgegnerin hat den Lauf der jeweils dreißig Kalendertage währenden Antragsfristen nach § 101b Abs. 2 S. 2 GWB (entspricht Art. 2f Abs. 1 lit. a) 1. Anstrich der RL 89/665/EWG i.d.F. der RL 2007/66/EG <Rechtsmittelkoordinierungsrichtlinie, künftig: RMKR>) bzw. nach Art. 2f Abs. 1 lit. a) 2. Anstrich RMKR, die so nicht ausdrücklich in nationales Recht umgesetzt worden ist, nicht in Gang gesetzt, denn sie hat weder eine Veröffentlichung des Vertragsschlusses vom 15.03.2011 im EU-Amtsblatt vorgenommen noch die Antragstellerin, die für sie als Interessentin hinsichtlich des Auftrages erkennbar war, über den Vertragsschluss informiert.

74

b) Die absolute Antragsausschlussfrist des § 101b Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GWB (entspricht Art. 2f Abs. 1 lit. b) RMKR) von sechs Monaten ab Vertragsschluss ist gewahrt worden. Der von der Antragstellerin beanstandete Vertragsschluss erfolgte am 15.03.2011, so dass die vorgenannte Frist am 15.09.2011 abgelaufen wäre. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist am 09.09.2011 bei der Vergabekammer eingegangen.

75

c) Die Antragstellerin hat schließlich auch die Frist nach § 101b Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GWB eingehalten, wonach der Antrag innerhalb von dreißig Kalendertagen nach Erlangung der Kenntnis von dem durch den Vertragsschluss bewirkten Vergaberechtsverstoß zu stellen ist.

76

aa) Für die Entscheidung im vorliegenden Nachprüfungsverfahren kann offen bleiben, ob die Vorschrift den unionsrechtlichen Vorgaben bzw. rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht (vgl. zu Bedenken nur Braun, a.a.O., § 101b GWB Rn. 62), wofür jedoch vieles spricht. Zwar existiert hierfür eine wörtlich entsprechende Regelung in der Rechtsmittelkoordinierungsrichtlinie nicht, aber dem nationalen Gesetzgeber ist in Art. 2f Abs. 2 RMKR die Möglichkeit der Schaffung eigener Regelungen eröffnet und die geschaffene Vorschrift lehnt sich jedenfalls an den Rechtsgedanken des Art. 2f Abs. 1 lit. a) 2. Anstrich RMKR an. In der letztgenannten Unionsnorm ist eine Belehrung über die Kürze der Ausschlussfrist und den Zeitpunkt des Fristbeginns nicht vorgesehen.

77

bb) Die Frist des § 101b Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GWB beginnt frühestens mit positiver Kenntnis vom Vertragsschluss, z. Bsp. durch eine entsprechende Mitteilung des öffentlichen Auftraggebers an den späteren Antragsteller (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss v. 03.08.2011, VII-Verg 33/11, zitiert nach juris, dort Tz. 38vgl. zu weiteren Anforderungen OLG München, Beschluss v. 10.03.2011, Verg 1/11 „nuklearmedizinischer Kooperationsvertrag“, VergabeR 2011, 755 - in juris Tz. 28). Die Rüge eines durch den Vertragsschluss bewirkten Verstoßes gegen die Verpflichtungen aus § 101a GWB bzw. des in § 101b Abs. 1 Nr. 2 beschriebenen Vergaberechtsverstoßes setzt zumindest die Kenntnis des Vertragsschlusses voraus. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen im Nachprüfungsverfahren ist der Antragstellerin ein früherer Zeitpunkt der Kenntniserlangung hiervon, als von ihr eingeräumt, nicht nachzuweisen.

78

(1) Die Antragstellerin hat angegeben, dass sie erstmals am 05.09.2011 Kenntnis von einem Vertragsschluss erlangt habe, und hat einschränkend hierzu erklärt, dass die Information von einer ihr unbekannten Person gekommen sei, so dass sie deren Zuverlässigkeit nicht habe beurteilen können, und dass sie unvollständig gewesen sei, weil sie keine Einzelheiten zum Vertragspartner, zum genauen Datum des Vertragsschlusses, zur Vertragslaufzeit und zum Umfang der Vertragsleistungen beinhaltet habe. Inwieweit diese Einschränkungen ggf. geeignet sind, den Fristbeginn nach § 101b Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GWB weiter hinauszuschieben bis auf den Zeitpunkt der Gewährung der (teilweisen) Einsicht in den Vertrag vom 15.03. 2011 i.V.m. dem Vertrag vom 09.03./ 05.04.2004 durch die Vergabekammer, kann hier offen bleiben. Insbesondere kann dahinstehen, ob einer Kenntnis vom Vergaberechtsverstoß i.S. von § 101b Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GWB bereits ab 05.09.2011 etwa entgegen stand, dass sie keine Kenntnis über die Laufzeit des Vertrages hatte, weil sie in rechtlicher Hinsicht einen Interimsvertrag mit verhältnismäßig kurzer Laufzeit als vergaberechtskonform bewertet hätte. Der Senat kann eine Kenntnis der Antragstellerin i.S. von § 101b Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GWB ab dem 05.09.2011 unterstellen.

79

(2) Im Rahmen der weiteren Nachforschungen haben sich jedenfalls keine Anhaltspunkte für eine frühere Kenntniserlangung der Antragstellerin vom Vertragsschluss ergeben. Insbesondere haben auch weder die Antragsgegnerin noch die Beigeladene konkrete Anhaltspunkte hierfür benennen können. Ihre pauschal gebliebene Behauptung, dass die Antragstellerin bereits im März 2011 Kenntnis vom Vertragsschluss erlangt habe (dies könnte allenfalls nach dem 15.03.2011 in Betracht kommen, weil das Rechtsgeschäft erst an diesem Tage vorgenommen worden ist), ist weder einer Einlassung der Antragstellerin noch einer Prüfung durch den Senat zugänglich.

80

cc) Dieses Aufklärungsergebnis bzw. die Wahrunterstellung des Senats führen dazu, dass der von der Antragstellerin angegebene Zeitpunkt für den Beginn der Antragsfrist maßgeblich ist. Für einen früheren Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis des Antragstellers vom Vertragsschluss trägt der öffentliche Auftraggeber, hier die Antragsgegnerin, bzw. der Beteiligte, der sich auf die Fristversäumung beruft, hier die Beigeladene, die Feststellungslast.

81

(1) Der Antragsgegnerin und der Beigeladenen ist zwar noch darin zu folgen, dass ein Antragsteller in seinem Nachprüfungsantrag die Einhaltung der Antragsfrist behaupten (so Dicks in: Ziekow/Völlink, a.a.O., § 108 GWB Rn. 8) oder zumindest auf entsprechende Nachfrage im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht die tatsächlichen Voraussetzungen für die Einhaltung der Antragsfrist des § 101b Abs. 2 GWB darlegen muss. Die Antragstellerin hat diesen Anforderungen bereits in ihrem Nachprüfungsantrag Rechnung getragen.

82

(2) Wird durch den öffentlichen Auftraggeber oder eine beigeladene Beteiligte die Versäumung der Antragsfrist geltend gemacht, so obliegt es der Nachprüfungsinstanz im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes nach § 110 Abs. 1 GWB, den Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller Kenntnis vom Vertragsschluss erlangt hat, von Amts wegen aufzuklären, soweit von den Beteiligten konkrete Anhaltspunkte für Ermittlungen benannt worden sind. Hier hat auch die Beigeladene eine entsprechende pauschale Einwendung erhoben. Die Vergabekammer hat sich, obwohl konkrete Anhaltspunkte für eine frühere Kenntniserlangung von keinem Beteiligten vorgetragen worden sind, gleichwohl um eine Sachaufklärung bemüht durch weitere Nachfragen an die Antragstellerin und durch die Anhörung bzw. Vernehmung von Auskunftspersonen. Aus Sicht des Senats kommt es insoweit nur darauf an, dass sich im Rahmen dieser Nachforschungen Erkenntnisse über einen früheren Zeitpunkt der Information der Antragstellerin über den Vertragsschluss vom 15.03.2011 nicht ergeben haben und auch Hilfstatsachen, die einen Rückschluss auf eine frühere Kenntniserlangung hätten zulassen können, nicht zu Tage getreten sind. Deswegen kann auch offen bleiben, ob die Angaben von Frau Dr. M. als Zeugenaussage oder als Anhörung einer Vertreterin der Antragstellerin zu bewerten sind, denn im Hinblick auf den vorgenannten Aufklärungsgegenstand sind diese Angaben unergiebig gewesen. Eine weitere Beweisaufnahme durch Wiederholung der Vernehmung der Zeugin K. oder durch Anhörung der Vorstandsmitglieder Dr. M. und D. zu den näheren Umständen des Informationsflusses innerhalb des Unternehmens der Antragstellerin am 05.09.2011 ist nicht geboten.

83

(3) Ebenso, wie es für die insoweit vergleichbare Regelung des § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB einhellig anerkannt ist (vgl. nur BGH, Beschluss v. 01.02.2005, X ZB 27/04 „Altpapierverwertung II“, BGHZ 162, 116, in juris Tz. 19; OLG Naumburg, Beschluss v. 03.09.2009, 1 Verg 4/09 „Rettungsdienstleistungen V“, VergabeR 2009, 933, in juris Tz. 67; Reidt in: Reidt/Stickler/Glahs, a.a.O., § 107 Rn. 52 m.w.N.), ist auch im Rahmen der Anwendung des § 101b Abs. 2 GWB davon auszugehen, dass die Unzulässigkeit eines ansonsten zulässigen Nachprüfungsantrages nur angenommen werden kann, wenn dem Antragsteller nachgewiesen wird, dass er die Ausschlussfrist versäumt hat (so auch Braun, a.a.O., § 101b GWB Rn. 59). Ohne entsprechenden Nachweis ist von der Wahrung der Antragsfrist auszugehen.

84

4. Die Antragstellerin hat auch unter Berücksichtigung des bestandskräftigen Beschlusses der 2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt vom 02.03.2011 im vorangegangenen Nachprüfungsverfahren 2 VK LSA 39/10 ein Rechtsschutzinteresse (vgl. Glahs, a.a.O., § 101b Rn. 16; Kühnen, a.a.O., § 101b Rn. 16).

85

a) Zwar hat die Vergabekammer mit der vorzitierten Entscheidung die (in beiden Nachprüfungsverfahren identische) Antragsgegnerin ebenfalls verpflichtet, für den Fall des Fortbestehens der Vergabeabsicht, d.h. der Absicht zur Vergabe der entgeltlichen Leistungserbringung an einen Dritten, ein neues förmliches Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassungen der Vergabekammer durchzuführen. Insoweit käme in Betracht, dass die Antragstellerin bei isolierter Betrachtung das auf die Durchsetzung dieser Verpflichtung gerichtete Begehren, z. Bsp. bei einer bloßen Untätigkeit der Antragsgegnerin, einfacher in einem Vollstreckungsverfahren verwirklichen könnte. Etwas Anderes ist es aber, wenn die Antragsgegnerin nicht untätig bleibt bzw. wenn sie zwar Direktverhandlungen aufnimmt, aber ein sofortiger Vertragsschluss nicht zu besorgen ist, sondern wenn sie, wie hier, aus Sicht der Antragstellerin einen Dienstleistungsauftrag ohne Ausschreibung bereits vergeben hat. In dieser Konstellation durfte die Antragstellerin davon ausgehen, dass sie die Unwirksamkeit der Vereinbarung vom 15.03.2011, mit der die Antragsgegnerin ihren fortbestehenden Beschaffungsbedarf zumindest mittelfristig decken wollte, in einem Vollstreckungsverfahren nicht geltend machen kann.

86

b) Die vorgenannte Rechtsfrage ist nicht ohne Weiteres zu beantworten und bislang in Literatur und Rechtsprechung, soweit ersichtlich, nicht problematisiert worden. Der Senat neigt dazu, dass die gewichtigeren Argumente dafür sprechen könnten, dass ein Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Direktvergabe in einem Erkenntnisverfahren anzubringen ist.

87

Nach § 101b Abs. 2 GWB kann die Unwirksamkeit eines Vertrags wegen Verstoßes gegen die Vorabinformationspflicht nach § 101a GWB oder wegen einer Direktvergabe unter Verstoß gegen die Verpflichtung zur Beteiligung anderer Unternehmen am Vergabeverfahren nur innerhalb einer Ausschlussfrist geltend gemacht werden, zu deren Wahrung die Geltendmachung „im Nachprüfungsverfahren“ erforderlich ist. Der Zweck der Beschränkung der Geltendmachung der Unwirksamkeit eines Vertrages auf ein bestimmtes Verfahren besteht darin, den Kreis der Antragsberechtigten einzugrenzen, weil mit der Festlegung auf ein Nachprüfungsverfahren zugleich die Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 GWB erfüllt sein müssen. Dieser Zweck wäre grundsätzlich auch bei einer Zulassung der Feststellung der Unwirksamkeit in einem Vollstreckungsverfahren gewahrt, denn der hierdurch angestrebten Begrenzung des Kreises der Antragsberechtigten bedürfte es im Falle des Vorliegens einer bestandskräftigen Entscheidung der Vergabekammer in einem Vergabenachprüfungsverfahren zwischen denselben Beteiligten nicht. Dem gegenüber spricht der Wortlaut von § 101b Abs. 2 GWB dafür, dass mit dem „Nachprüfungsverfahren“ ein (neues) Erkenntnisverfahren gemeint ist und nicht ein Vollstreckungsverfahren. Das könnte sich insbesondere auch aus dem Zusammenhang zwischen „im Nachprüfungsverfahren“ und „kann festgestellt werden“ ergeben, weil die Feststellung typischerweise in einem Erkenntnisverfahren getroffen wird. Wie der vorliegende Fall zeigt, wäre auch nur in einem neuen Erkenntnisverfahren gewährleistet, dass der Vertragspartner des öffentlichen Auftraggebers beigeladen und mithin am (neuen) Nachprüfungsverfahren beteiligt werden kann. Die Vorschrift des § 109 GWB gilt nicht im Vollstreckungsverfahren.

88

c) Angesichts der vorgenannten rechtlichen Unsicherheiten kann es der Antragstellerin nicht verwehrt werden, im Zweifel den sicheren Weg der Geltendmachung der Unwirksamkeit des bereits geschlossenen Vertrages zu beschreiten und den Feststellungsantrag zum Gegenstand eines neuen Nachprüfungsverfahrens zu machen. Diese Vorgehensweise ist zudem aus Sicht der Antragstellerin geeignet gewesen, dem für sie nicht abschätzbaren Risiko adäquat zu begegnen, dass der von ihr für unwirksam erachtete Vertragsschluss sich auf andere Leistungen bezieht, als sie Gegenstand des vorangegangenen Nachprüfungsverfahrens gewesen sind.

89

III. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist begründet. Die Antragsgegnerin hat durch den Abschluss der Vereinbarung vom 15.03.2011 mit der Beigeladenen ohne vorangegangene Verhandlungen und ohne Beteiligung anderer Unternehmen an dem Beschaffungsvorgang gegen Vergaberecht verstoßen.

90

1. Nach § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB ist die Unwirksamkeit eines Vertrages festzustellen, wenn dieser Vertrag im Wege der unzulässigen Direktvergabe zustande gekommen ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, ohne dass es auf Feststellungen zur Wirksamkeit der am 20.04.2010 erklärten Kündigung des Managementvertrages 2004 ankommt.

91

a) Zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen wurde am 15.03.2011 unstreitig ein Vertrag geschlossen. Der Vertrag beinhaltete die Einigung beider Vertragspartner über die Unwirksamkeit der o.a. Kündigung des Managementvertrages 2004, also darüber, dass sich die Parteien so behandeln lassen wollten, als ob eine Kündigung des Vertragsverhältnisses nicht erklärt worden sei (vgl. zum Vertragscharakter des Einvernehmens über die Rücknahme einer Kündigung BGH, Urteil v. 24.06.1998, XII ZR 195/96, BGHZ 139,123; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 08.05.2002, VII-Verg 8-15/01, zitiert nach juris, dort Tz. 51 ff.). Zur Zeit des Abschlusses der Vereinbarung gingen beide Vertragspartner von der Wirksamkeit der Kündigung vom 20.04.2010 und von der Beendigung des Vertragsverhältnisses aus dem Managementvertrag 2004 zum 30.04.2011 aus. Die Antragsgegnerin leitete nach der Kündigungserklärung ein Vergabeverfahren zur Vergabe der gleichen Leistungen für den Zeitraum ab dem 01.05.2011 bis zum 30.04.2016 ein und beabsichtigte eine Zuschlagserteilung, d.h. den Abschluss eines neuen Vertrages. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beigeladenen hat im Termin vom 30.03.2012 bestätigt, dass erstmals nach seiner Mandatierung im Verlaufe des vorliegenden Nachprüfungsverfahrens im September 2011 Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung gehegt worden seien. Für den Vertragscharakter sprechen darüber hinaus die weiteren Regelungen vom 15.03.2011, die z.T. der Modifizierung der Vertragsbedingungen des Managementvertrages 2004 dienten, sich z.T. aber auch über Modalitäten einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung für den Fall der Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung über die Rücknahme der Kündigung verhielten.

92

b) Die Vereinbarung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen vom 15.03.2011 kommt bei der im Vergaberecht gebotenen funktionalen und wirtschaftlichen Betrachtung dem Neuabschluss eines Vertrages gleich. Mit der Einigung vom 15.03.2011 sollte nach dem übereinstimmenden Willen beider Vertragspartner eine rechtliche Grundlage für die Erbringung von Leistungen durch die Beigeladene über den 30.04.2011 hinaus an die Antragsgegnerin und für die Vergütungspflicht der Antragsgegnerin gegenüber der Beigeladenen geschaffen werden.

93

c) Die Vereinbarung vom 15.03.2011 ist als Direktvergabe zu bewerten. Der Vereinbarung gingen nach den übereinstimmenden Angaben der Antragsgegnerin und der Beigeladenen keine Verhandlungen voraus, jedenfalls keine Verhandlungen unter Einbeziehung anderer Unternehmen.

94

d) Mit der Direktvergabe hat die Antragsgegnerin gegen vergaberechtliche Verpflichtungen verstoßen. Die Antragsgegnerin war nach dem bestandskräftigen Beschluss der Vergabekammer vom 02.03.2011 verpflichtet, zur Deckung ihres fortbestehenden Beschaffungsbedarfs im Hinblick auf Leistungen der kaufmännischen Geschäftsführung ab dem 01.05.2011 durch die Inanspruchnahme eines Dritten ein förmliches Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen. Nach der Beschlussfassung der Vergabekammer hat sich keine Änderung des Sachverhalts ergeben, die die Grundlage für jene Verpflichtung der Antragsgegnerin hätten entfallen lassen.

95

e) Es wird klargestellt, dass es aus den vorgenannten Gründen für die getroffene Entscheidung nicht darauf ankommt, ob die Kündigungserklärung vom 20.04.2010 nach zivilrechtlichen Maßstäben zur Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen geführt hat oder nicht. Eine solche Prüfung ist erforderlichenfalls einem Zivilgericht in einem etwaigen Rechtsstreit zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen vorzubehalten. Die Frage der wirksamen Beendigung des vorausgegangenen Dienstleistungsvertrages ist grundsätzlich und so auch hier nicht Gegenstand der Prüfung des Vorliegens eines Vergaberechtsverstoßes bei Abschluss des nachfolgenden Dienstleistungsvertrages.

96

2. Der Antrag der Antragstellerin auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, bei Fortbestehen der Vergabeabsicht bezüglich der Dienstleistungen, die Gegenstand der Vereinbarung vom 15.03.2011 i.V. mit dem Managementvertrag vom 09.03./05.04.2004 waren, ein transparentes Vergabeverfahren i.S. der §§ 97 ff. GWB durchzuführen, ist ebenfalls begründet aus den zutreffenden und durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräfteten Gründen der angefochtenen Entscheidung der Vergabekammer. Durch die getroffene Feststellung der Unwirksamkeit der Vereinbarung vom 15.03.2011 mit der Beigeladenen ist der Zustand, wie er bereits am 02.03.2011 bestanden hat, wiederhergestellt. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, bei einer Beschaffung der streitgegenständlichen Leistungen von Dritten ein Vergabeverfahren zur Auswahl des Leistungserbringers durchzuführen. Hieran ändern der Beschluss des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin vom 13.06.2012 und insbesondere die Auskunft der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin vom 29.06.2012 nichts. Es ist nach wie vor nicht auszuschließen, dass die Antragsgegnerin die streitgegenständlichen Leistungen ganz oder teilweise künftig durch Dritte erbringen lassen muss und hieraus eine Beschaffungsabsicht erwächst. Das Vorbringen der Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren rechtfertigt einen Rückschluss auf eine endgültige Aufgabe der Beschaffungsabsicht nicht. Selbst die darüber hinaus gehenden Angaben der Antragsgegnerin im Schreiben an die Antragstellerin vom 29.06.2012 sind nicht geeignet, hierauf die Feststellung einer ernsthaften und dauerhaften Aufgabe der Vergabeabsicht durch die Antragsgegnerin zu stützen.

C.

97

I. Die Entscheidung über die Kostentragung im Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 120 Abs. 2 i.V.m. 78 S. 1 und 2 GWB sowie § 516 Abs. 3 ZPO. Die Antragsgegnerin ist neben der Beigeladenen an der Kostenhaftung zu beteiligen, weil sie ein von Anfang an unbegründetes Rechtsmittel eingelegt hat.

98

II. Die Festsetzung des Gegenstandswertes des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens folgt aus § 50 Abs. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei am Bruttoauftragswert der durch die Vereinbarung vom 15.03.2011 unmittelbar bewirkten Vertrags“verlängerung“ um zweieinhalb Jahre und hat als Jahresauftragswert die Summe aus der jährlichen Grundvergütung und der maximalen jährlichen variablen Vergütung zugrunde gelegt. Der nach § 50 Abs. 2 GKG maßgebliche Anteil von 5 % dieses Bruttoauftragswertes ergibt einen Betrag innerhalb der Gebührenstufe von mehr als 50.000,00 € bis zu maximal 65.000,00 €.


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Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 20. Sept. 2012 - 2 Verg 4/12

bei uns veröffentlicht am 20.09.2012

Tenor Die sofortigen Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt vom 27. April 2012 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Antragsgegner

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Die Behörden haben Verwaltungsakte mitzuteilen, die den Wegfall oder die Einschränkung einer steuerlichen Vergünstigung zur Folge haben können.

(1) Behörden (§ 6 Abs. 1 der Abgabenordnung) und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sind verpflichtet, Mitteilungen an die Finanzbehörden nach Maßgabe der folgenden Vorschriften ohne Ersuchen zu übersenden. Dies gilt nicht, wenn die Finanzbehörden bereits auf Grund anderer Vorschriften über diese Tatbestände Mitteilungen erhalten. Eine Verpflichtung zur Mitteilung besteht auch dann nicht, wenn die Gefahr besteht, daß das Bekanntwerden des Inhalts der Mitteilung dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde. Ist eine mitteilungspflichtige Behörde einer obersten Dienstbehörde nachgeordnet, muß die oberste Behörde dem Unterlassen der Mitteilung zustimmen; die Zustimmung kann für bestimmte Fallgruppen allgemein erteilt werden.

(2) Auf Grund dieser Verordnung sind personenbezogene Daten, die dem Sozialgeheimnis unterliegen (§ 35 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch), und nach Landesrecht zu erbringende Sozialleistungen nicht mitzuteilen.

(1) Die Behörden haben Zahlungen mitzuteilen, wenn der Zahlungsempfänger nicht im Rahmen einer land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Haupttätigkeit gehandelt hat, oder soweit die Zahlung nicht auf das Geschäftskonto des Zahlungsempfängers erfolgt. Zahlungen sind auch mitzuteilen, wenn zweifelhaft ist, ob der Zahlungsempfänger im Rahmen der Haupttätigkeit gehandelt hat oder die Zahlung auf das Geschäftskonto erfolgt. Eine Mitteilungspflicht besteht nicht, wenn ein Steuerabzug durchgeführt wird.

(2) Die Finanzbehörden können Ausnahmen von der Mitteilungspflicht zulassen, wenn die Zahlungen geringe oder keine steuerliche Bedeutung haben.

(3) Absatz 1 gilt für die in § 93a Absatz 2 der Abgabenordnung bezeichneten öffentlichen Stellen erstmals für nach dem 31. Dezember 2023 geleistete Zahlungen.

Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2) anzuwenden.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

Bei öffentlichen Aufträgen und Wettbewerben, die Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte umfassen, ohne verteidigungs- oder sicherheitsspezifische Aufträge zu sein, ist dieser Teil nicht anzuwenden,

1.
soweit der Schutz wesentlicher Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen gewährleistet werden kann, zum Beispiel durch Anforderungen, die auf den Schutz der Vertraulichkeit der Informationen abzielen, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen eines Vergabeverfahrens zur Verfügung stellt,
2.
soweit die Voraussetzungen des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfüllt sind,
3.
wenn die Vergabe und die Ausführung des Auftrags für geheim erklärt werden oder nach den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordern; Voraussetzung hierfür ist eine Feststellung darüber, dass die betreffenden wesentlichen Interessen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen gewährleistet werden können, zum Beispiel durch Anforderungen, die auf den Schutz der Vertraulichkeit der Informationen abzielen,
4.
wenn der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, die Vergabe oder Durchführung nach anderen Vergabeverfahren vorzunehmen, die festgelegt sind durch
a)
eine im Einklang mit den EU-Verträgen geschlossene internationale Übereinkunft oder Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem oder mehreren Staaten, die nicht Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, oder ihren Untereinheiten über Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen für ein von den Unterzeichnern gemeinsam zu verwirklichendes oder zu nutzendes Projekt,
b)
eine internationale Übereinkunft oder Vereinbarung im Zusammenhang mit der Stationierung von Truppen, die Unternehmen betrifft, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder einem Staat haben, der nicht Vertragspartei des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraums ist, oder
c)
eine internationale Organisation oder
5.
wenn der öffentliche Auftraggeber gemäß den Vergaberegeln einer internationalen Organisation oder internationalen Finanzierungseinrichtung einen öffentlichen Auftrag vergibt oder einen Wettbewerb ausrichtet und dieser öffentliche Auftrag oder Wettbewerb vollständig durch diese Organisation oder Einrichtung finanziert wird. Im Falle einer überwiegenden Kofinanzierung durch eine internationale Organisation oder eine internationale Finanzierungseinrichtung einigen sich die Parteien auf die anwendbaren Vergabeverfahren.

Vereinbarungen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen und Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen, die die Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge durch zwischenbetriebliche Zusammenarbeit zum Gegenstand haben, erfüllen die Voraussetzungen des § 2 Absatz 1, wenn

1.
dadurch der Wettbewerb auf dem Markt nicht wesentlich beeinträchtigt wird und
2.
die Vereinbarung oder der Beschluss dazu dient, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner oder mittlerer Unternehmen zu verbessern.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, wenn diese Aufträge Folgendes zum Gegenstand haben:

1.
Rechtsdienstleistungen, die eine der folgenden Tätigkeiten betreffen:
a)
Vertretung eines Mandanten durch einen Rechtsanwalt in
aa)
Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vor nationalen oder internationalen Gerichten, Behörden oder Einrichtungen,
bb)
nationalen oder internationalen Schiedsgerichts- oder Schlichtungsverfahren,
b)
Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt, sofern diese zur Vorbereitung eines Verfahrens im Sinne von Buchstabe a dient oder wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen und eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Angelegenheit, auf die sich die Rechtsberatung bezieht, Gegenstand eines solchen Verfahrens werden wird,
c)
Beglaubigungen und Beurkundungen, sofern sie von Notaren vorzunehmen sind,
d)
Tätigkeiten von gerichtlich bestellten Betreuern, Vormündern, Pflegern, Verfahrensbeiständen, Sachverständigen oder Verwaltern oder sonstige Rechtsdienstleistungen, deren Erbringer durch ein Gericht dafür bestellt oder durch Gesetz dazu bestimmt werden, um bestimmte Aufgaben unter der Aufsicht dieser Gerichte wahrzunehmen, oder
e)
Tätigkeiten, die zumindest teilweise mit der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen verbunden sind,
2.
Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, es sei denn, es handelt sich um Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 73000000-2 bis 73120000-9, 73300000-5, 73420000-2 und 73430000-5 fallen und bei denen
a)
die Ergebnisse ausschließlich Eigentum des Auftraggebers für seinen Gebrauch bei der Ausübung seiner eigenen Tätigkeit werden und
b)
die Dienstleistung vollständig durch den Auftraggeber vergütet wird,
3.
den Erwerb, die Entwicklung, die Produktion oder die Koproduktion von Sendematerial für audiovisuelle Mediendienste oder Hörfunkmediendienste, wenn diese Aufträge von Anbietern von audiovisuellen Mediendiensten oder Hörfunkmediendiensten vergeben werden, die Ausstrahlungszeit oder die Bereitstellung von Sendungen, wenn diese Aufträge an Anbieter von audiovisuellen Mediendiensten oder Hörfunkmediendiensten vergeben werden,
4.
finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Ausgabe, dem Verkauf, dem Ankauf oder der Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten, Dienstleistungen der Zentralbanken sowie mit der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus durchgeführte Transaktionen,
5.
Kredite und Darlehen, auch im Zusammenhang mit der Ausgabe, dem Verkauf, dem Ankauf oder der Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten oder
6.
Dienstleistungen, die an einen öffentlichen Auftraggeber nach § 99 Nummer 1 bis 3 vergeben werden, der ein auf Gesetz oder Verordnung beruhendes ausschließliches Recht hat, die Leistungen zu erbringen.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Wettbewerbe anzuwenden, die hauptsächlich den Zweck haben, dem öffentlichen Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer elektronischer Kommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen.

Der Nebenintervenient muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet; er ist berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in Widerspruch stehen. Für ihn gelten die §§ 141 und 278 Absatz 3 entsprechend.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.

(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

(1) Sektorenauftraggeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,
2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn
a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder
b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.

(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.

(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3

1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt,
2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder
3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2) anzuwenden.

(1) Sektorenauftraggeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,
2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn
a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder
b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.

(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.

(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3

1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt,
2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder
3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 4/10
vom
19. Juli 2011
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr II
GKG § 50 Abs. 2; GWB § 101b Abs. 1 Nr. 2, § 107 Abs. 2; VgV § 3

a) Will der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit der begehrten Nichtigerklärung
eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages auch
erreichen, dass der Gesamtgegenstand dieses Vertrages in einem künftigen
Vergabeverfahren losweise vergeben wird, bestimmt sich die für den Streitwert
maßgebliche Auftragssumme nach dem Wert der Lose, an deren Erbringung
der Antragsteller interessiert ist.

b) Für die Schätzung des Werts dieser Lose sind die in § 3 VgV genannten Parameter
heranzuziehen, soweit sie nach den Umständen für eine entsprechende
Anwendung geeignet erscheinen.
BGH, Beschluss vom 19. Juli 2011 - X ZB 4/10 - OLG Düsseldorf
Vergabekammer Münster
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juli 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Mühlens und die Richter
Gröning, Dr. Grabinski und Dr. Bacher

beschlossen:
Es verbleibt unter Verwerfung der Anhörungsrüge der Antragstellerin als unzulässig bei der Wertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011.

Gründe:


I.


1
Die nach § 69a Abs. 1, 2 GKG statthafte Rüge gegen die Wertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011 ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der gesetzlichen Form erhoben ist (§ 69a Abs. 4 Satz 1 und 2 GKG). Wird die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Beschwerdegericht gerügt, setzt die Zulässigkeit der Anhörungsrüge wie bei dem Rechtsbehelf aus § 321a ZPO, dem § 69a GKG nachgebildet ist, voraus, dass Umstände ausgeführt werden, aus denen sich ergeben kann, dass das Gericht bei der Entscheidung Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch nicht erwogen hat (vgl. dazu BVerfGE 87, 1, 33; BGHZ 154, 288, 300 mwN; vgl.
auch BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609). Dafür reicht nicht aus vorzutragen, dass das Gericht sich nicht ausdrücklich mit allen angeführten Gesichtspunkten auseinandergesetzt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609 Rn. 8 mwN). Deshalb verhilft der Anhörungsrüge nicht zur Zulässigkeit, wenn die Antragstellerin vorträgt, der Senat habe im Rahmen der Wertbemessung nach § 50 Abs. 2 GKG § 3 VgV entsprechend angewendet, ohne ausdrücklich die dagegen angeführten Argumente der Antragstellerin zu bescheiden. Das Gleiche gilt erst recht, wenn das vermeintlich übergangene Vorbringen sich im Vortrag nicht erläuterter Anknüpfungstatsachen erschöpft, wie es hier in Bezug auf den der Streitwertbemessung nach Ansicht der Antragstellerin zugrunde zu legenden Zeitraum der Fall ist. Die Antragstellerin hat dafür in ihrem Schriftsatz vom 25. Januar 2011 ohne jede Begründung auf die Laufzeit des Änderungsvertrages zuzüglich Verlängerungsoption abgestellt, obwohl ihr Interesse, worauf zurückzukommen sein wird, diesem Auftrag gar nicht gilt.

II.


2
Der Senat hat die Anhörungsrüge zum Anlass genommen, seine Wertfestsetzung im Beschluss vom 8. Februar 2011 darauf hin zu überprüfen, ob Anlass besteht, sie nach § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen zu korrigieren. Das ist indes nicht der Fall.
3
1. Bei der Wertbemessung war davon auszugehen, dass es der Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag nicht darum ging, Leistungen, die Gegenstand des Änderungsvertrages waren, zumindest in einem Teil des durch diesen Vertrag festgelegten Zeitraums zu erbringen, sondern darum, diesen Änderungsvertrag zu Fall zu bringen, um sich für die Zeit nach dem Auslaufen des Verkehrsvertrags (Dezember 2018) um den Betrieb der genannten S-Bahnlinien 5 und 8 im Verkehrsverbund Rhein/Ruhr zu bewerben. Will der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit der begehrten Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages aucherreichen, dass der Gesamtgegenstand dieses Vertrages in einem künftigen Vergabeverfahren losweise vergeben wird, bemisst sich die für den Streitwert maßgebliche Auftragssumme (§ 50 Abs. 2 GKG) nach dem Wert der Lose, an deren Erbringung der Antragsteller interessiert ist (ebenso Brandenburgisches OLG, VergabeR 2003, 654 ff.). Das auch in § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB angesprochene Interesse des Antragstellers am Auftrag beschränkt sich in solchen Fällen auf diese Lose. Dieser Umstand kann bei der im Zusammenhang mit der Streitwertfestsetzung gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben. Zudem ist zu bedenken, dass das Rechtsschutzziel der Aufteilung eines Auftrags in Lose typischerweise dasjenige von kleineren oder mittleren Unternehmen sein wird und dass das Prozessrisiko dieser Wirtschaftsteilnehmer im Interesse eines effektiven Vergaberechtsschutzes nicht dadurch überhöht werden sollte, dass ihrem Begehren ein Streitwert von 5 Prozent der BruttoGesamtauftragssumme zugrunde gelegt wird, obwohl ihr wirtschaftliches Ziel sich damit jedenfalls nicht deckt und sich unter Umständen nur auf einen kleinen Bruchteil dieser Summe bezieht.
4
2. Ist nach Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages, wie hier, ungewiss, wann und mit welchen Modalitäten ein zukünftiges Vergabeverfahren für eine losweise Vergabe der in Rede stehenden Leistungen zur Durchführung ansteht, ist die für den Nachprüfungsantrag des die Losaufteilung anstrebenden Antragstellers maßgebliche Auftragssumme zu schätzen. Eine solche Schätzung ist unter Voraussetzungen vorzunehmen , die mit denjenigen vergleichbar ist, unter denen öffentliche Auftraggeber den Wert zur Vergabe anstehender Leistungen zu ermitteln haben, bevor sie das entsprechende Vergabeverfahren in die Wege leiten. Deshalb ist es sachgerecht, dafür die in § 3 VgV genannten Parameter heranzuziehen, soweit sie nach den Umständen für eine entsprechende Anwendung geeignet erscheinen.
5
Im Streitfall kann davon ausgegangen werden, dass eine losweise Vergabe des Betriebs der Linien, für welche die Antragstellerin sich interessiert, auf einen längeren Zeitraum bemessen wird. Bei Aufträgen über Dienstleistungen , für die kein Gesamtpreis angegeben werden kann und die eine unbestimmte Laufzeit bzw. eine solche von mehr als 48 Monaten haben werden, bietet sich in Anlehnung an § 3 Abs. 4 Nr. 2 VgV an, auf den 48-fachen Monatswert abzustellen. Auf dieser Grundlage hat der Senat den Streitwert im Beschluss vom 8. Februar 2011 bemessen.
6
Im Verfahren der Anhörungsrüge nach § 69a Abs. 1 werden Kosten nicht erstattet (§ 69a Abs. 3 GKG). Die Gebühr nach KV 1700 zum Gerichtskostengesetz fällt der Antragstellerin zur Last.
Meier-Beck Gröning Mühlens
Grabinski Bacher
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.07.2010 - VII-Verg 19/10 -

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, die von einem öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 an eine juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts vergeben werden, wenn

1.
der öffentliche Auftraggeber über die juristische Person eine ähnliche Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt,
2.
mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der juristischen Person der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen sie von dem öffentlichen Auftraggeber oder von einer anderen juristischen Person, die von diesem kontrolliert wird, betraut wurde, und
3.
an der juristischen Person keine direkte private Kapitalbeteiligung besteht, mit Ausnahme nicht beherrschender Formen der privaten Kapitalbeteiligung und Formen der privaten Kapitalbeteiligung ohne Sperrminorität, die durch gesetzliche Bestimmungen vorgeschrieben sind und die keinen maßgeblichen Einfluss auf die kontrollierte juristische Person vermitteln.

(2) Die Ausübung einer Kontrolle im Sinne von Absatz 1 Nummer 1 wird vermutet, wenn der öffentliche Auftraggeber einen ausschlaggebenden Einfluss auf die strategischen Ziele und die wesentlichen Entscheidungen der juristischen Person ausübt. Die Kontrolle kann auch durch eine andere juristische Person ausgeübt werden, die von dem öffentlichen Auftraggeber auf gleiche Weise kontrolliert wird.

(3) Absatz 1 gilt auch für die Vergabe öffentlicher Aufträge, die von einer kontrollierten juristischen Person, die zugleich öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 ist, an den kontrollierenden öffentlichen Auftraggeber oder an eine von diesem öffentlichen Auftraggeber kontrollierte andere juristische Person vergeben werden. Voraussetzung ist, dass keine direkte private Kapitalbeteiligung an der juristischen Person besteht, die den öffentlichen Auftrag erhalten soll. Absatz 1 Nummer 3 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(4) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, bei denen der öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 über eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts zwar keine Kontrolle im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 ausübt, aber

1.
der öffentliche Auftraggeber gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern über die juristische Person eine ähnliche Kontrolle ausübt wie jeder der öffentlichen Auftraggeber über seine eigenen Dienststellen,
2.
mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der juristischen Person der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen sie von den öffentlichen Auftraggebern oder von einer anderen juristischen Person, die von diesen Auftraggebern kontrolliert wird, betraut wurde, und
3.
an der juristischen Person keine direkte private Kapitalbeteiligung besteht; Absatz 1 Nummer 3 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(5) Eine gemeinsame Kontrolle im Sinne von Absatz 4 Nummer 1 besteht, wenn

1.
sich die beschlussfassenden Organe der juristischen Person aus Vertretern sämtlicher teilnehmender öffentlicher Auftraggeber zusammensetzen; ein einzelner Vertreter kann mehrere oder alle teilnehmenden öffentlichen Auftraggeber vertreten,
2.
die öffentlichen Auftraggeber gemeinsam einen ausschlaggebenden Einfluss auf die strategischen Ziele und die wesentlichen Entscheidungen der juristischen Person ausüben können und
3.
die juristische Person keine Interessen verfolgt, die den Interessen der öffentlichen Auftraggeber zuwiderlaufen.

(6) Dieser Teil ist ferner nicht anzuwenden auf Verträge, die zwischen zwei oder mehreren öffentlichen Auftraggebern im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 geschlossen werden, wenn

1.
der Vertrag eine Zusammenarbeit zwischen den beteiligten öffentlichen Auftraggebern begründet oder erfüllt, um sicherzustellen, dass die von ihnen zu erbringenden öffentlichen Dienstleistungen im Hinblick auf die Erreichung gemeinsamer Ziele ausgeführt werden,
2.
die Durchführung der Zusammenarbeit nach Nummer 1 ausschließlich durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt wird und
3.
die öffentlichen Auftraggeber auf dem Markt weniger als 20 Prozent der Tätigkeiten erbringen, die durch die Zusammenarbeit nach Nummer 1 erfasst sind.

(7) Zur Bestimmung des prozentualen Anteils nach Absatz 1 Nummer 2, Absatz 4 Nummer 2 und Absatz 6 Nummer 3 wird der durchschnittliche Gesamtumsatz der letzten drei Jahre vor Vergabe des öffentlichen Auftrags oder ein anderer geeigneter tätigkeitsgestützter Wert herangezogen. Ein geeigneter tätigkeitsgestützter Wert sind zum Beispiel die Kosten, die der juristischen Person oder dem öffentlichen Auftraggeber in dieser Zeit in Bezug auf Liefer-, Bau- und Dienstleistungen entstanden sind. Liegen für die letzten drei Jahre keine Angaben über den Umsatz oder einen geeigneten alternativen tätigkeitsgestützten Wert wie zum Beispiel Kosten vor oder sind sie nicht aussagekräftig, genügt es, wenn der tätigkeitsgestützte Wert insbesondere durch Prognosen über die Geschäftsentwicklung glaubhaft gemacht wird.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten entsprechend für Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 Absatz 1 Nummer 1 hinsichtlich der Vergabe von öffentlichen Aufträgen sowie für Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 1 und 2 hinsichtlich der Vergabe von Konzessionen.

(1) Öffentliche Aufträge, die verschiedene Leistungen wie Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben, werden nach den Vorschriften vergeben, denen der Hauptgegenstand des Auftrags zuzuordnen ist. Dasselbe gilt für die Vergabe von Konzessionen, die sowohl Bau- als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

(2) Der Hauptgegenstand öffentlicher Aufträge und Konzessionen, die

1.
teilweise aus Dienstleistungen, die den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des § 130 oder Konzessionen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des § 153 unterfallen, und teilweise aus anderen Dienstleistungen bestehen oder
2.
teilweise aus Lieferleistungen und teilweise aus Dienstleistungen bestehen,
wird danach bestimmt, welcher geschätzte Wert der jeweiligen Liefer- oder Dienstleistungen am höchsten ist.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 27/04
vom
1. Februar 2005
in dem Nachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
§ 97 Abs. 7 GWB begründet ein subjektives Recht auf Einleitung und Durchführung
eines nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregelten Vergabeverfahrens.
Die Verletzung dieses subjektiven Rechts unterliegt der durch § 102 GWB eröffneten
Nachprüfung.
Ein Vertrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen
hat Dienstleistungen zum Gegenstand, wenn der öffentliche Auftraggeber hiermit
eine Leistung beschaffen will, die nicht unter § 99 Abs. 2 oder 3 GWB fällt,
und das Unternehmen jedenfalls unter anderem diese Leistung zu erbringen
hat.
Verpflichtet sich der öffentliche Auftraggeber seinerseits zu einer geldwerten
Gegenleistung, handelt es sich um einen entgeltlichen Vertrag, wenn Leistung
und Gegenleistung voneinander nicht trennbare Teile eines einheitlichen Leistungsaustauschgeschäfts
sind.
§ 13 VgV ist entsprechend anzuwenden, wenn es im Anwendungsbereich der
§§ 97 bis 99, 100 Abs. 1 GWB bei der Beschaffung von Dienstleistungen zur
Beteiligung mehrerer Unternehmen gekommen ist, die Angebote abgegeben
haben, und der öffentliche Auftraggeber eine Auswahl unter diesen Unternehmen
trifft.
BGH, Beschl. v. 1. Februar 2005 - X ZB 27/04 - OLG Düsseldorf
Vergabekammer bei der Bezirksregierung
Arnsberg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Februar 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterinnen
Ambrosius und Mühlens sowie den Richter Dr. Meier-Beck

beschlossen:
Die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gegen den Beschluß der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 17. Juni 2004 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 125.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


A. Die Antragstellerin und die Beigeladene sind Entsorgungsunternehmen. Die Antragstellerin war von der Antragsgegnerin, einer kreisfreien Stadt, beauftragt, bis zum Ablauf des Jahres 2004 Container für Altpapier an bestimmten Stellen im Stadtgebiet aufzustellen, diese zu leeren und das Altpapier zu verwerten. Die Antragsgegnerin wollte/will diese sich aus Sicht der Bürger
als Bringsystem darstellende Vorgehensweise beginnend ab Januar 2005 auf ein haushaltsnahes Holsystem umstellen. Sie will den Bürgern Abfallbehälter für das Altpapier zur Verfügung stellen sowie das darin abgelegte Altpapier durch einen Eigenbetrieb einsammeln und zu einer Umschlagsanlage bringen. Wegen der weiteren Behandlung des Altpapiers an bzw. ab der Umschlagsanlage nahm sie mit der Antragstellerin und der Beigeladenen sowie mit mindestens zwei weiteren Entsorgungsunternehmen Kontakt auf. Diese Kontaktaufnahme führte zu Angeboten über die "Papiervermarktung" bzw. "Altpapierentsorgung" einer H. GmbH, eines Unternehmens R. K. S. und der Antragstellerin sowie zu Verhandlungen mit der Beigeladenen.
Am 27./28. April 2004 unterzeichneten die Antragsgegnerin und die Beigeladene einen Kaufvertrag mit einer am 1. Januar 2005 beginnenden Laufzeit von fünf Jahren. Danach verkauft die Antragsgegnerin für 50 € pro Tonne das gesamte von ihr oder Unterauftragnehmern im Stadtgebiet erfaßte Altpapier. Die Durchführung des Vertrags soll wie folgt geschehen: Die Antragsgegnerin soll bis auf Widerruf durch die Beigeladene sämtliche gesammelten Altpapiermengen bei einer bestimmten von der Beigeladenen mit der Annahme beauftragten Betriebsstätte anliefern. Das dortige Personal soll den angelieferten Altpapiermengen grobe Störstoffe entnehmen und der Antragsgegnerin zur (Wieder-)Abholung bereitstellen. Die Beigeladene soll monatlich angeben, welche Mengen getrennt nach Papier und Störstoffen die Betriebsstätte im Vormonat verlassen haben und, falls eine Umladung dort nicht mehr stattfindet, welche Altpapiermengen direkt der Verwertung zugeführt worden sind. Außerdem soll die Beigeladene die verkehrsüblichen Nachweise und Belege über die Verwertung der gesammelten und angelieferten Verkaufspackungen aus "PPK"
vorlegen, damit die Antragsgegnerin ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Betreibern des sogenannten Dualen Systems nachkommen kann.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 30. April 2004 rügte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin, daß ein Vertrag über die Altpapierverwertung nicht ohne vorheriges Ausschreibungsverfahren abgeschlossen werden dürfe. Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin daraufhin mit Schreiben vom 6. Mai 2004 mit, "daß ein Kaufvertrag über das im Stadtgebiet durch den Abfallwirtschafts - und Stadtreinigungsbetrieb erfaßte Altpapier unterschrieben worden" sei.
Hierauf hat die Antragstellerin am 10. Mai 2004 die Vergabekammer angerufen und beantragt, der Antragsgegnerin zu untersagen, einen Auftrag zur Verwertung des im Gebiet der Antragsgegnerin anfallenden, der öffentlichen Entsorgungsverantwortlichkeit unterliegenden Altpapiers an ein Unternehmen der privaten Entsorgungswirtschaft ohne vorangegangene öffentliche Ausschreibung zu vergeben. Diesen Nachprüfungsantrag hat die Vergabekammer für zulässig und begründet erachtet. Mit Beschluß vom 17. Juni 2004 hat sie die Antragsgegnerin verpflichtet, den in Frage stehenden Auftrag zur Verwertung des Altpapiers aus Haushalten der Stadt nicht ohne EU-weite Ausschreibung zu vergeben.
Gegen diesen Beschluß haben sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt,
den Beschluß der Vergabekammer aufzuheben und den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zurückzuweisen.
Das angerufene Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Beschluß vom 27. Oktober 2004 (red. LS abgedr. in AbfallR 2004, 293) das Nachprüfungsverfahren dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Es hält den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin für statthaft, für nach § 107 GWB zulässig und auch für begründet, weil die Antragsgegnerin öffentlicher Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 1 GWB sei und es sich bei dem am 27./28. April 2004 von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen unterzeichneten Vertrag um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 99 GWB handele, der den gemäß § 100 Abs. 1 GWB in Verbindung mit § 2 Nr. 3 VgV erforderlichen Schwellenwert übersteige und nicht nach § 100 Abs. 2 GWB vom Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen sei. Hinsichtlich der Einordnung des Vertrags vom 27./28. April 2004 als entgeltlicher Dienstleistungsauftrag sieht das Oberlandesgericht Düsseldorf jedoch eine Divergenz zu dem Beschluß des Oberlandesgerichts Celle vom 1. Juli 2004 (13 Verg 8/04, abgedr. in OLGR Celle 2004, 593 f.), die eine Vorlage an den Bundesgerichtshof erforderlich mache.
B. Der Senat hat gemäß § 124 Abs. 2 Satz 2 GWB anstelle des Oberlandesgerichts über die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu entscheiden, weil das Oberlandesgericht Düsseldorf die Sache zu Recht vorgelegt hat. Das Oberlandesgericht Celle hat einen Kaufvertrag , der im Gebiet des öffentlichen Auftraggebers eingesammeltes Altpapier
betraf und mit dem Unternehmen abgeschlossen wurde, das für die Überlassung das unter mehreren insoweit eingegangenen Angeboten günstigste abgegeben hatte, nicht als entgeltlichen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB gewertet, der Dienstleistungen zum Gegenstand hat, und deshalb das Unterlassen der Einleitung und Durchführung eines Vergabeverfahrens nach Maßgabe von § 97 Abs. 1 GWB (geregeltes Vergabeverfahren) als nicht in dem durch § 102 GWB eröffneten Verfahren nachprüfbar angesehen. Diese Auffassung will das Oberlandesgericht Düsseldorf in der vorgelegten Sache nicht zugrunde legen, weil es den Kaufvertrag mit dem Unternehmen, welches das nach Ansicht der Antragsgegnerin günstigste Angebot abgegeben hat, als entgeltlichen öffentlichen Auftrag über Dienstleistungen im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB ansieht. Da es nach den weiteren Ausführungen des vorlegenden Oberlandesgerichts hierauf für die von diesem beabsichtigte Entscheidung in der Sache ankommt, ist der nach § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB vorausgesetzte, die Vorlagepflicht begründende Tatbestand gegeben.
C. Die zulässigen sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gegen den Beschluß der Vergabekammer vom 17. Juni 2004 bleiben ohne Erfolg, weil der von der Antragstellerin angebrachte Nachprüfungsantrag zulässig und begründet ist.
I. 1. Der Nachprüfungsantrag vom 10. Mai 2004 ist statthaft, obwohl mit ihm nicht die Art und Weise der Einleitung oder Durchführung eines geregelten Vergabeverfahrens gerügt wird, sondern beanstandet wird, daß ein nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregeltes Vergabeverfahren bislang nicht stattgefunden hat (für Primärrechtsschutz in diesen Fällen z.B. BayObLG u.a. VergabeR 2003, 563; OLG Jena VergabeR 2002, 52; OLG Düsseldorf u.a. NZBau
2003, 55 u. aus der Lit. z.B. Burgi, NZBau 2003, 16, 19; zweifelnd OLG Naumburg NZBau 2003, 224).

a) Nach § 102 GWB unterliegt der Nachprüfung "die Vergabe öffentlicher Aufträge". § 107 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 GWB, der ebenfalls die Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens nach § 102 GWB betrifft, stellt auf die Nichtbeachtung, die Verletzung oder den Verstoß gegen Vergabevorschriften "im Vergabeverfahren" ab. Daraus kann abgeleitet werden, daß um Primärrechtsschutz auf dem durch § 102 GWB eröffneten Weg erst nachgesucht werden kann, wenn ein öffentlicher Auftraggeber zur Deckung seines Bedarfs bereits in ein Verfahren eingetreten ist, das der Beschaffung beispielsweise von Dienstleistungen am Markt dient, hierauf ausgerichtet ist und mit der Vergabe des Auftrags seinen Abschluß finden soll. Ob den genannten Bestimmungen darüber hinaus wegen des Zusammenhangs, in dem sie stehen, überhaupt entnommen werden kann, daß ein Vergabeverfahren notwendig ist, das nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregelt ist, kann dahinstehen. Denn die einzig mögliche Auslegung wäre das nicht. Da in den genannten, die Zulässigkeit eröffnenden und näher regelnden Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen von einer bestimmten Förmlichkeit des angesprochenen Vergabeverfahrens und seiner Einleitung nicht die Rede ist, sondern in § 107 GWB wesentlich auf die materiellen Vergabevorschriften und deren Mißachtung abgestellt ist, kommt vielmehr jedenfalls auch in Betracht, daß es ausreicht, wenn überhaupt ein Verfahren in Frage steht, an dem ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB und mindestens ein außenstehender Dritter (Unternehmen) beteiligt ist und das eingeleitet ist, um einen entgeltlichen Vertrag im Sinne des § 99 GWB beispielsweise über eine von einem Unternehmen zu erbringende Dienstleistung abzuschließen, der nicht nach § 100 Abs. 2 GWB von den Regelungen des Vierten Teiles des
Abs. 2 GWB von den Regelungen des Vierten Teiles des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen ist und dessen Wert den nach § 100 Abs. 1 GWB festgelegten Schwellenwert erreicht oder übersteigt. Eröffnen die maßgeblichen Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auch diese Auslegung, muß aber auch außerhalb eines nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregelten Vergabeverfahrens ein Nachprüfungsantrag statthaft sein. Dies gebietet der Grundsatz gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung nationalen Rechts, der eingreift, wenn der Wortlaut der einschlägigen nationalen Norm oder Normen einen Entscheidungsspielraum eröffnet (BGHZ 149, 165, 173 f.). Denn nach Gemeinschaftsrecht dürfen die Mitgliedstaaten die vergaberechtliche Nachprüfungsmöglichkeit nicht von der Einleitung und Durchführung eines bestimmten Vergabeverfahrens abhängig machen.

b) Zu beachten ist insoweit Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 98/665/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer - und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 92/50/EWG geänderten Fassung. Diese Vorgabe verlangt, daß die Entscheidungen der Vergabebehörden hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der letztgenannten Richtlinie fallenden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können. Nach der Auslegung, die diese Regelung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften erfahren hat, liegt bereits dann eine Entscheidung vor, die der Nachprüfung zugänglich sein muß, wenn ein öffentlicher Auftraggeber beschließt, kein geregeltes Vergabeverfahren einzuleiten, weil der zu erteilende Auftrag seiner Auffassung nach nicht in den
zu erteilende Auftrag seiner Auffassung nach nicht in den Anwendungsbereich der einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts bzw. des diese umsetzenden nationalen Rechts fällt (EuGH, Urt. v. 11.01.2005 - C-26/03 Rdn. 33). Auch im Streitfall muß deshalb das in Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nach § 102 GWB vorgesehene Nachprüfungsverfahren eröffnet sein.

c) Das kann auch nicht im Hinblick darauf in Zweifel gezogen werden, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften das Gemeinschaftsrecht eine Nachprüfbarkeit nicht fordert hinsichtlich Handlungen, die eine bloße Vorstudie des Marktes darstellen oder die rein vorbereitend sind und sich im Rahmen der internen Überlegungen des öffentlichen Auftraggebers im Hinblick auf die Vergabe eines öffentlichen Auftrags abspielen (EuGH, aaO Rdn. 35). Denn dieses Stadium hatte die Antragsgegnerin bereits verlassen, weil sie mehreren Unternehmen Gelegenheit zu Angeboten gegeben hatte, mit der Beigeladenen über deren Angebot verhandelt hatte und hierauf schließlich dieser den Vorzug gegeben hat. Die Einleitung eines in gewisser Hinsicht sogar wettbewerblichen Verfahrens steht im Streitfall deshalb fest, so daß auch die Gründe des Beschlusses vom 8. Januar 2003 (NZBau 2003, 224, 227), die das Oberlandesgericht Naumburg insoweit zu den vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften dann mit Urteil vom 11. Januar 2005 beschiedenen Vorlagefragen veranlaßt haben, der Statthaftigkeit des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin nicht entgegenstehen können.
2. Die Antragstellerin ist antragsbefugt.
Wegen des verfassungsrechtlichen Gebots, effektiven Rechtsschutzzu gewähren, dürfen an die in § 107 Abs. 2 GWB genannten Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden; die Darlegungslast darf insoweit nicht überspannt werden (BVerfG, Beschl. v. 29.07.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564; vgl. auch Sen.Beschl. v. 18.05.2004 - X ZB 7/04, NZBau 2004, 457, 458). Das hiernach Erforderliche hat die Antragstellerin vorgebracht. Ihr Interesse am Auftrag hat sie bereits durch den Hinweis geltend gemacht, der Antragsgegnerin ein Angebot abgegeben zu haben. Die Verletzung in Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB ist durch die insbesondere auf abfallrechtliche Gesichtspunkte gestützte Darlegung geltend gemacht, daß trotz der Anlieferung des Altpapiers durch die Antragsgegnerin und dessen Verkauf an die Beigeladene noch eine Entsorgungsaufgabe bestehe und deshalb eine Dienstleistung zu erbringen sei, weshalb der Auftrag nicht wie geschehen habe vergeben werden dürfen, sondern nach § 97 Abs. 1 GWB habe ausgeschrieben werden müssen. Dafür, daß der Antragstellerin infolge der Mißachtung von § 97 Abs. 1 GWB zumindest ein Schaden zu entstehen droht, genügt, daß der behauptete Vergaberechtsverstoß geeignet ist, die Aussichten auf den Zuschlag zu beeinträchtigen (BVerfG, NZBau 2004, 564, 566). Das kann im Streitfall nicht zweifelhaft sein, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß bei einem geregelten Vergabeverfahren, das unter für alle Bieter gleichen Bedingungen und ohne weitere Vertragsverhandlungen mit lediglich einem Unternehmen stattfindet, die Antragstellerin den Zuschlag hätte erhalten müssen.
3. Der Zulässigkeit des Begehrens der Antragstellerin steht nicht § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entgegen, wonach der Nachprüfungsantrag unzulässig ist,
soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und nicht unverzüglich gerügt hat.

a) Anders als § 107 Abs. 2 GWB macht diese einen Ausnahmetatbestand regelnde Vorschrift die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags nicht von einer entsprechenden Darlegung durch den Antragsteller abhängig und verlangt von diesem auch nicht, einen etwaigen Verdacht auszuräumen, verspätet gerügt zu haben; lediglich im Rahmen der Mitwirkungs- und Wahrheitspflicht, die jede Partei eines förmlichen Streitverfahrens trifft, hat der Antragsteller sich hierzu zu äußern. Die Unzulässigkeit eines ansonsten zulässigen Nachprüfungsantrags kann deshalb nur angenommen werden, wenn dem Antragsteller nachgewiesen ist, daß er den behaupteten Vergaberechtsverstoß erkannt und diesen gleichwohl nicht unverzüglich gerügt hat (OLG Düsseldorf u.a. VergabeR 2001, 419, 421; Meier, VergabeR 2004, 176, 179).

b) Die hierzu erforderliche Überzeugung läßt sich im Streitfall nicht gewinnen. Denn es ist weder von der Antragsgegnerin oder der Beigeladenen dargetan noch etwas dafür ersichtlich, daß die Antragstellerin bereits vor dem 29. April 2004 positive Kenntnis hatte, hinsichtlich des im Stadtgebiet gesammelten Altpapiers werde es ein geregeltes Vergabeverfahren nicht geben, obwohl ein solches notwendig sei. Zwar kann der Antragstellerin nicht verborgen geblieben sein, daß bisher kein geregeltes Vergabeverfahren eingeleitet worden war. Der gerügte Vergabeverstoß war jedoch erst bekannt, wenn die Antragstellerin aus den ihr bekannten Umständen auch geschlossen hatte, daß ein geregeltes Vergabeverfahren erforderlich ist, es hierzu aber nicht kommen würde, oder - was nach ständiger Rechtsprechung (z.B. BGHZ 133, 192, 198 f.; BGH, Urt. v. 18.01.2000 - VI ZR 375/98, NJW 2000, 953 m.w.N.) Wissen re-
gelmäßig gleichsteht - wenn sie sich dieser Erkenntnis, obwohl sie sich aufdrängte , verschlossen oder entzogen hatte. Hierzu hat die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen, ihr sei erst am 29. April 2004 in einem persönlichen Gespräch seitens der Antragsgegnerin mitgeteilt worden, die Stadt beabsichtige , jetzt ein regionales Entsorgungsunternehmen mit der Altpapiervermarktung für die nächsten fünf Jahre zu beauftragen. Da der bisherige Kontakt der Antragsgegnerin mit der Antragstellerin auch als eine noch der Erkundung der Möglichkeiten des Marktes dienende Vorbereitungsmaßnahme verstanden werden konnte, kann daher der Antragstellerin jedenfalls nicht widerlegt werden , erst zu diesem Zeitpunkt einen aussagekräftigen Anhaltspunkt gehabt zu haben, daß es bei dem bisherigen Vorgehen der Antragsgegnerin verbleiben solle und es ein geregeltes Vergabeverfahren nicht geben werde. Der Antragstellerin kann deshalb nicht vorgeworfen werden, die Notwendigkeit des bisher unterbliebenen geregelten Vergabeverfahrens nicht früher gerügt zu haben, als es mit dem Schreiben vom 30. April 2004 geschehen ist. Unter diesen Umständen bedarf es im Streitfall auch keiner Beantwortung der streitigen Frage, ob § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nach seinem Wortlaut oder Sinngehalt der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags überhaupt entgegenstehen kann, wenn das Nachprüfungsverfahren geführt wird, damit ein bisher unterbliebenes geregeltes Vergabeverfahren eingeleitet und durchgeführt wird (verneinend z.B. BayObLG u.a. VergabeR 2002, 244; OLG Frankfurt NZBau 2004, 692, 693; OLG Düsseldorf NZBau 2001, 696; Burgi, NZBau 2003, 16, 21; bejahend z.B. Wagner, VergabeR 2002, 250, 251; Otting, VergabeR 2002, 146, 147; Bär, ZfBR 2001, 375, 377).
4. Die Zulässigkeit des am 10. Mai 2004 angebrachten Nachprüfungsantrags der Antragstellerin scheitert schließlich auch nicht daran, daß die An-
tragsgegnerin und die Beigeladene bereits am 27./28. April 2004 den Kaufvertrag über das im Stadtgebiet gesammelte Altpapier unterzeichnet hatten. Zwar kann die Vergabekammer in zulässiger Weise nicht mehr angerufen werden, sobald der Vertrag, an welchem ein Antragsteller Interesse zu haben behauptet , wirksam zustande gekommen ist, weil dann zuvor begangene Verstöße gegen vergaberechtliche Bestimmungen nicht mehr beseitigt werden können (BGHZ 146, 202, 206). Diese Folge tritt unabhängig davon ein, ob die Einigung unter Beachtung der Vorgaben des § 97 Abs. 1 GWB oder sonstwie zustande gekommen ist, weshalb nach einem wirksamen Vertragsschluß ein Nachprüfungsantrag auch dann unzulässig ist, wenn der Mangel eines geregelten Vergabeverfahrens gerügt wird (ebenso Burgi, NZBau 2003, 16, 20 m.w.N.). Mit ihrer Übereinkunft vom 27./28. April 2004 haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene einen wirksamen Vertrag jedoch nicht geschlossen, weil die Antragsgegnerin , die öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 GWB ist, die Antragstellerin entgegen § 13 Satz 1, 2 VgV zuvor nicht darüber unterrichtet hat, daß und warum beabsichtigt sei, deren Angebot nicht zu berücksichtigen und statt dessen das Geschäft mit der Beigeladenen zu tätigen.

a) § 13 Satz 6 VgV, der anordnet, daß ein ohne vorherige Information der Bieter abgeschlossener Vertrag nichtig ist, betrifft entgeltliche Verträge zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem außenstehenden Dritten (Unternehmen), die den maßgeblichen Schwellenwert erreichen oder überschreiten und Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen des Unternehmens zum Gegenstand haben. Das folgt aus §§ 97 Abs. 1 u. 6, 98, 99 Abs. 1, 100 Abs. 1 GWB. Auf einen solchen Vertrag in der Form des Dienstleistungsauftrags haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene sich geeinigt.
aa) Der Vertrag vom 27./28. April 2004 hat Dienstleistungen zum Gegenstand , weil die Antragstellerin einen weder durch Lieferung von Waren noch durch Bauleistungen zu erfüllenden Bedarf hat (vgl. § 99 Abs. 4 GWB), diesen nicht durch Einsatz eigener Einrichtungen, Arbeitskräfte o.ä. befriedigen will und die Beigeladene sich verpflichtet hat, das insoweit Nötige für die Antragsgegnerin zu erledigen.
(1) Wann ein Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB vorliegt , kann nicht losgelöst vom Zweck des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beantwortet werden, der gemäß § 97 Abs. 1 GWB darin besteht, die Beschaffung von Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber zu erfassen und zu regeln. Das rückt die Frage in den Vordergrund , ob der öffentliche Auftraggeber einen entsprechenden Bedarf hat und ob dieser mit dem abgeschlossenen Vertrag gedeckt werden soll. Da das Vergaberecht des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen andererseits nicht der Durchsetzung sonstiger rechtlicher oder tatsächlicher Vorgaben dient, die ein öffentlicher Auftraggeber zu beachten haben mag, entscheidet darüber, ob ein Bedarf besteht und deshalb eine Dienstleistung beschafft werden soll, allein der öffentliche Auftraggeber. Sobald er einen tatsächlich bestehenden Bedarf erkennt oder auch nur meint, einen durch Dienstleistung zu befriedigenden Bedarf zu haben, den er nicht selbst decken will, kommt deshalb die Einordnung eines zu diesem Zweck geschlossenen Vertrags als Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB in Betracht.
(2) Der Streitfall ist insoweit dadurch gekennzeichnet, daß der Antragsgegnerin nach den einschlägigen gesetzlichen oder sie im Verhältnis zum sogenannten Dualen System vertraglich bindenden Regeln die Entsorgung der im
Stadtgebiet anfallenden und ihr überlassenen Abfälle verpflichtet ist und daß die hierzu erforderlichen Arbeiten sich nicht auf das Einsammeln, das Befördern zu einer Umschlagsanlage und das dortige Überlassen an einen Dritten beschränken. Diese Vorgänge allein bewirken lediglich eine Zusammenführung von Altpapier und können ferner zu einer Änderung der Besitz- und Eigentumslage führen. Um das Altpapier zu entsorgen, bedarf es jedoch weiterer Behandlung , sei es in Form von Handlungen, die bestimmt und geeignet sind, das Altpapier einer stofflichen Verwertung zuzuführen, und die so zu dieser gesetzlich erlaubten Art der Entsorgung (vgl. § 4 Abs. 1 KrW-/AbfG) beitragen, sei es in Form von Handlungen, die der Beseitigung des Altpapiers dienen. Erst wenn sichergestellt ist, daß auch das insoweit Nötige getan wird, ist deshalb der Entsorgungslast der Antragsgegnerin Rechnung getragen.
(3) Unter den Umständen des Streitfalls sind Zweifel nicht angebracht, daß die Antragsgegnerin den Vertrag vom 27./28. April 2004 unterzeichnet hat, um Leistungen zu erhalten, die bestimmt und geeignet sind, gerade dies sicherzustellen. Die Umstellung der Altpapierentsorgung von dem bisherigen Bringsystem auf das von der Antragsgegnerin beschlossene Holsystem hat einen ständigen Anfall großer Mengen von Altpapier auf einer Umschlagsanlage zur Folge, die beginnend mit einer sukzessiven Entfernung von dort einer geordneten Weiterverwendung zugeführt werden müssen. Dies erfordert Dienstleistungen im Sinne von § 97 Abs. 4 GWB. Daß die Antragsgegnerin davon ausging, diese ohne Vergabe selbst erbringen zu müssen, muß schon deshalb angenommen werden, weil sie das Holsystem beschlossen hat, sie deshalb für dessen Funktionieren ihren Bürgern gegenüber einzustehen hat und das neue System anderenfalls nicht weiter zu praktizieren wäre. Bereits
damit ist der für einen Dienstleistungsauftrag erforderliche Dienstleistungsbedarf gegeben.
(4) Daß der am 27./28. April 2004 geschlossene Vertrag die Beigeladene zu der Erbringung der vorstehend genannten Dienstleistungen verpflichtet, steht ebenfalls fest. Zwar ist eine Entfernungs- und der stofflichen Verwertung dienende Weiterverwendungspflicht nicht ausdrücklich genannt. In § 2 Abs. 1 des Vertrags wird jedoch vorausgesetzt, daß das Altpapier die Umschlagsanlage "verläßt" und von der Beigeladenen "der Verwertung zugeführt" wird. Der von der Beigeladenen zu erledigende "Output", wie es dort ferner heißt, ist also Inhalt des von der Beigeladenen vertraglich Übernommenen. Das erlaubt im Rückschluß die Überzeugung, daß das Geschäft vom 27./28. April 2004 auch mit einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gewollt ist. Bestätigt wird dies dadurch, daß in der Beschlußvorlage der Verwaltung der Antragsgegnerin der Vertrag, der zur Durchführung der dann vom Rat beschlossenen Umstellung der Altpapiererfassung abgeschlossen werden soll, als "Papierverwertungsvertrag" bezeichnet ist.
(5) Der Feststellung, daß der am 27./28. April 2004 unterzeichnete Vertrag daher ein Dienstleistungsauftrag ist, steht nicht entgegen, daß die Antragsgegnerin und die Beigeladene die gegenseitigen Rechte und Pflichten mittels eines Kaufvertrags geregelt haben, weil sie das Altpapier als ein werthaltiges Gut angesehen haben und es deshalb an die Beigeladene gegen Entgelt veräußert werden soll. Denn § 99 Abs. 1 GWB stellt weder auf die zivilrechtliche Einordnung eines Vertrags noch darauf ab, ob in der Übernahme der Leistung im Sinne des § 99 Abs. 4 GWB, die von dem Unternehmen erbracht werden soll, ein wesentlicher oder gar der Hauptzweck des Vertrags liegt. Der
Vertrag muß lediglich Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Gemäß der Erläuterung, die § 99 Abs. 4 GWB gibt, reicht es aus, daß der Vertrag sich überhaupt über Leistungen verhält, die das Unternehmen zu erbringen hat. Ob ein Vertrag gleichwohl ausnahmsweise Dienstleistungen dann nicht im Sinne von § 99 Abs. 1 GWB zum Gegenstand hat, wenn die vertragsgemäß von dem Unternehmen zu erbringende Leistung angesichts des rechtlichen und wirtschaftlichen Schwerpunkts des Vertrags nicht ins Gewicht fällt, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Angesichts des vor allem in § 97 Abs. 1 GWB zum Ausdruck kommenden Anliegens des in diesem Gesetz normierten Vergaberechtssystems, daß öffentliche Beschaffung, soweit sie nicht ausdrücklich ausgenommen ist, umfassend unter geregelten Wettbewerbsbedingungen erfolgt, könnte eine solche Ausnahme ohnehin nur in Fällen in Erwägung gezogen werden, in denen die Pflicht zur Dienstleistung völlig untergeordneter Natur ist und es deshalb ausgeschlossen erscheint, daß auch ihretwegen der Vertrag abgeschlossen worden ist. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht zu beurteilen.
bb) Der Vertrag vom 27./28. April 2004 weist unabhängig von den vom vorlegenden Oberlandesgericht hierzu angestellten Überlegungen und getroffenen Feststellungen die nach § 99 Abs. 1 GWB ferner erforderliche Entgeltlichkeit bereits deshalb auf, weil die Antragsgegnerin sich zur Überlassung des im Stadtgebiet gesammelten Altpapiers verpflichtet hat und daher ihrerseits eine Verpflichtung zu einer geldwerten Leistung eingegangen ist.
Von Entgeltlichkeit eines Vertrags wird üblicherweise gesprochen, wenn der Empfänger einer versprochenen Leistung seinerseits eine (Gegen-)Leistung zu erbringen hat (vgl. BGHZ 141, 96, 99 m.w.N.). Es ist nichts dafür er-
sichtlich, warum dies nicht auch hinsichtlich § 99 Abs. 1 GWB gelten sollte. Vor allem erfordert die Vorschrift nicht, in Fällen, in denen die von dem Unternehmen übernommene (Dienst-)Leistung in der weiteren Behandlung eines Gutes von Wert liegt und in denen der öffentliche Auftraggeber - wegen dieser Eigenschaft - eine Bezahlung durch das Unternehmen erreichen kann, Entgeltlichkeit erst dann anzunehmen, wenn feststeht, daß und gegebenenfalls inwieweit bei der Höhe des von dem Unternehmen zu zahlenden Preises die Pflicht zur Erbringung der übernommenen (Dienst-)Leistung preismindernd berücksichtigt worden ist. Dabei kann dahinstehen, ob sich das bereits daraus ergibt, daß § 99 Abs. 1 GWB nicht von einem Entgelt für die (Dienst-)Leistung spricht, die der betreffende Vertrag zum Gegenstand hat, sondern von einem entgeltlichen Vertrag und es hiernach ausreichen könnte, daß ein Vertrag, der wenigstens unter anderem Beschaffungszwecken dient, überhaupt eine geldwerte Gegenleistung des öffentlichen Auftraggebers vorsieht. Die Leistungen, die die Beigeladene vertragsgemäß zu erbringen hat, damit für die geordnete Altpapierverwertung Sorge getragen wird, lassen sich nämlich nicht von den kaufvertraglichen Komponenten trennen, welche die Antragsgegnerin und die Beigeladene hinsichtlich des betreffenden Altpapiers vereinbart haben. Der Vertrag vom 27./28. April 2004 mit seinen Komponenten ist vielmehr das wesentliche Mittel, deren sich die Antragsgegnerin bedient, um die gewünschte Dienstleistung zu erhalten. Die Altpapierverwertung einerseits und die Veräußerung des Altpapiers andererseits stellen nicht zwei voneinander trennbare Leistungsaustauschgeschäfte dar, die mehr oder weniger willkürlich in einem Rechtsgeschäft miteinander verbunden worden sind. Aus vergaberechtlicher Sicht ist der Verkauf des Altpapiers das rechtliche Gewand, in dem sich die Antragsgegnerin die Leistungen beschafft, die die ihr obliegende geordnete Altpapierverwertung sicherstellen oder zumindest fördern sollen, zumal der Erwerb des Altpa-
piers ein nachhaltiges Interesse der Beigeladenen an dessen (gewinnbringender ) Verwertung begründet. Daß bei wirtschaftlicher Betrachtung die Kauf- bzw. Verkaufskomponente des Vertrags bei weitem im Vordergrund stehen mag, ist unerheblich. Denn § 99 GWB schließt nicht Veräußerungsgeschäfte der öffentlichen Hand von der Anwendung der Vorschriften des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen aus. Ein Veräußerungsgeschäft kann lediglich als solches die Anwendbarkeit dieser Vorschriften nicht begründen. Ist es hingegen Mittel zur Beschaffung einer Leistung, ist der kaufrechtliche Aspekt des öffentlichen Auftrags ohne Bedeutung. Das entspricht auch dem Zweck des in §§ 97 ff. GWB geregelten Vergaberechts. Denn auf diese Weise wird eine vollständige Erfassung aller Beschaffungsvorgänge erreicht, die für den öffentlichen Auftraggeber mit geldwertem Aufwand verbunden sind.
Hiernach erübrigt es sich auch, sich mit der ergänzenden Vereinbarung der Beigeladenen und der Antragsgegnerin vom 2. Dezember 2004 zu befassen , in der diese nachträglich bekundet haben, den vereinbarten Zahlungsbetrag ausschließlich als Gegenleistung für die Übereignung des gelieferten Altpapiers gewollt zu haben.
cc) Angesichts der gebotenen Auslegung von § 99 Abs. 1 GWB kann entgegen der Meinung der Beigeladenen gegen die Anwendung des Vergaberechts des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf den am 27./28. April 2004 unterzeichneten Vertrag auch nichts aus § 100 Abs. 1 GWB hergeleitet werden. Diese Vorschrift verlangt das Erreichen oder Übersteigen eines bestimmten Schwellenwerts für einen Auftrag, wie er in § 99 Abs. 1 GWB definiert ist. Auch insoweit ist deshalb der Vertrag selbst und da-
mit dessen Wert maßgebend. Dieser liegt hier - wie von keinem Beteiligten bezweifelt wird - über dem in § 2 Nr. 3 VgV festgelegten Schwellenwert.
dd) In Anbetracht der beiderseits bestehenden Pflichten aus dem Vertrag vom 27./28. April 2004 kann dieser schließlich nicht als Konzessionsvertrag , der beispielsweise bei der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor vom Anwendungsbereich der Richtlinie 93/38/EWG des Rates ausgenommen ist (EuGH, Urt. v. 07.12.2000 - C-324/98, Tz. 56, NZBau 2001, 148, 150 f. - Tele Austria), vergaberechtsfrei sein. Denn die Vereinbarung beschränkt sich nicht darauf, der Beigeladenen das Recht zu verschaffen, die eigene Leistung selbst zu nutzen oder entgeltlich zu verwerten (vgl. zu diesem Erfordernis z.B. EuGH, aaO; BayObLG NZBau 2002, 233; OLG Düsseldorf NZBau 2002, 634; OLG Celle NZBau 2005, 51).

b) § 13 VgV ist eine Regelung, die das Verfahren näher bestimmt, das § 97 Abs. 1 bis 5 GWB für die Beschaffung von Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber vorschreibt. Die Informationspflicht und die öffentliche Aufträge nach § 99 Abs. 1 GWB treffende Nichtigkeitsfolge im Falle ihrer Mißachtung sind damit Teil eines nach Maßgabe des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eingeleiteten und durchgeführten geregelten Vergabeverfahrens (vgl. Sen.Beschl. v. 09.02.2004 - X ZB 44/03, NZBau 2004, 229, für BGHZ 158, 43 vorgesehen; so auch z.B. Jasper/Pooth, ZfBR 2004, 543, 546; Dietlein/ Spießhofer, VergabeR 2003, 509, 513; Dieckmann, NZBau 2001, 481, 482; Hertwig, NZBau 2001, 241). Das hat zur Folge, daß diese Bestimmung nicht unmittelbar anwendbar ist, wenn - wie hier - bislang ein derart geregeltes Verfahren nicht stattgefunden hat (so auch z.B. Jasper/Pooth, ZfBR 2004, 543,
545 f.; Dietlein/Spießhofer, VergabeR 2003, 509, 513; Schimanek, ZfBR 2003, 39, 41; Delius, ZfBR 2003, 341, 342; Portz, VergabeR 2002, 211, 217; Hailbronner , NZBau 2002, 474, 479; Putzier, DÖV 2002, 517, 519; Dieckmann, NZBau 2001, 481, 482; Hertwig, NZBau 2001, 241, 242; Gesterkamp, WuW 2001, 665, 669; a.A. z.B. OLG Thüringen ZfBR 2004, 193, 195; OLG Düsseldorf ZfBR 2003, 605; OLG Dresden ZfBR 2002, 298).

c) Die Nichtigkeit des öffentlichen Vertrags vom 27./28. April 2004 folgt jedoch aus einer gebotenen entsprechenden Anwendung von § 13 VgV (für Analogie - allerdings in unterschiedlichem Umfang - z.B. Otting, VergabeR 2002, 11, 18 u. 147; Hertwig, NZBau 2001, 241 f.; Byok, NJW 2001, 2295, 2301; Prieß, EuZW 2001, 365, 367; Bär, ZfBR 2001, 375, 379; wohl auch Dreher , NZBau 2001, 244, 245; im Erg. ebenfalls für Nichtigkeit des Vertrags Burgi , NZBau 2003, 16, 21; gegen Analogie z.B. Jasper/Pooth, ZfBR 2004, 543, 545 f.; Delius, ZfBR 2003, 341, 343; Schimanek, ZfBR 2003, 39, 41; Hailbronner , NZBau 2002, 474, 481 ff.; Portz, VergabeR 2002, 211, 217 f.; Antweiler, u.a. VergabeR 2002, 109, 110; Müller-Wrede/Kaelble, VergabeR 2002, 1; Putzier , DÖV 2002, 517, 519; Braun, NZBau 2001, 675, 678; Diekmann, NZBau 2001, 481; Heuvels/Kaiser, NZBau 2001, 479; Wegmann, NZBau 2001, 475, 478; Stolz, VergabeR 2001, 154; Gesterkamp, WuW 2001, 665, 668 f.).
(1) Die Vorschrift ordnet die Informationspflicht und die Nichtigkeit eines ohne Information geschlossenen öffentlichen Auftrags an, weil anderenfalls ein übergangener Bieter zunächst unerkannten Verstößen gegen das Vergaberecht nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg begegnen könnte. Das sich hieraus ergebende Anliegen ist nicht auf den mit der Vorschrift geregelten Fall beschränkt. In ihm kommt vielmehr ein Grundgedanke effektiven Rechtsschutzes
zum Ausdruck (vgl. BT-Drucks. 455/00, S. 19). Damit steht die Regelung für eine Heranziehung bei vergleichbaren Sachverhalten zur Verfügung (a.A. z.B. Lindenthal, VergabeR 2003, 630, 635). § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB, aus dem verschiedentlich geschlossen wird (z.B. Jasper/Pooth, ZfBR 2004, 543, 546), § 13 VgV sei eine der Analogie nicht zugängliche Einzelfallregelung, verbietet diese Wertung nicht. Der Senat hat bereits in seiner für BGHZ 158, 43 vorgesehenen Entscheidung vom 9. Februar 2004 (NZBau 2004, 229, 230) darauf hingewiesen, daß § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB, nach dem ein bereits erteilter Zuschlag nicht aufgehoben werden kann, der Kompetenz der zur Gewährung des Primärrechtsschutzes berufenen Vergabekammern und der ihnen im Instanzenzug nachgeordneten Gerichte einerseits und der für die Entscheidungen über Schadensersatzklagen zuständigen Zivilgerichte andererseits dient. Eine Aussage darüber, daß die Vorschrift nicht entsprechend herangezogen werden dürfe, ist hiermit nicht verbunden. Ihr Grundgedanke ist vielmehr auch dann tangiert, wenn entgegen § 97 Abs. 1 GWB zur Beschaffung von Dienstleistungen ein geregeltes Vergabeverfahren nicht eingeleitet wird, weil auch dann droht, daß an dem Auftrag interessierte Unternehmen als Folge eines Vertragsschlusses keinen Primärrechtsschutz erlangen können.
Die damit gegebene Regelungslücke kann auch ohne weiteres mit der unter der Sanktion der Nichtigkeit stehenden Informationspflicht nach § 13 VgV ausgefüllt werden, wenn - wie hier - die Beschaffung einer Dienstleistung immerhin zur Beteiligung mehrerer Unternehmen, zu verschiedenen Angeboten und schließlich zu einer Auswahl durch den öffentlichen Auftraggeber geführt hat. Denn dann gibt es neben dem in Aussicht genommenen Unternehmen bestimmte andere außenstehende Dritte, die - wie im Falle eines geregelten Vergabeverfahrens - als Bieter aufgetreten sind, und deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, sowie Gründe für die Nichtberücksichtigung dieser
sichtigt werden sollen, sowie Gründe für die Nichtberücksichtigung dieser Angebote. Diese Gegebenheiten kann der öffentliche Auftraggeber wie bei einem geregelten Vergabeverfahren zu einer sachgerechten Information der Unternehmen nutzen, deren Angebote nicht zum Zuge kommen sollen, so daß insoweit Unsicherheiten hinsichtlich der Informationspflicht nicht bestehen. Eine Unkenntnis von der Notwendigkeit eines geregelten Vergabeverfahrens mit entsprechender Information von Unternehmen, die ebenfalls als Argument gegen eine entsprechende Anwendung von § 13 VgV ins Feld geführt wird (z.B. Lindenthal, VergabeR 2003, 630, 634), kann hingegen allenfalls bestehen, wenn der öffentliche Auftraggeber verkannt hat, daß er öffentlicher Auftraggeber ist, daß die beabsichtigte Beschaffung auf einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB gerichtet ist oder daß dieser Vertrag den Schwellenwert erreicht oder übersteigt. Die richtige rechtliche Einordnung eines geplanten Vorgehens gehört aber zum allgemeinen Risiko, das jeder zu tragen hat, der am Rechtsleben teilnehmen will (ähnlich Petersen, ZfBR 2003, 611, 614; OLG Düsseldorf NZBau 2003, 400, 405). Es führt auch nicht etwa gerade hier zu nicht mehr hinnehmbaren Unzuträglichkeiten für die betreffende Partei, weil allenfalls in Zweifelsfällen die Entscheidung gegen ein geregeltes Vergabeverfahren weniger streng beurteilt werden kann, in diesen Fällen der öffentliche Auftraggeber die Notwendigkeit eines solchen Verfahrens aber regelmäßig erwogen haben wird und deshalb die mit einem Angebot hervorgetretenen Unternehmen jedenfalls vorsorglich hätten informiert werden können.
(2) Zu berücksichtigen ist auch nicht etwa ein vorrangiges Interesse des Unternehmens, mit dem sich der öffentliche Auftraggeber über den öffentlichen Auftrag geeinigt hat. Nach § 97 GWB, der insoweit die maßgebliche Bestimmung ist, gehört es nicht zu den Aufgaben des Vergaberechts, daß die Betei-
ligten auf die Wirksamkeit eines Vertragsschlusses über die Beschaffung am Markt vertrauen können, und auch aus zivilrechtlicher Sicht steht jede Einigung unter dem Vorbehalt der Anerkennung der rechtlichen Wirksamkeit. Außerdem ist dem Vergaberecht ein Anspruch auf einen zu erteilenden Auftrag unbekannt (vgl. BGHZ 154, 32, 40 f.; a.A. - Anspruch in engen Grenzen - Kaelble, ZfBR 2003, 657). Erst wenn der Vertrag nach der Gesetzeslage, zu der neben dem unmittelbaren Regelungsgehalt der einschlägigen Vorschriften auch durch Analogieschluß gewonnene Regeln gehören, wirksam zustande gekommen ist, besteht insoweit für das Unternehmen eine unter Eigentumsgarantie stehende Rechtsposition.
Eine Planwidrigkeit der damit bestehenden und ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke kann schließlich auch nicht mit der Begründung verneint werden (so aber Burgi, NZBau 2003, 16, 21; ähnlich Dietlein/Spießhofer, VergabeR 2003, 509, 517; Müller-Wrede/Kaelble, VergabeR 2002, 1, 5), allein der unmittelbare Regelungsgehalt von § 13 VgV sei durch die Ermächtigung in § 97 Abs. 6 GWB gedeckt (vgl. hierzu Sen.Beschl. v. 09.02.2004 - X ZB 44/03, NZBau 2004, 229, für BGHZ 158, 43 vorgesehen). Da die Bundesregierung befugt war, die Bestimmungen des § 13 VgV durch Rechtsverordnung zu treffen (Sen.Beschl. v. 09.02.2004, aaO, S. 230 f.), handelt es sich hierbei um ein verfassungsgemäß zustande gekommenes Gesetz im materiellen Sinne. Als solches hat die Regelung keine andere Qualität als eine durch den Gesetzgeber selbst getroffene. Sie bestimmt den materiellen Gehalt des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit, wie wenn sie unmittelbar dort aufgenommen worden wäre. Damit enthält das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen trotz eines grundsätzlichen Anliegens des dort geregelten Vergaberechts nur für einen Teilbereich desselben eine sachgerechte Lö-
sung. Das macht die entsprechende Heranziehung von § 13 VgV in den genannten Fällen nötig.
II. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist auch begründet.
Die Antragstellerin hat Anspruch darauf, daß die Antragsgegnerin die gewünschten Leistungen im Wege eines geregelten Vergabeverfahrens beschafft und den insoweit erstrebten Vertrag ausschreibt, letzteres weil Gründe für ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung nicht dargetan oder ersichtlich sind. Das folgt aus § 97 Abs. 1 GWB in Verbindung mit § 4 Abs. 1 VgV sowie § 3 a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A 2. Abschnitt.
Aus § 97 Abs. 1 GWB ergibt sich angesichts des bereits Ausgeführten die Pflicht der Antragsgegnerin, zur Beschaffung der erörterten Leistungen ein geregeltes Vergabeverfahren einzuleiten. Diese Pflicht hat nicht allein Ordnungsfunktion. Durch die Eröffnung eines Verfahrens mit bestimmten Regeln sollen die durch sie konkretisierten Grundsätze von Wettbewerb, Transparenz und Gleichbehandlung gewährleistet werden (vgl. auch § 97 Abs. 2 GWB). Da die insoweit geltenden Bestimmungen gemäß § 97 Abs. 7 GWB ein subjektives Recht begründen, bedingt das, auch hinsichtlich der Einleitung eines geregelten Vergabeverfahrens einen durchsetzbaren Anspruch zugunsten interessierter Unternehmen anzuerkennen, wenn in dieser Weise nach § 97 Abs. 1 GWB eine von dem öffentlichen Auftraggeber gewünschte Beschaffung vorzunehmen ist (ebenso z.B. Burgi, NZBau 2003, 16, 19; Schimanek, ZfBR 2003, 39, 40; a.A. z.B. Portz, VergabeR 2002, 211, 217 f.). Die Einleitung eines geregelten Vergabeverfahrens ist gleichsam "Existenzgrundlage" (so Müller-Wrede/ Kaelble, VergabeR 2002, 1, 8 unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/9340, S. 13 f.)
für die bei Durchführung eines geregelten Vergabeverfahrens sich ergebenden subjektiven Rechte, so daß es nur konsequent ist, auch einen Anspruch der Unternehmen auf Einleitung eines geregelten Verfahrens anzuerkennen. Erst er eröffnet den umfassenden Rechtsschutz, der nach den erörterten europarechtlichen Vorgaben notwendig ist. Ihn der Regelung in § 97 Abs. 7 GWB zu entnehmen, ist auch mit dessen Wortlaut in Einklang zu bringen. Denn auch die oben genannten Vorschriften gehören zu den Bestimmungen über das Vergabeverfahren.
III. Die Verfolgung des Anspruchs auf Einleitung eines geregelten Vergabeverfahrens durch die Antragstellerin ist schließlich auch nicht rechtsmißbräuchlich.
Ein Unternehmen verhält sich nicht schon dann treuwidrig, wenn es einem öffentlichen Auftraggeber ein Angebot abgibt, das eine Dienstleistung zum Gegenstand hat, ohne bereits hierbei auf die Notwendigkeit eines geregelten Vergabeverfahrens hinzuweisen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben kommt erst in Betracht, wenn das Unternehmen bereits zu diesem Zeitpunkt weiß oder - was regelmäßig positiver Kenntnis gleichsteht (vgl. z.B. BGHZ 133, 192, 198 f.; BGH, Urt. v. 18.01.2000 - VI ZR 375/98, NJW 2000, 953 m.w.N.) - sich aufdrängender Erkenntnis verschließt, daß der öffentliche Auftraggeber den Auftrag ohne Einleitung und Durchführung eines notwendigen geregelten Vergabeverfahrens vergeben will (vgl. OLG Brandenburg NJOZ 2004, 2759). Hierfür ist aber im Streitfall - wie bereits hinsichtlich § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ausgeführt - nichts dargetan oder ersichtlich. Da die Antragsgegnerin und die Beigeladene nach wie vor die Notwendigkeit eines geregelten Vergabeverfahrens leugnen, muß ohne derartige Darlegung oder entsprechende Anhaltspunkte im
übrigen auch der Antragstellerin zugute gehalten werden, hiervon nicht schon ausgegangen zu sein, als es zu dem formlosen Kontakt kam und dieser zu dem Angebot der Antragstellerin an die Antragsgegnerin führte.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung (vgl. Sen. BGHZ 146, 202, 216).
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (vgl. Sen. BGHZ 146, 202, 217).
Melullis Scharen Ambrosius
Mühlens Meier-Beck

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden, wenn öffentliche Aufträge, Wettbewerbe oder Konzessionen

1.
nach Vergabeverfahren zu vergeben oder durchzuführen sind, die festgelegt werden durch
a)
ein Rechtsinstrument, das völkerrechtliche Verpflichtungen begründet, wie eine im Einklang mit den EU-Verträgen geschlossene internationale Übereinkunft oder Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem oder mehreren Staaten, die nicht Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, oder ihren Untereinheiten über Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen für ein von den Unterzeichnern gemeinsam zu verwirklichendes oder zu nutzendes Projekt, oder
b)
eine internationale Organisation oder
2.
gemäß den Vergaberegeln einer internationalen Organisation oder internationalen Finanzierungseinrichtung bei vollständiger Finanzierung der öffentlichen Aufträge und Wettbewerbe durch diese Organisation oder Einrichtung zu vergeben sind; für den Fall einer überwiegenden Kofinanzierung öffentlicher Aufträge und Wettbewerbe durch eine internationale Organisation oder eine internationale Finanzierungseinrichtung einigen sich die Parteien auf die anwendbaren Vergabeverfahren.

(2) Für verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge ist § 145 Nummer 7 und für Konzessionen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit ist § 150 Nummer 7 anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.

(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.

(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen),
2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes),
3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes),
4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und
5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
Im Verfahren über Beschwerden eines Beigeladenen (§ 54 Absatz 2 Nummer 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 79 Absatz 1 Nummer 3 des Energiewirtschaftsgesetzes und § 16 Nummer 3 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) ist der Streitwert unter Berücksichtigung der sich für den Beigeladenen ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.