Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 27. Aug. 2012 - 12 U 32/12

bei uns veröffentlicht am27.08.2012

Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Berufung des Beklagten gegen das am 26. Januar 2012 verkündete Einzelrichterurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Halle wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 130.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung einer Vergütung für die Entwicklung und Lieferung eines Datenverarbeitungsprogramms aus einem mit dem Beklagten am 23. April 2005 geschlossenen Kooperationsvertrag in Anspruch. Der Beklagte hat widerklagend die Rückerstattung einer im Hinblick auf die Lieferung des Datenverarbeitungsprogramms geleisteten Anzahlung gefordert.

2

Auf die Tatsachenfeststellungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts vom 26. Januar 2012 wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

3

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen statt gegeben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 103.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juni 2006 sowie einen Betrag in Höhe von 2.118,44 Euro an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage und die Widerklage des Beklagten abgewiesen.

4

Gegen dieses dem Beklagten am 31. Januar 2012 zugestellte Urteil hat dieser mit einem am 27. Februar 2012 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Auf seinen wiederholten Antrag ist die Frist zur Begründung der Berufung zuletzt bis zum 26. April 2012 verlängert worden. Die vom 26. April 2012 datierende sechsseitige Berufungsbegründungsschrift hat der Beklagtenvertreter an das Oberlandesgericht vorab durch Telefax übermittelt. Der Faxausdruck trägt am oberen Rand einen Aufdruck des Absendgerätes mit dem Datum 26. April 2012 sowie der Uhrzeitangabe 23.56 Uhr und am unteren Seitenrand „Empfangszeit 26. April 2012, 23.57 Uhr, Nr. 3995“. Jede Seite der Kopiervorlage ist mit der Paraphe des Beklagtenvertreters versehen. Nach dem Inhalt des Telefaxjournals des am Oberlandesgericht genutzten Telefaxgerätes hat der Sendevorgang am 26. April 2012 um 23.57 Uhr begonnen und dauerte insgesamt 4,14 Minuten. Die Poststelle des Oberlandesgerichts hat als Eingang dementsprechend den 27. April 2012, 24.01,14 Uhr verzeichnet.

5

Mit Verfügung vom 02. Mai 2012 ist der Beklagtenvertreter auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung hingewiesen worden, weil die Berufungsbegründungsschrift nicht innerhalb der bis zum 26. April 2012 verlängerten Begründungsfrist, sondern erst am 27. April 2012 bei dem Oberlandesgericht eingegangen war. Darauf hat dieser unter dem 11. Mai 2012 unter Vorlage des Sendeberichtes seines Telefaxgerätes geltend gemacht, dass die Begründungsschrift noch am 26. April 2012 gegen 23.59,33 Uhr und damit rechtzeitig bei dem Berufungsgericht eingegangen sei. Die Uhrzeitangabe seines Telefaxgerätes würde er alle zwei Tage einer Kontrolle unterziehen und dabei neu einstellen. Die Einstellung erfolge stets nach seiner Armbanduhr, die anhand der Uhrzeitangabe im Videotext eingestellt werde. Um etwaige Ungenauigkeiten auszugleichen, halte er es in der Regel so, dass er die Uhr seines Telefaxgerätes um ca. 30 bis 45 Sekunden gegenüber der offiziellen Zeit vorstelle. In Anbetracht der hier vorliegenden Fristsache habe er persönlich die Uhrzeit des Telefaxgerätes am 26. April 2012 gegen 12.30 Uhr überprüft und - als Sicherheitsreserve - um 45 Sekunden vorgestellt. Den sechsseitigen Begründungsschriftsatz habe er in den Abendstunden des 26. April 2012 gegen 23.50 Uhr fertig gestellt, ausgedruckt und jede ausgedruckte Seite jeweils einzeln mit seiner Unterschrift versehen. Im Anschluss daran habe er nach den Zeitangaben seines Telefaxgerätes gegen 23.56 Uhr mit der Übertragung des Schriftsatzes an den Hauptanschluss des Oberlandesgerichts begonnen. Das angewählte Empfangsgerät des Berufungsgerichts sei weder besetzt gewesen, noch hätten der Übermittlung der Begründungsschrift irgendwelche technischen Hindernisse entgegen gestanden. Während des Übertragungsvorganges habe er allerdings festgestellt, dass das Telefaxgerät des Oberlandesgerichts die Empfangssignale extrem langsam entgegen genommen und verarbeitet habe. Nach 4 Minuten und 9 sec. sei die Übermittlung beendet gewesen und auf dem Display sei der OK-Vermerk erschienen. Weil die Uhrzeit seines Gerätes stets um ca. 45 sec. gegenüber der offiziellen Zeit vorgestellt sei, müsse davon ausgegangen werden, dass alle sechs Seiten der Berufungsbegründung noch vor Mitternacht übertragen worden seien. Die letzte Seite sei um ca. 23.59,15 Uhr eingezogen und um 23.59,33 Uhr der Sendevorgang abgeschlossen worden. Er hat angekündigt, dass er zum Nachweis der rechtzeitigen Übermittlung der Begründungsschrift bei der Telekom einen Einzelverbindungsnachweis anfordern werde. Außerdem ist er der Ansicht, dass die Berufungsbegründung schon deshalb fristgerecht eingegangen sei, weil er alle Seiten der Kopiervorlage zuvor unterzeichnet habe. Der rechtzeitige Eingang einer einzelnen Seite einer Berufungsbegründung, die den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genüge, reiche aber zur Fristwahrung grundsätzlich aus.

6

Hilfsweise hat der Beklagte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und hierzu vorgetragen, dass die Versäumung der Frist durch ihn bzw. seinen Prozessvertreter nicht verschuldet worden sei. Insbesondere könne diesem nicht vorgehalten werden, dass er mit der Faxübermittlung bis vier Minuten vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gewartet habe, weil er die Begründungsfrist voll ausschöpfen dürfe. Mit der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegerätes und der korrekten Eingabe der Empfängernummer habe er das Erforderliche zur Fristwahrung unternommen und mit der Faxübermittlung so frühzeitig begonnen, dass er unter normalen Umständen mit einem Abschluss vor 24.00 Uhr habe rechnen dürfen. Wie exemplarisch vorgelegte Sendeprotokolle vergleichbarer Telefaxsendungen an verschiedene andere Oberlandesgerichte belegen würden, habe sein Rechtsanwalt von einer Übertragungsdauer von allenfalls 2 Minuten und 30 Sekunden ausgehend dürfen, aber nicht einkalkulieren müssen, dass das Empfangsgerät des Oberlandesgerichts noch mit einem Betriebsmodus ausgestattete sei, der erheblich hinter dem heute gängigen Standard mit einer Modemgeschwindigkeit von 14.400 zurückbleibe.

7

Der Senat hat eine dienstliche Äußerung der Mitarbeiter der Poststelle des Oberlandesgerichts eingeholt, die den Parteien zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt wurde. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat auf die dienstliche Äußerung vom 18. Mai 2012 Bezug.

II.

8

Die Berufung des Beklagten ist gemäß § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sein Rechtsmittel nicht fristgerecht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO begründet worden ist und Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO nicht vorliegen.

9

Nach § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO beträgt die Frist für die Berufungsbegründung zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Sie kann ohne Einwilligung der Gegenseite bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach der freien Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe vorträgt (§ 520 Abs. 2 S. 3 ZPO).

10

1. Das angefochtene Urteil ist dem Beklagten am 31. Januar 2012 zugestellt worden, so dass die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist am Montag, den 02. April 2012 abgelaufen wäre (§§ 520 Abs. 2 S. 1, 222 Abs. 1, Abs. 2 ZPO in Verbindung mit §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Auf rechtzeitig gestellten Antrag des Beklagten ist diesem nach § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - zuletzt - bis zum 26. April 2012 bewilligt worden, die mit Ablauf dieses Tages um 24.00 Uhr endete. Entscheidend zur Wahrung einer solchen Frist ist, ob der fristgebundene Schriftsatz bis zum Ablauf des letzten Tages der Begründungsfrist eingegangen ist (BGH NJW 2000, 1328; BGH NJW 2007, 2045). Im vorliegenden Fall lief die Berufungsbegründungsfrist am Donnerstag, den 26. April 2012 um 24.00 Uhr ab. Das Telefax des Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit der sechsseitigen Berufungsbegründungsschrift ging jedoch erst am Folgetag, den 27. April 2012 um 24.01 Uhr und 14 Sekunden bei Gericht vollständig ein und ist damit verspätet.

11

a) Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es nicht auf den Zeitpunkt an, zu dem die Rechtsmittelbegründungsschrift im Telefaxgerät des Gerichtes ausgedruckt worden ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die gesendeten Signale bei Ablauf des letzten Tages der Frist vollständig empfangen, d.h. komplett gespeichert worden sind (z. B. BGHZ 167, 214; BGH NJW 2007, 2045; BGH WM 2009, 331; BGH BRAK-Mitt 2010, 25; BGH JurBüro 2011, 222; BGH GRUR - RR 2011, 344; BGH, Beschluss vom 17. April 2012, XI ZB 4/11; Greger in Zöller, Rdn. 9 zu § 167 ZPO und Rdn. 2 vor § 230 ZPO). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es der Absender im Allgemeinen nicht in der Hand hat, wann der Ausdruck eines empfangenen Telefaxes erfolgt (BGHZ 167, 214; BGH, Beschluss vom 15. September 2009, XI ZB 29/08, BRAK-Mitt 2010, 25). Wegen der technischen Vergleichbarkeit der eingesetzten Übertragungstechniken werden insoweit die Grundsätze der für elektronische Dokumente geltenden Regelung in § 130 a Abs. 3 ZPO entsprechend herangezogen (BGHZ 167, 214), so dass eine Frist gewahrt wird, wenn der vollständige Empfang (Speicherung) der vom Absendegerät gesendeten elektronischen Daten noch bis zum Ablauf des letzten Tages der Frist gewährleist ist. Es kommt dabei ausschließlich auf die Aufzeichnung durch die Empfangseinrichtung an, wobei der Speichervorgang komplett abgeschlossen sein muss (z. B. BGH BRAK-Mitt. 2010, 25; Zöller/Greger, Rdn. 9 zu § 167 ZPO m. w. N.).

12

b) Der Zeitpunkt des vollständigen Empfanges lässt sich anhand der üblichen Journaldokumentation des Telefaxempfangsgerätes ermitteln, indem zur Anfangszeit der Übertragung die aufgezeichnete Übertragungsdauer hinzugerechnet wird. Nach dem Journal des am Oberlandesgericht genutzten Empfangsgerätes war Übertragungsbeginn am 26. April 2012 um 23.57 Uhr, was mit dem Aufdruck am unteren Rand des Telefaxschreibens übereinstimmt. Das Faxjournal verzeichnete eine Übertragungsdauer von 4.14 Minuten, was ein Übertragungsende und eine Komplettspeicherung der Daten um 24.01.14 Uhr und damit am Folgetag bedeutet. Ausweislich der dienstlichen Äußerung der Poststelle des Oberlandesgerichts vom 18. Mai 2012 wird die Uhrzeit des Faxgerätes ordnungsgemäß (automatisch) nach der Funkuhr eingestellt. Der Senat hegt keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Erklärung. Das verwendete Gerät nutzt entgegen der Vermutung des Beklagtenvertreters auch keinem „überalterten Betriebsmodus“. Es handelt sich vielmehr um ein seit September 2011 genutztes Multifunktionsgerät neuster Bauart mit einer Modemgeschwindigkeit von bis zu 33,6 kbit/s, das im Zeitpunkt der Sendung problemlos funktioniert hat.

13

c) Der Beklagte trägt als Berufungsführer die Beweislast für die Behauptung, dass seine Berufungsbegründung rechtzeitig bei dem Empfänger eingegangen ist (z. B. BGH, Beschluss vom 17. April 2012, XI ZB 4/11; BGH NJW 2007, 1457; BGH Beschluss vom 15. September 2009, XI ZB 29/08). Diesen Nachweis hat er nicht erbracht. Die Eingangszeit per Telefax übersandter Schriftsätze beurteilt sich nach der gesetzlichen Zeit gemäß § 4 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung (Einheiten- und Zeitgesetz - EinhZeitG) i.d.F. durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 03. Juli 2008 (BGBl. I, S. 1185), das mit Wirkung vom 12. Juli 2008 an die Stelle des früheren Gesetzes über die Zeitbestimmung (Zeitgesetz) getreten ist, wofür grundsätzlich den Auskünften des Telekommunikationsunternehmens aus den Aufzeichnungen über die Dauer zeitabhängiger Einzelverbindungen wesentliche Bedeutung zukommt (z. B. BGH WM 2004, 648, 649; BGH, Beschluss vom 15. September 2009, XI ZB 29/08, BRAK-Mitt 2010, 25; BGH, Beschluss vom 17. April 2012, XI ZB 4/11 zitiert nach juris; BFH, Beschluss vom 20. Mai 2010, I B 13/10 zitiert nach juris).

14

Der Beklagte hat trotz einer entsprechenden Ankündigung in dem Schriftsatz vom 11. Mai 2012 davon abgesehen, einen Einzelverbindungsnachweis seines Telekommunikationsanbieters vorzulegen. Mit Vorlage des Absendeprotokolls seines Telefaxgerätes hat er den Beweis jedenfalls nicht führen können. Denn das Ausgangsfaxgerät bestätigt nur die Herstellung einer Verbindung zu dem Empfangsgerät, nicht jedoch die vollständige Übermittlung bestimmter Erklärungen. Entscheidend ist der Statusbericht des Empfangsgerätes (z. B. BGH, Beschluss vom 07. Juli 2011, I ZB 62/10, HFR 2012, 94; BGH MDR 2007, 1093; BPatG München, NJW 2011, 2522; Zöller/Greger, Rdn. 2 vor § 230 ZPO).

15

Das Faxprotokoll des Beklagtenvertreters vom 27. April 2012, 00.00 Uhr dokumentiert den rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung ohnehin nicht. Denn danach ist ein Sendebeginn um 23.56 bei einer Übertragungsdauer von 4.09 sec. verzeichnet. Der Beklagtenvertreter trägt hierzu zwar vor, dass er die Uhrzeit des Telefaxgerätes um 45 sec. vor der offiziellen Zeit vorgestellt habe. Das Ausgangsfaxgerät gibt dementsprechend aber nicht den exakten Zeitpunkt der Datenübermittlung wieder. Im Übrigen ist dem vom Beklagten vorgelegten Sendebericht jedenfalls nicht der Zeitpunkt des Zugangs der Sendung bei dem Empfangsgericht zu entnehmen. Er dokumentiert allein den Sendevorgang und dessen Dauer. Es kommt hier jedoch nicht auf die Sendezeit, sondern auf die Empfangszeit an, die aber allein aus dem Statusbericht des Empfangsgerätes hervorgeht (z. B. BGH, Beschluss vom 07. Juli 2011, I ZB 62/10, HFR 2012, 94). Sonstige Umstände, aus denen sich die sichere Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist in Ergänzung zum Inhalt seines eigenen nicht sicheren Faxjournals hätte ergeben können, sind weder vorgetragen worden, noch sonst ersichtlich.

16

d) Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, dass von einer den formellen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügenden Berufungsbegründung deshalb auszugehen sei, weil sein Prozessvertreter die einzelnen Seiten des Schriftsatzes jeweils unterzeichnet habe; der Senat müsse aber jedenfalls die bis um 24.00 Uhr des 26. April 2012 per Telefax eingegangenen Teile der Berufungsbegründung einer Zulässigkeitsprüfung unterziehen.

17

Zwar können bei der Zulässigkeitsprüfung unter Umständen auch nur Teile eines Schriftsatzes zugrunde gelegt werden, soweit diese innerhalb der Begründungsfrist in einem Sendevorgang eingegangen sind (z. B. BGH, WM 1994, 1349; BGH NJW-RR 2005, 793; BGH, Beschluss vom 15. September 2009, XI ZB 29/08, BRAK-Mitt 2010, 25). Wie bereits ausgeführt, kommt es aber nicht auf den Ausdruck der Telefaxsendung, sondern auf die komplette Speicherung der elektronischen Datensätze an. Dementsprechend kann aber auch nicht auf die Reihenfolge der übermittelten Seiten der Berufungsbegründung abgestellt werden. Bei der Telefaxsendung werden Signale übersendet, die mit den Schriftzeichen nicht identisch sind (z. B. BGH NJW 2004, 2525). Es wird während des Übertragungsvorgangs im Empfangsgerät eine Datei angelegt, deren vollständige Erstellung aber erst mit dem Ende der Übertragung abgeschlossen ist. Die Telefaxübermittlung kann dementsprechend nur als ein einheitlicher Vorgang gewertet werden, eine Zuordnung der übertragenen elektronischen Daten zu einer Seite der Berufungsbegründungsschrift kann vor Abschluss der Speicherung dagegen nicht vorgenommen werden. Dieser Übertragungsvorgang lässt daher keine Schlüsse zu, zu welchem Zeitpunkt ein bestimmter Teil der Datei übersendet wird, der die Informationen für eine bestimmte Seite enthält. Auch der Faxausdruck des Gerichts am Fuße jeder Textseite gibt lediglich die Anfangszeit der Übertragung auf das Empfangsgerät wieder. Aus diesem Grunde kommt es auch nicht darauf an, dass der Beklagtenvertreter jede Textseite gesondert mit seiner Unterschrift versehen hat. Entscheidend ist allein, wann der als Gesamtheit aufzufassende Übertragungsakt vollständig und fehlerfrei abgeschlossen ist. Denn erst wenn alle elektronischen Daten im Datenspeicher des gerichtlichen Faxgerätes abgelegt worden sind, hat das Empfangsgerät die Signale vollständig aufgenommen und nach Verarbeitung als abrufbare Datei auf dem internen Datenspeicher geschrieben (z. B. BGH, Beschluss vom 15. September 2009, XI ZB 29/08, BRAK-Mitt 2010, 25; OLG Stuttgart, 10. Juni 2008, 9 U 26/08 zitiert nach juris). Danach aber ist es technisch nicht möglich, eine sichere Abgrenzung der vor 24.00 Uhr eingegangenen, unterschriebenen Seiten der Berufungsbegründung von denjenigen vorzunehmen, die erst nach Mitternacht und damit am Folgetag von dem Telefaxgerät des Gerichtes empfangen worden sind.

18

2. Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig, er ist nach § 233 ZPO statthaft und form- und fristgerecht nach §§ 234 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 236 Abs. 1 ZPO angebracht worden, jedoch nicht begründet.

19

Der Beklagte war nicht ohne ein ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der rechtzeitigen Vornahme der Prozesshandlung, hier der fristgerechten Vorlage der Berufungsbegründung, gehindert. Dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist vorzuhalten, dass er erst zu einem sehr späten Zeitpunkt, nämlich nur vier Minuten vor Ablauf der Frist mit der Versendung der Berufungsbegründungsschrift per Telefax begonnen hat.

20

Ein Verschulden des bevollmächtigten Rechtsanwaltes ist gegeben, wenn dieser die übliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die geboten und ihm nach den konkreten Umständen des konkreten Einzelfalls zumutbar gewesen ist (z. B. Zöller/Greger, Rdn. 13 zu § 233 ZPO m.w.N.). Auch wenn die Sorgfaltsanforderungen dabei nicht überspannt werden dürfen und der Prozessbevollmächtigte des Beklagten bei der Erstellung und Übermittlung der Berufungsbegründung die ihm dafür eingeräumte Frist ausschöpfen durfte (z. B. BGH NJW-RR 2006, 1548; BGH NJW-RR 2004, 2525; BGH NJW 2005, 678; BGH, Beschluss vom 03. Mai 2011, XI ZB 24/10, BRAK-Mitt 2011, 238), musste er jedoch für den Fall sehr später Einreichung des fristgebundenen Schriftsatzes sicher stellen, dass dieser auf dem gewählten Übertragungsweg noch rechtzeitig vor Fristablauf bei Gericht eingeht (z. B. BGH NJW-RR 2006, 1548; BGH NJW-RR 2004, 2525; BGH NJW 2005, 678; BGH, Beschluss vom 03. Mai 2011, XI ZB 24/10, BRAK-Mitt 2011, 238; OLG Naumburg, JurBüro 2011, 149; OVG Schleswig NJW 2010, 3110). Übermittelt der Rechtsanwalt eine Berufungsbegründungsschrift per Telefax an das Gericht, hat er mit der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegerätes und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung unternommen, wenn er mit dem Übermittlungsvorgang so rechtzeitig begonnen hat, dass unter gewöhnlichen, normalen Umständen mit ihrem Abschluss am Tage des Fristablaufs bis 24.00 Uhr hätte gerechnet werden können (z.B. BGH NJW-RR 2001, 916; BGH FamRZ 2005, 266; BGH NJW 2004, 2525; BGH, Beschluss vom 03. Mai 2011, XI ZB 24/10; BGH JurBüro 2009, 168). Daraus folgt, dass eine laufende Frist nur in dem Umfang ausgeschöpft werden darf, dass die bis zum Fristablauf verbleibende Zeit noch ausreicht, um die Übersendung des Schriftsatzes sicherzustellen. Dabei muss der Prozessbevollmächtigte unter Umständen auch Verzögerungen und Störungen einkalkulieren, die bei dem gewählten Übertragungsweg üblicherweise auftreten können, wie z.B. die Belegung des Telefaxempfangsgerätes des Gerichts durch andere eingehenden Sendungen. Insoweit ist bei der Faxübermittlung eine Zeitreserve einzukalkulieren (z. B. BGH NJW 2004, 2525; BGH FamRZ 2005, 266; BGH, Beschluss vom 03. Mai 2011, XI ZB 24/10).

21

Dies ist hier nicht - zumindest nicht ausreichend - geschehen. Denn beim Absenden eines sechsseitigen Telefax um 23.56 Uhr und damit vier Minuten vor Fristablauf konnte der Prozessvertreter des Beklagten nicht begründet darauf vertrauen, dass die Übertragung vor 0.00 Uhr beendet sein würde. Schon bei reibungsloser Übertragung konnte er - mangels Kenntnis der Leistungsfähigkeit des Empfangsgerätes - nicht davon ausgehen, dass der Schriftsatz mit einer bestimmten Geschwindigkeit übertragen wird, deren Einhaltung erforderlich gewesen wäre, damit die Frist eingehalten wird (z. B. OVG Schleswig NJW 2010, 3110; OLG Naumburg JurBüro 2011, 149; Zöller/Greger, Rdn. 23 zu § 233 ZPO Stichwort „Telefax“).

22

Es bedarf dabei auch keiner Entscheidung zu der Frage, mit welcher Übertragungszeit ein Rechtsanwalt bei der Übermittlung per Telefax normalerweise rechnen darf (offen gelassen: BGH NJW 2005, 678). Dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten nach seinem Vorbringen in der Lage war, an andere Oberlandesgerichte im Bundesgebiet Schriftsätze vergleichbaren Umfangs innerhalb deutlicher kürzerer Zeit zu übermitteln, kann ihn jedenfalls nicht entlasten. Ob die in den vorgelegten Sendeprotokollen dokumentierten Telefax-Sendungen überhaupt nach Art und Empfänger mit der hier maßgeblichen Sendung vergleichbar sind, lässt sich anhand der zur Akte gereichten Unterlagen nicht feststellen. Dies kann aber letztlich auch dahin gestellt bleiben. Denn die von dem Beklagten-Vertreter zu Vergleichszwecken vorgelegten Sendeberichte besagen in jedem Fall noch nichts über die Funktion und regelmäßige Übertragungsgeschwindigkeit des hier in Rede stehenden Empfangsgeräts des Oberlandesgerichts Naumburg, mit dem der Beklagtenvertreter zuvor offensichtlich noch keine vergleichbaren Erfahrungen gemacht hatte. Wie schnell das Telefaxgerät des Oberlandesgerichts Naumburg überträgt und mit welchem Modem es arbeitet, wusste er nicht. Insoweit hätte er aber eine Sicherheitsreserve einplanen müssen. Denn er konnte nicht erwarten, dass ein schnelleres Gerät mit einer Modemgeschwindigkeit von 14.4000 zum Einsatz kommt. Für eine solche Erwartung gab es jedenfalls keine Grundlage. Unabhängig davon ist die Übertragungsgeschwindigkeit auch nicht nur von der Leistung des Sende- und Empfangsgerätes abhängig, sondern u. a. auch von der zum Zeitpunkt des Sendevorganges zur Verfügung stehenden Netzkapazität.

23

Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Beklagte schlüssig dargelegt und nach Maßgabe der §§ 236 Abs. 2 S. 1, 294 ZPO glaubhaft gemacht hätte, dass er das Telefaxgerät des Oberlandesgerichts zuvor wiederholt in Anspruch genommen und die Telefaxübermittlung dabei stets deutlich weniger als 30 sec. pro Seite angedauert habe. Denn allenfalls dann hätte er berechtigt darauf vertrauen dürfen, dass die Sendung von 23.56 Uhr - bei ansonsten reibungslosem Verlauf - nicht wesentlich länger dauern würde als die bisherigen Schriftsätze an das Berufungsgericht (z.B. BGH NJW-RR 2001, 916; BGH FamRZ 2005, 266).

24

Die Übertragungsdauer des hier eingesetzten Faxgerätes ist im übrigen auch nicht als ungewöhnlich lang zu bewerten, so dass mit ihr keinesfalls zu rechnen war, sondern bewegt sich in einem normalen Rahmen, auf den sich ein Rechtsanwalt bei der Übertragung fristgebundener Schriftsätze einrichten muss. Für eine überlange, durch einen technischen Fehler in der Funktion des Empfangsgerätes begründete Übermittlungsdauer bestehen jedenfalls keinerlei Anhaltspunkte.

25

Da sich der Beklagte die verspätete Absendung des Schriftsatzes durch seinen Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO), hat er das Versäumnis im Ergebnis zu vertreten. Der Wiedereinsetzungsantrag ist nach § 233 ZPO nicht begründet.

26

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

27

Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in §§ 47 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO.


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bei uns veröffentlicht am 15.09.2009

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Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Apr. 2012 - XI ZB 4/11

bei uns veröffentlicht am 17.04.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZB 4/11 vom 17. April 2012 in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Joeres, Dr. Grüneberg, Maihold, Dr. Matthias und Pamp am 17. April 2012 beschlossen: Auf die Recht

Bundesfinanzhof Beschluss, 20. Mai 2010 - I B 13/10

bei uns veröffentlicht am 20.05.2010

Gründe 1 Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdebegründung den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt, denn die

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 4/11
vom
17. April 2012
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Joeres,
Dr. Grüneberg, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 17. April 2012

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 7. Februar 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert beträgt 47.946,70 €.

Gründe:

I.

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wertpapieren in Anspruch.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 20. September 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger fristgerecht Berufung eingelegt. Die vom 22. November 2010, einem Montag, datie- rende zwölfseitige Berufungsbegründung übermittelte der Klägervertreter vorab mittels Telefax an das Berufungsgericht. Der bei den Gerichtsakten befindliche Faxausdruck trägt Aufdrucke des Absendegerätes mit dem Datum des 23. November 2010 sowie Uhrzeitangaben von 00:49 Uhr (Seite 1) bis 00:51 Uhr (Seite 12). Datums- und Uhrzeitaufdrucke des Empfangsgeräts des Berufungsgerichts weist die Faxkopie wegen einer ab dem 22. November 2010 bestehenden mehrtägigen Störung dieses Geräts nicht auf. Das Original der Berufungsbegründung ging am 24. November 2010 bei Gericht ein.
3
Mit Verfügung vom 24. November 2010 hat das Berufungsgericht den Kläger darauf hingewiesen, dass die Berufungsbegründung am 23. November 2010 per Telefax eingegangen sei, und mit Verfügung vom 13. Dezember 2010 ergänzend mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
4
Der Kläger hat demgegenüber geltend gemacht, die Berufungsbegründung sei am 22. November 2010 vor 24:00 Uhr und daher rechtzeitig bei dem Berufungsgericht eingegangen. Hierzu hat er vorgetragen, der seinem Prozessbevollmächtigten vorliegende Sendebericht weise zwar als Eingang des Telefaxes bei dem Berufungsgericht ebenfalls den 23. November 2010, 00:49 Uhr, aus. Sein Prozessbevollmächtigter sei sich aber sicher, dass die Faxübertragung am 22. November 2010 vor 24:00 Uhr beendet gewesen sei, weil ihm noch vor 24:00 Uhr der Sendebericht vorgelegen habe. Nach dem Ausdruck des Sendeberichtes habe der Prozessbevollmächtigte auf die schräg gegenüber dem Faxgerät in etwa 1,50 m Entfernung an der Wand hängende und bequem einzusehende Funkuhr geschaut; danach sei es deutlich vor 24:00 Uhr gewesen. Die Funkuhr habe seit Jahren keine Ungenauigkeiten gezeigt und ein nach dem hier streitigen Vorfall über das Internet durchgeführter Abgleich der Funkuhr mit der Atomuhr habe eine sekundengenaue Überein- stimmung beider Uhren ergeben. Um 00:49 Uhr sei der Prozessbevollmächtigte bereits zu Hause gewesen.
5
Nach Bekanntwerden des Vorgangs in der Kanzlei habe eine Mitarbeiterin erklärt, am 24. November 2010 festgestellt zu haben, dass das Faxgerät eine falsche Uhrzeit angebe. Sie habe daraufhin die Uhr des Faxgeräts - in Orientierung an der Funkuhr - um 53 Minuten zurückgestellt. Die Übermittlung der Berufungsbegründung per Telefax sei deshalb tatsächlich 53 Minuten früher erfolgt als Sendebericht und Faxaufdruck dies auswiesen. Die Vorlage eines entsprechenden Einzelverbindungsnachweises sei nach der - zu den Gerichtsakten gereichten - schriftlichen Auskunft des zuständigen Providers für Verbindungen zu einer Festnetznummer wie derjenigen des Berufungsgerichts nicht möglich, weil bei der von der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten gewählten Flatrate solche Verbindungen nicht registriert würden. Als Erklärung der falschen Uhrzeitangabe im Faxgerät könne nur darauf verwiesen werden, dass die Zeitumstellung am 31. Oktober 2010 nicht mit vollzogen worden sei, so dass die Uhr am 22. November 2010 noch immer die Sommerzeit angezeigt habe. Wegen der Differenz von 7 Minuten zum einstündigen Unterschied zwischen Sommer- und Winterzeit sei auf die "normale" Ungenauigkeit, mit der bei einer Faxuhr immer gerechnet werden müsse, zu verweisen.
6
Hilfsweise hat der Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
7
Zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens hat er sich auf die anwaltliche Versicherung seines Prozessbevollmächtigten und die eidesstattliche Versicherung einer Mitarbeiterin der Anwaltskanzlei bezogen sowie in verschiedener Hinsicht Zeugen- bzw. Sachverständigenbeweis angetreten.
8
Das Berufungsgericht hat die Berufung unter gleichzeitiger Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die fristwahrende Übermittlung der Berufungsbegründung lasse sich nicht feststellen. Der Vorgang könne nicht weiter aufgeklärt werden, da insbesondere ein Empfangsprotokoll des gerichtlichen Faxgeräts nicht vorliege. Dies müsse zu Lasten des für die Fristwahrung beweisbelasteten Klägers gehen, in dessen Sorgfalts- und Nachweisbereich die Ungewissheit der rechtzeitigen Übermittlung falle.
9
Auf das Empfangsjournal könne der Kläger sich nicht beziehen, da das Telefaxgerät des Oberlandesgerichts an dem fraglichen Tag gestört gewesen sei. Der rechtzeitige Zugang könne auch nicht durch einen Einzelverbindungsnachweis des gerichtlichen Telekommunikationsdienstleisters nachgewiesen werden. Das Berufungsgericht habe sich hierum bemüht, jedoch die Auskunft der zuständigen Staatszentrale erhalten, dass ein Zeitnachweis für eingehende Nachrichten nicht möglich sei.
10
Der Uhrzeitaufdruck des Sendegeräts weise als Sendezeit Dienstag, den 23. November 2010, 00:49 Uhr, aus. Demnach sei der Empfang der Faxnachricht erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erfolgt.
11
Ohne Erfolg mache der Kläger geltend, dass das Faxgerät seines Prozessbevollmächtigten zum maßgeblichen Zeitpunkt 53 Minuten vorgegangen sei. Der Berufungssenat vermöge aus den eidesstattlichen Versicherungen des Prozessbevollmächtigten und der Kanzleimitarbeiterin nicht die vom Kläger gewünschte Schlussfolgerung zu ziehen. Der Nachweis des Eingangs bei Gericht noch am 22. November 2010 sei damit nicht geführt.
12
Dass die Uhrzeitanzeige des Faxgeräts noch am 22. November 2010 den Stand vor der am 31. Oktober 2010 erfolgten Zeitumstellung ausgewiesen haben solle, setze voraus, dass das Kanzleipersonal über drei Wochen die Zeitdifferenz nicht bemerkt habe. Das erscheine ausgeschlossen. Die auf dem Display ersichtliche falsche Uhrzeit müsse schon viel früher aufgefallen sein. Dabei könne durchaus davon ausgegangen werden, dass die betreffende Kanzleimitarbeiterin am 24. November 2010 die falsche Zeitangabe bemerkt und unverzüglich korrigiert habe. Die Möglichkeit einer Manipulation an der Uhrzeitangabe des Sendegeräts sei nach dem Ablauf der Dinge nicht ausgeräumt. Nach den kanzleiinternen Vorgängen erscheine es möglich, dass ein Kanzleimitarbeiter im fraglichen Zeitraum in Kenntnis der Fristüberschreitung die Uhr im Faxgerät wieder vorgestellt habe und dies alsbald von der Mitarbeiterin bemerkt worden sei.
13
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei unbegründet.
14
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers, mit der er sich lediglich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht den Nachweis der Fristwahrung nicht als geführt angesehen hat.

II.

15
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
16
1. Die kraft Gesetzes (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), weil der angefochtene Beschluss den Kläger in seinem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sowie in seinem verfas- sungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
17
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Jedenfalls aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen durfte das Berufungsgericht die Berufung des Klägers nicht mit der Begründung nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verwerfen, die Berufungsbegründung sei nicht bis zum Ablauf des 22. November 2010 - und damit verspätet - eingereicht worden.
18
a) Das Berufungsgericht hat nach § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Bei der Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels gilt, auch soweit es um die Rechtzeitigkeit der Begründung geht, der so genannte Freibeweis. Danach ist das Gericht weder von einem Beweisantritt der Parteien abhängig noch auf die gesetzlichen Beweismittel beschränkt. Im Rahmen des Freibeweises können deshalb grundsätzlich auch eidesstattliche Versicherungen berücksichtigt werden. Eine eidesstattliche Versicherung reicht allerdings für sich genommen regelmäßig nicht zum Nachweis der Fristwahrung aus, da sie lediglich auf Glaubhaftmachung angelegt ist, für die schon eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des behaupteten Geschehensablaufs genügt. Die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung muss indessen - wie auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels - zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden; an die Überzeugungsbildung werden insoweit keine geringeren oder höheren Anforderungen gestellt als sonst (BGH, Beschlüsse vom 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457 Rn. 8 ff. mwN und vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501). Hiernach etwa verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Rechtsmittelführers, der zu beweisen hat, dass er die Berufung rechtzeitig begründet hat (BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03, NJW 2003, 3487; Senatsbeschluss vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08, juris Rn. 12).
19
b) Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten Signale bei Ablauf des letzten Tages der Frist - hier also am 22. November 2010 bis 24:00 Uhr - vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen, d.h. gespeichert worden sind (BGH, Beschlüsse vom 25. April 2006 - IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 Rn. 18, vom 8. Mai 2007 - VI ZB 74/06, NJW 2007, 2045 Rn. 12, vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08, juris Rn. 16 und vom 18. November 2010 - I ZB 62/10, juris Rn. 5). Die Eingangszeit ist dabei nach der gesetzlichen Zeit gemäß § 4 i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung (Einheiten- und Zeitgesetz - EinhZeitG) i.d.F. durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 3. Juli 2008 (BGBl. I S. 1185), das mit Wirkung vom 12. Juli 2008 an die Stelle des früheren Gesetzes über die Zeitbestimmung (Zeitgesetz) getreten ist, zu beurteilen, wofür grundsätzlich den Auskünften des Telekommunikationsunternehmens aus den Aufzeichnungen über die Dauer zeitabhängiger Verbindungen wesentliche Bedeutung zukommt (Senatsbeschluss vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08, juris Rn. 12).
20
c) Hiernach erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, eine fristwahrende Übermittlung der Berufungsbegründung vom 22. November 2010 an das Oberlandesgericht lasse sich nicht feststellen, zumindest aufgrund der bislang erfolgten Sachaufklärung als nicht tragfähig.
21
aa) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist davon auszugehen, dass weder für das Absendegerät des Prozessbevollmächtigten des Klägers noch für das gerichtliche Empfangsgerät Einzelverbindungsnachweise zur Verfügung stehen und wegen einer im fraglichen Zeitraum bestehenden Störung dieses Geräts auch kein automatischer Uhrzeitaufdruck der Empfangszeit auf dem Faxausdruck erfolgt ist. Nicht zweifelsfrei geklärt erscheint hiernach freilich, ob die betreffende Störung des Empfangsgeräts lediglich den Aufdruck der Eingangsdaten auf dem Faxaufdruck als solchen oder auch schon die interne Speicherung dieser Daten im Gerät betraf, so dass auch deren "Auslesen" - etwa durch Ausdruck eines sämtliche Eingangsdaten eines bestimmten Zeitraums zusammenfassenden Faxjournals oder auf andere Weise - nicht erfolgte bzw. nicht möglich war. Insbesondere die bei den Gerichtsakten befindliche E-Mail betreffend eine telefonische Auskunft der Staatszentrale enthält hierzu keine Erkenntnisse.
22
bb) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die auf eine mögliche Manipulation der Uhrzeitanzeige des Sendegeräts abstellende Schlussfolgerung des Berufungsgerichts - das seiner Entscheidung zufolge von einer zwischen dem 31. Oktober und dem 22. November 2010 bereits erfolgten Umstellung von Sommer- auf Winterzeit an dem Sendegerät ausgegangen sei - sei derart spekulativ und verwickelt, dass sie nicht Grundlage einer ordnungsgemäßen Würdigung des klägerischen Sachvortrags sein könne. Das Berufungsgericht habe bereits übersehen, dass bei einer unterstellten Absendung des Telefaxes nach Mitternacht die "einfachste" Manipulation darin bestanden habe, die Uhrzeitanzeige des Sendegerätes vor der Übermittlung des Schriftsatzes an das Gericht um eine Stunde zurückzusetzen, so dass in der Kopfzeile des Ausdrucks das Datum des 22. November 2010 erschienen wäre. Gegen die stattdessen vom Berufungsgericht für möglich gehaltene Manipulation erst im Nachhinein spreche entscheidend, dass der Absender zu diesem Zeitpunkt nicht habe wissen können, dass das Empfangsgerät die Eingangszeit nicht aufdruckte und von den beteiligten Telekommunikationsdienstleistern auch keine Einzelverbindungsnachweise zu erlangen waren. Ein Vorstellen der Sendezeit nach Absendung des Telefaxes, damit der betreffende Fehler am übernächsten Morgen - nach dem Klägervortrag am 24. November 2010 - einer Sekretärin auffalle, die sodann eine bislang unterbliebene Zeitumstellung auf die Winterzeit bezeugen solle, erscheine ex ante nicht als erfolgversprechender Manipulationsversuch.
23
Zudem habe das Berufungsgericht im Rahmen der von Amts wegen gebotenen Prüfung den Inhalt der Gerichtsakten nicht vollständig zur Kenntnis genommen. Insbesondere habe es übersehen, dass bei der gleichfalls mittels Telefax erfolgten Übersendung der Berufungsschrift am 20. Oktober 2010 (Sendezeit: 17:25 Uhr, Empfangszeit: 17:30 Uhr) die Sommerzeit annähernd richtig eingestellt gewesen sei und sich hieran bei der Telefax-Übermittlung eines Empfangsbekenntnisses an das Landgericht am 2. November 2010 (Sendezeit : 16:53 Uhr, Empfangszeit: 16:02 Uhr) fehlerhafter Weise noch nichts geändert gehabt habe.
24
cc) Ob diese Ausführungen - einschließlich der im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzend vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen aller in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers tätigen Rechtsanwälte und Mitarbeiterinnen zur Frage einer etwa vor dem 24. November 2010 erfolgten Umstellung des Faxgeräts von Sommer- auf Winterzeit - geeignet sind, die in tatrichterlicher Würdigung des Streitstoffs gewonnene Annahme des Berufungsgerichts , eine (nachträgliche) Manipulation des Sendegerätes sei nicht auszuschließen, durchgreifend in Zweifel zu ziehen, kann im Ergebnis auf sich beruhen. Denn diebetreffende Annahme vermag die Verwerfung der Berufung jedenfalls aus einem anderen Grunde zumindest derzeit nicht zu rechtfertigen:
25
(1) Der Kläger hat auf die Hinweise des Berufungsgerichts zur Verfristung der Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2010 auch vorgetragen, sein Prozessbevollmächtigter sei sich "ganz sicher", dass die Telefax -Übertragung noch am 22. November 2010 vor 24:00 Uhr beendet gewe- sen sei, weil vor diesem Zeitpunkt bereits der Sendebericht vorgelegen habe. Nach dem Ausdruck des Sendeberichtes habe der Prozessbevollmächtigte auf die in dem betreffenden Büroraum befindliche Funkuhr geschaut, wonach es "deutlich" vor 24:00 Uhr gewesen sei. Ein aufgrund der gerichtlichen Hinweise in dieser Sache erfolgter Abgleich der Funkuhr mit der Atomuhr habe eine sekundengenaue Übereinstimmung ergeben. Die Richtigkeit dieser Sachdarstellung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers anwaltlich versichert.
26
(2) Dieser Sachverhalt ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen mit der vom Berufungsgericht für nicht ausgeräumt erachteten Möglichkeit einer nachträglichen Manipulation der Uhrzeitanzeige des Sendegeräts nicht in Einklang zu bringen. Wenn bei Ausdruck des Sendeberichts, d.h. also nach Abschluss des Sendevorgangs, die Funkuhr die - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - zutreffende tatsächliche Uhrzeit "deutlich" vor 24:00 Uhr anzeigte, dann kann jedenfalls nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht ausgeschlossen werden, dass die vom Sendegerät der Prozessbevollmächtigten des Klägers versendeten Signale auch bereits vor 24:00 Uhr vom Empfangsgerät des Berufungsgerichts vollständig empfangen (gespeichert) waren. In diesem Falle wäre für die vom Berufungsgericht auf der Grundlage des übrigen Klägervortrags für möglich erachtete nachträgliche Manipulation der Zeitangabe kein Raum.
27
Anders als die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint, steht dem nicht von vornherein entgegen, dass die von der Rechtsbeschwerde an anderer Stelle in Bezug genommene Telefax-Übermittlung eines Empfangsbekenntnisses von der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers an das Landgericht für den 2. November 2010 einen Zeitunterschied von lediglich 51 Minuten (Sendezeit : 16:53 Uhr, Empfangszeit: 16:02 Uhr) belegt, so dass - da der Faxausdruck der letzten Seite der Berufungsbegründung vom 22. November 2010 die Sen- dezeit "00:51 Uhr" ausweist - die vollständige Begründungsschrift nicht vor dem 23. November 2010, 0:00 Uhr, bei Gericht eingegangen sein könne, was schon verspätet sei (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - VI ZB 74/06, NJW 2007, 2045 Rn. 12). Denn nach dem durch das Zeugnis einer Kanzleimitarbeiterin unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers ging die Uhr des Sendegeräts an dem auf den 22. November 2010 folgenden übernächsten Tag, am 24. November 2010, im Abgleich mit der Funkuhr um 53 Minuten vor. Bei einer solchen Zeitdifferenz ist die noch fristgerechte Übermittlung grundsätzlich möglich.
28
(3) Die angefochtene Entscheidung lässt - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - nicht erkennen, dass das Berufungsgericht den vorstehenden Sachvortrag in seine Erwägungen einbezogen bzw. aus welchen Gründen es ihn ggf. für unbeachtlich gehalten hat (Art. 103 Abs. 1 GG). Sofern die Formulierung in der angefochtenen Entscheidung, das Berufungsgericht vermöge "aus den eidesstattlich versicherten Darstellungen des Prozessbevollmächtigten und der Mitarbeiterin H. nicht die vom Kläger gewünschte Schlussfolgerung zu ziehen", auch in dem Sinne gemeint sein sollte, dass allein die bloße anwaltliche Versicherung des betreffenden Geschehens nicht geeignet sei, um den vollen Beweis für die fristgerechte Einreichung der Berufungsbegründung zu erbringen, hätte das Berufungsgericht darin auch ein Angebot zur Vernehmung des Anwalts als Zeugen sehen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Dezember2011 - VII ZB 35/11 Rn. 10 mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen), jedenfalls die Parteien darauf hinweisen und ihnen Gelegenheit geben müssen, Zeugenbeweis anzutreten oder auf andere Beweismittel zurückzugreifen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457 Rn. 11 mwN). Im vorliegenden Falle wäre nach Lage der Dinge vor allem eine zeugenschaftliche Benennung des vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers in Betracht zu ziehen gewesen (vgl. BGH aaO), den der Kläger - wie die Rechtsbeschwerde ausdrücklich geltend macht - im Falle eines gerichtlichen Hinweises auch zu den in Rede stehenden Umständen benannt hätte.
29
(4) Entgegen der Rechtsbeschwerdeerwiderung war ein entsprechender Hinweis hier nicht allein schon deshalb entbehrlich, weil das Berufungsgericht dem Kläger mit Verfügung vom 12. Januar 2011 aufgegeben hatte, "durch Vorlage eines Einzelverbindungsnachweises bezüglich des in Rede stehenden Faxschreibens seinen Vortrag weiter zu belegen und zum Grund des falschen Uhrzeitaufdrucks (Uhrzeit des Sendegeräts) näher vorzutragen". Der Kläger - der der gerichtlichen Auflage durch Vorlage des Schreibens der Kundenbetreuung vom 15. Januar 2011 sowie durch den Vortrag, die Zeitdifferenz sei nur durch den unterbliebenen Vollzug der Zeitumstellung zu erklären, nachgekommen ist - musste aufgrund dieses Hinweises, in dem ausdrücklich von einem "falschen Uhrzeitaufdruck[s]" die Rede war, nicht damit rechnen, das Berufungsgericht werde sodann seiner Entscheidung - gerade umgekehrt - zugrunde legen, der Uhrzeitaufdruck des Sendegeräts sei zutreffend. Er hatte deshalb keine Veranlassung, seinen zum Zeitpunkt des gerichtlichen Hinweises vom 12. Januar 2011 bereits erfolgten Sachvortrag betreffend den Blick auf die Funkuhr und deren späteren Abgleich mit der Atomuhr, dessen Richtigkeit sein Prozessbevollmächtigter ebenfalls schon anwaltlich versichert hatte, für unzureichend , geschweige denn insoweit über diese Versicherung hinaus den Antritt des Zeugenbeweises für erforderlich zu halten.
30
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann nach alledem keinen Bestand haben. Da es noch weiterer tatsächlicher Aufklärung bedarf, ist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
31
Die weitere Sachaufklärung gibt insbesondere auch Gelegenheit, der Frage nachzugehen, ob in anderen Verfahren als dem vorliegenden unmittelbar vor dem 22. November 2010 - als die Störung des gerichtlichen Empfangsgeräts betreffend den Aufdruck der Eingangszeit noch nicht bestand - bei dem Berufungsgericht Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten des Klägers eingegangen sind, die die hier in Rede stehende zeitliche Divergenz zum Sendezeitpunkt aufweisen; auf der Grundlage des Klägervortrags müsste dies der Fall sein. Da die Prozessbevollmächtigten des Klägers in L. ansässig sind, liegt die Annahme zumindest nicht fern, dass sie zum fraglichen Zeitpunkt auch in weiteren Verfahren bei dem Berufungsgericht tätig waren und Schriftsätze (mittels Telefax) eingereicht haben.
32
In seine abschließende Würdigung wird das Berufungsgericht auch den erklärungsbedürftigen Umstand einzubeziehen haben, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers, der nach dem Klägervortrag einerseits einen - bislang nicht bei den Gerichtsakten befindlichen - Sendebericht erhalten hat, wonach der Eingang des Telefaxes bei dem Berufungsgericht eindeutig verspätet erfolgte, andererseits bei Ausdruck eben dieses Berichts gesehen haben will, dass die Funkuhr eine hiervon abweichende Uhrzeit "deutlich" vor Mitternacht anzeigte, dieser Divergenz offenbar seinerzeit keinerlei Bedeutung beigemessen hat.
33
Die umfassende Ausschöpfung der dem Berufungsgericht zu Gebote stehenden Erkenntnismöglichkeiten erscheint hier nicht zuletzt auch deshalb unerlässlich, weil - ungeachtet der grundsätzlich den Kläger treffenden Beweislast - die bestehende Unsicherheit hinsichtlich der zutreffenden Eingangsdaten zumindest auch auf einem Defekt des gerichtlichen Empfangsgeräts beruht.
Joeres Grüneberg Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 07.09.2010 - 11 O 339/09 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 07.02.2011 - 17 U 213/10 -

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

Die Versäumung einer Prozesshandlung hat zur allgemeinen Folge, dass die Partei mit der vorzunehmenden Prozesshandlung ausgeschlossen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 29/08
vom
15. September 2009
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Wiechers und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und
Dr. Matthias
am 15. September 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2008 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 185.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch, die diese für die Verbindlichkeiten einer inzwischen insolventen GmbH übernommen hat. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 179.471,23 € nebst Zinsen verurteilt und in Höhe von 739,62 € die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt.
2
Die Beklagte hat gegen das ihr am 7. November 2007 zugestellte Urteil des Landgerichts am 21. November 2007 Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung ist antragsgemäß bis zum 7. Februar 2008 verlängert worden. Der Prozessvertreter der Beklagten hat am 7. Februar 2008 per Telefax einen Schriftsatz zur Berufungsbegründung an das Berufungsgericht übersandt , der auf zwei Sendevorgänge aufgeteilt war. Die erste Sendung mit den Seiten 1 bis 8 des Schriftsatzes hat nach dem Journal des gerichtlichen Telefaxgeräts um 23:55 Uhr begonnen und 1 Minute 59 Sekunden gedauert. Der Beginn der zweiten Sendung mit den Seiten 9 bis 14, denen die Seite 14 vorangestellt war, ist mit 23:59 Uhr und die Dauer der Übertragung mit 1 Minute 26 Sekunden vom Telefaxgerät des Berufungsgerichts aufgezeichnet worden. Die von dem gerichtlichen Telefaxgerät empfangenen Daten sind in dessen internem Speicher abgelegt und erst später ausgedruckt worden. Das Journal des Telefaxgeräts, das der Beklagtenvertreter für die Absendung der Berufungsbegründung benutzt hat, weist für die zweite Sendung als Anfangszeit 23:58 Uhr und eine Übertragungsdauer von 1 Minute 16 Sekunden aus.
3
Die Beklagte hat geltend gemacht, aus den im Faxjournal des Berufungsgerichts festgehaltenen Verbindungsdaten lasse sich entnehmen, dass vor Ende des 7. Februar 2008 jedenfalls die Seite 14, die die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten trage, an das Gericht übermittelt worden sei. Diese Seite erfülle zusammen mit den zuvor übersandten Seiten 1 bis 8 die Voraussetzungen einer wirksamen Berufungsbegründung.
4
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Übertragung der zweiten Sendung habe nach den Aufzeichnungen des Faxgeräts im Gericht erst am 8. Februar 2008 geendet. Zwar sei nach den insoweit nicht eindeutigen Anga- ben des anwaltlichen Faxjournals die Sendung möglicherweise bereits am Vortag abgeschlossen worden. Insgesamt habe damit aber die Beklagte den Nachweis nicht geführt, dass dieser Schriftsatz die Begründungsfrist gewahrt habe. Den zu einer weiteren Aufklärung geeigneten Einzelverbindungsnachweis des Telefondienstleistungsanbieters habe die Beklagte trotz eines entsprechenden Hinweises weder vorgelegt noch dargetan, dass sie dazu nicht in der Lage gewesen sei. Es sei ohne Bedeutung, dass der Beklagtenvertreter der zweiten Faxsendung die letzte Seite des Berufungsschriftsatzes vorangestellt habe, da für die Wahrung der Begründungsfrist der vollständige und fehlerfreie Abschluss des Übertragungsvorgangs entscheidend sei.

II.


5
Rechtsbeschwerde Die ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (vgl. BGHZ 151, 42, 43; 151, 221, 223; 155, 21, 22), sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) noch zur Beantwortung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) erforderlich. Der Beschluss des Berufungsgerichts steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig, weil es von der Beweislast der Beklagten für eine rechtzeitige Begründung ihrer Berufung ausgegan- gen ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03, WM 2004, 648, 649 m.w.N.). Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Ansicht hat das Berufungsgericht nicht die Beweiswirkung des Eingangsstempels auf dem Ausdruck des Telefaxschreibens nach § 418 ZPO verkannt.
7
Der Eingangsstempel eines Gerichts ist zwar grundsätzlich eine öffentliche Urkunde, die gemäß § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis der darin bezeugten Tatsache begründet (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99, NJW 2000, 1872, 1873, Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04, NJW-RR 2005, 75, Beschluss vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501 und Urteil vom 2. November 2006 - III ZR 10/06, NJW 2007, 603). Damit ist jedoch nicht der Nachweis geführt, am 7. Februar 2008 habe die Berufungsbegründung dem für den Posteingang zuständigen Beamten in ausgedruckter Form vorgelegen. Vielmehr steht das Gegenteil dieser Tatsache fest (§ 418 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit den Angaben im Journal sowohl des Telefaxgeräts des Oberlandesgerichts als auch des Geräts der Prozessbevollmächtigten der Beklagten unangegriffen davon ausgegangen, dass die Berufungsbegründung erst am 8. Februar 2008 ausgedruckt worden ist. Der Eingangsstempel auf dem Ausdruck des Telefaxschreibens erbringt auch keinen Beweis dafür, dass die für die Rechtzeitigkeit des Eingangs maßgebliche (BGHZ 167, 214) Speicherung der zweiten Telefaxsendung mit den Seiten 9 bis 14 der Berufungsbegründung unmittelbar vor dem Tageswechsel vom 7. Februar auf den 8. Februar 2008 in dem Telefaxgerät des Oberlandesgerichts erfolgt ist, da dem keine eigene Beobachtung des Beamten zugrunde liegt, der den Stempel angebracht hat.
8
ÖffentlicheUrkundenbegründen den vollen Beweis der in ihnen bezeugten Tatsachen grundsätzlich nur, soweit diese auf einer eigenen Wahrnehmung der Urkundsperson beruhen (vgl. § 418 Abs. 3 Halbs. 1 ZPO). Die zur Beurkundung berufene Amtsperson muss die bekundete Tatsache entweder selbst verwirklicht oder aufgrund eigener Wahrnehmung zuverlässig festgestellt haben (BVerfG, NJW-RR 1992, 1084, 1085; BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 43/03, WM 2004, 1391, 1392; BFH, DStR 2007, 619, 621 f.). Auf Schlussfolgerungen (Hk-ZPO/Eichele, 3. Aufl., § 418 Rn. 3; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 148 Rn. 6) oder das Ergebnis einer rechtlichen Bewertung (MünchKommZPO /Schreiber, 3. Aufl., § 418 Rn. 7) bezieht sich die förmliche Beweiswirkung des § 418 Abs. 1 ZPO nicht.
9
Hier hat der Beamte, der den fraglichen Eingangsstempel am Morgen des 8. Februar 2008 angebracht hat, den Vorgang der Speicherung der zweiten Telefaxsendung nicht selbst beobachtet. Dazu wäre er, selbst wenn er um Mitternacht zugegen gewesen wäre, nicht in der Lage gewesen, da der Vorgang der Speicherung elektronischer Daten im Empfangsgerät einer unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmung nicht zugänglich ist. Anders als bei der Entnahme von Postsendungen aus einem Nachtbriefkasten des Gerichts (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04, NJW-RR 2005, 75 und Beschluss vom 15. September 2005 - III ZR 81/04, NJW 2005, 3501) bekundet deswegen der Beamte, der den Eingangsstempel anbringt, keinen persönlich beobachteten Vorgang, der den Zeitpunkt des Eingangs vor oder nach Mitternacht belegen könnte.
10
Versieht der mit dem Posteingang betraute Beamte aus einem Telefaxgerät entnommene Ausdrucke mit dem Eingangsstempel des vorangehenden Tages, so erstreckt sich die Beweiskraft dieses Eingangsstempels vielmehr le- diglich auf die Tatsache, dass der Ausdruck des Telefaxschreibens dem Beamten nach Dienstbeginn des ersten Arbeitstags vorgelegen hat, der dem im Stempelaufdruck genannten Tag nachfolgt (vgl. auch BFH, DStR 2007, 619, 621 f.). Die förmliche Beweiswirkung des § 418 Abs. 1 ZPO erstreckt sich dagegen nicht auf die Frage, ob die Zuspielung eines Schriftsatzes auf das gerichtliche Telefaxgerät vor oder nach dem Tageswechsel erfolgt ist.
11
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) zulässig, weil es einer Klärung bedürfte, wie die Zeitangaben auf dem Telefaxgerät des Gerichts zustande gekommen und ob zu deren Übereinstimmung mit der Normalzeit amtliche Auskünfte einzuholen sind. Hierzu besteht weder eine umstrittene Rechtsfrage, die ein Tätigwerden des Bundesgerichtshofs erforderlich machen würde (Senat, BGHZ 159, 135, 137), noch Anlass für eine richtungsweisende Orientierungshilfe (vgl. BGHZ 151, 221, 225; 154, 288, 292).
12
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Eingangszeit per Telefax übersandter Schriftsätze nach der gesetzlichen Zeit gemäß § 1 und 2 des Gesetzes über die Zeitbestimmung, nunmehr § 4 i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung, zu beurteilen ist und dabei den Auskünften des Telekommunikationsunternehmens aus den Aufzeichnungen über die Dauer zeitabhängiger Verbindungen wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03, WM 2004, 648, 649). Da die für den rechtzeitigen Eingang ihrer Berufungsbegründung beweispflichtige Beklagte jedoch trotz eines entsprechenden Hinweises des Berufungsgerichts einen Einzelverbindungsnachweis ihres Telekommunika- tionsanbieters nicht vorgelegt hat, hatte das Berufungsgericht zu einer weiteren Aufklärung des Sendezeitpunkts keine Veranlassung.
13
Darüber hinausgehenden Klärungsbedarf hat die Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Die Rüge, das Berufungsgericht habe die am oberen und unteren Rand der einzelnen Telefaxseiten nach der Sender- bzw. Empfängerkennung angebrachten Übertragungsdaten nicht berücksichtigt, betrifft keine allgemein klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern greift die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts im Einzelfall an. Sie ist zudem unbegründet, da nach den rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts die am oberen Rand aufgedruckte Textzeile vom Telefaxgerät des Versenders und die unten angefügte Textzeile vom Telefaxgerät des Empfängers stammen. Diese Daten, die den Beginn des Sendevorgangs betreffen, stimmen jeweils mit den in den vorgelegten Journalausdrucken dokumentierten Zeitangaben überein.
14
3. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist schließlich auch nicht gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Dieser Zulässigkeitsgrund liegt in Fällen einer Divergenz vor, wenn die angefochtene Entscheidung eine Rechtsfrage in den tragenden Gründen anders beantwortet als eine Vergleichsentscheidung eines höheren oder gleichrangigen Gerichts (vgl. BGHZ 154, 288, 292 f. m.w.N.).
15
Die a) Beklagte hat nicht dargelegt, dass das Berufungsgericht - zumindest konkludent - einen von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat. Vielmehr ist das Berufungsgericht von den anerkannten Grundsätzen bei Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes ausgegangen.

16
Danach tritt auch bei einem Telefax, das zunächst im Empfangsgerät des Gerichts elektronisch gespeichert und erst später ausgedruckt wird, nicht bereits die Speicherung der Nachricht im Empfangsgerät an die Stelle der Schriftform (BGHZ 167, 214, Tz. 21; BGH, Beschlüsse vom 15. Juli 2008 - X ZB 8/08, NJW 2008, 2649, Tz. 11 und vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, WM 2009, 331, Tz. 3). Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es hingegen auf den vollständigen Empfang (Speicherung) der elektronischen Daten an. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es der Absender nicht in der Hand hat, wann der Ausdruck eines empfangenen Telefax erfolgt (BGHZ 167, 214, Tz. 17 f.). Wegen der technischen Vergleichbarkeit der eingesetzten Übertragungstechniken werden insoweit die Grundsätze der für elektronische Dokumente geltenden Regelung in § 130a Abs. 3 ZPO entsprechend herangezogen (BGHZ 167, 214, Tz. 20), so dass eine Frist gewahrt ist, wenn die vom Absenderfax gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind (BGHZ 167, 214, Tz. 18; BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, WM 2009, 331, Tz. 3).
17
b) Dabei hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht übersehen, dass der Zulässigkeitsprüfung auch Teile eines Schriftsatzes zugrunde zu legen sind, soweit diese innerhalb der Begründungsfrist eingegangen sind (BGH, Beschlüsse vom 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94, WM 1994, 1349, 1350 und vom 14. März 2005 - II ZB 31/03, NJW-RR 2005, 793). Die Seiten 1 bis 8 der Berufungsbegründung, die mit dem ersten Übertragungsvorgang an das Berufungsgericht gesandt worden und dort vor Mitternacht eingegangen sind, reichen jedoch zur Wahrung der Begründungsfrist schon des- wegen nicht aus, weil sie nicht die nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Beklagten tragen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2087 f. m.w.N.). Dass die Datei, die die Daten aller Seiten der zweiten Telefaxsendung und damit auch die Kopie der von dem Prozessbevollmächtigten unterschriebenen Seite 14 der Berufungsbegründung enthielt, vor Mitternacht vollständig (siehe BGHZ 167, 214, Tz. 18) vom Empfangsgerät des Oberlandesgerichts gespeichert worden ist, steht nicht fest. Vielmehr ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts , die insoweit von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen werden , diese Datei erst am Folgetag zwischen 00:00:26 und 00:01:25 Uhr im Datenspeicher des gerichtlichen Faxgeräts abgelegt worden. Erst damit sind die gesamten analogen Signale der zweiten Telefaxübertragung vom Empfangsgerät vollständig aufgenommen und nach Verarbeitung als abrufbare digitale Datei auf den internen Datenspeicher des Gerätes geschrieben worden. Danach hat das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung rechtsfehlerfrei nicht die Feststellung zugrunde gelegt, die wegen der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung unverzichtbare Seite 14 des Schriftsatzes sei bis 24:00 Uhr des letzten Tages der Begründungsfrist bei Gericht eingegangen.
Wiechers Müller Ellenberger
Maihold Matthias
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 06.11.2007 - 7 O 27/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 10.06.2008 - 9 U 26/08 -

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 4/11
vom
17. April 2012
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Joeres,
Dr. Grüneberg, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 17. April 2012

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 7. Februar 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert beträgt 47.946,70 €.

Gründe:

I.

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wertpapieren in Anspruch.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 20. September 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger fristgerecht Berufung eingelegt. Die vom 22. November 2010, einem Montag, datie- rende zwölfseitige Berufungsbegründung übermittelte der Klägervertreter vorab mittels Telefax an das Berufungsgericht. Der bei den Gerichtsakten befindliche Faxausdruck trägt Aufdrucke des Absendegerätes mit dem Datum des 23. November 2010 sowie Uhrzeitangaben von 00:49 Uhr (Seite 1) bis 00:51 Uhr (Seite 12). Datums- und Uhrzeitaufdrucke des Empfangsgeräts des Berufungsgerichts weist die Faxkopie wegen einer ab dem 22. November 2010 bestehenden mehrtägigen Störung dieses Geräts nicht auf. Das Original der Berufungsbegründung ging am 24. November 2010 bei Gericht ein.
3
Mit Verfügung vom 24. November 2010 hat das Berufungsgericht den Kläger darauf hingewiesen, dass die Berufungsbegründung am 23. November 2010 per Telefax eingegangen sei, und mit Verfügung vom 13. Dezember 2010 ergänzend mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
4
Der Kläger hat demgegenüber geltend gemacht, die Berufungsbegründung sei am 22. November 2010 vor 24:00 Uhr und daher rechtzeitig bei dem Berufungsgericht eingegangen. Hierzu hat er vorgetragen, der seinem Prozessbevollmächtigten vorliegende Sendebericht weise zwar als Eingang des Telefaxes bei dem Berufungsgericht ebenfalls den 23. November 2010, 00:49 Uhr, aus. Sein Prozessbevollmächtigter sei sich aber sicher, dass die Faxübertragung am 22. November 2010 vor 24:00 Uhr beendet gewesen sei, weil ihm noch vor 24:00 Uhr der Sendebericht vorgelegen habe. Nach dem Ausdruck des Sendeberichtes habe der Prozessbevollmächtigte auf die schräg gegenüber dem Faxgerät in etwa 1,50 m Entfernung an der Wand hängende und bequem einzusehende Funkuhr geschaut; danach sei es deutlich vor 24:00 Uhr gewesen. Die Funkuhr habe seit Jahren keine Ungenauigkeiten gezeigt und ein nach dem hier streitigen Vorfall über das Internet durchgeführter Abgleich der Funkuhr mit der Atomuhr habe eine sekundengenaue Überein- stimmung beider Uhren ergeben. Um 00:49 Uhr sei der Prozessbevollmächtigte bereits zu Hause gewesen.
5
Nach Bekanntwerden des Vorgangs in der Kanzlei habe eine Mitarbeiterin erklärt, am 24. November 2010 festgestellt zu haben, dass das Faxgerät eine falsche Uhrzeit angebe. Sie habe daraufhin die Uhr des Faxgeräts - in Orientierung an der Funkuhr - um 53 Minuten zurückgestellt. Die Übermittlung der Berufungsbegründung per Telefax sei deshalb tatsächlich 53 Minuten früher erfolgt als Sendebericht und Faxaufdruck dies auswiesen. Die Vorlage eines entsprechenden Einzelverbindungsnachweises sei nach der - zu den Gerichtsakten gereichten - schriftlichen Auskunft des zuständigen Providers für Verbindungen zu einer Festnetznummer wie derjenigen des Berufungsgerichts nicht möglich, weil bei der von der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten gewählten Flatrate solche Verbindungen nicht registriert würden. Als Erklärung der falschen Uhrzeitangabe im Faxgerät könne nur darauf verwiesen werden, dass die Zeitumstellung am 31. Oktober 2010 nicht mit vollzogen worden sei, so dass die Uhr am 22. November 2010 noch immer die Sommerzeit angezeigt habe. Wegen der Differenz von 7 Minuten zum einstündigen Unterschied zwischen Sommer- und Winterzeit sei auf die "normale" Ungenauigkeit, mit der bei einer Faxuhr immer gerechnet werden müsse, zu verweisen.
6
Hilfsweise hat der Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
7
Zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens hat er sich auf die anwaltliche Versicherung seines Prozessbevollmächtigten und die eidesstattliche Versicherung einer Mitarbeiterin der Anwaltskanzlei bezogen sowie in verschiedener Hinsicht Zeugen- bzw. Sachverständigenbeweis angetreten.
8
Das Berufungsgericht hat die Berufung unter gleichzeitiger Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die fristwahrende Übermittlung der Berufungsbegründung lasse sich nicht feststellen. Der Vorgang könne nicht weiter aufgeklärt werden, da insbesondere ein Empfangsprotokoll des gerichtlichen Faxgeräts nicht vorliege. Dies müsse zu Lasten des für die Fristwahrung beweisbelasteten Klägers gehen, in dessen Sorgfalts- und Nachweisbereich die Ungewissheit der rechtzeitigen Übermittlung falle.
9
Auf das Empfangsjournal könne der Kläger sich nicht beziehen, da das Telefaxgerät des Oberlandesgerichts an dem fraglichen Tag gestört gewesen sei. Der rechtzeitige Zugang könne auch nicht durch einen Einzelverbindungsnachweis des gerichtlichen Telekommunikationsdienstleisters nachgewiesen werden. Das Berufungsgericht habe sich hierum bemüht, jedoch die Auskunft der zuständigen Staatszentrale erhalten, dass ein Zeitnachweis für eingehende Nachrichten nicht möglich sei.
10
Der Uhrzeitaufdruck des Sendegeräts weise als Sendezeit Dienstag, den 23. November 2010, 00:49 Uhr, aus. Demnach sei der Empfang der Faxnachricht erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erfolgt.
11
Ohne Erfolg mache der Kläger geltend, dass das Faxgerät seines Prozessbevollmächtigten zum maßgeblichen Zeitpunkt 53 Minuten vorgegangen sei. Der Berufungssenat vermöge aus den eidesstattlichen Versicherungen des Prozessbevollmächtigten und der Kanzleimitarbeiterin nicht die vom Kläger gewünschte Schlussfolgerung zu ziehen. Der Nachweis des Eingangs bei Gericht noch am 22. November 2010 sei damit nicht geführt.
12
Dass die Uhrzeitanzeige des Faxgeräts noch am 22. November 2010 den Stand vor der am 31. Oktober 2010 erfolgten Zeitumstellung ausgewiesen haben solle, setze voraus, dass das Kanzleipersonal über drei Wochen die Zeitdifferenz nicht bemerkt habe. Das erscheine ausgeschlossen. Die auf dem Display ersichtliche falsche Uhrzeit müsse schon viel früher aufgefallen sein. Dabei könne durchaus davon ausgegangen werden, dass die betreffende Kanzleimitarbeiterin am 24. November 2010 die falsche Zeitangabe bemerkt und unverzüglich korrigiert habe. Die Möglichkeit einer Manipulation an der Uhrzeitangabe des Sendegeräts sei nach dem Ablauf der Dinge nicht ausgeräumt. Nach den kanzleiinternen Vorgängen erscheine es möglich, dass ein Kanzleimitarbeiter im fraglichen Zeitraum in Kenntnis der Fristüberschreitung die Uhr im Faxgerät wieder vorgestellt habe und dies alsbald von der Mitarbeiterin bemerkt worden sei.
13
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei unbegründet.
14
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers, mit der er sich lediglich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht den Nachweis der Fristwahrung nicht als geführt angesehen hat.

II.

15
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
16
1. Die kraft Gesetzes (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), weil der angefochtene Beschluss den Kläger in seinem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sowie in seinem verfas- sungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
17
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Jedenfalls aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen durfte das Berufungsgericht die Berufung des Klägers nicht mit der Begründung nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verwerfen, die Berufungsbegründung sei nicht bis zum Ablauf des 22. November 2010 - und damit verspätet - eingereicht worden.
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a) Das Berufungsgericht hat nach § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Bei der Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels gilt, auch soweit es um die Rechtzeitigkeit der Begründung geht, der so genannte Freibeweis. Danach ist das Gericht weder von einem Beweisantritt der Parteien abhängig noch auf die gesetzlichen Beweismittel beschränkt. Im Rahmen des Freibeweises können deshalb grundsätzlich auch eidesstattliche Versicherungen berücksichtigt werden. Eine eidesstattliche Versicherung reicht allerdings für sich genommen regelmäßig nicht zum Nachweis der Fristwahrung aus, da sie lediglich auf Glaubhaftmachung angelegt ist, für die schon eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des behaupteten Geschehensablaufs genügt. Die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung muss indessen - wie auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels - zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden; an die Überzeugungsbildung werden insoweit keine geringeren oder höheren Anforderungen gestellt als sonst (BGH, Beschlüsse vom 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457 Rn. 8 ff. mwN und vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501). Hiernach etwa verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Rechtsmittelführers, der zu beweisen hat, dass er die Berufung rechtzeitig begründet hat (BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03, NJW 2003, 3487; Senatsbeschluss vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08, juris Rn. 12).
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b) Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten Signale bei Ablauf des letzten Tages der Frist - hier also am 22. November 2010 bis 24:00 Uhr - vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen, d.h. gespeichert worden sind (BGH, Beschlüsse vom 25. April 2006 - IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 Rn. 18, vom 8. Mai 2007 - VI ZB 74/06, NJW 2007, 2045 Rn. 12, vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08, juris Rn. 16 und vom 18. November 2010 - I ZB 62/10, juris Rn. 5). Die Eingangszeit ist dabei nach der gesetzlichen Zeit gemäß § 4 i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung (Einheiten- und Zeitgesetz - EinhZeitG) i.d.F. durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 3. Juli 2008 (BGBl. I S. 1185), das mit Wirkung vom 12. Juli 2008 an die Stelle des früheren Gesetzes über die Zeitbestimmung (Zeitgesetz) getreten ist, zu beurteilen, wofür grundsätzlich den Auskünften des Telekommunikationsunternehmens aus den Aufzeichnungen über die Dauer zeitabhängiger Verbindungen wesentliche Bedeutung zukommt (Senatsbeschluss vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08, juris Rn. 12).
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c) Hiernach erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, eine fristwahrende Übermittlung der Berufungsbegründung vom 22. November 2010 an das Oberlandesgericht lasse sich nicht feststellen, zumindest aufgrund der bislang erfolgten Sachaufklärung als nicht tragfähig.
21
aa) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist davon auszugehen, dass weder für das Absendegerät des Prozessbevollmächtigten des Klägers noch für das gerichtliche Empfangsgerät Einzelverbindungsnachweise zur Verfügung stehen und wegen einer im fraglichen Zeitraum bestehenden Störung dieses Geräts auch kein automatischer Uhrzeitaufdruck der Empfangszeit auf dem Faxausdruck erfolgt ist. Nicht zweifelsfrei geklärt erscheint hiernach freilich, ob die betreffende Störung des Empfangsgeräts lediglich den Aufdruck der Eingangsdaten auf dem Faxaufdruck als solchen oder auch schon die interne Speicherung dieser Daten im Gerät betraf, so dass auch deren "Auslesen" - etwa durch Ausdruck eines sämtliche Eingangsdaten eines bestimmten Zeitraums zusammenfassenden Faxjournals oder auf andere Weise - nicht erfolgte bzw. nicht möglich war. Insbesondere die bei den Gerichtsakten befindliche E-Mail betreffend eine telefonische Auskunft der Staatszentrale enthält hierzu keine Erkenntnisse.
22
bb) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die auf eine mögliche Manipulation der Uhrzeitanzeige des Sendegeräts abstellende Schlussfolgerung des Berufungsgerichts - das seiner Entscheidung zufolge von einer zwischen dem 31. Oktober und dem 22. November 2010 bereits erfolgten Umstellung von Sommer- auf Winterzeit an dem Sendegerät ausgegangen sei - sei derart spekulativ und verwickelt, dass sie nicht Grundlage einer ordnungsgemäßen Würdigung des klägerischen Sachvortrags sein könne. Das Berufungsgericht habe bereits übersehen, dass bei einer unterstellten Absendung des Telefaxes nach Mitternacht die "einfachste" Manipulation darin bestanden habe, die Uhrzeitanzeige des Sendegerätes vor der Übermittlung des Schriftsatzes an das Gericht um eine Stunde zurückzusetzen, so dass in der Kopfzeile des Ausdrucks das Datum des 22. November 2010 erschienen wäre. Gegen die stattdessen vom Berufungsgericht für möglich gehaltene Manipulation erst im Nachhinein spreche entscheidend, dass der Absender zu diesem Zeitpunkt nicht habe wissen können, dass das Empfangsgerät die Eingangszeit nicht aufdruckte und von den beteiligten Telekommunikationsdienstleistern auch keine Einzelverbindungsnachweise zu erlangen waren. Ein Vorstellen der Sendezeit nach Absendung des Telefaxes, damit der betreffende Fehler am übernächsten Morgen - nach dem Klägervortrag am 24. November 2010 - einer Sekretärin auffalle, die sodann eine bislang unterbliebene Zeitumstellung auf die Winterzeit bezeugen solle, erscheine ex ante nicht als erfolgversprechender Manipulationsversuch.
23
Zudem habe das Berufungsgericht im Rahmen der von Amts wegen gebotenen Prüfung den Inhalt der Gerichtsakten nicht vollständig zur Kenntnis genommen. Insbesondere habe es übersehen, dass bei der gleichfalls mittels Telefax erfolgten Übersendung der Berufungsschrift am 20. Oktober 2010 (Sendezeit: 17:25 Uhr, Empfangszeit: 17:30 Uhr) die Sommerzeit annähernd richtig eingestellt gewesen sei und sich hieran bei der Telefax-Übermittlung eines Empfangsbekenntnisses an das Landgericht am 2. November 2010 (Sendezeit : 16:53 Uhr, Empfangszeit: 16:02 Uhr) fehlerhafter Weise noch nichts geändert gehabt habe.
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cc) Ob diese Ausführungen - einschließlich der im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzend vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen aller in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers tätigen Rechtsanwälte und Mitarbeiterinnen zur Frage einer etwa vor dem 24. November 2010 erfolgten Umstellung des Faxgeräts von Sommer- auf Winterzeit - geeignet sind, die in tatrichterlicher Würdigung des Streitstoffs gewonnene Annahme des Berufungsgerichts , eine (nachträgliche) Manipulation des Sendegerätes sei nicht auszuschließen, durchgreifend in Zweifel zu ziehen, kann im Ergebnis auf sich beruhen. Denn diebetreffende Annahme vermag die Verwerfung der Berufung jedenfalls aus einem anderen Grunde zumindest derzeit nicht zu rechtfertigen:
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(1) Der Kläger hat auf die Hinweise des Berufungsgerichts zur Verfristung der Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2010 auch vorgetragen, sein Prozessbevollmächtigter sei sich "ganz sicher", dass die Telefax -Übertragung noch am 22. November 2010 vor 24:00 Uhr beendet gewe- sen sei, weil vor diesem Zeitpunkt bereits der Sendebericht vorgelegen habe. Nach dem Ausdruck des Sendeberichtes habe der Prozessbevollmächtigte auf die in dem betreffenden Büroraum befindliche Funkuhr geschaut, wonach es "deutlich" vor 24:00 Uhr gewesen sei. Ein aufgrund der gerichtlichen Hinweise in dieser Sache erfolgter Abgleich der Funkuhr mit der Atomuhr habe eine sekundengenaue Übereinstimmung ergeben. Die Richtigkeit dieser Sachdarstellung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers anwaltlich versichert.
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(2) Dieser Sachverhalt ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen mit der vom Berufungsgericht für nicht ausgeräumt erachteten Möglichkeit einer nachträglichen Manipulation der Uhrzeitanzeige des Sendegeräts nicht in Einklang zu bringen. Wenn bei Ausdruck des Sendeberichts, d.h. also nach Abschluss des Sendevorgangs, die Funkuhr die - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - zutreffende tatsächliche Uhrzeit "deutlich" vor 24:00 Uhr anzeigte, dann kann jedenfalls nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht ausgeschlossen werden, dass die vom Sendegerät der Prozessbevollmächtigten des Klägers versendeten Signale auch bereits vor 24:00 Uhr vom Empfangsgerät des Berufungsgerichts vollständig empfangen (gespeichert) waren. In diesem Falle wäre für die vom Berufungsgericht auf der Grundlage des übrigen Klägervortrags für möglich erachtete nachträgliche Manipulation der Zeitangabe kein Raum.
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Anders als die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint, steht dem nicht von vornherein entgegen, dass die von der Rechtsbeschwerde an anderer Stelle in Bezug genommene Telefax-Übermittlung eines Empfangsbekenntnisses von der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers an das Landgericht für den 2. November 2010 einen Zeitunterschied von lediglich 51 Minuten (Sendezeit : 16:53 Uhr, Empfangszeit: 16:02 Uhr) belegt, so dass - da der Faxausdruck der letzten Seite der Berufungsbegründung vom 22. November 2010 die Sen- dezeit "00:51 Uhr" ausweist - die vollständige Begründungsschrift nicht vor dem 23. November 2010, 0:00 Uhr, bei Gericht eingegangen sein könne, was schon verspätet sei (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - VI ZB 74/06, NJW 2007, 2045 Rn. 12). Denn nach dem durch das Zeugnis einer Kanzleimitarbeiterin unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers ging die Uhr des Sendegeräts an dem auf den 22. November 2010 folgenden übernächsten Tag, am 24. November 2010, im Abgleich mit der Funkuhr um 53 Minuten vor. Bei einer solchen Zeitdifferenz ist die noch fristgerechte Übermittlung grundsätzlich möglich.
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(3) Die angefochtene Entscheidung lässt - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - nicht erkennen, dass das Berufungsgericht den vorstehenden Sachvortrag in seine Erwägungen einbezogen bzw. aus welchen Gründen es ihn ggf. für unbeachtlich gehalten hat (Art. 103 Abs. 1 GG). Sofern die Formulierung in der angefochtenen Entscheidung, das Berufungsgericht vermöge "aus den eidesstattlich versicherten Darstellungen des Prozessbevollmächtigten und der Mitarbeiterin H. nicht die vom Kläger gewünschte Schlussfolgerung zu ziehen", auch in dem Sinne gemeint sein sollte, dass allein die bloße anwaltliche Versicherung des betreffenden Geschehens nicht geeignet sei, um den vollen Beweis für die fristgerechte Einreichung der Berufungsbegründung zu erbringen, hätte das Berufungsgericht darin auch ein Angebot zur Vernehmung des Anwalts als Zeugen sehen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Dezember2011 - VII ZB 35/11 Rn. 10 mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen), jedenfalls die Parteien darauf hinweisen und ihnen Gelegenheit geben müssen, Zeugenbeweis anzutreten oder auf andere Beweismittel zurückzugreifen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457 Rn. 11 mwN). Im vorliegenden Falle wäre nach Lage der Dinge vor allem eine zeugenschaftliche Benennung des vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers in Betracht zu ziehen gewesen (vgl. BGH aaO), den der Kläger - wie die Rechtsbeschwerde ausdrücklich geltend macht - im Falle eines gerichtlichen Hinweises auch zu den in Rede stehenden Umständen benannt hätte.
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(4) Entgegen der Rechtsbeschwerdeerwiderung war ein entsprechender Hinweis hier nicht allein schon deshalb entbehrlich, weil das Berufungsgericht dem Kläger mit Verfügung vom 12. Januar 2011 aufgegeben hatte, "durch Vorlage eines Einzelverbindungsnachweises bezüglich des in Rede stehenden Faxschreibens seinen Vortrag weiter zu belegen und zum Grund des falschen Uhrzeitaufdrucks (Uhrzeit des Sendegeräts) näher vorzutragen". Der Kläger - der der gerichtlichen Auflage durch Vorlage des Schreibens der Kundenbetreuung vom 15. Januar 2011 sowie durch den Vortrag, die Zeitdifferenz sei nur durch den unterbliebenen Vollzug der Zeitumstellung zu erklären, nachgekommen ist - musste aufgrund dieses Hinweises, in dem ausdrücklich von einem "falschen Uhrzeitaufdruck[s]" die Rede war, nicht damit rechnen, das Berufungsgericht werde sodann seiner Entscheidung - gerade umgekehrt - zugrunde legen, der Uhrzeitaufdruck des Sendegeräts sei zutreffend. Er hatte deshalb keine Veranlassung, seinen zum Zeitpunkt des gerichtlichen Hinweises vom 12. Januar 2011 bereits erfolgten Sachvortrag betreffend den Blick auf die Funkuhr und deren späteren Abgleich mit der Atomuhr, dessen Richtigkeit sein Prozessbevollmächtigter ebenfalls schon anwaltlich versichert hatte, für unzureichend , geschweige denn insoweit über diese Versicherung hinaus den Antritt des Zeugenbeweises für erforderlich zu halten.
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3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann nach alledem keinen Bestand haben. Da es noch weiterer tatsächlicher Aufklärung bedarf, ist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
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Die weitere Sachaufklärung gibt insbesondere auch Gelegenheit, der Frage nachzugehen, ob in anderen Verfahren als dem vorliegenden unmittelbar vor dem 22. November 2010 - als die Störung des gerichtlichen Empfangsgeräts betreffend den Aufdruck der Eingangszeit noch nicht bestand - bei dem Berufungsgericht Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten des Klägers eingegangen sind, die die hier in Rede stehende zeitliche Divergenz zum Sendezeitpunkt aufweisen; auf der Grundlage des Klägervortrags müsste dies der Fall sein. Da die Prozessbevollmächtigten des Klägers in L. ansässig sind, liegt die Annahme zumindest nicht fern, dass sie zum fraglichen Zeitpunkt auch in weiteren Verfahren bei dem Berufungsgericht tätig waren und Schriftsätze (mittels Telefax) eingereicht haben.
32
In seine abschließende Würdigung wird das Berufungsgericht auch den erklärungsbedürftigen Umstand einzubeziehen haben, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers, der nach dem Klägervortrag einerseits einen - bislang nicht bei den Gerichtsakten befindlichen - Sendebericht erhalten hat, wonach der Eingang des Telefaxes bei dem Berufungsgericht eindeutig verspätet erfolgte, andererseits bei Ausdruck eben dieses Berichts gesehen haben will, dass die Funkuhr eine hiervon abweichende Uhrzeit "deutlich" vor Mitternacht anzeigte, dieser Divergenz offenbar seinerzeit keinerlei Bedeutung beigemessen hat.
33
Die umfassende Ausschöpfung der dem Berufungsgericht zu Gebote stehenden Erkenntnismöglichkeiten erscheint hier nicht zuletzt auch deshalb unerlässlich, weil - ungeachtet der grundsätzlich den Kläger treffenden Beweislast - die bestehende Unsicherheit hinsichtlich der zutreffenden Eingangsdaten zumindest auch auf einem Defekt des gerichtlichen Empfangsgeräts beruht.
Joeres Grüneberg Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 07.09.2010 - 11 O 339/09 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 07.02.2011 - 17 U 213/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 29/08
vom
15. September 2009
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Wiechers und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und
Dr. Matthias
am 15. September 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2008 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 185.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch, die diese für die Verbindlichkeiten einer inzwischen insolventen GmbH übernommen hat. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 179.471,23 € nebst Zinsen verurteilt und in Höhe von 739,62 € die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt.
2
Die Beklagte hat gegen das ihr am 7. November 2007 zugestellte Urteil des Landgerichts am 21. November 2007 Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung ist antragsgemäß bis zum 7. Februar 2008 verlängert worden. Der Prozessvertreter der Beklagten hat am 7. Februar 2008 per Telefax einen Schriftsatz zur Berufungsbegründung an das Berufungsgericht übersandt , der auf zwei Sendevorgänge aufgeteilt war. Die erste Sendung mit den Seiten 1 bis 8 des Schriftsatzes hat nach dem Journal des gerichtlichen Telefaxgeräts um 23:55 Uhr begonnen und 1 Minute 59 Sekunden gedauert. Der Beginn der zweiten Sendung mit den Seiten 9 bis 14, denen die Seite 14 vorangestellt war, ist mit 23:59 Uhr und die Dauer der Übertragung mit 1 Minute 26 Sekunden vom Telefaxgerät des Berufungsgerichts aufgezeichnet worden. Die von dem gerichtlichen Telefaxgerät empfangenen Daten sind in dessen internem Speicher abgelegt und erst später ausgedruckt worden. Das Journal des Telefaxgeräts, das der Beklagtenvertreter für die Absendung der Berufungsbegründung benutzt hat, weist für die zweite Sendung als Anfangszeit 23:58 Uhr und eine Übertragungsdauer von 1 Minute 16 Sekunden aus.
3
Die Beklagte hat geltend gemacht, aus den im Faxjournal des Berufungsgerichts festgehaltenen Verbindungsdaten lasse sich entnehmen, dass vor Ende des 7. Februar 2008 jedenfalls die Seite 14, die die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten trage, an das Gericht übermittelt worden sei. Diese Seite erfülle zusammen mit den zuvor übersandten Seiten 1 bis 8 die Voraussetzungen einer wirksamen Berufungsbegründung.
4
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Übertragung der zweiten Sendung habe nach den Aufzeichnungen des Faxgeräts im Gericht erst am 8. Februar 2008 geendet. Zwar sei nach den insoweit nicht eindeutigen Anga- ben des anwaltlichen Faxjournals die Sendung möglicherweise bereits am Vortag abgeschlossen worden. Insgesamt habe damit aber die Beklagte den Nachweis nicht geführt, dass dieser Schriftsatz die Begründungsfrist gewahrt habe. Den zu einer weiteren Aufklärung geeigneten Einzelverbindungsnachweis des Telefondienstleistungsanbieters habe die Beklagte trotz eines entsprechenden Hinweises weder vorgelegt noch dargetan, dass sie dazu nicht in der Lage gewesen sei. Es sei ohne Bedeutung, dass der Beklagtenvertreter der zweiten Faxsendung die letzte Seite des Berufungsschriftsatzes vorangestellt habe, da für die Wahrung der Begründungsfrist der vollständige und fehlerfreie Abschluss des Übertragungsvorgangs entscheidend sei.

II.


5
Rechtsbeschwerde Die ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (vgl. BGHZ 151, 42, 43; 151, 221, 223; 155, 21, 22), sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) noch zur Beantwortung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) erforderlich. Der Beschluss des Berufungsgerichts steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig, weil es von der Beweislast der Beklagten für eine rechtzeitige Begründung ihrer Berufung ausgegan- gen ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03, WM 2004, 648, 649 m.w.N.). Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Ansicht hat das Berufungsgericht nicht die Beweiswirkung des Eingangsstempels auf dem Ausdruck des Telefaxschreibens nach § 418 ZPO verkannt.
7
Der Eingangsstempel eines Gerichts ist zwar grundsätzlich eine öffentliche Urkunde, die gemäß § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis der darin bezeugten Tatsache begründet (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99, NJW 2000, 1872, 1873, Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04, NJW-RR 2005, 75, Beschluss vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501 und Urteil vom 2. November 2006 - III ZR 10/06, NJW 2007, 603). Damit ist jedoch nicht der Nachweis geführt, am 7. Februar 2008 habe die Berufungsbegründung dem für den Posteingang zuständigen Beamten in ausgedruckter Form vorgelegen. Vielmehr steht das Gegenteil dieser Tatsache fest (§ 418 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit den Angaben im Journal sowohl des Telefaxgeräts des Oberlandesgerichts als auch des Geräts der Prozessbevollmächtigten der Beklagten unangegriffen davon ausgegangen, dass die Berufungsbegründung erst am 8. Februar 2008 ausgedruckt worden ist. Der Eingangsstempel auf dem Ausdruck des Telefaxschreibens erbringt auch keinen Beweis dafür, dass die für die Rechtzeitigkeit des Eingangs maßgebliche (BGHZ 167, 214) Speicherung der zweiten Telefaxsendung mit den Seiten 9 bis 14 der Berufungsbegründung unmittelbar vor dem Tageswechsel vom 7. Februar auf den 8. Februar 2008 in dem Telefaxgerät des Oberlandesgerichts erfolgt ist, da dem keine eigene Beobachtung des Beamten zugrunde liegt, der den Stempel angebracht hat.
8
ÖffentlicheUrkundenbegründen den vollen Beweis der in ihnen bezeugten Tatsachen grundsätzlich nur, soweit diese auf einer eigenen Wahrnehmung der Urkundsperson beruhen (vgl. § 418 Abs. 3 Halbs. 1 ZPO). Die zur Beurkundung berufene Amtsperson muss die bekundete Tatsache entweder selbst verwirklicht oder aufgrund eigener Wahrnehmung zuverlässig festgestellt haben (BVerfG, NJW-RR 1992, 1084, 1085; BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 43/03, WM 2004, 1391, 1392; BFH, DStR 2007, 619, 621 f.). Auf Schlussfolgerungen (Hk-ZPO/Eichele, 3. Aufl., § 418 Rn. 3; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 148 Rn. 6) oder das Ergebnis einer rechtlichen Bewertung (MünchKommZPO /Schreiber, 3. Aufl., § 418 Rn. 7) bezieht sich die förmliche Beweiswirkung des § 418 Abs. 1 ZPO nicht.
9
Hier hat der Beamte, der den fraglichen Eingangsstempel am Morgen des 8. Februar 2008 angebracht hat, den Vorgang der Speicherung der zweiten Telefaxsendung nicht selbst beobachtet. Dazu wäre er, selbst wenn er um Mitternacht zugegen gewesen wäre, nicht in der Lage gewesen, da der Vorgang der Speicherung elektronischer Daten im Empfangsgerät einer unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmung nicht zugänglich ist. Anders als bei der Entnahme von Postsendungen aus einem Nachtbriefkasten des Gerichts (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04, NJW-RR 2005, 75 und Beschluss vom 15. September 2005 - III ZR 81/04, NJW 2005, 3501) bekundet deswegen der Beamte, der den Eingangsstempel anbringt, keinen persönlich beobachteten Vorgang, der den Zeitpunkt des Eingangs vor oder nach Mitternacht belegen könnte.
10
Versieht der mit dem Posteingang betraute Beamte aus einem Telefaxgerät entnommene Ausdrucke mit dem Eingangsstempel des vorangehenden Tages, so erstreckt sich die Beweiskraft dieses Eingangsstempels vielmehr le- diglich auf die Tatsache, dass der Ausdruck des Telefaxschreibens dem Beamten nach Dienstbeginn des ersten Arbeitstags vorgelegen hat, der dem im Stempelaufdruck genannten Tag nachfolgt (vgl. auch BFH, DStR 2007, 619, 621 f.). Die förmliche Beweiswirkung des § 418 Abs. 1 ZPO erstreckt sich dagegen nicht auf die Frage, ob die Zuspielung eines Schriftsatzes auf das gerichtliche Telefaxgerät vor oder nach dem Tageswechsel erfolgt ist.
11
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) zulässig, weil es einer Klärung bedürfte, wie die Zeitangaben auf dem Telefaxgerät des Gerichts zustande gekommen und ob zu deren Übereinstimmung mit der Normalzeit amtliche Auskünfte einzuholen sind. Hierzu besteht weder eine umstrittene Rechtsfrage, die ein Tätigwerden des Bundesgerichtshofs erforderlich machen würde (Senat, BGHZ 159, 135, 137), noch Anlass für eine richtungsweisende Orientierungshilfe (vgl. BGHZ 151, 221, 225; 154, 288, 292).
12
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Eingangszeit per Telefax übersandter Schriftsätze nach der gesetzlichen Zeit gemäß § 1 und 2 des Gesetzes über die Zeitbestimmung, nunmehr § 4 i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung, zu beurteilen ist und dabei den Auskünften des Telekommunikationsunternehmens aus den Aufzeichnungen über die Dauer zeitabhängiger Verbindungen wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03, WM 2004, 648, 649). Da die für den rechtzeitigen Eingang ihrer Berufungsbegründung beweispflichtige Beklagte jedoch trotz eines entsprechenden Hinweises des Berufungsgerichts einen Einzelverbindungsnachweis ihres Telekommunika- tionsanbieters nicht vorgelegt hat, hatte das Berufungsgericht zu einer weiteren Aufklärung des Sendezeitpunkts keine Veranlassung.
13
Darüber hinausgehenden Klärungsbedarf hat die Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Die Rüge, das Berufungsgericht habe die am oberen und unteren Rand der einzelnen Telefaxseiten nach der Sender- bzw. Empfängerkennung angebrachten Übertragungsdaten nicht berücksichtigt, betrifft keine allgemein klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern greift die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts im Einzelfall an. Sie ist zudem unbegründet, da nach den rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts die am oberen Rand aufgedruckte Textzeile vom Telefaxgerät des Versenders und die unten angefügte Textzeile vom Telefaxgerät des Empfängers stammen. Diese Daten, die den Beginn des Sendevorgangs betreffen, stimmen jeweils mit den in den vorgelegten Journalausdrucken dokumentierten Zeitangaben überein.
14
3. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist schließlich auch nicht gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Dieser Zulässigkeitsgrund liegt in Fällen einer Divergenz vor, wenn die angefochtene Entscheidung eine Rechtsfrage in den tragenden Gründen anders beantwortet als eine Vergleichsentscheidung eines höheren oder gleichrangigen Gerichts (vgl. BGHZ 154, 288, 292 f. m.w.N.).
15
Die a) Beklagte hat nicht dargelegt, dass das Berufungsgericht - zumindest konkludent - einen von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat. Vielmehr ist das Berufungsgericht von den anerkannten Grundsätzen bei Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes ausgegangen.

16
Danach tritt auch bei einem Telefax, das zunächst im Empfangsgerät des Gerichts elektronisch gespeichert und erst später ausgedruckt wird, nicht bereits die Speicherung der Nachricht im Empfangsgerät an die Stelle der Schriftform (BGHZ 167, 214, Tz. 21; BGH, Beschlüsse vom 15. Juli 2008 - X ZB 8/08, NJW 2008, 2649, Tz. 11 und vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, WM 2009, 331, Tz. 3). Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es hingegen auf den vollständigen Empfang (Speicherung) der elektronischen Daten an. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es der Absender nicht in der Hand hat, wann der Ausdruck eines empfangenen Telefax erfolgt (BGHZ 167, 214, Tz. 17 f.). Wegen der technischen Vergleichbarkeit der eingesetzten Übertragungstechniken werden insoweit die Grundsätze der für elektronische Dokumente geltenden Regelung in § 130a Abs. 3 ZPO entsprechend herangezogen (BGHZ 167, 214, Tz. 20), so dass eine Frist gewahrt ist, wenn die vom Absenderfax gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind (BGHZ 167, 214, Tz. 18; BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, WM 2009, 331, Tz. 3).
17
b) Dabei hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht übersehen, dass der Zulässigkeitsprüfung auch Teile eines Schriftsatzes zugrunde zu legen sind, soweit diese innerhalb der Begründungsfrist eingegangen sind (BGH, Beschlüsse vom 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94, WM 1994, 1349, 1350 und vom 14. März 2005 - II ZB 31/03, NJW-RR 2005, 793). Die Seiten 1 bis 8 der Berufungsbegründung, die mit dem ersten Übertragungsvorgang an das Berufungsgericht gesandt worden und dort vor Mitternacht eingegangen sind, reichen jedoch zur Wahrung der Begründungsfrist schon des- wegen nicht aus, weil sie nicht die nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Beklagten tragen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2087 f. m.w.N.). Dass die Datei, die die Daten aller Seiten der zweiten Telefaxsendung und damit auch die Kopie der von dem Prozessbevollmächtigten unterschriebenen Seite 14 der Berufungsbegründung enthielt, vor Mitternacht vollständig (siehe BGHZ 167, 214, Tz. 18) vom Empfangsgerät des Oberlandesgerichts gespeichert worden ist, steht nicht fest. Vielmehr ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts , die insoweit von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen werden , diese Datei erst am Folgetag zwischen 00:00:26 und 00:01:25 Uhr im Datenspeicher des gerichtlichen Faxgeräts abgelegt worden. Erst damit sind die gesamten analogen Signale der zweiten Telefaxübertragung vom Empfangsgerät vollständig aufgenommen und nach Verarbeitung als abrufbare digitale Datei auf den internen Datenspeicher des Gerätes geschrieben worden. Danach hat das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung rechtsfehlerfrei nicht die Feststellung zugrunde gelegt, die wegen der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung unverzichtbare Seite 14 des Schriftsatzes sei bis 24:00 Uhr des letzten Tages der Begründungsfrist bei Gericht eingegangen.
Wiechers Müller Ellenberger
Maihold Matthias
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 06.11.2007 - 7 O 27/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 10.06.2008 - 9 U 26/08 -

(1) Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt ist eine bundesunmittelbare, nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Sie ist eine Bundesoberbehörde.

(2) Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt hat

1.
die gesetzlichen Einheiten darzustellen, weiterzugeben und die dafür benötigten Verfahren weiterzuentwickeln,
2.
die gesetzliche Zeit darzustellen und zu verbreiten,
3.
die Temperaturskala nach der Internationalen Temperaturskala der Internationalen Meterkonvention darzustellen und weiterzugeben,
4.
die Prototypen der Bundesrepublik Deutschland sowie die Einheitenverkörperungen und Normale aufzubewahren und an die internationalen Prototypen oder Etalons nach der Internationalen Meterkonvention anzuschließen oder anschließen zu lassen,
5.
die Verfahren bekannt zu machen, nach denen nicht verkörperte Einheiten, einschließlich der Zeiteinheit und der Zeitskalen sowie der Temperatureinheit und Temperaturskalen, dargestellt werden.
Wirkt sie bei der Erfüllung der unter den Nummern 1 bis 5 beschriebenen Aufgaben mit Dritten zusammen, hat sie die Einheitlichkeit des Messwesens zu sichern.

(3) Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt hat ferner

1.
das Messwesen wissenschaftlich zu bearbeiten, insbesondere Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet des Messwesens zu betreiben,
2.
Prüfungen und Untersuchungen auf dem Gebiet des Messwesens vorzunehmen,
3.
den Wissens- und Technologietransfer auf diesem Gebiet zu fördern,
4.
zur Einheitlichkeit des internationalen Messwesens beizutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 29/08
vom
15. September 2009
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Wiechers und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und
Dr. Matthias
am 15. September 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2008 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 185.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch, die diese für die Verbindlichkeiten einer inzwischen insolventen GmbH übernommen hat. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 179.471,23 € nebst Zinsen verurteilt und in Höhe von 739,62 € die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt.
2
Die Beklagte hat gegen das ihr am 7. November 2007 zugestellte Urteil des Landgerichts am 21. November 2007 Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung ist antragsgemäß bis zum 7. Februar 2008 verlängert worden. Der Prozessvertreter der Beklagten hat am 7. Februar 2008 per Telefax einen Schriftsatz zur Berufungsbegründung an das Berufungsgericht übersandt , der auf zwei Sendevorgänge aufgeteilt war. Die erste Sendung mit den Seiten 1 bis 8 des Schriftsatzes hat nach dem Journal des gerichtlichen Telefaxgeräts um 23:55 Uhr begonnen und 1 Minute 59 Sekunden gedauert. Der Beginn der zweiten Sendung mit den Seiten 9 bis 14, denen die Seite 14 vorangestellt war, ist mit 23:59 Uhr und die Dauer der Übertragung mit 1 Minute 26 Sekunden vom Telefaxgerät des Berufungsgerichts aufgezeichnet worden. Die von dem gerichtlichen Telefaxgerät empfangenen Daten sind in dessen internem Speicher abgelegt und erst später ausgedruckt worden. Das Journal des Telefaxgeräts, das der Beklagtenvertreter für die Absendung der Berufungsbegründung benutzt hat, weist für die zweite Sendung als Anfangszeit 23:58 Uhr und eine Übertragungsdauer von 1 Minute 16 Sekunden aus.
3
Die Beklagte hat geltend gemacht, aus den im Faxjournal des Berufungsgerichts festgehaltenen Verbindungsdaten lasse sich entnehmen, dass vor Ende des 7. Februar 2008 jedenfalls die Seite 14, die die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten trage, an das Gericht übermittelt worden sei. Diese Seite erfülle zusammen mit den zuvor übersandten Seiten 1 bis 8 die Voraussetzungen einer wirksamen Berufungsbegründung.
4
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Übertragung der zweiten Sendung habe nach den Aufzeichnungen des Faxgeräts im Gericht erst am 8. Februar 2008 geendet. Zwar sei nach den insoweit nicht eindeutigen Anga- ben des anwaltlichen Faxjournals die Sendung möglicherweise bereits am Vortag abgeschlossen worden. Insgesamt habe damit aber die Beklagte den Nachweis nicht geführt, dass dieser Schriftsatz die Begründungsfrist gewahrt habe. Den zu einer weiteren Aufklärung geeigneten Einzelverbindungsnachweis des Telefondienstleistungsanbieters habe die Beklagte trotz eines entsprechenden Hinweises weder vorgelegt noch dargetan, dass sie dazu nicht in der Lage gewesen sei. Es sei ohne Bedeutung, dass der Beklagtenvertreter der zweiten Faxsendung die letzte Seite des Berufungsschriftsatzes vorangestellt habe, da für die Wahrung der Begründungsfrist der vollständige und fehlerfreie Abschluss des Übertragungsvorgangs entscheidend sei.

II.


5
Rechtsbeschwerde Die ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (vgl. BGHZ 151, 42, 43; 151, 221, 223; 155, 21, 22), sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) noch zur Beantwortung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) erforderlich. Der Beschluss des Berufungsgerichts steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig, weil es von der Beweislast der Beklagten für eine rechtzeitige Begründung ihrer Berufung ausgegan- gen ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03, WM 2004, 648, 649 m.w.N.). Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Ansicht hat das Berufungsgericht nicht die Beweiswirkung des Eingangsstempels auf dem Ausdruck des Telefaxschreibens nach § 418 ZPO verkannt.
7
Der Eingangsstempel eines Gerichts ist zwar grundsätzlich eine öffentliche Urkunde, die gemäß § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis der darin bezeugten Tatsache begründet (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99, NJW 2000, 1872, 1873, Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04, NJW-RR 2005, 75, Beschluss vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501 und Urteil vom 2. November 2006 - III ZR 10/06, NJW 2007, 603). Damit ist jedoch nicht der Nachweis geführt, am 7. Februar 2008 habe die Berufungsbegründung dem für den Posteingang zuständigen Beamten in ausgedruckter Form vorgelegen. Vielmehr steht das Gegenteil dieser Tatsache fest (§ 418 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit den Angaben im Journal sowohl des Telefaxgeräts des Oberlandesgerichts als auch des Geräts der Prozessbevollmächtigten der Beklagten unangegriffen davon ausgegangen, dass die Berufungsbegründung erst am 8. Februar 2008 ausgedruckt worden ist. Der Eingangsstempel auf dem Ausdruck des Telefaxschreibens erbringt auch keinen Beweis dafür, dass die für die Rechtzeitigkeit des Eingangs maßgebliche (BGHZ 167, 214) Speicherung der zweiten Telefaxsendung mit den Seiten 9 bis 14 der Berufungsbegründung unmittelbar vor dem Tageswechsel vom 7. Februar auf den 8. Februar 2008 in dem Telefaxgerät des Oberlandesgerichts erfolgt ist, da dem keine eigene Beobachtung des Beamten zugrunde liegt, der den Stempel angebracht hat.
8
ÖffentlicheUrkundenbegründen den vollen Beweis der in ihnen bezeugten Tatsachen grundsätzlich nur, soweit diese auf einer eigenen Wahrnehmung der Urkundsperson beruhen (vgl. § 418 Abs. 3 Halbs. 1 ZPO). Die zur Beurkundung berufene Amtsperson muss die bekundete Tatsache entweder selbst verwirklicht oder aufgrund eigener Wahrnehmung zuverlässig festgestellt haben (BVerfG, NJW-RR 1992, 1084, 1085; BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 43/03, WM 2004, 1391, 1392; BFH, DStR 2007, 619, 621 f.). Auf Schlussfolgerungen (Hk-ZPO/Eichele, 3. Aufl., § 418 Rn. 3; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 148 Rn. 6) oder das Ergebnis einer rechtlichen Bewertung (MünchKommZPO /Schreiber, 3. Aufl., § 418 Rn. 7) bezieht sich die förmliche Beweiswirkung des § 418 Abs. 1 ZPO nicht.
9
Hier hat der Beamte, der den fraglichen Eingangsstempel am Morgen des 8. Februar 2008 angebracht hat, den Vorgang der Speicherung der zweiten Telefaxsendung nicht selbst beobachtet. Dazu wäre er, selbst wenn er um Mitternacht zugegen gewesen wäre, nicht in der Lage gewesen, da der Vorgang der Speicherung elektronischer Daten im Empfangsgerät einer unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmung nicht zugänglich ist. Anders als bei der Entnahme von Postsendungen aus einem Nachtbriefkasten des Gerichts (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04, NJW-RR 2005, 75 und Beschluss vom 15. September 2005 - III ZR 81/04, NJW 2005, 3501) bekundet deswegen der Beamte, der den Eingangsstempel anbringt, keinen persönlich beobachteten Vorgang, der den Zeitpunkt des Eingangs vor oder nach Mitternacht belegen könnte.
10
Versieht der mit dem Posteingang betraute Beamte aus einem Telefaxgerät entnommene Ausdrucke mit dem Eingangsstempel des vorangehenden Tages, so erstreckt sich die Beweiskraft dieses Eingangsstempels vielmehr le- diglich auf die Tatsache, dass der Ausdruck des Telefaxschreibens dem Beamten nach Dienstbeginn des ersten Arbeitstags vorgelegen hat, der dem im Stempelaufdruck genannten Tag nachfolgt (vgl. auch BFH, DStR 2007, 619, 621 f.). Die förmliche Beweiswirkung des § 418 Abs. 1 ZPO erstreckt sich dagegen nicht auf die Frage, ob die Zuspielung eines Schriftsatzes auf das gerichtliche Telefaxgerät vor oder nach dem Tageswechsel erfolgt ist.
11
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) zulässig, weil es einer Klärung bedürfte, wie die Zeitangaben auf dem Telefaxgerät des Gerichts zustande gekommen und ob zu deren Übereinstimmung mit der Normalzeit amtliche Auskünfte einzuholen sind. Hierzu besteht weder eine umstrittene Rechtsfrage, die ein Tätigwerden des Bundesgerichtshofs erforderlich machen würde (Senat, BGHZ 159, 135, 137), noch Anlass für eine richtungsweisende Orientierungshilfe (vgl. BGHZ 151, 221, 225; 154, 288, 292).
12
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Eingangszeit per Telefax übersandter Schriftsätze nach der gesetzlichen Zeit gemäß § 1 und 2 des Gesetzes über die Zeitbestimmung, nunmehr § 4 i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung, zu beurteilen ist und dabei den Auskünften des Telekommunikationsunternehmens aus den Aufzeichnungen über die Dauer zeitabhängiger Verbindungen wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03, WM 2004, 648, 649). Da die für den rechtzeitigen Eingang ihrer Berufungsbegründung beweispflichtige Beklagte jedoch trotz eines entsprechenden Hinweises des Berufungsgerichts einen Einzelverbindungsnachweis ihres Telekommunika- tionsanbieters nicht vorgelegt hat, hatte das Berufungsgericht zu einer weiteren Aufklärung des Sendezeitpunkts keine Veranlassung.
13
Darüber hinausgehenden Klärungsbedarf hat die Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Die Rüge, das Berufungsgericht habe die am oberen und unteren Rand der einzelnen Telefaxseiten nach der Sender- bzw. Empfängerkennung angebrachten Übertragungsdaten nicht berücksichtigt, betrifft keine allgemein klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern greift die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts im Einzelfall an. Sie ist zudem unbegründet, da nach den rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts die am oberen Rand aufgedruckte Textzeile vom Telefaxgerät des Versenders und die unten angefügte Textzeile vom Telefaxgerät des Empfängers stammen. Diese Daten, die den Beginn des Sendevorgangs betreffen, stimmen jeweils mit den in den vorgelegten Journalausdrucken dokumentierten Zeitangaben überein.
14
3. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist schließlich auch nicht gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Dieser Zulässigkeitsgrund liegt in Fällen einer Divergenz vor, wenn die angefochtene Entscheidung eine Rechtsfrage in den tragenden Gründen anders beantwortet als eine Vergleichsentscheidung eines höheren oder gleichrangigen Gerichts (vgl. BGHZ 154, 288, 292 f. m.w.N.).
15
Die a) Beklagte hat nicht dargelegt, dass das Berufungsgericht - zumindest konkludent - einen von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat. Vielmehr ist das Berufungsgericht von den anerkannten Grundsätzen bei Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes ausgegangen.

16
Danach tritt auch bei einem Telefax, das zunächst im Empfangsgerät des Gerichts elektronisch gespeichert und erst später ausgedruckt wird, nicht bereits die Speicherung der Nachricht im Empfangsgerät an die Stelle der Schriftform (BGHZ 167, 214, Tz. 21; BGH, Beschlüsse vom 15. Juli 2008 - X ZB 8/08, NJW 2008, 2649, Tz. 11 und vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, WM 2009, 331, Tz. 3). Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es hingegen auf den vollständigen Empfang (Speicherung) der elektronischen Daten an. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es der Absender nicht in der Hand hat, wann der Ausdruck eines empfangenen Telefax erfolgt (BGHZ 167, 214, Tz. 17 f.). Wegen der technischen Vergleichbarkeit der eingesetzten Übertragungstechniken werden insoweit die Grundsätze der für elektronische Dokumente geltenden Regelung in § 130a Abs. 3 ZPO entsprechend herangezogen (BGHZ 167, 214, Tz. 20), so dass eine Frist gewahrt ist, wenn die vom Absenderfax gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind (BGHZ 167, 214, Tz. 18; BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, WM 2009, 331, Tz. 3).
17
b) Dabei hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht übersehen, dass der Zulässigkeitsprüfung auch Teile eines Schriftsatzes zugrunde zu legen sind, soweit diese innerhalb der Begründungsfrist eingegangen sind (BGH, Beschlüsse vom 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94, WM 1994, 1349, 1350 und vom 14. März 2005 - II ZB 31/03, NJW-RR 2005, 793). Die Seiten 1 bis 8 der Berufungsbegründung, die mit dem ersten Übertragungsvorgang an das Berufungsgericht gesandt worden und dort vor Mitternacht eingegangen sind, reichen jedoch zur Wahrung der Begründungsfrist schon des- wegen nicht aus, weil sie nicht die nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Beklagten tragen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2087 f. m.w.N.). Dass die Datei, die die Daten aller Seiten der zweiten Telefaxsendung und damit auch die Kopie der von dem Prozessbevollmächtigten unterschriebenen Seite 14 der Berufungsbegründung enthielt, vor Mitternacht vollständig (siehe BGHZ 167, 214, Tz. 18) vom Empfangsgerät des Oberlandesgerichts gespeichert worden ist, steht nicht fest. Vielmehr ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts , die insoweit von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen werden , diese Datei erst am Folgetag zwischen 00:00:26 und 00:01:25 Uhr im Datenspeicher des gerichtlichen Faxgeräts abgelegt worden. Erst damit sind die gesamten analogen Signale der zweiten Telefaxübertragung vom Empfangsgerät vollständig aufgenommen und nach Verarbeitung als abrufbare digitale Datei auf den internen Datenspeicher des Gerätes geschrieben worden. Danach hat das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung rechtsfehlerfrei nicht die Feststellung zugrunde gelegt, die wegen der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung unverzichtbare Seite 14 des Schriftsatzes sei bis 24:00 Uhr des letzten Tages der Begründungsfrist bei Gericht eingegangen.
Wiechers Müller Ellenberger
Maihold Matthias
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 06.11.2007 - 7 O 27/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 10.06.2008 - 9 U 26/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 4/11
vom
17. April 2012
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Joeres,
Dr. Grüneberg, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 17. April 2012

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 7. Februar 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert beträgt 47.946,70 €.

Gründe:

I.

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wertpapieren in Anspruch.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 20. September 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger fristgerecht Berufung eingelegt. Die vom 22. November 2010, einem Montag, datie- rende zwölfseitige Berufungsbegründung übermittelte der Klägervertreter vorab mittels Telefax an das Berufungsgericht. Der bei den Gerichtsakten befindliche Faxausdruck trägt Aufdrucke des Absendegerätes mit dem Datum des 23. November 2010 sowie Uhrzeitangaben von 00:49 Uhr (Seite 1) bis 00:51 Uhr (Seite 12). Datums- und Uhrzeitaufdrucke des Empfangsgeräts des Berufungsgerichts weist die Faxkopie wegen einer ab dem 22. November 2010 bestehenden mehrtägigen Störung dieses Geräts nicht auf. Das Original der Berufungsbegründung ging am 24. November 2010 bei Gericht ein.
3
Mit Verfügung vom 24. November 2010 hat das Berufungsgericht den Kläger darauf hingewiesen, dass die Berufungsbegründung am 23. November 2010 per Telefax eingegangen sei, und mit Verfügung vom 13. Dezember 2010 ergänzend mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
4
Der Kläger hat demgegenüber geltend gemacht, die Berufungsbegründung sei am 22. November 2010 vor 24:00 Uhr und daher rechtzeitig bei dem Berufungsgericht eingegangen. Hierzu hat er vorgetragen, der seinem Prozessbevollmächtigten vorliegende Sendebericht weise zwar als Eingang des Telefaxes bei dem Berufungsgericht ebenfalls den 23. November 2010, 00:49 Uhr, aus. Sein Prozessbevollmächtigter sei sich aber sicher, dass die Faxübertragung am 22. November 2010 vor 24:00 Uhr beendet gewesen sei, weil ihm noch vor 24:00 Uhr der Sendebericht vorgelegen habe. Nach dem Ausdruck des Sendeberichtes habe der Prozessbevollmächtigte auf die schräg gegenüber dem Faxgerät in etwa 1,50 m Entfernung an der Wand hängende und bequem einzusehende Funkuhr geschaut; danach sei es deutlich vor 24:00 Uhr gewesen. Die Funkuhr habe seit Jahren keine Ungenauigkeiten gezeigt und ein nach dem hier streitigen Vorfall über das Internet durchgeführter Abgleich der Funkuhr mit der Atomuhr habe eine sekundengenaue Überein- stimmung beider Uhren ergeben. Um 00:49 Uhr sei der Prozessbevollmächtigte bereits zu Hause gewesen.
5
Nach Bekanntwerden des Vorgangs in der Kanzlei habe eine Mitarbeiterin erklärt, am 24. November 2010 festgestellt zu haben, dass das Faxgerät eine falsche Uhrzeit angebe. Sie habe daraufhin die Uhr des Faxgeräts - in Orientierung an der Funkuhr - um 53 Minuten zurückgestellt. Die Übermittlung der Berufungsbegründung per Telefax sei deshalb tatsächlich 53 Minuten früher erfolgt als Sendebericht und Faxaufdruck dies auswiesen. Die Vorlage eines entsprechenden Einzelverbindungsnachweises sei nach der - zu den Gerichtsakten gereichten - schriftlichen Auskunft des zuständigen Providers für Verbindungen zu einer Festnetznummer wie derjenigen des Berufungsgerichts nicht möglich, weil bei der von der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten gewählten Flatrate solche Verbindungen nicht registriert würden. Als Erklärung der falschen Uhrzeitangabe im Faxgerät könne nur darauf verwiesen werden, dass die Zeitumstellung am 31. Oktober 2010 nicht mit vollzogen worden sei, so dass die Uhr am 22. November 2010 noch immer die Sommerzeit angezeigt habe. Wegen der Differenz von 7 Minuten zum einstündigen Unterschied zwischen Sommer- und Winterzeit sei auf die "normale" Ungenauigkeit, mit der bei einer Faxuhr immer gerechnet werden müsse, zu verweisen.
6
Hilfsweise hat der Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
7
Zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens hat er sich auf die anwaltliche Versicherung seines Prozessbevollmächtigten und die eidesstattliche Versicherung einer Mitarbeiterin der Anwaltskanzlei bezogen sowie in verschiedener Hinsicht Zeugen- bzw. Sachverständigenbeweis angetreten.
8
Das Berufungsgericht hat die Berufung unter gleichzeitiger Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die fristwahrende Übermittlung der Berufungsbegründung lasse sich nicht feststellen. Der Vorgang könne nicht weiter aufgeklärt werden, da insbesondere ein Empfangsprotokoll des gerichtlichen Faxgeräts nicht vorliege. Dies müsse zu Lasten des für die Fristwahrung beweisbelasteten Klägers gehen, in dessen Sorgfalts- und Nachweisbereich die Ungewissheit der rechtzeitigen Übermittlung falle.
9
Auf das Empfangsjournal könne der Kläger sich nicht beziehen, da das Telefaxgerät des Oberlandesgerichts an dem fraglichen Tag gestört gewesen sei. Der rechtzeitige Zugang könne auch nicht durch einen Einzelverbindungsnachweis des gerichtlichen Telekommunikationsdienstleisters nachgewiesen werden. Das Berufungsgericht habe sich hierum bemüht, jedoch die Auskunft der zuständigen Staatszentrale erhalten, dass ein Zeitnachweis für eingehende Nachrichten nicht möglich sei.
10
Der Uhrzeitaufdruck des Sendegeräts weise als Sendezeit Dienstag, den 23. November 2010, 00:49 Uhr, aus. Demnach sei der Empfang der Faxnachricht erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erfolgt.
11
Ohne Erfolg mache der Kläger geltend, dass das Faxgerät seines Prozessbevollmächtigten zum maßgeblichen Zeitpunkt 53 Minuten vorgegangen sei. Der Berufungssenat vermöge aus den eidesstattlichen Versicherungen des Prozessbevollmächtigten und der Kanzleimitarbeiterin nicht die vom Kläger gewünschte Schlussfolgerung zu ziehen. Der Nachweis des Eingangs bei Gericht noch am 22. November 2010 sei damit nicht geführt.
12
Dass die Uhrzeitanzeige des Faxgeräts noch am 22. November 2010 den Stand vor der am 31. Oktober 2010 erfolgten Zeitumstellung ausgewiesen haben solle, setze voraus, dass das Kanzleipersonal über drei Wochen die Zeitdifferenz nicht bemerkt habe. Das erscheine ausgeschlossen. Die auf dem Display ersichtliche falsche Uhrzeit müsse schon viel früher aufgefallen sein. Dabei könne durchaus davon ausgegangen werden, dass die betreffende Kanzleimitarbeiterin am 24. November 2010 die falsche Zeitangabe bemerkt und unverzüglich korrigiert habe. Die Möglichkeit einer Manipulation an der Uhrzeitangabe des Sendegeräts sei nach dem Ablauf der Dinge nicht ausgeräumt. Nach den kanzleiinternen Vorgängen erscheine es möglich, dass ein Kanzleimitarbeiter im fraglichen Zeitraum in Kenntnis der Fristüberschreitung die Uhr im Faxgerät wieder vorgestellt habe und dies alsbald von der Mitarbeiterin bemerkt worden sei.
13
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei unbegründet.
14
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers, mit der er sich lediglich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht den Nachweis der Fristwahrung nicht als geführt angesehen hat.

II.

15
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
16
1. Die kraft Gesetzes (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), weil der angefochtene Beschluss den Kläger in seinem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sowie in seinem verfas- sungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
17
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Jedenfalls aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen durfte das Berufungsgericht die Berufung des Klägers nicht mit der Begründung nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verwerfen, die Berufungsbegründung sei nicht bis zum Ablauf des 22. November 2010 - und damit verspätet - eingereicht worden.
18
a) Das Berufungsgericht hat nach § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Bei der Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels gilt, auch soweit es um die Rechtzeitigkeit der Begründung geht, der so genannte Freibeweis. Danach ist das Gericht weder von einem Beweisantritt der Parteien abhängig noch auf die gesetzlichen Beweismittel beschränkt. Im Rahmen des Freibeweises können deshalb grundsätzlich auch eidesstattliche Versicherungen berücksichtigt werden. Eine eidesstattliche Versicherung reicht allerdings für sich genommen regelmäßig nicht zum Nachweis der Fristwahrung aus, da sie lediglich auf Glaubhaftmachung angelegt ist, für die schon eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des behaupteten Geschehensablaufs genügt. Die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung muss indessen - wie auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels - zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden; an die Überzeugungsbildung werden insoweit keine geringeren oder höheren Anforderungen gestellt als sonst (BGH, Beschlüsse vom 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457 Rn. 8 ff. mwN und vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501). Hiernach etwa verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Rechtsmittelführers, der zu beweisen hat, dass er die Berufung rechtzeitig begründet hat (BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03, NJW 2003, 3487; Senatsbeschluss vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08, juris Rn. 12).
19
b) Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten Signale bei Ablauf des letzten Tages der Frist - hier also am 22. November 2010 bis 24:00 Uhr - vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen, d.h. gespeichert worden sind (BGH, Beschlüsse vom 25. April 2006 - IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 Rn. 18, vom 8. Mai 2007 - VI ZB 74/06, NJW 2007, 2045 Rn. 12, vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08, juris Rn. 16 und vom 18. November 2010 - I ZB 62/10, juris Rn. 5). Die Eingangszeit ist dabei nach der gesetzlichen Zeit gemäß § 4 i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung (Einheiten- und Zeitgesetz - EinhZeitG) i.d.F. durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 3. Juli 2008 (BGBl. I S. 1185), das mit Wirkung vom 12. Juli 2008 an die Stelle des früheren Gesetzes über die Zeitbestimmung (Zeitgesetz) getreten ist, zu beurteilen, wofür grundsätzlich den Auskünften des Telekommunikationsunternehmens aus den Aufzeichnungen über die Dauer zeitabhängiger Verbindungen wesentliche Bedeutung zukommt (Senatsbeschluss vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08, juris Rn. 12).
20
c) Hiernach erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, eine fristwahrende Übermittlung der Berufungsbegründung vom 22. November 2010 an das Oberlandesgericht lasse sich nicht feststellen, zumindest aufgrund der bislang erfolgten Sachaufklärung als nicht tragfähig.
21
aa) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist davon auszugehen, dass weder für das Absendegerät des Prozessbevollmächtigten des Klägers noch für das gerichtliche Empfangsgerät Einzelverbindungsnachweise zur Verfügung stehen und wegen einer im fraglichen Zeitraum bestehenden Störung dieses Geräts auch kein automatischer Uhrzeitaufdruck der Empfangszeit auf dem Faxausdruck erfolgt ist. Nicht zweifelsfrei geklärt erscheint hiernach freilich, ob die betreffende Störung des Empfangsgeräts lediglich den Aufdruck der Eingangsdaten auf dem Faxaufdruck als solchen oder auch schon die interne Speicherung dieser Daten im Gerät betraf, so dass auch deren "Auslesen" - etwa durch Ausdruck eines sämtliche Eingangsdaten eines bestimmten Zeitraums zusammenfassenden Faxjournals oder auf andere Weise - nicht erfolgte bzw. nicht möglich war. Insbesondere die bei den Gerichtsakten befindliche E-Mail betreffend eine telefonische Auskunft der Staatszentrale enthält hierzu keine Erkenntnisse.
22
bb) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die auf eine mögliche Manipulation der Uhrzeitanzeige des Sendegeräts abstellende Schlussfolgerung des Berufungsgerichts - das seiner Entscheidung zufolge von einer zwischen dem 31. Oktober und dem 22. November 2010 bereits erfolgten Umstellung von Sommer- auf Winterzeit an dem Sendegerät ausgegangen sei - sei derart spekulativ und verwickelt, dass sie nicht Grundlage einer ordnungsgemäßen Würdigung des klägerischen Sachvortrags sein könne. Das Berufungsgericht habe bereits übersehen, dass bei einer unterstellten Absendung des Telefaxes nach Mitternacht die "einfachste" Manipulation darin bestanden habe, die Uhrzeitanzeige des Sendegerätes vor der Übermittlung des Schriftsatzes an das Gericht um eine Stunde zurückzusetzen, so dass in der Kopfzeile des Ausdrucks das Datum des 22. November 2010 erschienen wäre. Gegen die stattdessen vom Berufungsgericht für möglich gehaltene Manipulation erst im Nachhinein spreche entscheidend, dass der Absender zu diesem Zeitpunkt nicht habe wissen können, dass das Empfangsgerät die Eingangszeit nicht aufdruckte und von den beteiligten Telekommunikationsdienstleistern auch keine Einzelverbindungsnachweise zu erlangen waren. Ein Vorstellen der Sendezeit nach Absendung des Telefaxes, damit der betreffende Fehler am übernächsten Morgen - nach dem Klägervortrag am 24. November 2010 - einer Sekretärin auffalle, die sodann eine bislang unterbliebene Zeitumstellung auf die Winterzeit bezeugen solle, erscheine ex ante nicht als erfolgversprechender Manipulationsversuch.
23
Zudem habe das Berufungsgericht im Rahmen der von Amts wegen gebotenen Prüfung den Inhalt der Gerichtsakten nicht vollständig zur Kenntnis genommen. Insbesondere habe es übersehen, dass bei der gleichfalls mittels Telefax erfolgten Übersendung der Berufungsschrift am 20. Oktober 2010 (Sendezeit: 17:25 Uhr, Empfangszeit: 17:30 Uhr) die Sommerzeit annähernd richtig eingestellt gewesen sei und sich hieran bei der Telefax-Übermittlung eines Empfangsbekenntnisses an das Landgericht am 2. November 2010 (Sendezeit : 16:53 Uhr, Empfangszeit: 16:02 Uhr) fehlerhafter Weise noch nichts geändert gehabt habe.
24
cc) Ob diese Ausführungen - einschließlich der im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzend vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen aller in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers tätigen Rechtsanwälte und Mitarbeiterinnen zur Frage einer etwa vor dem 24. November 2010 erfolgten Umstellung des Faxgeräts von Sommer- auf Winterzeit - geeignet sind, die in tatrichterlicher Würdigung des Streitstoffs gewonnene Annahme des Berufungsgerichts , eine (nachträgliche) Manipulation des Sendegerätes sei nicht auszuschließen, durchgreifend in Zweifel zu ziehen, kann im Ergebnis auf sich beruhen. Denn diebetreffende Annahme vermag die Verwerfung der Berufung jedenfalls aus einem anderen Grunde zumindest derzeit nicht zu rechtfertigen:
25
(1) Der Kläger hat auf die Hinweise des Berufungsgerichts zur Verfristung der Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2010 auch vorgetragen, sein Prozessbevollmächtigter sei sich "ganz sicher", dass die Telefax -Übertragung noch am 22. November 2010 vor 24:00 Uhr beendet gewe- sen sei, weil vor diesem Zeitpunkt bereits der Sendebericht vorgelegen habe. Nach dem Ausdruck des Sendeberichtes habe der Prozessbevollmächtigte auf die in dem betreffenden Büroraum befindliche Funkuhr geschaut, wonach es "deutlich" vor 24:00 Uhr gewesen sei. Ein aufgrund der gerichtlichen Hinweise in dieser Sache erfolgter Abgleich der Funkuhr mit der Atomuhr habe eine sekundengenaue Übereinstimmung ergeben. Die Richtigkeit dieser Sachdarstellung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers anwaltlich versichert.
26
(2) Dieser Sachverhalt ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen mit der vom Berufungsgericht für nicht ausgeräumt erachteten Möglichkeit einer nachträglichen Manipulation der Uhrzeitanzeige des Sendegeräts nicht in Einklang zu bringen. Wenn bei Ausdruck des Sendeberichts, d.h. also nach Abschluss des Sendevorgangs, die Funkuhr die - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - zutreffende tatsächliche Uhrzeit "deutlich" vor 24:00 Uhr anzeigte, dann kann jedenfalls nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht ausgeschlossen werden, dass die vom Sendegerät der Prozessbevollmächtigten des Klägers versendeten Signale auch bereits vor 24:00 Uhr vom Empfangsgerät des Berufungsgerichts vollständig empfangen (gespeichert) waren. In diesem Falle wäre für die vom Berufungsgericht auf der Grundlage des übrigen Klägervortrags für möglich erachtete nachträgliche Manipulation der Zeitangabe kein Raum.
27
Anders als die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint, steht dem nicht von vornherein entgegen, dass die von der Rechtsbeschwerde an anderer Stelle in Bezug genommene Telefax-Übermittlung eines Empfangsbekenntnisses von der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers an das Landgericht für den 2. November 2010 einen Zeitunterschied von lediglich 51 Minuten (Sendezeit : 16:53 Uhr, Empfangszeit: 16:02 Uhr) belegt, so dass - da der Faxausdruck der letzten Seite der Berufungsbegründung vom 22. November 2010 die Sen- dezeit "00:51 Uhr" ausweist - die vollständige Begründungsschrift nicht vor dem 23. November 2010, 0:00 Uhr, bei Gericht eingegangen sein könne, was schon verspätet sei (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - VI ZB 74/06, NJW 2007, 2045 Rn. 12). Denn nach dem durch das Zeugnis einer Kanzleimitarbeiterin unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers ging die Uhr des Sendegeräts an dem auf den 22. November 2010 folgenden übernächsten Tag, am 24. November 2010, im Abgleich mit der Funkuhr um 53 Minuten vor. Bei einer solchen Zeitdifferenz ist die noch fristgerechte Übermittlung grundsätzlich möglich.
28
(3) Die angefochtene Entscheidung lässt - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - nicht erkennen, dass das Berufungsgericht den vorstehenden Sachvortrag in seine Erwägungen einbezogen bzw. aus welchen Gründen es ihn ggf. für unbeachtlich gehalten hat (Art. 103 Abs. 1 GG). Sofern die Formulierung in der angefochtenen Entscheidung, das Berufungsgericht vermöge "aus den eidesstattlich versicherten Darstellungen des Prozessbevollmächtigten und der Mitarbeiterin H. nicht die vom Kläger gewünschte Schlussfolgerung zu ziehen", auch in dem Sinne gemeint sein sollte, dass allein die bloße anwaltliche Versicherung des betreffenden Geschehens nicht geeignet sei, um den vollen Beweis für die fristgerechte Einreichung der Berufungsbegründung zu erbringen, hätte das Berufungsgericht darin auch ein Angebot zur Vernehmung des Anwalts als Zeugen sehen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Dezember2011 - VII ZB 35/11 Rn. 10 mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen), jedenfalls die Parteien darauf hinweisen und ihnen Gelegenheit geben müssen, Zeugenbeweis anzutreten oder auf andere Beweismittel zurückzugreifen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457 Rn. 11 mwN). Im vorliegenden Falle wäre nach Lage der Dinge vor allem eine zeugenschaftliche Benennung des vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers in Betracht zu ziehen gewesen (vgl. BGH aaO), den der Kläger - wie die Rechtsbeschwerde ausdrücklich geltend macht - im Falle eines gerichtlichen Hinweises auch zu den in Rede stehenden Umständen benannt hätte.
29
(4) Entgegen der Rechtsbeschwerdeerwiderung war ein entsprechender Hinweis hier nicht allein schon deshalb entbehrlich, weil das Berufungsgericht dem Kläger mit Verfügung vom 12. Januar 2011 aufgegeben hatte, "durch Vorlage eines Einzelverbindungsnachweises bezüglich des in Rede stehenden Faxschreibens seinen Vortrag weiter zu belegen und zum Grund des falschen Uhrzeitaufdrucks (Uhrzeit des Sendegeräts) näher vorzutragen". Der Kläger - der der gerichtlichen Auflage durch Vorlage des Schreibens der Kundenbetreuung vom 15. Januar 2011 sowie durch den Vortrag, die Zeitdifferenz sei nur durch den unterbliebenen Vollzug der Zeitumstellung zu erklären, nachgekommen ist - musste aufgrund dieses Hinweises, in dem ausdrücklich von einem "falschen Uhrzeitaufdruck[s]" die Rede war, nicht damit rechnen, das Berufungsgericht werde sodann seiner Entscheidung - gerade umgekehrt - zugrunde legen, der Uhrzeitaufdruck des Sendegeräts sei zutreffend. Er hatte deshalb keine Veranlassung, seinen zum Zeitpunkt des gerichtlichen Hinweises vom 12. Januar 2011 bereits erfolgten Sachvortrag betreffend den Blick auf die Funkuhr und deren späteren Abgleich mit der Atomuhr, dessen Richtigkeit sein Prozessbevollmächtigter ebenfalls schon anwaltlich versichert hatte, für unzureichend , geschweige denn insoweit über diese Versicherung hinaus den Antritt des Zeugenbeweises für erforderlich zu halten.
30
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann nach alledem keinen Bestand haben. Da es noch weiterer tatsächlicher Aufklärung bedarf, ist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
31
Die weitere Sachaufklärung gibt insbesondere auch Gelegenheit, der Frage nachzugehen, ob in anderen Verfahren als dem vorliegenden unmittelbar vor dem 22. November 2010 - als die Störung des gerichtlichen Empfangsgeräts betreffend den Aufdruck der Eingangszeit noch nicht bestand - bei dem Berufungsgericht Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten des Klägers eingegangen sind, die die hier in Rede stehende zeitliche Divergenz zum Sendezeitpunkt aufweisen; auf der Grundlage des Klägervortrags müsste dies der Fall sein. Da die Prozessbevollmächtigten des Klägers in L. ansässig sind, liegt die Annahme zumindest nicht fern, dass sie zum fraglichen Zeitpunkt auch in weiteren Verfahren bei dem Berufungsgericht tätig waren und Schriftsätze (mittels Telefax) eingereicht haben.
32
In seine abschließende Würdigung wird das Berufungsgericht auch den erklärungsbedürftigen Umstand einzubeziehen haben, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers, der nach dem Klägervortrag einerseits einen - bislang nicht bei den Gerichtsakten befindlichen - Sendebericht erhalten hat, wonach der Eingang des Telefaxes bei dem Berufungsgericht eindeutig verspätet erfolgte, andererseits bei Ausdruck eben dieses Berichts gesehen haben will, dass die Funkuhr eine hiervon abweichende Uhrzeit "deutlich" vor Mitternacht anzeigte, dieser Divergenz offenbar seinerzeit keinerlei Bedeutung beigemessen hat.
33
Die umfassende Ausschöpfung der dem Berufungsgericht zu Gebote stehenden Erkenntnismöglichkeiten erscheint hier nicht zuletzt auch deshalb unerlässlich, weil - ungeachtet der grundsätzlich den Kläger treffenden Beweislast - die bestehende Unsicherheit hinsichtlich der zutreffenden Eingangsdaten zumindest auch auf einem Defekt des gerichtlichen Empfangsgeräts beruht.
Joeres Grüneberg Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 07.09.2010 - 11 O 339/09 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 07.02.2011 - 17 U 213/10 -

Gründe

1

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdebegründung den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt, denn die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.

2

1. a) Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hält die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO). Das Finanzgericht (FG) habe den Eingangszeitpunkt ihres Telefax nach dem Uhrzeitaufdruck des Telefaxgerätes des Gerichts bestimmt. Demgegenüber vertrete der Bundesgerichtshof (BGH) die Auffassung, der Zeitpunkt des Eingangs eines Telefax beurteile sich nach dem Einzelverbindungsnachweis des Faxgerätes (Beschluss vom 24. Juli 2003 VII ZB 8/03, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 3487).

3

b) Der Revisionszulassungsgrund liegt nicht vor. Die Auffassung des FG, der Eingangszeitpunkt eines Telefax bestimme sich nach dem Uhrzeitaufdruck des Telefaxgerätes des Gerichts, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Beschlüsse vom 2. März 2000 VII B 137/99, BFH/NV 2000, 1344; vom 25. November 2003 VII R 9/03, BFH/NV 2004, 519; vom 24. April 2008 IX B 164/07, BFH/NV 2008, 1349). Aus dem genannten BGH-Beschluss folgt schon deshalb nichts Gegenteiliges, weil nach Auffassung des BGH nur bei Abweichungen zwischen dem Zeitaufdruck des Telefaxgerätes des Gerichts und dem Zeitnachweis in der Abrechnung der Einzelverbindungsnachweis in der Rechnung maßgebend ist. Die Klägerin hat aber trotz Ankündigung im Klageverfahren einen Einzelverbindungsnachweis nicht vorgelegt. Dessen ungeachtet kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob das Fax mit dem Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin bereits am 26. März 2003 oder erst nach Ablauf der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO am 27. März 2003 gesendet wurde; denn nach den Ausführungen des FG hatte die Klägerin ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 FGO) nicht hinreichend begründet.

4

2. Aus diesem Grund hat das FG auch nicht seine Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO verletzt. Nach seiner materiell-rechtlichen Auffassung kam es auf die Frage, wann das Fax der Klägerin beim FG einging, nicht an, sodass weitere Sachaufklärungsmaßnahmen nicht erforderlich waren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 62/10
vom
7. Juli 2011
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juli 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher,
Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18. Juni 2010 wird auf Kosten des Beklagten verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8.720 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen einer Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Der Beklagte hat gegen das ihm am 22. Juli 2009 zugestellte Urteil mit einem am 12. August 2009 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Mit einem am 21. September 2009 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. Oktober 2009 beantragt, die ihm gewährt worden ist. Seine acht Seiten umfassende Berufungsbegründung ist ausweislich des Faxprotokolls des Berufungsgerichts am 23. Oktober 2009 zwischen 0:03 und 0:05 Uhr bei Gericht eingegangen. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.
2
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), da gegen den Beschluss, mit dem das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat, nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO die Rechtsbeschwerde stattfindet. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und verletzt auch keine Verfahrensgrundrechte des Beklagten.
3
1. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass es für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes allein darauf ankommt, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert ) worden sind (BGH, Beschluss vom 25. April 2006 - IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 Rn. 18).
4
Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung diese Grundsätze zugrunde gelegt. Es hat die Berufung mit Recht wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen, weil die Berufungsbegründung ausweislich des Faxprotokolls des Berufungsgerichts erst am 23. Oktober 2009 zwischen 0:03 und 0:05 Uhr und damit nach Ablauf der bis zum 22. Oktober 2009 verlängerten Berufungsbegründungsfrist per Telefax bei Gericht eingegangen ist.
5
2. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde beschränkt die Entscheidung des Berufungsgerichts dem Beklagten den Zugang zur Berufungsinstanz nicht in verfassungswidriger Weise.
6
Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Zugang der Berufungsbegründung im Faxprotokoll der Beklagtenvertreter oben rechts auf den 22. Oktober 2009 um 23:58 Uhr dokumentiert sei. Das Berufungsgericht hat diese Angabe im Sendebericht berücksichtigt; es hat jedoch angenommen, sie beziehe sich auf das Ende der Sendezeit. Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass diese Annahme rechtsfehlerhaft ist. Dem Sendebericht ist nicht zu entnehmen, dass die Angabe oben rechts „Zeit: 22/10/2009 23:59“ den Zugang der Sendung beim Empfänger dokumentiert. Der Beklagte hat entgegen der Darstellung der Rechtsbeschwerde nicht durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, dass das Faxprotokoll des Senders auch die Empfangszeit beim Empfänger ordnungsgemäß angibt. Er hat lediglich zu seiner Behauptung, das Telefaxgerät des Berufungsgerichts habe nicht die tatsächliche Sendezeit angegeben , die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Dieses Vorbringen hat das Berufungsgericht mit der zutreffenden Begründung als unerheblich erachtet, dass es nicht auf die Sendezeit, sondern auf die Empfangszeit ankommt.

Bornkamm Büscher Schaffert
Koch Löffler

Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 20.07.2009 - 2 O 435/08 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 18.06.2010 - 6 U 88/09 -

Die Versäumung einer Prozesshandlung hat zur allgemeinen Folge, dass die Partei mit der vorzunehmenden Prozesshandlung ausgeschlossen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 62/10
vom
7. Juli 2011
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juli 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher,
Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18. Juni 2010 wird auf Kosten des Beklagten verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8.720 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen einer Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Der Beklagte hat gegen das ihm am 22. Juli 2009 zugestellte Urteil mit einem am 12. August 2009 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Mit einem am 21. September 2009 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. Oktober 2009 beantragt, die ihm gewährt worden ist. Seine acht Seiten umfassende Berufungsbegründung ist ausweislich des Faxprotokolls des Berufungsgerichts am 23. Oktober 2009 zwischen 0:03 und 0:05 Uhr bei Gericht eingegangen. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.
2
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), da gegen den Beschluss, mit dem das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat, nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO die Rechtsbeschwerde stattfindet. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und verletzt auch keine Verfahrensgrundrechte des Beklagten.
3
1. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass es für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes allein darauf ankommt, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert ) worden sind (BGH, Beschluss vom 25. April 2006 - IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 Rn. 18).
4
Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung diese Grundsätze zugrunde gelegt. Es hat die Berufung mit Recht wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen, weil die Berufungsbegründung ausweislich des Faxprotokolls des Berufungsgerichts erst am 23. Oktober 2009 zwischen 0:03 und 0:05 Uhr und damit nach Ablauf der bis zum 22. Oktober 2009 verlängerten Berufungsbegründungsfrist per Telefax bei Gericht eingegangen ist.
5
2. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde beschränkt die Entscheidung des Berufungsgerichts dem Beklagten den Zugang zur Berufungsinstanz nicht in verfassungswidriger Weise.
6
Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Zugang der Berufungsbegründung im Faxprotokoll der Beklagtenvertreter oben rechts auf den 22. Oktober 2009 um 23:58 Uhr dokumentiert sei. Das Berufungsgericht hat diese Angabe im Sendebericht berücksichtigt; es hat jedoch angenommen, sie beziehe sich auf das Ende der Sendezeit. Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass diese Annahme rechtsfehlerhaft ist. Dem Sendebericht ist nicht zu entnehmen, dass die Angabe oben rechts „Zeit: 22/10/2009 23:59“ den Zugang der Sendung beim Empfänger dokumentiert. Der Beklagte hat entgegen der Darstellung der Rechtsbeschwerde nicht durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, dass das Faxprotokoll des Senders auch die Empfangszeit beim Empfänger ordnungsgemäß angibt. Er hat lediglich zu seiner Behauptung, das Telefaxgerät des Berufungsgerichts habe nicht die tatsächliche Sendezeit angegeben , die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Dieses Vorbringen hat das Berufungsgericht mit der zutreffenden Begründung als unerheblich erachtet, dass es nicht auf die Sendezeit, sondern auf die Empfangszeit ankommt.

Bornkamm Büscher Schaffert
Koch Löffler

Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 20.07.2009 - 2 O 435/08 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 18.06.2010 - 6 U 88/09 -

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 29/08
vom
15. September 2009
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Wiechers und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und
Dr. Matthias
am 15. September 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2008 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 185.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch, die diese für die Verbindlichkeiten einer inzwischen insolventen GmbH übernommen hat. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 179.471,23 € nebst Zinsen verurteilt und in Höhe von 739,62 € die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt.
2
Die Beklagte hat gegen das ihr am 7. November 2007 zugestellte Urteil des Landgerichts am 21. November 2007 Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung ist antragsgemäß bis zum 7. Februar 2008 verlängert worden. Der Prozessvertreter der Beklagten hat am 7. Februar 2008 per Telefax einen Schriftsatz zur Berufungsbegründung an das Berufungsgericht übersandt , der auf zwei Sendevorgänge aufgeteilt war. Die erste Sendung mit den Seiten 1 bis 8 des Schriftsatzes hat nach dem Journal des gerichtlichen Telefaxgeräts um 23:55 Uhr begonnen und 1 Minute 59 Sekunden gedauert. Der Beginn der zweiten Sendung mit den Seiten 9 bis 14, denen die Seite 14 vorangestellt war, ist mit 23:59 Uhr und die Dauer der Übertragung mit 1 Minute 26 Sekunden vom Telefaxgerät des Berufungsgerichts aufgezeichnet worden. Die von dem gerichtlichen Telefaxgerät empfangenen Daten sind in dessen internem Speicher abgelegt und erst später ausgedruckt worden. Das Journal des Telefaxgeräts, das der Beklagtenvertreter für die Absendung der Berufungsbegründung benutzt hat, weist für die zweite Sendung als Anfangszeit 23:58 Uhr und eine Übertragungsdauer von 1 Minute 16 Sekunden aus.
3
Die Beklagte hat geltend gemacht, aus den im Faxjournal des Berufungsgerichts festgehaltenen Verbindungsdaten lasse sich entnehmen, dass vor Ende des 7. Februar 2008 jedenfalls die Seite 14, die die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten trage, an das Gericht übermittelt worden sei. Diese Seite erfülle zusammen mit den zuvor übersandten Seiten 1 bis 8 die Voraussetzungen einer wirksamen Berufungsbegründung.
4
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Übertragung der zweiten Sendung habe nach den Aufzeichnungen des Faxgeräts im Gericht erst am 8. Februar 2008 geendet. Zwar sei nach den insoweit nicht eindeutigen Anga- ben des anwaltlichen Faxjournals die Sendung möglicherweise bereits am Vortag abgeschlossen worden. Insgesamt habe damit aber die Beklagte den Nachweis nicht geführt, dass dieser Schriftsatz die Begründungsfrist gewahrt habe. Den zu einer weiteren Aufklärung geeigneten Einzelverbindungsnachweis des Telefondienstleistungsanbieters habe die Beklagte trotz eines entsprechenden Hinweises weder vorgelegt noch dargetan, dass sie dazu nicht in der Lage gewesen sei. Es sei ohne Bedeutung, dass der Beklagtenvertreter der zweiten Faxsendung die letzte Seite des Berufungsschriftsatzes vorangestellt habe, da für die Wahrung der Begründungsfrist der vollständige und fehlerfreie Abschluss des Übertragungsvorgangs entscheidend sei.

II.


5
Rechtsbeschwerde Die ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (vgl. BGHZ 151, 42, 43; 151, 221, 223; 155, 21, 22), sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) noch zur Beantwortung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) erforderlich. Der Beschluss des Berufungsgerichts steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig, weil es von der Beweislast der Beklagten für eine rechtzeitige Begründung ihrer Berufung ausgegan- gen ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03, WM 2004, 648, 649 m.w.N.). Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Ansicht hat das Berufungsgericht nicht die Beweiswirkung des Eingangsstempels auf dem Ausdruck des Telefaxschreibens nach § 418 ZPO verkannt.
7
Der Eingangsstempel eines Gerichts ist zwar grundsätzlich eine öffentliche Urkunde, die gemäß § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis der darin bezeugten Tatsache begründet (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99, NJW 2000, 1872, 1873, Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04, NJW-RR 2005, 75, Beschluss vom 15. September 2005 - III ZB 81/04, NJW 2005, 3501 und Urteil vom 2. November 2006 - III ZR 10/06, NJW 2007, 603). Damit ist jedoch nicht der Nachweis geführt, am 7. Februar 2008 habe die Berufungsbegründung dem für den Posteingang zuständigen Beamten in ausgedruckter Form vorgelegen. Vielmehr steht das Gegenteil dieser Tatsache fest (§ 418 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit den Angaben im Journal sowohl des Telefaxgeräts des Oberlandesgerichts als auch des Geräts der Prozessbevollmächtigten der Beklagten unangegriffen davon ausgegangen, dass die Berufungsbegründung erst am 8. Februar 2008 ausgedruckt worden ist. Der Eingangsstempel auf dem Ausdruck des Telefaxschreibens erbringt auch keinen Beweis dafür, dass die für die Rechtzeitigkeit des Eingangs maßgebliche (BGHZ 167, 214) Speicherung der zweiten Telefaxsendung mit den Seiten 9 bis 14 der Berufungsbegründung unmittelbar vor dem Tageswechsel vom 7. Februar auf den 8. Februar 2008 in dem Telefaxgerät des Oberlandesgerichts erfolgt ist, da dem keine eigene Beobachtung des Beamten zugrunde liegt, der den Stempel angebracht hat.
8
ÖffentlicheUrkundenbegründen den vollen Beweis der in ihnen bezeugten Tatsachen grundsätzlich nur, soweit diese auf einer eigenen Wahrnehmung der Urkundsperson beruhen (vgl. § 418 Abs. 3 Halbs. 1 ZPO). Die zur Beurkundung berufene Amtsperson muss die bekundete Tatsache entweder selbst verwirklicht oder aufgrund eigener Wahrnehmung zuverlässig festgestellt haben (BVerfG, NJW-RR 1992, 1084, 1085; BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 43/03, WM 2004, 1391, 1392; BFH, DStR 2007, 619, 621 f.). Auf Schlussfolgerungen (Hk-ZPO/Eichele, 3. Aufl., § 418 Rn. 3; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 148 Rn. 6) oder das Ergebnis einer rechtlichen Bewertung (MünchKommZPO /Schreiber, 3. Aufl., § 418 Rn. 7) bezieht sich die förmliche Beweiswirkung des § 418 Abs. 1 ZPO nicht.
9
Hier hat der Beamte, der den fraglichen Eingangsstempel am Morgen des 8. Februar 2008 angebracht hat, den Vorgang der Speicherung der zweiten Telefaxsendung nicht selbst beobachtet. Dazu wäre er, selbst wenn er um Mitternacht zugegen gewesen wäre, nicht in der Lage gewesen, da der Vorgang der Speicherung elektronischer Daten im Empfangsgerät einer unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmung nicht zugänglich ist. Anders als bei der Entnahme von Postsendungen aus einem Nachtbriefkasten des Gerichts (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2004 - VII ZR 33/04, NJW-RR 2005, 75 und Beschluss vom 15. September 2005 - III ZR 81/04, NJW 2005, 3501) bekundet deswegen der Beamte, der den Eingangsstempel anbringt, keinen persönlich beobachteten Vorgang, der den Zeitpunkt des Eingangs vor oder nach Mitternacht belegen könnte.
10
Versieht der mit dem Posteingang betraute Beamte aus einem Telefaxgerät entnommene Ausdrucke mit dem Eingangsstempel des vorangehenden Tages, so erstreckt sich die Beweiskraft dieses Eingangsstempels vielmehr le- diglich auf die Tatsache, dass der Ausdruck des Telefaxschreibens dem Beamten nach Dienstbeginn des ersten Arbeitstags vorgelegen hat, der dem im Stempelaufdruck genannten Tag nachfolgt (vgl. auch BFH, DStR 2007, 619, 621 f.). Die förmliche Beweiswirkung des § 418 Abs. 1 ZPO erstreckt sich dagegen nicht auf die Frage, ob die Zuspielung eines Schriftsatzes auf das gerichtliche Telefaxgerät vor oder nach dem Tageswechsel erfolgt ist.
11
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) zulässig, weil es einer Klärung bedürfte, wie die Zeitangaben auf dem Telefaxgerät des Gerichts zustande gekommen und ob zu deren Übereinstimmung mit der Normalzeit amtliche Auskünfte einzuholen sind. Hierzu besteht weder eine umstrittene Rechtsfrage, die ein Tätigwerden des Bundesgerichtshofs erforderlich machen würde (Senat, BGHZ 159, 135, 137), noch Anlass für eine richtungsweisende Orientierungshilfe (vgl. BGHZ 151, 221, 225; 154, 288, 292).
12
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Eingangszeit per Telefax übersandter Schriftsätze nach der gesetzlichen Zeit gemäß § 1 und 2 des Gesetzes über die Zeitbestimmung, nunmehr § 4 i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung, zu beurteilen ist und dabei den Auskünften des Telekommunikationsunternehmens aus den Aufzeichnungen über die Dauer zeitabhängiger Verbindungen wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03, WM 2004, 648, 649). Da die für den rechtzeitigen Eingang ihrer Berufungsbegründung beweispflichtige Beklagte jedoch trotz eines entsprechenden Hinweises des Berufungsgerichts einen Einzelverbindungsnachweis ihres Telekommunika- tionsanbieters nicht vorgelegt hat, hatte das Berufungsgericht zu einer weiteren Aufklärung des Sendezeitpunkts keine Veranlassung.
13
Darüber hinausgehenden Klärungsbedarf hat die Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Die Rüge, das Berufungsgericht habe die am oberen und unteren Rand der einzelnen Telefaxseiten nach der Sender- bzw. Empfängerkennung angebrachten Übertragungsdaten nicht berücksichtigt, betrifft keine allgemein klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern greift die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts im Einzelfall an. Sie ist zudem unbegründet, da nach den rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts die am oberen Rand aufgedruckte Textzeile vom Telefaxgerät des Versenders und die unten angefügte Textzeile vom Telefaxgerät des Empfängers stammen. Diese Daten, die den Beginn des Sendevorgangs betreffen, stimmen jeweils mit den in den vorgelegten Journalausdrucken dokumentierten Zeitangaben überein.
14
3. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist schließlich auch nicht gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Dieser Zulässigkeitsgrund liegt in Fällen einer Divergenz vor, wenn die angefochtene Entscheidung eine Rechtsfrage in den tragenden Gründen anders beantwortet als eine Vergleichsentscheidung eines höheren oder gleichrangigen Gerichts (vgl. BGHZ 154, 288, 292 f. m.w.N.).
15
Die a) Beklagte hat nicht dargelegt, dass das Berufungsgericht - zumindest konkludent - einen von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat. Vielmehr ist das Berufungsgericht von den anerkannten Grundsätzen bei Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes ausgegangen.

16
Danach tritt auch bei einem Telefax, das zunächst im Empfangsgerät des Gerichts elektronisch gespeichert und erst später ausgedruckt wird, nicht bereits die Speicherung der Nachricht im Empfangsgerät an die Stelle der Schriftform (BGHZ 167, 214, Tz. 21; BGH, Beschlüsse vom 15. Juli 2008 - X ZB 8/08, NJW 2008, 2649, Tz. 11 und vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, WM 2009, 331, Tz. 3). Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es hingegen auf den vollständigen Empfang (Speicherung) der elektronischen Daten an. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es der Absender nicht in der Hand hat, wann der Ausdruck eines empfangenen Telefax erfolgt (BGHZ 167, 214, Tz. 17 f.). Wegen der technischen Vergleichbarkeit der eingesetzten Übertragungstechniken werden insoweit die Grundsätze der für elektronische Dokumente geltenden Regelung in § 130a Abs. 3 ZPO entsprechend herangezogen (BGHZ 167, 214, Tz. 20), so dass eine Frist gewahrt ist, wenn die vom Absenderfax gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind (BGHZ 167, 214, Tz. 18; BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, WM 2009, 331, Tz. 3).
17
b) Dabei hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht übersehen, dass der Zulässigkeitsprüfung auch Teile eines Schriftsatzes zugrunde zu legen sind, soweit diese innerhalb der Begründungsfrist eingegangen sind (BGH, Beschlüsse vom 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94, WM 1994, 1349, 1350 und vom 14. März 2005 - II ZB 31/03, NJW-RR 2005, 793). Die Seiten 1 bis 8 der Berufungsbegründung, die mit dem ersten Übertragungsvorgang an das Berufungsgericht gesandt worden und dort vor Mitternacht eingegangen sind, reichen jedoch zur Wahrung der Begründungsfrist schon des- wegen nicht aus, weil sie nicht die nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Beklagten tragen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2087 f. m.w.N.). Dass die Datei, die die Daten aller Seiten der zweiten Telefaxsendung und damit auch die Kopie der von dem Prozessbevollmächtigten unterschriebenen Seite 14 der Berufungsbegründung enthielt, vor Mitternacht vollständig (siehe BGHZ 167, 214, Tz. 18) vom Empfangsgerät des Oberlandesgerichts gespeichert worden ist, steht nicht fest. Vielmehr ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts , die insoweit von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen werden , diese Datei erst am Folgetag zwischen 00:00:26 und 00:01:25 Uhr im Datenspeicher des gerichtlichen Faxgeräts abgelegt worden. Erst damit sind die gesamten analogen Signale der zweiten Telefaxübertragung vom Empfangsgerät vollständig aufgenommen und nach Verarbeitung als abrufbare digitale Datei auf den internen Datenspeicher des Gerätes geschrieben worden. Danach hat das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung rechtsfehlerfrei nicht die Feststellung zugrunde gelegt, die wegen der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung unverzichtbare Seite 14 des Schriftsatzes sei bis 24:00 Uhr des letzten Tages der Begründungsfrist bei Gericht eingegangen.
Wiechers Müller Ellenberger
Maihold Matthias
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 06.11.2007 - 7 O 27/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 10.06.2008 - 9 U 26/08 -

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 24/10
vom
3. Mai 2011
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Mai 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen
und die Richter Dr. Ellenberger sowie Dr. Matthias

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. April 2010 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert beträgt 69.031,02 €.

Gründe:

I.

1
Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche wegen seiner Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds geltend. Die Beklagte zu 2) begehrt widerklagend Rückzahlung des zur obligatorischen teilweisen Anteilsfinanzierung ausgereichten Darlehens.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage der Beklagten zu 2) hin antragsgemäß zur Darlehensrückzahlung verurteilt. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 2. Juli 2009 Berufung eingelegt. Die Frist zu deren Begründung wurde mit Verfügung des Gerichts vom 18. September 2009 letztmalig bis einschließlich 23. November 2009 verlängert. Die 120 Seiten umfassende Berufungsbegründung vom 23. November 2009 ist jedoch vollständig erst am 24. November 2009 um 0:21 Uhr auf dem Telefaxgerät des Berufungsgerichts eingegangen. Der Übersendungsvorgang, der in vier Teilen erfolgte, startete am 23. November 2009 um 23:38 Uhr; bis 23:59 Uhr waren 52 Seiten übermittelt; die letzten Seiten - einschließlich der Unterschrift des Bevollmächtigten - gingen am 24. November 2009 ab 0:17 Uhr bei dem Berufungsgericht ein.
3
Hinsichtlich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hat der Kläger am 22. Dezember 2009 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, sein instanzgerichtlicher Prozessbevollmächtigter habe am frühen Abend des 23. November 2009 mit dem Diktat des Schriftsatzes begonnen, für den ihm ein anwaltlicher Mitarbeiter zahlreiche Textbausteine zusammengestellt habe. Der Prozessbevollmächtigte sei davon ausgegangen, den Schriftsatz bis 20:00 Uhr in den Postkasten der FirmaJ. einwerfen zu können. Im Verlaufe des Abends sei es jedoch zu Verzögerungen gekommen. So sei seine Sekretärin gesundheitlich beeinträchtigt gewesen , eine wichtige Rückfrage bei seinem anwaltlichen Mitarbeiter habe - da dieser abredewidrig zunächst nicht erreichbar gewesen sei - nicht sogleich geklärt werden können und schließlich sei, nachdem die Seiten 1 bis 46 um 23:00 Uhr ausgedruckt gewesen seien, bemerkt worden, dass die Seiten 47 bis 80 zunächst aus technischen Gründen nicht hätten ausgedruckt werden können. Um 23:20 Uhr habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit der Faxübersendung des Schriftsatzes an das Gericht begonnen, die nach seiner Einschätzung unter normalen Umständen innerhalb von 30 bis 35 Minuten möglich gewesen wäre. Es sei jedoch bei der Übermittlung zu Schwierigkeiten gekommen, da das Faxgerät wiederholt abgebrochen und einen neuen Anwahlvorgang begonnen habe; daher sei es nicht möglich gewesen, alle 120 Seiten bis 24:00 Uhr an das Berufungsgericht zu senden. Den ursprünglichen Plan, den Schriftsatz mit seinem PKW zum Berufungsgericht zu bringen, habe der Prozessbevollmächtigte gegen 23:40 Uhr aufgegeben, da er befürchtet habe, es könne auf dem Weg, für den er um diese Zeit normalerweise zehn bis zwölf Minuten gebraucht hätte, wegen eines Sturmtiefs zu Verzögerungen kommen.
4
Das Berufungsgericht hat die Berufung unter gleichzeitiger Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei nicht ohne Verschulden seines Prozessbevollmächtigten daran gehindert gewesen, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Die 120 Seiten starke Berufungsbegründung wäre auch unabhängig von den vom Kläger geschilderten technischen Problemen nicht vollständig innerhalb der Frist bei dem Berufungsgericht eingegangen, da der Übertragungsvorgang erst um 23:38 Uhr begonnen habe. Soweit der Kläger geltend gemacht habe, das Büro seines Prozessbevollmächtigten habe ab etwa 23:20 Uhr versucht , eine Kommunikationsverbindung zum Berufungsgericht herzustellen, entlaste ihn das nicht. Die Tatsache, dass das Empfangsgerät eines Gerichts belegt sei, stelle keine technische Störung dar. Angesichts des Umfangs der Berufungsbegründung von 120 Seiten, deren Übersendung nach dem eigenen Vorbringen des Prozessbevollmächtigten des Klägers rund 30 Minuten im Rahmen der Telefaxübertragung in Anspruch genommen hätte, sei ab 23:30 Uhr klar gewesen, dass eine rechtzeitige Übermittlung per Fax nicht mehr habe sichergestellt werden können. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätte angesichts dessen eine persönliche Übermittlung des Schriftsatzes jedenfalls versuchen müssen, selbst wenn sich möglicherweise durch das angekündigte Sturmtief eine Verzögerung auf dem Weg ergeben hätte.
5
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber unzulässig.
7
1. Soweit sie beantragt, dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, ist sie bereits deshalb unzulässig, weil sie insoweit keine Begründung enthält und darüber hinaus der Wiedereinsetzungsantrag - wie das Berufungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zu Recht ausgeführt hat - fristgerecht (§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO) gestellt wurde.
8
2. Auch soweit sich die Rechtsbeschwerde dagegen wendet, dass das Berufungsgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen hat, ist sie unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (vgl. Senat, Beschluss vom 9. November 2004 - XI ZB 6/04, BGHZ 161, 86, 87 mwN), sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nicht erforderlich. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht weder auf der Verletzung von Verfahrensgrundrechten, namentlich des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs, noch verletzt sie den Anspruch des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip ; vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG, NJW 2003, 281). Die Auffassung des Berufungsgerichts, im Wiedereinsetzungsantrag sei nicht hinreichend dargetan , die Berufungsbegründungsfrist unverschuldet versäumt zu haben (§ 233 ZPO), überspannt unter den gegebenen Umständen und Verhältnissen nicht die an die Sorgfalt eines Rechtsanwalts zu stellenden Anforderungen.
9
a) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beginn der Faxübermittlung des 120 Seiten umfassenden Schriftsatzes um 23:38 Uhr sei angesichts der von dem instanzgerichtlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers selbst veranschlagten Übertragungszeit von 30 bis 35 Minuten zu spät erfolgt, ist rechtsfehlerfrei, so dass eine Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt einer einheitlichen Rechtsprechung von vornherein nicht in Betracht kommt. Zwar trifft der Einwand der Rechtsbeschwerde zu, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers bei der Erstellung und Übermittlung der Berufungsbegründung die ihm dafür eingeräumte Frist bis zur äußersten Grenze ausschöpfen durfte (vgl. BGH, Beschluss vom 2. August 2006 - XII ZB 84/06, NJW-RR 2006, 1648 Rn. 7; BFH, BFH/NV 2010, 919 Rn. 5). Ein Rechtsanwalt, der einen fristgebundenen Schriftsatz - wie hier - am letzten Tag der Frist einreichen will, muss aber sicherstellen, dass der Schriftsatz auf dem gewählten Übertragungsweg noch rechtzeitig vor Fristablauf bei Gericht eingeht (BGH, Beschluss vom 2. August 2006 - XII ZB 84/06, NJW-RR 2006, 1648 Rn. 7; BFH, BFH/NV 2010, 919 Rn. 5). Das zur Fristwahrung Gebotene hat der Anwalt bei der Übermittlung des Schriftsatzes per Fax daher nur getan, wenn er mit der Übermittlung so rechtzeitig begonnen hat, dass unter gewöhnlichen Umständen mit ihrem Abschluss am Tage des Fristablaufs bis 24:00 Uhr hätte gerechnet werden können (BVerfG, NJW 2000, 574; NJW 2007, 2838; BGH, Beschlüsse vom 9. November 2004 - X ZA 5/04, FamRZ 2005, 266 f. und vom 20. Dezember 2007 - III ZB 73/07, JurBüro 2009, 168 Rn. 4). Das war hier - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und überzeugend ausgeführt hat - nicht der Fall. Ausweislich der Schilderung im Wiedereinsetzungsgesuch hat der instanzgerichtliche Prozessbevollmächtigte gegen 23:20 Uhr mit dem Versuch begonnen, die ersten 46 Seiten des insgesamt 120 Seiten umfassenden Schriftsatzes an das Gericht per Fax zu übermitteln. Die Übertragung begann aber nach der durch die Empfangszeile auf dem Telefax belegten und von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts erst um 23:38 Uhr. Auch die Rechtsbeschwerde macht nicht geltend, dass angesichts der vom instanzgerichtlichen Prozessbevollmächtigten selbst veranschlagten voraussichtlichen Übertragungsdauer von 30 bis 35 Minuten der Beginn der Faxübertragung um 23:38 Uhr rechtzeitig war, um den Schriftsatz bis 24:00 Uhr vollständig zu senden.
10
Sie rügt lediglich, das Berufungsgericht habe gehörswidrig unberücksichtigt gelassen, dass der Faxanschluss des Gerichts zunächst nicht erreichbar gewesen sei und es Sache der Justiz sei, ausreichende Kapazitäten zu schaffen ; das Berufungsgericht habe insoweit auch unter Verstoß gegen das Willkürverbot unterstellt, dass es in den Stunden vor Mitternacht einen ungewöhnlichen Andrang an Faxübersendungen gebe. Auch hiermit sind zulässigkeitsrelevante Rechtsfehler nicht dargetan. Eine Partei muss vielmehr nach ständiger Rechtsprechung bei der Übermittlung ihrer Schriftsätze Verzögerungen einkalkulieren , mit denen üblicherweise zu rechnen ist, wozu - insbesondere auch in den Abend- und Nachtstunden - die Belegung des Telefaxempfangsgeräts bei Gericht durch andere eingehende Sendungen gehört (BVerfG, NJW 2000, 574; BFH, BFH/NV 2010, 919 Rn. 5). Die Belegung des gerichtseigenen Telefaxanschlusses durch andere eingehende Sendungen ist eine kurz vor Fristablauf allgemein zu beobachtende Erscheinung, die verschiedentlich Gegenstand der Rechtsprechung war und der der Anwalt im Hinblick auf die ihm obliegende Sorgfaltspflicht durch einen zeitlichen Sicherheitszuschlag Rechnung tragen muss (BVerfG, NJW 2000, 574 mwN und NJW 2007, 2838). Dass das Empfangsgerät eines Gerichts in den Abend- und Nachtstunden für eine Zeit von zwanzig Minuten belegt ist, ist - wie auch die Rechtsbeschwerde an anderer Stelle zutreffend sieht - daher kein ungewöhnliches Ereignis, mit dem der Ab- sender des Telefax nicht rechnen muss (BFH, BFH/NV 2010, 919 Rn. 5 mwN). Angesichts dieser Rechtsprechung war auch - anders als die Rechtsbeschwerde meint - kein Hinweis des Berufungsgerichts geboten, dass es seiner Entscheidung diese Grundsätze zugrunde legen wollte.
11
b) Erfolglos bleibt die Rechtsbeschwerde auch, soweit sie beanstandet, das Berufungsgericht hätte nicht allein auf die zu spät begonnene Faxübertragung abstellen dürfen, sondern hätte auch die nach dem Vortrag des Klägers zuvor aufgetretenen unvorhergesehenen Verzögerungen in seine Betrachtung einbeziehen müssen, die durch die Einschränkung der Leistungsfähigkeit einer Schreibkraft, durch eine notwendige Rückfrage bei dem abredewidrig zunächst nicht erreichbaren anwaltlichen Mitarbeiter sowie durch technische Probleme des Druckers aufgetreten seien. Dabei kann dahinstehen, ob die Rechtsbeschwerde insoweit überhaupt zulässigkeitsrelevante Gesichtspunkte aufzeigt; es kann auch offen bleiben, ob der instanzgerichtliche Prozessbevollmächtigte des Klägers - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung rügt - den 120 Seiten umfassenden Schriftsatz, mit dessen Diktat er am frühen Abend begonnen hatte, möglicherweise insgesamt zu spät erstellt hat. Die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - nämlich jedenfalls deshalb zu versagen, weil der instanzgerichtliche Bevollmächtigte des Klägers den erforderlichen und ihm auch zumutbaren Versuch , den Schriftsatz in den Nachtbriefkasten des Gerichts einzuwerfen, nicht unternommen hat.
12
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat ein Anwalt , der eine Rechtsmittelbegründungsfrist bis zum letzten Tag ausschöpft, wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden , um die Einhaltung der Frist sicherzustellen; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist infolgedessen ausgeschlossen, wenn von ihm nicht alle erforderlichen und zumutbaren Schritte unternommen wurden, die unter normalen Umständen zur Fristwahrung geführt hätten (Senatsbeschluss vom 9. Mai 2006 - XI ZB 45/04, NJW 2006, 2637 Rn. 8). Zum Schutz des Mandanten muss er hierbei den sichersten Weg wählen (Senatsbeschluss vom 9. Mai 2006 - XI ZB 45/04, NJW 2006, 2637 Rn. 12). Diesen Maßstäben ist der instanzgerichtliche Bevollmächtigte des Klägers nicht gerecht geworden, da er den ihm zumutbaren Versuch, den Berufungsbegründungsschriftsatz mit dem PKW zum Gericht zu bringen oder bringen zu lassen, nicht unternommen hat.
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Ausweislich der Rechtsbeschwerdebegründung lag nach Behebung der Druckerprobleme gegen 23:40 Uhr ein ausgedrucktes Exemplar der vollständigen Berufungsbegründung vor. Zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass die Zeit für die Übermittlung aller 120 Seiten des Schriftsatzes per Fax, die nach der Einschätzung des Anwalts mit etwa 30 bis 35 Minuten zu veranschlagen war, nicht ausreichen würde, den Schriftsatz rechtzeitig per Fax an das Gericht zu übermitteln. Die Übertragung der Seiten 1 bis 46 hatte nämlich erst um 23:38 Uhr begonnen, so dass für die Faxübertragung insgesamt nicht einmal 22 Minuten zur Verfügung standen. In dieser Situation hätte der instanzgerichtliche Anwalt des Klägers den Versuch unternehmen müssen, den Schriftsatz unmittelbar zum Nachtbriefkasten des Gerichts zu bringen oder bringen zu lassen, da allein auf diesem Weg eine rechtzeitige Übermittlung des Schriftsatzes - anders als per Fax - jedenfalls noch denkbar war. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hätte der Anwalt nach seinen eigenen Angaben um diese Zeit - von der Kanzleitür bis zum Gerichtsbriefkasten - lediglich zehn bis zwölf Minuten benötigt. Anders als die Rechtsbeschwerde geltend macht, war daher in der konkreten Situation um 23:40 Uhr die Fortsetzung der Faxversendung keinesfalls die "beste, schnellste und sicherste Möglichkeit von den weiteren Alternativen, den Schriftsatz noch fristgemäß beim Berufungsgericht einzureichen." Um 23:40 Uhr war vielmehr der sicherste - weil der einzig mögliche - Weg, den Schriftsatz in der gegebenen Situation noch rechtzeitig bei Gericht einreichen zu können, die unmittelbare Beförderung zum Gericht.
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Anders als die Rechtsbeschwerde rügt, hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung, der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätte den Versuch unternehmen müssen, die Berufungsbegründung persönlich zu übermitteln, auch nicht entscheidungserheblichen Vortrag des Klägers zu den Risiken einer solchen persönlichen Übermittlung des Schriftsatzes gehörswidrig übergangen. Das Berufungsgericht hat vielmehr rechtsfehlerfrei angenommen, dass auch das angekündigte Sturmtief, das mittlerweile eingesetzt hatte, einem Versuch, den Schriftsatz persönlich zu Gericht zu bringen, nicht entgegenstand. Dass aufgrund des schlechten Wetters die Übermittlung des Schriftsatzes mit dem PKW nicht zumutbar gewesen wäre, hat der Kläger in der Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags selbst nicht behauptet; die von ihm genannten Risiken betreffen allenfalls eine - aus der damaligen Sicht seines Anwalts - mögliche Verzögerung der Fahrt und ließen es aus seiner Sicht als unsicher erscheinen , mit dem Auto das Gericht noch rechtzeitig zu erreichen. Sie konnten mit Rücksicht darauf, dass die rechtzeitige Übersendung per Fax zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeschlossen war, den gänzlichen Verzicht auf die Fahrt zum Gericht nicht rechtfertigen. Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers habe in der gegebenen Situation ein Beurteilungsspielraum zugestanden, den er nicht überschritten habe, übersieht sie, dass um 23:40 Uhr aus der eigenen Perspektive des Prozessbevollmächtigen des Klägers, der von einer Übermittlungsdauer per Fax von 30 bis 35 Minuten ausging, gerade keine reelle Chance mehr bestand, die Übersendung per Telefax rechtzeitig zu bewerkstelligen. In dieser Situation musste angesichts des unmittelbar drohenden Fristablaufs die persönliche Übermittlung des Schriftsatzes als die einzige noch verbleibende reelle Chance trotz des schlechten Wetters jedenfalls versucht werden. Soweit die Rechtsbeschwerde - erstmals - darauf verweist, der Prozessbevollmächtigte des Klägers sei wegen stressbedingter Belastung nicht mehr ausreichend fahrtüchtig gewesen, kann dahinstehen, ob dieses Vorbringen noch zu berücksichtigen ist. Es ist jedenfalls nicht erheblich, weil auch die Rechtsbeschwerde nicht geltend macht, dass eine Übermittlung durch die anwesende Kanzleimitarbeiterin, deren Wagen ausweislich der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs zum Transport des Schriftsatzes vor der Kanzlei bereit stand, nicht möglich war.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, §101 Abs. 1 ZPO.
Wiechers Joeres Mayen Ellenberger Matthias

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 13.05.2009 - 4 O 440/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.04.2010 - 26 U 114/09 -

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.